Die persönliche Haftung von Gesellschaftern von Personengesellschaften in der historischen Entwicklung der Neuzeit [1 ed.] 9783428510016, 9783428110018


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Die persönliche Haftung von Gesellschaftern von Personengesellschaften in der historischen Entwicklung der Neuzeit [1 ed.]
 9783428510016, 9783428110018

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FRANK THOMAS

Die persönliche Haftung von Gesellschaftern von Personengesellschaften in der historischen Entwicklung der Neuzeit

Schriften zur Rechtsgeschichte Heft 102

Die persönliche Haftung von Gesellschaftern von Personengesellschaften in der historischen Entwicklung der Neuzeit Von

Frank Thomas

Duncker & Humblot · Berlin

Der Fachbereich Rechtswissenschaft der Fernuniversität-Gesamthochschule Hagen hat diese Arbeit im Jahre 2002 als Dissertation angenommen.

Bibliografische Information Der Deutschen Bibliothek Die Deutsche Bibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über abrufbar.

Alle Rechte vorbehalten © 2003 Duncker & Humblot GmbH, Berlin Fremddatenübernahme: Klaus-Dieter Voigt, Berlin Druck: Berliner Buchdruckerei Union GmbH, Berlin Printed in Germany ISSN 0720-7379 ISBN 3-428-11001-3 Gedruckt auf alterungsbeständigem (säurefreiem) Papier entsprechend ISO 9706 θ

Meiner Familie

Inhaltsverzeichnis Α. Einleitung Β. Die Haftungsverhältnisse bei den Personengesellschaften nach BGB und HGB, Untersuchungsgegenstand I. Die Haftungssituation bei der BGB-Gesellschaft nach der neuen Rechtsprechung des BGHs II. Die Haftungsverhältnisse bei den Personengesellschaften des HGBs . . . III. Untersuchungsgegenstand C. Die Gesellschafterhaftung des späten Mittelalters und der beginnenden Neuzeit I. Gesellschafterhaftung der süddeutschen Fernhandelsgesellschaften . . . . 1. Die Gesellschafter der Fernhandelsgesellschaften 2. Die rechtsgeschäftliche Begründung von Gesellschafterhaftung . . . . a) Das Bestehen einer rechtsgeschäftlichen Haftungsbegründung und die daraus Verpflichteten aa) Die Regelungen in den Gesellschaftsverträgen (1) Die Regelung im Fuggervertrag von 1494 (2) Der Manlichvertrag von 1548 (3) Die Regelungen des Höchstetter-Ungelter-Baumgartnervertrages von 1524 (4) Die Bestimmungen des Haug-Linckvertrages von 1547 . . (5) Der Weißhaupt-Schreiber-Ditmar Vertrag von 1491 (6) Die Festlegungen im Imhofvertrag von 1527 (7) Die Regelungen im Koler-Kress-Saronnovertrag um 1506 (8) Der Scheurl-Behaim-Geislervertrag von 1540 (9) Der Fuggervertrag von 1532 (10) Die Fuggerverträge von 1512 und 1538 bb) Rechtliche Bewertung der Regelungen in den Gesellschaftsverträgen cc) Der rechtsverbindliche Eintritt einer Verpflichtungswirkung infolge rechtsgeschäftlichen Handelns zu Lasten der Fernhandelsgesellschafter gegenüber Dritten (1) Fehlen einer gesetzlichen Anordnung zur Begründung einer Verpflichtungswirkung im Außen Verhältnis (2) Bestehen einer Verpflichtungswirkung und Haftungsbegründung zu Lasten der Gesellschafter nach allg. Auffassung

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nsverzeichnis (3) Fehlen eindeutiger Quellennachweise für das Bestehen einer Verpflichtungswirkung außerhalb von Konkursen . . (4) Ausweitung des Privileges Friedrich III. von 1464 zur Frage der Haftung und Haftungsbegründung für die Hauptgesellschafter (a) Die herrschende Auffassung zur allgemeinen Aussage des Privileges zur Haftung der Hauptgesellschafter (b) Der Inhalt des Privileges bezüglich der Haftungsbegründung für Hauptgesellschafter (5) Die Feststellungen zur Frage der VerpflichtungsWirkung aufgrund der Konkurse von Fernhandelsgesellschaften . . (6) Abschließende Bewertung b) Haftungsbegründung für Einlagegesellschafter aa) Die Behandlung in den Gesellschaftsverträgen bb) Die herrschende Auffassung zur Haftung der Einlagegesellschafter im Anschluß an das Privileg Friedrich III. von 1464 cc) Die Aussage des Privileges zur Frage der Verpflichtung von Einlagegesellschaftern dd) Zustimmende Literaturmeinung von Silberschmidt, keine Bestätigung der gefundenen Aussage des Privileges durch weitere Quellen ee) Die Auswertung der Konkursverfahren und der Unterlagen der Arzt-Paumgartner Auseinandersetzung bezüglich der Aussage des Privileges ff) Zusammenfassende Bewertung 3. Umfang, Inhalt und Objekt der Haftung bei den Fernhandelsgesellschaften a) Keine Haftung einer rechtlich verselbständigten „Gesellschaft" mit einem Gesellschafts vermögen als eigenem Haftungsobjekt . . b) Hauptgesellschafter aa) Haftungsumfang und Inhalt (1) Die Aussagen in den Gesellschaftsverträgen (a) Die Aussagen im Weißhaupt-Schreiber-Ditmarvertrag von 1491 und im Haug-Linckvertrag von 1547 zum Haftungsumfang nach Meinung Strieders (b) Die Feststellungen Peterkas zum Haftungsumfang in den Fuggerverträgen von 1494 und 1512 (c) Anhaltspunkte für einen unbeschränkten Haftungsumfang in weiteren Gesellschaftsverträgen (2) Fehlen weiterer Quellennachweise; unbeschränkte, solidarische Haftung der Fernhandelsgesellschafter nach herrschender Auffassung (a) Fehlen weiterer Quellennachweise zum Haftungsumfang

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nsverzeichnis (b) Unbeschränkter und solidarischer Umfang der Haftung nach herrschender Auffassung (3) Zusammenfassende Bewertung der Ergebnisse zum Haftungsumfang bb) Haftungsobjekt (1) Vermögen und Person als Haftungsobjekte entsprechend der allgemeinen Auffassung im Mittelalter (2) Untersuchung der Konkursunterlagen zur Frage des Haftungsobjektes c) Einlagegesellschafter aa) Haftungsumfang und Inhalt (1) Die Regelung des Höchstettervertrages von 1524 (2) Aussagen in der Literatur zum beschränkten Haftungsumfang aufgrund des Privileges Friedrich III. von 1464 (3) Betragsmäßige Beschränkung der Haftung der Einlagegesellschafter als Inhalt des Privileges bb) Haftungsobjekt 4. Zusammenfassung II. Die Haftung der Gesellschafter im norddeutschen Wirtschaftsraum der Hanse 1. Norddeutsche Handelszusammenschlüsse und Aktivitäten mit Gesellschaftscharakter a) Allseitige Kapitaleinlage der Gesellschafter und Ausführung der Handelsgeschäfte durch nur einen Gesellschafter als häufigste Gesellschaftsform b) Die sog. „einseitige Gesellschaft" mit Kapital und „nur" Arbeitsleistung einlegenden Gesellschaftern c) Kein sicherer Quellennachweis für Gesellschaftsbildungen mit Kapitaleinlagen aller Gesellschafter und gleichzeitiger Beteiligung aller an der Abwicklung der Handelsgeschäfte 2. Die Haftungssituation der norddeutschen Gesellschafter zu Beginn des Untersuchungszeitraumes im 15. Jhd. vor dem sog. Segeberger Kodex von 1532 a) Keutgens Ansicht des Bestehens einer VerpflichtungsWirkung rechtsgeschäftlichen Handelns und einer unbeschränkten Haftung der Gesellschafter b) Keine Verifizierbarkeit der These Keutgens anhand der Quellen, erhebliche Indizien für das Nichtbestehen einer Verpflichtungswirkung nach herrschender Meinung c) Eigene Stellungnahme d) Keine Verpflichtungswirkung rechtsgeschäftlichen Handels zu Lasten der Gesellschaft oder des Gesellschaftsvermögens als rechtlich verselbständigte Verpflichtungsobjekte 3. Die Haftungsregelung im Segeberger Kodex von ca. 1532

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nsverzeichnis a) Festlegung einer haftungsbegründenden Vertretungswirkung bei rechtsgeschäftlichem Handeln Einzelner zu Lasten aller Gesellschafter b) Unbeschränkter Haftungsumfang, Person und gesamtes Privatvermögen als Haftungsobjekt c) Keine eigenständige Verpflichtungswirkung und Haftung einer verselbständigten Gesellschaft aufgrund des Kodex 4. Zusammenfassung III. Die Gesellschafterhaftung bei den Β erg Werksgesellschaften in der Zeit vom Ende des 15. bis ca. Mitte des 16. Jahrhunderts 1. Struktur der Gesellschafter 2. Die VerpflichtungsWirkung rechtsgeschäftlichen Handelns bei den Saigergeseilschaften a) Das Bestehen einer Verpflichtungswirkung rechtsgeschäftlichen Handelns einzelner Gesellschafter und die hieraus Verpflichteten aa) Die Regelungen in den Gesellschaftsverträgen bb) Nachweise des Bestehens einer Verpflichtungswirkung zu Lasten der Gesellschafter aufgrund von Handelsverträgen, insb. den Kupferkauf- und Verlagsverträgen cc) Keine Aufschlüsse aufgrund von Konkursen von Saigerhandelsgesellschaften; Indizien für das Bestehen einer Verpflichtungswirkung zu Lasten der Gesellschafter aus den Umständen des Zusammenbruches der Gesellschaft Steinach, Eisleben dd) Keine Verpflichtungswirkung zu Lasten einer rechtlich verselbständigten Gesellschaft als eigenem Verpflichtungsobjekt ee) Die Ansicht von Bauer und Kammerer bzgl. des Bestehens einer VerpflichtungsWirkung und der Verpflichteten b) Haftungsbegründende Vertretungswirkung bzgl. Einlagegesellschaftern aa) Hinweise auf das Bestehen einer Verpflichtungswirkung im Vertrag der Gesellschaft Arnstadt vom 1. April 1532 bb) Keine uneingeschränkte Übertragbarkeit und Anwendbarkeit des Inhaltes des Privileges Friedrich III. auf die Einlagegesellschafter der Saigergeseilschaften 3. Haftungsumfang und Objekt a) Prinzipalgesellschafter aa) Anhaltspunkte für einen unbeschränkten Haftungsumfang in den verschiedenen Quellen bb) Unbeschränkter Haftungsumfang nach Ansicht von Bauer und Kammerer b) Einlagegesellschafter 4. Zusammenfassung

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nsverzeichnis IV. Gesellschafterhaftung im gemeinen Recht und den Stadtrechtsreformationen des 15. und 16. Jahrhunderts 1. Gemeines Recht a) Die Haftungsverhältnisse der societas des klassischen römischen Rechtes b) Die Haftung der Gesellschafter nach gemeinem (rezipiertem römischen) Recht 2. Nürnberger Reformationen a) Die „Neue Reformation" von 1479 b) Die Reformationen von 1522 und 1564 3. Die Frankfurter Reformationen 4. Die Lüneburger Reformation 1577-1583 5. Das revidierte Lübische Stadtrecht von 1586 6. Das Hamburger Stadtrecht von 1603 7. Zusammenfassung

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D. Die Behandlung der Gesellschafterhaftung in den Kodifikationen der Zeit der Aufklärung 134 I. Codex Maximillianeus Bavaricus Civilis von 1756 134 1. Rechtsgeschäftliche Begründung einer Haftung der Gesellschafter . . 1 3 6 2. Art und Umfang der Gesellschafterhaftung 138 II. Das allgemeine Landrecht für die Preußischen Staaten von 1794 139 1. Die Verpflichtungswirkung rechtsgeschäftlichen Handelns bei der allgemeinen Erwerbsgesellschaft und der Handelsgesellschaft nach dem ALR 141 a) Die allgemeinen Bestimmungen bzgl. der zivilen Gesellschaft des ALR 141 b) Das Sonderrecht der Handelsgesellschaften 143 2. Art und Umfang der Haftung der Gesellschafter 145 3. Die Haftung von Kapitaleinlegern bei den Gesellschaften des ALR 148 a) Fehlende Gesellschaftereigenschaft der Kapitaleinleger gem. § 250 I 17 148 b) Die Haftungssituation der stillen (Einlage-)Gesellschafter 149 4. Zusammenfassung 152 III. Das badische Landrecht von 1809 und der Frankfurter Entwurf eines Handelsgesetzbuches aus dem Jahre 1811 153 1. Das badische Landrecht von 1809 154 a) Die Regelungen bzgl. des Bestehens einer VerpflichtungsWirkung von rechtsgeschäftlichem Handeln der Gesellschafter 155 aa) Die Bestimmungen bzgl. der zivilen Gesellschaften 155 bb) Die offenen Handelsgesellschaften 157 b) Art, Umfang und Objekt der Haftung 158 aa) Teilverbindlichkeit nach Kopfzahl als Haftungsumfang bei der zivilen, allgemeinen Erwerbsgesellschaft 158

nsverzeichnis

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bb) Solidarische Gesamtverbindlichkeit als Haftungsumfang bei der offenen Handelsgesellschaft c) Die Haftung der Einlagegesellschafter der „vertrauten" Gesellschaft aa) Entstehen einer Verpflichtungswirkung zu Lasten aller, auch der Einlagegesellschafter gem. LRS 18 des Anhanges und LRS 1862 bb) Die „auf die Einlage" beschränkte Haftung der vertrauten Gesellschafter 2. Der Entwurf eines Handelsgesetzbuches für die Stadt Frankfurt a.M. von 1811 a) Die Haftung der Mitglieder der „Gesellschaft unter vereinigtem Namen" b) Die Haftungssituation der Gesellschaft mit Kapitalbeitrag (société en commandite) IV. Das Allgemeine Bürgerliche Gesetzbuch für die gesamten deutschen Erbländer der österreichischen Monarchie von 1811 1. Die Verpflichtungs Wirkung rechtsgeschäftlichen Handelns a) Verpflichtungswirkung zu Lasten der Gesellschaft als eigener Rechtsperson und den Gesellschaftern bei der zivilen Gesellschaft b) Gleiche VerpflichtungsWirkung bei den Handelsgesellschaften . . 2. Art und Umfang der Haftung a) Anteilige, erst nach Verbrauch des Gesellschaftsvermögens eintretende Haftung als wahrscheinlicher Haftungsumfang der Gesellschafter der zivilen Erwerbsgesellschaft b) Solidarische, subsidiäre Haftung der Handelsgesellschafter 3. Die Haftung der geheimen (Einlage-)Gesellschafter des ABGB . . . . a) Verpflichtungswirkung aus Rechtsgeschäften auch zu Lasten der geheimen Gesellschafter b) Auf die Einlage beschränkter Haftungsumfang der geheimen Gesellschafter V. Zusammenfassung

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E. Zusammenfassung der Ergebnisse

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Gedruckte Quellen und Gesetzestexte

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Literaturverzeichnis

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Sachverzeichnis

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Abkürzungsverzeichnis a. Α. a.a.O. ABGB

Abs. AcP ADB ADHGB a.E. a. F. AGB Entwurf AJM

allg. ALR a.M. Anh. Anm. Art. AS Aufl. Bd. Bez. BGB BGH BGHZ bzgl. bzw. CMBC D D 17, 2, 30 d.Ä. ders. d.h.

anderer Ansicht am angegebenen Ort Allgemeines Bürgerliches Gesetzbuch für die gesamten deutschen Erbländer der österreichischen Monarchie von 1811 Absatz Archiv für civilistische Praxis Allgemeine Deutsche Biographie Allgemeines deutsches Handelsgesetzbuch von 1861 am Ende alte Fassung Entwurf eines Allgemeines Gesetzbuch für die preussischen Staaten Allgemeine Juristische Monatsschrift für die Preussischen Staaten allgemein Allgemeines Landrecht für die preussischen Staaten von 1794 am Main Anhang Anmerkung Artikel Allgemeines Schuldrecht Auflagen Band Bezeichnung Bürgerliches Gesetzbuch Β undesgerichtshof Entscheidungen des Bundesgerichtshofes in Zivilsachen bezüglich beziehungsweise Codex Maximilianeus Bavaricus Digesta Iustiniani Digesten, Buch 17, Titel 2, Fragment 30 der Ältere derselbe das heißt

14 Dr. Einf. Einf. v. Einl. erg. evtl. f. ff. fl. Fn. franz. GA Gai. GbR Ger.-Arch. GesellschaftsR ggfls. HB HG HGB HGB Entwurf h.M. HR HRG Hrsg. i.d.R. insb. Inst. Inst. 3, 25 i.S.d. i.S.v. ital. Jhd. K. KG Lit. LRS MDR m.E. mittelalterl. MüHB MüKo m. w.N.

Abkürzungsverzeichnis Doktor Einführung Einführung vor Einleitung ergänzend eventuell folgende fortfolgende Rheinische Gulden Fußnote französisch Germanistische Abteilung Gaius Institutiones Gesellschaft bürgerlichen Rechtes Gerichtsarchiv Gesellschaftsrecht gegebenenfalls Handbuch Handelsgesellschaften Handelsgesetzbuch Frankfurter Entwurf eines Handelsgesetzbuches herrschende Meinung Handelsrecht Handwörterbuch zur deutschen Rechtsgeschichte Herausgeber in der Regel insbesondere Institutiones Iustiniani Inst. Buch 3, Titel 25 im Sinne des im Sinne von italienisches Jahrhundert Karsten Kommanditgesellschaft Literatur Landrechtssatz Monatszeitschrift des deutschen Rechtes meines Erachtens mittelalterlich Münchner Handbuch des Gesellschaftsrechtes Münchener Kommentar mit weiteren Nachweisen

Abkürzungsverzeichnis η. F. Nr. NJW ObligR oHG OLG Pand. PrivatR RAG RGZ RhA

neue Fassung Nummer Neue Juristische Wochenzeitschrift Obligationenrecht offene Handelsgesellschaft Oberlandesgericht Pandekten Privatrecht Rheinischer Appellationsgerichtshof zu Köln Entscheidungen des Reichsgerichtes in Zivilsachen Archiv für das Zivil- und Kriminalrecht der königlich Preußischen Rheinprovinzen RhA 10, I, 224 RhA Band 10, Abteilung I, Seite 224 Rn. Randnummer Rom. römisch Rz. Randziffer S. Seite sog. sogenannte Teilb. Teilband u. a. unter anderem u. U. unter Umständen v. von vgl. vergleiche VSWG Vierteljahresschrift für Sozial- und Wirtschaftsgeschichte Z. Zeile z.B. zum Beispiel ZHR (Band, Seite) Zeitschrift für das gesamte Handelsrecht und Wirtschaftsrecht Ziff. Ziffer ZRG GA Zeitschrift für Savigny Stiftung für Rechtsgeschichte, ger(Band, Seite) manistische Abteilung ZRG RA Zeitschrift für Savigny Stiftung für Rechtsgeschichte, roma(Band, Jahrgang, Seite) nistische Abteilung ζ. T. zum Teil

Α. Einleitung In den Leitsätzen des grundlegenden Urteiles vom 29. Januar 2001 1 finden sich zur Rechtsnatur der Gesellschaft bürgerlichen Rechtes, dem Grundmodell der heutigen Personengesellschaften, 2 und zur Haftungsfrage, nunmehr folgende Feststellungen des BGHs: 1. Die (Außen-)GbR besitzt Rechtsfähigkeit, soweit sie durch Teilnahme am Rechtsverkehr eigene Rechte und Pflichten begründet. 3. Soweit der Gesellschafter für die Verbindlichkeiten der Gesellschaft bürgerlichen Rechts persönlich haftet, entspricht das Verhältnis zwischen der Verbindlichkeit der Gesellschaft und der Haftung des Gesellschafters derjenigen bei der oHG (Akzessorietät). 3 Mit dieser Entscheidung, die Karsten Schmidt in seiner Besprechung, wohl zu Recht, als Meilenstein in der Fortentwicklung des Rechtes der Personengesellschaft bezeichnet hat, 4 bezieht das höchste deutsche Zivilgericht damit eindeutig Stellung im Rahmen des seit fast 30 Jahren in der Literatur gefühlten Grundlagenstreites zur Frage der Rechtsnatur der GbR und den damit, insbesondere hinsichtlich der Haftung, verbundenen Auswirkungen. 5 Unterliegen die Haftungsverhältnisse bei den Personengesellschaften des Handelsrechtes einer weitgehend eindeutigen Regelung durch die Bestimmungen der §§ 124, 128, 161 HGB, so zeigt das Urteil die für das Recht der GbR nach wie vor bestehende Aktualität der Diskussion bezüglich der Haftungsproblematik. Die Ausgestaltung der Haftungsverhältnisse gegenüber Dritten bei Personenvereinigungen im Hinblick auf das mögliche Entstehen einer Verpflichtung und hieraus folgenden Haftung der Beteiligten zählt dabei seit jeher zu den zentralen Fragestellungen des Gesellschaftsrechts und ist trotz verschiedener Versuche, andere Kriterien zugrunde zu legen, 6 bis heute das wesent1

BGH NJW 01, 1056 f. Soergel-Hadding, BGB, Vor § 705, Rz. 14, 25; Eisenhardt, GesellschaftsR, 8. Auflage, S. 23, Rz. 35 ff. 3 BGH NJW 01, 1056 f. 4 Schmidt; Karsten, NJW 01, 993 ff. 5 Siehe hierzu ausführlich unten, S. 3 f. 6 Siehe hierzu die Darstellung der verschiedenen Ansätze bei Rehme ZRG GA 27, 504 f. 2

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Α. Einleitung

liehe Differenzierungs- und Klassifizierungsmerkmal für die Gesellschaftsformen. 7 Aufgrund dieser besonderen Bedeutung und der nach wie vor bestehenden Aktualität der Haftungsfrage, sollen im Rahmen dieser Untersuchung die historischen Haftungsverhältnisse bei den Personengesellschaften in der Zeit vom späten Mittelalter bis zu den Kodifikationen und Kodifikationsentwürfen der Aufklärung betrachtet werden. Ausgehend vom Trennungsprinzip, daß eine strenge Unterscheidung zwischen der Verpflichtung der Gesellschaft mit dem Gesellschaftsvermögen und den einzelnen Gesellschaftern mit ihrem Privatvermögen vorsieht, 8 soll versucht werden, die Entwicklung im Untersuchungszeitraum aufzuzeigen, die hinsichtlich der Konsequenzen rechtsgeschäftlichen Handelns von Gesellschaftern bzgl. des Entstehens einer Verpflichtungswirkung zu Lasten von Gesellschaft und/oder Gesellschaftern und deren damit verbundener Haftung feststellbar ist. Schwerpunkt der Untersuchung ist dabei die Frage nach dem grundsätzlichen Entstehen einer Verpflichtung und damit der Haftung der Gesellschafter, sowie nach deren Art, ihrem Umfang und inwieweit in ihrem Rahmen das Privatvermögen als Haftungsobjekt erfaßt wurde.

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Thöl, Handelsrecht S. 308; Rehme ZRG GA 27,502 m.w.N.; Bauer, Unternehmungen, S. 29. 8 Zum Trennungsprinzip siehe ausführlich: Wiedemann, GesellschaftsR, S. 250/ 251; Weitere Nachweise siehe unten, Fn. 2.

Β. Die Haftungsverhältnisse bei den Personengesellschaften nach BGB und HGB, Untersuchungsgegenstand I. Die Haftungssituation bei der BGB-Gesellschaft nach der neuen Rechtsprechung des BGHs Betrachtet man als Hintergrund und zum Verständnis der zu untersuchenden historischen Entwicklung der persönlichen Haftung der Gesellschafter von Personengesellschaften im Darstellungszeitraum zunächst die Haftungsverhältnisse bei den heutigen Personengesellschaften nach den Regelungen im BGB und HGB, so ist für das Recht der GbR der bereits angedeutete ca. 30 jährige Grundlagenstreit zur Frage der Rechtsnatur dieser Gesellschaftsform und den hierzu in Abhängigkeit stehenden Konsequenzen hinsichtlich der Haftungsfrage zu konstatieren. Auf der Grundlage des in verschiedenen gesetzlichen Regelungen wie z.B. den §§ 718, 719 BGB zum Ausdruck kommenden Ent- und Bestehens eines vom Privatvermögen der Gesellschafter streng zu trennenden Gesellschaftsvermögen als Gesamthandsvermögen 1 wurde ursprünglich in der Literatur 2 und der Rechtsprechung 3 allgemein davon ausgegangen, daß die GbR über keinerlei eigene Rechtssubjektivität verfügt. 4 Entsprechend sollte systematisch als Folge eines rechtsgeschäftlichen Handelns nur eine gemeinschaftliche Verpflichtung der einzelnen Gesellschafter, nicht aber eine Verbindlichkeit der eigenständigen Gesellschaft als solcher entstehen.5 Die Existenz von rechtsgeschäftlich begründeten Gesamthands- oder Gesellschaftsschulden war damit ausgeschlossen. Das Gesellschaftsvermögen wurde lediglich als ein weiteres neben dem Privatvermögen der Gesellschafter bestehendes Zugriffsobjekt angesehen. Die Haftungsfrage war da1 Kubier, GesellschaftsR, § 6 III 3 c); MüKo Ulmer, § 705, Rz. 128; SoergelHadding, BGB, § 718, Rz. 1 ff.; Flume , AT, § 5, S. 68 f.; Hueck, GesellschaftsR, § 9 II; Eisenhardt, GesellschaftsR, 8. Aufl., S. 43, Rz. 70 f.; Schmidt, Karsten, GesellschaftsR, § 46 II 2.; Für die handelsrechtliche Literatur siehe: Staub/Habersack,, HGB, § 124 Rz. 7, 12. 2 Siehe hierzu die umfangreichen Nachweise bei MüKo Ulmer § 714, Rz. 20, Fn. 46; Soergel-Hadding, BGB, § 714, Rz. 3. 3 BGHZ 23, 307, 313; OLG Düsseldorf MDR 80, 679. 4 Soergel-Hadding, BGB, § 714, Rz. 3. 5 Wiedemann, GesellschaftsR, S. 279. 2*

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Β. Die Haftungsverhältnisse bei den Personengesellschaften

nach streng im Sinne der heutigen 6 Differenzierung zwischen den Begriffen 7 des „Schuldens" i.S.v. Leistensollen, und „Haften" 8 als das dem zwangsweisen Zugriff eines Gläubigers Unterworfensein des Schuldners, 9 über die Annahme nur einer Verpflichtung mit zwei bestehenden Haftungsobjekten 10 gelöst. Nicht zuletzt wegen der mit dieser Betrachtungsweise verbundenen systematischen Schwierigkeiten 11 geriet diese, ausgelöst durch die, einen von Otto v. Gierke bereits im Jahre 1895 vorgenommenen Ansatz 12 wiederaufnehmenden Überlegungen Flumes 13 zur Rechtsnatur der Gesamthand, Anfang der siebziger Jahre zunehmend in die Diskussion. 14 In deren Verlauf setzte sich als bis dato herrschende Meinung in der Literatur, unter Verwerfung der bisherigen Theorie des Bestehens nur einer Verpflichtung mit zwei Haftungsobjekten, die Ansicht durch, daß die GbR als Gesamthandsgemeinschaft über eine nach außen bestehende, beschränkte eigene Rechtssubjektivität verfügt, aufgrund derer sie Eigentümerin des Gesellschaftsvermögens sowie Gläubigerin und Schuldnerin im Rahmen von Rechtsgeschäften sein kann. 15 Wesentliches Argument zur Begründung ist dabei, daß nur so für die GbR ein den Anforderungen gerecht werdendes, system- und wertungskonformes Schuld- und Haftungssystem entsteht. 16 Für die Rechtsprechung war lange ein Fehlen richtungsweisender höchstrichterlicher Urteile zu konstatieren, bzw. wurde in solchen zu Vertretungsund Haftungsfragen auf eine dogmatische Verankerung verzichtet. 17 Seit Anfang der achziger Jahre ließen verschiedene Richtungsentscheidungen des BGHs 1 8 dann eine Tendenz erkennen, die nunmehr mit der Anerken6

Larenz, AS, § 2 IV; Soergel-R. Schmidt, BG B, Vor § 241, Rz. 5. Siehe hierzu grundlegend: v. Gierke , Schuld und Haftung, S. 1 ff. 8 Der Begriff der Haftung wird allerdings im juristischen Sprachgebrauch, aber auch vom Gesetzgeber mit mehrfacher Bedeutung und z.T. auch synonym (vgl. z.B. § 840 BGB) gebraucht; vgl. Larenz, AS, § 2 IV; MüKo Kramer, Einl. §§ 241 Rz. 41, Siehe hierzu auch die Darstellung bei Enneccerus-Lehmann, § 2 I 2. 9 MüKo Kramer, Einl §§ 241f., Rz 41; Fikentscher, AS, § 7/4. 10 Wiedemann, GesellschaftsR, S. 279 f. 11 Vgl. hierzu Wiedemann , GesellschaftsR, S. 280 f.; Schmidt, Karsten, GesellschaftsR, § 8 III 3. 12 v. Gierke, PrivatR, S. 663 ff. 13 Flume , ZHR 136, 177 ff.; AT, S. 50 ff. 14 Vgl. Staudingerl Keßler, BGB (12. Aufl.), Vorb. zu § 705, Rz. 63 f. 15 MüKo Ulmer, § 705, Rz. 131 ff.; Schmidt, Karsten, GesellschaftsR, § 8 II; Soergel-Hadding, BGB, § 718 Rz. 3; Hüffer, GesellschaftsR, § 7; Erman/Westermann, BGB, Vorb. § 705, Rz. 14 ff.; Eisenhardt, GesellschaftsR, Rz. 74 ff.; Gummen, MüHB, § 9, Rz. 9. 16 Gummert, MüHB, § 9, Rz. 8; Schmidt, Karsten, GesellschaftsR, § 8 III. 17 MüKo Ulmer, § 714, Rz. 2. 7

I. Die Haftungssituation bei der BGB-Gesellschaft

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nung einer beschränkten Rechtsfähigkeit der GbR, entsprechend der schon herrschenden Literaturmeinung durch die o.g. Grundsatzentscheidung eine deutliche Bestätigung erfahren hat. 1 9 Hinsichtlich der Frage des Ent- und Bestehens einer Haftung der Gesellschafter neben der der GbR selber, ergibt sich als Konsequenz der rechtlichen Verselbständigung zunächst, daß Folge eines rechtsgeschäftlichen Handelns von Gesellschaftern das Entstehen einer Verpflichtung und hieraus folgenden Haftung der Gesellschaft selber ist. 2 0 Mangels einer ausdrücklichen gesetzlichen Anordnung einer Haftung auch der Gesellschafter wurde zu deren systematischer Begründung allgemein in der Rechtsprechung 21 und Literatur die Theorie der DoppelVerpflichtung für zutreffend angesehen.22 Durch die von dem handelnden Gesellschafter abgegeben Willenserklärungen sollte danach eine Verpflichtung sowie eine daraus resultierende Haftung sowohl der Gesellschaft, als auch der Gesellschafter entstehen. Im o. g. dritten Leitsatz seines Grundlagenurteiles hat sich der BGH nunmehr jedoch der bislang schon ζ. T. in der Literatur 23 vertretenen sog. Akzessorietätstheorie angeschlossen. Diese beinhaltet, daß entsprechend dem Inhalt des § 128 HGB für die oHG, der Eintritt einer Verpflichtung und damit Haftung der Gesellschafter nicht vom Inhalt der Vertretungsmacht des rechtsgeschäftlich Handelnden abhängig ist, sondern qua Gesetz eintritt und akzessorisch der der Gesellschaft folgt, wenn keine Haftungsbeschränkung auf das Gesellschaftsvermögen vereinbart worden ist. Wie bei der oHG haften die Gesellschafter in diesem Rahmen unbeschränkt, primär und mit ihrem gesamten Privatvermögen als Gesamtschuldner. 24

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BGHZ 79, 374 [378 f.]; BGHZ 116, 86 [88]; BGHZ 136, 254 [257]; BGH NJW 99, 3483. 19 Schmidt, Karsten NJW Ol, 993. 20 Gummen, MüHB, § 12, Rz. 4. 21 BGHZ 74, 240, 242; 79, 374, 377; OLG Hamm NJW 85, 1846 f. 22 MüKo Ulmer, § 714, Rz. 24; Hüjfer, GesellschaftsR, § 7; Palandt/Sprau, BGB, § 718, Rz. 7; Westermann, HB, RNr. I 865 ff.; Soergel-Schulze-v. Lasaulx, § 718, Rz. 9 f.; Gummert, MüHB, § 12, Rz. 5; Kühler, GesellschaftsR, § 6 III; harem, BS, § 60 IV; Hueck, GesellschaftsR, § 9IV. 23 Eisenhardt, GesellschaftsR, Rz. 74 f.; Nicknig, S. 46 f.; Wiedemann, GesellschaftsR, S. 283; Schmidt, Karsten, GesellschaftsR, § 60 III 2; Schmidt, Karsten NJW 01, 994 m.w.N. 24 Baumbach/Hopt, HGB, § 128, Rz. 1.

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Β. Die Haftungsverhältnisse bei den Personengesellschaften

II. Die Haftungsverhältnisse bei den Personengeseilschaften des HGBs Bei den Personengesellschaften des HGBs wurde in der Literatur ausgehend von der Annahme der Möglichkeit des Bestehens einer Rechtsfähigkeit nur für juristische Personen, angesichts der Regelung des § 124 HGB früher ebenfalls die Frage nach deren Rechtsnatur problematisiert und diskutiert. 25 Ebenso wie bei der GbR wurde auch für die Gesellschaften des HGBs z.T. die Auffassung vertreten, daß letztendlich nur die Gesellschafter selber als Träger des Gesellschaftsvermögens, sowie Gläubiger und Schuldner der Verbindlichkeiten anzusehen s i n d 2 6 Entgegen dieser, insb. im klaren Widerspruch zur positiven Regelung in § 124 HGB stehenden Auffassung wird heute jedoch in der Rechtsprechung 27 und im Schrifttum allgemein davon ausgegangen, daß die Personengesellschaften des Handelsrechtes, ohne juristische Person zu sein, über eine eigene Rechtssubjektivität verfügen. 28 Die Handelsgesellschaften sind damit selber Inhaber des Gesellschaftsvermögens, das, entsprechend dem in § 124 Abs. 2 HGB für die Zwangsvollstreckung ausdrücklich betonten Trennungsprinzip, vom Vermögen der Gesellschafter streng zu trennen ist. Sie sind darüberhinaus auch Verpflichtete und Berechtigte aufgrund von durch rechtsgeschäftliches Handeln begründeten Schuldverhältnissen. Folge der Verpflichtung und der daraus resultierenden Haftung der Gesellschaft ist gem. § 128 HGB, daß gesetzlich und akzessorisch dieses gleichermaßen auch für die Gesellschafter entsteht. 29 Diese haften aufgrund ihrer Verpflichung für die Verbindlichkeiten unbeschränkt, primär und persönlich als Gesamtschuldner, d.h. mit ihrem gesamten Privatvermögen. 30

III. Untersuchungsgegenstand Vor dem Hintergrund dieser Rechtslage hinsichtlich der Haftung der Gesellschafter von Personengesellschaften nach BGB und HGB, und ausgehend vom heutigen Trennungsprinzip, 31 soll im Rahmen dieser Darstellung 25

Schmidt, K., GesellschaftsR, § 46 II 1.; Wiedemann, GesellschaftsR, S. 279. RGZ 3, 57; 5, 51, 57; 139, 252, 254; Siehe zu weiteren Nachweisen: Wiedemann, GesellschaftsR, S. 279. 27 BGHZ 34, 296; 110, 128; BGH NJW 88, 556. 28 Staub/Ulmer, HGB, § 105, Rz. 39 ff.; SchlegelbergerlK. Schmidt, HGB, § 124, Rz. 1 ff.; Baumbach/Hopt, HGB, § 124, Rz. 1 f.; Schmidt, Karsten, GesellschaftsR, § 46 II m. w. N. 29 Schlegelberger/K. Schmidt, HGB, § 128, Rz. 1; Staub/Habersack, HGB, § 128, Rz. 20; Baumbach/Hopt, HGB, § 128, Rz. 1, 8. 30 Baumbach/Hopt, HGB, § 128, Rz. 1. 26

III. Untersuchungsgegenstand

23

die historische Entwicklung der Gesellschafterhaftung von der Zeit des späten Mittelalters bis zu den Kodifikationen der Aufklärung untersucht werden. Dabei bedarf der Untersuchungsgegenstand angesichts der Vielschichtigkeit der modernen Verwendung des Begriffes der Haftung, insoweit noch einer nähere Präzisierung. Der Begriff der Haftung wird im allgemeinen Sprachgebrauch üblicherweise im Sinne einer allgemeinen Verantwortlichkeit mit der Folge einer möglichen Ersatzpflicht gebraucht. 32 Oftmals erfolgt auch eine synonyme Verwendung der Begriffe Schuld und Haftung, wie zum Beispiel in § 840 Abs. 1 B G B . 3 3 Schließlich werden mit dem Begriff der Haftung allgemein aber auch die Ansprüche bezeichnet, die Folge einer Nichterfüllung von primären Leistungspflichten oder Verbindlichkeiten sind, so beispielsweise ein Schadensersatzanspruch oder ein Rücktrittsrecht. 34 Soweit mit der vorliegenden Darstellung die Haftung der Gesellschafter von Personengesellschaften betrachtet wird, soll dies in dem Sinne verstanden werden, daß eine Untersuchung der zentralen Gestaltungskriterien 35 von Haftungsverhältnissen erfolgt. Als solche ergeben sich die Festlegungen zum Haftungsträger, zum Haftungsgrund aber auch die zum Haftungsobjekt und zum Haftungsumfang. Hinsichtlich der Haftungsträgerschaft wird, ausgehend vom Trennungsprinzip, der Frage nach dem Bestehen einer persönlichen Haftung des Gesellschafters neben der einer, ggfls. rechtlich verselbstständigten Gesellschaft mit einem eigenen Gesellschaftsvermögen nachgegangen. Zur Frage des Haftungsobjektes soll untersucht werden, inwieweit der Gesellschafter im Haftungsfall mit seinem Privatvermögen dem Zugriff der Gesellschaftsgläubiger durch Zwangsvollstreckung 36 ausgesetzt war. Bezüglich der Haftungsgrundes wird schließlich überprüft, wie und ob sich eine (Mit-)Verpflichtung der Gesellschafter aus dem rechtsgeschäftlichen Handeln von anderen Gesellschaftern zu Gesellschaftszwecken gegenüber Dritten ergibt.

31

Wiedemann, GesellschaftsR, S. 250/251: Siehe des weiteren die Nachweise oben, Fn. 2. 32 Larenz, AS, § 2 IV; MüKo Kramer, Einl. zu §§ 241 Rz. 41. 33 Brox, AS, § 2 Rz. 15; Enneccerus-Lehmann, § 2 I 2; Esser-Schmidt, AS, § 7 I, 1. 34 Müko Kramer, Einl. §§ 241 f., Rz. 41; Esser-Schmidt, AS, § 7 1,1. 35 Vgl. zu diesen Kriterien: Bauer, Unternehmungen, S. 29 f.; Wellkamp, Haftung S. 70 f. 36 Siehe hierzu: Esser-Schmidt, AS, § 7 IV; Larenz, AS, § 2 IV; Brox, AS, § 2 Rz. 16.

24

Β. Die Haftungserhältnisse bei den Personengesellschaften

Dabei muß sich die Darstellung zur Frage des Haftungsgrundes auf rein durch rechtsgeschäftliches Handeln begründete schuldrechtliche Haftung unter Ausschluß von gesetzlichen Haftungstatbeständen und hier auch auf die reine Außenhaftung gegenüber nicht an der Gesellschaft beteiligten Dritten beschränken, da der Umfang ansonsten gesprengt werden würde. Eine Beschränkung der Betrachtung auf die Außenhaftung erscheint dabei angesichts deren Bedeutung als Differenzierungs- und Klassifizierungsmerkmal für die verschiedenen Gesellschaftsformen insgesamt jedoch durchaus gerechtfertigt. 37

37

Thöl, Handelsrecht, S. 308; Rehme ZRG GA 27, 502 m.w.N.; Bauer, Unternehmungen, S. 29.

C. Die Gesellschafterhaftung des späten Mittelalters und der beginnenden Neuzeit Ausgangspunkt der Untersuchung der historischen Entwicklung der Gesellschafterhaftung soll deren Ausgestaltung bei den Handelsgesellschaften des späten Mittelalters in den damals wesentlichen süd- und norddeutschen Wirtschaftsräumen sein. Diese Gesellschaften bestanden auf der Grundlage eines Gesellschaftsvertrages zwischen, bis auf Ausnahmen, wie z.B. bei der Fuggergesellschaft, 1 in der Regel nur nächsten Verwandten. Sie sind deshalb von besonderer Relevanz, weil sie damit den vorläufigen Abschluß eines durch verschiedene Faktoren eingeleiteten und beschleunigten Prozesses der Vergesellschaftung von Handelsaktivitäten darstellen. 2 Nach heute überwiegender Auffassung war dessen Ausgangspunkt die Ganerbschaft als ungeteilte Miterbschaft des deutschen Rechtes im Sinne der Weiterführung von (Handels-)Geschäften nach dem Tod des Vaters durch die Söhne.3 Danach ist die Haftung der Gesellschafter der Ende des 15. Jahrhunderts entstehenden Saigerhandelsgesellschaften des deutschen Wirtschaftsgebietes zu prüfen. Diese Gesellschaften als die bergbauliche Produktion und den Handel zusammenfassende Unternehmensform, 4 sind von besonderer Bedeutung, weil sie von Anfang an keine verwandtschaftlichen Bindungen der Gesellschafter mehr aufweisen und auf frei vereinbarten Gesellschaftsverträgen beruhen. 5 Wegen des aufgrund der sehr hohen Produktionskosten für den Saigerbergbau 6 ständig bestehenden Kapitalbeschaffungs- und Finanzierungsproblemes dieser Gesellschaften, 7 aber auch wegen der größeren Beteiligung von Nichtkaufleuten und der damit verbundenen stärkeren Ausprä-

1 Ehrenberg, Fugger, S. 381; Strieder, 2 Gesellschaftsverträge S. 8; Schmied Frühkapitalismus S. 34. 2 Strieder, 2 Gesellschaftsverträge S. 9 f.; Schmied, Frühkapitalismus S. 47. 3 Weber, Handelsgesellschaften S. 44; Schmoller, Jahrbuch, S. 373 f.; Schmidt, Stadtrechte, Einl., S. 8; Lehmann, Lehrbuch, S. 286; Strieder, 2 Gesellschaftsverträge, S. 5. 4 Lutz, S. 13; Strieder, Organisationsformen, S. 46 f.; Bauer, Unternehmungen, S. 91-101. 5 Bauer, Unternehmungen, S. 58. 6 Vgl. Kammerer, S. 255; zum Saigerverfahren, vgl. Möllenberg, Eroberung S. 5; Silberschmidt, Teilhaberschaft, S. 86. 7 Bauer, Unternehmungen, S. 57, 58.

26

C. Die Gesellschafterhaftung vom späten Mittelalter bis zur Neuzeit

gung der inneren Gesellschaftsstruktur 8 wird in diesen, allerdings in unterschiedlich starker Ausprägung in der Literatur, der Beginn der Entwicklung von Kapitalgesellschaftsformen insbesondere der Aktiengesellschaft gesehen 9 . Auch vor diesem Hintergrund ist die Gestaltung der Gesellschafterhaftung der Saigerhandelsgesellschaften zu überprüfen. Abschließend sind dann das in dieser Zeit in Deutschland geltende gemeine Recht und die gesellschaftsrechtliche Regelungen beinhaltenden Stadtrechtsreformationen auf Bestimmungen zur Gesellschafterhaftung zu untersuchen.

I. Gesellschafterhaftung der süddeutschen Fernhandelsgesellschaften Gegenstand der Betrachtung soll zunächst die Haftung der Gesellschafter der sog. Fernhandelsgesellschaften des süddeutschen Wirtschaftsraumes sein. Sind Handelsgesellschaften in einer dem heutigen Recht vergleichbaren Form allgemein überhaupt erst im Mittelalter nachweisbar, 10 so sind die (Fern-)handels- und Geschäftsaktivitäten dieser Gesellschaften schon bereits über die jeweilige Region des Geschäftsitzes z.T. weit hinaus angelegt. 11 Dabei konzentrierten sich die Sitze der Gesellschaften in besonderem Maße 1 2 auf die Städte des süddeutschen Raumes wie z.B. Frankfurt, Nürnberg, Augsburg. 13 Diesen z.T. weltbekannten Gesellschaften, gelang es, begünstigt durch eine Reihe von Bedingungen, wozu insbesondere auch die Nähe zu den italienischen Handelszentren und deren Verbindung zum Orient zu zählen ist, im Laufe der Zeit, erheblichen Reichtum und damit auch wirtschaftliche Macht zu erlangen und zu konzentrieren. 14 Sie stehen damit in engem Zusammenhang mit dem Aufblühen des Handels in dieser Zeit. 1 5 Als Grundlage für die Darstellung stehen als Quellen die heute in bereits größerer Z a h l 1 6 publizierten Gesellschafts Verträge der Fernhandelsgesell8

Strieder, Organisationsformen, S. 110; Schimke, S. 46. Schmied, Frühkapitalismus, S. 45; Möllenberg, Eroberung, S. 6; Bauer, Unternehmungen, S. 57; Strieder, Organisationsformen, S. 109 f., insb. 122. 10 Schmidt, Stadtrechte, S. 1 f.; Weber, Handelsgesellschaften, S. 5 f.; Schmied, Frühkapitalismus, S. 33 f. 11 Bauer, Unternehmungen, S. 1-17; Schulte, Mittelalterl. Handel, S. 669. 12 Lutz, S. 14. 13 Vgl. die ausführliche Aufzählung bei Lutz, S. 17, 18. 14 Schmidt, Stadtrechte, S. 10 f. 15 Vgl. die ausführlichen Darstellungen der Entwicklung der Fernhandelsgesellschaften bei Lutz, S. 36-61 und Bauer, Unternehmungen, S. 1-17. 16 Vgl. die Übersicht bei Lutz, S. 5-6. 9

I. Gesellschafterhaftung der süddeutschen Fernhandelsgesellschaften

27

schatten zur Verfügung, die hinsichtlich Regelungen zur Frage der Verpflichtung von Gesellschaftern durch rechtsgeschäftliches Handeln von Mitgesellschaftern sowie zu Umfang und Inhalt einer etwaigen, darauf beruhenden Haftung im Außenverhältnis zu untersuchen sind.

1. Die Gesellschafter der Fernhandelsgesellschaften Als Gesellschafter sind grundsätzlich, ausgehend vom Vertragsprinzip, die unmittelbar am Abschluß des Gesellschaftsvertrages beteiligten Vertragsparteien anzusehen. Diese werden bei den Fernhandelsgesellschaften als Haupt- oder Prinzipalgesellschafter bezeichnet. 17 Der Zwang der Gesellschaften in zunehmendem Maße zur Stärkung der Kapitalkraft ergänzendes Kapital in Anspruch zu nehmen, insbesondere um die immer weitreichenderen Aktivitäten zu finanzieren, 18 hat jedoch zum Entstehen von verschiedenen Kapitaleinlageformen geführt. Diese sind daher zunächst auf das Vorliegen einer Gesellschafterstellung der Einleger neben den Hauptgesellschaftern als Parteien und Unterzeichner des Gesellschaftsvertrages hin zu überprüfen. Zu nennen ist zunächst die wohl meistgenutzte 19 Kapitalanlage in der Form des sog. Depositums. 20 Hierbei handelte es sich um eine festverzinsliche Einlage an die Gesellschaft, durch die zwischen den Beteiligten allerdings nur ein schuldrechtliches Vertrags Verhältnis entstand, 21 das aber nicht die Stellung eines Mitgesellschafters des Einlegers begründete. 22 Daneben bestand als weiters Mittel zur Hereinnahme von ergänzenden Kapitalien die sog. Einlage zu Gewinn und Verlust. Eine genaue, umfassende Darstellung des Inhaltes und der Ausgestaltungsformen dieser Einlageform ist wegen deren Vielschichtigkeit nur sehr schwer möglich 2 3 . Schmied beschreibt sie im Anschluß an Lastig als Hingabe einer Kapital17 Lutz, S. 242; die zitierte Stelle des Imhoffvertrages v. 1527 bestätigt allerdings die Stellung, nicht die Bezeichnung als Hauptgesellschafter; Bauer, Unternehmungen, S. 66; siehe auch die Übersicht zu den verschiedenen Bezeichnungen bei Rehme ZRG GA 27, 531. 18 Schmied, Frühkapitalismus, S. 1-4; 31-33; Strieder, Organisationsformen, S. 100 f. 19 Vgl. die ausführliche Darstellung bei Schmied, Frühkapitalismus, S. 71-77. 20 Wohl aus dem ital.: deposito = Niederlegung, Aufbewahrung. 21 Bauer, Unternehmungen, S. 64; Schmied, Frühkapitalismus, S. 15-18; 71-87; Ehrenberg, Fugger, S. 391 f. 22 Rehme ZRG GA 27, 531; Strieder, Organisationsformen, S. 101; Schmied, Frühkapitalismus, S. 16. 23 Schimke, S. 58; Kammerer, S. 136, Schmied, Frühkapitalismus, S. 64; vgl. auch die ausführliche Darstellung bei Mayer, S. 29 f.

28

C. Die Gesellschafterhaftung vom späten Mittelalter bis zur Neuzeit

menge an eine Gesellschaft, wobei als Entgelt eine Beteiligung an deren Gewinn und Verlust gewährt wird. 2 4 Fraglich erscheint jedoch, ob die Einleger zu Gewinn und Verlust der Fernhandelsgesellschaften neben den Haupt- oder Prinzipal- auch als deren Gesellschafter anzusehen sind und ihre Haftungssituation damit zu untersuchen ist. Laut Rehme werden die Einleger zu Gewinn und Verlust von der herrschenden Meinung in der Literatur, der er sich mit ausführlicher Begründung anschließt, als Gesellschafter angesehen.25 Allerdings verzichtet er auf die Angabe von Vertretern einer gegenläufigen Ansicht. 2 6 Eine nähere Überprüfung zeigt, daß auch nicht bestritten wird, daß die Einleger zu Gewinn und Verlust, anders als die Deponenten, zumindest als Gesellschafter „ i m weiteren Sinne" anzusehen sind. Dabei besteht das Problem einer eindeutigen rechtliche Einordnung der Einlageform und für die Frage des Vorliegens einer Gesellschafterstellung darin, daß zwar mit der Teilnahme am Gewinn und Verlust, und damit dem wirtschaftlichen Erfolg, ein wesentliches Element für eine Gesellschafterstellung gegeben ist, 2 7 andererseits aber eine Mitarbeit oder aktive Tätigkeit etwa bei der allgemeinen Geschäftsführung nicht vorgesehen war, so daß wegen der nicht bestehenden Einflußnahmemöglichkeit auf die Tätigkeiten und Geschäfte der Gesellschaft eine, gegenüber den Hauptgesellschaftern, deutlich abgeschwächte Rechtsstellung bestand. 28 Dementsprechend wird die rechtliche Situation bei der Einlage zu Gewinn und Verlust in der Literatur teils mit den modernen Formen der stillen und Kommanditgesellschaft verglichen, 29 teils ein abgestuftes, erweitertes Gesellschaftsverhältnis angenommen, 30 oder als Teilhaberschaft, im Sinne eines Beteiligungsverhältnisses definiert, ohne daß allerdings das Fehlen einer jeglichen Gesellschafterstellung vertreten wird. 3 1 Unabhängig von der letztlichen Entscheidung dieser grundsätzlichen Fragestellungen ist festzustellen, daß die Einleger zu Gewinn und Verlust der Fernhandelsgesellschaften zwar eine gegenüber deren Hauptgesellschaftern 24

Schmied, Frühkapitalismus, S. 14/15, 64; Lastig, Handbuch, S. 711. Rehme ZRG GA 27, 531 m.w.N. 26 Rehme ZRG GA 27, 531 ff. 27 Lastig, Handbuch, S. 713; Schmied, Frühkapitalismus, S. 68; Mayer, S. 19, 30, 47; Silberschmidt, Kumpanie, S. 23, 66. 28 Rehme ZRG GA 27, 532; Schmoller, Jahrbuch, S. 386 f.; Bauer, Unternehmungen, S. 64, 66; Schmied Frühkapitalismus, S. 34; Mayer, S. 47. 29 Vgl. die Übersicht bei Rehme ZRG GA, 27, 531; Schmidt, Stadtrechte, S. 91. 30 Bauer, Unternehmungen, S. 66 spricht von einem „zweiten Kreis" von Gesellschaftern; Schmied, Frühkapitalismus S. 37 von Gesellschaftern „minderen Grades". 31 Kammerer S. 135 f.; Strieder, 2 Gesellschaftsverträge, S. 51; 57; Lutz, S. 75, 242 f.; Mayer, S. 34, 47; Lastig, Beiträge, S. 416. 25

I. Gesellschafterhaftung der süddeutschen Fernhandelsgesellschaften

29

abgeschwächte Rechtsstellung innehatten, diese aber insgesamt zumindest eine so große Nähe und Vergleichbarkeit mit der eines Gesellschafters aufweist, daß eine Untersuchung ihrer Haftungssituation erforderlich erscheint.

2. Die rechtsgeschäftliche Begründung von Gesellschafterhaftung Da eine Bindungswirkung aus rechtsgeschäftlichem Handeln grundsätzlich nur zwischen den unmittelbar Kontrahierenden entsteht, bedarf es einer besonderen Rechtsmacht im Sinne von Vertretungsmacht, damit eine solche auch für, nicht am unmittelbaren Abschluß Beteiligte eintritt. 3 2 Es ist daher zunächst zu prüfen, ob für die rechtsgeschäftlich handelnden Gesellschafter der Fernhandelsgesellschaften das Bestehen einer Vertretungsmacht überhaupt vorgesehen war. Soweit dies der Fall war, ergänzend sodann, für wen diese eine Bindungswirkung entfalten sollte, ob also bei im Namen der Gesellschaft abgegebenen Erklärungen daraus eine (Mit-)verpflichtung aller Mitgesellschafter bzw. einer Gesellschaft mit einem gesonderten Gesellschaftsvermögen resultierte. a) Das Bestehen einer rechtsgeschäftlichen Haftungsbegründung und die daraus Verpflichteten Zunächst sind die Gesellschaftsverträge auf Bestimmungen zur Vertretungsmacht durchzusehen und auf Aussagen zur Frage der Verpflichteten einer daraus etwaig entstehenden Bindungswirkung zu überprüfen. aa) Die Regelungen in den Gesellschaftsverträgen Eine Überprüfung von Verträgen von Fernhandelsgesellschaften auf Bestimmungen die der Sache nach als solche zur Vertretung anzusehen sind, hat zuerst Rehme 33 für die damals bekannten vorgenommen. Später dann hat Strieder 34 zwei weitere Vertäge überprüft, bevor L u t z 3 5 dann eine wohl umfassende Darstellung von Vertretungsregelungen der heute bekannten Fernhandelsgesellschaftsvertäge vorgenommen hat. Die Darstellung kann sich daher auf die wesentlichen Regelungen zur Vertretungsberechtigung in einzelnen Verträgen beschränken. 32 33 34 35

PalandtfHeinrichs, Einf. v. § 164, Rz. 1 f.; MüKo Thiele, § 164 Rz. 108 f. Rehme ZRG GA 27, 520 f. Strieder, 2 Gesellschafts Verträge, S. 54 f. Lutz, S. 321 ff.

3 0 C .

Die Gesellschafterhaftung vom späten Mittelalter bis zur Neuzeit

(1) Die Regelung im Fuggervertrag

von 1494

Die wohl umfassenste Bestimmung findet sich im Vertrag zwischen den Gebrüdern Ulrich, Georg und Jakob Fugger aus den Jahre 1494, den Söhnen und damit der erster Folgegeneration des Begründers der Fuggergesellschaft Jakob Fugger genannt, „der A l t e " . 3 6 Hier heißt es: „Item unser yeder soll gantzen vollen gewalt und macht haben in allen und yeden dingen, den handel anrurend oder das dem handel und uns zu gut geschieht, es sey mit kaufen, verkaufen, schuld einzunemen und zu bezalen oder sunst den handel berührend, in aller mas, als ob unser yeder der obristhaupthandler selbst were, auch in abwesen der anderen und sol uns alle sovil beruren und sein, als ob wir alle solchs gehandelt hetten. Und ob unser einich schrift oder verschreybung in handel gebe oder neme und auf sein person allein stünde soles nicht dessminder sovil sein, als ob es von oder auf uns alle verlautet und gestellt were, als wir dann vormals untzhere das auch also gehalten und gepraucht haben."37 Danach soll jeder der Gesellschafter für alle das Handelsgeschäft betreffenden Angelegenheiten, insbesondere aber für die exemplarisch genannten Rechtsgeschäfte, „vollen gewalt und macht" haben und alle von einem Gesellschafter ggfls. allein abgeschlossenen sollen so angesehen werden, als ob sie von allen gemeinsam handelnd vorgenommen worden sind. Als Verpflichtete zu deren Lasten eine Bindungswirkung eintreten soll, ergeben sich danach eindeutig die beteiligten Mitgesellschafter. Anhaltspunkte für eine Betrachtung der Gesellschaft als eigene Rechtspersönlichkeit, zu deren Lasten ebenfalls eine Verpflichtungswirkung eintreten konnte oder sollte bestehen nicht. (2) Der Manlichvertrag

von 1548

Eine der Regelung des Fuggervertrages nahekommende Formulierung enthält der Manlichvertrag, den die Brüder Christoph, Leonardt, Anton und David Manlich im Jahre 1548 abfaßt haben. Diese lautet: „... unnd was wir all samentlich oder unnser yeder allain besonnder in disem hanndel unnd geselschaft furnemen unnd uns fuer guet ansehen wird mit kauffen, verkauffen, schulden zemachen, unnd zubezallen, und einzubringen auch derhalb schuldbrieff unnd verschreibung zegeben unnd quittanzen zeneman, oder in annderen Sachen wie oder warumb das ist unns sein wird, benannte geselschaft beruerent das soll unnser yeder zethun macht haben auch der allain das obrist haupt unnd gewald haben wird." 38

36 37 38

Peterka ZHR 73, 387 ff. (389). Jansen, Bd. 3, S. 263 f. Lutz, Urkundsband, S. 132, Z. 40-48.

I. Gesellschafterhaftung der süddeutschen Fernhandelsgesellschaften31 Auch hier sind die Vertragsschließenden gemeinsam, aber auch „yeder allain" berechtigt, alle den Handel und die Gesellschaft betreffenden exemplarisch genannten Rechtsgeschäfte vorzunehmen. Dabei ist der Katalog der ausdrücklich genannten Geschäfte etwas umfangreicher und detaillierter als im Fuggervertrag ausgestaltet. Er nennt neben dem Kauf und Verkauf und der Bezahlung von Schulden ergänzend das Machen und Eintreiben von Schulden, das Geben von Schuldbriefen und Schuldverschreibungen, sowie die Erteilung von Quittungen. Im Vergleich zum Fuggervertrag fällt auf, daß hier ausdrücklich vorgesehen ist, daß die Gesellschafter die Berechtigung haben „schulden zemachen" und Schuldbriefe und Verschreibungen vornehmen zu können. Im Vertrag der Gebrüder Fugger ist lediglich explizit die Berechtigung genannt „schuld einzunehmen", was sich allerdings auf Forderungen gegenüber Dritten bezieht, und „schuld zu bezalen", was die Frage der Berechtigung zur Schuldbegründung aber streng genommen offen läßt. Auffällig ist des weiteren, daß der Vertrag keinen Hinweis darauf enthält, daß das Handeln eines einzelnen so anzusehen sein soll, als ob alle gemeinsam gehandelt hätten. Hinsichtlich des Objektes der Verpflichtungswirkung ergibt aus der Formulierung keine direkte Aussage. Mittelbar folgt aus dem Umstand, daß es sich um eine Bestimmung in einem Konsensualvertrag handelt, daß eine solche damit wohl für die Unterzeichner des Gesellschaftsvertrages gewollt war. Der Begriff der Gesellschaft wird hier lediglich zur Abgrenzung und Zuordnung der Rechtsgeschäfte verwendet, was die Annahme einer eigenständigen Bindungswirkung nicht trägt.

(3) Die Regelungen des Höchstetter-Ungelter-Baumgartnervertrages von 1524 Der Höchstettervertrag aus dem Jahre 1524 regelt die Frage der Geschäftsführungsbefugnis und Vertretungsmacht wie folgt: „Wir sollen auch all obgenannt inn dieser pruderschaft macht unnd gewalt haben alle püecher, register, prieff zu ersechen unnd fysytieren, schulden, schuldbrieffen unnd quittungen, was unnser hanndlung unnd gewerb antreffen mag, zu machen, zu geben unnd nemen unnd zu empfanchen oder sonnst inn annder weg zu hanndien, zu kaufen und zu verkaufen, darzu wexl zu nemen unnd geben unnd zu empfachen wie dann zu der hanndlung gelegenhaytt, notturft erayscht, nix hindan gesetzt trewlich unnd ungefarliche." 39 Hier ist ebenfalls ausdrücklich vorgesehen, daß die allgemeine Befugnis des „schulden machens" besteht und daneben wird sogar das sehr spezielle Recht auch eine Wechselverbindlichkeit zu begründen genannt. Der Katalog der ausdrücklich erwähnten zulässigen Geschäfte ist insgesamt ähnlich aus39

Lutz, Urkundsband, S. 44, Z. 153-165.

3 2 C .

Die Gesellschafterhaftung vom späten Mittelalter bis zur Neuzeit

führlich wie bei den anderen vorgenannten Verträgen. Der Qualifizierung der Regelung von Lutz als sehr weitgehend 40 wird man daher uneingeschränkt zustimmen können. Auch hier ist allerdings festzustellen, daß der Hinweis darauf fehlt, daß das Handeln Einzelner so anzusehen sein soll, als ob alle Gesellschafter gemeinsam tätig geworden sind. Generell wird in diesem Vertrag auch nicht so deutlich herausgestellt, wie dies beispielsweise im Manlichvertrag mit der Formulierung „wir all samentlich oder unnser yeder allein" 4 1 der Fall ist, daß jeder der Gesellschafter auch allein zur Vornahme der genannten Geschäfte berechtigt ist. Rein nach dem Wortlaut könnte auch eine gemeinschaftliche Geschäftsführung und Vertretungsbefugnis gemeint sein. Das Recht auch des einzelnen Gesellschafters zur Vornahme der genannten Geschäfte wird man meines Erachtens allerdings insbesondere aus dem Kontext der Regelung zum Einsichtnahmerecht in die Gesellschaftsbücher schließen müssen. Hier wird wohl kaum eine nur gemeinschaftliche Berechtigung zur Einsichtnahme gewollt gewesen sein. Hinsichtlich der Verpflichtungswirkung ergibt sich aus der Formulierung, wonach „Wir sollen auch all obgenannt", und damit die Vertragsunterzeichner die entsprechenden Berechtigungen haben sollen, daß auch diese die entsprechenden Verpflichtungen treffen sollen. Der Begriff der Gesellschaft findet in diesem Vertrag keine Verwendung, anders als im vorherigen Vertrag werden zur Abgrenzung der Rechtsgeschäfte die Begriffe „pruderschaft, hanndlung und gewerbe" verwendet. Anhaltspunkte dafür, daß die Verfasser auch die Gesellschaft als eigenständig verpflichtet angesehen haben ergeben sich nicht. (4) Die Bestimmung des Haug-Linckvertrages

von 1547

In dem im Jahre 1547 zwischen Anton Haug d.Ä. und Ulrich Linck abgeschlossenen Vertrag lautet die Formulierung zur Frage der Vertretung: „Waß wir dan beidt die mer genantten oder unser ainer allein in dissem unserem handl fürnem oder in fur guet ansehen zu handeln, das sol unser jeder insonderhait one des anderen beysein vor wissen macht haben, auch so krefftig und stattlich geacht werden nicht weniger als ob wirs beidt samentlich mit einand gehandlt hettenn."42 Auch hiernach hat jeder der beiden Gesellschafter die „macht" Handlungen im Rahmen der Führung des Handelsgeschäftes allein, ohne Wissen des anderen, vornehmen zu können, die jedoch ebenfalls so angesehen werden sollen, als seien sie von beiden Gesellschaftern gemeinschaftlich ausge40 41 42

Lutz, S. 334. Lutz, Urkundsband, S. 132, Z. 40, 41. Lutz, Urkundsband, S. 125, Z. 65-70.

I. Gesellschafterhaftung der süddeutschen Fernhandelsgesellschaften33 führt worden. Im weiteren Text ist dann jedoch ein Zustimmungserfordernis für „wichtige handlung" enthalten. Hier wird, wie im Fuggervertrag, ausdrücklich festgestellt, das Handlungen eines Einzelnen so anzusehen sein sollen, als ob sie alle Gesellschafter gemeinsam vorgenommen hätten. Nur insoweit ist daher die von L u t z 4 3 festgestellte Ähnlichkeit mit dem Fuggervertrag gegeben. Die Bestimmung weicht ansonsten schon vom Umfang her deutlich von diesem ab, sie enthält insbesondere keine exemplarische Aufzählung der verschiedenen Rechtsgeschäfte, die von der Berechtigung erfaßt werden sollen. Durch die Gleichstellung des Handelns eines Gesellschafters mit einem gemeinsamen Handeln Aller den Wirkungen nach, ergibt sich, wie auch im Fuggervertrag von 1494, daß die Vertragsschließenden wohl vom Bestehen einer Verpflichtungswirkung zu Lasten des nicht kontrahierenden Gesellschafters ausgegangen sind. Auch aus diesem Vertrag einer Gesellschaft mit nur zwei Beteiligten ergeben sich hingegen keine Rückschlüsse auf eine Betrachtung der Gesellschaft als eigenständig Verpflichtete. (5) Der Weißhaupt-Schreiber-Ditmar

Vertrag

von 1491

Bei dem im Jahre 1491 zwischen den Biberachern Wilhelm Weißhaupt und Hans Schreiber und dem Ulmer Valentin Ditmar abgeschlossenen Gesellschaftsvertrag auf 4 Jahre ist die Frage der Geschäftsführungs- und Vertretungsbefugnis wie folgt geregelt: „... unnd damit in der selben unnser gemain und gesellschafft durch unns all drey die zwen, oder den ainen, oder wöllichem oder wöllichen das unnder unns bevolhen wirdet, getrewlich uffrecht unnd redlich by unnser yedes pflichten, wie vorstett, gehanndtiert, geworben, unnd gehanndelt werden, mit werben, kauffen verkauffen und gemainlich in all annder weg .. Z' 44 Des weiteren sieht der Vertrag, anders als die vorherigen Urkunden, eine räumliche Beschränkung der Handlungsbefugnisse vor, wenn er später für W. Weißhaupt und H. Schreiber innerhalb und außerhalb der Stadt Biberach festlegt, daß diese „baid sampt und jeder insonder, ob er den annderen komenlich nit haben möcht ... trewlich, uffrechtlich und redlich regieren, handeln und hanndtieren sollen, und mugen, mit werben, kauffen verkauffen unnd in all annder weg", 45 während V. Dittmar nur außerhalb von Biberach „handeln, werben und handtieren wird mit kauffen verkauffen, und in aller ander

43 44 45

Lutz, S. 335. Lutz, Urkundsband, S. 10, Z. 48-54. Lutz, Urkundsband, S. 12, Z. 97-107.

3 Thomas

34

C. Die Gesellschafterhaftung vom späten Mittelalter bis zur Neuzeit

In diesem Vertrag wird somit die Befugnis auch des einzelnen Gesellschafters zu Handlungen, insbesondere zum Abschluß von Kauf- und Verkaufsgeschäften aber auch „in aller ander weg", im Gegensatz zum Höchstettervertrag wieder ausdrücklich genannt. Der Katalog der beispielhaft aufgezählten erlaubten Rechtsgeschäfte ist im Gegensatz zu den anderen Verträgen, die eine solche enthalten, deutlich kürzer und beschränkt sich auf die Nennung von Kauf und Verkauf. Es fehlt allerdings der Hinweis, daß Geschäfte des einzelnen Gesellschafters so anzusehen sein sollen, als ob gemeinschaftlich gehandelt wurde. Entsprechend kann hier, ebenso wie beim Manlichvertrag von 1548, nur allgemein aus dem Umstand des Vorliegens eines Konsensualvertrages auf das Bestehen einer Verpflichtungswirkung aus der festgelegten Vertretungsmacht jedenfalls zu Lasten der Vertragsunterzeichner geschlossen werden. Auch hier wird der Begriff der Gesellschaft nur zur Abgrenzung der Rechtsgeschäfte verwendet, ohne daß dies den Schluß auf deren Betrachtung als eigenständiges Verpflichtungsobjekt durch die Vertragsunterzeichner zuläßt. (6) Die Festlegungen im Imhofvertrag

von 1527

Die insgesamt acht Gesellschafter der in den Städten Nürnberg und Augsburg lebenden Familie der Imhoffs haben in ihrem 1527 abgeschlossenen Gesellschaftsvertrag folgende Festlegungen zur Frage der Handlungsbefugnisse der einzelnen Gesellschafter getroffen: „... was aber mit kauffen und verkauffen auch befelch an andere Ortt zu geben und zu schreiben wurdt sein, sollen albegen die zwin oder drey so je zu zeitten darzu verordnet werden, das selbig noch irem pesten ansehen und gut beduncken, furnemen und handeln, auch sol der selben einer gut macht und gewalt haben ein jtliche warr allein und ungefragt des anderen zu verkauffen, doch das es umb par gelt sey, aber auff zeit soll keiner allein macht haben zu verkauffen, es geschech dan mit willen und wissen noch eines der auch ein geschellschaffter sey, es wer dan einer alls gar richtig, so mocht es einer allain über siech nemen und was von den selben verordnetten also gemacht und gehandelt wurdt mit, kauffen, verkauffen auch schreiben und pefelch geben an alle ortt, das selbig soll krafft haben, und das mugen und macht zu thun haben"47 Nicht ganz eindeutig erscheint hier, was gemeint ist, wenn von „zwin oder drey so je zu zeitten dazu verordnet" gesprochen wird. In der Tat scheinen die Vertragsschließenden, wie L u t z 4 8 unter Hinweis auf den Umstand, daß diese Regelung die des Vertrages von 1519 bezüglich eines beschließenden Gremiums ersetzt, vermutet, davon ausgegangen zu sein, daß 46 47 48

Lutz, Urkundsband, S. 13, Z. 125, 126. Lutz, Urkundsband, S. 61, Z. 28^6. Lutz, S. 334.

I. Gesellschafterhaftung der süddeutschen Fernhandelsgesellschaften

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zwei oder drei der Gesellschafter später zu Handlungsbefugten der Gesellschaft bestimmt werden sollten. Angesichts der großen Zahl von acht Gesellschaftern erscheint die Bildung eines verkleinerten Kreises von handelnden Gesellschaftern durchaus sinn- und zweckmäßig. Jeder dieser Gesellschafter hat „macht und gewalt" zur Vornahme von Warenverkäufen gegen Barzahlung, bedarf jedoch für Kreditverkäufe der Zustimmung eines weiteren Gesellschafters. Dabei fällt auf, daß diese Regelung sich ausdrücklich nur auf die Geschäfte des Warenverkaufes erstreckt. Der Fall des Kaufes, und damit der Begründung einer Zahlungsverbindlichkeit, ist, obwohl im ersten Teil genannt, hier nicht aufgeführt. Hierfür, und wohl auch für andere Handlungen im Rahmen der Geschäftstätigkeit der Gesellschaft, gilt demnach wohl die im ersten Teil der Regelung enthaltene allgemeine Handlungsbefugnis der zwei oder drei bestimmten Gesellschafter. Auch aus dieser Regelung ergibt sich, daß die Verfasser nur von einer Bindungswirkung infolge der Rechtsgeschäfte für die beteiligten Unterzeichner des Gesellschaftsvertrages ausgegangen sind.

(7) Die Regelung im Koler-Kress-Saronnovertrag

um 1506

Die mit Abschluß des Gesellschaftsvertrages Anfang des 16. Jahrhunderts zwischen den Nürnbergern Georg Koler und Jörg Kress und dem Mailänder Ambrosio von Saronno entstehende Gesellschaft, weist abweichend von den vorherigen Gesellschaften eine sog. Regiererverfassung 49 auf, daß heißt einer der Gesellschafter, hier Jörg Koler, wird zum alleinigen „regierer" bestellt. Zu dessen Handlungsbefugnissen ist geregelt: 50 „Item zum anderen, so soll Jorg Koller diser geselschaft ein regierer und (dafür von uns den anderen gehalten sein, auch) den namen (will und gewalt) haben in allen dingen (disn unsern handel betreffend) so man handelt mitt kaufen und verkaufen, einnemen und ausgeben (nach seinem gutbedunken zu handeln das beste uns allen zu nutz, des wir die anderen im sollen gefellig und dortzubeholfen sein) und sollen alle gueter unter seim zaychen geführt werden, so man die hin weg schickt und er soll auch die Rechnung halten und geben uns obgemelten mitgesellschaftern zu dem mysten ein mall im jar un alls geferdt." 51

49

Vgl. Rehme ZRG GA 27, 529 m.w.N. Der Vertragstext ist abgedruckt bei Lutz, Urkundsband S. 21 f., dieses ist laut Lutz S. 27 die ältere Version. Nachfolgend zitiert ist die neuere sprachlich modernisierte Version abgedruckt bei Schulte, mittelalterl. Handel, Bd. 2, S. 269 f. Die in der bei Lutz abgedruckten Altversion nicht enthaltenen Passagen sind in Klammern gesetzt. 51 Schulte, mittelalterl. Handel, Bd. 2, S. 270; Lutz, Urkundsband, S. 22, Z. 2532. 50

*

3 6 C .

Die Gesellschafterhaftung vom späten Mittelalter bis zur Neuzeit

Jörg Koler als „regierer" der Gesellschaft erhält von den anderen Gesellschaftern „ w i l l und gewalt" in allen Angelegenheiten der Gesellschaft, insbesondere aber hinsichtlich Kauf- und Verkaufsgeschäften, sowie Einnahmen und Ausgaben allgemein, nach eigenem Gutdünken zu verfahren. Die Handlungen sind nicht an eine Zustimmung der anderen gebunden, diese sollen ihn nur unterstützen und haben jedoch ein Recht auf Rechnungslegung. Die Regelung enthält wiederum eine ausdrückliche Feststellung das Berechtigung zur Vornahme aller Handlungen in Gesellschaftsangelegenheiten besteht. Des weiteren weist sie einen ähnlich kurzen Katalog der beispielshaft genannten Geschäfte auf, wie der Weißhaupt-Schreiber-Ditmarvertrag, hinzugefügt wird hier lediglich noch das Einnehmen und Ausgeben allgemein. Daß nur die beteiligten Mitgesellschafter als Verpflichtete aus den Geschäften des Regierers angesehen wurden, läßt sich bei diesem Vertrag, neben der allgemeinen Systematik der Annahme einer solchen für die Vertragsparteien, ergänzend als Umkehrschluß aus der Formulierung, daß die Geschäfte „allen zu nutz" zu geschehen hatten folgern. Wurde der Begriff der Gesellschaft in den vorherigen Verträgen, wenn überhaupt, nur zur Abgrenzung der betroffenen Rechtsgeschäfte verwendet, so findet sich in diesem Vertrag erstmals eine sprachliche „Personifizierung" der Gesellschaft dergestalt, daß einer der Gesellschafter zu deren Regierer bestellt wird. Dies rechtfertigt allerdings nicht die Annahme, daß die Verfasser von einer eigenständigen Verpflichtungswirkung zu deren Lasten ausgegangen sind. (8) Der Scheurl-Behaim-Geislervertrag

von 1540

Auch der im Jahre 1540 zwischen den Gebrüdern Georg und Christoph Scheurl, vertreten durch ihren Vater Christof Scheurl, seines Zeichens Doktor der Rechte, 52 und Michel Behaim und Bernhard Geisler abgeschlossene Vertrag statuiert für deren Gesellschaft mit Michel Behaim einen allein handlungsberechtigten Gesellschafter als „haupt und regent". Die Regelung lautet: „Item es ist abgeredt, das ich Michel Behaim, und nach meinem dot, ich Bernhard Geisler der geselschaft haupt, regent, oberster buchhalter, und cassner sein sol auf den wir anderen, unser aufsehen haben und al wichtig sach, daran gelegen ist, mitaiander underreden, beratschlagen, und beschlieessen wollen, also: das einer allein, ausserhalb der anderen nichts neues oder daran gelegen sein möcht, sunderlich, wo es die zeit erleiden khan, schliessen, noch verschreiben sol was aber unser zwen verwilligen, oder wo einich irrung, oder misverstand, das got verhüt, zwischen uns infiel, das die zwen entscheiden und mässigen, das sol den tritt auch binden und er dabey pleiben on Weigerung."53 52

Vgl. den Vertragstext bei Lutz, Urkundsband, S. 116, Z. 4, 5.

I. Gesellschafterhaftung der süddeutschen Fernhandelsgesellschaften

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Anders als im Koler-Kressvertrag, wo geregelt ist, daß „ w i l l und gewalt" zum Handeln in allen Angelegenheiten der Gesellschaft besteht, fehlt es hier jedoch an jeglicher Konkretisierung dazu, welche Handlungsbefugnisse mit der Stellung als „haupt und regent" verbunden sind und welche, sonst in der Regel in den Verträgen auch aufgezählten, Geschäfte vorgenommen werden durften. Offensichtlich gingen die Vertragsschließenden davon aus, daß mit der Stellung eines „regenten" umfaßende Handlungsbefugnisse zum Tätigwerden in allen Gesellschaftsangelegenheiten gegenüber Dritten verbunden sein sollten. Ansonsten hätte die Bestellung eines solchen keinen Sinn gemacht. Ebenfalls abweichend vom Koler-Kressvertrag wird in diesem Vertrag ein ausdrückliches Zustimmungserfodernis in allen wichtigen Angelegenheiten aufgestellt. Auch wenn die Regelung dies nicht ausdrücklich so nennt, so wird man die im letzten Teil festgelegte Bindung des dritten 54 Gesellschafters an von zweien gefaßte Entscheidungen, wohl so interpretieren müssen, daß es für Entscheidungen in wichtigen Angelegenheiten keiner Einstimmigkeit bedarf, sondern nur einer einfachen Mehrheit. 55 Aus der ausdrücklich festgelegten Bindung des dritten Gesellschafters an die Entscheidungen in wichtigen Angelegenheiten ergibt sich, daß auch die Verfasser dieses Vertrages ausschließlich von einer Verpflichtungswirkung zu Lasten der einzelnen Gesellschafter ausgegangen sind. Ebenso wie im KolerKress Vertrag ist auch hier jedoch eine sprachliche Personifizierung der Gesellschaft feststellbar, aus der jedoch ebensowenig auf die Annahme einer eigenständigen Verpflichtung geschlossen werden kann. (9) Der Fuggervertrag

von 1532

Nachdem Jacob Fugger im Jahre 1526 gestorben war, wurde die Gesellschaft von dessen Neffen Anton, Raymund und Hieronimus weitergeführt, wobei Anton die Führung der Gesellschaft aufgrund einer testamentarischen Verfügung Jacob Fuggers übernahm. Der im Jahre 1532 abgeschlossene Gesellschaftsvertrag sieht vor, daß Raymund und Hieronimus den Anton als „obristen Verwalter" anerkennen 56 und regelt zur Frage der Handlungsbefugnisse: 53

Lutz, Urkundsband, S. 118, Z. 69-80. Die Zahl von nur drei Gesellschaftern überrascht auf den ersten Blick, da vier Personen als Vertragsschließende genannt sind. Für die Gebrüder Scheurl handelte jedoch deren Vater, so daß sie ausweislich der Einleitung des Vertrages „für ein person zurechnen" waren. Entsprechend wird im weiteren wohl nur von drei Gesellschaftern gesprochen, vgl. Lutz, Urkundsband, S. 116, Z. 3. 55 Rehme ZRG GA 27, 527 spricht von Stimmenmehrheit. 56 Lutz, Urkundsband, S. 91, Z. 231, 232. 54

38

C. Die Gesellschafterhaftung vom späten Mittelalter bis zur Neuzeit

„Item ob und waß ich Anthoni Fugger allain, auch fur mich mein bruder und Vetter Raymundum und Jheronium solichs unser gemainen handels und geselschaft halben mich verschreiben und verpflichten und brief aufrichten lassen oder das ich Anthoni Fugger herwiderumb etlich brief verschreibung und Verpflichtungen von solicher unser gemainer geselschaft wegen, von anderen auf mich Anthonien allain auch mein bruder und vetter Raymundum und Jheronium stellen lassen und nemen, auch empfachen wurd das nichts dester minder solich verschreibungen, Verpflichtungen und handlungen darinn begriffen mich Raymunden und mich Jheronimen und also uns alldrey mit ainander nicht dester minder auch binden, dazu die andern verschreibungen, so mir Anthonien von solichs unsers handels wegen geben hetten, mir raymundo und mir Jheronimo, auch zu guttem und nutz komen sollen. ... Item, ob ich Raymundus oder ich Jheronimus solicher unser gemainer geselschafft halben, etwaß mit kauffen und verkauffen, oder in ander weg handien wurden das soll nit allain mit mein Anthoni Fuggers wissen willen und zulassen geschechen ..." 5 7 Diese insgesamt nicht ganz eingängige Regelung besagt zunächst, daß neben der alleinigen Handlungsbefugnis Anton Fuggers, anstatt seiner auch der Bruder und Vetter das Recht haben sollen, in Gesellschaftsangelegenheiten zu handeln und diesen damit auch wirksam zu „verschreiben und zu verpflichten". 58 Für den Fall, daß von anderen, d.h. Dritten außerhalb der Gesellschaft Stehenden, solche wohl rechtsgeschäftlichen Verbindlichkeiten im Rahmen des Gesellschaftsbetriebes als „verschreibungen und Verpflichtungen" nur in Bezug auf Anton Fugger allein vorgenommen werden, sollen diese gemäß dem weiteren Wortlaut der Regelung auch „Bindung" für Raymund und Hieronimus haben. Im Anschluß an L u t z 5 9 wird man diese Bestimmung daher so interpretieren müssen, daß unabhängig von der Stellung des Anton Fugger als „obrist Verwalter" jeder der Gesellschafter durchaus im Rahmen der Gesellschaftstätigkeit zu Handlungen berechtigt war. Die besondere Stellung des Anton Fugger erklärt dann jedoch den letzten Teil der Bestimmung. Hier ist ausdrücklich geregelt, daß Raymund und Hieronimus Fugger nur mit dessen Zustimmung „kauffen und verkauffen" und überhaupt Handlungen vornehmen dürfen. 60 Noch eindeutiger als aus dem Fuggervertrag von 1494 ergibt sich aus diesen Regelungen, daß als Folge eines rechtsgeschäftlichen Handelns ausschließlich das Entstehen einer Bindungswirkung zu Lasten der einzelnen Gesellschafter von den Vertragsparteien angenommen und geregelt wird. Der Begriff der Gesellschaft wird auch hier nur zur Klassifizierung der 57 58 59 60

Lutz, Urkundband, S. 91, Z. 237-251; S. 92, Z. 276-280. Vgl. Z. 237-240. Lutz, S. 334 geht von einer gegenseitigen Bevollmächtigung aus. Lutz, Urkundsband, S. 92, Z. 276-280.

I. Gesellschafterhaftung der süddeutschen Fernhandelsgesellschaften39 Rechtsgeschäfte als „unser gemainen handels und geselschaft halber" verwendet. (10) Die Fuggerverträge

von 1512 und 1538

Mit den Verträgen der Fuggergesellschaft von 1512 und 1538 wurden von dem jeweils allein überlebenden Gesellschafter neue Mitgesellschafter aufgenommen. Mit der Erklärung von 1512 nahm Jacob Fugger, genannt „Der Reiche", nach dem Tode seiner Brüder Georg und Ulrich, seine 4 Vettern in die Gesellschaft auf. 61 Ebenso nahm Anton Fugger 1538, nach dem Versterben seiner Mitgesellschafter Raymund und Hieronimus, seine vier Neffen als neue Gesellschafter auf. 6 2 Da für beide Erklärungen die gleiche Ausgangssituation und Interessenlage für den Überlebenden bestand, sehen sie zum Ausbau von dessen Machtstellung 63 vor, daß die neuen Gesellschafter diesen als „für ain hauptherrn" anzusehen haben. 64 Zur Frage der Handlungsbefugnissse lautet die Regelung in beiden gleichlautend: „Sy meine ernent vier vettern, sollen auch samtlich und sonderlich, solichs hanndls halber, nit änderst dann mein gewalt und bevelchhaber geacht werden, und also nichts handien noch thun, dann was ich inen bevilch und des macht und gewalt gib, und ob ich inen allen oder ir ainem etwas zuthun bevelhen und darnach solchs widerruffen und widerumb an mich nemen wurde, demselben ohne widerred volg thun, so und was ich auch handien und mich allein solcher geselschafft halben verschreyben und verpflichten wurde, nichts desterminder sollen sy solch hanndlung zu halten schuldig darumb mit mir pflichtig unnd das zu volziehen verbunden sein."65 Die vier Mitgesellschafter des Hauptherrn sind demnach von jeglichem Handeln für die Gesellschaft, so sie nicht von diesem hierzu konkret beauftragt und legitimiert worden sind, generell ausgeschlossen. Einziger, alleiniger Handlungsberechtigter in Angelegenheiten der Gesellschaft ist demach der jeweilige Hauptherr Jacob, bzw. Anton Fugger. Für alle von diesen im Rahmen der Gesellschaft vorgenommenen „verschreybungen und verpflichtugen" sollen die nicht handlungsberechtigten Gesellschafter danach jedoch in vollem Umfang mitschuldig und verpflichtet sein. Auch aus diesem Vertrag folgt somit unzweifelhaft das Entstehen einer Verpflichtungswirkung zu Lasten der einzelnen Gesellschafter.

61 62 63 64 65

Jansen, Bd. 1, S. 36. Lutz, Urkundsband, S. 164 f. Ehrenberg, Fugger, S. 139. Lutz, Urkundsband, S. 108, Z. 142-144. Lutz, Urkundsband, S. 109, Z. 154-164.

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C. Die Gesellschafterhaftung vom späten Mittelalter bis zur Neuzeit bb) Rechtliche Bewertung der Regelungen in den Gesellschaftsverträgen

Grundlegend ist zunächst festzustellen, daß in den Verträgen nicht entsprechend der heutigen Systematik, der allerdings im allgemeinen Sprachgebrauch oftmals nicht entsprochen wird, 6 6 zwischen der das reine Innenverhältnis betreffenden Frage der Geschäftsführungsbefugnis und der der im Außenverhältnis bestehenden Vertretungsmacht differenziert wird. 6 7 Ausgehend von den sehr umfangreichen Regelungen im Fuggervertrag von 1494 68 und dem Manlichvertrag 69 ist festzustellen, daß die Gesellschafter sich gegenseitig umfassend zur Vornahme von Handlungen im Rahmen der Gesellschaftstätigkeit legitimiert haben. Daß dies, neben einer rein internen Handlungsbefugnis im Sinne von Geschäftsführungsbefugnis, auch im Außenverhältnis so gewollt war, ergibt sich aus dem Umstand, daß in den Beispielkatalogen im wesentlichen Rechtsgeschäfte enthalten sind, die verpflichtende Wirkungen hatten. A m deutlichsten folgt dies aus dem Manlich- und dem Höchstettervertrag, wo ausdrücklich vorgesehen ist, daß die Berechtigung zum Schuldenmachen besteht. 70 Sowohl in den Verträgen mit mehreren handlungsbefugten Gesellschaftern, als auch in solchen, mit einer Regiererverfassung, bei der ein Gesellschafter als „Haupt" unter Ausschluß der anderen Gesellschafter allein vertretungs- und geschäftsführungsbefugt war, wird die Berechtigung des Einzelnen zum Handeln für die Gesellschaft und zur Vornahme der aufgezählten Geschäfte mit den Begriffen „gewalt und macht" beschrieben. 71 Entsprechend sind die Regelungen, wofür auch allein schon der gewählte Begriff der „macht" als Indiz erscheint, als von den Gesellschaftern sich gegenseitig, oder einem alleine, im Rahmen des Vertrages, und damit rechtsgeschäftlich, eingeräumte Vertretungsmacht also Bevollmächtigungen zu bewerten. Daß tatsächlich Vertretungsmacht, auch im Umfang und entsprechend der heutigen Definition 7 2 , gewollt und gemeint war, ergibt sich aus den teil66

Lutz, S. 322. Lutz, S. 337 m.w.N. 68 Siehe oben, aa) (1), Jansen, Bd. 3, S. 263 f. 69 Siehe oben, aa) (2), Lutz, Urkundsband, S. 132, Z. 40-48. 70 Siehe oben, aa) (2),(3), Lutz, Urkundsband, S. 132, Z. 42 und S. 5; Lutz, Urkundsband, S. 44, Z. 155, 156. 71 vgl. die Formulierungen in den Fuggerverträgen von 1512 u. 1538, aa) (10), sowie dem Imhofvertrag, aa) (6), dem Höchststettervertrag, aa) (3), und dem Fuggervertrag von 1494, aa) (1); Im Koler-Kressvertrag heißt es „will und gewalt", vgl. oben, aa) (7); während der Haug und der Manlich vertrag nur von „macht" sprechen, vgl. aa) (2) (3); Zur sog. Regiererverfassung vgl. Rehme ZRG GA 27, 549. 72 Eisenhardt, GesellschaftsR, 8. Aufl., S. 38, Rz. 62 f. 67

I. Gesellschafterhaftung der süddeutschen Fernhandelsgesellschaften41 weise in den Bestimmungen ausdrücklich genannten Folgen des Handelns einzelner Gesellschafter. Ausgehend von dem Grundprinzip, daß bei mehreren gemeinsam rechtsgeschäftlich Handelnden auch für alle direkt Beteiligten eine Verbindlichkeit entsteht, ist das Tätigwerden einzelner in einigen Verträgen mit gegenseitiger Bevollmächtigung von den Vertragsschließenden diesem Grundmodell seinen Folgen nach ausdrücklich gleichgestellt worden. 73 In anderen Verträgen, insbesondere in solchen, die einen alleinhandlungsberechtigten Gesellschafter vorsehen, ist diese Bindungswirkung für die nicht Handelnden sogar ausdrücklich festgestellt. 74 Insbesondere aufgrund dieser Anordnungen ergibt sich relativ eindeutig, daß die Verfasser nur von einer Verpflichtungswirkung zu Lasten der beteiligten Mitgesellschafter ausgegangen sind. Anhaltspunkte dafür, daß sie eine solche auch zu Lasten der Gesellschaft in einer irgendwie gearteten Eigenständigkeit angenommen haben, ergeben sich aus den Vertragsurkunden nicht. cc) Der rechtsverbindliche Eintritt einer Verpflichtungswirkung infolge rechtsgeschäftlichen Handelns zu Lasten der Fernhandelsgesellschafter gegenüber Dritten ( 1) Fehlen einer gesetzlichen Anordnung zur Begründung einer Verpflichtungswirkung im Außenverhältnis Sind die Regelungen der Verträge demnach als gegenseitige oder auch alleinige Bevollmächtigungen der Gesellschafter anzusehen, für die auch im Innenverhältnis von einer Verbindlichkeit und damit Haftungsbegründung ausgegangen wurde, so stellt sich die Frage, ob eine solche Wirkung auch im Außenverhältnis gegenüber Dritten als Vertragspartnern, und von diesen auch durchsetzbar, so tatsächlich gegeben war. Peterka kommt für den Fuggervertrag von 1494 zu dem Ergebnis, daß eine Verpflichtungswirkung für rechtsgeschäftliches Handeln eines Gesellschafters zu Lasten aller bestanden hat. 7 5 Dabei bewertet er die Regelung im Vertrag, mit der das Handeln einzelner seiner Wirkung nach dem aller Gesellschafter gemeinsam gleichanzusehen sein soll, rechtssystematisch so, daß über eine daraus zu schließende Fiktion eines Gesamthandverhältnisses 73

Siehe hierzu insbesondere die Formulierungen im Fuggervertrag von 1494, oben, aa) (1), und im Haugvertrag, oben, aa) (4). 74 Vgl. die Regelungen im Scheurlvertrag, oben, aa) (8); im Fuggervertrag von 1532, oben, aa) (9); sowie in den Fuggerverträgen von 1512 u. 1538, oben, aa)

(10).

75 Peterka, ZHR 73, 403, wo ausdrücklich festgestellt wird: „Die Wirkung der Rechtshandlungen des einen Gesellschafters trifft unmittelbar auch die anderen."

42

C. Die Gesellschafterhaftung vom späten Mittelalter bis zur Neuzeit

eine Bindungswirkung entstehen soll. 7 6 Aus der internen Gleichstellung des Handelns einzelner mit dem aller Gesellschafter den Folgen nach ergibt sich hingegen keine zwingende Wirkung im Außenverhältnis. Auch Strieder kommt aufgrund der Untersuchung des Haugvertrages und des Weisshaupt-Schreibervertrages zu dem Ergebnis, daß in beiden Verträgen zum Ausdruck gebracht wird, daß eine mit Verpflichtungswirkung gegenüber Dritten versehene Vertretungsberechtigung bestand. 77 Rehme beschreibt die dargestellten Regelungen in den von ihm betrachteten Verträgen ebenfalls als Vertretungsbestimmungen. 78 Dabei verliert er jedoch m.E. in dem Bestreben, die große Ravensburger Handelsgesellschaft als offene Handelsgesellschaft zu kategorisieren, den von ihm selber zuvor aufgezeigten Aspekt aus den Augen, wonach nach der heutigen Systematik nicht rechtsgeschäftliche Vereinbarungen eine Vertretungswirkung im Außenverhältnis begründen, sondern letztendlich gesetzliche Bestimmungen, 79 was wohl auch Strieder und Peterka übersehen. Rechtsgrundlage der Vertretungswirkung sind heute die Regelungen der §§ 164 f. BGB bzw. die handelsrechtlichen Spezialregelungen zur Frage der Vertretungsmacht wie z. B. die §§ 125 ff. H G B . 8 0 Das Vorliegen einer Vertretungsmacht des Vertreters ist dabei nur eine von mehreren Voraussetzungen für das Eintreten der Verpflichtungswirkung und damit einer Haftungsbegründung gegenüber Dritten. 81 Für die Fernhandelsgesellschaften muß man aber feststellen, daß zwar entsprechend den Regelungen der Gesellschaftsverträge Vertretungsmacht des einzelnen Gesellschafters und der Eintritt einer Bindungswirkung zu Lasten Aller gewollt war, bzw. die Vertragsparteien davon wohl ausgegangen sind, daß aber, bis auf wenige Ausnahmen in einzelnen Stadtrechtsreformationen 82 , keine gesetzlichen Regelungen bestanden, die eine Vertretungswirkung gegenüber Dritten und damit Haftungsbegründung der Gesellschafter rechtverbindlich festgelegt haben. 83

76

Peterka, ZHR 73, 400. Strieder, 2 Gesellschaftsverträge, S. 54. 78 Rehme, ZRG GA 27, 521 f. 79 Rehme, ZRG GA 27, 509, wo hierauf ausdrücklich hingewiesen wird. 80 MüKo Thiele § 164 Rz. 1 f.; Palandt/Heinrichs, § 164 Rz. 15. 81 vgl. Palandt/Heinrichs, Einf. v. § 164 Rz. 1 f.; MüKo Thiele § 164 Rz. 3. 82 Siehe hierzu den Abschnitt unten zu den Regelungen in den Reformationen. 83 So wohl auch Lutz, S. 336 u. 79, dessen Auffassung auf S. 461, daß die Vertragsparteien zur Frage der Haftung keine Regelungen in den Verträgen vorgenommen haben, angesichts der, allerdings auch von ihm dargestellten Regelungen zur Verpflichtungswirkung, so nicht ganz richtig ist, gemeint sind wohl solche bezüglich einer Außen Wirkung. 77

I. Gesellschafterhaftung der süddeutschen Fernhandelsgesellschaften43 (2) Bestehen einer Verpflichtungswirkung und Haftungsbegründung zu Lasten der Gesellschafter nach allg. Auffassung Zur generellen Frage der Haftung der Fernhandelsgesellschafter wird heute die Auffassung vertreten, daß eine solche für Gesellschaftsverbindlichkeiten bestanden hat. 8 4 Da die HaftungsVerfassung entsprechend der heutigen Systematik als wesentliches Klassifizierungsmerkmal für Gesellschaftstypen gilt, 8 5 werden die Fernhandelsgesellschaften, trotz des Bestehens der generellen Problematik der Einordnung von historischen Sachverhalten anhand von modernen Rechtsbegriffen, 86 aufgrund dieser Haftungssituation allgemein entsprechend den heutigen Gesellschaftstypen als offene Handelsgesellschaften, bzw. Kommanditgesellschaften und damit Personengesellschaften klassifiziert. 87 Soweit ersichtlich wird jedoch an keiner Stelle die Meinung geäußert, daß eine Vertretungswirkung auch zu Lasten der Fernhandelsgesellschaften selber als juristisch eigenständiger Person, oder etwa im Sinne der heutigen Teilrechtsfähigkeit 88 bestand. Bauer stellt hierzu ausdrücklich fest, daß hinsichtlich der Haftung dem offiziellen Gesellschaftsrecht des 16. Jhd. eine Haftungsbeschränkung auf das Gesamtvermögen der Gesellschaft als juristische Person völlig fremd war. 8 9 Die Haftungsfrage wird überwiegend jedoch nur allgemein, d.h. ohne die hier vorgenommene genaue Differenzierung zwischen Verpflichtungsbegründung durch rechtsgeschäftliches Handeln der Gesellschafter und Haftungsumfang und Inhalt, abgehandelt. 90 Soweit die Frage der Verpflichtungswirkung rechtsgeschäftlichen Handelns jedoch konkret untersucht wird, wird in der Literatur davon ausgegangen, daß eine Vertretungswirkung bei rechtsgeschäftlichem Handeln Einzelner der Fernhandelsgesellschafter bestand, daß damit eine Haftungsbegründung für alle Gesellschafter auch im Außen Verhältnis eingetreten ist. 9 1 84 Silberschmidt, Kumpanie, S. 45; Servos , S. 7 m.w.N.; Lutz, S. 461 f.; Rehme, ZRG GA 27, 518 m.w.N.; Strieder, 2 Gesellschaftsverträge, S. 55. 85 Lutz, S. 460; Rehme, ZRG GA 27, 502 m.w.N. 86 Strieder, 2 Gesellschafts Verträge, S. 11; Zu dieser Problematik ausführlich: Rehme, ZRG GA 27, 487 ff. 87 Bauer, Unternehmungen, S. 80; Rehme, ZRG GA 27, 518, 537, 539; Peterka, ZHR 73, 393; Schmoller, Jahrbuch, S. 375; Hacmann, ZHR 69, 92; Schmied, Frühkapitalismus, S. 34; Lutz, S. 75; Apelbaum, Handelsgesellschaften, S. 87 bzgl. der Basler Gesellschaften. 88 §§ 124, 161 HGB; BGH NJW 2001, 1056 f. 89 Bauer, Unternehmungen, S. 86. 90 Rehme, ZRG GA 47, 527 f.; Servos, S. 7; Schmied, Frühkapitalismus, S. 34. 91 Lastig, Handbuch, S. 330, 331; Silberschmidt, Kumpanie, S. 66 f.; Goldschmidt, Universalgeschichte, S. 274 f.; Schmoller, Jahrbuch, S. 373 f.; Lehmann, Lehrbuch, S. 287; Schmidt, Stadtrechte, S. 71 f.

4 4 C .

Die Gesellschafterhaftung vom späten Mittelalter bis zur Neuzeit

Da anerkannt ist, daß gesetzliche Bestimmungen, bis auf wenige lokale Ausnahmen 92 , nicht bestanden,93 wird als Grundlage einer solchen Wirkung bei rechtsgeschäftlichem Handeln einzelner Gesellschafter das Bestehen eines entsprechenden Gewohnheitsrechtes angenommen. 94 Hergeleitet wird diese Ansicht mit der Annahme einer, durch die vorhandenen wirtschaftlichen Notwendigkeiten beeinflußten, entsprechenden Fortsetzung der historischen Entwicklung der Vergesellschaftung an deren Abschluß die moderne oHG liegt. 9 5 Als Ausgangspunkt der Entwicklung der Vergesellschaftungsformen gelten die historischen Familiengemeinschaften, also das gemeinsame Betreiben eines Handelsgeschäftes durch die zusammenlebenden Mitglieder einer Familie, meist geführt vom Familienoberhaupt selber. 96 Mit einer Fortsetzung durch die Überlebenden nach dessen Tode verbleiben die Haus- und entstehen (ungeteilte) Erbengemeinschaften. 97 Bei diesen durch die Familienzusammengehörigkeit geprägten Gemeinschaften mußte jedes Mitglied allein qua Familienzugehörigkeit für die Folgen des Handelns, auch des rechtsgeschäftlichen der anderen Familienmitglieder einstehen. 98 Nachdem dann eine Weiterentwicklung dahingehend eintrat, daß auch eine Fortsetzung des Handelsgewerbes durch Brüder, ohne daß eine Erbengemeinschaft bestand, oder mit anderen Familienangehörigen erfolgte, und auch nicht mehr alle Beteiligten in einem Haus zusammen lebten und schließlich sogar Fremde, Nichtfamilienangehörige aufgenommen wurden, wird dieser Grundgedanke entsprechend übertragen. 99 Die somit ursprünglich aus der familiären Verbundenheit entstandene, hergeleitete und begründete Verpflichtungswirkung wird danach auch auf die Beteiligten an einer Gemeinschaft zwischen denen keine familiären Bin92 Siehe hierzu die Darstellung zu den Regelungen in den Stadtrechtsreformationen unten, C IV. 93 Vgl. auch Lutz, S. 79. 94 So ausdrücklich: Goldschmidt, Universalgeschichte, S. 282; Schmoller, Jahrbuch, S. 378; Lutz, S. 336 geht ohne nähere Begründung von einem seiner Meinung nach bestehendem Handelsbrauch aus. 95 Schmoller, Jahrbuch, S. 372 f.; Lehmann, Lehrbuch, S. 286 f.; Strieder, 2 Gesellschaftsverträge, S. 6 f.; So wohl auch im Ergebnis: Schmidt, Stadtrechte, S. 69 f. 96 Lastig, Handbuch, S. 329; Schmoller, Jahrbuch, S. 373, 374; Strieder, 2 Gesellschaftsverträge, S. 7, 8; Ehrenberg/Rehme, S. 168, 169. 97 Lastig, Handbuch S. 329; Lehmann, Lehrbuch, S. 286; Lutz, S. 56 f.; Ehrenberg/Rehme, S. 168, 169. 98 Lastig, Handbuch, S. 329; Schmoller, Jahrbuch, S. 373, 374; Lehmann, Lehrbuch, S. 286; Schulte, mittelalterl. Handel, S. 669; Dies bestreitet: Goldschmidt, Universalgeschichte, S. 279, Fn 153. 99 Silberschmidt, Kumpanie, S. 66; Lastig, ZHR 24, 436; Schmied, Frühkapitalismus, S. 34.

I. Gesellschafterhaftung der süddeutschen Fernhandelsgesellschaften

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düngen mehr gegeben sind, übertragen und für richtig und billig angesehen. 1 0 0 Diese Entwicklung wird allgemein als notwendiges Erfordernis und damit durch die Handelsverhältnisse der damaligen Zeit beeinflußt angesehen. 1 0 1 Insbesondere die wachsende Bedeutung der Kreditgeschäfte gebot im Interesse der Absicherung der Kreditgläubiger eine haftungsbegründende Wirkung für alle beteiligten Gesellschafter sobald auch nur einer von ihnen als Gesellschafter für die Gesellschaft Rechtsgeschäfte getätigt hatte. 1 0 2 F.G.A. Schmidt sieht dies, angesichts des Handeltreibens nach allen Seiten als Hauptzweck der Fernhandelsgesellschaften, als eine Grundvoraussetzung, durch die erst ein Handeln der nicht mehr am Ort befindlichen Gesellschafter ermöglicht wurde. 1 0 3 (3) Fehlen eindeutiger Quellennachweise für das Bestehen einer Verpflichtungswirkung außerhalb von Konkursen Auch wenn das Entstehen und Bestehen einer Verpflichtungswirkung und darausfolgender Haftungsbegründung zu Lasten der Gesellschafter aufgrund dieser historischen Entwicklung nachvollziehbar erscheint, so ist doch insgesamt festzustellen, daß es hierfür für die süddeutschen Fernhandelsgesellschaften, außerhalb der noch zu untersuchenden Konkursfälle, keinen letztendlichen Beweis und keine Bestätigung durch entsprechendes Quellenmaterial g i b t . 1 0 4 Ein eindeutiger Nachweis des Bestehens einer solchen Bindung aller Gesellschafter an von einem einzelnen Mitgesellschafter abgeschlossene Rechtsgeschäfte auch gegenüber Dritten außerhalb eines Konkurses der Gesellschaft wäre z.B. über die Entscheidungen in entsprechenden Rechtsstreiten zu führen, wie sie Apelbaum für die Basler Handelsgesellschaften untersucht hat. 1 0 5

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Lastig, Handbuch, S. 329; Weber, Handelsgesellschaften, S. 66; Strieder, 2 Gesellschaftsverträge, S.10. 101 Vgl. Hacmann, ZHR 69, 90 f., der neben dem rein familiären Ansatz auch auf die Notwendigkeit einer Vergrößerung der Gemeinschaft der potentiell Haftenden hinweist; Kammerer, S. 280, 281; Goldschmidt, Universalgeschichte, S. 273 ff, 276; Schmidt, Stadtrechte, S. 74. 102 Weber, Handelsgesellschaften, S. 66. 103 Schmidt, Stadtrechte, S. 73. 104 Dies bestätigt indirekt: Schulte, Geschichte, S. 90 f.; Lehmann, Lehrbuch, S. 287 meint ebenfalls allgemein, daß die Haftungsfrage in den Quellen nicht behandelt wird, allerdings mit teilweisem Querverweis zu den norddeutschen Gesellschaften; Servos, S. 7 m.w.N. 105 Apelbaum, Handelsgesellschaften, S. 81 f., Anh. S. 141, 145.

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C. Die Gesellschafterhaftung vom späten Mittelalter bis zur Neuzeit

Im Fall der Klage des Ludwig Dittlinger gegen Adam Lampff im Jahr 1486 wird dieser zur Zahlung der gesamten Summe aufgrund einer Verbindlichkeit verurteilt, die auf einem von dem Mitgesellschafter oder „Gemeinder" Fleischhannes alleine im Rahmen der gemeinsamen Gesellschaft abgeschlossenen Kaufvertrag beruhte. Dies obwohl Lampff bereits unmittelbar nach Geschäftsabschluß gegenüber Dittlinger erklärt hatte, daß er den Kauf seines Mitgesellschafters nicht „ b i l l i g e " . 1 0 6 Ebenso wird Wilhelm Diethelm 1419 aufgrund eines mit seinem Mitgesellschafter Muspach gemeinsam abgeschlossenen Kaufvertrages zum Erwerb von Eisen, zur Zahlung des gesamten Kaufpreisesan an den Verkäufer Benz Keller verurteilt. Auch hier teilt das Gericht die Ansicht des Beklagten des Bestehens einer billigerweise nur anteiligen, also hälftigen Schuldverpflichtung im Verhältnis zum Gläubiger der Gesellschaftsverpflichtung nicht. 1 0 7 Diese Entscheidungen rechtfertigen die Annahme des Bestehens einer Verpflichtungswirkung und damit einer Haftungsbegründung für alle Gesellschafter aus von Mitgesellschaftern allein abgeschlossenen Geschäften. 108 Da die Basler Handelsgesellschaften von ihrer handelsgeschichtlichen Bedeutung und ihrer Gesellschafterstruktur her nicht mit den noch stark familiär geprägten süddeutschen Fernhandelsgesellschaften vergleichbar sind, 1 0 9 sind diese Quellen zwar für die generelle Entwicklung der Haftungfrage sicherlich von Bedeutung, 110 sie lassen jedoch keinen Schluß darauf zu, daß die Situation bei den Fernhandelsgesellschaften genau so bestanden hat. 1 1 1 Im Rahmen seiner Untersuchungen zum rechtlichen Wesen der großen Ravensburger Handelsgesellschaft anhand der von Aloys Schulte veröffentlichten Quellen, 1 1 2 versucht Rehme, die verpflichtende, haftungsbegründende Wirkung aus der bezugnehmenden Formulierung auf die „Herren" sowie der Verwendung des Plurals in den Quellen herzuleiten und nachzuweisen. 113 Hier heißt es, daß die „Herren seien etwas schuldig" 1 1 4 und in konkreter Anrede „ I h r " 1 1 5 seid etwas schuldig. 106

Ger.-Arch. A. 35, Apelbaum, Handelsgesellschaften, S. 83. Ger.-Arch. A 15, Apelbaum, Handelsgesellschaften, S. 85. 108 So auch ausdrücklich: Apelbaum, Handelsgesellschaften, S. 82, 88. 109 Silberschmidt, Basler Handelsgesellschaften, S. 376. 110 Apelbaum, Handelsgesellschaften, S. 81 f. 111 Gleiches gilt für das italienische Recht, wo sich ebenfalls Nachweise finden lassen, vgl. Schulte, Geschichte, S. 89 m.w.N. 112 Rehme ZRG GA 27, 560 f., Rehme weist allerdings auf S. 488 schon selbst darauf hin, daß es sich bei den Quellen überwiegend um kaufmännische Aufzeichnungen handelt und nicht um Rechtsaufzeichnungen oder Urkunden über Rechtsgeschäfte oder Prozesse. 107

I. Gesellschafterhaftung der süddeutschen Fernhandelsgesellschaften47 Auch wenn man diesen Formulierungen sicherlich eine gewisse Indizwirkung beimessen kann, so sind sie dennoch kein zwingender Beweis für das Bestehen einer auch im Außenverhältnis wirksamen haftungsbegründenden Verpflichtungswirkung. Wie oben gezeigt, 116 enthalten eine Reihe von Gesellschaftsverträgen von Fernhandelsgesellschaften Bestimmungen, mit denen eine solche Wirkung zumindest im Innenverhältnis zwischen den Hauptgesellschaftern, und auf diese bezieht sich die Anrede „Herren" laut Rehme 1 1 7 allein, festgelegt wird, ohne daß dies auch im Außenverhältnis wirksam statuierbar ist. Selbst wenn man davon ausgeht, daß in dem leider nicht mehr erhaltenen 118 Gesellschaftsvertrag der großen Ravensburger Handelsgesellschaft eine entsprechende Bestimmung enthalten war, ergibt sich hieraus nicht das Bestehen einer Außenwirkung. Die von Rehme angeführten Formulierungen in den Quellen lassen somit einen zwingenden Rückschluß nicht zu. Dies umso mehr, als es sich bei den Quellen überwiegend um Schriftverkehr zwischen Beteiligten der Gesellschaft 119 handelt, der möglicherweise in Kenntnis des Gesellschaftvertrages und von einer entsprechenden internen Vereinbarung erfolgt ist. (4) Auswertung des Privileges Friedrich III. von 1464 zur Frage der Haftung und Haftungsbegründung für die Hauptgesellschafter (a) Die herrschende Auffassung zur allgemeinen Aussage des Privileges zur Haftung der Hauptgesellschafter Insbesondere aufgrund des gesellschaftsrechtlichen 120 Inhaltes eines Privileges, daß Kaiser Friedrich III. der Stadt Nürnberg im Jahre 1464 erteilt hat und daß eine Haftungsbeschränkung für Einlagegesellschafter statuiert, wird heute überwiegend davon ausgegangen, daß eine allgemeine Haftung der Hauptgesellschafter der Fernhandelsgesellschaften bestanden hat. 1 2 1

113

Rehme ZRG GA 27, 560 f. Schulte, Geschichte, Bd. 3, S. 243, 247 f., 320, 442. 115 Schulte, Geschichte, Bd. 3, S. 308, 311. 116 Vgl. oben, 2 a) aa). 117 Rehme, ZRG GA 27, 560 f. 118 Rehme, ZRG GA 27, 488; Schulte, Geschichte, S. 42. 119 Rehme, ZRG GA 27, 562 f. 120 Das Privileg regelt außerdem noch eine Vormundschafts- und eine Appelationsfrage. 121 Kammerer, S. 135; Rehme ZRG GA 27, 537; Schmied, Frühkapitalismus; S. 64; Silberschmidt, Kumpanie, S. 66, 67; Schimke, S. 58; Bauer, Unternehmungen, S. 170, Fn. 95; Lutz, S. 78, 79. 114

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Die Gesellschafterhaftung vom späten Mittelalter bis zur Neuzeit

In diesem Privileg werden zwei Kreise von in unterschiedlicher Weise an Gesellschaften beteiligten Personen definiert und beschrieben, und es werden für jeden verschiedene Regelungsanordnungen getroffen: Für solche Bürger der Stadt Nürnberg, die „ein nemlich summa geltz mit geding in ein geselschafft legen" wird festgelegt, daß diese „solich geding hallten und dem nachkomen sullen". Für Personen, die „ir gut und gelt in geselschafft tun und legen an geding, sunder zu gewynn und verlust" und ansonsten selber „hanttirung der geselschaft nicht phlegen zu handeln" wird angeordnet, daß im Falle von Schuldverpflichtungen der Gesellschaft, die nicht aus dem in dieser befindlichen „hauptgut" aller Gesellschafter erfüllt werden können, diese „nit mer zu bezalen phlichtig noch schuldig sein dann allain sovil, als sich nach anzal ires zugelegten hauptgutes gepuren." 122 Noch keine Einigkeit besteht in der Literatur hinsichtlich des personellen Anwendungsbereiches dieses Privileges, der Frage also, wer mit den genannten Personen die ihr Geld „mit geding" in Gesellschaften einlegen und solchen, die dies „an geding, sunder zu gewinn und verlust" tun, gemeint ist. Für den ersten Personenkreis wird überwiegend 123 im Anschluß an die Meinung von Bauer 1 2 4 davon ausgegangen, daß mit „geding" der Gesellschaftsvertrag gemeint ist und es sich hierbei damit um die zu untersuchenden vertragsschließenden und unterzeichnenden Haupt- oder Prinzipalgesellschafter handelt. Gegen die Ansicht von Keutgen, 1 2 5 daß hiermit stille Teilhaber der Gesellschaft gemeint sein sollen, spricht jedoch, daß dies keinerlei Stütze im Text des Privileges findet. 1 2 6 Gegenüber der Auffassung von Strieder, 127 daß es sich bei diesen Personen um Depositengläubiger mit festem Zins handelt, die von der Haftung für Gesellschafterschulden ausgenommen werden, ist einzuwenden, daß die angeordnete Rechtsfolge, daß die Personen, die „mit geding" einlegen, dieses „halten sollen" für Depositengläubiger nicht plausibel erklärbar i s t . 1 2 8 Aufgrund des Inhaltes des Privileges und insbesondere dem Umstand, daß es für den zweiten Personenkreis eine noch zu untersuchende Beschrän122

Der genaue Wortlaut des Privileges ist abgedruckt bei Bauer, Unternehmungen, Anhang Nr. 1, S. 127 f. 123 Lutz, S. 72 f.; Kammerer, S. 135 f.; Rehme ZRG GA 27, 533 f. 124 Bauer, Unternehmungen, S. 170, Fn. 95. 125 Keutgen, VSWG 4, 606. 126 Lutz, S. 74; Kammerer, S. 137. 127 Strieder, Organisationsformen, S. 103 f. 128 Lutz, S. 75, 76.

I. Gesellschafterhaftung der süddeutschen Fernhandelsgesellschaften49 kung der Haftung vorsieht, wird von einer allgemeinen Haftung der Hauptgesellschafter für Gesellschaftsverbindlichkeiten ausgegangen. 129 (b) Der Inhalt des Privileges bezüglich der Haftungsbegründung für Hauptgesellschafter Untersucht man den Inhalt des Privileges auf eine Aussage zur Frage des Bestehens einer Verpflichtungswirkung für Hauptgesellschafter durch rechtsgeschäftliches Handeln Einzelner im Außenverhältnis, so ist zunächst festzustellen, daß für diesen Personenkreis ausdrücklich lediglich anordnet wird, daß eine Verpflichtung besteht, daß sie „solich geding", also den Gesellschaftsvertrag, „hallten und dem nachkomen sullen." 1 3 0 Aus der bloßen Anordnung der Einhaltung der Regelungen der geschlossenen Gesellschaftsverträge läßt sich jedoch m. E. keinerlei Rückschluß auf das Bestehen einer Haftungsbegründung im Außen Verhältnis ziehen. Wie gezeigt, 131 enthalten die Gesellschaftsverträge ganz unterschiedliche Regelungen zur Gestaltung von Vertretungsberechtigungen und bieten insoweit kein einheitliches Bild. Schon aufgrund der vielfachen Möglichkeiten der Vertragsgestaltung ist daher allein aus der angeordneten Verpflichtung zur Einhaltung der gesellschaftsvertraglichen Bestimmungen eine Aussage zur Frage der Haftungsbegründung nicht möglich. Auch handelt es sich bei den Verträgen um Vereinbarungen im Innenverhältnis, so daß unklar erscheint, inwieweit Wirkungen auch im Außenverhältnis durch diese Bestimmung des Privileges vorgesehen und gewollt sind. 1 3 2 Betrachtet man ergänzend die narratio und die Regelung hinsichtlich des zweiten Personenkreises des Privileges, so ist festzustellen, daß es von einer Verpflichtungswirkung für alle Hauptgesellschafter wohl ausgeht. Dies ergibt sich aus der Darstellung, daß die „hauptleut und regierer" im Rahmen ihrer Tätigkeiten für die Gesellschaft Schulden machen und sich ihrer Inanspruchnahme durch Flucht zu entziehen versuchen. 133 Daraus ist zu folgern, daß jedenfalls von einer Schuldverpflichtung und Haftung aller für

129 Lutz, S. 79, drückt dies am deutlichsten aus, wenn er insofern von einer „negativen Aussage" des Privileges spricht; Diesem Inhalt des Privileges zur Haftungsfrage schließen sich mehr oder weniger deutlich an: Kammerer, S. 135; Rehme ZRG GA 27, 537; Schmied, Frühkapitalismus, S. 64; Silberschmidt, Kumpanie, S. 66, 67; Schimke, S. 58; Bauer; Unternehmungen, S. 170, Fn. 95. 130 Ygi ςΐ 6η T ext bgj Bauer, Unternehmungen, Anhang Nr. 1, S. 127. 131

Siehe hierzu oben 2 a) aa). Es fällt auf, daß bislang auch noch keinerlei Versuche gemacht worden sind, diese konkrete Verpflichtung mit dem Gesamtinhalt des Privileges in Einklang zu bringen. 133 Vgl. den Text bei Bauer, Unternehmungen, Anhang Nr. 1, S. 127. 132

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die Gesellschaft tatsächlich und auch rechtsgeschäftlich Handelnden ausgegangen wird. Des weiteren folgt dies aber auch, gewissermaßen als „erst recht" Schluß, aus den Anordnungen zum zweiten genannten Personenkreis. Obwohl diese Beteiligten selber für „die hanttirung der geselschafft nicht phlegen zu handeln", sind auch für sie Haftungskonsequenzen vorgesehen, wenn es heißt, daß sie „nit mer zu bezalen phlichtig noch schuldig" 1 3 4 sein sollen, und damit eine - zwar der Höhe nach begrenzte 135 - aber dem Grund nach doch gegebene Verpflichtung festgestellt wird. Ist dies aber sogar für die an den Geschäften der Gesellschaft gar nicht beteiligten Gesellschafter so vorgesehen, so muß man dies aber wohl erst recht für die tatsächlich und rechtsgeschäftlich handelnden Hauptgesellschafter annehmen. (5) Die Feststellungen zur Frage der Verpflichtungswirkung aufgrund der Konkurse von Fernhandelsgesellschaften Weiterhin wird die Annahme einer allgemeinen persönlichen Haftung der Hauptgesellschafter heute auf deren Behandlung bei den Konkursen namhafter Fernhandelsgesellschaften gestützt. Aloys Schulte hatte als erster im Rahmen der Untersuchung der großen Ravensburger Handelsgesellschaft die Überlegung angestellt, daß die wohl eindeutigsten Rückschlüsse auf die Frage nach dem Bestehen einer generellen Haftung aus der Behandlung der Gesellschafter im Konkursfall sich ziehen lassen müßten. 1 3 6 Aufgrund der inzwischen ausgewerteten Konkurse 1 3 7 von Fernhandelsgesellschaften kann man von einer grundsätzlichen Haftung der Hauptgesellschafter im Konkursfall für alle im Rahmen der Gesellschaftstätigkeit begründeten Verbindlichkeiten ausgehen. 138 Damit steht fest, daß zumindest im Konkursfall zur Frage der Verpflichtungswirkung nicht mehr danach differenziert worden ist, wie, d.h. ob durch einen allein handelnden Gesellschafter oder ein gemeinsames Handeln aller Gesellschafter, die rechtsgeschäftliche Verbindlichkeit begründet worden ist. Alle Hauptgesellschafter wurden für alle Verbindlichkeiten im Rahmen der gesellschaftlichen Aktivitäten, die zum Zeitpunkt des Konkurses bestanden, unabhängig davon, wie und durch wen sie ihrerseits begründet worden waren, als voll haftbar angesehen. Auch insoweit ergeben 134

Vgl. den Text bei Bauer, Unternehmungen, Anhang Nr. 1, S. 127. Siehe hierzu unten II. 136 Schulte, Geschichte, S. 91, 92. 137 Siehe hierzu die Übersicht bei Lutz, S. 465. 138 Lutz, S. 467; Bauer, Unternehmungen, S. 80 u. 171 Anm. 98; Kammerer, S. 290 m.w.N. 135

I. Gesellschafterhaftung der süddeutschen Fernhandelsgesellschaften

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sich keinerlei Anhaltspunkte dafür, daß die Gesellschaft als eigenständige oder irgendwie rechtlich verselbständigte Verpflichtungsperson angesehen wurde und die Haftung auf das Gesellschaftsvermögen begrenzt war. Es erscheint nachvollziehbar, daß in dieser Zeit angesichts der schockartigen W i r k u n g 1 3 9 und der weitreichenden Konsequenzen 140 der Konkurse von Fernhandelsgesellschaften, es einem verantwortlichen Mitgesellschafter verwehrt war, sich seiner Verantwortung durch den formalen Hinweis auf das Nichtbestehen einer haftungsbegründenden Verpflichtungswirkung für alles Handeln von Mitgesellschaftern ohne sein Mitwirken, zu entziehen. Einen zwingenden Rückschluß darauf, ob dies aber nicht außerhalb des Konkurses durchaus möglich war, und damit auf das generelle Bestehen einer Verpflichtungswirkung läßt auch dies jedoch m.E. nicht unbedingt zu. (6) Abschließende Bewertung Auch wenn sich aus den Quellen kein zwingender Beweis, wie etwa von Apelbaum für die Basler Handelsgesellschaften aufgezeigt, 141 ergibt, so muß man insgesamt davon ausgehen, daß eine haftungsbegründende Verpflichtungswirkung auch im Außenverhältnis gegenüber Dritten als Vertragspartnern hinsichtlich der Gesellschafter der Fernhandelsgesellschaften defacto bestanden hat. 1 4 2 Es erscheint nachvollziehbar, daß man trotz der zunehmenden Beteiligung von immer loser, weiter entfernt verwandten, und schließlich gar nicht mehr familiär verbundenen Personen an einem Handelsgeschäft, die sich ursprünglich aus dem Familienverhältnis ergebenden Wirkungen und Folgen weiterhin angewendet hat. 1 4 3 Dies insbesondere auch deshalb, weil der Prozeß der Lockerung der familiären Verbundenheit der Gesellschafter nach und nach stattgefunden haben wird und für Dritte, wie z.B. Vertrags139

Schmoller, Jahrbuch, S. 389 spricht für den Konkurs der Höchstettergesellschaft von einem „wichtigen" Ereignis in der Augsburger Handelsgeschichte; Müller, Weiserkonkurs, S. 196 f. 140 Hassler, S. 32, der auch auf die vom Rat der Stadt Augsburg als Reaktion erlassene besonders „scharfe" Fallitenordnung vom 3. 7. 1574 verweist; Vgl. zu deren Wirkungen im Konkurs der Weisergesellschaft, Müller, Weiserkonkurs, S. 219. 141 Siberschmidt, Basier Handelsgesellschaften, S. 378; Apelbaum, Handelsgesellschaften, S. 81 f. 142 Lastig, Handbuch, S. 330, 331; Silberschmidt, Kumpanie, S. 66 f.; Goldschmidt, Universalgeschichte, S. 274 f.; Schmoller, Jahrbuch, S. 373 f.; Lehmann, Lehrbuch, S. 287; Schmidt, Stadtrechte, S. 71 f.; Strieder, 2 Gesellschaftsverträge, S. 53, 54. 143 Schmoller, Jahrbuch, S. 374 f.; Hacman, ZHR 68, 92; Weber, Handelsgesellschaften, S. 58 f. anhand der südeuropäischen Handelsgesellschaften; Schmied, Frühkapitalismus, S. 34, 35. 4*

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partner im Rahmen des Handelsgeschäftes, auch gar nicht wahrnehmbar gerì 144

wesen sein muß. Da die Gesellschafter der Fernhandelsgesellschaften noch sehr stark familiär verbunden waren, 1 4 5 stehen diese zeitlich erst am Anfang der Entwicklung, an deren Ende die Gesellschaften stehen, deren Mitglieder nur noch durch einen Vertrag verbunden sind. Dies spricht dafür, daß deren Gesellschafter nach wie vor so behandelt wurden, wie die ein Handelsgeschäft betreibenden engen Familienmitglieder oder die ein solches weiterführendes Mitglieder einer ungeteilten Erbengemeinschaft. 146 Entsprechend wird man allgemein, wie selbstverständlich, davon ausgegangen sein, daß, wie bei Familienverbänden, alle Mitglieder der Gesellschaft für deren Schulden und Verbindlichkeiten verantwortlich sind, und daß auch eine Haftung als Folge des rechtsgeschäftlichen Handelns einzelner Gesellschafter im Rahmen des Handelsgeschäftes besteht. 147 Bestätigt wird dies dadurch, daß die Gesellschafter dies, wie gezeigt, auch im Rahmen ihrer Gesellschaftsverträge z.T. so festgelegt und ausdrücklich vereinbart haben. 148 Wenn allgemein von einer solchen Verpflichtungswirkung über eine Gleichstellung in der Behandlung mit Familienverbänden ausgegangen wurde, und die Gesellschafter selber entsprechende Bestimmungen in ihre Verträge aufgenommen hatten, so ergibt der insoweit gegebene Konsenz eine mögliche Erklärung dafür, daß ein Quellennachweis nicht besteht und die Frage der Haftung in dieser Zeit offensichtlich insgesamt keine breite Diskussion erfahren hat. 1 4 9 Unterstützt wird diese Annahme schließlich noch durch die besonderen Bedürfnisse des sich ausweitenden Handels in dieser Zeit, wobei insbesondere auf das steigende Sicherungsbedürfnis für Gläubiger bei den sich ausweitenden Kreditgeschäften hinzuweisen i s t . 1 5 0 Diese legten eine Übertragung der haftungsmäßigen Behandlung von Familienmitgliedern auf die, 144

Lastig, ZHR 24,436; Zur Frage, wann dieser Übergang zeitlich anzunehmen ist, vgl. Lutz, S. 154. 145 Schmoller, Jahrbuch, S. 385 u. 387; Schmidt, 3 f., 8; Strieder, 2 Gesellschaftsverträge, S. 8; Ehrenberg/Rehme, S. 168, 169. 146 Lehmann, Lehrbuch, S. 286; Strieder, 2 Gesellschaftsverträge, S. 6 f. 147 Schmoller, Jahrbuch, S. 378, 379; Lastig, ZHR 24, 437, 438; Weber, Handelsgesellschaften, S. 60 f. 148 Siehe hierzu die Darstellung der Regelungen in den Gesellschaftsverträgen, oben 2 a) aa). 149 Rehme konstatiert allgemein, daß die Frage der Haftung im mittelalterlichen Recht nicht die Rolle gespielt zu haben scheint wie im modernen; vgl. Ehrenberg/ Rehme, S. 167, Anm. 163; Schulte, Geschichte, S. 89; Rehme ZRG GA 27, 517. 150 vfé&er, Handelsgesellschaften, S. 66.

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ja auch immer noch familiär stark verbundenen, Fernhandelsgesellschafter nahe. Eine weitere Bestätigung erfährt dies schließlich aus der nachgewiesenen Haftung aller Hauptgesellschafter im Konkurs. Speziell für den Konkursfall wurde von allen hieran Beteiligten davon ausgegangen, daß die Hauptgesellschafter für alle Verbindlichkeiten unabhängig davon, wie sie begründet wurden, verantwortlich waren und gehaftet haben. 151 Trotz der in den Konkursen der Fernhandelsgesellschaften erfolgten intensiven Verhandlungen und Auseinandersetzungen zwischen Gläubigern und Gesellschaftern, 152 ist kein Fall überliefert, in dem von Gesellschaftern versucht worden ist, sich der Haftung durch das Bestreiten einer Haftung für von einem Mitgesellschafter alleine begründete rechtsgeschäftliche Gesellschaftsverbindlichkeiten zu entziehen. Auch die Abwicklung der Konkurse läßt somit keinen anderen Schluß zu, als daß offensichtlich in dieser Zeit allgemein von einer haftungsbegründenden Verpflichtungswirkung der Hauptgesellschafter der Fernhandelsgesellschaften, nicht aber von diesen selber als rechtlich eigenständig Verpflichtete ausgegangen wurde. b) Haftungsbegründung

für Einlagegeseilschafter

aa) Die Behandlung in den Gesellschaftsverträgen In den Gesellschaftsverträgen der Fernhandelsgesellschaften lassen sich überhaupt nur vereinzelt Regelungen hinsichtlich der Kapitaleinlagen zu Gewinn und Verlust finden. Diese betreffen Fragen, wie die generelle Zulässigkeit der Hereinnahme von Kapitaleinlegern, 153 die z.T. der Zustimmung aller Hauptgesellschafter bedurfte, die Höhe des Gewinnanteils, 154 den Inhalt der zwischen den Gesellschaftern und den Einlegern abzuschließenden Einlageverschreibung oder die Verpflichtung zur unbedingten Anerkennung der Gewinnabrechnung. 155 151 Vgl. die Übersicht bei Lutz, S. 467; Für den Konkurs der Höchstettergesellschaft wird von allen beteiligten Gerichten diese Auffassung vertreten, Kern, Studien, S. 186. 152 Vgl. beispielsweise die Verhandlungen im Rahmen des Zangmeisterkonkurses, Westermann, VSWG 6, S. 490 f., sowie den Höchstetterkonkurs, Kern, Studien, S. 191 f.; desgleichen den Zusammenbruch der Haug-Langnauergesellschaft, Hassler, S. 32 f. 153 Z.B. Manlichvertrag bei Lutz» Urkundenband, S. 135, Z. 140 ff.; Rietwieservertrag, Lutz, Urkundsband, S. 51, Z. 61 f. 154 Z.B. Höchstettervertrag, Lutz, Urkundsband, S. 42, Z. 107-116; Haugvertrag, Lutz, Urkundsband, S. 78, Z. 76-85; Weitere Nachweise bei Bauer, Unternehmungen, S. 160, Anm. 72. 155 Lutz, S. 402.

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Da die nur mit Kapitaleinlagen beteiligten Gesellschafter von der Mitarbeit ausgeschlossen waren und keinerlei Einflußnahmemöglichkeiten auf die Geschäfte der Gesellschaft bestanden, 156 sahen die Vertragsschließenden offensichtlich aufgrunddessen auch keine Notwendigkeit Regelungen zu deren Handlungsbefugnissen und den etwaigen Wirkungen, sei es im Innenoder Außenverhältnis, zu treffen. Ebensowenig war dies für die Frage der Fall, welche Wirkungen sich aus den Rechtsgeschäften der handelnden Gesellschafter für die Einlagesellschafter ergeben sollten, ob also für diese eine haftungsbegründende Wirkung vorgesehen war. Einzig im Höchstettervertrag von 1524 ist die Frage der Rechtsstellung der Einleger im Hinblick auf die Haftung allgemein angesprochen, wenn es heißt: „... nachdem unnd mir gelt bey unns haben von unser gutten freunden im handl zu gewinn und verlust, doch was unns der drytt oder viertt pfennig furgeleget wurtt, soll einem jettlichen zuegetaylt werden die mue und arbaytt, auch verpflichtet sendt nach ab und an ires hauptgutz und die annder tayll . . . " 1 5 7 Bauer schließt aus diese Regelung, daß die Einleger zu Gewinn und Verlust grundsätzlich der allgemeinen Gesellschafterhaftung unterlagen. 158 Für diese Auffassung, die in der Literatur bislang unkommentiert geblieben ist, spricht, daß hier in der Tat mit eindeutigem Bezug auf die Einleger festgestellt wird, daß diese „auch verpflichtet sendt". Da sie bestimmungsgemäß keine „mue und arbaytt" für die Gesellschaft zu erbringen hatten, kann sich die festgelegte Verpflichtungswirkung demnach auch nur auf die Rechtsgeschäfte und Handlungen der Hauptgesellschafter bezogen haben. Unabhängig von diesem Einzelfall, ist im Ergebnis festzustellen, daß aufgrund der Gesellschaftsverträge der Fernhandelsgesellschaften keine Aussage zu der Frage möglich ist, ob bei rechtsgeschäftlichem Handeln der Hauptgesellschafter eine Verpflichtungswirkung auch zu Lasten der mit einer Kapitaleinlage zu Gewinn und Verlust Beteiligten bestand. bb) Die herrschende Aufassung zur Haftung der Einlagegesellschafter im Anschluß an das Privileg Friedrich III. von 1464 Wie schon für die Hauptgesellschafter festgestellt, 159 wird auch bei der Behandlung der Frage der Haftung der Einlagegesellschafter in der Litera-

156

Rehme ZRG GA 27, 532; Schmoller, Jahrbuch, S. 386 f.; Bauer, Unternehmungen, S. 64, 66; Schmied Frühkapitalismus, S. 34. 157 Lutz, Urkundsband, S. 42, Z. 107-116. 158 Bauer, Unternehmungen, S. 159, Anm. 72 u. S. 165, Anm. 88. 159 Siehe hierzu oben, 2 a).

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tur, soweit sie überhaupt erfolgt, nicht wie im Rahmen dieser Untersuchung zwischen Haftungsbegründung, Inhalt und Umfang differenziert. Zur generellen Frage der Haftung der Kapitaleinleger, vertritt einzig Strieder die Ansicht, daß eine solche nicht bestand, wenn er davon spricht, daß eine Beteiligung am Verlust nicht gegeben w a r . 1 6 0 Da die von ihm untersuchten Verträge der Gesellschaften ebenso wie deren Geheimbücher keine Aussage zur Frage der Haftung enthalten, begründet er dies damit, daß nur eine Gewinnbeteiligung zur Steigerung der Arbeitslust aller Einleger beabsichtigt gewesen sein soll, nicht hingegen eine Verlustbeteiligung und damit Haftung. 1 6 1 Diese Ansicht überzeugt jedoch nicht, insbesondere ist sie für den Personenkreis der reinen Kapitaleinleger insoweit nicht nachvollziehbar, als diese, anders als etwaige kapitaleinlegende Angestellte, von jeder Einflußnahme auf die Geschicke der Gesellschaften und Mitarbeit ausgeschlossen waren, so daß eine Steigerung der Arbeitslust durch einen Haftungsausschluß überhaupt nicht erreichbar w a r . 1 6 2 Das grundsätzliche Bestehen einer allerdings beschränkten 163 Haftung auch der Einlagegesellschafter wird in der Literatur aufgrund des Inhaltes des Privileges Friedrich III. von 1464 an die Stadt Nürnberg angenom164

men. Neben dem Kreis der Hauptgesellschafter, die mit „geding" als Unterzeichner des Gesellschaftsvertrages an der Gesellschaft beteiligt sind, betrifft es Bürger der Stadt Nürnberg, die „ir gut und gelt in geselschaft tun und legen an geding, sunder zu gewinn und verlust" und ansonsten selber „hanttirung der geselschaft nicht phlegen zu handeln" und regelt für diese zweite Personengruppe im Falle von Schuldverpflichtungen der Gesellschaft, die nicht aus dem in dieser befindlichen „hauptgut" aller Gesellschafter erfüllt werden können, daß sie „nit mer zu bezalen phlichtig noch schuldig sein dann allain sovil, als sich nach anzal ires zugelegten hauptgutes gepuren." 165 Die Rechtsstellung der Personen dieses zweiten Kreises wird allgemein als der der heutigen Kommanditisten vergleichbar angesehen. 166 Unabhängig von einer solchen rechtlichen Qualifizierung, handelt es sich hier um 160

Strieder, 2 Gesellschaftsverträge, S. 58. Strieder, 2 Gesellschaftsverträge, S. 57, 58. 162 Rehme ZRG GA 27, 532; Schmoller, Jahrbuch, S. 386 f.; Bauer, Unternehmungen, S. 64, 66; Schmied Frühkapitalismus, S. 34. 163 Siehe hierzu unten 3 b) bb) zur Frage des Haftungsumfanges. 164 Rehme ZRG GA 27, S. 533, 534, 564 f.; Lutz, S. 79; Kammerer, S. 135 f.; Schmied, Frühkapitalismus; S. 64; Mayer, S. 74; Lastig, Handbuch, S. 716 f.; Silberschmidt, Kumpanie, S. 67, 68. 165 Siehe den genauen Wortlaut des Privileges, Bauer, Unternehmungen, Anhang Nr. 1, S. 127 f. 161

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C. Die Gesellschafterhaftung vom späten Mittelalter bis zur Neuzeit

die zu untersuchenden Einlagegesellschafter, da das Privileg sie eindeutig beschreibt mit Personen, die, ohne Unterzeichner des Gesellschaftsvertrages zu sein, durch die Hingabe von Geld zu Gewinn und Verlust an die Gesellschaft deren Teilhaber geworden sind und die an der Geschäftsführung der Gesellschaft im weiteren Sinn nicht beteilgt sind. 1 6 7 Aus der inhaltlich noch näher zu untersuchenden Anordnung einer Beschränkung der Haftung allgemein durch das Privileg 1 6 8 für diesen zweiten Personenkreis der Einlagegesellschafter wird gefolgert, daß aus der Statuierung einer Beschränkung folgt, daß grundsätzlich die gleiche Haftungssituation für beide genannten Gruppen, d.h. also sowohl die Haupt-, als auch die Einlagegesellschafter, bestanden haben muß. 1 6 9 cc) Die Aussage des Privileges zur Frage der Verpflichtung von Einlagegesellschaftern Ergibt sich der herrschenden Auffassung folgend aus dem Privileg das Bestehen einer prinzipiell gleichen generellen Haftungssituation für beide Gesellschafterkreise, so läßt sich aus dem Wortlaut m.E. auch erkennen, daß hier von einer Verpflichtungswirkung, auch für die Einlagegesellschafter bei rechtsgeschäftlichem Handeln einzelner Hauptgesellschafter ausgegangen wird. Es wird ausdrücklich vorgesehen, daß die Einlagegesellschafter „nit mehr zu bezalen phlichtig noch schuldig" sein sollen, als der „Anzahl" des eingelegten Hauptgutes entspricht. 170 Aus der Anordnung, daß nicht „mehr" bezahlt werden muß, folgt, daß bis zu der genannten Höhe eine Verpflichtung zur Bezahlung und entsprechende Schuldverbindlichkeit jedenfalls besteht. Dies wird durch die anschließende Formulierung bestätigt, die vorsieht, daß für die „uberigen schulde" gänzliche Befreiung eintreten soll. Die Schuldbefreiung ab einem bestimmten Betrag setzt begrifflich das (Fort-)Bestehen einer Verbindlichkeit voraus. Da die ohne „geding" einlegenden Gesellschafter „für sich selbst die hanttierung der geselschaft nicht phlegen zu handeln," können sich die in 166 Lutz., S. 75; Keutgen, VSWG 4, 606; Strieder, Organisationsformen, S. 103; Bauer, Unternehmungen, S. 170, Fn. 95; Kammerer, S. 135 f. 167 Lutz, S. 75. 168 Siehe hierzu unten, 3 b) bb). 169 Lutz, S. 79, drückt dies am deutlichsten aus, wenn er insofern von einer „negativen Aussage" des Privileges spricht; Diesem Inhalt des Privileges zur Haftungsfrage schließen sich mehr oder weniger deutlich an: Kammerer, S. 135; Rehme ZRG GA 27, 537; Schmied, Frühkapitalismus; S. 64; Silberschmidt, Kumpanie, S. 66, 67; Schimke, S. 58; Bauer, Unternehmungen, S. 170, Fn. 95. 170 Vgl. den Wortlaut des Privileges bei Bauer, Unternehmungen, Anhang Nr. 1, S. 129.

I. Gesellschafterhaftung der süddeutschen Fernhandelsgesellschaften57 Bezug genommenen Zahlungsverbindlichkeiten nur aus dem rechtsgeschäftlichen Handeln der Hauptgesellschafter im Rahmen der Geschäftsführung der Gesellschaft ergeben. Aus diesem Umstand folgt, daß das Privileg von einer haftungsbegründenden Vertretungswirkung ausgeht, da eine Schuldverbindlichkeit der Einleger zu Gewinn und Verlust ja grundsätzlich angenommen wird. Diese relativ deutliche Aussage aus der Anordnung des Privileges wird allerdings durch dessen narratio nicht bestätigt oder unterstützt. Hier heißt es nur allgemein, daß „die hauptleute und regierer oder ir dienner tzutzeiteten schulde machen," und daß dann, nach deren Flucht, die Einleger zu Gewinn und Verlust „zu bezahlung der gemachten schuld furgenommen und beswert werden." 1 7 1 Anders als aus der zuvor gezeigen eigentlichen Anordnung des Privileges, ergibt sich aus dieser Formulierung nicht, daß grundsätzlich durchaus das Bestehen einer Schuldverpflichtung auch der Einlagegesellschafter aus dem rechtsgeschäftlichem Handeln der Genannten angenommen wird. Aufgrund dessen ist wohl Lutz zu der Auffassung gelangt, daß das Motiv des Privileges gewesen sein soll, daß dem Mißstand einer Haftbarmachung der Einlagegesellschafter nach Flucht der Hauptgesellschafter für eine nicht „verursachte", und damit wohl seiner Auffassung nach auch Nichtschuld, abgeholfen werden sollte. 1 7 2 Richtigerweise wird man als Beweggrund für die Erteilung des Privileges annehmen können, daß dem angesichts einer nichtbestehenden Einflußnahmemöglichkeit auf die Geschäftsführung der Gesellschaft als ungerecht empfundenen Zustand einer unbeschränkten Inanspruchnahme von Einlagegesellschaftern abgeholfen werden sollte. 1 7 3 Dies ändert hingegen nichts daran, daß aus dem Wortlaut des Privileges zu folgern ist, daß es von einem grundsätzlichen Bestehen einer berechtigten Schuldverbindlichkeit der Einleger zu Gewinn und Verlust ausgeht. dd) Zustimmende Literaturmeinung von Silberschmidt, keine Bestätigung der gefundenen Aussage des Privileges durch weitere Quellen In der Literatur bestätigt allein Silberschmidt ausdrücklich das Ergebnis zur Frage der Haftungsbegründung, wenn er feststellt, daß jeder geschäftsführende Gesellschafter die Gesellschafter unabhängig von deren Einlage nach außen verpflichtet hat. 1 7 4

171

Vgl. den Wortlaut des Privileges bei Bauer, Unternehmungen, Anhang Nr. 1,

S. 127. 172

173

Lutz, S. 75. Mayer, S. 74; so wohl auch Kammerer, S. 135; Keutgen, VSWG 4, 606.

58

C. Die Gesellschafterhaftung vom späten Mittelalter bis zur Neuzeit

Weitere Quellennachweise zur Bestätigung der gefundenen Aussage des Privileges sind allerdings nicht ersichtlich. Für die Basler Handelsgesellschaften hat Apelbaum anhand der Unterlagen des Gerichtsarchives durch den Fall der gemeinen Gesellschaft von Barcelona gegen die Halbysengesellschaft nachgewiesen, daß hier für Einlagegesellschafter keinerlei Verpflichtungswirkung durch rechtsgeschäftliche Handlungen der Hauptgesellschafter bestand. 175 Aus den Prozeßunterlagen ergibt sich, daß, obwohl das Gericht nach der Namensnennung durch die drei Hauptherren, zunächst auch die Einlagegesellschafter, die hier sog. Commendatoren der Halbysengesellschaft lädt, es dann aber dem vorgebrachten Einwand folgt, daß mangels Teilnahme an den geschäftlichen Transaktionen keinerlei direkte Beziehung zu der klagenden Gläubigerin besteht. 176 Entsprechend werden die Einleger für nicht passiv legitimiert erachtet. 177 Aufgrund der im Vergleich zu den großen und mächtigen süddeutschen Fernhandelsgesellschaften geringen Bedeutung der Basler Gesellchaften 178 rechtfertigt dieser Nachweis angesichts des eindeutigen Wortlautes des Privileges jedoch m. E. keine abweichende Beurteilung. Das Privileg selber gibt in seiner narratio zwar einen Hinweis, daß es offensichtlich eine Mehrzahl von Fällen der Inanspruchnahme von Einlegern gegeben haben muß, wenn es von „ertlichen" Bürger und Bürgerinnen in Nürnberg spricht. 1 7 9 Dennoch existieren über solche Fälle keine Quellennachweise, insbesondere sind keine den von Apelbaum für Basel mitgeteilten vergleichbaren Unterlagen über gerichtliche Verfahren außerhalb von Konkursen ersichtlich. ee) Die Auswertung der Konkursverfahren und der Unterlagen der Arzt-Paumgartner Auseinandersetzung bezüglich der Aussage des Privileges Die Auswertung der Konkursverfahren der Fernhandelsgesellschaften ergibt, daß kein Fall bekannt geworden ist, bei dem von den Gläubigern überhaupt auch nur versucht worden ist, Einlagegesellschafter für die von den Hauptgesellschaftern begründeten Verbindlichkeiten haftbar zu machen. 174

Silberschmidt, Teilhaberschaft, S. 102, die in Fn. 3 zutreffend angegebene Zitatstelle Schmidt, Stadtrechte, S. 74, bestätigt richtigerweise nicht die Aussage von Silberschmidt hinsichtlich der Verpflichtung der Einlagegesellschafter. 175 Apelbaum, Handelsgesellschaften, S. 100 f. 176 Apelbaum, Handelsgesellschaften, S. 152. 177 Apelbaum, Handelsgesellschaften, S. 101 f. 178 Silberschmidt, Basler Handelsgesellschaften, S. 376. 179 Vgl. den Wortlaut des Privileges bei Bauer, Unternehmungen, Anhang Nr. 1, S. 127.

I. Gesellschafterhaftung der süddeutschen Fernhandelsgesellschaften59 Diese Feststellung überrascht insoweit, als der zu regelnde Sachverhalt und damit der Grund und Anlaß der Privilegerteilung ausweislich dessen narratio ja offensichtlich war, daß Einlagegesellschafter für die von den Hauptgesellschaftern und Regierern begründeten Verbindlichkeiten der Gesellschaft nach deren Flucht oder Verschwinden haftbar gemacht wurden. Zwar bezeichnet das Privileg seinem Wortlaut nach diese Lage der Gesellschaft nicht ausdrücklich als Konkursfall, er wird jedoch in der beschriebenen Situation allerdings bereits sehr nahe gelegen haben. Hierfür spricht insbesondere der Umstand, daß die Flucht der Gesellschafter vor den Gläubigern in dieser Zeit eine gängige Verhaltensweise bei einem sich abzeichnenden Bankrott der Gesellschaft war, um so eine verbesserte Ausgangsposition für die Verhandlungen mit diesen zu erlangen. 180 Bauer versucht den Umstand, daß aus den Unterlagen der Konkurse hinsichtlich der Einlagegesellschafter nichts zu ersehen ist, mit der - noch zu untersuchenden - beschränkten Haftung, zu erklären. Diese Auffassung erscheint m. E. jedoch insoweit zu weitgehend, als diese Rechtsfolge erstmals durch das Privileg vorgesehen wurde 1 8 1 und nicht davon ausgegangen werden kann, daß dieses bei allen Konkursen in den Städten, in denen sich diese bei großen Fernhandelsgesellschaften ereigneten, bereits voll rezipiert war.182 Als naheliegendste Erklärung erscheint m.E. die Möglichkeit, daß die an und für sich vom Privileg vorgesehene haftungsbegründende Wirkung des rechtsgeschäftlichen Handelns der Hauptgesellschafter zu Lasten der Einlagegesellschafter deshalb in den Konkursen nicht zum tragen gekommen ist, weil den Konkursgläubigern u.U. die Existenz bzw. die Identität der Einlagegesellschafter schlichtweg unbekannt geblieben ist. Bei den im Privileg in Bezug genommenen Fällen könnte es sich insoweit um Ausnahmefälle handeln, bei denen entsprechende Kenntnis der Gläubiger bestanden hat. Alle Versuche einer Erklärung, warum der im Privileg ausdrücklich genannte Regelungssachverhalt keine Bestätigung oder auch nur Erwähnung in den Unterlagen der verschiedenen Konkursverfahren findet, sind hingegen letzendlich rein spekulativer Natur. Auch die Unterlagen der im Jahre 1450 beginnenden Auseinandersetzung Arzt - Paumgartner lassen keine weitergehenden Rückschlüsse zu. Die hierzu von Lutz vertretene Auffassung, diese sei der Anlaß für die Erteilung des Privileges durch Friedrich III. gewesen, erscheint fraglich. 1 8 3 180

Lutz, S. 468 m.w.N.; Westermann

VSWG 6, 480; Roth, Manlichbankrott,

S. 162. 181

Vgl. die ausführliche Darstellung bei Lutz, S. 71 f. Siehe hierzu auch die Darstellung zur Rezeption des Privileges durch die einzelnen Stadtrechte unten, IV. 182

6 0 C .

Die Gesellschafterhaftung vom späten Mittelalter bis zur Neuzeit

Voraussetzung hierfür wäre m.E., daß bei der Streitigkeit die im Privileg beschriebene Konstellation einer Haftbarmachung von nicht für die Gesellschaft tätigen Einlegern für von den Hauptgesellschaftern begründete Verbindlichkeiten nach deren Flucht vorgelegen hat. Weder für die in die Streitigkeit involvierte Klara Paumgartner, auf die nach Lutz in dem Privileg Bezug genomen wird, wenn dort von „burgerin" gesprochen w i r d , 1 8 4 noch für die später in Anspruch genommenen Anton oder Konrad Paumgartner trifft dies jedoch zu. Die später als einzige Teilhaberin in Nürnberg verbliebene Klara Paumgartner war zwar mit ihrem sog. Heiratsgut bloße Einlagegesellschafterin und hat in der Gesellschaft nicht mitgearbeitet, 185 so daß die Vorgaben des Privileges bezüglich des zweiten Personenkreises insoweit zwar vorliegen. Gegenstand ihrer Inanspruchnahme war jedoch eine Schadensersatzverpflichtung gegenüber dem geschäftsführenden Gesellschafter Hans Arzt wegen der Entwendung der Geschäftspapiere. 186 Sie selber hat jedoch an der Einschaltung des Kaspar Nagel zum Diebstahl der Unterlagen mitgewirkt. 1 8 7 Es handelte sich bei der Forderung, für die sie haftbar gemacht wurde, daher nicht um eine Gesellschaftsverbindlichkeit, die von den handelnden Gesellschaftern im Rahmen der regelmäßigen Tätigkeit für die Gesellschaft begründet wurde. Die Inanspruchnahme für die Schadensersatzverpflichtung traf sie nicht als Unbeteiligte, sie war hierfür durch ihre Mitwirkung selbst verantwortlich und persönlich verpflichtet. Für die gleichfalls in Anspruch genommenen Anton und Konrad Paumgartner liegt die Konstellation des Privileges gleichfalls nicht vor, da beide an der Arztgesellschaft nicht mit Einlagen zu Gewinn und Verlust beteiligt waren. 1 8 8 Aufgrund dessen läßt die Auseinandersetzung Arzt - Paumgartner im Ergebnis keinen Rückschluß auf die gefundene Aussage des Privileges zu. ff) Zusammenfassende Bewertung Aufgrund seines Wortlautes muß man davon ausgehen, daß das Privileg Friedrich III. von 1464 für die Stadt Nürnberg von einer Verpflichtungswirkung bei rechtsgeschäftlichem Handeln der Hauptgesellschafter auch zu Lasten der Einleger zu Gewinn und Verlust ausgeht. Diese Aussage wird zwar 183 184 185 186

Lutz, S. S. 141. Lutz, S. S. 146. Vgl. Lutz, S. 142. Siehe hierzu die Darstellung bei Krag, Paumgartner, S. 19 f., der auch Lutz

folgt.

187 188

So ausdrücklich: Krag, Paumgartner, S. 20. Vgl. Lutz, S. 145, Fn. 563.

I. Gesellschafterhaftung der süddeutschen Fernhandelsgesellschaften61 durch die dargestellte Passage des Höchstettervertrages bestätigt, Tatsache ist jedoch, daß ein letztendlicher Nachweis für das Bestehen einer Haftungsbegründung auch hinsichtlich der Einlagegesellschafter weder aus den Unterlagen der Konkurse von Fernhandelsgesellschaften, noch aus Quellen hinsichtlich der normalen Geschäftstätigkeiten zu erbringen ist. Der einzige Hinweis, daß es tatsächlich Fälle gegeben haben muß, bei denen von Gesellschaftsgläubigern versucht worden ist, Einlagegesellschafter für von inzwischen geflohenen - Hauptgesellschaftern rechtsgeschäftlich begründete Verbindlichkeiten haftbar zu machen, findet sich, quasi als eigentlicher Anlaß für die Regelung, in der narratio des Privileges. 189 Eine unwiderlegbare Erklärung dafür zu finden, warum es, insbesondere in den Unterlagen über die doch recht zahlreichen und spektakulären Konkurse von Fernhandelsgesellschaften, keine weiteren Nachweise für eine solche Inanspruchnahme gibt, ist nicht möglich. Versucht man plausible Gründe hierfür zu finden, so ist zunächst festzustellen, daß einer Haftbarmachung der Einlagegesellschafter durch Gesellschaftsgläubiger wahrscheinlich der Umstand entgegenstand, daß diese in der Regel unbekannt waren und im Rahmen der Konkursverfahren entsprechend auch nicht in Erscheinung getreten sind. 1 9 0 Möglicherweise hat das Privileg insoweit Ausnahmefälle beschrieben, bei denen Gläubiger Kenntnis von der Person von Einlagegesellschaftern erhalten haben. Denkbar wäre auch, daß man die im Privileg beschriebene Situation, auch wenn der Wortlaut dies nicht zwingend hergibt, so versteht, daß eine Haftbarmachung von Einlagegesellschaftern nur deshalb erfolgt ist, weil alle verantwortlichen Hauptgesellschafter geflohen waren und man daher gewissermaßen ersatzweise zu dieser Vorgehensweise sich gezwungen sah. Da bei allen inzwischen ausgeweiteten Konkursen stets noch Hauptgesellschafter dem Zugriff der Gläubiger ausgesetzt waren und in der Regel nicht alle geflohen waren, 1 9 1 wäre dies eine mögliche Erklärung, warum sich eine Haftbarmachung der Einlagegesellschafter in den Unterlagen nicht findet. Auch wenn ein Nachweis letztendlich nicht möglich ist, so kann man aufgrund der Aussagen des Privileges und der Formulierung des Höchstettervertrages insgesamt davon ausgehen, daß eine haftungsbegründende Wir189 Siehe hierzu oben, 2 a) cc) (4), sowie den Text bei Bauer, Unternehmungen, Anhang Nr. 1, S. 127. 190 Beim Konkurs der Höchstettergesellschaft z.B. nehmen die Einleger (oder sog. stillen Teilhaber), die sogar im Gesellschaftsvertrag Erwähnung finden, an der Auseinandersetzung nicht teil und sind auch nicht erwähnt, vgl. Kern, Studien, S. 191 f.; Dies bestätigt indirekt auch: Schmoller, Jahrbuch, S. 389. 191 So z.B. beim Höchstetterkonkurs, vgl. Kern Studien, S. 186, 195; beim Zangmeisterkonkurs, vgl. Westermann, Zahlungseinstellung, S. 461 f.; beim Haugkonkurs, vgl. Hassler, S. 32 f.; und beim Weiserkonkurs, vgl. Müller, Weiserkonkurs, S. 219 f.

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C. Die Gesellschafterhaftung vom späten Mittelalter bis zur Neuzeit

kung auch für die Einlagegesellschafter aus dem rechtsgeschäftlichem Handeln der Hauptgesellschafter bestanden hat.

3. Umfang, Inhalt und Objekt der Haftung bei den Fernhandelsgesellschaften Nach der Feststellung des Entstehens einer Verpflichtungswirkung zu Lasten der beteiligten Gesellschafter infolge rechtsgeschäftlichen Handelns, soll nunmehr Umfang und Inhalt sowie das Objekt der daraus resultierenden Haftung bei den Fernhandelsgesellschaften untersucht werden. a) Keine Haftung einer rechtlich verselbstständigten „Gesellschaft" mit einem Gesellschaftsvermögen als eigenem Haftungsobjekt Wie bereits bei der Untersuchung der Frage nach den aus dem rechtsgeschäftlichen Handeln Verpflichteten gezeigt, 192 ergibt die Untersuchung der Gesellschaftsverträge, daß sich in diesen keine Anhaltspunkte dafür finden lassen, daß deren Verfasser ihre Gesellschaft als in irgendeiner Form rechtlich verselbständigten, eigenständigen Haftungsträger angesehen haben. Soweit sich in den Verträgen überhaupt der Begriff der Gesellschaft in den Vertretungsregelungen findet wird dieser ausschließlich dazu benutzt, eine Zuordnung der betroffenen Rechtsgeschäfte, als die der „Gesellschaft" in Abgrenzung zu den Eigengeschäften der Gesellschafter vorzunehmen. In der Sekundärliteratur wird entsprechend allgemein davon ausgegangen, daß der Grundeinschlag der Fernhandelsgesellschaften der von reinen Personalgesellschaften war, 1 9 3 und es finden sich keine Aussagen bzgl. einer Annahme eines rechtlich verselbständigten Charakters oder des Bestehens einer Voll- oder Teilrechtsfähigkeit der Fernhandelsgesellschaften mit einer auf das Gesellschafts vermögen beschränkten Haftung. 1 9 4 Dabei ergibt eine Überprüfung der Gesellschaftsverträge, insbesondere der Erstverträge, zur Frage der Existenz eines Gesellschaftsvermögens als selbständigem Haftungsobjekt, daß dort i.d.R. eine Verpflichtung zur Leistung einer, zumeist auch bezifferten, 195 in Geld oder auch Sachwerten 196 zu leistenden Kapitaleinlage zu Gewinn und Verlust vorgesehen ist. Diese 192

Siehe oben, 2 a). Bauer, Unternehmungen, S. 80; Rehme, ZRG GA 27, 518, 537, 539; Peterka, ZHR 73, 393; Schmoller, Jahrbuch, S. 375; Hacmann, ZHR 69, 92; Schmied, Frühkapitalismus, S. 34; Lutz, S. 75; Apelbaum, Handelsgesellschaften, S. 87 bzgl. der Basler Gesellschaften. 194 Bauer, Unternehmungen, S. 86 stellt ausdrücklich fest, daß die Annahme der Gesellschaften als juristische Person dieser Zeit fremd war. 193

I. Gesellschafterhaftung der süddeutschen Fernhandelsgesellschaften bilden als Stammkapital den Grundstock eines Gesellschaftsvermögens, daß, insb. buchhalterisch, streng vom Privatvermögen der Gesellschafter getrennt w a r . 1 9 7 Insoweit handelt es sich jedoch um Vereinbarungen rein im Innenverhältnis der Gesellschafter, Anhaltspunkte, dafür, daß die Vertragsschließenden von einem Gesellschaftsvermögen, als gegenüber Dritten selbstständig bestehenden, ausschließlichem Haftungsobjekt ausgegangen sind, ergeben sich nicht. 1 9 8 Bestätigt wird dieses durch die Unterlagen der Bankrottfälle von Fernhandelsgesellschaften aus denen sich ergibt, daß jedenfalls im Konkursfall keine Differenzierung zwischen Gesellschaftsvermögen und den Privatvermögen der Gesellschafter erfolgt i s t . 1 9 9

b) Hauptgesellschafter aa) Haftungsumfang und Inhalt (1) Die Aussagen in den Gesellschaftsverträgen Lutz stellt als Ergebnis seiner Untersuchung der Gesellschaftsverträge auf Aussagen zur Frage der Haftung fest, daß hierzu keinerlei Vereinbarungen von den Fernhandelsgesellschaftern getroffen worden sind. 2 0 0 Diese Feststellung ist zutreffend, wenn man die Verträge auf direkte und ausdrückliche Regelungen zur Haftungsfrage überprüft. Strieder und auch Peterka haben jedoch auf Vertragspassagen hingewiesen, aus denen ihrer Meinung nach Anhaltspunkte für einen unbeschränkten Haftungsumfang der Hauptgesellschafter erkennbar sind.

195 Vgl. z.B. Manlichvertrag von 1548 mit den Einlagen, Christoph Manlich unbeziffert, Leonart Manlich 5000 fl., Anton und David Manlich je 2000 fl.; oder im Weißhauptvertrag von 1491 jeder der Gesellschafter 1000 fl. 196 So z.B. im Koler-Kress Vertrag von 1509, Z. 10-12, Lutz, Urkundsband, S. 21; Scheurlvertrag von 1540, Z. 85 f., Lutz, Urkundsband, S. 119. 197 Lutz, S. 258; Schmied, Frühkapitalismus, S. 34; a.A. Schmidt, Stadtrechte, S. 55. 198 Weber, Handelsgesellschaften, S. 66. 199 Vgl. zur vollständigen Inventarisierung aller Vermögensgegenstände den Zangmeisterkonkurs, Westermann, VSWG 6, 480 und den Höchstetterkonkurs, Kern, Studien, S. 186. 200 Lutz, S. 460, 461.

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(a) Die Aussagen im Weißhaupt-Schreiber-Ditmarvertrag von 1491 und im Haug-Linckvertrag von 1547 zum Haftungsumfang nach Meinung Strieders Aus der Regelung des Weißhaupt-Schreiber-Ditmarvertrages von 1491, „Ob wir aber alle drey in vorgenannter zeite erstärben, das alles zu gott statt, so sollen unnser aller dreyen erben ain ander die schulden unnd alles annders unser gesellschaft antreffend helfen inziehen, deßgleichen bezalen und handeln wie sich inen zu gutt geburen wirdet, uff ir aller gemain costen und schaden ungevarlich." 2 0 1 und des Haug-Linckvertrages von 1547, „So sollen wir alsdann alle des handls Sachen freintlich mit ainand abrechnen und unserem iedem waß im in dem allem von rechts und billichait wegen zugehört und gepueren thuet an parschafft pfenwert schulden und anders was dan verhanden volgen und zusten lassen und waß sich in dieser unserer abtailung fur Creditori finden thuet die all sollen wir samtlich zu bezallen verbunden bliben gantzlich abzuzallen biß auff den losen pfenning also manigcklich verclagpar hall. „ «202 ten. schließt Strieder auf das Bestehen eines unbeschränkten persönlichen Haftungsumfanges der Gesellschafter. 203 Als wesentlichen Anhaltspunkt hierfür sieht er insbesondere die Schlußformulierungen an, wonach ein Ausgleich „uff ir aller gemain kosten und schaden ungewarlich" erfolgen soll, bzw. alle Gesellschafter sollen „samentlich zu bezallen verpunden bliben gantzlich abzuzallen." 204 Dabei übersieht er beim Weishaupt-Schreibervertrag jedoch, daß sich diese Regelung an die Erben richtet und eine Festlegung für den Fall trifft, daß alle Gesellschafter verstorben sind. Entsprechend läßt diese m.E. keinen Rückschluß auf den generellen Haftungsumfang der Gesellschafter 205

ZU. Gegenstand der Bestimmung des Haugvertrages ist die Auseinandersetzung der Gesellschaft im Falle der NichtVerlängerung des Gesellschaftsvertrages. Auch hier erscheint es sehr fraglich, ob man aus dieser Regelung eines sehr speziellen Sonderfalles, und als solchen muß man die Liquidation der Gesellschaft wohl ansehen, Rückschlüsse auf den generellen Haftungsumfang für die normalen Geschäftsaktivitäten überhaupt ziehen kann. Des weiteren ist festzustellen, daß die Regelung ausdrücklich nur das Innen201

Lutz, Urkundsband, S. 16, Z. 223-226. Lutz, Urkundsband, S. 126, Z. 93-102. 203 Strieder, 2 Gesellschaftsverträge, S. 56/57. 204 Strieder, 2 Gesellschaftsverträge, S. 56. 205 Siehe hierzu auch die kritische Anmerkung von Apelbaum, Handelsgesellschaften, S. 94. 202

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Verhältnis zwischen den Gesellschaftern betrifft und keine Drittwirkung vorgesehen ist. Diese ergibt sich höchstens inzidenter aus der Statuierung einer gemeinsamen Zahlungsverpflichtung, die notwendigerweise gegenüber Dritten als Gesellschaftsgläubigern zu erfüllen ist. Daß man für den Fall der Liquidation davon ausgegangen ist, und dies auch so vereinbart wurde, daß die Gesellschafter verpflichtet waren, alle Gesellschaftsverbindlichkeiten auszugleichen, versteht sich m.E. von selber, hier kommt, anders als bei der Frage des generellen Haftungsumfanges, kaum eine andere Konsequenz sachlich in Bertracht. Aufgrund dessen erscheint es kaum vertretbar, aus dieser sehr speziellen Regelung einen Rückschluß auf das Bestehen eines generell unbeschränkten Umfanges der Haftung der Gesellschafter zu ziehen. (b) Die Feststellungen Peterkas zum Haftungsumfang in den Fuggerverträgen von 1494 und 1512 Aus zwei Formulierungen der Fuggerverträge entnimmt Peterka ebenfalls Anhaltspunkte für das Bestehen eines unbeschränkten Haftungsumfanges der Gesellschafter. Zum einen verweist er auf die schon genannte 206 Vertretungsregelung des Fuggervertrages von 1512, wo für die Neffen von Jakob Fugger „dem Reichen" als allein handlungsberechtigtem Gesellschafter festgelegt wird, daß sie für alle von diesem im Rahmen der Gesellschaft begründeten Verpflichtungen „mit ihm pflichtig und das zu vollziehen verbunden sein sollen." Zum anderen sieht er die umfangreiche Vertretungsbefugnis jedes Gesellschafters, die, wie schon dargestellt, 207 im Fuggervertrages von 1494 geregelt ist, als wesentliches Moment eines unbeschränkten Haftungsumfanges an. 2 0 8 Anders als bei den von Strieder genannten Liquidationsregelungen, kann man diese Regelungen zumindest als Indizien für das Bestehen eines unbeschränkten Umfanges der Haftung ansehen. Wären die Vertragsschließenden von einer irgendwie gearteten Beschränkung der Haftung ausgegangen, so hätten sie andere Regelungen treffen müssen als die genannten, die gerade vorsehen, daß die an einem Rechtsgeschäft eines ihrer Mitgesellschafter in Gesellschaftsangelegenheiten nicht Beteiligten, aus diesem in vollem Umfang verpflichtet sein sollen. Auch die Festlegung des Fuggervertrages von 1494, wonach das rechtsgeschäftliche Handeln eines der Gesellschafter so anzusehen sein soll, als ob alle Gesellschafter gemeinsam gehandelt hätten, läßt einen Rückschluß auf einen unbeschränkten Haftungsumfang zu. Zwar erscheint die Annahme von Peterka, daß mit dieser Regelung systematisch die Fiktion eines Gesamthandsverhältnisses 206 207 208 5 Thomas

Siehe hierzu oben, 2 a) aa) (10). Siehe hierzu oben, 2 a) aa) (1). Peterka ZHR 73, 399, 400.

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vorgenommen w i r d , 2 0 9 m.E. als zu weitgehend, geht man aber von Grundsatz einer unbeschränkten Haftung des Einzelnen für von ihm eingegangene Verbindlichkeiten aus, 2 1 0 so ist diese die Konsequenz der Anordnung, daß das Rechtsgeschäft des Mitgesellschafters so anzusehen sein soll, als ob alle Gesellschafter daran beteiligt waren, da alle Kontrahierenden für die damit entstehende Eigenverbindlichkeit entsprechend haften. (c) Anhaltspunkte für einen unbeschränkten Haftungsumfang in weiteren Gesellschaftsverträgen Überprüft man, den Überlegungen Peterkas folgend, weitere Vertretungsregelungen in den Gesellschaftsverträgen auf ihre indizielle Aussage zum Haftungsumfang hin, so lassen sich weitere Hinweise finden. In der Vertretungsregelung des Haug-Linckvertrages von 1547 wird ebenfalls das rechtsgeschäftliche Handeln eines Gesellschafters den Folgen nach einem gemeinsamen der Gesellschafter gleichgestellt, wenn es heißt, daß dieses „auch so krefftig und stattlich geacht werden nicht weniger als ob wirs beidt samentlich mit einand gehandlt hettenn." 2 1 1 Einen recht eindeutigen Hinweis auf einen unbeschränkten Haftungsumfang enthält auch die Regelung des Scheurl-Behaim-Geislervertrages von 1540, wo im Falle eines einvernehmlichen Handelns zweier Gesellschafter für den Dritten vorgesehen ist, daß dieses ihn „auch binden und er dabey pleiben on Weigerung" 212 muß. Daraus folgt, daß der nicht kontrahierende Gesellschafter in vollem Umfang an das Rechtsgeschäft, und mithin auch seine Haftungsfolgen, gebunden ist, und ihm aus der Nichtbeteiligung an der Entscheidung über den Abschluß des Vertrages auch keine „Weigerung" und damit eine Haftungsbeschränkung oder gar ein gänzlicher Ausschluß möglich ist. Des weiteren heißt es im Fuggervertrag von 1532 für von Anton Fugger als „obristen Verwalter" abgeschlossene Geschäfte hinsichtlich der Neffen Raymund und Hieronimus:

209

Peterka ZHR 73, 400. Obwohl sich bzgl. des Haftungsumfanges seit dem Ausgangspunkt, der Verpflichtung des Schuldners zum bedingungslosen Einsatz seiner ganzen Person, eine Vielzahl von Einschränkungen historisch entwickelt haben, vgl. v. Gierke , Schuld u. Haftung, S. 72 f., wird eine unbeschränkte Haftung des Einzelnen für rechtsgeschäftliche Verbindlichkeiten immer als Regelfall angesehen, MüKo Kramer, Einl. §§ 241 f., Rz. 42; Larenz, AS, § 2 IV. 211 Lutz, Urkundsband, S. 125, Z. 69, 70; siehe auch oben, 2 a) aa) (4). 212 Lutz, Urkundsband, S. 118, Z. 79, 80; siehe auch oben, 2 a) aa) (8). 210

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„... das nichts dester minder solich verschreibungen, Verpflichtungen und handlungen darinn begriffen mich Raymunden und mich Jheronimen und also uns alldrey mit ainander nicht dester minder auch binden .. ,". 2 1 3 Hier ist demnach ebenfalls, sogar ausdrücklich, für die eingegangenen Verpflichtungen eine volle Bindungswirkung hinsichtlich der Neffen Anton Fuggers als den nicht handelnden Mitgesellschaftern vereinbart worden. Als, zwar unausgesprochener, aber notwendiger, Konsequenz einer solchen Bindung, und damit einer individuellen Schuldverpflichtung auch der Mitgesellschafter, muß man von einem für solche grundsätzlich bestehenden unbeschränkten Haftungsumfang 214 ausgehen. Obwohl demnach ausdrückliche Bestimmungen zur Haftungsfrage fehlen, so ist zusammenfassend doch festzustellen, daß sich aus verschiedenen Regelungen der Gesellschaftsverträge durchaus Anhaltspunkte für einen unbeschränkten Umfang der Haftung ergeben. 215 (2) Fehlen weiterer Quellennachweise; unbeschränkte, solidarische Haftung der Fernhandelsgesellschafter nach herrschender Auffassung (a) Fehlen weiterer Quellennachweise zum Haftungsumfang Auch hinsichtlich des Umfanges der Haftung der Fernhandelsgesellschafter ist, wie auch bzgl. des Bestehens einer Verpflichtungswirkung, 216 festzustellen, daß außerhalb der Konkurse keine weiteren Quellen zu dieser Frage zu finden sind. 2 1 7 Lediglich für die Basler Handelsgesellschaften ergibt sich aus den von Apelbaum dargestellten Fällen 2 1 8 jedenfalls das Vorliegen eines unbeschränkten, solidarischen Haftungsumfanges der Gesellschafter. 219 Im Fall der Klage des Ludwig Dittlinger gegen Adam Lampff wird dieser zur Zahlung der gesamten Verbindlichkeit verurteilt, die durch den Mitgesellschafter Heischhannes begründet worden ist, und haftet demnach unbeschränkt 213

Lutz, Urkundsband, S. 118, Z. 245-247; siehe auch oben, 2 a) aa) (9). Siehe oben, 2 a) aa) (9). 215 Die Feststellung von Servos , S. 8, daß die Verträge die unbeschränkte Haftung schon generell „kannten" erscheint in dieser Allgemeinheit allerdings als unzutreffend. 216 Siehe oben, 2 a) cc) (3). 217 Schulte, Geschichte, S. 90 f.; Lehmann, Lehrbuch, S. 287, sowie oben, 2 a) cc); Rehme ZRG GA 27, 515, 517 m.w.N.; Für die italienischen Handelsgesellschaften liegen solche Nachweise allerdings vor, vgl. Bauer Unternehmungen, S. 138, Anm. 19; Lutz S. 463 verweist auf das Beispiel des Vertrages der Peruzzi. 218 Siehe hierzu oben, 2 a) cc) (3). 219 Apelbaum, Handelsgesellschaften, S. 83 f. 214

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und solidarisch. 220 Ebenso wird der Einwand des Wilhelm Diethelm, daß er entsprechend seinem Gesellschaftsanteil nur zur hälftigen Bezahlung einer zusammen mit seinem Mitgesellschafter Muspach abgeschlossenen Verbindlichkeit verpflichtet sei, vom Handelsgericht verworfen. Er wird vielmehr zur Zahlung des gesamten Betrages an den Gesellschaftsgläubiger Benz Keller verurteilt. 221 Auch hieraus folgt das Bestehen eines unbeschränkten, solidarischen, weil für die gesamte Verbindlichkeit und von der Einlage unabhängigen Haftungsumfanges. 222 (b) Unbeschränkter und solidarischer Umfang der Haftung nach herrschender Auffassung Wie bereits zum Teil im Rahmen der Untersuchung der Frage der Verpflichtungswirkung dargestellt, 223 wird heute in der Literatur davon ausgegangen, daß eine allgemeine Haftung der Fernhandelsgesellschafter für im Rahmen des gesellschaftlichen Geschäftsbetriebes eingegangene Verbindlichkeiten bestand. 224 Dem Umfang nach wird dabei von einer unbeschränkten und solidarischen Haftung ausgegangen.225 Begründet wird diese Ansicht angesichts des nicht ergiebigen Quellenmaterials zur Haftungsfrage 226 im wesentlichen mit drei Überlegungen. Zunächst wird dies, wie auch die Annahme des Bestehens einer haftungsbegründenden Vertretungswirkung, 227 aus der historischen Weiterentwicklung der Vergesellschaftung vor dem Hintergrund der sich ausweitenden Kreditgeschäfte und den damit verbundenen Erfordernissen des Handels hergeleitet. 228 Als deren Ausgangspunkt wird dabei das römisch rechtliche Grundmodell der societas omnium bonorum, als der nach dem Tode des Familienvaters fortgesetzten ungeteilten Erbengemeinschaft angesehen. 229 Dieses wurde später auch auf die Weiterführung der Geschäfte durch entfernter 220

Ger.-Arch. A 35. 1486, Apelbaum, Handelsgesellschaften, S. 83. Ger.-Arch. A 15. 1419, Apelbaum, Handelsgesellschaften, S. 85. 222 Apelbaum., Handelsgesellschaften, S. 85. 223 Siehe oben, 2 a). 224 Silberschmidt, Kumpanie, S. 45; Servos, S. 7 m.w.N.; Lutz, S. 461 f.; Rehme ZRG GA 27, 517, 518 m.w.N.; Strieder, 2 Gesellschaftsverträge, S. 55. 225 Bauer, Unternehmungen, S. 31, 76,77; Rehme ZRG GA 27, 518 m.w.N.; Lutz, S. 72, 463. 226 Bauer, Unternehmungen, S. 31, Fn 19; Rehme ZRG GA 27, 515. 227 Siehe hierzu oben, 2 a). 228 Schmoller, Jahrbuch, S. 372 f.; Lehmann, Lehrbuch, S. 286 f.; Strieder, 2 Gesellschafts Verträge, S. 6 f.; so wohl auch im Ergebnis: Schmidt, Stadtrechte, S. 69 f. 229 Käser, S. 573; Schmidt, Stadtrechte, S. 39 f. 221

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verwandte Familienmitglieder angewandt und übertragen. 230 Aufgrund der damit verbundenen allgemeinen Gütergemeinschaft legte diese historische Gesellschaftsform allerdings eine pro rata Haftung der Beteiligten nahe. 2 3 1 Wie unten noch näher darzustellen, 232 wird im Zuge der Rezeption des römischen Rechtes entsprechend den Bedürfnissen des stark expandierenden Handels das Bestehen einer Verpflichtungswirkung sowie ein entsprechender Haftungsumfang aus der gewohnheitsrechtlichen Anerkennung einer sog. praeposito institoria geschlossen, 233 was entsprechend auch für die, zwar schon vertraglich organisierten, aber noch sehr stark familiär geprägt e n 2 3 4 Fernhandelsgesellschaften angenommen wird. Des weiteren wird das Bestehen dieses Haftungsumfanges für die Hauptgesellschafter als erstem dort angesprochenem Personenkreis, 235 mit der Anordnung einer Haftungsbeschränkung für den zweiten genannten Kreis der Einlagesellschafter durch das Privileg Friedrich III. von 1464 begründet. 2 3 6 Dabei muß man diesen Haftungsumfang wohl zutreffend als dessen, wie L u t z 2 3 7 es bezeichnet, „negative Aussage" ansehen. Das Eingreifen des Privileges durch die Anordnung einer Haftungsbeschränkung legt es nahe, daß der Zustand, in den aufgrund des in der narratio genannten Umstandes eingegriffen werden sollte, in der Tat der des grundsätzlichen Bestehens einer aufgrund einer Verpflichtung durch das rechtsgeschäftliche Handeln eintretenden unbeschränkten Haftung aller Gesellschafter w a r . 2 3 8 Als stärkstes Nachweiskriterium für die allgemeine Haftung und insbesondere auch den unbeschränkten Haftungsumfang wird schließlich die Behandlung der Hauptgesellschafter angesehen, wie sie sich aus den Unterlagen über die Konkurse der Fernhandelsgesellschaften ersehen läßt. 2 3 9 In 230

Lastig, Handbuch, S 329 f.; Schmoller; Jahrbuch, S. 379; Lehmann, Lehrbuch, S. 286; Silberschmidt, Kumpanie, S. 66; Lastig, ZHR 24, 436; Schmied, Frühkapitalismus, S. 34, 35; Weber, Handelsgesellschaften, S. 66; Strieder, 2 Gesellschaftsverträge, S. 5; Hacmann ZHR 69, 90 f. 231 Schmidt, Stadtrechte, S. 73; Weber, Handelsgesellschaften, S. 154 f. m.w.N. 232 Siehe hierzu unten, C IV. 1. 233 Goldschmidt, Universalgeschichte, S. 279 f.; Lehmann, Lehrbuch, S. 283. 234 Schmoller, Jahrbuch, S. 385 u. 387; Schmidt, 3 f., 8; Strieder, 2 Gesellschaftsverträge, S. 8; Ehrenberg /Rehme, S. 168, 169. 235 Siehe oben, 2 a) cc) (4). 236 Kammerer, S. 135; Rehme ZRG GA 27, 537; Schmied, Frühkapitalismus, S. 64; Silberschmidt, Kumpanie, S. 66, 67; Schimke, S. 58; Bauer, Unternehmungen, S. 170, Fn. 95; Lutz, S. 78, 79. 237 Lutz, S. 79. 238 Kammerer, S. 135; Silberschmidt, Kumpanie, S. 66, 67; Schimke, S. 58; Bauer, Unternehmungen, S. 170, Fn. 95; Lutz, S. 78, 79. 239 Schulte, Geschichte, S. 91, 92; Lutz, S. 467; Bauer, Unternehmungen, S. 80 u. 171 Anm. 98; Kammerer, S. 290 m.w.N.

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allen inzwischen ausgewerteten Fällen sind die Gesellschafter in vollem Umfang für die Gesellschaftsverbindlichkeiten haftbar gemacht worden. 2 4 0 Obwohl es nicht wenige Versuche gegeben haben wird, eine Haftungsbeschränkung zu erreichen, 241 ist kein Fall bekannt, bei dem nicht ein unbeschränkter, solidarischer Umfang der Haftung aller Hauptgesellschafter der in Konkurs gegangenen Gesellschaft nachweisbar ist. Auch wenn der Haftungsumfang der Gesellschafter im Konkursfall nicht zwingend der gleiche gewesen sein muß, wie der außerhalb eines Konkurses, so erscheint ein identischer Umfang doch zumindest in hohem Maße wahrscheinlich. (3) Zusammenfassende Bewertung der Ergebnisse zum Haftungsumfang Auch wenn somit eindeutige Quellennachweise zum Haftungsumfang außerhalb der Konkurse der Fernhandelsgesellschaften fehlen, so muß man aufgrund der Überlegungen zur Stellung der Gesellschaften im historischen Entwicklungsprozeß der Vergesellschaftung, dem Inhalt des Privileges und den Ergebnissen der Auswertung der Konkurse als Gesamtergebnis festhalten, daß ein unbeschränkter und solidarischer Haftungsumfang für die Hauptgesellschafter der Fernhandelsgesellschaften bestand. Dieses wird durch entsprechende Anhaltspunkte in einzelnen Gesellschaftsverträgen ergänzend bestätigt. bb) Haftungsobjekt (1) Vermögen und Person als Haftungsobjekte der allgemeinen Auffassung im Mittelalter

entsprechend

Untersucht man zunächst die Gesellschaftsverträge, so finden sich keine Aussagen zum Haftungsobjekt, der Frage also, auf was als Gegenstand der festgestellten unbeschränkten, solidarischen Haftung der Hauptgesellschafter die Gläubiger Zugriff hatten. Lediglich Strieder glaubt aus der schon genannten Passage 242 des Weißhauptvertrages das Bestehen einer „persönlichen" Haftung der Gesellschafter herleiten zu können. 2 4 3 Da der Begriff ohne nähere erklärende Konkretisierung verwendet wird, versteht er diese wohl entsprechend dem modernen 240

Siehe hierzu die Übersicht bei Lutz, S. 465. Vgl. den Hinweis von Lutz, S. 467 auf den Versuch der Familie Zangmeister, im Rahmen des Konkurses die Rückforderung einer aus privaten Mittel vorgenommenen Anleihe aus der Konkursmasse herauszuhalten, Westermann, Zahlungseinstellung, S. 492 f. 242 Siehe oben 2 a) aa) (1) (a). 243 Strieder, 2 Gesellschaftsverträge, S. 56. 241

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Sprachgebrauch 244 als allgemeine Haftung des gesamten Vermögens. Wie bereits dargestellt, 245 sieht die angeführte Bestimmung hingegen Regelungen für die Erben der Gesellschafter für den Fall vor, daß diese alle vor dem vertraglich vereinbarten Ende der Gesellschaft versterben und läßt daher keinen Rückschluß auf die Haftungssituation der Gesellschafter zu. Hinweise zur Frage des Objektes der Haftung der Fernhandelsgesellschafter ergeben sich des weiteren weder aus den von Apelbaum zur Haftungsfrage der Basler Gesellschaften gefundenen Fällen aufgrund der Gerichtsprotokolle, noch aus sonstigen Quellen. In der Literatur finden sich im Rahmen der ansonsten recht intensiven Diskussion und relativ breiten Behandlung der historischen Entwicklung der Gesellschafterhaftung, insbesondere deren Inhalt und Umfang, keine näheren Darstellungen zur Frage des Haftungsobjektes. Lediglich aus einigen knappen Hinweisen, ohne genauere Begründung oder nähere Erörterung, im Rahmen von ausführlicheren Untersuchungen des Haftungsumfanges ist zu entnehmen, daß eine persönliche Haftung der Gesellschafter angenommen wird, deren Haftungsobjekt jedenfalls das gesamte Privatvermögen w a r . 2 4 6 Aufgrund dessen muß man davon ausgehen, daß wohl nicht von einer Abweichung von der normalen Situation bzgl. der Haftungsobjekte im Mittelalter ausgegangen wird. Für die drei Arten der bürgerlichen Klage, die Klage um Schuld (Geldschuld), die Klage um Gut (bewegliches Gut) und die Klage um Eigen und Erbe (Liegenschaften) erfolgte danach, auf eine entsprechende Verurteilung hin, im Wege der öffentliche Vollstreckung eine Pfändung in das bewegliche und unbewegliche Vermögen. Daneben war aber auch der Schuldner selbst im Sinne einer echten „persönlichen" Haftung mit seiner Person dem Zugriff eines Gläubigers ausgesetzt. 247 Möglicherweise liegt in dieser Systematik auch eine Erklärung dafür, warum die Frage der Haftung offensichtlich keine so große Bedeutung in dieser Zeit gehabt hat, wie dies heute der Fall i s t . 2 4 8 Wenn ein Gläubiger 244 Larenz, AS, § 2 IV; Esser-Schmidt, AS, § 7 IV, 1.; MüKo Kramer, Einl. §§ 241 f., Rz. 42. 245 Siehe oben 2 a) aa) (1) (a). 246 Schmoller, Jahrbuch, S. 378, spricht inzidenter die Haftung des Privatvermögens an; Goldschmidt, Universalgeschichte, S. 288, nennt im Rahmen der Darstellung der historischen Entwicklung der Vergesellschaftungsformen über das Gesellschaftsvermögen hinaus die Person und das Privatvermögen als Haftungsobjekt; Weber, Handelsgesellschaften, S. 61 f. spricht, allerdings im Zusammenhang mit italienischen Handelsgesellschaften, von „persönlicher" Haftung. 247 Westermann, VSWG 6, 480; Kern, Studien, S. 195; v. Gierke, Schuld und Haftung, S. 64 f. m.w.N.; Conrad, Rechtsgeschichte, Bd. I, S. 388 f. 248 Ehrenberg/Rehme, S. 167, Anm. 163; Schulte, Geschichte, S. 89; Rehme ZRG GA 27.

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C. Die Gesellschafterhaftung vom späten Mittelalter bis zur Neuzeit

die Möglichkeit hatte, seinen Schuldner in u.U. lebenslange Schuldhaft zu nehmen, 249 so wird diese gravierende Sanktion regelmäßig dazu geführt haben, daß dieser seine Verbindlichkeiten zu deren Vermeidung regelmäßig beglichen hat und sein Vermögen entsprechend eingesetzt hat. 2 5 0 (2) Untersuchung der Konkursunterlagen

zur Frage des Haftungsobjektes

Das Vorliegen einer persönlichen Haftung sieht Lutz auch durch die Verläufe der Bankrotte von Fernhandelsgesellschaften bestätigt. 251 Einschränkend weist er jedoch darauf hin, daß in einigen Fällen es den in Konkurs gegangenen Gesellschaftern gelungen ist, Grundbesitz aus dem Konkurs „zu retten". Als Gründe hierfür vermutet er die Rechtszersplitterung in dieser Zeit und die damit verbundenen Schwierigkeiten zur Erfassung der Konkursmasse. 252 Eine genaue Überprüfung der Unterlagen der Konkurse ergibt, daß die Gläubiger offensichtlich als Reaktion auf das Bekanntwerden der Illiquidität nicht versucht haben, eine Titulierung ihrer Forderungen zu erreichen, um dann im Wege der Zwangsvollstreckung auf das verbleibende bewegliche oder unbewegliche Privatvermögen der Gesellschafter zuzugreifen. Über das für den Fall der Zahlungsunfähigkeit zu Sicherungszwecken vorgesehene Arrestverfahrens, das sowohl die Person als auch das Vermögen erfaßte, 253 wurde vielmehr Druck auf den Schuldner selber ausgeübt. Jeder Gläubiger hatte in dessen Rahmen das Recht, diesen in Haft nehmen zu lassen, bis seine Forderung ausgeglichen war, oder ein entsprechendes Abkommen zwischen den Beteiligten zustande k a m . 2 5 4 Entsprechend ergibt sich aus den Unterlagen, daß in fast allen Konkursfällen eine Inhaftierung der Hauptgesellschafter erfolgt ist. 2 5 5 Da diese sich überwiegend nicht der drastischen Konsequenz des Verlustes der persönlichen Freiheit durch 249

Vgl. auch für die Basler Handelsgesellschaften den Fall des Hans Waltenheim, der ebenfalls versuchte eine Verhaftung des Schuldners Rudolf von Riff wegen einer Verbindlichkeit zu erreichen, Apelbaum, Handelsgesellschaften, S. 102, sowie die Urkunde Ρ 38, S. 138. 250 Diese Überlegung bestätigt allgemein: v. Gierke , Schuld und Haftung, S. 75, Fn. 107. 251 Lutz, S. 467, des weiteren spricht er auf S. 463 von einer „persönlichen" Haftung der Gesellschafter und meint damit entsprechend der heutigen Terminologie wohl eine allgemeine Vermögenshaftung. 252 Lutz, S. 467. 253 Conrad, Rechtsgeschichte, Bd. I, S. 388. 254 Westermann, VSWG 6, 480; Kern, Studien, S. 195, der auf die Folge der „perpetuas carceres" bei Zahlungsunfähigkeit hinweist; Zur allgemeinen historischen Entwicklung der Haftungsobjekte Person und Vermögen vgl. die ausführliche Darstellung bei v. Gierke, Schuld u. Haftung, S. 64 f.

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Flucht entzogen haben oder konnten, 2 5 6 bestand für sie der Zwang, für die Wiedererlangung der Freiheit ihr gesamtes Privatvermögen zur Befriedigung der Gläubiger einzusetzen bzw. eine Vergleichsvereinbarung mit diesen zu schließen. Es fand entsprechend eine Arrestierung und Inventarisierung der Vermögensgegenstände zur Sicherstellung einer gleichmäßigen Befriedigung aller Gläubiger und zur Dokumentation des noch vorhandenen Vermögens als Grundlage der Vergleichsverhandlungen mit den Gläubigern statt. 2 5 7 Die Entscheidung über den Einsatz des Privatvermögens und auch die Verfügungsmacht zur tatsächliche Verwertung oblag während des Arrestes jedoch nach wie vor den Hauptgesellschaftern als Schuldnern. 258 Dies zeigt sich für das bewegliche Vermögen deutlich an dem Vergleichsangebot der Gebrüder Zangmeister an die Gläubiger, diesen „alle ihre Habe und Güter, Waren und Schulden sammt allen Handelsbüchern und was sie haben und vermögen" zu übergeben. 259 Das Angebot einer Übergabe bestätigt dabei, daß die Gläubiger selbst offensichtlich keine direkte Zugriffsmöglichkeit, insbesondere aber nicht auf das Privatvermögen hatten. 2 6 0 Für das Immobilienvermögen ergibt sich dies aus dem Fall des Johann Georg Paumgartner der, nachdem er zunächst geflohen war, erst nachdem er die Stadt Augsburg wieder betreten hatte, in Schuldhaft genommen wurde und dann fünf Jahre lang darin verblieb, da er sich weigerte seinen Immobilienbesitz zur Schuldentilgung einzusetzen. 261 Erst nach einer Eini255 So beim Zangmeisterkonkurs, Westermann VSWG 6, 480 f., beim Höchstetterkonkurs, Kern, Studien, S. 195, beim Konkurs der Hauggesellschaft, Hassler, S. 32 f., beim Weiserkonkurs, Müller, Weiserkonkurs, S. 219, bei den Paumgartnern wird nur Johann Georg in Schuldhaft genommen, seinem Bruder David gelingt es unter Einsatz seines erheblichen Grundbesitzes diese zu vermeiden, er wird 1567 wegen Adelsverschwörung hingerichtet, Krag, Paumgartner, S. 114, 115. 256 Dennoch war die Flucht die wohl „gängige" Reaktion bei Zahlungsschwierigkeiten, was ja auch die Erteilung des Privileges Friedrich III. ausweislich der narratio mitveranlaßte, siehe hierzu oben, 2. b) ee), sowie Lutz, S. 468; Westermann VSWG 6, 480. 257 Vgl. für den Zangmeisterkonkurs: Westermann, VSWG 6, 480; für den Höchstetterkonkurs: Kern, Studien, S. 186. 258 vgl. den Fall des Mathäus Haug, Hassler, S. 32, der sein gesamtes Vermögen einsetzen mußte; ebenso David Paumgartner, Krag, Paumgartner, S. 117. 259

Westermann, VSWG 6, 496, 497, Supplikation der Gebrüder Zangmeister an den Rat v. Memmingen 25. 9. 1560; dies folgt auch aus dem Hinweis S. 499, ein Zugriff war trotz der Gefahr der Masseschmälerung durch das Verderben der Ware offensichtlich nicht möglich. 260 Im Rahmen der oftmals heftigen Reaktionen der Gläubiger auf das Bekanntwerden der Zahlungsunfähigkeit hat es wohl dennoch, insbesondere außerhalb der Stadt, in der die in Konkurs gegangene Fernhandelsgesellschaft ihren Sitz hatte, Übergriffe auf Güter und Waren der Gesellschaft gegeben, vgl. für den Haugkonkurs: Hassler, S. 33, wo von Beschlagnahmen durch die Gesellschaftgläubiger berichtet wird.

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C. Die Gesellschafterhaftung vom späten Mittelalter bis zur Neuzeit

gung mit den Gläubigern kam es dann zu einer Übertragung von Immobilien. Das Fehlen einer eigenen Zugriffsmöglichkeit der Gläubiger ergibt sich auch aus weiteren Darstellungen hinsichtlich des Schicksals des z.T. erheblichen Immobilienvermögens von Gesellschaftern 262 von in Konkurs gegangenen Gesellschaften. In allen Fällen in denen Grundbesitz zur Schuldentilgung verwertet wurde, geschah dies aufgrund einer aktiven Verwertungshandlung, sei es aufgrund einer z.T. vor der Zahlungsunfähigkeit vorgenommenen Verpfändung oder eines Verkaufes seitens des Gesellschafters. 2 6 3 Als Ergebnis der Auswertung von Quellen zu Konkursen ist somit festzuhalten, daß die Gläubiger nicht von der Möglichkeit einer Forderungstitulierung mit einem anschließendem Zugriff auf das verbleibende Privatvermögen im Wege der Zwangsvollstreckung Gebrauch gemacht haben. Vielmehr wurden die Hauptgesellschafter dem Zwang ausgesetzt, zur Vermeidung der gravierenden Folgen einer drohenden, u.U. lebenslangen, Inhaftierung, dieses zur Befriedigung der Gläubiger einzusetzen. Aufgrunddessen wird nachvollziehbar, warum es, neben den von Lutz genannten Gründen, 264 insbesondere den Schwierigkeiten bei der Erfassung der Masse, in einigen Fällen den in Konkurs gegangenen Gesellschaftern gelungen ist Vermögensgegenstände, insbesondere Forderungen und Immobilienbesitz, 265 aus dem Konkurs zu retten. Es stand im Verhandlungsgeschick der Schuldner und Gesellschafter zur Vermeidung oder Beendigung der Inhaftierung, mit den Gläubigern eine vergleichsweise Regelung herbeizuführen. Nicht in allen Fällen ist es dabei offensichtlich erforderlich gewesen, das gesamte Vermögen einzusetzen. Aufgrund der Konkursverfahren ergibt sich daher, daß hier das gesamte Privatvermögen gewissermaßen nur mittelbares Haftungsobjekt war, weil die Gesellschafter nur durch den über das Arrestverfahren drohenden Zugriff auf ihre Person und den Verlust der persönlichen Freiheit gezwungen waren, dieses zur Befriedigung der Gläubiger einzusetzen.

261

Krag, Paumgartner, S. 116, 117, seinem Bruder David hingegen gelang es u. a. wegen des Einsatzes des Grundbesitzes die Schuldhaft zu vermeiden. 262 yg| fü r die Hauggesellschaft, Hassler, S. 46 f.; für die Höchstettergesellschaft, Kern, Studien, S. 181 f., der ausführlich auch auf die verschiedenen Funktionen der Kapitalanlage in Immobilien eingeht. 263

Krag, Paumgartner, S. I l l f.; Hassler, 46 f. Lutz, S. 467. 265 Westermann, VSWG 6, 503, wonach beim Zangmeisterkonkurs den Gesellschaftern privater Immobilienbesitz und Forderungen, u.a. bzgl. Mühlenzins und aus künftigen Erbschaften, verbleiben; Krag, Paumgartner S. 114; Lutz, S. 467. 264

I. Gesellschafterhaftung der süddeutschen Fernhandelsgesellschaften

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c) Einlagegesellschafter aa) Haftungsumfang und Inhalt (1) Die Regelung des Höchstettervertrages

von 1524

Wie bereits dargestellt finden sich in den Gesellschaftsverträgen überhaupt nur wenige Regelungen bzgl. der Kapitaleinlagen zu Gewinn und Verlust. 266 Aus der einzigen Bestimmung zur Haftungsfrage im Höchstettervertrag von 1524, die regelt, daß die Einlagegesellschafter „auch verpflichtet sendt nach ab und an ires hauptgutz", 267 schließt Bauer, neben einer Teilnahme der Einlagegesellschafter an der allgemeinen Gesellschafterhaftung, auf einen beschränkten Haftungsumfang dergestalt, daß nur eine Haftung mit der Einlage bestand. 268 Nähere Ausführungen zu Inhalt oder Ausgestaltung dieser beschränkten Haftung fehlen allerdings. Aufgrund dessen steht zu vermuten, daß damit eine beschränkte Haftung mit der Einlage entsprechend der heutigen Systematik gemeint ist. Danach wäre mit Einzahlung der Einlage in das Vermögen der Gesellschaft jegliche weitere Haftung des Gesellschafters und seines Privatvermögens ausgeschlossen, der Verlust der im Gesellschaftsvermögen befindlichen Einlage wäre das maximale Haftungsrisiko. 269 Richtig ist diese Auffassung, die in der Literatur bislang unkommentiert geblieben ist, sicherlich insoweit, als mit der Regelung eine Beschränkung des Umfanges der Haftung in Relation zur Höhe der Einlage festgelegt und gewollt ist. Die Formulierung „nach ab und an ires hauptgutz" erscheint jedoch zu unklar, um daraus nähere Rückschlüsse auf die genaue Systematik und inhaltliche Gestaltung der Beschränkung der Haftung auf die Einlage vornehmen zu können. Unabhängig davon, daß sich aus der Vertragsbestimmung nicht eindeutig erkennen läßt, wie genau die Beschränkung orientiert an der Höhe der Einlage gewollt und gemeint war, so ist sie dennoch ein Nachweis für das Bestehen eines im Innenverhältnis vereinbarten beschränkten Haftungsumfanges der Einlagegesellschafter.

266 267 268 269

Vgl. oben 2 b). Lutz, Urkundsband, S. 42, Z. 107-116. Bauer, Unternehmungen, S. 159, Anm. 72. Wellkamp, Haftung, S. 99 f.; Baumbach/Hopt, HGB § 171 Rz. 1 f.

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C. Die Gesellschafterhaftung vom späten Mittelalter bis zur Neuzeit

(2) Aussagen in der Literatur zum beschränkten Haftungsumfang aufgrund des Privileges Friedrich III. von 1464 Für die Personen des zweiten angesprochenen Kreises, die Einleger zu Gewinn und Verlust, 270 regelt das Privileg Friedrich III. von 1464, daß sie bzgl. Gesellschaftverbindlichkeiten, die nicht von „dem hauptgut, das sy alle in der geselschaft hetten" bezahlt werden können, „nit mer zu bezalen phlichtig noch schuldig sein, dann allein sovil, als sich nach anzal ires zugelegten haubtguts gepuren". 271 In Ermangelung sonstiger weiterer Quellen 2 7 2 wird aufgrund dieser Regelung in der Literatur allgemein ein beschränkter Haftungsumfang der Einlagegesellschafter angenommen. Schmied interpretiert diese Anordnung dahingehend, daß nur eine subsidiäre Haftung der Einlagegesellschafter dergestalt bestanden hat, daß ein Zugriff auf deren Einlagen erst möglich war, wenn die Einlagen der Hauptgesellschafter nicht mehr vorhanden waren. 2 7 3 Anknüpfungspunkt dieser Überlegung ist dabei wohl die Bezugnahme in der Formulierung der Haftungsanordnung auf den Wegfall von Einlagemitteln der Gesellschaft. Er übersieht hingegen m.E, daß hier ausdrücklich vorgesehen ist, daß eine Begleichung der Verbindlichkeit aus den Einlagen nicht mehr möglich ist, die „sy alle", also beide Personenkreise und nicht nur die Hauptgesellschafter, der Gesellschaft zur Verfügung gestellt haben. 2 7 4 Unabhängig von dieser Überlegung ergeben sich aus dem Wortlaut des Privileges auch keine Anhaltspunkte für eine vorrangige Haftung des Gesellschaftsvermögen und einer nur subsidiären, wenn auch beschränkten Haftung der Einlagegesellschafter. Hinsichtlich der Art und Weise und des Umfanges der Beschränkung aufgrund des Privileges wird allgemein von einer auf die Einlage begrenzten Haftung ausgegangen.275 Die entsprechenden Feststellungen hierzu sind allerdings z.T. recht knapp und unpräzise und verzichten auf eine genaue Untersuchung der Formulierung des Privileges. 276 Insgesamt ist aber erkennbar, daß der Inhalt allgemein so verstanden wird, daß die Haftung der270

Siehe hierzu oben, 2 a) cc) (4). Bauer; Unternehmungen, Anhang Nr. 1, S. 129. 272 Siehe hierzu und zum Nachweis des Nichtbestehens einer Haftung der Einlagegesellschafter bei den Basler Handelsgesellschaften durch Apelbaum oben, 2 b). 273 Schmied, Frühkapitalismus, S. 64. 274 Vgl. den genauen Wortlaut des Privileges. 275 Bauer, Unternehmungen, S. 66; Anm. 95, S. 170; Rehme ZRG GA 27, 533 f., 565; Schmied, Frühkapitalismus, S. 64; Keutgen, VSWG 4, 606, 607; Kammerer, S. 136; Schmoller, Jahrbuch, S. 386; Lutz, S. 77, 78; Lastig, Handbuch, S. 718; Silberschmidt, Kumpanie, S. 66, 68; Schimke, S. 58; Mayer, S. 47. 271

I. Gesellschafterhaftung der süddeutschen Fernhandelsgesellschaften

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gestalt auf die Höhe des Betrages der Einlage beschränkt wird, daß das maximale Verlustrisiko sich auf die einmal an die Gesellschaft gezahlte Einlage belief. 2 7 7 Der Haftungsumfang soll danach im wesentlichen bereits der heutigen Systematik des HGBs für die Kommanditgesellschaft entsprochen haben. 278 (3) Betragsmäßige Beschränkung der Haftung der Einlagegesellschafter als Inhalt des Privileges Als Ergebnis einer näheren Untersuchung des Wortlautes des Privileges ergibt sich allerdings ein etwas differenzierteres Bild zu Inhalt und Umfang der Haftung der Einlagegesellschafter. Ausgehend von einer grundsätzlich gleichen Haftungssituation der beiden Gesellschafterkreise, 279 sieht die Formulierung des Privileges für den Fall vor, daß die Gesellschaft „verlust leyden und in schulde vallen wurde" und diese Schuld nicht bezahlt werden kann, von dem „hauptgut, das sy alle in der geselschafft hetten", daß dann eine Zahlungs- und Schuldverpflichtung nur „dann allein sovil, als sich nach anzal ires zugelegten hauptguts gepuren" bestehen soll. Die ausdrückliche Anknüpfung der Begrenzung der Eintrittsverpflichtung nach „anzal ires zugelegten hauptguts" an den Umstand, daß die Bezahlung nicht mehr aus den Einlagen beider Gesellschafterkreise erfolgen kann, läßt den Schluß zu, daß hier eine ergänzende Haftungsfestlegung durch den Privileggeber erfolgt ist. Danach erscheint eine zusätzliche, weitere Inanspruchnahme der Einlagegesellschafter in Höhe des Betrages der Einlage möglich, so daß das maximale Haftungs- und Verlustrisiko damit nicht auf die einmal gezahlte Einlage beschränkt wäre. 2 8 0 Hätte der Privileggeber diese Intention gehabt, so wäre dieses Ergebnis durch einen einfachen Hinweis darauf erreichbar gewesen, daß im Falle der nicht mehr bestehenden Möglichkeit einer Bezahlung von Verpflichtungen aus Einlagemitteln der 276

Vgl. die kurzen Hinweise bei Schmoller, Jahrbuch, S. 386; Silberschmidt, Kumpanie, S. 66 u. 68; Mayer, S. 34; sowie z.B. die Darstellung bei Lutz, S. 78, der zum einen im Anschluß an Bauer von einer Haftung nur mit der Einlage spricht und zum anderen von einer „anteilsmäßigen Haftung für Gesellschaftsschulden bis zur Höhe der Einlage" und dem Ausschluß einer darüberhinaus gehenden Haftung. 277 Rehme ZRG GA 27, 565; Kammerer; S. 136; Schmied, Frühkapitalismus, S. 64; Lastig, Handbuch, S. 719. 278 Diese Parallele ziehen ausdrücklich: Keutgen, VSWG 4, 606, 607; Schmied, Frühkapitalismus, S. 64, Fn. 3; auch Strieder, Organisationsformen, S. 103 spricht von kommanditischer Beteiligung. 279 Siehe hierzu oben, 2 b). 280 So aber wohl: Rehme ZRG GA 27, 565; Kammerer, S. 136; Schmied, Frühkapitalismus, S. 64; Lastig, Handbuch, S. 719.

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C. Die Gesellschafterhaftung vom späten Mittelalter bis zur Neuzeit

Gesellschaft keine darüber hinausgehende Haftung und Verpflichtung der Einlagegesellschafter bestehen sollte. Neben dem Verlust der an die Gesellschaft gezahlten Einlage, ergäbe sich rein nach dem Wortlaut des Privileges danach die Möglichkeit einer ergänzenden weiteren Inanspruchnahme und Haftung in Höhe des Betrages der Einlage. Lutz scheint die Regelung dabei in diese Richtung zu interpretieren, wenn er von einer nur anteilmäßigen Haftung für Gesellschaftsschulden bis zur Höhe der Einlage und dem Ausschluß einer darüberhinausgehenden Haftung spricht. 281 Auch wenn die Anknüpfung des beschränkten Haftungsumfanges an den Verbrauch der Gesellschaftermittel den Schluß auf eine Haftung der Einleger zu Gewinn und Verlust mit und zusätzlich in Höhe der Einlage zuläßt, so erscheint in Ermangelung von Nachweisen durch weitere Quellen eine eindeutige Aussage zum genauen Umfang der Haftungsbeschränkung durch das Privileg nicht möglich. Hinsichtlich der Annahme in der Literatur einer auf die eingezahlte Einlage begrenzten Haftung als Inhalt des Privileges ist festzustellen, daß diese auch von dem Versuch mitbeeinflußt sein worden mag, die Einlagegesellschafter bereits als Kommanditisten im Sinne der heutigen Rechtsverhältnisse 282 zu qualifizieren. Eine derartige Bewertung von historischen Verhältnissen unter Zugrundelegung von modernen Rechtsbegriffen erscheint jedoch grundsätzlich problematisch. 283 bb) Haftungsobjekt Mangels anderer Hinweise aufgrund von Quellen muß man davon ausgehen, daß Objekt der ohnehin bereits betragsmäßig beschränkten Haftung der Einlagegesellschafter entsprechend der allgemeinen Situation im ausgehenden Mittelalter das Vermögen und auch die Person des Schuldners waren. 2 8 4 Da im Rahmen der Konkurse keine Inanspruchnahme von Einlagegesellschaftern erfolgt ist, obwohl Regelungsanlaß des Privileges nach dessen narratio die Inanspruchnahme von Einlegern zu Gewinn und Verlust durch Gesellschaftsgläubiger war, ergeben sich insoweit keine ergänzenden An281 282

Fn. 3. 283

Lutz, S. 78 unter konkreter Bezugnahme auch auf diese Formulierung. So aber: Keutgen, VSWG 4, 606, 607; Schmied, Frühkapitalismus, S. 64,

Vgl. zu dieser grundsätzlichen Problematik: Rehme ZRG GA 27, 491 ff. mit zahlreichen weiteren Nachweisen. 284 Westermann, VSWG 6, 480; Kern, Studien, S. 195; v. Gierke, Schuld und Haftung, S. 64 f. m.w.N.; Conrad, Rechtsgeschichte, Bd. I, S. 388 f.

II. Die Haftung der Gesellschafter im Wirtschaftsraum der Hanse

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haltspunkte. Die Frage, ob auch gegenüber Einlagegesellschaftern die Möglichkeit bestand, diese durch den über das Arrestverfahren drohenden Verlust der persönlichen Freiheit zu zwingen, ihr Privatvermögen in Höhe ihrer Haftung einzusetzen, muß daher offen bleiben. Allein der Umstand, daß kein einziger Fall einer Inanspruchnahme eines Einlagegesellschafters bekannt geworden ist, spricht allerdings gegen eine solche Möglichkeit.

4. Zusammenfassung Als Ergebnis der Untersuchung der Haftungssituation bei den süddeutschen Fernhandelsgesellschaften ist festzuhalten, daß, auch wenn hierfür kein eindeutiger Nachweis aufgrund von Quellen möglich erscheint, eine VerpflichtungsWirkung infolge rechtsgeschäftlichen Handelns jedenfalls zu Lasten der beteiligten Hauptgesellschafter eintrat. Eine Betrachtung der Gesellschaften als rechtlich verselbständigte oder gar eigene juristische Personen mit der Folge des Eintrittes einer entsprechenden Wirkung auch für diese, ist nicht feststellbar. Auch existierte kein Gesellschaftsvermögen im Sinne eines eigenständigen, im Außenverhältnis auftretenden Haftungsobjektes, auf das die Haftung der Gesellschafter beschränkt oder beschränkbar war. Dem Umfang nach hafteten die Hauptgesellschafter aufgrund der eintretenden Verpflichtungswirkung infolge des rechtsgeschäftlichen Handelns unbeschränkt und solidarisch. Haftungsobjekt war dabei neben dem gesamten mobilen und immobilen Vermögen auch die Person der Gesellschafter selber, auf die die Gläubiger nach Verurteilung mit der Erzwingung einer Schuldhaft zugreifen konnte. Hinsichtlich der Gesellschafter mit Einlagen zu Gewinn und Verlust kann man insgesamt aufgrund der indiziellen Wirkung des Privileges Friedrich III. und der Regelung im Höchstettervertrag davon ausgehen, daß eine Verpflichtungswirkung auch zu ihren Lasten grundsätzlich bestand. Die aufgrund dieser eintretende Haftung der Einleger war nach Maßgabe des Privileges Friedrich III. von 1464 gegenüber den Gläubigern der Höhe der Einlage nach betragsmäßig beschränkt.

I I . Die Haftung der Gesellschafter im norddeutschen Wirtschaftsraum der Hanse Während die süddeutschen Gesellschaften zunächst nur von engen Verwandten und Familienangehörigen auf der Grundlage von Gesellschaftsverträgen gebildet wurden und ihre Entwicklung im 15. und 16. Jhd. geprägt war von einer zunehmenden Ausdehnung der Gesellschafterkreise auf im-

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C. Die Gesellschafterhaftung vom späten Mittelalter bis zur Neuzeit

mer weiter entfernte Familienangehörige, lagen bei den Gesellschaften im norddeutschen Wirtschaftsraum der Hanse überwiegend andere Verhältnisse vor. Hierüber sind als Quellen u.a. vorhanden, die von Pauli 2 8 5 und insbesondere von Rehme 2 8 6 ausgeweiteten Einträge des Stadtbuches der Stadt OfiÖ Lübeck, die Darstellungen und Abdrucke von Mollwo, Nirrnheim und Koppmann 2 8 9 der allerdings bereits im 14. Jahrhundert entstandenen Handlungsbücher der Kaufleute Wittenborg, Geldersen und Tölner, sowie die reformierten Stadtrechte, Hanserezesse und zahlreichen Rechtshandschriften des lübischen Rechtes. 290 Trotz dieser durchaus umfangreichen Unterlagen, ist insgesamt ein schon von Bauer konstatierter schlechter Zustand des Quellenmaterials 291 hinsichtlich der Grundlagen und historischen Entwicklung der Gesellschaften des norddeutschen und damit des hansischen Gebietes im Mittelalter, festzustellen. Entsprechend finden sich hierzu in der Literatur kaum einheitliche Auffassungen und Meinungen. 2 9 2 So besteht derzeit, auch wenn Keutgen 2 9 3 überzeugende Argumente gegen eine solche Einordnung gefunden hat, z.B. noch keine Einigkeit darüber, ob die gesellschaftlichen Aktivitäten der norddeutschen Kaufleute grundsätzlich als eine Beteiligung an sog. Gelegenheitsgesellschaften zu qualifizieren i s t . 2 9 4

1. Norddeutsche Handelszusammenschlüsse und Aktivitäten mit Gesellschaftscharakter Es ist als gesichert anzusehen, daß, während der süddeutsche Kaufmann sich zumeist mit mehreren Familienangehörigen oder Verwandten zu einer Handelsgesellschaft Zusammenschloß, die Kaufleute der Hanse sich in der Regel, 2 9 5 z.T. zeitgleich, an mehreren 296 Zusammenschlüssen zu Handelsaktivitäten beteiligten. 297 Für diese ist darüber hinaus eine wesentlich höhere Anzahl von Differenzierungen hinsichtlich der Gestaltung von Struk285

Pauli, Zustände, S. 148 f. Rehme; ZHR 42, 395 ff. 287 Mollwo, Wittenborg, S. 1 ff. 288 Nirrnheim, Geldersen, S. 1 ff. 289 Koppmann, Tölner, S. IX f. 290 Siehe hierzu auch die Übersicht bei Keutgen, VSWG 4, 471, 472 sowie Lehmann, ZHR 62, 304. 291 Bauer, Unternehmungen, S. 146, Anm. 34, der sich aufgrund des Zustandes der Forschung sogar veranlaßt gesehen hat, auf eine Untersuchung der Hansegesellschaften ganz zu verzichten. 292 Dies wird bei Durchsicht der Literatur, vgl. hierzu die Übersicht bei Keutgen VSWG 4, 471, deutlich; so auch Mollwo, Wittenborg, S. L. 293 Keutgen, VSWG 4, 502 f. 294 Siehe hierzu die Darstellung der Ansichten bei Hesse, S. 50, 51 m.w.N. 286

II. Die Haftung der Gesellschafter im Wirtschaftsraum der H a n s e 8 1 tur, Inhalt und Form als bei den Fernhandelsgesellschaften feststell- und nachweisbar. Diese Vielzahl der Gestaltungsformen hat in der Literatur, insbesondere für die Verhältnisse bis zum 15. Jhd., zu einer fast unüberschaubaren Auseinandersetzung über deren Charakter, Einordnung und Kategorisierung hinsichtlich der verschiedenen historischen Begriffe des Sendeves, der Commenda und der Widerlegung geführt. 298 Diese hier wenig hilfreichen Begrifflichkeiten entsprechend den Überlegungen von M a y e r 2 9 9 außer Acht lassend, sind daher zunächst die aus den Quellen ersichtlichen Zusammenschlußformen auf das Vorliegen einer Gesellschafterstellung 300 der hieran Beteiligten zu überprüfen. a) Allseitige Kapitaleinlage der Gesellschafter und Ausführung der Handelsgeschäfte durch nur einen Gesellschafter als häufigste Gesellschaftsform Wohl am häufigsten 301 sind anhand der Quellen aus dem Gebiet der Hanse Zusammenschlüsse nachweisbar, bei denen jeder der beteiligten Kaufleute Kapital zur Verfügung gestellt hat, jedoch nur einer der Beteiligten die Aufgabe und Berechtigung hatte, mit dem Kapital das oder die Handelsgeschäfte durchzuführen. 302 Als Nachweise hierfür sind insbesondere 303 die, allerdings aus dem 14. Jhd. datierenden, Niederstadtbucheintragungen der Stadt Lübeck bei Rehme Nr. 11, 13, 19, 26, 27, 28, 37, 62 und ausdrücklich 6 6 3 0 4 sowie die Eintragungen in den Handlungsbüchern Wittenborg I, 2, 15, 440; II, 56, 302, 336, 3 3 7 3 0 5 und Geldersen I, 558, 554 zu 295

Es finden sich ausnahmsweise auch im Norden den süddeutschen entsprechende Familiengesellschaften, wie z.B. die der Familie Loytzen, vgl. Strieder, Organisationsformen, S. 99, 100; Hering, S. 80 f.; Schmied, Frühkapitalismus, S. 41. 296 Vgl. hierzu den oftgenannten Hinweis auf die aus den Eintragungen im Lübecker Stadtbuch ersichtlichen 18 Gesellschaftsbeteiligungen in nur 13 Jahren des Kaufmanns Morneweg, Strieder, Organisationsformen, S. 98; Pauli, Zustände Bd. I, S. 140; Hesse, S. 50 m.w.N. 297 Schmied, Frühkapitalismus, S. 40; Strieder, Organisationsformen, S. 96 f.; Lutz, S. 68. 298 Siehe hierzu die umfangreiche Auseinandersetzung durch Keutgen VSWG 4, 474 f.; Rehme ZHR 42, 369 f.; Lehman ZHR 62, 305 f. u. VSWG 8, 135 f.; Silberschmidt, Kumpanie, S. 2 f.; Mollwo, Wittenborg, S. L, Mayer. S. 21 f. m.w.N. 299 Mayer, S. 28 f. 300 Siehe zur Frage der Kriterien einer Gesellschafterstellung oben I. 1. 301 Mollwo, Wittenborg, S. LI. 302 Rehme ZHR 42, 369 f.; Keutgen VSWG 4, 486 f.; Mollwo, Wittenborg, S. LI; Silberschmidt, Kumpanie, S. 36 f. m.w.N.; Lehmann, Lehrbuch, S. 335. 303 Vgl. Rörig, Beiträge, S. 179 zu weiteren Nachweisen über entsprechende Gesellschaftsbildungen des Kaufmanns Hermann Warendorp; Levin, S. 31. 304 Rehme ZHR 42, 396 f. 6 Thomas

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C. Die Gesellschafterhaftung vom späten Mittelalter bis zur Neuzeit

nennen. 306 Des weiteren war auch die zum Zwecke des Tuchhandels mit seinem Sohn Henneke sowie Arnold Kopmann und Edeler Witte gegründete Gesellschaft Johann Tölners so strukturiert. 307 Obwohl hier hinsichtlich Gewinn- und Verlustverteilung und Beteiligung als wesentlichem Kriterium 3 0 8 für eine Gesellschafterstellung verschiedene Gestaltungsvarianten erkennbar sind, 3 0 9 ist diese grundsätzlich vorgesehen, so daß, wegen der damit vorliegenden Teilnahme am wirtschaftlichen Risiko, von einer Gesellschafterposition der beteiligten Kaufleute auszugehen

b) Die sog. „einseitige Gesellschaft" mit Kapital und „nur" Arbeitsleistung einlegenden Gesellschaftern Als Variante dieser Gesellschaftsform sind Zusammenschlüsse hansischer Kaufleute festzustellen, bei denen bei allseitiger Gewinn- und Verlustbeteiligung ein Beteiligter Kapital zur Verfügung stellt und ein weiterer eine in gleicher Höhe bewertete „Arbeitseinlage" erbringt. 311 Nachweise hierfür finden sich z.B. bei Rehme Nr. 1, 10, 22, 40, 58, 6 4 3 1 2 sowie im Handlungsbuch Wittenborg in den Eintragungen I, 6; II, 236. 3 1 3 Im Hinblick darauf, daß einer der Gesellschafter kein Kapital, sondern seine Arbeitsleistung einbringt, bezeichnet Mayer diese Gestaltungsform als „einseitige" Gesellschaft. 314 Auch bei dieser Gestaltungsvariante ist jedoch die Abwicklung der oder des Handelsgeschäftes durch nur einen der beteiligten Kaufleute vorgesehen.

305

Mollwo, Wittenborg, S. 2 f. Nirrnheim, Geldersen, S. 88, 89. 307 Koppmann, Tölner, S. XVII. 308 Mayer, S. 19, 30; Silberschmidt, Kumpanie, S. 23, 66; Lastig, Handbuch, S. 713; Schmied, Frühkapitalismus, S. 68. 309 Siehe hierzu die umfangreiche Darstellung bei Mayer, S. 36-39 m.w.N. 310 Unabhängig von der Auseinandersetzung um die Begrifflichkeiten (vgl. Fn. 298) ist festzustellen, daß in den Quellen auch die ausdrückliche Bezeichnung als „Societas" (recta, vera oder justa) verwendet wird; So auch Mayer, S. 36-39; Rehme ZHR 42, 369 f.; Keutgen VSWG 4, 486 f.; Silberschmidt, Kumpanie, S. 36 f. 311 Mollwo, Wittenborg, S. LH, LIII; Rehme ZHR 42, 371, 372; Schmidt Stadtrechte, S. 58; Levin, S. 32. 312 Rehme ZHR 42, 396 f.; Auch hier wird in den Quellen von einer „vera societas" gesprochen, Mayer, S. 35 m.w.N. 313 Mollwo, Wittenborg, S. 1, 37; Levin, S. 32 f. m.w.N. 314 Mayer, S. 35; Keutgen, VSWG 4, 486 f. spricht von „Halbgesellschaft". 306

II. Die Haftung der Gesellschafter im Wirtschaftsraum der Hanse

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c) Kein sicherer Quellennachweis für Gesellschaftsbildungen mit Kapitaleinlagen aller Gesellschafter und gleichzeitiger Beteiligung aller an der Abwicklung der Handelsgeschäfte Die Frage, ob im Wirtschaftsgebiet der norddeutschen Hanse, außer den wenigen tatsächlichen echten Familiengesellschaften, wie z.B. den Loytzens, 315 auch ähnlich den süddeutschen Handelsgesellschaften strukturierte Gesellschaftsbildungen erfolgt sind, die dadurch gekennzeichnet waren, daß alle Beteiligten eine Kapitaleinlage erbracht haben und dann auch die Durchführung des Handelsbetriebes gemeinsam vorgenommen haben, ist in der Literatur, insbesondere für das 15. Jhd. und die Zeit davor, bis heute umstritten. Da eine solche Struktur im Hinblick auf das Kriterium des Bestehens eines gemeinsamen Geschäftsbetriebes der der modernen oHG entspricht, wird ihr Nachweis in den Quellen, in der Auseinandersetzung im Schriftum mit der Frage verbunden, ob es hansische Handelsgesellschaften gegeben hat, die der heutigen oHG entsprochen haben. 3 1 6 Rehme hat im Rahmen seiner, die Existenz so einzuordnender Gesellschaften im Ergebnis bejahenden Darlegungen, hinsichtlich des Vorliegens dieser Struktur auf die Niederstadtbucheinträge Nr. 12, 65, sowie einschränkend auf Nr. 59 und 63 verwiesen. 317 Bereits von Silberschmidt und Keutgen ist jedoch zutreffend festgestellt worden, daß sich aus diesen Eintragungen kein eindeutiger Nachweis dafür ergibt, daß der Handelsbetrieb hier tatsächlich von allen beteiligten Gesellschaftern durchgeführt wurde. 3 1 8 Zwar erscheinen die des weiteren von Keutgen 3 1 9 vorgenommen Überlegungen zur Frage des Vorliegens eines gemeinsamen Betriebes und der tatsächlichen Arbeitsverteilung zwischen den beteiligten Kaufleuten durchaus nachvollziehbar, sie finden jedoch keine Bestätigung durch die genannten Quellen. 3 2 0

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Siehe oben, Fn 310. Silberschmidt, Kumpanie, S. 42 f., der richtigerweise auf die Problematik der Bewertung historischer Verhältnisse anhand moderner Rechtsbegriffe verweist; Keutgen VSWG 4, 570 f.; Mollwo, Wittenborg, S. LI; Rehme ZHR 42, 373 f.; Rörig, Hanse, S. 101; siehe auch die Übersicht zu den Auffassungen bei Mayer, S. 39, 40. 317 Rehme ZHR 42, 373, 374, Fn 24; darauf, daß der ebenfalls vorhandene Hinweis auf Nr. 8 unzutreffend ist, wird zu Recht hingewiesen von Silberschmidt, Kumpanie, S. 43 und Keutgen VSWG 4, 570. 318 Silberschmidt, Kumpanie, S. 42 f.; Keutgen VSWG 6, 570, 571; Mollwo, Wittenborg, S. LI bestätigt, daß Rehmes „oHG" auch im Handlungsbuch Wittenborg nicht nachweisbar ist. 319 Keutgen VSWG 4, 570 f. 320 Bauer, Unternehmungen, S. 146 Anm. 34 stellt ebenso insgesamt fest, daß Keutgen der Nachweis des Vorliegens einer oHG anhand der Quellen nicht gelungen ist. 316

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C. Die Gesellschafterhaftung vom späten Mittelalter bis zur Neuzeit

Des weiteren ergeben sich auch weder aus dem Niederstadtbucheintrag Nr. 103 aus dem Jahre 1360 bei Pauli , auf den Levin zum Nachweis einer „offenen Gesellschaft" verweist, noch aus den von Nirrnheim genannten Belegen im Handlungsbuch Geldersen 323 Anhaltspunkte für das Vorliegen einer gemeinsamen Führung der Geschäfte durch die genannten Beteiligten. Im Ergebnis ist daher festzustellen, daß ein eindeutiger Nachweis für so strukturierte Gesellschaftsbildungen fehlt.

2. Die Haftungssituation der norddeutschen Gesellschafter zu Beginn des Untersuchungszeitraumes im 15. Jhd. vor dem sog. Segeberger Kodex von ca. 1532 Zur Frage der Haftungssituation der beteiligten Gesellschafter der dargestellten, anhand der Quellen nachweisbaren norddeutschen Gesellschaftsformen sind im sog. Segeberger K o d e x 3 2 4 erste gesetzliche Regelungen hinsichtlich Verpflichtungswirkung und Haftung allgemein nachweisbar. Unklar und in der Literatur umstritten ist jedoch, welchem Zeitraum dieser zuzurechnen ist. Keutgen hat hierzu unter Hinweis auf Hach die Auffassung vertreten, daß diese Vorschrift der „älteren" Zeit und damit der vor dem 15. Jhd., zuzuordnen i s t . 3 2 5 Demgegenüber hat Lehmann zu Recht darauf hingewiesen, daß zwar eine hohe Wahrscheinlichkeit dafür spricht, daß der Kodex, ebenso wie sein Einband, aus dem hierauf vermerkten Jahr 1532 stammt, daß jedoch ein positiver Nachweis hinsichtlich der Entstehungszeit nicht möglich i s t . 3 2 6 Der Annahme folgend, daß es sich um eine Regelung vom Anfang des 16. Jhd. handelt, soll daher zunächst die Haftungssituation untersucht werden, die zu Beginn des Untersuchungszeitraumes im 15. Jhd. und damit zeitlich vor dem Segeberger Kodex vorlag.

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Pauli, Zustände, S. 227. Levin, S. 33. 323 Nirrnheim, Geldersen, S. XLIII, XLIV. 324 Hach IV, § 7 S. 553 f. 325 Keutgen, VSWG 4, 603 Anm. 1; Hach, Einl. S. 119 f., der zwar den Kodex selber als neueren Datums ansieht, ihn inhaltlich aber zu den ältesten deutschen Rezensionen rechnet. 326 Lehmann VSWG 8, 133, 134; ZHR 62, 318, 319; so auch Rehme ZHR 42, 394 m.w.N. 322

II. Die Haftung der Gesellschafter im Wirtschaftsraum der Hanse

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a) Keutgens Ansicht des Bestehens einer Verpflichtungswirkung rechtsgeschäftlichen Handelns und einer unbeschränkten Haftung der Gesellschafter Soweit in der Literatur, obwohl bereits keine Nachweise für Zusammenschlüsse mit allseitiger Geschäftsführung durch alle Gesellschafter bestehen, die Existenz von Gesellschaften angenommen wird, deren Struktur der der modernen oHG entsprach, fehlen nähere Ausführungen zur Frage des Vorliegens von deren Strukturmerkmalen einer haftungsbegründenden Wirkung rechtsgeschäftlichen Handelns sowie eines unbeschränkten solidarischen Haftungsumfanges. 327 Allein Keutgen hat zur Haftungssituation der norddeutschen Kaufleute vor bzw. unabhängig von den Regelungen des sog. Segeberger Kodex mit einer genaueren Begründung die Aufassung vertreten, daß ausgehend vom Gesamthandsprinzip, eine haftungsbegründende Wirkung durch rechtsgeschäftliches Handeln des einzelnen Kaufmanns zu Lasten der oder des Mitgesellschafters bestand, und ebenso wie ein unbeschränkter Umfang der Haftung anhand der Quellen auch nachweisbar i s t . 3 2 8 Hinsichtlich des Bestehens einer Verpflichtungswirkung durch rechtsgeschäftliches Handeln einzelner Gesellschafter verweist er auf Nachweise im Handlungsbuch der Kaufleute Geldersen und Wittenborg bzgl. des Bestehens einer Schuldverpflichtung „coniuncta manu" mehrerer Personen, sowie der dort ersichtlichen Zahlungsabwicklung. 329 Hieraus, sowie aus den Hinweisen in den Quellen auf Zahlungen Dritter und Vierter, der Einführung einer schriftlichen Quittung und Nachweisen für eine Bevollmächtigung Dritter zum Forderungseinzug, schließt er auf das Vorliegen der Möglichkeit eines rechtswirksamen Handelns mit Verpflichtungswirkung für andere jedenfalls in der Gläubigerposition. Bestätigt sieht er dies durch verschiedene Schuldbekenntnisse in Lübecker Niederstadtbucheintragungen, sowie einzelne Eintragungen bei Wittenborg, die ebenfalls Aussagen über Verhältnisse bei Personenmehrheiten auf Gläubigerseite enthalten. 330 Aufgrund der damit seiner Auffassung nach vorhandenen Existenz einer Vertretungmöglichkeit auf Gläubigerseite folgert Keutgen das Vorliegen entsprechender Verhältnisse auf der Schuldnerseite und mithin das Bestehen einer Verpflichtungswirkung mit der Folge des Entstehens einer Schuldner327

Nirrnheim, Geldersen, S. XLIII; Rörig, Hanse, S. 101; Levin, S. 33. Keutgen VSWG 4, S. 586 f. 329 Keutgen VSWG 4, S. 587, 588, es erfolgt allerdings kein konkreter Hinweis auf einzelne Eintragungen im Handlungsbuch Geldersen. 330 Keutgen VSWG 4, S. 591 f. 328

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C. Die Gesellschafterhaftung vom späten Mittelalter bis zur Neuzeit

Stellung durch rechtsgeschäftliches Handeln einzelner Gesellschafter. Neben den vorgenannten, gewissermaßen indirekten Quellenhinweisen, verweist er als einzigem direkten Beleg hierfür auf die Eintragung Nr. 239 des Handlungsbuches Geldersen, wo von einem Kauf des Kaufmannes Johan •0-7-1

Schermbeke durch seinen ausgesandten „scolaris"

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berichtet wird.

Bezüglich des Vorliegens eines unbeschränkten Haftungsumfanges vertritt er die Auffassung, daß die Notwendigkeiten des kaufmännischen Verkehrs, insb. wegen des bereits weit verbreiteten Handels auf Kreditbasis, eine volle gegenseitige Haftung aller Gesellschafter verlangt haben. 333 Als einzigen Anhaltspunkt für das Vorliegen eines unbeschränkten, bzw. jedenfalls nicht auf das Gesellschaftskapital beschränkten Haftungsumfanges, nennt er die Eintragung Nr. 292 im Handlungsbuch Johann Wittenborg, 3 3 4 aus der sich ergibt, daß Gesellschafter zur Begleichung einer Verbindlichkeit gezwungen waren, ihr „egen gelde" in Anspruch zu neh-

b) Keine Verifizierbarkeit der These Keutgens anhand der Quellen, erhebliche Indizien für das Nichtbestehen nach herrschender Meinung einer Verpflichtungswirkung Demgegenüber geht die herrschende Meinung davon aus, daß Keutgen den Nachweis der Richtigkeit seiner Auffassung anhand der Quellen nicht erbracht hat, und daß aufgrund dieser auch keine definitive Aussage zur Frage des Bestehens einer Vertretungswirkung und zum Haftungsumfang für die Zeit vor dem sog. Segeberger Kodex möglich i s t . 3 3 6 Ergänzend wird des weiteren auf eine Reihe von Indizien für das Nichtvorliegen einer Vertretungswirkung des rechtsgeschäftlichen Handelns einzelner Gesellschafter zu Lasten der Anderen verwiesen. So sind in den Quellen zwar zahlreiche Nachweise für gesamthänderische Schuldverpflichtungen mehrerer Personen auffindbar, 337 es bedurfte hiernach jedoch zu 331

Vgl. zu diesen speziellen Handlungsdienern: Nirrnheim, Geldersen S. XXVIII. Nirrnheim, Geldersen, S. 40. 333 Keutgen VSWG 4, S. 586. 334 Mollwo, Wittenborg, S. 44. 335 Keutgen VSWG 4, S. 605. 336 Bauer, Unternehmungen, S. 146, Anm. 34; Lehmann, VSWG 8, 134; Rehme ZHR 42, 394, 395; Lehmann, ZHR 62, 314, der ohne konkreten Nachweis darauf hinweist, daß auch Schmidt, Stadtrechte, der Auffassung Keutgens vom Vorliegen von „oHGs" im Mittelalter sein soll. 337 Vgl. z.B. die Niederstadtbucheintragungen Nr. 43, 53, 58 bei Mollwo, Wittenborg, S. 82 f., sowie die weiteren Nachweise bei Keutgen VSWG 4, 593 f.; Lehmann, ZHR 62, 313 m.w.N. 332

II. Die Haftung der Gesellschafter im Wirtschaftsraum der Hanse

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einer Mitverpflichtung wohl stets eines gemeinsamen Handelns oder einer ausdrücklichen Vollmachtserteilung. 338 Das ausdrückliche Erwähnen des Erfordernisses einer Bevollmächtigung erscheint aber nur dann als sinnvoll, wenn eben keine generelle Verpflichtungswirkung beim Handeln Einzelner bestanden hat. 3 3 9 Als weiteren Anhaltspunkt hierfür hat Lehmann auf ein Urteil des Lübecker Oberhofes vom Anfang des 15. Jhd. aus dem Jahre 1465 hingewiesen. In dem zugrundliegenden Fall hatte ein Gesellschafter eine im Eigentum der Gesellschaft stehende Immobilie während der Abwesenheit seines Mitgesellschafters ohne dessen Wissen an einen Dritten verpfändet. Das Gericht hat jedoch eine Berechtigung zur Verpfändung nur hinsichtlich des Anteiles des Handelnden anerkannt, und diese im übrigen für unwirksam erachtet. Es bestätigt damit das Nichtbestehen einer Vertretungswirkung des rechtsgeschäftlichen Gesellschafterhandelns zumindest hinsichtlich der Verpfändung von Immobilien. 3 4 0 Des weiteren wird aus den Strukturen der Gesellschaften und den tatsächlichen Gegebenheiten bei der Abwicklung der Handelsgeschäfte gefolgert, daß eine Vertretungswirkung schon mangels erkennbarem Vertreterhandelns nicht vorlag. Alle Rechtsgeschäfte wurden danach allein von dem mit dem gemeinsamen Gesellschaftskapital herumreisenden Gesellschafter oder einem Handlungsdiener, zwar auf Rechnung der Gesellschaft, jedoch im eigenen Namen abgeschlossen, ohne daß der Geschäftspartner von der Existenz einer Gesellschaft oder gar von Mitgesellschaftern Kenntnis erlangt hat. 3 4 1 Entsprechend war auch nur dieser im Außenverhältnis verpflichtet und haftete für die begründeten Verbindlichkeiten. 342 c) Eigene Stellungnahme Entsprechend der herrschenden Meinung muß man davon ausgehen, daß Keutgen den Nachweis der Richtigkeit seiner Ansicht des Bestehens einer Vertretungswirkung und einer unbeschränkten Haftung anhand der Quellen nicht erbracht hat, und daß aufgrund dieser auch definitive Aussagen hierzu nicht möglich erscheinen. 343 338

Rehme ZHR 42, 394 f. verweist auf die Einträge Nr. 45 u. 65. Rehme ZHR 42, 394/395; Lehmann, ZHR 62, 313 f. 340 Lehmann, ZHR 62, 319, Fn 92. 341 Levin, S. 23; Nirrnheim, Geldersen, S. XXVII. 342 Silberschmidt, Kumpanie, S. 45 u. 65 f.; Lehmann ZHR 62, 312; Rehme ZHR 42, 388, 389; Mollwo, Wittenborg, S. LIV u. LXI, der auf die Eintragungen I 51, II 23, II 28a im Handlungsbuch verweist, allerdings auch konstatiert, daß kaum Nachweise eines tatsächlichen Handelns vorliegen; Pauli, Zustände, Bd. I, S. 123; Levin, S. 23, 24. 339

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C. Die Gesellschafterhaftung vom späten Mittelalter bis zur Neuzeit

Grundsätzlich ist festzustellen, daß aus den Quellen Nachweise für die Existenz von - z.T. ausdrücklich als gesamthänderisch verbunden bezeichneten - Personenmehrheiten sowohl in der Gläubiger- als auch in der Schuldnerposition ersichtlich sind. 3 4 4 Hinweise über deren Zustandekommen und damit zu der Frage, ob es eines gemeinsamen Handelns der Beteiligten, einer ausdrücklichen Vollmachtserteilung bedurfte, oder ob etwa eine gewohnheitsrechtlich anerkannte Vertretungswirkung gegeben war, sind jedoch nicht ersichtlich. Der einzige konkrete Verweis von Keutgen zum Nachweis einer Vertretungswirkung bzgl. der Begründung einer Schuldnerstellung eines Gesellschafters erfolgt auf die Nr. 239 bei Geldersen. 345 Hierbei übersieht er jedoch, daß dort nur ein Geschäft beschrieben wird, das von einem Handlungsdiener zugunst seines Geschäftsherrn getätigt worden ist, und es sich nicht um einen Fall des rechtsgeschäftlichen Handelns eines Gesellschafters zu Lasten seines Mitgesellschafters handelt. Ein Nachweis für die Richtigkeit der Überlegungen und Schlußfolgerungen Keutgens bzgl. des Zustandekommens der aus den Quellen erkennbaren Verhältnisse des Bestehens von Personmehrheiten findet sich damit nicht. 3 4 6 Dieser Umstand erscheint allerdings aufgrund der Natur des Quellenmaterials nachvollziehbar. Anders als bei den Gesellschaftsverträgen, bei denen für die Frage der Befugnisse der Gesellschafter zum Handeln mit Wirkung für und gegen die Gesellschaft und die Mitgesellschafter ein relativ konkretes Regelungsbedürfnis bestand, dienten die Einträge in den Handlungsbüchern der Kaufleute und den Stadtbüchern Lübecks im wesentlichen Dokumentations- und Beweiszwecken. 347 Entsprechend enthalten diese i.d.R. nur Feststellungen bzgl. nachweisrelevanter Angaben, wie z.B. Namen beteiligter Kaufleute, Höhe bzw. Art der Einlagen und ihrer Leistung, Festlegungen zur Gewinn- und Verlustbeteiligung usw. 3 4 8 Aufgrund dieser reinen Beweisfunktion der Einträge lassen sich nur schwer Rückschlüsse ziehen auf die Umstände für das Zustandekommen und Entstehen der dokumentierten Verhältnisse, also zu konkreten Fragen der Durchführung und Abwicklung des Handelsbetriebes, wie z.B. der nach dem Bestehen einer Vertretungsmacht bzw. den Folgen rechtsgeschäftlichen Handelns eines Gesellschafters für die Mitgesellschafter. 349 343

Bauer, Unternehmungen, S. 146, Anm. 34; Lehmann, VSWG 8, 134; Rehme ZHR 42, 394, 395; Lehmann, ZHR 62, 314. 344 Siehe hierzu die Nachweise bei Mollwo, Wittenborg, S. 82; Lehmann ZHR 62, 313 m.w.N. 345 Keutgen VSWG 4, 591, 592. 346 Lehmann VSWG 8, 134. 347 Zur Beweiskraft der Eintragungen im Niederstadtbuch Lübecks vgl. Mollwo, Wittenborg, S. XLVII f. 348 Rehme ZHR 42, 381 f.

II. Die Haftung der Gesellschafter im Wirtschaftsraum der H a n s e 8 9 Auch wenn Keutgens, allerdings vom Standpunkt der modernen Rechtslehre aus, 3 5 0 vorgenommene Interpretationen bzgl. des Zustandekommens der in den Quellen beschriebenen Verhältnisse z.T. durchaus plausibel erscheinen, so kann ein Nachweis daher schon aufgrund dieses inhaltlichen Charakters des vorhandenen Quellenmaterials nicht gelingen. Hinsichtlich der weiteren genannten Argumente und Indizien ist festzustellen, daß Keutgens Ansicht, daß wegen der bereits weit verbreiteten Kreditgeschäfte das Bestehen von Vertretungsmacht und unbeschränkter Haftung aller Gesellschafter ein absolutes Postulat des Handels gewesen sein soll, ebenfalls nicht überzeugt. Vielmehr erscheint es wahrscheinlicher, daß tatsächlich die Handelsgeschäfte in dieser Zeit überwiegend von dem reisenden Gesellschafter und Handlungsdienern gegenüber den Geschäftspartnern im eigenen Namen für Rechnung aller Gesellschafter abgeschlossen wurden. 3 5 1 Warum dies laut Keutgen „primitive Zustände" voraussetzen soll, 3 5 2 die zu dieser Zeit bei der Hanse nicht mehr bestanden haben sollen, erscheint nicht nachvollziehbar. Auch sein Hinweis auf die Eintragung Nr. 292 bei Wittenborg 3 5 3 ist des weiteren nicht als zwingender Nachweis einer unbeschränkten Haftung anzusehen, weil hier von einem freiwilligen Rückgriff der Gesellschafter im Rahmen der Verlustverteilung auf ihre eigenen Kapitalien berichtet wird, was jedoch keinen Rückschluß darauf zuläßt, ob diese Möglicheit auch bei einem zwangsweisen Zugriff etwaiger Gläubiger gegeben war. Im Wesentlichen gegen das von Keutgen angenommene Vorliegen einer Vertretungswirkung spricht schließlich das Urteil des Oberhofes von Lübeck aus dem Jahre 1465, auf das Lehmann hingewiesen hat. Keutgens Auffassung, daß der Urteilsspruch durch das Gericht zum Zwecke der Machterweiterung gefällt worden sein soll, 3 5 4 ist als bloße Spekulation anzusehen. 355 Auch wenn aufgrund dieses Urteils eine eindeutige und verbindliche Aussage zum Bestehen einer Vertretungswirkung wegen der offenen Frage, ob das Gericht im Falle von Mobilien anders entschieden hätte, 3 5 6 nicht möglich ist, so ist ihm doch eine starke Indizienwirkung zuzumessen. 349

Rehme ZHR 42, 381 vermutet angesichts dieses Umstandes das Bestehen von entsprechenden gewohnheitsrechtlich bestehenden Rechtssätzen. 350 Lehmann VSWG 8, 130. 351 So auch Levin, S. 23; Nirrnheim, Geldersen, S. XXVII. 352 Keutgen VSWG 4, 587. 353 Keutgen VSWG 4, 605; Mollwo, Wittenborg, S. 44. 354 Keutgen VSWG 7, 508. 355 So auch Lehmann VSWG 8, 135. 356 Siehe hierzu die Auseinandersetzung zwischen Lehmann, VSWG 8, 134 f. und Keutgen VSWG 7, 506 f.

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C. Die Gesellschafterhaftung vom späten Mittelalter bis zur Neuzeit

Im Ergebnis ist demnach davon auszugehen, daß für das 15. Jahrhundert, vor der Veröffentlichung des Segeberger Kodexes, für den norddeutschen Wirtschaftsraum kein Nachweis einer Vertretungswirkung bei rechtsgeschäftlichem Handeln einzelner Gesellschafter zu Lasten der anderen sowie eines unbeschränkten Haftungsumfanges möglich ist. rechtsgeschäftlichen Handelns d) Keine Verpflichtungswirkung zu Lasten der Gesellschaft oder des Gesellschaftsvermögens als rechtlich verselbständigte Verpflichtungsobjekte Überprüft man die Quellen zur Frage des Bestehens einer Verpflichtungswirkung zu Lasten der Gesellschaft i.S. eines rechtlich verselbständigten Verpflichtungsobjektes mit einem eigenen Gesellschafts vermögen, so ergeben sich hierfür keine direkten Hinweise. Rein sprachlich wird, außer der beschreibenden Bezeichnung einer Beteiligung als in („recta" oder „vera") „societate" 357 nur ganz ausnahmsweise der Begriff der Gesellschaft verwendet. 3 5 8 Aus den zahlreichen Nennungen der zusammengelegten Beiträge der Gesellschafter ergibt sich hingegen, daß die Beteiligten vom Entstehen eines Kapitalgrundstockes für die Unternehmungen und damit vom Bestehen ICQ

Ο/ΤΛ

eines Gesellschaftsvermögens ausgegangen sind. Dabei weist u.a. der schon genannte Hinweis in Nr. 292 bei Wittenborg bzgl. der Notwendigkeit einer Inanspruchnahme des „eegen Gelde" 3 6 1 darauf hin, daß man auch eine klare Trennung zwischen Privat- und Gesellschaftsvermögen vornahm. Letzteres entstand damit jedoch als Haftungsobjekt und Masse rein im Innenverhältnis zwischen den Gesellschaftern. 362 Anhaltspunkte dafür, daß die Gesellschaft der norddeutschen Kaufleute mit ihrem Vermögen im Außenverhältnis als eigenständiges Verpflichtungsobjekt angesehen wurde, auf das eine Haftung entsprechend beschränkt war, ergeben sich nicht. 3 6 3 Gegen die Annahme einer solchen Verselbständigung spricht auch der Umstand, daß sich bei den hansischen Gesellschaften die Existenz einer Gesell357

Vgl. z.B. die Nr. 1, 10, 22, 40, 58, 64 bei Rehme ZHR 42, 396 f.; Mayer, S. 35 m.w.N.; Siehe oben, Fn. 310. 358 So sprich z.B. Johannes Tölner davon, daß eine Einlage dem Henneke Tölner ausgezahlt werden soll, die dieser „in unserer Gesellschaft gehabt hat"; vgl. Koppmann, Tölner, S. XVI, siehe auch die weiteren Nachweise zur Verwendung durch Tölner bei Keutgen, VSWG 6, 598. 359 Mollwo, Wittenborg, S. LH; Rehme, ZHR 42, 393; Keutgen, VSWG 6, 604; Lehmann, ZHR 62, 321. 360 Zu weiteren Nachweisen in den Quellen für eine Trennung der Vermögensmassen vgl. die Nachweise bei Rehme, ZHR 42, 384; Keutgen, VSWG 6, 605. 361 Mollwo, Wittenborg, S. 44; siehe oben, II. 2. 362 Silberschmidt, Kumpanie, S. 67. 363 Keutgen, VSWG 6, 604.

II. Die Haftung der Gesellschafter im Wirtschaftsraum der H a n s e 9 1 schaftsfirma noch nicht herausgebildet hatte. 3 6 4 Des weiteren finden sich in den Quellen Schuldbekenntnisse in denen das Bestehen einer Verpflichtung für Verbindlichkeiten i.R. des Geschäftsbetriebes ausschließlich gegenüber der Person des handelnden Gesellschafters bestätigt w i r d . 3 6 5 Dieses erscheint insgesamt vor dem möglichen Hintergrund plausibel, daß die Geschäfte, wie bereits erwähnt, i.d.R. als Eigengeschäfte der herumreisenden Kaufleute oder Handlungsdiener vorgenommen wurden und das Bestehen einer Gesellschaft damit den Vertragspartnern verborgen blieb, 3 6 6 so daß sich damit auch kein Ansatz für eine Betrachtung der Gesellschaft als eigenes Handlungs- oder Verpflichtungssubjekt ergab.

3. Die Haftungsregelungen im Segeberger Kodex von ca. 1532 Wesentlicher und bestimmender Faktor der allgemeinen Rechtsentwicklung, speziell aber auch des Gesellschaftsrechtes im norddeutschen Wirtschaftsraum der Hanse, war das Recht des Rates der Stadt Lübeck. 3 6 7 Dessen Verbreitung unter den hansischen Tochterstädten erfolgt durch die zahlreichen Rechtshandschriften, mit denen es diesen zur Kenntnis gebracht wurde und damit dort entsprechend rezipiert werden konnte. 3 6 8 Bei dem sog. Segeberger Kodex als einer solchen Handschrift des lübischen Rechtes 369 handelt es sich aller Wahrscheinlichkeit nach um den Ratskodex der Stadt Segeberg, in deren Rathaus er sich lange Zeit befand. 3 7 0 Obwohl eine exakte Bestimmung des Herkunftsjahres, wenn auch die Einträge auf dem Einband auf das Jahr 1532 schließen lassen, heute nicht mehr möglich i s t , 3 7 1 ist dieser als ältestes Quelle anzusehen, aus der sich gesetzliche Regelungen zur Haftungssituation der norddeutschen Gesellschafter im Untersuchungszeitraum entnehmen lassen.

364

Rehme, ZHR 42, 388; Keutgen, VSWG 6, 608; Pauli, Zustände, S. 35. Koppmann, Tölner, XVI. 366 Levin, S. 23; Nirrnheim, Geldersen, S. XXVII. 367 Lehmann ZHR 62, 304; Stobbe, Rechtsquellen, II, S. 293. 368 Ebel, Recht, S. 194 f., der vermutet, daß jede nicht ganz unbedeutende Stadt eine Rechtshandschrift des lübischen Rechtes besessen hat; Stobbe, Rechtsquellen, II, S. 294 m.w.N. 369 Der Kodex enthält allerdings nur 201 Artikel des lübischen Rechtes und daneben noch weitere Rechtsätze, vgl. Ebel, Recht, S. 207. 370 Ebel, Recht, S. 207, 208. 371 Ebel, Recht, S. 207, 208. 365

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C. Die Gesellschafterhaftung vom späten Mittelalter bis zur Neuzeit a) Festlegung einer haftungsbegründenden Vertretungswirkung bei rechtsgeschäftlichem Handeln Einzelner zu Lasten aller Gesellschafter

Zur Frage des Bestehens einer Verpflichtungswirkung aus rechtsgeschäftlichem Handeln Einzelner zu Lasten aller Gesellschafter enthält der Kodex in Ziff. V I I unter der Überschrift „Welk man myt dem anderen Selscop maket" folgende Bestimmungen: „Welk man myt enem anderen selscop maken will, de se wol to, weme he sines gudes beloved; wente, wat de ene koft ofte vorkift, dat mot de ander betalen, ... < < 3 7 2 des weiteren einige Zeilen später: „wert dat so nicht vorwart tovorne: wes de ene borget, dat mach de ander betalen, . . Λ 3 7 3 Aus der eindeutigen Anordnung einer Zahlungsverpflichtung des „anderen" Gesellschafters für Verbindlichkeiten aus den genannten, von seinem Mitgesellschafter, ohne dessen eigene Beteiligung abgeschlossenen Rechtsgeschäften, folgt das Bestehen einer haftungsbegründenden Verpflichtungswirkung. 3 7 4 Aufgrund des Umstandes, daß mit Kauf und Darlehn die für die damaligen Kaufleute wohl wichtigsten Rechtsgeschäfte ausdrücklich genannt sind, ist dabei auch von der Festlegung einer generellen haftungsbegründenden Wirkung aus dem rechtsgeschäftlichen Handeln des einen Gesellschafters auch zu Lasten des Mitgesellschafters auszugehen. Da jegliche Hinweise auf das Erfordernis einer Vollmacht für den Eintritt der angeordneten Rechtsfolge fehlen, besteht ein solches offensichtlich nicht. Anhaltspunkte dafür, ob rechtssystematisch eine solche Bevollmächtigung als gänzlich entbehrlich angesehen wird, ob sie zwischen Gesellschaftern als - u.U. gewohnheitsrechtlich - generell bestehend unterstellt wird, oder ob die Regelungen als Anordnung einer eigenen „gesetzlichen" Vertretungsmacht anzusehen sind, finden sich allerdings nicht. Insgesamt ist demnach festzustellen, daß sich aus den Regelungen des Segeberger Kodexes, zeitlich wahrscheinlich für den Beginn des 16. Jhd., das Bestehen einer haftungsbegründenden Vertretungswirkung im Rahmen der gesellschaftlichen Zusammenschlüsse der Kaufleute des norddeutschen Wirtschaftsraumes der Hanse ergibt.

372

Hach IV, S. 553 f.; Keutgen VSWG 4, 604; Zitiert ist die in der Schreibweise etwas geglättete Fassung Keutgens. 373 Hach IV, S. 553 f.; Keutgen VSWG 4, 604. 374 Lehmann ZHR 62, 318, 319 u. VSWG 8, 134; Rehme ZHR 42, 394; Keutgen VSWG 4, 604 u. VSWG 7, 506.

II. Die Haftung der Gesellschafter im Wirtschaftsraum der Hanse

93

b) Unbeschränkter Haftungsumfang, Person und gesamtes Privatvermögen als Haftungsobjekt Hinsichtlich des Umfanges der Haftung sieht der Kodex im unmittelbaren Anschluß an die zuvor zitierten Regelungen vor, daß für den anderen Gesellschafter die Verpflichtung zur Bezahlung, der von seinem Mitgesellschafter eingegangenen Schuldverpflichtung besteht, für die er mit seinem gesamten Vermögen einzustehen hat. Im einzelnen heißt es: „... dat mot der ander betalen, so verne alse sin gut kert." 375 Aus der ausdrücklichen, uneingeschränkten Bezugnahme auf „sin gut" folgt, daß weder eine Beschränkung der Höhe nach, noch etwa auf das Gesellschaftsvermögen vorgesehen i s t , 3 7 6 so daß man aus dieser Regelung insgesamt eine unbeschränkte, solidarische Gesamthaftung des nicht handelnden Gesellschafters entnehmen kann. 3 7 7 Obwohl die Bestimmung ihrem Wortlaut nach keine konkrete Aussage zur Haftung des unmittelbar kontrahierenden Gesellschafters macht, muß man aufgrund des Regelungsinhaltes davon ausgehen, daß für diesen der gleiche Haftungsumfang als nicht regelungsbedürftiger Normalfall anzusehen i s t . 3 7 8 Keutgen sieht darüberhinaus einen unbeschränkten Haftungsumfang auch durch die im weiteren Wortlaut seiner Ansicht nach vorgesehene Möglichkeit einer vertragsmäßigen Vereinbarung einer Haftungsbeschränkung bestät i g t . 3 7 9 Hier heißt es: „ane dat were sake, dat se under ein ander beschedenheit hebben gemaket, also myt stroffen edder breven erer ein up dem anderen to vorschele, also dat de ene nicht hogher kopen moghe, wen erer beider gut wert sy, edder enen sumen geldes mer, wen ere gut wert sy .. ." 3 8 ° Es erscheint allerdings m.E. fraglich, ob man dies als Möglichkeit einer vertraglichen Haftungsbeschränkung anzusehen hat, da nur vorgesehen ist, daß die Gesellschafter sich im Innenverhältnis verpflichten, keine Schuldverbindlichkeiten einzugehen, die nicht durch das Gesellschaftsgut selber gedeckt sind, oder dessen Wert entsprechen. Bei Einhaltung dieser Verpflichtung entsteht zwangsläufig keine Haftung, die über das Gesellschafts375

Hach IV, S. 553 f.; Keutgen VSWG 4, 604. Keutgen VSWG 4, 605 m.w.N. 377 Lehmann ZHR 62, 318, 319; Rehme ZHR 42, 394; Keutgen VSWG 4, 604. 378 Dies bestätigen indirekt: Lehmann ZHR 62, 318, 319; Rehme ZHR 42, 394; Keutgen VSWG 4, 604, dadurch, daß sie ebenfalls für alle Gesellschafter undifferenziert diese Haftung annehmen. 379 Keutgen VSWG 4, 604. 380 Keutgen VSWG 4, 604. 376

94

C. Die Gesellschafterhaftung vom späten Mittelalter bis zur Neuzeit

vermögen bzw. dessen Wert hinausgeht. Entsprechend ist diese Bestimmung wohl nicht als Möglichkeit der Vereinbarung einer echten Haftungsbeschränkung anzusehen, sondern nur als eine im Innenverhältnis bestehende Verpflichtung zum Unterlassen bestimmter Rechtsgeschäfte, die damit allerdings, zumindest mittelbar, haftungsbeschränkende Wirkung hat. Im Ergebnis ist Keutgen allerdings insoweit zuzustimmen, als allein aus der Möglichkeit eine, wenn auch nur mittelbar entstehende Haftungsbeschränkung zu erreichen, auf das Bestehen eines unbeschränkten Haftungsumfanges zu schließen ist. Zur Frage des Haftungobjektes ergeben sich keine Anhaltspunkte für ein Abweichen von der allgemeinen Situation im Mittelalter wonach dies Vermögen und Person waren. 3 8 1 Bestätigt wird dies durch den eindeutigen Hinweis im Kodex auf das Bestehen einer Zahlungspflicht, „so verne alse sin gut kert". c) Keine eigenständige Verpflichtungswirkung und Haftung einer verselbständigten Gesellschaft aufgrund des Kodex Überprüft man den Kodex auf eine Aussage hinsichtlich des Bestehens einer eigenen Verpflichtung einer rechtlich verselbständigten Gesellschaft, so ergibt sich aus der vorgenannten Regelung, die eine Verpflichtungsmöglichkeit der Gesellschafter im Innenverhältnis vorsieht, keine Verpflichtungen einzugehen, „wen erer beider gut wert sy", daß hier ebenfalls vom Entstehen eines gemeinsamen Gesellschaftsgut ausgegangen w i r d . 3 8 2 Das Vorsehen einer solchen Möglichkeit macht allerdings nur dann Sinn, wenn nicht ohnehin eine Beschränkung der Haftung auf das Gesellschaftsvermögen bestand, so daß aus dieser Regelung im Umkehrschluß folgt, daß von einer derartigen Begrenzung offensichtlich nicht ausgegangen wurde. Der Segeberger Kodex von 1532 bestätigt daher, daß für die Zeit vor dem Erlaß gefundene Ergebnis, des Nichtbestehens einer eigenen Verpflichtung einer rechtlich verselbständigten Gesellschaft mit einem eigenen Haftungsvermögen bei den Gesellschaften des Hansegebietes.

4. Zusammenfassung Hinsichtlich der Verhältnisse im norddeutschen Wirtschaftsraum der Hanse ist festzuhalten, daß für die Verhältnisse der Zeit vor dem Segeberger Kodex durch das Quellenmaterial bereits keine Zusammenschlüsse do381

So auch Nirrnheim, Geldersen, S. XXXI bereits für die Zeit vor dem Segeberger Kodex. 382 Für die Zeit vor dem Kodex siehe oben, II. 2.

I . Gesellschafterhaftung

e

eresgesellschaften95

kumentiert sind, bei denen neben einer allseitigen Kapitalbeteiligung auch, entsprechend dem heutigen Kriterium einer oHG, eine gemeinsame Abwicklung der Geschäfte durch die Gesellschafter erfolgte. Darüberhinaus ergibt sich, entgegen der Ansicht von Keutgen, aus den Quellen auch kein sicherer Nachweis des Bestehens einer Verpflichtungswirkung und einer daraus resultierende Haftung zu Lasten aller Gesellschafter als Folge eines rechtsgeschäftlichen Handelns des Einzelnen. Zur Frage der Anerkennung einer in irgendeiner Weise rechtlich verselbständigten Gesellschaft als eigenem Verpflichtungsobjekt, mit einem Gesellschaftsvermögen, ist festzustellen, daß sich hierfür noch keinerlei Anhaltspunkte finden. Lediglich im internen Verhältnis zwischen den Gesellschaftern hatte sich die Annahme der Existenz einer solchen, vom Privatvermögen zu trennenden Vermögensmasse durchgesetzt. Eine eindeutige Aussage zur Haftungssituation ergibt sich erst aufgrund der Regelung im Segeberger Kodex von 1532, die das Bestehen einer Verpflichtungswirkung zu Lasten der Gesellschafter als Folge rechtsgeschäftlichen Handelns Einzelner ausdrücklich normiert und deren unbeschränkte Haftung mit ihrer Person und ihrem gesamten Privatvermögen angeordnet. Aus der dort vorgesehenen Möglichkeit einer internen Verpflichtung der Gesellschafter keine über den Wert des Gesellschaftsvermögen hinausgehende Verbindlichkeiten einzugehen ergibt sich, daß auch der Kodex noch nicht vom Bestehen einer Eigenständigkeit der Gesellschaft als eigenes Verpflichtungs- und Haftungsobjekt ausging.

I I I . Die Gesellschafterhaftung bei den Bergwerksgesellschaften in der Zeit vom Ende des 15. bis ca. Mitte des 16. Jahrhunderts Während es sich bei den bislang untersuchten nord- und süddeutschen Gesellschaften um Zusammenschlüsse gehandelt hat, die ausschließlich zum Zwecke des Handels mit Waren erfolgten, so umfaßte dagegen bei den Saigerhandelsgesellschaften die Geschäftstätigkeit darüberhinaus auch die Produktion bzw. Verarbeitung. 383 Benannt nach dem 1450 in Nürnberg erfundenen sog. Saigerverfahren, mit dem mittels Bleizugabe Silber aus Kupfererzen getrennt werden konnte, 3 8 4 handelten diese mit dem in diesem kostenintensiven Verfahren in großen Saigerhütten gewonnen Endprodukten Silber und entsilbertem sog. Garkupfer. 385 Anders als die Fernhandels383

Bauer, Unternehmungen, S. 91-101; Strieder, Organisationsformen, S. 46; Schimke, S. 46. 384 Strieder, Organisationsformen, S. 46; Möllenberg, Eroberung, S. 5; Möllenberg, Urkundsband, Einleitung, S. V; Mück, Geschichte, Bd. I, S. 55/56.

96

C. Die Gesellschafterhaftung vom späten Mittelalter bis zur Neuzeit

gesellschaften weisen die Ende des 15. bis ca. Mitte des 16. Jhds. aktiven Saigergesellschaften keinerlei familiäre Strukturen auf. Sie waren vielmehr Zusammenschlüsse von nicht näher verwandtschaftlich verbundenen Personen auf rein vertraglicher Grundlage, 386 bei denen es sich, anders als bei den nordeutschen Gesellschaften, oftmals auch um Nichtkaufleute gehandelt hat. 3 8 7 Für die Untersuchung der Haftung der Gesellschafter stehen als Quellenmaterial heute bereits recht zahlreich veröffentlichte Gesellschaftsverträge von Saigerhandelsgesellschaften, sowie weitere, insb. von Möllenberg und M ü c k 3 8 8 veröffentlichte Verträge und Handelskorrespondenz, zur Verfügung.

1. Struktur der Gesellschafter Auch wenn zwischen den Fernhandelsgesellschaften und den Saigergesellschaften einige wesentliche Unterscheidungskriterien, wie z.B die genannte Beteiligung von Nichtkaufleuten, festzustellen sind, so weisen die Strukturen beider doch eine relativ hohe Vergleichbarkeit auf. 3 8 9 Dies gilt auch für die Gesellschafter- und Beteiligungsstruktur der Saigergesellschaften, die der der Fernhandelsgesellschaften hinsichtlich des Bestehens von mehreren Kreisen von Gesellschaftern sowie den sonstigen Beteiligungsformen durchaus ähnlich war. Ebenso wie bei den Fernhandelsgesellschaften gab es bei den Bergwerksgesellschaften die sog. Prinzipalgesellschafter, 390 als die am Abschluß des Gesellschaftsvertrages unmittelbar Beteiligten, die in der Gesellschaftsvertragsurkunde genannt waren und diese auch unterzeichnet haben. 391 Als häufig nachweisbare 392 Beteiligungsform findet sich bei den Saigergesellschaften des weiteren eine Beteiligung Dritter zu Gewinn und Verlust, 385

Mück, Geschichte, Bd. I, S. 56. Bauer, Unternehmungen, S. 58. 387 Schimke, S. 46; Bauer, Unternehmungen, S. 58. 388 Möllenberg, Urkundsband, S. 1 f.; Mück, Geschichte, Bd. I, Beilagen, S. 1 ff.; Bd. II, S. 1 f. 389 Kammerer, S. 233; Bauer, Unternehmungen, S. 58; Schimke, S. 46 m.w.N. insb. auch bzgl. anderer Montangesellschaften. 390 Vgl. zu den unterschiedlichen Bezeichnungen in den Gesellschaftverträgen: Kammerer, S. 239/240. 391 Kammerer, S. 240. 392 Z.B. die Beteiligung der Eheleute Drahtzieher in Höhe von 2000 fl. am Geschäftsanteil des Hauptgesellschafters Dr. Letscher an der Arnstädter Gesellschaft von 1502, Möllenberg, Urkundsband, Nr. 11, S. 9 ff., oder die von Claus Bromm am Anteil der Gesellschafter Moshauer und Maienburg an der Steinacher Gesell386

III. Gesellschafterhaftung bei ergerksgesellschaften

97

die allerdings, anders als bei den Fernhandelsgesellschaften, nicht direkt an der Gesellschaft selber erfolgte, sondern vielmehr am Gesellschaftsanteil eines der Prinzipalgesellschafter. 393 Diese wurde dergestalt vorgenommen, daß der Hauptgesellschafter seinen Stammkapitalanteil entsprechend dem Betrag der Einlage des Dritten erhöhte. 394 Eine eindeutige rechtliche Qualifizierung dieses Rechtsverhältnisses zwischen der Gesellschaft und den Beteiligten erscheint allerdings schwierig. Bauer bezeichnet dieses z.B. als „indirekte stille Beteiligung". 3 9 5 Richtigerweise ist es jedoch entsprechend der Ansicht von Kammerer und Schimke am ehesten einer Unterbeteiligung vergleichbar. 396 Da hierbei allerdings keine unmittelbare Beteiligung am Gewinn und Verlust der eigentlichen „Hauptgesellschaft" besteht, 397 ist bei dieser Einlageform nicht von einer Gesellschafterstellung der Beteiligten auszugehen, 398 so daß diese bei der Untersuchung außer Betracht bleiben muß. Neben diesen (Unter-)Beteiligungen an Geschäftsanteilen von Prinzipalgesellschaftern finden sich jedoch auch bei den Saigergeseilschaften, den bei den Fernhandelsgesellschaften vergleichbare, direkte Beteiligungen zu Gewinn und Verlust. 399 Zu nennen ist hier z.B. die Einlage zu Gewinn und Verlust in Höhe von 2000 fl. ihres Faktors Kilian Melher an der Grünthaler Gesellschaft von 153 8 . 4 0 0 Des weiteren folgt dies auch aus den Formulierungen in dem Gesellschaftsvertrag der Arnstädter Gesellschaft von 1532, wo ausdrücklich von „frembden geselschafftern", bzw. „andere(n) unsere geselschaffter, so auch gelt in diser unser geselschafft zu gewin und verlust haben ligen, derer namen hierinnen nit benent" oder auch „die andern geselschafter, so in diesem bri ve nit benent" gesprochen w i r d . 4 0 1 Da diese Kapitaleinleger qua unmittelbarer Beteiligung am Gewinn und Verlust der Gesellschaft als Gesellschafter anzusehen sind, 4 0 2 die im übrigen auch aus-

schaft von 1537, Möllenberg, Urkundsband, Nr. 175, S. 299; des weiteren die Beispiele bei Schimke, S. 59 f., m.w.N. 393 Bauer, Unternehmungen, S. 158/159. 394 Bauer, Unternehmungen, S. 159; Schimke, S. 59. 395 Bauer, Unternehmungen, S. 158. 396 Kammerer, S. 240; Schimke, S. 59 f. 397 Vgl. ausführlich zum Begriff der Unterbeteiligung und der Abgrenzung zu verwandten Rechtsverhältnissen: Schimke, S. 19 f. 398 So ausdrücklich: Bauer, Unternehmungen, S. 63/64. 399 Kammerer, S. 241; Schimke, S. 62 spricht ebenfalls vom Vorhandensein „kommanditistischer Beteiligungen". 400 Grünthal 1538, Kammerer, Anhang, S. 33, Z. 219 f.; Kammerer, S. 241. 401 Arnstadt 1532, Kammerer, Anhang, S. 1, Z. 22 f.; S. 4, Z. 111 f., 114; Kammerer, S. 241. 402 Siehe hierzu die Darstellung bzgl.der Fernhandelsgesellschaften oben, I. 1. 7 Thomas

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C. Die Gesellschafterhaftung vom späten Mittelalter bis zur Neuzeit

drücklich in den Verträgen so bezeichnet werden, ist deren Haftungssituation daher zu untersuchen. Darüberhinaus hat Bauer auf die Existenz einer Sonderform von Einlagen hingewiesen, die seiner Ansicht nach „in der Mitte stehen zwischen Depositen und Einlagen zu Gewinn und Verlust". 4 0 3 Diese sind so gestaltet, daß entweder direkt bei der Gesellschaft oder bei dem Anteil eines Hauptgesellschafters eine Einlage erfolgt, die, so wie festverzinsliche Depositen, zeitlich befristet erfolgte und für die eine entsprechende Kündigungsfrist bestand. 404 Soweit solche Einlagen direkt bei der Gesellschaft erfolgt sind, ergibt sich allein durch die zeitliche Befristung, oder dem Bestehen einer Kündigungsmöglichkeit, keine Änderung im Hinblick darauf, daß diese Einleger wie bei den „reinen" Einlagen zu Gewinn und Verlust am wirtschaftlichen Risiko der Gesellschaft, wenn auch nur zeitlich befristet, bzw. im Hinblick auf die bestehende Kündigungsmöglichkeit etwas loser, beteiligt waren und damit als Gesellschafter anzusehen sind. 4 0 5 Die Haftungssituation bei dieser Sonderform wird im Rahmen der Untersuchung der der „normalen" Einlagegesellschafter zu Gewinn und Verlust jedoch mit erfaßt.

2. Die Verpflichtungswirkung rechtsgeschäftlichen Handelns bei den Saigergeseilschaften rechtsgeschäftlichen a) Das Bestehen einer Verpflichtungswirkung delns einzelner Gesellschafter und die hieraus Verpflichteten

Han-

aa) Die Regelungen in den Gesellschaftsverträgen Überprüft man die Gesellschaftsverträge der Saigergesellschaften auf Aussagen zum Bestehen einer Verpflichtungswirkung des rechtsgeschäftlichen Handelns Einzelner und zu der Frage, zu wessen Lasten - hinsichtlich der anderen Prinzipalgesellschafter und/oder der Gesellschaft als rechtlich verselbständigtem Verpflichtungssubjekt mit einem eigenen Vermögen ein Verpflichtungswirkung ggfls. eintrat, so ist zunächst festzustellen, daß auch in diesen 4 0 6 nicht zwischen interner Geschäftsführungsbefugnis und 403

Bauer, Unternehmungen, S. 64; Schmied, Frühkapitalismus, S. 65, Fn. 12. Als Beispiele für diese Sonderform verweist Bauer, Unternehmungen, Anm. 75, S. 160 auf die auf drei Jahre befristete Einlage Claus Bromms für einen variablen Zins von 7-8% entsprechend dem Gesellschaftsgewinn an den Geschäftsanteilen der Gesellschafter Moshauer und Meienburger der Steinacher Gesellschaft von 1537 und die des Jürg Hoffmann von 1551 mit einer vierteljährlichen Kündigungsfrist und einem festen Gewinnsatz von 10% an der Steinacher Gesellschaft. 405 Bauer, Unternehmungen, S. 161 will hingegen nicht klar erkennen können, ob es sich bei dieser Sonderform um eine Beteiligung an der Gesellschaft handelt, oder ob nur eine Gläubigerstellung besteht. 404

III. Gesellschafterhaftung bei Bergwerksgesellschaften

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externer Vertretungsmacht differenziert w i r d . 4 0 7 Von den hierzu vorhandenen Regelungen beziehen sich einige auf die Mitgesellschafter, während andere bestellte „Faktoren" der Gesellschaft betreffen. Diese waren die Leiter der im Zuge der Erweiterung der Geschäftsaktivitäten von allen mittelalterlichen Gesellschaften üblicherweise vom Stammsitz aus gegründeten Faktoreien. 4 0 8 Die ihnen obliegende Geschäftsführung stand zwar grundsätzlich in Abhängigkeit von der Zentrale und deren Direktiven, wegen der großen räulichen Entfernung zu dieser, und den schlechten Kommunikationsmitteln in dieser Zeit, erfolgte sie jedoch mit großer Unabhängigkeit und hoher Eigenverantwortlichkeit. 409 Die Faktoren waren dabei eigentlich Angestellte der Gesellschaften, bei besonders erfolgreicher Tätigkeit wurden sie jedoch auf verschiedenste Weise bis hin zur Aufnahme als Mitgesellschafter, an den Geschäftserfolgen beteiligt. 4 1 0 Siehe als Beispiel die Verschreibung Christoff Scheurls als Faktor der Welser-Vöhlin Gesellschaft abgedruckt bei Mayer S. 109 ff. Untersucht man zunächst die Bestimmungen der Verträge der Gesellschaften, die eine Geschäftsführung und Vertretung durch die Gesellschafter vorsehen, so enthält der Vertrag der Mansfelder Gesellschaft von 1472 hierzu eine Regelung, daß der Ankauf der für das Saigerverfahren notwendigen Materialien, insb. Kohlen und Holz, „gekauft und bestalt werden, uff koste, gewyne und verlust unser aller". Des weiteren, daß der mit der Geschäftsführung beauftragte Gesellschafter Koman „allen in der gesellschaft zugute verkeufen und vertreiben, auch pley in die hutten herwider schicken, doch auf unser aller k o s t u n g " 4 1 1 Aus diesen Hinweisen in den Verträgen auf eine umfassende Beteiligung und Involvierung „aller" an den genannten Rechtsgeschäften, die im Rahmen der gesellschaftlichen Aktivitäten erfolgten, ist zunächst auf den Willen der Vertragsparteien zu schließen, daß zumindest im Innenverhältnis von einer gleichmäßigen Lastenverteilung zwischen den Beteiligten ausgegangen wurde. Für das Bestehens einer entsprechenden Verpflichtungswirkung zu Lasten der Gesellschafter auch im Außenverhältnis können diese internen Regelungen nur eingeschränkt als Indizien gelten. Ein allerdings im Hinblick darauf, daß nur zwei Gesellschafter beteiligt sind, sehr schwacher Hinweis auf das Bestehen einer Verpflichtungswirkung zu Lasten der Gesellschafter ist des weiteren in der Bestimmung des Ver406 Ygi z u den Fernhandelsgesellschaften oben, I. 2. bb). 407 Kammerer, S. 281. 408 Ehrenberg, Fugger, S. 382; Vgl. zur sog. Faktoreiverfassung ausführlich: Bauer, Unternehmungen, S. 33 f. 409 Bauer, Unternehmungen, S. 34. 410 Ehrenberg, Fugger, S. 382; Mayer, S. 47. 411 Mansfeld 1472, Möllenberg, Urkundsband, S. 4. 7*

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C. Die Gesellschafterhaftung vom späten Mittelalter bis zur Neuzeit

träges der Grünthaler Gesellschaft von 1538 zu sehen, wo vorgesehen ist, daß die durch die Anstellung von Personal, wie z.B. einem „probierer" oder einem „buechhallter" begründeten Schuldverpflichtungen „uff gemainen cossten" erfolgen sollen und die Bestellung dem „darlegen beder partheyen" bedarf 4 1 2 Der Vertrag der Leutenberger Gesellschaft von 1524 bestimmt, daß jeder der Gesellschafter in den jeweiligen Niederlassungen „mit pesten vleis mit kaufen, verkaufen, Übersendung der gutter, Wechsel zu nehmen und zu geben, schuld zu erfordern und in allen anderen der gesellschaft zu nutz und gutem handeln" soll. 4 1 3 Anders als im vorherigen Vertrag wird hier jedoch nicht darauf Bezug genommen, daß die Geschäfte bzgl. aller einzelnen Gesellschafter vorgenommen werden, sondern hinsichtlich der Gesellschaft insgesamt. Dem entspricht die Regelung im zweiten Vertrag der Luderstädter Gesellschaft von 1536, wo es heißt, daß der geschäftsführende Gesellschafter Heinrich Scherl seine Tätigkeit „der ganzen geselschaft zu nutz und besten ausrichten" soll. 4 1 4 Keinerlei Bezugnahme bezüglich der Wirkung von rechtsgeschäftlichen Handlungen für die einzelnen Gesellschafter oder die Gesellschaft enthält der erste Vertrag der Hütte Luderstadt von 1536, sowie der nahezu wortgleiche Vertrag der Steinacher Gesellschaft von 1537. Hier heißt es nur, daß die vier geschäftsführenden Gesellschafter „in kaufen und vorkaufen und allem, was darunter zu handeln ist, die vorwaltunge haben, den handel getreulich treyben, fordern, tragen und vor«t 415

sorgen . Überprüft man des weiteren die Verträge der Gesellschaften, die eine Geschäftsführung durch bestellte Faktoren vorsehen, so ergibt sich allein aus dem Arnstädter Vertrag von 1502 ein Anhaltspunkt für das Bestehen einer Verpflichtungswirkung zu Lasten der Gesellschafter, wenn dort geregelt ist, daß die „knecht, die das kupfer und pley kaufen und verkaufen, auch die, so auf der hutten dasselbig seygern, koln, holcz und alle notturft, zu solichem unserm handel gehörende, bestellen und den vertrauen und gewalt von uns haben". 4 1 6 Aus dem Umstand, daß die Angestellten „gewalt" von allen Prinzipalgesellschaftern erhalten, folgt, daß die genannten Rechtsgeschäfte damit offensichtlich auch in deren Namen und für deren Rechnung vorgenommen werden sollten, so daß damit auch auf den Willen oder die Annahme einer Bindungswirkung für alle Vollmachtsgeber geschlossen werden kann. 412

Grünthal 1538, Kammerer, Anhang, S. 29, Z. 98-100. Leutenberg 1524, Möllenberg, Urkundsband, S. 27. 414 Luderstadt 1536 II, Möllenberg, Urkundsband, S. 201. 415 Luderstadt 1536 I, Möllenberg, Urkundsband, S. 194; Steinach 1537, Möllenberg, Urkundsband, S. 216. 416 Arnstadt 1502, Möllenberg, Urkundsband, S. 10. 413

III. Gesellschafterhaftung bei ergerksgesellschaften

101

Insgesamt ist als Ergebnis der Untersuchung der Gesellschaftsverträge zur Frage des Bestehens einer haftungsbegründenden Vertretungswirkung und der aufgrund dieser Verpflichteten festzuhalten, daß diese keine einheitliche Aussage zulassen. Während die genannten Anhaltspunkte in den Verträgen der Arnstädter von 1502 und der Grünthaler Gesellschaft von 1538, sowie der Vertrag der Mansfelder Gesellschaft von 1472 als einer der ältesten eher darauf hinweisen, daß eine Verpflichtung der einzelnen Gesellschafter durch das rechtsgeschäftliche Handeln Einzelner zumindest im Innenverhältnis gewollt war, bzw. angenommen wurde, sprechen die Bezugnahmen in den jüngeren Verträgen für das Bestehen einer solchen zu Lasten der „Gesellschaft". bb) Nachweise des Bestehens einer Verpflichtungswirkung zu Lasten der Gesellschafter aufgrund von Handelsverträgen, insb. den Kupferkauf und Verlagsverträgen Wie schon bei den Fernhandelsgesellschaften Süddeutschlands 417 ist zur Frage des Bestehens einer Verpflichtungswirkung auch bei den Saigerhandelsgesellschaften festzustellen, daß Quellenmaterial mit der Beweisqualität der Gerichtsurteile bzgl. den Basler Gesellschaften nicht vorliegt. Aus den Urkunden von verschiedenen Verträgen, an denen Saigergeseilschaften im Rahmen ihrer Handelsgeschäfte beteiligt waren, ergeben sich jedoch recht eindeutige Hinweise auf das Bestehen einer Verpflichtungswirkung bzgl. der einzelnen Gesellschafter. Zu nennen sind hier zunächst die Regelungen in den in großer Zahl abgeschlossenen418 Kupferkauf- und Verlagskontrakten. Gegenstand dieser Verträge zwischen den Saigergeseilschaften und den Hüttenmeistern, bzw. später, nach der Feuer- und Bergteilung von 1536 und der anschließenden Betriebsübernahme durch die Grafen Mansfeld, 4 1 9 mit diesen selber, war der Ankauf des noch abzubauenden Rohkupfers im voraus zu einem bereits fest vereinbarten Preis. Des weiteren wurde das für die Gewinnung erforderliche hohe Kapital den Produzenten vorgestreckt, 420 bzw. darlehnsweise zur Verfügung gestellt, mit der Maßgabe, daß nach Lieferung 4 2 1 des Kupfers eine Verrechnung mit dem hierfür zu zahlenden Kaufpreis erfolgen sollte. In diesen Verträgen ist in der Regel ausdrücklich vorgesehen, daß Vertragspartei auf Käuferseite der oder die abschließenden Gesellschafter und ihre Mitgesellschafter sind. Als Beispiel 4 2 2 sei hier zunächst die Formulierung des Kupferkaufvertrages vom 14. April 1524 zwi417 418 419 420 421

Siehe hierzu oben, I. 2. a) cc) (3). Mück, Geschichte, Bd. I, S. 113. Siehe hierzu ausführlich: Mück, Geschichte, Bd. I, S. 55 ff. Daher die Bezeichnung „Verlag", vgl. Mück, Geschichte, Bd. I, S. 102. Vgl. hierzu ausführlich Mück, Geschichte, Bd. I, S. 102 f.

102

C. Die Gesellschafterhaftung vom späten Mittelalter bis zur Neuzeit

sehen den Grafen Mansfeld und der Arnstädter Gesellschaft genannt, wo es heißt „Christof Fuerer als von wegen seiner Geselschafter des Saigerguthandels zu Arnstet". 4 2 3 Des weiteren die des Vertrages vom 9. März 1536 zwischen Hans Bruckner und Heinrich Scherl, die vorsieht, daß letzterer „vor mich und meine Geselschafter des nauen Saigerhüttenhandels zu Luderstadt" 424 handelt, sowie des Vertrages zwischen den Grafen Mansfeld und der Gesellschaft Eisfeld vom 12. Juni 1549, wo ebenfalls geregelt ist, daß der Vertragsabschluß mit den die Vertragsurkunde unterzeichnenden Gesellschaftern „nebst Mitgeselschaftern" 425 zustande kommt. Neben der expliziten Nennung der anderen, nicht unmittelbar am Vertragsabschluß beteiligten Gesellschafter als Vertragspartei ist aber auch ausdrücklich festgelegt, daß diese auch für die vertragliche Hauptverpflichtung der Gesellschaft, der Bezahlung des Rohkupfers zu dem vereinbarten Preis nach Abbau und Lieferung, einzustehen hatten. Entsprechend heißt es, als einem von vielen Beispielen im Vertrag zwischen den Grafen Mansfeld und Albrecht Letscher handelnd für die Arnstädter Gesellschaft vom 14. August 1528, „das bemelter Letzscher und seine Mitgeselschafter sullen und wollen solche Kupfer, ..., annemen und bezalen". 4 2 6 Eine wegen der großen Zahl von derartigen Verträgen nur überschlägig mögliche Überprüfung ergibt, daß die Mehrzahl der Verträge bei der Nennung der Vertragsparteien und hinsichtlich der Erfüllung der vereinbarten vertraglichen Leistungspflichten Bezugnahmen auf die einzelnen Gesellschafter aufweisen, es finden sich jedoch auch solche auf die Gesellschaft insgesamt. So sieht z.B. der Vertrag zwischen der Gesellschaft Luderstadt und Hans Bruckner vom 9. März 1536 zwar Heinrich Scherl handelnd für sich und seine Gesellschafter als Vertragspartner vor, spricht jedoch nachfolgend von einer Zahlungsverpflichtung „der Geselschaft". 427 Da sich die Einbeziehung der nicht am Vertragsabschluß beteiligten Gesellschafter und ausdrückliche Festlegung des Bestehens einer Eintrittsverpflichtung in der Mehrzahl der Kupferkaufverträgen und auch in Vereinbarungen mit anderen Inhalten 4 2 8 findet, spricht dies für eine haftungsbegrün422

Entsprechende Formulierungen finden sich in fast allen Verträgen, vgl. als weitere Beispiele Mück, Geschichte, Bd. II, S. 369 f., Nr. 269, 274, 276, 277, 280, 284, 297, 288. 423 Mück, Geschichte, Bd. II, S. 372, Nr. 275. 424 Mück, Geschichte, Bd. II, S. 389, Nr. 287. 425 Mück, Geschichte, Bd. II, S. 409, Nr. 299. 426 Auch dies findet sich mehr oder weniger deutlich in allen Verträgen, vgl. die Nachweise oben, Fn. 422. 427 Mück, Geschichte, Bd. II, S. 389, Nr. 287. 428 Vgl. z.B. den Syndikats vertrag zwischen den Saigergesellschaften vom 15. Dezember 1536, Mück, Geschichte, Bd. II, S. 390, Nr. 288.

III. Gesellschafterhaftung bei ergerksgesellschaften

103

dende Verpflichtungswirkung hinsichtlich des einzelnen Gesellschafters, bzw. deren Annahme durch die Vertragschließenden. Bestätigt wird dies auch durch den Wortlaut der Aufnahmeerklärung des Claus Bromm als Mitgesellschafter der Steinacher Gesellschaft vom 27. März 1553. Hier wird hinsichtlich der Folgen des Beitrittes festgelegt, daß „Und sol also alles hauptgelt und alles ander gelt ein gleich unzerteilt hauptgut sein, zu rechtem und gleichem gewinn und verlust, wie es gott schickt, sein und stehn, was einen in disem handel anlangt, so auch den anderen betreffen und als gleich geselschafter einer vor dem andern stehn, einem iden zu seiner hauptsumm a n

u429

men Diese allgemeine Regelung der Gesellschafter, daß nach Eintritt in die Gesellschaft das, was einen von ihnen im Rahmen der Gesellschaft „anlangt", auch die anderen „betreffen" sollte, läßt den Schluß zu, daß dies auch für etwaige Rechtsgeschäfte gelten sollte, mit der Folge, daß solche, die der Einzelne im Rahmen seiner Tätigkeit für die gemeinsame Gesellschaft abschloß, damit auch die anderen Gesellschafter im Sinne des Bestehens einer Bindungswirkung, „betrafen". Entsprechendes ergibt sich auch aus der weiteren Aufnahmeerklärung von Repräsentanten des Rates der Stadt Frankfurt a.M. in die Steinacher Gesellschaft vom 5. September 1554. Hier heißt es hinsichtlich der Eintrittsverpflichtung der Gesellschafter bzgl. der, allerdings bereits bestehenden Darlehnsverbindlichkeiten der Gesellschaft, d.h. „für alle geborgt heuptsumme, zins- ader wechselgelt", daß die neuen und alten Gesellschafter „zugleich ungesundert stehn". 4 3 0 Hierbei handelte es sich um Kapital, das im Rahmen der Gesellschaft und nicht durch einzelne Gesellschafter persönlich, von Dritten gegen Zinsen geliehen worden war, bzw. um allgemeine Wechselforderungen Dritter. Auch diese Regelung sieht daher im Hinblick auf den Neueintritt für die Zukunft der Gesellschaft eine grundsätzliche gemeinsame Eintrittsverpflichtung aller einzelner Gesellschafter für rechtsgeschäftliche Verbindlichkeiten vor. Ein konkreter Hinweis darauf, daß dies auch, bzw. insbesondere für solche gilt, die durch nur einen Gesellschafter begründet werden fehlt allerdings. Insgesamt ergeben sich aus diesen Quellen danach relativ deutliche Hinweise auf das Bestehen einer Vertretungswirkung bzgl. des einzelnen Gesellschafters.

429 430

Möllenberg, Urkundsband, Nr. 214, S. 350. Möllenberg, Urkundsband, Nr. 228, S. 368.

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C. Die Gesellschafterhaftung vom späten Mittelalter bis zur Neuzeit

cc) Keine Aufschlüsse aufgrund von Konkursen von Saigerhandeisgesellschaften; Indizien für das Bestehen einer Verpflichtungswirkung zu Lasten der Gesellschafter aus den Umständen des Zusammenbruches der Gesellschaft Steinach, Eisleben Anders als bei den Fernhandelsgesellschaften, bei denen aufgrund der Unterlagen über die zahlreichen Bankrotte Aussagen bzgl. des Vorliegens einer VerpflichtungsWirkung möglich sind, 4 3 1 besteht diese Möglichkeit bei den Saigergesellschaften nicht, da, soweit ersichtlich, bei diesen keine denen der Fernhandelsgesellschaften vergleichbare Konkursverfahren stattgefunden haben. 4 3 2 Obwohl es im Zuge des Rückganges des Saigerhandeis um das Jahr 1553 zur Auflösung der meisten Saigergesellschaften k a m , 4 3 3 ist kein Fall eines offiziellen Konkurses einer Gesellschaft bekannt geworden. Alle Beendigungen sind somit offensichtlich durch Aufteilung des nach Ausgleich der Schulden verbleibenden Gesellschaftsvermögens entsprechend den in den meisten Gesellschaftsverträgen enthaltenen Auseinandersetzungsregelung e n 4 3 4 erfolgt. Selbst der spektakuläre, zu einer schweren Finanzkrise der Stadt Frankfurt am M a i n 4 3 5 führende Zusammenbruch der zusammengesetzten Gesellschaft Steinach, Eisleben im Jahre 1556 war nicht mit einem Konkurs der Gesellschaft verbunden. Auslöser des Endes der Gesellschaft war ein Schreiben der Frankfurter Gesellschafter 436 an die Grafen Mansfeld als Mitgesellschafter vom 18. September 1556 4 3 7 mit dem diese, nach Bekanntwerden der schlechten wirtschaftlichen Lage der Gesellschaft, eine erst tags zuvor gegebene Zusage zur Bereitstellung einer Bürgschaft für die Gesellschaft zur weiteren Kapitalbeschaffung widerriefen. Diese Mitteilung wurden von den Grafen als Aufkündigung der Gesellschaft geweitet, mit der Folge, daß diese ihren Betrieb einstellte und in Liquidation trat. 4 3 8 Ursache des Scheiterns dieser Gesellschaft war, neben anderen Gründen, wie z.B. die Bilanzverschleierung durch die alten Gesellschafter der Stei431

Siehe oben, I. 2. a) cc) (5). Siehe oben, I. 2. a) cc) (5). 433 Möllenberg, Krisis, S. 4. 434 Vgl. zu den Auseinandersetzungsregelungen in den Verträgen die Darstellung von Kammerer, S. 297 ff. 435 Bothe, S. 60 f.; Möllenberg, Krisis, S. 10. 436 Bothe, S. 60. 437 Möllenberg, Urkundsband, Nr. 247, S. 390. 438 Möllenberg, Krisis, S. 9 f., 13. 432

III. Gesellschafterhaftung bei Β erg Werksgesellschaften

105

nacher Gesellschaft, deren Geschäftsbetrieb in die „zusammengesetzte" Gesellschaft überführt worden w a r , 4 3 9 daß man seitens der Gesellschafter angesichts des wegen der hohen Betriebskosten bestehenden Kapitalbedarfes in zu starkem Umfang Fremdkapital in Anspruch genommen hatte. 4 4 0 Dies hatte zur Folge, daß in wirtschaftlich schlechten Zeiten die Ansprüche der Geldgeber auf Verzinsung nicht mehr befriedigt werden konnten, was zu einem enormen Anstieg der Verbindlichkeiten führte. 4 4 1 Auch wenn der Zusammenbruch der Gesellschaft zugleich den wirtschaftlichen Ruin einzelner Prinzipalgesellschafter bedeutet hat, so ist festzustellen, daß dieser hingegen, anders als bei den betroffenen Gesellschaftern von Fernhandelsgesellschaften nicht auf eine Inanspruchnahme der Gesellschafter durch Gläubiger von Verbindlichkeiten aus dem operativen Handelsgeschäft der Gesellschaft zurückzuführen war. So war z.B. der finanzielle Bankrott des Claus B r o m m 4 4 2 zum einen im nachhaltigen Verlust des in die Gesellschaft aus eigenen Mitteln eingelegten Kapitals begründet, darüberhinaus aber auch in dem Umstand, daß seine Einlagen als Prinzipalgesellschafter in die Gesellschaft in erheblichem Maße aus fremdem, gegen Übernahme einer Zinsverpflichtung bzw. eines Dividendeversprechens geliehenem Kapital erfolgt waren, 4 4 3 und entsprechend eine persönliche Inanspruchnahme durch die Kapitalgeber auf Zahlung der Zinsen und später auf Rückzahlung der Beträge erfolgte. 4 4 4 Ein Bestätigung der Annahme des Bestehens einer haftungsbegründenden Vertretungswirkung ergibt sich allerdings aus dem Umstand dieses Zusammenbruches einer Saigergesellschaft, daß Gegenstand der in der Folgezeit zwischen den beteiligten Gesellschaftern geführten intensiven Verhandlungen über eine Auseinandersetzung auch der Ausgleich der Zins- und Wechselforderungen von Gläubigern der Gesellschaft w a r . 4 4 5 Alle beteiligten Gesellschafter sind danach, so wie ja im übrigen auch in der Aufnahmeerklärung bzgl. der Repräsentanten der Stadt Frankfurt vom 5. September 1554 formuliert, 4 4 6 von einer letztendlichen Eintrittsverpflichtung für diese Verbindlichkeiten und damit auch einer entsprechenden Vertretungswirkung 439

Möllenberg, Krisis, S. 7/8. Schmied, Frühkapitalismus, S. 48. 441 So belief sich die Schuldenlast der Gesellschaft vor dem Zusammenbruch 1566 auf 2.721.916 fl., Möllenberg, Krisis, S. 32; Schmied, Frühkapitalismus, S. 48. 442 Bothe, S. 57, 60 f. 443 Außer verschiedenen Patriziern der Stadt Frankfurt, wie z.B auch sein Bruder Hans Bromm, war wesentlicher Kapitalgeber von Claus Bromm mit einer Gesamtsumme von zuletzt 150.000 Gulden der Rat der Stadt Frankfurt selber, vgl. Bothe, S. 60 f. 444 Bothe, S. 60 f. 445 Möllenberg, Krisis, S. 22 f. 446 Möllenberg, Urkundsband, Nr. 228, S. 368 und oben, III. 2.a) bb). 440

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C. Die Gesellschafterhaftung vom späten Mittelalter bis zur Neuzeit

auch noch nach der Kündigung des Gesellschaftsvertrages offensichtlich 447

ausgegangen. Unklar bleibt allerdings auch hier, ob diese direkt bzgl. des einzelnen Gesellschafters bestand, oder hinsichtlich der Gesellschaft als eigenständig Verpflichteter. Auf die Geltendmachung der Zins- und Wechselgeldforderungen hin, die wohl durch die Gläubiger zunächst gegenüber „der Gesellschaft" erfolgt ist, sahen die Gesellschafter sich zur Aufnahme weiterer Kredite veranlaßt, die der Gesellschaft, wohl im Zuge der gesellschaftsvertraglich vereinbarten Nachschußverpflichtung 448 zum Ausgleich der Forderungen sofort zur Verfügung gestellt wurden. 4 4 9 Eine Aussage dazu, ob auch die Möglichkeit einer direkten Inanspruchnahme und damit Haftung des einzelnen Gesellschafters bestand, ist hingegen nicht möglich. dd) Keine Verpflichtungswirkung zu Lasten einer rechtlich verselbständigten Gesellschaft als eigenem Verpflichtungsobjekt Zur Frage des Bestehens einer Verpflichtungswirkung zu Lasten der Gesellschaften als eigenständigem Verpflichtungssubjekt ist aufgrund der Quellen zunächst festzustellen, daß, während die älteren Verträge der Hütte Mansfeld 1472 und Arnstadt 1502 noch Bezugnahmen auf die einzelnen Gesellschafter aufweisen, sich in den jüngeren überwiegend solche auf „die Gesellschaft" finden. Aus den Gesellschaftsverträgen ergibt sich des weiteren, daß sich bei den Saigergesellschaften auch der Gedanke eines aus den Einlagen der Gesellschafter entstehenden Gesellschaftsvermögens als Sondervermögensmasse 450 herausgebildet hatte das dort als „eingelegtes Geld", „Hauptgeld", oder „Haupt- und Handelsgut" bezeichnet w i r d . 4 5 1 Da diese auch bereits weitere Elemente der heutigen Aktiengesellschaft aufweisen, 452 hat Schimke sie zutreffend auch als Kapitalassoziationen im Gegensatz zu den als reine Personalassoziationen anzusehenden Fernhandelsgesellschaften charakterisiert. 453 Der festgestellte Wechsel der Bezugnahmen dokumentiert 447

S. 161.

Möllenberg,

Krisis, S. 22; So wohl auch: Bauer, Unternehmungen, Anm. 77,

448 Vgl. zu den Regelungen hinsichtlich der Nachschußpflicht der Gesellschafter die ausführliche Darstellung bei Kammerer, S. 253 f. 449 Möllenberg, Krisis, S. 21 f. 450 Kammerer, S. 284. 451 Vgl. die Aufzählung der verschiedenen Begriffe mit Nachweisen in den Verträgen bei Kammerer, S. 247. 452 Z.B. die Form der Kapitalbeschaffung, die jährliche Gesellschafterversammlung, vgl. Strieder, Organisationsformen, S. 110; Möllenberg, Eroberung, S. VI; Schimke, S. 46 m.w.N.

III. Gesellschafterhaftung bei

ergerksgesellschaften

107

damit möglicherweise eine im Untersuchungszeitraum erfolgte Entwicklung der Betrachtung der Saigergesellschaften. Der anfänglich in Anlehnung an die Fernhandelsgesellschaften bestehende Charakter als Personalassoziation wandelte sich in der Betrachtungsweise zu dem einer Kapitalassoziation verbunden mit einer zunehmenden Personalisierung und Verselbständigung als eigene Rechtspersönlichkeit. Trotz der aufgrund dieser Feststellungen unverkennbaren Tendenz einer rechtlichen Verselbständigung bei den Saigergesellschaften, ist der Nachweis einer generell auf das Gesellschaftsvermögen als Sondervermögen beschränkten Haftung nicht möglich. Mangels gesetzlicher Anerkennung sind sie auch nicht als eigenständige juristische Person und damit selbständiges Verpflichtungsobjekt anzusehen. 454 Bauer hat hierzu zutreffend darauf hingewiesen, daß der Gedanke einer auf das Gesellschaftsvermögen gehalten von einer selbständigen „juristischen" Person beschränkten Haftung dem Gesellschaftsrecht des Untersuchungszeitraumes noch vollkommen fremd war. 4 5 5 ee) Die Ansichten von Bauer und Kammerer bzgl. des Bestehens einer Verpflichtungswirkung und der Verpflichteten In der Literatur finden sich nur sehr wenige Stellungnahmen zur Frage des Bestehens einer Verpflichtungswirkung und zur Haftung der Gesellschafter der Saigergesellschaften allgemein. Bauer geht unter Hinweis auf die Formulierungen im Vertrag bzgl. der Aufnahme der Frankfurter Gruppe in die Steinacher Gesellschaft allgemein von einer Solidarhaftung der Gesellschafter aus. 4 5 6 Des weiteren vertritt er, allerdings ohne nähere Begründung, die Auffassung, daß im Anschluß an die Berechtigung und Verpflichtung zur Mitarbeit, eine generelle Vertretungsbefugnis der Prinzipalgesellschafter mit der Folge gegeben war, daß eine haftungsbegründende Vertretungswirkung zu Lasten der Gesellschaft und nicht der einzelnen Gesellschafter bestand. 457 Auch Kammerer geht im Rahmen seiner Darstellung vom Vorliegen einer solchen Wirkung aus und verweist zur Begründung auf die noch zu untersuchenden Regelungen in den reformierten Stadtrechten und die allgemeine historische Entwicklung des Vertretungsrechtes aus dem gemeinen Recht. 4 5 8 453 454 455 456 457 458

Schimke, S. 63. Bauer, Unternehmungen, Bauer, Unternehmungen, Bauer, Unternehmungen, Bauer, Unternehmungen, Kammerer, S. 280/281.

S. 81. S. 86. Anm. 77, S. 161. S. 68.

108

C. Die Gesellschafterhaftung vom späten Mittelalter bis zur Neuzeit

Insgesamt läßt er jedoch offen, ob diese bei rechtsgeschäftlichem Handeln einzelner Gesellschafter zu Lasten der Gesellschaft oder der Gesellschafter bestanden hat. 4 5 9 Vor dem Hintergrund der aufgrund der Quellen feststellbaren Tendenz einer Verselbständigung der Saigergesellschaften erscheint die diesbezügliche Unschärfe beider Literaturmeinungen erklärbar. Nachweise für die Richtigkeit ihrer Ansichten anhand von Quellenmaterial erbringen jedenfalls weder Kammerer noch Bauer. b) Haftungsbegründende Vertretungswirkung bzgl Einlagegesellschaftern aa) Hinweise auf das Bestehen einer Verpflichtungswirkung im Vertrag der Gesellschaft Arnstadt vom 1. April 1532 Wie auch bei den Fernhandelsgesellschaften, 460 werden die Gesellschafter mit Einlagen zu Gewinn und Verlust in den Gesellschaftsverträgen überhaupt nur sehr sporadisch erwähnt. Einige Anhaltspunkte hinsichtlich ihrer Rechtsstellung finden sich im Vertrag der Arnstädter Gesellschaft von 1532, wo z.B. festgelegt ist, daß die Einlagegesellschafter keinerlei Mitspracherecht in Angelegenheiten der Gesellschaft hatten und von der Geschäftsführung vollkommen ausgeschlossen waren. 4 6 1 Aufgrund dessen bestand auch hier für die Vertragsschließenden keinerlei Notwendigkeit Regelungen bzgl. Handlungsbefugnissen und etwaigen Auswirkungen und Folgen für die Einlagegesellschafter zu treffen. 462 Ein Hinweis darauf, daß man grundsätzlich von einer Eintrittsverpflichtung beider Gesellschafterkreise ausging, ergibt sich aus einer Regelung, mit der anläßlich des Neuabschlusses des Gesellschaftsvertrages 1532 eine NichtVerantwortlichkeit der Einlagegesellschafter für die Altverbindlichkeiten der bereits 1502 gegründeten Gesellschaft festgelegt w i r d . 4 6 3 Hier heißt es: „Wir sollen und wollen sie, die frembden geselschafter, mit keinen alten gemachten schulden, so auf disen tag fur bos geacht mocht werden, nit beschweren noch 459

Kammerer spricht auf S. 280 stets von einer Verpflichtung „der Gesellschaft", auf S. 281 dann jedoch von einer solchen der einzelnen Gesellschafter. 460 Siehe hierzu oben, I. 2. b). 461 Kammerer, S. 240, vgl. die Regelungen im Vertrag Arnstadt 1532, Kammerer, Anhang, S. 4, Z. 109 ff., 133 ff. 462 Siehe hierzu oben, I. 2. b). 463 Ygi Möllenberg, Eroberung, S. 18, der diese Regelung auf „stille Gesellschafter" bezieht, ohne daß er zwischen echten Einlagen zu Gewinn und Verlust und der bei den Saigergesellschaften spezifischen Unterbeteiligung durch Kapitalanlage über einen Hauptgesellschafter differenziert, siehe oben, III. 1.

III. Gesellschafterhaftung bei Β erg Werksgesellschaften

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inen eynigen nachtheil oder beschwerdt ausserhalb unser eins nit awflegen noch sie damit belestigen, sunder es sol bei eeren und gutem kaufmans glawben derselbigen yeder in massen unser einer gehalten werden." 464 M i t der hier erwähnten „beschwerdt ausserhalb unser eins", die grundsätzlich für möglich angesehen wird und von der die Einlagesellschafter entsprechend freigestellt werden sollen, ist offensichtlich eine Inanspruchnahme durch Dritte gemeint. Wenn aber für die Altverbindlichkeiten ein ausdrücklicher Ausschluß hinsichtlich der Einlagesellschafter vereinbart wird, so läßt dies den Umkehrschluß zu, daß für die neuen Verbindlichkeiten eine Eintrittsverpflichtung bestand und damit auch eine Verpflichtungswirkung gegeben war, bzw. man davon ausging. bb) Keine uneingeschränkte Übertragbarkeit und Anwendbarkeit des Inhaltes des Privileges Friedrich III. auf die Einlagegesellschafter der Saigergesellschaften Überprüft man, mangels der Möglichkeit von Aussagen aufgrund von Konkursen 4 6 5 und sonstiger Quellennachweise, das Privileg Friedrich III. von 1464, so ist zunächst festzustellen, daß die dort genannten Kriterien bzgl. des neben den Prinzipalgesellschaftern genannten zweiten Kreises von Personen auch auf die Einlagegesellschafter der Saigergesellschaften zutreffen. Diese werden in den Gesellschaftsverträgen nicht genannt, 466 waren daher „an geding" mit Einlagen zu Gewinn und Verlust beteiligt und des weiteren auch von der Geschäftsführung und jeglicher Einflußnahme ausgeschlossen. Entsprechend gehen in der Literatur Kammerer und wohl auch Bauer allgemein von einer gleichen, den Regelungen des Privileges entsprechenden Haftungssituation der Einlagegesellschafter der Fernhandels- und der Saigergesellschaften aus. 4 6 7 Dem ist insoweit zuzustimmen, als, auch wenn sich im Privileg Bezugnahmen auf Handel und „kaufmannschaft" finden, 4 6 8 sich aus dessen Wortlaut, insbesondere aufgrund der allgemeinen Bezugnahmen auf Gesellschaften, insgesamt nicht zwingend ergibt, daß die Anordnungen ausschließlich bzgl. (Fern-)Handelsgesellschaften getroffen werden sollten, so daß einer direkten Anwendbarkeit auch auf die Saigergesellschaften nichts entgegen464

Arnstadt 1532, Kammerer, Anhang, S. 4, Z. 114-119. Siehe oben, III. 2. a) cc). 466 So ausdrücklich festgestellt im Vertrag Arnstadt 1532, Kammerer, Anhang, S. 1,Z. 22 f.; S. 4, Z. 111 f., 114. 467 Kammerer, S. 289 f.; Bauer, S. 66 f., dessen Ausführungen hierauf schließen lassen, ohne daß eine eindeutige Aussage bzgl. der Saigergesellschaften erfolgt. 468 Ygj d e n Wortlaut der Anordnung des Privileges, die „handels und kauffmanschaft wegen" erfolgt ist, Bauer, Anhang Nr. 1, S. 129. 465

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C. Die Gesellschafterhaftung vom späten Mittelalter bis zur Neuzeit

steht. Das Grundlage der Privilegerteilung speziell Fernhandelsgesellschaften waren, ergibt sich auch nicht aus dem in der narratio genannten Regelungsanlaß, wonach Einleger nach der Flucht der handelnden Hauptgesellschafter für Gesellschaftsverbindlichkeiten verantwortlich gemacht wurden, da Nachweise über derartige Fälle weder für die Fern- 4 6 9 noch für die wenigen Saigergesellschaften existieren. Überträgt man das hinsichtlich der Einlagegesellschafter der Fernhandelsgesellschafter gefundene Ergebnis, so ergibt sich danach aufgrund des Wortlautes des Privileges das Bestehen einer haftungsbegründenden Wirkung des rechtsgeschäftlichen Handelns einzelner Prinzipalgesellschafter auch zu Lasten der Einlagegesellschafter der Saigergesellschaften. 470 Dies erscheint bei den frühen zeitnah zur Privilegerteilung gegründeten Gesellschaften wie z.B. Mansfeld 1472 und Arnstadt 1502 bei denen, wie gezeigt, aufgrund der Bezugnahmen auf die individuellen Gesellschafter in den Gesellschaftsverträgen noch stärker den Charakter einer Personalassoziation der Beteiligten bestand plausibel und richtig, wenn auch ein letztverbindlicher Nachweis hierfür nicht erbracht werden kann. Eine generelle Übertragung des Inhaltes des Privileges auf die Saigergesellschaften ist jedoch aufgrund der im Untersuchungszeitraum feststellbar e n 4 7 1 Tendenz einer Entwicklung hin zu Kapitalassoziationen sehr fraglich. Im Rahmen der Weiterentwicklung des Charakters der Gesellschaften mit einer beginnenden Verfestigung der Betrachtung der Gesellschaften durch alle Beteiligten als eigenen Rechtspersonen steht zu vermuten, daß die ursprünglich persönlichen Verpflichtungen und entsprechend auch die Haftung der individuellen Gesellschafter möglicherweise nach und nach in den Hintergrund getreten ist. Dies wäre damit auch eine denkbare Erklärung für den Umstand, daß eine Inanspruchnahme von Gesellschaftern nicht, bzw. nicht nachweislich erfolgt ist. Im Ergebnis ist demnach festzustellen, daß die Einlagesellschafter der Saigergesellschaften zwar den Kriterien des Privileges hinsichtlich des zweiten Personenkreises entsprechen, daß eine uneingeschränkte Übertragung des Inhaltes bzw. Anwendung im Hinblick auf die feststellbare Entwicklung des Charakters der Gesellschaften fraglich erscheint. Ein verbindlicher Nachweis dafür, daß die Regelungen des Privileges bei den Saigergesellschaften Anwendung gefunden haben, ist hingegen nicht erbringbar, so daß insoweit insgesamt nur eine eingeschränkte Aussage bzgl. des Bestehens einer haftungsbegründenden Vertretungswirkung hinsichtlich der Einlagegesellschafter getroffen werden kann. 469 470 471

Siehe oben, I. 2. b). Siehe hierzu oben, I. 2. b). Siehe oben, III. 2. a) dd).

III. Gesellschafterhaftung bei ergerksgesellschaften

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3. Haftungsumfang und Objekt a) Prinzipalgesellschafter aa) Anhaltspunkte für einen unbeschränkten Haftungsumfang in den verschiedenen Quellen Überprüft man die zugänglichen Verträge der Gesellschaften Mansfeld 1472 und - eingeschränkt - Grünthal 1538 auf Aussagen zur Frage des Haftungsumfanges, so ist dort vorgesehen, daß der Erwerb der für den Betrieb notwendigen Materialien „uff koste, ... unser a l l e r " 4 7 2 erfolgen sollte, bzw. die Personaleinstellungen „uff gemainen cossten" vorgenommen werden sollten. Da diese Formulierungen, ebenso wie die Verträge insgesamt, keinerlei Hinweise auf eine Beschränkung der Eintrittsverpflichtung der Gesellschafter bzgl. der genannten Kosten oder der Haftung allgemein enthalten, scheinen die Verfasser von einem unbeschränkten Haftungsumfang ausgegangen zu sein. Ebensowenig finden sich in den zahlreichen Kupferkauf- und Verlagskontrakten, deren Regelungen auf das Bestehen einer haftungsbegründenden Vertretungswirkung des einzelnen Gesellschafters hinweisen, Anhaltspunkte für eine Begrenzung der Eintrittsverpflichtung und Haftung für die vertraglich übernommen Zahlungsverbindlichkeiten. Eine positive Bestätigung findet der Rückschluß aus dem NichtVorliegen von Beschränkungsregelungen auf einen unbeschränkten Haftungsumfang durch die Bestimmungen des Vertrages bzgl. der Aufnahme der Gruppe der Frankfurter Gesellschafter in die Steinacher Gesellschaft, aufgrund derer in der Literatur auch Bauer 4 7 3 wohl von einer unbeschränkten, solidarischen Haftung der Gesellschafter ausgeht. Diese sehen vor, daß die neueintretenden Gesellschafter sowohl für die ausdrücklich genannten Verbindlichkeiten der „geborgt heubtsumme, zins- ader Wechselgeld zugleich ungesunden", als auch allgemein für „Schaden und Nachteil nach anzal unser heubtguter ungesunder!" einzustehen hatten. Mangels anderer Anhaltspunkte ist davon auszugehen, daß damit eine Gleichstellung der Situation der Neu- mit der bestehenden der Altgesellschafter festgelegt worden i s t , 4 7 4 so daß die Regelung als eine Beschreibung des Haftungsumfanges der einzelnen Gesellschafter anzusehen ist. Die Festlegung einer „ungesunderten" Verantwortlichkeit für die Verbindlichkeiten und Schulden der Gesellschaft bestätigt die Ver-

472 473 474

Mansfeld 1472, Möllenberg, Urkundsband, S. 4. Bauer; Unternehmungen, Anm. 77, S. 161. So auch: Bauer, Unternehmungen, S. 66.

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C. Die Gesellschafterhaftung vom späten Mittelalter bis zur Neuzeit

einbarung bzw. die Annahme einer unbeschränkten Haftung der Gesellschafter. 475 Ergänzende Aussagen zum bestehenden Haftungsumfang sind mangels Berichten über Konkurse von Saigergesellschaften oder auch nur über eine Geltendmachung von Haftungsansprüchen durch Inanspruchnahme von Gesellschaftern für Gesellschaftsverbindlichkeiten durch Gläubiger nicht möglich. Aufgrund der Umstände des Zusammenbruches der zusammengesetzten Gesellschaft Eisfeld und Steinach ist, unabhängig von der Haftungsfrage, lediglich festzustellen, daß die Gesellschafter in Erfüllung ihrer gesellschaftsvertraglichen Nachschußverpflichtung sich jedenfalls gezwungen sahen, zunächst ihr Privatvermögen einzusetzen und nach dessen Verbrauch weiteres Kapital gegen hohe Zinsen aufzunehmen. 476 bb) Unbeschränkter Haftungsumfang nach Ansicht von Bauer und Kammerer Neben der vorgenannten, eher beiläufigen und nicht näher ausgeführten oder begründeten Aussage von Bauer kommt in der Literatur des weiteren Kammerer zu dem ausdrücklichen 477 Ergebnis der Annahme des Bestehens einer unbeschränkten, solidarischen Haftung der Prinzipalgesellschafter der Saigergesellschaften. 478 Zur Begründung verweist er neben den noch zu untersuchenden Regelungen der Stadtrechtsreformationen auf die Konkurse der süddeutschen Fernhandelsgesellschaften. Darüberhinaus wertet er in den Gesellschaftsverträgen enthaltene Nachschußverpflichtungen, sowie solche zum Schuldenausgleich durch die Gesellschafter anläßlich der Auflösung der Gesellschaft, als Anhaltspunkte, aufgrund derer sich dieser Haftungsumfang mittelbar ergibt. 4 7 9 Es erscheint m.E. jedoch fraglich, ob aufgrund der Erkenntnisse aus den Konkursen der Fernhandelsgesellschaften 480 tatsächlich Rückschlüsse auf die Haftungssituation der Gesellschafter der Saigergesellschaften möglich sind. Zwar weisen beide durchaus strukturelle Ähnlichkeiten auf, die festgestellte Charakterisierung der Grundstrukturen als Personalassoziation einer475

Bauer; Unternehmungen, Anm. 77, S. 161. Möllenberg, Krisis, S. 22, Fn. 1), der auf eine entsprechende weitere Kapitalaufnahme der Frankfurter Gesellschafter Rauscher, Bromm und Moshauer hinweist; Bothe, S. 59 f.; Schmied, Frühkapitalismus, S. 48. 477 So wohl auch ohne nähere Begründung: Schmied, Frühkapitalismus, S. 45, 46 u. Möllenberg, Eroberung, S. VI. 478 Kammerer, S. 289 f. 479 Arnstadt 1532, Kammerer, Anhang, S. 2, Z. 50 ff., 56.f.; Arnstadt 1537, Kammerer, Anhang, S. 22, Z. 86 ff., 91; Kammerer, S. 290, Fn. 1). 480 Siehe hierzu oben, I. 2. a) cc) (5). 476

III. Gesellschafterhaftung bei ergerksgesellschaften

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seits und Kapitalassoziation andererseits zwingt jedoch zu einer differenzierten Betrachtung bei der Haftungsfrage, so daß die Erkenntnisse aus den Konkursen der Fernhandelsgesellschaften nicht ohne weiteres übertragbar sind. Dies umso mehr, als keine Unterlagen über solche von Saigergesellschaften vorhanden sind und darüberhinaus auch jegliche Nachweise über eine direkte Inanspruchnahme der Gesellschafter durch Gesellschaftsgläubiger fehlen 4 8 1 Zweifelhaft ist des weiteren der Ansatz von Kammerer, einen unbeschränkten Haftungsumfang aus den in den Verträgen enthaltenen Regelung e n 4 8 2 bzgl. Verlusttragungs- und NachschußVerpflichtungen der Gesellschafter während der Dauer und bei Beendigung der Gesellschaft herzuleiten und nachzuweisen. Die nur die interne Lastenverteilung bestimmenden Gewinn- und Verlust-, sowie Auseinandersetzungsregelungen zwischen den Gesellschaftern haben begrifflich nichts mit der Frage bzgl. deren Haftung im Außenverhältnis gegenüber Gläubigern der Gesellschaft zu tun, 4 8 3 so daß sich aus diesen auch keine Aussagen zur Frage des Haftungsumfanges ergeben. Im Ergebnis läßt sich daher aufgrund der Quellen nur sehr eingeschränkt eine Aussage zum Haftungsumfang der Gesellschafter der Saigergesellschaften machen. Einzig aufgrund des Fehlens von Beschränkungen in den Kupferkauf- und Verlagsverträgen, sowie der Vereinbarungen bzgl. des Eintrittes der Frankfurter Gesellschafter in die Steinacher Gesellschaft sind Rückschlüsse auf einen unbeschränkten solidarischen Haftungsumfang möglich. Keine Aussagen lassen sich aufgrund des Quellenmaterials zur Frage des Haftungsobjektes treffen, so daß mangels entgegenstehender Anhaltspunkte davon ausgegangen werden kann, daß entsprechend der allgemeinen damaligen Situation, wie bei der Untersuchung der Fernhandelsgesellschafter gezeigt, 4 8 4 die Person bzw. das Vermögen der Gesellschafter prinzipiell Haftungsobjekt für die Gläubiger war. b) Einlagegesellschafter Ergibt sich bei den Fernhandelsgesellschaften in der dargestellten Regelung des Höchstettervertrages noch ein Hinweis aufgrund eines Gesellschaftsvertrages auf einen an der Einlage orientierten beschränkten Haf481

Siehe hierzu oben, III. 2. a) cc). Vgl. z.B. Leutenberg 1524, Möllenberg, Urkundsband, S. 29; Luderstadt I 1536, Möllenberg, Urkundsband, S. 195; Kammerer, S. 253 m.w.N. 483 Eisenhardt, GesellschaftsR, 8. Aufl., S. 132, Rz. 239. 484 Siehe hierzu oben, I. 3. b) bb). 482

8 Thomas

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C. Die Gesellschafterhaftung vom späten Mittelalter bis zur Neuzeit

tungsumfang der Einlagegesellschafter, so fehlen in den Verträgen der Saigergesellschaften hierfür jegliche Anhaltspunkte. In der Literatur findet sich nur von Kammerer eine ausdrückliche Aussage zum Haftungsumfang, 485 der von einer auf die Höhe der Kapitaleinlage beschränkten Haftung ausgeht. Ebenso wie den unbeschränkten Haftungsumfang der Prinzipalgesellschafter, sieht er diesen durch die dem Privileg von 1464 folgenden Stadtrechtsreformationen, sowie die Konkurse der Fernhandelsgesellschaften bestätigt. 486 Wie dargestellt, 487 erscheinen Rückschlüsse auf die Haftungssituation der Gesellschafter der Saigergesellschaften aufgrund der Konkurse der Fernhandelsgesellschaften sehr fraglich, so daß sich außerhalb der Regelungen der Stadtrechtsreformationen mangels anderer Hinweise in den Quellen, nur der Inhalt des Privileges von 1464 zur Frage des Haftungsumfanges der Einlagegesellschafter heranziehen läßt. Insoweit ist auf die Ausführungen zur Frage der Anwendbarkeit des Privileges auf die Einlagegesellschafter der Bergwerksgesellschaften und die Übertragung der hinsichtlich der Fernhandelsgesellschafter zum Vorliegen einer Verpflichtungswirkung gefundenen Ergebnisse auf die Gesellschafter der Saigergesellschaften zu verweisen. 488 Die Annahme eines entsprechend dem Inhalt des Privileges betragsmäßig beschränkten Haftungsumfanges der Einlagegesellschafter 489 erscheint aufgrund der zunehmenden Entwicklung der Eigenständigkeit der Gesellschaften danach nicht uneingeschränkt möglich. Ein verbindlicher Nachweis aufgrund von Quellen ist jedenfalls auch hier nicht zu führen.

4. Zusammenfassung Als Ergebnis der Überprüfung der Haftungssituation bei den Saigergesellschaften ist festzuhalten, daß sich zwar keine eindeutigen Nachweise für das Entstehen einer Verpflichtungswirkung aus rechtsgeschäftlichem Handeln zu Lasten der Prinzipalgesellschafter finden lassen, daß dieses jedoch aufgrund der Hinweise durch die Formulierungen in den Gesellschaftsverträgen, insbesondere aber in den Handels- und Kupferkaufverträgen wahrscheinlich erscheint.

485

Bauer, Unternehmungen, S. 66, 67, Anm. 77, 79, S. 161 scheint zwar ebenfalls hiervon auszugehen, es fehlt allerdings eine eindeutige Feststellung hinsichtlich der Saigergesellschaften. 486 Kammerer, S. 289 f., 291. 487 Siehe oben, III. 2. a) cc). 488 Siehe oben, III. 2. a) bb). 489 Siehe oben, I. 3. b).

IV. Gesellschafterhaftung des 15. und 16. Jahrhunderts

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Obwohl sich aus den dort ebenfalls vorhandenen Bezugnahmen auf „die Gesellschaft" sowie dem Vorliegen verschiedener Merkmale der heutigen Aktiengesellschaften Rückschlüsse auf eine im Untersuchungszeitraum stattgefundene Betrachtung der Saigergesellschaften als eigenständigere Kapitalassoziationen ziehen lassen, bestehen keinerlei Nachweise für deren Anerkennung als Rechtspersönlichkeit und damit dem Entstehen einer selbständigen Verpflichtung aus rechtsgeschäftlichem Handeln. Dem Umfang nach kann man aufgrund der, allerdings sehr eingeschränkten Hinweise in den Kupferkaufverträgen das Entstehen einer unbeschränkten solidarischen Haftung der Prinzipalgesellschafter mit Person und gesamten Privatvermögen annehmen. Auch hinsichtlich der Gesellschafter mit Einlagen zu Gewinn und Verlust ist aufgrund des Hinweises im Vertrag der Gesellschaft Arnstadt begrenzt vom Entstehen einer Verpflichtung aus rechtsgeschäftlichem Handeln auszugehen. Unklar bleibt allerdings der Umfang der daraus entstehenden Haftung, da sich Anhaltspunkte hierzu nur aus dem Privileg Friedrich III. von 1464 ergeben, dessen Haftungsfestlegung im Hinblick auf die zu konstatierende Entwicklung der Betrachtung der Saigergesellschaften nur eingeschränkt übertragbar erscheint und für deren Anwendbarkeit keine Nachweise vorliegen.

IV. Gesellschafterhaftung im gemeinen Recht und den Stadtrechtsreformationen des 15. und 16. Jahrhunderts Seit dem 13. Jhd. erfolgte der als Rezeption bezeichnete Vorgang des Eindringens des römischen Rechtes in die Praxis der Verwaltung und Rechtspflege in Deutschland durch Juristen, die an den Rechtsschulen Oberitaliens studiert hatten, an denen ab dem 12. Jhd. dessen Wiederbelebung stattgefunden hatte. 4 9 0 Die Gesellschafterhaftung nach rezipiertem römischen Recht, das in der zweiten Hälfte des 15. und im 16. Jhd. den Rang eines allgemein (gemeinen), 491 wenn auch nach überwiegender Ansicht nur subsidiär 492 geltenden Reichsrechtes hatte, 4 9 3 soll zunächst Gegenstand der weiteren Untersuchung sein.

490 Mitteis/Lieberich, S. 323 f.; Conrad, Rechtsgeschichte, Bd. II, S. 339 f.; Hesse, S. 53; Eisenhardt, Rechtsgeschichte, S. 91, Rz. 121 f.; Weißen-Micus, S. 35 m.w.N. 491 Vgl. zum Begriff: Weißen-Micus, S. 29, Fn. 3 m.w.N. 492 Weißen-Micus, S. 30; Hieran zweifelnd: Stobbe, Rechtsquellen, Bd. II, S. 111 f. 493 Conrad, Rechtsgeschichte, Bd. II, S. 339 f., 342; Hesse, S. 53; Weißen-Micus, S. 30, Fn. 3 m.w.N.

8*

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C. Die Gesellschafterhaftung vom späten Mittelalter bis zur Neuzeit

Als Rechtsquellen dieser Rezeptionszeit sind danach die reformierten Stadt- und sowie die Landrechte auf Regelungen zur Haftung von Gesellschaftern zu überprüfen. Auslöser und Anlaß dieser Kodifikationen war zumeist, neben den Erfordernissen einer Vereinfachung und Verständlichmachung des römischen Rechtes, sowie dessen Harmonisierung mit lokalen Rechtsvorschriften, daß Regelungen für Bereiche zu treffen waren, die dem römischen Recht unbekannt waren und für die auch keine Analogien möglich waren. 4 9 4 Trotz der durch die territoriale Zersplitterung bedingte Vielzahl 4 9 5 kann sich hierbei auf die wenigen Kodifikationen, insb. unter Außerachtlassung der Landrechte 496 beschränkt werden, die gesellschaftsrechtliche Regelungen beinhalten. 497

1. Gemeines Recht a) Die Haftungsverhältnisse der societas des klassischen römischen Rechtes Auch wenn eine genaue Definition des Begriffes der societas im römischen Recht fehlt, 4 9 8 so war der Gesellschaftsvertrag des klassischen Rechtes ein Zusammenschluß von zwei oder mehreren Personen, um einen gemeinsamen Zweck mit gemeinsamen Mitteln zu fördern. 499 Dabei bilden das altrömische, förmlich zu begründende consortium und die auf einen Erwerb von Vermögen gerichtete formlos entstehende Erwerbsgemeinschaft die historischen Ursprünge dieses Vertragsverhältnisses. 500 Als Kombination von Merkmalen dieser beiden Formen ist schon in der klassischen Zeit die „societas omnium bonorum" festzustellen, die heute i.d.R. als Ausgangsfall des Gesellschaftsverhältnisses aufgefaßt w i r d . 5 0 1 Bei dieser kam infolge einer formlosen Übereinkunft der Beteiligten eine Zusammenlegung der gesamten Vermögen zustande. 494 Stobbe, Rechtsquellen, Bd. II, S. 209, 210, S. 225 f.; Mitteis/Lieberich, S. 328; Wieacker, Rechtsgeschichte, S. 190; Coing, Reformation, S. 1 f. 495 Coing/ Lammel, Handbuch, Bd. II/2, S. 635 f. zu der Vielzahl der entstandenen Gesetze; Stobbe, Rechtsquellen, Bd. II, S. 224 f.; Wieacker, Rechtsgeschichte, S. 191 f. 496 Hesse, S. 53. 497 Siehe hierzu die Übersicht bei Lutz, S. 134 f.; Vgl. zu den Gründen hierfür Schimke, S. 40 m.w.N. 498 Weißen-Micus, S. 40 f. m.w.N., wo auch eine umfaßende Übersicht über die verschiedenen Definitionen im Schrifttum gegeben wird. 499 Gai. 3, 148-154b; D 17, 2; Inst. 3, 25. 500 Käser, S. 573. 501 Käser, S. 573; Jörs/Kunkel, Rom. Recht, S. 241; Weißen-Micus, S. 39 m.w.N.

IV. Gesellschafterhaftung des 15. und 16. Jahrhunderts

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Nach römischem Recht war die societas ein nur obligatorisches Rechtsverhältnis und erzeugte Rechte und Pflichten als reine Innengesellschaft nur zwischen den Beteiligten. 502 Sie bildete keinen engeren Personenverband, Gesamthand oder eigene Rechtsperson zu deren Lasten eine Verpflichtungswirkung aus Rechtsgeschäften der Beteiligten hätte eintreten können. 5 0 3 Alle Rechtshandlungen eines Gesellschafters hatten nur für diesen selber eine Verpflichtungswirkung 504 mit der Folge einer daraus entstehenden Haftung mit dem gesamten Privatvermögen, 505 eine solche zu Lasten der anderen Beteiligten bestand nicht. 5 0 6 Für eine Haftungsbegründung hinsichtlich aller Gesellschafter gegenüber Dritten bedurfte es aufgrund der nur schuldrechtlichen internen Bindung der Gesellschafter, durch die sich im Verhältnis zu Dritten danach keinerlei Änderungen ergaben, vielmehr deren gemeinsamen Handelns 507 oder einer ausdrücklichen Bevollmächtigung des kontrahierenden Gesellschafters. 508 b) Der Haftung der Gesellschafter nach gemeinem (rezipiertem römischen) Recht Das Bestehen einer Verpflichtungswirkung mit einer darauf beruhenden Haftung der Gesellschafter sowie eines unbeschränkten solidarischen Haftungsumfanges erwies sich jedoch zunehmend als ein unerläßliches Bedürfnis und entsprechend der gezeigten 509 tatsächlichen Entwicklung der Vergesellschaftung wohl auch als Realität des sich immer weiter ausweitenden Handels im Mittelalter. 5 1 0 Entsprechend versuchten im Zuge der Rezeption des römischen Rechtes die Postglossatoren, insb. unter oberitalienischem Einfluß, diese tatsächlichen Verhältnisse mit römischrechtlichen Denkformen und Instituten in Einklang zu bringen und zu begründen, was sich allerdings als nicht ganz einfach erwies. 5 1 1 502 503

Jörs/Kunkel, Jörs/Kunkel

y

Rom. Recht, S. 242; Käser, S. 574. Rom. Recht, S. 242; Baron, Pand., S. 479; Dernburg, ObligR,

S. 329. 504

Gai. D. 17, 2, 68pr. Weißen-Micus, S. 74 m.w.N.; Rehme ZRG GA 27, 517 f.; Hacmann, ZHR 68, 447, Fn. 26; Thöl, HR, S. 394, 403; Weber, Handelsgesellschaften, S. 4 f. 506 Jörs/Kunkel, Rom. Recht, S. 242; Coing, Reformation, S. 62; Käser, S. 574. 507 Auf das Erfordernis eines Handelns „unita actus" als Hindernis für eine freie Vertretungsmöglichkeit verweist insb. Schmidt, Stadtrechte, S. 69 f. 508 v. Arnesburg, Pand., S. 626; Weißen-Micus, S. 74; Kammerer, S. 281; Schmidt, Stadtrechte, S. 69 f.; Mühlenbruch, Pand., S. 425; Kletke, Präjudizien, S. 12; Sintenis, Civilrecht, S. 708. 509 Siehe oben, I. 2. a) cc) (2). 510 Kammerer, S. 281; Schmidt, Stadtrechte, S. 73; Goldschmidt, Universalgeschichte, S. 279 f.; Lutz, S. 332. 505

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C. Die Gesellschafterhaftung vom späten Mittelalter bis zur Neuzeit

Das Vorliegen einer Veφflichtungswirkung des Handelns einzelner Gesellschafter zu Lasten der anderen wurde danach mit der Annahme einer „praeposito institoria" begründet. 512 Wurde anfangs zunächst davon ausgegangen, daß die Gesellschafter sich stets präsumptiv wechselseitig zum Vertreter bestellten, so wurde später ergänzend auf das römische Institoriat zurückgegriffen, mit einer allein an die Tätigkeit anknüpfenden, unabhängig von einer Vollmachtserteilung bestehenden Haftung der Geschäftsinhaber „in solidum" für von einem Vorsteher (institor) des Betriebes abgeschlossene Rechtsgeschäfte. 513 Des weiteren wurde das Muster der römischen „societas omnium bonorum" auf die Handelsgesellschaften übertragen und deren Grundsätze entsprechend angewendet. 514 Die Annahme des Bestehens einer praeposito institoria, war damit Grundlage einer Verpflichtungswirkung zu Lasten aller, als Mitglieder der allgemeinen Gütergemeinschaft einer societas omnium bonorum angesehenen Gesellschafter, mit der Folge, daß auch alle Beteiligten mit ihrem gesamten Vermögen unbeschränkt für die Verbindlichkeit hafteten. 515 Dabei blieb es allerdings bei dem römisch rechtlichen Ansatz, daß diese Vereinigung selber nicht als eigene Rechtsperson, oder rechtlich verselbständigtes Verpflichtungsobjekt angesehen wurde. Ihrer Art nach wurde die Haftung allgemein 5 1 6 in Anlehnung an die Verantwortlichkeit für Geschäfte eines Institors als solidarisch angesehen, was an sich im Widerspruch zu den, eine pro rata Haftung nahelegenden Grundsätzen der Gütergemeinschaft einer societas omnium bonorum stand. 517 Ebenso wie hinsichtlich des tatsächlichen Bestehens einer Verpflichtungswirkung und des unbeschränkten solidarischen Haftungsumfanges 518 ging die ganz herrschende Meinung im Schriftum davon aus, daß auch der ge511 Weber, Handelsgesellschaften, S. 157 f.; Schmidt, Stadtrechte, S. 74; Lutz, S. 336, der hierzu auf die Probleme noch der Kommentatoren des 18. Jhd. Orth und v. Woelckern verweist; Hacmann, ZHR 68, 445; ZHR 69, 82; Mittermaier, Privatrecht, S. 735; Kunkel/Thieme, Quellen, Einl., S. VII. 512 Goldschmidt, Universalgeschichte, S. 279 f.; Hacmann, ZHR 68, 469, Fn. 52; Servos, S. 39; Coing, Reformation, S. 62; Weber, Handelsgesellschaften, S. 153 f. 513 Weber, Handelsgesellschaften, S. 153 f.; Kammerer, S. 281; Hacmann, ZHR 68, 82; Lehmann, Lehrbuch, S. 286, 287. 514 Weber, Handelsgesellschaften, S. 155 m.w.N. 515 Weber, Handelsgesellschaften, S. 154 f. 516 Thöl, HR, S. 393; Baron, Pand., S. 479; Goldschmidt, Universalgeschichte, S. 272 f., Fn. 132; S. 282, Fn. 156 jeweils m.w.N.; Hacmann, ZHR 68, 469, Fn. 52. 517 Weber, Handelsgesellschaften, S. 154 f. m.w.N. hinsichtlich der Probleme der Postglossatoren mit diesem Umstand; Schmidt, Stadtrechte, S. 73, 74. 518 Siehe hierzu oben, I. 2. a) cc) (2).

IV. Gesellschafterhaftung des 15. und 16. Jahrhunderts

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meinrechtliche Erklärungsansatz der Annahme des Bestehens einer praeposito institoria gewohnheitsrechtliche Anerkennung gefunden hat. 5 1 9 Nach gemeinem, rezipiertem römischem Recht bestand demnach eine Verpflichtungswirkung zu Lasten der Gesellschafter mit der Folge einer unbeschränkten solidarischen Haftung. Dabei ist jedoch nicht zu verkennen, daß dieses Ergebnis in gewissem Maße durch die tasächlichen Gegebenheiten, Erfordernisse und Bedürfnisse des sich ausweitenden Handels mitbeeinflußt worden ist. Das gemeine Recht gibt hierfür einen, allerdings nicht einfach herzustellenden rechtssystematischen Erklärungsansatz, auf den dafür nicht besonders geeigneten Grundlagen des römischen Rechtes. Zur Frage der Verifizierbarkeit dieses Ergebnisses für das 15. und 16. Jahrhundert anhand von Quellennachweisen kann auf das im Rahmen der Untersuchung der Fernhandelsgesellschaften gefundene Ergebnis verwiesen werden. 5 2 0

2. Nürnberger Reformationen a) Die „Neue Reformation" von 1479 Über die Hintergründe 521 der „Neuen Reformation der Stadt Nürnberg" von 1479, 5 2 2 die als „Prototyp" der am Beginn der Neuzeit stehenden Quellengattung der Reformationen anzusehen i s t , 5 2 3 ist wenig bekannt. Beschlüsse des Rates der Stadt über deren Inhalte fehlen fast völlig, feststellbar sind lediglich solche aus den Jahren 1479 und 1483/84 bzgl. der Veröffentlichung und des Druckes. Inhaltlich hat der unbekannt gebliebene, aber offensichtlich rechtsgelehrte Verfasser versucht, das gemeine Rechrt mit der Nürnberger „gelegenheyt, herkomen und leufte" in Einklang zu bringen. 5 2 4 Insgesamt enthält die Nürnberger Reformation, die wohl als das wichtigste und einflußreichste Stadtrecht anzusehen i s t , 5 2 5 im 30. Titel zehn gesellschaftsrechtliche Bestimmungen. 519 Goldschmidt, Universalgeschichte, S. 279 f.; Rehme ZRG GA 27, 518; Servos S. 7 f.; Lehmann, Lehrbuch, S. 283, 284. 520 Siehe oben, I. 2. a) cc). 521 Vgl. zur Geschichte der Entstehung: Stohbe, Rechtsquellen, Bd. II, S. 297 f.; Kunkel/Thieme, Quellen, Einl., S. 6 f.; Lutz, S. 141 f., der auf die Auseinandersetzung Arzt-Paumgartner als möglichen Regelungsanlaß hinweist; Köbler, Einleitung, S. I ff. 522 Die Arbeiten an der Reformation wurden in diesem Jahr nahezu abgeschlossen, der erste Druck erfolgte 1484, so daß z.T. auch auf dieses Jahr Bezug genommen wird, vgl. Stohbe, Rechtsquellen, Bd. II, S. 299. 523 Wieacker, Rechtsgeschichte, S. 193; Lutz, S. 134 f. m.w.N.; Köbler, S. XX. 524 Köbler, S. XXV.

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C. Die Gesellschafterhaftung vom späten Mittelalter bis zur Neuzeit

Das 5. Gesetz sieht folgendes vor: „Das funft gesetz

Von verpindung gemeiner geselschaft des, so durch geselschafter oder ir diener in gewalt der geselschaft furgenommen und gehandelt wirdet. Wo ein gelschafter in Sachen seiner mitgelschafter ichts handelt mit kauffen, verkauffen oder anderem, dieselbe ir gelschaft berürede, dasselb verpindet ir aller gemeine geselschaft, Also das söllchs soll stet gehalten und volzogen werden; und desgleichen, so einich diener, der geselschaft verwant, dermassen ichts handelt od fürneme, doch mit vorbehaltung der andern seiner mitgeselschaffter oder herrschaft irer vordrung un gerechtikeit, gen demselben handler, er sey geselschafter oder diener, und ob aber einicher geselschafter oder diener ausserhalb gemeiner geselschaft oder seins diensts ein besondere oder ander gewerb oder hantierung trib oder fürneme, in dieselben geselschafft nit rürend noch treffend, so solt söllch gemeine geselschafft damit nit verpunden noch verstrickt sein, deshalb eynich söllche sonnder schuld zebezalen."526 Es statuiert demnach das Entstehen einer Verpflichtungswirkung bei „kaufen, verkaufen und anderem" und damit rechtsgeschäftlichem Handeln einzelner Gesellschafter „in Sachen seiner mitgeselschafter" zu Lasten „ir aller gemeine geselschaft". Dabei fällt auf, daß im Gegensatz zu den angestellten Dienern, für die ausdrücklich ein Handeln „in gewalt der geselschaft" vorgesehen ist, dieses Erfordernis einer Bevollmächtigung hinsichtlich der Mitgesellschaftern nicht genannt ist. Möglicherweise fehlt diese Bezugnahme, weil entsprechend dem gemeinrechtlich römischen Ansatz, von dem die Verfasser als gelehrte Juristen mitbeeinflußt waren, 5 2 7 von einer gewohnheitsrechtlichen „automatischen" Bevollmächtigung über die praeposito institoria der Mitgesellschafter ausgegangen wurde. Ergänzend regelt das nächste Gesetz : „das sechst gesetz

Von verpflicht aller geselschafter, unverscheidenlich der geselschaft schuld zeb zalen, doch unabgestelt, die irseshalb nach ir yedes anzal geneinander zevergleichen. Was die geselschaft eußern personen schuldig ist, darumb sein alle geselschafter in solidum und unverscheidenlich verpunden un verpflicht, das zebezalen und außzerichten, doch also, so solche ausrichtung beschiht, wie dann die geselschafter sich nach dem hundert oder anders geneinander verpunden oder verschriben haben, des mügen sie sich undereinander auch geprauchen."528 525

Stobbe, Rechtsquellen, Bd. II, S. 297. Zit. nach Köbler, S. 376. 527 Stobbe, Rechtsquellen, Bd. II, S. 299, sowie ausführlich zum Einfluß des römischen Rechtes S. 233 f. 528 Zit. nach Köbler, S. 377. 526

IV. Gesellschafterhaftung des 15. und 16. Jahrhunderts

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Mit diesen Regelungen wird, erstmalig im deutschen Raum, 5 2 9 eine Verpflichtung der Gesellschafter aus rechtsgeschäftlichem Handeln und eine daraus folgende unbeschränkte solidarische Haftung gesetzlich normiert. 5 3 0 Da die Regelungen des Privileges Friedrich III. von 1464 hinsichtlich der beschränkten Haftung der Einleger zu Gewinn und Verlust nicht in die Reformation von 1479 integriert worden sind, folgt der unbeschränkte Umfang der Haftung der Gesellschafter mit ihrem gesamten Privatvermögen, entgegen der Ansicht von Kammerer, 531 hier nicht „mittelbar" aus einer entsprechenden Beschränkungsregelung, sondern vielmehr daraus, daß grundsätzlich eine Haftung für Verbindlichkeiten das gesamte Privatvermögen des Schuldners erfaßte. 532 Der Umstand, daß sprachlich im fünften Gesetz eine Verpflichtung „ir aller gemeiner geselschaft" vorgesehen ist, und daß das sechste Gesetz regelt, daß „die geselschaft eußern personen" etwas schuldig ist, deutet darauf hin, daß die Verfasser möglicherweise die Gesellschaft als eigenes Verpflichtungsobjekt angesehen haben könnten. Außer der rein sprachlichen Adressierung der Gesellschaft finden sich in der Reformation jedoch keine weiteren Anhaltspunkte dafür, daß diese von einer eigenständigen Rechtspersönlichkeit der Gesellschaft ausgeht, bzw. deren Bestehen anordnet oder sie sogar als juristische Person ansieht. 533 Ergänzend ist festzustellen, daß sich auch keine Bestimmungen hinsichtlich eines etwaigen Gesellschaftsvermögens als eigenständiger Haftungsmasse finden. Die sprachlichen Formulierungen der Nürnberger Reformation von 1479 sind daher ein weiteres Indiz für die bereits bei den Saigergesellschaften festgestellte Tendenz 5 3 4 einer wohl beginnenden Personifizierung der Gesellschaften in der Betrachtung. b) Die Reformationen

von 1522 und 1564

Die schon im Jahre 1514 beschlossene und 1522 fertiggestellte Überarbeitung der Reformation 535 weist nur geringe Änderungen gegenüber der Fassung von 1479 auf, insbesondere ist der gesellschaftsrechtliche Titel wörtlich übernommen worden. 5 3 6 Auch in dieser fehlen jedoch die Regelungen bzgl. der Einleger entsprechend dem Privileg Friedrich III. von 1464. 529 530 531 532 533 534 535

So: Lutz, S. 461. Lutz• S. 461; Bauer, Unternehmungen, S. 78; Kammerer, S. 280. Kammerer, S. 289. Siehe hierzu oben, I. 3. bb). Bauer, Unternehmungen, S. 86. Siehe oben, III. 2. a) dd). Stobbe, Rechtsquellen, Bd. II, S. 299.

122

C. Die Gesellschafterhaftung vom späten Mittelalter bis zur Neuzeit

Diese finden sich erst in der erneut überarbeitete Fassung der Reformation von 1564. Hier ist zunächst die Frage des Bestehens einer Verpflichtungswirkung vergleichbar dem fünften Gesetz der vorherigen Versionen im dritten Gesetz des 18. Titels wie folgt geregelt: „Das III. Gesetz Ob und wie die Gesellschajft/von lung/verpunden werden mög.

wegen aines geseilschafters

oder dieners hand

So ain gesellschaffter mit kauffen und verkauffen oder anderm/in Sachen gemaine gesellschafft belangend/handelt/So verpindet Er die gesellschafft/deßgleichen so ain bestelter handeldiener oder Factor der Gesellschaft verwandt/in namen und von wegen derselben gesellschafft/etwas handelt/das ist die gesellschafft zuhalten und zuvolziehn auch schuldig. Doch sollen den andern mit Gesellschafftern/oder der herrschafft/ire forderungen gegen demselben hendler/Er sey gesellschaffter/ Diener oder Factor/so er zu schaden gehandelt vorbehalten sein. Ob aber ain Gesellschaffter/Diener oder Factor/ausserhalb gemainer Gesellschafft oder seines diensts/ain besonder gewerb oder hantierung het/So ist die gemain Gesellschafft damit nit verpunden." 537 Soweit demnach eine Mitgesellschafter rechtsgeschäftlich in Gesellschaftsangelegenheiten handelt, „verpindet er die gesellschaft", so daß eine Verpflichtungswirkung dem Wortlaut nach auch hier zu Lasten der Gesellschaft statuiert wird. Auch wenn in der Reformation von 1564, anders als in den früheren, ein als „Hauptgut" bezeichnetes Gesellschaftsvermögen erwähnt wird, so ergeben sich auch aus dieser, außer den sprachlichen Adressierungen der Gesellschaft, keine weiteren Merkmale oder Hinweise darauf, daß diese als rechtlich selbständiges Verpflichtungsobjekt verstanden wurde, dessen Haftung auf das Gesellschaftsvermögen beschränkt war. Bzgl. des Entstehens einer Verpflichtung zu Lasten der einzelnen Gesellschafter sieht die nachfolgende Regelung, ergänzend folgendes vor: „Das IV. Gesetz Von bezalung gemainer gesellschafft schulden/auch schaft/gelt/zu gewyn und verlust legen

von denen/die

in ain gesell-

Was die Gesellschaft/eüssern Personen schuldig ist/darumb sein alle Gesellschafter in solidum unverschaidenlich verpunden/Doch steet ir jedem/der die bezalung hat thon müssen/bevor das jhenig so Er über sein anteil erlegt/von den andern nach jnhalt irer anfenglichen geding oder verschreibung zuerforden." 538 Alle Gesellschafter sind danach für die Verpflichtungen der Gesellschaft gegenüber Dritten, die entsprechend dem vorherigen Gesetz aus rechtsgeschäftlichem Handeln entstehen „unverschaidenlich verpunden" und damit ebenfalls als Verpflichtete anzusehen. 539 536 537 538

Bauer, Unternehmungen, S. 79/80. Zit. nach Woelckern, S. 153. Zit. nach Woelckern, S. 153.

IV. Gesellschafterhaftung des 15. und 16. Jahrhunderts

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Auch bei dieser Fassung wird hinsichtlich des Handelns der Gesellschafter keinerlei Vollmachtserfordernis für das Bestehen einer haftungsbegründenden Vertretungswirkung erwähnt oder aufgestellt. Anknüpfungspunkt für den Eintritt der Verpflichtung aller Gesellschafter bei Handlungen einzelner, ist allein ein Tätigwerden in Gesellschaftsangelegenheiten. Entgegen der Ansicht von Kammerer 5 4 0 ist ein Handeln der Gesellschafter „ i m namen" der Gesellschaft nicht erforderlich, da aufgrund des Satzzusammenhanges des Gesetzes dieses Erfordernis sich nur auf die Geschäfte der Handelsdiener oder Faktoren bezieht. Hinsichtlich des Umfanges der infolge der Verpflichtung eintretenden Haftung der Gesellschafter ist festzustellen, daß die Formulierung des ersten Satzes des sechsten Gesetz der Fassung von 1479 mit der des vierten Gesetzes nahezu identisch ist. Auch die Reformation von 1564 legt somit eine solidarische, unbeschränkte Haftung der Gesellschafter fest, 5 4 1 wobei sich hier nunmehr ein ergänzender Rückschluß auf einen unbeschränkten Haftungsumfang aus der sich an den zitierten Teil des vierten Gesetzes unmittelbar anschließenden Beschränkungsregelung ergibt. Diese sieht vor: „So aber ainer sein gut oder gelt/in ain Gesellschaft zu gewyn und verlust/on besondere geding oder Verpflichtung gelegt hat/und die Gesellschaft in ainen Verlust kommen were/So soll Er weiter nit/dann nach anzal seines gelegten gelts oder guts mitzubezalen schuldig sein. So aber der Gesellschaft vermügen/zu völliger bezalung nit raichen oder gnugsam sein wurde/so soll der/so zu gewyn oder verlust zugelegt het/weiter nit verpflichtet sein/dann so weit sich sein hauptgut erstreckt." 542 Im IV. Gesetz der Reformation von 1564 findet sich somit erstmalig nach dem Privileg Friedrich III. von 1464 in einer Stadtrechtsreformation eine Regelung zur Frage der Haftung der Einlagegesellschafter. 543 Dabei ist hinsichtlich des betroffenen Personenkreises festzustellen, daß die Beschreibungen beider Regelungen sich bzgl. der Erbringung von Einlagen zu Gewinn und Verlust „an geding" weitestgehend decken, 544 so daß

539 Bauer, Unternehmungen, S. 80; Rehme ZRG GA 27, 534, 535; Schmidt, Stadtrechte, S. 74; Lutz, S. 331; Kammerer, S. 280; Lastig, Handbuch, S. 713 f. 540 Kammerer, S. 280. 541 Bauer, Unternehmungen, S. 80; Rehme ZRG GA 27, 534, 535; Schmidt, Stadtrechte, S. 74; Lutz, S. 463; Kammerer, S. 291. 542 Zit. nach Woelckern, S. 153. 543 Bauer, Unternehmungen, S. 80; Kammerer, S. 291; Lutz, S. 461; Rehme ZRG GA 27, 535, 537. 544 Im IV. Gesetz wird nur der Hinweis des Privileges nicht genannt, daß die Personen „für sich selbst die hanttierung der geselschafft nicht phlegen zu handeln".

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C. Die Gesellschafterhaftung vom späten Mittelalter bis zur Neuzeit

diese Regelung der Reformation Nürnbergs von 1564 sich ebenfalls auf die im Privileg genannten Einlagegesellschafter bezieht. Zur Frage des Entstehens der im ersten Teil des Gesetzes für „alle Gesellschafter in solidum" eindeutig festgelegten Verpflichtungswirkung auch zu Lasten der Einleger zu Gewinn und Verlust ergibt sich, daß im zweiten Teil der Bestimmung nur davon gesprochen wird, daß „ainer" entsprechende Einlagen vornimmt, ohne daß dieser jedoch eindeutig auch als Gesellschafter bezeichnet wird. Der enge Zusammenhang der Statuierung der generell unbeschränkten, solidarischen Haftung der Gesellschafter mit der Regelung der Haftung der Einleger, sowie der Verwendung des Begriffes „hauptgut" auch für die Einlagen, legt dieses jedoch nahe. Darüber hinaus spricht ergänzend, ebenso wie beim Privileg Friedrich I I I . , 5 4 5 bereits der Umstand der Anordnung einer Beschränkung an sich für eine grundsätzlich gleiche Haftungssituation, so daß danach von einer Verpflichtungswirkung auch zu Lasten der Einlagegesellschafter aufgrund des IV. Gesetzes der Reformation von 1564 auszugehen i s t . 5 4 6 Bezüglich des Umfanges der Haftung der Einlagegesellschafter wird in der Literatur, ohne daß eine nähere Überprüfung der Formulierung erfolgt, davon ausgegangen, daß sich aufgrund der Regelung ebenso wie nach dem Privileg das Bestehens einer auf die Einlage beschränkten Haftung ergibt.547 Eine Untersuchung des jeweiligen Wortlautes zeigt jedoch, daß im IV. Gesetz der Reformation keine wortgleiche Übernahme des Privileges erfolgt ist, und daß damit eine undifferenzierte Übertragung des gefundenen Ergebnisses bzgl. der Aussagen des Privileges zum Haftungsumfang 548 nicht zutreffend erscheint. Beide Bestimmungen unterscheiden sich wesentlich dadurch, daß im Privileg Friederich III. die Rechtsfolgen am kumulativen Vorliegen der Voraussetzungen anknüpfen, daß die Gesellschaft „durch ungefelle oder sunst verlust leyden und in schulden vallen wurde" und daß die Schulden vom gemeinsamen Hauptgut nicht bezahlt werden können, während die Bestimmung der Reformation eine getrennte Anordnung von Folgen für jede der beiden Voraussetzungen vorsieht.

545

Siehe oben, I. 2. a) cc) (4). So allerdings nur inzidenter aufgrund des angenommen Haftungsumfanges: Bauer, Unternehmungen, S. 80; Kammerer, S. 291; Lutz, S. 461; Rehme ZRG GA 27, 535, 537. 547 Bauer, Unternehmungen, S. 80; Kammerer, S. 291; Lutz, S. 461; Rehme ZRG GA 27, 535, 537. 548 Siehe hierzu oben, I. 3. b). 546

IV. Gesellschafterhaftung des 15. und 16. Jahrhunderts

125

Zunächst wird hinsichtlich eines entstehenden Verlustes angeordnet, daß der Einlagegesellschafter nach „anzal seines gelegten gelts mitzubezalen schuldig sein" soll. Demnach ist hier eindeutig, insbesondere wegen der Verwendung des Wortes „mitzubezahlen", daß Bestehen einer Eintrittsverpflichtung für den Verlust und damit die Verbindlichkeiten der Gesellschafter festgelegt, die allerdings betragsmäßig auf die Höhe der Einlage beschränkt wird. Des weiteren ist ergänzend für den Fall, daß die Gesellschaftsmittel zur Bezahlung nicht ausreichen, klarstellend vorgesehen, daß keine weitergehende Verpflichtung für den Einlagegesellschafter besteht, „dann so weit sich sein hauptgut erstreckt." Deutet die Formulierung des Privileges, wegen der Anknüpfung der Rechtsfolgen an das kumulative Vorliegen der vorgesehenen Voraussetzungen, auf das Bestehen eines auf, und zusätzlich in Höhe der Einlage beschränkten Haftungsumfanges h i n , 5 4 9 so enthält das IV. Gesetz somit den im Privileg fehlenden eindeutigen Hinweis, 5 5 0 daß die Haftung dem Umfang nach auf die Einlage beschränkt ist, die der Einlagesellschafter an die Gesellschaft gezahlt hat und die damit sein Hauptgut in dieser darstellt. Das Verlustrisiko des Einlegers beschränkt sich danach auf den Betrag der einmal gezahlten Einlagesumme. 551

3. Die Frankfurter Reformationen Die erste auf das Jahr 1509 datierende Reformation der Stadt Frankfurt am M a i n , 5 5 2 die noch den Charakter einer Gerichtsordnung mit dazugehörigen privatrechtlichen Regelungen aufweist, und in hohem Maße von einer Weitergeltung des römischen Rechtes ausgeht, 553 enthält zunächst keine gesellschaftsrechtlichen Regelungen. 554 Wegen der sich nach und nach erweisenden Unvollständigkeit und Mangelhaftigkeit dieses Regelungswerkes veranlaßte der Rat der Stadt im Jahre 1571 eine Überarbeitung. Diese erfolgte unter der Federführung des bekannten Juristen Dr. Fichard, der nach juristischen und humanistischen Studien in Padua, trotz zahlreicher Angebote, u.a. vom kaiserlichen Hof, sowie den Universitäten Wien und Padua, 1538 seine Stellung als Stadtsyndicus wieder aufgenommen hatte, 5 5 5 und 549

Siehe oben, I. 3. b). Siehe oben, I. 3. b). 551 Dieses wird insgesamt angenommen als Aussage des Privileges und der Regelungen in den Stadtrechtsreformationen von: Bauer, Unternehmungen, S. 66, 80, Anm. 95, S. 170; Rehme ZRG GA 27, 533 f.; Kammerer, S. 136, 289 f. 552 Zur Geschichte der Entstehung und den Verfassern vgl. Stobbe, Rechtsquellen, Bd. II, S. 316/317 m.w.N. 553 Wieacker, Rechtsgeschichte, S. 194; Coing, Reformation, S. 1 f. 554 Lutz., S. 135, Fn. 527; Schulte, Geschichte, S. 90. 550

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C. Die Gesellschafterhaftung vom späten Mittelalter bis zur Neuzeit

wird mit dem Druck der sogenannten erneuerten Reformation 1578 abgeschlossen. 556 Hierin finden sich im 23. Titel des zweiten Teiles vierzehn Bestimmungen mit gesellschaftsrechtlichem Inhalt. Zur Frage der Haftung enthält § I X folgende Regelung: „§ IX Was dann im Namen deren Gesellschafft durch einen derselben (mit Verwilligung oder Vorwissen der anderen) oder durch deren angenommenen bekanntlichen factorn, mit kauffen, verkauffen, und anderm, verhandelt wird, Das obligirt und verpflicht die ganze Gesellschafft, zu leisten und zu halten, Und mag ein jeder auß derselben in solidum, und unverschiedenlich derowegen umb Bezahlung mit Recht fürgenommen werden. 4'557 Der erste Teil dieser Bestimmung, deren Formulierung der Vorlage 5 5 8 des III. Gesetzes der Nürnberger Reformation von 1564 recht ähnlich ist, sieht ebenso wie dieses zunächst das Entstehen einer Verpflichtung der „ganze Gesellschafft" infolge rechtsgeschäftlichen Handels vor. Auch die Regelungen in der Frankfurter Reformation von 1578 enthalten neben den Bezugnahmen auf die Gesellschaft insgesamt und der Erwähnung des „hauptgutes" als Gesellschaftsvermögen keine Nachweise dafür, daß die Gesellschaft als rechtlich verselbständigtes eigenes Verpflichtungsobjekt mit einem eigenen Haftungsvermögen anzusehen war. Aus dem zweiten Teil der Regelung folgt ergänzend die Anordnung des Entstehens einer Verpflichtungswirkung durch rechtsgeschäftliches Handeln einzelner zu Lasten der anderen Gesellschafter. 559 Trotz der sprachlichen Anlehnung an das III. Gesetz der Nürnberger Fassung von 1564, findet sich ein etwas anderer Anknüpfungspunkt für die vorgesehene Bindungswirkung. Ist dieser dort allein das tatsächliche Handeln in Gesellschaftsangelegenheiten, so ist nunmehr ein Handeln „ i m Namen" der Gesellschaft erforderlich. Des weiteren ist hier erstmals als weiteres Erfordernis vorgesehen, daß die Tätigkeit mit Zustimmung oder zumindest Kenntnis aller Gesellschafter erfolgt. Hinsichtlich Art und Umfang der infolge der Verpflichtung bestehenden Haftung der einzelnen Gesellschafter ergibt sich aus dem Schlußsatz der Regelung eine solidarische Haftung „in solidum", für die diese wohl auch 555

S. 134 ff. Zur Person siehe ausführlich Kleinheyer/Schroeder, Stobbe, Rechtsquellen, Bd. II, S. 318; Wieacker, Rechtsgeschichte, S. 194; Vgl. grundlegend Coing, Reformation, S. 1 f. 557 Zitiert nach Orth, S. 523. 558 Die Nürnberger Reformation von 1564 war eine der wesentlichen Grundlagen die von Fichard bei der Ausarbeitung herangezogen wurden, vgl. Coing, Reformation, S. 5; Stobbe, Rechtsquellen, Bd. II, S. 322 f. 559 Coing, Reformation, S. 61; Kammerer, S. 280; Lutz, S. 331; Bauer, Unternehmungen, S. 80; Schmidt, Stadtrechte, S. 74; Rehme, ZRG GA 27, 529. 556

IV. Gesellschafterhaftung des 15. und 16. Jahrhunderts

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unbeschränkt mit dem gesamten Vermögen einzustehen hatte. 5 6 0 Herzuleiten ist dies mangels ausdrücklicher Anordnung allerdings auch hier nur aus der generellen Haftungssituation 561 und ergänzend aus der anschließenden Haftungsbeschränkungsregelung für Einlagegesellschafter, 562 die wie folgt lautet: „§ XU Würde jemandt ein nämliche Summa Gelts, zu einer Gesellschafft, sonder Geding, und blößlich, zu Gewinn und Verlust, wie es sich begeben möchte, legen, doch sonst mit dem Handel nichts zu thun haben wollen, Und aber sich zutrüge, daß die Gesellschaft durch Ungefall, oder sonst, Verlust leiden, und in Schaden gerathen würde, und die Schulden, von dem Hauptgut, so gemeine Gesellschafft zusammen gelegt, nicht möchten bezahlt werden; so soll derselbig, der wie vor gemeldt, sein Gelt unverdingt in die Gesellschafft gelegt hat, mehr nicht zu bezahlen schuldig seyn, dann allein so viel, als sich nach Anzahl seines zugelegten Hauptgutes gebührte, und damit der obrigen Schulden gar entledigt, auch alle anderen seine Haab und Güter, von menniglich unangelangt, und unbeschwert gelassen werden: Ob sich auch gleich der Gesellschafft Vermögen, zu völliger Bezahlung der Schulden, nicht erstrecken thete." 563 In der Literatur wird allgemein davon ausgegangen, daß sich entsprechend den Regelungen im Privileg Friedrich III. und dem IV. Gesetz der Nürnberger Reformation von 1564 auch aus dieser Bestimmung eine auf die Einlage beschränkte Haftung der Einlagegesellschafter ergibt. 5 6 4 Festzustellen ist, daß, anders als das IV. Gesetz der Reformation von 1564, sich die Formulierung sehr stark an der des Privileges orientiert. Es findet sich hier das ergänzende beschreibende Merkmal für die Gesellschafter, wonach diese „mit dem Handel nicht zu thun haben wollen", und des weiteren erfolgt auch die Anknüpfung der Rechtsfolgen an das kumulative Vorliegen der Voraussetzungen, daß eine Verlustsituation der Gesellschaft eintritt, und daß die aus den Einlagen bestehenden Gesellschaftsmittel zum Ausgleich nicht ausreichen, was ohne erkennbaren Grund am Ende der Regelung nochmals bekräftigend wiederholt wird. Auch wenn eine Verifizierung anhand von ergänzenden Quellennachweisen nicht möglich ist, ergibt sich in560 Kammerer, S. 289 f.; Lutz, S. 461 f.; Bauer, Unternehmungen, S. 80; Coing , Reformation, S. 61; Schmidt, Stadtrechte, S. 74; a.A. Bothe, S. 6, der vom Nichtbestehen einer Haftung des gesamten Vermögens der Gesellschafter ausgeht. 561 Siehe oben, I. 3. b). 562 Kammerer, S. 289 f.; Allein das Verkennen dieses Rückschlusses und nicht das gänzliche Verschweigen der Haftungsbestimmung ist Bothe, S. 6 entgegen Lutz, S. 464, Fn. 107 vorzuwerfen. 563 Zitiert nach Orth, S. 534/535. 564 Coing, Reformation, S. 63; Bauer, Unternehmungen, S. 80; Kammerer, S. 291; Lutz, S. 461/462; Rehme ZRG GA 27, 535, 537; Schmied, Frühkapitalismus, S. 64/ 65, der allerdings fälschlich von einer nur subsidiären Haftung ausgeht; Lastig, Handbuch, S. 713 f.; Schmidt, Stadtrechte, S. 92.

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C. Die Gesellschafterhaftung vom späten Mittelalter bis zur Neuzeit

folge dieser engen Anlehnung an das Privileg ebenso wie dort eine auf und zusätzlich in Höhe der Einlage begrenzte Haftung der Einlagegesellschafter als Inhalt der Bestimmung. 565

4. Die Lüneburger Reformation 1577-1583 Wohl infolge einer Auseinandersetzung über den Erwerb einer Vogtei mit dem Herzog beauftragte der Rat der Stadt Lüneburg im Jahre 1576 den Stadtsyndicus Dr. Heinrich Husanus mit einer Um- und Überarbeitung des bestehenden Stadtrechtes. 566 Unter relativ enger Anlehnung an das Vorbild der Frankfurter Reformation von 1578, deren Verfasser Fichard Husanus persönlich kennengelernt hatte, gelang es in den Jahren 1577-1583 ein ausgewogenes, dem hochstehenden Rezeptionsgrad des gemeinen Rechtes entsprechendes Regelungswerk einer Stadtrechtsreformation zu schaffen. 567 Bis heute ist allerdings unklar und umstritten, ob es jemals offiziell veröffentlicht worden ist und damit geltendes Recht w a r . 5 6 8 Wie in der Frankfurter Reformation finden sich die gesellschaftsrechtlichen Bestimmungen im 23. Titel des zweiten Teiles. Zur Haftung der Gesellschafter ist hier zunächst folgendes geregelt: „Tit. XXIII. Von Marschkopien oder Gesellschaften ... Was auch im Namen der Marschkopen durch einen Marschkoper mit Wissen und Willen der anderen, oder durch ihren bestallten Factor, es sey mit Kaufen, Verkaufen, oder sonst gehandelt wird, das ist die Marschkopeye zu halten, schuldig, und mag ein jeder derselbigen Marschkoper für sich selbst, gleich als hätte er mit einer ungescheidenen gesammten Hand dafür gelobet, und gut gesaget, um Bezahlung besprechen und angehalten werden. Dargegen auch gemeine Marschkopey sich an demjenigen aus ihrem Mittel, oder an den Factorn, der ihnen zu Schaden gehanndelt, zu erholen hat. Der also, um Bezahlung allein angehalten und gedrungen wird, mag dasjenige, so er seinen gebührenden Antheil ausgeben, von seinen anderen Mit Gesellen wieder einmahnen, gleich, als hätte er die Bezahlung vor sie alle auf ihr Geheiß verleget «569

Auch hier wird im ersten Teil dieser Regelung, der, abgesehen von einigen sprachlichen Anpassungen, der entsprechenden Formulierung in § IX der Frankfurter Reformation entspricht, geregelt, daß die „Marschkopeye" 565

Siehe oben, I. 3. b). Wieacker, Rechtsgeschichte, S. 192; Rabe, S. 7. 567 Stobbe, Rechtsquellen, Bd. II, S. 329; Wieacker, Rechtsgeschichte, S. 192/ 193; Lutz, S. 135; Vgl. zur Geschichte ausführlich: Rabe, S. 1 ff. 568 ygi hierzu die Darstellung mit Übersicht zum Meinungsstand bei Rabe, S. 14 f. 569 Zitiert nach Pufendotf, S. 698. 566

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die Folgen rechtsgeschäftlichen Handelns zu halten hat und damit Verpflichtete ist. Die in den bisher untersuchten Stadtrechten feststellbare Tendenz einer beginnenden Verselbständigung und Personalisierung der Gesellschaft in der Betrachtung findet demnach hier eine Fortsetzung. Mangels sonstiger weiterer Anhaltspunkte hierfür, ist die Gesellschaft jedoch auch nach der Lüneburger Reformation nicht als rechtlich selbständiges Verpflichtungsobjekt oder gar juristische Person mit der Folge einer auf das Gesellschaftsvermögen beschränkten Haftung anzusehen. Aus dem zweiten Satz der Regelung, der vorsieht, daß auch der einzelne „Marschkoper" angehalten ist, Bezahlung vorzunehmen ergibt sich darüberhinaus das Entstehen einer Verpflichtungswirkung auch zu Lasten der einzelnen Gesellschafter. 570 Anders als in der Frankfurter Fassung wird hier jedoch nicht nur eine bloße Festlegung einer Eintritts Verpflichtung des Einzelnen „in solidum" vorgesehen, sondern es erfolgt ein ergänzender Hinweis wonach, das Handeln einzelner Gesellschafter hinsichtlich der Bindungswirkung einem gemeinsamen, gesamthänderischen gleichgestellt wird. Durch die Bezugnahme und Gleichstellung in der Wirkung mit dem gesamthänderischen Handeln „unitas actus" aller Beteiligten, 571 ergibt sich die Anordnung einer vollen Verpflichtungswirkung. Das Bestehen eines persönlichen, unbeschränkten Haftungsumfanges mit dem gesamten Vermögen entsprechend der allgemeinen Haftungssituation läßt sich auch hier ergänzend aus der anschließenden Haftungsbeschränkung bzgl. der Einlagegesellschafter herleiten. Die Regelung lautet hier: „... Wer eine nahmhaftige Summe Geldes zu Gewinn und Verlust, ohne einig ander Geding zu einer Marschkopey leget, aber sonst mit ihrem Handel nichts zu thun haben will, ist nicht schuldig, wenn die Marschkopey in Schulden gerath, mehr zu bezahlen, denn sich nach Anzahl seines zugelegten Haupt-Geldes gebühret." 572 Die - allerdings nur sehr wenigen - Stellungnahmen in der Literatur folgern aus dieser Bestimmung ebenfalls eine, auf die gezahlte Einlage begrenzte Haftung der Einlagegesellschafter. 573 Im Vergleich zu der der Frankfurter Reformation fehlt bei dieser deutlich kürzeren und sprachlich prägnanteren Regelung hingegen die ergänzende Voraussetzung für die angeordnete Beschränkung der Haftung, daß die Schuldverpflichtungen der 570

So ausdrücklich: Rabe, S. 65/66; Wegen der großen Nähe sind ergänzend die Nachweise zur Regelung der Frankfurter Reformation von 1578, vgl. oben Fn. 559, zu nennen. 571 Siehe hierzu oben, III. 1. b). 572 Zitiert nach Pufendorf, S. 698. 57 3 Schmied, Frühkapitalismus, S. 65, zu dessen Annahme einer nur subsidiären Haftung der Einleger im Anschluß an das Privileg Friedrich III. siehe oben, I. 3. b); Lastig, Handbuch, S. 717; Rabe, S. 67. 9 Thomas

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Gesellschaft nicht aus dem Hauptgut bezahlt werden können. Sie entspricht insoweit dem ersten Satz der Haftungsbestimmung hinsichtlich der Einlagegesellschafter im IV. Gesetzes der Nürnberger Reformation von 1564. Ohne daß die Möglichkeit einer Überprüfung anhand von ergänzenden Quellen besteht, läßt sich infolgedessen aus dem Wortlaut, insbesondere der Formulierung, daß keine Verpflichtung besteht, „mehr zu bezahlen", nur eine Beschränkung der Haftung der Höhe nach auf den Betrag der Einlage entnehmen, ohne daß eine Aussage dazu möglich erscheint, ob die Haftung auch auf die einmal gezahlte Einlage beschränkt wird.

5. Das revidierte Lübische Stadtrecht von 1586 Anders als bei den zuvor dargestellten Reformationen war die Intention bei dem von einer Dreierkommission erarbeiteten und 1586 veröffentlichten revidierten Lübischen Stadtrecht 574 nicht die Anpassung von bestehenden Rechtszuständen an das gemeine Recht. Darüberhinaus wurde seine Ausarbeitung auch nicht von der Stadt Lübeck selber veranlaßt, sondern geschah vielmehr auf Drängen der zahlreichen Tochterstädte, 575 bei denen infolge der vielen unterschiedlichen im Umlauf befindlichen Fassungen des Rechtes der Stadt eine gewisse Rechtsunsicherheit entstanden w a r . 5 7 6 Es enthält ζ. T. Regelungen, die sich bereits in Quellen des frühen Mittelalters finden und lehnt sich im wesentlichen an alten lübischen Rechtssätzen an, die in eine neuere, hochdeutsche Sprache übertragen werden. 5 7 7 Zur Haftung der Gesellschafter findet sich im neunten Titel unter der Überschrift „De societatibus, Von Gesellschaften und Marschopeyen" die folgende Regelung: „... 5. Wollen etliche mit einander eine gemeine Geselschafft aller Güter anrichten, die mögen wohl zusehen, mit wem sie dieselbige anstellen, dann was der eine kaufft, muß der ander bezalen, so fern sein Gut reichet. .. , " 5 7 8 Inhaltlich entspricht diese der Haftungsbestimmung des sog. Segeberger Kodex, 5 7 9 und nimmt lediglich eine sprachliche Übertragung in das Hochdeutsche vor. Entsprechend kann das hierzu gefundene Ergebnis 580 übertragen werden, wonach sich das Bestehen einer Verpflichtungswirkung ergibt, die das ge57 4

Wieacker, Rechtsgeschichte, S. 192. Zur großen Bedeutung des Lübischen Rechtes aufgrund der großen Verbreitung vgl. Hesse, S. 61 m.w.N. 57 6 Hesse, S. 62 m.w.N. 57 7 Stobbe, Rechtsquellen, Bd. II, S. 294 f., 295 mit weiteren Nachweisen zur Geschichte der Reformation. 578 Zitiert nach Bunge, Rechtsquellen, S. 163. 579 Siehe hierzu oben, II. 3. 575

IV. Gesellschafterhaftung des 15. und 16. Jahrhunderts

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samte „gut" des nicht kontrahierenden Gesellschafters erfaßt. Im Vergleich zu der Mehrzahl der Reformationen der süddeutschen Städte ist festzustellen, daß dies hier auch eindeutig hinsichtlich der einzelnen Person der Mitgesellschafter normiert wird und kein Bezug genommen wird auf die Gesellschaft als Ganzes. Mangels Nennung von Beschränkungen handelt es sich dem Umfang nach um eine unbeschränkte, solidarische und persönliche Haftung sowohl des nicht, als auch des kontrahierenden Gesellschafters, 5 8 1 wobei letzteres mangels ausdrücklicher Erwähnung als nicht regelungsbedürftiger Normalfall des Haftungsumfanges gesehen wird.

6. Das Hamburger Stadtrecht von 1603 Obwohl die Revisionsnotwendigkeit des 1270 auf der Grundlage des Sachsenspiegels erstellten und 1497 erstmals überarbeiteten Hamburger Stadtrechtes 582 bereits Anfang des 16. Jahrhunderts vom Rat der Stadt anerkannt wurde, wurde mit den Arbeiten erst zu Beginn des Jahres 1603 durch ein Gremium von 12 Revisoren begonnen. 583 Sie endeten bereits nach 9 Monaten im Oktober 1603 mit der Veröffentlichung des revidierten Stadtrechtes, 584 das im wesentlichen auf Rechtsinstitute der anderen bereits revidierten Stadtrechte zurückgreift. 585 In den Regelungen „Von Gesellschaft oder Mascopen" im zehnten Titel des zweiten Teiles, die überwiegend prozeßrechtlicher Natur sind, findet sich zur Frage der Haftung der Gesellschafter folgende Bestimmung: „Articulus 8. Was die Mascopey belanget/so einer von den Mascopey Gesellen contrahiret, dafür müssen auch die anderen/so weit sich ihre Mascopey erstrecket/gehalten sein." 586 Auch das Hamburger Stadtrecht sieht demnach das Bestehen einer Verpflichtungswirkung des rechtsgeschäftlichen Handelns einzelner zu Lasten auch der anderen Gesellschafter v o r . 5 8 7 Ebenso wie in der Lübecker Rege580

Siehe hierzu oben, II. 3. Lehmann, ZHR 62, 318; Rehme, ZHR 42, 394; Stobbe ZHR 8, 51; Schmidt, Stadtrechte, S. 75, der diese Aussage allerdings nur anhand des Wortlautes des Segeberger Kodex bestätigt. 582 Zur Geschichte des Hamburger Stadtrechtes vgl. die Nachweise bei Stobbe Rechtsquellen, Bd. II, S. 309, Fn. 15. 583 Stobbe, Rechtsquellen, Bd. II, S. 310; Wieacker, Rechtsgeschichte, S. 191. 584 Obwohl der Druck erst im Jahre 1605 erfolgte, wurde das Jahr der Erstveröffentlichung beibehalten, vgl. Stobbe, Rechtsquellen, Bd. II, S. 312. 585 Gödan, Statuta, Einl., S. 4 f.; Hesse, S. 60; Zur Frage der möglichen deutschund römischrechtlichen Grundlagen vgl. Eisenhardt, Festschrift, S. 62. 586 Zitiert nach „Der Stadt Hamburg Gerichtsordnung und Statuta" S. 221 f. 581

9*

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lung wird diese auch explizit für die einzelnen Gesellschafter und nicht für die Gesellschaft insgesamt festgelegt. Anknüpfungspunkt für das Entstehen der Vertretungswirkung ist dabei jegliches tatsächliches „contrahieren" durch einen der Gesellschafter, ohne daß ergänzend ein Wissen oder Willen der anderen oder gar eine Bevollmächtigung vorgesehen ist. Hinsichtlich der Art der Haftung wird auch die Regelung des Hamburger Stadtrechtes von Schmidt und Lehmann zutreffend zum Nachweis der Anerkennung einer prinzipalen solidarischen Haftung der Gesellschafter durch die reformierten Stadtrechte angeführt. 588 Ob aus dieser Regelung auch eine unbeschränkte, persönliche Haftung, für die der Gesellschafter mit seinem gesamten Privatvermögen einzustehen hatte, zu entnehmen i s t , 5 8 9 erscheint bei näherer Untersuchung fraglich. Unklar ist dabei, wie die Anordnung zu verstehen ist, daß die anderen, nicht kontrahierenden Gesellschafter zur Einhaltung der Verpflichtungen gehalten sind, „soweit sich ihre Mascopey erstrecket". Versteht man dies, was nach dem Wortlaut durchaus möglich erscheint, im Sinne einer Erstreckung der Eintrittsverpflichtung nur auf die Kapitalmittel der Gesellschaft, und damit nicht auf das Privatvermögen der Gesellschafters, so ergäbe sich danach ein entsprechend beschränkter Haftungsumfang. Dies würde jedoch einen von den anderen Reformationen, an denen sich die Redaktoren jedenfalls orientiert haben, 5 9 0 vollkommen abweichenden auf die einmal gezahlte Einlage beschränkten Haftungsumfang ergeben. Naheliegender erscheint daher die Annahme eines Bezuges dieses Beisatzes auf die im Satzanfang genannten Geschäfte des einzelnen Gesellschaft, so daß damit nur klargestellt wird, daß eine Eintrittsverpflichtung nur für Rechtsgeschäfte besteht, die im Rahmen der Gesellschaft vorgenommen werden. Da eine Regelung bzgl. einer Haftungsbeschränkung für Einlagegesellschafter fehlt, läßt der Wortlaut der Regelung demnach keinen Rückschluß auf den Haftungsumfang der Gesellschafter zu. Mangels ergänzenden Quellennachweisen bleibt daher nur die Vermutung, daß entsprechend der grundsätzlichen Haftungssituation 591 die Gesellschafter wie für jede andere auch für die angeordnete Verpflichtung mit ihrem gesamten Privatvermögen unbeschränkt einzustehen hatten.

587

Schmidt, Stadtrechte, S. 74; Lehmann, VSWG 8, 133. Schmidt, Stadtrechte, S. 74; Lehmann, VSWG 8, 133 indirekt auch in ZHR 79, 310. 589 So wohl Lehmann, VSWG 8, 133; ZHR 79, 310, der dies allerdings fälschlich aus der allg. Gewinn- und Verlusttragungsregelung in Artikel X, 1. entnimmt. 590 Gödan, Statuta, Einl., S. 4; Stobbe, Rechtsquellen, Bd. II, S. 313. 591 Siehe oben, II. 3. 588

IV. Gesellschafterhaftung des 15. und 16. Jahrhunderts

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7. Zusammenfassung Ausgehend von den dies nicht vorsehenden Grundlagen des römischen Rechtes, wurde nach gemeinem Recht von einer gewohnheitsrechtlich bestehenden „praeposito institoria" ausgegangen, so daß auf der Grundlage der societas omnium bonorum das Entstehen einer Verpflichtungswirkung zu Lasten aller Gesellschafter als Konsequnz des rechtsgeschäftlichen Handelns einzelner angesehen wurde. Aufgrund dieser hafteten die Gesellschafter solidarisch, unbeschränkt und persönlich, sowie mit dem gesamten Privatvermögen. Zu den Reformationen der süddeutschen Städte Nürnberg, Frankfurt und Lüneburg ist festzustellen, daß sich in diesen sprachliche Formulierungen finden, die das Entstehen einer Verpflichtungswirkung zu Lasten „der Gesellschaft" vorsehen. Darüberhinaus wird auch von der Existenz eines Gesellschaftsvermögens ausgegangen. Dies bestätigt die bereits bei den Bergwerksgesellschaften festgestellte Tendenz der Personalisierung und verselbständigten Betrachtung der Gesellschaften in dieser Zeit, die aber, aufgrund des Fehlens entsprechender Hinweise in den Stadtrechten der Hansestädte, wohl auf den süddeutschen Raum beschränkt war. Mangels weiterer Anhaltspunkte hierfür in den Regelungswerken ist die Gesellschaft jedoch dennoch nicht als rechtlich verselbständigtes Verpflichtungsobjekt, oder gar juristische Person zu qualifizieren. Alle untersuchten Stadtrechtsreformationen ordnen ausdrücklich entsprechend dem gemeinrechtlichen Ansatz das Entstehen einer Verpflichtungswirkung zu Lasten der Hauptgesellschafter als Folge von Rechtsgeschäften einzelner Gesellschafter an. Zum Umfang der in Folge dessen bestehenden Haftung findet sich nur im Lübecker Stadtrecht die eindeutige Aussage, daß diese das ganze „gut" der Gesellschafter erfaßt. Bei den anderen Reformationen läßt i.d.R. nur das Vorliegen einer Haftungsbeschränkungsregelung hinsichtlich der Einlagegesellschafter einen Rückschluß darauf zu, daß hier wohl als Regelfall, entsprechend der grundsätzlichen Haftungssituation, von einer solidarischen, unbeschränkten Haftung mit Person und gesamtem Privatvermögen ausgegangen wird. Hinsichtlich der Einlagegesellschafter ist festzuhalten, daß sich in drei süddeutschen Stadtrechten Regelungen in unterschiedlicher sprachlicher Anlehnung an das Privileg Friedrich III. von 1464 finden. Wohl ausgehend von einer Verpflichtung auch der Einleger aus dem rechtsgeschäftlichen Handeln, regeln diese in mehr oder weniger deutlicher Weise und ohne daß ergänzende Quellennachweise hierfür bestehen, eine daraus folgende dergestalt auf die Einlagesumme beschränkte Haftung, daß nach dem Verbrauch des Gesellschaftsvermögens ein Zugriff auf deren Privatvermögen nicht mehr möglich war.

D. Die Behandlung der Gesellschafterhaftung in den Kodifikationen der Zeit der Aufklärung Nach Höhepunkt und Abschluß der Historie der Naturrechtslehre mit der Vollendung seines vernunftrechtlichen Gesamtsystems durch Christian Wolf 1 waren die Voraussetzungen geschaffen, für die Entstehung einer Gesetzgebung, als Aufforderung aller naturrechtlichen Rechtssysteme an den Gesetzgeber. 2 Unter Überwindung der mittelalterlichen Rechtstradition der Erhaltung und Bewahrung konnten nunmehr, durch die mit dem Rechtsetzungsmonopol versehenen, allein der Vernunft und dem Allgemeinwohl verpflichteten Souveräne Kodifikationen erfolgen, mit denen eine umfassende systematische Neuordnung des Rechtes verfolgt werden konnte. 3 Diese entstanden in Deutschland Mitte des 18., Anfang des 19. Jahrhunderts vorrangig in den größeren, sich aus dem Reichsverbund lösenden Territorialstaaten mit dem Codex Maximilianeus Bavaricus Civilis von 1756, dem Allgemeinen Landrecht für die Preußischen Staaten von 1794 und dem Allgemeinen Bürgerlichen Gesetzbuch für die gesamten Erbländer der Österreichischen Monarchie im Jahre 1811. Neben der Behandlung der Gesellschafterhaftung in diesen Kodifikationen soll des weiteren das badische Landrecht von 1810 als Übernahme des Code Napoleon und von Teilen des Code de Commerce, sowie der Entwurf eines Handelsgesetzbuches der Stadt Frankfurt aus dem Jahr 1811 Gegenstand der weiteren Untersuchung sein.

I. Codex Maximilianeus Bavaricus Civilis von 1756 Angestoßen durch die Bemühungen Preußens zur Schaffung einer Rechtskodifikation, 4 wurde in Bayern als erstem Staat des Kontinentes unter der Herrschaft des der Aufklärung offen gegenüberstehenden Kurfürsten Maximilian III. Joseph mit einem Kodifikationsvorhaben zur Vereinheitlichung und Verbesserung des geltenden Rechtes begonnen.5 Schon im Jahre 1756 1 2 3 4

Vgl. Schlosser, S. 94. Hesse, S. 65; Schlosser, S. 95. Eisenhardt, Rechtsgeschichte, S. 208, Rz. 288; Schlosser, S. 96; Hesse, S. 65. Köhler, HRG, S. 338; Pöpperl, S. 2.

I. Codex Maximilianeus Bavaricus Civilis von 1756

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trat der von dem Juristen und geheimen Staatskanzler Kreittmayr geschaffene CMBC in Kraft, 6 zu dem der Autor 1758 umfangreiche Anmerkungen veröffentlichte, die später durch höchstrichterliche Rechtssprechung gesetzesgleiche Autorität erhielten. 7 Obwohl der Verfasser das Naturrecht als Grundlage des bürgerlichen Rechtes anerkannte, 8 blieb dessen Einfluß auf das Gesetzeswerk insgesamt gering, weil nicht eine grundlegende Neugestaltung der Rechtsordnung entsprechend der Reformbewegung der Aufklärung Ziel der Arbeiten war, sondern vielmehr das Erreichen einer besseren Berechenbarkeit der Rechtspflege, sowie einer allgemeinen Rechtssicherheit. 9 Da des weiteren die Weitergeltung abweichender Landesstatuten, sowie, in § 9 ausdrücklich geregelt, die subsidiäre Weitergeltung des gemeinen Rechtes vorgesehen war, 1 0 ist der CMBC damit erst am Anfang aufklärerischer Reformen stehend und insgesamt als Vorläufer der großen Aufklärungskodifikationen anzusehen.11 Unter der Überschrift „Von dem Compagnie- oder Associations- Contracte (Societate)" enthält der CMBC im achten Kapitel des vierten Buches insgesamt vierzehn gesellschaftsrechtliche Bestimmungen. Diese beziehen sich auf drei Arten von, der heutigen bürgerlich rechtlichen Gesellschaft vergleichbare zivile Gesellschaften, die durch ein Zusammenlegen von „Habe oder Mühewaltung auf gemeinschaftlichen Gewinn" gekennzeichnet sind, und in § 1, entsprechend den Bezeichnungen des gemeinen Rechtes bezüglich des Umfanges des einbezogenen Vermögens, ausdrücklich als „1. nur über gewisse Güter und Handlungen, oder 2. über das ganze Vermögen, und zwar 3. zuweilen ohne Ausnahme gegenwärtiger oder künftiger Habe" 1 2 gehend genannt werden. Regelungen zur Frage der Haftung von Gesellschaftern finden sich hier in den §§ 8-11. Die im Privileg Friedrich III. erstmalig genannten, im vorherigen Abschnitt untersuchten Einlagegesellschafter finden im CMBC keine Erwähnung.

5

Conrad, Rechtsgeschichte, Bd. II, S. 386; Stobbe, Rechtsquellen, Bd. II, S. 443; Schlosser, S. 97. 6 Stobbe, Rechtsquellen, Bd. II, S. 443; Zu den Voraussetzungen und den Einflüssen der Entstehung vgl. ausführlich Pöpperl, S. 8 f. 7 Hesse, S. 66; Schlosser, S. 99; Conrad, Rechtsgeschichte, Bd. II, S. 38. 8 Conrad, Rechtsgeschichte, Bd. II, S. 386. 9 Eisenhardt, Rechtsgeschichte, S. 208, Rz. 288; Hesse, S. 66 m.w.N. zu Geschichte und Bedeutung des CMBC. 10 Kobler, HRG, S. 338. 11 Schlosser, S. 97 f.; Eisenhardt, Rechtsgeschichte, S. 208, Rz. 288; Weißen-Mieus, S. 114 m.w.N. 12 Zitiert nach Danzer, CMBC, S. 255.

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D. Die Gesellschafterhaftung in den Kodifikationen der Aufklärung

1. Rechtsgeschäftliche Begründung einer Haftung der Gesellschafter Zur Frage der Begründung einer Haftung gegenüber Dritten regelt § 8 entsprechend den gemeinrechtlichen Grundlagen 13 des CMBC zunächst für den Ausgangsfall eines gemeinsamen rechtsgeschäftlichen Handelns aller Mitgesellschafter: „§ 8. Wenn die ganze Companie mit einem Dritten handelt oder contrahiert, so haftet 1. Demselben keiner in solidum, sondern nur jeder pro Rata und für seinen Anteil, welchen er in der Compagnie hat." 14 Vorbehaltlich von gem. Ziffer 3 zulässigen, hiervon abweichenden vertraglichen Vereinbarungen wird somit entsprechend den Grundsätzen der Gütergemeinschaft einer societas omnium bonorum des gemeinen Rechtes 15 eine Vertretungswirkung für den einzelnen mitabschließenden Gesellschafter nur hinsichtlich eines seinem Anteil an der Gesellschaft entsprechenden Teiles und nicht für die gesamte Verbindlichkeit festgelegt. 16 Dabei ergibt sich aus dem Gesamtkontext der Regelung, daß unter der Bezeichnung „ganze Compagnie" alle beteiligten Gesellschafter verstanden werden. Im Anschluß an diese Festlegung einer pro rata Verbindlichkeit jedes Gesellschafters bei gemeinsam abgeschlossenen Rechtsgeschäften werden sodann Regelungen hinsichtlich der Bindungswirkung von rechtsgeschäftlichen Handlungen eines oder einzelner Gesellschafters getroffen. In § 9 wird zunächst festgelegt: „§ 9. Handelt nicht die ganze Compagnie, sondern nur der eine oder andere, oder auch der mehrere Teil aus ihnen mit einem Dritten, und zwar nicht im Namen, und von der ganzen Compagnie wegen, sondern, wie im Zweifel allzeit gemutmaßt wird, für sich alleine, so haftet er zwar derselben, und hinwiederum derselbe auch ihm alleine, ohne daß die Obligation oder Action sich auf die übrigen erstreckt; falls er aber gleichwohl mit der Compagnie Geld oder Gut, derselben zum Besten, auf solche Weise handelt, so kommt das Debitum sowohl activ als passiv zur Collation, folglich auch die Obligation und Action auf die ganze Compagnie."17 Rechtsgeschäfte, die somit von einem oder einzelnen Gesellschafter nicht im Namen der Gesellschaft abgeschlossen werden, was im Zweifel auch zu vermuten sein soll, gelten als Eigengschäfte der Handelnden und entfalten keine Bindungswirkung hinsichtlich der anderen Gesellschafter. Soweit al13

Kreittmayr, Anmerkungen, S. 1634. Zitiert nach Danzer, CMBC, S. 257. 15 Siehe hierzu oben, C IV. 1. 16 Kreittmayr, Anmerkungen, S. 1634; Zu den gemeinrechtlichen Grundlagen siehe oben, C IV. 1. S. 77. 17 Zitiert nach Danzer, CMBC, S. 257. 14

I. Codex Maximilianeus Bavaricus Civilis von 1756

137

lerdings „Geld oder Gut" der Gesellschaft im Rahmen der Geschäfte eingesetzt wird und diese auch zu deren „Besten" erfolgen, ist das Entstehen einer „Obligation auf die ganze Compagnie" und damit für alle Gesellschafter vorgesehen. 18 Unklar bleibt dabei allerdings, ob auch in diesem Fall die in § 8 vorgesehene pro rata Verbindlichkeit des einzelnen Gesellschafters entstehen soll. Ohne das hierzu eine eindeutige Aussage möglich erscheint, könnte für das Bestehen einer solchen auch in diesem Fall sprechen, daß in beiden Bestimmungen jeweils Bezug genommen wird auf die „ganze Compagnie". Für den Fall, daß die rechtsgeschäftliche Handlung eines oder einzelner Gesellschafter ausdrücklich für alle Beteiligten erfolgt, ist hinsichtlich der BindungsWirkung gem. den §§ 10, 11 danach zu differenzieren, ob zugleich eine Bestellung zum Faktor oder Vorsteher der Gesellschaft vorliegt oder nicht. Ist dies nicht der Fall, so ist gem. § 10 die Regelung des § 9 anwendbar, d.h. das Geschäft gilt als Eigengeschäft und entfaltet nur in dem dort genannten Ausnahmefall eine Wirkung für die anderen Gesellschafter. 19 Soweit eine Bestellung zum Handlungsführer vorliegt, regelt § 11 : „§ 11. Erstenfalls, da er nämlich als gemeinschaftlicher Factor und HandlungsFührer für die ganze Compagnie handelt, so kann er zwar 1. Gegen den Dritten, mit welchem er also gehandelt hat, nur allein, (gegen) die Uebrigen aber andergestalt nicht, als in subsidium agieren, wohl hingegen kann 2. Jeder aus ihnen von dem Dritten in solidum hierum belangt, und 3. Nicht nur in Bonis collatis communibus, sondern auch in anderem eigenen Vermögen salvo tarnen pro Rata Regressu angegriffen werden, ist auch 4. Einerlei, ob der Factor ausdrücklich oder stillschweigend bestellt worden ist, z.E. da er die gemeinschaftliche Handlung mit Vorwissen der anderen ohne Widerrede eine Weile geführt hat. .. ." 2 0 Für den Fall des rechtsgeschäftlichen Handelns eines bestellten Faktors im Namen der Gesellschaft ist danach das Bestehen einer haftungsbegründenden Vertretungswirkung zu Lasten aller Gesellschafter ausdrücklich vorgesehen.21 Kreitmayr wertet den Inhalt dieser Regelung in seinen Anmerkungen als nunmehr eindeutige Festlegung einer Rechtsfolge, die im gemeinen Recht noch als zweifelhaft erschien. Mit diesem Hinweis bezieht er sich damit aller Wahrscheinlichkeit nach auf die dargestellten Schwierigkeiten des gemeinen Rechtes eine solche Bindungswirkung mit den Grundsätzen der römischen Societas in Einklang zu bringen. Allerdings fällt auf, daß trotz 18 19 20 21

Kreittmayr, Anmerkungen, S. 1635. Kreittmayr, Anmerkungen, S. 1635. Zitiert nach Danzer, CMBC, S. 258. Kreittmayr, Anmerkungen, S. 1635.

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D. Die Gesellschafterhaftung in den Kodifikationen der Aufklärung

dessen gemeinrechtlichen Grundlagen weder im Kodex selber noch in den Anmerkungen Kreitmayrs die Konstruktion der Annahme einer praeposito institoria 22 als Begründung für die im Kodex festgelegte Rechtsfolge Erwähnung findet. Auch ohne Nennung dieser rechtstheoretischen Begründung, trägt die Regelung jedenfalls den dargestellten Bedürfnissen der Handelskreise 23 nach einer solchen Haftungswirkung Rechnung. Dies insb. auch durch die niedrigen Anforderungen an die für deren Entstehung erforderliche „Bestellung" eines Vorstehers mit der Zulassung einer nur stillschweigenden oder einer solchen infolge tatsächlichem Handelns für die Gesellschaft. Obwohl in den Regelungen Bezug genommen wird auf die „ganze Compagnie" ist, insbesondere aufgrund des § 8 festzustellen, daß hiermit nur die Gemeinschaft aller Gesellschafter gemeint ist. Anhaltspunkte für eine rechtliche Verselbständigung der Gesellschaft und des Gesellschaftsvermögens und damit der Existenz eines weiteren Haftungsobjektes bestehen nicht.

2. Art und Umfang der Gesellschafterhaftung Hinsichtlich der Haftungsart statuiert § 8 für den Grundfall des gemeinsamen Handelns aller Gesellschafter eine Haftung der Gesellschafter nicht „in solidum, sondern nur jeder pro Rata und für seinen Anteil, welchen er in der Compagnie hat". 2 4 Nicht eindeutig ergibt sich aus dieser Formulierung allerdings der Umfang der für die gemeinsam handelnden Gesellschafter bestehenden Haftung. Fraglich erscheint insbesondere, ob die Gesellschafter für den, für sie entsprechend ihren Gesellschaftsanteil entstehenden Teil der Verbindlichkeit mit ihrem Privatvermögen einzustehen haben, oder ob die Haftung nur ihren Anteil am Gesellschaftsvermögen erfasst. Die Anmerkungen Kreittmayrs enthalten außer dem schon genannten allgemeinen Hinweis auf die Zweifelhaftigkeit des Regelungsinhaltes nach gemeinem Recht, keine näheren Erläuterungen zur genauen Gestaltung des Haftungsumfanges. 25 Das grundsätzliche Bestehen einer Haftung mit dem gesamten Privatvermögen nach gemeinem Recht 2 6 als Grundlage des CMBC, insbesondere aber auch der Umstand, daß die Regelung eine pro Rata Haftung „für" und nicht „mit" dem Gesellschaftsanteil enthält, sprechen im Ergebnis gegen eine Beschränkung der Haftung nur auf das anteilige Gesellschaftsvermögen.

22 23 24 25 26

Siehe hierzu oben, C IV. 1. b). Siehe hierzu oben, C IV. 1. b). Zitiert nach Danzer, CMBC, S. 258. Kreittmayr, Anmerkungen, S. 1634. Siehe hierzu oben, C IV. 1. b).

II. Das Allgemeine Landrecht für die Preußischen Staaten von 1794

139

Für die weiteren in §§9, 10, 11 genannten Fallvarianten ergeben sich eindeutige Aussagen zu Art und Umfang der Haftung. Soweit das Rechtsgeschäft eines Gesellschafters nach Maßgabe der §§9, 10, 2. Variante als Eigengeschäft keinerlei Bindungswirkung für die Mitgesellschafter entfaltet, hat er für diese Verbindlichkeit naturgemäß persönlich mit seinem gesamten Privatvermögen einzustehen und zu haften. Für Verbindlichkeiten aus Rechtsgeschäften, die von einem im Namen der Gesellschaft handelnden, zum Faktor oder Vorsteher bestellten Mitgesellschafter zu Lasten auch der anderen Gesellschafter begründet werden, haften diese gem. § 11 solidarisch und unbeschränkt „nicht nur in Bonis collatis et communibus, sondern auch in anderem eigenen Vermögen". 27

II. Das Allgemeine Landrecht für die Preußischen Staaten von 1794 Im Interesse einer Integration der geographisch weit verteilten Gebiete zu einer staatlichen Einheit waren in den verschiedenen preußischen Staaten schon zu Beginn des 18. Jhd. Bemühungen zur Ausarbeitung eines einheitlichen Gesetzbuches entstanden.28 Nachdem der Versuch des Schaffens eines „Corpus iuris Fridericiani" durch den damit im Rahmen einer Justizreform beauftragten Großkanzler von Cocceji aus verschiedenen Gründen gescheitert war, 2 9 erteilte Friedrich der Große in einer Kabinettsorder vom 14.4.1780 einen ausdrücklichen Auftrag zur Erarbeitung eines allgemeinen Gesetzbuches. Mit den Arbeiten hierzu wurden noch im gleichen Jahr durch den Großkanzler von Carmer als Nachfolger des aufgrund des bekannten Müller-Arnold Prozesses 30 entlassenen Freiherrn von Fürst und seinem vom Gedankengut der Aufklärung überzeugten Mitarbeiter Svarez 31 begonnen. 32 Erstmalig wurde dabei auch eine, Ende des 18. Jhd. im deutschen Rechtskreis noch nicht vorhandene, vollständige und systematische Regelung des Handelsrechtes in Angriff genommen. 33 Nach umfangreichen Vorarbeiten 34 wurde zunächst der „Entwurf eines allgemeinen Gesetzbuches für die Preußischen Staaten" in insg. sechs Bän27

Zitiert nach Danzer, CMBC, S. 258; Kreittmayr, Anmerkungen, S. 1635. Thieme, HRG, S. 99. 29 Siehe hierzu: Stobbe, Rechtsquellen, Bd. II, S. 446 f.; Conrad, Rechtsgeschichte, Bd. II, S. 387 f.; Schlosser, S. 54. 30 Zu den Einzelheiten siehe: Schlosser, S. 54. 31 Zur Person vgl. ausführlich: Boeck, S. 29/30. 32 Conrad, Rechtsgeschichte, Bd. II, S. 388 f.; Schlosser, S. 54 m.w.N. 33 Raisch, Abgrenzung, S. 34 f. 28

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D. Die Gesellschafterhaftung in den Kodifikationen der Aufklärung

den in den Jahren 1783 bis 1788 veröffentlicht. 35 Dessen Umarbeitung aufgrund der eingegangenen zahlreichen Vorschläge, sog. „monita", aus den breiten um Stellungnahme gebetenen Kreisen erfolgte dann in den folgenden Jahren, 36 und das re vidierte Werk sollte am 1.6.1792 unter dem Titel „Allgemeines Gesetzbuch für die Preußischen Staaten" in Kraft treten. 37 Verhindert wurde dies von einer unter dem Eindruck der französischen Revolution stehenden Gegenbewegung zu dem unter Friedrich dem Großen eingedrungenen Gedankengut der Aufklärung. 38 Von diesen reaktionären Kreisen entsprechend beeinflußt, veranlaßte Friedrich Wilhelm II. auf Antrag des schlesischen Justizministers v. Danckelmann durch Kabinettsorder vom 18.4.1792 die Suspension des Inkrafttretens auf unbestimmte Zeit. 3 9 Nach einer Revision, bei der insbesondere die als zu liberal und umstürzlerisch empfundenen Teile herausgenommen wurden, 40 trat das Gesetz dann doch 4 1 unter dem geänderten Titel „Allgemeines Landrecht für die Preußischen Staaten" am 1.6.1794 in Kraft. Während der AGB-Entwurf von 1788 nur in den §§ 88-221 im 3. Abschnitt des XIV. Titels, Abteilung III. des ersten Teiles gesellschaftsrechtliche Regelungen enthält, finden sich solche systematisch im ALR an zwei Stellen. Zunächst in den §§ 169 f. im 3. Abschnitt des Siebzehnten Titels, Erster Teil unter der Überschrift „Von Gemeinschaften, welche durch Vertrag entstehen", des weiteren in den diese teilweise abändernden und modifizierenden Sonderrechtsregelungen hinsichtlich der Handlungsgesellschaften 4 2 im 7. Abschnitt des 8. Titels des zweiten Teiles. Aufgrund der dort enthaltenen HaftungsVorschriften bzgl. Kapitaleinlegern bzw. der „stillen" Einlagegesellschafter ist auch die Haftung dieses Kreises von Beteiligten zu untersuchen.

34

Siehe hierzu: Boeck, S. 33 f. Thieme, HRG, S. 101; Schlosser, S. 54. 36 Boeck, S. 37 f.; Simon, S. 228 f. 37 Conrad, Rechtsgeschichte, Bd. II, S. 388. 38 Boeck, S. 59; Schlosser, S. 56; Conrad, Rechtsgeschichte, Bd. II, S. 388; Hattenhauer, ALR Einleitung, S. 14. 39 Stobbe, Rechtsquellen, Bd. II, S. 464; Hattenhauer, ALR, Einleitung, S. 16. 40 Schlosser, S. 56; Conrad, Rechtsgeschichte, Bd. II, S. 388; Gestrichen wurde u.A. das Verbot der könglichen Machtsprüche, vgl. Stobbe, Rechtsquellen, Bd. II, S. 465; Thieme, HRG, S. 104. 41 Das Erfordernis einer Anpassung und Rechtsreform infolge der territorialen Zuwächse durch Süd- und Neu-Ostpreußen gilt als wesentlicher Grund für das letztendliche Inkrafttreten auf Grundlage des AGB, vgl. Thieme, HRG, S. 104; Schlosser, S. 56. 42 Vgl. zu dieser Einordnung: Raisch, Abgrenzung, S. 38. 35

II. Das Allgemeine Landrecht für die Preußischen Staaten von 1794

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1. Die Verpflichtungs Wirkung rechtsgeschäftlichen Handelns bei der allgemeinen Erwerbsgesellschaft und der Handelsgesellschaft nach dem ALR Systematisch regelt das ALR im siebzehnten Titel des ersten Teiles zunächst eine der heutigen bürgerlich rechtlichen vergleichbare allgemeine Erwerbsgesellschaft, die gem. § 169 dadurch gekennzeichnet ist, daß „mehrere Personen ihr Vermögen oder Gewerbe, oder auch ihre Arbeiten und Bemühungen, ganz oder zum Theil, zur Erlangung eines gemeinschaftlichen Endzweckes vereinigen". 43 Soweit dieses, wie bei den Handelsgesellschaften, unter einer gemeinschaftlichen Firma erfolgt, handelt es sich um „besondere Gesellschaften" gem. § 185 I 17, für die dort auf die Vorschriften des achten Titels des zweiten Teils verwiesen wird. 4 4 a) Die allgemeinen Bestimmungen bzgl. der zivilen Gesellschaft des ALR Ähnlich wie im CMBC wird auch im ALR, und hier sogar ausdrücklich auch so bezeichnet, als Regelfall des rechtsgeschäftlichen Handelns in Geschäftsangelegenheiten der Gesellschaft von einem gemeinsamen Tätigwerden aller Gesellschafter ausgegangen.45 Für die zivile Gesellschaft sieht § 230 I 17 als erste Regelung unter der Überschrift „4) bey den Verhältnissen gegen Andere" zu dessen Wirkungen gegenüber Dritten vor: „§. 230. Eine Gesellschaft wird in der Regel nur durch gemeinschaftlich abgeschlossene und unterschriebene Verträge verpflichtet." 46 Entsprechend den gemeinrechtlichen Grundlagen entsteht demnach durch kollektives Kontrahieren aller Gesellschafter eine haftungsbegründende Verpflichtungswirkung, die hier allerdings dem Wortlaut nach zu Lasten der Gesellschaft insgesamt statuiert wird. Waren die entsprechenden Bezugnahmen bei den einzelnen Stadtrechtsreformation 47 als sprachliche Ungenauigkeiten infolge einer wohl zunehmenden Betrachtung der Gesellschaft als eigene Person bzw. Vermögensmasse und ohne dogmatischen Hintergrund zu weiten, so haben diese im A L R eine andere Qualität. Im Rahmen der Entwurfsarbeiten ging Svarez ausdrücklich von einer Verselbständigung der 43

Zitiert nach Hattenhauer, ALR, S. 255. Zur Systematik und Abgrenzung der verschiedenen Gesellschaftstypen: Rehbein, Entscheidungen, S. 309 f.; Förster/Eccius, Privatrecht, S. 346 f. 45 So auch die entsprechende Regelung zur Geschäftsführungsbefugnis in § 207 I 17. 46 Zitiert nach Hattenhauer, ALR, S. 257. 47 So in den Reformationen Nürnberg 1564 und Frankfurt 1578, Siehe hierzu oben, C IV. 44

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D. Die Gesellschafterhaftung in den Kodifikationen der Aufklärung

Gesellschaft bzw. des Gesellschaftsvermögens aus, indem er diese generell als „personam moralem" qualifizierte. 48 Entsprechend sah der gedruckte AGB-Entwurf von 1788 49 auch eine primäre Haftung der Gesellschaft mit ihrem Gesellschaftsvermögen und eine nur subsidiäre des Privatvermögens der einzelnen Gesellschafter vor. 5 0 Im Zuge der Revision des Entwurfes konnte sich diese Betrachtungsweise dann hingegen nicht durchgesetzen. Svarez selber kam zu der Erkenntnis, daß die Qualifizierung von Gesellschaften als personas morales nur auf die Handelsgesellschaften zutrifft, 51 so daß die entsprechenden Bestimmungen des AGB-Entwurfes gestrichen wurden 52 und insb. auch durch die Vorschrift des § 239 I 17, die ausdrücklich Haftungsfolgen für die einzelnen Gesellschafter normiert, 53 ersetzt wurden, ohne daß allerdings auch der Wortlaut des § 230 I 17 und einiger weiterer Bestimmungen im Hinblick auf die Bezugnahme auf die Gesellschaft angepaßt wurde. Da der Ansatz von Svarez einer Betrachtung der zivilen Gesellschaft als „personam moralem" mit eigener Rechtspersönlichkeit somit nicht in das ALR übernommen worden ist, 5 4 entstand die normierte Verpflichtungswirkung nicht zu Lasten der Gesellschaft als solcher, sie trifft vielmehr nur die einzelnen zusammen kontrahierenden Gesellschafter. 55 Für das rechtsgeschäftliche Handeln einzelner Gesellschafter ist in der anschließenden Regelung vorgesehen: „§. 231. Ist der Bertrieb aller oder gewisser Geschäfte einem der Gesellschafter von den übrigen aufgetragen worden: so verpflichtet derselbe durch seine Handlungen und Verträge die Gesellschaft als ein Bevollmächtigter.^ 210)" 56 Soweit danach tatsächlich eine ganz- oder teilweise Übertragung von Geschäften der Gesellschaft auf einen kontrahierenden Gesellschafter erfolgt ist, so hat dessen Handeln, das dann als das eines Bevollmächtigten anzusehen ist, eine Verpflichtungswirkung zur Folge, 57 die auch hier dem Wortlaut 48

Bornemann, Civilrecht, S. 33. Vgl. §§ 156 f. III 14 AGB-Entwurf. 50 Servos , S. 44; Siehe hierzu unten, II. 1. b). 51 Bornemann, Civilrecht, S. 34. 52 Bornemann, Civilrecht, S. 34. 53 § 239 I 17 sieht vor, daß „Haben sich aber die Gesellschafter einem Dritten aus einem ausdrücklichen, von ihnen gemeinschaftlich, oder durch ihren Bevollmächtigten geschlossenen Vertrage verpflichtet: so ...". 54 Dernburg, Privatrecht, S. 588; Engelmann, Privatrecht, S. 253 f.; För steri Eccius, Privatrecht, S. 348. 55 Treitschke, Kommanditen, S. 79; v. Daniels, Civilrecht, S. 193; Dernburg, Privatrecht, S. 588; Förster/Eccius, Privatrecht, S. 365; Rehbein, Entscheidungen, S. 323 Fn. 56 Zitiert nach Hattenhauer, ALR, S. 257. 57 Förster/Eccius, Privatrecht, S. 366; Engelmann, Privatrecht, S. 256; Dernburg, Privatrecht, S. 588; Bornemann, Civilrecht, S. 32; Treitschke, Kommanditen, S. 82. 49

II. Das Allgemeine Landrecht für die Preußischen Staaten von 1794

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nach zu Lasten der Gesellschaft insgesamt besteht. Mangels Anerkennung der Gesellschaft als eigenes Rechtssubjekt betrifft diese Haftung, ebenso wie bei einem gemeinsamen Handeln, alle an der Gesellschaft beteiligten Mitgesellschafter, 58 wie sich insbesondere aus der Regelung bzgl. des Haftungsumfanges in § 239 I 17 ergibt. Weiter Voraussetzung für den Eintritt einer solchen ΒindungsWirkung ist, daß zugleich auch im Namen der Gesellschaft gehandelt wird, da das Rechtsgeschäft ansonsten gem. § 232 I 17 5 9 als Eigengeschäft anzusehen ist, aus dem nur für den Handelnden eine Verpflichtungswirkung entsteht. Insgesamt zeigt sich bei den Bestimmungen der zivilen Gesellschaft des ALR, anders als im CMBC, mit der Anknüpfung einer Bevollmächtigung und deren Rechtswirkungen an die tatsächliche Übertragung der Vornahme von Geschäften der Gesellschaft an einzelne Gesellschafter, deutlich die gemeinrechtliche Grundlage der Annahme des Bestehens einer praeposito institoria. 60 Im Vergleich zum AGB-Entwurf sind die Regelungen der §§ 230, 231 dabei nur geringfügig modifiziert worden und entsprechen im wesentlichen dessen §§ 147, 149 I I 14. Aus der Bestimmung des § 147 ist lediglich die dort noch ergänzend enthaltene Möglichkeit eines Vertragsabschlusses durch Faktoren herausgestrichen worden und darüberhinaus die Annahme des gemeinsamen Handelns als Regelfall aufgenommen worden. b) Das Sonderrecht der Handelsgesellschaften Für die Handelsgesellschaften regelt § 614 I I 8 als erste Vorschrift des VII. Abschnittes „Von Handlungsgesellschaften" zunächst die grundsätzliche Anwendbarkeit der §§ 186 ff. I 17, soweit sich nicht aus deren anschließenden Bestimmungen etwas abweichendes ergibt. Letztere enthalten daher Ausnahmen zu den allgemeinen bürgerlich rechtlichen Regelungen bzgl. der Gesellschaften und bilden damit ein Sonderrecht der Handlungsgesellschaften 61 im Rahmen des ersten deutschen Versuches einer Kodifikation des Rechtsstoffes des Handelsrechtes. 62

58

Rehbein, Entscheidungen, S. 323, 327 Fn. „§ 232 I 17: Ein Gesellschafter welcher nicht im Namen der Societät contrahiert, verpflichtet, wenn er auch sonst als Bevollmächtigter anzusehen wäre, nur sich selbst, nicht aber die Gesellschaft", Zitiert nach Hattenhauer, ALR, S. 257. 60 Diesen Zusammenhang stellt, allerdings für die Handelsgesellschaften, ebenfalls her: Servos, S. 39/40. 61 Raisch, Abgrenzung, S. 34. 62 Raisch, Abgrenzung, S. 37 f. 59

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D. Die Gesellschafterhaftung in den Kodifikationen der Aufklärung

Zur Frage des Entstehens einer Veφflichtungswirkung infolge von rechtsgeschäftlichem Handeln regelt unter der Überschrift „4) Bey den Verhältnissen gegen andere" § 647 I I 8: „§.647. Die Gesellschaft wird sowohl durch gemeinschaftlich abgeschlossene und unterschriebene Verträge, als durch die Handlungen einzelner Mitglieder, in so fern dieselben als Faktors zu betrachten sind (§ 633-635) verpflichtet." 63 Dabei bestimmt von den in Bezug genommen Vorschriften die Regelung des § 633 I I 8, daß jeder Gesellschafter hinsichtlich der Geschäfte der Gesellschaft als Faktor anzusehen ist, soweit sich aus dem Gesellschaftsvertrag nicht anderes ergibt und dieses auch entsprechend bekannt gemacht worden ist. Ebenso wie bei der zivilen Gesellschaft wird danach bei einem gemeinschaftlichem Kontrahieren aller Gesellschafter, wie auch bei einem Handeln Einzelner, die insoweit als bevollmächtigte Faktoren definiert werden, 64 eine haftungsbegründende Verpflichtungs- und Β indungsWirkung zu Lasten „der Gesellschaft" normiert. Aufgrund dieser Bezugnahme auf die Gesellschaft insgesamt vertritt Servos die Auffassung des Bestehens einer eigenen Haftung der Gesellschaft und ihres Gesellschaftsvermögens und einer entsprechenden Verpflichtungswirkung zu deren Lasten neben der der einzelnen Gesellschafter. Ergänzend verweist er auf die vorgenannten, später gestrichenen Bestimmungen §§ 156 f. I I I 14 des AGB-Entwurfes und die entsprechenden Überlegungen von Svarez zur Qualität der Gesellschaften als moralischer Person. 65 Dabei verkennt er aber m.E., daß Svarez zwar eine Streichung der Regelungen bei den Bestimmungen der zivilen Gesellschaft im Hinblick darauf akzeptiert hat, daß nur die Handelsgesellschaften die Qualität einer moralischen Person aufweisen, daß diese Haftungsbestimmungen hingegen auch nicht, was ja danach nahe gelegen hätte, in den Abschnitt bzgl. der Handelsgesellschaften aufgenommen worden sind. Auch wenn das ALR die Handelsgesellschaft in verstärktem Maße als nach Außen geschlossenes Rechtssubjekt auffaßt, 66 so ergeben sich entgegen der Ansicht von Servos aus dessen Bestimmungen keine eindeutigen Anhaltspunkte für eine Verpflichtungswirkung zu Lasten der Gesellschaft und eines Gesellschaftsvermögens. 67 Gegen das Bestehen einer solchen spricht vielmehr die Regelung des § 239 I 17, die ausdrücklich Haftungsfolgen für einzelne Gesellschafter normiert. 68 Warum diese nach Servos 69 von der allge63

Zitiert nach Hattenhauer, ALR, S. 257. För steri Eccius, Privatrecht, S. 365; Treitschke, Kommanditen, S. 82. 65 Servos, S. 43. 66 Vgl. zu den Kriterien hierfür: Förster/Eccius, Privatrecht, S. 349; Rosin, Gruchot, S. 109 f. 67 Gegen das Bestehen eines solchen: Engelmann, Privatrecht, S. 255. 68 Siehe hierzu oben, Fn. 53. 64

II. Das Allgemeine Landrecht für die Preußischen Staaten von 1794

145

meinen Anwendbarkeit der Vorschriften der zivilen Gesellschaft gem. § 614 I I 8 auf die Handelsgesellschaften ausgenommen sein soll, ohne daß für diese abweichende Bestimmungen im 8. Titel getroffen sind, ist nicht nachvollziehbar. 70 Insgesamt ist festzustellen, daß im Zuge der im Anschluß an den Erlaß des ADHGB entstehenden Diskussion um die Rechtsnatur der dort normierten oHG natürlich auch auf die Regelungen des A L R bzgl. der Handelsgesellschaften zurückgegriffen worden ist. 7 1 Diese enthalten jedoch zu dieser Streitfrage keine konkreten Aussagen und sind allenfalls als Anhaltspunkt tauglich. Hinsichtlich des Handelns einzelner Gesellschafter ist festzustellen, daß die Regelungen den gemeinrechtlichen Ansatz der Annahme einer praeposito institoria mit einer allgemeinen Bevollmächtigung eines jeden Gesellschafters zur Vornahme von Rechtsgeschäften in Gesellschaftsangelegeheiten in vollem Umfang wiedergeben. 72

2. Art und Umfang der Haftung der Gesellschafter Wie schon zuvor erwähnt, 73 sah der AGB-Entwurf von 1788 im 14. Titel des ersten Teiles zunächst eine primäre Haftung des „Gesellschaftsvermögens" und eine nur subsidiäre des Privatvermögens der einzelnen Gesellschafter vor. Die entsprechenden Bestimmungen regelten: „§.155. Wer auf vorstehende Art (§. 147-154.)74 ein gültiges Recht an die Gesellschaft erlangt hat, der ist, wegen seiner Forderung, an das gesammte Societät-Vermögen sich zu halten wohl befugt. §.156. Wer sich solchergestalt mit der Gesellschaft eingelassen hat, der kann, solange dieselbe besteht, das eigne Vermögen einzelner Mitglieder seiner Forderung wegen, nicht in Anspruch nehmen."75 69 Servos, S. 45, Fn. 3 unter Hinweis auf die Bemerkung von Svarez bei Bornemann, Civilrecht, S. 32. 70 So differenziert z.B. auch Rehbein, Entscheidungen, S. 327 Fn. bei der Darstellung der Haftung nicht zwischen den Erwerbsgesellschaften und den Handlungsgesellschaften; Das Obertribunal hat die Bestimmung nur für die erlaubten Privatgesellschaften gem. II 6 ohne Erwerbseigenschaft für nicht anwendbar erklärt, vgl. C. F. Koch, ALR, S. 534, Fn. 95; So wohl auch: Rosin, Gruchot, S. 145. 71 Vgl. z.B. die Ausführungen bei Förster/Eccius, Privatrecht, S. 349; Engelmann, Privatrecht, S. 254. 72 C. F. Koch, Lehrbuch, S. 698, der in Fn. 3 ausdrücklich darauf hinweist: Jst ein alter Satz des Handelsrechtes"; Engelmann, Privatrecht, S. 256. 73 Zu den Gründen siehe oben, II. l.a). 74 Insb. § 147 sah dabei die generelle Verpflichtung der Gesellschaft durch gemeinsam von den Gesellschaftern oder durch einen Faktor abgeschlossene Verträge vor. 10 Thomas

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D. Die Gesellschafterhaftung in den Kodifikationen der Aufklärung

Für den Fall, daß das Gesellschaftsvermögen zur Deckung der Forderung nicht ausreicht, verwies die Anschlußbestimmung des § 157 I I 14 auf die Regelungen bzgl. der Aufhebung von Gesellschaften. 76 Dort wurde in § 200 zwischen vertraglichen, für die eine solidarische Haftung „für das Ganze" angeordnet wurde, und gesetzlichen Verpflichtungen, mit einer pro rata Haftung, differenziert. 77 Nach der Streichung der Bestimmungen im Rahmen der Revision 78 wurde hinsichtlich der Haftung die Vorschrift des § 239 I 17 in die Regelungen des ALR bzgl. der zivilen Gesellschaft aufgenommen. Diese lautet: „§.239. Haben sich aber die Gesellschafter einem Dritten aus einem ausdrücklichen, von ihnen gemeinschaftlich, oder durch ihren Bevollmächtigten, geschlossenen Vertrage verpflichtet: so findet gegen sie die Vorschrift von Correalverträgen Anwendung. (Tit. V.§. 424. sqq)" 79 Für den Fall eines „passiven Korrealverhältnisses", 80 also einer Schuldnermehrheit, wird in den Bestimmungen bzgl. den Korrealverträgen durch § 424 angeordnet, daß „einer für alle, und alle für einen, dem Berechtigten für die Erfüllung haften" 81 . Die Möglichkeit der Erhebung einer Teilungseinrede gegenüber der Forderung des Gläubigers bestand 7 für die Gesellschafter demnach nicht. 8 2 Danach ergibt sich als Regelfall bei der zivilen Gesellschaft nach Art und Umfang eine solidarische unbeschränkte Haftung der einzelnen Gesellschafter mit ihrem gesamten Privatvermögen. 83 Anders als im CMBC, wo eine pro rata Haftung der einzelnen Gesellschafter zumindest für den Fall des gemeinsamen Abschlusses von Rechtsgeschäften durch alle Gesellschafter noch vorgesehen war, wird diese Grundlage mit der vorgesehenen generellen solidarischen Haftung der Gesellschafter im A L R damit erstmalig verlassen. 84

75

AGB-Entwurf, S. 593. §§ 198 f. II 14 AGB-Entwurf. 77 Servos , S. 44/45. 78 Bornemann, Civilrecht, S. 34. 79 Zitiert nach Hattenhauer, ALR, S. 257. 80 Bielitz, ALR, S. 753. 81 Zitiert nach Hattenhauer, ALR, S. 154. 82 Bielitz, ALR, S. 753, der auch zutreffend auf die Umkehrung des römischrechtlichen Regel/Ausnahmeverhältnis durch die Vorschriften hinweist. 83 Bornemann, Civilrecht, S. 32; Förster/Eccius, Privatrecht, S. 365; Rehbein, Entscheidungen, S. 315, Fn. 84 Förster/Eccius, Privatrecht, S. 365, Fn. 88; Engelmann, Privatrecht, S. 256; Ungenau: Fürstenthal, Civilrecht, S. 422, der davon spricht, daß „die societät correaliter" verpflichtet wird; v. Daniels, Civilrecht, S. 193; Treitschke, Kommanditen, S. 82. 76

II. Das Allgemeine Landrecht für die Preußischen Staaten von 1794

147

Eine Haftung des einzelnen Gesellschafters „für seinen Anteil" ist hier nur gemäß den §§ 236, 237 I 17 für den Ausnahmefall normiert, daß infolge einer nützlichen Geschäftsbesorgung oder Verwendung eine Drittforderung gegenüber der Gesellschaft bzw. den Gesellschaftern entsteht. 85 § 238 I 17 sieht ergänzend eine Haftung der Mitgesellschafter für den jeweiligen Anteil als Bürgen vor. Dabei erscheint die Haftungsanordnung des § 237 I 17 insoweit unklar, als sich die Anteiligkeit auch auf den durch die Geschäftsbesorgung entstandenen Vorteil beziehen kann und ein entsprechender ausdrücklicher Zusatz, daß der Anteil des Gesellschafters am Gesellschaftsvermögen gemeint ist fehlt. 8 6 Eine letzendliche Entscheidung dieser auch in der Literatur diskutierten Auslegungsfrage 87 erscheint mangels entsprechender Rechtsprechung nicht möglich. Überzeugend ist m. E. die Argumentation von Bornemann, der aus einer Stellungnahme von Svarez zu einer Moni ta bzgl. § 200 I I 14, in der dieser ausdrücklich von einer Weiterleitung des Vorteiles in den Gesellschaftsfond ausgeht, auf eine Haftung mit dem Anteil am Gesellschaftsvermögen folgert. 88 Da das ALR die im AGB-Entwurf enthaltene ausdrückliche Haftung eines Societätsvermögens nicht übernommen hat, bestehen außer den pauschalen Bezugnahmen auf die Gesellschaft als Ganzes in den §§ 230 I 17 f. keine Anhaltspunkte dafür, daß das Gesellschaftsvermögen als selbstständiges Haftungsobjekt überhaupt anzusehen ist, daß selbständig neben, primär oder subsidiär im Verhältnis zum Privatvermögen der einzelnen Gesellschafter, zur Verfügung stand. 89 Hinsichtlich des Objektes der Haftung findet sich in § 240 I 17 eine in dieser Form erstmalige Beschränkung der bis dato festzustellenden tatsächlich persönlichen Haftung der Gesellschafter im Sinne des Bestehens einer Zugriffsmöglichkeit der Gläubiger auf die Person und die persönliche Freiheit der Schuldner. 90 Die Vorschrift sieht vor: „§.240. Hat ein Gläubiger nur mit einem der Gesellschafter als gemeinschaftlichem Bevollmächtigten contrahiert; so kann in der Regel, und wenn die Voll85

Die Regelung lautet: „§.237. Wer aus diesem letzten Grunde (§.236) eine rechtsgültige Forderung an die Societät erlangt hat, kann an jeden der Gesellschafter für seinen Anteil sich halten." 86 Bornemann, Civilrecht, S. 34. 87 Vgl. zum Streitstand: Bornemann, Civilrecht, S. 34; Dernburg, Privatrecht, S. 589, Fn. 6); C. F. Koch, ALR, S. 488, Fn. 93. 88 Bornemann, Civilrecht, S. 34/35. 89 Siehe hierzu schon oben, II. 1. a). 90 Warum eine derartige umfassende Beschränkung, die im AGB-Entwurf nicht enthalten war, aufgenommen worden ist, ist anhand der Materialien nicht nachvollziehbar. Svarez hatte sich im Rahmen der Revisionsarbeiten nur bzgl. Wechselverbindlichkeiten für eine entsprechende Beschränkung ausgesprochen, vgl. Bornemann, Civilrecht, S. 34, 35/36. 10*

148

D. Die Gesellschafterhaftung in den Kodifikationen der Aufklärung

macht nicht ausdrücklich auf eine Verpflichtung von dieser Art gerichtet war, Personalarrest im Wege der Execution, auch nur gegen den Bevollmächtigten gesucht werden." 91 Für den Fall des Abschlusses von Rechtsgeschäften durch einen gemeinschaftlich bevollmächtigten Gesellschafter haftet demnach nur der tatsächlich Handelnde mit seiner Person, auf die der Gläubiger im Wege des Personalarrestes die Möglichkeit hatte, zuzugreifen. Der Umfang der Haftung der anderen nicht kontrahierenden Gesellschafter ist, außer bei einer ausdrücklich erteilten Vollmacht zur Vornahme einer solchen entsprechenden Verpflichtung an den Handelnden, auf ihr Privatvermögen im Sinne des modernen Begriffes der persönlichen Haftung beschränkt. Für die Handelsgesellschaften finden sich im Sonderrecht des 8. Titels des zweiten Teiles keine abweichenden Bestimmungen zu Art und Umfang der Haftung. Auch insoweit ist danach vom Bestehen einer unbeschränkten solidarischen Eintrittsverpflichtung der Gesellschafter mit ihrem Privatvermögen für in Gesellschaftsangelegenheiten erfolgte Rechtsgeschäfte auszugehen. 92 Für die Gesellschafter der Handlungsgesellschaften läßt sich dieser Haftungsumfang ergänzend im Umkehrschluß aus den §§ 651, 652 I I 8, die Regelungen bzgl. einer beschränkten Haftung von Einlagegesellschaftern enthalten, herleiten. 93 Dafür, daß bei den Handlungsgesellschaften daneben nicht auch ein Gesellschaftsvermögen als ergänzendes Haftungsobjekt nach dem A L R vorgesehen ist, spricht, wie oben dargelegt, 94 insbesondere die m.E. gegebenen Anwendbarkeit des § 239 I 17 auch auf diese. 95

3. Die Haftung von Kapitaleinlegern bei den Gesellschaften des ALR a) Fehlende Gesellschaftereigenschaft gem. § 250117

der Kapitaleinleger

Zur Frage einer etwaigen Haftung von Einlagegesellschaftern findet sich in den Regelungen bzgl. der zivilen Gesellschaft in § 250 I 17 folgende Vorschrift: „§.250. Wenn hingegen jemand, ohne wirklich ein Mitglied der Gesellschaft zu werden, derselben bloß ein Capital unter der Bedingung anvertrauet, daß er davon höhere, als die eigentlichen gesetzlichen Zinsen genießen: dagegen aber auch Gefahr und Verlust nach Verhältniß dieses Capitals mit tragen wolle: so haftet der91 92 93 94 95

Zitiert nach Hattenhauer, ALR, S. 257. C. F. Koch, Lehrbuch, S. 698; Förster/Eccius, Servos, S. 45. Siehe hierzu oben, II. 1. a). Siehe hierzu oben, II. 1. a).

Privatrecht, S. 349.

II. Das Allgemeine Landrecht für die Preußischen Staaten von 1794

149

selbe den Gläubigern nur mit seinem eingelegten Capitale; und kann ein Mehreres zu den Societätsschulden beyzutragen nicht angehalten werden." 96 Aufgrund der angeordneten Rechtsfolge einer Beschränkung der Haftung auf eingelegtes Kapital entsteht bei dieser Regelung zunächst der Eindruck, daß es sich bei den beschriebenen Personen um Einlagegesellschafter entsprechend den Vorgaben im Privileg Friedrich III. von 1464 und den verschiedenen Stadtrechtsreformationen handelt, 97 so daß der Umstand, daß diese nicht als „wirkliche" Mitglieder und damit Gesellschafter bezeichnet werden, überrascht. Eine genauerere Untersuchung der Vorschrift ergibt jedoch, daß bei der beschriebenen Einlageform zwar eine Verlust- hingegen keine echte Gewinnbeteiligung besteht. Vorgesehen ist insoweit ist nur, daß der Einleger für sein Kapital höhere als die „eigentlichen gesetzlichen Zinsen" erhält. Aufgrund dieser Verzinsungsregelung muß man die beschriebene Einlageform wohl als Sonderform des Depositums einordnen, durch das der Kapitalgeber im Hinblick auf seinen Verzinsungs- und Rückzahlungsanspruch nur Gesellschaftsgläubiger wird, 9 8 nicht hingegen Mitgesellschafter. 99 Die konkrete Ausgestaltung und der Inhalt der angeordneten Rechtsfolge einer auf die Einlagen beschränkten Haftung für mit derartig gestalteten Kapitaleinlagen Beteiligte, die nur als (weitere) Gesellschaftsgläubiger anzusehen sind, 1 0 0 bedarf daher keiner näheren Untersuchung. 101 b) Die Haftungssituation

der stillen (Einlage^Gesellschafter

Ein Beteiligter, der eine Kapitaleinlage nicht wie in § 250 I 17 vorgesehen für eine feste Verzinsung vornimmt, sondern gegen eine Gewinn- und Verlustbeteiligung, wird gem. der im Sonderrecht der Handlungsgesellschaften in § 651 I I 8 enthaltenen Definition als stiller Gesellschafter bezeichnet. Diese Vorschrift lautet: „§.651. Derjenige, welcher der Societät ein bestimmtes Capital mit der Bedingung anvertrauet hat, daß er statt der Zinsen, am Gewinne und Verlust nach Verhältnis des Kapitals Theil nehmen wolle, wird ein stiller Gesellschafter (Associe en commendite) genannt."102 96

Zitiert nach Hattenhauer, ALR, S. 258. Siehe hierzu oben, C I. 2. a) cc) (4); C IV. 98 Siehe hierzu oben, C I. 2. 99 Trotzdem werden diese Beteiligten, ebenso wie die in § 651 II 8 beschriebenen voll Gewinn- und Verlustbeteiligten z.T. als stille Gesellschafter bezeichnet, vgl. Förster/Eccius, Privatrecht, S. 366; C. F. Kock, ALR, S. 489 Fn. 3. 100 C. F. Kock, ALR, S. 489, Fn. 3. 101 Überwiegend wird die Regelung so verstanden, daß diese Kapitaleinleger als allen anderen nachstehende Gesellschaftsgläubiger anzusehen sind, vgl. Förster/ Eccius, Privatrecht, S. 366; C. F. Kock ALR, S. 489, Fn. 3; a.A. Rehbein, Entscheidungen, S. 328. 97

150

D. Die Gesellschafterhaftung in den Kodifikationen der Aufklärung

Im Vergleich zu den Beschreibungen der Einlagegesellschafter im Privileg Friedrich III. von 1464 und den reformierten Stadtrechten von Nürnberg 1564, Frankfurt 1578 und Lüneburg 1577 1 0 3 fällt auf, daß die Definition im A L R nicht die dort enthaltene Nichtbeteiligung dieser Gesellschafter an den Geschäften der Gesellschaft vorsieht, 104 so daß diese wohl für grundsätzlich möglich und zulässig anzusehen ist. Zur Frage des Bestehens einer Verpflichtungswirkung zu Lasten dieser Gesellschafter gelten mangels abweichender Regelungen in den Vorschriften des achten Titels des zweiten Teiles auch für diese gem. dem Verweis in § 614 I I 8, die allgemeinen Bestimmungen bzgl. der zivilen Gesellschaft. Entsprechend dem oben gefundenen Ergebnis, 105 ist demnach, bei von allen Gesellschaftern gemeinsam oder durch einen bevollmächtigten Gesellschafter abgeschlossenen Rechtsgeschäften grundsätzlich vom Entstehen einer Verpflichtungswirkung auch zu Lasten dieser stillen Gesellschafter auszugehen. 106 Auch hinsichtlich Art und Umfang der Haftung ergeben sich danach keine Abweichungen. Bestätigt wird dies auch dadurch, daß das Bestehen einer solchen Wirkung, sowie einer solidarischen unbeschränkten Haftung nach Art und Umfang, Voraussetzung und Anknüpfungspunkt für die in § 652 vorgesehene Haftungsbeschränkung ist. Diese Regelung lautet: „§.652. Ist sein Name in der Firma nicht mit enthalten, noch er sonst als ein Gesellschafter ausdrücklich bekannt gemacht: so haftet er den Societätsgläubigern nur mit seinem in der Handlung stehenden Capitale; und kann ein Mehreres zu den Societätschulden beyzutragen, nicht angehalten werden." 107 Auch für diese Haftungsprivilegierung ist zunächst festzustellen, daß sie nicht an das Nichttätigwerden der Einlagegesellschafter im Rahmen von Geschäften der Gesellschaft anknüpft, sondern vielmehr allein daran, daß deren Person nicht in der Firma erscheint und auch ansonsten ihre Existenz nicht bekannt gemacht wird, sie daher den möglichen Gesellschaftsgläubigern unbekannt sind und bleiben. Der ursprüngliche Grund für die Haftungsbeschränkung, der auch Anlaß der Erteilung des Privileges durch Friedrich III. war, einen Ausgleich zu schaffen für die als ungerecht angesehene Inanspruchnahme von nicht an den Geschäften beteiligten Einlegern nach der Flucht der eigentlich handelnden Gesellschafter, 108 steht danach bei der Regelung im ALR nicht mehr im Vordergrund. Losgelöst von dieser 102

Zitiert nach Hattenhauer, ALR, S. 479. Siehe hierzu oben, C I. 2.; C IV. 104 Dieses Kriterium fehlt auch im reformierten Nürnberger Stadtrecht von 1564, siehe oben, C IV: 2.; Droysen, Beiträge, S. 53 übersieht diesen Umstand. 105 Siehe oben, II. 1. 106 Droysen, Beiträge, S. 63. 103

107 108

Zitiert nach Hattenhauer, ALR, S. 479. Siehe hierzu oben, C I. 2. b) cc).

II. Das Allgemeine Landrecht für die Preußischen Staaten von 1794

151

materiellen Gerechtigkeitsüberlegung wird, wie die Bezeichnung in der Paranthese zeigt, unter Orientierung an der französischen „société en commandite" 1 0 9 allein die stille Gesellschaft als spezieller Gesellschaftstyp normiert. Entsprechend enthält der AGB-Entwurf von 1788 noch keine diesbezüglichen Regelungen. In § 160 I I 14 war hier für „geldbeytragende" Gesellschafter lediglich vorgesehen, daß „wegen Societätsschulden, keine persönliche Klage noch Exekution statt" 1 1 0 haben sollte und damit keinerlei Haftung bestand. Den Inhalt der Vorschrift des § 652 I I 8 interpretiert Droysen 1 1 1 und sich ihm, allerdings ohne ergänzende Begründung anschließend Servos 112 dahingehend, daß keine Haftung des stillen Gesellschafters gegenüber den Societätsschuldnern bestand, daß diese vielmehr nur die Möglichkeit hatten, sich an das um die Kapitaleinlage verstärkte Vermögen des oder der Mitgesellschafter zu halten. Zur Begründung wird darauf verwiesen, daß das in § 651 I I 8 vorgesehene „anvertrauen" eine Eigentumsübertragung bzgl. des Einlagekapitals an die anderen Gesellschafter erfordert, so daß dieses als Haftungsobjekt beim stillen Gesellschafter nicht mehr zur Verfügung stand. 113 Ob dabei allein die Wahl des Begriffes des „Anvertrauens" in §651 I I 8 die Annahme des Erfordernisses einer Eigentumsübertragung rechtfertigt, erscheint allerdings nicht zwingend. 1 1 4 Bewertet man die Zurverfügungstellung der Einlage eigentumsrechtlich entsprechend, so ergibt sich daraus zutreffend der dargestellte Inhalt der Regelung. Der Umstand, daß der zweite Teil der Vorschrift, der damit eine sich schon aus der Systematik ergebene Rechtsfolge beinhaltet und wiederholt, dennoch in der Bestimmung enthalten ist, deutet m. E. darauf hin, daß den Verfasseren des ALR dieser Umstand nicht bewußt war, bzw. daß sie derartige systematische eigentumsrechtliche Überlegungen nicht vorgenommen haben. Entsprechend ist die auf die Einlage beschränkte Haftung der Einlagegesellschafter wahrscheinlich eher in Anlehnung an die historischen Vorlagen in den Stadtrechtsreformationen normiert worden. Unabhängig ob aufgrund der eigentumsrechtlichen Systematik oder nach dem reinen Wortlaut der Vorschrift, folgt aus § 652 I I 8 im Ergebnis jedenfalls ein Ausschluß der Haftung der Einlagegesellschafter gegenüber Gesellschaftsgläubigern nach Zahlung der Einlage, so daß ausschließlich diese Haftungsobjekt war. 1 1 5

109

Droysen, Beiträge, S. 54. AGB-Entwurf, S. 594. 111 Droysen, Beiträge, S. 62/63. 112 Servos, S. 66/67. 113 Droysen, Beiträge, S. 62/63. 114 Ein Nachweis dafür, daß diese Formulierung tatsächlich, so wie von Droysen, Beiträge, S. 62 vertreten „absichtlich" vorgenommen worden ist, fehlt jedenfalls. 110

152

D. Die Gesellschafterhaftung in den Kodifikationen der Aufklärung

4. Zusammenfassung Entsprechend den gemeinrechtlichen Grundlagen wird im A L R für die allgemeine Erwerbsgesellschaft in § 230 I 17 zunächst eine Normierung des Grundfalles vorgenommen, daß nur ein gemeinsames rechtsgeschäftliches Handeln aller Gesellschafter eine Verpflichtungswirkung zur Folge hat. Von einem oder mehreren Gesellschaftern im Namen der Gesellschaft vorgenommene Rechtsgeschäfte sind gemäß § 231 I 17 nur im Falle einer ganz oder teilweisen tatsächlichen Übertragung von Geschäften der Gesellschaft als solche von Bevollmächtigten mit einer entsprechenden Verpflichtungswirkung anzusehen. Sprachlich sehen beide Bestimmungen zwar das Entstehen einer solchen Wirkung zu Lasten der „Gesellschaft" vor, mangels eigener Rechtspersönlichkeit tritt diese jedoch tatsächlich, bestätigt durch die Regelung in § 239 I 17, zu Lasten der einzelnen Gesellschafter ein. Gleiches gilt für die Gesellschafter der, im ALR erstmals kodifizierten Handelsgesellschaften. Hier regelt § 647 I I 8 das Entstehen einer Verpflichtungswirkung bei gemeinsamem rechtsgeschäftlichen Handeln aller Gesellschafter sowie dem Einzelner, soweit sie als Faktoren der Gesellschaft anzusehen sind, was gemäß § 633 I I 8 in Gesellschaftangelegenheiten regelmäßig der Fall ist. Ob neben der Verpflichtungswirkung zu Lasten der einzelnen Gesellschafter bei den Handelsgesellschaften eine solche auch eigenständig hinsichtlich der Gesellschaft mit ihrem Vermögen bestand, erscheint fraglich, eine Verifizierung der entsprechend von Servos vertretenen Ansicht erscheint nicht möglich. Dem Umfang nach hafteten die Gesellschafter beider Gesellschaftsformen gem. § 239 I 17 persönlich, unbeschränkt und solidarisch. Für den Fall eines Kontrahierens mit einem bevollmächtigten Gesellschafter beschränkt § 240 I 17 das Haftungsobjekt für den Gläubiger jedoch dergestalt, daß ein Personalarrest nur gegenüber dem Handelnden für zulässig erklärt wird. Die Haftung der anderen Gesellschafter war damit in diesem Fall auf ihr Vermögen im Sinne der modernen persönlichen Haftung beschränkt. Gesellschafter, deren Einlagen am Gewinn und Verlust der Gesellschaft teilnehmen, werden durch § 651 I I 8 als „stille Gesellschafter" definiert, ohne daß im Vergleich zu den Regelungen in den Stadtrechten ein Ausschluß von der Geschäftsführung vorgesehen ist. Mangels abweichender Bestimmungen hinsichtlich dieser Gesellschafter ist vom Enstehen einer Ver115

So wohl auch C. F. Koch, Lehrbuch, S. 699; In der Literatur finden sich kaum konkrete Aussagen zum Inhalt der Regelung, da sich zumeist auf eine Wiedergabe des Wortlautes beschränkt wird, z.B. Fürstenthal, Civilrecht, S. 617; vgl. Droysen, Beiträge, S. 54.

III. Badisches Landrecht von 1809 und ein Entwurf von 1811

153

pflichtungswirkung auch zu deren Lasten auszugehen. Die daraus entstehende Haftung wird gem. § 652 I I 8 unter der Voraussetzung, daß der Name des Gesellschafters nicht in der Firma enthalten ist, noch sonst die Gesellschafterstellung den Gläubigern bekannt gemacht worden ist, auf die eingezahlte Einlage beschränkt.

III. Das badische Landrecht von 1809 und der Frankfurter Entwurf eines Handelsgesetzbuches aus dem Jahr 1811 Mit dem Inkrafttreten des Code Civil in Frankreich im Jahre 1804 erlangte dieser unmittelbar auch in den 1795 anektierten und 1801 formell abgetretenen und damit zum französischen Staatsgebiet gehörenden linken Rheinprovinzen Preußische Rheinprovinz, Rheinbayern, Rheinhessen und Birkenfeld Geltung. 1 1 6 Paralell zur weiteren Ausdehnung des französischen Herrschaftsbereiches im ersten Jahrzehnt des 19. Jahrhunderts wurde dieser dann auch in rechtsrheinischen Staaten übernommen. 117 Während er linksrheinisch noch bis zum Erlaß des ADHGB und BGB in der französischen Ursprungssprache in Kraft blieb, 1 1 8 wurde er in den rechtsrheinischen Staaten im Zuge der durch die Freiheitskriege entstandenen nationalen Begeisterung wieder aufgehoben. 119 Eine Ausnahme hiervon machte das Großherzogtum Baden, in dem eine eigene Gestaltung in deutscher Sprache des Code Civil und von Teilen des Code de Commerce als „Badisches Landrecht" erfolgte, ohne daß jedoch die Eigenart des französischen Rechtes dadurch verloren g i n g . 1 2 0 Dieses sowie der im Jahre 1811 in der zum Geltungsbereich des rheinischen Rechtes 121 gehörenden Stadt Frankfurt a.M. nach dem Muster des Code de Commerce erstellte Entwurf eines Handelsgesetzbuches der Stadt Frankfurt a.M. soll im Hinblick auf den historischen Einfluß des französischen Rechtes auf die Gesellschafterhaftung Gegenstand der weiteren Untersuchung sein. 116

Leiser HRG, S. 621; Servos , S. 62 m.w.N. zur Zahl der Einwohner in diesen Gebieten. 117 Vgl. die Übersichten bei Schumacher, Rheinisches Recht, S. 17 f.; Leiser HRG, S. 621. 118 Schumacher, Rheinisches Recht, S. 17; Hesse, S. 72; Servos, S. 68 m.w.N., insb. Fn. 2 zu den Gründen für die Beibehaltung; Schimke, S. 77, Fn. 294. 119 Vgl. hinsichtlich eines genauen Überblickes den Nachweis bei Schumacher, Rheinisches Recht, S. 17, Fn. 5. 120 Servos, S. 68. 121 Zu diesem Begriff und seiner Herkunft, vgl. die Nachweise bei Servos, S. 67, Fn. 4 und Schimke, S. 77, Fn. 294.

154

D. Die Gesellschafterhaftung in den Kodifikationen der Aufklärung

1. Das badische Landrecht von 1809 Nach der Erklärung zum Großherzogtum im Jahre 1806 bestand für Baden als Staatsbildung der deutsch-französischen Kriege im ersten Jahrzehnt des 19. Jahrhunderts die vorrangige Aufgabe, eine staatliche Einheit seiner vielen kleinen und kleinsten Territorien herzustellen. 122 In diesem Zusammenhang galt es u.a., die Rechtszersplitterung der einzelnen Landesteile, in denen teils gemeines Recht, teils verschiedenste Partikularrechte 123 galten, zu beseitigen. 124 Infolge des, wegen des Wegfalls der Zollgrenzen stark ansteigenden Handels, sowie der Förderung der beginnenden Industrialisierung durch die Regierung, wurde dabei auch verstärkt die Notwendigkeit empfunden, eine Kodifizierung des Handelsrechtes und die Einführung eines Zivilgesetzbuches vorzunehmen. 125 Schon 1806 machte der mit Fragen der Landesorganisation betraute Regierungsrat Johann Nikolaus Friedrich Brauer 1 2 6 den Vorschlag, eine Rezeption des französischen Zivilrechtes vorzunehmen. 127 Grund hierfür waren dabei nicht allein außenpolitische Gründe, sondern vielmehr auch, daß er von der hohen Qualität des Code Napoleon als Kodifikation überzeugt war. 1 2 8 Durch landesherrliche Verordnung vom 5. Juli 1808 wurde dann vom Großherzog Karl Friedrich eine Gesetzgebungskommission unter dem Vorsitz Brauers 129 eingesetzt und damit beauftragt, den Code Napoleon als Badisches Zivilgesetzbuch zu bearbeiten, und hierbei den „Landeseigentümlichkeiten" Rechnung zu tragen. Nachdem die Kommission bereits zu Beginn des Jahres 1809 das Ergebnis ihrer Tätigkeit vorzulegen in der Lage war, traten nach einer einmaligen Verschiebung am 1. Januar 1810 der Code Napoleon und als Anhang Auszüge aus dem Code de Commerce unter der offiziellen Bezeichnung „Code Napoleon mit Zusätzen und Handelsgesetzen als Landrecht für das Herzogtum Baden" in Kraft. 1 3 0 Vom systematischen Aufbau her wurde bei der Rezeption die Artikelfolge der französischen Vorlage übernommen. Die allgemeinen Regelungen 122

Coing/Bergfeld, 3. Bd., 3. Teilb., S. 2856; Schubert, Franz. Recht, S. .193. Vgl. die Übersicht bei Schubert, Franz. Recht, S. 193. 124 Schumacher; Rheinisches Recht, S. 23. 125 Coing/Bergfeld, 3. Bd., 3. Teilb., S. 2856. 126 Vgl. zur Person: Schubert, Franz. Recht, S. 194 m.w.N. 127 Coing/Bergfeld, 3. Bd., 3. Teilb., S. 2857; Schubert, Franz. Recht, S. 193. 128 V g L z u d e n Gründen ausführlich: Schubert, Franz. Recht, S. 193 f. 123

129

Zu den weiteren Mitgliedern vgl. Schubert, Franz. Recht, S. 201. Zur Geschichte der Rezeption eingehend und mit zahlreichen Quellennachweisen, vgl. Coing/Bergfeld, 3. Bd., 3. Teilb., S. 2855-2864; Schubert, Franz. Recht, S. 193-209; Schumacher, Rheinisches Recht, S. 23-34; Servos, S. 67-69; Schimke, S. 75. 130

III. Badisches Landrecht von 1809 und ein Entwurf von 1811

155

bzgl. der Gesellschaften finden sich entsprechend im 9. Titel des 3. Buches in den Landrechtssätzen (LRS) 1832-1873, während die speziellen hinsichtlich der Handelsgesellschaften in den Art. 18-64 im 1. Kapitel des 3. Titels des „Anhangs von den Handelsgesetzen" enthalten sind. 1 3 1 Da das badische Landrecht als Formen der „benannten" Handelsgesellschaften neben einer „offenen" gem. den LRS 20-22, auch eine „vertraute Gesellschaft (Kommandite)" in den LRS 23-29 des Anhanges regelt, bedarf auch die Haftung der an dieser Gesellschaftsform beteiligten Einlagegesellschafter einer Darstellung. a) Die Reglungen bzgl. des Bestehens einer Verpflichtungswirkung von rechtsgeschäftlichem Handeln der Gesellschafter Ähnlich wie im A L R unterscheidet das badische Landrecht gem. LRS 1835 grundsätzlich zwischen allgemeinen und besonderen Gesellschaften. Dabei gehört zu der ersten Kategorie neben der allgemeinen Gütergemeinschaft auch eine im LRS 1838 ausdrücklich vorgesehene, der heutigen zivilrechtlichen Gesellschaft vergleichbare allgemeine Erwerbsgesellschaft, 132 die alles umfaßt, „was di Partheien durch ihren Fleiß, auf welche Art es sey, während der Gesellschaftsdauer erwerben." 133 Die Handelsgesellschaften werden hingegen durch LRS 1842 als „besondere" Gesellschaften qualifiziert. aa) Die Bestimmungen bzgl. der zivilen Gesellschaften Hinsichtlich der Wirkungen von rechtsgeschäftlichem Handeln von Gesellschaftern der allgemeinen Erwerbsgesellschaften sehen die LRS 1862 und 1864 im zweiten Abschnitt mit der Überschrift „Von den Verbindlichkeiten der Gesellschafter gegen Dritte" folgendes vor: „1862. In anderen als Handlungs-Gesellschaften haben die Teilhaber für gemeinschaftliche Schulden keine Sammt-Verbindlichkeit, und keiner kann die übrigen verbindlich machen, welche ihm hierzu nicht Gewalt gegeben haben. 1864. Die Erklärung, eine Verbindlichkeit für Rechnung der Gesellschaft zu übernehmen, bindet nur denjenigen Gesellschafter, der sie thut, und nicht die übrigen, es sey dann, daß diese ihm Gewalt gegeben haben, oder das Empfangene in den Nutzen der Gesellschaft verwendet worden ist." Bei einem rechtsgeschäftlichen Handeln einzelner Gesellschafter entsteht danach grundsätzlich keine, bzw. nur bei Vorliegen einer - ausdrücklichen oder stillschweigenden - 1 3 4 Bevollmächtigung eine Verpflichtungswirkung 131 132 133

Servos , S. 71. Behaghel, S. 293 f. Vgl. LRS 1838.

156

D. Die Gesellschafterhaftung in den Kodifikationen der Aufklärung

zu Lasten der anderen Gesellschafter. Dabei wird die im gemeinrechtlichen Ansatz der praeposito institoria enthaltene Annahme einer gewohnheitsrechtlichen wechselseitigen Bevollmächtigung positivrechtlich durch LRS 1859 dergestalt normiert, daß unter dem Vorbehalt, daß das Gesellschaftsstatut keine abweichende Regelung enthält, eine wechselseitige Geschäftsführungs- und Vertretungsbefugnis 135 eingeräumt w i r d . 1 3 6 Anders als der CMBC und das A L R 1 3 7 enthält das badische Landrecht jedoch keine Bestimmung, die ausdrücklich als Regelfall ein gemeinsames rechtsgeschäftliches Handeln der Beteiligten, und das Entstehen einer Verpflichtungswirkung zu Lasten aller Gesellschafter hierdurch vorsieht. Aus dem Umstand, daß die vorgenannte Regelung nur Anordnungen bzgl. den Folgen des Handelns einzelner Gesellschafter trifft, ergibt sich jedoch, daß für den nicht ausdrücklich geregelten Fall eines gemeinsamen Handelns aller Gesellschafter vom Entstehen einer Verpflichtungswirkung zu Lasten aller ausgegangen w i r d . 1 3 8 Mit der Normierung einer solchen Bindungswirkung weicht das Landrecht damit für die allgemeine Erwerbsgesellschaft von der Grundsystematik ab, wonach, entsprechend der Situation im gemeinen Recht, das Bestehen eines Gesellschaftsvertrages an sich keinerlei Auswirkungen auf das Verhältnis der Gesellschafter zu Dritten hat. 1 3 9 Zur Frage, ob eine Verpflichtungswirkung bei einem gemeinsamen, bzw. bei einem Handeln eines entsprechend bevollmächtigten Gesellschafters nur zu Lasten der einzelnen Beteiligten oder auch einer Gesellschaft insgesamt, mit einem gesonderten Gesellschaftsvermögen entsteht, ist festzustellen, daß zwar LRS 1864, wie einige andere Regelungen, 140 auch Bezugnahmen auf die Gesellschaft an sich enthält, 141 das Entstehen einer Verpflichtungswirkung wird hier jedoch eindeutig hinsichtlich einzelner Gesellschafter angeordnet. Bestätigt wird dies durch die Überschrift des zweiten Abschnittes, wo ausdrücklich von „der Verbindlichkeit der Gesellschafter" gegen Dritte gesprochen wird, sowie die Regelungen der LRS 1862 und 1863 als weiteren Vorschriften des Abschnittes, die ebenfalls eine Haftung der Teilhaber 134

Behaghel, S. 292. Das badische Landrecht differenziert nicht zwischen den Begriffen, vgl. Förtsch, Code Civil, S. 278; Seng, Grundzüge, S. 61. 136 LRS 1859 regelt: „1.) Die Gesellschafter haben gegenseitig Gewalt, für einander die Geschäfte zu besorgen ...". 137 Siehe hierzu oben, I. und II. 138 So wohl auch: Stabel, Civilrecht, S. 557. 139 v. Lingenthal, Handbuch, S. 611; Behaghel, S. 292. 140 Vgl. z.B. LRS 1845, 1846, 1851, 1859. 141 Behaghel, S. 284 vermutet hierfür als Zweck eine Unterscheidung der gemeinsamen Interessen aller Gesellschafter von denen des Einzelnen. 135

III. Badisches Landrecht von 1809 und ein Entwurf von 1811

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bzw. Gesellschafter vorsehen. Entsprechend wurde die allgemeine Erwerbsgesellschaft des badischen Landrechtes weder als eine selbständige Rechtspersönlichkeit angesehen, noch wurde ihr ein eigenes nach Außen auftretendes Gesellschaftsvermögen zugeordnet. 142 bb) Die offenen Handelsgesellschaften Für die Handelsgesellschaften ordnet LRS 18 im dritten Titel des Anhanges generell an, daß neben den gesellschaftsvertraglichen Vereinbarungen und den besonderen handelsrechtlichen Bestimmungen auch die allgemeinen Vorschriften bzgl. den Gesellschaften Anwendung finden. 143 Entsprechend ist für die offene Handelsgesellschaft, die gem. LRS 20 des Anhanges dadurch gekennzeichnet ist, daß sich zwei oder mehr Gesellschafter zum Betreiben eines Handelsgeschäftes unter einer Firma zusammenschließen, das vorstehend für die allgemeine Erwerbsgesellschaft gefundene Ergebnis gem. den LRS 1859 f. übertragbar. Bestätigt wird dieses durch LRS 22 des Anhanges, der zur Frage des Entstehens einer Verpflichtungswirkung vorsieht: „22. Die offenen Gesellschafter, die der Gesellschaftsvertrag ausweisen muß, haften samtverbindlich für alle Verpflichtungen der Gesellschaft, wenn gleich nur Einer der Gesellschafter, jedoch mit dem Handlungsnamen, unterzeichnet hätte." Unter der Voraussetzung, daß das Kontrahieren mit der Gesellschaftsfirma erfolgt, entsteht demnach durch das rechtsgeschäftliche Handeln einzelner Gesellschafter eine haftungsbegründende Wirkung auch zu Lasten der anderen im Gesellschaftsvertrag ausgewiesenen Beteiligten. Daneben ist vom Entstehen einer solchen Wirkung auch bei einem gemeinsamen Handeln aller Gesellschafter auszugehen, ohne daß auch für die offene Handelsgesellschaft eine ausdrückliche Regelung hierzu erfolgt. 1 4 4 Anders als die zivilen, allgemeinen Erwerbsgesellschaften 145 und anders als im CMBC und dem A L R wurden die Handelsgesellschaften nach badischem Landrecht jedoch als rechtlich verselbständigte Personen betrachtet, 1 4 6 so daß, außer der in LRS 22 des Anhanges genannten Verpflichtungswirkung zu Lasten der einzelnen Gesellschafter, damit eine solche auch zu Lasten der Gesellschaft und des Gesellschaftsvermögen als weite142

Stabel, Civilrecht, S. 559; Behaghel, S. 284; Seng, Grundzüge, S. 61. Servos, S. 71. 144 Brauer, IV, S. 382. 145 Erst Ende des 19. Jahrhunderts wurde auch die zivilrechtliche Gesellschaft der LRS 1832 f. des Code Civil von der französischen Rechtsprechung als juristische Person anerkannt, vgl. Behaghel, S. 292; Servos, S. 88, Fn. 4 m.w.N. 146 v. Lingenthal, Handbuch, S. 597; Behaghel, S. 284; Broicher/Grimm, Art. 18, Anm. 3 (5), Art. 22, Anm. 4; Servos, S. 88 m.w.N. 143

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D. Die Gesellschafterhaftung in den Kodifikationen der Aufklärung

rem Haftungsobjekt entstand. 147 Hergeleitet wurde die rechtliche Verselbständigung der Handelsgesellschaften, die im badischen Landrecht an keiner Stelle ausdrücklich vorgesehen i s t , 1 4 8 primär aus der zivilprozeßrechtlichen Bestimmung des Art. 69 Nr. 6 des Code de Procedure Civile die deren eigenständige Ladungsfähigkeit vorsah. Ergänzend wurde zur Begründung auf die Notwendigkeit der öffentlichen Errichtung von Handelsgesellschaften, auf die in den LRS 22 und 28 des Anhanges enthaltene sprachliche Unterscheidung zwischen den Gesellschaftern und der „Gesellschaft", sowie deren Konkursfähigkeit 149 zurückgegriffen. 150 b) Art, Umfang und Objekt der Haftung aa) Teilverbindlichkeit nach Kopfzahl als Haftungsumfang bei der zivilen, allgemeinen Erwerbsgesellschaft Bezüglich der Art der Haftung regelt LRS 1863 für die zivile, allgemeine Erwerbsgesellschaft: „1863. Die Gesellschafter haften dem Gläubiger, mit dem sie handeln, jeder für gleiche Summen und Theile, selbst dann, wann einer von ihnen an der Gesellschaft einen geringem Theil hätte, so fern nicht bey Eingehung des Handels die Verpflichtung diese Letztern auf das Verhältnis seines Antheils an der Gesellschaft namentlich beschränkt worden wäre." Das badische Landrecht normiert demnach als grundsätzliche Haftungsa r t 1 5 1 eine pro rata Haftung für die Gesellschafter der allgemeinen Erwerbsgesellschaft als Folge eines gemeinsamen rechtsgeschäftlichen Handelns aller, bzw. von einzelnen bevollmächtigten Gesellschaftern. Anders als in § 8 des CMBC für den Fall eines kollektiven Kontrahierens der Gesellschafter festgelegt, richtet sich die pro rata Haftung nach dieser Regelung jedoch nicht nach den Anteilen der Gesellschafter an der Gesellschaft, sondern rein nach der Kopfzahl. Dies folgt aus der Festlegung, daß unabhängig von der Höhe des Anteiles „jeder für gleiche Summen und Theile" zu haften hat. 1 5 2

147

Broicher/Grimm, Art. 18, Anm. 3 (5), S. 11; Art. 22, Anm. 4; S. 13; Servos , S. 95 m.w.N. 148 Servos, S. 88 vermutet das Bestehen eines starken wirtschaftlichen Erfordernisses als Grund für die Anerkennung trotz der bestehenden Rechtsdoktrin und politischer Bedenken. 149 Servos, S. 89 m.w.N. 150 Broicher/Grimm, Art. 18, Anm. 3 (5), S. 11; Art. 22, Anm. 4; S. 13. 151 Andere ausdrückliche vertragliche Vereinbarungen waren allerdings möglich, vgl. v. Lingenthal, Handbuch, S. 612. 152 Stabel, Civilrecht, S. 558; Behaghel, S. 293; v. Lingenthal, Handbuch, S. 611; Brauer, VI, S. 507.

III. Badisches Landrecht von 1809 und ein Entwurf von 1811

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Hinsichtlich des Haftungsumfanges hatte jeder Gesellschafter für den ihn betreffenden, gleichen Teil der Verbindlichkeit mit seiner Person und dem gesamten Privatvermögen einzustehen. 153 Herzuleiten ist dieser Haftungsumfang dabei allerdings mangels entsprechender Bestimmungen im Landrecht nur aus der allgemeinen Systematik, wonach der einzelne Gesellschafter, wie für alle sonstigen individuellen Verbindlichkeiten, auch für den ihn insoweit persönlich treffenden Teil der Schuldverpflichtung entsprechend haftete. 154 Hinsichtlich der Ausgestaltung der Haftung wurde in der französischen Literatur zum Code Civil ergänzend z.T. die Auffassung vertreten, daß ein wechselseitiges Recht einer vorzugsweisen Befriedigung der jeweiligen Gläubiger an dem der Natur der Verbindlichkeit entsprechenden Haftungsobjekt der Gesellschafter bestand. 155 Privatgläubiger der Gesellschafter sollten demnach hinsichtlich des Privatvermögens eine vor den Gesellschaftsgläubigern vorrangige Zugriffsmöglichkeit haben, umgekehrt sollte eine Bevorrechtigung der Gläubiger von Gesellschaftsverbindlichkeiten hinsichtlich des Gesellschaftsvermögens bestehen. Grundlage dieser Ansicht mußte jedoch die Annahme sein, daß auch die allgemeine Erwerbsgesellschaft über eine eigene Rechtspersönlichkeit verfügte, da nur dann begrifflich überhaupt ein als Haftungsobjekt taugliches Gesellschaftsvermögen bestand und es überhaupt Gläubiger „der Gesellschaft" geben konnte. 1 5 6 Da die allgemeine Erwerbsgesellschaft nach badischem Landrecht aber nicht als rechtlich verselbständigt anzusehen war, wurde die Annahme einer solchen Ausgestaltung der Haftung, mit dem Bestehen derartiger Vorzugsrechte von der überwiegenden Meinung in der Literatur zum badischen Landrecht zutreffend abgelehnt. 157 bb) Solidarische Gesamtverbindlichkeit als Haftungsumfang bei der offenen Handelsgesellschaft Im Gegensatz zur Teilverbindlichkeit nach Kopfzahl als Haftungsmaßstab bei der zivilen Gesellschaft sieht LRS 22 des Anhanges für die offene Handelsgesellschaft ein „haften samtverbindlich für alle Verpflichtungen der Gesellschaft" vor, „wenn gleich nur einer der Gesellschafter, jedoch mit 153

So wohl auch: Stabel Civilrecht, S. 559; Brauer, VI, S. 514/515. Entsprechend finden sich nur wenige ausdrückliche Feststellungen hierzu in der Sekundärliteratur. 155 Vgl. die Nachweise bei v. Lingenthal, Handbuch, S. 612, Fn. 8 und Ruef> S. 459, Anm. zu LRS 1862. 156 v. Lingenthal Handbuch, S. 612, Fn. 8. 157 Stabel Civilrecht, S. 559; Behaghel S. 293; v. Lingenthal Handbuch, S. 612; Ruef, S. 459, Anm. zu LRS 1862; Ausführlich: Brauer, VI, S. 514 ff. 154

160

D. Die Gesellschafterhaftung in den Kodifikationen der Aufklärung

seinem Handlungs-Namen, unterzeichnet hätte". Dadurch das in LRS 1862 das Nichtbestehen einer „Samt-Verbindlichkeit" für alle anderen Gesellschaften außer den Handelsgesellschaften angeordnet wird, ergibt sich ergänzend die Gesamtverbindlichkeit als deren grundsätzlicher Haftungsumfang, 1 5 8 unabhängig davon daß einzelvertraglich Abweichungen hiervon vereinbart werden konnten. 1 5 9 Entsprechend folgt dieser auch für den Fall eines gemeinsamen Kontrahierens der Gesellschafter, 160 so daß mit LRS 22 des Anhanges nur eine ausdrückliche Klarstellung für das Handeln einzelner Gesellschafter erfolgte. Dem Umfang nach hafteten die Gesellschafter für diese solidarische Verbindlichkeit entsprechend den allgemeinen Grundsätzen mit ihrer Person und ihrem gesamten Privatvermögen. 161 Durch die Anerkennung der „offenen" Handelsgesellschaft des badischen Landrechtes als eigene Rechtspersönlichkeit und dem damit verbundenen Hinzutreten eines weiteren Haftungsschuldners entstand erstmalig die Frage nach den Auswirkungen hieraus auf das Haftungsverhältnis gegenüber dem Gläubiger. Die Rechtsprechung und die überwiegenden Stellungnahmen in der Literatur gingen, ohne sich auf eine entsprechende Regelung im Landrecht stützen zu können, von einer Subsidiarität der vorgenannten Haftung der Gesellschafter dergestalt aus, daß zunächst die „Wahrhaftigkeit und der Belauf 4 der Schuldverbindlichkeit gegenüber der Gesellschaft gerichtlich festgestellt werden mußte. 1 6 2 Die dargestellte unbeschränkte persönliche Eintrittsverpflichtung der Gesellschafter mit dem Privatvermögen entstand demnach erst, wenn das Bestehen der Forderung, sowie die Zahlungsunfähigkeit, oder auch nur Unwilligkeit der Gesellschaft, entsprechend festgestellt worden war. 1 6 3 Zur Begründung wurde lediglich darauf verwiesen, daß die persönliche Haftung der Gesellschafter als der Bürgenhaftung vergleichbar anzusehen sei. 1 6 4 Obwohl, worauf bei Broicher/Grimm zutreffend hinwiesen wird, sich dies aus dem Vergleich zur Bürgenhaftung keineswegs ergibt, weil auch dort ein Erfordernis einer gerichtlichen Feststellung gegenüber dem Hauptschuldner vor einer Inanspruchnahme des Bürgen nicht besteht, 165 ist demnach von einer nur subsidiären persönlichen Haftung der 158

Behaghel, S. 293. Vgl. zu den Möglichkeiten Brauer, VI, S. 511 f. 160 Brauer, IV, S. 382; Schiebe, HG, S. 108; Servos, S. 95 f. 161 So ausdrücklich: Schiebe, HG, S. 108/109. 162 RAG RhA 47, I, 127, 128; Schiebe, HG, S. I l l ; Servos, S. 96 m.w.N. 163 RAG RhA 11, II, 171 wo sogar festgestellt wird, daß die Haftung mit dem Privatvermögen nur insoweit eintritt, als aus dem Gesellschaftsvermögen keine Befriedigung möglich ist. 164 Pardessus, IV., No. 1026. 165 Broicher/Grimm, Art. 22, Anm. 4, S. 13. 159

III. Badisches Landrecht von 1809 und ein Entwurf von 1 8 1 1 1 6 1 Gesellschafter der offenen Handelsgesellschaft nach badischem Landrecht auszugehen. c) Die Haftung der Einlagegesellschafter der „ vertrauten " Gesellschaft Während das ALR in § 651 I I 8 lediglich die dort beschriebenen Einlagegesellschafter als stille Gesellschafter und „Associe en commendite" bezeichnet, so enthält das badische Landrecht mit der „vertrauten Gesellschaft (Kommandite)" als erste deutsche Kodifikation die Festlegung einer entsprechenden eigenen Gesellschaftsform. 166 Zunächst ist festzustellen, daß die Einlage der an dieser beteiligten „Kommanditarien oder vertraute Gesellschafter", die „nur Gelder in die Gesellschaft einschießen", 167 ohne daß das Landrecht hierzu eine entsprechende ausdrückliche Regelung enthält, zu Gewinn und Verlust zu erfolgen hatte, so daß diese insoweit als Gesellschafter zu qualifizieren sind. 1 6 8 Die Rechtsstellung dieser Gesellschafter ist des weiteren dadurch gekennzeichnet, daß ihr Name nicht in der Firma enthalten sein durfte und sie zur Vermeidung einer Gleichstellung mit den offenen Gesellschaftern keinerlei Verwaltungshandlungen, selbst nicht mit ausdrücklicher Vollmacht, vornehmen durften. 169 Anders als im A L R ist die Nichtteilnahme an der Geschäftsführung damit weiteres Kriterium für die Rechtsstellung der Einlagegesellschafter und deren beschränkter Haftung. Dabei fällt im Vergleich zum Inhalt des Privileges Friedrich III. von 1464 und den Stadtrechtsreformationen, die eine Regelung bzgl. der Einleger enthalten, allerdings auf, daß hinsichtlich der Einlage dort vorgesehen ist, daß diese „an geding", also ohne Aufnahme der Einleger in den Gesellschaftsvertrag vorgesehen ist. Im Gegensatz dazu geht das Landrecht aufgrund der Vorschriften über die Form der Errichtung der vertrauten Geselschaft gem. den LRS 39 f. des Anhanges wohl von einer Aufnahme der Einlagegesellschafter in den Gesellschaftsvertrag aus, sieht aber zur Aufnahme in den öffentlichen Auszug gem. LRS 43 des Anhanges nur die Höhe der Einlagekapitalien, nicht aber die Person der Einleger vor. Darüber hinaus enthält im Gegensatz zu den vorherigen Kodifikationen LRS 27 des Anhanges erstmalig ein absolutes Verbot von Verwaltungshandlungen der Einlagegesellschafter. 170 Ein solches lag laut Brauer im Interesse der Gesellschaftsgläubiger und der voll haftenden Gesellschafter, die es vor 166 167 168 169

Servos , S. 107. Vgl. LRS 23 des Anhanges. Broicher/Grimm, Art. 23, Anm. 4, S. 15; So wohl auch: Brauer , IV, S. 384. Vgl. LRS 25, 27 des Anhanges.

11 Thomas

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D. Die Gesellschafterhaftung in den Kodifikationen der Aufklärung

den Folgen vor riskanten Geschäften von Einlagesellschaftern schützen sollte. 1 7 1 Dieses überrascht insoweit, als ursprünglicher Regelungsanlaß für die Erteilung des Privileges Friedrich III. in Deutschland allein der Schutz der Einlagegesellschafter vor einer Inanspruchnahme für eigentlich von den handelnden Gesellschaftern zu vertretenden Gesellschaftsverbindlichkeiten w a r . 1 7 2 Eine Erklärung für die unterschiedlichen Schutzrichtungen ergibt sich aber wohl aus der eigenständigen, schon wesentlich früher beginnenden Entwicklung der heutigen Kommanditgesellschaft als Gesellschaftsform in Frankreich. 173 aa) Entstehen einer Verpflichtungswirkung zu Lasten aller, auch der Einlagegesellschafter gem. LRS 18 des Anhanges und LRS 1862 Zur Frage des Entstehens einer Verpflichtungswirkung durch rechtsgeschäftliches Handeln, daß zur Vermeidung einer vollen Haftung der Einleger gem. LRS 27 des Anhanges nur durch voll haftende Gesellschafter zulässig war, auch zu Lasten der Einlagegesellschafter enthalten die besonderen handelsrechtlichen Bestimmungen der LRS 23-28 des Anhanges keine Aussage. Greift man gem. dem Verweis in LRS 18 des Anhanges auf die allgemeinen Regelungen bzgl. der Zivilgesellschaft zurück, so folgt aus dem Inhalt des LRS 1862, wonach dies in anderen als den Handlungsgesellschaften nicht der Fall ist, als Umkehrschluß, daß deren Gesellschafter und damit auch die vertrauten Handelsgesellschafter grundsätzlich gesamtverbindlich für die Verbindlichkeiten hafteten. 174 In der Literatur finden sich zur Frage der Wirkung des Kontrahierens hinsichtlich der Einlagegesellschafter unterschiedliche Auffassungen. Brauer vertritt, ohne daß er allerdings eine Begründung hierfür gibt, die Ansicht, daß eine Verpflichtungswirkung zwar eintrat, jedoch nur „nach Verhältnis und bis zum Betrag der Einlage". 1 7 5 Ebenso geht Schiebe vom Entstehen einer Eintrittsverpflichtung aller Gesellschafter gegenüber den 170 Das Privileg Friedrich III. von 1464 sah hierzu nur vor, daß diese „für sich selbst die hantierung der geselschaft nicht phlegen zu handeln siehe oben, C I. 2.; Bauer, Unternehmungen, S. 170, Fn. 95. 171 Brauer, IV, S. 386. 172 Siehe hierzu oben, C I. 2. b) cc). 173 Die Kommanditgesellschaft fußt in ihren Grundzügen bereits auf den Regelungen des Ordonnance de Commerce von 1673 als Vorläufer und Grundlage des Code de Commerce, vgl. Coing/Wagner, 2. Bd., 2. Teilb., S. 2992 m.w.N.; Zur Entwicklung der KG in Frankreich siehe auch die Nachweise bei Servos, S. 107, Fn. 2. 174 Siehe hierzu oben, III. 1. b). 175 Brauer, IV, S. 385.

III. Badisches Landrecht von 1809 und ein Entwurf von 1811

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Gläubigern aus. Er verweist zur Begründung darauf, daß der handelnde unbeschränkt haftende Gesellschafter im Namen aller Gesellschafter auftrat, für die damit auch eine Eintrittsverpflichtung entsprechend den gesetzlichen Regelungen entstand, mit der Folge, daß die Einlagegesellschafter sich einer Inanspruchnahme durch die Gesellschaftgläubiger nur durch die Zahlung der Einlage entziehen konnten. 1 7 6 Broicher/Grimm sind dagegen der Auffassung, daß keine Bindungswirkung zu Lasten der Einlagegesellschafter bestand, da dieser Meinung nach grundsätzlich keine Möglichkeit für deren direkte Inanspruchnahme gegeben war. Argumentiert wird dies damit, daß für den Fall, daß eine, wenn auch beschränkte persönliche Eintrittsverpflichtung hätte statuiert werden sollen, das Landrecht auch eine Regelung hinsichtlich der Art und Weise der Veröffentlichung der Personen der Einlagegesellschafter und nicht nur deren Kapitalien gem. Art. 43 des Anhanges hätte enthalten müssen. 177 Des weiteren damit, daß das Einlagekapital allen Gesellschaftsgläubigern gleichmäßig haftete, so daß ein einzelner damit nicht über die Legitimation verfügte, Zahlung an sich alleine zu fordern. 178 Bewertet man diese Ansichten, so läßt m.E. das NichtVorliegen einer Regelung zur Bekanntgabe der Namen der vertrauten Gesellschafter im Landrecht nicht den Rückschluß darauf zu, daß tatsächlich keine Haftungswirkung zu Lasten der Einlagegesellschafter bestand. Aufgrund der dargestellten Systematik des Landrechtes, wonach mangels besonderer handelsrechtlicher Bestimmungen gem. LRS 18 des Anhanges die allgemeine Regelung des LRS 1862 anwendbar ist, ist entsprechend der Ansicht von Schiebe vielmehr davon auszugehen, daß durch das Handeln der voll haftenden Gesellschafter eine Bindungswirkung grundsätzlich für alle und damit auch für die Einlagegesellschafter eintrat. bb) Die „auf die Einlage" beschränkte Haftung der vertrauten Gesellschafter Hinsichtlich Art und Umfang der Haftung der vertrauten Gesellschafter wird in der Literatur allgemein die Auffassung vertreten, daß diese entsprechend dem Charakteristikum der modernen Kommanditgesellschaft auf die Einlage beschränkt war, wobei sich zum Nachweis in der Regel auf LRS 26 des Anhanges bezogen w i r d . 1 7 9 176

Schiebe, HG, S. 138. Broicher/Grimm, Art. 26, Anm. 3, S. 16. 178 Vgl. hierzu auch die Rechtsprechungsnachweise zu den verschiedenen Ansichten bei Broicher/Grimm, Art. 26, Anm. 3, S. 16. 179 Servos , S. 114; Broicher/Grimm, Art. 23, Anm. 2, S. 14; Schiebe, HG, S. 113, 138; Brauer, IV, S. 385. 177

11*

164

D. Die Gesellschafterhaftung in den Kodifikationen der Aufklärung

Diese Regelung lautet: „26. Der vertraute Gesellschafter hat an dem Verluste nur so viel zu tragen, als seine versprochene Einlage beträgt." Dem Wortlaut nach handelt es sich hingegen um eine Bestimmung zur Frage der Gewinn und Verlustverteilung, die grundsätzlich von der der Haftung streng zu unterscheiden i s t . 1 8 0 Da keine Anhaltspunkte dafür bestehen, daß dies als eine nur fehlerhaft formulierte, eigentlich gewollte Haftungsregelung anzusehen ist, enthält das Landrecht mangels sonstiger Vorschriften damit eigentlich keine direkten Aussagen bzgl. Art und Umfang der Haftung der Einlagegesellschafter. Lediglich die Haftungserweiterung durch LRS 28 des Anhanges, der eine volle „samtverbindliche" Haftung mit den offenen Gesellschaftern bei einem Verstoß gegen das Verbot von Verwaltungshandlungen durch vertraute Gesellschafter gem. LRS 27 des Anhanges für diese vorsieht, läßt einen Rückschluß auf einen generellen, außer in diesem Ausnahmefall beschränkten Haftungsumfang zu. In Verbindung damit, daß Voraussetzung einer Stellung als vertrauter Gesellschafter die Zahlung einer Einlage ist, läßt dies den Rückschluß zu, daß das Landrecht von einem Ausschluß der Haftung der Einlagegesellschafter ausgeht, soweit die Einlagemittel der Gesellschaft und den Gesellschaftsgläubigern als Haftungsobjekt zur Verfügung gestellt worden sind. Das maximale Verlustrisiko der Einleger belief sich danach auf die Einlage, so daß die Haftung insoweit tatsächlich im Ergebnis als „auf die Einlage" beschränkt angesehen werden kann. Da auch die vertraute Gesellschaft, wie alle Handelsgesellschaften, als eigene Rechtspersönlichkeit angesehen wurde, 1 8 1 ist auch insoweit, ohne daß sich dies aus einer Bestimmung des Landrechtes ergibt, von einer nur subsidiären Haftung der Einlagegesellschafter auszugehen, wonach für die Gläubiger die Verpflichtung bestand, zunächst auf das Gesellschaftsvermögen zuzugreifen. 182 Wegen des mit Zahlung der Einlage verbundenen Ausschlusses der Haftung der Einlagegesellschafter ist die Gesellschaft in diesem Fall jedoch alleinige Anspruchsverpflichtete, so daß sich die Frage nach dem Verhältnis zur Haftung der Gesellschafter nicht stellt. Nur für den Fall, daß eine Haftung der Einleger infolge Nichtzahlung der Einlage, bzw. wegen eines Verstoßes gegen das Verbot von Verwaltungsmaßnahmen überhaupt gegeben ist, kann daher richtigerweise von einer Subsidiarität der Haftung der Einlagesellschafter gegenüber der der Gesellschaft als eigene juristische Person ausgegangen werden.

180 181 182

Eisenhardt, GesellschaftsR, S. 98. Broicher/Grimm, Art. 26, Anm. 3, S. 16. Broicher/Grimm, Art. 26, Anm. 3, S. 16; Servos , S. 115.

III. Badisches Landrecht von 1809 und ein Entwurf von 1811

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2. Der Entwurf eines Handelsgesetzbuches für die Stadt Frankfurt a.M. von 1811 Nachdem mit Wirkung zum 1. Mai 1810 der Code Civil im Großherzogtum Frankfurt eingeführt worden war, 1 8 3 erhielt die Frankfurter Handelskammer unter der Regierung des Fürstprimas von Dalberg, einem Vertrauten Napoleons, den Auftrag einen Entwurf eines Handelsgesetzbuches nach dem Muster des Code de Commerce zu erstellen. 184 Bereits im Jahre 1811 wurde von dem von der Kammer beauftragten Verfasser Johann Friedrich Heinrich Schlosser 185 das Ergebnis der Arbeiten vorgelegt. 186 Die ungünstige Aufnahme des Entwurfes, letztendlich aber die Veränderung der politischen Verhältnisse, die bereits 1813 zu einer Aufhebung des französischen Rechtes in Frankfurt führten, verhinderten schließlich die weiteren Bemühungen zur Schaffung eines Handelsgesetzbuches.187 Systematisch orientiert sich der Entwurf entsprechend der Vorgabe am französischen Handelsgesetzbuch, so daß die Handelsgesellschaften in den §§ 29-90 des dritten Titels behandelt werden, wobei ebenso, allerdings mit etwas anderen Bezeichnungen, zwischen drei Gesellschaftstypen, der Gesellschaft unter vereinigten Namen (société en nom collectif), der Gesellschaft mit Kapitalbeitrag (société en commandite) und der anonymen Gesellschaft differenziert wird, ohne daß allerdings eine systematische Trennung erfolgt. Ergänzend zu den besonderen handelsrechtlichen Bestimmungen ist in § 29, wie auch im Anhang des badischen Landrechtes, 188 die Anwendbarkeit der Zivilgesetze und damit des Code Civil vorgesehen. 189 a) Die Haftung der Mitglieder der „ Gesellschaft unter vereinigtem Namen " Für dier Haftung der Beteiligten der „Gesellschaft unter vereinigtem Namen" des Entwurfes ergibt sich aufgrund dessen Regelungen kein anderes Ergebnis, als das für die Gesellschafter der offen Gesellschaft des badischen Landrechtes gefundene. 190 Neben einzelnen sprachlichen Modernisierungen unterscheidet sich die maßgebliche Vorschrift in § 33 des Entwurfes 183 Schubert, Franz. Recht, S. 245; Coing/Bergfeld, 3. Bd., 3. Teilb., S. 2923; Schimke, S. 78. 184 Servos, S. 69 f. 185 Zur Person: ADB 31, S. 541 ff. 186 Servos , S. 70. 187 Coing/Bergfeld, 3. Bd., 3. Teilb., S. 2925; Schimke, S. 78; Servos, S. 70. 188 Vgl. LRS 18 des Anhanges und oben, III. 1. a). 189 Schimke, S. 78. 190 So wohl auch Servos, S. 95, Fn. 7.

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D. Die Gesellschafterhaftung in den Kodifikationen der Aufklärung

von LRS 22 des Anhanges des Landrechtes nur dadurch, daß hier statt einer bloßen Bezeichnung der Haftung als „samtverbindlich" genau beschrieben wird, daß „jeder Einzelne für Alle, und Alle für jeden Einzelnen in Ansehung aller Verbindlichkeiten der Gesellschaft" zu haften hat, die unter Verwendung der Firma der Gesellschaft eingegangen werden. Ergänzend ist festzustellen, daß der Handelsrechtsentwurf eine im Anhang des badischen Landrechtes nicht vorhandene relativ ausführliche Bestimmung hinsichtlich der Haftungsfolgen für die Gesellschafter, für den Fall enthält, daß nicht wie in § 33 vorgesehen unter der gemeinsamen Firma kontrahiert wird. In § 34 des Entwurfes ist für diesen Fall geregelt, daß dann, unabhängig von der Anzahl der abschließenden Gesellschafter, und sogar, wenn alle beteiligt waren, nur eine Haftung des einzelnen „für seine Rate" entsteht. Die Gesellschafter hafteten demnach, anders als im Landrecht nicht zu gleichen Teilen, sondern in der ihrem Anteil an der Gesellschaft entsprechenden Höhe der Verbindlichkeit persönlich und unbeschränkt. Der Grund für die Abweichung von dem Haftungsgrundmodel des Code Civil, einer Haftung nach Kopfzahl, 1 9 1 und einer Übernahme einer Haftung nach Anteilen liegt vermutlich in dem Bemühen der Verfasser des Entwurfes, die wenigen Bestimmungen bzgl. der Handelsgesellschaften des Code de Commerce um Frankfurter Handelsrecht und damit letztlich um gemeines deutsches Handelsrecht zu ergänzen. 192 b) Die Haftungssituation der Gesellschaft mit Kapitalbeitrag ( société en commandite ) Für die „Gesellschaft mit Kapitalbeitrag" übernimmt der Entwurf mit nur einigen sprachliche Änderungen die Regelungen bzgl. der vertrauten Gesellschaft des badischen Landrechtes, so daß auch insoweit von einer gleichen Verpflichtungs- und Haftungssituation der Gesellschafter auszugehen ist. Ebenso wie LRS 26 des Anhanges des Landrechtes enthält auch der Entwurf in der korrespondierenden Vorschrift des § 40 dem Wortlaut nach eine Bestimmung zur Verlustverteilung und keine Regelung einer Haftungsbeschränkung. Darüberhinaus sieht der Entwurf als Besonderheit in § 61 vor, daß zum Schutze Dritter „außerhalb" eine öffentliche Bekanntgabe der Person von Einlagegesellschaftern, der Höhe ihrer Einlage sowie der Dauer des Verbleibens in der Gesellschaft zu erfolgen hatte. Das Argument von Broicher/ Grimm, 1 9 3 daß wegen des Nichtbestehens einer Veröffentlichungspflicht 191 192 193

Siehe hierzu oben, III. 1. b). Servos , S. 70. Siehe oben, III. 1. b).

IV. Das ABGB für die österreichische Monarchie von 1811

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bzgl. der Namen von vertrauten Gesellschaftern ein rechtsgeschäftliches Handeln keinerlei Verpflichtungswirkung für diese hat, hat daher hinsichtlich des Entwurfes eines Handelsgesetzbuches keine Gültigkeit.

IV. Das Allgemeine Bürgerliche Gesetzbuch für die gesamten Deutschen Erbländer der österreichischen Monarchie von 1811 Auch in Österreich setzten Mitte des 18. Jahrhunderts Kodifikationsbestrebungen bzgl. der wichtigsten Rechtsgebiete ein, obwohl die dortigen Herrscher nicht so stark vom Gedankengut der Aufklärung beeinflußt waren, wie z.B. Friedrich II. von Preußen. 194 Zunächst noch mit dem Ziel einer Rechtsvereinheitlichung wurde nach Abschluß der Arbeiten einer hierfür eingesetzten Gesetzgebungskommission für das Privatrecht der Kaiserin Maria Theresia 1766 ein lehrbuchartig verfaßter Entwurf des Codex Theresianus übergeben, der im wesentlichen das gemeine Recht dieser Zeit enthielt. Wegen dieses Charakters und wegen des als zu groß angesehenen Einfluß des römischen Rechtes, wurde von ihr jedoch eine Überarbeitung angeordnet. 195 Diese erfolgte durch den Hofrat Johann Horten und der erste Teil seines Entwurfes, der das Personen- und Familienrecht enthielt, trat nach einigen Änderungen in der Regierungszeit von Kaiser Joseph II. als sog. Josephinisches Gesetzbuch zu Beginn des Jahres 1787 in Kraft. 1 9 6 Die als Ergebnis einer erneuten Umarbeitung des Entwurfes von Horten durch den Naturrechtslehrer von Martini entstandene Fassung wurde 1798 zunächst in Westgalizien, gewissermaßen zur Probe, als sog. Westgalizisches Gesetzbuch eingeführt. 197 Sie war zugleich der „Urentwurf" des ABGB über den eine Kommission unter der Federführung des Professors für Naturrecht und Römisches Recht, Franz Edler von Zeiller 1 9 8 als Referent die Verhandlungen im Jahre 1801 aufnahm. Nach umfangreichen Beratungen im Rahmen von 3 „Lesungen", deren Protokolle, ebenso wie die jeweils überarbeiteten Entwürfe von Ofner, 1 9 9 später veröffentlicht worden sind, 194

Eisenhardt, Rechtsgeschichte, S. 208, Rz. 289. Im Handschreiben vom 4. August 1772 forderte Maria Theresia ausdrücklich: „In den Gesetzen selbst solle sich nicht an die römischen Rechte gebunden, sondern überall die natürlich Billigkeit zu Grunde gelegt werden", vgl. Conrad, Rechtsgeschichte, Bd. II, S. 392; Schlosser, S. 118. 196 Schlosser, S. 117/118. 197 Erst von Martini nahm eine naturrechtlich geprägte Neufassung und Umarbeitung vor, vgl. Conrad, Rechtsgeschichte, Bd. II, S. 392. 198 Zur Person vgl. die Nachweise bei Klang/Gschnitzer, ABGB, Bd. 1/1, S. 10, Fn. 89. 199 Vgl. zur Literatur über diese Ausgabe die Nachweise bei Klang/Gschnitzer, ABGB, Bd. 1/1, S. 10, Fn. 94. 195

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D. Die Gesellschafterhaftung in den Kodifikationen der Aufklärung

und nachdem ein, wegen der schlechten Finanzlage noch drohendes Scheitern der Kundmachung abgewendet werden konnte, wurde das Gesetz am 1. Juni 1811 veröffentlicht und trat am 1. Januar 1812 in Kraft. 2 0 0 Dem Regelungszusammenhang nach enthält das ABGB in den §§ 1175 f. im 27. Hauptstück, zweite Abteilung, zweiter Teil die erste zusammenhängende Regelung von gesellschaftsrechtlichen Bestimmungen in der österreichischen Rechtsgeschichte, wobei nur einige wenige Vorschriften die Handelsgesellschaften betreffen, und es sich bei der hier kodifizierten Gesellschaft um eine solche des bürgerlichen Rechtes handelt. 201 Obwohl 1809 2 0 2 ein Auftrag zur Ausarbeitung eines ersten Entwurfes erteilt worden war, kam es in Österreich trotz mehrerer Versuche bis zum Erlaß des ADHGB nicht zu einem eigenen Handelsgesetzbuch mit spezifischen Vorschriften über die Handelsgesellschaften. 203 Wie auch im badischen Landrecht 2 0 4 wurden diese als besondere Erwerbsgesellschaften eingeordnet, 205 für die gem. § 1216 ABGB die Regelungen der §§ 1175 f. entsprechend anwendbar waren. Ergänzend enthält § 1204 als eine der wenigen direkt die Handelsgesellschaften betreffenden Bestimmungen eine Vorschrift bzgl. Kapitaleinlegern, so daß die Haftung dieses Gesellschafterkreises auch im Rahmen des ABGB zu berücksichtigen ist.

1. Die Verpflichtungswirkung rechtsgeschäftlichen Handelns a) Verpflichtungswirkung zu Lasten der Gesellschaft als eigener Rechtsperson und den Gesellschaftern bei der zivilen Gesellschaft Zu den Wirkungen von rechtsgeschäftlichem Handeln durch einen oder mehrere Gesellschafter ist im ersten Teil des § 1201 für die zivile Gesellschaft geregelt: „§ 1201 Ohne ausdrückliche oder stillschweigende, rechtliche Einwilligung der Mitglieder oder ihrer Bevollmächtigten kann die Gesellschaft einem Dritten nicht verbindlich gemacht werden." 200

Klang/Gschnitzer, ABGB, Bd. 1/1, S. 12; Conrad, Rechtsgeschichte, Bd. II, S. 392; Zur weiteren Entstehungsgeschichte vgl. Zeiller, I, S. 3 ff., sowie die Nachweise bei Servos , S. 116, Fn. 3. 201 Servos, , S. 117. 202 Der Auftrag erfolgte durch das Kabinettsschreiben vom 18. Februar 1809 an eine Kommission unter Vorsitz des Wechselgerichtsrates Zimmerl und nicht, wie Servos, S. 118 annimmt, 1803, vgl. Coing/Bergfeld, 3. Bd., 3. Teilb., S. 3045. 203 Ygi z u r Geschichte und den verschiedenen Entwürfen ausführlich Coing/ Bergfeld, 3. Bd., 3. Teilb., S. 3045 ff. 204 205

Siehe oben, III. 1. Servos, S. 117.

IV. Das ABGB für die österreichische Monarchie von 1811

169

Ergänzend bestimmt zu den Folgen § 1203: „§ 1203 Was also jemand an ein einzelnes Mitglied, und nicht an die Gesellschaft zu fordern oder zu zahlen hat, kann er auch nur an das einzelne Mitglied, und nicht an die Gesellschaft fordern oder bezahlen. Eben so hat aber bei gesellschaftlichen Forderungen oder Schulden jedes Mitglied nur für seinen Antheil ein Recht oder eine Verbindlichkeit zur Zahlung, außer in dem Fall, welcher bei Handelsleuten vermuthet wird, daß Alle für Einen und Einer für Alle etwas zugesagt oder angenommen haben." Voraussetzung für ein „verbindlich machen" der Gesellschaft und damit dem Entstehen einer Haftungswirkung zu ihren Lasten ist danach eine entsprechende Einwilligung im Rahmen rechtsgeschäftlichen Handelns durch die Gesellschafter oder ihre Bevollmächtigten. 206 Zu letzteren vollzieht §1190 die im gemeinrechtlichen Ansatz der praeposito institoria angenommene gewohnheitsrechtliche Bevollmächtigung durch die positive Anordnung, daß bereits eine tatsächliche Übertragung des Betriebes von Geschäften auf einen oder einzelne Gesellschafter als Bevollmächtigung anzusehen ist. Primär, was schon aus der Reihenfolge der Regelungen deutlich wird, und eigentlich verpflichtet aus dem rechtsgeschäftlichen Handeln war danach „die Gesellschaft" mit dem Gesellschaftsvermögen. Für diese ergibt sich dabei beim ABGB im Vergleich zu den bisher untersuchten Kodifikationen ein höherer Grad der Verselbständigung, 207 der sich z.B. in der, dem heutigen Trennungsprinzip entsprechenden ausdrücklichen Feststellung in § 1202 dokumentiert, daß ein Gesellschafter ein vom Gesellschaftsvermögen getrenntes Privatvermögen haben kann, und daß Rechte und Verbindlichkeiten der Gesellschaft streng von denen ihrer Gesellschafter zu trennen sind. 2 0 8 Aus dieser Trennung des Gesellschaftsvermögens vom Privatvermögen folgt die Fragestellung nach dem Vorliegen einer auch rechtlichen Verselbständigung der Gesellschaften. Diese wurde von der älteren österreichischen Lehre dahingehend beantwortet, daß die zivilrechtliche Gesellschaft des ABGB als sog. „moralische Person" angesehen wurde. 2 0 9 Anknüpfungspunkt für diese, entsprechend der naturrechtlichen Gesellschaftslehre 2 1 0 alle menschlichen Organisationsformen auf die Gesellschaft als 206

Krainz/Ehrenzweig, II/l, S. 372. Servos , S. 133. 208 § 1202 lautet: „Ein Mitglied, welches nur mit einem Theile seines Vermögens in der Gesellschaft steht, kann ein von dem gemeinschaftlichen abgesondertes Vermögen besitzen, worüber es nach Belieben zu verfügen berechtiget ist. Rechte und Verbindlichkeiten, die ein Dritter gegen die Gesellschaft hat, müssen also von den Rechten und Verbindlichkeiten gegen einzelne Mitglieder unterschieden werden." 209 Nippel § 1201, 1202, Anm. 1, S. 523; Servos, S. 134; Zeiller, §§ 1201, 1202, Anm. 1, S. 560; v. Stubenrauch, § 1201, Anm. 1, S. 395; Klang/Wolff, ABGB, Bd. 1/1, § 26, S. 195. 207

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D. Die Gesellschafterhaftung in den Kodifikationen der Aufklärung

Grundtyp zurückführende Ansicht, war die Regelung des § 26, ohne daß sich dort hierzu eine ausdrückliche Aussage findet. 2 1 1 Insbesondere vor dem Hintergrund der in Satz 4 enthaltenen Definition einer verbotenen Gesellschaft folgerte man bei Vorliegen einer Vereinigung mehrerer Personen zu einem gemeinsamen Zweck, mit gemeinschaftlichen Mitteln bereits alleine aus dem Erlaubtsein der Gesellschaft die Anerkennung als eigene Rechtspersönlichkeit. 212 Des weiteren ergibt sich aus der Regelung in § 1203 Satz 2, wonach auch jedes Mitglied bei gesellschaftlichen Forderungen eine „Verbindlichkeit zur Zahlung" hat, daß eine Verpflichtungswirkung aus rechtsgeschäftlichem Handeln, neben der zu Lasten der Gesellschaft als eigener Rechtspersönlichkeit, auch hinsichtlich der einzelnen Gesellschafter vorgesehen i s t . 2 1 3 Vergleichbar der Situation beim badischen Landrecht entstand demnach nach dem ABGB eine Verpflichtungswirkung sowohl zu Lasten der Gesellschaft als eigener Rechtspersönlichkeit, als auch der einzelnen Gesellschafter. Zur Redaktionsgeschichte ist festzustellen, daß die strenge Trennung zwischen Gesellschafts- und Privatvermögen bereits ebenso in I I I § 300 des Urentwurfes enthalten war, wie das grundsätzliche Entstehen einer Verpflichtungswirkung zu Lasten von Gesellschaft und Gesellschaftern in I I I § 3 0 1 und § 303. Nach unveränderter Übernahme der Bestimmung I I I § 300 des Urentwurfes in § 1189 des Revisionsentwurfes wurde die endgültige Formulierung dann von Zeiller vorgenommen, ohne daß eine inhaltliche Änderung erfolgte. 214 Ebenso wurde die Regelung in I I I § 301 im Zuge der weiteren Beratungen als § 1190 des Revisionsentwurfes lediglich sprachlich präzisiert. 215 Die Vorschrift des I I I § 303 des Urentwurfes erfuhr hingegen eine Überarbeitung, durch die sich allerdings an der Anordnung des Bestehens einer generellen Bindungswirkung auch zu Lasten der Gesellschafter nichts änderte. 216 210

Vgl. zu dem Einfluß dieser Lehre auf die §§ 1175 ff. ABGB den Nachweis bei Servos , S. 134, Fn. 4). 211 v. Stubenrauch, § 1201, Anm. 1), S. 395. 212 Servos, S. 135/136. 213 Nippel, § 1203, Anm. 3, S. 325; Servos, S. 134; Zeiller, §§ 1203, 1204, Anm. 3, S. 563; Krainz/Ehrenzweig, I I / l , S. 373; v. Stubenrauch, § 1202, 1203, Anm. 2, S. 396; Treitschke, Kommanditen, S. 137. 214 Klang/Wahle, ABGB, Bd. 5, § 1201, S. 636. 215 Siehe hierzu das Protokoll der Sitzung vom 9. November 1807 wo zu der wortgleichen Regelung des § 323 des I. Entwurfes eine Präzisierung der Eingangsformulierung im Hinblick auf die Möglickeit einer Mißverständlichkeit vorgenommen wird, Ofner, Urentwurf, Bd. II, S. 426. 216 Zu den Änderungen siehe das Protokoll der Sitzung vom 29. Juli 1805, Ofner, Bd. II, S. 120; Siehe hierzu unten, IV. 2.

IV. Das ABGB für die österreichische Monarchie von 1811 b) Gleiche Verpflichtungswirkung

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bei den Handelsgesellschaften

Aufgrund der allgemeinen Anwendbarkeitserklärung der Vorschriften über die zivile Gesellschaft auf die Handelsgesellschaften gem. § 1216 ergibt sich zur Frage des Entstehens einer Verpflichtungswirkung aufgrund von rechtsgeschäftlichem Handeln der Gesellschafter kein abweichendes Ergebnis. Insbesondere wurden auch die Handelsgesellschaften von der österreichischen Lehre als moralische Person mit eigener Rechtspersönlichkeit qualifiziert. 217 In Ergänzung der allgemeinen Regelung des § 1190 sieht § 1201 Satz 2 zu den Voraussetzungen für das Entstehen einer solchen Wirkung vor: „§ 1201 ... Bey Handelsleuten begreift das kund gemachte, Einem oder mehreren Mitgliedern erteilte Recht, die Firma zu führen, nämlich alle Urkunden und Schriften im Rahmen der Gesellschaft zu unterschreiben, schon eine allseitige Vollmacht in sich. (§ 1028)" Insoweit ebenfalls den gemeinrechtlichen Ansatz der praeposito institoria umsetzend, folgt danach aus der öffentlich bekannt gemachten Berechtigung zur Führung der Gesellschaftsfirma auch eine „allseitige Voll^18

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macht", infolge derer eine entsprechende Bindungswirkung entstand. Dabei ist festzustellen, daß anders als im badischen Landrecht und beim ALR nach dem ABGB die Vollmacht und damit der Eintritt einer Haftungswirkung allein an die Veröffentlichung anknüpft, die tatsächliche Verwendung der Gesellschaftsfirma war hingegen nicht erforderlich. 220

2. Art und Umfang der Haftung a) Anteilige, erst nach Verbrauch des Gesellschaftsvermögens eintretende Haftung als wahrscheinlicher Haftungsumfang der Gesellschafter der zivilen Erwerbsgesellschaft Für die Gesellschafter der zivilen Gesellschaft ergibt sich aus der oben genannten Regelung des § 1203 Satz 2 als Regelfall, daß jeder „nur für seinen Anteil ein Recht oder eine Verbindlichkeit zur Zahlung" hat. Nur für den Fall, daß ausnahmsweise im Rahmen des Rechtsgeschäftes ausdrücklich eine Verpflichtung „Aller für Einen und Einer für Alle" erfolgt ist, wird dieser Haftungsumfang ausgeschlossen. 217

Klang/Wolff, ABGB, Bd. 1/1, § 26, S. 194; Servos , S. 134. § 1029 konkretisiert den Begriff der allseitigen Vollmacht dahingehend, daß diese sich auf alle zum Handelsbetrieb gehörenden Geschäfte bezog. 219 Fischer, LB, § 106, S. 89; Zeiller, §§ 1201, 1202, Anm. 4, S. 561; Nippel, § 1201, 1202, Anm. 3, S. 524. 220 Servos, S. 145; ν. Stubenrauch, § 1201, Anm. 3, S. 395. 218

172

D. Die Gesellschafterhaftung in den Kodifikationen der Aufklärung

Vor dem Hintergrung der festgestellten starken Trennung des Vermögens der Gesellschaft als moralischer Person und dem Privatvermögen der Gesellschafter im ABGB erscheint der Inhalt und Umfang der sich aus dieser unpräzisen Formulierung ergebenden Haftung der Gesellschafter jedoch fraglich. Die österreichische Rechtslehre interpretierte die Regelung des § 1203 Satz 2 zunächst dahingehend, daß während der Dauer der Gesellschaft und solange ein Gesellschaftsvermögen vorhanden war dieses als ausschließliches Haftungsobjekt anzusehen war. Jegliche Haftung der Gesellschafter mit ihrem Privatvermögen war während dieser Zeit ausgeschlossen, eine anteilige Haftung mit diesem sollte danach erst wieder eintreten, wenn ein Gesellschaftsvermögen nicht mehr zur Verfügung stand. 221 War Anknüpfungspunkt für diese Ansicht aufgrund der unklaren Formulierung in § 1203 Satz 2 anfangs nur die systematische Trennung der beiden Haftungsobjekte im ABGB, so wurde nach Bekanntwerden der Beratungen der Redaktoren im wesentlichen deren Inhalt zur Begründung für diesen Haftungsumfang herangezogen. 222 Hier insbesondere der Inhalt des Protokolls der Sitzung vom 29. Juli 1805 2 2 3 in der die Vorschrift des I I I § 303 des Urentwurfes als Ausgangspunkt des späteren § 1203 erörtert wurde. 2 2 4 Gegenstand war in dieser Sitzung ein Einwand der Prager Juristischen Fakultät, bei dem offensichtlich von genau diesem Haftungsumfang ausgegangen wurde, indem der Hinweis erfolgte, daß die Vorschrift solange nicht anwendbar erscheint, wie ein Gesellschaftsvermögen existiert. Diese Feststellung wurde von der Kommission keineswegs als abwegig verworfen, vielmehr ist in der Niederschrift die ausdrückliche Feststellung des Referenten vermerkt, daß „die Belangung des Einzelnen, solange die Gesellschaft besteht nicht wohl angehe". 225 Später dann, insbesondere im Zuge des Eindringes der pandektologischen Lehre, 2 2 6 setzte sich die Ansicht als herrschend durch, daß von einer Haftungssituation dergestalt ausgegangen wurde, daß neben einer ungeteilten, vollen Haftung der Gesellschaft mit ihrem Vermögen gleichzeitig und zwar nicht subsidiär, sondern kumulativ auch eine nur anteilige der Gesellschafter bestehen sollte, für die diese mit ihrem Privatvermögen einzustehen hatten. 227 221 Zeiller, §§ 1203, 1204, Anm. 2-4, S. 563/564; Nippel, § 1203 Anm. 3, S. 525; Klang/Wahle, ABGB, Bd. 5, § 1201, S. 638 m.w.N. 222 Klang/Wahle, ABGB, Bd. 5, § 1201, S. 637. 223 Ofner, Urentwurf, Bd. II, S. 120. 224 Vgl. zu den verschieden Stellen der Regelung in den verschiedenen Entwürfen die Übersicht bei Ofner, Urentwurf, Bd. II, S. 863. 225 Ofner, Urentwurf, Bd. II, S. 120. 226 Klang/Wahle, ABGB, Bd. 5, § 1201, S. 639.

IV. Das ABGB für die österreichische Monarchie von 1811

173

Dies obwohl die Annahme eines solchen Haftungsumfanges in Widerspruch zum gezeigten Inhalt der Beratungen der Kommission stand und darüberhinaus auch an verschiedenen Stellen Schwiergkeiten bestehen, sie mit der Systematik des ABGB in Einklang zu bringen. 2 2 8 Des weiteren war auch die genaue Bedeutung der Regelung des § 1203 im Hinblick auf die Anteiligkeit der Haftung umstritten. Hier ging die überwiegende Meinung in Rechtsprechung und Literatur davon aus, daß darunter das jeweilige Verhältnis der Beteiligung der Gesellschafter am Hauptstamm zu verstehen i s t . 2 2 9 Aufgrund der unklare Regelung in § 1203 und der sich daran anschließenden Auseinandersetzung erscheint eine eindeutige Aussage zu Umfang und Haftung der zivilen Gesellschafter nur schwer möglich. 2 3 0 Insbesondere der relativ eindeutige Inhalt der Beratungen der Gesetzgebungskommission zu dieser Frage, dem argumentativ nicht zu begegnen ist, spricht für die Richtigkeit der ursprünglichen Interpretation des § 1203 Satz 2 mit der Annahme einer erst nach dem Wegfall des Gesellschaftsvermögens bestehenden Haftung der Gesellschafter mit ihrem gesamten Privatvermögen für Verbindlichkeiten der Gesellschaft, allerdings nur in Höhe ihrer Anteile an dieser. b) Solidarische,

subsidiäre Haftung der Handelsgesellschafter

Für die Gesellschafter der Handelsgesellschaften bestimmt § 1203 Satz 2, daß bei diesen eine bei den zivilen Gesellschaftern als Ausnahme anzusehende Verpflichtung „Aller für Einen und Einer für Alle" regelmäßig zu vermuten ist. Mit der Verwendung der Bezeichnung dieser speziellen Art der Verpflichtung knüpft das ABGB, insoweit vergleichbar zum A L R , 2 3 1 an die Vorschriften über die Correalverträge im 17. Hauptstück des II. Teiles an.

227

Krainz/Ehrenzweig, II/l, S. 374; v. Stubenrauch, § 1203, Anm. 2), S. 396; Treitschke, Kommanditen, S. 147; Vgl. des weiteren die Nachweise bei Klang/ Wahle, ABGB, Bd. 5, § 1201, S. 639, Fn. 20. 228 Siehe hierzu ausführlich: Klang/Wahle, ABGB, Bd. 5, § 1201, S. 639 f. 229 Klang/Wahle, ABGB, Bd. 5, § 1201, S. 643 m.w.N. 230 Servos, S. 146 übersieht diese Problematik und verwendet zur Beschreibung der Haftung die unpräzise Formulierung von Zeiller, §§ 1203, 1204, Anm. 2-4, S. 563/564; Vgl, zu den unterschiedlichen Aussagen von Zeiller die Darstellung bei Klang/Wahle, ABGB, Bd. 5, § 1201, S. 638. 231 Ygi § 239 I 17 ALR, der allerdings einen eindeutigen Verweis auf die Vorschriften über die Correalverträge enthält; Siehe oben, II. 2.

174

D. Die Gesellschafterhaftung in den Kodifikationen der Aufklärung

Für diesen besonderen Fall einer Verpflichtung regelt § 891: „§ 891 Versprechen mehrere Personen ein und dasselbe Ganze zur ungeteilten Hand dergestalt, daß sich Einer für Alle, und Alle für Einen ausdrücklich verbinden; so haftet jede einzelne Person für das Ganze. ..." Da aufgrund der Vermutung in § 1203 Satz 2 bei Handelsgesellschaftern regelmäßig von einer solche Verpflichtung auszugehen war, ergibt sich für diese somit eine solidarische, unbeschränkte und persönliche Haftung mit dem gesamten Privatvermögen für die Verbindlichkeiten der Gesellschaft. 232 Dabei folgt letzteres ergänzend aus § 1204, wo im Gegensatz zur im ersten Satz geregelten Haftung von geheimen Gesellschaftern ausdrücklich festgestellt wird, „die kund gemachten Gesellschafter haften mit ihrem ganzen Vermögen". Hinsichtlich des Verhältnisses der solidarischen Haftung der Gesellschafter zu der der Gesellschaft als moralischer Person und weiterem Haftungsschuldner enthält das ABGB, wie auch beim badischen Landrecht festgestellt, keine Regelung. Überträgt man entsprechend der Anwendbarkeitsbestimmung des § 1216 für diese Fragestellung das für die zivile Gesellschaft gefundene Ergebnis, so folgt daraus eine subsidiäre Haftung der Gesellschafter, die erst nach Verbrauch oder Wegfall des Gesellschaftsvermögens eintrat. Auch insoweit ohne eine gesetzliche Grundlage, ging die österreichische Rechtslehre ergänzend entsprechend der französischen Rechtspraxis davon aus, daß eine Inanspruchnahme der Gesellschafter erst nach einer gerichtlichen Feststellung des Anspruches dem Grund und der Höhe nach gegenüber der Gesellschaft überhaupt zulässig war. 2 3 3 Zur Redaktionsgeschichte der Norm ist festzustellen, daß § 1203 fast wortgleich der Regelung des I I I § 303 des Urentwurfes entspricht. Ein Versuch Zeillers im Rahmen der Redaktion eine Streichung und Verweisung in die Beratungen über das Handelsrecht der von ihm als zu hart angesehenen Haftungbestimmung zu erreichen, scheiterte am Widerspruch der Mehrzahl der Mitglieder der Gesetzgebungskommission. 234 Diese verwiesen zur Begründung darauf, daß auch das Wechselrecht eine entsprechende Haftung vorsah, und erachteten eine Regelung bis zur Erarbeitung eines Handelsgesetzbuches dennoch für notwendig. 2 3 5

232 Zeiller, §§ 1203, 1204, Anm. 5, S. 564; Servos , S. 147; Nippel, § 1203 Anm. 4, S. 526, § 1204, Anm. 2, S. 527; Fischer, LB, § 107, S. 90; v. Stubenrauch, § 1203, Anm. 3, S. 397. 233 Servos, S. 147 m.w. Ν. 234 Protokoll der Sitzung vom 9. November 1807 zu § 325, Ofner, Urentwurf, Bd. II, S. 426. 235 Servos, S. 147.

IV. Das ABGB für die österreichische Monarchie von 1811

175

3. Die Haftung der geheimen (Einlage-)Gesellschafter des ABGB Wie bereits erwähnt, findet sich, ergänzend zu der vorgenannten Haftungsregelung, hinsichtlich der Gesellschafter von Handelsgesellschaften in § 1204 eine Bestimmung bzgl. der nur an dieser Stelle des Gesetzes genannten „geheimen Mitglieder von Handlungsgesellschaften". Diese lautet: „§ 1204 Die geheimen Mitglieder einer Handlungsgesellschaft, solche nämlich, welche ihr einen Theil des Fonds auf Gewinn und Verlust dargeliehen 236 haben, aber nicht als Mitglieder angekündigt worden sind, haften in keinem Falle mit mehr als mit dem dargeliehenen Capitale. Die kundgemachten Mitglieder haften mit ihrem ganzen Vermögen." Angesichts dieses Wortlautes, insb. der Formulierung, daß es sich um Mitglieder „einer Handlungsgesellschaft" handeln soll, erscheint fraglich, ob das ABGB tatsächlich entsprechend der Ansicht von Servos eine eigene weitere Gesellschaftsform kannte. 2 3 7 Ein Kategorisieren von Gesellschaftstypen lag den Redaktoren m.E. fern, Anhaltspunkte hierfür finden sich weder im Gesetz noch in den Beratungsprotokollen. Als denen des A L R 2 3 8 entsprechende Kriterien für das Vorliegen einer Stellung als geheimer Gesellschafter ergeben sich danach, daß ein Teil des Gesellschaftsfonds zu Gewinn und Verlust „dargeliehen" worden ist, und daß keine „Kundmachung" gegenüber Dritten erfolgt ist. Die im Privileg Friedrich III. von 1464 und einzelnen Stadtrechtsreformationen zumindest genannte, und nach badischem Landrecht konstituiv erforderliche Nichtbeteiligung dieses Gesellschafterkreises an der Geschäftsführung, ist im ABGB, möglicherweise infolge einer Anlehnung an das ALR, damit nicht vorgesehen. a) Verpflichtungswirkung aus Rechtsgeschäften auch zu Lasten der geheimen Gesellschafter Zur Frage des Entstehens einer Verpflichtungswirkung auch zu Lasten der geheimen Gesellschafter als Konsequenz rechtsgeschäftlichen Handelns einzelner oder aller Gesellschafter oder deren Bevollmächtigter findet sich im ABGB und insbesondere in § 1204 keine spezielle Regelung. Das ABGB nimmt demnach keine Differenzierung zwischen öffentlichen und geheimen Gesellschaftern hinsichtlich der aufgrund der Anwendbarkeitser236 Darüber, daß der Begriff des „Darleihens" nicht im Sinne einer tatsächlichen Darlehnsgewährung zu verstehen war, sondern nur im „uneigentlichen Sinne" bestand zu keiner Zeit Streit, Nippel, § 1204, Anm. 1, Fn. 1, S. 527; v. Stubenrauch, § 1204, Anm. 4, S. 398 m.w.N. 237 Servos, S. 161/162. 238 Siehe hierzu oben, II. 3.

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D. Die Gesellschafterhaftung in den Kodifikationen der Aufklärung

klärung des § 1216 für die Handelsgesellschafter ebenso wie für die zivilen Gesellschafter bestehende Verpflichtungswirkung vor. Sonstige Gründe, warum die, neben der der Gesellschaft als moralischer Person eintretende Verpflichtungswirkung bzgl. der öffentlichen Gesellschafter systematisch nicht auch die geheimen Gesellschafter erfaßt hat, sind nicht ersichtlich. Bestätigung findet dies durch den Umstand, daß die Vorschrift des § 1203 Satz 2 als unmittelbar vor § 1204 stehende Regelung ausdrücklich davon spricht, daß „jedes Mitglied" grundsätzlich eine Verbindlichkeit zur Zahlung trifft. 2 3 9 b) Auf die Einlage beschränkter Haftungsumfang der geheimen Gesellschafter Aus dem Wortlaut des § 1204 ergibt sich ein so beschränkter Umfang der Haftung der geheimen Gesellschafter, daß diese „in keinem Fall mit mehr als dem dargeliehenen Kapitale haften". Diese war demnach auf die Einlage dergestalt beschränkt, 240 daß das maximale Verlustrisiko des Gesellschafters sich auf die der Gesellschaft als Einlage zur Verfügung gestellten Kapitalien belief. In der Sekundärliteratur wird zum Nachweis dieses Haftungsumfanges ergänzend auf die Regelungen der Fallitenordnung von 1734 verwiesen. 241 Diese bestimmt hinsichtlich der Haftung der geheimen Gesellschafter in Art. 9 der I. Abteilung, daß diese „Quanto ihres eingelegten Fundi, oder nach Inhalt und Beschaffenheit des bei dem Mercantilgerichte protokolierten Societätcontractes einen gewissen Antheil des sich äußernden Verlustes zu tragen, mithin um den übrigen Abgang in solidum zu stehen nicht schuldig" sein sollen. 2 4 2 Zu dieser inhaltlich wesentlich eindeutigeren Vorschrift ist jedoch festzuhalten, daß es sich hierbei, ebenso wie auch schon im badischen Landrecht und dem Frankfurter HGB Entwurf festgestellt, 243 nicht um eine Haftungsregelung, sondern vielmehr dem Wortlaut nach um eine Bestimmung zur Gewinn- und Verlustregelung handelt. Warum in § 1204 als einziger Bestimmung der untersuchten Kodifikationen der Zusatz vorgenommen worden ist, daß „in keinem Fall" die Einlage239

Zu dieser Frage finden sich in der Sekundärliteratur kaum Aussagen, wie hier wohl: Fischer, LB, § 107, S. 90. 240 v. Stubenrauch, § 1204, Anm. 4, S. 398; Fischer, LB, § 107, S. 90; Zeiller, §§ 1203, 1204, Anm. 5, S. 564; Nippel, § 1204, Anm. 1; Treitschke, Kommanditen, S. 21. 241 Zeiller, §§ 1203, 1204, Anm. 5, S. 564; v. Stubenrauch, § 1204, Anm. 4, S. 398; Servos, S. 166. 242 Zit. nach v. Stubenrauch, § 1203, Anm. 3, S. 397, Fn. 2. 243 LRS 26 des Anhanges, § 40 HGB Entwurf, siehe oben, III. 1. b) u. 2.

V. Zusammenfassung

177

gesellschafter eine andere als die auf die Einlage beschränkte Haftung treffen soll erscheint unklar. Ob damit tatsächlich eine Haftungsausschluß auch für den Falle eines zufälligen Unterganges der Einlagemittel erfaßt werden sollte erscheint fraglich. 2 4 4 Eher wahrscheinlich ist m.E., daß damit klargestellt werden sollte, daß diese Haftungsbeschränkung auch für den Fall zu gelten hatte, daß alle Einlagekapitalien verbraucht waren, und bei dessen Vorliegen für die öffentlichen Gesellschafter eine volle Haftung mit dem gesamten Privatvermögen eintrat. Für diesen Erklärungsansatz spricht auch, daß unmittelbar anschließend die volle Haftung der öffentlichen Gesellschafter ausdrücklich angeordnet wird. Aus den Protokollen der Gesetzgebungskommission ergeben sich zu dieser Frage keine Anhaltspunkte. Der Wortlaut des § 1204 ist deckungsgleich mit I I I § 304 des Urentwurfes, Änderungen wurden in den einzelnen Entwürfen nicht vorgenommen. 245 Nur im Protokoll der Beratungen vom 29. Juli 1805 findet I I I § 304 kurz Erwähnung, wo festgehalten wird, daß eine Änderung hinsichtlich der Möglichkeit einer bekanntzumachenden Haftungsfreihaltung abgelehnt wurde. 2 4 6 Angesichts des Umstandes, daß primäres Haftungsobjekt im ABGB die Gesellschaft als moralische Person mit ihrem Vermögen war und die individuelle Gesellschafterhaftung nur bei dessen Verbrauch eintrat, ergibt sich für die geheimen Gesellschafter damit ein subsidiärer, auf die Einlage beschränkter Umfang der Haftung. 2 4 7 Dieser kam für den Fall der Einzahlung der Einlage, damit defacto einem Haftungsausschluß gleich.

V. Zusammenfassung Die Untersuchung der Kodifikationen der Zeit der Aufklärung ergibt, daß das Entstehen einer haftungsbegründenden Vertretungswirkung nicht mehr nur entsprechend dem römischrechtlichen Ansatz als Folge eines gemeinsamen Handelns der Gesellschafter normiert wird. Der Eintritt einer Haftungswirkung zu Lasten aller Gesellschafter aufgrund von rechtsgeschäftlichem Handeln eines oder einzelner Gesellschafter als ein Postulat des sich stark ausbreitenden Handels ist in allen Kodifikationen vorgesehen, und damit allgemein anerkannt. Unterschiede lassen sich jedoch noch bei den Anforderungen an die Vollmachtserteilung und den weiteren Voraussetzungen für den Eintritt der Haftung feststellen. Während im CMBC als ältester Kodifi244

So ausdrücklich: Servos, S. 166 m.w.N. Servos, S. 166, Fn. 2. 246 Ofner, Urentwurf, Bd. II, S. 120. 247 Die Feststellung von Servos, S. 165, daß eine „unmittelbareauf die Einlage beschränkte Haftung bestanden haben soll, ist aufgrund der primären Haftung der Gesellschaft nicht nachvollziehbar. 245

12 Thomas

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D. Die Gesellschafterhaftung in den Kodifikationen der Aufklärung

kation eine tatsächliche Bestellung als Faktor vorgesehen ist und das Handeln im Namen der gesamten Gesellschafter erfolgen muß, wird im A L R allein aufgrund einer tatsächlichen Übertragung des Betriebes der Geschäfte der Gesellschaft das Handeln als das eines bevollmächtigten Vertreters angenommen. Das badische Landrecht normiert für die Gesellschafter gesetzlich das Bestehen einer Vertretungsbefugnis der einzelnen Gesellschafter, das ABGB knüpft vergleichbar dem A L R das Bestehen einer Bevollmächtigung an die tatsächliche Übertragung der Geschäftsbesorgung an Gesellschafter an. Alle diese verschiedenen Ausgestaltungen ordnen das Bestehen positivrechtlich an und ersetzen und vollziehen damit den gemeinrechtlichen Ansatz der gewohnheitsrechtlichen Annahme über die praeposito institoria. Hinsichtlich Art und Umfang sehen alle Kodifikationen für die Handelsgesellschaften und darüberhinaus das A L R auch für die zivile Gesellschaft eine unbeschränkte, solidarische Haftung der Gesellschafter mit ihrem gesamten Privatvermögen vor, was für diese damit als Regelfall gegenüber der gemeinrechtlichen pro rata Haftung anzusehen ist. Für die zivilen Gesellschafter sehen mit dem badische Landrecht und dem ABGB zwei Kodifikationen jedoch nach wie vor eine nur anteilige Haftung vor, so daß das gemeinrechtliche Haftungsmodell damit nicht als vollkommen verdrängt anzusehen ist. Zu der, mit der zunehmenden Anerkennung der Gesellschaft, insbesondere der Handelsgesellschaft, als eigene moralische Person entstehenden Frage nach dem Verhältnis der Haftung der Gesellschafter zu der der Gesellschaft als weiterem Haftungsobjekt, ist festzuhalten, daß, ohne daß dies in den betroffenen Kodifikationen ausdrücklich geregelt wird, davon ausgegangen wird, daß primäres, vorrangig in Anspruch zu nehmendes Haftungsobjekt die Gesellschaft mit ihren Gesellschaftsvermögen war. Die Gesellschafter hatten mit ihrem Vermögen nur subsidiär zu haften, wobei keine einheitliche Auffassung zu der Frage festzustellen ist, ab welchem Grad der Inanspruchnahme diese eintreten sollte. Für die Gesellschafter mit Einlagen zu Gewinn und Verlust, die noch uneinheitlich als stille, geheime oder unter französischem Einfluß als Kommanditisten bezeichnet werden, wird die erstmalig im Privileg Friedrich III. festgelegte und in einzelnen Stadtrechtsreformationen fortgeschriebene auf die Einlage beschränkte Haftung dahingehend konkretisiert, daß über die der Gesellschaft gezahlten Einlagemittel hinaus kein weiterer Verlust eintritt. Eine weitergehende Haftung mit dem Privatvermögen besteht damit nicht. Dabei treten mit dem Ausschluß von der Geschäftsführung und dem Nichtbekanntwerden der Person zwei, in den Kodifikationen allerdings unterschiedlich verwendete, Kriterien für die weitere Anknüpfung der Haftungsbeschränkung hervor.

E. Zusammenfassung der Ergebnisse Grundlage und Ausgangspunkt der Entwicklung der persönlichen Haftung von Gesellschaftern von Personengesellschaften war die „societas omnium bonorum" des klassischen römischen Rechtes, die heute als Ausgangsfall des Gesellschaftsverhältnisses aufgefaßt wird. Diese galt nach römischem Recht als ein rein obligatorisches Rechtsverhältnis und erzeugte Rechte und Pflichten nur zwischen den Beteiligten. Rechtshandlungen eines Gesellschafters hatten nur für diesen persönlich eine Verpflichtungswirkung zur Folge und nicht für die Mitgesellschafter, oder eine Gesellschaft als eigenständig Verpflichtete. Zum Entstehen einer Verpflichtungswirkung für alle beteilgten Gesellschafter bedurfte es entsprechend einer ausdrücklichen Bevollmächtigung oder eines gemeinsamen Handelns aller. Veranlasst durch die Bedürfnisse des sich immer weiter ausweitenden Handels im Mittelalter, wurde im Zuge der Rezeption von den Postglossatoren versucht, das als dringend erforderlich angesehene Bestehen einer entsprechenden Verpflichtungswirkung mit den römisch-rechtlichen Denkformen und Instituten in Einklang zu bringen. Unter Rückgriff auf die Grundsätze des römischen Institoriates und die Prinzipien der societas omnium bonorum wurde im Zuge der Rezeption nach gemeinem Recht von dem Bestehen einer gewohnheitsrechtlich anerkannten „Praeposito institoria" für rechtsgeschäftliches Handeln von Gesellschaftern ausgegangen, infolge derer eine entsprechende Verpflichtungswirkung und damit eine unbeschränkte, solidarische und persönliche Haftung aller Gesellschafter eintreten sollte. Maßgeblich und nachweisbar für den Untersuchungszeitraum ist dieser Ansatz des Bestehens einer persönlichen Verpflichtung und daraus folgenden Haftung der einzelnen beteiligten Gesellschafter. Eine daneben vorliegende Verpflichtung und Haftung einer verselbständigten Gesellschaft mit ihrem Gesellschaftsvermögen, deutet sich zwar unter anderem durch entsprechende sprachliche Bezugnahmen auf die „Gesellschaft" und eine verselbständigte Betrachtung des Gesellschaftsvermögens an, ergibt sich aber erst für die Handelsgesellschaften im Rahmen der zeitlich am Ende der Untersuchung stehenden Kodifikationen. Zusammenfassend sind folgende Ergebnisse festzuhalten: 1.

12*

Die Überprüfung der Gesellschafterverträge von süddeutschen Fernhandelsgesellschaften ergibt, daß die Vertragsparteien offensichtlich vom

180

E. Zusammenfassung der Ergebnisse Entstehen einer Verpflichtungswirkung zu Lasten aller beteiligten Hauptgesellschafter infolge rechtsgeschäftlichen Handelns einzelner Gesellschafter gegenüber Dritten ausgegangen sind. In der Sekundärliteratur wird überwiegend vertreten, daß zu Zeiten der Fernhandelsgesellschaften eine entsprechende Verpflichtungswirkung infolge rechtsgeschäftlichen Handelns für alle beteiligten Hauptgesellschafter bestand. Diese Auffassung, die im wesentlichen damit begründet wird, daß es sich um eine, den damaligen wirtschaftlichen Notwendigkeiten entsprechende Fortsetzung der historischen Entwicklung der Vergesellschaftsformen gehandelt hat, findet jedoch in den Quellen außerhalb der Unterlagen über Konkurse von Fernhandelsgesellschaften keinen eindeutigen Nachweis. Nachweise, wie insbesondere Apelbaum sie für die Basler Handelsgesellschaften aufgrund des Gerichtsarchives beigebracht hat, sind für die Fernhandelsgesellschaften nicht vorhanden, eine Übertragung der Verhältnisse bei den Basler Gesellschaften auf die süddeutschen Fernhandelsgesellschaften erscheint wegen deren geringerer wirtschaftlicher Bedeutung nicht möglich. Eine Bestätigung findet die Annahme des Bestehens einer Verpflichtungswirkung durch den Inhalt eines Privileges Friedrich III. von 1464, daß auch für die dort genannten Einlagegesellschafter von einer Verpflichtung ausgeht und daher einen „erst recht" Schluß hinsichtlich der Hauptgesellschafter zuläßt. Darüber hinaus folgt auch aus den Unterlagen der verschiedenen Konkurse von Fernhandelsgesellschaften, daß es in keinem Fall einem der beteiligten Hauptgesellschafter gelungen ist, sich seiner Eintrittsverpflichtung für die Verbindlichkeiten durch den Hinweis zu entziehen, daß er an entsprechenden Rechtsgeschäften selbst nicht beteiligt war. Auch wenn damit insgesamt ein positiver Nachweis aufgrund der Quellen nicht möglich erscheint, sprechen die vorgenannten Anhaltspunkte dafür, daß in der Zeit der Fernhandelsgesellschaften eine entsprechende Verpflichtungswirkung zu Lasten aller Hauptgesellschafter gegeben war.

2.

Die in den Gesellschaftsverträgen der Fernhandelsgesellschaften verschiedentlich zu findenden Bezugnahmen auf „die Gesellschaft" dienten nur zur Abgrenzung und Klassifizierung der genannten Rechtsgeschäfte und rechtfertigen insgesamt nicht die Annahme, daß die Vertragsparteien auch die Gesellschaft als eigenständig verpflichtet aus dem rechtsgeschäftlichen Handeln von Gesellschaftern angesehen haben. Zwar finden sich in den Verträgen Regelungen, die von einem durch die Einlagen entstehenden Gesellschaftsvermögen ausgehen, das auch zumindest buchhalterisch streng vom Privatvermögen der Gesellschafter getrennt

E. Zusammenfassung der Ergebnisse war, insbesondere die Unterlagen der Konkurse von Fernhandelsgesellschaften zeigen jedoch, daß jedenfalls hier keine Differenzierung zwischen den beiden Vermögensmassen erfolgt ist, bzw. von einer Beschränkung einer Einstandsverpflichtung auf das Gesellschaftsvermögen ausgegangen worden ist. 3.

Neben den sogenannten Hauptgesellschaftern als die den Gesellschaftsvertrag unmittelbar Unterzeichnenden existierten bei den Fernhandelsgesellschaften darüber hinaus Beteiligte, die an diesen mit Einlagen zu Gewinn und Verlust beteiligt waren und daher ebenfalls Gesellschafterstatus hatten. Aus dem Inhalt des Privileges Friedrich III. von 1464 und einem einzelnen Hinweis in den Gesellschaftsverträgen ergeben sich Anhaltspunkte dafür, daß grundsätzlich auch vom Entstehen einer Verpflichtungswirkung infolge rechtsgeschäftlichen Handelns zu Lasten dieses Gesellschafterkreises ausgegangen wurde. Ein positiver Nachweis hierfür aufgrund von Quellenmaterial ist allerdings ebenfalls nicht möglich. Da in den Unterlagen über Konkurse von Fernhandelsgesellschaften an keiner Stelle diese Einlagegesellschafter Erwähnung finden, ergeben auch hieraus keine ergänzenden Hinweise.

4.

Hinsichtlich des Umfanges der infolge der Verpflichtung entstehenden Haftung der Hauptgesellschafter deuten einige Formulierungen in Gesellschaftsverträgen auf eine unbeschränkte Haftung hin. Dies wird bestätigt durch die Unterlagen über die Konkurse von Fernhandelsgesellschaften, aus denen sich ergibt, daß in allen Fällen die Hauptgesellschafter in vollem Umfange für die bestehenden Verbindlichkeiten haftbar gemacht worden sind. Hinsichtlich des Objektes dieser unbeschränkten Haftung der Gesellschafter folgt aus den Konkursunterlagen, daß dies nur „mittelbar" das gesamte Privatvermögen war. Entsprechend der allgemeinen Situation in dieser Zeit war primäres Haftungsobjekt vielmehr die Person der Gesellschafter als Schuldner. Über das im Falle der Zahlungsunfähigkeit mögliche Arrestverfahren und den Entzug der persönlichen Freiheit wurden die Gesellschafter von in Konkurs gegangenen Fernhandelsgesellschaften gezwungen, ihr gesamtes Privatvermögen zum Ausgleich der Forderungen und zum Aushandeln eines Vergleiches mit den Gläubigern einzusetzen. Eine eigenständige Zugriffsmöglichkeit der Gläubiger auf das Vermögen der Gesellschafter ist nicht nachweisbar. Dies führte dazu, daß es im Einzelfall Gesellschaftern von bankrotten Fernhandelsgesellschaften gelang, Vermögensgegenstände, insbesondere aber Immobilienbesitz aus dem Konkurs herauszuhalten.

5.

Aufgrund des Inhaltes des Privileges Friedrich III. von 1464 ergibt sich für die Einlagegesellschafter der Fernhandelsgesellschaften ein beschränkter Haftungsumfang. In der Sekundärliteratur wird dieser, ent-

182

E. Zusammenfassung der Ergebnisse sprechend der heutigen Haftungsverhältnisse eines Kommanditisten, als auf die Einlage beschränkt angesehen. Aufgrund des Wortlautes des Privileges erscheint ein Rückschluß auf den Verlust der Einlage als maximales Risiko der Einleger hingegen nicht zwingend. Möglich erscheint vielmehr auch eine in Höhe des Betrages der Einlage begrenzte Haftung der Einlagegesellschafter. Ein eindeutiger Quellennachweis für den tatsächlichen Inhalt der beschränkten Haftung der Einleger besteht jedoch nicht.

6.

Anders als bei den süddeutschen Fernhandelsgesellschaften lassen sich für die gesellschaftlichen Zusammenschlüsse des norddeutschen Wirtschaftsraumes der Hanse bereits keine Quellennachweise für Gesellschaften finden, bei denen, bei allseitigen Kapitaleinlagen aller Gesellschafter, auch alle an der Abwicklung der Geschäfte beteiligt waren. Entsprechend ist die Richtigkeit der, insbesondere von Keutgen für die Zeit vor dem sogenannten Segeberger Kodex von ca. 1532 vertretene Ansicht, des Bestehens einer Verpflichtungswirkung zu Lasten der Gesellschafter nicht nachweisbar. Aufgrund verschiedener Indizien, insbesondere eines von Lehmann angefühlten Urteils des Lübecker Oberhofes aus dem Jahre 1465 ist mit hoher Wahrscheinlichkeit davon auszugehen, daß eine derartige Verpflichtungswirkung tatsächlich nicht bestand. Ergänzend ergeben sich trotz einer feststellbaren, grundsätzlichen Trennung zwischen Privat- und Gesellschaftsvermögen keine Anhaltspunkte dafür, daß die Gesellschaft als eigenständig verpflichtet betrachtet wurde.

7.

Der Segeberger Kodex, der wahrscheinlich dem Jahr 1532 zuzuordnen ist, nimmt, als wohl älteste Quelle, eine Anordnung des Bestehens einer Verpflichtungswirkung rechtsgeschäftlichen Handelns einzelner zu Lasten aller beteiligten Gesellschafter vor. Dem Umfang nach hatten die Gesellschafter, im Rahmen der hierauf beruhenden Haftung unbeschränkt mit Ihrer Person, und damit mittelbar mit ihrem gesamten Privatvermögen als Haftungsobjekt einzustehen. Keinerlei Hinweise lassen sich aus dem Kodex hingegen dazu entnehmen, daß die Gesellschaft auch als eigenständig Verpflichtete, mit einer daraus folgenden, auf ein Gesellschaftsvermögen begrenzten Haftung anzusehen war.

8.

Bei den Bergwerkgesellschaften der Zeit vom Ende des 15. bis ca. Mitte 16. Jahrhunderts, die anders als die Fernhandelsgesellschaften, im Gesellschafterkreis keinerlei familiäre Strukturen mehr aufwiesen, ergibt sich aus den Gesellschaftsverträgen sowie den Kupferkauf- und Verlagsverträgen, daß auch hier die Beteiligten vom Bestehen einer

E. Zusammenfassung der Ergebnisse Verpflichtungswirkung hinsichtlich aller Gesellschafter infolge eines rechtsgeschäftlichen Handelns einzelner ausgegangen sind. In den Quellen bzgl. dieser Gesellschaften finden sich jedoch zunehmend sprachliche Bezugnahmen auf „die Gesellschaft", und in den jüngeren ist zum Teil ausdrücklich das Bestehen einer Zahlungsverpflichtung „der Gesellschaft" genannt. Hieraus und aus dem damit einhergehenden Verfestigen des Gedankens eines aus den Einlagen entstehenden Gesellschaftsvermögens ist auf eine offensichtlich im Untersuchungszeitraum eingetretene Veränderung der Betrachtung dieser Gesellschaften nicht mehr als reine Personalassoziationen sondern vielmehr als Kapitalassoziationen zu schließen. Trotzdem lassen sich insgesamt keine positiven Nachweise dafür finden, daß die Saigergesellschaften bereits als eigenständige, rechtlich verselbständigte Verpflichtungsobjekte angesehen wurden. Außer den Hinweisen in den Gesellschafts- und Handelsverträgen der Saigerbergwerksgesellschaften ergeben sich mangels Unterlagen über den Eintritt eines Bankrottes, vergleichbar denen bei den Fernhandelsgesellschaften, Anhaltspunkte für das Bestehen einer Verpflichtungswirkung ergänzend nur aus den Umständen des Zusammenbruches der Gesellschaft Steinach, Eisleben. Bei diesem sahen sich alle Gesellschafter jedenfalls als verpflichtet an, da sie sich gezwungen sahen, ihre gesamten Privatkapitalien zum Ausgleich der Forderungen der Gläubiger einzusetzen. Bzgl. der auch bei den Saigergesellschaft feststellbaren Gesellschaftern mit Einlagen zu Gewinn und Verlust deutet lediglich eine Formulierung in einem jüngeren Gesellschaftsvertrag darauf hin, daß eine Verpflichtungswirkung für gegeben angesehen wurde. Eine uneingeschränkte Übertragung des dieses unterstützende Privileg Friedrich III. von 1464 auf die Einlagegesellschafter der Saigergesellschaften erscheint allerdings nicht unproblematisch möglich, Nachweise für dessen tatsächliche Anwendung stehen nicht zur Verfügung. 9.

Hinsichtlich des Umfanges der Haftung der Gesellschafter der Saigergesellschaften lassen nur einige wenige Indizien in den zur Verfügung stehenden Quellen auf einen unbeschränkten Haftungsumfang schließen. Soweit in der Sekundärliteratur zu dessen Begründung auf die Konkurse der Ferndhandelsgesellschaften verwiesen wird, erscheint diese Argumentation im Hinblick darauf, daß keinerlei Unterlagen über einen tatsächlichen Bankrott einer Saigergesellschaft vorliegen, fraglich. Da eine Übertragung des Inhaltes des Privileges Friedrich III. von 1464 nicht ohne weiteres möglich erscheint, läßt sich mangels sonstiger Quellen keine Aussage über einen eventuell begrenzten Haftungsumfang der Einlagegesellschafter bei den Bergwerksgesellschaften treffen.

184

E. Zusammenfassung der Ergebnisse

10. Die Regelungen der Nürnberger Stadtrechtsreformationen, insbesondere die der Jahre 1479 und 1564, enthalten die Anordnung des Bestehens einer Verpflichtungswirkung rechtsgeschäftlichen Handelns einzelner Gesellschafter zu Lasten der übrigen und deren unbeschränkter Haftung mit ihrem gesamten Privatvermögen. Ergänzend finden sich auch in den Formulierungen dieser Reformationen Bezugnahmen auf „die Gesellschaft". Weitere Hinweise auf eine eigene Rechtspersönlichkeit der Gesellschaften, und damit eine Betrachtung als eigenes Verpflichtungsobjekt sind jedoch nicht feststellbar, so daß diese daher nur als weiteres Indiz für die bei den Saigergesellschaften festgestellte Tendenz einer zunehmend personifizierten Betrachtungsweise der Gesellschaften anzusehen sind. Hinsichtlich der Einlagegesellschafter enthält erst die Reformation Nürnbergs des Jahres 1564 die Regelung des Privileges Friedrich III. Anders als dort, ergibt sich aus der Bestimmung der Reformation hingegen eindeutig, daß die Haftung der Einlagegesellschafter dergestalt beschränkt ist, daß sich das Verlustrisiko der Höhe nach auf den Betrag der einmal gezahlten Einlagesumme beläuft. 11. Auch die Frankfurter des Jahres 1578 sowie die Lüneberger Stadtrechtsreformation 1577-1583 regeln das Bestehen einer Verpflichtungswirkung zu Lasten der Gesellschafter als Folge des rechtsgeschäftlichen Handelns einzelner und eine daraus folgende unbeschränkte solidarische Haftung mit dem gesamten Privatvermögen. In unterschiedlicher sprachlicher Anlehnung an das Privileg Friedrich III. von 1464, und mit entsprechend unterschiedlicher Aussagekraft zu genauem Inhalt und Ausgestaltung der Haftungsbeschränkung, beinhalten beide Stadtrechte auch eine Haftungsbeschränkungsregelung hinsichtlich der Gesellschafter mit Einlagen zu Gewinn und Verlust. 12. Ebenso enthalten das revidierte lübische Stadtecht von 1586 und das Hamburger von 1603 als solche des norddeutschen Wirtschaftsraumes der Hanse Regelungen, die das Bestehen einer Verpflichtungswirkung und einer darauf beruhenden unbeschränkten Haftung der Gesellschafter als Folge rechtsgeschäftlichen Handelns vorsehen. Beide Reformationen enthalten hingegen keine Vorschriften bezüglich Einlagegesellschaftern. 13. In den Kodifikationen der Zeit der Aufklärung wird das Bestehen einer Verpflichtungswirkung positiv rechtlich normiert. Dabei wird der römisch rechtliche Ansatz des Erfordernisses eines gemeinsamen Handelns der Gesellschafter für das Entstehen einer solchen Verpflichtungswirkung aufgegeben. Dieses wird in Vollzug des gemeinrechtlichen Ansatzes der Annahme des Bestehens einer „praeposito institoria" allerdings an das Vorliegen verschiedenartiger Kriterien geknüpft. So

E. Zusammenfassung der Ergebnisse findet sich im CMBC als ältester Kodifikation dieser Zeit noch das Erfordernis einer tatsächlichen Bestellung des Handelnden als Faktor, wo hingegen in den jüngeren Kodifikationen des ALR und ABGB bereits die tatsächliche Übertragung der Geschäftsbesorgung als für das Entstehen einer solchen Verpflichtungswirkung ausreichend normiert wird. Hinsichtlich Art und Umfang sehen alle Kodifikationen der Aufklärung für die Handelsgesellschaften, und darüber hinaus das A L R auch für die zivile Gesellschaft, eine unbeschränkte solidarische Haftung der Gesellschafter mit ihrem gesamten Privatvermögen vor. Das badische Landrecht und das ABGB regeln für diese zivilen Gesellschafter dagegen eine anteilsmäßige pro rata-Haftung. 14. Ohne daß dies in den Kodifikationen positiv rechtlich normiert ist, werden insbesondere die Handelsgesellschaften als eigene moralische Personen und damit rechtlich selbständige Verpflichtungsobjekte angesehen. Die damit entstehende Frage des Verhältnisses der Haftung der Gesellschafter zu der der Gesellschaft mit ihrem Gesellschaftsvermögen, als weiterem Verpflichtungs- und Haftungsobjekt, wird dahingehend gelöst, daß als primäres, vorranging in Anspruch zu nehmendes Haftungsobjekt die Gesellschaft mit ihrem Gesellschaftsvermögen angesehen wird. 15. Hinsichtlich der Haftung der Gesellschafter mit Einlagen zu Gewinn und Verlust wird die im Privileg Friedrich III. erstmalig festgelegte, und in den Stadtrechtsreformationen fortgeschriebene Haftungsbeschränkungsregelung in den Kodifikationen dahingehend konkretisiert, daß ein Verlust über die der Gesellschaft gezahlten Einlagemittel hinaus positiv ausgeschlossen wird. Mit dem Ausschluß von der Geschäftsführung und dem Nichtbekanntwerden der Person bilden sich dabei zwei neue, allerdings unterschiedlich verwendete und gewichtete Kriterien zur Anknüpfung der Haftungsbeschränkungsregelung heraus.

Gedruckte Quellen und Gesetzestexte1 1. Gesellschaftsverträge von Fernhandelsgesellschaften 8. Februar 1491 Gesellschaftsvertrag zwischen Wilhelm Weißhaupt, Hans Schreiber und Valentin Ditmar Druck: Lutz, Urkundsband, S. 9 ff. 18. August 1494 Gesellschaftsvertrag zwischen Ulrich, Georg und Jakob Fugger Druck: Jansen, Bd. 3, S. 263 ff. Ca. 1506 Gesellschaftsvertrag zwischen Georg Koler, Jörg Kress und Ambrosius von Saronno Druck: Lutz, Urkundsband, S. 21 ff. und (auszugsweise) Schulte, Mittelalterlicher Handel, S. 269-279 30. Dezember 1512 Erklärung von Jakob Fugger über die Aufnahme seiner vier Neffen Ulrich, Hieronymus, Raimund und Antonius in die Gesellschaft Druck: Jansen, Bd. 3, S. 289 ff. 1. Januar 1524 Gesellschaftsvertrag zwischen Ambrosius und Hans Höchstetter, Gebrüder Hans Ungelter, Franz Baumgartner, Ambrosius jr., Joseph und Johann Höchstetter Druck: Lutz, Urkundsband, S. 39 ff. 26. Juli 1527 Gesellschaftsvertrag zwischen Peter, Ludwig, Jeronimus, Simon, Endres, Gabriel und Linhart Imhoff Druck: Lutz, Urkundsband, S. 60 ff. 14. September 1532 Gesellschaftsvertrag zwischen Raymund, Anthon und Hieronimus Fugger Druck: Lutz, Urkundsband, S. 84 ff. 1. September 1540 Gesellschaftsvertrag zwischen Michael Behaim, Bernhardt Geisler, Jörg und Christoph Scheurl Druck: Lutz, Urkundsband, S. 116 ff.

1 Gedruckte Texte sind des weiteren unter dem Namen des Herausgebers im allgemeinen Literaturverzeichnis aufgeführt.

Gedruckte Quellen und Gesetzestexte

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5. Februar 1538 Erklärung Anton Fuggers über die Aufnahme seiner vier Neffen Hans Jakob, Georg, Christoff und Raymund Fugger in die Gesellschaft Druck: Lutz, Urkundsband, S. 104 ff. 10. Oktober 1547 Gesellschaftsvertrag zwischen Anthon Haug und Ulrich Linck Druck: Lutz, Urkundsband, S. 123 ff. 1. August 1548 Gesellschaftsvertrag der Gebrüder Christoph, Leonhart, Anthony und David Manlich Druck: Lutz, Urkundsband, S. 131 ff.

2. Gesellschaftsverträge von Bergwerksgesellschaften 4. Juli 1472 Gesellschaftsvertrag zwischen den Grafen Friedrich, Günter und Volrad von Henneberg und Mansfeld, dem Händler Gosse Koman, Heinrich Hagelken, Gerhard Hagk und dessen Frau Styne über den gemeinsamen Betrieb der Hütten Schwarza und Mansfeld Druck: Möllenberg, Urkundsband, S. 3 ff. 27. Mai 1502 Gesellschaftsvertrag der Teilhaber der Schmelzhütte bei Arnstadt Druck: Möllenberg, Urkundsband, S. 9 ff. 18. März 1524 Leutenberger Gesellschaftsvertrag Druck: Möllenberg, Urkundsband, S. 24 ff. 1. April 1532 Gesellschaftsvertrag zwischen Sigmund und Christof Fürer, Albrecht Letscher, Wilhelm Schlüsselfelder und Veit Wolkenstein (Saigerhütte Arnstadt) Druck: Kammerer, Anhang, S. 1 ff. 27. Februar 1536 Gesellschaftsvertrag zwischen den Grafen Hoyer und Philipp von Mansfeld mit Heinrich Scherl, Hieronymus Lotter, Hans Reinicke und Wilhelm Reiffenstein zum Zwecke der Betreibung eines Saigerhandeis der Hütte Luderstadt (Luderstadt I) Druck: Möllenberg, Urkundsband, S. 194 ff. 27. Februar 1536 Gesellschaftsvertrag zwischen den Grafen Hoyer und Philipp von Mansfeld mit Heinrich Scherl, Hieronymus Lotter, Hans Reinicke und Wilhelm Reiffenstein zum Zwecke der Betreibung eines Saigerhandeis der Hütte Luderstadt (Luderstadt II) Druck: Möllenberg, Urkundsband, S. 199 ff. 6. Februar 1537 Gesellschaftsvertrag der Grafen Philipp und Hoyer von Mansfeld mit Hans Reinicke und Wilhelm Reiffenstein der Saigerhandeisgesellschaft Steinach Druck: Möllenberg, Urkundsband, S. 216 f.

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Gedruckte Quellen und Gesetzestexte

12. März 1537 Gesellschaftsvertrag zwischen den Grafen Hoyer und Philipp von Mansfeld, Sigmund Fürer, Albrecht Letscher, Wilhelm Schlüsselfelder und Veit Wolkenstein (Saigerhütte Arnstadt) Druck: Kammerer, Anhang, S. 19 ff. 18. Dezember 1538 Gesellschaftsvertrag zwischen Hans Leonhart und Conrad Weber (Saigerhütte Grünthal) Druck: Kammerer, Anhang, S. 27 ff. ca. 5. September 1554 Erklärung von Claus Stalberg, Johann von Glauburg, Claus Bromm und Hans Geddern aus Frankfurt des Eintrittes als Prinzipalgesellschafter in die Steinacher Gesellschaft Druck: Möllenberg, Urkundsband, S. 368 f. 3. Privilege und Stadtrechtsreformationen Privileg Friedrich III. für die Stadt Nürnberg vom 23. Juni 1464 Druck: Bauer, Unternehmungen, Anhang, S. 127 ff. Die „Neuen Reformation der Stadt Nürnberg" von 1479 Druck: Köbler, S. 1 ff. „Verneuerte Nürnbergische Reformation von 1564" Druck: Woelkern, S. 1 ff. Erneuerte Reformation der Stadt Frankfurt am Main von 1564 Druck: Orth, S. 1 ff. Lüneburger Stadtrechtsreformation 1577-1583 Druck: Pufendorf, S. 624 ff. Revidiertes Lübisches Stadtrecht von 1586 Druck: Bunge, Rechtsquellen, S. 125 ff. Hamburger Stadtrecht von 1603 Druck: Der Stadt Hamburg Gerichtsordnung mit Statuta, Nachdruck nach einem Exemplar aus der Staats- und Universitätsbibliothek, Hamburg 1978 4. Kodifikationen und Kodifikationsentwürfe, Gesetzestexte Allgemeines Bürgerliches Gesetzbuch für die gesamten deutschen Erbländer der Oesterreichischen Monarchie, Wien o. J. Allgemeines Landrecht für die Preussischen Staaten von 1794 Code Napoléon mit Zusätzen und Handelsgesetzgebung als Landrecht für das Großherzogthum Baden, Karlsruhe 1809

Gedruckte Quellen und Gesetzestexte

189

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Die Frankfurter Reformation von 1578, Eine Studie zum Privatrecht der Rezeptionszeit, Weimar 1935, zit.: Coing, Reformation

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averzeichnis ADHGB 145, 153, 168 Aktiengesellschaft 26 Akzessoritätstheorie 21 Allgemeines Bürgerliches Gesetzbuch für die gesamten deutschen Erbländer der österreichischen Monarchie von 1811 - Civile Gesellschaft - Begriff 168 - Eigene Rechtspersönlichkeit der 169 - Haftung der Gesellschafter 168 f., 171 f. - Enstehungsgeschichte 167 f. - Geheime (Einlage) Gesellschafter - Begriff 175 - Eigene Rechtspersönlichkeit 175 - Haftung der Gesellschafter 175 f. - Handelsgesellschaften des - Begriff 167, 171 - Eigene Rechtspersönlichkeit der 171 - Haftung der Gesellschafter 171, 173 f. Allgemeines Landrecht für die preussischen Staaten von 1794 - Allgemeine Erwerbsgesellschaft 141 - als eigenes Rechtssubjekt 141 f. - Haftung der Gesellschafter 141, 145 f. - Besondere Gesellschaften (Handelsgesellschaften) des - als eigenes Rechtssubjekt 141 f. - Begriff 141 - Haftung der Gesellschafter 148 f. - Entstehungsgeschichte 139 f. - Monitas 140 f., 147

- Stille (Einlage-)Gesellschafter - Begriff 149 - Haftung 150 f. Arnstädter Gesellschaft von 1502 und 1528 100 f., 108 f. Arnstädter Gesellschaft von 1532 97 f., 108 f. Arrestverfahren 79, 73 Arzt-Paumgartner Auseinandersetzung 59 f. Außenhaftung 24 Badisches Landrecht von 1809 168, 176 - Allgemeine Erwerbsgesellschaft - Begriff 155 - Haftung der Gesellschafter 155 f. - Entstehungsgeschichte 154 f. - Offene Handelsgesellschaft - als eigenes Rechtssubjekt 157 f. - Begriff 155 - Haftung der Gesellschafter 157 f. - Vertraute Gesellschaft - Begriff 161 f. - eigene Rechtspersönlichkeit der 164 - Haftung der Gesellschafter 162 f. Basler-Handelsgesellschaften 45 f., 58, 67, 71, 101 BGB-Gesellschaft - Akzessorische Haftung 17, 19 f. - Rechtsnatur 17, 19 Code Civil 153, 159, 165 Code de Commerce 153 f., 165 f. Code Napoleon 154 f.

Sachverzeichnis Codex Maximilianeus Bavaricus Civilis von 1556 156 - Entstehung 135 - Gesellschafterhaftung 138 f. - Rechtsgeschäftliche Haftungsbegründung für Gesellschafter 136 f. Commenda 81 Consortium des römischen Rechtes 116 Depositum 27, 48, 98, 149 Entwurf des Codex Theresianus 167 - Entwurf eines allgemeinen Gesetzbuches für die preussischen Staaten von 1788 140 f. Entwurf eines Handelsgesetzbuches der Stadt Frankfurt am Main von 1811 - Begriff 165 - Gesellschaft mit Kapitalbeitrag - Begriff 166 - Haftung der Gesellschafter 166 f. - Gesellschaft unter vereinigtem Namen des 176 - Haftung der Gesellschafter 165 Erbengemeinschaft 44, 52, 68 Faktor 99, 123, 137, 139, 152 Fallitenordnung von 1734 51, 176 Fernhandelsgesellschaften 83 - Begriff 26 f. - Einlageformen 27 f. - Einleger zu Gewinn und Verlust - Begriff 28 f. - Gesellschafterstellung 28 f., 53 - Haftung 53 f., 60 f., 75 f. - Rechtsstellung 55 f. - Geschäftsführungsbefugnis 30 f., 40 - Gesellschafterstruktur 27 f. - Gesellschaftsverträge 29 f. - Hauptgesellschafter - Begriff 47 - Haftung 49 f., 63 f., 71 f. - Konkurse von 45, 50 f., 58 f., 69, 72 f.

201

- Vertretungsmacht 29, 30 f., 40, 42 - Vertretungsregelungen 29 f. Feuer- und Bergteilung von 1536 101 Frankfurter Stadtrechtsreformation 150 - von 1509 125 - von 1578 126 f. Fugger Vertrag - von 1494 30, 41, 65 - von 1512 und 1538 39, 65 - von 1532 37, 66 Gelegenheitsgesellschaft 80 Gemeines Recht 107, 135, 137 -Begriff 116 - Haftung der Gesellschafter 117 f. Gesamthands- Verbindlichkeiten

19

- vermögen 19 Gesamthandsgemeinschaft - Rechtsnatur 20 - Rechtssubjektivität der 20 Gesamthandsprinzip 85 Gesamthandsverhältnis 41, 65 Gesellschaft Eisfeld von 1549 102 Gesellschaftskapital 87 Gesellschaftsvermögen - als Haftungsobjekt 18 ff. Gewohnheitsrecht 44 Grünthaler Gesellschaft von 1538 97, 100, 111 f. Haftung - als Klassifizierungsmerkmal von Gesellschaftsformen 18, 43 - Begriff 20, 23 f. - bei den Personengesellschaften des HGBs 17,22 - bei der BGB-Gesellschaft 17, 19 f. - des Privatvermögens 23 - Norddeutsche Kaufleute 85 f. - persönliche 71 Haftungsbeschränkung 21, 43, 69 f., 93

202

Sachverzeichnis

Haftungsgrund 23 Haftungsobjekt - Gesellschafts vermögen 18, 19 f., 90 f., 93 f. - Privatvermögen 18, 19 f. Haftungsverfassung 43 Hamburger Stadtrecht von 1603 131 f. Handlungsbücher 80 f. Handlungsdiener 87 f. Haug Linck Vertrag von 1574 32, 42, 66 Hauptgut 122 Höchstedter-Ungelter-Baumgartner Vertrag von 1524 31,75,113 Imhof Vertrag von 1527 34 Josephinisches Gesetzbuch von 1887 167 Koler-Kress-Saronno Vertrag von 1506 35 Kommanditgesellschaft 28, 77, 161, 163 Kupferkaufund Verlagskontrakte 101 f., 113 f. Leutenberger Gesellschaft von 1524 100 f. Luderstedter Gesellschaft von 1536 100 f. Lübecker Oberhof 87, 89 Lübisches Stadtrecht von 1586 130 f. Lüneburger Stadtrechtsreformation von 1577 bis 1583 128 f., 150

- von 1522 und 1564 130

121 f., 126,

Offene Handelsgesellschaft 85, 145

44, 83,

Personengesellschaften des HGB s - Gesellschaftsvermögen 22 - Rechtsnatur 22 Pfändung 71, 74 Postglossatoren 117 Praeposito Institoria 69, 118 f., 133, 138, 156, 169, 178 Privileg Friedrich III. von 1464 135, 149, 150, 161, 162, 175, 178 - Anwendbarkeit bzgl. Saigerhandelsgesellschaften 109 f., 114 - Inhalt 47 f. - Inhalt bzgl. Einlagegesellschafterhaftung von Fernhandelsgesellschaften 54 f., 60, 69, 75 f. - Inhalt bzgl. Hauptgesellschafterhaftung von Fernhandelsgesellschaften 49 f. - Narratio 110 - Personenkreise 48, 77 - und Frankfurter Stadtrechtsreformation von 1578 127 f. - und Nürnberger Stadtrechtsreformation von 1564 123 f.

1472

Ravensburger Handelsgesellschaft 42 ff. Recht des Rates der Stadt Lübeck 91 Reformierte Stadtrechte 107, 112, 116 Regierer Verfassung 40 Rezeption des römischen Rechtes 115, 117

Naturrecht 134 f., 169 Niederstadtbuch der Stadt Lübeck 81 f. Nürnberger Stadtrechtsreformation 150 - v o n 1479 119

Saigerbergbau 25 Saigerhandelsgesellschaften 25, 95 f., 121 - als Kapitalassoziation 106 f., 110 f. - als Rechtsperson 105 f.

Manlich Vertrag von 1584 30 Mansfelder Gesellschaft von 99 f., 111 f.

203

Sachverzeichnis - Begriff 96 - Beteiligung zu Gewinn und Verlust 97 f. - Bilanzverschleierung 104 - Dividenden versprechen 104 - Haupt- und Handelsgut 106 - Haftung der Einlagesellschafter 108 f., 113 f. - Haftung der Prinzipalgesellschafter 98 f. - Konkursverfahren 104 f., 110, 112 f. - Prinzipalgesellschafter 96, 98 f. Saigerverfahren 95, 99 Scheurl-Behaim-Geisler Vertrag von 1540 36,66 Schuldhaft 72 Schuldverpflichtung, gesamthänderische 86 Scolaris 86 Segeberger Kodex 84, 86, 90 f., 91, 130 - Aussage bzgl. Gesellschafterhaftung 92 f. - Enstehungszeit 91 Sendeve 81 Societas des römischen Rechtes 116

Societas Omnium Bonorum 68, 116 f., 133, 136, 137 Société en Commandite 151 Stadtrechtsreformationen 42, 141, 149, 151, 161, 175, 178 Steinacher Gesellschaft von 1537 und 1553 100 f. Stille Gesellschaft 28, 151 Theorie der DoppelVerpflichtung 21 Trennungsprinzip

18 f.

Urentwurf des ABGB von 1798 167 f. Verlusttragungs- und pflichtung 113 Verpfändung 87

Nachschußver-

Weißhaupt-Schreiber-Dietmar von 1491 33, 42, 64, 70

Vertrag

Westgalizisches Gesetzbuch 167 Widerlegung 81 Zwangsvollstreckung 71 f.