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German Pages 1007 [1020] Year 2008
MOMME MOMMSEN D I E E N T S T E H U N G YON G O E T H E S W E R K E N BAND IV B e g o n n e n am I N S T I T U T FÜR D E U T S C H E S P R A C H E UND L I T E R A T U R DER D E U T S C H E N A K A D E M I E DER W I S S E N S C H A F T E N ZU B E R L I N f o r t g e f ü h r t und h e r a u s g e g e b e n von K A T H A R I N A MOMMSEN u n t e r den Auspizien der MOMMSEN FOUNDATION FOR THE ADVANCEMENT OF G O E T H E R E S E A R C H
P R O J E K T B E R A T U N G UND
GESCHÄFTSFÜHRUNG
David Pike Geschäftsfiihrender Direktor der Mommsen
WISSENSCHAFTLICHE
Foundation
MITARBEITER
Safia A z z o u n i • H e i n z H a m m • Uwe H e n t s c h e l • Shu C h i n g Ho • Paul Kahl • Peter Ludwig • Ute Maack • C h r i s t o p h Michel • Angelika Reimann • Manfred Wenzel • Margrit Wyder
DIE ENTSTEHUNG VON GOETHES WERKEN IN DOKUMENTEN
B e g r ü n d e t von MOMME MOMMSEN F o r t g e f ü h r t und h e r a u s g e g e b e n von KATHARINA MOMMSEN Redaktion PETER LUDWIG und UWE HENTSCHEL
BAND IV ENTSTEHEN — FARBENLEHRE
2008 WALTER D E G R U Y T E R • B E R L I N • NEW Y O R K
© Gedruckt auf säurefreiem Papier, das die US-ANSI-Norm über Haltbarkeit erfüllt. ISBN 978-3-11-020307-3 Bibliografische
Information
der Deutschen
Nationalbibliothek
Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte biblio grafische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar. © Copyright 2008 by Walter de Gruyter GmbH & Co. KG, D-10785 Berlin. Dieses Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlages unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Ubersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Printed in Germany
Satz: pagina GmbH, Tübingen Druck und buchbinderische Verarbeitung: Hubert & Co., Göttingen
INHALTSÜBERSICHT Vorwort
IX
Abkürzungs- und Siglenverzeichnis Zur Benutzung 276. Entstehen des Aufsatzes über Metamorphose der Pflanzen
X XX 1
Entstehung der biographischen Annalen. 1823 siehe: Archiv des Dichters und Schriftstellers, siehe: Lebensbekenntnisse im Auszug, siehe: Selbstbiographie. 277. Uber die Entstehung der zweiundzwanzig Blätter meiner Handzeichnungen . . . .
2
278. Uber die Entstehung des Festspiels zu Ifflands Andenken
3
Entstehung unorganischer Formen siehe: Neigung des Materiellen, sich zu gestalten. 279. Entwurf einer Ausstellungsschrift 280. Entwurf einer Vorrede zu Knebels Lucrez-Übersetzung 281. Entwurf zu einem Aufsatz über neuere Kunst
4 6 15
Entwurf zu einer Anzeige der Propyläen. Dritten Bandes Erstes Stück, Tübingen bei Cotta 1800 siehe: Propyläen. Entwürfe zu einem Aufsatz über den Weinbau siehe: Über den Weinbau. 282. Ephemerides
15
Epilog. Gesprochen den 11. Juni 1792 siehe: Theaterreden. Epilog. Gesprochen von Demoiselle Neumann siehe: Theaterreden. Epilog zu Gotters ,Vasthi' siehe: Theaterreden. Epilog zu Schillers Glocke siehe: Theaterreden. Epilog zu Shakespeares Julius Cäsar siehe: Theaterreden. Epilog zum Trauerspiele Essex, im Charakter der Königin siehe: Theaterreden. 283. Des Epimenides Erwachen
16
284. Des Epimenides Erwachen [Anzeige]
106
285. Ueber epische und dramatische Dichtung von Goethe und Schiller
107
Epistel an Herrn Oser siehe: Frankfurter gelehrte Anzeigen. 286. Epoche der forcirten Talente
129
287. Epoche der genialen Anmaßung
129
VI
INHALTSÜBERSICHT
288. Epochen bei der Weltbildung 289. Epochen der Gesteinsbildung Epochen des Weimarischen Theaters siehe: Weimarisches Theater. 290. Epochen deutscher Literatur 291. Epochen geselliger Bildung Erfahrung und Wissenschaft siehe: Das reine Phänomen. 292. Erfinden und Entdecken 293. Zur Erinnerung des Städelschen Gabinets 294. Erklärung der zu Goethes Farbenlehre gehörigen Tafeln Erklärung die Entscheidungen bei den Weimarischen Kunstausstellungen betreffend siehe: Weimarische Kunstausstellungen und Preisaufgaben. Erklärung eines alten Holzschnittes siehe: Theaterreden. 295. Erklärung in Lavaters Namen 296. Erklärung über Heinrich Leopold Wagner: Prometheus, Deukalion und seine Recensenten 297. Erklärung und Bitte 298. Erläuterung zu dem aphoristischen Aufsatz „Die Natur" Die erleuchteten Zeiten; oder Betrachtung über den gegenwärtigen Zustand der Wissenschaften ... siehe: Frankfurter gelehrte Anzeigen. 299. Eröffnung des Weimarischen Theaters Erratische Blöcke siehe: Gespräch über die Bewegung von Granitblöcken durch Gletscher. 300. Erschwerter botanischer Lehrvortrag 301. Erste Bekanntschaft mit Schiller 302. Die erste Lieferung der Taschenausgabe von Goethe's Werken 303. Erste Rezension Erste Versuche mit Herrn Gildemeister wegen des Nicht Unterscheidens der Farben siehe: Von Personen, welche gewisse Farben nicht unterscheiden können. Die ersten Erzeugnisse der Stotternheimer Saline, überreicht zum 30. Januar 1828 siehe: Maskenzüge. 304. Erster Entwurf einer allgemeinen Einleitung in die vergleichende Anatomie, ausgehend von der Osteologie 305. Erwin und Elmire [I] ein Schauspiel mit Gesang 306. Erwin und Elmire [II]. Ein Singspiel 307. Erzählung Eschenburg: Versuch über Shakespeares Genie und Schriften siehe: Frankfurter gelehrte Anzeigen. Eschenburg: Vorlesungen über die Malerei siehe: Füeßli, Vorlesungen über die Malerei. Aus dem Englischen von Joh. Joachim Eschenburg 308. Eschwege: Auszug eines Schreibens 309. Eschwege: Geognostisches Gemälde von Brasilien Essais sur le Caractère, les Moeurs et l'Esprit des femmes dans les différens Siècles ... siehe: Frankfurter gelehrte Anzeigen. Essex siehe: Theaterreden. Eunomia von Dr. Karl Iken. Drei Bände. Grimma 1827 siehe: Iken.
130 139 151 152 153 155 155
161 163 168 169
170
175 179 179 183
183 191 204 210
210 212
INHALTSÜBERSICHT
VII
310. Euripides: Die Bacchantinnen des Euripides
215
311. Euripides: Phaethon [I], Tragödie des Euripides
219
312. Euripides: Zu Phaethon [II] des Euripides
227
313. Euripides Phaethon [III]
227
314. Euripides: Zum Kyklops des Euripides
231
Ewald: Der Fall der ersten Menschen. Ein Drama ... siehe: Frankfurter gelehrte Anzeigen. Ewald: Oden von Ewald siehe: Frankfurter gelehrte Anzeigen. Ewald: Rolf Krage, ein Trauerspiel ... siehe: Frankfurter gelehrte Anzeigen. 315. Der Ewige Jude
235
Das Experimentum crucis ... siehe: Farben bei der Refraktion. 316. Die Externsteine
241
Fabeln siehe: Labores juveniles. Fables ou allégories philosophiques siehe: Frankfurter gelehrte Anzeigen. 317. Fahrt nach Pograd
244
318. Der Falke
246
Der Fall der ersten Menschen. Ein Drama ... siehe: Frankfurter gelehrte Anzeigen. Fälle, in welchen das erleuchtete (helle) Bild größer erscheint siehe: Schemas, Ausdehnung des. 319. Falstaff
247
Farbe als Erscheinung siehe: Einleitung, Zur [II]. 320. Farben bei der Refraktion
248
321. Farben, Das Allgemeinste über
249
322. Farben des Himmels
250
323. Farbenerscheinung, Brechung ohne
253
324. Uber die Farbenerscheinungen, die wir bei Gelegenheit der Refraktion gewahr werden
254
325. Zur Farbenlehre
255
326. Farbenlehre der Alten
981
Abbildungen
983
VORWORT Auch dieser Band bietet überraschende Einblicke in die Werkstatt eines Universalgenies, dessen Interessen und Schaffensbereiche sich von der griechischen und römischen Antike bis zur eigenen Epoche über alle Kunst- und Wissensgebiete erstreckten. Als ein Impulse Empfangender und Gebender bezog Goethe auch die neusten naturwissenschaftlichen Entwicklungen in seine eigenen Forschungen ein. Dabei konnten Kontroversen nicht ausbleiben, zumal auf dem Gebiet der Farbenlehre, die er als sein Hauptwerk betrachtete. Warum, das bekunden die hier vorgelegten Zeugnisse, die seine jahrzehntelangen passionierten Bemühungen auf diesem Lieblingsgebiet zeigen. Dem großen Artikel zur Farbenlehre verdankt der Band auch seinen ungewöhnlichen Umfang. Für das kollegiale Entgegenkommen, die Forschungsergebnisse des Bandes der Leopoldina-Ausgabe zur Farbenlehre nach 1810 schon vor dessen inzwischen erfolgter Veröffentlichung verwenden zu dürfen, gebührt besonderer Dank Frau Prof. Dr. Dorothea Kuhn und Herrn Dr. Thomas Nickol. Den Kolleginnen und Kollegen von der Klassik Stiftung Weimar sind wir für hilfreiche Auskünfte aller Art verbunden, den Sponsoren der Mommsen Foundation und der Alexander von Humboldt-Stiftung für finanzielle Unterstützung. Das in der Einleitung zum dritten Band angekündigte Personenverzeichnis steht elektronisch zur Verfügung. Gegenüber der gedruckten Form hat das von Uwe Hentschel erarbeitete, auf eine Datenbank gestützte Register den Vorteil, durch laufend hinzukommende Informationen auch für die künftigen Bände den jeweils aktuellen Stand zu bringen. Darüber hinaus bietet es die Möglichkeit sehr flexibler Verwendung und verschiedenartigster Verknüpfungen mit anderen wichtigen Teilen des EGW-Projekts, die im Laufe der Zeit erarbeitet werden sollen. So können die Benutzer unvergleichlich größeren Gewinn aus diesem elektronischen als jedem gedruckten Personenverzeichnis ziehen. Es findet sich im Internet unter: www.egw.unc.edu Katharina Mommsen
A B K Ü R Z U N G S - UND S I G L E N V E R Z E I C H N I S 1 ) A = Goethe's Werke. Bd 1-13. Tübingen, in der J. G. Gotta'schen Buchhandlung. 1806-10. A A - D r a m e n u n d d r a m a t i s c h e S z e n e n vor der J a h r h u n d e r t w e n d e = Werke Goethes. Hsg. von der Deutschen Akademie der Wissenschaften zu Berlin unter Leitung von Ernst Grumach [Akademie-Ausgabe]. Dramen und dramatische Szenen vor der Jahrhundertwende (1788-1799). 2 Teile. Bearb. v. Ilse-Marie Kümmel. Berlin 1958. AA-DuW = Goethe. Aus meinem Leben. Dichtung und Wahrheit. Historisch-kritische Ausgabe bearb. von Siegfried Scheibe. Hsg. von der Deutschen Akademie der Wissenschaften zu Berlin [Akademie-Ausgabe]. Bd 1: Text. Berlin 1970. Bd 2: Überlieferung, Variantenverzeichnis und Paralipomena. Berlin 1974. AA-Epen = Werke Goethes. Hsg. von der Deutschen Akademie der Wissenschaften zu Berlin unter Leitung von Ernst Grumach [Akademie-Ausgabe]. Epen. Bearb. v. Siegfried Scheibe. Bd 1: Text. Berlin 1958. Bd 2: Uberlieferung, Varianten und Paralipomena. Berlin 1963. AA-SL = Goethe. Schriften zur Literatur. Historisch-kritische Ausgabe. Hsg. von der Deutschen Akademie der Wissenschaften zu Berlin (ab Bd 3: hsg. von der Akademie der Wissenschaften der DDR), bearb. von Edith Nahler u.a. 7 Bde. Berlin 1970-82. ALZ = Allgemeine Litteratur-Zeitung. Hsg. von Christian Gottfried Schütz. Jena 1785-1803 (ab 1804: Halle); s. auch JALZ. A u s der J e n a e r B i b l i o t h e k = Entleihung aus der Universitätsbibliothek in Jena; zitiert nach —> Bulling. A u s d e r J e n a e r S c h l o ß b i b l i o t h e k = Entleihung aus der Schloßbibliothek in Jena; hier zitiert nach —> B u l l i n g . A u s der Weimarer B i b l i o t h e k = Entleihung aus der Herzoglichen (Großherzoglichen) Bibliothek in Weimar; hier zitiert nach —> K e u d e l l . B = Goethe's Werke. Bd 1-20. Stuttgart u. Tübingen, in der J. G. Gotta'schen Buchhandlung. 1815-19. B G = Goethe: Begegnungen und Gespräche. Begr. von Ernst Grumach und Renate Grumach. Hsg. von Renate Grumach. Bd lflg. Berlin 1965 flg. B i e d e r m a n n = Goethes Gespräche. Gesamtausgabe. Neu hsg. von Flodoard Frhr. von Biedermann unter Mitwirkung von Max Morris, Hans Gerhard Gräf und Leonhard L. Mackall. Bd 1-5. Leipzig 1909-11. (Goethes Gespräche. Begr. von Woldemar Frhr. von Biedermann. 2. durchges. und stark vermehrte Aufl.)
Das Verzeichnis enthält die in diesem Band verwendeten Abkürzungen und Siglen. Aus Gründen der Einheitlichkeit wurden bereits in EGW 1-3 verwendete Abkürzungen und Siglen unverändert beibehalten.
ABKÜRZUNGS- UND SIGLENVERZEICHNIS
XI
B o d e = Goethe in vertraulichen Briefen seiner Zeitgenossen. Zusammengestellt von Wilhelm Bode. Quellennachweis, Textrevision und Register: Regine Otto. Anmerkungen: Paul-Gerhard Wenzlaff. Bd 1: 1749-1793; Bd 2: 1794-1816; Bd. 3: 1817-1832. Berlin und Weimar 1979. B o i s s e r e e = Sulpiz Boisseree. [Hsg. von Mathilde Boisseree.] Bd 1. 2. [Bd 2: Briefwechsel mit Goethe.] Stuttgart 1862. B r = Goethes Werke. Hsg. im Auftrage der Großherzogin Sophie von Sachsen. 4. Abtheilung: Briefe. Bd 1-50. Weimar, Hermann Böhlau. 1887-1912; ergänzt durch: Nachträge und Register zur IV. Abteilung: Briefe. Hsg. von Paul Raabe. 3 Bde (= Br 51-53). München 1990. B r a t r a n e k = Goethe's Naturwissenschaftliche Correspondenz. (1812-1832). Im Auftrage der von Goethe'schen Familie hsg. von F. Th. Bratranek. Bd 1. 2. Leipzig 1874. (Neue Mittheilungen aus Johann Wolfgang von Goethe's handschriftlichem Nachlasse. Th. 1. 2. Goethe's naturwissenschaftliche Correspondenz.) B r a u e r = Kurt Brauer: Goethes Briefwechsel mit Wackenroder. In: Studien zur Geschichte der Chemie. Festgabe Edmund O. v. Lippmann. Hsg. von Julius Ruska. Berlin 1927, 157-75. B r a u n = Goethe im Urtheile seiner Zeitgenossen. Zeitungskritiken, Berichte, Notizen, Goethe und seine Werke betreffend, aus den Jahren 1773-1786 (1787-1801. 1802-1812), gesammelt und hsg. von Julius W. Braun. Eine Ergänzung zu allen Ausgaben von Goethes Werken. Berlin 1883-85. (Schiller und Goethe im Urtheile ihrer Zeitgenossen ... Zweite Abtheilung: Goethe. Bd 1-3) [Nachdruck Hildesheim 1969]. B r a u n b e h r e n s = J. F. Reichardt - J. W. Goethe: Briefwechsel. Hsg. und kommentiert von Volkmar Braunbehrens u. a. Weimar 2002. B r i e f e an C o t t a 1 = Briefe an Cotta. Das Zeitalter Goethes und Napoleons 1794-1815. Hsg. von Maria Fehling. Stuttgart u. Berlin 1925. B r i e f e an J e a n P a u l 3 = Jean Pauls Sämtliche Werke. Historisch-kritische Ausgabe. Im Auftrag der Preußischen Akademie der Wissenschaften begr. und hsg. von E. Berend. 4. Abt.: Briefe an Jean Paul. Hsg. von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften durch N. Miller. Bd 3: Briefe an Jean Paul 1797-1799. Hsg. von Angela Goldack [im Druck]. B r i e f r e p e r t o r i u m = Johann Wolfgang Goethe. Repertorium sämtlicher Briefe 1764-1832. Hsg. von der Stiftung Weimarer Klassik und Kunstsammlungen Goethe- und Schiller-Archiv. Bearb. von Elke Richter unter Mitarbeit von Andrea Ehlert, Susanne Fenske, Eike Küstner und Katharina Mittendorf. Begründet von Paul Raabe an der Herzog August Bibliothek Wolfenbüttel. http://ora-web.swkk.de: 7777/swk-db/goerep/index.html. B r ü g g e n - S u d h o f = Friedrich Heinrich Jacobi. Briefwechsel. Gesamtausgabe. Hsg. von Michael Brüggen u. Siegfried Sudhof. Stuttgart-Bad Cannstatt 1981 flg. B u l l i n g = Goethe als Erneuerer und Benutzer der jenaischen Bibliotheken. Von Karl Bulling. Gedenkgabe der Universitätsbibliothek Jena zu Goethes 100. Todestag. Jena 1832. (Claves Jenenses. Veröffentlichungen der Universitätsbibliothek Jena. Hsg. von Theodor Lockemann. H. 2.) [Reprint Leipzig 1982; zusammengeb. mit Keudell]. B u r k h a r d t I = Das Repertoire des Weimarischen Theaters unter Goethes Leitung 1791-1817. Bearbeitet und hsg. von C. A. H. Burkhardt. Hamburg u. Leipzig 1891. (Theatergeschichtliche Forschungen. Hsg. von Berthold Litzmann. I.) B u r k h a r d t II = C. A. H. Burkhardt: Zur Kenntniß der Goethe-Handschriften. II. Chronologisches Verzeichniß der Dictat-Arbeiten und Reinschriften. Wien 1899. (Beilage zum XIV. Bande der Chronik des Wiener Goethe-Vereins. Nr. 7. 8.) C 1 = Goethe's Werke. Vollständige Ausgabe letzter Hand. Unter des durchlauchtigsten deutschen Bundes schützenden Privilegien. [Taschenausgabe.] 60 Bde und Registerbd. Stuttgart u. Tübingen, in der J. G. Cotta'schen Buchhandlung. 1827-42. [Bd 1 - 4 0 : 1827-30. Bd 4 1 - 5 5 : 1832-34. Registerbd: 1835. Bd 5 6 - 6 0 : 1842. - Bd 4 1 - 6 0 unter dem Haupttitel: Nachgelassene Werke.]
XII
ABKÜRZUNGS- UND SIGLENVERZEICHNIS
C A = Goethe. Gesamtausgabe der Werke und Schriften. 22 Bde. Stuttgart: J. G. Cotta 1949-1969. C G = Corpus der Goethezeichnungen. Hsg. von Gerhard Femmel u. a. Bd. I-VII (in zehn). Leipzig 1958-73 (2. Aufl. München 1972-81). C h a r l . Schiller - K n e b e l = Briefe von Schillers Gattin an einen vertrauten Freund. Hsg. von Heinrich Düntzer. Leipzig 1856. C h a r l o t t e Schiller = Charlotte von Schiller und ihre Freunde. [Hsg. von L. Urlichs.] 3 Bde. Stuttgart 1860-65. C h r o n W G V = Chronik des Wiener Goethe-Vereins. Wien 1886 flg. C o n v e r s a t i o n s = Frédéric Soret. Conversations avec Goethe. Documents présentés par A. Robinet de Cléry. Edition originale. Paris 1832. D = Druckangaben, am Kopf der einzelnen Artikel. Der F r e i m ü t h i g e = Der Freimüthige oder Ernst und Scherz. Ein Unterhaltungsblatt. Hsg. von August von Kotzebue u. Garlieb Merkel. Berlin 1804-06. D e u t s c h e R e v u e = Deutsche Revue über das gesamte nationale Leben der Gegenwart. Hsg. von Richard Fleischer. Breslau 1875 flg. [In Jg. 11 (1886) 1. 2. 4. Quartal und Jg. 12 (1887) 1. 3. 4. Quartal: Aus den Tagebüchern Riemers, des vertrauten Freundes von Goethe. Mitgeteilt von Robert Keil.] D ö b l i n g = Hugo Döbling: Die Chemie in Jena. Jena 1928. D u W = Dichtung und Wahrheit (als Kürzel in erläuterndem Hsg.-Text; Zitatgrundlage —> AADuW). E = Kurzangaben über Entstehungszeit, am Kopf der einzelnen Artikel. E D = Erstdruck E G W = Mommsen. Die Entstehung von Goethes Werken. Bd 1 flg. Berlin 1958 flg. E x . = Exemplar(e) FA = J. W. Goethe. Sämtliche Werke. Briefe, Tagebücher und Gespräche. [Frankfurter Ausgabe]. Hsg. von Friedmar Apel u. a. 40 Bde. in 2. Abt. Frankfurt a. M. 1985-99. F D H = Freies Deutsches Hochstift. Frankfurt a. M. F g A = Frankfurter gelehrte Anzeigen vom Jahr 1772. Frankfurt am Mayn bey den Eichenbergischen Erben. - Neudruck durch Bernhard Seuflert. Heilbronn 1882. (Deutsche Litt.-Denkm. Nr. 7 u. 8.) F L = Zur Farbenlehre. F l o e c k = Briefe des Dichters Friedrich Ludwig Zacharias Werner. Mit einer Einführung hsg. von Oswald Floeck. 2 Bde. München 1914. F r ä n k e l = Goethes Briefe an Charlotte von Stein. Hsg. von Jonas Fränkel. Umgearb. Neuausg. Bd 1-3. Berlin 1960-62. F r e d e : G o e t h e , der S a m m l e r = Lothar Frede: Goethe, der Sammler. Ein Essay. Köln, Berlin 1969. G = Johann Wolfgang (v.) Goethe. G a l l a t i = F. Soret und Goethe: nach Sorets unveröffentlichten Korrespondenzen mit seinen Angehörigen in Genf. Hsg. von Ernst Gallati. Bern 1980. G - C h r i s t i a n e = Goethes Briefwechsel mit seiner Frau. Hsg. von Hans Gerhard Gräf. 2 Bde. Frankfurt a. M. 1916 [Nachdruck Frankfurt a. M. 1989]. G - C o t t a = Goethe und Cotta. Briefwechsel 1797-1832. Textkritische und kommentierte Ausgabe in drei Bänden [in 4]. Hsg. von Dorothea Kuhn. Stuttgart 1979-83. g D = unter gleichem Datum.
ABKÜRZUNGS- UND
XIII
SIGLENVERZEICHNIS
G - D ö b e r e i n e r = Briefwechsel zwischen Goethe und Johann Wolfgang Döbereiner ( 1 8 1 0 - 1 8 3 0 ) . Hsg. und erl. von Julius Schiff. Weimar 1914. G e l l e r = Hans Geller: Carl Ludwig Kaaz. Landschaftsmaler und Freund Goethes. Berlin 1961.
1773-1810.
G e r l a c h - S t e r n k e = Karl August Böttiger. Literarische Zustände und Zeitgenossen. Begegnungen und Gespräche im klassischen Weimar. Hsg. von Klaus Gerlach und René Sternke. 2. Aufl. Berlin 1998. G G = Goethes Gespräche. Eine Sammlung ... auf Grund der Ausgabe und des Nachlasses von Flodoard Freiherrn von Biedermann ergänzt und hsg. von Wolfgang Herwig. Bd 1 - 5 (in 6). Zürich u. Stuttgart (Bd 1 - 3 ) , Zürich u. München (Bd 4 - 5 ) 1 9 6 5 - 8 7 . G - G r ü n e r I = Briefwechsel und mündlicher Verkehr zwischen Goethe und dem Rathe [Joseph Sebastian] Grüner. Leipzig 1853. G - G r ü n e r I I = Goethes Briefwechsel mit Joseph Sebastian Grüner und Joseph Stanislaus Zauper ( 1 8 2 0 - 1 8 3 2 ) . Hsg. von August Sauer. Mit Einl. von Josef Nadler. Prag 1917. (Bibliothek deutscher Schriftsteller aus Böhmen. 17.) G - H u m b o l d t = Goethes Briefwechsel mit Wilhelm und Alexander von Humboldt. Hsg. von Ludwig Geiger. Berlin 1909. G - J a c o b i = Briefwechsel zwischen Goethe und Friedrich Heinrich Jacobi. Hsg. von Max Jacobi. Leipzig 1846 G J b = Goethejahrbuch. Weimar 1880 flg. [Generalsigle mit durchgehender Jahreszählung anstelle der bisherigen Siglierung und Zählung nach Serien. Umfaßt folgende Serien: 1. Goethe-Jahrbuch. Hsg. von Ludwig Geiger. Bd 1 - 3 4 und 3 Registerbde. Frankfurt a. M. 1 8 8 0 - 1 9 1 3 . 2. Jahrbuch der Goethe-Gesellschaft. Im Auftrage des Vorstandes hsg. von Hans Gerhard Gräf (Bd 10 flg. von Max Hecker). Bd 1 - 2 1 und 1 Registerbd. Weimar 1 9 1 4 - 3 5 . 1936. 3. Goethe. Vierteljahresschrift (Bd 3 flg. Viermonatsschrift) der Goethe-Gesellschaft. Neue Folge des Jahrbuchs. Unter Mitw. von ... hsg. von Hans Wahl. (Bd 10 flg. Goethe. Neue Folge des Jahrbuchs der Goethe-Gesellschaft. Im Auftrage des Vorstands hsg. von Hans Wahl; Bd 11 von Hans Wahl und Andreas B. Wachsmuth; Bd 12 flg. von Andreas B. Wachsmuth.) Bd 1-9. Weimar 1 9 3 6 - 4 4 . 4. Goethe. Neue Folge des Jahrbuchs der Goethe-Gesellschaft. Bd 10-30. Weimar 1 9 4 7 - 1 9 6 8 . 5. Goethe-Jahrbuch (Zählung nach der Gesamtfolge). Weimar 1969 flg.] G - K n e b e l = Briefwechsel zwischen Goethe und [Carl Ludwig von] Knebel 1 7 7 4 - 1 8 3 2 . [Hsg. von Gottschalk Eduard Guhrauer.] Bd 1. 2. Leipzig 1851. G l ü c k l i c h e s E r e i g n i ß 1 9 9 5 = Glückliches Ereigniß. Die Begegnung zwischen Goethe und Schiller bei der Tagung der Naturforschenden Gesellschaft in Jena am 20. Juli 1794. Mit Beiträgen von Jochen Golz, Helmut Brandt u. Klaus Manger. Marbach am Neckar 1995. G M D = Goethe-Museum. Düsseldorf. Anton- und Katharina-Kippenberg-Stiftung. G N = Günther Schmid. Goethe und die Naturwissenschaften. Eine Bibliographie. Halle 1940. G N M = Goethe-Nationalmuseum. Weimar. G ö c h h a u s e n = Die Göchhausen. Briefe einer Hofdame aus dem klassischen Weimar. Zum ersten Male gesammelt und herausgegeben von Werner Deetjen. Berlin 1923. G r ä f I = Goethe über seine Dichtungen. Versuch einer Sammlung aller Äußerungen des Dichters über seine poetischen Werke von Hans Gerhard Gräf. Erster Theil: Die epischen Dichtungen. Bd 1. 2. Frankfurt a. M. 1 9 0 1 - 0 2 [Reprint Darmstadt 1967], G r ä f I I = Goethe über seine Dichtungen ... von Hans Gerhard Gräf. Zweiter Theil: Die dramatischen Dichtungen. Bd 1 - 4 . Frankfurt a. M. 1 9 0 3 - 0 8 [Reprint Darmstadt 1967]. G r ä f I I I = Goethe über seine Dichtungen ... von Hans Gerhard Gräf. Dritter Theil: Die lyrischen Dichtungen. Bd 1. 2. Frankfurt a. M. 1 9 1 2 - 1 4 . G - R e i n h a r d = Goethe und [Carl Friedrich Graf] Reinhard: Briefwechsel in den 1 8 0 7 - 1 8 3 2 . Mit einer Vorrede des Kanzlers Friedrich von Müller. Wiesbaden 1957.
Jahren
XIV
ABKÜRZUNGS- UND SIGLENVERZEICHNIS
G r i s e b a c h = Schopenhauer's Briefe an Becker, Frauenstädt, v. Voß, Linder und Asher, sowie andere, bisher nicht gesammelte Briefe aus den Jahren 1813 bis 1860 hsg. von Eduard Grisebach. Leipzig [1894]. G - R o c h l i t z = Goethes Briefwechsel mit Friedrich Rochlitz. Hsg. von Woldemar Frhn. von Biedermann. Leipzig 1887. G r o s c h e = Stefan Grosche: Zarten Seelen ist gar viel gegönnt. Naturwissenschaft und Kunst im Briefwechsel zwischen G. G. Garus und Goethe. Göttingen 2001. G r a m a c h = Ernst Grumach: Goethe und die Antike. Eine Sammlung. Bd. 1. 2. Berlin 1949. G S A = Goethe- und Schiller-Archiv. Weimar. G - S a r t o r i u s = Goethes Briefwechsel mit Georg und Caroline Sartorius (von 1801-1825). Mit 15 neuen Goethe-Briefen und vielen anderen unbekannten Dokumenten aus der Goethezeit. Hsg. und bearb. von Else von Monroy. Weimar 1931. G - S c h u l t z = Briefwechsel zwischen Goethe und Staatsrath [Christoph Friedrich Ludwig] Schultz. Hsg. und eingel. von Heinrich Düntzer. Neue Ausgabe. Leipzig 1856. G - S t e r n b e r g = Briefwechsel zwischen Johann Wolfgang von Goethe und Kaspar Graf von Sternberg. (1820 bis 1832.) Hsg. von August Sauer. Prag 1902. (Bibliothek Deutscher Schriftsteller aus Böhmen. 13.) G T = Johann Wolfgang Goethe. Tagebücher. Historisch-kritische Ausgabe. Im Auftrag der Stiftung Weimarer Klassik hsg. von Jochen Golz unter Mitarbeit von Wolfgang Albrecht, Andreas Döhler u. Edith Zehm. Stuttgart. Weimar 1998 flg. G - T r e b r a = Walther Herrmann. Goethe und Trebra. Freundschaft und Austausch zwischen Weimar und Freiberg. Berlin 1955. (Freiberger Forschungshefte. D 9.) G - Z a u p e r = Goethes Briefwechsel mit Joseph Sebastian Grüner und Joseph Stanislaus Zauper (1820-1832). Hsg. von August Sauer. Mit Einl. von Josef Nadler. Prag 1917. (Bibliothek deutscher Schriftsteller aus Böhmen. 17.) H = Handschrift (im krit. Apparat; sonst: Hs./Hss.). H A A B = Herzogin Anna Amalia Bibliothek. Weimar. H A - B a G = Briefe an Goethe. Hamburger Ausgabe. Hsg. von Karl Robert Mandelkow. Bd 1 - 2 . [3. Aufl.] Hamburg 1988. H a g e n = Die Drucke von Goethes Werken. Bearb. von Waltraud Hagen. 2., durchges. Aufl. Berlin 1971. H a m m 1 9 9 8 = Heinz Hamm: Goethe und die französische Zeitschrift Le Globe. Eine Lektüre im Zeichen der Weltliteratur. Weimar 1998. H e i n s e = Wilhelm Heinse. Sämmtliche Werke. Hsg. von Carl Schüddekopf. 10 Bde. Leipzig 1903-1925. H e i t m ü l l e r = Aus dem Goethehause. Briefe Fried. Wilh. Riemers an die Familie Frommann in Jena. (1803-1824.) Nach den Originalen hsg. von Ferdinand Heitmüller. Stuttgart 1892. H e m p e l 1 = Goethe's Werke. Nach den vorzüglichsten Quellen revidirte Ausgabe. Th. 1 - 3 6 . Berlin, Gustav Hempel [1868-79]. H e r d e r B r i e f e = Johann Gottfried Herder: Briefe. Gesamtausgabe. 1763-1803. Bearb. von Wilhelm Dobbek und Günter Arnold. Bd 1 - 9 . Weimar 1 9 7 7 - 1 9 8 8 ; Bd 10: Register: 1996; Bd 11: Kommentar zu Bd 1 - 3 : 2001; Bd 12: Kommentar zu Bd 4 - 5 : 2005. H e r d e r s N a c h l a ß I = Aus Herders Nachlaß. Hsg. von Heinrich Düntzer u. Ferdinand Gottfried von Herder. Bd 1 - 3 . Frankfurt a. M. 1856/57. H e r d e r s N a c h l a ß II = Von und an Herder. Ungedruckte Briefe aus Herders Nachlaß. Hsg. von Heinrich Düntzer und Ferdinand Gottfried von Herder. Bd 1 - 3 . Leipzig 1861-62. (Reprint Hildesheim / New York 1981.)
ABKÜRZUNGS- UND
XV
SIGLENVERZEICHNIS
H i t z i g = Wilhelm Hitzig: Beiträge zum Weimarer Konzert 1 7 7 3 - 1 7 8 6 . In: Der Bär. Jahrbuch von Breitkopf & Härtel auf das Jahr 1925, 78-97. H o f f m e i s t e r = Briefe von und an Hegel. 4 Bde. Hsg. von Johannes Hoffmeister, Friedhelm Nicolin (Bd 4). 3. Aufl. Hamburg 1 9 6 9 - 8 1 (Philosophische Bibliothek 2 3 5 - 3 7 ; 238 a/b). H s . / H s s . = Handschrift! en). I m p u l s e 5 = Regine Otto: Lukrez bleibt immer in seiner Art der Einzige. Karl Ludwig von Knebel an Goethe. Ungedruckte Briefe aus den Jahren 1821 und 1822. In: Impulse. Aufsätze, Quellen, Berichte zur deutschen Klassik und Romantik 5 (1982) 2 2 9 - 2 6 3 . I r i s = Iris. Hsg. von Johann Georg Jacobi. Düsseldorf 1 7 7 4 - 7 6 [Nachdruck Bern 1971]. J A L Z = Jenaische Allgemeine Litteratur-Zeitung. Hsg. von H. G. A. Eichstädt. Jena 1 8 0 4 - 3 2 ; s. auch ALZ. J b D S G = Jahrbuch der Deutschen Schillergesellschaft. Internationales Organ für Neuere Deutsche Literatur. Im Auftrag des Vorstands hsg. Von Wilfried Barner, Christine Lubkoll, Ernst Osterkamp, Ulrich Raulff. Stuttgart 1 9 5 7 - 2 0 0 4 , Göttingen 2 0 0 5 flg. J b F D H = Jahrbuch des Freien deutschen Hochstifts. J b S K = Jahrbuch der Sammlung Kippenberg. [Hsg. von Anton Kippenberg.] Bd 1-10. Leipzig 1 9 2 1 - 3 5 [Neue Folge, 4 Bde: 1963, 1970, 1974, 1983], J e a n P a u l B r i e f e = Jean Pauls Sämtliche Werke. Historisch-kritische Ausgabe. Im Auftrag der Preußischen Akademie der Wissenschaften begr. und hsg. von E. Berend. 3. Abt.: Briefe. 9 Bde. Hsg. von Eduard Berend. Berlin 1 9 5 6 - 1 9 6 4 . J G 2 = Der junge Goethe. Neue Ausgabe in 6 Bd. besorgt durch Max Morris. Leipzig 1909-12. J G 3 = Der junge Goethe. Neu bearbeitete Ausgabe. Hsg. von Hanna Fischer-Lamberg. Bd 1-5. Berlin 1 9 6 3 - 7 3 . Registerband. Bearb. v. Hanna Fischer-Lamberg und Renate Grumach. Berlin 1974. K A = Ueber Kunst und Alterthum. Von Goethe. Bd 1-6. Stuttgart, in der Gotta'schen Buchhandlung. 1 8 1 6 - 3 2 . K a n z = Christian Gottfried Daniel Nees von Esenbeck. Briefwechsel mit Johann Wolfgang von Goethe nebst ergänzenden Schreiben. Bearb. von Kai Torsten Kanz. Halle 2 0 0 3 . (Acta histórica Leopoldina 40.) K a r s c h - G l e i m = Mein Bruder in Apoll. Briefwechsel zwischen Anna Louisa Karsch und Johann Wilhelm Ludwig Gleim. Hsg. von Regina Nörtemann. 2 Bde. Göttingen 1996. K a s t e n = Goethes Bremer Freund Dr. Nicolaus Meyer. Briefwechsel mit Goethe und dem Weimarer Kreise. Im Auftrage des Goethe- u. Schiller-Archivs hsg. von Hans Kasten. Bremen 1926. K e u d e l l = Goethe als Benutzer der Weimarer Bibliothek. Ein Verzeichnis der von ihm entliehenen Werke. Bearb. von Elise von Keudell. Hsg. m. e. Vorw. von Werner Deetjen. Weimar 1931 [Nachdruck Leipzig 1982; beigebunden: Karl Bulling: Goethe als Erneuerer und Benutzer der jenaischen Bibliotheken. Jena 1932]. K n e b e l : B r o n z e n = Kristin Knebel: Kunst Bronzen. Diss. (masch.) Jena 2 0 0 3 .
und Sammlersinn.
Goethe als Sammler
figürlicher
K n e b e l - H e n r i e t t e = Aus Karl Ludwig von Knebels Briefwechsel mit seiner Schwester Henriette ( 1 7 7 4 - 1 8 1 3 ) . Ein Beitrag zur deutschen Hof- und Litteraturgeschichte. Hsg. von Heinrich Düntzer. Jena 1858. K r i s e n j a h r e = Josef Körner: Krisenjahre der Frühromantik. Briefe aus dem Schlegelkreis. Bd 1 u. 2. Brünn 1936-37. Bd 3. Bern 1958. K u n s t w e r k e = Johann Gottfried Schadow. Kunstwerke und Kunstansichten. Ein Quellenwerk zur Berliner Kunst- und Kulturgeschichte zwischen 1780 und 1845. Kommentierte Neuausgabe ... hsg. von Götz Eckardt. Bd 1-3. Berlin 1987.
XVI
ABKÜRZUNGS- UND SIGLENVERZEICHNIS
L A = Goethe. Die Schriften zur Naturwissenschaft. Vollständige mit Erläuterungen versehene Ausgabe im Auftrage der Deutschen Akademie der Naturforscher (Leopoldina), begr. v. K. Lothar Wolf u. Wilhelm Troll, hsg. von Dorothea Kuhn u. Wolf von Engelhardt. Weimar 1947
flg.
L a p p e n b e r g = Briefe von und an Klopstock. Ein Beitrag zur Literaturgeschichte seiner Zeit. Mit erl. Anm. hsg. von J. M. Lappenberg. Braunschweig 1867. Nachdr. Bern 1970. L e n z = Jakob Michael Reinhold Lenz: Werke und Briefe in drei Bänden. Hsg. von Sigrid Damm. München, Wien 1987. L i c h t e n b e r g = Georg Christoph Lichtenberg: Briefwechsel. Hsg. von Ulrich Joost und Albrecht Schöne. Bd 1 - 4 . München 1983-92. L ü t k e h a u s = Arthur Schopenhauer: Der Briefwechsel mit Goethe und andere Dokumente zur Farbenlehre. Hsg. u. mit einem Essay von Ludger Lütkehaus. Zürich 1992. M A = Johann Wolfgang Goethe. Sämtliche Werke nach Epochen seines Schaffens [Münchner Ausgabe]. Hsg. von Karl Richter in Zusammenarbeit mit Herbert G. Göpfert, Norbert Miller, Gerhard Sauder u. Edith Zehm. 20 Bde. München 1985-99 [Bd 21: Register sämtlicher Werke. Bearb. von Gisela Fichtl. München 1998]. M a u l - O p p e l = Gisela Maul - Margarete Oppel (Hsg.): Goethes Wohnhaus. München / Wien 1996. M a x i m , u . R e f l . = Goethe. Maximen und Reflexionen. Nach den Handschriften des Goethe- und Schiller-Archivs hsg. von Max Hecker. Weimar 1907. (= SchrGG Bd 21.) Meier = Christian August Vulpius. Eine Korrespondenz zur Kulturgeschichte der Goethezeit. Hsg. von Andreas Meier. 2 Bde. Berlin 2003. M i t t h e i l u n g e n = Mittheilungen über Goethe. Aus mündlichen und schriftlichen, gedruckten und ungedruckten Quellen. Von Friedrich Wilhelm Riemer. Bd 1. 2. Berlin 1841. Mittler - P u r p u s - Schwedt = Der gute Kopf leuchtet überall hervor. Goethe, Göttingen und die Wissenschaft. Hsg. von Elmar Mittler, Elke Purpus und Georg Schwedt. Göttingen 1999. M o r g e n b l a t t = Morgenblatt für gebildete Stände. Jg. 1-59. Im Verlag der J. G. Cotta'schen Buchhandlung. Stuttgart u. Tübingen 1807-65. M o r p h = Zur Morphologie. Von Goethe. Bd 1. 2. Stuttgart u. Tübingen, in der J. G. Cotta'schen Buchhandlung. 1817-24. M s . / M s s . = Manuskript(e). M u s i k u n d M u s i k e r = Gabriele Busch-Salmen, Renate Moering, Walter Salmen: Nur nicht singen! immer lesen ... Musik und Musiker im Umfeld Goethes. Frankfurt 2003. N a t = Zur Naturwissenschaft überhaupt. Von Goethe. Bd 1. 2. Stuttgart u. Tübingen, in der J. G. Cotta'schen Buchhandlung. 1817-24. N o r t o n = Correspondence between Goethe and Carlyle. Ed. by Charles Eliot Norton. New York 1970 [zuerst London 1887], N S = Goethes Werke. Hsg. im Auftrage der Großherzogin Sophie von Sachsen. 2. Abtheilung: Naturwissenschaftliche Schriften. Bd 1-13 (13 Bde in 14). Weimar, Hermann Böhlau. 1890-1906. O p p e l = Die zweiundzwanzig Handzeichnungen von 1810. Ein Zyklus von Johann Wolfgang Goethe. Hsg. von Margarete Oppel. Frankfurt a. M. u. Leipzig 1998. P e t e r s e n = Uwe Petersen: Goethe und Eurípides. Heidelberg 1974. Plitt = Gustav Leopold Plitt (Hsg.): Aus Schellings Leben. In Briefen. Bd 1: 1775-1803. Bd 2: 1803-1820. Bd 3: 1821-1854. Leipzig 1869-70. P o l l m e r = Friedrich Wilhelm Riemer. Mitteilungen über Goethe. Aufgrund der Ausgabe von 1841 und des handschriftlichen Nachlasses hsg. von Arthur Pollmer. Leipzig 1921.
ABKÜRZUNGS- UND SIGLENVERZEICHNIS
XVII
P r e s c h e r = Goethes Sammlungen zur Mineralogie, Geologie und Paläontologie. Katalog. Bearb. von Hans Prescher. Berlin 1978. P r i m e r = Paul Primer: Goethes Beziehungen zu Gottfried Hermann, Schulprogramm des KaiserFriedrichs-Gymnasiums Frankfurt a. M. 1913. P r o p = Propyläen. Eine periodische Schrifft herausgegeben von Goethe. Bd 1-3. Tübingen, in der J. G. Gotta'schen Buchhandlung. 1798-1800. Q = Goethe's poetische und prosaische Werke in Zwei Bänden (zu je 2 Abtheilungen). Stuttgart u. Tübingen. Verlag der J. G. Gotta'schen Buchhandlung. 1836-37. [sogen. Quartausgabe]. Q u Z 1 = Quellen und Zeugnisse zur Druckgeschichte von Goethes Werken. Teil 1: Gesamtausgaben bis 1822. Bearb. von Waltraud Hagen unter Mitarbeit von Edith Nahler. Berlin 1966. Q u Z 2 = Quellen und Zeugnisse zur Druckgeschichte von Goethes Werken. Teil 2: Die Ausgabe letzter Hand. Bearb. von Waltraud Hagen. Berlin 1982. Q u Z 3 = Quellen und Zeugnisse zur Druckgeschichte von Goethes Werken. Teil 3: Die nachgelassenen Werke und die Quartausgabe. Bearb. von Edith Nahler und Horst Nahler. Berlin 1986. Q u Z 4 = Quellen und Zeugnisse zur Druckgeschichte von Goethes Werken. Teil 4: Die Einzeldrucke. Bearbeitet von Inge Jensen. Berlin 1984. R A = Briefe an Goethe. Gesamtausgabe in Regestform. [Regest-Ausgabe]. Hsg. von Karl-Heinz Hahn. Redaktor Irmtraut Schmid [ab Bd 5.2: Hsg. von der Stiftung Weimarer Klassik u. Kunstsammlungen. Goethe- und Schiller-Archiv. Bearb. von Manfred Koltes, Ulrike Bischof und Sabine Schäfer]. Weimar 1980 flg. R i c h t e r = Der Physiker des Romantikerkreises Johann Wilhelm Ritter in seinen Briefen an den Verleger Carl Friedrich Ernst Frommann. Herausgegeben und mit Kommentaren versehen von Klaus Richter. Weimar 1988. R u n g e , B r i e f e u n d S c h r i f t e n = Philipp Otto Runge. Briefe und Schriften. Hsg. von Peter Betthausen. Berlin 1981. R u p p e r t = Goethes Bibliothek. Bearb. von Hans Ruppert. Weimar 1958. S = Goethe's Schriften. Bd 1 - 8 . Leipzig, bey Georg Joachim Göschen. 1787-90. s 1 = D. Goethens Schriften. Erster - Dritter Theil. mit Kupfern. Berlin, bey Christian Friedrich Himburg, 1775/76. S a n f o r d = Goethes Briefwechsel mit seinem Sohn August. Mit Einleitung, Kommentar und Register. Hsg. von Gerlinde Ulm Sanford. 2 Bde. Weimar 2005. S B B P K = Staatsbibliothek zu Berlin. Preußischer Kulturbesitz. S c h m i d t 1 8 7 9 = Erich Schmidt: Heinrich Leopold Wagner, Goethes Jugendgenosse. Leipzig 2 1879. S c h o o f = Briefe der Brüder Grimm an Savigny, aus dem Savignyschen Nachlaß hsg. in Verbindung mit Ingeborg Schnack von Wilhelm Schoof. Berlin 1953. S c h r G G = Schriften der Goethe-Gesellschaft. Im Auftrage des Vorstandes hsg. von Erich Schmidt [u.a.], Bd 1 flg. Weimar 1885 flg. S c h u c h a r d t = Goethe's Kunstsammlungen. Beschrieben von [Joh.] Chr[istian] Schuchardt. Th. 1-3. Jena 1848-49. S c h u l t e - S t r a t h a u s = Die Bildnisse Goethes. Hsg. von Ernst Schulte-Strathaus. München 1910. (Propyläen-Ausgabe von Goethes Sämtlichen Werken. Erstes Supplement: Die Bildnisse Goethes.) S i c h a r d t = Das Weimarer Liebhabertheater unter Goethes Leitung. Beiträge zu Bühne, Dekoration und Kostüm unter Berücksichtigung der Entwicklung Goethes zum späteren Theaterdirektor. Weimar 1957.
XVIII
ABKÜRZUNGS- UND SIGLENVERZEICHNIS
SNA = Schillers Werke. Nationalausgabe. 1940 begr. von Julius Petersen. Fortgef. von Lieselotte Blumenthal, Benno von Wiese, Siegfried Seidel. Hsg. im Auftrag der Stiftung Weimarer Klassik u. des Schiller-Nationalmuseums in Marbach von Norbert Oellers. Weimar 1943 flg. S t r o d t m a n n = Briefe von und an Gottfried August Bürger. Ein Beitrag zur Literaturgeschichte seiner Zeit. Aus dem Nachlasse Bürger's und anderen, meist handschriftlichen Quellen hsg. von Adolf Strodtmann. Bd 1-3. Berlin 1874. S t u n d e n m i t G o e t h e = Stunden mit Goethe. Für die Freunde seiner Kunst und Weisheit. Hsg. von Wilhelm Bode. Bd lflg. Berlin 1905 flg. Sydow = Wilhelm und Caroline von Humboldt in ihren Briefen. Hsg. von Anna von Sydow. Bd 1-7. Berlin 1906-16. Teichl = Robert Teichl: Goethe und Georg Graf von Buquoy. Wien 1905. Teutscher M e r k u r 1773-89.
= Der teutsche Merkur. Hsg. von Christoph Martin Wieland. Weimar
Tgb = Goethes Werke. Hsg. im Auftrage der Großherzogin Sophie von Sachsen. 3. Abtheilung: Tagebücher. Bd 1-15 (15 Bde in 16). Weimar, Hermann Böhlau. 1887-1919; als Zitatgrundlage sukzessive ersetzt durch —> GT. T h H S t A = Thüringisches Hauptstaatsarchiv. Weimar. Trunz = Goethe und der Kreis von Münster. Zeitgenössische Briefe und Aufzeichnungen. In Zusammenarbeit mit Waltraud Loos hsg. von Erich Trunz. 2. Aufl. Münster 1994. T\iJ = Tag- und Jahres-Hefte. u . d. T. = unter dem Titel. Ü b e r s . = Übersetzung, Übersetzungen. U n t e r b e r g e r = Rose Unterberger: Die Goethe-Chronik. Frankfurt a. M. u. Leipzig 2002. U n t e r h a l t u n g e n = Kanzler [Friedrich] von Müller. Unterhaltungen mit Goethe. Krit. Ausg. bes. von Ernst Grumach. Weimar 1956. v. = Vers(e). Verf. = Verfasser. Verz. 1 7 8 8 = Hans Ruppert: Das älteste Verzeichnis von Goethes Bibliothek. In: GJb 1962, 253-87. W = Goethes Werke. Hsg. im Auftrage der Großherzogin Sophie von Sachsen. 1. Abtheilung: Werke. Bd 1-55 (55 Bde in 63). Weimar, Hermann Böhlau. 1887-1918. Wahl = Briefwechsel des Herzogs-Großherzogs Carl August mit Goethe. Hsg. von Hans Wahl. 1. Bd 1775-1806. 2. Bd 1807-1820. 3. Bd 1821-1828. Berlin 1915. 1916. 1918. (Carl August. Darstellungen und Briefe zur Geschichte des Weimarischen Fürstenhauses und Landes. Im Auftrage Seiner Königlichen Hoheit des Großherzogs Wilhelm Ernst von Sachsen zur Hundertjahrfeier des Großherzogtums. Hsg. von Erich Mareks. IV. Abteilung: Briefwechsel des Herzogs-Großherzogs Carl August mit Goethe.) Walzel = Friedrich Schlegels Briefe an seinen Bruder August Wilhelm. Hsg. von Oskar F. Walzel. Berlin 1890. W D = West-östlicher Divan. Weitz - B o i s s e r e e = Sulpiz Boisseree. Tagebücher 1808-1854. Im Auftrag der Stadt Köln hsg. von Hans-J. Weitz. 4 Bde u. Registerbd. Darmstadt 1978-96. Weitz - W i l l e m e r = Marianne und Johann Jakob Willemer. Briefwechsel mit Goethe. Hsg. von Hans-J. Weitz. Frankfurt a. M. 1965. Wenzel 1 9 8 8 = Goethe und Soemmerring. Briefwechsel 1784-1828. Textkritische u. kommentierte Ausgabe. Bearb. von Manfred Wenzel. Stuttgart 1988.
ABKÜRZUNGS- UND SIGLENVERZEICHNIS
XIX
Wenzel 1 9 9 2 = Goethe und Buttel. Briefwechsel 1827. Textkritische und kommentierte Ausgabe. Bearb. und hsg. von Manfred Wenzel. Oldenburg 1992. W i e l a n d B r i e f e A A = Christoph Martin Wieland. Briefwechsel. Hsg. von der Deutschen Akademie der Wissenschaften zu Berlin. (Seit 1968: durch Hans Werner Seiffert; seit 1975: Hsg. von der Akademie der Wissenschaften der DDR durch Hans Werner Seiffert; seit 1990: Hsg. von der Akademie der Wissenschaften, Berlin, durch Siegfried Scheibe; seit 1993: Hsg. von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften durch Siegfried Scheibe.) Berlin 1963 flg. Z = Zeugnisse. Z a s t r a u = Goethe Handbuch. Goethe, seine Welt und Zeit in Werk und Wirkung. 2., vollkommen neu gestaltete Aufl. unter Mitwirkung zahlreicher Fachgelehrter hsg. von Alfred Zastrau. Bd 1. Stuttgart 1961. Zehn J a h r e = Frédéric Soret. Zehn Jahre bei Goethe. Erinnerungen an Weimars klassische Zeit 1822-1832. Aus Sorets handschriftlichem Nachlaß, seinen Tagebüchern und seinem Briefwechsel zum erstenmal zusammengestellt, übersetzt und erläutert von H. H. Houben. Leipzig 1929. Z s . / Z s s . = Zeitschrift(en).
ZUR B E N U T Z U N G 1. R e i h e n f o l g e d e r A r t i k e l Die einzelnen Artikel erscheinen in alphabetischer Folge unter den in der Weimarer Ausgabe, für die Naturwissenschaftlichen Schriften in der Leopoldina angesetzten Titeln. Ordnungswort ist das erste Wort innerhalb des Werktitels, das nicht Artikel oder Präposition ist. Ausnahmen: a) Bei Schriften, die das Werk eines Dritten zum Gegenstand haben (Rezensionen, Übersetzungen, Bearbeitungen u. dgl.), wird dessen Name Ordnungswort, nicht das Werk. b) Bei Satztiteln und bei Titeln mit nicht umkehrbarer syntaktischer Folge ist schon das erste Wort Ordnungswort, auch wenn es Artikel oder Präposition ist (Beispiel: „Das Unternehmen wird entschuldigt"). Widmungsartige Titel werden wie Satztitel behandelt (Beispiel: „An Seine Majestät den König von Bayern"). c) Als besondere Gruppen erscheinen unter Sammeltitel: Maskenzüge; Theaterreden; Rezensionen in den Frankfurter gelehrten Anzeigen; Ubersetzungen (Sonderband).
2. A u f b a u der Artikel Die einzelnen Artikel E (= D (= Z (=
gliedern sich in die drei Abteilungen: Kurzangaben über die Entstehungszeit); Druckangaben); Zeugnisse).
Fehlt bei einem Artikel eine der drei Abteilungen (E, D oder Z), so konnten innerhalb derselben keine Angaben gemacht werden.
3. D r u c k b e s o n d e r h e i t e n a) Petitdruck wird verwendet: in E zur Vorführung tabellarischer Angaben; in D für alle Angaben; in Z für Sekundärzeugnisse. In Petitdruck und runden Klammern erscheinen in Z: Datierungsvermerke von Goethe, Schreiberrechnungen, Vermerke über Bibliotheksentleihungen und Verweise. b) Kursivschrift wird verwendet zur Kennzeichnung von Zitaten innerhalb der Anmerkungen. 1 ) Werktitel werden kursiviert, wenn sie im syntaktischen Zusammenhang erscheinen. Unterstreichungen innerhalb von Zeugnissen werden durch S p e r r u n g wiedergegeben. c) Wenn im Original eines Textzitates deutsche und lateinische Buchstaben abwechseln, werden die lateinischen Buchstaben durch eine besondere Drucktype gekennzeichnet. Über die Verwendung von Anführungsstrichen s. unten: Zeichenerklärung.
ZUR B E N U T Z U N G
XXI
4. Z i t a t e o h n e Q u e l l e n a n g a b e n : a u s G o e t h e s T a g e b ü c h e r n Zum Zweck der Raumersparnis erscheinen Zitate aus Goethes Tagebüchern (in Z) ohne Angabe der Quelle. Sie sind durch diese Besonderheit auch von den übrigen Zeugnisarten leicht zu unterscheiden. Zu den verwendeten Ausgaben s. unten Nr. 8.
5. O r t s a n g a b e n Aus Gründen der Raumersparnis erscheinen Zitate aus Goethes Tagebüchern und Briefen, die in Weimar verfaßt wurden, ohne Angabe des Ortes. Doch wird die Ortsangabe für Weimar hinzugefügt, wenn das letzte vorhergehende Goethesche Zeugnis von einem anderen Ort stammt.
6. A n g a b e der T a g e s z e i t Berichten Zitate aus Goethes Tagebüchern von Vorgängen, die sich innerhalb der ersten Tageshälfte zutrugen, so wird aus Gründen der Raumersparnis die Tageszeit nicht besonders vermerkt. In den übrigen Fällen wird die Angabe [Nachmittags] oder [Abends] hinzugefügt.
7. Z e i c h e n e r k l ä r u n g Auslassung innerhalb eines Zitates. [ ]
Herausgeber-Zusätze innerhalb eines Zitates sind in eckige Klammern eingeschlossen. Eckige Klammern bei Datumsangaben am Rande weisen auf einen Unsicherheitsfaktor in der Datierung des betreffenden Zeugnisses hin. ? Ein hochgestelltes Fragezeichen vor einem Zeugnis bedeutet: Beziehung zweifelhaft. - - Zwei Striche am Rand bedeuten: nähere Angaben über die Entstehungszeit des hier beginnenden Zeugnisses finden sich im Artikel zu dem Werk, aus dem das Zeugnis stammt. *
In Goethes Agenda Zeichen für: als erledigt gestrichen. In den Postsendungs-Listen der Weimarer Ausgabe Zeichen für: Packet.
„ " Anführungszeichen werden innerhalb des eigenen Textes (in Verweisen und Anmerkungen) nur verwendet, um Titel von Einzelartikeln der EGW zu kennzeichnen.
8. E d i t o r i s c h e N o t i z Goethes Werke, Tagebücher und Briefe werden grundsätzlich nach der Weimarer Ausgabe zitiert. Die II. Abteilung der Weimarer Ausgabe (NS) ist inzwischen vollständig durch die Leopoldina (LA) ersetzt. Die Weimarer historisch-kritischen Ausgaben der Tagebücher (GT) und der Briefe Goethes (GB) lösen die Abteilungen III (Tgb) und IV (Br) schrittweise ab und werden verwendet, soweit sie vorliegen. Dichtung und Wahrheit wird zitiert nach der historisch-kritischen Ausgabe von S. Scheibe (AA-DuW).
XXII
ZUR BENUTZUNG
Kürzel der AR AZ CM HH HO KM PK PL Red. UH UM WY WZ
Mitarbeiter:
Angelika Reimann Safia Azzouni Christoph Michel Heinz Hamm Shu Ching Ho Katharina Mommsen Paul Kahl Peter Ludwig Redaktionelle Mitwirkung von KM, PL, UH Uwe Hentschel Ute Maack Margrit Wyder Manfred Wenzel
Entstehen des Aufsatzes über Metamorphose der Pflanzen 1 ) E
1817 A p r - M a i
D
Morph I 1 (1817) XXVIII-XXXII. - N S 6, 394ff. - LA I 9, 1 9 - 2 2 . - FA I 24, 412ff. MA 12, 25ff.
Z2)
1817 14. [Jena] An C. F. E. Frommann (Br 28, 56): Ew. Wohlgeb. | erhalten abermals einiges Manuscript, mit Bitte es baldigst absetzen zu lassen, damit man beurteilen könne wieviel zu dem zweyten Bogen 3 ) noch nötig sey.
Apr
[14.?] [Jena] G. F. E. F r o m m a n n an G (QuZ 4, 262): . . . kann ich anzeigen daß das Mscpt zum 2te11. Vorrede Bogen 12. Kolummen gegeben und wir allso noch 4. zur Erfüllung brauchen.
26. [Jena] Die zwey [ersten?] Bogen von Morphologie kamen an. 5. [Jena] Geschichte der Metamorphose der Pflanzen revidirt.
?
Mai
PL
) Der kurze Aufsatz entstand anläßlich des Wiederabdrucks der 1790 erstmals veröffentlichten Metamorphose der Pflanzen in Morph I 1 (1817) und bildet den Abschluß der A p r - M a i 1 8 1 7 verfaßten Geschichte meines botanischen Studiums (Bei allem Vorgesagten ...). - Später arbeitete G Entstehen des Aufsatzes ... u. Geschichte meines botanischen Studiums mit weiteren Texten um zu Der Verfasser teilt die Geschichte seiner botanischen Studien mit. 2 ) Vgl. Z zu „Geschichte meines botanischen S t u d i u m s " , weil keine spezifischen Entstehungsdokumente zu Entstehen des Aufsatzes ... vorliegen u. hier nur die druckgeschichtlichen Zeugnisse gegeben werden. 3 ) Von Morph I 1, enthaltend: Der Inhalt bevorwortet, Geschichte meines botanischen Studiums, Entstehen des Aufsatzes über Metamorphose der Pflanzen (QuZ 4 , 2 6 1 , Anm. 1
4).
2
Ü B E R D I E E N T S T E H U N G D E R ZWEIUNDZWANZIG B L Ä T T E R
1821
Über die Entstehung der zweiundzwanzig Blätter meiner Handzeichnungen 1 ) E
1821 Juni 22. u. 23. 2 )
D
Goethe's Kunstsammlungen. Beschrieben von Chr. Schuchardt. Th. 1. Jena 1848. Vorwort XXIIf. (nur die ersten Sätze bis zur Einzelbildbeschreibung). 3 ) - SchrGG 3 (1888) 5 - 8 (Hsg. Carl Ruland; Mappentitel: Zweiundzwanzig Handzeichnungen von Goethe. 1810. Text nach H). - W 49.1, 3 3 7 - 4 3 (Text nach H). - MA 13.2, 45f., 53f., 61 (Text nach H, neue Transkription; mit Abb.). - FA I 21, 6 5 5 - 6 0 (Text nach SchrGG 3). Oppel (1998) 4 2 - 4 5 (Text nach H \ neue Transkription).
Z
1821
—
— Tag- und Jahres-Hefte 4 ) (W 36, 202): Endlich kam auch mein eigenes stockendes Talent zur Sprache, indem bedeutende und werthe Sammler etwas von meiner Hand verlangten, denen ich denn mit einiger Scheu willfahrte, zugleich aber eine ziemliche Anzahl von mehr als gewohnt reinlichen Blättern in Einem Band vereinigte: es waren die vom Jahre 1810, wo mich zum letztenmale der Trieb die Natur nach meiner Art auszusprechen Monate lang belebte; sie durften für mich, des sonderbaren Umstands halber, einigen Werth haben.
Juni 21. Jenaische und Carlsbader Zeichnungen zusammengestellt. 22. Beschreibung der Skizzen von 1810, vom April bis August. 23. Fortgesetzte Beschreibung der Jenaischen Zeichnungen. 23. (H datiert: Weimar den 23. Juni 1821.)
24. Abends Hofrath Meyer. Diarium von 1810, den Aufenthalt in Jena und Carlsbad betreffend. Juli 3. Abschrift der Beschreibung eigener Skizzen [durch John = H 1 ]. CM
) In H: Über die Entstehung der \ 22 Blätter \ meiner Handzeichnungen \ 1810 sq (GSA 25/XLVI,4,ll). 2 ) Datumsvermerk am Ende des wohl am 22. Juni begonnenen Diktats. H mit eigenhändigen Korrekturen und Zusätzen. Vermutlich wurden am 24. Juni, in Beratung mit H. Meyer, an den Seitenrändern von dritter Hand noch einige Datierungen nachgetragen, in den Lesarten W 49.2, 302 u. in MA kenntlich gemacht, in SchrGG 3 u. anderen Drucken ohne Kennzeichnung in den Text integriert. Dagegen weist Johns Abschrift vom 3. Juli 1821 (H 1 ), die dem Album beigelegt wurde, keine Korrekturen oder Ergänzungen mehr auf. 3 ) Text nach Johns Abschrift H 1 (GSA 25/XLVI,4,12). 4 ) Geschrieben 1826/29. 1
1815
Ü B E R DIE E N T S T E H U N G D E S F E S T S P I E L S ZU I F F L A N D S A N D E N K E N
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Über die Entstehung des Festspiels zu Ifflands Andenken 1 )
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1815 Mai
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Morgenblatt, 18. März 1816, Nr. 67, 265f. (Titelseite). - C 1 45 (1833) 9 8 - 1 0 3 . W 41.1, 9 0 - 9 5 . - AA-SL 3, 124ff. - FA I 19, 6 9 7 - 7 0 0 . - MA 11.2, 2 0 1 - 0 4 .
Z
1815
Apr An Zelter (Br 25, 329): Seit einiger Zeit habe ich gerade so viel Hu29.[?]2) mor, Aufsätze in's Morgenblatt zu geben . . . und wünsche daß Du sie aufsuchest . . . Sodann bring ich die F e i e r z u I f f l a n d s u n d S c h i l l e r s A n d e n k e n , wie sie bey uns [am Weimarer Hoftheater] auf den 10. May angeordnet ist, zur Sprache. Mai 4. Carlen [Stadelmann] dictirt, bezügl. aufs Nachspiel zu den Hagestolzen, 3 ) fürs Morgenblatt. Mai Okt
(ED datiert: W im Mai 1815.) 15. (s. „Des Epimenides Erwachen": an Levezow gD, EGW 4, 89)
1816 Febr 26. An Cotta (Br 26, 273): Für das M o r g e n b l a t t sende hiebey . . . einen etwas verspäteten Nachtrag zu der Anzeige des Festspiels zu I f f l a n d s A n d e n k e n , der jedoch auch gegenwärtig nicht ohne Interesse ist, ferner den E p i l o g zu S c h i l l e r s G l o c k e , der um zwey neuer Stanzen willen wohl abermals die Aufmerksamkeit des Publicums verdienen wird. Apr 14. An Zelter (Br 26, 339): Sieh doch manchmal in's Morgenblatt, dort findest du von mir einzelne Mittheilungen, die in's Ganze gehen und wovon du dir gewiß manches zueignen kannst. Es liegen überhaupt sehr viele Aufsätze bey mir; sie zu retouchiren und zu publiciren macht mir dieses Frühjahr einigen Spaß; ist es denn doch der erste Frühling, ) Aufsatz in Kräuters Hs. als Schluß von Zu Schillers und Ifflands Andenken. Ursprüngl. Zusammengehörigkeit gesichert durch G's Paginierung 1 - 3 (W 41.1, 441 u. AA-SL 6, 110); nachträglicher Trennungsstrich in der Hs. Die Teilung ermöglichte die privilegierte Darbietung beider Texte auf der Titelseite des jeweiligen Morgenblatts, wodurch abermals die Aufmerksamkeit des Publicums auf das Andenken Ifflands gelenkt wurde (s. unten 26. Febr 1816). 2 ) Undatierter Brief, am 17. Mai an Zelter abgesandt. Der zitierte Passus vermutlich vom 29. Apr 1815 (MA 20.3, 352). 3 ) Diktat nicht überliefert. Der endgültige Text entstand erst nach dem 10. Mai, dem Aufführungstag von Ifflands Die Hagestolzen (AA-SL 6, 110). Vgl. „Nachspiel zu Ifflands ,Hagestolzen'" u. „Zu Schillers und Ifflands Andenken". 1
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Ü B E R D I E E N T S T E H U N G D E S F E S T S P I E L S ZU I F F L A N D S A N D E N K E N
1816
den man seit langer Zeit ohne Grauen und Schrecken herankommen sieht. 1 ) AR
[Entwurf einer Ausstellungsschrift] 2 ) E
1801 Sept/Nov
D
W 48 (1897) 230; 49.2 (1900) 275f. (Nachtrag) - FA I 18, 818f. - MA 6.2, 438f.
Z
1801
Mai 16. Mittag an Hof, sodann war Hr. Cotta und Prof. [J. G. v.] Müller bey mir. 3 ) 17. Auf dem Stadthause 4 ) Mittag und Abends mit Müller Cotta [H.] Genz. Juni [Weimar] Schiller an G (SNA 31, 47): Weil es mit den Propyläen, wie mir Cotta ver2 8 . / 2 9 . sicherte, noch gar nicht fort will, und zu wenige Exemplare davon in Circulation kommen, wodurch also, wenn Sie auch ganz auf alle Einnahme großmüthig Verzicht thäten, immer der Zweck der Verbreitung leiden muß, so habe ich Meiern [H. Meyer] die Idee mitgetheilt, die Uitteratur Zeitung [JALZ] zum Ganal zu machen, die Kunstbegriffe worauf es ankommt ins Publicum zu bringen. Sie würden z. b. alle Vierteljahr sich eine Woche von der Uitteratur Zeitung ausbedingen und das Kunstwesen darin vornehmen. Die Critik der neuesten Kunstwerke und Kunstschriften wäre das Vehikel fiiir alles was man sagen will und außer dem großen Vortheil einer allgemeinen Verbreitung gewänne man auch das, daß dem falschen Geschmack sein wichtigstes Tribunal entzogen und dieses genöthigt würde, für die gute Sache zu zeugen. Meier ist auch meiner Meinung und er wird bei seiner nächsten Zusammenkunft mit Ihnen ausführlicher von der Sache reden. 5 )
Sept 27. Kamen . . . von Jena . . . Hr. und Mad. Frommann. Dann in die Ausstellung gefahren. 6 ) ) Nach Beendigung der napoleonischen Kriege. ) In Vol. I der Acta den ausgesetzten Preis betreffend, 2 Folioblätter von Geists Hand; dazu Inhaltsverzeichnis auf S. 1 eines Doppelfoliobogens auch von Geists Hand. 3 ) Nach der Leipziger Messe kam Cotta in Begleitung des Stuttgarter Kupferstechers Müller am 16. u. 17. Mai 1801 nach Weimar. Mit G wurde vermutlich über die Propyläen gesprochen. Cottas Druckauftragsbuch vermerkt für die Ostermesse 1801 noch IV 1 11 Bog. Demnach war trotz des schlechten Absatzes an eine Fortsetzung der Propyläen mit einem 4. Bd gedacht (G-Cotta 3.1, 146, 164). 4 ) Schiller hatte zu größerer Runde ins Weimarer Lokal Stadthaus eingeladen; G brachte den Architekten Gentz mit. 5 ) G ging in seinem Antwortbrief vom 12. Juli 1801 aus Bad Pyrmont nicht auf den Vorschlag ein, da er wohl schon vorhatte, sich eine eigene neue Publikationsform zu schaffen. 6 ) Bei diesem Besuch des Jenaer Verlegers C. F. E. Frommann kann G's Entwurf einer neuen vierteljährlich erscheinenden Kunstzeitschrift Weimarische Kunstausstellung Gesprächsgegenstand gewesen sein. 1
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1801
E N T W U R F EINER AUSSTELLUNGSSCHRIFT
5
Früh ... einiges die Propyläen betreffend. 1 ) 4. Früh einiges die Propyläen betreffend. ? 10. Früh Unterredung mit Prof. Meyer über Propyläen. Dez 5. An C. F. E. Frommann (Br 15, 295f.): So klar Sie mir neulich, werthester Herr Frommann, die Mittel angezeigt, wodurch man ein Kunstjournal eigentlich beleben könnte, 2 ) so deutlich haben wir, bey genauer Betrachtung unserer Zustände, eingesehen, daß wir, vorerst, auf ein solches Unternehmen renunciren müssen. Wir haben uns daher, wegen der Recension der Kunstausstellung, worum es gegenwärtig hauptsächlich zu thun ist, mit der Litteraturzeitung eingelassen, die solche, als eine der vierteljährigen Zugaben aufnehmen wird. | Ich halte es für meine Pflicht Ihnen hievon gleich Nachricht zu geben, und für den Antheil zu danken, den Sie an unsern Planen nehmen wollen. | Der ich, in der Aussicht mündlich bald weitläufiger seyn zu können, mich bestens empfehle und recht wohl zu leben wünsche. ?
Nov
3.
?
12. u. 13. Die Propyläen betreffend. 14. Früh die Propyläen betreffend. 16. Mittag zu Hause. Vorher Hr. Frommann von Jena.
1802 Jan 23. An Cotta (Br 16, 23): Was die Propyläen betrifft, so denken wir damit eine Zeit lang um so mehr zu pausiren, als meine gegenwärtige Lage mir einen lebhafteren Betrieb unmöglich macht und eine periodische Schrift, davon jedes Jahr nur allenfalls Ein Stück herauskäme, bey dem ohnehin ernsten und beschränkten Inhalt, kein großes Glück zu machen verspricht. | Wir haben daher den recensirenden Aufsatz, über die dießjährige Kunstausstellung, welche besonders interessant gewesen, als eine der vierteljährigen Beylagen zur Litteraturzeitung bestimmt. HH
1
) Trotz Suche nach einer neuen Publikationsform war G noch nicht zur Aufgabe der Propyläen bereit. Die Preisaufgaben betr. Arbeiten werden noch für die Propyläen gekennzeichnet. Für das Festhalten an den Propyläen spricht auch die Aussage des Entwurfs, der 1. Bd der neuen Zs. könnte auch für den fünften [4.?] Band der Propyläen gelten (W 48, 230 26f ). 2 ) Frommanns Vorschläge sind nicht überliefert.
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E N T W U R F E I N E R V O R R E D E ZU K N E B E L S L U C R E Z - Ü B E R S E T Z U N G
1820
[Entwurf einer Vorrede zu Knebels Lucrez-Übersetzung] 1 ) E
1821 Febr 13.-15. (Abschnitt 1), Febr 22. (Abschnitte 2a-c)
D
W 42.2 (1907) 4 4 8 - 5 2 . - AA-SL 1, 116ff. - MA 13.1, 2 5 3 - 5 6 . - FA I 21, 6 4 8 - 5 1 .
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1820 21.
[Jena] Knebel an G (G-Knebel 2, 266): Ich schreibe jetzt an einer Vorrede zu meinem Lukrez, den Herr Göschen sehr freundlich aufgenommen hat. 2 ) Ich hätte dabei viel zu sagen, doch nicht jedem führt der Genius die Hand, wie Dir. | Indessen will ich doch auf die Stellen etwas aufmerksam machen, wo der Genius dieses Dichters am meisten hervorleuchtet; denn nach Stellen wird doch nur ein solches Gedicht von den meisten beurtheilt. Wann ich fertig damit bin, so erlaubst D u mir wohl, daß ich Dir das Manuscript zuschicken darf, u m es ein wenig zu revidiren.
März 29.
[Jena] Knebel an G (G-Knebel 2, 268): Mein Lukrez ist bei Hrn. Göschen in Leipzig, der nach der Ostermesse anfangen will daran zu drucken. | Noch steht mir eine kleine Arbeit dabei bevor. Ich hatte mir nemlich vorgenommen etwas Umständlicheres über das Verdienst des Gedichtes und überhaupt über die Epikurische Philosophie in der Vorrede zu sagen - bis ich endlich in der freilich etwas sehr weitläuftigen Vorrede des neusten englischen Uebersetzers größtentheils das gefunden habe, was ich etwa zu sagen hätte - übrigens dieses mit einer Belesenheit und Gelehrsamkeit, der ich bei weitem nicht gleichkomme. Ich habe also Hrn. Göschen vorgeschlagen, diese engl. Vorrede auszugsweise übersetzen zu lassen - da ich hier niemand dazu finde . . . Doch ich überschreite die Grenzen meines Briefes! 3 )
Nov
[Weimar] An Knebel (Br 34, 29f.): Wenn du Aushängebogen des Lucrez erhältst, übersende sie mir doch, ich schicke sie gleich zurück, damit ich nur mich von Gestalt und Weise unmittelbar überzeugen möge.
Jan
Dez
29.
2. [Jena] Knebel an G (G-Knebel 2, 274f.): Meine Vorrede ist noch nicht fertig. Zwar liegen die Bogen gehäuft vor mir, und der Materialien werden immer mehr; aber es fehlt an dem Glühfeuer des Geistes, sie zusammenzuschmelzen. | Wenn man so selten spricht, so wünschte man doch auch etwas gesagt zu haben - und zu sagen wäre so viel! . . . Es m a g einem fleißigen Uebersetzer wohl erlaubt seyn, den Herren Commen-
) Skizzen als Hilfe für Knebels Vorrede zu: T. Lucretius Garus Von der Natur der Dinge ([Übers, v. Karl Ludwig] von Knebel.) Mit d. lat. Text nach Wakefield's Ausg. Bd 1. 2. Leipzig 1821 (Ruppert Nr. 1405). Knebel entschied sich für eine kurze einführende Vorrede u. ausführliche Inhaltsübersichten zu den einzelnen Lukrezischen Büchern (s. unten 1821 Febr 26.: Knebel an G u. Febr 28: an Knebel). G's skizzierte Thesen (aus Abschnitt 1) fanden darin keinen Eingang; in seiner späteren Rezension u. d. T. von Knebels Ubersetzung des Lucrez (W 4 1 . 1 , 3 6 1 - 6 5 ) formulierte G manches aus. - Daß G ursprünglich selbst das Vorwort zu Knebels Übersetzung schreiben wollte, wie FA I 21, 873 u. 999f. vermutet, läßt sich aus den Z nicht belegen. 1
) Knebel hatte seit Beginn der 90er Jahre unter intensiver Anteilnahme G's an der Übers, gearbeitet. Nach langjährigen, von G unterstützten Bemühungen um Veröffentlichung erbot sich Göschen 1819 zur Herausgabe. 3 ) Während G's Aufenthalt in Jena 31. Mai - 14. Okt verzeichnet sein Tgb mehrmals wöchentlich Begegnungen mit Knebel, ohne daß Lukrez bzw. Knebels Vorwort erwähnt werden.
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1820
ENTWURF EINER V O R R E D E ZU K N E B E L S L U C R E Z - Ü B E R S E T Z U N G
7
tatoren und Philologen über ihren beschränkten und Kleinheitsgeist - wenigstens etwas zu verstehen zu geben. Dez
17.
An Knebel (Br 34, 42): Jetzt lebe wohl und laß mich den ersten Aushängebogen vom Lucrez baldmöglichst sehen, damit ich mich vergnüglich überzeuge, und sage mir auch etwas von deinen Zuständen.
22. [Jena] Knebel an G (G-Knebel 2, 278): Vom Lukrez kann ich Dir noch keine Bogen schicken, aber auf Ostern erhältst Du das ganze Werk gewiß . . . Ich möchte in meiner Vorrede gerne den Geist des Mannes - wie es einem solchen Dichter gebührt - gehörig darstellen. Der wiederaufsteigende Phöbus wird mir vielleicht hiezu Kraft und Gedeihen verleihen.
1821 Febr 12.
Besuch von [C. E. F.] Weller wegen Knebels Lucrez. Übereinkunft deßhalb. 1 )
13. [Jena] Knebel an G (Impulse 5, 234): . . . von Hn Göschen in Leipzig, das ich dir Weller tröstliche Worte von dir erhalten durchsehen habe, ziemlich korrekt. Ich gentlich auch wieder um die Bogen.
ich erhalte in diesem Augenblick beifolgendes sogleich übersenden will 2 ) - da ich durch Hn habe. | Mir scheint der Druck, so weit ich ihn erwarte mir deine Anleitung, und bitte gele-
13. An Herrn von Knebel für morgen . . . Lucrez vorgenommen und Betrachtungen darüber angestellt. 3 ) 14. [Brief an] Herrn Major von Knebel, wegen Lucrez . . . Über Lucrez. 14. An Knebel (Br 34, 125ff.): Endlich, theuerster Freund, wird mir ein dringendes Anliegen erfüllt, welches ich so oft seit vielen Jahren ausgesprochen habe, deine Übersetzung nämlich des Lucrez gedruckt zu sehen. Herrn Göschen will ich den schönsten Dank sagen, daß er sich hierin, wie in so manchem andern, bereitwillig erwiesen unsere Muse zu begünstigen. | Nun bleibt mir aber nichts zu wünschen übrig, als, dieses wohl bedachte und durchgearbeitete Unternehmen auch von unserm Publicum freundlich aufgenommen zu sehen. | Du hast, mein werthester Freund, wie ich von früher Zeit her weiß, die Absicht, diese Ausgabe mit einem Vorwort zu begleiten, und ich fühle gar wohl, daß du über die Art und Weise, wie dieses geschehen könne, einigermaßen in Zweifel schweben müssest. Wie ich jedoch darüber denke, will ohne weiteres in einem, hoffentlich, passenden Gleichnisse ausdrucken. | Wenn wir irgend einen bedeutenden Reisenden auswärtigen Gönnern ) Der Jenaer Bibliothekar Weller übermittelte häufig Botschaften zwischen Weimar u. Jena. 2 ) Die ersten Korrekturbogen der im Druck befindlichen Knebeischen Übers. 3 ) AA-SL 4, 170f. vermutet, daß Nr. 1 des Entwurfs bereits an diesem Tag entstanden sein könnte, da sich G's Brief an Knebel vom 14. Febr wie eine Zusammenfassung des Abschnitts W 42.2, 4 4 8 ! _ n liest. MA 13.1, 798 folgt dieser Vermutung. 1
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ENTWURF E I N E R V O R R E D E ZU K N E B E L S LUCREZ-ÜBERSETZUNG
1821
und Freunden zu empfehlen gedenken, so drückt man zuerst die Eigenschaften aus, die ihn günstig einführen und würdigen Personen auch würdig darstellen können, überläßt aber alsdann, ohne umständliche Schilderung, ihnen selbst, inwiefern sie sich näher anschließen und sich mit seinen Eigenheiten nach und nach befreunden wollen. | Sollte dieser Vorschlag auf den gegenwärtigen Fall anzuwenden seyn, so wünsche von dir, der du diesen Freund innig kennst, das Nähere zu erfahren . . . Was ich jedoch, wenn ich einen methodischen Gang einer solchen Unterhaltung denke, am ersten beachtet wünschte, ist Folgendes: | Was unsern Lucrez als Dichter so hoch stellt und seinen Rang auf ewige Zeiten sichert, ist ein hohes tüchtig-sinnliches Anschauungsvermögen, welches ihn zu kräftiger Darstellung befähigt; sodann steht ihm eine lebendige Einbildungskraft zu Gebot, um das Angeschaute bis in die unschaubaren Tiefen der Natur, auch über die Sinne hinaus, in alle geheimsten Schlupfwinkel zu verfolgen. Dieses beides wäre vor allen Dingen durch Hindeutung auf die wichtigsten Stellen zu belegen. | Nachschrift. | So eben erhalte die wirklich sehr schön gerathenen Druckbogen. Ich will sie leicht heften lassen, weil es ohne dieses schwer, ja beynahe unmöglich ist, das Lateinische mit der Übersetzung zu vergleichen, welches man denn doch nicht unterlassen kann. | Von denen Briefen, welche du mir in dieser Angelegenheit schreibst, brauchst du keine Abschrift zu nehmen, denn ich formire ein Fascikel Acten 1 ), welches man zuletzt, nach dem bewußten Zweck, redigiren kann. Febr 15. (Handschrift datiert: d. 15. Febr. 2 ))
17. Frau von Knebel, Nachricht von Besserung ihres Gemahls. 18. [Jena] Knebel an G (Impulse 5, 234ff.): Hier erhältst du etwas [Beilage], gütiger Freund, als Antwort und Dank für dein kürzlich [14. Febr] überschicktes. Was du daran zu ändern, wegzulassen oder hinzuzusezen findest, stehet bei dir. Auch möchte ich wissen, ob ich etwas über das Epikurische System hier sagen sollte! 3 ) - Es dürfte fast zu weitläuftig werden. - Es kommt ja hier nur auf den Dichter und sein Gedicht an. | Sage mir, was seyn soll - und ich will alles nach meinen Kräften versuchen! . . . [Beilage] . . . deine wenigen Zeilen haben meine Zweifel gröstentheils gelöst, und ich nehme sie als einen Ausspruch des Apolls an. | Bedenklich mußte mir es immer seyn, ein Werk dem Publikum zu übergeben, das wenige hinlänglich zu beurtheilen wissen, und das, seiner ernsten Natur nach, auch nur für wenige etwas anziehendes haben kann. Selbst die Lehren, die darin vorgetragen werden, sind zum Theil schon durch neuere Erkenntnisse widerlegt, zum Theil auch von vielen für höchst kezerisch gehalten worden. | Solchen vorgefaßten Urtheilen und Meinungen zu begegnen, möchte von
) Es trägt den Titel Herrn von Knebels Uebersetzung des Lukrez 1821 (Br 34, 346, zu Nr. 121). 2 ) Da die Hs. zwei Korrekturdurchsichten G's aufweist, ist unsicher, ob die Datierung die Entstehung der Hs. oder den Tag der zweiten Korrektur G's angibt (AA-SL 4, 170). 3 ) Geschah erst in der 2. Aufl. 1831 (Impulse 5, 253, Nr. 2, Anm. 3). 1
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ENTWURF EINER V O R R E D E ZU K N E B E L S
LUCREZ-ÜBERSETZUNG
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meiner Seite sehr beschwerlich seyn; und wenn man auch, um bei deinem Gleichnisse zu bleiben, von der Würdigkeit des einzuführenden Freundes völlig überzeuget wäre, so möchte es doch einen Mangel an Delikatesse anzeigen, solchen Freund in die Gesellschaft zu bringen, wo er bereits schon so übel angeschrieben wäre. - | Doch wir wollen uns nicht bei Entschuldigungen aufhalten, und den Mann und seine Sache selbst darstellen, wie sie sich unsern Augen zeigen. | Hohe Anschauung, kräftige Darstellung, lebendige Einbildungskraft, sind Eigenschaften, die du unserm Dichter anerkennst, und man dürfte wohl dir ein Urtheil darüber zugestehn. Aber was braucht sich wohl mehr zum Dichter; zumal wenn sein Gegenstand so eigener Art, fast widerstrebend dem Geiste der Poesie ist? - | Die spätem Zeitgenossen unsers Lukrez: Virgil, Horaz, Ovid, und andere, haben einmüthiglich Lukrez für einen grossen Dichter erkannt; mit hoher Achtung, ja mit Bewunderung von ihm gesprochen; und auf jedem Blatte des unsterblichen Virgils finden sich fast die Beweise, daß er solchen als Vorbild und Muster sich gehalten. Der Unbestimmtheit und Trüglichkeit mancher seiner Säze ungeachtet, haben ihn die merkwürdigsten Männer der folgenden Zeiten für einen tiefen Denker und weisen Lehrer anerkannt; ja selbst seine Schreibart wurde von vielen bewundert und nachgeahmt. | Ich will hier nicht mehr zum Lobe dieses Dichters und zur Aufmerksamkeit auf sein Gedicht beisezen. Vielleicht erlaubt mir noch eine künftige Zeit, mich näher darüber auszulassen. | Vor der Hand erwarte ich nur deine Begünstigung, vortreflichster Freund, durch Heraushebung einiger Stellen den Charakter des Gedichtes und seines Verfassers andeuten zu können!
Febr 20. Brief von Knebel [vom 18.] wegen dem Lucrez . . . Abends . . . Später Canzler von Müller. Nachts Lucrez. 20. [Weimar] F. v. Müller (Unterhaltungen 47): . . . sprachen wir von Knebels Lucretz und G. erzählte, wie er, um ihn von der vorgehabten polemisirenden Vorrede abzubringen, 1 ) b r i e f l i c h [14. Febr] die unverfänglichsten Gesichtspuncte aufgestellt und Knebeln dabey vestzuhalten, productiv und positiv zu machen versucht habe, wie jedoch Jener gleich in der ersten Antwort [18. Febr] abgesprungen und sich keineswegs mit Heiterkeit der Aufforderung gefügt habe, daher am Gelingen derselben fast zu zweifeln sey. | Auf die R e l i g i ö s e n Ansichten des Lucretzens dürfe Man sich nemlich gar nicht einlassen; seine N a t u r A n s c h a u u n g sey grandios, geistreich, erhaben; d i e s e sey zu preissen, - wie er über die lezten Gründe der Dinge gedacht, hingegen gleichgültig. Es habe schon damals eine gewaltige F u r c h t vor dem Zustande nach dem Tode in den Köpfen der Menschen gespuckt, ähnlich dem Fegfeuer Glauben bigotter Gatholicken; Lucretz sey dadurch ergrimmt, in das Extrem verfallen, von dieser Furcht durch seine Vernichtungslehre mit einem male heilen zu wollen. Man spüre durch das ganze Lehrgedicht einen Unstern, inngrimmischen Geist wandeln, der sich durchaus über die Erbärmlichkeit seiner Zeitgenossen erheben wolle. So sey es immer gewesen, auch bey Spinotza und andern Kätzern; wären die Menschen en masse nicht so erbärmlich, so hätten die Philosophen nicht nöthig, so absurd zu seyn! 2 ) | Gar treffend sagte G., als ich den Zufall prieß, der ihn zum Briefwechsel über diese Vorrede verleitet habe: „Ja, was thut Man denn Bedeutendes, ohne durch einzelnen Anlaß aufgeregt zu seyn? Die Gelegenheiten sind die wahren Musen, sie rütteln uns auf aus Träumereyen und man muß es ihnen noch danken!" Knebel habe leider keine Gollectanea über Lucretz, k e i n e A c t e n , darum werde es ihm schwer, jezt productiv und positiv zu seyn. „Da habe ich ganz anders gesammelt, Stöße von Excerpten und Notizen über jeden Lieblings Gegenstand."
) Dazu s. oben 2. Dez 1820: Knebel an G. ) Späterer Zusatz: Lukrez komme ihm in seinen abstrusen Lehrsätzen immer wie Friedrich II vor, als dieser in der Schlacht von Collin seinen Grenadieren, die eine Battrie zu attaquiren zauderten, zurief: Ihr Hunde, wollt Ihr denn ewig leben?
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ENTWURF EINER VORREDE ZU KNEBELS LUCREZ-ÜBERSETZUNG
1821
Febr 21. [Brief an] Herrn Major von Knebel, Lucrez betreffend . . . Lucrez . . . Von Knebels Übersetzung des Lucrez vom Buchbinder erhalten. 1 ) 21. An Knebel (Br 34, 136ff.): Um einen Schritt nach unserm löblichen Vorsatz weiter zu thun, erkläre mich über eine Stelle meines vorigen Briefes etwas umständlicher und sage: die A n s c h a u u n g könne eine p h y s i o l o g i s c h e und eine p a t h o l o g i s c h e seyn. Erstere macht den Naturforscher, letztere den Arzt; daß Lucrez zu beiden befähigt gewesen, ist wohl kein Zweifel; schön wäre es daher, wenn man Stellen andeutete, wo derselbe die Natur in ihrer ganzen Fülle und Gesundheit, sodann aber, wo er sie als krank und mangelhaft gleichfalls erkennt und ausspricht. | Zur Anschauung gesellt sich die E i n b i l d u n g s k r a f t , diese ist zuerst n a c h b i l d e n d , die Gegenstände nur wiederholend. Sodann ist sie p r o d u c t i v , indem sie das Angefaßte belebt, entwickelt, erweitert, verwandelt. | Ferner können wir noch eine u m s i c h t i g e Einbildungskraft annehmen, die sich bey'm Vortrag umherschaut, Gleiches und Ähnliches erfaßt, um das Ausgesprochene zu bewähren. | Hier zeigt sich nun das Wünschenswerthe der Analogie, die den Geist auf viele bezügliche Puncte versetzt, damit seine Thätigkeit alles das Zusammengehörige, das Zusammenstimmende wieder vereinige. | Unmittelbar daraus erzeugen sich die G l e i c h n i s s e , welche desto mehr Werth haben, je mehr sie sich dem Gegenstande nähern, zu dessen Erleuchtung sie herbeygerufen worden. Die vortrefflichsten aber sind: welche den Gegenstand völlig decken und identisch mit ihm zu werden scheinen. | Von allen diesen Geistesoperationen finden sich herrliche Beyspiele im Lucrez, und ich wünschte unter jeder Rubrik die vorzüglichsten aufgeführt zu sehen, welches dir, da du ihn ganz inne hast, nicht schwer fallen dürfte. Ich werde indeß, da ich mich mit Original und Übersetzung beschäftige, nicht verfehlen, was mir für diese und die folgenden Puncte wichtig scheint, versweis' anzumerken. | Betrachtungswerth findet sich gerade hiezu im sechsten Buch die wichtige Stelle von Vers 95 bis 599. Sie ist sehr ausgearbeitet, und würde davon manches zu brauchen seyn; er selbst hat sie für so wichtig gehalten, daß er ihr einen Anruf an die Muse vorausschickt. | Laß dich nicht verdrießen, den Dichter auf solche Weise gleichsam zu zerstükkeln; ich kenne nur diesen Weg, um aus der allgemeinen in die besondere Bewunderung zu gelangen. Haben wir dieß vorausgeschickt, so können wir andere Verdienste dieses außerordentlichen Mannes gleichfalls hervorheben. | Ich habe nun die Aushängebogen geheftet vor mir, sie nehmen sich sehr gut aus, und ich finde jetzt, bey mehrerer Bequemlichkeit, deine Übersetzung eines so schwierigen Werkes, das man stellenweis' abstrus nennen könnte, klar, eingänglich und fließend.
) Nach AA-SL 4, 1 7 2 - 7 5 u. FA I 21, 999 entstanden die Abschnitte 2a-c zwischen 21. u. 26. Febr 1821.
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ENTWURF EINER V O R R E D E ZU K N E B E L S
1821
LUCREZ-ÜBERSETZUNG
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Febr 22. Notate und Allegate aus Lucrez 1 ) . . . Nach Tische Lucrez. Abends Hofrath Meyer. Dieselbe Angelegenheit durchgesprochen. 26. [Jena] Knebel an G (Impulse 5, 236f.): . . . deine Zuschrift vom 21ten dieses habe ich mit grossem Vergnügen erhalten. Die Anschauung des Lukrezischen Werkes, wie du sie darin gefaßt, ist freilich etwas tiefer als die unsrer gewöhnlichen Kommentatoren, und eben deswegen, meiner Meinung nach, vortreflich. Indessen fürchte ich, daß ich dir nicht zur Genüglichkeit darauf werde antworten können, aus Mangel an Kentniß und Wissenschaft, und auch an Kräften. Auch lassen sich, wie mich dünkt, die Eigenschaften des Gedichtes nicht so trennen, da in demselben keine eigentliche Methode durchaus beobachtet ist, manches sich wiederholet und zurückweist, und Dichtkunst und Philosophie im engsten Verbände sind. | Ich habe deshalb gedacht, zur Beförderung des Werkes worin du mir so gütig beistehen willst, in meiner Vorrede, dir, oder wer es sei, der des Urtheils fähig ist, von dem Geist und Inhalte jedes einzelnen Buches gleichsam Rechenschaft zu geben, und mir darauf deine Meinung, Genehmigung oder Rektifikation zu erbitten. | Dieses würde mir die Sache leichter machen, und ohne Zweifel auch dir weniger Beschwerniß verursachen. | So erschiene das Ganze sogleich dem Leser in seiner ganzen Gestalt, und man könnte auch die minder anziehenden Theile verbergen. Denn auf tiefe Nachforschung darf man wohl bei den wenigsten rechnen, und H. Göschen würde seine Rechnung nicht bei deren Zahl finden. | Wenn du hierin meiner Meinung bist, so laß es mich mit wenigen Worten wissen, und du sollst nächstens einen Bogen von mir erhalten. Wenn ich den Autor selbst zur Seite habe, so kann ich vielleicht eher etwas sagen, wozu mich auch seine Verse inspiriren . . . Noch muß ich dir hier eine Stelle abschreiben, die mir diesen Morgen aus einem Englischen Journale entgegen kam, und die auch auf unsern Lukrez einige Beziehung hat. 2 ) 27. [Jena] Knebel an G (Impulse 5, 237f.): Diesen Morgen erhalte ich abermals eine Anzahl Bogen von Hn Göschen, die ich dir sogleich überschicke. | Ich habe sie nur flüchtig durchgesehen, und eben keine besondern Druckfehler gefunden. Die Interpunktion ist freilich oft fehlerhaft und konfus; ich weiß aber solches jezt nicht mehr zu ändern. | H Göschen dringt nun gewaltig darauf, daß ich ihm die Vorrede so bald als möglich schicken möchte. Ich bitte dich, mich nun darauf anzuweisen; ich will mein möglichstes thun. | Hn Baumg. Grusius scheint es nicht recht zu seyn, daß man seine Vorrede nicht will mitdrucken lassen, und er will sie also besonders herausgeben. 3 ) Ich weiß nicht was es hindern sollte, wann sie auch nach der unsrigen voran stünde. Sie würde wenigstens immer einen Theil der Geschichte anzeigen, den wir unterlassen. | Habe die Güte mir deine Meinung über sämtliches zu sagen. | Und so empfele ich mich dir, nebst meinem Lukrez, zu fernerm freundlichem Wohlwollen . . .
28. An Knebel (Br 34, 145): Gar wohl begreife ich, mein Theuerster, daß meine vorgeschlagene Behandlungsart des Dichters dir nicht ganz zusagt; denn es hat freylich immer einige Gefahr, einen Dichter auf diese Weise zu zerpflücken, weil man nicht sicher ist, ihn am Ende in seiner Ganzheit wieder herzustellen; deshalb billige ich deinen Vorsatz, buchweise zu verfahren, gar sehr und erwarte zunächst eine Sendung. ) Angeführte Schriftstellen in den Abschnitten 2 a - c deuten auf Entstehung dieser Partien am 22. Febr. 2 ) Nach Impulse 5, 254, Anm. 3 zu Nr. 3 folgt ein Auszug aus einem engl. Journal (nicht ermittelt). Er schließt mit einer Kritik an Lukrez, der den Reichtum seines Genies unglücklicherweise an Lehren gewendet habe, die zum Geist der Poesie in direktem Gegensatz stünden. Knebel fügte abschließend hinzu: '(d. h. daß er kein guter Christ war.)' 3 ) Eine Arbeit über Lukrez von L. F. O. Baumgarten-Grusius ist nicht nachgewiesen. 1
12 März
E N T W U R F E I N E R V O R R E D E ZU K N E B E L S L U C R E Z - Ü B E R S E T Z U N G
1821
6. [Jena] Knebel an G (Impulse 5, 2 3 8 ) : Ich schicke dir hier, mein Verehrtester, eine Probe meiner Darstellung des Lukrezischen Gedichtes [Beilage], die ich dich bitte zu durchlesen, und mir deine Meinung darüber zu sagen. | Ich bin in einer Art von Verzweiflung zwischen mir und dem Publikum. Ich weiß nicht was ich diesem sagen soll, um es einigermassen verständig zu machen - und ihm Interesse für das wahrhaft Interessante zu geben. Mein Verleger und Konsorten ist nicht besser. Man muß ihnen, wie Lukrez sagt, Honig um die Lippen streichen. | Habe nur Gedult mit mir, und unterstüze mich durch Theilnahme! und erlaube mir, daß ich dir die Bogen nach und nach schicken darf! - | Es versteht sich, ich mache doch noch eine Vorerinnerung . . . [Beilage (G-Knebel 2, 282fr.) 1 )] Bei aller meiner Bekanntschaft mit dem Lukrezischen Gedichte wird es mir doch etwas schwer, die mir in Deinem letzten Schreiben aufgestellten Sätze genügsam zu beantworten. Ich muß gestehen, daß ich bei meiner Bearbeitung des Gedichtes meine Aufmerksamkeit mehr auf die poetischen Vorzüge des Dichters, als auf die Darstellung und Beweise seiner philosophischen Sätze gewendet habe. Indessen will ich versuchen was ich kann, in Erwartung Deiner Andeutung und Zurechtweisung wo ich sollte gefehlt haben. | Ich will also zu mehrerer Bequemlichkeit das Gedicht nach seinen 6 Büchern durchgehen, und nur noch zum Voraus bemerken, daß Lukrez gemeiniglich das Räsonnement vorausgehen läßt, bevor er seine Gründe und Beweise darlegt. Diese nimmt er aber meist nur aus der sämmtlichen Anschauung und Erfahrung, oder aus der Analogie mit andern Dingen. Nur Einmal geht er, wie man sagen möchte, ins Transcendentale über, wenn er aus den Gesetzen der Vernunft das L e e r e beweist. | Das erste Buch hat nun zum hauptsächlichsten Gegenstande, daß aus N i c h t s n i c h t s w e r d e n k ö n n e . Hierzu führt er die hinreichendsten und treffendsten Beweise an. Davon kommt er auf die k l e i n s t e n T h e i l e , durch welche die Natur alles hervorbringt, und zuletzt auf das Leere, ohne welches keine Bewegung stattfände. | Er nimmt also nur zwei Dinge in der Natur an, K ö r p e r und L e e r e s . Die Gründe hierzu werden wiederholt vorgetragen, Abweichungen dieser Lehre getadelt, und Benennungen anderer Dinge darauf zurückgebracht. | Nun kommt er auf die G r u n d s t o f f e der Materie, durch deren Verein die Körper hervorgebracht werden, und beweist ihr Dasein und ihre Eigenschaften, ihre Einfachheit, und daher ihre Unauflöslichkeit und dauernde Einigkeit. | Zuletzt widerlegt er die falschen Meinungen anderer Philosophen von den Elementen, worunter er besonders den Heraklitus nennt, und, obwohl mit großem Lobe, den Empedokles, der die vier Elemente annahm. Gegen diesen beweist er die Unzulänglichkeit seiner Lehre, und gegen jenen ruft er die Sinne selbst an, auf die sich doch aller Grund der Wahrheit stütze. Hier kommen noch mehrere Zurechtweisungen anderer Meinungen der Philosophen vor, die durch manche sinnreiche Zusammenstellungen in der Einbildungskraft des Dichters der Natur widerlegt werden. | Er kommt nun auf die Homöomerien des Anaxagoras, die er darlegt und etwas spöttisch behandelt. | Alles kommt auf Verhältniß und Lage jener ersten Stoffe unter sich an. Hier der Vergleich mit unserer Sprache selbst, wie dieselben veränderten Buchstaben ganz andere Worte und Begriffe hervorbringen können. | Von hier aus kommt der Dichter durch einen prächtigen Uebergang auf die Grenzenlosigkeit des Ganzen, da es kein Aeußerstes geben kann, keinen Punkt von dem man nicht weiter sehen könnte. Auch kann nicht alles mit Materie angefüllt sein, sonst fehlte es den Dingen an Bewegung. Diese wechseln immer mit dem leeren Räume ab, wie wir es an allen Dingen sehen. Es ist also ein endloses, unverwüstliches Leeres. | Ein Spott auf die Stoiker, die der Welt eine Seele zuschreiben. Sie ist durch die unendlich-wiederholte Veränderung zufälliger Verbindung der Stoffe entstanden. Durch diese wird auch Alles
) Nach Impulse 5, 2 5 5 (Anm. 1 zu Nr. 5) Beilage zu diesem Brief. In G - K n e b e l 2 eingeordnet als Nr. 5 6 4 (ohne Datum u. Unterschrift) zwischen 1 8 2 1 Febr 14. an Knebel u. Febr 16. Knebel an G.
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ENTWURF EINER V O R R E D E ZU K N E B E L S L U C R E Z - Ü B E R S E T Z U N G
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neu wieder hergestellt und erhalten, gleichsam wie Speise und Trank den menschlichen Körper ernährt und erhält. | Hier folgt die Widerlegung einiger, daß alles nach dem Mittelpunkt dringe. Dieses scheint dem Dichter unwahr, weil es überhaupt keinen Mittelpunkt im unendlichen All geben könne. | Dieser Meinung ist auch, daß Sonne und Sterne da seien, um die von der Erde aufsteigenden Theile der Luft und des Feuers aufzufassen und zurück zu halten, damit nicht durch einen gewaltigen Ausbruch der Stoffe zuletzt alles zu Grunde ginge. März
7. 7.
Erste Bogen von Knebels Vorrede zum Lucrez. Nebenstehende Expeditionen . . . Herrn von Knebel, Rücksendung der Bogen. An Knebel (Br 34, 151f.): Ich kann nicht genug eilen, dir die Blätter zurückzuschicken und Glück zu wünschen, daß die Arbeit so sehr gut geräth. Fahre so fort und sieh dich weder rechts noch links um, denn mit dem Publicum fahrst du am besten, wenn du thust, als wenn keins da wäre. Auch in Absicht auf die Ausdehnung find ich deine Arbeit sehr glücklich; wenn du durch die sechs Bücher so fortfährst, so könntens' bey dem großen Format nur wenig Bogen geben. | Fahre fleißig fort und sende fleißig . . . Möge diese Epoche uns beiden gleichmäßig Freude bringen. [Jena] Knebel an G (Impulse 5, 238f.): . . . dein gütiger Beifall hat mich ermuntert. Ich schicke dir hier meine Uebersicht des zweiten Buches, und wünsche, daß du auch damit zufrieden seyn mögest. | Du wirst die noch unsaubere Abschrift entschuldigen, da ich eilen wollte dir die Sache zu überliefern. | Habe die Güte wenn du bei Durchlesung etwas unrichtiges findest, oder etwas das du anders haben wolltest, mir solches nur mit einem Strich anzudeuten. Ich mache mir Sorge darüber, daß ich dich plage. | Ich bin jezt schon wieder am dritten Buch, und muß mich nur hüten daß ich nicht zu weitläufig werde. | Es wäre so vieles zu sagen; aber ich will mir eben keine Feinde machen. | Die Sorglosigkeit, und der Unverstand, besonders über diesen Autor, ist unglaublich. Manche sind auch Heuchler, und affektiren den Autor zu beschuldigen, indem sie ihn nicht verstehen - oder nicht verstehen wollen.
17. . . . kam an . . . das 2. Buch des von Knebelischen Auszugs des Lucrezischen Gedichts. 18. [Brief an] Herrn von Knebel, Rücksendung der Epitome des zweyten Lucrezischen Buches. 18. An Knebel (Br 34, 168f.): Auch gegenwärtige Sendung kommt mit vielem Dank und allem Beyfall zurück, ich wünschte nichts hinzugefügt, noch weggenommen. Der Auszug ist klar, deutlich und hinreichend; doch habe stets im Sinne und vor Augen, dich vor Weitläufigkeit und Controvers zu hüten; unter der Arbeit ist beides leicht zu vermeiden, nachher kaum zu entfernen. 27. [Jena] Knebel an G (Impulse 5, 239): Ich seze deine Gedult auf eine starke Probe, indem ich dir schon wieder Lukrezische Bogen schicke. Du thust mir aber eine grosse Wohlthat sie anzusehen, da ich doch meines Urtheils nicht immer ganz gewiß bin. | Deinem Rathe zufolge habe ich mich über dieß dritte Buch ziemlich zusammen gezogen, das sonst zu manchen Weitläufigkeiten hätte Anlaß geben können. 1 ) | Ich werde 1
) Es enthält die Sterblichkeitslehre des Lukrez.
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ENTWURF E I N E R V O R R E D E ZU K N E B E L S LUCREZ-ÜBERSETZUNG
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nun die drei Bücher einstweilen an Hn Göschen schicken, damit er sich mit dem übrigen danach richten kann. März 28. [Jena] Knebel an G (Impulse 5, 240): Darf ich dich wohl bitten, mein lieber, daß du mir die paar Bogen, die ich dir lezthin gesandt, wieder zurück schicken mögest! | Ich muß doch Hn Göschen etwas schicken, damit er nicht ganz verzweifelt, oder mir gar das Werk liegen läßt. 1 )
28. An Herrn von Knebel, den Auszug des dritten Lucrezischen Buches zurück. 28. An Knebel (Br 34, 171): Mit wenigen aber frohen Dankesworten begleite diese abermalige Rücksendung. Es schreitet schön und gut fort, möge der Druck nun bald das Ganze vollenden. Apr
6. [Jena] Knebel an G (Impulse 5, 240f.): Hier überschicke ich dir . . . auch meine Uebersicht des vierten Buches des Lukrez. Sie ist mir etwas schwer geworden, weil das Ganze nur auf einer sehr hypothetischen Ansicht ruht. Unter den Neueren hat sich doch Hobbes dieselbe eigen gemacht, weil es so schwer ist zu erklären, wie die äussern Vorstellungen in unsre Seele gelangen. 2 ) | Ich habe nur das pikanteste herausgehoben, und wünsche, daß du mit meiner Arbeit zufrieden seyn mögest. Ich bitte mir es bald wieder zu schicken, um Hn Göschen nicht ganz in seinen Erwartungen sinken zu lassen. | Ich höre, daß du erst zu Ende dieses Monats hieher zu kommen gedenkest . . . Ich wollte, daß ich dir alsdann das ganze Werk vollendet überreichen könnte - doch ich zweifle noch.
7. An Major von Knebel das Schema des vierten Buchs des Lucrez zurück. 7. An Knebel (Br 34, 185f.): Auch den Auszug dieses Buchs finde durchaus vortrefflich und zweckmäßig; sende ihn gleich zurück, indem ich gar nichts zu bedenken finde. Man kommt durch diesen Auszug erst in den Fall, das unübersehbare Werk wo nicht zu begreifen, doch wenigstens im Einzelnen besser zu genießen. Fahre so fort und verharre bis an's Ende. | Ich von meiner Seite werde durch deine Arbeit auch gar sehr gefördert, indem jene Art, wie ich die Sache erst anzugreifen rieth, durch deine Vorarbeit erst möglich wird. Ich trage das immer mit mir herum und hoffe zur verdienten Aufnahme dieses Werks das Meinige beyzutragen. 28. Abends Hofrath Meyer, den Knebeischen Lucrez betrachtet. Mai
1. (Knebel: T. Lucretius Garus. Von der Natur der Dinge. Leipzig 1821, Vorrede, S. VI, datiert: Jena am ersten Mai 1821.)
Juni
9. Bücher-Vermehrungsliste (Tgb 8, 312): Lucretius, Von der Natur der Dinge, übersetzt von Knebel. 2 Bände . . . Vom Übersetzer. AR/Red. ) Knebel hob im Begleitbrief an Göschen vom gleichen Tag nochmals hervor, daß er ein dauerhaftes Werk, nicht einen bloßen Meßartikel zu liefern beabsichtige (Impulse 5, 256, Nr. 8, Anrn. 2). 2 ) Die in Lukrez' IV. Buch behandelte Bildtheorie des Epikur aufgenommen von den engl. Sensualisten, u. a. von T. Hobbes in De corpore, 1655, 4 / 2 5 (Impulse 5, 256, Nr. 9, Anm. 1). 1
1813
ENTWURF ZU EINEM AUFSATZ Ü B E R N E U E R E K U N S T
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[Entwurf zu einem Aufsatz über neuere Kunst]1) E
nach 1813 Nov2)
D
W 53 (1914) 403f., Nr. 114 (Paralip.; ohne Titel). - CA 17, 487ff. - FA I 19, 652ff. MA 9, 648ff.
Z
1813
?
Nov
[Weimar] Kunstmaximen. 17. [Nachmittags] Kunstschulen. ?25. [Nachmittags] Tabellen der Kunstgeschichte. 3.
?
UH
Ephemerides3) E
1770 Jan - März, Sept - Dez; 1771 Jan - Dez
D
Briefe und Aufsätze von Goethe aus den Jahren 1766 bis 1786. Zum erstenmal hsg. durch A. Schöll. Weimar 1846, S. 6 3 - 1 4 0 . 4 ) - W 37, 7 9 - 1 1 4 ; 38, 2 2 6 - 3 4 . - JG 3 1, 4 2 6 - 4 0 (Jan-März 1770); 2, 26ff. (Herbst 1770-Aug 1771), 74f. (Aug-Dez 1771). FA II 1, 1 8 5 - 2 0 4 (Jan-März 1770), 234ff. (Herbst 1770-Aug 1771), 249ff. (Aug-Dez 1771). - MA 1.2, 5 1 9 - 4 1 .
Z5) Jan [?]
1770 [Frankfurt] Hs. S. 1 - 5 Mitte (W 37, 8 l ! - 8 5 2 9 ) undatiert. 6 ))
1 ) Entwurf mit Bezügen auf diverse kunstgeschichtliche Arbeiten G's u. Meyers; u. a. zu Ältere Gemälde von 1790 (s. EGW 1, 18), Propyläen (W 53, 403f.; FA I 19, 652), Neu-deutsche religios-patriotische Kunst (KA I 2, 1817, 5 - 1 6 2 ) . Überliefert auf Folioblättern mit der Hs. Caroline Ulrichs (späteren Frau Riemers). 2 ) Ab Nov 1813 leistete Caroline Ulrich G Schreibhilfe. 3 ) Eine Art Lektüre-Tagebuch in einem Quartheft mit der Aufschrift Ephemerides. \ Was man treibt, \ Heut dies und morgen das. \ 1770.\ von G beschriebene u. paginierte 34 Seiten mit Lesefrüchten, Exzerpten u. Buchtiteln, erhalten geblieben in Charlotte v. Steins Nachlaß. 4 ) ED mit geänderter Abfolge der Texte durch Anordnung nach Sachgebieten u. umfangreichen Anm. 5 ) Z zu den Ephemerides nicht überliefert. Datierungsanhalte nur durch die Hs. Zu Versuchen, einzelne Eintragungen aufgrund von Herders Einfluß zu datieren, vgl. Hanna Fischer-Lamberg: Zur Entstehungsgeschichte der Ephemerides. In: Beiträge zur Goethe-Forschung. Hsg. v. E. Grumach. Berlin 1959, 91ff. 6 ) Da die folgenden Abschnitte durch die Monatsangaben Febr u. März eingeleitet sind, kann auf Jan geschlossen werden.
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1770
EPHEMERIDES
Febr
[Frankfurt] Hs. S. 5 M i t t e - 1 2 (W 37, 8 6 r 9 3 2 2 ) datiert: Febr.
März
[Frankfurt] Hs. S. 1 3 - 2 7 bis Doppelstrich (W 37 , 9 3 2 3 - 1 0 8 2 3 ) datiert: Martius. 1 ))
1771 Aug
[Straßburg] Hs. S. 27 nach Doppelstrich bis S. 30 (W 37, 1 0 8 2 4 - 1 1 1 1 7 ) undatiert: 2 ))
Aug-Dez
[Frankfurt] Hs. S. 3 1 - 3 4 (W 37, 111 1 8 114 2 1 ) undatiert. 3 ))
HH
Des Epimenides Erwachen 4 ) E
1814 Mai - Juli Programm Lyrische Passagen für die Berliner Aufführung Bemerkungen für die Berliner Aufführung Notizenblatt 7 ) Reinschrift für die Berliner Druckfassung Änderungen für die Berliner Aufführung
W 16, 4 9 4 - 5 0 6 5 )
1814 Mai 1 9 . - 2 3 . 1814 Mai 23. - Juni 15.
W 16, 5 0 7 - 1 4 6 )
1814 Juni 15.
W 16, 515f.
1814 Juni 2 4 . / 3 0 . 1814 Juli 7 . / 1 2 .
W 16, 526; 5 4 9 - 5 3
1814 Dez
) Der doppelte Schlußstrich auf S. 27, der einzige seiner Art in den Ephemerides, markiert eine wichtige Zäsur: Am 30. oder 31. März 1770 reiste G zur Fortsetzung seines Studiums nach Straßburg. 2 ) Seit Apr 1770 in Straßburg, kam G wohl wegen vielfältiger Zerstreuungen zunächst kaum zu Lektürenotizen. Erst ab Anfang Sept 1 7 7 0 im U m g a n g mit Herder werden die Eintragungen wieder aufgenommen worden sein. Genauere Datierungen sind i m Zeitraum bis Aug 1771 nicht möglich. - Auf S. 30 ließ G am Ende 6 Zeilen frei. Diese Lücke markiert erneut eine wichtige Zäsur: die Rückkehr nach Frankfurt am 14. Aug 1771. 3 ) Ein verändertes Schriftbild markiert die Zäsur. Auf den letzten 4 Seiten ist die Schrift aufgelockerter u. flüchtiger als auf den vorangegangenen 3 0 Seiten. - Der letzte Abschnitt enthält Bruchstücke eines dramatischen Projekts; s. „ C ä s a r " (EGW 2, 4f.). 4 ) Untertitel im ED: Ein Festspiel. 5 ) Hernpel 1 11.1, 1 3 5 - 4 4 . - F A I 6, 1 2 9 8 - 1 3 0 8 . - MA 9, 1 1 6 2 - 7 0 . 6 ) Hernpel 1 11.1, 1 4 5 - 5 0 . - F A I 6, 1 3 1 0 - 1 5 . - MA 9, 1 1 7 1 - 7 3 . 7 ) Im Hinblick auf die Berliner Aufführung. Nicht erhalten blieb eine v o m Komponisten B. A. Weber aus Berlin mitgebrachte Abschrift des ersten G'schen Ms., das als Grundlage der gemeinsamen Umarbeitung in Berka u. Weimar diente (s. unten 21. Juni 1814: Iffland an G); frühstes Dirigierbuch bzw. Kapellmeister-Exemplar (s. unten 26. Juni 1814: Riemer). D e m Hsg. des Epimenides in W 16 lag 1894 eine Epimenides. Dirigirbuch No. 1 überschriebene Abschrift des Königl. Theaters zu Berlin vor, die viele, bis zum 12. März 1815 reichende Nachträge u. Änderungen enthielt (W-Sigle H 3', W 16, 526f.). - Zur Berliner Partitur u. dem Soufflierbuch (W-Siglen H 4 u. H5) s. W 16, 5 2 7 - 3 0 u. unten 21. Nov 1815: Weber an G. 1
1814
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DES EPIMENIDES ERWACHEN Schlußrezitativ und -chor W 16, 526f. 1 ) Geschichtserzählung W 16, 5 1 7 - 2 3 Bearbeitung für die Weimarer Aufführung Einleitungs-Stanzen
1815 Jan/März 12. 1815 März 4 . / 6 . 1815 Nov/Dez 2 ) 1816 Febr 15. 3 )
Erste Aufführungen Berlin 1815 März 30., 31., Juni 1., Juli 16.; 1816 Apr 5. Weimar 1816 Febr 7., 10. u. 1816 Okt 19. Leipzig 1816 Febr 13. 4 ) D
1) Berliner Fassung: Des Epimenides Erwachen. Ein Festspiel von Göthe. Berlin, bei Duncker und Humblot. MDCCCXV. 5 ) - Hernpel 1 11.1, 153-203. - 2) Weimarer Fassung: B 8 (1816), 4 2 1 - 7 6 . 6 ) - C 1 13 (1828), 2 6 1 - 3 1 6 . - W 16, 3 3 1 - 8 1 . - FA I 6, 7 3 3 - 7 1 ; 1336f. (Varianten der Berliner Fassung in Auswahl). - MA 9, 195-231.
Z
1814
—
— Tag- und Jahres-Hefte 7 ) (W 36, 88f.): Unsere Schauspielergesellschaft sollte wie bisher auch dießmal der Gunst genießen in Halle den Sommer durch Vorstellungen zu geben. Der wackere [J. C.] R e i l , dem die dortige Bühne ihre Entstehung verdankte, war gestorben; man wünschte ein Vorspiel, das zugleich als Todtenfeier für den trefflichen Mann gelten könnte; ich entwarf es bei'm Frühlingsaufenthalte zu Berka an der Ilm. 8 ) Als ich aber, durch Iffland unerwartet aufgefordert, d a s E r -
) ED des Schlußchors auf der Rückseite der Weimarer Theaterzettel zum 7. u. 10. Febr 1816. 2 ) Erste Erwähnung dieses Vorhabens am 15. Juni 1815. 3 ) Für den Druck in Ausgabe B. 4 ) V o n dem Komponisten B. A. Weber geleitete konzertante Aufführung; ihr lag der (vielleicht unter G's Mithilfe; s. unten 28. Jan 1816: Weber an G) gekürzte Text der Berliner Fassung zugrunde. Zu dieser Aufführung erschien ein Textheft: Des Epimenides Erwachen, von Göthe. Von dem Verfasser für's Goncert eingerichtet. Musik von B. A. Weber (W 16, 532f.; Sigle: F?). 5 ) Vorwort von K. [onrad] L. [evezow]. Dem Titel gegenüber: Die Musik zu diesem Festspiel ist von Herrn Kapellmeister Bernhard Anselm Weber, welcher dieselbe besonders herausgeben wird. Zu den Varianten Ex. s. Hagen Nr. 393a-c. - Dem ED voraus gingen drei Journaldrucke des zuerst von Zelter vertonten Ghorliedes Vorwärts!'. 1) in: Das erwachte Europa. Bd 2. H. 5 (Berlin 1814), 86f. (W-Sigle: / ' ); 2) in: Journal des Nieder- und Mittel-Rheins, Journal du Bas-Rhin et du Rhin-Moyen. Nr. 60 (1. Nov 1814), 459 (in W nicht erfaßt); 3) in: Morgenblatt, Nr. 275 (16. Nov 1814), 1099f. (W-Sigle: J 2). Diese Drucke weichen - wohl aufgrund der Zelterschen Bearbeitung von der späteren Fassung im ED des Epimenides mehrfach ab; s. W 16, 530 u. unten 1814 Okt 29., Nov 8. u. 16. 1
) Mit den beiden einleitenden Stanzen u. dem Verzeichnis der bei der 1. Weimarer Aufführung Mitwirkenden. 7 ) Geschrieben 1819 Febr. 8) Was wir bringen. Fortsetzung. Während seines 6-wöchigen Kuraufenthalts in Bad 6
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DES EPIMENIDES
ERWACHEN
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w a c h e n des E p i m e n i d e s unternahm, so wurde jenes durch Riemer nach Verabredung ausgearbeitet. Capellmeister [B. A.] W e b e r besuchte mich wegen der Composition des Epimenides, über die wir uns verglichen. Mai
7. [Berlin] A. W . Iffland an F. Kirms (GSA 2 5 / X X , 1 2 A Bl. lf.): S. M. der König [Friedrich Wilhelm III.] wird, wie man glaubt, in vier Wochen, vielleicht früher, vielleicht später, in Begleitung des Kaisers Alexander hierher kommen. Ich wünschte sehr, daß etwas, der Zeit und des Gegenstandes würdig, als Einleitung gegeben werden möchte. Nichts ist natürlicher, als daß der Gedanke mich zuerst dahin führt, durch Ihre gütige Verwendung zu erforschen und zu fragen: ob Hr. v. Göthe sich entschließen würde, sein Genie für diese Sache wirken zu lassen. Die Art und Weise, wie er das geschehen lassen wollte, müßte natürlich seiner Phantasie ganz und gar überlassen bleiben. Die Gegenwart des Kaisers und die Feier dieser seltenen Freundschaft würde allerdings die Ausführung sehr erleichtern. Da es jedoch nicht positiv gewiß anzunehmen ist, ob der Kaiser mitkommt, und da der Kaiser Franz in dieser Sache so großen Ausschlag gegeben hat, so ist es allerdings nothwendig, Seiner auf deutsche Weise zu gedenken und des Kronprinzen von Schweden zu erwähnen. Doch, was sage ich dies dem, der es so gut, wie irgend Jemand übersieht. Die Art und Weise, wie dies Stück geführt seyn soll, wird uns heilig und werth seyn, wie sie Hr. v. Goethe auch belieben wird. Die Länge des Stücks hängt ganz von seiner Disposition ab. Für uns ist es genug, wenn dadurch ein Raum von zwanzig Minuten ausgefüllt wird. Suchen Sie zu erfahren, ob es Ihm gelegen seyn würde, wenn die Gasse das Honorar von = Zwei Hundert Thaler dafür anbietet; indem wir auf den Druck nicht den mindesten Anspruch machen, dessen Absatz hier schon nicht unbedeutend seyn würde. Sollte Hr. von Goethe vielleicht nicht dort, sondern in Jena oder sonst nahe seyn, so verbinden Sie mich herzlich, wenn Sie auf eine Weise, die Ihnen die bessere scheint, sich mit ihm bereden wollten, die mir bald ein Resultat zuführen könnte. Allerdings darf auch nicht ein Tag an dieser Zeit verloren gehen, da man nicht wissen kann, wie oft solche Ankunften früher sind, als man anfangs zu glauben Ursache hat; und ich auch nicht weiß, welche Zubereitungen die Decorationen u. s. w. verlangen könnten. Lassen Sie mich noch bemerken, daß der König Sich nicht gern geradezu angeredet sieht, es müßte denn am Schlüsse seyn. Diese Sache liegt mir sehr am Herzen. Ich empfehle sie Ihrem Wohlwollen und Ihrer Freundschaft!
17. [Berka] Hofkamm. Kirms. Antrag Ifflands. 18. [Berka] An F. Kirms (Br 24, 277ff.): Ew. Wohlgeboren kann ich nicht verbergen, daß der freundliche und ehrenvolle Antrag des Herrn Generaldirector Iffland mich in eine peinliche Lage versetzt. Wie gern ich Gelegenheitsgedichte bearbeite, habe ich oft gestanden und wie geschwind ich mich zu einem solchen Unternehmen entschließe, davon mag zeugen, daß ich mich so eben mit einem kleinen Vorspiel beschäftige, nach dem Wunsch der Badedirection in Halle, welche etwas Zeitgemäßes, das sich zugleich auf den verewigten Reil bezöge, vor kurzem verlangt hat. | Wie weh es mir also thun muß, eine einzige Gelegenheit, wie die, welche sich von Berlin darbietet, zu versäumen,
Berka logierte G vom 13. Mai - 18. Juni und nach kurzem Zwischenaufenthalt in Weimar, vom 2 0 . - 2 8 . Juni 1 8 1 4 mit Christiane u. deren Gesellschafterin Caroline Ulrich im sog. Edelhof am Ilmufer.
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bedarf keiner Worte. Ich habe die Sache seit vierundzwanzig Stunden, nach allen Seiten, durchgedacht und finde sie nicht ausführbar. Vier Wochen sind ein gar zu kurzer Termin; sie wären es nicht, wenn ich mich in Berlin befände, oder wenigstens von dem dortigen Theater und den äußeren Verhältnissen früher persönliche Kenntniß genommen hätte. | Die Wirkung nach Halle und in Halle wird mir leicht, es geschieht durch unsere Schauspieler, deren Fertigkeiten ich kenne, und für die also, mit einigem Geistesaufwand, wohl solche Rollen zu schreiben sind, welche Gunst erwerben. Von Lauchstädt her läßt sich manches anknüpfen, in Halle selbst habe ich persönliche Verhältnisse, und sodann ist es wohl erlaubt, das Ganze überhaupt leichter zu nehmen. | Die Aufgabe für Berlin ist groß und ich erkenne in ihrem ganzen Werth die Ehre, die man mir erzeigt, zu glauben, daß ich sie zu lösen im Stande sey. Ich habe den großen Umfang, der gefordert werden kann, schnell durchgedacht; aber ich darf keine Erfindung wagen ohne genügsame Zeit und hinreichende Kenntniß. Damit aber dieses nicht eine bloße Ausflucht scheine, so erbiete ich mich eine ähnliche Arbeit durchzudenken die, bey einem bevorstehenden Friedensfeste auf einem so würdigen Schauplatz, wenn sie glückt, mit Ehren erscheinen dürfte. | Hierzu aber wäre nöthig, daß der Herr Generaldirector irgend einem geistreichen Mann den Auftrag gäbe, sich mit mir in Rapport zu setzen und mich mit den Persönlichkeiten der Schauspieler und Sänger, den Rollen, worin sie am meisten gefallen und was man sonst noch für nothwendig hielte, bekannt zu machen. | Hierauf würde ich die Erfindung gründen und mich darüber, auch abwesend, mit den dortigen einsichtigen Männern vorläufig berathen und so getroster an die Ausführung gehen können. | Ich bitte dieses, mit Versicherung eines aufrichtigen Dankes und wahrhafter Verehrung, dem Herrn Generaldirector mitzutheilen. Mai 18. [Berka] An Knebel (Br 24, 279): Der Aufenthalt ist hier sehr angenehm, und bis jetzt äußerst stille; da ich mir mancherley zu thun vorgenommen habe, so ist dieß mir höchst erwünscht. 18. [Berka] Vorspiel.1) 19. [Berka] Müller. Riemer. Blieben zu Abend. Vorspiel für Berlin ... [Brief an] Geheimehofrath Kirms wegen Halle, Expeditionen wegen Ifflands Antrag. 20. [Berka] Spazieren mit Uli [Caroline Ulrich], Erzählung des Plans zum Vorspiel. 20. [Berka] An F. Kirms (Br 24, 284): Haben Ew. Wohlgebornen etwa schon, nach dem Inhalte meines gestrigen Briefes, Herrn Generaldirec-
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) Für Halle (Was wir bringen. Fortsetzung ) oder schon auf Berlin bezüglich?
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tor Iffland mein Zweifeln und Zaudern gemeldet; so haben Sie die Güte, dem verehrten Mann baldigst anzuzeigen, daß mir sein Antrag allzu schmeichelhaft gewesen, als daß ich nicht hätte alle meine Kräfte hervorrufen und einen Versuch machen sollen, wie sein Verlangen zu erfüllen wäre. Nun ist mir ein Gedanke beygegangen, der mir der Ausführung nicht unwerth scheint. In einigen Tagen soll der Entwurf abgehen; wird er gebilligt, so können Kleider, Decorationen, Instrumentalmusik, durchaus vorbereitet werden. Die Gesänge schickte ich zuerst, sodann den Dialog. Da alles was zu sprechen ist, unter viele Personen vertheilt wird, so macht sich keine Rolle stark, sie sind alle Tage zu lernen. Mehr sage ich nicht. Wäre meine gestrige Erklärung schon abgegangen, so bitte von der gegenwärtigen eiligen Gebrauch zu machen. Mai
21. [Weimar] K. Kirms an Iffland (Abschrift; GSA 25/XX,12 D Bl. 5f.): Des Herrn geheimen Raths von Göthe Excellenz befindet sich jetzt in Berka an der Ilm, einem 3 Stunden weit von hier gelegenen neuen Schwefelbade. Ich ritt am vergangenen Dienstag [17. Mai] selbst dahin, ihm Ihren Wunsch bekannt machend. Er erwiederte: Der Antrag ist Ehrenvoll, allein die Zeit scheint mir zu kurtz zu seyn, um denselben Ehrenvoll ausführen zu können, besonders da ich hier in dem kleinen Landstädtchen über die Kräfte einzelner Mitglieder des Berliner Theaters keine Ansicht haben kann: ich will es indessen überlegen; in zwei Tagen sollen sie meine Entschliessung hören. Trapp trapp gings wieder fort und in 3 1 / 4 Stunden war dieser Antrag berichtigt, und ich wieder zu Hause. Es hielt derselbe Wort. Nur wurde mir diese am Donnerstag hier eingetroffene Depesche [von G 18. Mai] erstlich am Freytag frühe, wo die Leipziger Post schon abgegangen war, eingehändigt. Diese kommt also um einen Posttag später. Sie ist mit No 1. bezeichnet. | Am Freytag Abend, gestern, kam nach weiterer Überlegung noch ein Sub No 2. [von G 20. Mai], welche beyde wenn nicht noch eine eintrifft, morgen Sonntag Abend mit der reitenden Post über Leipzig abgehen sollen.
21. [Berka] Vorspiel für Berlin. 22. [Berka] Vorspiel für Berlin. Mittag Riemer. [A.] Genast, Meyer, Moltke, Eduard [Genast]. 22. [Berka] Riemer Tagebuch (JbSK 3, 63): Bei Goethe. An seinem Vorspiel diktiert das Schema. 22. (Programm (W 16, 4 9 4 - 5 0 6 ) Des Epimenides 22. May 1814)
Erwachen
datiert: Berka an der Ilm, den
22. [Berka] An C. G. v. Voigt (Br 24, 285): Das Vergangene und Gegenwärtige durchzudenken werde ich auf die sonderbarste Weise veranlaßt; der Generaldirector Iffland verlangt von mir ein Vorspiel zur Feyer der königlichen Wiederkunft. Es will sich nicht recht ziemen es abzuschlagen und doch ist es eine bedenkliche Aufgabe, man muß indessen sehen was allenfalls zu thun ist. 23. [Berka] Riemer Abschrift des Programms. 23. [Berka] Riemer Tagebuch (JbSK 3, 63): Früh bei Goethe. Hernach Abschrift des Schema für das Berliner Vorspiel.
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Mai 23. [Berka] An Knebel (Br 24, 286f.): Lebe recht wohl, besuche mich in Berka. Das Ich ist dießmal in ziemlich guten Umständen und würde wie eine epikurische Gottheit leben, wenn nicht das Nicht-Ich mit Anmuth und Unmuth mich in meine Einsamkeit verfolgte. Ich habe beynahe so viel Händel auf dem Halse, von guter und schlechter Sorte, als der Marschall von Bassompierre, welcher einer Tochter aus großem Hause ein Kind gemacht hatte, eine sehr gefährliche Ehrensache ausbaden sollte und zugleich im Fall war, von seinen Creditoren in den Schuldthurm geführt zu werden. Dieses alles hat er, wie er [in seinen Mémoires] schreibt, durch die Gnade Gottes, vergnüglich überstanden, und so hoff ich, soll es mir auch ergehen. 24. [Berka] An Iffland nach Berlin das Programm zum Vorspiel1) . . . Mittag zu vier. Entschluß die Vorspiele gemeinsam zu fertigen. 2 ) 24. [Berka] Riemer Tagebuch (JbSK 3, 63): Brief an Iffland.
24. [Berka] An Iffland (Br 24, 287): Aus ein paar Blättern, welche Herr Geheime Hofrath Kirms übersendet, haben Sie, verehrter Mann, gesehen, daß Ihr freundlicher und ehrenvoller Antrag mich erst erschreckt, dann aber aufgeregt hat. Hiebey folgt nun das versprochene Programm zu dem Vorspiel, über welches ich mir Ihren einsichtigen Rath erbitte. Findet es Beyfall, so können Decorationen, Kleider und Instrumentalmusik einstweilen besorgt werden. Die Chöre sende zunächst, wie ich denn den ersten, für die Krieger, schon beylege. Der Dialog folgt sodann, wo nicht auf einmal doch theilweise, und so hoffe ich, soll alles zur rechten Zeit beysammen seyn. Mehr sage ich nicht, damit diese Sendung sogleich abgehen könne. Nehmen Sie meinen Dank für das mir erwiesene Vertrauen und erhalten mir Ihre Gewogenheit. 25. [Berka] Vorspiel . . . Vorspiel. Viel geschwätzt. 26. [Berka] Mittags Riemer. 28. [Berlin] Iffland an F. Kirms (GSA 25/XX,12 A Bl. 28-31): Seit langer Zeit, mein Theurer, geliebter Freund! habe ich keine solche reine, kindliche Freude empfunden, als die war, welche mir geschenkt wurde, da ich den zusagenden, liebevollen Brief des Hrn v. Göthe an Sie erhielt. Seit Luthers Reformation ist kein so hohes Werk, dünkt mich, geschehen, als die jetzige Befreiung von Deutschland. Die Preußen haben sich wieder ganz, größtentheils aus eigener Kraft, zu einer ehrenvollen Nation aufgeschwungen, Begeisterung hat alle Menschen ergriffen, die Feier liegt im Herzen, wie im Verstände. Es giebt keine höhere Feier, als die, daß der Erste Mann der Nation über diese hohe Begebenheit schreibt... Sollten wir auch, was wahrscheinlich ist, von jezt an nur noch eine Woche Zeit zur Ausführung haben können - sollten wir selbst bis Anfang August Zeit haben; so mein' ich doch, wir seyen zu der Vorsicht genöthigt, den Termin der Dichtung auf Vier Wochen anzunehmen. Alles, was über die Reisetermine
) Die durch Iffland an die Bibliothek des Berliner Theaters gelangte Hs. lag nach W 16, 493 dem Druck in Hempel 1 11.1, 1 3 5 - 4 4 zugrunde (seither verschollen). 2 ) An Des Epimenides Erwachen nahmen Riemer u. Meyer beratend Teil (Graf II 1, 318); Was wir bringen. Fortsetzung wurde mit Riemer gemeinsam verfaßt. 1
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gesagt und vermuthet wird, sey es zufällig oder absichtlich, ist in solches Dunkel gehüllt, daß man kaum wahrscheinliche Vermuthungen darüber annehmen kann. Wenn indeß unser gütiger Freund die nöthigen Nachrichten vorher sendet, so kann derweilen hier in Garderobe, Decorationen und Musik danach gearbeitet werden. Ich muß warten und thue es gern und mit meiner innigsten Überzeugung, daß Hr. K. [apell] M. [eister] Weber der Komponist der Musik sey. So wie er Gluck verehrt, empfindet und einen eigenen kräftigen und wirksamen Ausdruck sich eigen gemacht hat, ist jetzt in der That niemand hier, der für Werke dieser Art mit ihm wetteifern könnte; so gewiß ich gerecht gegen anderes Verdienst bin, so drängt doch die Wahrheit und das heilige Interesse für die Sache, mir diese endliche Behauptung ab. | Die bedeutenden Talente dieses Theaters sind Hrn. v. Göthe bekannt, oder leicht erinnerlich. Von Mad. Bethmann erwähne ich nur, daß ihre Stimme zwar nicht stark und von Virtuosität ist, aber noch immer rein, glockenhell und von der größten Herzlichkeit. Hr. Gern hat bei Anlässen dieser Art erst kurzens bewiesen, daß er in Väterrollen von Energie ist, so wie seine beredsame Baßstimme, wenn von Empfindung die Rede ist, nicht leicht übertreffen werden dürfte. Pathos ist minder seine Sache, doch zieht er sich mit Geschicklichkeit heraus. Fr. Eunike und Hr. Rebenstein sind auf dem Theater auf gewisse [Weise] gleiche Gestalten, obgleich Fr. Eunike wohl 2 0 Jahre älter ist. Hr. Eunike, Tenorist, hat auf Virtuosität des Gesanges Anspruch zu machen. Sein Vortrag im Dialog ist geringer Bedeutung. Hrn. Rebensteins Gesang ist zwischen Bariton und Tenor. Joseph, der Deserteur und der Wasserträger werden von ihm mit Kraft, Empfindung und angenehmem Anstände gegeben. Sein Talent für den Dialog in ernsten tragischen Liebhaberrollen wird allgemein anerkannt und geliebt. Die Rolle des Eridon in der Laune des Verliebten, ist ihm ebenfalls ganz ausnehmend gelungen. H. Aumer, Tenorist, ist ein junger Mann von hübscher Figur, und frischem, sehr angenehmem Gesang. Sein Vortrag im Dialog ist unbedeutend. Mlle. Schmalz ist Virtuosin im ganzen Sinne des Worts. Die Gestalt ist nicht mehr jugendlich, der Vortrag im Dialog kommt nicht in Anregung. Md. Müller singt mit Bedeutung; doch ist die Gestalt nicht mehr jugendlich, obgleich sie zarter ist als die der Mlle. Schmalz. - Mad. Schulz[e], ehemalige Mlle. Killitschky, eine junge, feurige, brillante Sängerin auch für Adagios, der Dialog ist unbedeutend. Mlle. Eunike, schlanke, zarte Gestalt von 17 Jahren, hübsche Singstimme für alle schwärmerische Sachen, denen sie ganz und gar nachhängt. Der Dialog unbedeutend. Doch erhebt sie sich manchmal, wie in Carlo Fioras, über das Gewöhnliche. - Mlle. Düring, eine wahre griechische Gestalt für Tragödie, artige Singstimme, obgleich der Dialog mehr ihre Sache ist, wie sie z. B. in der Rolle der Amina in Laune des Verliebten und Margarethe in den Hagestolzen, und für das Tragische, als Miranda im Bayard und in mehreren neuen Trauerspielen des Hrn. v. Kotzebue bewiesen hat. Man sieht sie sehr gern auf der Bühne. - Mlle. Maass ist Hrn. v. Göthe bekannt. Ich muß nur hinzusetzen, daß sie seelenvoll singt. - Mlle. Sebastiani, eine Singstimme, die Hr. Eunike ausgebildet, an deren Stärke Mad. Milder aus Wien sehr viel gemacht hat. Sie ist 18jährig, nicht eben hübsch, ohne häßlich zu seyn. - Mad. Fleck von angenehmer Bedeutung in Rollen wie Benjamin, Gurrly u. s. w., 19 Jahr alt, zierliche Figur, ohne ein hübsches Gesicht zu haben. Sie gefällt. - Hr. Fischer, der so eben engagiert ist, hat Hr. v. Göthe, mein' ich, in Weimar spielen sehen. Mlle. Leist, schlanke Figur von 18 Jahren, sehr gefälliger Singstimme, und die im Dialog mit Erfolg gebraucht wird. Unter den Talenten des rezitirenden Schauspiels, der aber nicht singt, kann ich den jungen Maurer, nennen, der viel Feuer und Kraft besitzt. - Hr. Stich ist fast ausschließlich für's Lustspiel. | Dies sind die Notizen, die ich Sie bitte, liebster Freund! Hrn. v. Göthe bald übergeben zu wollen. - Das Ballet besteht aus 4 0 Personen. Der Chor kann auf etliche 6 0 Personen gebracht werden. Das große Orchester ist wirklich mustermäßig. | Dies sind die Mittel, die uns für den schönen Zweck zu Gebote stehen. Die Anstalten zu den Illuminationen u. s. w. sind wirklich von der höchsten Bedeutung. Vom Brandenburger Thore an durch die Linden das Schloß vorbei, über die Churfürstenbrücke bis zum Alexanderplatz wird, nach Hrn. Schinkels Angabe, eine fortgesetz-
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te, so benannte Siegesbahn, welche am Tage decorirt ist und Abends illuminirt wird, errichtet, durch welche der Einzug gehen soll. Die Victoria auf dem Brandenburger Thore kommt früher v o r Berlin an, soll aber, nach einer Kabinetsorder an das Gouvernement, erst an dem Tage aufgewunden und sichtbar seyn, den der König dazukomm e n wird. Ob nun Einzug, Friedensfeier und Geburtstag, Illumination und Schauspiel an Einem Tage seyn wird, darüber weiß man noch nichts. Sollte der K ö n i g - wie Einige glauben - auf dem Rückwege von London über den Haag, eine Nebenreise nach Berlin vorher für Seine Person machen, so wird er in Gharlottenburg seyn und vorher keine Festlichkeit, bis er von Wien zurück kommt. Die Mehresten sind aber doch der Meinung, er werde vom H a a g erst nach Wien gehen, und dann mit dem Kaiser hieher kommen. Was mich am meisten bald zu wissen, interessiren muß, ist die Kenntniß der Decorationen. Hr. Verona ist leider gestorben; und so geschickt der Preußische Burnat ist, so hat er doch wohl für die Oper Gortez zu machen und es fehlt ihm jetzt an Gehülfen. Mit der Garderobe wünsche ich denn freilich auch, bei Zeiten mich beschäftigen zu können, damit die Dinge mit Anstand geschehen. Mai
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[Berka] F. v. Müller Tagebuch (Unterhaltungen 12f.): Riemer mußte den für Halle ... vorlesen. entworfnen Prolog und Lobspiel auf Reil [ Was wir bringen. Fortsetzung Auch von dem unternommenen Stück zu des Königs E m p f a n g in Berlin ward erzählt.
Mai [Berlin] Iffland an F. Kinns (GSA 2 8 / 6 5 Bl. 5 2 2 - 2 4 ) : Wenn Sie es beeilen können, so E n d e ? machen Sie, daß ich von Herrn von Goethe die versprochenen Dekorations-Notizen, Gesänge zur Gomposition, und Garderobe-Nachrichten [für Epimenides] erhalte.
30. [Berka] Vorspiel. 30. [Berka] Riemer Tagebuch (JbSK 3, 64): K a m Goethe zu mir. Briefe diktiert. Dann am Vorspiel.
30. [Berka] An H. Meyer (Br 24, 294): Tausend Dank, mein Werthester, für bisherige Assistenz. Ich höre das Beste von unseren Decorationen. Nun eine abermalige Bitte: wir haben doch unsere Dämonen im Don Juan 1 ) nach einem Muster auf einer antiken Vase in dem Millinischen Werke2) verfertigt. Mögen Sie mir ein paar solcher Teufelchen, die im Gegensatz von Genien, Camillen, 3 ) Knaben aus der Zauberflöte ahndungsvoll und prächtig ausgestattet wären, erfinden, redigiren und sich selbst einander wieder entgegensetzen, so geschähe mir ein großer Dienst; Gold und selbst Juwelen müßten nicht gespart seyn. Verzeihen Sie, aber es ist ein sehr wichtiger Punct in meiner Arbeit für Berlin. Eine ungeheuere Last, die ich mir aufgelegt habe, sie wird aber auch abgesetzt werden um wie gewöhnlich neue Lasten aufzuhocken. 31. [Berka] Abends am Berliner Vorspiel geschrieben . . . [An] Meyer wegen Dämonen . . . Juni
2. [Weimar] K. Kirms an Iffland (Abschrift; GSA 2 5 / X X , 1 2 D Bl. 5): Morgen mit dem frühesten soll Ihr Brief [vom 28. Mai: an Kirms], mein theuerster Freund, nach Berka abgehen. Brauchen Sie einen guten Decorationsmahler, zum Gehülfen, der brav und
) Die zunächst als Festspiel für den Geburtstag des Erbprinzen 1 8 1 1 gedachte Aufführ u n g in ital. Sprache, die erst am 4. Sept 1813 Premiere hatte. 2 ) Aubin Louis Miliin: Peintures de vases antiques . . . Paris 1808-10. 3 ) Kinder vornehmer röm. Familien, die bei Opferritualen assistierten. 1
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geschwind ist, so steht der unsrige, Herr [J. F. K.] Heid[e]loff, zu Diensten; wir können ihn entbehren.
2. [Berka] Nachmittag am Vorspiel dictirt. 2. [Rerka] Riemer Tagebuch (JbSK 3, 65): . . . zu Goethe, der mir freundlich entdeckte, daß er die Szene wegen der Parodie vom Epimenides nicht brauchen könne.
3. [Berka] Früh am Vorspiel dictirt. 3. [Rerka] Riemer Tagebuch (JbSK 3, 65f.): Am Vorspiel. Hatte die Ulrich den ganzen Morgen bei Goethe geschrieben. - Arbeitete Goethe an seinem Vorspiel, an den Versen zum Haß . . . War Ifflands freundlicher Rrief wegen des Vorspiels gekommen. Juni
[Rerlin] Iffland an G (GSA 25/XX,12 A Rl. 32-34): Mit der größten Freude habe ich 2 . / 4 . am 31sten May den Aufsatz [Programm] erhalten, womit Sie mich so freundlich überrascht haben. Das Ganze ist aus einer reichen, blühenden Phantasie geschöpft, mit der tiefsten Menschenkunde ausgestattet, und muß von unendlicher Wirkung seyn, wenn es auch nur halb so gegeben wird, als es gedacht ist. Die Darstellung ist allerdings großer Schwierigkeit unterworfen. Es sind tiefe Leidenschaften in ihren feinsten Verfließungen deutlich anzugeben, und gleichwohl darf die Larve nicht oder nur wenig gerückt werden, welche es hindern soll, daß man nicht von außen das innere Geheimniß gleich überblicke. | Ich weiß nicht, wie ich zu dem schiefen Gedanken gekommen bin, selbst noch eine kleine Weile nach der Durchlesung, in der Person des Epimenides die Anspielung auf unsern König zu suchen. Ich sah nachher bald, daß hievon keine Rede war, noch seyn konnte. Gleichwohl ist es noch einem andern Leser so gegangen; nicht aber meinem Schwager, dem Hrn. Legationsrath Greuhm und Hrn. Staatsrath [J. D. W. O.] Uhden. Da sich aber nun beweißt, daß dieser Vergriff eine Möglichkeit ist, so will ich lieber das Lächerliche meines Fehlers bekennen, damit Sie gleich anfangs durch ein paar bestimmte Pinselstriche, zum besten der Einfältigen geführt, vor diesem Abwege, der schädlich werden könnte, sichern. Denn wenn die Masse des Volks auf diese Idee käme, so könnte dies ein schädlicher Mißverstand werden, wenn die Leute sich sagten: Er schläft während des Unglücks und fast während der Hülfe. Um so mehr, da der König, bei Anlaß dieses Krieges, so verschlossen [sie!], so ausdauernd und so persönlich unternehmend gewesen ist. | Unser Decorateur, Professor [P. L.] Rurnat, ist jetzt ohne Gehülfen. Er arbeitet etwas langsam und aus Sorgsamkeit ängstlich bei den Details. Er hat vier neue Decorationen zu der Oper Gortes zu leisten; und sollte man im Nothfall auch dort eine übergehen können, so weiß ich doch nicht, wie er noch die vier neuen zum Epimenides allein wird schaffen können. Hr. Theater-Secretär [J. F.] Esperstedt haben sogleich Hrn. Staatsrath Uhden, einen eben so freundlichen, als gelehrten Kunstkenner, den innigsten Verehrer Ihres Genies und der von dem neuen Werke ganz durchdrungen ist, die erhaltenen Notizen mitgetheilt. Er wird morgen mit Hrn. Rurnat über den Decorations-Antheil, da er ihn noch von Rom her genau kennt, ausführlich mit ihm reden, und ich davon weiter berichten. Vorläufig meinte Hr. v. Uhden, man werde in der Decoration einen festen Punct behalten und erhalten müssen, und dies sey der hintere Tempel. Um so mehr, als nachher auf dessen Kuppel der Siegeswagen und die Genien erscheinen. Die Zerstörung dieser breiten und hohen Fläche, wo alles fürtrefflich gehen kann, und nun im Augenblick der Vorstellung eine Linie sich zerstören kann, um alles zu hemmen, ist gar zu schwer ins Werk zu richten. Es wird schon Mühe genug, an den hohen und breiten Goulissen kosten, wenn das Ganze im ernsten und hohen Styl gehalten und nicht zum Puppenwerk werden soll. | Die Wirkung des abwechselnden Lichtes läßt sich am besten und sichersten durch angebrachte Klappen von dickem seidenem Zeug hervorbringen. Mit Glas geht dieses nicht so sicher, bei dem breiten, hohen Raum. Die Handthierung kann hier nur mit Gewaltthätigkeit zur Präzision gebracht werden. Zerbräche aber eben dadurch eine einzige der farbigen Glasklappen, so würde die gelbe Lichtmasse durchscheinen und der Effect zerstört
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werden. Im ganzen Decorationswesen aber ist der Unterschied von 2 4 zu 5 0 Fuß Höhe von der allerhöchsten Wirkung, in Punct der scheiternden Möglichkeit oder des best berechneten Planes. | Die Erscheinung der Diplomaten aus dem l ö t e n Jahrhundert, Herrn und Damen, kann von vortrefflicher Wirkung seyn; damit diese aber auch gesichert werde, ist es nöthig, diese Parthie so klar als möglich anzulegen und in der Ausführung der Verstellung zu behandeln. Ich bitte daher, die Herren und Damen genau zu benennen, welche reden, oder wie sie heißen, auch wenn sie nicht zu reden haben, und doch erscheinen müssen. Ungern sähe ich hier etwas der Willkühr überlassen; denn aus Zaghaftigkeit bleibt man entweder unter der Wirkung, oder aus Keckheit verfehlt man sie eben so leicht. Dem Dichter schweben alle diese Gestalten vor; ihm ist es viel leichter, sie zu nennen, und besonders die geistlichen Personen und die Damen, welche hier von so hoher Bedeutung sind. Wer die Göttin mit Sternenschild seyn könnte, sollte, glaube ich, unentschieden und Jedem zu deuten überlassen bleiben. Eine zu nahe Hinführung vor dies Bild könnte, besonders bei dem König, eine unbesiegbare Wehmuth erregen, und die Möglichkeit des Gedankens, nicht erregen zu wollen, hieße an einer der höchsten Schönheiten gleichgültig vorüber gehen. | Die Garderobebemerkungen sind vortrefflich und sollen mit Sorgfalt benuzt werden. In Ansehung der Preuß. Ordensritter, muß ich bemerken, daß, wie man sie hier kennt, sie von unbedeutender Wirkung sind. Der weiße Mantel ohne Kreutz ist unbekannt; mit dem Kreutze könnte die Gedanken auf Abwege führen. Der weiße Mantel hängt loddernd um die Schultern gemeiner Leute. Die Theaterharnische, wenn sie nicht vom ersten Range sind, bleiben eine schlechte Zierde und haben immer den Nachtheil, durch den Stiefel oder die nachgemachte Fußbekleidung die Gestalt zu entstellen. Mich dünkt, unser neuster Kavallerie-Anzug, mit dem schönen, ächt antiken Helm, der langen blauen Kuttka bis über das halbe Bein, gäbe dem Ganzen ein freies, erhabenes Ansehen, und erinnerte nicht an den ehemaligen geschnippelten Militär-Anzug der vorigen Wirklichkeit. Die Perlen könnte man, glaube ich, ohne Anstand, vergessen haben. Der Erwähnung der Engländer kann man sich in der That nicht entziehen. Desto mehr Umstände treten zusammen, die es geschehen lassen können, daß man der Schweden nicht eben allzu weitläuftig gedenke. Obschon es wahrscheinlich unrecht ist. Morgen, den 3ten, ist nun das Zusammentreten zwischen Hrn. v. Uhden und Hrn. Prof. Burnat, und zwischen mir und K. M. Weber, worauf ich sogleich diesen Bericht weiter fortsetze und den 4ten an Sie absende. Ich habe diese allgemeinen Bemerkungen, um Zeit zu gewinnen, nur heute entworfen. Den 4ten Juni. Der gestrige Tag verging in Unterhandlungen mit dem Decorateur; den Werkstätten fehlt es an Erfahrungen eben so dem Attilie [Atelier] des Künstlers an Gehülfen. Er steht mit zwei Händen allein da. Dabei mußte auf Herrn Schinkel Rücksicht genommen werden. Dieser geschickte Mann, hat vorlängst zu Decorationsleistungen sich angeboten. Er leitet jezt das große Illuminationsfest der Stadt Berlin. Gleichwohl mußte er befragt werden. Das Geschäft, was seine ganze Zeit wegnimmt, der Mangel an Gehülfen, die völlige Fremdheit des großen Maasstabes haben ihn verhindert, den Antrag anzunehmen. Nun erst können wir, was diesen Augenblick geschieht, uns an den Kgl. Sächs. Staatsminister Hrn. Graf v. Vitzthum wenden, um die Dresdner Malerei-Gehülfen, oder wenn es nicht anders gehen sollte, selbst den Decorateur mit den Gehülfen zu erhalten. Auf allen Fall hat Hr. Burnat schon angefangen, die Scizze zu den Decorationen Ihres Stücks nach dem empfangenen Programm zu entwerfen, und er denkt liberal genug, dem Dresdner Künstler zu überlassen, ob er den Prolog oder den Gortes mahlen will. Hrn. Kapellmeister Weber ist sogleich, wegen der Musik, gestern das Ganze mitgetheilt worden. | Als ich Ihnen zuerst schrieb, war es hier allgemein bekannt, der König werde nicht nach London gehen, und ich hatte damals in dieser Beziehung recht, wenn ich den Termin von : 4 Wochen annahm. Ich habe Hrn. Kirms ausführlich geschrieben, in wie fern ich den 3ten August für die lezte Zeit der Veranstaltung halte.
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Wenn ich aber bedenke, daß der König sonst seinem Geburtstag auf jede Weise aus dem Wege geht, und daß Wien, wenn man auch dahin gehen sollte, so weit hinter Berlin liegt, so finde ich mich eben so genöthigt, auf den 20ten bis 28ten July gerüstet zu seyn; wir bleiben also immer in der Lage, nicht eine Stunde verlieren zu dürfen. | Da die Antwort vom Graf v. Vitztum, jetzt 12 Uhr, noch nicht da ist, und Sonntags eine reutende Post abgeht, welche fast mit dieser zugleich kommt, so will ich diesen Brief, dessen Durcheinander Sie nach der Lage entschuldigen werden, jetzt abgehen lassen und dann sogleich weiter schreiben. Juni
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[Berka] Am Vorspiel gearbeitet. Mittags mit Riemer.
4. [Berka] Riemer Tagebuch (JbSK 3, 66): Goethe diktierte an seinem Berliner Vorspiel, das er ganz zur Oper ausgearbeitet. Was ich billigte, wegen Allgemeinheit des Genusses und der poetischen Ironie. 4. [Weimar] H. Meyer an G (SchrGG 34, 350f.): Ihrem Auftrage gemäß wurde das Schema des Schauspiels [Programm] unserer Fürstinn [Herzogin Luise oder Maria Pawlowna] vorgelegt und von derselben mit großer Zufriedenheit aufgenommen. Sie freute sich ungemein des Werks und eben so sehr, daß es auf die vorgefallenen großen Ereignisse anspielend ist, sieht daher mit Verlangen, ja Ungeduld der fernem Ausarbeitung entgegen. Ich bin ermächtigt, Ihnen das Schönste und Freundlichste darüber zu sagen. | Die Figuren von Genien, Gut und Böse, sind entworfen, aber noch nicht ausgemahlt, sonst würde ich dieselben gleich mitsenden. Bleystiftanmerkungen habe ich dem Manuscript auch zur Seite geschrieben [s. W 16, 495ff.], sie betreffen aber bloß das Gostüm der Figuren; denn wie sich der Reichthum oder die Bedeutung irgend wo vervollständigen lasse, sehe ich nicht ein. | Das verlangte Grabmonument ist auch bereits gezeichnet und wird nächstens die Genien begleiten . . . Ich empfehle mich Ihnen, wünsche gutes Befinden und erfreuliche Förderung Ihrer übernommenen großen Arbeit. 4. [Berlin] Iffland an G (QuZ 4, 605): Mit der größten Freude habe ich am 31ten May den Aufsatz [Programm] erhalten, womit Sie mich so freundlich überrascht haben. 1 ) 4. [Berlin] G. F. W. Duncker an F. Kinns (GSA 25/XX,12 A Bl. 36): Durch das Vertrauen des Hrn. Dir. Iffland sind wir mit dem Plane bekannt geworden den der Herr Geheime Rath v. Göthe hat, ein dramatisches Werk zur Feyer der Rükkehr unseres Königs zu schreiben, und er hat uns hoffen laßen, daß Ew. Wohlgeb. eine Bitte, die wir in Bezug hierauf Ihnen vorzulegen so frey sein dürften nicht ungütig aufnehmen würden. | Es würde uns sehr glücklich machen von einem Göthe gewürdigt zu werden, die Verleger eines seiner Werke zu werden 2 ) . . . Die Arbeit des Herrn von Göthe wird ein patriotisches Werk, ein Werk, das, wenn es die Thaten der Deutschen feyert, vielleicht den Preußen besonders angeht, das zunächst ein Opfer der Verehrung für unsern König seyn wird und also Berlin ganz vorzüglich intereßiren muß. Das hohe Intereße ungerechnet also, das eine jede Arbeit Göthes überall erweckt, wird dieses Werk für Berlin ein Local-Intereße haben, vermöge welches der Verfasser es nicht unangemessen finden dürfte eine erste Ausgabe davon hier in Berlin, und mit der Zeit seiner Erscheinung auf dem Theater coincidirend, zu veranstalten. Herr Gen. Dir. Iffland selbst war dieser Meinung, und wurde dadurch für uns die erste Veranlaßung zu dem Schritte den wir hiemit thun. Er wird zu gleicher Zeit Bürge für uns seyn, daß wenn der Herr von Göthe einwilligt unsern Antrag zu genehmigen wir jedem Erforderniß zu entsprechen bemüht seyn werden, und daß es uns nicht an dem Sinn fehlt ein Werk Göthes in typographischer Hinsicht würdig und seinen Wünschen gemäß auszustatten.
M Vgl. oben 24. Mai 1814: an Iffland. ) Dazu in G's Geschichtserzählung'. Die Herren Duncker und Humblot melden sich zum Verlag des Stückes, welche Herr Director Iffland empfiehlt (W 16, 519).
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[Berlin] Iffland an F. Kirms (GSA 2 5 / X X , 1 2 A Bl. 37f.): Den Brief an Hrn v. Göthe lege ich Ihnen bei, weil ich vermuthe, daß er ihn auf diesem Wege doch präziser erhält, als wenn ich ihn von hier nach Berka schicke. Zugleich auch, weil ich einen Brief des hiesigen Buchhändlers Herrn Duncker an Sie abschicken muß, der sich als Verleger des Werkes des Hrn. v. Göthe anträgt. Herr Duncker, in Kompagnie mit Herrn Humblot, führt seine Buchhandlung auf sehr anständige Weise. Ersterer ist Schwiegersohn des Hrn. Wolf Levy, jetzt Wolf Delmar. Es sind Leute von Ehre, und wenn Hr. v. Göthe nicht eine entschiedene Abneigung gegen hiesige Buchhändler hat, so wird er für seinen Vortheil, denke ich, nicht übel dabei fahren, seine Bedingungen zu nennen. Doch sey es fern von mir, durch irgend einen Rath nur den Schein irgend einer Anmaßung ausüben zu wollen . . . Wenn die Londner Reise [des Königs] drei Wochen Zeit kostet, so sehe ich nicht, daß der Besuch in Gassei, Haag, Wesel so viel Zeit wegnehmen soll, um spätestens den 3ten August die Vorstellung zu geben. Nur dann, wenn die Wiener Reise noch vor der Rückkehr nach Berlin, mit angehangen werden soll, möchte längere Zeit darauf hingehen. Da wir hier Ein für allemal gar nichts wissen oder doch die, welche es wissen, ein seltsames Geheimniß daraus machen, so kann ich anders nicht, als den 3ten August für den lezt möglichen Termin der Vorstellung halten . . . Auf alle Fälle verbinden Sie mich, wenn Sie über die Zeitperiode mit Hrn. v. Göthe sich besprechen wollten, da ich in dem Briefe an ihn, auf das, was ich an Sie geschrieben, mich beziehen will.
5. [Berlin] Iffland an K. Kirms (GSA 2 5 / X X , 1 2 A Bl. 35): Es ist gestern Abend noch eine Staffette an Herrn Hofmahler [G. F.] Winkler nach Dresden abgegangen, ihn dringend zu bitten, sogleich hieher zu kommen, um sich mit seinen Hülfsmahlern hier Contractmäßig zu verbinden. Dies ist, was ich als Supplement, um es Hrn. v. Göthe wissen zu machen, Ihnen eiligst melde. Auch hat Hr. Weber bereits einen Chor componirt und beschäftigt sich mit der Ouverture. Weiter kann er vor der Hand, bis er mehr empfängt, wohl nichts thun. Ich hoffe, Ihnen Dienstag vielleicht von Dresden etwas melden zu können. Die Entfernung der [Schauspielerin] Ourber und die gestern gemeldeten Umstände machen es unmöglich, schneller auszurücken, wie gern ich es auch gemacht hätte. Indeß will ich mich vorläufig, so gut ich es jetzt kann, mit den Garderobegegenständen beschäftigen.
5. 6. 7. 8.
[Berka] Dictirt. Mittags . . . Riemer. [Berka, nachmittags] . . . Riemer nach Weimar. [Berka] Dictirt. [Berka] Früh am Vorspiel gearbeitet. Mittags vorgelesen. Geheimerath Wolf. Übers antike Theater besonders das griechische.
9.
[Dresden] G. F. Winkler an Iffland (Abschrift; GSA 2 5 / X X , 1 2 D Bl. 1 3 - 1 7 ) : Ich hoffe . . . wenn das Glück wohl will Ihrer freundlichen Einladung zu Folge auf den Sonntag als den 1 2 / t e n h[uius] m[ensis] daselbst [Berlin] einzutreffen, und zwar in der Gesellschaft des Herrn Entrepreneur Bertholdi junior und zu meiner Unterstützung mit einen meiner Scholaren, den aber künftige Woche auch der 2te nebst noch 2. Herrn nachfolgen sollen, wenn ich recht gesehen haben werde, ob ich so viel benöthigt bin . . . Schließlich habe nur noch darum zu bitten daß Sie mir von denen Theater tischlern die nöthigen Maaßstäbe der Coulissen und Soufitten und einen ohngefähr 6. Ellen langen richtigen Winkel verfertigen lassen . . . Das Glück mit Ihnen bekannt zu werden, und auch für Berlin zur Feier eines für jeden braven Teutschen so merkwürdiger [!] Zeitpunckt Etwas mit meiner geringen Kunst beytragen zu können, ersetzt mir Alles was ich für meine Person während dieser traurigen Periode habe ertragen müssen . . . nur wäre es mir sehr lieb gewesen wenn Sie mir im voraus die Idee des Ganzen hätten bekannt gemacht oder bekannt machen lassen, damit ich nicht unpräparirt nach Berlin käme, so ist mir auch dieses unbekannt, doch setze ich voraus das es größtentheils
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a r c h i t e c t o n i s c h ist sonst würde mich es sehr in Verlegenheit setzen, da ich wohl Etwas Landschaft male, aber allerwärts noch nicht hier, noch viel weniger in Berlin wo die Künste blühen . . .
Juni
9. [Berka] Dictirt . . . Nachmittag der Hofrath Meyer . . . und Riemer . . . [An] Riemer die zweite Abtheilung vom Berliner Vorspiel. 9. [Berka] An Riemer (Br 24, 297f.): Es waren wohl sehr fruchtbringende Tage, die wir zusammen zubrachten. Haben Sie Dank für so gute Assistenz ohne die ich mich in der größten Verlegenheit befunden hätte. Ich muß aber Ihren Beystand nochmals anrufen, denn Epimenides naht sich seinem Erwachen. Das Stück ist so gut wie fertig, aber freylich die letzte Hand anzulegen wage ich kaum allein; ich stehe noch zu nahe dran. Könnten Sie daher Sonntags mit den Frauenzimmern herauskommen, so würde ich dadurch sehr gefördert seyn; zu Beschleunigung aber sende die zweyte Abtheilung, die nun zusammenhängt, zu gefälliger Durchsicht und einstweiliger Interpunction, die ich theils ganz weggelassen theils nur mit Bleystift angegeben habe. | Die mit Bleystift geschriebenen Anmerkungen sind vorerst nur zur allgemeinen Notiz. Ich kann hoffen daß bis Sie herauskommen auch der Anfang fertig sey und Sie alsdann alles mit hinein nehmen um durch irgend eine leserliche Hand die Abschrift machen zu lassen. Sobald dieses fertig ist, wollte ich sie Iffland durch eine Estaffette schicken um mich also auch von dieser Schuld zu erledigen. 9. [Berka] Riemer Tagebuch (JbSK 3, 66f.): Mit Regierungsrat Müller und Meyer nach Berka. - Draußen Wolf allein. Dann nach dem Badeplatz. Bat mich Goethe, daß ich mich auf den Sonntag freimachen möchte auf ein paar Tage, um das Berliner Stück ihm zu arrangieren. Wolfs Spaße, der aber wieder wegen seiner Kokarde und seiner Preußischen Gesinnungen geschoren wurde.
9. [Berka] An H. Meyer (nicht abgesandt; Br 24, 390): Damit mein metallisches Wesen recht geläutert und gediegen werde, bin ich abermals wie [in] eine neue Össe [sie] geworfen wo die gewaltigsten Blasebälge mich anfauchen. Geheimerath Wolf ist seit mehreren Tagen hier und dieser wundervolle Mann nimmt mich unter den Ambos der Kritik, da mich die Flammen der Poesie aus denen mein Festspiel hervorgeht schon flüssig genug geschmolzen hatten. Wie sehr hätte ich Sie zu uns gewünscht, denn da wird alles aufgeregt was man besitzt und einem ein noch ungeheurer Reichthum aufgedrungen; bald weiß ich nicht mehr wie ich schleppen soll. 10. [Berka] Dictirt . . . Mittags [F. A.] Wolf . . . Abends Wolf. Der Badeinspector [Schütz] auf dem Ciavier gespielt von Mozart. 10. [Weimar] Riemer Tagebuch (JbSK 3, 67): Goethes Berliner Oper selbst abgeschrieben.
12. [Berka] Mittags Wolf und Riemer . . . Abends Wolf und Riemer. Der Badeinspector Ciavier gespielt.
1814 Juni
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12. [Berka] Riemer Tagebuch (JbSK 3, 67): Nach Berka. Zu Goethe, ihn begrüßt und durch die Abschrift glücklich gemacht.
13. [Berka] Mittags Wolf und Riemer . . . Abend der Badeinspector von Bach gespielt. 13. [Berka] Riemer Tagebuch (JbSK 3, 67): War Goethe bei mir unten, und redigierten wir das Stück zusammen. Abends mit Wolf und Musik.
14. [Berka] Dictirt . . . Mittags . . . der Geheime Rath Wolf . . . und Riemer . . . Abends Wolf, Riemer . . . Der Organist [Schütz] spielte Ciavier. 15. (Bemerkungen (W 16, 5 0 7 - 1 4 ) datiert: Berka an der Ilm d. 15. Juny 1814.)
15. [Berka] An Iffland (Br 24, 299): Vor allen Dingen muß ich Ihnen, verehrter Mann, den aufrichtigsten Dank abstatten, daß Sie mir Gelegenheit geben, und zwar eine so würdige, der Nation auszudrücken, wie ich Leid und Freude mit ihr empfunden habe und empfinde. Wenn dieses zuvörderst vor Ihrem Könige, Seinen höchsten Gästen und den werthen Berlinern, unter denen ich soviel Gönner und Freunde zähle, geschieht; so ist es ein unerwartetes Glück. Möge der Beyfall, den Sie dem Entwurf gegönnt, auch der Ausführung zu Theil werden. | Denen Herren Uhden, Weber, Burnat, und wer sonst sich meiner erinnert, und an diesem Vorhaben theilnehmen mag, empfehlen Sie mich schönstens 1 ) . . . 15. [Berka] Mittags Wolf und Riemer . . . Abends wie immer. Der Organist die Bachischen Sachen gespielt. 15. [Berka] Riemer Mittheilungen (GG 2, 909f.): Eine . . . heitere Geduldsprobe hatte Goethe seinem Freunde [F. A. Wolf] bei einem Besuche in Berka bereitet. Goethe arbeitete eben an seinem Epimenides und ließ zum Behuf seines gegenständlichen und anschaulichen Dichtens, das zur Anfertigung eines opernartigen Dramas des musikalischen Elements bedurfte, von dem dortigen ausgezeichneten Pianisten und Organisten, dem Badeinspektor Schütz, sich mehrere Musikstücke, meist Bachische Sonaten, vortragen, die er mit ganz besonderem Ausdruck und ungemeiner Fertigkeit wiederzugeben verstand. Unter denselben war auch eine, die wir nur mit dem Namen Das Trompeterstückchen bezeichneten und deren eigentliche Benennung ich nicht näher anzugeben weiß. 2 ) Genug, es war eine wunderbare, die Imagination ansprechende einfache Melodie, eine Fanfare, die aber durch Variationen so ins Weite, ja Endlose getrieben wurde, daß man den Trompeter nicht nur bald nah bald fern zu hören, sondern ihn auch ins Feld reitend, bald auf einer Anhöhe haltend, bald nach allen vier Weltgegenden sich wendend, und dann wieder umkehrend zu sehen glaubte, und sich wirklich Sinn und Gemüt nicht ersättigen konnte. | Nun war den Mittag über Tische schon viel von anti-
) Dem Brief lag bei: ein Großteil des ersten Theater-Ms. (W 16, 507) mit Bemerkungen (s. voriges Z) über Inhalt, Aufführung u. musikalische Realisierung des Stücks, Bühneneinrichtung, Kostüme sowie die Gestaltung des gedruckten Textheftes (W 16, 5 0 7 - 1 4 ) ; Konzept u. eine Reinschrift der Bemerkungen im GSA-Faszikel Acta. Des Epimenides Erwachen und dessen Herausgabe betreffend (s. S. 30 Anm. 3). 2 ) Bachs Cappriccio B-Dur; BWV 992, speziell dessen letzter Satz Fuga all'imitazione detta cornetta di Postiglione. Vgl. Katharina Mommsen: Ein Gedicht Goethes zu Ehren von Johann Sebastian Bach? In: GJb 1996, 166 Anm. 26. 1
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ker und moderner Musik die Rede gewesen, wobei Wolf, wie vorauszusehen, die Partie der Alten nahm, viel von den antiken Silbenmaßen sprach, nach Tische auch die Theorie der Trochäen vortrug, und sie durch Reispiele aus dem Äschylus erläuterte. Nun setzte er sich auch ans Klavier und spielte und sang „ antike Musik", wie er sagte; mußte aber, da ein neuer Streit entstand, darin nachgeben, „ d a ß er im Takt noch [doch] modernisiere". | Nach dem Abendessen mußte der Organist spielen, und nach mehreren Sonaten kam auch das Trompeterstückchen dran . . . Das Stück war einmal durchgespielt, Goethe machte seine Remerkungen darüber; Wolf schien nicht eben sonderlich erbaut und sich vielmehr nach Ruhe umzusehen. Da forderte Goethe den Musiker zu einem Dakapo auf, und nachdem dieses geleistet war, zu nochmaligem, als gölte es einen musikalischen Schlaftrunk, und wieder zu nochmaligem; ja, er würde nach diesem fortgefahren haben, nun aber riß Wolfen die Geduld, er brach in Verwünschungen des Stücks aus, und Schläfrigkeit vorschützend, entfernte er sich eiligst. Juni
15. [Rerka] F. A. Wolf an Knebel (GG 2, 911): Der Treffliche [G] hat mich, wie Sie sehen, länger, als ich wollte, aufgehalten; ich traf ihn, als er eben einen Köcher für das Friedensfest Deutschlands verschossen hatte. Doch dies unter uns, da ich noch nicht weiß, ob das Geheimnis schon ausflattern darf.
16. [Berka] Riemer wieder nach Weimar . . . Abends Wolf. Abschied genommen. Die Rolle für Berlin mit dem Vorspiel 1 ). 17. [Berka] Dictirt . . . [Abends] Der Organist auf dem Ciavier vorgespielt. 20. [Berka] An J. F. H. Schlosser (Br 24, 302): Nächstens mehr! Ich bin diese Tage durch eine allzukühn übernommene Arbeit so festgehalten, daß ich mich nicht umsehen kann. 21. [Berka] Das Vorspiel fertig gemacht. An Riemer geschrieben . . . Abends der Organist. 21. [Berka] An Riemer (Br 24, 303ff.): Sie erhalten, mein werthester Herr Professor, hierbey die erste Abschrift des E p i m e n i d e s , 2 ) zugleich auch die Acten worin sich das Programm befindet. 3 ) Mögen Sie wohl beyde gegen einander halten und überlegen, inwiefern man ein Exemplar für den Druck daraus redigirte. | Noch eine andere Überlegung aber gebe ich Ihnen anheim. Bey flüchtiger Durchsicht des Programms bemerke ich, daß ich manche Motive die es nicht enthält bey der Ausführung gefunden und gebraucht, andere aber fallen lassen. Wollten Sie bedenken, ob man vielleicht von den letzteren einige noch aufnähme z. B. daß man die Ergebung des Epimenides in den Willen der Götter und seinen Abschied von der Welt etwas umständlicher behandelte. Hierbey
G's am 15. Juni für Iffland zusammengestellte Sendung. Vgl. Geschichtserzählung'. ... den 16. Juny. Ich beschäftigte mich nun, im wörtlichen Sinne, Tag und Nacht, mit der Arbeit, so daß sehr bald der größte Theil des Stückes, und zwar alles lyrische, nach Berlin, durch Estafette, abgehen konnte. \ Ich fügte noch einen weitläufigen Aufsatz hinzu, wie ich mir, jedoch unvorgreiflich, manches Einzelne der Composition und Ausführung gedacht (W 16, 519). 2 ) Nicht bekannt. 3 ) Von G angelegter Faszikel: Acta. Des Epimenides Erwachen und dessen Herausgabe betreffend, Mai 1814, 1815 (GSA-Sign. 25/XX,12 A Rl. 1 - 1 4 6 ; W 16, 493f.).
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aber habe ich nur, wie bey andern ähnlichen Stellen, das Bedenken, daß das Stück ohnehin schon stark aufgequollen und man alle Ursache hat vorn herein die Exposition und die Entreen der Dämonen laconisch zu halten, weil es sich hinterwärts ohnehin weiter ausspinnt, besonders wenn die Mädchen kommen, wie denn auch schon der Dämon der List nicht kurz abgethan werden konnte. Übersehen Sie das mit freyerm Blick als mir jetzt möglich ist. | Die raschen Wendungen und der Laconismus der Z a u b e r f l ö t e sind in dem gegenwärtigen Falle sehr nachahmungswerth, auch habe ich sie vor Augen gehabt, doch neigt sich meine Art und Weise immer zur Ausführlichkeit. | B. d. 21. Jun. 1814. G. Was die für Berlin abzuschreibenden Stellen betrifft, welche in dem dorthin abgesendeten Exemplar als Lücken geblieben, bemerke ich vorläufig Folgendes. Ich habe, der mehreren Deutlichkeit willen, von vorn herein das Manuscript foliirt. I und 2 haben sie dort, 2b und 3 wäre abzuschreiben. 4 und 5, obgleich ein Theil davon schon in Berlin ist, könnte des Contextes wegen gleichfalls abgeschrieben werden. 6 bis 10 aber fiele weg. I I und 12 würde wieder abgeschrieben. Von da an war in jenem Manuscript keine Lücke mehr. Jedoch braucht man sich mit dieser Abschrift nicht zu eilen, es ist Zeit bis wir uns gesprochen und mündlich berathen haben; soviel nur vorläufig. Juni 21. [Berlin] J. D. W. O. Uhden an G (GSA 25/XX,12 A Bl. 50f.): Ew. Excellenz | haben durch die freundlichen Aeusserungen, womit Sie meiner in der neulichen Correspondenz mit unserm treflichen Iffland [15. Juni] gedenken, mich recht innig erfreut. Aus einem Herzen voll Verehrung und Liebe für Sie, danke ich Ihnen fiiir dieses gütige Andenken, und ergreife gern die erste schickliche Gelegenheit die sich mir darbietet, meine Erkenntlichkeit, auch Ihnen wärmstens zu bezeugen. Daher folge ich mit Vergnügen der Aufforderung meines Freundes, des Kapellmeisters Weber, der wünscht, durch diese Zeilen bey Ihnen eingeführt zu werden. Er hat den ruhmvollen Auftrag das Musicalische in Ihrer dramatischen Vision, womit die hiesigen nahen Feste verherrlicht werden, zu besorgen; und damit die Darstellung, so weit wie nur möglich unter den Augen des Meisters selbst, sich runde und schließe, so sendet die Direction diesen genie- und talentvollen Musiker zu Ihnen, um unter Ihrer Leitung, den ihm anvertrauten so wichtigen Theil der schönen Erscheinung zu ordnen. Weber hat einen ausgezeichneten Sinn für wirklich treffenden Theater Effect, wie seine, vielleicht auch Ihnen bekannten Compositionen für Teil, die Jungfrau [von Orleans], Luther 1 ) u. a. m. beweisen; dabei ist er ein verständiger . . . gut ausgerüsteter Mann, feurig u. sanft, wohlwollend und stürmisch. Seine mit Musik künstlich umschlungene Bearbeitung der Ballade Schillers: der Gang zum Eisenhammer, ist überall mit Beyfall aufgenommen worden; er hat sie mit, und wird sich sehr glücklich schätzen, wenn Sie derselben ein PaarViertelstunden schenken wollen. | Von den Decorationen zu dem: Erwachen des
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) Martin Luther. Drama von Zacharias Werner.
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Epimenides habe ich gestern die Zeichnung, den Entwurf zur ersten und letzten [Szene] gesehen. Vielleicht schickt sie der Mahler (Winkler aus Dresden) mit. Ich habe manches darin anders vorgeschlagen, namentlich das Tempelgebäude, welches, in Hinsicht auf . . . das Brandenburger Thor, Säulen von Dorischer Ordnung haben muß, und keine Kuppel, auf welcher die Quadriga nicht stehen kann. Der prächtige Portikus, der die abgesonderten Gebäude umgibt, mag reiner Jonischer Ordnung seyn. Ich bitte Sie, unserm Weber auch fiiir diese Parthie noch einige Winke mit hierherzugeben. Juni
21.
[Berlin] Iffland an G (GSA 2 5 / X X , 1 2 A Bl. 52f.): Höchlich und herzlich von Allem erfreut, was Sie mir gesandt haben [15. Juni], ward es sogleich Allen bekannt gemacht, die damit zu thun haben. Der Decorateur Winkler aus Dresden malt alles Fleißes; der Kapellmeister Weber eilt zur Komposition, und Herr Staatsrath Uhden, Secret. Esperstedt und die übrigen sind mit den Garderobe-Artikeln möglichst beschäftigt. Es ist uns nicht deutlich geworden was Sie gesprochen, gesungen und als Melodrama behandelt wissen wollen, da es auf keine Weise angezeigt worden ist. Hr. K[apell] M[eister] Weber wird Ihnen deswegen selbst beigehend schreiben, da diese Berichtigung nicht einen Augenblick Aufschub leiden kann. Er bearbeitet inzwischen diejenigen Sachen, die unbezweifelt gesungen werden. Hr. Duncker wird ebenfalls schreiben und Ihnen Vorschläge thun, wobei er wünschte, daß Sie die Summe ausfüllen möchten. 1 ) Da ich selbst in drei Tagen auf Reinerz gehe, und mir die Anmaßung nicht geben kann, hierin zu entscheiden, so bitte ich, Sie wollen die Güte haben, falls Sie nicht Selbst hierin entscheiden wollen, es durch Herrn Geheimen Hofrath Kirms thun zu lassen. | So eben war Hr. Kapellmeister Weber bei mir, und da die Stellen, welche Sie nicht componirt wissen wollen und nicht, wie Sie in Ihrem Briefe bemerkt haben, roth angestrichen sind, so bleibt nichts anders übrig, als daß er Morgen früh um 4 Uhr zu Ihnen reiset, um das Nöthige zu erfahren und festzulegen. Herr Buchhändler Duncker wird ihn begleiten, um wegen des Drucks und Übernahme desselben mit Ihnen das Nöthige zu besprechen. Sie haben Sich wegen der Kleidung des Preußischen Militärs nicht erklärt; angelegentlich bitte ich, daß Sie es thun wollen. Ich wenigstens weiß nichts anders vorzuschlagen; da ich die Schwierigkeit, welche die Erscheinung der Preußen in Johanniter-Kleidern macht, Ihnen dargestellt habe. Es gehören um ein Preußisches Heer auf dem Operntheater vorzustellen, welches 4 0 Schuh breite und 9 0 Schuh Länge enthält, doch wenigstens hundert Menschen dazu. Die Armierung als Preußische Ritter würde sonst die Kosten eines Kontingents erreichen, während wir hoffen können, das andere Kostüm geliehen zu erhalten. Auch ist es sehr ungewiß, wie es der König nehmen würde, wenn dieses das Preußische Kostüm ganz und gar vermeiden und verstecken wollte. Die Ritter in Preußen sind ein hier in Pr. so entfernt gehaltener Zweig der Nation, daß es eine geraume Zeit dauern würde, ehe man darauf verfiele: diese sollen die Preußen vorstellen. - Die Vorhalle, worin die Muse auftritt, muß wohl eine der Seitenbögen des Tempels seyn; denn hinten hervorkommen, würde Zeit wegnehmen; hinten wenden, unverständlich machen. Was im Punct der Beleuchtung nur irgend möglich zu machen ist, soll gewiß geschehen. Wegen des Exemplars, was gedruckt wird, in betreff dessen, was von Anmerkungen bleiben oder wegfallen soll, haben Sie j a wohl die Güte, Herrn Duncker die nöthige Deutung zu geben. Sehr gern übernehmen wir die Kosten einer Kopie, welche vielleicht Ihr Hr. Secretär in das abgeschriebene Exemplar, welches Hr. Kapellmeister Weber mitbringt, und worin die eine Seite leer ist, vollständig entwerfen und aus dem Ganzen in Eins zusammen tragen könnte. Dies würde dann, wenn es uns zugleich als Dirigirbuch dienen könnte, unsere Mühe erleichtern und jedem Mißverständnisse vorbeugen.
Im Entwurf des Verlagsvertrags freigehalten (s. unten 30. Juni 1814).
1814 J u n i 21.
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[Berlin] Iffland an F. Kirms (GSA 2 5 / X X , 1 2 A Bl. 54): Ich schicke Herrn K[apell] M[eister] Weber und Herrn Buchhändler Duncker zu Ihnen, da Hr. v. Göthe im Mscpt. nicht deutlich angezeigt hat, was componirt werden soll, was nicht, und da wir nicht wissen, ob er in Berka oder in Jena ist, worüber Sie wohl die gefällige Zeitung ihm geben werden.
22. [Berka] Das Berliner Vorspiel an Riemer. 23. (H 1 mit G's Vorschlägen zur Rollenbesetzung (W 16, 525) datiert: Weimar d. 23. Juni 1814) 23.
[Weimar] Riemer Tagebuch (JbSK 3, 68): War ein Brief von Berka von Goethe gekommen, mit dem Berliner Vorspiel, und den auszufüllenden Lücken. K a m Zelter und August. Blieben lange bei mir. Von Wolf, Metrik, Musik usw. . . . An Goethe Programm zum Berliner Festspiel.
24.
[Berka] B. A. Weber an G (GSA 2 5 / X X , 1 2 A Bl. 55): Der Kapellmeister Weber aus Berlin empfiehlt sich ganz ergebenst Sr: Excellenz dem Herrn Geheimerath von Goethe, und bittet um die Erlaubniß mit dem Herrn Buchhändler Dunker aus Berlin seine gehorsamste Aufwartung machen zu dürfen. Der geheime Hofrath Herr Kirms bittet Se: Excellenz den Herrn Geheimerath den hier beikommenden an ihn adressirten Brief gefälligst zu lesen.
24.
[Weimar] Riemer Tagebuch (JbSK 3, 68): Früh die Lücken im Festspiel mundiert.
24. [Berka] Mittags Zelter . . . Abends der Capellmeister Weber und der Hofrath Duncker [Verleger], beide aus Berlin. 24.
[Prag] Rahel Levin an Sara von Grotthuß (Rahel. Ein Buch des Andenkens für ihre Freunde. Theil 2. Berlin 1834, 2 2 5 - 2 8 ) : Vorgestern eröffnete mir der ständische Schauspieldirektor [J. C.] Liebich, als der einzigen Vertrauten in der Sache, die nun kommt, Folgendes: Er würde Goethen schreiben: 1 ) und ihn bitten und ihm vortragen, daß er für gesammte deutsche Bühnen ein Stück schriebe, welches den 18. Oktober auf all unsern Bühnen zugleich aufgeführt würde: und so alle Jahr den achtzehnten, und i m g a n z e n J a h r sonst keinen Tag. Mir schauderten gleich die Backen, und Thränen standen mir in den Augen. Aber w i e sagte dies der Mann, mit welcher Einfachheit, Ehrlichkeit, Anspruchslosigkeit, und wie durchdrungen: und was fügte er hinzu! „Ich will keinen Ruhm davon, sagte er, aber w e m ! kann man's zumuthen, als G o e t h e n ! " . . . Denk dir, Grotta - mir zittert das Herz diesen A u g e n b l i c k in Thränen - wenn man in g a n z Deutschland, in derselben Stunde Goethens Worte, seine Meinungen, s e i n e Gedanken spricht: alle Bessern unsrerer ganzen Völkerschaft versammelt sind, i h m zuzuhören, von ihm zu lernen was sie zu denken haben; und er uns zur That schafft was Ereigniß war! . . . L i e b e Grotta! Rede ihm z u , daß er's tue, daß er's n i c h t abschlage. Wenn es ihm auch Mühe macht: und einen Entschluß kostet. Es ist das erstemal in meinem Leben, daß ich denke: Goethe soll, m a g eine Mühe haben. Denke Dir, geliebte Freundin, wenn ganz Deutschland denkt: jetzt hört ganz Deutschland dieses Stück, schaudert, bebt, horcht, und klatscht, und jubelt, und weint mit uns! Ich falle auf die Erde und weine! Wir haben ja keine Forums, keine Märkte, keine Rednerbühnen, nichts Öffentliches; nichts Unzerstückeltes ist uns überkommen, wir schaffen ja nur a b , und nichts! - Aber als Naturnothwendigkeit für alle in Völker versammelte Menschen steigt den Regierungen selbst unbewußt die Schauspielbühne als ein solcher Mittelpunkt unbemerkt und ungelockt empor. Verkündigt man uns nicht Siege von i h r herab, dankt man Helden nicht von ihr herab? sammelt s i e nicht ganz allein die Menge, darauf still zu horchen, was sie hören, erfahren, lernen und bedenken soll?
MVgl. unten 28. Juni 1814: Liebich an G.
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Nein, es ist Goethens, unsers erhabenen Lehrers ganz würdig! Vertrete Liebich bei ihm. Er war sehr kleinmüthig; aber wie zu einer Pflicht fest entschlossen, ihn anzugehen, schon gefaßt in Traurigkeit - wie man es ist - auf eine abschlägige Antwort. Gedrückt sagte er: „Ich habe dann das Meinige gethan. Keinen Würdigern weiß ich nicht! Einem A n d e r n kann man d i e s doch nicht anfordern." Ich ermunterte ihn! Ich habe eine Freundin, sagte ich, der ist Goethe sehr hold und zugethan, und der vertraut er: der werde ich die Sache vortragen; die soll sie unterstützen und ihn b i t t e n ! ! Nun, glückselige Grotta, von der man dies sagen kann, thu 1 es auch! Sprich d e i n e Sprache! Aber thue es g l e i c h 1 ) . . . Wie wird's ihm die Kaiserin, seine Freundin, danken! Ganz Deutschland beglückt er; es flammt von neuem auf! Juni [Weimar] B. A. Weber an J. F. Esperstedt (Abschrift; GSA 2 5 / X X , 1 2 D Bl. 1 8 - 2 2 ) : Am 2 4 . - 2 6 . Freitag Abend [24. Juni] kamen wir, wie nasse Pudels in Berka an. Ich schickte meine Briefe zu Herrn von Goethe mit der Bitte ihn besuchen zu dürfen. Er nahm uns noch am Abend sehr freundlich und liebreich auf. Wen trafen wir bei ihm? Zelter, was ich zwar schon in Weimar gehört hatte. Die erste Zusammenkunft wurde auf Sonnabend früh um 8 Uhr verabredet. Wir blieben von dieser Stunde bis zwölf Uhr eingeschlossen beisammen. Ich kann Ihnen nicht beschreiben . . . mit welcher Aufmerksamkeit er alle meine Bemerkungen anhörte, mit welchem kindlichen Gemüth er meine gewünschten Abänderungen auf der Stelle niederschrieb 2 ) wie ihn die musikalische Ansicht, die ich ihm von dem Ganzen gab, begeisterte, und auf neue Ideen brachten [!]. Wie erstaunt und erfreut er zugleich war, als ich ihm sagte, das Stück sollte im großen Opernhause gegeben werden . . . „Hätte ich das gewußt, daß meinem Stück die Ehre, im Opernhauß gegeben zu werden, wiederfahren sollte, was hätte ich noch machen wollen" rief er einige Male aus. Nach dieser Gonferenz spielte ich ihm das Wenige vor, was ich schon gemacht hatte, und was seinen ganzen Beifall erhielt. Eine zweite Gonferenz wurde auf den Nachmittag verabredet. Wie wir vom Tische aufstanden, so kamen Gelehrte, und Künstler aus Weimar, mit denen er sich wieder einschloß, um einen Prolog zur Ankunft des Herzogs in Weimar zu verabreden. Ich rauchte mit Zelter von 4 bis 9 Uhr Taback, wo diese Herren erst wieder abreißten. Aus meiner Gonferenz wurde nichts. Heute früh [26.] war ich wieder mit ihm und dem Herrn Professor Riemer . . . von 8 bis 11 Uhr zusammen. Er war noch mehr vom Enthusiasmus ergriffen wie gestern. Da er wünscht, daß ich seine Ideen k l a r und d e u t l i c h mitbringen möchte, um nach seinem Sinne mit Ihnen [Esperstedt] . . . in Berlin alles einrichten zu können, so bat er mich inständigst in Berka zu bleiben, bis ich ein ganz vollkommnes Exemplar gleich mit nehmen könnte. Ich erwiederte, in Weimar so lange zu bleiben, einige fertige Stücke mitzunehmen und dort, weil ich keinen Augenblick zu verlieren hätte, gleich anzufangen zu komponiren, was diesen Augenblick, wie dieser Brief gemeldet ist, geschiehet. Nun bringt Hr. v. Goethe diesen Nachmittag mit Herrn Prof. Riemer wieder in diesem Geschäft zu. Morgen [27.] früh bringt mir letzterer, von Berka kommend, wieder einige Stücke zum Komponieren mit. Da das Ganze, - was den musikalischen Theil betrift, beinahe ganz umgestürzt worden ist, so glaubte Hr: v. Goethe, vor Mittwoch [29.] Abend nicht mit Hr Riemer fertig zu sein. Donnerstag früh [30.] fahre ich nach Berka, und hole das Ganze, nach einer nochmaligen Durchsicht. - Freitag [1. Juli] nach Weimar zurück, und . . . wieder nach Berlin . . . Der glückliche Zufall wollte noch, daß ich heute Nachmittag hier im Gasthause die Bekanntschaft des Sohns von Herrn v. Goethe eines liebenswürdigen jungen Mannes machte. Er bot mir gleich seines Vaters Hauß und Fortepiano hier an, was ich gleich annehmen [!]. Ich werde nun drei volle Tage wie in einem Musentempel sitzen, und ungestört arbeiten können . . . Nun wird das Ganze etwas werden. Es wird sich Alles mit mir freuen, wenn ich das Ganze bringe. Die
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) Vgl. unten 30. Juni 1 8 1 4 : Sara von Grotthuß an G. ) Gräf vermutet, das Notizenblatt (W 16, 515f.) sei hier entstanden (Gräf II 1, 355f.).
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Besetzung ist meisterlich. Vorläufig Epimenides Hr: Gern. - Die Hofnung Mad. [S. L.] Schröck der Dämon der List Hr. [H.] Blume, der Jugendfürst Hr. [L. G.] Rebenstein, das übrige ist meistens geblieben. - Die Kuppel auf dem Tempel fällt weg, und bleibt, wie Herr Statsrath [!] Uhden gesagt. Juni
[Berka] Mittags mit Zelter und den beiden Berlinern . . . Abends die Berliner. 26. [Berka] Früh der Capellmeister Weber und Duncker, welche nach Weimar gingen . . . Mittags Riemer und Zelter.
25.
26.
[Berka] Riemer Tagebuch (JbSK 3, 69): Kam Zelter zu mir. Zu Goethe hinauf. Mit Weber und ihm Session zur Redaktion seines Kapellmeister-Exemplars. 1 ) Las ich Zelter den Epimenides vor, den Rest Goethe. Nach Tische mußte Zelter spielen.
28.
[Weimar] Riemer Tagebuch (JbSK 3, 69): War Goethe [in Weimar] angekommen. Ging hinaus, mit Weber und Goethe am Epimenides. Desiderata angemerkt . . . Nach Tische mit Goethe allein am Epimenides. Ich verbesserte manches für mich selbst.
28.
[Prag] J. G. Liebich an G (SchrGG 18, 70ff.): Der 18te Oktober des Jahres 1 8 1 3 , - der ewige denkwürdige Tag - wo durch die große Völkerschlacht bei Leipzig - die Deutschen Ihre verlorne Freiheit wieder erkämpften, sollte meiner Idee nach, in der Folge ein Festtag für ganz Deutschland werden, und als ein Nazional Akt alljährlich gefeiert, auf die späteste Nachwelt übergehen! | Die Schaubühne ist gewiß mit der passendste Ort, wo Volksgefühle leicht erregt - sich laut aussprechen und zur Thatkraft geweckt werden; desswegen soll meinem Plane nach, dieser 18te October, durch ein e i g e n e s passendes Nazional Schauspiel, alljährlich auf a l l e n deutschen Bühnen g l e i c h , gefeiert werden - dieß Schauspiel dürfte nur, an dem entscheidenden Tage der Leipziger Schlacht, und nie unterm Jahre gegeben werden. Hier in Prag habe ich bereits diese Idee der hohen Landes Regierung angezeigt, und erklärt, daß ich alljährlich die freie Einnahme an diesem Tage, dem Prager Invalidenhause widme. | Die übrigen deutschen Bühnen werden gewiß meinem Beispiele folgen, wenn Sie [sie!] allgemein dazu aufgefordert werden, und Euer Exzellenz nunmehr meine folgende Bitte gewähren, ohne die sonst der ganze Zweck verfehlt wäre: | Für diesen feierlichen Nazionalakt, der auf unsre spätesten Enkel übergehen, mit dem zugleich die wohlthätigsten Zwecke verbunden sind, der deutschen [!] Gemeinsinn nicht nur b e f ö r d e r n , sondern auch bei den spätesten Enkeln e r h a l t e n soll; - für dieses erhabene deutsche Fest, ein eigenes passendes Schauspiel verfassen zu lassen; kann ich mich auch nur an unsern ersten deutschen Dichter wenden, nur S e i n e Feder ist würdig, für die Mit, und Nachwelt ein n e u e s unvergängliches Denkmal zu stiften; und ein nicht zu verwelkendes Blatt m e h r , in den Kranz zu flechten, den Ihm Nazionen längstens für Seine unsterblichen Werke zuerkannt haben. | Ich wende mich mit deutscher grader Offenheit, an Sie Herr Geheime Rath! - den deutschen Mann mit dieser meiner Bitte; und wünsche nichts sehnlicher als die Gewährung derselben, dann soll augenblicklich die Aufforderung an alle deutschen Bühnen erfolgen, wenn ich nur erst die frohe Gewährung habe, daß Sie das deutsche Werk durch Ihre Feder verherrlichen wollen. | Ich hoffe auf eine baldige gütige Rückantwort, worinn Euer Excellenz mir offen und freimütig Ihre Meinung über diesen Plan zu sagen gebeten werden. | Sollten sich auch (was aber kaum denkbar ist) manche Bühnen ausschließen, so verfolge ich i n j e d e m F a l l e m e i n e I d e e f ü r P r a g , und bin dann erbötig, j e d e Bedingung, die Euer Exzellenz für die Verfassung dieses Schauspieles festsetzen und bestimmen, im voraus einzugehen.
) Das (nicht erhaltene) Berliner Dirigierbuch bereits erwähnt 21. Juni 1 8 1 4 : Ifiland an G.
1
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[Weimar] Früh ... Weber. 30. Früh letzte Berathung mit Capellmeister Weber. Verreiste derselbe mit Duncker. 30.? Vertragsentwurf 1 ) zwischen G und Duncker & Humblot (GSA 25/XX,12 A Bl. 58; 61; s. auch QuZ 4, 608f.): Zwischen Sr. Exellenz [!] dem Herrn Geheimen-Rath von Göthe zu Weimar und den Buchhändlern Duncker & Humblot in Berlin ist folgendes contrahiret worden. | Se. Exellenz der Herr Geheime-Rath von Göthe überläßt das Festspiel: |
Juni 29.
„Das Erwachen des Epimenides" | den Herren Duncker & Humblot zum
Verlag und sagt von seiner Seite zu, bis zur Oster-Messe 1815 keine andere Ausgabe im Druck davon zu veranstalten mit der Zusicherung daß diese folgende Ausgabe nicht früher als zu Leipzig im Laufe der Messe ausgegeben werde. Der Herr Verfasser bedingt sich ein Honorar von 2 ) welches die Verleger bei Auswechslung dieses Contracts entrichten werden. | Es bleibt von Seiten des Herrn Verfasser den Herren Duncker & Humblot anheim gestellt wie groß und anzählig sie die Auflage machen und in welcher Form sie das Gedicht drucken werden wollen. Sie legen es sich selbst als Pflicht auf das die letztere nett u. sauber sey. | Damit das Werk bey rechter Zeit die Presse verlaße und die Bekanntmachung desselben mit der Darstellung auf dem Berliner Theater gleichzeitig falle, wird der Herr Verfasser Sorge tragen daß ein zum Druck vollkommen redigirtes Manuscript spätestens bis zum July: d. J. in den Händen der Verleger sey. | Sollten unvorherzusehende Ereigniße sich der Verbreitung und dem Debit dieser Ausgabe in dem laufenden Jahre 1814 in den Weg stellen und das Werk erst dadurch im Jahre 1815 in den Buchhandel kommen können so will der Herr Verfasser die gefällige Rücksicht nehmen, die von ihm anderweitig projectirte Ausgabe um 6 Monat hinauszuschieben und die Erscheinung derselben statt zur 0[ster] M[e]sse zur Michaelis-Messe 1815 anzuberaumen. 3 ) 30. [Dresden] Sara v. Grotthuß an G (GJb 1893, 56f.): Eine nahe aber vielleicht unbescheidene Veranlassung zu diesem Briefe ist einer aus Prag 4 ) worin man mir sagt, der Director Liebich habe Ihnen mit schüchterner Angst eine der grösten Bitten vorgetragen, die je eine patriotische Brust bewegt, die das grosse Bewusstsein in sich fühlt, dass ein Heros wie Sie alles leisten kann, wann er sich selbst überzeugt, dass es nützlich ist und f r o m m t - mich durchbebt ein heiliger Schauer, wann ich denke dass Sie einwilligen 5 ) und Thränen der süssesten Wehmuth entlockt mir das Gefühl, dass in ganz 1
) Bereits erwähnt 21. Juni 1814: Iffland an G; vermutlich von Duncker am 30. Juni G übergeben. 2 ) Zur später vereinbarten Summe s. unten 7. Juli 1814: an Duncker. 3 ) Ostermesse: ab 3. Sonntag (Jubilate) nach Ostern; Michaelismesse: ab Sonntag nach Michaelis (29. Sept). 4 ) Vgl. oben 24. Juni 1814: Rahel Levin an Sara v. Grotthuß. 5 ) Der folgende Text (bis Goethens ganz würdig) fast wörtlich aus Rahel Levins Brief übernommen.
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D e u t s c h l a n d in derselben Stunde, Ihre Meinung, Ihre Worte, Ihre Gedanken ausgesprochen werden, alle Bessern unserer ganzen Völkerschaft versammelt zu hören, zu lernen, was sie zu denken haben (in dem jetzigen Kampf zwischen Heldenmuth und Übertreibung, wie heilsam, wie gross, in der Zukunft wie heilig, wie bindend!) und wann nun das Gehörte zur That schafft, was Ereigniss war . . . Hier wird erst verständlich die Handlung, die vorher nur ringende Begebenheit war. Wir haben keine Forums, keine Rednerbühne, noch Märkte, nichts öffentliches, nichts unzerstückeltes, wir schaffen ja nur ab. Aber als Naturnothwendigkeit, für alle Menschen, die in civilisirten Völkermassen zusammenwohnen, steigt, den Regierungen selbst unbewusst, die Schauspielbühne als ein solcher Mittelpunkt unbemerkt und ungelockt empor. Verkündigt man nicht Siege von ihr herab? dankt man Helden nicht von dort herab, sammelt sie nicht ganz allein die Menschen, still und aufmerksam darauf zu hören, dass sie erfahren lernen und bedenken sollen? Ja es ist unseres erhabenen Lehrers Goethens ganz würdig, den Moment für eine Ewigkeit von heilbringenden Früchten zu benutzen. Es ist schwer, es ist unsäglich viel, aber es ist auch der grösste Mensch, der diese Aufgabe lösen und herrlich erklären kann. Ich bin so ergriffen von dem Gedanken, dass Thränen meinen Augen entrollen und ich dies Alles im Zittern einer gefassten Hoffnung und Furcht ihrer Nichterfüllung, wie durch eine Art von Eingebung hingeschrieben habe. Juli
2.
[Weimar] Charlotte v. Schiller an Prinzessin Caroline (GG 2, 9 1 5 ) : Gestern waren wir beim Meister [G], der hier ist; Zelter ist bei ihm; wir wollten eigentlich etwas aus seiner Komposition der Chöre vernehmen, aus dem Stück für Berlin, die er komponiert; aber wir hörten nichts!
3. [Weimar] Riemer Tagebuch (JbSK 3, 69): Zu Goethe, den Epimenides berichtigt. 3. [Berlin] Königliche Theaterkommission (C. L. Jacobi, J. G. Gern, J. F. Esperstedt) an W . L. G. Fürst zu Sayn-Wittgenstein-Hohenstein 1 ) (Abschrift; GSA 2 8 / 6 4 Bl. 3 9 9 ) : Da seit gestern sich über die frühere Ankunft Sr Majestät des Königs mehrere Gerüchte verbreitet haben, so wollen Euer Durchlaucht der unterzeichneten Commission gnädigst verstatten, sich darüber einige Eröfnung unterthänigst erbitten zu dürfen: | ob des Königs und Kaisers von Rußland Majestäten in der Zeit vom 19.n - 2 3 . n July zusammen, oder des Königs Majestät allein schon hier eintreffen werden: da es bis zu dieser Zeit nicht möglich seyn würde, den Prolog des Herrn von Göthe, den der Kapellmeister Weber heute von Weimar erst mitbringt und der nun noch ganz componirt, ausgeschrieben, und einstudirt werden müßte, bis dahin der Sache und dieses großen Dichters würdig zur Darstellung zu bringen. 4.
[Berlin] W. L. G. Fürst zu Sayn-Wittgenstein an C. L. Jacobi (Abschrift; GSA 2 5 / X X , 1 2 D Bl. 25): Ohne daß es mir möglich gewesen ist, den anbey wieder zurück kommenden sogenannten Prolog zu lesen, finde ich das er für das was er sein soll, mehr als zu lange, und eben so langweilig ist. Ich kann mir über dergleichen Sachen gar kein Urtheil erlauben; Eine kurze herzliche Anrede oder Prolog wird aber Sr: Majestät gewiß mehr Vergnügen machen; ich wiederhole aber dabei ausdrücklich, daß ich mir über einen solchen Gegenstand kein Urtheil erlaube, daß mich diese Sache nichts angeht und daß ich mich auf keine Weise darin umsehen werde.
5. [Berlin] B. A. Weber an C. L. Jacobi (Abschrift; GSA 2 5 / X X , 1 2 D Bl. 26): Und wenn ich ein Gott wäre, könnte ich diesen Prolog bis 2 1 July, wie er k o m p o n i r t w e r d e n m u ß , nicht fertig schreiben, das heißt: vielleicht mit großer Anstrengung könnte i c h bis dahin fertig sein, aber, dann ist noch nichts ausgeschrieben, noch nichts einstudirt. Soll und muß der Prolog gegeben werden, so mache ich die Chöre fertig, wozu ich
Beilage zum Schreiben der Königl. Theaterkommission an G vom 21. Juli 1 8 1 4 (s. dort).
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mich anheischig machen kann, und vielleicht noch eine oder zwey Hauptscenen, für das Uebrige, besonders für die mehr dramatische Musik, kann ich mein Wort nicht geben. Juli
5. 1 )
An T. J. Seebeck (Br 51, 355): . . . kann ich nicht bergen, daß ich die letzten Monate in großer Unruhe u. häufiger Beschäftigung gelebt habe. Ich gab dem Verlangen der Berliner Theaterdirection nach ein Festspiel zu schreiben, welches die Ankunft des Königs und seiner höchsten Gäste feyern soll. Dieses ist nun geschehen, und ich wünsche dieser Arbeit, wenn sie einst auch zu Ihnen gelangen sollte, auch Ihren Beifall.
5. An C. F. W. Duncker (Konzept; Br 24, 308f.): Ew. Wohlgeb. | Wunsch gemäß, habe den hinterlassenen Aufsatz ausgefüllt und unterzeichnet, 2 ) ich genehmige denselben in allen Hauptpuncten, nur zu dem am Schlüsse Hinzugefügten kann ich mich nicht verstehen, um so weniger als mir der darin erwähnte Fall gar nicht denkbar ist.3) Mit nächster Post [7. Juli] soll der Anfang des Manuscripts abgehen, damit Sie den Druck beginnen können. Das Übrige sende baldmöglichst, das dem Herrn Capellmeister Weber Zugesagte soll alsdann auch erfolgen!4) 6. [Berlin] W. L. G. Fürst zu Sayn-Wittgenstein an die Königliche Theaterkommission in Berlin 5 ) (Abschrift; GSA 2 8 / 6 4 Bl. 4 0 0 ) : Der Königlichen Theater-Gommission erwiedere ich hiedurch auf die, in Betref der bevorstehenden Ankunft Sr Majestät des Königs und der Reise Sr Majestät des Kaisers von Rußland, unter dem 3ten d. M. an mich gerichtete, und heute bei mir abgegebene Anfrage; daß, so viel ich durch allgemeine Nachrichten unterrichtet bin, des Königs Majestät am 22ten d. M. in Potsdam einzutreffen beabsichtigen, des Kaisers von Rußland Majestät hingegen, ohne Berlin zu berühren, in diesen Tagen auf der geraden Straße von Leipzig über Frankfurt a / O . nach St: Petersburg zurückkehren werden. [7.] 6 )
An J. C. Liebich (Br 24, 310f.): Für den an mich ergangenen sehr ehrenvollen Antrag [28. Juni] hab ich alle Ursache meinen lebhaftesten Dank abzutragen, wobey mir sehr angenehm ist, daß ich Ihren Wünschen, wo nicht unmittelbar doch mittelbar, entgegenzukommen im Stande bin. | Es hat nämlich vor einigen Monaten die angesehene Generaldirection des Berliner Theaters von mir ein Festspiel verlangt zur Feyer der Ankunft ihres Königs und seiner höchsten Gäste. Ich habe diese Gelegenheit benutzt, um alles zur Sprache und zur Darstellung zu bringen, was in den Gemüthern seit so vielen Jahren vorging, und
) Ausgefertigt am 7. Juli (s. Tgb). ) Den vermutlich am 30. Juni übergebenen Vertragsentwurf (s. oben). 3 ) Gemeint: letzter Absatz des Vertrags oben 30. Juni 1 8 1 4 . 4 ) Vgl. unten 12. Juli 1 8 1 4 : an Duncker u. an Weber. 5 ) Beilage zum Schreiben der Königl. Theaterkommission an G vom 21. Juli 1 8 1 4 (s. dort), zusammen mit dem Schreiben der Theaterkomission an Fürst Sayn-Wittgenstein vom 3. Juli 1 8 1 4 (s. dort). 6 ) RA 6, 4 2 9 korrigiert das Datum: 6. Juli (ausgefertigt am 7.). 1
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was sich nun in diesen letzten Zeiten so glücklich entfaltet hat. Mein Bemühen nichts zurückzulassen, was man fordern und erwarten könnte, hat jenes Stück zu einer solchen Vollständigkeit gebracht, daß ich, wenn ich ein neues fertigen sollte, mich nur wiederholen müßte. Mein stiller Wunsch, diese Arbeit nicht nur für Berlin, sondern für das ganze Vaterland, nicht nur für den Augenblick, sondern auch für die Zukunft unternommen zu haben, scheint sich durch Ihren Antrag der Erfüllung zu nähern. | Jenes Drama ist dergestalt eingerichtet, daß ganz reine Recitation, Recitation mit melodramatischer Begleitung, Recitativ, Cavatine, Arie, Duett, Terzett und Chor mit einander abwechseln, so daß die vorzüglichsten Schauspieler sowohl als die Sänger darin ihre Talente entwickeln können. | Herr Capellmeister Weber arbeitet an der dazu nöthigen Composition, welche, nach denen mir bekannt gewordenen Musterstücken, von großer und schöner Wirkung seyn muß. | Das Stück wird gleich nach der Aufführung gedruckt erscheinen, und Sie werden alsdann selbst urtheilen ob es werth sey ein Secularstück zu werden, und ob es Ihren Wünschen entspreche. | Haben Sie alsdann die Güte mir ganz offen Ihre Meinung zu sagen, und erhalten mir bis dahin Ihr freundliches Andenken. Juli
7. An C. F. W. Duncker (Br 24, 309f.): Dieselben erhalten hierbey den Anfang des Festspieles, die Fortsetzung und der Schluß werden nächstens erfolgen. Ihr Anerbieten der vierzig Louisd'or1) acceptire hiermit und verspreche daß vor Jubilate 1815 keine weitere Ausgabe durch mich veranstaltet werden soll . . . Einige Bemerkungen habe ich auf dem zweyten Blatte hinzugefügt. Beyliegendes Blatt 2 ) bitte Herrn Capellmeister Weber zu übergeben . . . B e m e r k u n g e n . | 1) Die Auftritte werden nicht wie im Manuscript geschehen mit arabischen Zahlen sondern ausgeschrieben gedruckt: | nicht 1 Auftritt | sondern Erster Auftritt. | 2) Zum Titelkupfer würde ich die Minerva in drohender Stellung vorschlagen. 3 ) | Titel und Personen [-Verzeichnis] kommt nach. 7. An Sara v. Grotthuß (Br 24, 312): Ihr lieber theilnehmender Brief [30. Juni], verehrte Freundin, ist mir kurz nach Herrn Liebichs zutraulichem Schreiben [28. Juni] übergeben worden. Auch Ihnen danke ich für das Vertrauen, das Sie zu mir hegen. Um Ihnen nun zugleich die Lage in der ich mich befinde bekannt zu machen, folgt hier eine Abschrift der Antwort an Herrn Liebich, 4 ) worüber ich mir, wenn das Stück [ E p i m e n i d e s ] , wie zu hoffen, Anfangs Augusts in Ihren Händen ) Von Duncker wohl mündlich vorgeschlagen, im Vertragsentwurf noch ausgespart. ) Das Notizenblatt mit dem Rezitativ u. der Arie der Beharrlichkeit für die Sängerin A. A. Schmalz sowie dem anschließenden Terzett (W 16, 515f. u. 549ff.), wofür Weber am 23. Juli 1814 G dankt. 3 ) Ein Titelkupfer wurde nicht beigegeben. 4 ) Reiliegend; von Kräuters Hand. 1
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ist, Ihre freundschaftlichen Gedanken erbitte . . . Daß ich so lange geschwiegen . . . werden Sie mir gewiß verzeihen, wenn Sie bedenken, daß Vorgemeldetes alles in sechs Wochen, unter mancher äußern Unruhe, fertig werden mußte. Möchten Sie das Werklein bey seiner Erscheinung mit Gunst aufnehmen. An Duncker und Humblot das Festspiel zur Hälfte. An Director Liebich nach Prag wegen eines Säcular Spieles. An Baronesse von Grothuß nach Dresden wegen desselben . . . An Dr. Seebeck nach Nürnberg.
7. [Weimar] Riemer Tagebuch (JbSK 3, 70): Einen Teil des Epimenides durchgesehen und nach Rerlin befördert. 7. [Rerlin] G. F. W . Duncker an J. F. Esperstedt (Abschrift; GSA 2 5 / X X , 1 2 D Rl. 28f.): Heute denke ich soll was von Goethe kommen, ist etwas für mich dabey so laßen Sie es doch schnell zu mir gelangen . . . Ich habe für die Illumination unseres Hauses in der Stadt einige malerische Arbeiten nöthig, und habe da die Decorateurs dem Vermuthen nach wegen Aufschubs des Epimenides nicht so sehr pressirt sind, mein Auge auf einen derselben geworfen . . . Sollte der Weimaraner [J. F. G. Heideloff] nicht am besten dafür seyn?
8. Riemer Festspiel für Berlin corrigirt . . . Hofrath Meyer, Riemer, Bürgermeister Kuhn, Hofrath Sartorius,1) denselben die Hälfte des Festspiels vorgelesen. 9. Die Abschrift des Festspiels für Berlin geendigt. 9. An Knebel (Br 24, 313): Mein Festspiel für Berlin ist, Gott sey Dank, fertig; es hat mir zuletzt die meiste Qual gemacht: denn bis so ein gebornes Kind getauft wird, ist der Umständlichkeiten kein Ende. 10. Mittags Sartorius. Blieb derselbe und ich las ihm den Schluß des Berliner Festspiels. 11. Mit Riemer das Festspiel völlig redigirt. Mittags Riemer. 12. Riemer. Rev. der Abschrift für Berlin . . . [Nachmittags] Riemer Revision . . . An Duncker nach Berlin, Schluß des Festspiels eingeschlossen. An Capellmeister Weber. Copie des Briefs von Liebich und meiner Antwort. (Ging erst Donnerstags [14.] ab) 12. An C. F. W. Duncker (Br 24, 313): Sie erhalten hier . . . den Schluß des Festspiels nebst dem Titel; ich wünsche, daß es glücklich ankommen möge . . . Inliegendes2) bitte Herrn Capellmeister Weber zu übergeben. 12. An B. A. Weber (Konzept; Br 24, 314): Ew. Wohlgeboren | verfehle nicht die Abschrift eines Briefes aus Prag und meiner darauf ertheilten Antwort zu übersenden,3) damit, wenn irgend etwas diese Sache be-
) G's Freund Sartorius war seit 28. Juni 1 8 1 4 in Weimar, um Carl August zum Wiener Kongreß zu begleiten; als dessen Reginn auf den 1. Okt 1 8 1 4 verschoben wurde, kehrte er am 17. Juli nach Göttingen zurück. 2 ) Das folgende Schreiben mit Reilagen. 3 ) s. oben 28. Juni 1 8 1 4 : Liebich an G u. 7. Juli 1 8 1 4 : an Liebich. 1
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treffend an Dieselben gelangte, Sie davon vorläufig unterrichtet seyen. | Mit dem Wunsch, daß Sie glücklich nach Hause gekommen, wie in Überzeugung, daß unser Geschäft einen glücklichen Fortgang nehme, empfehle ich mich bestens, und bitte mich Herrn General-Director Iffland, nicht weniger Herrn Staats-Rath Uhden und sonstigen Freunden gefällig in Erinnerung zu bringen. Juli
17. [Berlin] Königliche Theaterkommission (B. A. Weber, A. L. Gern, J. F. Esperstedt) an ? (Abschrift; GSA 2 5 / X X , 1 2 D Bl. 30): Euer Hochwohlgebohren! | Ersuchen die Unterzeichneten gehorsamst den Goethischen Prolog, Sich von Sr. Durchlaucht dem Herrn Erbprinz von Mecklenburg heute zurückgeben zu lassen, da Höchstdieselben wahrscheinlich Sich auf einige Tage von hier entfernen wird.
19. An Cotta (G-Cotta 1, 259f.): . . . das projectirte Vorspiel für Halle war noch nicht fertig, als ich mich verführen ließ ein Festspiel für Berlin zu unternehmen, welches bei Ankunft des Königs und seiner höchsten und hohen Gäste aufgeführt werden soll. Dieses hat mich auf 8 Wochen beschäftigt und mir um so viel Zeit mehr geraubt, als Herr Capellmeister Weber von Berlin ankam, um sich mit mir über die Composition und Aufführung zu berathen. 20.
[Berlin] Duncker & Humblot an G 1 ) (GSA 2 8 / 6 4 Bl. 403f.): Ew. Exzellenz | geehrtes Schreiben vom 7ten dMts bringt uns eine wiederholt gütige und bestätigende Zusage für den Verlag des Epimenides, auch einen Theil des Manuscripts bis zum dreizehnten Auftritt . . . Was mit Liebe umfaßt wird kann an Intereße nicht geschmälert werden wenn auch äußere unerwartete Umstände und Zufälligkeiten sich störend dabei zeigen. Wenn denn nun die frühere Ankunft unseres Herrn und die dadurch unmöglich gewordene und suspendirte Vorstellung des Epimenides manches in unsern Berechnungen verändert, so ist uns das Geschäft welches uns die Ehre gebracht hat mit Ew Exzellenz in Verbindung zu treten immer noch gleich wichtig und innigst werth. | In der eingetretenen Veränderung liegt nunmehr aber der Stoff zu zwei Fragen welche wir Ew Exzellenz zu gütiger Berücksichtigung und Entscheidung vorlegen wollen. Nemlich: | „ist es Ew. Excellenz Wille und geben Sie uns die Befugniß den Epimenides u n a b g e s e h e n auf die Zeit der t h e a t r a l i s c h e n E r s c h e i n u n g itzt zu drucken und zu debitiren? | Oder: | Sollten wir nach dem früheren Plane Bekanntmachung und Debet m i t der A u f f ü h r u n g a u f d e m T h e a t e r g l e i c h z e i t i g veranstalten? | Sobald Sie für das erstere entscheiden so ändert sich nichts in unserm Uebereinkommen; nur wäre zu bedenken ob dies der hiesigen D i r e c t i o n genehm und dem G h a r a c t e r d e r S a c h e angemeßen sein möchte. | Entscheiden Sie für das zweite dann würde uns der Wunsch erlaubt sein dürfen, insofern es gewiß scheint daß die Vorstellung des Epimenides auf der Bühne erst bei der Rückkehr der Monarchen von Wien statt finden möchte - daß Sie Rücksichts dieser Verschiebung Ihren Plan für eine anderweitige Ausgabe ebenfalls weiter hinausrückten und uns den Zeitraum des Jahres 1815 für unsere Ausgabe bewilligten. | Wir wollen jedoch um Ew Exzellenz so wenig als möglich zu behindern erklären - daß wenn die theatralische Vorstellung im O c t o b e r d i e s e s J a h r e s 1 8 1 4 . n o c h s t a t t h a b e n s o l l t e es bey unserer e r s t e n U e b e r e i n k u n f t b l e i b t . | Was die Zahlung des Honorars betrift, so beruht es hiebei lediglich auf die Bestimmung Ew Exzellenz ob Sie dasselbe in einer Anweisung auf Leipzig - denn
) Beigelegt Duncker an G 20. Juli (nächstes Z); den Inhalt beider Schreiben teilt Riemer G am 3. Aug mit (s. dort).
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Berlin steht nicht in directer kaufmännischer Verbindung mit Weimar - oder in einer Banksendung durch die Post zu erhalten wünschen. Was Ew Exzellenz hiebei das angenehmste ist, wird es auch für uns sein und es wird schnell erfüllt werden. | Wir bitten noch um die Geneigtheit uns sobald es sein kann die Fortsetzung des Manuscripts zuzuhändigen" . . . Juli
20. [Berlin] G. F. W. Duncker an G (GSA 2 8 / 6 4 Bl. 405f.): Ich kann es mir nicht versagen meinem Handlungsbriefe noch einige Worte meiner Sicht beizufügen. Sie können nichts weiter ausdrücken wollen als die Versicherung mit wie unendlichem Vergnügen die Erinnerung meines dortigen Aufenthalts geschmückt ist. Ja allverehrter Mann! die Stunden zu Berka gehören zu den kostbarsten und seeligsten meines Lebens . . . Alle Kunstfreunde sind höchst bekümmert daß die eingetretenen Umstände ihnen den Genuß einer genialen Dichtung Göthes verzögern. Wie groß die Verlegenheit der Direction war springt in die Augen. Auf unserem Rückwege von Weimar stürmte zwei Meilen vor Berlin ein Estafetten-Reiter auf uns zu mit dem Ausruf „sind Sie der Kapellmeister Weber!" Ich kann Ihnen nicht sagen mit welcher beängstigenden Besorgniß ich die Depesche erbrechen sah. Ich fürchtete nichts Geringeres als die Nachricht von Ifflands Tode. Diese war es Gottlob nicht aber denn doch eine erschreckende des Inhalts, daß der Kapellmeister Weber sich Angesichts dieses Schreibens auf Courierflügeln nach Berlin begeben sollte weil die officielle Nachricht eingegangen daß der König am 23ten July in Berlin eintreffen würde. Glücklicherweise hatten wir nicht mehr weit zu fliegen. Weber war von der Nachricht ganz betrübt aber doch schnell entschloßen alles zu thun um das Stück herauszubringen. Nun ergab sich aber auf der Stelle, daß die Decorateur[e?] nicht fertig werden konnten, man erwog daß hier nichts übereilt und übers Knie gebrochen werden dürfe und so entschloß man sich zum Aufschub um so mehr da es nun gewiß wurde, daß der Kaiser Alexander jetzt nicht sondern erst September nach Berlin kommen wird. Bringen wir nun in Anschlag daß gestern eine Cabinetsordre des Königs eingegangen ist worinn er ausdrücklich alle große Festlichkeiten mit dem Zusatz verbittet daß er wünsche man wolle dergleichen bis nach dem Wiener Kongreß wo er mit seinem erhabenen Freunde Alexander hier eintreffen werde, aufsparen, so ist nun für die Freunde des Schönen die längere Entbehrung sehr hart. Dagegen ist es gewiß daß die Darstellung durch diesen Aufschub unendlich gewinnen wird zumal da zu hoffen steht, daß wir dann auch unseren wackeren Iffland wenn auch nicht ganz hergestellt, doch gebessert wieder haben werden. Er ist hier der einzige der ein solches Gemälde aufzustellen und die Efecte ins rechte Licht zu bringen weiß . . . Meinem Freunde Weber habe ich das Blatt übergeben, er sprach davon an Ew Exzellenz zu schreiben. | Ich habe seit meiner Rückkehr nun auch die Bekanntschaft Ihres Heidelof gemacht. Er scheint mir ein wackerer Künstler in so fern ich dies aus einer Arbeit die ich ihm übertragen beurtheilen kann . . . Bestimmtes wissen wir nichts von der Ankunft des Königs nur scheint es als würde es damit doch später als den 23ten werden. Wenn die allgemeine Vermuthung nicht trügt so wird er den 3ten Aug einziehen. 21. [Berlin] Königliche Theaterkommission (B. A. Weber, J. G. Gern, J. F. Esperstedt) an G 1 ) (GSA 2 8 / 6 4 Bl. 397f.): Euer Exzellenz fühlen sich die Unterzeichneten verpflichtet,
) Beigelegt die Schreiben der Theaterkomission an Fürst zu Sayn-Wittgenstein vom 3. Juli (s. dort) u. dessen Antwort 6. Juli 1814. Die Sendung traf erst 29. Juli 1814 in Weimar ein; Exzerpte sandte Riemer am 3. Aug 1814 nach Wiesbaden (s. unten). G's Geschichtserzählung nimmt darauf Bezug: Dieses [die Unterbrechung der Arbeiten] konnte mir um so weniger unangenehm seyn, als die Sache dadurch nach meinem ersten Gedanken eingeleitet wurde, und ich selbst eine solche Arbeit für ein späteres Fest bestimmt hatte. Auch konnte ich wohl einsehen, daß Herr Capellmeister Weber bey seinem Weimarischen Aufenthalt die vermehrte Arbeit, welche das Stück erforderte, genau bemerkt haben werde, und ich ergab mich um so ehr darein, als ein Brief des Herrn 1
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gehorsamst anzuzeigen, daß schon vor der am 3ten July erfolgten Rückkehr des Kapellmeister Weber von Weimar, die Nachricht hier einging, daß unser König noch im Laufe des Monats July, allein, ohne Se Majestät den Kaiser von Rußland hier eintreffen würden. | Die Unterzeichneten erbaten sich wegen der nöthigen Ausführungen, die sie zu dem Tage zu machen hatten an welchen die Monarchen erwartet wurden, rücksichtlich der Zeit und der Möglichkeit dessen, was zu leisten seyn konnte, von dem Herrn Fürsten von Wittgenstein Durchlaucht die nöthige Eröfnung in dem abschriftlich beikommenden Schreiben [vom 3. Juli], auf welches die ebenfalls beiliegende Antwort [vom 6. Juli] erfolgte. | Nach dieser war es nicht möglich, ein Werk von der hohen Bedeutung wie „Des Epimenides Erwachen" vom 4ten bis etwa den 24ten August, also in 20 Tagen zu componiren, und zur Aufführung zu bringen. | Da aber auch, nach der gedachten und später eingegangenen Allerhöchsten Gabinets-Ordre die Behörden benachrichtigt wurden, daß die eigentlichen Feierlichkeiten bis nach dem Wiener Congress ausgesezt bleiben sollten: so ist dadurch die nöthige Muße gewonnen, zu der Anfangs October d. J. erwarteten Ankunft des Kaisers von Rußland Majestät in Berlin, oder zu dem dann zu feiernden Friedensfeste, oder zur Rückkehr des Königs von Wien, bei Gelegenheit der großen Feierlichkeiten, den herrlichen Prolog, welchen wir Euer Exzellenz verdanken, vollständig und ganz würdig auf die Bühne bringen zu können. | Die Decorationen von Herr Winckler aus Dresden 1 ) gemacht, werden Ende dieses Monats fertig seyn. - | Der König will gar keinen Einzug halten, alle Arbeiten bleiben ausgesezt, die Siegessäulen, die auf 2 Plätzen schon aufgerichtet sind, bleiben undekorirt stehen, die Ankunft Sr Majestät ist für den 30ten July zu Potsdam bestimmt. | Das Theater wird nun entweder ein kleines Vorspiel [Asträas Wiederkehr] 2 ) welches nach vorhandenen Musikstücken von Kapellmeister Weber mit neuen Text vom Hrn Herklots geschrieben ist, und ein militairisches Ballet; oder die Oper: Ferdinand Gortez [von G. Spontini], am 3ten August geben. | Der Herr General-Director Iffland ist seit den 23ten Juny von hier nach dem Bade zu Reinerz abgereiset. 3 ) Juli
23. [Berlin] B. A. Weber an G 4 ) (GSA 2 8 / 6 4 Bl. 401f.): Euer Excellenz | verfehle ich nicht hierdurch noch besonders zu benachrichtigen, daß ich zwar glücklich, aber halb krank in Berlin angekommen bin. Ich wurde auf der Reise so heiser, daß ich einige Tage kein Wort sprechen konnte. Obschon sich dieser fatale Zustand ein wenig gebessert hat, so habe ich doch noch Schmerzen im Hals und darf nur wenig sprechen. So schmerzhaft es mir daher war, als ich nahe bei Berlin eine Estafette erhielt, so schleunig als möglich nach Berlin zurückzukommen, weil des Königs Majestät heute / a m 23ten July/ Ihren Einzug in Berlin halten würden, - indem ich bis heute nur etliche Chöre von der meisterhaften Arbeit Euer Excellenz die mich ganz ergriffen hat, habe vollenden können; so erfreulich ist es mir nun wieder auf der anderen Seite, daß alle zum Empfang des Königs vorbereiteten öffentlichen Zubereitungen untersagt worden sind, und nach der Zurückkunft von Wien mit S: M: dem Russischen Kaiser erst Statt haben sollen. Nun kann ich, wenn sich meine Heiserkeit ganz gelegt haben wird, an das herrliche mich begeisternde Werk ohne Zeit-angst gehen, und mit Muse und Lust daran arbeiten. - Von Hr: Dunker hab ich die neue Scene für Dem: Schmalz erhalten. Die Arie läßt
Capellmeister [vom 23. Juli, nicht vorhanden] seinen fortdauernden Eifer mir umständlich darlegte, und zum Zeugniß desselben noch einige Veränderungen zu Gunsten des Componisten von dem Dichter verlangte (W 16, 521). MVgl. oben 5. Juni 1814: Iffland an Kinns, 9. Juni 1814: Winkler an Iffland u. 21. Juni 1814: Iffland an G. 2 ) Vgl. unten 9. Aug 1814: Duncker an Riemer. 3 ) Iffland starb am 22. Sept 1814. 4 ) Der Inhalt dieses Schreibens wurde G durch Riemer am 3. Aug 1814 (s. dort) mitgeteilt.
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sich herrlich setzen. Da ich den Chor mit ihr verflechten will, so werd' ich Euer Excellenz in meinem nächsten Briefe nur um die Abänderung der Verbindungswörter bitten, so daß der zweite Theil allein dasteht, damit der Chor diese oder jene Zeile aufnehmen könne. Der dreistimmige Gesang vortrefflich. Ich erhalte noch die Schlußstrophen über das Lied von Herklots, wovon Euer Excellenz die Melodie als Schlußgesang genehmigten. Es hat keine Eile, denn der König wird gewiß nicht wieder vor Ende 8bers eintreffen. - Ich gebe den auch [?] erfreulichen Gedanken nicht auf, daß wir Euer Excellenz um diese Zeit hier sehen werden. Berlin wird den größten Dichter und Schriftsteller der deutschen Nation gewiß so aufnehmen, wie es sich von der großen deutschen Hauptstadt erwarten läßt. Juli
23. [Weimar] Herzogin Luise an G (GSA 2 8 / 6 5 Bl. 503): mit vielem danck sende ich ihnen das mir mitgetheilte schöne Vorspiel und wünschte bey dessen Vorstellung mich nach Berlin versetzen zu können, um den ganzen Genuß davon zu haben.
24. An G. Sartorius (Br 51, 356): Bis heute haben wir an dem Festempfang unsres gnädigsten Herrn gearbeitet, und auch hier sieht man, daß es keine Kleinigkeit ist, wenn Dichter Kränze flechten: es sind die einzigen, die nicht verwelkt sind1) . . . 25. [Brief] An Hofrath Sartorius nach Göttingen. 29. [Bad Liebwertha] J. G. Liebich an G 2 ) (SchrGG 18.2, 74f.): Die geehrte Zuschrift, Euer Exzellenz . . . 6.' July habe ich hier, wo die Post nur einmal wöchentlich von Prag kömmt, etwas später erhalten, und selbe sogleich unserm Landesgouverneur, S: E: dem Grafen von Kolowrat, der so warmen Antheil an der guten Sache nimmt, nach Prag gesendet. Gestern erhielt ich sie zurück. Er, so wie ich danken Euer Exzellenz recht sehr, für die mittelbare Gewährung unseres Wunsches; wir fügen nur noch die Bitte bey: Euer Exzellenz möchten die große Gefälligkeit für uns haben, - eine Abschrift Ihres, für Berlin verfaßten Festspiels, unter meiner Adresse - nach Prag wohin ich am 16/t August zurückkehre, gütigst zu senden, der Druck dürfte sich zu lange verzögern - die Zeit rückt allgemach heran, die nöthigen Vorkehrungen zu einem solchen Schauspiele, um es mit Pracht und Würde auf die Bühne zu bringen, das Einstudiren, etc. etc. erfordern doch mehrere Wochen. | Wenn ( v i e l l e i c h t ? ) für den a l l g e m e i n e n Zweck, zu dem dieses Schauspiel, nach meinem Plane bestimmt seyn soll - einige k l e i n e Abänderungen - mit Rücksicht auf Böhmen n o t h w e n d i g wären, so hegt Seine Excellenz unser würdiger Landesgouverneur die süße Hoffnung: Euer Hochgebohren würden Seine Bitte würdigen, und Sich Selbst dieser kleinen Mühe unterziehen. | Ich wage es hierinn, meine Bitte mit der Seinigen zu vereinen! - | Meinem Kapellmeister Carl Maria von Weber der vor einigen Tagen nach Berlin gereist ist, habe ich den Auftrag gegeben, sich dort mit seinem guten Freunde und Namensvetter [B. A. Weber], der Musik wegen zu verständigen. | Ich erwarte nun von der Güte Euer Exzellenz die baldige Ubersendung des Festspiels, um sogleich auch, für diese heilige Sache, den Aufruf an alle deutschen Bühnen, wegen der alljährigen Aufführung am 18/t October ergehen zu lassen. Gut wäre es, wenn Euer Exzellenz die Gewogenheit hätten mir anzuzeigen, w a n n ? und w o ? das Schauspiel im Druck erscheint, - um in der allgemeinen Anzeige selbes allen Bühnen nachweisen zu können. - Damit dieß Jahr noch die a l l g e m e i n e Feyer, an dem ewig denkwürdigen Tag beginnen könne!
) Anspielung auf die von G geleiteten Vorbereitungen zum festlichen Empfang für Carl August u. die Arbeit an Epimenides, dessen verspätete Aufführung G's Verse kommentieren: Was haben wir nicht für Kränze gewunden ... (s. unten: Okt 1814). 2 ) Dieser Brief abschriftlich beigelegt Riemer an G 14.-15. Aug 1814 (s. dort). 1
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3. [Weimar] Riemer an G (GSA 2 5 / X X , 1 2 A Bl. 65; 68): Verzeichniß und Auszug | der seit Ew. Excellenz Abreise eingegangenen Briefe 1 ) . . . in einem Privatbrief an mich 2 ) fragt [Duncker] an: ob, bey veränderter Gelegenheit der Darstellung jenes Festspiels Ew. Exc. vielleicht auch Veränderungen am Stück selbst vorzunehmen dächten - wiewohl er daran zweifelt, so wünscht er doch, des Drucks wegen darüber Gewißheit. Auch bittet er nochmals um den vollständigen Titel. | Ich ersehe aus diesem, daß die Abschrift des Epimenides noch nicht in Berlin muß angekommen gewesen seyn, und daß Ew. Exc. sie einige Tage später abgeschickt haben mögen. Da sie aber wahrscheinlich recommandirt wurde, würde sie nun wohl ohne Zweifel dort seyn, und ich verspare daher an Dunker zu schreiben, bis nicht etwa eine andere Frage kommt. 5. [Göttingen] G. Sartorius an G (G-Sartorius 145): Wer vermag in die Zukunft zu schauen, da noch immer List, Krieg, Unterdrückung, Glaube und Liebe sich bunt unter einander herumjagen. 3 ) 9. [Berlin] G. F. W. Duncker an Riemer 4 ) (GSA 2 5 / X X , 1 2 A Bl. 66f.): Bis heute habe ich vergebens auf eine Antwort von Ew. Wohlgeb. gehoft. Ich schrieb unterm 20ten July. Auch vom Herrn Geheimen Rath wurde mir nichts erwidert und doch ist es nöthig zu beschließen, damit wir unsere Einrichtungen treffen können. Zuvörderst komme ich auf meine Frage zurück, ob der Epimenides wegen Verrückung seiner Bestimmung nicht mancher Abänderung unterworfen seyn möchte? Das was auf dem Theater in den letzten Tagen geschehen ist vermehrt die Motive dazu ganz gewiß. Zwar kann es Göthe gleichgültig seyn, wenn Herr Herklots einen Prolog macht und ihn mit Ideen ausschmückt die nicht ihm sondern Göthe angehören, denn das Talent dieses großen Meisters kann dadurch nicht geschmälert werden, wohl aber die Sache, von der entlehnt wird. Dieser Prolog von dem ich spreche ist Asträa genannt und ich lege Ihnen zu näheren Bekanntmachung ein Exemplar bey. 5 ) Da das Ganze trocken und in eine schwerfällige Sprache gekleidet ist, so konnte es keinen Efect machen, nur ein Moment der Göthe ganz angehört so wie zu seinem Stück, brachte die lebhafteste Wirkung hervor. Wo es nemlich im siebenten Auftritt der Asträa heißt | - „ D e m Völkerglück | Erbauet hier mein Wink die Zeitenwohnung" | verwandelt sich das Theater und die zum Epimenides bestimmte Schluß-Decoration mit dem Siegeswagen u. Kranz erschien u. erregte den allgemeinsten Enthusiasmus. Wir wollen die Direction wegen Eile und Bedrängniß nicht entschuldigen, daß sie dies zuließ, in dem Buche ist es Rücksichtshalber auch wohl nicht angedeutet, denn da steht | „indem die Glorie sich hebt sieht man statt der vorigen Landschaft ein Prachtgebäude, das die ganze Bühne füllt." | Ich habe darüber mit Hr Esperstaedt gesprochen der mir den ganzen Umfang der Verlegenheit in der sich die Theater Gommission befinde schilderte u. der Meinung mit uns war daß die Allegorien dieser Decoration, in den Epimenides nun nicht mehr wieder angewendet werden könnten, um so weniger, da auch Kotzebue in einem Prolog der an dem Tage der Rückkehr des Königs gegeben wurde die Idee mit dem Siegeswagen benutzt hat. Der Inhalt dieses Prologs war ohngefähr folgender | Glio schreibt mit
) Berliner Theaterdirektion vom 3. Juli 1814, mit 2 Beilagen; Weber vom 23. Juli 1814; Duncker & Humblot vom 20. Juli 1814; Duncker v o m 20. Juli 1814. Sendung nach Wiesbaden während G's Reise in die Rhein- und Main-Gegenden (25. Juli bis 27. Okt 1814). 2 ) Nicht überliefert. 3 ) Anspielung auf Figuren in Epimenides. 4 ) V o n Riemer mit Unterstreichungen beigelegt seinem Brief an G v o m 1 4 . - 1 5 . Aug 1 8 1 4 (s. dort). 5 ) K. A. Herklots: Asträas Wiederkehr. Vorspiel in Versen mit Gesang und Tanz. Musik von B. A. Weber. Berlin 1814 (Ruppert Nr. 960). Von Riemer mit Sendung 1 4 . - 1 5 . A u g an G weitergeleitet. 1
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ehernem Griffel | den 19ten October | den 30ten May | u. den 7ten August (der Tag wo der König hier seinen Einzug hielt) | in das Buch der Geschichte zur Bewunderung der dankbaren Nachwelt ein. Dieser letztgedachte Tag erscheint als ein Freude- u. FriedensGenius mit Rosen bekränzt, die Melodie des „Heil Dir im Siegekranz" 1 ) tönt ihm voran und geleitet den Chor treuer Unterthanen welche den S i e g e s w a g e n in die Heimath ziehen. Hierauf verändert sich das Theater u. man erblickt das Brandenburger Thor mit seinen erneuten Schmuck. | Ihnen dies alles genau mitzutheilen hielt ich für meine Pflicht damit Göthe davon Kenntniß erhalte und dann thue was ihm gut dünkt. 2 ) | In dem uns zugefertigten Manuscript 3 ) finde ich einige scenische Bemerkungen die mir für den Druck nicht recht zu p a s s e n scheinen z. B. | - - - - - - - Die Kinder ziehen voran und sind schon in der C o u l i s s e , sie aber ist noch auf dem T h e a t e r wenn Epimenides erscheint, dann spricht sie folgende Stanze 4 ) | Der Ausdruck Coulisse kommt öfter vor, sollte dies nicht mehr für die Aufführung niedergeschrieben, für den Druck aber besser sein wenn es hieße: | Die Muse bewegt sich als wenn sie abgehen wollte, die Kinder ziehen voran 5 ) und verschwinden sie aber ist noch sichtbar wenn Epimenides erscheint und spricht während jener die Stufen herunter kommt: | „Und diesen pp. | Ich bitte daß Sie mir dies nicht als Anmaßung auslegen werden denn ich gebe zu daß ein falscher Tact mich hiebey irre geführt haben kann. | Daß ich nun recht bald Mittheilungen von dort erhalte ist mein lebhaftester Wunsch. Zögern Sie damit j a nicht denn ich höre daß der Kaiser Alexander sehr bald hier eintreffen werde. Aug [Weimar] Riemer an G (GSA 2 8 / 6 3 Bl. 317; 323; 330; 335): Ew. Excellenz | säume 1 4 . - 1 5 . nicht, aufs Gutbefinden Ihres Herrn Sohnes, einen soeben eingegangenen Brief des Schauspiel Directors Liebich in Prag [29. Juli], die Mittheilung des Berliner Festspiels betreffend, abschriftlich auf dem Rückblatt zu übersenden, da die Sache keinen Verzug gestattet. Ew. Excellenz werden nun wohl von dort aus unmittelbar das Nähere an gedachte Person verfügen, im Fall aber eine Abschrift [des Epimenides] hier besorgt werden sollte, so werde ich die Ausfertigung derselben mit Vergnügen übernehmen . . . [Aug 15.] Es ist beynahe ein glückliches Versehen, daß vorstehender Brief gestern nicht abgegangen: denn nun kann ich noch etwas hinzufügen, das mir von der größten Wichtigkeit scheint, und Ew. Exc. Entschließung in Betreff der Liebich'schen Angelegenheit ganz eigen bestimmen dürfte. - Die Berliner haben eine Porcherie gemacht von der ersten Sorte, die Ew. Excellenz Indignation erregen muß, und wofür sie bestraft werden müssen. Statt weitläuftiger Berichterstattung, lege ich, a u f Z u r a t h e n I h r e s H e r r n S o h n e s , das Corpus Delicti unmittelbar bey, zugleich mit der Denunciation des Herrn Duncker. 6 ) - Das Machwerk des Herrn Herklots ist freylich so elend als möglich, aber über alle Begriffe ist die Verschleifung u. Vernichtigung des kostbarsten Motivs. Ihr Herr Sohn war so aufgebracht, und ich selbst so außer mir, daß wir, wären Ew. Ex-
) Von B. G. Schumacher nach H. Harries. ) Dazu G in der Geschichtserzählung'. Die Sache gewinnt jedoch ein ganz anderes Ansehen, als ich die, statt des Epimenides gegebenen Vorspiele erhalte, woraus sogleich auffallend ersichtlich ist, daß beyde Verfaßer meine Erfindung benutzt, und was mußte ich denken, als man mir aus Berlin schreibt, daß die von mir genau bestimmte, und zu meinem Stücke fertige Haupt- und Schluß-Decoration bey einem dieser Vorspiele gebraucht, und die Wirkung eines, mit so vieler Sorgfalt bearbeiteten Werks nicht etwa nur verspätet, sondern sogar zerstört und vielleicht vernichtet worden. Ich entschließe mich, da meine Freunde sich hierüber sehr leidenschaftlich äußern, wie es meinem Alter und Erfahrung geziemt, zu schweigen und die Sache abzuwarten (W 16, 52 lf.). 1
2
) ) 5) 6) 3
4
Vgl. oben 12. Juli 1814: an Duncker. Szenenanweisung nach v. 4 0 (W 16, 337). Bis hierher von G übernommen. Vgl. oben 9. Aug 1814: Duncker an Riemer.
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cellenz nicht entfernt, sogleich eine Stafette abgeschickt hätten. Wir greifen Ew. Excellenz weisem Ermessen keinesweges vor, fänden aber nach unsrem Gefühl es nicht anders als billig, wenn nach diesem Vorgang, Ew. Exc. das Festspiel sogleich zurückforderten und den Gontract annullirten. - Das Gesuch des Herrn Liebich kommt sehr gelegen, und, bey der weiten Entfernung, könnte doch, wenn Ew. Excellenz es für gut befinden, nur einstweilen eine Abschrift des Ganzen unter meinen Augen gefertigt werden, welches füglich in zwey Tagen höchstens geschehen ist. Die etwaigen Aenderungen sendeten Ew. Excellenz später ein; und ich könnte auf Ihren Befehl gleich von hier aus das Mscpt an Liebich senden . . . P.S. Dunckern werde ich indeß nur antworten, daß Ew. Exc. nicht hier sind, und daß ich erst an Sie berichten müsste; doch privatim meine individuelle Meynung nicht ganz verhehlen, ohne gleich Ew. Exc. vorzugreifen.
Aug 20. [Wiesbaden] Brief von Riemer. 21.
[Tharandt] Sara v. Grotthuß an G (GSA 2 8 / 6 4 Bl. 387f.): Wenn ich Ihr innig geschätztes Schreiben [vom 7. Juli] so lange unbeantwortet lies, so geschah es aus zwey Ursachen, die erste war die zunehmende Krankheit meines lieben Mannes . . . Die 2te Ursache war die mir versprochene kostbare Sendung \Epimenides\ zu erwarten, u m Dank auf Dank mit der zu erwartenden Freude vermischt Ihnen dar zu bringen, ich höre nichts von Ihnen, weis aber daß das schöne Project in Erfüllung geht, daß Deutschland den 18: October aufs neue aufflammen wird und daß Sie Hoher! die Gemüther lenken und in Ihren Ansichten fortziehen werden.
29. [Wiesbaden] An Riemer (Br 25, 27f.): Ihre treulichen Auszüge und Nachrichten 1 ) . . . sind zu rechter Zeit glücklich angekommen. Ihre Bemühungen erkenne ich dankbar. | Was die edlen Berliner betrifft, so ist mein Vorsatz ganz stillzuschweigen und zu erwarten was sie vornehmen. Schreibt man von dorther wieder an Sie, so antworten Sie ich habe eine Rheinreise gemacht und weiter nichts von mir hören lassen; die Sache ist so verwickelt und das Volck so schlecht, daß nichts daran zu schlichten und zu curiren ist. Es mag alles liegen bis nach dem Congreß, worauf so viel verwiesen ist. Weiter mögt ich kaum etwas sagen . . . Wegen Liebich weiß ich nichts zu sagen. 2 ) Vi[e]lleicht hört man was Maria Weber in Berlin ausgerichtet hat. Durch jene böse Verzögerung wird nun wahrscheinlich auch ein fernerer Gebrauch vereitelt. Übrigens kommt mir mein D e d a i n du s u c c e s hier abermals wohl zu statten. Sept
3. [Berlin] B. A. Weber an G (GSA 2 5 / X X , 1 2 A Bl. 6 9 - 7 2 ) : Euer Excellenz danke ich ergebenst für die mir neulich überschickten beiden Briefe den Herrn Liebich in Prag betreffend. 3 ) Er hat noch nicht an mich geschrieben. Sobald ich von ihm ein Schreiben erhalten werde, werde ich es Euer Excellenz zu wissen thun. | Ich sitze fleisig an unserm Epimenides. Alle Chöre sind fertig, damit sie einsweilen einstudiert werden können. Den 20ten dieses wird der K ö n i g nach Wien reisen, und man glaubt, daß er in der Hälfte 8bers mit dem Kaiser [von Rußland] hier eintreffen wird. Ich muß daher eilen, daß ich Ende dieses Monaths ganz fertig bin, und zum wenigsten 14 Tage noch
Vgl. oben 1814 Aug 3. u. 1 4 . - 1 5 . : Riemer an G. ) V g l . oben 29. Juli 1814: Liebich an G. 3 ) Vgl. oben 1814 Juni 28.: Liebich an G u. Juli 7.: an Liebich.
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zu den Proben habe. Euer Excellenz erlauben mir nun einige Anfragen. | 1) Wann kommen die Landleute, welche den Chor: „Und die wir zurückgeblieben" [W 16, 3 7 5 ] singen, in der 23ten Scene heraus? Kommen sie gleich mit dem Kriegsheer, welches die Hoffnung über die Ruinen führt, in Masse heraus, oder tretten sie später auf? Wenn sie | 2) mit dem Kriegsheer, wie ich vermuthe, in Masse heraus kommen, so können sie doch wohl die Strophe des Chors: „Denn so Einer vorwärts rufet" [W 16, 3 7 4 ] mitsingen? | 3) der Jugendfürst singt: | „Hinter uns her, vernehmt ihr, schallen | Starke Worte, treuer R u f ec ec. | Der Abschnitt ist aber bei allen Strophen jedesmal am Ende des e r s t e n Verses wie: | „Brüder auf! Die Welt zu befreien" | in der 2ten Strophe | „So erschallet nun Gottes Stimme" | in der 3ten | „Und so schreiten wir, die K ü h n e n " ec ec. | Der Sinn würde also in der Strophe des Jugendfürsten mit der Musick folgender sein: | „Hinter uns her, vernehmt i h r S c h a l l e n " | Es paßt gut zur Musick, der Sinn würde aber entstellt, und das Verbum schallen, würde grade wie das Substantiv d a s S c h a l l e n klingen. Dürft ich um eine kleine Abänderung des Verses bitten? | 4) Wollen Euer Excellenz nicht, daß getanzt werde, ehe das wirkliche Ballet nach der Handlung mit den Gruppen seinen Anfang nehme. Dieser Meinung stimme ich vollkommen bei. Allein es würde von Wirkung sein, wenn die Frauenzimmer vom Corps de ballet bei den Frauen-Chören „Und wir kommen | mit Verlangen e c . " einige pantomimische Bewegungen machten, so auch bei dem Chor der Landleute. Es würde in die Chöre mehr Leben und Bewegung hinein kommen. Ich hoffe Euer Excellenz genehmigen diesen meinen Vorschlag. | 5) Die Worte in den lezten Strophen des Chors „ G l ü c k a u f " [W 16, 3 7 5 ] werden doch gesungen? Ich habe sie so gesetzt. | 6) Die überschickte Arie der B e h a r r l i c h k e i t [W 16, 5 5 0 ] für Demois: Schmalz ist in Hinsicht der Endworte, die meistens aus dem Vocal -a- bestehen, meisterhaft gewählt, und für den ausübenden Sänger vortrefflich zu singen. Für den Komponisten ist sie aber sehr schwer, weil der ganze Sinn der Arie, in alle Verse verkettet ist. Ich bin nicht im Stande zwei Zeilen zu wiederholen. Dieses gilt besonders vom zweiten Satz: „Doch so nähret m i r " ec. Das ist bei einer Bravour-Arie besonders nöthig, daß die Abschnitte sehr gleich seyn müßen. Ich bin gewiß nicht für den Unsinn auf dem Theater BravourArien singen zu lassen, und wollte lieber an dieser Stelle eine parlante kraftvolle Arie hinsetzen; ich bin aber nicht der wüthige Mann, der ein so tief eingewurzeltes Vorurtheil auf ein Mal vernichten kann, zweitens besteht die Virtuosität der Demois: Schmalz nur im Bravour singen, - die doch an diesem Tage auch glänzen soll, und drittens ist die ganze Handlung des Stücks an dieser Stelle schon geendet, daß hier eine lange Bravour Arie den sinnigen Zuschauer nicht mehr stören kann. Ferner hab' ich in Weimar Euer Excellenz noch den Wunsch geäußert, diese Arie mit einem Chor zu verweben, und sie gefälligst so einzurichten, daß der Chor, nur mit einer kleinen Abänderung, das nemliche singen kann, was die Sängerin singt; allenfalls so, wie die Scene im Titus, wo Titus im Ilten Akt auf ein Mal unter den Senatoren erscheint - so viel ich mich erinnere singt der Chor: „Vater Titus l e b e " ec. Mlle: Schmalz bittet besonders um eine solche Scene. Wenn der Chor nur zwei oder vier Verse hat, die ich einwerfen kann, so ist es genug. Könnte der Chor nicht den König wegen seinem festen Muth und Beharrlichkeit loben? Ich rechne mit Euer Excellenz Güte und Freundschaft mit denen mich dieselben aufgenommen haben, daß ich diese Bitte wieder gewagt habe. Indessen wird diese kleine Umänderung dem großen erhabenen Genie gewiß nur einige Augenblicke kosten, sie wird das Ganze in Hinsicht der Musick verschönern, mir die Arbeit erleichtern, und die Sängerin Denselben dankbar verpflichten. - Noch nehm' ich mir die Freiheit Euer Excellenz an den Schluss-Chor zu erinnern, wozu Dieselben noch in Berka eine so herrliche Strophe zu der schon vorhandenen Musick, welche ich Euer Excellenz zurück gelassen habe, verfertiget haben. Dürft ich vorerst um diese und die übrigen Strophen ergebenst bitten, weil die Chöre Zeit bedürfen um richtig eingelernt zu werden? - Auf die Vorstellung wird Alles gewendet werden, was immer die Kräfte des Theaters, und der Casse leisten können. Für die Chöre werde ich sicher eine Anzahl von 1 0 0 Choristen, und Choristinnen mit auserlesenen Stimmen zusammen
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bringen. Der Chor: „Brüder a u f soll das ganze Haus schaudernd ergreifen . . . Wir hoffen doch noch Alle auf das Glück, daß Euer Excellenz der Vorstellung des Epimenides beiwohnen? S e p t 17. [Berlin] Iffland an B. A. Weber (Abschrift; G S A 2 5 / X X , 1 2 D Bl. 34ff.): Gewiß bin ich der Letzte, dem es in den Sinn käme, die Geburten des Talents als Tagesarbeiten beeilen zu wollen, allein, mein und unsrer Alle[r] eigenthümliche Lage, gegenüber dem Hrn v. Goethe und seinen Verehrern, erfordern es, daß wir die bestimmtesten Maaßregeln über diesen Punct festsetzen. | Es ist nicht unsere Schuld, daß Hr. v. G. seine Arbeit nicht früher vollendet schicken konnte, noch können wir dafür, daß der König früher kam, als man erwartete, der v o r t e i l h a f t e s t e Punkt, der nun für den Epim[enides] noch übrig war, blieb die Ankunft S. M. d. Kaisers v. Rußl. D a aber Se Maj. der K ö n i g ausdrücklich hat verbieten lassen, daß bei dieser Ankunft ein Gelegenheits Stück gegeben werden soll, und Se Majestät wissen, daß Epim: als Gelegenheits-Stück geschrieben und erbeten worden ist, so muß diese Idee aus Gehorsam gegen den ausdrückt. Befehl, wegfallen. | Nun blieben noch zwey Tage übrig. Es hat mir geschienen als könnten Sie, bei den besten Willen über d. 1 9 / t Octbr. keine Gewißheit geben. D a wir nun, wegen des 1 5 / t Octbr einfallenden Kronprinzlichen Geburtstagsfestes, ebenfalls einer neuen und großen Vorstellung bedürfen, so fordert dies eine Einrichtung, welche auf der Stelle angehen muß, wenn es nicht so [zu?] spät werden soll. Ich bitte Sie also recht herzlich, artistisch und arithmetisch mit Sich zu Rathe zu gehen: ob Sie, in Betreff der Gopisten, des Lernens, des Probirens, fertig zu werden glauben können, daß wir mit Sicherheit annehmen dürfen: Epimen: kann den 1 9 / t gegeben werden. Haben Sie gegründete Zweifel daran so ist es vortheilhafter, sie jezt auszusprechen, und ein für allemahl den Neujahrstag als den Tag der Darstellung des Epim anzunehmen. In diesem Fall, daß Sie nicht gehörig fertig würden, fragte ich denn an: ob das kleine Kotzeb. Stück fertig und gegeben werden kann? Alsdann aber muß am 1 5 / t Octb. der Cortes gegeben werden. Denn ich bin nur um deswillen von dieser Idee zurückgetreten, u m den Epimen: am 1 9 / t herauszubringen. Eine spätere Erklärung über Nichtfertigwerden würde uns in die empfindliche Verlegenheit setzen auf den 1 9 / t Oct. weder das Eine noch das Andere zu geben. | Ich bin gewiß Sie sehen das Dringende unserer L a g e in welcher Sie ebenfalls mit begriffen sind.
Okt?1)
Okt
Zahme Xenien. Neunte Abteilung (Aus dem Nachlaß; W 5 . 1 , 148): Was haben wir nicht für Kränze gewunden! Die Fürsten, sie sind nicht gekommen; Die glücklichen Tage, die himmlischen Stunden Wir haben voraus sie genommen. So geht es wahrscheinlich mit meinem Bemühn, Den lyrischen Siebensachen; Epimenides, denk' ich, wird in Berlin Zu spät zu früh erwachen. Ich war von reinem Gefühl durchdrungen; Bald schein' ich ein schmeichelnder Lober: Ich habe der Deutschen Juni gesungen, Das hält nicht bis in October. 8. [Heidelberg] An C. F. v. Reinhard (Br 25, 53): Der dritte Band meiner Biographischen Versuche [DuW] geht ab sobald ich nach Hause komme. Vielleicht kann ich noch etwas anderes beylegen [Epimenides?]. Datiert aufgrund der für Okt geplanten Aufführung (vgl. Schlußvers).
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29. [Aachen] Journal des Nieder- und Mittel-Rheins, Journal du Ras-Rhin et du RhinMoyen, Nr. 59, 452: 1 ) Auch der berühmteste unter den jetztlebenden deutschen Dichtern, GOTHE, hat die großen Regebenheiten der Zeit und einen Helden derselben besungen. Rei der Feier des 18. Oktobers in Rerlin wurde ein Lied von GOTHE, betitelt VorwärtsX von Zelter componirt, in Gegenwart des Fürsten Rlücher von Wahlstadt von der Sing-Akademie ausgeführt. 2 ) Auch um Rerlin her brannten am Abend des großen Feiertages eine Menge von Freuden-Feuern; wunderbar genug zog zu gleicher Zeit am Horizont eine Feuerkugel, ein Meteor, sichtbar vorüber. 3 )
31. [Weimar] An Zelter (Br 25, 66): Melde mir . . . was, nach deiner Ansicht, Epimenides für Gebärden schneiden wird, wenn er erwacht. Nov
8. [Rerlin] Zelter an G 4 ) (MA 20.1, 360f.): Uber den Epimenides weiß ich erst seit gestern von der Witw. [L. M.] Iffland 5 ) (denn von allen andern deckt jeder Seine Haut) daß die Ursache einzig und allein am Komponisten liegt der nicht fertig geworden ist, wie ich gleich vermutet habe, da er niemals Zeit hat - Zeit zu haben. Unterdessen hat man 3 Stückchen von Kotzebue, dem Allzeitfertigen aufgeführt, 6 ) die total mißfallen haben [,] darüber ist die Menge unruhig geworden und der König soll gesagt haben: wenn sie so viel Geld an solchen Plunder wegwerfen wollten sollten sie doch lieber zu Hause bleiben . . . Haben sie Dir denn das Stück bezahlt? - Weber, den ich fragte wußte es nicht und es wäre mir daran gelegen es zu wissen. | Auf meinen nächtlichen Reisen 7 ) hat es nicht an Zeit gefehlt allerlei Reminiszenzen aus dem Epimenides zusammenzufügen. So hatte sich das Liedchen: Vorwärts! Hinan! in meinem Gehirne kristallisiert und melodisiert, wie ich denn auch Dein Mskpt selbst oft genug vor Augen gehabt habe. 8 ) Mit diesem Liede wollte ich Dich überraschen, d. h. Eure Choristen in Weimar sollten es Dir vor Deiner Türe vorsingen. Nun geschahs daß Fürst Rlücher sich zum 11 8br zur Singakademie anmelden ließ und ich wußte nichts Resseres zu tun, als ihn mit diesem Liede zu bewirten, das ihm Freude gemacht hat, da es so wahrhaftig und fein gegeben ist. 9 ) Auch haben es 181 Stimmen so frisch und energisch gesungen daß dem Alten die Tränen entlaufen sind. Darüber ist nun Freund Weber aus seinem Lager aufgestört und ich werde zu tun haben um ihn wieder gut zu machen. Vielleicht klagt er Dir sein Leiden selber, denn er hat mir sein Mskpt geliehen um es [C. L. F.] Schul[t]z vorzulesen und glaubt ich habe die Verse aus seinem Mskpte abgeschrieben. ) Von G in die Akten zum Epimenides aufgenommen. ) V g l . unten 1814 Nov 8. u. 1831 Okt 9./11.: Zelter an G. 3 ) In Nr. 60 (459) 1. Nov 1814 Abdruck des Lieds Vorwärts! eingeleitet durch: Hier Göthe's Lied, das, wie in unserm letzten Blatte gemeldet wurde, bei der Feier des 18ten Oktobers in Berlin von der dortigen Sing-Akademie exekutirt wurde. G ö t h e hat es eigends zu diesem Zwecke gedichtet. 4 ) Reilage: Zelters Vertonung von Versen aus Des Epimenides Erwachen (II 7): Brüder, auf die Welt zu befreien (mit dem Refrain Vorwärts! Hinan!). 5 ) Iffland war am 22. Sept verstorben. 6)Der Shawl (am 22. Sept), Die hundertjährigen Eichen, oder: Das Jahr 1814 (Musik von R. A. Weber) u. Die Rückkehr der Freiwilligen, oder das patriotische Gelübde (beide am 19. Okt erstaufgeführt, am 24. Okt wiederholt). 7 ) Etappen auf Zelters Rückreise aus den Rheingegenden bis zur Ankunft in Rerlin am 29. Sept. 8 ) Zelters Vertonung des ihm von G abschriftlich überlassenen Liedes Brüder, auf die Welt zu befreien (Chorpartitur von Kopistenhand, egh. Zusätze Zelters) mit der Uberschrift Vorwärts! in G's Notensammlung (GSA 32/1). Zu den Journaldrucken, denen der von Zelter vielfach abgeänderte Text des Liedes zugrundeliegt, s. W 16, 530. 9 ) Von Zelters Komposition ist ein Vorwärts. Blüchers Ehre überschriebenes Autograph überliefert (SRR PK: Mus.ms. autogr. Zelter 10, Nr. 21). 1
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16. Morgenblatt, Nr. 275, 1099f.: K o r r e s p o n d e n z - N a c h r i c h t e n . | Berlin, 25. Oktober . . . Am Frühabende [des 18. Okt] erschienen der königliche Hof, der Fürst Blücher u.s.w. in der Sing-Akademie, wo nebst andern Gesangstücken das folgende, auf den Marschall V o r w ä r t s bezughabende, Lied von G o e t h e nach einer Melodie von Z e l t e r gesungen wurde [folgt das Lied: Brüder, aufl ..-]. 1 ) Dieser Gesang gehört eigentlich zu dem, von dem Meisterdichter für das bald erwartete Friedensfest geschaffenen, Prolog, erklang aber auch hier an rechter Stelle. Auf der Bühne soll das „ V o r w ä r t s " immer vom Chor gesprochen werden. Der Fürst B l ü c h e r bezeugte seinen Beyfall über „die Pflanzschule für Musik" in biedern Ausdrücken. 17. [Wien] E. G. A. v. Gersdorff an G (GSA 2 8 / 6 4 Bl. 442f.): Was sich hier [Wiener Kongreß] im Zauberkessel der Interessen begiebt, möge es sich so gestalten, daß es auch den Beyfall der Weisen und der Seher erhalten könne 2 ) . . .
21. An Zelter (Br 25, 88): Ferner ist das V o r w ä r t s angekommen, es scheint aber dieß nicht der Wahlspruch euerer Anstalten zu seyn. Dez 12. [Jena] Knebel Epimenides. 3 ) 13. [Jena] Bey Knebel, Zweite Hälfte des Epimenides. 13. [Berlin] B. A. Weber an G (GSA 25/XX,12 A Bl. 73-75): Ew. Excellenz werden mir erlauben mich in Dero Gedächtniß wieder zurück zu rufen. | Am 3ten 7ber nahm ich mir die Freiheit an Ew. Excellenz zu schreiben, und habe darauf am 14ten eine gütige erfreuliche Antwort von Herrn Profess: Riemer erhalten. 4 ) Mein Schreiben betraf besonders die Abänderung der Arie [W 16, 550f.] für Dem: Schmalz (Beharrlichkeit). Ich rechne auf Dero gütige Aufnahme, und liebreiches freundliches Zuvorkommen wenn ich wegen dieser Arie aufs Neue eine ergebenste Bitte wage. Es hat gar keinen Anstand, daß diese Verse nicht recht gut komponirt werden könnten. Wie ich auch schon geschrieben habe sind die Worte mit dem klingenden Selbstlauter A zur Bravour vortrefflich gewählt. Allein die ganze Arie hängt als ein moralischer Satz von Anfang bis zu Ende mit den Verbindungswörtern zusammen. Ich müßte die Arie grade durchkomponiren, was für eine Bravour-Arie nicht gut gehet, indem es erforderlich ist, daß man die Sätze, wo ein Abschnitt ist, ohne daß der Sinn leide, versetzen kann. Auch habe ich Euer Excellenz noch persönlich den Wunsch geäußert einige Zeilen Chor der Arie gefälligst beizufügen, der am Ende der Sängerin gleichsam antwortete, indem sie für sich ihre Passagen und Läufe immer fort trillerte. Die 4 ersten Verse von: „ z u b e h a r r e n " bis zu dem Worte: „ L a s t " müßten grade durchgesungen werden, ich kann keinen Vers davon wiederholen. Der zweite Satz von: „ D o c h " müßte wieder bis zum lezten Wort: „ T h a t " durchgehen, der Gesang würde steif werden um so mehr, da das Ganze als moralischer Satz - gelesen meisterhaft - aber für Musik nicht passend ist. Die Versart, und die ganze Form ist vortrefflich. Wäre es nicht möglich den Gesang an den Krieg selbst zu stellen, daß Etwas Herrisches und Triumphales hinein käme, welches der Chor wiederholte? Es ist nur eine Idee, die ich Ew. Excellenz zur Prüfung darlege. Wenn ich nur mehrere Einschnitte habe, daß ich halbe Gadenzen anbringen, und Sätze wiederholen kann. Ich habe in Berka Denselben ein Sängerlied vorgespielt, welches ich als Schlusschor proponirte. Ew. Excellenz hatten auch schon eine oder zwei Strophen verfertigt. Dürfte ich wohl um die übrigen Strophen bitten? Nach ziemlich sichern Nachrichten soll der König erst am Ende Januar hieher kommen. Würden wir wohl das Glück haben Ew. Excellenz hier zu sehen wenn das Drama vorgestellt wird? -
) Des Epimenides Erwachen, v. 7 7 2 - 8 2 0 (von ED abweichender Text). ) Vielleicht Anspielung auf Epimenides. 3 ) Lesung der ersten Hälfte des Epimenides. 4 ) Nicht überliefert. 1
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Sollte meine Musick Beifall erhalten, so würde dieses lyrische Schauspiel ein RepertoirStück, oder ein bei feierlichen Gelegenheiten in Zukunft zu gebendes Stück sein und bleiben. Der N a m e Prolog könnte dann ganz hinwegfallen, welchen auch der König nicht liebt. | Der Dämon der List nebst seinem Gefolge hat mir viel zu schaffen gemacht. Ich habe mich, so viel ich glaube mit der Musick sehr listig durchgewunden. Ich wünsche nun so glücklich zu sein Ew. Excellenz diese Scene, wie auch jene des Dämons des Krieges vorspielen zu können, um zu hören, ob ich in den Geist richtig eingedrungen bin. Anstatt der angemerkten Anordnung bei der Stelle: „ E i n Schauder überläuft die E r d e " fängt hier die Musick mit schauerlichen schneidenden Harmonien ex abrupto an und gehet melodramatisch fort, bis der Chor wieder anhebt: „ S o geht es k ü h n " [W 16, 342f.] Von dieser Stelle verspreche ich mir eine große Wirkung. So spricht auch der Dämon der List nach seinem Gesänge: „ L e i s e müßt ihr das vollbring e n " [W 16, 349] melodramatisch fort bis zum Einsturz des Gebäudes. Dez
19. Morgenblatt, Nr. 3 0 2 , 1208: K o r r e s p o n d e n z - N a c h r i c h t e n . Berlin, 22. Nov. | Die Rückkehr unsers Königs, welche fortwährend als nahe verkündet wurde, hat sich immer weiter hinaus gedehnt und auch jetzt weiß man keine feste Bestimmung darüber, wol aber versichert man sich die Mitkunft des russischen Kaisers und mancherley Feste dabey. | In einer Kabinetsordre hat der König mit seinem anerkannt zarten Sinne alle Schauspiel-Prologe und Zeitspiele untersagt, welche auf eine fremde Nation hassende Beziehungen haben. - Das herrliche Vorspiel von G o e t h e , welches wir erhofften, wird, da es zu einem schon entschwebten Augenblicke nicht bis zur Aufführung gestaltet war, der Sage nach, auch liegen bleiben; doch der wahrscheinliche Abdruck, durch den gefeyerten Dichter veranstaltet, tröstet einigermaßen.
21. [Jena] An B. A. Weber (Konzept, Br 25, 105f.): Ew. Wohlgeb. Schreiben vom 13. December hat mir sehr viel Vergnügen gemacht, weil ich daraus ersehe, daß Sie nicht ermüden Ihr großes und liebenswürdiges Talent einer Arbeit zu widmen, die wir, unter so schönen Vorbedeutungen, gemeinsam begonnen und fortgeführt haben. Ich zweifle nicht im mindesten, daß die Muße, die Ihnen durch den Aufschub geworden, dem Werke sehr vortheilhaft seyn werde und ich freue mich schon zum voraus, sowohl a u f s Ganze, als auf die Stellen, deren so genialische als sorgfältige Behandlung Sie mir andeuten. Was die Arie der Demoiselle Schmalz 1 ) betrifft, so füge ich die Veränderung bey, 2 ) so wie auch wie allenfalls das Chor eintreten könnte. Ich glaube, daß sowohl zur Wiederholung der einzelnen Sätze nunmehr die Gelegenheit gegeben ist, wie ich denn kaum zu bemerken brauche daß das Chor mit den Worten | 0 beharret! | Nähret, Nähret! [W 16, 550] | ohne die ganzen Zeilen zu wiederholen, eintreten und die Solostimme tragen kann. | Die Arie direct an den König zu richten halte ich nicht für räthlich, weil es ohne sie schon etwas Schmerzliches ist sich an solche Vergangenheit erinnern zu lassen, wenn es auch nur indirect und im Bilde geschieht. Zugleich bemerke, daß Herr Director Iffland mich ausdrücklich vor einer solchen Anrede an den König gewarnt hat. 3 ) Übrigens glaube ich,
Darstellerin der Beharrlichkeit, s. oben 7. Juli 1814: an Duncker. ) W 16, 549f.; s. auch 5 2 6 , 5 3 2 , 552f. 3 ) Dazu s. oben 7. Mai 1814: Iffland an Kirms.
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daß demungeachtet die Arie heroisch und prächtig behandelt werden könne, indem es ja nur von Ew. Wohlgeb. abhängt die schmerzlichen und gleichsam niederdrückenden Stellen mit Kraft und Indignation zu behandeln. Dergleichen Umsetzungen des Charakters, wo der Componist gleichsam dem Dichter zuwider arbeitet, thun oft die größte Wirkung. Das Schluß-Chor sende sobald möglich, es soll auf die mir mitgetheilte Melodie genau passen 1 ) . . . Wie sehr wünschte ich persönlich das Gelingen unserer gemeinsamen Arbeit in Berlin zu erleben und alsdann zugleich das gedachte neue Unternehmen [Der Löwenstuhl] anzuschließen. | Das E r w a c h e n d e s E p i m e n i d e s kann man am füglichsten ein F e s t s p i e l nennen, indem es das erste Mal zu einem bedeutenden Feste gegeben wird, und, wenn es Gunst erlangt, nur an Festtagen wiederholt werden kann. Dez 27. [Weimar] An Zelter (Br 25, 119): Aus einem Briefe des Capellmeister Weber [13. Dez] sehe ich, daß sie 2 ) denn doch noch den Epimenides aus seinem Todtenschlafe zu erwecken die Absicht haben . . .
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— Tag- und Jahres-Hefte 3 ) (W 36, 100): . . . E p i m e n i d e s , für Berlin gearbeitet . . . 5. Abends Niebeckers. 4 ) Epimenides gelesen. [7.] (s. „Allkündigung einer neuen Ausgabe von Goethe's Werken [Ausg. B ] " gD, EGW 1, 77) 12. [Jena] Knebel an Caroline v. Bose (Knebels Nachlaß I 3, 23): Goethe brachte letzthin vierzehn Tage bei uns zu [4. - 21. Dez 1814], und war überaus wohl und mittheilend. Er las mir seinen E p i m e n i d e s vor [am 12. u. 13.], eine Oper, die er auf die Rückkunft des Königs nach Berlin gemacht hat. Sie ist vortrefflich, sowohl in der Idee als Ausführung, voll Kraft und ihm eignem Geist. Uberhaupt scheint er sich diesen Sommer gleichsam verjüngt zu haben . . . 21. [Weimar] H. Meyer an G. Hufeland (GG 2, 994): Goethe ist recht wohl und sehr tätig. Er verfertigte vergangenen Sommer in Berka (wo eine Schwefelquelle entdeckt worden ist) in sehr kurzer Zeit ein großes allegorisches Drama für Berlin, aus welchem das Lied, dessen Sie erwähnen, genommen ist. 5 ) Ich wünschte Ihnen den schönen Genuß, der mir geworden ist [am 8. u. 10.? Juli 1814], das Ganze vorlesen zu hören. Einige Stanzen zumal scheinen mir unübertrefflich gelungen. Der Titel heißt Epimenides. Der Dichter sieht die Weltbegebenheiten aus einem hohen Standpunkte an, das Parteienwesen ist ihm also fremd.
) Das Folgende s. in „Der Löwenstuhl" gD. ) In Br 25, 119 aus ich gebessert. 3 ) Geschrieben 1823 Juli 1 9 . / 1 8 2 5 Apr 12. 4 ) Luise Friederike v. Niebecker, geb. v. Fritsch mit ihren Töchtern Carolina u. Henriette. 5) Brüder, aufl die Welt zu befreien (?). 1
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[Berlin] B. A. Weber an G (GSA 2 5 / X X , 1 2 A Bl. 78f.): Euer Excellenz werden mir verzeihen, wenn ich Dero für mich so erfreuliches liebes Schreiben vom 2 1 Xber später beantworte. Ich habe das Schluß-Chor, was Euer Excellenz mir in demselben Schreiben versprochen haben, noch abwarten wollen. Dieses ist die Ursache, und gewiß keine unverzeihliche Nachläßigkeit. Wenn ich es daher wage, Euer Excellenz um baldige Uebersendung desselben ergebenst zu bitten, so werden mir dieselben dieses nicht fiiir eine Zudringlichkeit auslegen indem die Chöre zu Anfange des andern Monaths ausgeschrieben, und einstudirt werden müßen. 1 ) . . . Euer Excellenz lassen einen Strahl der Hoffnung in demselben lieben Schreiben blicken, daß Berlin das Glück vielleicht haben könnte bei der Vorstellung des Epimenides Dieselben in seinen Mauern zu sehen. Ich wünschte darüber, wenn es möglich wäre, einige Gewißheit. Die Vorstellung des Epimenides wird vor dem März nicht Statt haben, wo die Jahreszeit schon das Reisen erleichtert. | Der gütigst überschickte veränderte Text der Arie der Dem: Schmalz wird sich in dieser Form ganz leicht komponiren lassen. Diese Scene, die große Scene des Dämons der Unterdrückung, und den Dreysang hab ich noch zu vollenden, das Uebrige ist, bis auf einige Kleinigkeiten noch melodramatisch zu machen, fertig.
30. An F. Kirms (Br 25, 183): Wie schlecht sich die Berliner gegen mich aufführen ist kein Geheimniß.2) 2. An B. A. Weber (Konzept, Br 25, 185): Es hätte mir nichts Angenehmeres begegnen können, als aus Ihrem Briefe [24. Jan] zu ersehen, daß Sie Sich noch unermüdet mit der Ausbildung unserer gemeinsamen Arbeit beschäftigen. Ich zweifle nicht, daß das Werk dadurch immer mehr gewinnen wird. Geben Sie mir aber doch gefällig einige Auskunft über eine Stelle im Morgenblatt,3) wo von Berlin aus gemeldet wird, daß in Gefolg einer Königl. Kabinettsordre auf dem Theater nichts, was sich auf die nächsten Umstände bezöge, erscheinen, und also auch mein Stück nicht aufgeführt werden solle. | Da nach Ew. Wohlgeb. Äußerungen dieses ein leeres Gerücht zu seyn scheint, so verfehle nicht drey Strophen Schlußchor zu schicken,4) die ich schon früher gesendet hätte, wenn ich sie nicht den letzten Augenblicken recht anzupassen die Absicht gehabt. Indessen glaube ich, sie werden so ganz zweckmäßig und singbar seyn. 7. [Weimar] Amalie Voigt an ? (Goethes Werke. Hamburger Ausgabe in 14 Bdn. Hsg. v. E. Trunz. Bd 5. 9. Aufl. 1 9 8 1 , 716): Daß Goethes „Epimenides Erwachen" durch eine elende Kabale verhindert wurde, bei der Rückkehr des Königs nach Berlin gegeben zu werden, wissen Sie wohl. Wie konnte man aber auch Kotzebue's Busenfreund, dem Kapellmeister Weber, die Komposition der Gesänge auftragen? Da ließ sich j a voraussehen, daß er nie enden werde . . .
) Das Folgende s. in „Der Löwenstuhl" gD. ) Als Beispiel für die in Weimar kursierenden Vermutungen über die Verzögerung der i^'menj'efes-Aufführung s. unten 7. Febr 1 8 1 5 . 3 ) Mitteilung eines Berliner Korrespondenten vom 22. Nov, Nr. 3 0 2 vom 19. Dez 1 8 1 4 (s. dort). 4 ) Str. 1, 2 u. 4 des Schlußchors (W 16, 5 2 6 ; 5 5 4 ) ; auf Graf Brühls Wunsch vom 28. Febr schickte G am 12. März (s. dort) noch eine Strophe (3) u. ein den Schlußchor einleitendes Rezitativ nach Berlin. 1
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Febr 20. An Cotta (Br 25, 200f.): Inhalts-Verzeichniß | der zwanzig Bände Goethischer Werke [Ausg. B] . . . 8 t e r B a n d . . . Des Epimenides Erwachen. 1 ) 28.
[Berlin] Graf G. F. M. v. Brühl an G (GSA 2 5 / X X 12 A, Bl. 92f.): Endlich mein verehrter und gar sehr werther Gönner habe ich mein Tyrannen Amt angetreten 2 ) . . . Fleißig will ich nun an der Vorstellung des Epimenides arbeiten; und mir damit hoffentlich Ehre erwerben, wenn ich ein Meisterwerk meines geliebten und verehrten Gönners einigermaßen würdig auf die Bühne bringe. Möchte mir doch das Glück zu Theil werden, Sie bester Herr Geheimrath, dazu hier zu sehen! Wie wahrhaft herzlich würde mich das erfreuen und wie stolz würde es mich machen. Erlauben Sie mir immer ein wenig darauf zu hoffen, und allenfalls einige Vorkehrungen dazu zu treffen. Sie haben dem armen Berlin noch nie die Ehre anthun wollen, es mit Ihrer Gegenwart zu erfreuen; - laßen Sie mich jetzt der Dollmetscher der allgemeinen Stimme seyn, und Sie feierlichst einladen, uns Ihre Gegenwart zu schenken . . . Und nun eine große - große große Bitte, in meiner und des Kapellmeisters Webers Namen. Er und ich, wir meinen nehmlich, es würde eine vorzüglich gute Wirkung thun, wenn in Epimenides | 1) nach dem Ballet, vor Eintritt des Schluß Chores, noch ein kurzes Recitativ als Einleitung in das Schlußchor gesprochen würde, und | 2) im Schlußchore selbst, noch eine Strophe, vor der letzten eingelegt werden könnte! | Hätten Sie verehrter und werther Gönner, wohl die große Güte, unsere Bitte zu erhören? . . . Die Composition ist beynahe fertig und scheint mir g u t und sehr c h a r a k t e r i s t i s c h . Weber hat mit unbeschreiblicher Liebe und größtem Fleiße daran gearbeitet, und ich zweifle keinesweges an der Wirkung seiner Musik. Dergleichen Sachen gerathen ihm gewöhnlich sehr gut, wenn er auch zuweilen nicht glücklich in g a n z e n Opern war. - | Den Tag der Eroberung von Paris [30. März], wünsche ich den Epimenides aufzuführen, und denselben alljährlich an dem Tage als permanentes Festspiel bestehen zu laßen.
28.
[Berlin] C. F. W. Duncker an F. Kinns 3 ) (QuZ 4, 612ff.): D e m Goetheschen Festspiel ist nemlich endlich eine Bestimmung - nachdem die frühere durch eine Menge von Umständen gänzlich verrückt worden war - geworden und die Darstellung desselben ist [durch Graf Brühl] auf nächsten 30. März als dem denkwürdigen Jahrestage der Einnahme von Paris, festgesetzt. Es fragt sich nun ob Se Excellenz der Herr Geheime Rath v. Göthe noch die Absicht haben das Gedicht zugleich durch den Druck bekannt werden zu laßen und ob ich noch die Ehre haben soll Verleger davon zu seyn. Da beinahe ein Jahr seit den desfalsigen Verabredungen verfloßen ist, 4 ) so ist diese Frage nothwendig, so wie denn auch da die Sache einen ganz andern Standpunct erhalten hat, die Festsetzung neuer Bedingungen von Seiten des hochgeehrten Herrn Verfassers . . . Es bedarf i m Grunde nichts weiter als daß die Bedingungen unter welchen ich Verleger des Epimenides sein soll, b e s t i m m t ausgesprochen werden u m von meiner Seite demzufolge an die Ausführung zu gehn. Etwas was ich zu meinen Gunsten dabei festgesetzt zu sehen dringend wünschen muß ist, daß wenn ich das Werk drucke n i c h t w i e g e w ö h n l i c h von Seiten des Theater Rendanten [Kassenverwalters] ein Textbuch der m u s i k a l i s c h e n S t ü c k e veranstaltet werde woraus eine Zerstückelung der S a c h e , zugleich aber auch meines Intereße als Verleger entstehen muß welchem zweifachen
) D e m ursprüngl. Entwurf zur Verteilung der Werke in Ausg. B, dessen Reinschrift G am 12. Nov 1812 Cotta mitgeteilt hatte, fügte G inzwischen eigenhändig weitere Werktitel hinzu, so Epimenides vermutl. schon 1814; dort noch Bd 4 zugeordnet (Gräf II 1,
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8).
) Als Generalintendant der Berliner Schauspiele. ) N i c h t an G (so W 16, 517). 4 ) Ende Juni 1814; s. oben. 2
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Uebel leicht dadurch vorzubeugen wäre, daß Herr v. Göthe der Theater Direction eröfnete daß ihm ein solches Zerreißen höchst unangenehm sein würde, eine Aeußerung die hinlänglich sein dürfte einer unwürdigen Ausgabe in Form u. Wesen zuvorzukommen, die am Ende nichts weiter als ein ganz gewöhnliches sogenanntes Arienbuch sein würde. Herr Kapellmeister Weber wünscht ebenfalls daß dies vermieden werde . . . Da jener Freund mir zugleich sagte daß von Seiten des Herrn Verfassers mehrere Veränderungen in dem Gedicht gemacht sind daß ein Schluß-Chor dazu gekommen ist, welches alles in meinem Exemplar auch nicht supplirt ist, so halte ich es für zweckdienlich die in meinen Händen befindliche Abschrift zur Berichtigung und Vervollständigung hirbey Ew Wohlgebohren zu überreichen . . . Von dem Manuscript möchte ich die ersten Bogen wenigstens mit e r s t e r u m g e h e n d e r Post zurück erhalten um in der Drukkerei anfangen zu laßen. Ich weiß sonst nehmlich nicht wie ich fertig werden soll.
März 4. Epimenides spuckte. 1 ) 6. Promemoria nach [für] Berlin 2 ) . . . Brief von Duncker. In Gedancken beschäftigt. 7. Absendungen vorbereitet. 8. Absendungen . . . An Duncker den Epimenides. 8. An C. F. W. Duncker (Konzept; Br 25, 222f.): Der Herr Geheime Hofrath Kirms hat mir Ew. Wohlgeb. Brief [28. Febr] sogleich zugestellt, und ich verfehle nicht zu erwidern, daß mir der Inhalt desselben sehr angenehm war, so soll denn doch zuletzt das nur zu sehr verspätete Werk seine Darstellung erleben. | Das übersendete Manuscript folgt hiebey wieder zurück; die Veränderung der Arie und das Schlußchor sind hinzugefügt, und es möchte nun auch dem Druck kein weiteres Hinderniß entgegenstehen. | Dem Sinne des vorjährigen Contracts gemäß rücke ich gern den Termin Ihres Verlag-Rechts bis auf Michael des gegenwärtigen Jahrs. Wollen Sie mir über die zugesagte Summe [vierzig Louisd'or] 3 ) eine Assignation auf Leipzig senden, so werde ich's dankbar erkennen. | Von Königlicher Direction ist noch nichts an mich gelangt; geschieht es, so werd ich auch Ihres Wunsches gedenken, daß von Seiten des Theater-Rendanten [Kassenverwalters] kein Textbuch verkauft werde, und dieses Gesuch mit Gründen unterstützen. Könnten Sie es aber nicht einleiten, daß I h r e A u s g a b e an der Porta verkauft
Gräf (II 1, 350) vermutet, G's Bemerkung beziehe sich auf neuerliche Gerüchte, daß Epimenides in Berlin nicht aufgeführt werden solle, weshalb G dann unverweilt zur Abfassung des [im Tgb vom 6. März genannten] Pro Memoria geschritten sei. 2) Geschichtserzählung (W 16, 5 1 8 - 2 3 ; FA I 6, 1319-24). Eine für die Königl. General-Intendanz in Berlin bestimmte chronologische Dokumentation von G's Auftragsarbeit zwischen dem 7. Mai 1814 u. 2. Febr 1815, veranlaßt durch die Irritation über die neuerliche Infragestellung der Aufführung des Stücks, nach dem Eintreffen von Dunckers Brief vom 28. Febr, der die Entscheidung über den Aufführungstermin enthielt. Von G nicht abgeschickt, sondern um die an die Intendanz gerichteten Abschnitte gekürzt u. zusammen mit dem ersten, schematischen Entwurf im Faszikel Acta. Des Epimenides Erwachen und dessen Herausgabe betreffend abgelegt. 3 ) Zur Vereinbarung s. oben 7. Juli 1814: an Duncker.
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würde, wie es ja mit italiänischen Opernbüchern geschieht, welche nicht zerstückelt sondern ganz, mit Recitativ und allem abgedruckt werden. | Sollte sich der Rendant nicht mit gewissen Procenten begnügen? | Eine Anzahl Exemplare des Epimenides darf ich wohl von Ihrer Gefälligkeit erwarten, mögen Sie mir vorläufig ein paar Aushänge-Bogen schicken, damit ich Druck und Format kennen lerne. Lassen Sie ja den MaTtre en page1) recht wachsam seyn, damit die Abtheilungen geschmackvoll werden, und die Strophen nicht zersplittert. März
8. An Christiane (Br 25, 223): Übrigens scheint sich allerley Angenehmes ereignen zu wollen. Die Berliner schreiben, daß sie den Epimenides den 30. März aufführen werden, zu Ehren der Einnahme von Paris, dieser Gedanke wäre denn ganz gut, wenn nicht wieder etwas Albernes dazwischen kommt. 8. An F. Kirms (Br 25, 224f.): Möchten Ew. Wohlgeb. Beykommendes mit der heutigen reitenden Post an Herrn Duncker [G's Brief gD] abgehen lassen; ich würde es selbst thun wenn ich nicht wünschte und hoffte, daß Sie ihm ein freundlich Wort hinzufügen würden; es ist immer gut, mehrere Connexionen zu erhalten. Ich habe, was er wünscht zum Manuscript hinzugefügt, und schick es ihm zurück mit der Zusage seines Verlag-Rechts bis Michael dieses Jahrs. | Wollten Sie zugleich die Anfrage hinzuthun, ob man bald nach der Aufführung eine Abschrift der Partitur für Weimar erhalten könnte; so hört man was sie sagen, und besonders würde der neue Decorateur [Beuther] seine Kunststücke dabey zeigen können. 11. An Christiane (Br 25, 231): Nun habe ich auch einen Brief [vom 28. Febr] von dem Graf Brühl als Königl. Theater-Intendanten, worin er mir meldet, daß Epimenides zur Feyer des Jahrestags der Einnahme von Paris gegeben werden solle. Ich habe ihn zu diesem Zweck noch einiges hinzureimen müssen, und so kommt denn dieses langbearbeitete und verschobene Werk auch endlich zu Stande. 12. An Graf C. F. M. v. Brühl (Br 25, 232-35): Wie wird sich, verehrter Herr und Freund! der alte Epimenides erfreuen, wenn er, nach langem Schlafe, die Augen aufthut und den rüstigen jungen wackern Mann zur Seite sieht, dem er seinen Spielraum verdankt. Da er ohnehin redselig ist, hoff ich wird er es an guten freundlichen Worten der Erkenntlichkeit in seinem und meinem Namen nicht fehlen lassen. | Vor allen Dingen muß ich aber aussprechen, wie leid es mir thue Ihrer lieben Einladung [nach Berlin] nicht folgen zu können. Meine Gesundheit erlaubt mir wohl, ja sie nöthigt mich, im Sommer eine Badereise zu thun, Winter und Frühjahr halten sie mich dagegen zu Hause. Wäre ich aber auch in Versuchung gerathen, in diesem außerordentlichen Der fiiir den Seitenumbruch zuständige Setzer (übliche Form: metteur en pages).
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Falle eine Ausnahme zu wagen, so würde ich doch durch ein freudiges Ereigniß abgehalten werden, welches uns bevorsteht, indem unser gnädigster Herr auf den 2. Oster-Feyertag angekündigt ist. Verzeihen Sie also mein Außenbleiben und lassen mir die Hoffnung eines fröhlichen Wiedersehns. | Aber auch aus der Ferne will ich gern nach Ihren Wünschen mitwirken. Die verlangte Strophe folgt hierbey [v. 971-78], sie entsprang ganz natürlich durch die Bestimmung, die Sie dem Stück gegeben. Es wird dadurch am Schlüsse wieder belebt, wenn, obschon in einer so kurzen Zeit, manches darin veraltet seyn sollte. Doch die Sache bleibt jung und neu, und Sie werden schon bey der Aufführung alles in Eins zu verschmelzen wissen. | Da ich vermuthe, daß Epimenides zugleich auch Sänger ist, denn Herr Capellmeister Weber meinte, die Rolle sollte Herrn Gern1) zu Theil werden; so habe ich ihm das beyliegende Schluß-Recitativ gleichfalls zugedacht. Seine beyden Priester mögen ihm assistiren und sie zu drey das Chor einleiten [v. 947-54], Wie viel reicher könnte man freylich dergleichen Dinge ausstatten, wenn man gegenwärtig wäre, von allen Mitteln unterrichtet, deren man sich bedienen dürfte. Es soll mich um unserer aller willen freuen, wenn das Ganze geräth, und durch Ihre Vorsorge soviel Beyfall erhält, um zur Permanenz zu gelangen. | Ihrer Amtsführung traue ich das Beste zu, und weissage ihr Glück. Das Theaterwesen ist ein Geschäft, das vorzüglich mit Großheit behandelt seyn will; eben weil es fast aus lauter Kleinheiten besteht, von denen zuletzt eine große Wirkung gefordert wird. Jene Kleinlichkeiten, Verschränkungen und Verfitzungen zu beseitigen, zurechtzulegen und durchzuhauen ist freylich ein unangenehmes Geschäft, es ist aber nicht undankbar, weil zuletzt das Gute und Rechte wie von selbst entspringt. | Und nun komme ich noch mit ein paar Bitten hinterdrein, die erste, daß Sie die Besetzung der Rollen des Epimenides mir gefälligst senden, sodann aber jemand anstellen wollen, der mir eine baldige freundliche Nachricht von der Aufführung und deren Wirkung, einigermaßen umständlich ertheilte ... N a c h s c h r i f t l i c h . | Herr Duncker, dessen Verlagsrecht auf den Epimenides bis Michael dieses Jahrs, wie billig war, verlängert habe, erwähnte schon bey unserer ersten Übereinkunft eines Umstandes, wegen dessen er mich um Intercession bat; er wiederholt gegenwärtig sein Ansuchen, und ich nehme mir die Freyheit Folgendes zu bemerken. | Es ist überall herkömmlich, daß die Opernbüchelchen gedruckt werden, die italiänischen durchaus mit Arien und Recitativ, und von den deutschen nur der eigentliche Gesang, weil bey uns die Prosa den Platz des Recitativs vertritt; dergleichen Abdrücke entweder zu Gunsten der Casse selbst, oder irgend eines Angestellten sind löblich, ja nöthig. |
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) Bei der Aufführung: F. J. Beschort.
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Nur tritt bey'm Epimenides der Fall ein, daß die Grenzlinie zwischen dem Abzudruckenden und Auszulassenden wohl schwer zu ziehen seyn möchte, vielmehr müßte ich voraussehen, daß beynahe das ganze Stück abgedruckt werden müßte, freylich zum Schaden des einheimischen Verlegers. | Da ich überzeugt bin, daß eine verehrte Intendanz hierin alle mögliche, den Umständen gemäße Billigkeit würde obwalten lassen, so hab ich diese Nachschrift nur hinzugefügt, um mein Herrn Duncker deshalb gethanes Versprechen dadurch zu lösen. 1 ) März 15. Anzeige des Epim. für Stuttg. 2 ) . . . An Grafen Brühl wegen Epimenides [Brief vom 12.]. 17. (s. „Des Epimenides Erwachen [Anzeige]" gD, E G W 4 , S. 106) 25. [Berlin] G. F. W. Duncker an G (QuZ 4, 617f.): Die Zeit der Aufführung Ihres Epimenides hat uns nun so ereilt daß ich Preßen und andere Triebfedern und mich selbst tüchtig in Bewegung setzen muß um bis nächsten Donnerstag am 30ten wo die erste Vorstellung statthaben wird, fertig zu werden; es wird gelingen aber mühsam u. knapp. Dies mit ein Grund warum ich auf Ew Excellenz geneigtes Schreiben ein Mehreres zu erwiedern nicht Raum habe und es für den nächsten ruhigeren Augenblick verschieben muß. | Heute aber wollte ich nicht verfehlen Ew Excellenz die Aushängebogen 1 und 2. zu überreichen und zwar von beiden Ausgaben. Es bedarf kaum einer Bemerkung daß die kleine für das Theater bestimmt ist u. um deswillen die Besezzung beigemerkt ist. Ich wünsche daß Sie verehrter Herr Geheim-Rath mit der typographischen Einrichtung und dem Aeußern zufrieden seyn mögen. Die Zeit war zu kurz um mehr dafür zu tun. | Die heutige Zeitung [s. Beilage] enthielt bereits die Anzeige der bevorstehenden Aufführung des Epimenides und ich habe dafür gesorgt daß des Buches dabei zu gleicher Zeit Erwähnung geschehen ist. 3 ) Eben so bin ich Veranlaßung gewesen daß Herr Graf Brühl den Herrn Professor Lewezow [Levezow] veranlaßt hat ein Vorwort an die Zuschauer zu richten, 4 ) welches aus Ew Excellenz früheren Mittheilungen u. Entwürfen geschöpft ist um das Publicum in den Stand zu setzen diese große dramatische Dichtung richtig zu betrachten und tiefer zu genießen. Es hirzu immer mehr vorzubereiten laßen wir beiliegenden Aufsatz [von S. H. Gatel] von unserer Seite ausgehend, in die nächste Zeitung rücken 5 ) und dann wäre ja wohl nichts versäumt was Ew Excellenz gewünscht. | Lewezows Vorwort ist meinem Gefühle nach schön und zweckmäßig gestellt, ich bedaur sehr es Ihnen heut nicht senden zu können, denn es ist unter den Händen des Setzers. Es soll aber mit nächster Post folgen so wie die Zuhändigung einer [Honorar-]Anweisung auf Leipzig.
) Im Konzept folgte auf des einheimischen Verlegers (nach Absatz): Bey uns ist dieser Verkauf des Büchelchen kein Accidens eines Subalternen, es wird eine besondere Rechnung drüber geführt, und von dem Uberschuß machen wir manchmal kleine Geschenke an Untergeordnete die es verdienen. Dadurch erreichen wir den doppelten Zweck, daß es ganz in unsern Händen bleibt, und daß uns die Empfangenden jedesmal für das Geschenk dankbar sind, anstatt, daß für ein Accidens, zu dem man ein für allemal ein Recht erworben hat, nur von gebildeten Menschen Dankbarkeit zu erwarten ist (Br 25, 392). 2 ) Betr. „Des Epimenides Erwachen [Anzeige]", S. 106. 3 ) Die Verlagsanzeige war dem Brief in gedruckter u. in hs. Fassung beigelegt. 4 ) s. Beilage 1 unten 28. März 1815: Duncker an G. 5 ) Berlinische Nachrichten. Nr. 37 vom 28. März 1815; s. Beilage 2 unten 28. März 1815: Duncker an G. 1
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[Beilage] Berlinische Nachrichten von Staats- und gelehrten Sachen [=Spenersche Zeitung], Nr. 36 vom 25. März 1815: K ö n i g l i c h e S c h a u s p i e l e . . . Donnerstag den 30sten März im Opernhause zum ersten male: Des Epimenides Erwachen, Festspiel in einem Akt vom Herrn von Göthe, in Musik gesetzt vom Königl. Kapellmeister Herrn W e b e r , mit Ballets vom Königl. Balletmeister Herrn T e i l e . Hierauf: Die glückliche Rückkehr, militairisches Ballet in einem Akt, vom Königl. Balletmeister Herrn T e i l e , mit Musik vom Königl. Musikdirektor Herrn G ü r r l i c h . . . Freitag den 31sten März im Opernhause zum ersten male wiederholt: Des Epimenides Erwachen . . . Die gedruckten vollständigen Bücher des Götheschen Festspiels: Des Epimenides Erwachen, werden von Mittwoch den 29sten März an, bei dem Kastellan Hrn. D ö l z im Opernhause, und bei dem Kastellan Herrn L e i s t im Schauspielhause, so wie in der Buchhandlung von D u n c k e r und H u m b l o t , die ord. Ausgabe ä 8 Gr., auf feinem Papier ä 12 Gr., auch am Tage der Aufführung an der Kasse verkauft . . . D e s E p i m e n i d e s E r w a c h e n , ein Festspiel von G ö t h e , nebst V o r w o r t an die Zuschauer. 8. geheftet 12 Gr. | Es bedarf wohl nur für die Freunde der Poesie der bloßen Anzeige, daß dies auf unserer Bühne schon so lange erwartete Werk des großen Dichters nunmehr aus der Presse hervorgeht, um sie zum stillen Vorgenusse desselben einzuladen, ehe es in seiner ganzen Pracht und Herrlichkeit auf unserm großen Operntheater erscheinen wird. Da diese Erscheinung so nahe ist, so haben die unterzeichneten Verleger geglaubt, daß es dem Publikum willkommen seyn werde, nicht nur bei der Vorstellung selbst das ganze Werk bei der Hand zu haben; sondern auch durch das hinzugefügte V o r w o r t an d i e Z u s c h a u e r , nach dem Sinne des Dichters, sich auf den Standpunkt gesetzt zu sehen, aus welchem diese ganz große dramatische Dichtung von den letzten Dingen der neuesten Welt betrachtet und genossen seyn will. | Exemplare davon sind m o r g e n M i t t w o c h den 29sten zu bekommen bei | D u n c k e r und H u m b l o t , französische Straße Nr. 20.a. März 26.
[Berlin] Graf B. F. E. Tauentzien-Wittenberg an Graf G. F. M. v. Brühl (Abschrift; GSA 2 5 / X X , 1 2 D Bl. 38): Ew: Hochgeboren zeige ich hierdurch ergebenst an, daß ich die von Ihnen verlangten 8 Garde de Corps, von der hier stehenden Esqandron, i n i h r e r c o m p l e t t e n M o n t i r u n g , für meinen Kopf nicht geben darf, ohne hierzu von höheren Orts autorisirt zu seyn. Die Erlaubniß für die Garde, in den Ballet die glückliche Rückkehr, auftreten zu können, ist bey Sr. Majestät den König besonders nachgesucht worden. Die Leute stehen Ew. Hochgeboren indessen sehr gern zu Dienst, jedoch in der Regiments-Uniform darf ich dieses nicht erlauben, ohne anderweitigen Befehl des commandirenden Generals, oder des Brigade-Chefs Prinzen Carl von Mecklenburg Durchlaucht.
28.
[Berlin] Herzog C. F. A. v. Mecklenburg-Strelitz an Graf C. F. M. v. Brühl (Abschrift; GSA 2 5 / X X , 1 2 D Bl. 37): Ueber den von Ew. Hochgeboren in dero Schreiben vom 27. d. M. geäußerten Wunsch acht Garde du Corps in completter Montirung in dem Lustspiele [sie!] „Des Epimenides Erwachen" auftreten zu lassen, habe ich mich nicht für ermächtigt gehalten selbst zu entscheiden, sondern den Ausspruch des commandirenden Generals, Grafen Tauenzien v. Wittenberg, darüber eingeholt. Dessen Entscheidung zufolge bin ich sehr gern bereit jene 8 Mann auftreten zu lassen, nur dürfen sie nicht in completter Uniform erscheinen. Der Major Graf v. Tauenzien ist hiernach bereits instruirt und zugleich angewiesen worden diesen Leuten alle diejenigen Bekleidungs- und Armatur-Stücke zu lassen durch welche sie noch nicht als vollständig Preussische Soldaten auf dem Theater erscheinen.
28.
[Berlin] C. F. W. Duncker an G (GSA 2 5 / X X , 12 A Bl. 110; Bl. 1 0 2 - 9 ) : Ew Excellenz, | habe ich die Ehre heut zu übersenden die letzten drey Aushängebogen [des Textbuchs]. Auf dem Titelbogen finden Sie Lewezows Vorwort an die Zuschauer. Ich werde mich freuen wenn es Se. Excellenz zweckmäßig und in Ihrem Sinne finden. | Schade, daß die letzten französischen Nachrichten 1 ) den Eindruck der herrlichen Dichtung beeinträch1
) Über den Einzug Napoleons in Paris am 20. März.
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tigen werden! Denn das Gemüth ist davon befangen u. gelähmt. Dennoch läßt sich erwarten daß die Wirkung groß und die Erregniß zu neuer That u. Freiheitsstreben unfehlbar sein wird. | Ich überliefere Ew. Excellenz hiebey die heutigen Zeitungen in denen wir zwey Aufsätze in Beziehung auf E p i m e n i d e s veranlaßt haben. | Auch ich bin betäubt von der Nachricht von Paris, dennoch bin ich kräftigen Glaubens. Es ist viel verloren aber noch Alles zu gewinnen. Gebe Gott uns Deutschen Kraft u Einheit so werden wir auch diesen neuen - zwar vermeidlich gewesenen Kampf glorreich bestehen. | Unser Kriegs-Minister [Hermann v. Boyen] geht morgen nach Wien ab von wo am 21ten, 27 Garden nach allen Weltgegenden abgefertiget wurden. | Mit nächster Post habe ich die Ehre Ew Excellenz anständige Exemplare des Epimenides zu übersenden. [Beilage 1] K. L.[evezow]: Vorwort zum Textbuch des Epimenides (GSA 25/XX,12 A Bl. 122; S. V-XIV1)): V o r w o r t | an die Zuschauer des Festspiels: | Des E p i m e n i d e s E r w a c h e n * 2 ) | Epimenides, ein uralter Weiser in Kreta, - so erzählt die sinnvolle Mythe der Griechen, - hütete, wie es in früherer Vorwelt die Söhne der Könige und Fürsten zu thun pflegten, in seiner Jugend die Schaafe des Vaters. Als ihm eines Tages ein Schaaf von der Heerde verloren gegangen und er, um es aufzusuchen, in eine Hole gekommen war, bemächtigte sich seiner ein tiefer Schlaf, in welchem er ohne Unterbrechung sieben und fünfzig Jahre lag. Als er wieder erwachte, ahndete er nicht, wie lange er geschlafen. Aber wie groß war sein Erstaunen, als er die Veränderung sah, welche sich seit der Zeit um ihn her zugetragen hatte. Bei seiner Rückkehr ins väterliche Haus war er selbst seinem Bruder so unkenntlich geworden, daß dieser befremdet ihn fragte: Wer bist du? Endlich erkannten sich beide, und der lange, wundervolle Schlaf machte den Epimenides durch ganz Griechenland berühmt. Man fing an, ihn für einen Liebling und Vertrauten der Götter zu halten; man fragte ihn um Rath, und seine Aussprüche galten für Aussprüche der Götter. Auch die Athener bedienten sich einst seiner Weisheit, um ihre Stadt von der Befleckung einer wüthenden Pest zu entsündigen. Nach einem langen, mehr als hundertjährigen Leben ward Epimenides auf Kreta als Gott verehrt. Einige rechnen ihn, statt des Periander, zu den sieben Weisen der Griechen. | Was auch immer im höheren Alterthum der Griechen der Ursprung, oder die besondere Absicht und der bedeutungsvolle Sinn dieser Mythe gewesen sein mag, der uns verbliebene Grundzug derselben, das Erwachen nach so langer an Wechsel und Veränderung der Dinge reichen Zeit und die dadurch gewonnene Erhöhung der geistigen Seherkraft, - konnte nicht anders, als höchst willkommen und glücklich sich darbieten dem großen Dichter unserer Zeit, um daraus ein Werk seines schaffenden Genius zu entwickeln, bestimmt, damit auf der Bühne der Kunst würdig die Feier einer der größten Begebenheiten der neusten Welt zu verknüpfen. | Seit den glücklichen Zeiten der europäischen Welt, seit jenen Zeiten der Herrschaft des Rechts, der Liebe, des Glaubens, des Friedens unter den Völkern, umgestürzt durch die Ausgeburten der Hölle - des K r i e g e s , der L i s t , der U n t e r d r ü c k u n g , die jene furchtbare Umwälzung der Dinge an der Seine hervorrief, nachdem seit Jahrhunderten schon, von dortaus vornehmlich, ein betrügliches System arglistiger Politik allmählig die verschlossenen Pforten der Unterwelt zu öffnen begonnen, seit dieser Zeit - welche Schlafsucht lähmte nicht allmählig die Völker, durch den Sirenengesang einer falschen Freiheit bezaubert! Welche List, welche Heuchelei bemächtigte sich nicht der L i e b e , des G l a u b e n s ! Welche Gewalt fesselte nicht vollends die letzte noch rege Kraft! Aber welche Wuth stürzte dann nicht unaufhaltsam das Gebäude des Glücks und des Ruhmes der Völker! Welcher Wahnsinn verschloß die Meere und Länder! Welche Barbarei ver-
1)
G erhielt, wie Duncker mitteilt, Levezows Vorwort auf Aushängebogen; nicht im Aktenfaszikel, dort ED, nach dem hier zitiert wird. 2 ) Fußnote: Bei Gelegenheit der ersten Darstellung auf der Bühne des Königl. Opernhauses in Berlin zur Feier des 30. und 31. März.
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wandelte die Wohnsitze der Lust und Freude, der Weisheit und Künste, die goldenen Gefilde des vom Seegen gekrönten Fleißes in schweigende Oeden der freudenleeren Wüste, worin sich die menschenfeindliche Wuth des Zerstöhrers allein gefiel! In die Wirklichkeit des Menschenlebens war der furchtbar höhnende Dämon der Hölle getreten, und alle Stürme des Unglücks, des Elends, der Verwüstung braus'ten um ihn, unaufhaltsam vom Westen bis Osten, bis zum fernen Norden, über den fluchbelasteten Welttheil. | Und welche Gestalt Europens zunächst bot sich dem vergleichenden Auge des Beobachters, gleichsam d e n e r h ö h e t e n B l i c k e n e i n e s z w e i t e n , n a c h l a n g e m S c h l a f e e r w a c h t e n E p i m e n i d e s d a r ! Kaum, daß sich der Zeitgenosse F r i e d r i c h s noch als demselben Jahrhundert entsprossen zu erkennen vermogte. Mit welcher Stimme der Wehmuth mußte er sich selber gestehen: „Ich bin's, und bin es auch nicht m e h r ! " - Mit welcher Stimme der Verzweifelung mußte er sich fragen: „Werd' ich je wieder werden, was ich war? Wo ist das Erbtheil meiner Väter, die Freiheit, das Recht, der Glaube, der Ruhm und der Name meines Volks?" - | Doch H o f f n u n g mit ihren Gewalten und Geistern war noch immer der Antheil der wenigen Edlen geblieben, die, im Vertrauen auf göttliche Macht, sich gegen den Todesschlaf der Sorglosen und Feigen und Verzweiflenden gestählt, und wachsam, doch schweigend, die eherne Rüstung des Muths und der Mannheit für die Gelegenheit anderer Zeiten geborgen hatten. Und siehe! sie kam, wie angedeutet selbst durch Zeichen, hellstrahlende an der Feste des ewigen Himmels durch die Nacht des Jammers und der Verwüstung; sie kam mit dem unausbleiblichen Wechsel des Glücks, der Zeiten und Dinge. Und siehe! die H o f f n u n g trat unüberwunden, kühn, mit den heiligen Waffen gerüstet, dem Verderber der Welt entgegen, als er, gebeugt von der Uebermacht der Natur, doch mit immer größerer Wuth, von neuem den gräßlichen Kampf der Zerstöhrung und Unterjochung begann. - Freiheit, Freiheit, rief die Stimme der Hoffnung, ein Engel des Weltgerichts, durch Europa, und die Schläfer erwachten, und Befreiung und Freiheit ward das Loosungswort vom Aufgang zum Niedergang, und die gelähmte Kraft der Unterdrückten erstarkte durch die Allmacht des Götterworts. Da trat die E i n h e i t des Willens in die Reihen der Völker und Herrscher, und umwand mit des Vertrauens und der Liebe Banden die brüderlichen Herzen und Hände. Da krönte die B e h a r r l i c h k e i t der Eintracht himmlisches Werk. Es erscholl der Triumphgesang des Sieges zwischen den schon wild bewachsenen Trümmern der Reiche und Staaten, und mit gemeinsamer Kraft richteten die Vereinten wiederum auf die gestürzten Säulen und Trümmer des alten Baues der Herrlichkeit und Macht. So wird erfreulich Göttern und Menschen wiederum dastehn das hehre Gebäude der Freiheit, des Rechts, des Ruhms und der Wohlfahrt der Völker! „Und Fürst und Volk und Volk und Fürst Sind alle frisch und neu! - " Und E p i m e n i d e s , der erwachte Weltzeuge des glückseeligen Wechsels der Dinge und ihrer großen Wiedergeburt, kann, mit der Entzückung des Weisen, den feiernden Zeitgenossen aller Zungen, aller Geschlechte und Stände zurufen: „Und wir sind Alle neu geboren; Das große Sehnen ist gestillt; Bei F r i e d r i c h ' s Asche war's geschworen Und ist auf ewig nun erfüllt!" Wir haben versucht, in diesem Umrisse das große, sinnvolle und gestaltenreiche Gemälde zusammen zu drängen, welches der Dichter unseres deutschen Vaterlandes in seiner eignen Dichtung von einem z w e i t e n E r w a c h e n des Epimenides - den er, kraft des ihm zustehenden Dichterrechtes, erhoben hat auf die höhere Stufe des unparteiischen Weltzeugen und Gotterleuchteten Auslegers ihrer Geschicke, - vor unseren Blicken aufrollen will. Wir haben dabei keine andere Absicht gehegt, als denen, welche Zuschauer dieses erhabenen Weltschauspiels vor dem engeren Räume der
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K u n s t b ü h n e seyn werden, während des schnelleren Wechsels und Ganges der D i n g e auf derselben, in Etwas das Auffassen der großen Bilder- und Gedanken-Reihe zu erleichtern, deren E n d e n in den A u s g a n g und A n f a n g zweier Jahrhunderte reichen. | Aber nur durch die ideale F o r m einer lebendigen, in großen Massen fortschreitenden Allegorie gebildet und gehalten, war es möglich, sie für A u g e und Ohr zu verkörpern. Der Charakter der alles Maaß der Geschichte v o n Jahrhunderten her, weit übersteigenden Begebenheiten und einer Zeit, „Wo selbst die Wirklichkeit zur Dichtung w i r d " konnte auch i m Einzelnen nur allein durch die höhere Verknüpfung des Idealen mit einer fast zum Idealen in der Vorzeit und Gegenwart gewordenen Wirklichkeit ausgedrückt werden. Daher wird es den Zuschauer nicht b e f r e m d e n , den Gestalten der Ideenwelt ähnliche Gestalten verschwistert zu sehen, die ihre E n t s t e h u n g dem B o d e n der Geschichte verdanken und sich in das historische Gewand eigenthümlich und bed e u t s a m einhüllen. Eine Weise, durch den Brauch großer Meister in allen K ü n s t e n seit l a n g e geheiligt und durch E r f a h r u n g v o l l k o m m e n erprobt und gerechtfertigt. Darnach m ö g e n dann z. B. die E r s c h e i n u n g des K r i e g s d ä m o n s , der L i s t und i h r e s G e f o l g e s , des D ä m o n s der U n t e r j o c h u n g und die E r s c h e i n u n g e n der s i e g e n d e n V ö l k e r v o n dem a u f m e r k s a m e n Zuschauer gedeutet und gewürdigt werden. Es wird i h m nicht entgehn, daß der K r i e g s d ä m o n , der H a u p t s a c h e nach eingekleidet in das Rüstz e u g eines alt-römischen Feldherrn, durch diese Gestalt, gerade das Eigenthümliche der Sache, die durch ihn zu bezeichnen war, v o l l k o m m e n ausdrückt. D e n n kein Volk der Welt hat das kriegerische L e b e n und die kriegerische K u n s t in dem Grade der Ausdehn u n g und mit l ä n g e r e m und größerem Glücke getrieben, als das welterobernde und unterjochende der Römer. Deshalb gehören auch die A n d e u t u n g e n der v o n ihm unterjochten und in ihrer Unterjochung zu seinen ferneren E r o b e r u n g e n i h m behülflichen Völker, als: der Numidier, Mohren, Egypter, Kretenser, Griechen, Macedonier, Thrazier, Illyrier, Lusitanier, Spanier, Gallier, G e r m a n e n u. d. g., mit in den furchtbaren Z u g seiner Begleiter. K ö n n t e die Aehnlickeit der neusten Schicksale der Völker wohl sprechender bezeichnet werden? - Gleichergestalt spricht sich die diplomatische L i s t mit i h r e m G e f o l g e , in der Tracht, nach demselben Grundsatze aus. E s ist i m Ganzen die Tracht des sechszehnten und siebenzehnten Jahrhunderts, in welchen Zeiten durch Staats- und Hofleute, Geistliche, Gelehrte und F r a u e n , oft als Mitgehülfen, nicht selten als Hauptwerkzeuge der Diplomaten, in den Weltbegebenheiten die Listen und R ä n k e des B e t r u g e s , der Bestechung, Verrätherey, T ä u s c h u n g , Bevortheilung und heimlichen Unterdrückung zu dem Höllensystem an- und ausgebildet wurden, welches in den letzten Tagen in seiner ganzen gräßlichen Wirksamkeit z u m Umstürze E u r o p a s vornehmlich beitrug. - E b e n so erinnert die Gestalt des D ä m o n s der Unterjochung, durch seine orientalische Tracht, an den Orient, als an die Q u e l l e aller D e s p o t i e und Unterdrükkung: einem Musterbilde dieser Art des alten italienischen Theaters, dem Zauberer S i n a d a b Gozzi's, ähnlich. Endlich bieten die am meisten mahlerischen Trachten der in dem großen K a m p f e begriffenen Völker, die Trachten so vieler Völkerschaften des russischen Reichs, die mancherlei Trachten der Völker des östreichischen Kaiserstaates, das neuste Feldkleid der Reiterei in den Preußischen H e e r e n u. s. w. ein sprechendes Bild v o n den wunderbar mannigfaltigen und bunten M a s s e n der Ueberwinder des unterdrückenden Weltfeindes dar. - So viel nur für den denkenden Zuschauer z u m Fingerzeig auf den Standpunkt hin, aus welchem das große, tiefen Sinnes volle G e m ä l d e der neusten Zeit, vor der B ü h n e richtig angeschaut zu werden, nach seinem i h m gebührenden Rechte, wohl fordern darf. [Beilage 2] Berlinische Nachrichten Von Staats- und gelehrten Sachen [=Spenersche Zeitung]. Nr. 3 7 v o m 28. März 1 8 1 5 (Ankündigung der A u f f ü h r u n g e n des Epimenides und Verlagsanzeige 1 )). ) Text fast identisch mit Berlinische Duncker an G g D .
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25. März 1 8 1 5 ; s. die Beilage zu
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[Beilage 3] S. H. C.[atel:] Königlich privilegirte Berlinische Zeitung von Staats und gelehrten Sachen [=Vossische Zeitung]. Nr. 37 v o m 28. März 1815: D e s E p i m e n i d e s E r w a c h e n , F e s t s p i e l v o n G ö t h e . * 1 ) | Diese hohe Geburt des großen Dichters wird am 30sten und 31sten d[ieses] im Königl. Schauspielhause, mit Musik des Königl. Kapellmeisters Herrn B e r n h a r d A n s e l m W e b e r , aufgeführt. Göthe benutzte zu seiner Dichtung die bekannte Sage von dem 57jährigen Schlafe, des Weisen in Greta, Epimenides und von dessen Versetzung, dem Erwachen, in eine neue Welt. Sich selbst versetzte der Dichter, aus dem alten in ein neues Daseyn. Er selbst ist Epimenides. Wir werden es mit ihm. | Seit den glücklichsten Zeiten der Europäischen Welt, seit der Herrschaft des Rechts, der Liebe, des Glaubens, des Friedens, hatten sich die Ausgeburten der Hölle, Krieg, List, Unterdrückung, der Zügel bemächtigt. In S c h l a f s u c h t war alles versunken. L i e b e , G l a u b e waren gefesselt. Das Gebäude des Glücks, des Ruhmes der Völker stürzte ein. Der D ä m o n d e r H ö l l e war der Herrscher der Welt. Nur die H o f f n u n g war wenig Edlen geblieben. Unüberwunden trat sie dem Unterjocher entgegen; rief: F r e i h e i t , F r e i h e i t ! und die Schläfer erwachten, E i n h e i t des Willens trat auf, B e h a r r l i c h k e i t schloß sich an, W e i s h e i t krönte den Bund. | Und Fürst und Volk und Volk und Fürst: | Sind alle frisch und neu. | Diese lebendige Allegorie wird so schön und wahr in dem Stücke durchgeführt; sie ergreift so mächtig und hält so fest, daß, auch da, wo das Einzelne nicht sogleich sich an das Ganze kettet, doch nie der Faden verloren, nie das Interesse geschwächt, nie das Ziel aus den Augen gerückt wird. Die Rettung der Welt, durch den Sieg des guten Geistes über den bösen, schwebte uns, bei dieser herrlichen Schöpfung immer vor, und unser Dank wird der Vorsehung zollen, die sie beschlossen, und den Dichter, der sie besang. | Da die Allegorie aber auch zu den Sinnen sprechen muß, so dürfte manches hier noch einer näheren Erklärung bedürfen, um dem Zuschauer nicht dunkel oder absichtslos zu erscheinen. Der K r i e g s d ä m o n erscheint in altrömischer Rüstung, denn Rom lebte i m Kriege. Die unterdrückten Nationen zeigen sich in der Tracht der von Rom unterjochten Numidier, Griechen, Gallier, Germanen etc. Der D ä m o n der L i s t , mit seinem Gefolg, hüllt sich in die Tracht des l ö t e n u. 17ten Jahrhunderts. Der D ä m o n der U n t e r j o c h u n g trägt sich Orientalisch. Die B e f r e i e r treten im Russischen, Preußischen, Oestreichischen Gewände auf. Und so rufen wir dem Festspiele zu: H i n a n ! Vorwärts! März 31. [Berlin] Theaterzettel (GSA 2 5 / X X , 1 2 A Bl. 116f.): Königliche Schauspiele. | Freytag, den 31. März 1815. | Im Königl. Opernhause, zum Erstenmale wiederholt: | Des Epimenides Erwachen. | Festspiel in 1 Akt, v o m Herrn v. Göthe, in Musik gesetzt v o m Königl. Kapellmeister Herrn Weber, | mit Ballets v o m Königl. Balletmeister Herrn Teile. | P e r s o n e n : | P r o l o g : Die Muse Mlle. Maaß. | W o r t f ü h r e r : Epimenides Hr. Beschort. | D ä m o n e n : des Krieges Hr. Mattausch. | der List Hr. Blume. | der Unterdrückung Hr. Fischer. | C h o r f ü h r e r : Hr. Stümer. | C h o r d e r T u g e n d e n : Glaube Mad. Bethmann. | Liebe Mlle. Eunike. | Hoffnung Mad. Schröck. | Beharrlichkeit Mlle. Schmalz. | Einigkeit Mlle. Maaß. | B e g l e i t e n d e : Priester Hr. Gern. Hr. L e m m . | Genien Mlle. Düring. Mlle. Leist. | Kleine Dämonen | C h ö r e : der Krieger, der Hofleute, Echo der Freigesinnten, Sieger, Frauen, Landleute. | Hierauf: | Die glückliche Rückkehr. | Militairisches Ballet in 1 Akt, vom Königl. Balletmeister Herrn Teile, mit Musik v o m Königl. Musikdirektor Herrn Gürrlich. . . . Allemande | Ein russisches Pas de deux . . . Ein österreichisches Pas de trois . . . Ein englisches Pas de trois . . . Tänze der Kosaken, | Tänze der Tyroler, | Tänze der Schotten . . . Officiere und Soldaten. Stadtbewohner und L a n d l e u t e 2 ) . . . Anfang der Vorstellung 6 Uhr; Ende gegen halb 10 Uhr.
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) Fußnote: * Erscheint Mittwoch den 29sten d. bei Duncker u. Humblot. ) Nachfolgend Verlagsanzeige des Textbuchs zu Epimenides.
Preis
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[Berlin] Zelter an G (MA 20.1, 365ff.): Endlich und gestern ist der Epimenides glück3 1 . / lieh vom Stapel gelaufen. Die Wirkung war bedeutend und, trotz der Verwöhnung Apr 1. unseres Publikums; der Verspätung des Stücks und mancher kleinen Umstände deren Anordnung überall den Dichter selbst verlangt haben würde, hat es getroffen; ja es erschien wie eine prophetische Vision und zugleich wie eine Probe des Exempels. Man hatte geglaubt (wie denn der Unglaube der Gläubigste ist) das Stück werde auf die neusten Tage nirgend passen; eine gute Stimmung von vorn herein war nicht zu erwarten; ich selber war verlegen und hatte mich ins Orchester geschlichen um zwischen dem Theater und dem Publikum im Freien zu sein. Der Anfang verzögerte sich, das volle Haus ward unruhig und mir bange. | Die Ouvertüre kam: Weber hat entweder nicht Zeit gehabt oder er hat bedacht, daß die Muse [Wilhelmine Maaß] selbst die Ouvertüre spricht; kurz er hat einen mäßigen, würdigen, wiewohl etwas lugubren Eingang zum Stücke gemacht der sich sehr wohl ausnahm. Die erste Stanze schon, etwas breit aber gut gesprochen, erregte stille Bewegung und beim Abgange der Muse bemerkte ich an mir selber und im Hause eine bessere Stimmung die durch das heitere Lied der Genien vollkommen ward. | Der Dämon der Unterdrückung [Joseph Fischer] etwas affektuos, doch klar und fest gesprochen; seine Bestechung der Liebe und des Glaubens, wie der unselige Zustand verlorner Freiheit und Unschuld und die endliche Befreiung durch die Hoffnung machen eine tief eindringende Szene. Die beiden Tugenden duckten sich wie getretene Hühner und, wie gesagt: mich hat die Szene in ungeheure Bewegung gesetzt. Und gefühlt haben sies alle, Gott sei Dank! wenn sies auch nie erkennen; es ist ein Griff in die Natur menschlicher Verderblichkeit (mors stupebit et natura 1 )) den sie rasend übel nehmen würden, wenn sie den Generalbaß wüßten. | Sonnabend den 1 April. Gestern Abend war die erste Wiederholung des Epim. Hatte das Stück gestern den gewöhnlichen Beifall eines guten Stücks; so war heute der Hof darinne der gestern fehlte. Ein bedeutender Teil des Publikums sähe es heute zum zweiten Male und die Aufnahme war von vorn herein wärmer, vorbereiteter und die gestrige Aufführung wie eine Generalprobe zu betrachten. Weber ist über allen Ausdruck vergnügt. Er hat mit großer Anstrengung arbeiten müssen weil der Graf Brühl ihn drängte und man erwartete eine mühselig kalte zusammengestoppelte Musik. Hat er manches verfehlt ja manches Zu gut machen wollen; so sind ihm dagegen Hauptmassen zur Bewundrung gelungen. Die Szene mit dem Brandschein auf dem Theater ist vollkommen. Er hat vieles auf sogenannte melodramatische Art komponiert und ganz vorzüglich, zu welcher Art er überhaupt viel Geschick hat. Mit der List hat er sich viel undankbare Mühe gegeben und dadurch ist diese Person zu lyrisch geworden. Das Schlecken und Schleichen was er ausdrücken wollte geht dadurch in Empfindsamkeit über daß er sich zu lange damit aufhält und den Gang des Stücks hindert; übrigens ist diese List ein wahrer Dämon für jeden Komponisten. Die Chöre, welche bei uns einen Apparat haben wie nur große Theater haben können machten sich, besonders durch das Auftreten der verschiedenen Völkerschaften sehr imposant, am meisten für das Auge. Unsrer ersten Sängerin hat Weber eine große Prachtarie mit konzertierendem Chor gegeben 2 ) die ganz zuletzt ein Opus ist. Das Stück spielt hier 2 V2 Stunde doch ward es in beiden Tagen besonders dadurch aufgehalten daß eine unendliche Menge Kraftphrasen und Sentenzen in langen Pulsen beklatscht und berufen worden, weshalb die Spieler so lange inne halten müssen. Manchmal schiens als wenn die Menge sich in 2 Chöre bildeten um dies und jenes hier oder dort zu beklatschen, dann vereinigte sich wieder alles und kurz, ich habe meine Lust daran gehabt. Am ersten Tage ließen die Schauspieler das, was sich auf die Person des Königs bezieht aus, weil der K. alle März
1) Der Tod wird starr vor Staunen stehn und die Natur; v. 10 aus T. da Celanos Hymne Dies irae. 2 ) A. A. Schmalz mit der Partie der Beharrlichkeit (24. Auftritt der Berliner Bühnenfassung).
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solche Beziehungen verbeten ja verboten hat: dies hat jedoch gestern gesprochen werden müssen und der Beifall war wütend. Dazugekommen ist noch gestern, daß am Schlüsse wo sich die allgemeine Gruppe bildet über dem Frontispize des Tempels sich der Triumphwagen des Brandenburger Tores erhebt und ausstellt. Unter den sprechenden Personen hat sich Epimenides [F. J. Beschort] durch Zusammenhang, Deutlichkeit, Ruhe und Würde hervorgetan; die Liebe [J. Eunicke] ward schöngesungen; weniger gut gesprochen. Die List [H. Blume]: ein schlanker, schöner, glatter, länglicher, ducksamer Kurtisan [Höfling], ausnehmend gut und reinlich gesungen, der Kerl hat eine Zunge wie eine Specknudel. Die Aufführung selbst war weit mehr im Ganzen als ehegestern. Die Leute spielten freier, runder, geistiger. Das Auftreten der Hoffnung [S. L. Schröck] ist von großer Gewalt. Diese Szene hat mich wieder tüchtig angepackt, wiewohl sie noch nicht vollkommen gegeben wird. Sie ist der geheime Leib woran alle Glieder befestigt sind; - in Ruhe, aber ungeheuer. | Mir ist der Epim. ein rechtes Pflaster auf die Wunden gewesen die mir Tags vorher der verruchte 24 Februar 1 ) wie mit Fleischerbeilen geschlagen hat.
Apr
1. Epimenides von Berlin, mit Zeitungen u.s.w. 2 ) 1. [Berlin] G. F. W. Duncker an G (GSA 2 5 / X X , 1 2 A Bl. U l f . ; 113; 1 1 6 - 2 2 ) : D a ich nun zuvörderst unsere Geschäftsangelegenheiten berichtigen will so muß ich mir vorbehalten Ew Excellenz über die Darstellung Ihres Werkes ausführlichen Bericht zu erstatten. Nur so viel daß die herrliche Dichtung sehr befriediget und die schönste Wirkung hervorgebracht hat. Das wird auch vorläufig die heutige angebogene Zeitung [Beilage 1] belegen. | Mit der inliegenden Anweisung 3 ) habe ich die Ehre Ew. Excellenz Vierzig Friedrichsd'or auf Frege & Co in Leipzig a vista zahlbar zu übermachen wodurch denn meine Zusage u. Verbindlichkeit erfüllt wäre. | Von der Gunst und Billigkeit Ew. Excellenz erhoffe ich nun die Ausdehnung des Termins meines Verlags-Rechtes das bis zur Michael. Messe gar zu kurz und ungünstig gestellt ist indem ich weder i m 0[ster] M[e]sse Gatalog wozu es schon zu spät, oder im M[ichaelis] M[e]sse Gatalog wo ich fürchten muß schon mit einer andern Ausgabe zusammen zu stoßen, Anzeige von dem Werke machen kann. Ich würde gleich nach E m p f a n g Ew. Excellenz Zuschrift v o m 8. März Ihre Gunst wegen einer Erweiterung dieses Punctes in Anspruch genommen haben wenn der eilfertige Gang der Sache und die nöthige Beförderung meiner Seits mir R a u m zu Anfragen gelaßen hätte. Laßen Sie mich nun Wunsch u. Bitte deshalb ausdrücken und gewähren Sie wenn es Ihren Plan nicht stört, daß mein Verlags-Recht bis Ostern 1816 oder doch mindestens bis Ende des Jahres 1815 seine Gültigkeit behalte. | Vorläufig habe ich die Ehre Ew. Excellenz 2 Exemplare auf Velin Papier 4 ) 1 — " weißem Druckpapier 5 ) so wie das Buch i m Buchhandel kömmt, beifolgend zu überreichen. Mit der nächsten fahrenden Post werden mehrere folgen. Auch finden Sie ein Blatt [Beilage 2] worauf ich die Verse mittheile welche Graf von Brühl in Bezug auf die Zeitumstände einschalten ließ und die in der Zusammenstellung mit den so schönen vorhergehenden Worten große Wirkung machten. | Die von Ew. Excellenz noch verfaßten Schlußänderungen kamen zu spät für den Druck in meine Hände. 6 ) D a g e g e n habe ich schon dafür gesagt daß die Schlußstrophe mit in einen für
) Der vier und zwanzigste Februar. Trauerspiel von Zacharias Werner. ) Dunckers Sendung v o m 25. März; die Aushängebogen erreichten G erst am 3. Apr. 3 ) Liegt nicht mehr bei; G's Empfangsbestätigung in der Nachschrift zum Brief an Duncker 9. Apr 1815 (s. dort). 4 ) Ex. des mit J. A. K. Levezows Vorwort versehenen Drucks für die Aufführung. 5 ) Ex. für die Aufführung (W 16, 5 3 1 verzeichnet irrtümlich 2 Ex.). 6 ¡Vgl. oben 8. März 1815: an Duncker. 1
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die nächste Zeitung bestimmten Aufsatze gezogen wird. 1 ) [Beilage 1] Berlinische Nachrichten Von Staats- und gelehrten Sachen [=Spenersche Zeitung]. Nr. 29 vom 15. Apr 1815: K ö n i g l i c h e S c h a u s p i e l e . | Zur Feier der für Europa ewig denkwürdigen Tage der letzten Schlacht vor und des siegreichen Einzuges der Verbündeten i n P a r i s wurde das neue Festspiel von Göthe „des Epimenides Erwachen" am 30sten und 31sten März, des Gegenstandes würdig, gegeben. Da ein gelehrter Alterthums-Forscher [J. A. K. Levezow] die sinnvolle Mythe der Griechen, den langen Schlaf des alten Weisen in Kreta, dessen Erwachen nach 57 Jahren und den Bezug auf die neueren Welt-Begebenheiten in dem Vorwort zu dem gedruckten Festspiele commentirt, und die höchst sinnige Allegorie der Dichtung sinnvoll erläutert hat, so enthalten wir uns deshalb jeder weitern, doch nur fragmentarisch möglichen Schilderung und bemerken nur, daß bei der sehr verständig geordneten Vorstellung des klassischen d e u t s c h e n Zeitstückes, die körnigen Selbstbetrachtungen Epimenides im Glück (2ter Auftritt) wie im Unglück (20ter Auftritt) rührend und beruhigend wirkten, der liebliche Gesang der G e n i e n sanft tröstete, die Dämonen des K r i e g e s und der U n t e r d r ü c k u n g mit schauderhafter Wahrheit an die vorigen, glücklich überwundenen Zeiten erinnerten, das feine Gewebe der L i s t Verwundern erregte, der triumphirende G l a u b e , die entfesselte L i e b e und die Alles belebende immergrüne H o f f n u n g zu neuer T h a t und Duldung ermuthigten. Allgemeinen Ausbruch der lebhaftesten Theilnahme erregten die Worte „Doch, was dem Abgrund kühn entstiegen, | Kann durch ein ehernes Geschick | Den halben Weltkreis übersiegen, | Zum A b g r u n d m u ß es doch z u r ü c k . | Schon droht ein ungeheures Bangen, | V e r g e b e n s wird er widerstehn! | Und alle, die noch an ihm hangen, | Sie müssen mit zu Grunde gehen. | „Freiheit! Freiheit! Freiheit!" rief das Echo von allen Seiten und Enden. | B e h a r r l i c h k e i t und E i n i g k e i t besiegeln den Bund! | Z u s a m m e n h a l t e t euren Werth | Und euch ist niemand gleich. | Den J u g e n d - F ü r s t e n zur Seite führt die Hoffnung die verbündeten Heere der Weltbefreier an: | „Noch ist vieles zu erfüllen, | Noch ist manches nicht vorbei, | Doch wir alle durch den Willen | Sind wir schon von Banden frei." | Wer stimmte da nicht begeistert mit in den Chor ein: | Hinan - V o r w ä r t s - hinan | Und das große, das Werk sey gethan. | (Ueber die sehr gelungene lyrische Bearbeitung dieses Festspiels vom Kapellmeister W e b e r und dessen Darstellung nächstens ein Mehreres.) [Beilage 2] J. A. K. Levezow, Zusatzstrophe2) (Abschrift; GSA 25/XX,12 A Bl. 113): E p i m e n i d e s ... Denn wenn auch gleich des Frevels Streben | Der Eintracht Werk zu stürzen droht, | Wird dennoch Eintracht sich erheben | Noch höher bei erhöhter Noth. | Wie hoch des Frevels Plane fliegen | Zur Unterjochung letzter That - | Die Wahrheit wird den Trug besiegen, | Dem Recht wird Unrecht unterliegen, | Zerstört der Hölle dunkler Rath.
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1. [Berlin] B. A. Weber an G (GSA 25/XX,12 A Bl. 114f.): Euer Excellenz | benachrichtige ich hiedurch daß das Werk des größten Dichters: des E p i m e n i d e s E r w a c h e n , mit dem größten ausgezeichensten Beifall gekrönt worden ist. Trotz den wieder eingetretenen ungünstigen Zeiten, waren beide Vorstellungen, welche d 30/ten und 31/ten März im Opernhause statt hatten, sehr voll, und alle Stellen, die einigermaßen auf die jetzige Zeit Bezug hatten, wurden mit dem lebhaftesten Beifall aufgenommen. Die Liebe der Berliner zu ihrem König und ihrem Vaterland sprach sich in beiden Vorstellun1)
Die letzte Str. des Epimenides: Ich sehe nun mein frommes Hoffen, u. die vorletzte Strophe des Schlußchors: Gedenkt unendlicher Gefahr (W 16, 380) wurden zuerst im Morgenblatt Nr. 76 vom 30. März 1815 veröffentlicht; s. in „Des Epimenides Erwachen [Anzeige]". 2 ) Veranlaßt durch Napoleons Rückkehr von Elba. Die nach v. 931 (W 16, 379) eingeschaltete Str. auch im Berliner Soufflierbuch, jedoch nicht in den Druck übernommen. Vgl. W 16, 553 Anrn.
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gen, gewiß noch lebendiger in der zweiten, allmächtig aus. Mit der Musik war man zufrieden. Euer Excellenz verdanke ich ein hohes Glück. Eine Oper kann mißfallen, man macht mit Gottes Hülfe eine andere. An diesem, nicht für Jahrhunderte, für Jahrtausende ewig merkwürdigen, in der preusischen [sie!] Geschichte ewig glänzenden Tag war für mich nur Leben oder Tod zu erwarten, um so mehr, da mich das glückliche Loos traf von dem größten Dichter ein ewig classisches Werk mit meinen Tönen begleiten zu dürfen 1 ) . . . Werden Excellenz es wohl glauben, daß die Vorstellung des Epimenides am ersten Tage gerade d r i t h a l b Stunde währte. - Allein kein Mensch fand daß das Ganze nur um 5 Minuten zu lang wäre. Ich bin selbst erstaunt darüber, da kein Zwischenact zur Erholung da ist. - Bei der zweiten Vorstellung haben wir alle Tanzstücke herausgeworfen, und wurde die Vorstellung um 10 oder 12 Minuten kürzer . . . Nur die Gegenwart Euer Excellenz hat gefehlt. Bei Ankunft der Russ. Kaiserin wird die Vorstellung wieder sein, werden E. Excellenz uns nicht die Ehre Ihrer Gegenwart schenken?
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3. Epimenides kam an. 2 ) 3. [Berlin] J. A. K. Levezow an G (GSA 2 5 / X X , 1 2 A Bl. 1 2 5 - 2 8 ) : Die Gewogenheit des Herrn Grafen von Brühl hat mir das ehrenvolle Glück gewährt, der Vorredner zum Epimenides bei dem hiesigen Publikum zu werden; sie ist gleicherweise die Veranlassung, daß ich mir die Ehre gebe, Ew. Excellenz einen vollständigen Bericht über die zweimalige Vorstellung desselben abzustatten. Ich habe Ursach zu wünschen, daß die Erfüllung beider Aufträge einigermaßen sich der Zufriedenheit Ew. Excellenz erfreuen möge. | Wie mir das Wagestück des Vorworts an die Zuschauer gelungen, und ob ich nicht vielleicht Deroselben Misfallen eher dadurch erregt habe, als Ihre Zustimmung gewonnen, das zu erfahren, ich gestehe es aufrichtig, warte ich nicht ohne Bangigkeit. Erlauben unterdessen Hochdieselben, Ihnen die Gründe kurz anzudeuten, die mich bei der Ausführung geleitet haben. Meine Kenntniß des hiesigen Publikums ging mir mit langer Erfahrung voran. Eine dreifache Abtheilung des Aufsatzes schien mir natürlich. Zuerst das Nöthigste über Epimenides; dann eine Andeutung der geschichtlichen Gedankenreihe, welche dem Gedichte zur Grundlage dient. Wenn die Farbe derselben etwas lebhafter ausgefallen ist, als es sich sonst wohl für eine bloße prosaische Exposizion schickt, so liegt die Schuld zum Theil an der Stimmung, worin mich die Lesung des Epimenides selbst unwillkührlich versetzen mußte. Dann aber schien mir auch die Anregung eines ähnlichen Anklanges bei den Lesern, als Vorstimmung für das Gedicht und das Schauspiel nicht unzweckmäßig, da es gerade an diesem nothwendigen Erforderniß zum Auffassen und Genießen eines höheren Dichterwerks von der Bühne nicht selten unserm sehr gemischten Publikum gebricht. Der dritte Abschnitt mußte die nöthigen Bemerkungen über das gewählte Kostüm enthalten; sie sind oft mit Ihren eigenen Worten aus dem früher übersandten Programm [vom Mai 1814] entlehnt, und so gewiß am besten abgefaßt. | Uebrigens ist man im Publikum selber gar nicht unzufrieden, daß die Direkzion diesen Weg eingeschlagen hat, um den Zuschauern auf solche Weise einige Winke zukommen zu lassen, deren sie zu ihrem eignen Vortheil bedürfen. Es ist zu wünschen, daß dieß öfter beobachtet werde. Theater und Publikum können nur dabei gewinnen. Auch die guten N a c h r e d e n der Kritiker in den öffentlichen Blättern kommen in der Regel für beide Theile zu spät. | Epimenides hat die Aufnahme gefunden, die ihm sein ganzer hoher Werth beim hiesigen Publikum verbürgen musste. | Trotz der allgemeinen Verstimmung durch die neusten politischen Ereigniße 3 ) und dem über die Maaßen schönen Frühlingswetter, war der Saal des großen Opernhauses,
) Das Folgende s. in „Feradeddin und Kolaila" gD. ) Vermutl. die in Duncker an G 25. März erwähnten letzten Aushängebogen. 3) Napoleons Einzug in Paris am 20. März 1 8 1 5 . 1
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der nahe an dreitausend, wo nicht mehr, Personen faßt, in Parterre und Logen, an beiden Tagen, fast ganz gefüllt. Am zweiten Tage waren alle hier anwesende Glieder des Königl. Hauses gegenwärtig. Auch am ersten waren mehrere Prinzen zugegen. | Der so oft ganz allgemein erschallende, nicht selten lange anhaltende Beifall der Versammlung gab unzweideutig die rege Empfänglichkeit derselben für jede ausgezeichnete Schönheit des Gedichts, jede vollkommen gelungene Darstellung des Einzelnen und jede die tiefere Empfindung, den Patriotismus und die Zeitverhältnisse berührende Stelle zu erkennen. ZB. der Abgang des Dämons der List, 1 ) das Terzett zwischen dem Dämon der Unterdrückung, der Liebe, dem Glauben,2) der Schlußgesang des Däm. d. Unterd.3) die Schlußverse in der ersten Stanze in der Rede der Hoffnung: Und wenn sie mich sogar als Asche sammeln 4 ) - ferner: So hat die Tugend still ein Reich begründet; 5 ) die Stanze im 18 Auftritt (bei der Vorstellung der Hoffnung in den Mund gelegt 6 )): Doch, was dem Abgrund kühn entstiegen pp; der Ausruf: Freiheit - Freiheit vom Echo begleitet. 7 ) - Die Erscheinung des Jugendfürsten an der Hand der Hoffnung, die darauf folgenden Preußen, Russen, Engländer, Oesterreicher pp jeder Trupp besonders bewillkommt. 8 ) - Im 23sten Auft. die Worte des Glaubens: Heil dem Edlen der den Glauben9) - Die Schlußworte der Hoffnung: So hab' ich's ihm versprochen, ihm gegeben 10 ) - die große Bravourarie mit Chor in der Partie der Beharrlichkeit im 24sten Auftritt 11 ) - die Worte des Epimenides im 25sten Auftr: Und wir sind alle neu geboren pp 12 ) - wurden außer manchen anderm Einzelnen nicht selten durch den Täuschendsten Beifall des Publikums herausgehoben. Der einstimmige Beifall des ganzen Hauses krönte am Schlüsse der Vorstellung enthusiastisch das Werk. | Ich wünsche dem Berliner Publikum zu dieser Erscheinung und zu dieser Aufnahme von seiner Seite Glück. Es hat dadurch von neuem seine Fähigkeit beurkundet, sich auch den Eindrücken des Besten und Vollkommenen gern und freudig zu überlassen, wenn es ihm nur von reinen Händen und mit Liebe und Sorgfalt gepflegt, dargeboten wird. Gewiß ist jetzt für unsre Bühne d e r Z e i t p u n k t g e k o m m e n , w o d a s habebant virtutes spatia exemplorum a u c h a u f sie
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ED S. 25 (11. Auftritt); W 16, 352. ED (14. Auftritt), ebenso W 16, 356-59. 3 ) ED S. 37f. (15. Auftritt): Du biegst das Knie vor dem sich tausend brachen; \ Der All-Beherrscher sey ein Mann! \ Denn wer den Haß der Welt nicht tragen kann, | Der muß sie nicht in Fesseln schlagen (weiter W 16, 361, v. 55Off.: Aufgeregte Höllenbilder etc.). 4 ) ED S. 43 (17. Auftritt): Und wenn sie mich sogar als Asche sammlen \ So müssen sie noch meinen Namen stammten. 5 ) ED S. 43 (17. Auftritt); W 16, 366 v. 632f. Richtige Lesart von v. 634 ED: Im tiefsten Hohl, das Erdreich untergraben. Konjektur von Jonas Fränkel: Dichtung und Wissenschaft. Heidelberg 1954. S. 14f. 6 ) Die von G den Genien zugewiesenen v. 658-65 (W 16, 367). 7 ) ED S. 46 (18. Auftritt); W 16, 367 v. 674 ff. 8 ) ED S. 59 (23. Auftritt); W 16, 372ff. 9 ) ED S. 59 (23. Auftritt): Heil dem Edlen, der den Glauben \ Heilig in der Brust genährt. \ Und dem Morden und dem Rauben \ Kühn beharrlich abgewehrt. \ Schneidend eisige l ü f t e blasen, \ Ströme schwellen, Schlund vor Schlund, \ Und der Elemente Rasen, \ Alle kräftigten den Bund. - Vgl. W 16, 377 v. 877ff.; W 16, 548. 10 ) ED S. 60 (23. Auftritt): ...So hab' ich's Ihm versprochen, Ihm gegeben, \ Von dessen Glück beseelt wir alle leben. Unser König soll uns leben, \ Heil! daß wir den Tag gesehn, \ Da wir wieder um Ihn stehn \ Seinem Willen hingegeben. \ leben soll der König, leben! (vgl. W 16, 377 v. 900f. u. W 16, 549 zu v. 900ff.) 11 ) ED S. 61f. (24. Auftritt): Beharrlichkeit. \ Wetteifernd komm' ich an ... ; W 16, 549ff. 12 ) ED S. 64 (25. Auftritt); W 16, 379 v. 928ff. 2)
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seine Anwendung haben wird. | Da Herr Graf Brühl bei der letzten Probe glaubte, daß es nöthig seyn würde, bei jetzt leider veränderter Lage der politischen Dinge den Worten des Epimenides: Und wir sind alle neu geboren pp noch eine Bestättigung zuzufügen, wodurch jedem geheimen Einwurf des Zuschauers begegnet werden mögte: so habe ich durch seine Aufforderung veranlaßt, mir erlaubt noch folgende Verse anzuhängen: 1 ) . . . Der Eindruck, den sie zur guten Vorbedeutung, auf das Publikum allgemein machten, gab mir zu erkennen, daß ich wenigstens die Stimmung des Augenblicks nicht verfehlt hatte. Möchten Hochdieselben ihnen nur Ihre gütige Nachsicht angedeihen lassen! | Es ist von Seiten der vormaligen und jetzigen Direkzion alles aufgeboten, was in den bedeutenden Kräften unseres Theaters liegt, um die Vorstellung so vollkommen, so herrlich und glanzvoll zu geben, als es die Natur des Schauspiels und der Zweck desselben erfordert. Kraftvolle und den Gegenstand erschöpfende Musik, höchster Wetteifer der einzelnen Talente in Gesang, Deklamazion und Spiel, angemeßnes, reiches, prachtvolles Kostüm im Einzelnen und Ganzen, Menge und Stattlichkeit der Chöre und Aufzüge, Präzision der Ausführung und mahlerische Behandlung des Ganzen - alles trug zum schönen und großen Einklang mit der Dichtung bei, so sehr, daß diese Vorstellung mit zu den vollkommensten und glänzendsten gehört, die ich hier seit zwanzig Jahren erlebt habe. | In Absicht der Dekorazion war die Ansicht der Ruine insbesondere von sehr mahlerischer Wirkung. Die Anordnung und Ausführung des Tempelgebäudes in seiner Integrität hätte in einem größern Styl gedacht werden können. Gegen das Einzelne und Ganze mögte der Verfasser [A. L. Hirt] der Baukunst nach den Grundsätzen der Alten [Berlin 1809] viel mit triftigen Gründen einzuwenden haben. Die Verwandlungen der Scene gingen ziemlich genau und glücklich ohne Stöhrung von Statten. Auch die gut angeordnete Erscheinung des Kometen trug zur Vollendung der schauerlichen Wirkung des Schauplatzes der Zerstöhrung bei. | Es freut mich in den nachfolgenden Bemerkungen über die einzelnen Schauspieler nur ihr Lobredner seyn zu können. Alle trugen wenigstens redlich zum günstigen Zusammenwirken bei. | M l l e . M a a ß , als Muße und Eintracht, sprach beide Partien mit gewohnter Kunstvollkommenheit, Würde und Empfindung, welches alles bei der zweiten Vorstellung mir noch im höheren Grade der Fall zu seyn schien. | H r . B e s c h o r t , als Epimenides war an seiner Stelle. 2 ) In meiner Phantasie schwebte zwar von dem kretensischen Seher ein anderes höheres Ideal, aber was geleistet ward, war für die Wirklichkeit alles Dankes werth. | H r . M a t t a u s c h durch Gestalt und Kraft (der sich nur zuweilen, aus zu regem Eifer, in Gest und Deklamazion etwas überschallt) eine furchtbar herrliche Erscheinung, die dem Charakter ganz entsprach. Das für ihn bereitete Kostüm, ist nach seiner eigenen Äußerung, an Stoff und Arbeit, eins der kostbarsten, was je für hiesige Bühne gemacht worden; eben so gut und richtig sein Gefolge. | H r . B l u m e als Dämon der List, durch Spiel, Deklamazion, Gesang und Anzug vortrefflich: eben so auch sein Gefolge und dessen Benehmen gegen das Kriegsheer. | H r . F i s c h e r , als Dämon der Unterjochung, eine imposante Gestalt, meisterhaft in allen Beziehungen seiner Rolle. | H r . S t ü r m e r als Jugendfürst, in dem Kostüm der schweren Reiterei unseres Heeres, mit prachtvoll behelmtem Haupte und dem fürstlichen langen Hermelinmantel über der Schulter, eine schöne jugendlich kriegerische Gestalt. | M a d . B e t h m a n n , als Glaube, durch den Ausdruck der tiefsten Empfindung in ihrer Sprache und die Verschwisterung der Natur und Kunst in ihrem Spiel auch hier ganz, was sie seyn sollte und konnte. Ganz gefesselt, wie sie in den Scenen mit der Liebe erscheint zeigte die allgemeine Rührung wie tief diese Scenen, trotz dem allegorischen Gewände, das Herz ergriffen und die Empfindung wunderbar trafen. | M l l e E u n i k e ganz die schwärmerische Liebe, besonders im Gesänge und zumal in der Arie und dem Duett: Ja
Folgt die Zusatzstrophe, die Duncker an G 1. Apr 1 8 1 5 beigelegt war (s. dort). ) E. T. A. Hoffmann besuchte eine der Aufführungen u. zeichnete Beschort als Epimenides; vgl. Abb. I.
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ich walle gern im Weiten pp. | M d m . S c h r ö c k die Hoffnung und zwar als solche und durch den Geist ihrer Rolle der Liebling des Publikums im Stück. Ihre drohende Stellung auf den Ruinen mit aufgehobener Lanze und mit dem durch den linken Arm ausgespannten Mantel, wie die Minerva zuweilen mit vorgehaltener Aegis statt des Schildes erscheint, war bedeutsam und mahlerisch angeordnet. Der Seelenvolle Wohlklang ihrer Stimme unterstützte und hob die herrlichen Worte ihrer Rolle durchweg. | M l l e S c h m a l z . Von der Wirkung ihrer Bravourarie, die sie als Meisterin vortrug, ist schon oben gesprochen. | H e r r G e r n , Vater, als erster Priester sprach die über den Standpunkt des Epimenides aufklärenden Worte gut und bedeutsam. | Mlle D ü r i n g | L e i s t beide als Genien, sehr gut kostumirt und auch durch ihren Gesang stets ein Paar erfreulicher Erscheinung. | Die am Schluß folgenden Tänze mahlerisch und gut motivirt. | Die Vorstellung dauerte über zwei volle Stunden. | So wäre dann in dem ganzen Werk, was bisher, bei starker Besetzung zumal, so selten der Fall gewesen ist, kein einziger bedeutend schwacher Punkt in der Ausführung zu bemerken; ein Beweis mit welcher Sorgfalt und Überlegung die Direkzion zu Werke gegangen ist. | Nichts fehlte, als die Gegenwart des Dichters selbst, theils damit er selbst die Freude an der gelungenen Darstellung seines herrlichen Werks in vollstem Maaße hätte genießen können, theils um die Huldigungen eines großen Publikums zu empfangen als Dank für alles das Schöne, Große und Herrliche, was er so reichlich aus der Fülle seines beglückten Genius, nicht bloß in dieser neuen Schöpfung, sondern schon seit so lange uns allen gespendet hat. Apr
4.
[Berlin] Königlich privilegirte Berlinische Zeitung von Staats und gelehrten Sachen [=Vossische Zeitung]. 4 0 . Stück: Königliche Schauspiele. | Am 30sten und 31sten März, den ewig denkwürdigen Jahrestagen des Preußischen Ruhms, wurde auf dem Operntheater Göthe's E r w a c h e n d e s E p i m e n i d e s , mit allem Aufwand der vereinten Kunst gegeben. Musik, Dekorationen, Gostumes wetteiferten mit dem Gedicht. Das gesammte Schauspieler-Personal trat theils in wirklichen theils in stummen Rollen auf. Nichts von dem, worauf die Erwartung so lange gespannt war, wurde vermißt. Selbst das Gedicht erhielt, auf seiner Höhe, durch Darstellung und Spiel, hellere Beleuchtung. Der tiefe Sinn entfaltete sich von Scene zu Scene, durchlief den Raum der Zeiten, und stellte uns zuletzt, die Gegenwart, zwischen der nahen Vergangenheit, und der hoffnungsvollen Zukunft auf. (Mangel an Raum nöthigt uns hier, den Inhalt des Stücks und die nähere Auseinandersetzung der Schönheiten aller Art, auf das nächste Blatt zu verweisen, und sogleich auf die Musik überzugehen.) | Die ganz vorzüglich genau ausgeführte M u s i k zu diesem sinnigen Festspiele ist von dem Königl. Kapellmeister B. A. W e b e r , mit kritischer Einsicht, nach Rücksprache mit dem Herrn Verfasser, kunstund gefühlvoll komponirt. Durch die Herausgabe der Partitur steht dem musikliebenden Theil des Publikums die Erneuerung des hohen Genusses der trefflichen Aufführung durch Zusammenstellung des Gedichts mit der Musik bevor. Nicht allein, daß der kunsterfahrne Komponist die vom Dichter angeordneten, eigentlichen G e s ä n g e vorzüglich charakteristisch erfunden und behandelt hat; sondern auch die m e l o d r a m a t i s c h e Bearbeitung hebt den Ausdruck sehr, wie dies der Monolog des „Krieges" Dämon's, welchen Herr Mattausch mit fürchterlicher Wahrheit gab, das kummervolle Erscheinen des zweifelnden „Glaubens" (Madame Bethmann) und das zweite, traurige Erwachen des „Epimenides" (von Herrn Beschort mit sinniger Ueberlegung gesprochen) unter fernen Harmonika-Tönen, bekundeten. Die Ouverture im ernsten, edeln Styl enthält nur einen, aber meisterhaft durchgeführten Haupt-Gedanken und leitet erhaben das Auftreten der „Muse" wie das erste Erwachen des Weisen nach dem langen Schlaf ein. Die Partie des Dämons der „List" ist, wie dem Dichter die tief durchdachte, feine Schilderung, so auch dem Tonsetzer, und besonders die leise, schleichende Nuancirung gelungen. Von Herrn Blume wurde solche lobenswerth in Dialog und Gesang ausgeführt. Den Dämon der „Unterdrückung" musikalisch zu bezeichnen, war eine gewiß sehr schwierige Aufgabe für die Tonkunst: Herr Kapellmeister W e b e r hat solche
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besonders in der 15ten Scene glücklich gelöst; die Worte: | „Im Gedränge hier auf Erden | Kann nicht jeder, was er will; | Was nicht ist, es kann noch werden, | Hüte dich, und bleibe still." | gaben zu einem sanften Arioso Gelegenheit, welches Herr Fischer mit schönem Portando und das folgende Recitativ, wie die wilde Arie „Aufgeregte Höllenbilder" höchst ausdrucksvoll vortrug. Der zarte Gesang der „Liebe" (Scene 13) in dem heiter frohen A dur und dessen Gontrast mit dem leidenschaftlichen klagenden A moll bei der Musikbegleitung des die „Liebe" anflehenden „Glaubens", sind von vieler Wirkung, nicht minder der sich anschließende, liebliche Dreigesang. Die „Reharrlichkeit" trat mit einer sehr glänzenden Rravourarie auf, welche auf die persönliche Virtuosität der Demoiselle Schmalz berechnet war. - Der beschränkte Raum erlaubt uns nicht in weiteres Detail einzugehen. Wir bemerken daher nur noch, daß die zahlreichen Chöre, Märsche und Lieder nicht minder charakteristisch waren. Ausgezeichnete Erwähnung verdienen: der Chor des Gefolges der List (Scene 6) welcher in derselben Melodie des sich entfernden Heereszuges, aber in verkürztem Rhythmus und sanft begleitet, recht schlau und lockend eintritt. Das trefliche Lied: „Rrüder, auf! die Welt zu befreien! etc. ist voll Deutscher Kraft, und die Idee glücklich, daß das „Vorwärts" vom Chor zwischen dem Gesang gesprochen wird. Eben so bedeutungsvoll und ergreifend wirkt der auf die Melodie des Weberschen „Siegesliedes der Deutschen, nach der Leipziger Völkerschlacht" gedichtete Schlußchor, dessen vorletzter (in dem gedruckten Festspiel nicht befindlicher) Vers allgemein begeisternd schloß: | Gedenkt unendlicher Gefahr, | Des wohl vergoßnen Rluts, | Und freuet euch, von Jahr zu Jahr, | Des unschätzbaren Guts. | Die große Stadt, an diesem Tag, | Die unsre sollte seyn! | Nach manchem hin- und Wiederschlag | Wir kamen doch hinein! | Auch die der H o f f n u n g in den Mund gelegten schönen Worte - Worte zu ihrer Zeit - so wie sie mit Zuversicht und Muth gesprochen, mit Liebe und Glauben empfangen wurden, dürfen hier nicht wegbleiben: | Und wir sind alle neu geboren, | Das große Sehnen ist gestillt, | Rei Friedrichs Asche war's geschworen. | Und ist auf ewig nun erfüllt. — | | Denn, wenn auch gleich des Frevels Streben | Der Eintracht Werk zu stürzen droht, | Wird dennoch Eintracht sich erheben | Noch höher bei erhöhter Noth. | Wie hoch des Frevels Plane fliegen | Zur Unterjochung letzter That - | Die Wahrheit wird den Trug besiegen, | Dem Recht wird Unrecht unterliegen, | Zerstört der Hölle dunkler Rath. | Es wäre überflüßig zu bemerken, daß dieses Festspiel, durch sich selbst, und durch die meisterhafte echttheatralische Komposition gehoben, allgemeine Sensation erregt hat. Trotz dem, daß es drittehalb Stunden in einem Akt fortspielte, hat die charakteristische Musik bis zum Ende in demselben großen Styl ihr Interesse behalten, und wurde vom Publikum mit entschiedenem allgemeinem Reifall aufgenommen.
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5. An Knebel (Br 25, 251f.): Ich habe leider die Zeit über, weder nach außen noch innen, etwas geleistet. Indessen sind alte Bemühungen zur Sprache gekommen. Epimenides ist am 30. März endlich in Berlin erwacht, gerade zu rechter Zeit, um dasselbige, was sich die Deutschen bisher so oft in dürrer Prosa vorgesagt, symbolisch zu wiederholen, daß sie nämlich viele Jahre das Unerträgliche geduldet, sich sodann aber auf eine herrliche Weise von diesem Leiden befreyt. Jedermann wird hinzufügen, daß neue Thatkraft nöthig ist, um das Errungene zu schützen und zu erhalten. Von der Aufführung selbst hab ich noch keine Nachricht, aller vorläufiger Bericht aber deutet auf den besten Willen und die zweckmäßigsten Anstalten. Mir scheint, unser Carl Brühl habe zeigen wollen, was man leisten könne. Die Besetzung der Rollen ist ohne Tadel. Am übrigen arbeiten sie schon beynahe 11 Monate (vom 7. May vorigen Jahrs war Ifflands Brief datirt, in welchem er mir den
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Antrag thut) und in solcher Zeit, dächt ich, könnte man was vor sich bringen. Ich hoffe, sie werden mit Absendung von Exemplarien nicht allzulangsam und nicht allzukarg seyn. Ich hoffe dir bald eins zu senden. So muß uns denn doch zuletzt etwas ernstlich Gesäetes und Gepflanztes unvermuthet entgegenkeimen. [An] Major v. Knebel Ankündigung des Epimenides. Sendung von Berlin, Duncker und Weber. 1 ) Durch Sereniss[imam] Zeitung. 2 ) An Herzogin Luise (Konzept; Br 25, 254f.): Ew. Durchl. für die erste Nachricht des aufgeführten Epimenides unterthänigst danckend lege das Wercklein selbst zu Füßen wie ich es so eben erhalte. | Ob man gleich dem gemeinen Menschenverstand gemäs wohl sagen könnte der weise Mann hätte früher aufwachen, oder länger schlafen sollen, so muß man sich doch in die Schickungen ergeben die so über große wie über kleine Dinge walten. Mag doch der poetische Prophet den Deutschen abermals bildlich darstellen das Ungeheure das sie gelitten, wovon sie Sich befreyt und was sie zum zweytenmal wieder gewinnen sollen. Epimenides an Serenissimum 3 ) und Geh. R. v. Voigt. [Weimar] Herzogin Luise an G (GJb 1 9 0 2 , 40): Ihnen recht sehr dankend für das angenehme Geschenk, kann ich meine Freude nicht bergen daß endlich das Kunstwerk aufgeführt worden ist. Bald mögte man es wie Epimenides machen, denn was in Frankreich vorgeht, und die Folgen die es vielleicht für ganz Europa haben wird, ist auf keine Weise erfreulich.
7. [Jena] Knebel an G (GSA 2 8 / 6 6 Bl. 169): Und so kommen wir denn auch nach Berlin, 4 ) und zu Deinem Epimenides, dessen Vorstellung ich wohl möchte mitangesehen haben. Es ist so viel Trefliches und Herrliches in dieser Dichtung, daß ich sie wohl unter meine liebsten Lieblinge Deiner Dichtkunst rechnen möchte. Vielleicht giebt Dir der Himmel Gesundheit und Kräfte sie mir bald wieder vortragen zu können, 5 ) wenn sie nicht vorher schon im Druck erscheinen sollte. | Da ich mich nicht ganz von den Eigenthümlichkeiten des Alters lossagen kann, und mit diesem sich auch die Sorgen, zumal bei der jezigen Zeit, nahen, so ist es für mich noch wohlthätiger, mich durch eine Erscheinung des Himmels aus dieser Wüste wenigstens auf kurze Zeit befreit zu fühlen. Dazu kanst Du am mächtigsten beitragen, da Dein Geist auf den meinigen jederzeit am kräftigsten gewirkt hat.
9. An B. A. Weber (Konzept, Br 25, 255): Ew. Wohlgeb. | gefällige baldige Nachricht von der guten Aufnahme des Epimenides erkenne ich dankbarlichst, und wünsche eine solche Wendung der Zeitläufte, daß unsere ) Die am 1. Apr 1 8 1 5 abgeschickten Briefe u. die von Duncker beigefügten Beleg-Ex. ) Die Vossische Zeitung vom 4. Apr (s. dort); G's Dank an Herzogin Luise 7. Apr (s. dort). 3) An Herzogin Luise, nicht, wie Wahl 2, 3 7 2 anmerkt, an Carl August nach Wien gesandt. 4) Vorher war die Rede von dem dortigen Minister G. F. v. Schuckmann. 5) Wie am 12. u. 13. Dez 1 8 1 4 (s. dort). 1
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Arbeit auch in Zukunft erfreuen könne. Ich läugne nicht, daß ich der so gelungenen Aufführung beywohnen und mich bey soviel Pracht und Kunst vorzüglich auch Ihrer Composition hätte erfreuen mögen. 9. An C. F. W. Duncker (Konzept, Br 25, 256f.): Die beyden letzten Sendungen [28. März u. 1. Apr], welche mir die Nachricht von der bevorstehenden und wirklichen Aufführung des Epimenides zugleich mit den Aushängebogen und einigen Exemplaren in die Hände lieferten, erkenne ich dankbar, so wie ich auch die Bemühungen, das Stück, sowohl durch Zeitungs-Artikel, als durch ein Vorwort, bey'm Publicum einzuführen, gar sehr zu schätzen weiß. Herrn Professor Levezow bitte für seine wohlgesinnte und wohlgedachte Darstellung auf das allerschönste zu danken. | Was Ihren erneuerten Wunsch, wegen abermaliger Verlängerung des Termins Ihres Verlagsrechts betrifft, werde ich mich billig finden lassen und keine neue Ausgabe so leicht übereilen. Soviel für dießmal, damit wenigstens ein vorläufiges Wort mit heutiger Post an Sie gelange. [Nachschrift nach QuZ 4, 621:] Vierzig Louisd'or, als den Betrag des Honorars, für den Druck des Epimenides, von Hr. Duncker, durch Anweisung erhalten zu haben bescheinige danckbar | J W v Goethe. 9. Brief an Levezow. 1 ) [Brief an] Capellmstr. Weber, Duncker Berlin, Epimenides. 11. [Berlin] Zelter an G (MA 20.1, 368f.): Wir erwarten unsern König hier in Berlin und bis dahin wird der Epimenides wohl ruhen, 2 ) mit dessen Auslegung man sich auf mancherlei Art beschäftigt. Einer hat das Stück I-wie-meenen-Sie-dess? genannt, welches vollkommen Berlinisch herauskommt 3 ) . . . N u n lebe wohl! mein Geliebter und laß von Dir hören. | Denn der Liebe sind die Zeiten | Alle gleich und immer so. 4 ) 12. [Berlin] Graf G. F. M. v. Brühl an G (GSA 2 5 / X X , 1 2 A Bl. 134ff.): Gleich nach dem Auftreten des würdigen und vortrefflichen Epimenides war es mein fester Wille Ihnen verehrter Freund und Gönner eine Beschreibung über deßen Erscheinung auf der Bühne mitzutheilen, allein ein Heer von eingetretenen neuen Beschäftigungen, in Bezug auf Rosamunde 5 ) zum 19ten April, hielten mich bis heute davon ab. | Herr Professor Levezow hat indeß, wie ich ihn gebeten, meinen Wunsch erfüllt und Ihnen alles ausführlich beschrieben. Meine Freude war groß bei dem vorzüglichen Gelingen dieser meiner ersten großen theatralischen Arbeit und doppelt groß, weil wir uns dadurch der Güte des großen Dichters nicht unwürdig gezeigt, der uns mit seinem herrlichen Meisterwerke beschenkt hatte. | Es schien ein wahrhaft guter Geist in allen Theilen des großen Instituts zu walten; wohl kann ich versichern noch nie eine Aufführung dieser Art hier erlebt zu haben, wo auch nicht der geringste Fehler vorgefallen und alles so in schöner Harmonie gestanden hätte. Sie haben wirklich, verehrter Herr Geheime Rath,
) Das Br 25, 399 erwähnte Konzept von Kräuters Hand zu G's erst am 13. Apr ausgefertigtem Brief? 2) Friedrich Wilhelms III. Rückkehr von Wien erst am 31. Mai 1815; 3. EpimenidesAufführung 1. Juni. 3) Dazu auch s. unten 8. Nov 1815: Zelter an G. 4) Refrain der Liebe in Epimenides (W 16, 353f.). 5) Schauspiel von Theodor Körner. 1
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mit Ihrem Geiste selbst den Steinen Leben eingehaucht. Daß auch kein einziges Mitglied des Theaters sich an diesem Tage ausschließen durfte und daß alle ohne Ausnahme, wenn sie nicht zu singen oder zu recitiren hatten, als Statisten auftreten mußten, werden Sie hoffentlich vollkommen billigen. Bei dem Auftreten der List Gefährten gegen die Kriegs Dämonen machte dies in Hinsicht der Pantomime eine vorzüglich gelungene Wirkung, zumal da ich auch Tänzer und Tänzerinnen dazwischen gebracht. | Die Musik des Kapellmeister Weber war in der That wirkend, überdacht und kraftvoll, wenn auch nicht in allen Stellen neu und der Eifer, mit welchem er das Werk betrieben, hat mir seinen guten Geist, seine Empfänglichkeit für das wahrhaft Schöne recht sehr bestätigt. | Wegen der eingelegten drei Zeilen, welche Epimenides gesprochen, bitte ich ergebenst um Verzeihung. Die gegenwärtigen Zeitumstände schienen mir dieselben nothwenig zu machen und die Zeit war zu kurz Ihnen deshalb zu schreiben. Große Freude habe ich darüber gehabt, daß das Publikum das Ganze mit Theilnahme, Wärme und Liebe aufgenommen hat. Daßelbe kann ich Ihnen mit Freuden von den jungen Königlichen Herrschaften sagen. | Der Kronprinz [Friedrich Wilhelm] war wahrhaft entzückt darüber, und äußert dies iezt noch bei jeder Gelegenheit. Bloß das Erscheinen eines modernen Kriegsheers zwischen antiken Formen hat ihn ein wenig gestört, doch gab er sich auch sehr bald zufrieden, als ich ihm bemerkbar machte, daß bei allegorischen Darstellungen dieser Art die Verschiedenheit der Costüme den Reiz des Ganzen vermehrt, und das Bild vielfarbiger und unterhaltender machen. Bei der bevorstehenden Herkunft des Königs gedenke ich den alten Epimenides abermals sprechen zu laßen, werde aber mit Ihrer gütigen Erlaubniß das ganze Schlußballet herausstreichen, weil es bei der Darstellung der großen Würde und dem Anstände des Ganzen schädlich wird. Unsre iezigen Balletmeister und Tänzer sind einmal nun leider nichts anders mehr als Springer und der Reiz der schönen Gruppirungen, so wie der ernsten und würdigen Tänze fällt bei der modernen Tanzart ganz weg. Ich werde deshalb nur Tänzerinnen erscheinen laßen, welche ohne irgend einen Schritt zu tanzen, die ankommenden Kriegsmänner mit Kränzen umschlingen und einige wenige Gruppen bilden. Hoffentlich wird diese Veränderung Ihren Beifall erhalten. 1 ) Apr
12. [Weimar] G. G. v. Voigt an G (SchrGG 56, 149f.): Das katarrhalische Wesen hat mich bisher um alles gebracht, was mir sonst in Arbeit und Studium angenehm ist. | Aber mit gestrigem Posttag bin ich - mit Epimenides - erwacht; denn er brachte mir Befehle zur Publikation der Großherzoglichen Würde und die schönste H o f f n u n g zu 80 000 Seelen. 2 ) Ich wünschte, diese hätten sich voraus eingestellt und die Hoffnung nach sich gezogen . . . Epimenides3) - erfordert eine andere Gattung von Dank von mir. Die Lebendigkeit Ihres Geistes deutet auf langes Leben; das walte Gott! 12. [Berlin] Allgemeine Musikalische Zeitung, Nr. 15, Sp. 257ff.: Die merkwürdigen Tage des vorigen Jahres, der 30ste und 31ste März, wurden auch im Opernhause gefeyert. Ausser dem . . . militairischen Ballet: Die glückliche Rückkehr ... wurde vorgestern und gestern gegeben: Des Epimenides Erwachen, Festspiel in einem Act, vom Hrn. v. Göthe, in Musik gesetzt vom königl. Kapellm. Weber, mit Ballets v. Teile. Die sinnvolle Mythe der Griechen lässt bekanntlich den alten Weisen, Epimenides in Greta, in einer Höhle 57 Jahre schlafen, nach seinem Erwachen alles verändert sehen, und seine Worte für Aussprüche der Götter erklären. In diesem Festspiel lässt der deutsche Dichter nach einem zweyten Erwachen des Epimenides, den er auf die höhere Stufe des unparteyischen Weltzeugen und gotterleuchteten Auslegers des Geschicks erhebt, ein grosses und gestaltenreiches Gemälde vor unsern Augen aufrollen. Die Muse (Dem. Maass) tritt mit zwey Genien auf, deren einer an einem Thyrsus Leyer, Masken und eine geschrie-
Das Folgende s. in „Feradeddin und Kolaila" gD u. „Faust [I]" gD. Gebietserweiterung mit Carl Augusts Erhebung zum Großherzog am 5. Apr 1815. 3 ) Von G am 7. Apr übersandt (s. dort).
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bene Rolle trophäenartig trägt, der andre in einem Sternenkxeise wandelt, und leitet das Gemälde ein, das mit Epimenides (Hr. Reschort) Einschlafen beginnt. Ein Heereszug im Gostume der Völker, die von den Römern zuerst bezwungen, und dann als Rundesgenossen gegen die übrige Welt gebraucht wurden, bewegt sich über das Theater; dann tritt der Dämon des Kriegs (Hr. Mattausch) auf, und rechtet mit dem Dämon der List, (Hrn. Rlume, in dem Gostume der Hof- und Staatsmänner des l ö t e n Jahrhunderts,) und bewirkt, mit dem Dämon der Unterdrückung, (Hrn. Fischer, im Gostume eines morgenländischen Despoten,) eine grosse Zerstörung der schönen Gegend und Gebäude. (Vielen Reyfall erwarb sich der U t e Auftritt, des Dämons der List: Ja, gehe nur, und sieh dich um etc.) Nun näherte sich die Liebe (Dem. Eunike) und der Glaube (Mad. Rethmann); aber der Dämon der Unterdrückung fesselt sie durch Geschenke, die kleine Dämonen ihnen bringen. (Lauten Reyfall erwarb sich in dieser Scene die Partie des Dämons: Immer wächst mir das Verlangen etc.) Nur die Hoffnung, (Mad. Schröck,) bewaffnet mit Helm, Schild und Speer, und sich in den schönen Worten aussprechend: | Im Gedränge hier auf Erden | Kann nicht Jeder, was er will: | Was nicht ist, es kann noch werden; | Hüte dich, und bleibe still! | vermag er nicht, sich zu unterwerfen, und voll Grauen über die von der Einbildungskraft ihm vorgespiegelte Vision entflieht er. Die Hoffnung befreyet nunmehr ihre gefesselten Schwestern, und die Genien (Dem. Düring und Leist) reichen den Schwestern Kronen mit dem ausdrucksvollen Gesänge: | Doch, was dem Abgrund kühn entstiegen, | Kann durch ein ehernes Geschick | Den halben Weltkreis übersiegen: | Zum Abgrund muss es doch zurück. | Schon droht ein ungeheures Bangen, | Vergebens wird er widerstehn; | Und alle, die noch an ihm hangen, | Sie müssen mit zu Grunde gehen. | Epimenides erwacht hierauf und bemerkt die grossen Veränderungen, die ihm die Genien erklären. Dann führt die Hoffnung, den Jugendfürsten (Hr. Stümer) an der Seite, ein Heer herein, welches die verschiedenen neuern, zu diesem Kriege verbündeten Völker bezeichnet. An diesen Ghor schliessen sich die Reharrlichkeit, (Dem. Schmalz, welche ihre Partie: Wetteifernd komm' ich an, doch ohne Neid etc. vortrefflich sang,) und die Einigkeit (Dem. Maass.) Mit lautem Reyfall empfing man ihre Worte: | Ja, alle Kronen seh' ich neu geschmückt, | Mit eignem Gold, mit Friedensbeute; | Ihr habt das Volk, ihr habt euch selbst beglückt; | Was ihr besitzt, besitzt ihr erst ab heute: | Zwar hat der Ahnen würdiges Verdienst | Die goldnen Reife längst geflochten, | Doch nun ist's eigener Gewinst; | Ihr habt das Recht daran erfochten. | Eben so auch Epimenides Worte: | Und wir sind alle neu geboren, | Das grosse Sehnen ist gestillt; | Bey Friedrichs Asche war's geschworen, | Und ist auf ewig nun erfüllt. | Durch Vereinigung der Krieger und Einheimischen geschah der Uebergang zum Rallet, welches die Freude des Wiedersehens und Wiederfindens in mannigfaltigen Familienscenen ausdrückte. Das Ganze ward mit vielem Reyfall aufgenommen. Das Stück selbst ist so eben (bey Duncker und Humblot) gedruckt erschienen; auch der Kapellmeister Weber wird seine kraftvolle und ansprechende Musik besonders herausgeben. 1 )
Apr 13. An J. A. K. Levezow (Br 25, 2 5 8 - 6 1 ) : Es wird nun bald jährig, daß der verewigte Iffland mich zu einem Festspiele aufforderte. Bedenkt man, wie schnell es geschrieben, durch mancherley Hindernisse aber verspätet worden, so daß es erst jetzt, in dem sonderbarsten Augenblicke erscheint; so könnte man geneigt seyn, auch hierin eine Schickung zu sehen, welche in kleinen, wie in großen Dingen waltet. Denn wenn das ) Die Partitur blieb ungedruckt; das zur 1. Rerliner Aufführung verwendete Autograph in der Musikabt. der SRR PK (Sign.: Mus.ms. 2 2 6 5 1 ) . Auszüge gedruckt in Karim Hassan: Rernhard Anselm Weber ( 1 7 6 4 - 1 8 2 1 ) . Ein Musiker für das Theater. Frankfurt a. M. 1 9 9 7 , 3 5 6 - 5 9 .
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Stück, nach seiner ersten Bestimmung, den Deutschen was sie gelitten bildlich vortragen, und ihnen sodann zu dem errungenen Heil Glück wünschen sollte; so mag es jetzt aussprechen, welchen großen Werth dasjenige habe, was sie zum zweytenmal erkämpfen müssen. | Mit aufrichtigem Dank erkenne ich, was manche Monate daher, zur Aufführung des Stücks vorbereitet worden, freue mich und bewundere herzlich, wie eine einsichtige thätige Intendanz zuletzt alle Strahlen in einen Brennpunct zu der großen und herrlichen Wirkung versammelte. | So ist mir auch höchst schätzbar, und hat meinen ganzen Beyfall, was Ew. Wohlgeboren zu Gunsten dieser Angelegenheit mitwirken mögen. Die Absicht des wohlgelungenen Vorworts in seinen drey Theilen ist dem Endzweck vollkommen gemäß, und konnte nicht verfehlen eine schnellere, günstigere Aufnahme zu bewirken.1) | Denn auch ich bin vollkommen der Meinung, daß man alle Ursache hat das Publicum vorzubereiten, sobald man etwas unternimmt, dessen Bahn außerhalb des gewöhnlichen Gleises liegt. So klein unser Weimarisches Publicum ist, und eher zu übersehen, so habe ich doch niemals verfehlet, bey den mannigfaltigen und oft seltsamen Versuchen, die wir mit fremden und ungewohnten Dingen gemacht, durch schickliche Vorbereitung und Einleitung einem neuen Gegenstand vorher die nöthige Gunst zu verschaffen. Viel schwerer ist es freylich, wenn man es mit einer großen nicht durchaus gebildeten Masse zu thun hat. Indeß kommt es hierbey, wie bey allem Guten und Rechten darauf an, daß die Unternehmenden einen freyen redlichen Willen, und eine treue unbefangene Erkenntniß zeigen; so wird das Publicum gewiß, (mich Ew. Wohlgeb. eigener Worte zu bedienen,) „sich auch den Eindrücken des Besten und Vollkommenen gern und freudig überlassen, wenn es ihm nur von reinen Händen und mit Liebe und Sorgfalt gepflegt, dargeboten wird." 2 ) . . . Sollte nun im Gefolge dessen, was bey dieser letzten Gelegenheit geschehen, fernerhin eine solche Vorberedung mit dem Publicum auch in Berlin stattfinden; so würden die trefflichen Absichten des neuen Herrn Intendanten dadurch gewiß sehr gefördert. | Lassen Sie mich nun nach diesen Betrachtungen, dankbar auf die so genaue und unbewundene Relation von der Aufführung unseres Festspieles hinblicken. 3 ) Diese freundliche Klarheit und billige Gerechtigkeit thut wohl, indem sie unterrichtet und uns den großen Complex eines angefüllten Schauspielhauses vor Augen stellt, wo Bühne, Parterre und Logen in ewiger Wechselwirkung begriffen, ein großes belebtes Ganze darstellen, das vielleicht das Höchste ist, was Kunst und Kunstliebe zu Stande bringen und genießen kann. Ich müßte in's Einzelne gehen, wenn ich aus-
s. die Beilage zu 28. März 1815: Duncker an G. ) Das Folgende s. in „Über das deutsche Theater" gD (EGW 2, 347). 3 ) Vgl. den Bericht oben 3. Apr 1815: Levezow an G.
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sprechen wollte, wie sehr mich das so scharfe als zarte Urtheil erfreut und befriedigt hat. | Höchst nothwendig war es freylich, daß der unerwarteten Wendung der Dinge gedacht, und hoffnungsreiche Trostworte aus dem Munde des Kretensischen Sehers vernommen würden. Es hätte diese Ermuthigung nicht besser ausgedruckt werden können, als es durch Ew. Wohlgeboren geschehen ist. 1 ) | Mögen Sie mich des Herrn Intendanten Hochgeb. zum angelegentlichsten empfehlen, und mir in Ihrem werthen und geistreichen Kreise ein geneigtes Andenken erhalten, so werden Sie einen meiner liebsten Wünsche erfüllen, dem freylich ein zweyter sich sogleich lebhaft anschließt, daß ich nämlich so viele vorzügliche Männer in Person, theils zum erstenmal theils in Rückerinnerung voriger guter Zeiten begrüßen und verehren möchte. | Sollten ferner Ew. Wohlgeb. Anlaß nehmen können, der sämmtlichen Künstler-Gesellschaft für den Ernst und die Liebe zu danken, welche sie meinem Stück widmen wollen; so würde ich, wenigstens zum Theil, mich von einer Schuld erledigt fühlen, deren Umfang mir durch Ew. Wohlgeboren genaue Nachricht sehr deutlich und anschaulich geworden. Apr 13. [An] Prof. Levezow Berlin Epimenides. 16./22.
[Berlin] Zelter an G (MA 20.1, 372f.; 375; 377): Indem ich Dein Gedicht [. Epimenides] wieder lese wird mir aufs Neue klar daß wohl niemand etwas hervorbringen kann worin er nicht Selbst begriffen ist und daher der Künstler nur immer sich selbst reproduziere wie Zeit, Alter und Umstände jedesmal wirken. | Dadurch entsteht das Besondere, ja das Neue und es ist kein Wunder, wenn die Welt daran vorüber geht und alles daran zu erkennen glaubt, nur sich selbst nicht. | So geht es mir denn auch, nur mit der Abweichung daß, was mir beim allerersten hören und lesen deutsch und vollkommen deutlich erschien, mir jetzt zum Rätsel ward dessen Auflösung mich auf das angenehmste unterhielt. Ja die Neckerei wird so weit getrieben, daß man daneben die Zeitung liest und eins mit dem andern als Kontrasubjekt denkt . . . Professor Levezow den ich heute sprach rühmt einen schönen Brief den Du ihm über Dein Stück geschrieben hast. Sie sind alle außer sich vor Freuden daß ihnen etwas gelungen ist nach ihrer Art, woran sie vorher nie gedacht haben, das ihnen in der Tat eine Hintertür öffnet, sich aus der Konfusion zu retten, worin sie schwimmen wie Fliegen in der Buttermilch . . . Das Stück von Sebastian 2 ) ist eigentlich von der Sonntagshand seines Verfassers und wie eine ausgeführte Zeichnung eines großen Künstlers von mir betrachtet: Wenn Du es so oft hören wirst wie ich Deinen Epimenides genieße so sollst Du mich loben . . . Nun lebe wohl! Du Licht meines Lebens und verzeihe meinen langen Schlaf: Wärest Du fieberhaft, wärest Du krank, wüßtest dem Schlafe Du herzlichen Dank. 3 )
17. An Zelter (Br 25, 265-68; 270): Da Du, mein lieber schweigsamer Freund, grade zur rechten Zeit die Zähne von einander thust; so soll ) In der G am 3. Apr mitgeteilten Strophe von Levezow; s. auch oben 28. März 1815: Duncker an G (Beilage). 2) Die am 11. Apr übersandte, nicht identifizierbare Komposition J. S. Bachs blieb nicht erhalten (MA 20.3, 346). 3) Zitat aus Epimenides: v. 102f. (W 16, 339). 1
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Dir das bisherige Versäumniß von Herzen verziehen, und überdieß der schönste Dank gesagt seyn. Schon waren mir verständige und ausführliche Nachrichten von der Aufführung des Epimenides zugegangen, nun kommst du aber mit kühner Feder, das Tüpfchen auf das i, das Häkchen über's u zu setzen, und nun wird mir die Schrift erst vollkommen lesbar. | Alles beruht darauf, daß ein solches Stück ein Dutzend mal hintereinander gegeben werden könne. Vergegenwärtige man sich die Elemente, aus welchen eine solche Vorstellung zusammengesetzt ist, und man wird an einer glücklichen Ausführung beynahe verzweifeln. | 1) D i e A r b e i t des D i c h t e r s als Grundlage, der durchaus hier immer den äußern Sinn beschäftigen und zugleich den innern anregen will, der vom Zuschauer verlangt, daß er jeden Augenblick schaue, merke und deute. | 2) D e r C o m p o n i s t , der das Gedicht begleiten, tragen, heben und fördern soll, und auch diese seine Pflicht mehr oder weniger erfüllt. | 3) D a s O r c h e s t e r , das die Intention des Capellmeisters vollkommen ausführen soll. | 4) S c h a u s p i e l e r u n d S ä n g e r , die an dem ihnen in die Hand gegebenen Leitfaden sich durch so manche Gefährlichkeit hindurch zu winden haben, jeder einzeln seine Pflicht thun, und doch auf die übrigen merken soll. | 5) Gedenken wir der K l e i d u n g , die auch nicht gleich paßt und bequem ist. | 6) So manchen k l e i n e n R e q u i s i t e n , auf die so viel ankommt. | 7) Der D e c o r a t i o n , deren Erfindung zum Ganzen stimmen, an deren Verändrung nichts stocken soll | 8) Und nun dann e i n P u b l i c u m aus so vielen Ständen und Culturen zusammengesetzt, das, wenn gleich mit gutem Willen, doch nur kalt und unvorbereitet herankommt, und dem man gar nicht übel nehmen kann, wenn es im gegenwärtigen Fall mit Unglauben, und in der schlechtesten Stimmung der Welt sich versammelte. Wie viel Dutzend zinnerne Teller gehörten dazu, um die refractären Ingredienzien einer solchen Glockenspeise zu schmelzen, (vid. C e l l i n i II. Th. pag. i 76.) 1 ) | Bey öfterer Wiederholung ist es ganz etwas Anders, da entstehen ohne Blasebalg und Flammen, ohne Kunst und Vorsatz, die zartesten Wahlverwandtschaften, welche jene abgesondert scheinenden Glieder auf die gefälligste Weise zu einem Ganzen verbinden. Von der handelnden Seite mehr Sicherheit und Gelenkigkeit, erworben durch Übung, gestärkt durch Beyfall, getragen durch lebendige Ein- und Übersicht des Ganzen. Von der schauenden Seite Bekanntschaft, Gewohnheit, Gefallen, Vorurtheil, Enthusiasmus, und wie die guten Geister alle heißen mögen, ohne die uns die Ilias und Odyssee selbst nur ein todtes Gerüste bleiben würde. | Daher kommt's nun, daß
G's Seitenangabe nach dem ED seiner Übersetzung (W 4 4 , 2 1 2 ) .
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bey lebhafteren Nationen die Stücke die einmal gegriffen haben, in's Unendliche wiederholt werden können, weil die Schauspieler das Stück und das Publicum die Schauspieler immer mehr durchdringen, ferner auch ein Stadt-Nachbar den andern aufregt in's Theater zu gehen, und das allgemeine Wochengespräch zuletzt die Nothwendigkeit hervorbringt, daß jeder die Neuigkeit gesehen habe. So erlebte ich in Rom daß eine Oper, Don Juan (nicht der Mozartische), 1 ) vier Wochen, alle Abende gegeben wurde, wodurch die Stadt so erregt ward, daß die letzten Krämers-Familien, mit Kind und Kegel in Parterre und Logen hauseten, und niemand leben konnte, der den Don Juan nicht hatte in der Hölle braten, und den Gouverneur, als seligen Geist, nicht hatte gen Himmel fahren sehen. | Dieß alles sage ich Dir, mein Freund, mehr zum Schwätzen, denn ich spreche zu einem Wissenden . . . Daß Du die Achse, worauf sich mein Stück herumdreht, (doch wie ich hoffe ohne Knirschen und Knarren,) so fest gehalten und tief empfunden, freut mich sehr, ob es gleich deiner Natur ganz gemäß ist. Ohne diese furchtbaren Ketten wäre das Ganze eine Albernheit. Daß dieses Exempel an Frauen statuirt wird, macht die Sache läßlicher, und zieht sie in's Gebiet der Rührung; doch wollen wir nichts weiter davon reden, sondern die Wirkung den Göttern anheim stellen . . . Da wir die Berliner zum Nachdencken und zum Calembour 2 ) gebracht haben; so wollen wir's eine Weile dabey bewenden lassen. Apr 17. Von Duncker Epimenides 12 Exempl. Brief des Grafen Brühl [12. Apr] . . . An Hrn. Zelter Epimenides . . . 18. [Prag] G. L. v. Woltmann an G (HA-BaG 2, 164): Ihren Epimenides erwarten wir Berlin, von wo uns ein geistreiches Mädchen gefühlvoll den großen Eindruck schreibt, welchen er auf die jungen Krieger aus den gebildeteren Klassen gemacht Von dem, was in Deutschland geschieht, gesehen, empfunden wird, verspürt man gar nichts.
von behat. hier
22. An H. C. A. Eichstädt (Br 25, 277): . . . beyliegendes Heft [Epimenides], das, einer glücklichen Epoche angehörend, durch ein seltsames Geschick bis in die jetzige verspätet worden, empfiehlt sich . . . einem wohlwollenden und einsichtigen Urtheil. 22. An Knebel (Br 25, 278): Man weiß wahrlich nicht, woran man besser thut, ob sich über die Zustände aufzuklären, oder sich darüber zu verdüstern. Ja, beydes will nicht gelingen: wer sollte sich die Kräfte, die jetzt wieder in Bewegung sind, und ihre Wirkungen klar machen können, und wer könnte jetzt im Dunkeln und Trüben verweilen, da jeder Tag die Wolken, die er bringt, wieder auseinander reißt? Epimenides
Vermutlich Vincenzo Fabrizis Oper II convitato di pietra (MA 20.3, 347). ) Zelter hatte am 11. Apr von dem berlinischen Wortspiel berichtet: Einer hat Stück I-wie-meenen-Sie-dess? genannt.
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selbst würde dießmal nicht in einem heilsamen Schlummer verharren können. | Und so folgt denn hier das Werklein, das vor kurzem [12. u. 13. Dez], als ich dir's vorlas, noch ein besseres Ansehn hatte; es mag denn als ein seltsames Document einer so merkwürdigen Epoche in der Geschichte der deutschen Poesie seinen Platz einnehmen. Apr 22. [An] Geh. Hofrath Eichstädt, mit Willemers Bruchstücken und Epimenides. An Major von Knebel, mit Epimenides. 22.
[Berlin] F. Pohl an Graf G. F. M. v. Brühl (Abschrift; GSA 2 5 / X X , 1 2 D Bl. 4 7 - 5 0 ) : Ew: Hochgeboren werden gnädigst verzeihen, daß ich die mir gütigst übersendete Gratification für mein Versäumniß bei den Proben und Aufführungen des Festspiels Epimenides hierbei unterthänigst wieder zurück sende, indem hiermit höchstwahrscheinlich ein Versehen geschehen ist. Ich kann aber nicht umhin, wenigstens um das zu bitten was ich von Hr: Bliesner bekomme wenn ich in seinem Abonnements-Goncert im Saal spiele, zu welchem Ende ich die Rechnung nach jenem Maaßstabe hier bei lege; Wiewohl dieses nur die Bezahlung für Versäumniß und Mühe, keines weges aber für die unbeschreibliche Angst, (dieser für das hin und her tragen eines so gefährlichen [!] und theuren Instruments, 1 ) wo es durch einen einzigen Stoß ruinirt werden kann, zu rechen [!] ist. [Beilage] Für Rechnung des Königl. Theaters habe ich bei dem Festspiel Epimenides mit meinem Instrument drei Proben und zwei Aufführungen unterstützt, und zwar für jede Probe a 1 Fr. dor 3 Fr d | und für jede Aufführung 3 Fr. dor: 6 | in Summe 9 Fr. dor. [Kopie der Antwort Brühls vom 5. Mai 1815] Mit ergebenen Dank sende ich hierbei an Hr. Pohl das Honorar für Ihr talentvolles Spiel bei der Vorstellung Epimenides, und wollen Sie die Anweisung bei der Theater Gasse praesentiren. [Kopie der Anweisung vom 5. Mai 1815] An die Haupt Gasse der Königl. Schauspiele ergeht hiemit die Anweisung, an den Hr. Pohl für die Proben und 2 Vorstellungen des Epimenides, in welchen derselbe auf einer eigenen Harmonica die Solo's gespielt hat, das Honorar dafür mit | - Sechs Friedrichsdo'r - | gegen Quittung auszuzahlen.
23.
[Jena] Knebel an G (GSA 2 8 / 6 6 Bl. 194f.): Ich danke Dir recht sehr für Dein diesen Morgen erhaltenes herrliches Geschenk. | Epimenides ist sogleich verschlungen worden. Er kommt mir vor wie eine zarte Malerei mit Goldblättchen unterlegt. Wie viel Sinn und Glück ist in diesem Gedichte! Es kann auch zu einem Leitstern dienen in der Nacht . . . Dein Brief enthält hohe Worte - und so wahr! Ich sehe die Sachen auch so an, aber ich mag sie mir nicht gerne ganz klar machen. Es wird alles darauf angetragen werden, das unterste zu oberst zu kehren, und einen allgemeinen Ruin zu bereiten. Das schlimmste ist, daß die Köpfe der Grossen durch falsche Erziehung und lange Gewohnheit gar nicht dazu bereit sind, die Sachen von ihrer wahren Seite anzusehen - und daß Schelmerei und List sich in diesen lezten Zeiten ungemein ausgebildet haben. Diesen ist nichts mehr heilig, und jene verwirren sich in ihren Gedanken. | Uns lieget es nur ob, Ruhe in die Gemüther zu bringen, wozu leider unsere Regierungen nicht immer beitragen. Man waget vielmehr alles auf die alte Ergebenheit. | Der Emissäre und Spione gehen genug herum, um die Meinungen zu verwirren. Heute hat man erst einen eingefangen, auf Briefe die man von Leipzig erhielt. Er war gestern bei Luden, sagte er käme von Landau, und habe sich von da geflüchtet. Die Grosmuth, mit der man in Weimar den jungen M o u n i e r erhält, verwundert auch viele hier. Man weiß wohl
) Harmonika; zur Wirkung von Pohls Harmonikaspiel s. Levezows Bericht an G vom 21. Juli 1 8 1 5 .
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nicht, oder erinnert sich nicht, daß Napoleon oder seine Minister jeden Abend wußten, wenn St. Aignan mit der Herzogin speiste. Apr
24. [Berlin] Graf G. F. M. v. Brühl an F. Kirms (GSA 2 5 / X X , 1 2 A Bl. 140): Da Euer Wohlgeboren gegenwärtig keine Zahlungen in Berlin zu leisten haben, welche die Zusendung eines Wechsels von 2 5 0 rth. Gold an mich zuläßig machen: so werde ich dieses Geld sogleich durch die Post Ihnen übersenden, und bitte ich nur, daß Sie mir . . . eine Quittung von Sich gütig einsenden. | Daß die Haupt Theater-Gasse zu Berlin für Epimenides zwey Hundert und Fünfzig Thaler Gold als Honorar für Herrn von Göthe richtig gezahlt hat p. 26.
[Berlin] Zelter an G (MA 20.1, 377f.): Du hast Recht: 1 ) Wenn man im Stande ist ein leichtsinniges mit dem Ernsthaften, ja Ungeheuren wenn nicht Unendlichen spielendes Volk zum Nachdenken über diese Dinge, auf seine Art anzuregen, kann man es sicher diesem Nachdenken überlassen und gute Wirkung erwarten. Sie bilden sich Wunderdinge ein, über die Geschichte und wollen nicht einsehn daß diese Geschichte wie ein Wagen ist bei dem alles darauf ankommt: wohin die Deichsel zeigt und dann rufen sie aus: wer hätte das gedacht und beschweren sich, nur nicht über die Blindheit, sondern über den Arzt der ihnen zu ruft: S o s e h t d o c h h i n w o 2 ) etc.
27. An F. W. H. v. Trebra (Konzept, Br 2 5 , 286): Obgleich, mein verehrter Freund, beykommendes Gedicht [. Epimenides] noch vor acht Wochen ein besseres Ansehn hatte als jetzt, wo es eher zu trauriger Betrachtung als zu frohen Gefühlen Veranlassung giebt; so will ich es doch übersenden, da man in diesen bedenklichen Zeiten das Denken doch einmal nicht unterlassen kann und dann hat doch die Poesie immer etwas Versöhnendes, wenn sie uns mehr zum Überschauen, als zu einer besondern Theilnahme auffordert. Übrigens ist es auch nicht unzeitig daß die Nation öfters daran erinnert werde, was sie verloren hatte, was sie eroberte und jetzt zum zweytenmal wieder erringen soll . . . 27. [An] v. Trebra Epimenides. 29. An Knebel (Br 2 5 , 289): Indem ich ein Packet . . . überschicke, entschuldige ich mich, daß ich kein Exemplar des Epimenides für unsere theure Prinzeß [Caroline] ablassen konnte. Meine Berliner Papierfreunde haben sich nicht zum freygebigsten erwiesen. Mai
1. An Graf C. F. M. v. Brühl (Br 2 5 , 290f.; 294): Das hätte Paläophron 3 ) wohl nicht denken sollen, daß er nach so langen Jahren abermals ein Festspiel seines Dichters durch persönlichen Einfluß begünstigen, und ihm einen entschiedenen Beyfall erringen werde. | Schon ward ich, durch die Berliner Zeitung, 4 ) aufmerksam, wie man das Publicum auf dieses problematische Stück, sehr wohlbedacht, vorbereitet habe. So kam mir auch das Vorwort [Levezows] bald zu Händen. Einzelne gute Betr. G's Brief v o m 17. Apr über Wirkungsmöglichkeiten von Stücken wie Epimenides auf das Publikum. 2) Zitat aus G's Gedicht Problem (W 2, 272). 3) Graf Brühl, der bei der Erstaufführung von Paläophron und Neoterpe die Rolle gespielt hatte (Gräf II 1, 386). 4) s. die Beilagen zu 28. März 1815: Duncker an G.
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Nachrichten gingen ein, bis denn zuletzt, durch Ihre Vorsorge, Herr Professor Levezow, von allem Vorgegangenen und Geleisteten umständlichst unterrichtete, und mich dadurch möglichst an Ort und Stelle versetzte. 1 ) Und so will ich denn gern gestehn, daß, ob ich gleich niemals großes Verlangen trug, einer Vorstellung meiner Stücke beyzuwohnen, ich mir doch, um dieses nicht zu versäumen, Fausts Mantel recht sehnlich gewünscht habe. | Überzeugen Sie Sich, mein trefflicher Freund! daß ich den gefühltesten Dank deshalb in meinem Herzen verwahre, und solchen, insofern es in meinen Kräften steht, auch in der Folge theilnehmend zu bethätigen wünsche, wie ich denn überhaupt allem, was Sie im Einzelnen des Stücks, bey allenfalls wiederholter Aufführung anordnen werden, zum voraus meinen unbedingten Beyfall zusichere. | Wie glücklich die höhere Stelle, welche Sie bekleiden, auf Theater und Publicum wirken muß, ist gar nicht zu berechnen, dieß zeigt der einzelne Fall, wo Sie höchsten Orts einige Bedenklichkeiten sogleich mit wenigen Worten auflösen und zurechtlegen konnten . . . Herr Geh. H. R. Kirms giebt mir Nachricht daß Sie, verehrter Freund, den Beyfall den Sie meiner Arbeit gaben auch noch, zum Überfluß, durch goldene Zeugniße bekräftigen wollen, 2 ) wofür ich den verbindlichsten Danck erstatte. Mai
1. [An] Graf Brühl, Antw. Danck pp. Berlin 6. [Freiberg] F. W. H. v. Trebra an G (G-Trebra 149f.): Herrliches Denkmal wieder von meinem erfinderischen Freunde. Ich hoffe den zweyten Theil davon noch zu erleben, der enthalten wird: | Das Zurückkommen des Dämons der Unterdrückung in dem verklärten Bilde des Beglückers der Welt aus seinem Exil der Verwandlung; 3 ) ihm vorantretend die hohe Gestalt der beglückendsten Regirungsform umgeben von Genien der Weisheit, Schönheit und Stärke p.p. - der Tempel der Tugend, und der Tempel des Ruhmes, stehen nun im herrlichsten Schmucke neben einander umringt von den Genien der schönen Künste; der nützlichen Gewerbe; des belebenden Handels; des nährenden Ackerbaus; und auch des allbeglückenden Bergbaues. - | So ists, man m a g wollen oder nicht, m a g taugen dazu, oder nicht, man wird mit Pathos, wenn man sich nur nähert, dem lust- und geistvollen Seher Göthe. Tausend Dank! für dies dein herrlichstes Geistesprodukt, das mich mehrere Stunden nach einander aus stumpfer Erschlaffung zur glücklichsten Stimmung wieder zurückbrachte. Und nun begreife ich schon, wie meine steinernen Naturschönheiten dieser geistigen Vorzüglichkeit, eine Zeitlang wenigstens haben weichen müssen. 8. [Berlin] G. F. W. Duncker an G (GSA 2 5 / X X , 1 2 A Bl. 143): Verzeihen es Ew Excellenz wenn die Einlage \Epimenides\ etwas spät zu Ihnen kommt. Es blieb von meiner Seite ein festes Hoffen dies besonders für Ew. Excellenz bestimmte Exemplar persönlich zu überreichen - auch meinen Dank mit Herz und Mund zu wiederholen. | Das Meßtreiben gab mir keinen Raum von hier zu Ihnen zu eilen und es wird mir schwer mich zu
Vgl. oben 3. Apr 1815: Levezow an G. ) Vgl. oben 24. Apr 1815: Graf Brühl an F. Kirms. 3) Napoleons Rückkehr von Elba u. seine Ausschreibung freier Wahlen, die Trebra als Zeichen innerer Wandlung deutete, von der er sich eine durch Verfassung kontrollierte Regierung erwartete.
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begnügen Ew Excellenz auf diesem Wege dies Exemplar zu überreichen . . . Man schreibt mir von Haus aus dem Munde des Grafen Brühl, das bei der Ankunft des Königs Epimenides gegeben werden wird. 1 ) 10. [Berlin] Allgemeine Musikalische Zeitung, Nr. 19, Sp. 321f.: Die Erscheinung des neuen Festspiels, des Epimenides Erwachen, von Göthe, mit Musik von B. A. Weber auf der hiesigen Bühne ist nicht allein Verehrern der Muse des hohen Dichters, sondern auch allen Freunden der Tonkunst ein sehr willkommenes Geschenk gewesen, indem Hr. Kapellm. W . durch diese neue Arbeit seinen Ruf, als einsichtsvoller und wahrhaft theatralischer Tonkünstler, von neuem ehrenvoll bewährt hat. Die Schwierigkeiten gerade dieses Theaterstücks, sowol in Hinsicht der Haltung des Ganzen, als der Charakteristik der einzelnen, allegorischen Personen, so wie auch die vielfältig melodramatische Behandlung des Stoffes, gaben dem Künstler ein weites Feld, seine Erfahrungen und Talente glänzend zu zeigen. Ungeachtet die mannigfaltige und reiche Musik dieses Festspiels eine genaue und detaillirte Entwicklung verdient, so kann diese doch nur nach dem Erscheinen der Partitur erfolgen, deren baldige, vollständige Herausgabe um so mehr zu wünschen ist, als Göthe's Werk bald in den Händen aller bessern deutschen Theater und jedes Gebildeten sich befinden wird, und sein Inhalt die Triumphe des gesammten deutschen Vaterlands verherrlicht. Einige der vorzüglichsten Einzelnheiten der Musik auszuheben, können wir uns jedoch nicht enthalten. Zu dem Gelungensten gehören unstreitig: die Partien der Dämonen des Krieges, der List und der Unterdrükkung, so wie die sämmtlichen Chöre. Das Charakteristische in den Arien und den begleitenden Chören des Dämons der List ist insbesondre eben so eigenthümlich, als geistreich aufgefasst; die melodramatische Begleitung zu den Strophen des Kriegsdämons ist wahrhaft gross und erschütternd, mit Benutzung aller Instrumentaleffecte, ohne irgend überladen zu seyn. Die zweystimmigen Gesänge der Genien athmen eine liebliche Zartheit, und die Harmonika-Begleitung zum zweyten Monolog des Epimenides hat in jedem fühlenden Herzen eine süsse Rührung hervorgebracht. Im herrlichen Contraste stehen dagegen die Chöre der Krieger, die eben so einfach, als kräftig gehalten sind. Kurz, in dem Ganzen herrscht ein durchaus edler und würdevoller Styl, ein Verschmähen alles Kleinlichen und Ueberflüssigen, wodurch allein schon der Componist seinen Beruf für die höhere theatralische Muse begründet hat. Die sorgfältig gewählte und oft sehr sinnige Anordnung der Instrumentalpartien zeugt eben so von der Liebe, mit welcher der Künstler das Gedicht bearbeitet hat, als von Fleiss und Studium. - Die Aufführung des Stücks war, in jeder Hinsicht, prachtvoll, gelungen, und seines Urhebers würdig zu nennen. 11.
[Jena] Knebel an G (GSA 2 8 / 5 1 1 St. 2): Von Deinem Epimenides höre ich überall nichts als Beifall und Lob. Die gute Erbprinzessin [Caroline] von Mecklenburg hat ihn noch den Abend vor ihrer Niederkunft zu großer Erbauung vorgelesen.
[17.] An Zelter (Br 25, 328): Zuvörderst . . . ersuche ich, mir vom Theater von Zeit zu Zeit Nachricht zu geben, denn da ich mit dem Grafen Brühl, den ich als Knaben gekannt, in gutem Verhältnisse stehe, da es, durch seine Bemühung, mit dem Epimenides so gut abgelaufen, so möchte ich ihm gern etwas zu Liebe thun, und überhaupt mit dem Berliner Theater im Einverständniß bleiben. Es bedarf nur einiger Anregung und ich arbeite wohl wieder eine Zeitlang für die Bühne, und dann ist denn doch Berlin der einzige Ort in Deutschland, für den man etwas zu unternehmen Muth hat. 2 ) ) Vgl. 12. Apr 1 8 1 5 : Graf Brühl an G. ) Weitere Auszüge des Briefes s. in „Des Epimenides Erwachen [Anzeige]" gD, unten S. 1 0 6
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Mai 20. An Graf C. F. M. v. Brühl (Br 25, 341f.): Anliegend finden Sie die vom Herrn Geheime-Hofrath Kirms verlangte Quittung oder vielmehr eine Interims-Quittung; ich stelle solche dankbar aus, mit der Bitte, sie bey sich zu verwahren, bis ich von Frankfurt her auf gedachte Summe eine Assignation sende, welche gefällig zu honoriren bitte. [Beilage.] Die von Königl. Preußischer Hochansehnlichen Ober-Theater-Intendanz mir zugedachten zweyhundert und fünfzig Thaler, in Golde, als Honorar für das Festspiel E p i m e n i d e s , acceptire hiemit danckbar und quittire darüber vorläufig; mir vorbehaltend gedachte Summe, von Franckfurt am Mayn aus, durch Assignation von Königl. Haupttheater Casse zu erheben, welche Anweisung sodann als förmliche eigentliche Quittung zu betrachten wäre. 31.
Juni
[Berlin] Graf G. F. M. v. Brühl an Graf Tauentzien-Wittenberg (Abschrift; GSA 2 5 / X X , 1 2 D Bl. 51f.): Des Königlichen Generals von der Infanterie commandirenden Generals in den Marken und Pommern, Herrn Grafen von Tauenzien-Wittenberg Excellenz, ersucht der Unterzeichnete ganz gehorsamst, Sich mit dem besondern Wohlwollen, welches Euer Excellenz dem Königlichen Theater mehrfach bewiesen haben, bei des Königs Majestät dafür gütigst verwenden zu wollen, daß zu der im Königlichen Opernhause auf Morgen bestimmten Vorstellung des Goetheschen Festspiels: Des Epimenides Erwachen, 2 4 Mann des Garde Jäger Bataillons: und 2 4 Mann des Neufschateller Schützen Bataillons erscheinen, und auch die 8 Mann der Garde du Corps, welche von Anfang an darin waren, nebst noch 8 Mann zu Pferde in ihrer Mondirung kommen dürfen. | Bei den vorigen Aufführungen hat der Stern den Helm verdeckt, auch Kragen und Aufschläge verändert werden müssen. Da aber mit besonderer allerhöchsten Genehmigung die Mannschaften des Regiments Fuß Garde in completter Mondirung mit dem Stern am Jabot in dem Ballet: Die glückliche Rückkehr oft erschienen sind: so wird es Euer Excellenz gütigen Verwendung leicht möglich werden, die gehorsamst erbetenen Anträge zu machen, um zu der morgenden Vorstellung die Mannschaften und Mondirungen zu gewähren.
1. [Berlin] Zelter an G (MA 2 0 . 1 , 385f.): So eben ist der Epimenides zum 3ten Male aufgeführt worden um die gestern erfolgte Ankunft unseres Königes zu feiern. | Was sich immer glücklicher exponiert ist die Musik die reich an fleißigen und glücklichen Stellen ist. Die Ouverture ist ganz richtig sehr ernsthaft, und das Lied der Genien schwebt so kindlich und heiter daher, wie sich denn die 3 ersten Auftritte natürlich an ein ander fügen. Epim. sprach mit Ruhe, Deutlichkeit und Anmut. | Die Feuerszene des 5 Auftritts welche schon wirksam war hat sich noch verbessert, wiewohl der Kriegsdämon des Guten fast zu viel tut: Ein braver, Geistvoller, Schauspieler der den Wallenstein und Götz beifällig spielt doch sich leicht übernimmt. Die Musik dieses Auftritts ist ganz vorzüglich und vereinigt sich sehr gut mit dem Gesänge des Heereszugs. | Wären die 3 Dämonen welche freilich nicht beisammen erscheinen etwas Gruppenhafter durch die Musik geworden, so würde ich sie vollkommen nennen. Die List hat hübsche Musik; der Schauspieler ist ein Naturalist von schöner Gestalt und Stimme, glatter Sprache und führt die Partie gut, nur sie ist zu lang, auch der Fischer hat sich wirklich orientalisch und stellt einen überhebenden, trotzigen verzagten, verzognen, sichern, tapfern Tyrannen recht gut dar. | Etwas näher zusammengerückt sind die drei Tugenden doch ist noch manches zu wünschen, und die Freiheit welche aus der Erlösung entstehn soll hat keine recht brillante Musik, sonst müßte die Szene von großer Wirkung sein. | Vom 19 Auftritte an, wo alles Auflösung der vorigen Rätsel sein soll, wird getrödelt und will sich nicht abwinden. | Das Lied des Epim. ließe ich lieber sprechen, da er im ganzen Stücke weiter nicht singt. Wie wäre es denn wenns hinter
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der Szene von einigen Altstimmen gesungen und vom Epim. nur gehört würde? Mich deucht, so wäre es ein gutes Gegenstück zu dem entgegenstehenden Augenbilde und Epim. könnte dann schnell einfallen und redend fortfahren. | Die Kometenszene will mir auch noch nicht recht dünken. Er hat keinen Anschein des Ungeheuern und korrespondiert nicht mit der Erde. Ich dachte die Szene sollte eine ähnliche Wirkung haben, wie die Feuerdekoration. Der bloße lichte Streif am Horizonte ist nicht hinlänglich und würde kaum bemerkt werden, wenn Epim. nicht sein Dasein verkündete. | Der 21 Auftritt könnte sich mehr heben, wiewohl die verschiedenen Völkerschaften zu Fuß und Pferde einen imposanten Eindruck machen. Da auf dem Theater eine sehr starke Musik ist, so wäre es besser wenn das Orchester schwiege um die Theatermusik abzulösen, und die Wirkung von Zeit zu Zeit zu erfrischen, welche betäubend ist und eben dadurch lästig wird. | Die Bravourarie ist eine eigentliche Konzertarie und gehört als solche recht gut hieher, doch ist sie trennend ja zerschneidend und müßte wenigstens von einer vollkommen schönen Stimme gesungen werden. | Mamsell Einigkeit, weiß nicht was sie sagt und drückt und dehnt nach ihrer alten Art, und darunter leidet das Stück gerade da wo es triumphieren soll. Juni
10. [Weimar] Charlotte v. Schiller an Knebel (Charl. Schiller - Knebel 203): . . . die Besorgnisse über die Entwickelung des großen Dramas oder die Verwickelung nehmen eigentlich nie ab; denn es dünkt mir, e i n e Generation kann die Lage der Dinge nicht ändern, und Glaube und Liebe sind noch nicht entfesselt. Ich habe eben wieder in „Epimenides 1 Erwachen" gelesen, und je öfter man seine Blicke daran weidet, je mehr lernt man sich das Leben und dessen Erscheinungen deuten.
15. [Wiesbaden] An Cotta (G-Cotta 1, 278): Bey der jetzigen Stimmung der Theater ist es der Mühe werth fördernd einzugreifen. Ich habe noch manches im Sinne wie man nach und nach immer mehr in's Ganze wircken kann. In Berlin hat man Epimenides zum drittenmal aufgeführt. Kosten und Sorgfalt welche darauf verwendet worden stehen im Gleichgewicht und geben einen Maasstab für folgendes. 16. [Wiesbaden] An Zelter (Br 26, 13f.): Die abermalige Recension des Epimenides verdancke dir höchlich. Das Resultat das mir entgegentritt möchte ich so ausdrücken: Es gebricht im Ganzen an Einbildungskraft und Gefühl, und da muß bald einmal Übertreibung, bald Ermangelung eintreten. Auch dieses gäbe sich bey öfterer Wiederhohlung: denn was die Menschen nicht erfinden können das entdecken sie doch. Kannst du es einleiten daß die I n s c h r i f t , 1 ) wenn sie Epimenides nicht rezitirt, hinter der Scene von Geistern gesungen wird; so ist viel gewonnen. Sie bringen das Stück doch gelegentlich wieder und vielleicht läßt sich ihm künftig eine selbstständige Form geben. 26. [Berlin] Zelter an G (MA 20.1, 39 lf.): Du hast es mit uns getroffen. Einbildungskraft und Gefühl lassen sich nicht von außen in ein Werk stoßen oder drücken und bei der wenigen Achtung welche ihnen Künstler und Kunstgelehrte zugestehn, kann es nicht anders sein als es ist; so lange sich Musiker über Harmonie und Melodie und Philosophen selbst über Allegorie und Aberglauben mit Worten und Begriffen herumdeuteln. | So begreifen wir kaum: was Dein Komet will? ja, daß Du Dein eigenes Leben von einem höhern Ursprünge ableitest, indem Du die Konstellation der Himmelszeichen in
) Hast Du ein gegründet Haus, in der Berliner Fassung Epimenides zugeordnet, in B 8 dem Unsichtbaren Chor.
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der Stunde Deiner Geburt angibst, als ob Du selbst sie in Deinem neugebornen Zustande beobachtet hättest. Und da wir Dir eine solche Beschränktheit nicht zugestehn können, fällt uns ein, Du wollest mit solchen Dingen die Welt zum Besten haben. Und auch hierin sind wir wieder in Verlegenheit, da wir doch etwas in uns fühlen das sich zu Gunsten dieses vermeinten Aberglaubens regt, wie Wein im Fasse. Einmal haben wir die wichtige Entdeckung gemacht daß solche Erscheinungen zufällig sind, wozu freilich gehören würde daß Vernunft und Verstand auch zufällige Dinge wären, doch das Letzte ignorieren wir mit gutem Gewissen und lassen uns nicht bei kommen. | Mit Freund Weber will ich mich über die bewußte Inschrift zu verständigen suchen (da ich vermute daß er fortfährt an der Vervollkommnung seines Werks zu arbeiten) und Dir gelegentlich darüber Auskunft geben. Daß Du den Gedanken, der mir nur so vorsprang aufgefaßt hast, ist mir angenehm, wiewohl sehr vieles auf die Ausführung ankommt: das Ritornell zu diesen Worten müßte schon anheben, wenn Epimen. sich noch mit der Betrachtung des Familienbildes beschäftigt und dadurch, wie durch die Leitung der Genien nach der entgegengesetzten Seite hingezogen werden. Drei gute Altstimmen (zwischenein durch Instrumente unterstützt) würden die acht Verse kurz und vernehmlich wie einen alten Denkspruch vortragen und die Handlung bleibt im Flusse, welches besonders notwendig ist.
Juli 15. [Wiesbaden] An A. Genast (Br 26, 38): Da nun der Feldzug so glücklich vorwärts schreitet und das Beste zu erwarten ist, so wünsche ich, daß auch bey uns Epimenides erwache und uns Freude bringe. | Wollen Sie wohl mit Herrn Geheimehofrath Kirms überlegen, wie man sich mit Herrn Capellmeister Weber in Verhältniß setzt, um gegen billige Vergütung die Partitur zu erlangen. Besetzen können wir das Stück sehr gut, Herr Beuther wird uns an Decorationen nichts fehlen lassen und Ihre Sorgfalt würde über das Ganze hinaushelfen. Denken Sie doch darüber! Ich wünschte es zum achtzehnten October zu geben. 1 ) Es scheint lange hin, will aber vorbereitet seyn. 20. [Berlin] Graf G. F. M. v. Brühl an G (GSA 2 8 / 6 8 Bl. 450): Hoffentlich hat Herr Professor Levezow Ihnen mein verehrter Gönner und Freund schon weitläuftigen Bericht abgestattet, über das was wir uns erkühnt haben zu thun - und daß wir den ehrwürdigen Epimenides ohne seinen Herrn und Meister haben auftreten lassen. 2 ) | Dieser Frevel läßt sich nur mit der Eil entschuldigen, mit welcher der zweite Sieg über die Neu-Franken und die g l ä n z e n d e K o t h s t a d t gefeiert werden mußte. | Da war nun freilich nichts besser und nichts schneller zu thun, als auf dem feststehenden wohl gegründeten Bau ein kleines Nebengebäude aufzuführen, und es mit einigen Ankern so an das Haupt Gebäude aufzuketten, daß ihm ein Theil seines Glanzes mitgeteilt werde. Deshalb spielten Glaube, Liebe, Hoffnung, Einigkeit ihre alten Rollen und selbst ein Theil der Gesänge der Krieges und List Dämonen war wörtlich und musikalisch beibehalten. - Wir zeigten dadurch an, daß wir uns nicht mit fremden Federn schmücken, sondern den hohen Meister immer ehren wollten. Die Zeit war zu kurz, um den ächten E p i m e n i d e s zum Urtheilsspruch aufzufordern, und so mußte denn ein zweiter Sprecher, wiewohl mit Schüchternheit und gebührender, lobenswerter Bescheidenheit als Organ des Ersteren auftreten. Wie die Arbeit gelungen, werden sie iezt selbst beurtheilen, die theatralische Wirkung war sehr bedeutend, freilich durch den Augenblick unendlich erhöht. | Werfen Sie mein Hochverehrter Freund nicht etwa Groll auf uns ob
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Am Gedenktag der Völkerschlacht bei Leipzig (1813). ) Am 16. Juli Aufführung von Levezows Stück Des Epimenides
Unheil.
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unsrer Kühnheit und lassen Sie mich bald gefälligst wissen, ob Sie uns verziehen haben. Juli
21.
[Weimar] A. Genast an G (GSA 2 8 / 6 7 Bl. 361): Wegen Epimenides hat sich der Herr Geheimde Hofrath [Kirms], welcher sich Ihnen bestens empfehlen läßt, sogleich [mit B. A. Weber] in Rapport gesezt wir wollen aber jetzt noch ganz still davon sein. Herr Beuther ist sehr fleißig . . .
21.
[Berlin] J. A. K. Levezow an G (GSA 2 8 / 6 8 Bl. 451ff.): Mein Geschick hat es gewollt, daß ich der Vorredner des Epimenides beim hiesigen Publikum werden sollte; aber was werden Ew. Excellenz sagen, wenn ich Ihnen schuldigst und eiligst melde, daß ich auch sogar - Fortsetzer des Epimenides geworden bin? - Haben Sie die Gewogenheit erst meiner Species facti ein geduldiges Ohr leihen, ehe Sie selbst über meinen - Weltrichter Epimenides, 1 ) das strenge und gerechte Urtheil fällen. Aber verzeihen Sie einem Vater, wenn er über sein jüngstes Kind, von dem ihm das Herz noch voll ist, mehr schwatzt, als es billig ist. - | Als die Nachricht erscholl, B l ü c h e r und W e l l i n g t o n sind auf dem Wege nach Paris und wir können in wenig Tagen die Meldung vernehmen - sie sind dort siegreich eingezogen, forderte Herr Graf Brühl mich auf, zur Feier der doppelten Weltbegebenheit, des Sieges der la belle Alliance und des Einzuges in Paris, Etwas für die Bühne zu entwerfen, dessen Ausführung aber bei der Kürze der Zeit leicht thunlich wäre und wozu die Hülfsmittel möglichst schon in den Vorräthen der Bühne lägen. - Es blieb keine Wahl; mein Entschluß war im Augenblicke gefaßt; es lag die Idee zu nahe und unumgänglich, den schon als Weltzeugen und Verkündiger besserer Zeiten unter uns aufgetretenen Epimenides, jetzt auf die Stufe des W e l t r i c h t e r s zu stellen, um vor dem Angesicht der Völker das Urtheil zu sprechen über das zum zweitenmal, nach so großem wiederholten Frevel als Verraths und Übermuts [?] bezüchtigte und glücklich überwältigte Gallien und Lutetia, und daran zugleich unseren schaulustigen Berlinern nicht u n b i l l i g eine Versinnlichung des Triumpheinzuges ihrer Brüder und Landsleute in Paris zu knüpfen. Der Plan ward in wenig Minuten entworfen, v o m Grafen Brühl gebilligt und in vier Tagen, oder viel mehr vier Nächten, mitten unter und nach den zerstreuenden mannigfaltigen Geschäften des Lehramtes und unter Besprechungen mit den Theaterarbeitern, und Konferenzen mit der Direkzion und deren Gehülfen - ausgeführt. An Feile und eigne Kritik w a r n i c h t z u d e n k e n ; die fast noch nassen Blätter der Urschrift wanderten eiligst zum Kopisten, theilweise, um nur den Schauspielern, so schnell als möglich, ihre Rollen zu liefern. Eben so wenig war an n e u e musikalische Komposizionen zu denken, mit Ausnahme eines Triumphliedes und Marsches, den Herr Weber schnell dazu schreiben mußte. Das ist aber auch der Grund, warum ich, hochzuverehrender Herr Geheimer Rath, mich zum Raube an Ihrem Eigenthum, wie wohl sehr ungern verstehen mußte. Es blieb mir nichts anders übrig, als die beiden Gesänge des Heereszuges und der List in meine Arbeit zu verweben, u m Zeit zu ersparen, die uns allen theurer als je war. Ich hoffe deshalb Ihre gütige Verzeihung zu erhalten. | Ist mir einigermaßen gelungen, was wir bezweckten, ich aber unter den obwaltenden Umständen kaum zu erreichen hoffen durfte, so ist es nur durch die Kraft Ihres Genius geschehen, der mich schon bei dem ersten Genuß Ihres erhabenen Gedichts ergriff und dessen Eindruck mir unwandelbar Beistand geleistet hat bei einem Wagestück, das die meisten vielleicht schon von vornher verdammen werden abseiten der Kühnheit, womit es unternommen ward und was demnächst die Verherrlichung des Ruhms unseres Volkes und seiner unsterblichen Krieger bezweckte. | Mein Produkt hatte das Glück, den Beifall des Herrn General Intendanten in einem Grade zu erhalten, den ich nicht erwartet hatte; es wurde von ihm beschlossen, die Aufführung so glanzvoll als möglich zu machen, und so kam neue Pracht und Herrlichkeit noch zu der alten hinzu: m i r zu nicht geringem Tröste; da ich nun doch hoffen konnte, durch
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Urtheil (dem Brief beigelegt; in G's Bibliothek).
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die befriedigte Schaulust des Publikums den Abgang der höheren poetischen Kraft ersetzt zu sehen, die in des Epimenides Erwachen Herz und Ohr aller Freunde der Poesie in so hohem Grade entzückt hatte. Und so mag es denn auch Ew. Excellenz zu einigem Tröste gereichen wenn ich hinzusetze, daß auch diese zweite Erscheinung des Epimenides von dem Publikum bei der bis jetzt zweimal hintereinander Statt gehabten Vorstellung mit Beifall und Enthusiasmus aufgenommen worden ist. Es konnte wohl kaum ausbleiben, daß der Anblick der vaterländischen und verbündeten Sieger, die großen und heiligen Namen: | la belle Alliance, Blücher, Wellington, die goldenen Worte: Paris d. 7. Juli, und die von der Viktoria gekrönten, auf ihrem Wagen triumphirenden Genien: Borussia und Brittannia, mit dem Täuschendsten Jubel von der zahlreichen Versammlung empfangen wurden. Es konnte nicht fehlen, daß die Herzenserleichterung der Borussia, die Höllenfahrt der Dämonen und das billige Urtheil über Gallien und Lutetia die lauteste Zustimmung aller Anwesenden ächten Weltbürger und preußischen Patrioten erhielt. Die treffliche Darstellung trug nicht wenig dazu bei. Alles war unter meinen und des Herrn Grafen Brühls Augen versucht und geübt worden. Drei Proben konnten nur überhaupt, zwei an einem Tage, gehalten werden. Weil Mad. B e t h m a n n und Mlle. M a a ß (die ich ungern vermißte) und Mlle. E u n i k e und Herr F i s c h e r abwesend waren und Herr B e s c h o r t , bei der dringenden Eile erklärte, die Rolle nicht schnell genug memoriren zu können und außer den Chören keine Singepartien vorkamen, so mußte die Besetzung anders werden, als sie in Epimenides Erwachen Statt gefunden. Herr L e m m , nach meinem Urtheil unter den Männern der vorzüglichste Deklamator unserer Bühne, überdieß ein Künstler von ernstem, bedachtsamen Studium, hat die Rolle des Epimenides mit einer solchen Vollkommenheit gegeben und gesprochen, daß ich nur den verfehlten Ausdruck eines e i n z i g e n Worts bei der ersten Vorstellung ihm zum Vorwurf machen kann, wenn anders da noch von Vorwurf und Tadel die Rede seyn darf. Sein Spiel und seine Sprache im 9ten lOten und 11 Auftritt, besonders der Schluß des 12 Auftritts, waren so musterhaft und künstlerisch vollkommen, als ich selten etwas in der Art gesehen und gehört habe. Die Wirkung dieser Scenen vollendete die Begleitung der Harmonika, die von den Worten des lOten Auftritts: „O möchten doch die Himmlischen den Gruß des treuen Freundes p p " bis zum völligen Schluß des 11 Auftritts die Worte der Sprechenden wie ein ätherisches Element umgab und verklärte. 1 ) Auch Mlle. D ü r i n g ergriff als Borussia durch den trefflichen, kraftvollen Vortrag ihrer Rolle . . . Mag die baldige Rückkehr eines festen und dauerhafter gegründeten Friedens auch den friedlichen Künsten weiter ein heiteres, fröhliches Leben verleihen und noch lange den geweihten Dichter unseres Vaterlands zu neuen unsterblichen Gesängen begeistern, die keines Deutschen Brust inniger und tiefer bewegen können, als die meinige . . . N. S. Erlauben Hochdieselben, nächstens [20. Jan 1816] ein korrekter und beßres Exemplar meines Festspiels übersenden zu dürfen.
Okt 15. [Weimar] An J. A. K. Levezow (Br 26, 101f.): Wäre mein kleiner Aufsatz über gemeinschaftliche Arbeiten für's Theater, besonders in Fällen, wo Gelegenheitsgedichte verlangt werden, Ew. Wohlgeb. zur Zeit bekannt gewesen, 2 ) als Sie die Fortsetzung des Epimenides [ Des Epimenides Urtheil] unternahmen, so hätten Sie keinen Augenblick in Zweifel stehen können, daß mir nicht ein solches Werk höchst angenehm seyn würde. Denn auch diese Arbeit kann als eine gemeinsame angesehen werden, wenn der zweyte Dichter den Faden da aufnimmt, ) s. auch den Brief des Harmonika-Solisten F. Pohl an Graf Brühl vom 22. Apr 1815. ) G's Aufsatz Über die Entstehung des Festspiels zu IfflancLs Andenken vom Mai 1815 erschien erst im Morgenblatt 18. März 1816, Nr. 67, 265f. (W 41.1, 90-95).
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wo ihn der erste gelassen hat; das erste wird als Exposition angesehn, das zweyte als Folge und Schluß, wie es denn in dem gegenwärtigen Falle ganz eigentlich gefordert wurde . . . Des Herrn Graf. v. Brühl Hochgeb. bitte meine gehorsamste Empfehlung auszurichten, mit Entschuldigung daß ich nicht auch seinen Brief [vom 20. Juli] sogleich beantwortend erwidere. Okt 23. An A. C. v. Preen (Br 26, 115): Freylich dient solchen Berathungen, 1 ) zu schneller und vollkommener Entscheidung, am meisten die persönliche Gegenwart; wie ich noch vor einiger Zeit zu meiner größten Zufriedenheit erfahren, als eine ansehnliche Berliner Theater-Intendanz Herrn Capellmeister Weber veranlaßte, sich nach Weimar zu begeben, um wegen Composition und Aufführung des sehr verwickelten Festspiels E p i m e n i d e s mit mir gemeinschaftlich Rath zu pflegen. In wenigen Tagen war die Sache geordnet und bestimmt, so daß es nachher keiner weitern Correspondenz bedurfte ... 29. An Zelter (Br 26, 124): Sage mir doch auch ein Wort, wie sich des E p i m e n i d e s U r t h e i l [von Levezow] ausgenommen... Nov
8. [Berlin] Zelter an G (MA 20.1, 395): Des Epimenides Urteil habe ich gar nicht gesehn, weil es in meiner Abwesenheit ist gegeben worden. Loben habe ich es nicht hören auch habe ichs noch nicht gelesen weil ich eben nicht begierig bin nach den Produktionen dieses Verfassers. Man nennt das Stück: Ih wie gemeen ist des?
11. An B. A. Weber (Konzept; Br 26, 146f.): Zuvörderst also eröffne meinen Wunsch des E p i m e n i d e s E r w a c h e n zum 30. Januar, als dem Geburtstag unserer verehrtesten Großherzogin Königl. Hoheit, auf unserem Theater zu geben, und ersuche Ew. Wohlgeboren deshalb mir die Partitur anzuvertrauen. Da wir noch zehn Wochen vor uns sehen, so haben wir Raum genug um mit sorgfältigem Bedacht dieses Festspiel unseren kleinen Räumen schicklich anzupassen. Haben wir nach erhaltener Partitur die Stimmen unserer Sänger und sonstige Mittel berechnet, so erlauben Sie daß ich weiter anfrage und um gefälligen Rath und Mitwirkung bitte ... Des Herrn Grafen Brühl Hochgeboren bitte mich in geneigtes Andenken zurückzurufen, auch Herrn Professor Lewezow schönstens zu grüßen, dessen glücklicher und wohlausgeführter Gedanke den Epimenides fortzusetzen mich höchlich erfreut hat. 21. [Berlin] B. A. Weber an G (GSA 25/XX,12 B Bl. 3f.): Euer Excellenz übersende ich nach Dero Befehl hiebei die Partitur von dem Festspiel D e s E p i m e n i d e s E r w a c h e n . 2 ) Am Ende ist die Scene der Beständigkeit, damit die Musick ununterbrochen fortgehe, vorgerückt worden. Nach der Arie sind einige Tacte melodramatisch, damit die Musick nach dem rauschenden Ende der Arie allmälig in den Dialog übergehe, und demselben sich anschmiege. Alles ist pünctlich in der Partitur bemerkt. | Ungemein
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) Betr. Blücher-Denkmal für Rostock; vgl. „Blüchers Denkmal [I]" gD, EGW 1, 290. ) Die Partitur heute im Thüringischen Landesmusikarchiv Weimar (DNT 125a), beschrieben W 16, 527ff.
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freut es mich, daß Euer Excellenz meine Musick für würdig achten an einem so glänzenden Tage auf Ihrer Bühne aufführen zu lassen. Möge sie doch Hochdero Erwartungen entsprechen. Wo indessen meine Komposition zurückbleibt, wird das meisterhafte Gedicht ihr durchhelfen. Ich eilte Euer Excellenz die Partitur so bald als möglich zu übersenden, daher konnte ich nicht alle Bemerkungen wegen der Execution der Musick in dieselbe eintragen, und muß mir sie daher noch vorbehalten. Könnte ich doch nur bei den letzten Proben gegenwärtig sein! 1 ) . . . Hr: Prof: Lewezow wohnt so weit von mir entfernt, daß es mir in diesen paar Tagen ohnmöglich war ihn zu besuchen. Er wird sich freuen, wenn ich ihm sagen werde, daß Euer Excellenz mit seiner Arbeit zufrieden sind. Nov 27. [Berlin] Zelter an G (MA 20.1, 399): Ein anderer schöner Mann, Blum,1) der im Epimenides die List vorstellt, von schönem Baritono, ist gleichfalls als Diebshehler angeklagt. Was mich betrifft, so hätte ich an der Stelle dieser Verbrecher allenfalls ein Paar unserer Tugendhaften missen wollen.
28. Berathung mit Genast über Epimenides. Mittag für uns. Epimenides. Mit Riemer. 28. An F. Kirms (Konzept; Br 26, 162f.): Ew. Wohlgeboren | verfehle nicht zu benachrichtigen daß Herr Capellmeister Weber die Partitur des Epimenides gesendet hat, ich übergebe solche sogleich Herrn Capellmeister Müller, bespreche die Sache mit Herrn Genast und Beuther, worauf denn eine genaue Note alles Erforderlichen erfolgen soll, damit wir am 30. Januar unserer verehrten Großherzogin ein würdiges Opfer darbringen mögen. Wir können dieser schwierigen Vorstellung um desto mehr Aufmerksamkeit schenken als wir nicht für die Geburtstäge unserer jungen Herrschaften zu sorgen haben, ja den Epimenides zu dem Geburtstage Ihro Kaiserl. Hoheit wiederholen können, wie ich denn hiebey Ew. Wohlgeboren gefällige Assistenz hiedurch in Anspruch nehme. 28. An A. E. Müller (Konzept; Br 26, 163): Ew. Wohlgeboren | übersende sogleich die angelangte Partitur des Epimenides mit dem Ersuchen solche baldigst durchzugehen, damit das Geschäft überlegt, entschieden und arrangirt werden könne. Da ich ohnehin verschiedene Änderungen in dem Stück zu machen gedenke, 3 ) die sich auf Erleichterung und größere Wirkung auf unserem Theater beziehen, so wünsche daß Ew. Wohlgeboren von Ihrer Seite auch daran gefällig denken mögen; auch wird eine gemeinsame Verabredung zu veranstalten in den nächsten Tagen wohlgethan seyn. Zu diesem wichtigen Werke die beste Gesundheit und frohe Laune wünschend. 28. An A. Genast (Konzept; Br 26, 164): Ew. Wohlgeboren | benachrichtige hierdurch daß die Partitur des Epimenides angelangt ist und sogleich 1
) Das Folgende s. in „Feradeddin und Kolaila" gD. ) Heinrich Blume. Der zuvor genannte Schauspieler Albert Wurm war wegen Päderastie diffamiert worden. 3 ) Vgl. W 16, 533 zu H6.
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Herrn Capellmeister [Müller] übergeben worden, ich wünsche nun auch mit Ihnen diese wichtige Sache baldigst zu überlegen, besonders wegen der allenfallsigen Veränderung, welche die Aufführung dieses schwierigen Stücks auf unserem Theater erleichtern könnte, an welchem ich eine schon gewohnte Theilnahme bestens empfehle. Nov 28. An B. A. Weber (Konzept; Br 26, 164f.): Ew. Wohlgeb. | verfehle nicht hiedurch dankbar zu benachrichtigen daß die Partitur des Epimenides glücklich angelangt ist, und mir schon, insofern ich sie zu lesen verstehe, großes Vergnügen gemacht hat. Sie ist sogleich an Herrn Capell-Meister Müller eingehändigt worden, der sich gewiß alle Mühe geben wird eine glückliche Aufführung vorzubereiten, wie es denn an uns allen nicht fehlen soll. Die Abwesenheit der Frau von Heygendorf macht ein Hinderniß, worüber wir denn uns hinaushelfen müssen, vielleicht kommt diese treffliche Sängerin und Schauspielerin bis dahin wieder zurück. Was ich in der Sache noch für Wünsche hege, davon schweige vorerst und hoffe Dieselben von meiner Dankbarkeit wegen dieser Mittheilung thätig zu überzeugen. 28. An Duncker und Humblot (Konzept, Br 26, 165): Der Herr CapellMeister Weber hat die Gefälligkeit gehabt, die Partitur des Epimenides mir zu übersenden. Das Stück soll den 30. Januar, als den Geburtstag unserer verehrten Großherzogin, aufgeführt werden. Hiebey verlangt denn sowohl der Hof als das Publicum den Text. Möchten Ew. Wohlgeb. mir anzeigen wieviel Exemplare, um welchen Preis? Sie uns überlassen könnten, so bliebe Ihr Verlagsrecht ungestört, welches ich denn auch dagegen noch weiter als Ostern zugestehen wollte. Ich darf nicht hinzufügen, daß wir nichts dabey gewinnen, die Exemplare auch nur unsern Zuschauern austheilen werden. 29. Mit [Theaterdekorationsmaler] Beut[h]er Epimenides. Nov (G's Zeichnung des eingestürzten und begrünten Tempels in EpimenidesJ1) Ende? Dez 9. [Berlin] Duncker & Humblot an G (GSA 2 5 / X X , 1 2 B Bl. 14f.): Mit Vergnügen sind wir bereit den Wünschen Ew. Exzellenz in Bezug auf den Text des Epimenides entgegen zu kommen. Wir werden Ihnen daher nicht allein gern so viel Exemplare der ord. Ausgabe (wovon wir 1 Exemplar beizulegen für gut achten) überlaßen als Sie bestimmen möchten, sondern Ew. Exzellenz auch so viel Exempl der beßern Ausgabe überliefern als Dieselben zu Ihrer Disposition gestellt haben möchten. | Was den Preiß betrift so war dieser h i e r für die Theaterausgabe 8 gr für die beßere 12 gr. Ew. Excellenz sei es jedoch lediglich überlaßen in Weimar denselben für Ihren Zweck und ganz der dortigen Localitaet gemäß zu bestimmen. Wir werden jeden Preiß genehmigen weil wir nichts anders dabei in Betracht ziehen als was Ew Exzellenz angenehm und zweckmäßig sein dürfte. | Darum erbieten wir uns auch denjenigen Personen welche bei der Aufführung mitzuwirken haben, so wie es hier geschehen die erforderlichen Exemplare gratis zu überlaßen und stellen Ew. Exzellenz die Vertheilung anheim.
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) Vgl. Abb. II.
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Dez 17. An J. G. Schadow (Br 26, 181): Wir haben Hoffnung, Herrn Capellmeister Weber in der zweyten Hälfte des Januar bey uns zu sehen, vielleicht würden Ew. Wohlgeboren dadurch noch entschiedener zu einem Besuche bewogen 1 )... 26. [Berlin] J. G. Schadow an G (GSA 3 0 / 2 9 2 Bl. 35): Gestern war ich beim Gapellmeister Weber, wo wir schon darüber einig geworden, zusammen zu reisen. Dies soll geschehen den 20 Januar k. J. Doch versteht es sich daß wir uns noch besonders und bestimmt anmelden. 26. [Mainz] F. L. W. v. Luck an G (GSA 2 8 / 6 9 Bl. l l f . ) : . . . a propos! Des Epimenides Erwachen ist bey Dunker & Humblot in Berlin verlegt, wie ich aus dem Exemplar ersehe welches Sie mir als ein werthes Angedenken verehrt haben . . .
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3. (s. „Feradeddin und Kolaila": Graf Brühl an G gD) 8. [Weimar] Ernestine Engels Tagebuch (JbSK 1, 81): Später kam Goethe herein, wir aßen Weinschaum mit ihm. Er sprach über die Rolle in Epimenides [eine der Dämonen der List] und ging bald wieder.
10. Unzelmann wegen Epimenides. Mittag für uns. Moltke. 2 ) 11. An F. Kirms (Br 26, 217): Da wir die schöne Stimme des Herrn Eduard Genast 3 ) noch in Reserve haben: so sollten wir die Blätter nicht nur beybehalten, sondern dem Priester-Liede 4 ) mehr Extension geben. 12. [Nachmittags] Moltke und Eduard Genast. 13. [Berlin] B. A. Weber an G (GSA 2 8 / 6 9 , Bl. 30): Ew. Exzellenz kann ich nicht genug meine Freude schildern, daß ich mit Hrr: Director Schadow die Reise nach Weimar machen kann. Der Herr Geheime Hofrath Kirms wird hochdenselben den Tag unserer Abreise, so daß ich noch den letzten Proben vom Epimenides beiwohnen kann, gefälligst bekannt machen. 5 )
17. An Carl August (Br 26, 225, 227): Ew. Königliche Hoheit | geruhen auf Nachstehendes gnädigst zu reflectiren: . . . 8) Die Aufführung des Epimenides zum 30. Januar wird, hoffe ich, gelingen und nicht unangenehm seyn. Capellmeister Weber kommt einige Tage früher. 6 ) 17. [Weimar] Carl August an G (SLUB Dresden): ad 8). Glück zu! 20. [Berlin] J. A. K. Levezow an G (GSA 2 8 / 6 9 Bl. 43f.): Durch die Beilage einiger Correkten Exemplare von Epimenides Urtheil habe ich die Ehre eine ältere Schuld abzutragen. 7 ) Die gütige Nachsicht, welche Sie dieser Eilgeburt wiederholentlich haben an) Zur Einladung an Schadow s. „Blüchers Denkmal [I]" gD, EGW 1, 295f. ) In der Weimarer Aufführung stellte Unzelmann einen der Dämonen der List, Moltke den Jugendfürsten dar. 3) Genast stellte einen der Priester dar. 4) W 16, 376; 380? 5) Das Folgende s. in „Feradeddin und Kolaila" gD. 6) Das Folgende s. in „Blüchers Denkmal [I]" gD, EGW 1, 298. 7) Dem durch B. A. Weber übermittelten Brief lagen außer den Ex. von Des Epi1
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gedeihen lassen, macht mich so dreist zwei andere Gelegenheitsarbeiten hinzu zu iiiigen . . . Da Herr Weber in der Absicht nach Weimar reist um die Ausführung der Musik zu Epimenides zu leiten, so würde es mir und gewiß allen Freunden dieses edlen Werkes höchst willkommen seyn, einen ausführlichen Bericht über die Weimarer Vorstellung desselben im dramaturgischen Wochenblatte zu lesen. E. Genast, Aus dem Tagebuche eines alten Schauspielers. 1862 (GG 2, 1131): Epi2 1 . / menides' Erwachen, welche Dichtung Goethe für Berlin zur Jahresfeier der VölkerFebr 6.] schlacht bei Leipzig geschrieben und am 30. März 1815 dort gegeben worden war, konnte nicht, wie er gewünscht, am 18. Oktober desselben Jahres auf der weimarschen Bühne zur Darstellung kommen und wurde erst am 30. Januar [7. Febr] 1816 zur Aufführung gebracht. | Für die Ausstattung hinsichtlich der Dekoration, Maschinerie und Kostüme war das Möglichste getan. Neue Uniformen hatte man für die Armeen der Preußen, Russen und Engländer machen lassen; zum Glück trug das Militär damals noch keine Waffenröcke, sonst hätte die Theaterkasse sich bankrott erklären müssen. Goethe überwachte das Ganze mit unermüdlichem Eifer und war bei den Proben äußerst sorgsam, besonders was die Gruppierungen betraf. Alle Augenblicke donnerte er ein „ H a l t ! " den Darstellenden zu; dann hieß es: „Madame Eberwein 1 ) - g u t ! " „Madame Unzelmann 2 ), mehr v o r ! " - „Herr Wolff 3 ), den Kopf mehr lauernd nach rechts gebogen, sonst g u t ! " - „Herr Oels 4 ) - sehr g u t ! " - „Der darauf Folgende - schlecht!" und nun begann die Auseinandersetzung. Es war eine Eigenheit Goethes, den Schauspieler, mit dem er unzufrieden war, niemals bei seinem Namen zu nennen; man konnte dies nun nehmen, wie man wollte, als Rücksicht oder Kränkung. Mein Vater behauptete, es sei das erstere . . . Der erste Akt dieses Gelegenheitsspieles bewegt sich im Antiken und Allegorischen, erst im zweiten Akt, wo der Jugendfürst erscheint, tritt die Handlung in die Gegenwart und verschwistert sich am Schluß wieder mit der früheren. Bei dem Siegeszug trat zuerst Blücher mit der preußischen Armee auf, dann Schwarzenberg an der Spitze Österreicher, dann Wittgenstein mit den Russen, und endlich kam Wellington mit den Engländern. Jede dieser Armeen bestand, außer den Feldmarschällen und einigen Adjutanten, aus zehn Mann Statisten - da konnte das Publikum recht sehen, was dieser Kampf um die Freiheit des Vaterlandes für Menschenopfer gekostet hatte! | Aber Scherz beiseite, das Ganze war nach unsern Verhältnissen würdig in Szene gesetzt und machte sich gut. Goethes Ausspruch über Komparserie war: „Die Wirklichkeit, die aus Hunderttausenden besteht, kann auf einem so engen Räume, wie die Bühne bietet, doch nicht verkörpert werden; ob man da zehn oder hundert Mann erscheinen läßt, bleibt sich gleich, man möge sich die andern dazu denken." | Es versteht sich von selbst, daß jeder dieser Feldherren vom Publikum mit ungeheurem Jubel begrüßt wurde. [Jan
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G. Eberwein: Das Personal der weimarischen Bühne. 1857 (GG 2, 1132f.): [Bei] den 2 1 . / Proben von Epimenides' Erwachen . . . war eine gereizte Stimmung bei ihm [G] unverFebr 6.] kennbar. Zum Teil waltete ein Unstern über jener Vorstellung. Die Darstellerinnen der Liebe [Unzelmann] und des Glaubens [Eberwein] befanden sich in gesegneten Umständen. Die Zufälligkeiten im Gefolge dieses Segens blieben nicht aus. Bald bat die Liebe wegen heftiger Zahnschmerzen um Dispensation von der Probe, bald der Glaube. Im höchsten Grade über diese Störungen aufgebracht, ließ Goethe sogleich die ganze Probe absagen. Anselm Webers Musik entsprach Goethes Erwartungen nicht durchaus.
menides Urtheil der erste halbe Jg. des von Levezow hsg. Dramaturgischen Wochenblatts sowie die Gedichte Abschied von der Heimat u. Die Baukunst bei (Ruppert, Nr. 2517, 1013, 1014f.). 1) In Epimenides als Glaube. 2 ) Darstellerin der Liebe. 3) Einer der Dämonen der List. 4) Einer der Dämonen der List.
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Graff (Epimenides) mußte sein erstes Auftreten wohl sechsmal wiederholen. Eine Schauspielerin [A. Wolff als Hoffnung?], welche eine Ohnmächtige längere Zeit mit dem linken Arme zu halten hatte, bat um Erlaubnis, jene im rechten Arme halten zu dürfen, weil ihrem linken die Kraft dazu fehle. „Das ist die Folge Ihrer schlechten Erziehung", versetzte Goethe, „Ihre Eltern hätten darauf bedacht sein müssen, Ihre Arme gleichmäßig zu kräftigen!" Selbst die Jagemann ließ er hart an, als sie nicht sogleich eine Stellung ausführte, die er befohlen. Epimenides wurde nicht wiederholt. Der aufgeregten Volksmasse jener Zeit war diese Dichtung zu subtil.
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21. Epimenides 1. Abtheilung Singprobe . . . [Nachmittags] Epimenides 2. Abtheilung. 21. [Weimar] Ernestine Engels Tagebuch (JbSK 1, 85): Nachtisch zu Wolff, dann mit ihm zum Geheimerath in die Probe von Epimenides.
23. [Nachmittags] Probe Epimenides 1. Act. 23. [Weimar] Ernestine Engels Tagebuch (JbSK 1, 86): Nachmittags um 4 Probe von Epimenides auf dem Theater. Ich wollte mit mehreren im Proscenium zusehen; Goethe nahm es übel und war böse. 24. [Weimar] Ernestine Engels Tagebuch (JbSK 1, 86): Die Probe vom 2. Akt des Epimenides, die heut sein sollte, wurde wegen Krankheit der Wtolff] 1 ) und [Regina H.] Eberweins abgesagt.
25. Probe vom Epimenides 2. Theil. Kamen Abends Capellmeister Weber und Director Schadow. 25. [Weimar] Ernestine Engels Tagebuch (JbSK 1, 86): Ich ging zu Lortzings, 2 ) die Probe vom 2ten Akt des Epimenides war eben aus.
26. Capellmeister Weber und Director Schadow bey mir . . . [Nachmittags oder abends] Ganze Probe vom Epimenides. 26. [Weimar] Ernestine Engels Tagebuch (JbSK 1, 87): Als ich gegessen hatte, ging ich zu Wolffs. Nachher zusammen in die Probe von Epimenides. Weber von Rerlin war in der Probe. Ich sprach mit ihm . . .
27. Berathungen mit Capellmeister Weber. 27. An Knebel (Br 26, 234): Hier, mein werther Freund, sende dir Berolinensia3) . . . Director Schadow und Capellmeister Weber sind hier. Die Proben vom Epimenides gehen rasch und gut, doch wird uns die Trauer um die höchstbedauerte Erbgroßherzogin von Mecklenburg wohl die Aufführung des Mittwochs [30. Jan] verkümmern. 4 ) 27. [Weimar] Ernestine Engels Tagebuch (JbSK 1, 87): Früh zu Wolffs; sie lag wieder im Rett. Nachher in die Probe von Epimenides, wo Weber mit dirigirte; ich hatte aber nichts zu thun. ) In Epimenides die Muse u. die Hoffnung. ) J. F. Lortzing, in Epimenides einer der Dämonen der List, Reate A. E. Lortzing Darstellerin der Einigkeit. 3) Dichtungen Levezows, u. a. ein Ex. von Des Epimenides Urtheil. 4) Am 12. Jan war Carl Augusts Tochter Caroline verstorben; G's Tgb notiert 24. Jan: Trauer-Anfang wegen der Erbgroßherzogin von Mecklenburg. Kein Schauspiel. Die Epimenides^orstellung wurde auf 7. Febr verschoben. 1
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[Jan 27.] An C. F. E. Frommann (Br 26, 233): Einige Berliner Nova lege bey zu gefälliger Betrachtung.1) 28. [Weimar] B. A. Weber an G (GSA 2 8 / 6 9 Bl. 53): Ew: Excellenz | danke ich mit reinem Herzen für so viele Liebe und Theilnahme, die mir Hochdieselben in jeder Hinsicht bewiesen. Das ganze, wie es Ew: Excellenz zusammen gezogen haben, ist vortrefflich, und für den Zuhörer im Konzert deutlich und verständlich. 2 ) Ich habe pag: 57 nur den allgemeinen Chor: „und nun vor allen" noch gestrichen, statt dessen die erste Melodie bei der Aufführung wiederholt würde. 28. [Weimar] H. Meyer an G. Hufeland (GG 2, 1128): Übermorgen soll hier zur Feier des Geburtstags der Frau Großherzogin Goethes Epimenides mit einigen von ihm eingerückten Abänderungen gegeben werden. Der Kapellmeister Weber von Berlin ist selbst gekommen, um seine dazu komponierte Musik zu leiten. Soviel ich darüber urteilen kann, ist dieselbe recht gut geraten, angemessen, gefällig und ausdrucksvoll . . .
29. Mittag die Berliner und andere Freunde. 29. [Weimar] Charlotte v. Schiller an Knebel (Charl. Schiller - Knebel 249): Ich muß Ihnen noch sagen, warum ich heut schreibe eigentlich. Daß nach allen Resultaten das letzte ist, daß die Großherzogin Mittwoch nicht ins Theater geht, sondern acht Tage später; bis dahin wird auch „Epimenides Erwachen" gegeben. 30. [Jena] Charlotte v. Schiller an Knebel (Charlotte Schiller 3, 363): Mittwoch, sagt man, sei E p i m e n i d e s ; davon müssen Sie mir auch schreiben. 31. [Jena] C. F. E. Frommann an G (GSA 2 8 / 6 9 Bl. 60f.): . . . Da indes die gehofte Vorstellung des Epimenides nach dem Zeddel ausbleibt und einige Geschäfte mich eben heute hier aufhalten, so habe ich meinen morgenden Besuch noch bis Sonnabend oder heute über 8 Tage ausgesezt . . . Die Berliner Nova lege ich mit dem gehorsamsten Danck für deren gütige Mittheilung wieder bey . . . Febr
1. [Jena] Knebel an G (GSA 29/315,11 St. 4f.): Für die beiden hübschen Gedichte [Levezows], die Du mir noch zuletzt geschickt hast, danke ich Dir gar sehr. Es freut mich ungemein, einen Dichter darin zu erkennen, der Deine Fußstapfen mit so viel Glück und Geist verfolgt. Auch das gefährliche Unternehmen eines zweiten Epimenides scheinet ihm nicht ganz misglückt zu haben . . . Hier haben die mancherlei Friedensfeste auch mancherlei Produkte hervorgebracht . . . Der Ton dieser Lieder ist meist nur fromm, wie in Kirchengesängen, oder erhebt sich zu einem Freiheitjauchzen. Von Epimenidischer Art ist wenig darin zu finden.
1. Capellmeister Weber Abschied genommen3) ... Um 4 Uhr Probe des Epimenides. 1. [Weimar] Ernestine Engels Tagebuch (JbSK 1, 88): Nachmittag . . . zur Lortzing. Kreppel gegessen und Wein. Dann zur Probe von Epimenides.
2. 4 Uhr Probe Epimenides. 2. [Weimar] Ernestine Engels Tagebuch (JbSK 1, 88): Ganz früh zur Wolff. - Sie machte sich ein weißes Raschkleid; 4 ) ich nähte den Rock und blieb den ganzen Tage bis zur ) U. a. ein Ex. von Levezows Des Epimenides Urtheil. ) Betr. Kürzung des Epimenides für Webers konzertante Leipziger Aufführung vom 13. Febr 1816. 3) Zu Proben in Leipzig; am 7. Febr zur Aufführung des Epimenides war Weber wieder in Weimar. 4) Für ihre Rolle in Epimenides. Rasch: leichte, lockere Wolle. 1
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Probe dort. - In der Probe auch sehr krank; nach der Probe mit Unzelmann nach Hause.
Febr 4. Abends Heereszüge und Chöre aus Epimenides. 6. [Nachmittags] Hauptprobe auf den Epimenides. 6. [Weimar] Ernestine Engels Tagebuch (JbSK 1, 89): Nach dem Essen zu Wolfis; mit ihnen in die [Haupt-]Probe. Ich blieb drinnen und sah zu. Ging auch zu Goethe; er war freundlich. 7. [Weimar] Ernestine Engels Tagebuch (JbSK 1, 89): Den ganzen Morgen und auch Nachmittag noch genäht . . . Später zu Wolfis; ich spielte einen Robber mit ihr. Hernach starkes Kopfweh. Ich zog Luizusammen ins Theater [zur Epimenides-Aufführung]; sen, 1 ) die Eberwein und Unzelmann an und half noch mehrere. Heut kamen die neuen Schauspieler an. Der Hofrath Meyer kam aufs Theater, lobte meinen Anzug sehr. Nachdem ich mit meiner Rolle fertig war, ging ich zu Goethe in seine Loge; er war sehr zufrieden. Der Bergrath Voigt aus Jena mit seiner Frau und die [Luise] Seidler waren drinnen, auch der Hofrath Meyer. Kirms und Weber kamen auch auf einen Augenblick. Nach der Komödie nach Hause. 7. Theaterzettel: Weimar, | Mittwoch, den 7. Februar 1816. | Epimenides Erwachen. | F e s t s p i e l i n z w e i A u f z ü g e n , v o n G o e t h e . | Musik von Kapellmeister Weber. 2 )
7. Capellmeister Weber . . . [Abends] Vorstellung des Epimenides. 8.3) An S. Boisseree (Br 26, 250): Heute Abend wird Epimenides aufgeführt, es ist daher ein sehr unruhiger Tag. 8. [Sendung] An Boisseree . . . 10. [Weimar] Ernestine Engels Tagebuch (JbSK 1, 90): . . . zur Eberwein, disputirte ihr einen andern Kopfputz [für die 2. Aufführung] auf . . . Gleich nach Tisch wieder zu Wolffs; sie hatten beide starkes Kopfweh. Dann mit ihr ins Theater. Ich zog wieder alles an, die Wolff blieb krank, der Unzelmann platzte die Binde. 10. [Weimar] J. G. Schadow an G (GSA 3 0 / 2 9 2 Bl. 46f.): Ew. Excellenz | Müssen wir zuerst anzeigen, daß auf Morgen früh Sontag den I l t e n unsere Abreise bestimmt ist. In der That kann der Gapellmeister Weber nicht länger verweilen, denn auf Montag V[or] M[ittag] hat er Probe und Dienstag Abend sein Goncert in Leipzig gedruckt angezeigt. 4 )
10. Im Palais bey Schadow und Weber5) . . . [Nachmittags] Director Schadow und Weber . . . Abends in der zweiten Vorstellung des Epimenides. 10. An Graf C. F. M. v. Brühl (Br 26, 252f.): Sie haben . . . durch Beurlaubung des Herrn Capell-Meister Weber uns so eine besondere Gefälligkeit erzeigt und Anlaß zu so manchem Guten gegeben, daß ich ihn nothwendig als Friedensboten an Sie entlassen muß6) . . . Herr Capell) Luise Beck, eine der Genien in Epimenides. ) s. Abb. l i l a u. Illb. 3 ) Absendungsdatum. Diktiert vermutl. schon am 7. Febr, dem Tag der 1. Aufführung. 4) Die Vertonungen von Des Epimenides Erwachen u. Schillers Ballade Der Gang nach dem Eisenhammer. - Das Folgende s. in „Blüchers Denkmal [I]" gD, EGW 1, 301. 5) Im Wittumspalais, wo Schadow u. Weber 25. Jan - 11. Febr logierten. 6) Wegen Abwerbung des Ehepaars Wolff u. Weigerung, die Berliner Schauspielerin Düring für Weimar freizugeben, hatte sich Graf Brühl am 3. Jan 1816 bei G entschuldigt (RA 7, 34f.). 1
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Meister Weber wird von unsern hiesigen Zuständen und Exhibitionen Rechenschaft geben. Sowohl er als Director Schadow haben uns sehr angenehme und lehrreiche Stunden verschafft. | Herrn Professor Levezow haben Sie die Güte für das Übersendete und Gemeldete schönstens zu danken . . . [Jan 2 3 . / [Berlin, Weimar] J. G. Schadow (Kunstwerke 1, 111-14): Unser Kapellmeister Anselm F e b r i l . ] Weber hatte den „Epimenides" in Musik gesetzt. Der Ruf davon veranlaßte in Weimar den Wunsch, die Musik dort zu hören. Herr v. Goethe hatte die Leitung des FürstBlücher-Denkmals in Rostock übernommen, und so wurde die Anwesenheit des Bildhauers und des Komponisten in Weimar für nötig erachtet. Dem Rufe gerne folgend, fuhren wir am 23. Januar hier ab . . . [26. Jan im Hause Schopenhauer] Stromeyer 1 ) sang einiges aus dem „Epimenides"... [29. Jan bei Carl August] Das Gespräch betraf . . . den Epimenides . . . [7. Febr] Am Abend war die erste Vorstellung des „Epimenides" für Anselm Weber das Ziel seiner Reise. Der Hof und das Publikum waren zugegen mit gespannter Erwartung; von den Musikfreunden und Kunstgenossen erhielt der Komponist die ehrendste Anerkennung und vom regierenden Herzog eine goldene Dose . . . [11. Febr] . . . fuhren wir ab von Weimar . . .
Febr 13. An Cotta (G-Cotta 2, 7): Der Rest der Sendung [Bd 7 u. 8 für Ausg. B] liegt bereit. Ich will nur noch den E p i m e n i d e s , wie er hier gespielt worden, hinzufügen. 13. J. G. Schadow (Kunstwerke 1, 115): Der 13. Februar war für Anselm Weber der bedeutende Tag, an welchem derselbe [in Leipzig] im Konzertsaale den „Epimenides" und den „Gang nach dem Eisenhammer" gab; er wurde sehr begünstigt durch die Artigkeit seiner dortigen Kunstgenossen, wodurch die Aufführung schnell und gut zustande kam. 13. [Jena] Charlotte v. Schiller an Knebel (Charlotte Schiller 3, 363): Noch haben Sie mir keine Zeile von so wichtigen Nachrichten geschrieben, die sich nun fast täglich in Weimar zutragen. Jetzt sind alle S t a a t s l e u t e ! das macht das neue politische System und die W a c h s a m k e i t ! Auch von E p i m e n i d e s noch nicht ein Wort! Man lobt die Dekorationen sehr.
14. Revidirt den Schluß [. Epimenides] des 8. Theils meiner Werke [Ausg. B]. 14. [Weimar] Charlotte v. Schiller an Knebel (Charl. Schiller - Knebel 249ff.): Ich habe gar zu wenig Ruhe des Geistes gehabt in diesen Tagen, lieber Freund, sonst hätte ich Ihnen schon Bericht erstattet, zumal vom „Epimenides". Es ist immer eine Vorstellung, die bedeutend ist, und in dem Darstellen empfindet man erst recht die Größe und den Reichthum der Idee. Die Sprache ist wunderschön und Anklänge einer glücklichen Vergangenheit, der besten Zeiten, wo Goethe noch aller Wirksamkeit seines Geistes vertraute. Als Plan eines dramatischen Werks ist Manches, meinem Gefühl nach, nicht klar genug für die Darstellung, aber als ein Gedicht, mit Handlung begleitet und mit allen Bedingungen der Außenwelt einverstanden, wozu die Decorationen und Verwandlungen gehören, die sehr gut ausgefallen, ist es eine interessante Erscheinung, und wer nicht befriedigt ist, zeigt sich selbst am meisten, daß er weder gerecht noch kunstliebend ist. Bei Gemüthern, die sich die Poesie erklären wollen, statt sie zu fühlen, ist ohnehin Alles verloren, was ein reines erhebendes Gefühl voraussetzt. Auch fühlt man bei solchen Gelegenheiten immer, daß wir keine Nation sind, daß wir kein großes
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) In Epimenides der Dämon der
Unterdrückung.
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Ganze ausmachen; denn solchen Gemüthern ist jeder Bezug reich und ansprechend, und fünftausend Menschen empfinden mehr als einige hundert. | Die (musikalische) Composition ist sehr brilliant, was das Kriegerische betrifft. Ich möchte einige Stellen, die ich sehr liebe, ansprechender ausgedrückt haben, doch da würde man mich wol nicht verstehen! denn in solchen Ereignissen fühlt man nur zu tief, daß die gute und goldne Zeit, wo man die Poesie mit Liebe und Gefühl aufzunehmen vermochte, vorüber ist.
Febr 15. Verbindung des Epimenides mit dem Vorhergehenden. 1 ) 16. [Jena] Knebel an Charlotte v. Schiller (Charlotte Schiller 3, 364): Sie sehen [im Brief vom 14. Febr] mit wohlgefälligen Augen und hören auch so. Andere waren nicht so zufrieden. Die Musik wollte ihnen nicht recht an's Herz gehen, und dann fanden sie, dass manches in der Allegorie zu fein und daher zu unbestimmt für den anschauenden Sinn sei . . . Zuletzt aber die Mischung von moderner Tracht und Sitte mit der antiken that ihnen gewaltig weh - und auch das kann ich mir denken. Wir wollen also nur das Stück fleissig lesen, das so viel Vortreffliches und Gemüthliches enthält . . . Ich glaube, wenn man den alten H e r m a n n hätte auftreten lassen und das nordische Unzeug, hätten manche mehr Gefallen daran gehabt . . . 18. [Berlin] Zelter an G (MA 20.1, 401): Schreib mir doch ein Wort über den Epimenides, ich bin höchst begierig. Was Müller 2 ) davon sagen wird, kann ich mir denken.
18. An die Hoftheater-Commission (Br 26, 265f.): Einer Groß-Herzoglichen Theater-Commission ist gewiß noch erinnerlich, daß, eh unser Theater auf dem hohen Grade der Bildung stand wie gegenwärtig, Schauspieler sich manchmal erdreisteten über aufzuführende oder aufgeführte Stücke mißbilligend zu sprechen und dadurch die wohlgesinnten Glieder der Gesellschaft, ja das Publicum irre zu machen. Durch diensame Bemerkung ward endlich dieses Übel völlig getilgt, so daß mir wenigstens keine Spur mehr davon vorgekommen ist. | Nun aber scheint sich diese Roheit im Orchester einzufinden, indem ich, von vielen Seiten, hören muß, daß Glieder der Capelle, im höchsten Grad der Unverschämtheit, gegen des Epimenides Erwachen und dessen Musik leidenschaftlich auftreten, so daß man nicht weiß, ob man über Gemeinheit oder Dünkel sich mehr verwundern solle. Läßt man ein solches Verfahren ungeahndet, so hängt es in der Zukunft von solchen sinnlosen Menschen ab, ein, mit so vielem Bedacht, Sorgfalt, Mühe und Kosten zu Stande gebrachtes Werk zu verschreyen und dessen Wiederholung zu verhindern. | Die Sache betrifft mich so nah, daß ich Großherzoglicher Commission die Maaßregeln deshalb völlig überlassen
) Zwei von G dem Festspiel für den Druck in Ausg. B (Bd 8, 421f.; W 16, 331f.) vorangestellte Stanzen stellen eine Verbindung zwischen Epimenides u. den vorausgehenden 7 Huldigungsgedichten her, die G 1810 u. 1812 Im Namen der Bürgerschaft von Carlsbad der Kaiserin Maria Ludovica, Kaiser Franz u. der Gattin Napoleons Marie Luise, gewidmet hatte (B 8, 4 0 0 - 4 2 0 ) . Die 1. Stanze Den Frieden kann das Wollen nicht bereiten greift den Schlußvers der Huldigungsgedichte Der Alles wollen kann, will auch den Frieden auf u. variiert ihn. 2 ) Vermutlich der Weimarer Hofkapellmeister A. E. Müller. 1
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muß, nur das erkläre ich, daß keine auf meinen Text neucomponirte Oper hier am Orte jemals aufgeführt werden kann, damit mir dieser schöne und wichtige Theil unserer theatralischen Darstellungen nicht noch mehr Verdruß errege, als bisher schon geschehen ist. | Großherzoglicher Commission, wie obgedacht, die deshalb räthlichen Verfügungen nach Uberzeugung, auch ohne meine Concurrenz, zu geneigter Ausfertigung überlassend . . . F e b r 21.
[Leipzig] Allgemeine Musikalische Zeitung, Nr. 8, Sp. 125f.: Am 13ten Febr. gab der königl. preuss. Kapellm., Hr. B. A. Weber, ein Goncert zu seinem Besten. Der erste Theil enthielt das berühmte göthe'sche Festspiel: des Epimenides Erwachen - v o m Dichter selbst für's Goncert eingerichtet; so weit dies nämlich eben solch ein Werk, wo schon beym ersten Entwürfe auf Anwendung aller erdenklicher Mittel scenischer Darstellung, als wesentlicher Bestandtheile, gerechnet ist, dies zulässt. Auch Hrn. W.s Musik ist ganz szenisch, und am wenigsten darin gespart, was man Theatereffecte nennet. So konnte denn das Ganze, blos als Concertstück, allerdings nicht in dem Maasse durchgreifend wirken, wie von der Bühne; ja, manche der sinn- und gedankenschweren Aussprüche des Dichters las und erwog man lieber, als man sie gesungen hörete. Doch machten folgende Musikstücke, auch wie sie hier zu Gehör kamen, einen starken, würdigen Eindruck: die Ouverture; die (sehr glücklich einfallende) Begleitung zur ersten Scene des Kriegsdämons; das Ghor des Gefolges der List; die Arie des Dämons der Unterdrückung; mehreres in der herrlich gedichteten Scene, wo Epimenides erwacht wieder hervortritt, vornämlich die tiefrührenden, v o m Gomponisten in schöner Einfalt behandelten Worte: Hast du ein gegründet Haus etc., und in der Arie der Beharrlichkeit vornämlich die mit Ghor verbundenen Stellen. - Im zweyten Theile gab Hr. W. Schillers Gang zum Eisenhammer . . . Hr. Wehrstedt, v o m hiesigen Theater, sprach dies Gedicht, und i m Epimenides, was von Männern zu sprechen ist; und sprach mit schönem, klingendem, jeder Modulation fähigem Organ, reinem Dialekt, durchaus deutlich, richtig, natürlich, angemessen, und mit schönem Ausdruck; auch mit genauer (und schwieriger) Beobachtung der Gränzen zwischen dem Vortrag des Rhapsoden und des Schauspielers. - Schade, dass Hr. Kapellm. W. den Genuss vieler schöner Stellen seiner Musik durch ein - wenigstens hier - ganz ungewöhnlich lautes Dirigiren selbst störete! - | Zwischen diesen beyden Werken spielten zwey junge, hier studirende Künstler, Hr. Anacker (der auch die erste Basspartie im Epimenides sehr gut sang,) und Hr. Hartknoch, Dusseks Goncert für zwey Pianoforte.
24. An T. M. Eberwein (Br 26, 270): Leider hat sich indessen der Fall ereignet, daß bey der Aufführung des Epimenides durch ungeschickte Urtheile und mißwollendes Betragen soviel Verdrießlichkeit entstanden, daß ich ein Gelübde gethan, keine neue Composition auf einen meiner Texte hier sobald aufführen zu lassen, damit nicht etwa abermals die Gastfreundschaft gegen einen fremden Componisten, so wie der mir schuldige Respect verletzt werde. Es thut mir sehr leid, daß ich durch diesen Umstand verhindert bin, durch Theilnahme an Ihrer Arbeit meinen guten Willen so wie die günstige Meinung zu bethätigen, die ich von Ihren Talenten hege. 24.
[Weimar] Ernestine Engels Tagebuch (JbSK 1, 92): Später zur Goethen. Sie erzählte mir eine Geschichte von Eberwein und Moltke, 1 ) worüber Goethe fürchterlich aufgebracht war, den Epimenides betreffend.
)
1
Jugendfürst
(Chorführer)
in
Epimenides.
1816 März
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8. [Jena] J. D. Gries an B. R. Abeken (Graf II 1, 402f.): Goethes ,Epimenides' machte auf dem Theater eine langweilige Erscheinung. Ich habe nie ein Stück gesehen, das mit so grossen Zurüstungen so wenig ausrichtete; darüber ist nur Eine Stimme. Aber freilich ist auch die Musik (von Weber aus Berlin, der selbst zugegen war) sehr mittelmässig, und die Ballete, die Cavallerie, die in B.[erlin] das Stück auf den Beinen hielten, fehlten natürlich in W.[eimar] ganz. Es wird schwerlich wieder aufgeführt werden . . .
11. Sendung an Cotta nach Stuttgart: den 7. und 8. Band meiner Werke [Ausg. B], 11. An Cotta (G-Cotta 2, 11): . . . vermelde daß heute der 7te und 8te Band meiner Werke mit der fahrenden Post abgeht, wodurch also die 2te Sendung [B 5-8] geschlossen ist . . . Gefällige baldige Nachricht der Ankunft des Paquets mir erbittend. 11. An Zelter (Konzept; Br 26, 416): Epimenides hat sich in solcher Beschränkung auch ganz gut ausgenommen, wir folgten auch hier unserer alten Maxime des Symbolisirens, wo der Raum keine Wirklichkeit erlaubt. Apr
3. [Berlin] Graf G. F. M. v. Brühl an Herzog G. F. A. v. Mecklenburg-Strelitz (Abschrift; GSA 25/XX,12 D Bl. 53): Da zu der mit allerhöchster spezieller Erlaubniß am künftigen Freitag statt habenden Darstellung des Goetheschen Festspiels: Des Epimenides Erwachen die Erscheinung mehrerer Soldaten der verschiedenen Garde Regiment Garde Jäger, Garde Schützen und der Garde du Corps auf dem Theater in completter Montirung nöthig ist, so ersuche ich Ew Hoheit | den hiezu benöthigten Soldaten die Erlaubniß zu ertheilen. 6. [Berlin] Zelter an G (MA 20.1, 411f.): Epimenides hat gestern einen guten Abend gegeben und das große Haus war voll. Manches wünschte ich doch wohl daß Du es sehn könntest. Der Epimenides, die List, Unterdrückung und Hoffnung können nicht besser besetzt sein, wiewohl das Ganze für uns nie zum Aufschluß kommen wird, da man immer rund herum tappt und fast naiv den Eingängen vorbei geht. Die Urteile selbst der Wohlmeinenden darüber sind so absolut schweigenauflegend daß ich mich gern entferne wenn ich kann. Jetzt haben sie's mit den Ständen und da heißts nur immer: Wer wird diese oder jene Stelle kriegen? und was wird er dafür kriegen? mir wird fast angst bei der Sache, welche von der kalten Seite betrachtet sehr unruhig und unbequem werden kann, da alles nach außen auf etwas hin arbeitet was sie noch weniger kennen als ihr Innres . . . Der Gesang des Epimenides: Hast du ein gegründet Haus wurde gestern ausgelassen und ich gestehe es tat mir leid. Mit Webern habe ich darüber gar nicht sprechen mögen da ich wohl weiß, daß er froh ist so weit fertig zu sein. Er ist wie eine Kokusnuß; man kann ihm nur mit einem Messer in der Hand beikommen und Du wirst ihn Dir nun wohl näher besehn haben.
Okt
5. [Goesfeld] G. W. Grote an G (GSA 2 8 / 7 2 Bl. 428): Als einen kleinen Beweis meiner unbegränzten innigen Liebe und Hoffnung sende ich Ew. Hochwohlgeboren hiebei die bis jetzt erschienenen Stücke der Thusnelda 1 ) . . . Die Anzeige Ihres herrlichen Festspiels ist von mir, so wie überhaupt alles mit -o- unterzeichnete.
22. An Cotta (G-Cotta 2, 28): Ew: Wohlgeboren | vermelde dankbar, daß die Exemplare der zweyten Sendung glücklich angekommen sind.
Unterhaltungsblatt, hsg. von Grote u. F. Raßmann. Jg. 1816 Nr. 65 Anzeige des Epimenides (Ruppert Nr. 335).
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ERWACHEN
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Druck und Papier nehmen sich recht gut aus, auch den Maitre en page muß man höchlich loben, daß er ohne übermäsigen Aufwand von Raum, die Gedichte, besonders den Epimenides wohl eingetheilt hat. Nov
4. [Nachmittags] Thusnelda, Monatsschrift von Grote und Raßmann.
1817 Jan
29. An C. Haffner und Genossen 1 ) (Konzept; Br 27, 325): Was ich über die große Angelegenheit auszusprechen wagte ist in Rede und Gesang durch das für Berlin mit Vergnügen gearbeitete Festspiel: Epimenides, geschehen und so wüßt ich auch nicht, wie ich, im Allgemeinen genommen, verschiedene Chorgesänge des Stücks überbieten könnte. Apr 17. [Jena] An Cotta (G-Cotta 2, 39): . . . [Erwägungen für Ausg. C 1 ] In den vierzehenden Band . . . Des Epimenides Erwachen. 2 )
1818 Febr 11.
[Weimar] A. v. Goethe an G (Sanford 1, 3 0 8 f . ) : 3 ) Durch H e r r n Ganzlar von Müller werden Sie j a wohl unterrichtet seyn daß eine Gesellschaft von circa 5 0 Persohnen auf der, zur Feyer des Geburts-Tags [16. Febr] der Großfürstin [Maria Pawlowna] gehalten werdenden Resourcen Redoute, sich entschlossen h a t eine R e i h e Ihrer Stücke darzustellen, welche nachfolgende sind. | 1. Epimenides. | 2. Die Laune des Verliebten | 3. M a h o m e t | 4 . E g m o n t | 5. Iphigenie | 6. Tasso | 7. Götz von Berlichingen. | Meine Absicht geht dahin den Zug mit der Muse, von zwey Genien begleitet eröffnen u. hierauf den Epimenides ebenfalls mit zwey Genien folgen zu lassen. Sodann wird der Jugendfürst der Glaube, Liebe, Hoffnung, Einigkeit u. Beharrlichkeit folgen. Die feindlichen Däm o n e n , der List des Kriegs u. der Unterdrückung, bleiben weg weil niemand da war sie vorzustellen, und man könnte sogar i n den zu machenden Versen eine anspielung darauf m a c h e n . | Ich habe mir ferner gedacht daß die Muse die B e s c h r e i b u n g des Zuges in Stanzen (nämlich für jedes Stück eine) den Herrschaften überreichen könnte welches wie ich glaube n i c h t unpassend seyn dürfte. | D a Sie bester Vater jetzt von drängenden Arbeiten frey eine heitere Villa bewohnen so mögte ich Sie wohl i n Anspruch n e h m e n J a Sie i n aller Nahmen dringend bitten wie i m m e r in solchen Gelegenheiten der R e t t e r i n der Noth zu seyn und uns auf vorbemerkte Stücke für jedes eine für diese Gelegenh e i t passende Stanze zu machen. | Ich hoffe Sie werden uns damit und wie Sie die Stücke auf einander folgen lassen wollen bald b e s c h e n k e n . | Ich schreibe deshalb mit der reitenden Post damit wo möglich und spätestens Montag das von I h n e n geschrieb e n e und erbetene in meiner Hand sey da Mittwoch schon die Redoute seyn soll und also der Dienstag blos zum D r u k übrig bleibt. | Um das nicht erscheinen der schädlichen D ä m o n e n zu b e s c h ö n i g e n hatte ich mir eine Entschuldigung wie beyliegt 4 ) ausgedacht, und wenn Sie den Gedanken n i c h t ganz unpassend finden so könten Sie nach gefälligen Abänderungen Gebrauch davon machen.
Antwort auf die Bitte von Berliner Studenten (G. Haffner u . a . ) v o m 2 2 . J a n 1 8 1 7 u m patriotische Lieder zum Jahrestag (9. Febr) ihres Auszugs i n den Befreiungskrieg (RA 7, 2 8 4 , Nr. 7 3 6 ) . 2) Endgültig platziert in Bd 13 (s. oben D). 3) Nach Hs. korrigiert. 4) Nicht überliefert.
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Febr 13. [Jena] An A. v. Goethe (Br 29, 49f.): Ich sage soviel! Hättest du mir, gleich als ihr den Entschluß faßtet, Vorsatz und Wünsche gemeldet; so wäre vielleicht etwas zu thun gewesen; nun scheint es aber ganz unmöglich. Von Herrn von Müller vernahm ich das erste Wort, und dachte in meiner Art nach, was Poetisches allenfalls hier zu Hülfe kommen könnte. Wobey ich denn fand daß eine a l l g e m e i n e E i n l e i t u n g hinreichend, ja allein schicklich sey: denn da sie lauter bekannte Masken sind, so kann man die leichte Auflösung des Räthsels der Sagacität des Zuschauers wohl überlassen. Wollte man aber ja ein jedes Stück einführen, so würde es ein dritter schicklicher thun als der Dichter selbst, der sich eigentlich nur wiederholen müßte, wenn der dritte gegen ihn und das Publicum zugleich galant seyn darf. Zeige dieses Herrn Canzlar vor, in solchen Dingen ist derselbe gar glücklich. Er hilft euch wohl bald aus aller Verlegenheit. Es müssen ja nicht ewig Stanzen seyn, für jedes Stück fände sich eine eigne Form . . . Bringe ich etwas zusammen, so laß ich's gleich hier drucken . . . Rechnet aber nicht darauf: denn ich weiß jetzt noch gar nichts davon. | Daß die drey bösen Dämonen wegbleiben ist sehr gut und braucht keine Entschuldigung. In ihrer alten herrlichen Gestalt sind sie zum Teufel geschickt und wie sie jetzt, von dorther wiederkehrend, abermals unter uns walten, würden sie, obgleich maskirt, sich auf einem Maskenball sehr schlecht ausnehmen . . . Grüße die sämmtlichen Wohlwollenden zum allerschönsten, sie mögen ja fleißig beten, damit noch etwas zu Stande komme; die Muse besonders und die Hoffnung sollen's an ihrem Einfluß nicht fehlen lassen. 16. [Jena] Stanze für Weimar. 16. Der Abwesende dem Maskenfest. Zum 16. Febr. 1818 (W 4, 59): So wandelt hin lebendige Gestalten, Bewegten Lebens reichliche Gebilde, Dem schönsten Tage lasset Liebe walten, In Reihen schmückt elysische Gefilde. Ergetzen sollt ihr, geistreich unterhalten, Belehren auch und warnen freundlichst milde. Der Dichter alle segnet euch zum Frieden, Abwesend sei es oder abgeschieden.
1825 Jan
12. Anordnung der neuen Ausgabe von G's Werken (QuZ 2, 113): Künftig | IX. [Bd] Claudine v. Villa Bella bis Epimenides Erwachen. | bis jetzt [Ausg. B] | VIII. [Bd] 13. Inhaltsverzeichnis der neuen Ausgabe von G's Werken (QuZ 2, 117): Neue Ausgabe | IX. [Bd] Opern . . . Des Epimenides Erwachen. | Ältere [Ausg. B] | VIII. [Bd]
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Mai
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22.
1825
[Jena] J. F. A. Göttling an G (QuZ 2, 179f.): Ew. Excellenz | habe die Ehre hierbei den 7. u. 8ten Band der Werke [Ausg. B] zurückzusenden. Das wenige, welches ich dabei zu bemerken habe, ist folgendes . . . Im a c h t e n B a n d e . . . S. 4 4 9 (Des Epimenides Erwachen) ist mir die grammatische Construction in dem Satze: Wie? Du Holde, das Verlangen | Deine Schwester zu umfangen | Weigert sich die süße Brust? | nicht ganz klar. 1 ) Eben so ist mir S. 4 6 2 eines Druckfehlers verdächtig in den Worten: es erscheint ein K o m e t u n g e h e u e r . 2 )
1826 Juli 19. Anzeige von Goethe's sämmtlichen Werken, vollst. Ausg. letzter Hand (QuZ 2, 357): IX. [Bd] O p e r n u n d G e l e g e n h e i t s g e d i c h t e : . . . des Epimenides Erwachen. Sept 18. An Cotta (Beilage; Br, 63, 65; QuZ 2, 502): Dritte Lieferung von Goethes Werken [C1 Bd] . . . XIII. . . . Carlsbader Gedichte. | Epimenides Erwachen. 20. [Weimar] An C. F. v. Reinhard (Br 41, 159f.): Übrigens ist das Weltwesen so groß und erstaunlich, daß ich mir auf meinem kleinen Boote durch die große Kriegsflotte wie mich durchwindend erscheine. Schwimmt doch alles neben mir, aber dem Auge nicht meßbar und dem Sinne nicht faßlich. | Indessen ich nun wie ein wachender, nicht erwachter Epimenides die vorübergezogenen Lebensträume durch den Flor einer bewegten Gegenwart beruhigt schaue . . .
1827 Okt 27. An F. v. Müller (Br 43, 130): Hofrath Meyer ist wohl und munter aus dem Vaterlande in Weimar gern und mit Vergnügen eingetroffen; er gesteht, daß er sich dort wie ein erwachender Epimenides gefühlt, und ob er gleich alles lebendig, thätig und bestrebsam gefunden, doch gern in das Thüringen zurückgekehrt sey . . .
1828 Jan
10. [Augsburg] W. Reichel an G (QuZ 2, 527): S. 4 4 0 der alten Octav-Ausgabe [B 8] in Epimenides Erwachen sagt der D ä m o n a l s H o f m a n n : | Ich trete sacht', ich hatte Puls und Oden, | Die Herren Gorrektoren haben zwar dieses so stehen gelassen, allein ich glaube doch, daß statt h a t t e es h a l t e heißen müsse?
) Dazu G am linken Rand: Regt sichs nich[t] in deiner. Entsprechend geändert in C 1 13, 289. 2 ) Unverändert in C 1 13, 303. 1
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22. An W. Reichel (Br 43, 261): Die angeführte Stelle aus Epimenides Erwachen sollte freylich h a l t e und nicht h a t t e gedruckt seyn. 28.
[Berlin] Zelter an G (MA 20.2, 1090f.): In diesen grauen bleiernen Wintertagen habe meine Augen an W Scotts Leben Napoleons versucht und etliche 80 Kapitel hinter mir. Das Werk ist mit Sorgfalt geschrieben und darf nicht ohne Sorgfalt gelesen werden. Mir fällt dabei wohl der Epimenides ein, wer sich geschmeichelt findet m a g sich vorsehn.
1829 Juni 26. An E. H. F. Meyer (Br 45, 308): . . . machen Sie mich aufmerksam auf das, was in diesem Felde [Botanik] jetzt vorgeht; ich komme als ein Epimenides hinein. Dez
18. [Berlin] Zelter an G (MA 20.2, 1293): Wer mir von solchen Memorialisten am meisten zu denken gegeben hat war W. Scott durch den ich das Geheimnis beglaubigt fand das mir vorher schon durch Deinen Epimenides verraten war: Will man politisch billig sein so muß man einsehn daß England einen Mann nicht in der Welt dulden konnte der wenigstens so nicht zu gewinnen war wie so viele die heute noch nicht wissen was sie nun haben. Wäre ich ein Engländer ich gönnte keinem was er mir nicht abgekauft hätte.
1831 Okt [Berlin] Zelter an G (MA 20.2, 1553): Ein genannter wohlhabender Mann aus Bremen 9 . / I I . läßt sich durch seinen hiesigen Gommissionair meine Komposition Deines Gedichts: Vorwärts (aus dem Epimenides) ausbitten, die mir seit 15 Jahren fast entfallen war. Ich mußt' ihn bitten sich zu gedulden da ich das Stück nicht bei der Hand hatte und lange habe suchen müssen. Unterdessen fiel mir ein daß ich solche Kleinigkeiten wohl öfter verschenke und unser Mann, den ich nicht kenne auch darauf könne gerechnet haben. Und das war der Fall, denn als er wiederkam und ich sagte, das Stück sei nicht gedruckt und koste zwei Friedrichsdor, stutzte er und wollte nach Bremen schreiben ob sein Freund auch so viel daran wenden wolle? Möglich daß irgend ein Bremane sich auch daran gemacht hat das Gedicht in Musik zu setzen und nur wissen möchte wie viel mehr sein eigenes Gemächte wert ist, denn so was ist mir auch schon vorgekommen. Es ist schon längst auch der Dilettanten Art, sich selber am liebsten zu haben, was ihnen gern gegönnt sei, und da mein Stück mit der Zimmeraxt zugehauen ist, so dürft es um den Hanser Teekessel her eine wenig galante Figur machen. K o m m t mein Mann nicht wieder so hab' ich dennoch gewonnen, denn das Stück ist durch eine geringe Überarbeitung nicht schlechter worden. Bringt er aber Geld, so soll er mir wieder nichts schenken. | Nach der Zerstörung von Troja - wollte sagen der Eroberung von Paris wurde der siegreiche Blücher mit diesem Liede in der Singakademie empfangen 1 ) . . .
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) s. oben 8. u. 16. Nov 1814.
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D E S EPIMENIDES ERWACHEN [ANZEIGE]
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Des Epimenides Erwachen [Anzeige] 1 ) E
1815 März 15.
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Morgenblatt, 9. Jg., Nr. 75, 29. März 1815, S. 297ff., u. Nr. 76, 30. März 1815, S. 301ff. 2 ) - Hempel 1 29, 3 0 4 - 1 0 . - W 41.1, 3 5 - 5 1 ; 4 1 0 - 1 7 . - AA-SL 3, 2 8 4 - 9 6 ; 4, 4 3 5 - 4 5 . - FA I 19, 6 6 6 - 7 8 . - MA 11.2, 147-61 3 ).
Z
1815
Jan
11. [Wien] Cotta an G (G-Cotta 1, 266): Haben Sie nur die Gnade, mich in meinen andern Unternemungen, 4 ) wo diß Ihre Muse nicht verwirft zu unterstüzen, damit das nicht unbedeutende Gebäude meines kaufmännisch literarischen Verkehrs, das in jedem kleinern Baustein seine Stüze hat, nicht leiden möge - ich rechne hiezu DamenCal., Morgblatt. 5 )
Febr 20. An Cotta (G-Cotta 1, 267): . . . meine Bereitwilligkeit zum . . . Morgenblatt mitzuwirken . . . März 15. Anzeige des Epim. für Stuttg. 17. [An] Dr. Cotta Epimenides zum Morgenblatt. Mai 17. An Zelter (Br 25, 329): Seit einiger Zeit habe ich gerade so viel Humor, Aufsätze in's Morgenblatt zu geben; damit du aber nicht lange zu suchen brauchst, bezeichne ich dir die Nummern . . . 75 und 76. Anzeige von Epimenides Erwachen. 22. [Berlin] Zelter an G (MA 20.1, 385): Deine Aufsätze im Morgenblatte . . . ich freue mich darauf. Juni
2. [Stuttgart] Cotta an G (G-Cotta 1, 276): . . . meinen lebhaftesten unterthänigen Dank . . . für alle die interessanten Beiträge zum Morgenblatt . . . welche der Redacteur [J. C. F. Haug] immer so zu stellen sucht, daß nichts ganz Heterogenes zugleich damit erscheint.
15. [Wiesbaden] An Cotta (G-Cotta 1, 278): Sehr angenehm ist es mir daß meine Mittheilungen in's Morgenblat mit Ihren Wünschen übereintreffen und daß der Herr Redackteur den Aufsätzen für gute Nachbarschaft sorgt.
) Vollst. Titel: Des Epimenides Erwachen. Ein Festspiel. Aufzuführen, Berlin, den 30sten Mai [März] 1815. \ (Von Goethe.). 2 ) Vgl. Abb. IVa u. IVb. 3) Teilweise korrigiert nach der (den Text nicht vollst, enthaltenden) Diktat-Hs. in G's Faszikel Mittheilungen ins Morgenblatt (GSA 25/XXXVI,18; AA-SL 6, 436: H 3 ) u. (für Verse u. Regieanweisungen) nach ED der Berliner Fassung von Des Epimenides Erwachen. 4) Zuvor war die Rede von G's Werken (Ausg. B). 5) G reagierte mit einer Vielzahl von Beiträgen, zu denen auch die Anzeige des Epimenides gehört. 1
1796
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Ueber epische und dramatische Dichtung von Goethe und Schiller E
1797 Apr 28. (1. Fassung) 1797 Dez 13. - 23. (Endgültige Fassung)1)
D
KA VI 1 (1827) 1 - 7 . - Briefwechsel zwischen Schiller und Goethe in den Jahren 1794 bis 1805. Theil 3. Stuttgart und Tübingen 1829, 3 7 4 - 8 0 . - C 1 49 (1833) 1 4 6 - 5 0 [ohne Verfasserangabe]. - W 41.2, 2 2 0 - 2 4 . - AA-SL 1, 66ff. - FA I 18, 445ff.; FA I 22, 295ff. - MA 4.2, 126ff.
Z
1796
Dez 26. An F. A. Wolf (Br 11, 296f.): Vielleicht sende ich Ihnen bald mit mehreren! Muthe [als den eben erschienenen Roman Wilhelm Meisters Lehrjahre] die Ankündigung eines epischen Gedichtes [Hermann und Dorothea], in der ich nicht verschweige, wieviel ich jener Überzeugung schuldig bin, die Sie mir so fest eingeprägt haben.2) Schon lange war ich geneigt mich in diesem Fache zu versuchen und immer schreckte mich der hohe Begriff von Einheit und Untheilbarkeit der Homerischen Schrifften ab, nunmehr da Sie diese herrlichen Werke einer Familie zueignen, so ist die Kühnheit geringer sich in grössere Gesellschafft zu wagen und den Weg zu verfolgen den uns [J. H.] Voß in seiner Luise3) so schön gezeigt hat. | Da ich nicht im Falle bin Ihre Schrifft theoretisch zu prüfen, so wünsche ich nur daß Sie mit diesem practischen Beyfall nicht unzufrieden seyn mögen; denn der thätige Mann will ja nicht allein überzeugen sondern auch wirken, und diese doppelte Freude erleben Sie an Ihren Schülern alle Tage.
1797 März
[Jena, nachmittags] . . . zu Schiller über dramatische Arbeiten besonders über die Comödien. 13. [Jena] Abends zu Schiller viel über epische Gegenstände und Vorsätze. 9.
Entstehung nach AA-SL 4, 62 u. MA 4.2, 1010 zwischen 28. Apr u. 23. Dez, während Agnes Kornbacher (GJb 1998, 63ff.) den Entstehungszeitraum der endgültigen Fassung zwischen dem 13. u. 23. Dez annimmt; vgl. unten 20. Dez 1797: an Schiller. Sie widerlegt K. Gerlachs Auffassung (GJb 1987, 379ff.), G hätte den letzten Abschnitt des Aufsatzes unter Einfluß von Schillers Brief vom 26. Dez 1797 nachträglich hinzugefügt. 2 ) F. A. Wolf vertrat 1795 in Prolegomena ad Homerum als erster die Auffassung, daß sowohl die Ilias als auch die Odyssee nicht Werke eines einzigen Dichters, sondern mehrerer Rhapsoden sei. 3 ) Luise, ein ländliches Gedicht in 3 Idyllen. Königsberg 1795.
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1797
März 23. [Jena] Früh den Eschylus. 27. [Jena] . . . die Übersetzung des Agamemnons durchgegangen in Schillers Garten. Dann zu ihm ins Haus wo er viel über das Gedicht [Hermann und Dorothea] sprach. 29. [Jena] Früh . . . zu Hofrath Schütz mit ihm über den Aeschylus . . . vor Tische waren Friedrich Schlegel und Leg. R. v. Humbold dagewesen, letzterer wegen des Aeschylus. Apr
4. [Jena] Schiller an G (SNA 29, 55f.): Ich finde, je mehr ich über mein eigenes Geschäft [ Wallenstein} und über die BehandlungsArt der Tragödie bei den Griechen nachdenke, daß der ganze Cardo rei in der Kunst liegt, eine poetische Fabel zu erfinden. Der Neuere schlägt sich mühselig und ängstlich mit Zufälligkeiten und Nebendingen herum, und über dem Bestreben, der Wirklichkeit recht nahe zu kommen, beladet er sich mit dem Leeren und Unbedeutenden, und darüber läufft er Gefahr, die tiefliegende Wahrheit zu verlieren, worinn eigentlich alles Poetische liegt. Er möchte gern einen wirklichen Fall vollkommen nachahmen, und bedenkt nicht, daß eine poetische Darstellung mit der Wirklichkeit eben darum, weil sie absolut wahr ist, niemals coincidieren kann. | Ich habe dieser Tage den Philoctet und die Trachinierinnen gelesen, 1 ) und die letztern mit besonders grossem Wohlgefallen. Wie treflich ist der ganze Zustand, das Empfinden, die Existenz der Dejanira 2 ) gefaßt. Wie ganz ist sie die Hausfrau des Herkules, wie individuell, wie nur für diesen einzigen Fall paßend ist dieß Gemähide, und doch wie tief menschlich, wie ewig wahr und allgemein. Auch im Philoctet ist alles aus der Lage geschöpft, was sich nur daraus schöpfen ließ, und bey dieser Eigenthümlichkeit des Falles ruht doch alles wieder auf dem ewigen Grund der menschlichen Natur. | Es ist mir aufgefallen, daß die Charactere des Griechischen Trauerspiels, mehr oder weniger, idealische Masken und keine eigentliche Individuen sind, wie ich sie in Schakespear und auch in Ihren Stücken finde. So ist zB. Ulyßes im Ajax [des Sophokles] und im Philoctet offenbar nur das Ideal der listigen, über ihre Mittel nie verlegenen, engherzigen Klugheit; so ist Creon im Oedip 3 ) und in der Antigone [des Sophokles] bloß die kalte Königswürde. Man kommt mit solchen Characteren in der Tragödie offenbar viel beßer aus, sie exponieren sich geschwinder, und ihre Züge sind permanenter und fester. Die Wahrheit leidet dadurch nichts, weil sie bloßen logischen Wesen eben so entgegengesetzt sind als bloßen Individuen.
5. [Weimar] An Schiller (Br 12, 83): Sie haben ganz recht daß in den Gestalten der alten Dichtkunst, wie in der Bildhauerkunst, ein Abstractum erscheint, das seine Höhe nur durch das was man Styl nennt erreichen kann . . . Auf dem Glück der Fabel beruht freylich alles, man ist wegen des Hauptaufwandes sicher, die meisten Leser und Zuschauer nehmen denn doch nichts weiter mit davon, und dem Dichter bleibt doch das ganze Verdienst einer lebendigen Ausführung, die desto stetiger seyn kann je besser die Fabel ist. Wir wollen auch deßhalb künftig sorgfältiger als bisher das was zu unternehmen ist prüfen.
) Schiller las vermutl. Stolbergs 1787 bei Göschen erschienene Sophokles-Übers. (SNA 29, 376). 2 ) Hauptgestalt der Trachinierinnen. 3) Kreon in beiden Sophokleischen Oedipus-Tragödien, König Oedipus u. Oedipus auf Kolonos. 1
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UEBER EPISCHE UND DRAMATISCHE
DICHTUNG
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7. [Jena] Schiller an G (SNA 29, 58f.): Ueber die letzthin berührte Materie von Behandlung der Charactere freue ich mich, wenn wir wieder zusammen kommen, meine Begriffe mit Ihrer Hülfe noch recht ins klare zu bringen. Die Sache ruht auf dem innersten Grunde der Kunst und sicherlich können die Wahrnehmungen, welche man von den bildenden Künsten hernimmt auch in der Poesie viel aufklären. Auch bei Shakespear ist es mir heute, wie ich den Julius Csesar mit Schlegeln durchgieng, 1 ) recht merkwürdig gewesen, wie er das gemeine Volk mit einer so ungemeinen Großheit behandelt. Hier, bey der Darstellung des Volkskarakters, zwang ihn schon der Stoff, mehr ein poetisches Abstractum als Individuen i m Auge zu haben, und darum finde ich ihn hier den Griechen äuserst nah. Wenn man einen zu ängstlichen Begriff von Nachahmung des Wirklichen zu einer solchen Scene mitbringt, so muß einen die Maße und Menge mit ihrer Bedeutungslosigkeit nicht wenig embarraßieren, aber mit einem kühnen Griff nimmt Shakespear ein paar Figuren, ich möchte sagen, nur ein paar Stimmen aus der Maße heraus, läßt sie für das ganze Volk gelten, und sie gelten das wirklich, so glücklich hat er gewählt. | Es geschähe den Poeten und Künstlern schon dadurch ein großer Dienst, wenn man nur erst ins Klare gebracht hätte, was die Kunst von der Wirklichkeit wegnehmen oder fallen laßen muß. Das Terrein würde lichter und reiner, das Kleine und Unbedeutende verschwände und für das Große würde Platz. Schon in der Behandlung der Geschichte ist dieser Punkt von der größten Wichtigkeit, und ich weiß, wieviel der unbestimmte Begriff darüber mir schon zu schaffen gemacht hat. 7. [Jena] Schiller an Körner (SNA 29, 60): Das epische Gedicht [ H e r m a n n und Dorothea} von Göthen, das ich habe entstehen sehen, und welches, in unsren Gesprächen, 2 ) alle Ideen über epische und dramatische Kunst in Bewegung brachte, hat, verbunden mit der Lecture des Shakespear und Sophocles, die mich seit mehrern Wochen beschäftigt, auch für meinen Wallenstein große Folgen, und da ich bei dieser Gelegenheit tiefere Blicke in die Kunst gethan, so muss ich manches in meiner ersten Ansicht des Stücks reformieren.
8. An Schiller (Br 12, 84f.): Ich wünsche die Materie, die uns beyde so sehr interessirt, bald weiter mit Ihnen durchzusprechen. Diejenigen Vortheile, deren ich mich in meinem letzten Gedicht [Hermann und Dorothea] bediente, habe ich alle von der bildenden Kunst gelernt. Denn bey einem gleichzeitigen, sinnlich vor Augen stehenden Werke ist das überflüssige weit auffallender, als bey einem das in der Succession vor den Augen des Geistes vorbeygeht. Auf dem Theater würde man große Vortheile davon spüren. So fiel mir neulich auf daß man auf unserm Theater, wenn man an Gruppen denkt, immer nur sentimentale oder pathetische hervorbringt, da doch noch hundert andere denkbar sind. So erschienen mir diese Tage einige Scenen im Aristophanes völlig wie antike Basreliefen und sind gewiß auch in diesem Sinne vorgestellt worden. Es kommt im Ganzen und im Einzelnen alles darauf an: daß alles von einander abgesondert, daß kein Moment dem andern gleich sey, so wie bey den Charakteren daß sie zwar bedeutend von einander abstehen, aber doch immer unter Ein Geschlecht gehören. ) A. W. Schlegels Übers, des 3. Akts von Shakespeares Julius Cäsar für das 4. Stück der Hören (1797), die G kannte aus Schlegels Lesung bei Humboldts am 28. März (GT II 1, 103). 2) Während G's Jena-Aufenthalt 20. F e b r - 3 1 . März; vgl. diesen Zeitraum in „Hermann und D o r o t h e a " . 1
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UEBER EPISCHE UND DRAMATISCHE
DICHTUNG
1797
19. (s. „Achilleis" gD, E G W 1, 2)
19. An Schiller (Br 12, 90f.): Einen Gedanken über das epische Gedicht will ich doch gleich mittheilen. Da es in der größten Ruhe und Behaglichkeit angehört werden soll, so macht der V e r s t a n d vielleicht mehr als an andere Dichtarten seine Forderungen, und mich wunderte dießmal bey Durchlesung der Odyssee grade diese Verstandesforderungen so vollständig befriedigt zu sehen. Betrachtet man nun genau was von den Bemühungen der alten Grammatiker und Kritiker, so wie von ihrem Talent und Charakter erzählt wird, so sieht man deutlich daß es Verstandsmenschen waren, die nicht eher ruhten bis jene große Darstellungen mit ihrer Vorstellungsart überein kamen. Und so sind wir, wie denn auch [F. A.] Wolf sich zu zeigen bemüht, unsern gegenwärtigen Homer den A l e x a n d r i n e r n schuldig, 1 ) das denn freylich diesen Gedichten ein ganz anderes Ansehen giebt. | Noch eine specielle Bemerkung. Einige Verse im Homer, die für völlig falsch und ganz neu ausgegeben werden, sind von der Art wie ich einige selbst in mein Gedicht [ Hermann und Dorothea], nachdem es fertig war, eingeschoben habe um das Ganze klarer und faßlicher zu machen und künftige Ereignisse bey Zeiten vorzubereiten. Ich bin sehr neugierig was ich an meinem Gedicht wenn ich mit meinen jetzigen Studien durch bin, zu mehren oder zu mindern werde geneigt seyn . . . Eine Haupteigenschaft des epischen Gedichts ist daß es immer vor und zurück geht, daher sind alle retardirende Motive episch. Es dürfen aber keine eigentliche H i n d e r n i s s e seyn, welche eigentlich in's Drama gehören. 2 ) | Sollte dieses Erforderniß des Retardirens, welches durch die beyden Homerischen Gedichte überschwenglich erfüllt wird, und welches auch in dem Plan des meinigen lag, wirklich wesentlich und nicht zu erlassen seyn, so würden alle Plane, die grade hin nach dem Ende zu schreiten, völlig zu verwerfen oder als eine subordinirte historische [erzählende] Gattung anzusehen seyn. Der Plan meines zweyten Gedichts [Die Jagd] hat diesen Fehler, wenn es einer ist, und ich werde mich hüten, bis wir hierüber ganz im klaren sind, auch nur einen Vers davon niederzuschreiben. 3 ) Mir scheint die Idee außerordentlich fruchtbar. Wenn sie richtig ist, muß sie uns viel weiter bringen und ich will ihr gern alles aufopfern. | Mit dem Drama scheint mir's umgekehrt zu seyn, doch hievon nächstens mehr.
) Betr. Wolfs These, die Homerischen Epen seien im Athen des 6. Jh. zusammengestellt worden u. hätten durch die Alexandriner im 3. u. 2. Jh. v. Chr. ihre Textgestalt erhalten (SNA 37.2, 26). 2) Ähnlich in Buch 5 Kap. 7 Wilhelm Meisters Lehijahre (W 22, 178), dort auf den Roman bezogen. 3) Plan nicht ausgeführt. Den Stoff behandelte G in der 1827 vollendeten Novelle. 1
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20. (s. „Achilleis" gD, EGW 1, 2) 21. [Jena] Schiller an G (SNA 29, 66): Ich wollte Ihnen über Ihren letzten Brief, der mir sehr vieles zu denken gegeben, manches schreiben, aber ein Geschäft, das mir diesen Abend unvermuthet wegnimmt, hindert mich daran. Also nur ein paar Worte für heute. | Es wird mir aus allem, was Sie sagen, immer klarer, daß die Selbstständigkeit seiner Theile einen Hauptcharakter des epischen Gedichtes ausmacht. Die bloße, aus dem Innersten herausgehohlte, W a h r h e i t ist der Zweck des epischen Dichters: er schildert uns bloß das ruhige Daseyn und Wirken der Dinge nach ihren Naturen, sein Zweck liegt schon in jedem Punkt seiner Bewegung, darum eilen wir nicht ungeduldig zu einem Ziele sondern verweilen uns mit Liebe bei jedem Schritte. Er erhält uns die höchste Freiheit des Gemüths, und da er u n s in einen so großen Vortheil setzt, so macht er dadurch sich selbst das Geschäft desto schwerer, denn wir machen nun alle Anfoderungen an ihn, die in der Integrität und in der allseitigen vereinigten Thätigkeit unserer Kräfte gegründet sind. Ganz im Gegentheil raubt uns der tragische Dichter unsre Gemüthsfreiheit, und indem er unsre Thätigkeit nach einer einzigen Seite richtet und concentriert, so vereinfacht er sich sein Geschäft um vieles, und setzt sich in Vortheil, indem er uns in Nachtheil setzt. | Ihre Idee von dem retardierenden Gange des epischen Gedichts leuchtet mir ganz ein. Doch begreife ich noch nicht ganz, nach dem was ich von Ihrer neuen Epopee [Die Jagd] weiß, daß jene Eigenschaft bei dieser fehlen soll. | Ihre weitern Resultate, besonders für das Drama erwarte ich mit großer Begierde. Unterdeßen werde ich dem Gesagten reiflicher nachdenken.
22. An Schiller (Br 12, 92ff.): Ich danke Ihnen für Ihre fortgesetzten Betrachtungen über das epische Gedicht, ich hoffe, Sie werden bald nach Ihrer Art, in einer schönen Folge, die Natur und Wesen desselben entwickeln, hier indessen einige meiner Vermuthungen. | Ich suchte das Gesetz der Retardation unter ein höheres unterzuordnen, und da scheint es unter dem zu stehen, welches gebietet: daß man von einem guten Gedicht den Ausgang wissen könne, ja wissen müsse und daß eigentlich das W i e blos das Interesse machen dürfe. Dadurch erhält die Neugierde gar keinen Antheil an einem solchen Werke und sein Zweck kann, wie Sie sagen, in jedem Puncte seiner Bewegung liegen. | Die Odysse ist in ihren kleinsten Theilen beynah retardirend, dafür wird aber auch vielleicht funfzigmal versichert und betheuert daß die Sache einen glücklichen Ausgang haben werde. So viele den Ausgang anticipirende Vorbedeutungen und Weissagungen stellen, wie mich dünkt, das Gleichgewicht gegen die ewige Retardation wieder her. In meinem Herrmann bringt die Eigenschafft des Plans den besondern Reiz hervor daß alles ausgemacht und fertig scheint und durch die retrograde Bewegung gleichsam wieder ein neues Gedicht angeht. | So hat auch das epische Gedicht den großen Vortheil daß seine Exposition, sie mag noch so lang seyn, den Dichter gar nicht genirt, ja daß er sie in die Mitte des Werks bringen kann, wie in der Odyssee sehr künstlich geschehen ist. Denn auch diese retrograde Bewegung ist wohlthätig; aber eben deßhalb dünkt mich macht die Exposition dem Dramatiker viel zu schaffen, weil man von ihm ein ewiges Fortschreiten fordert und ich würde das den besten dramatischen Stoff nennen wo die Exposition schon ein Theil der Entwicklung ist. | Daß ich aber
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nunmehr dahin zurückkehre wo ich angefangen habe, so wollte ich Ihnen folgendes zur Prüfung unterwerfen: | Mein neuer Stoff [Die Jagd] hat keinen einzigen retardirenden Moment, es schreitet alles von Anfang bis zu Ende in einer graden Reihe fort, allein er hat die Eigenschaft daß große Anstalten gemacht werden, daß man viele Kräfte mit Verstand und Klugheit in Bewegung setzt, daß aber die Entwicklung auf eine Weise geschieht, die den Anstalten ganz entgegen ist und auf einem ganz unerwarteten jedoch natürlichen Wege. Nun fragt sich ob sich ein solcher Plan auch für einen e p i s c h e n ausgeben könne, da er unter dem allgemeinen Gesetz begriffen ist: daß das eigentliche W i e und nicht das Was das Interesse macht, oder ob man ein solches Gedicht nicht zu einer subordinirten Classe historischer Gedichte rechnen müsse. Sehen Sie nun, mein Werther, wie sich etwa diese zerstreute und flüchtige Gedanken besser ausarbeiten und verknüpfen. Ich habe jetzt keine interessantere Betrachtung als über die Eigenschafften der Stoffe in wie fern sie diese oder jene Behandlung fordern. Ich habe mich darinnen so oft in meinem Leben vergriffen, daß ich endlich einmal in's Klare kommen möchte um wenigstens künftig von diesem Irrthum nicht mehr zu leiden. Zu mehrerer Deutlichkeit schicke ich nächstens meinen neuen Plan. Apr
25. [Jena] Schiller an G (SNA 29, 67ff.): Daß die Foderung des Retardierens aus einem höhern epischen Gesetze folgt, dem auch noch wohl auf einem andern Wege Genüge geschehen kann, scheint mir ausser Zweifel zu seyn. Auch glaube ich, es giebt zweierlei Arten zu retardieren, die eine liegt in der Art des Wegs, die andre in der Art des Gehens, und diese däucht mir kann auch bei dem geradesten Weg und folglich auch bei einem Plan, wie der Ihrige ist, sehr gut statt finden. | Indeßen möchte ich jenes höhere epische Gesetz doch nicht ganz so aussprechen, wie Sie gethan haben. In d e r Formel: daß eigentlich nur das W i e und nicht das W a s in Betrachtung komme pp dünkt es mir viel zu allgemein und auf alle pragmatische DichtungsArten ohne Unterschied anwendbar zu seyn. Wenn ich meinen Gedanken darüber kurz heraus sagen soll, so ist er dieser. Beide der Epiker und der Dramatiker stellen uns eine Handlung dar, nur daß diese bei dem Letztern der Zweck, bei Ersterem bloßes Mittel zu einem absolutem aesthetischen Zwecke ist. Aus diesem Grundsatz kann ich mir vollständig erklären, warum der tragische Dichter rascher und direkter fortschreiten muß, warum der epische bei einem zögernden Gange seine Rechnung beßer findet. Es folgt auch, wie mir däucht, daraus, daß der Epische sich solcher Stoffe wohl thut zu enthalten, die den Affekt sey es der Neugierde oder der Theilnahme schon für sich selbst stark erregen, wobey also die H a n d l u n g zu sehr als Zweck interessiert, um sich in den Grenzen eines bloßen Mittels zu halten. Ich gestehe, daß ich dieses letztere bei Ihrem neuen Gedicht einigermaßen fürchte, obgleich ich Ihrer poetischen Uebermacht über den Stoff das Mögliche zutrauen darf. | Die Art wie Sie Ihre Handlung e n t w i c k e l n wollen, scheint mir mehr der Comödie als dem Epos eigen zu seyn. Wenigstens werden Sie viel zu thun haben, ihr das Ueberraschende, Verwunderung erregende zu nehmen, weil dieses nicht so recht episch ist. | Ich erwarte Ihren Plan mit großer Begierde 1 ) . . . Uebrigens mag es mit der epischen Qualität Ihres neuen Gedichts bewandt seyn, wie es will, so wird es gegen Ihren Herrmann gehalten immer eine andere Gattung seyn, und
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) G teilte Schiller seinen Plan nicht mit. - Das Folgende s. in „Die J a g d " gD.
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wäre also der Herrmann ein reiner Ausdruck der epischen G a t t u n g und nicht bloß einer epischen S p e c i e s , so würde daraus folgen, daß das neue Gedicht um soviel weniger e p i s c h wäre. Aber das wollten Sie j a eben wißen, ob der Herrmann nur eine epische Art oder die ganze Gattung darstelle, und wir stehen also wieder bey der Frage 1 ) . . . [Nachschrift] Was Sie den beßten dramatischen Stoff nennen, (wo nehmlich die Exposition schon ein Theil der E n t w i c k l u n g ist) das ist z.B. in den Zwillingen des Shakespear geleistet. Ein ähnliches Beyspiel von der Tragödie ist mir nicht bekannt, obgleich der Oedipus rex sich diesem Ideal ganz erstaunlich nähert. Aber ich kann mir solche dramatische Stoffe recht wohl denken, wo die Exposition gleich auch Fortschritt der Handlung ist. Gleich der Macbeth gehört darunter, ich kann auch die Räuber nennen. | Dem Epiker möchte ich eine Exposition gar nicht einmal zugeben; wenigstens nicht in dem Sinne, wie die des Dramatikers ist. Da er uns nicht so auf das Ende zutreibt, wie dieser, so rücken Anfang und Ende in ihrer Dignität und Bedeutung weit näher an einander, und nicht, weil sie zu etwas führt, sondern weil sie selber etwas ist, muss die Exposition uns interessieren. Ich glaube, daß man dem dramatischen Dichter hierin weit mehr nachsehen muß; eben weil er seinen Zweck in die Folge und an das Ende setzt, so darf man ihm erlauben, den Anfang mehr als Mittel zu behandeln. Er steht unter der Catégorie der Causalitset, der Epiker unter der Substantialität; dort kann und darf etwas als Ursache von was anderm daseyn, hier muß alles sich selbst um seiner selbst willen geltend machen.
Apr 26. An Schiller (Br 12, 100f.): Mit dem was Sie in Ihrem heutigen Briefe über Drama und Epos sagen bin ich sehr einverstanden; so wie ich immer gewohnt bin daß Sie mir meine Träume erzählen und auslegen 2 ) . . . [Nachschrift] Ich kann mich doch nicht enthalten noch eine Frage über unsere dramatisch epische Angelegenheit zu thun. Was sagen Sie zu folgenden Sätzen: | Im Trauerspiel kann und soll das Schicksal, oder welches einerley ist, die entschiedne Natur des Menschen, die ihn blind da oder dorthin führt, walten und herrschen, sie muß ihn niemals zu seinem Zweck, sondern immer von seinem Zweck abführen, der Held darf seines Verstandes nicht mächtig seyn, der Verstand darf gar nicht in die Tragödie entriren als bey Nebenpersonen zur Desavantage des Haupthelden, u. s. w. | Im Epos ist es grade umgekehrt, blos der Verstand, wie in der Odyssee, oder eine zweckmäßige Leidenschaft, wie in der Ilias, sind epische Agentien. Der Zug der Argonauten als ein Abentheuer ist nicht episch. 27. Aristoteles Poetik. 3 ) | Choephoren des Aeschylus4) 28. Aristoteles Poetic . . . Abends zu Haus. Homers Odyssee. 28. An Schiller (Br 12, 105ff.): Haben Sie Schlegels Abhandlung über das epische Gedicht, im I l t e n Stück Deutschlands, vom vorigen Jahr, gesehen? 5 ) lesen Sie es ja! Es ist sonderbar wie er, als ein guter Kopf, auf 2 ) Das Folgende s. in „Die Jagd" gD. ) Das Folgende s. in „Die Jagd" gD. ) G las sie in der Übers, von M. C. Curtius, Hannover 1 7 5 3 . 4 ) G besaß zu dieser Zeit 2 Aischylos-Ausg. (Ruppert Nr. 1 2 2 5 u. 1226). Wann er 1 7 9 7 Teile der 1781f. entstandenen Aischylos-Übers. von G. C. Tobler entlieh, ist ungewiß (Keudell Nr. 81). 5 ) F. Schlegel: Uber die Homerische Poesie. Mit Rücksicht auf die Wölfischen Untersuchungen. In: Deutschland. Hsg. von J. F. Reichardt. 11. Stück ( 1 7 9 6 ) .
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dem rechten Wege ist und sich ihn doch gleich wieder selbst verrennt. Weil das epische Gedicht nicht die d r a m a t i s c h e E i n h e i t haben kann, weil man eine solche absolute Einheit in der Ilias und Odyssee nicht gerade nachweisen kann, vielmehr nach der neuern Idee sie noch für zerstückelter angiebt als sie sind; so soll das epische Gedicht keine Einheit haben, noch fordern, das heißt, nach meiner Vorstellung: es soll aufhören ein Gedicht zu seyn. Und das sollen reine Begriffe seyn, denen doch selbst die Erfahrung, wenn man genau aufmerkt, widerspricht. Denn die Ilias und Odyssee, und wenn sie durch die Hände von tausend Dichtern und Redacteurs gegangen wären, zeigen die gewaltsame Tendenz der poetischen und kritischen Natur nach Einheit. Und am Ende ist diese neue Schlegelsche Ausführung doch nur zu Gunsten der Wölfischen Meinung, die eines solchen Beystandes gar nicht einmal bedarf. Denn daraus daß jene großen Gedichte erst nach und nach entstanden sind, und zu keiner vollständigen und vollkommenen Einheit haben gebracht werden können, (obgleich beyde vielleicht weit vollkommner organisirt sind als man denkt), folgt noch nicht: daß ein solches Gedicht auf keine Weise vollständig, vollkommen und Eins werden könne noch solle. | Ich habe indessen über unsere bisherigen Verhandlungen einen kleinen Aufsatz aus Ihren Briefen gemacht; arbeiten Sie doch die Sache weiter aus, sie ist uns beyden in theoretischer und praktischer Hinsicht jetzt die wichtigste.1) | Ich habe die Dichtkunst des Aristoteles wieder, mit dem größten Vergnügen, durchgelesen, es ist eine schöne Sache um den Verstand in seiner höchsten Erscheinung: Es ist sehr merkwürdig wie sich Aristoteles blos an die Erfahrung hält und dadurch, wenn man will, ein wenig zu materiell wird, dafür aber auch meistens desto solider auftritt. So war es mir auch sehr erquickend zu lesen mit welcher Liberalität er die Dichter gegen Grübler und Krittler in Schutz nimmt, immer nur aufs wesentliche dringt und in allem andern so lax ist, daß ich mich an mehr als Einer Stelle verwundert habe. Dafür ist aber auch seine ganze Ansicht der Dichtkunst und der besonders von ihm begünstigten Theile so belebend, 2 ) daß ich ihn nächstens wieder vornehmen werde, besonders wegen einiger bedeutenden Stellen, die nicht ganz klar sind und deren Sinn ich wohl erforschen möchte. Freylich über das epische Gedicht findet man gar keinen Aufschluß in dem Sinne wie wir ihn wünschen. Apr 29. Früh nach Jena . . . Abends bey Schiller. 30. [Jena] Mittags bey Schiller gegen Abend zurück nach Weimar.
Diese 1. Aufsatzfassung nicht überliefert. Nach Agnes Kornbacher (GJb 1998, 66) dürfte sie kaum Vorlage für die spätere Formulierung gewesen sein. Begründung s. unten S. 119 Anm. 3. 2 ) Aristoteles behandelt hauptsächlich die Tragödie.
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3. [Weimar] An Schiller (Br 12, 115): Hier schicke ich den Aristoteles, wünsche viel Freude daran und sage für heute nichts weiter. 5. [Jena] Schiller an G (SNA 2 9 , 7 2 - 7 5 ) : Ich bin mit dem Aristoteles sehr zufrieden, und nicht bloß mit ihm, auch mit mir selbst; es begegnet einem nicht oft, daß man nach Lesung eines solchen nüchternen Kopfs und kalten Gesetzgebers den innern Frieden nicht verliert. Der Aristoteles ist ein wahrer Höllenrichter für alle, die entweder an der äusern Form sklavisch hängen, oder die über alle Form sich hinweg setzen. Jene muss er durch seine Liberalität und seinen Geist in beständige Widersprüche stürzen, denn es ist sichtbar, wieviel mehr ihm um das Wesen als um alle äusere Form zu thun ist, und diesen muß die Strenge fürchterlich seyn, womit er aus der Natur des Gedichts und des Trauerspiels ins besondere seine unverrückbare Form ableitet. Jetzt begreife ich erst den schlechten Zustand in den er die französischen Ausleger und Poeten und Critiker versetzt hat: auch haben sie sich immer vor ihm gefürchtet, wie die Jungen vor dem Stecken. Schakespeer, soviel er gegen ihn wirklich sündigt, würde weit beßer mit ihm ausgekommen seyn, als die ganze französische Tragödie. | Indeßen bin ich sehr froh, daß ich ihn nicht früher gelesen: ich hätte mich um ein großes Vergnügen, und um alle Vortheile gebracht, die er mir jetzt leistet. Man muß über die Grundbegriffe schon recht klar seyn, wenn man ihn mit Nutzen lesen will: kennt man die Sache die er abhandelt nicht schon vorläufig gut, so muss es gefährlich seyn, bei ihm Rath zu hohlen. | Ganz kann er aber sicherlich nie verstanden oder gewürdiget werden. Seine ganze Ansicht des Trauerspiels beruht auf empirischen Gründen: er hat eine Masse vorgestellter Tragödien vor Augen, die wir nicht mehr vor Augen haben, aus dieser Erfahrung heraus raisonniert er, uns fehlt größtentheils die ganze Basis seines Urtheils. Nirgends beinahe geht er von dem Begriff, immer nur von dem Factum der Kunst und des Dichters und der Repräsentation aus, und wenn seine Urtheile, dem HauptWesen nach, ächte Kunstgesetze sind, so haben wir dieses dem glücklichen Zufall zu danken, daß es damals Kunstwerke gab, die durch das Factum eine Idee realisierten, oder ihre Gattung in einem individuellen Falle vorstellig machten. | Wenn man eine Philosophie über die Dichtkunst so wie sie jetzt einem neuern Aesthetiker mit Recht zugemuthet werden kann, bei ihm sucht, so wird man nicht nur getäuscht werden, sondern man wird auch über seine rapsodistische Manier und über die seltsame DurcheinanderWerfung der allgemeinen und der all erpartikularsten Regeln, der logischen, prosodischen, rhetorischen und poetischen Sätze etc lachen müssen, wie z. B. wenn er biß zu den Vocalen und Consonanten zurückgeht. Denkt man sich aber, daß er eine individuelle Tragödie vor sich hatte, und sich um alle Momente befragte, die an ihr in Betrachtung kamen, so erklärt sich alles leicht, und man ist sehr zufrieden, daß man bei dieser Gelegenheit alle Elemente, aus welchen ein Dichterwerk zusammengesetzt wird recapituliert. | Ich wundre mich gar nicht darüber, daß er der Tragödie den Vorzug vor dem epischen Gedicht giebt [Kap. 26], denn so wie er es meint, obgleich er sich nicht ganz unzweideutig ausdrückt, wird der eigentliche und objective poetische Werth der Epopee nicht beeinträchtiget. Als Urtheiler und Aesthetiker muß er von derjenigen Kunstgattung am meisten satisfaciert seyn, welche in einer bleibenden Form ruht und über welche ein Urtheil kann abgeschloßen werden. Nun ist dieß offenbar der Fall bei dem Trauerspiel, so wie er es in Mustern vor sich hatte, indem das einfachere und bestimmtere Geschäft des dramatischen Dichters sich weit leichter begreifen und angeben läßt, und eine vollkommenere Technik dem Verstände weißt, eben des kürzern Stadiums und der geringeren Breite wegen. Ueberdem sieht man deutlich, daß seine Vorliebe für die Tragödie von einer kläreren Einsicht in dieselbe herrührt, daß er von der Epopee eigentlich nur die g e n e r i s c h poetischen Gesetze kennt, die sie mit der Tragödie gemein hat und nicht die specifizischen, wodurch sie sich ihr entgegensetzt; deßwegen konnte er auch sagen, daß die Epopee in der Tragödie e n t h a l t e n sey [Kap. 5]; und daß einer, der diese zu beurtheilen wiße, auch über jene absprechen könne: denn das allgemein pragmatisch-poetische der Epopee ist freilich in der Tragödie enthalten. | Es
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sind viele scheinbare Widersprüche in dieser Abhandlung, die ihr aber in meinen Augen nur einen höhern Werth geben; denn sie bestätigen mir, daß das Ganze nur aus einzelnen Appergus besteht, und daß keine theoretische vorgefaßte Begriffe dabey im Spiele sind; manches mag freilich auch dem Uebersetzer zuzuschreiben seyn. | Ich freue mich, wenn Sie hier sind, diese Schrift mit Ihnen mehr im einzelnen durchzusprechen. | Daß er bei der Tragödie das Hauptgewicht in die Verknüpfung der Begebenheiten legt [Kap. 6], heißt recht den Nagel auf den Kopf getroffen. | Wie er die Poesie und die Geschichte miteinander vergleicht und jener eine größere Wahrheit als dieser zugesteht [Kap. 6], das hat mich auch sehr von einem solchen VerstandesMenschen erfreut. | Es ist auch sehr artig wie er bemerkt, bei Gelegenheit dessen was er von den M e i n u n g e n sagt, daß die Alten ihre Personen mit mehr P o l i t i k , die Neuern mit mehr R h e t o r i k haben sprechen lassen [Kap. 6]. | Es ist gleichfalls recht gescheid, was er zum Vortheil wahrer historischer Nahmen bei dramatischen Personen sagt [Kap. 9]. | Daß er den Euripides so sehr begünstigte, wie man ihm sonst schuld giebt, habe ich ganz und gar nicht gefunden. Ueberhaupt finde ich, nachdem ich diese Poetik nun selbst gelesen, wie ungeheuer man ihn misverstanden hat . . . Gehört der Aristoteles Ihnen selbst? Wenn das nicht ist, so will ich ihn mir gleich kommen lassen, denn ich möchte mich nicht gern sobald davon trennen.
Mai
6. An Schiller (Br 12, 117f.): Ich bin sehr erfreut daß wir grade zur rechten Stunde den Aristoteles aufgeschlagen haben. Ein Buch wird doch immer erst gefunden, wenn es verstanden wird. Ich erinnere mich recht gut daß ich vor dreyßig Jahren diese Übersetzung gelesen und doch auch von dem Sinne des Werks gar nichts begriffen habe. 1 ) Ich hoffe mich bald mit Ihnen darüber weiter zu unterhalten. Das Exemplar ist nicht mein . . . In diesen Tagen, da ich mich seiner [J. H. Voß'] Homerischen Übersetzung 2 ) wieder viel bediente, habe ich den großen Werth derselben wieder a u f s neue bewundern und verehren müssen. 19. Nachmittag nach Jena. Abends bey Schiller im Garten. 3 ) 20. [Jena] Die Flehenden des Aeschylus . . . Abends bey Schiller, Fortsetzung des Gesprächs über des Aristoteles Dichtkunst und die Tragödie überhaupt. ?21. [Jena] Wolfs Briefe an Heinen. 4 ) Nähere Betrachtung der F l e h e n d e n und Überlegung eines zweyten Stückes.
Juni
3. [Jena] Schiller an Körner (SNA 29, 82): Ich habe vor einiger Zeit Aristoteles Poetik, zugleich mit Göthen, gelesen und sie hat mich nicht nur nicht niedergeschlagen und eingeengt, sondern wahrhaft gestärkt und erleichtert. Nach der peinlichen Art, wie die Franzosen den Aristoteles nehmen und an seinen Foderungen vorbeyzukommen suchen erwartet man einen kalten, illiberalen und steifen Gesetzgeber in ihm, und gerade das Gegentheil findet man. Er dringt mit Festigkeit und Bestimmtheit auf das Wesen, und über die äussern Dinge ist er so lax als man seyn kann. Was er vom Dichter fodert,
DuW Buch 12 (AA-DuW 1, 446) berichtet, daß G's erste Beschäftigung mit Aristoteles, Cicero, Quintilian u. Longin nur schul- und buchmäßig und keineswegs lebendig gewesen sei. 2) Homers Werke von Johann Heinrich Voß in 4 Bänden. Königsberg 1793. 3) G traf während seines Jena-Aufenthalts 19. Mai - 16. Juni Schiller fast täglich. 4) F. A. Wolfs Briefe an Herrn Hofrat Heyne ... Eine Beilage zu den neuesten Untersuchungen über Homer (1797).
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muß dieser von sich selbst fodern, wenn er irgend weiß was er will, es fließt aus der Natur der Sache. Die Poetik handelt beinah ausschließend von der Tragödie, die er mehr als irgend ein anderes poetisches Genre begünstigt. Man merkt ihm an, daß er aus einer sehr reichen Erfahrung und Anschauung heraus spricht und eine ungeheure Menge tragischer Vorstellungen vor sich hatte. Auch ist in seinem Buch absolut nichts Speculatives, keine Spur von irgend einer Theorie, es ist alles empirisch, aber die große Anzahl der Fälle und die glückliche Wahl der Muster, die er vor Augen hat, giebt seinen empirischen Aussprüchen einen allgemeinen Gehalt und die völlige Qualität von Gesetzen. | Du must ihn selbst lesen. Ich las ihn nach einer deutschen Uebersetzung von Curtius, die in Hannover schon vor langer Zeit erschienen ist. Juni
18.
[Jena] Schiller an G (SNA 2 9 , 86): Die letzten 4 Wochen haben wieder Vieles in mir bauen und gründen helfen. Sie gewöhnen mir immer mehr die Tendenz ab (die in allem praktischen, besonders poetischen eine Unart ist) vom allgemeinen zum individuellen zu gehen, und führen mich umgekehrt von einzelnen Fällen zu großen Gesetzen fort. Der Punkt ist immer klein und eng, von dem Sie auszugehen pflegen, aber er führt mich ins Weite, und macht mir dadurch, in meiner Natur, wohl, anstatt daß ich auf dem andern Weg, dem ich, mir selbst überlaßen, so gerne folge, immer vom weiten ins enge komme, und das unangenehme Gefühl habe, mich am Ende ärmer zu sehen als am Anfang.
21.
[Weimar] An Schiller (Br 12, 164): Wir haben in den letzten vier Wochen theoretisch und praktisch wirklich wieder schöne Fortschritte gethan, und wenn meine Natur die Wirkung hat die Ihrige in's begrenzte zu ziehen, so habe ich durch Sie den Vortheil daß ich auch wohl manchmal über meine Grenzen hinausgezogen werde, wenigstens daß ich nicht so lange mich auf einem so engen Fleck herumtreibe,
27.
(s. „Faust": an Schiller gD)
Juli
2 9 . [Jena] J. C. S. Morgenstern (BG 4, 3 1 0 ) : Nach elf Uhr ging ich [Morgenstern] zum Hofrat Schiller . . . Sch. und Goethe hatten sich eben an des Aristoteles Poetik gemacht. Der letztere hatte dem erstem gesagt: er habe die Poetik des A. sonst nicht goutieren können: jetzt erst sei er in den rechten Geschmack daran gekommen; er finde den A. durchaus nicht so diktatorisch, als er sich ihn vorgestellt habe: alles sei mit so vieler Ruhe, mit so fleißiger Rücksicht auf die vorhandenen Dichterarbeiten gesagt etc.
Aug
30. (s. „Über die Gegenstände der bildenden Kunst": an Schiller gD)
Sept
15. [Jena] Schiller an G (SNA 2 9 , 132): Vor der Hand scheint mir, daß man mit großem Vortheil von dem Begriff der a b s o l u t e n B e s t i m m t h e i t d e s G e g e n s t a n d e s ausgehen könnte. Es würde sich nehmlich zeigen, daß alle, durch eine ungeschickte Wahl des Gegenstandes, verunglückte Kunstwerke an einer solchen Unbestimmtheit und daraus folgender Willkührlichkeit leiden. | So scheint mir der Begriff deßen, was man einen p r s e g n a n t e n Moment nennt sich vollkommen durch seine Qualification zu einer durchgängig bestimmten Darstellung zu erklären. Ich weiß in der poetischen Gattung keinen treffendem Fall als Ihren Herrmann. Hier würde sich vielleicht durch eine Art von Induction zeigen lassen, daß bei jeder andern Wahl der Handlung etwas hätte unbestimmt bleiben müssen. | Verbindet man mit diesen Satz nun den andern, daß die Bestimmung des Gegenstandes jedesmal durch die Mittel geschehen muß, welche einer Kunstgattung eigen sind - daß sie innerhalb der besondern Grenzen einer jeden Kunstspecies absolviert werden muß, so hätte man, däucht mir, ein hinlängliches Criterium, um in der Wahl der Gegenstände nicht irre geleitet zu werden. | Aber freilich, wenn dieß auch seine Richtigkeit hätte, ist die Anwendung des Satzes schwer und 1
)
Das Vorausgehende s. in „Über die Gegenstände der bildenden Kunst" gD.
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möchte überal mehr Sache des Gefühls und des Ahndungsvermögens bleiben, als des deutlichen Bewußtseyns. Okt
2. [Jena] Schiller an G (SNA 29, 141 f.): Ich sehe zwar noch eine ungeheure Arbeit [an Wallenstein] vor mir, aber soviel weiss ich, daß es keine faux frais seyn werden, denn das Ganze ist poetisch organisiert und ich darf wohl sagen, der Stoff ist in eine reine tragische Fabel verwandelt. Der Moment der Handlung ist so prägnant, daß alles was zur Vollständigkeit derselben gehört, natürlich ja in gewißem Sinn nothwendig darinn liegt, daraus hervor geht. Es bleibt nichts blindes darinn, nach allen Seiten ist es geöfnet. Zugleich gelang es mir, die Handlung gleich von Anfang in eine solche Prsecipitation und Neigung zu bringen, daß sie in steetiger und beschleunigter Bewegung zu ihrem Ende eilt. Da der Hauptcharacter eigentlich retardierend ist, so thun die Umstände eigentlich alles zur Crise und dieß wird, wie ich denke, den tragischen Eindruck sehr erhöhen. | Ich habe mich dieser Tage viel damit beschäftigt, einen Stoff zur Tragödie aufzufinden, der von der Art des Oedipus Rex wäre und dem Dichter die nehmlichen Vortheile verschaffte. Diese Vortheile sind unermeßlich, wenn ich auch nur des einzigen erwähne, daß man die zusammengesetzteste Handlung, welche der Tragischen Form ganz widerstrebt, dabey zum Grunde legen kann, indem diese Handlung ja schon geschehen ist, und mithin ganz jenseits der Tragödie fällt. Dazu kommt, daß das Geschehene, als unabänderlich, seiner Natur nach viel fürchterlicher ist, und die Furcht daß etwas g e s c h e h e n s e y n möchte, das Gemüth ganz anders affiziert, als die Furcht, das etwas geschehen möchte. | Der Oedipus ist gleichsam nur eine tragische Analysis. Alles ist schon da, und es wird nur herausgewickelt. Das kann in der einfachsten Handlung und in einem sehr kleinen Zeitmoment geschehen, wenn die Begebenheiten auch noch so compliciert und von Umständen abhängig waren. Wie begünstiget das nicht den Poeten. | Aber ich fürchte, der Oedipus ist seine eigene Gattung und es gibt keine zweite Species davon: am allerwenigsten würde man, aus weniger fabelhaften Zeiten, ein Gegenstück dazu auffinden können. Das Orakel hat einen Antheil an der Tragödie, der schlechterdings durch nichts andres zu ersetzen ist; und wollte man das Wesentliche der Fabel selbst, bei veränderten Personen und Zeiten beibehalten, so würde lächerlich werden, was jetzt furchtbar ist. 14. (s. „Teil": an Schiller gD)
17. (s. „Über die Gegenstände der bildenden Kunst": an Schiller gD) Nov 28. [Jena] Schiller an G (SNA 29, 161f.): Ich las in diesen Tagen die Shakespearischen Stücke, die den Krieg der zwey Rosen abhandeln, und ich bin nun nach Beendigung Richards III mit einem wahren Erstaunen erfüllt. Es ist dieses letzte Stück eine der erhabensten Tragödien die ich kenne, und ich wüßte in diesem Augenblick nicht ob selbst ein Shakespearisches ihm den Rang streitig machen kann. Die großen Schicksale, angesponnen in den vorhergehenden Stücken sind darinn auf eine wahrhaft große Weise geendiget, und nach der erhabensten Idee stellen sie sich nebeneinander. Daß der Stoff schon alles weichliche schmelzende, weinerliche ausschließt kommt dieser hohen Wirkung sehr zu statten, alles ist energisch darin und groß, nichts gemeinmenschliches stört die rein aesthetische Rührung, und es ist gleichsam die reine Form des tragisch furchtbaren was man genießt. Eine hohe Nemesis wandelt durch das Stück, in allen Gestalten, man kommt nicht aus dieser Empfindung heraus von Anfang bis zu Ende. Zu bewundern ists, wie der Dichter dem unbehülflichen Stoffe immer die poetische Ausbeute abzugewinnen wußte, und wie geschickt er das repräsentiert was sich nicht prsesentieren läßt, ich meine die Kunst Symbole zu gebrauchen, wo die Natur nicht kann dargestellt werden. Kein Schakespearisches Stück hat mich so sehr an die Griechische Tragödie erinnert. Dez
1. [Jena] Schiller an G (SNA 29, 162f.): Mein erster Akt [Wallenstein] ist so groß, daß ich die drey ersten Akte Ihrer Iphigenia hinein legen kann, ohne ihn ganz auszufüllen, freilich sind die hintern Akte viel kürzer. Die Exposition verlangt Extensität, so wie die
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fortschreitende Handlung von selbst auf Intensitset leitet. Es kommt mir vor, als ob mich ein gewißer epischer Geist angewandelt habe, der aus der Macht Ihrer unmittelbaren Einwirkungen zu erklären seyn mag, doch glaube ich nicht, daß er dem Dramatischen schadet, weil er vielleicht das einzige Mittel war, diesem prosaischen Stoff eine poetische Natur zu geben.
Dez
9. An Schiller (Br 12, 373f.): Ohne ein lebhaftes pathologisches Interesse ist es auch mir niemals gelungen irgend eine tragische Situation zu bearbeiten, und ich habe sie daher lieber vermieden als aufgesucht. Sollte es wohl auch einer von den Vorzügen der Alten gewesen seyn? daß das höchste pathetische auch nur ästhetisches Spiel bey ihnen gewesen wäre, da bey uns die Naturwahrheit mitwirken muß um ein solches Werk hervorzubringen. Ich kenne mich zwar nicht selbst genug um zu wissen, ob ich eine wahre Tragödie schreiben könnte, ich erschrecke aber blos vor dem Unternehmen und bin beynahe überzeugt daß ich mich durch den bloßen Versuch zerstören könnte. 12.
[Jena] Schiller an G (SNA 2 9 , 166f.): Sollte es wirklich an dem seyn, daß die Tragödie, ihrer pathetischen Gewalt wegen, Ihrer Natur nicht zusagte? In allen Ihren Dichtungen finde ich die ganze tragische Gewalt und Tiefe, wie sie zu einem vollkommenen Trauerspiel hinreichen würde, im Wilhe/m Meister liegt, was die Empfindung betrift mehr als Eine Tragödie; ich glaube, daß bloß die strenge gerade Linie, nach welcher der tragische Poet fortschreiten muß, Ihrer Natur nicht zusagt, die sich überal mit einer freieren Gemüthlichkeit äusern will. Alsdann glaube ich auch, eine gewiße Berechnung auf den Zuschauer, von der sich der tragische Poet nicht dispensieren kann, der Hinblick auf einen Zweck, den äusern Eindruck, der bei dieser Dichtungsart nicht ganz erlassen wird, geniert Sie, und vielleicht sind Sie gerade nur deßwegen weniger zum Tragödiendichter geeignet, weil Sie so ganz zum Dichter in seiner generischen Bedeutung erschaffen sind. Wenigstens finde ich in Ihnen alle p o e t i s c h e n Eigenschaften des Tragödiendichters im reichlichsten Maaß, und wenn Sie wirklich dennoch keine ganz wahre Tragödie sollten schreiben können, so müßte der Grund in den nicht poetischen Erfodernißen liegen.
20. An Schiller (Br 12, 380f.): Seit der Erscheinung der Schlegelschen Recension meines Herrmanns 1 ) habe ich die Gesetze der Epopée und des Dramas wieder durchgedacht und glaube auf gutem Wege zu seyn. Die Schwierigkeit bey diesen theoretischen Bemühungen ist immer die Dichtarten von allem zufälligen zu befreyen. Nächstens erhalten Sie wohl einen kleinen Aufsatz darüber und ich mag daher nichts weiter voraussagen. 22.
[Jena] Schiller an G (SNA 2 9 , 172): Die Schlegelsche Recension Ihres Hermanns kenne ich noch nicht . . . Ihren, dadurch veranlaßten, Aufsatz erwarte ich mit Verlangen. Oder werden Sie ihn nicht gleich selbst bringen? 2 )
23. An Schiller (Br 12, 3 8 1 - 8 4 ) : In der Beylage erhalten Sie meinen Aufsatz, 3 ) den ich zu beherzigen, anzuwenden, zu modificiren und zu er) A. W . Schlegels Rez. in ALZ 1 1 . - 1 3 . Dez (Bd 4, Nr. 3 9 3 - 9 6 , Sp. 6 4 1 - 6 2 u. 665-68). 2) Erst 20. März - 6. Apr war G wieder in Jena. 3) Endgültige Fassung. Wegen Aufnahme von Ideen aus Schlegels Rezension folgert A. Kornbacher (GJb 1 9 9 8 , 63ff.), daß der Aufsatz zwischen 13. u. 23. Dez 1 7 9 7 entstand. 1
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weitern bitte. Ich habe mich seit einigen Tagen dieser Kriterien beym Lesen der Ilias und des Sophokles 1 ) bedient, so wie bey einigen epischen und tragischen Gegenständen, die ich in Gedanken zu motiviren versuchte, 2 ) und sie haben mir sehr brauchbar ja entscheidend geschienen. | Es ist mir dabey recht aufgefallen wie es kommt, daß wir Modernen die Genres so sehr zu vermischen geneigt sind, ja daß wir gar nicht einmal im Stand sind sie von einander zu unterscheiden. Es scheint nur daher zu kommen, weil die Künstler, die eigentlich die Kunstwerke innerhalb ihren reinen Bedingungen hervorbringen sollten, dem Streben der Zuschauer und Zuhörer, alles völlig wahr zu finden, nachgeben. Meyer hat bemerkt, daß man alle Arten der bildenden Kunst hat bis zur Mahlerey hinantreiben wollen, indem diese durch Haltung und Farben die Nachahmung als völlig wahr darstellen kann. So sieht man auch im Gang der Poesie daß alles zum Drama, zur Darstellung des v o l l k o m m e n G e g e n w ä r t i g e n sich hindrängt. So sind die Romane in Briefen völlig dramatisch, man kann deswegen mit recht förmliche Dialoge, wie auch Richardson gethan hat, einschalten; erzählende Romane mit Dialogen untermischt würden dagegen zu tadeln seyn. | Sie werden hundertmal gehört haben, daß man nach Lesung eines guten Romans gewünscht hat, den Gegenstand auf dem Theater zu sehen, und wie viel schlechte Dramen sind daher entstanden! Eben so wollen die Menschen jede interessante Situation gleich in Kupfer gestochen sehen. Damit nur ja ihrer Imagination keine Thätigkeit übrig bleibe, so soll alles sinnlich wahr, vollkommen gegenwärtig, dramatisch seyn und das dramatische selbst soll sich dem wirklich wahren völlig an die Seite stellen. Diesen eigentlich kindischen, barbarischen, abgeschmackten Tendenzen sollte nun der Künstler aus allen Kräften widerstehn, Kunstwerk von Kunstwerk durch undurchdringliche Zauberkreise sondern, jedes bey seiner Eigenschaft und seinen Eigenheiten erhalten, so wie es die Alten gethan haben und dadurch eben solche Künstler wurden und waren. Aber wer kann sein Schiff von den Wellen sondern, auf denen es schwimmt? Gegen Strom und Wind legt man nur kleine Strecken zurück. | So war z. B. bey den Alten ein Basrelief ein wenig erhobenes Werk, eine flache, geschmackvolle Andeutung eines Gegenstands auf einer Fläche, allein dabey konnte der Mensch nicht bleiben, es wurde halb erhoben, ganz erhoben, Glieder abgesondert, Figuren abgesondert, Perspective angebracht, Straßen, Wolken, Berge und Landschafften vorgestellt, und weil nun auch dies durch Menschen von Talent geschah, so fand das völlig unzulässige desto eher Eingang, als man es dadurch gerade dem ungebildeten Menschen desto mehr nach seinem Sinne machte. So kommt unter Meyers
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) Aus dem Ende des Briefes geht hervor, daß G Ajas u. Philoktet gelesen hatte. ) Hier wohl mit Bezug auf Pläne zur Achilleis u. zum 7e//-Epos.
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Abhandlung1) die sehr artige, hierher gehörige Geschichte vor, wie man in Florenz die Figuren aus Thon glasirt und erst einfârbig, dann mehrfârbig gemahlt und emaillirt hat. | Um nun zu meinem Aufsatze zurückzukommen, so habe ich den darinn aufgestellten Maßstab an Herrmann und Dorothea gehalten und bitte Sie desgleichen zu thun, wobey sich ganz interessante Bemerkungen machen lassen, als z. B. | 1. Daß kein ausschließlich episches Motiv, das heißt kein retrogradirendes, sich darinn befinde, sondern daß nur die vier andern, welche das epische Gedicht mit dem Drama gemein hat, darinn gebraucht sind. | 2. Daß es nicht außer sich wirkende, sondern nach innen geführte Menschen darstellt und sich auch dadurch von der Epopée entfernt und dem Drama nähert. | 3. Daß es sich mit Recht der Gleichnisse enthält, weil bey einem mehr sittlichen Gegenstande das Zudringen von Bildern aus der physischen Natur nur mehr lästig gewesen wäre. | 4. Daß es aus der dritten Welt, ob gleich nicht auffallend, noch immer genug Einfluß empfangen hat, indem das große Weltschicksal theils wirklich, theils durch Personen, symbolisch, eingeflochten ist und von Ahndung, von Zusammenhang einer sichtbaren und unsichtbaren Welt doch auch leise Spuren angegeben sind, welches zusammen nach meiner Überzeugung an die Stelle der alten Götterbilder tritt, deren physisch-poetische Gewalt freylich dadurch nicht ersetzt wird.2) Dez
26.
[Jena] Schiller an G (SNA 2 9 , 176ff.): Die Gegeneinanderstellung des Rapsoden und Mimen nebst ihrem beiderseitigen Auditorium scheint mir ein sehr glücklich gewähltes Mittel, um der Verschiedenheit beider Dichtarten beizukommen. Schon diese Methode allein reichte hin, einen groben Mißgriff in der Wahl des Stöfs für die Dichtart oder der Dichtart für den Stoff unmöglich zu machen. Auch die Erfahrung bestätigt es, denn ich wüßte nicht, was einen bei einer dramatischen Ausarbeitung so streng in den Grenzen der Dichtart hielt, und wenn man daraus getreten, so sicher darein zurückführte, als eine möglichst lebhafte Vorstellung der wirklichen Repräsentation der Bretter, eines angefüllten und bunt gemischten Hauses, wodurch die affektvolle unruhige Erwartung, mithin das Gesetz des intensiven und rastlosen Fortschreitens und Bewegens so nahe gebracht wird. | Ich möchte noch ein zweites Hilfsmittel zur Anschaulichmachung dieses Unterschieds in Vorschlag bringen. Die dramatische Handlung bewegt sich vor mir, um die epische bewege ich mich selbst, und sie scheint gleichsam stille zu stehen. Nach meinem Bedünken liegt viel in diesem Unterschied. Bewegt sich die Begebenheit vor mir, so bin ich streng an die sinnliche Gegenwart gefeßelt, meine Phantasie verliert alle Freiheit, es entsteht und erhält sich eine fortwährende Unruhe in mir, ich muss immer beim Objekte bleiben, alles Zurücksehen, alles Nachdenken ist mir versagt, weil ich einer fremden Gewalt folge. Beweg ich mich um die Begebenheit, die mir nicht entlaufen kann, so kann ich einen ungleichen Schritt halten, ich kann nach meinem subjectiven Bedürfniß mich länger oder kürzer verweilen, kann Rückschritte machen oder Vorgriffe thun u.s.f. Es stimmt dieses auch sehr gut mit dem Begriff des V e r g a n g e n s e y n s , welches als stillstehend gedacht werden kann, und mit dem Begriff des E r -
) H. Meyer: Sammlung von Gefässen in gebrannter Erde zu Florenz. In: K. A. Böttiger: Griechische Vasengemälde mit archäologischen und artistischen Erläuterungen. Bd 1. H. 2. Weimar 1 7 9 8 , 1 - 2 1 . 2) Das Folgende s. in „Achilleis" gD, E G W 1, 2f. 1
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z ä h l e n s , denn der Erzähler weiß schon am Anfang und in der Mitte das Ende, und ihm ist folglich jeder Moment der Handlung gleichgeltend, und so behält er durchaus eine ruhige Freiheit. | Daß der Epiker seine Begebenheit als vollkommen vergangen, der Tragiker die seinige als vollkommen gegenwärtig zu behandeln habe, leuchtet mir sehr ein. | Ich setze noch hinzu. Es entsteht daraus ein reizender Widerstreit der Dichtung als Genus mit der Species derselben, der in der Natur wie in der Kunst immer sehr geistreich ist. Die Dichtkunst, als solche, macht alles sinnlich gegenwärtig und so nöthigt sie auch den Epischen Dichter das Geschehene zu vergegenwärtigen, nur daß der Character des Vergangenseyns nicht verwischt werden darf. Die Dichtkunst, als solche, macht alles gegenwärtige vergangen und entfernt alles nahe (durch Idealität) und so nöthigt sie den Dramatiker, die individuell auf uns eindringende Wirklichkeit von uns entfernt zu halten und dem Gemüth eine poetische Freiheit gegen den Stoff zu verschaffen. Die Tragödie in ihrem höchsten Begriffe wird also immer zu dem epischen Character h i n a u f s t r e b e n und wird nur dadurch zur Dichtung. Das Epische Gedicht wird eben so zu dem Drama h e r u n t e r s t r e b e n und wird nur dadurch den poetischen Gattungsbegriff ganz erfüllen; just das, was beide zu poetischen Werken macht, bringt beide einander nahe. Das Merkmal, wodurch sie specifiziert und einander entgegen gesetzt werden, bringt immer einen von beiden Bestandtheilen des poetischen Gattungsbegriffs ins Gedränge, bei der Epopee die S i n n l i c h k e i t , bei der Tragödie die F r e i h e i t , und es ist also natürlich, daß das Contrepoids gegen diesen Mangel immer eine Eigenschaft seyn wird, welche das specifische Merkmal der entgegengesetzten Dichtart ausmacht. Jede wird also der andern den Dienst erweisen, daß sie die G a t t u n g gegen die A r t in Schutz nimmt. Daß dieses wechselseitige Hinstreben zu einander nicht in eine Vermischung und Grenzverwirrung ausarte, das ist eben die eigentliche Aufgabe der Kunst, deren höchster Punkt überhaupt immer dieser ist, Character mit Schönheit, Reinheit mit Fülle, Einheit mit Allheit pp zu vereinbaren. | Ihr H e r m a n n hat wirklich eine gewiße Hinneigung zur Tragödie, wenn man ihm den reinen strengen Begriff der Epopee gegenüber stellt. Das Herz ist inniger und ernstlicher beschäftigt, es ist mehr pathologisches Interesse als poetische Gleichgültigkeit darinn, so ist auch die Enge des Schauplatzes, die Sparsamkeit der Figuren, der kurze Ablauf der Handlung der Tragödie zugehörig. Umgekehrt schlägt ihre Iphigenie offenbar in das epische Feld hinüber, sobald man ihr den strengen Begriff der Tragödie entgegenhält. Von dem Taßo will ich gar nicht reden. Für eine Tragödie ist in der Iphigenie ein zu ruhiger Gang, ein zu großer Auffenthalt, die Catastrophe nicht einmal zu rechnen, welche der Tragödie widerspricht. Jede Wirkung, die ich von diesem Stücke theils an mir selbst theils an andern erfahren, ist generisch poetisch, nicht tragisch gewesen, und so wird es immer seyn wenn eine Tragödie, auf epische Art, verfehlt wird. Aber an Ihrer Iphigenia ist dieses Annähern ans epische ein Fehler, nach meinem Begriff, an Ihrem Hermann ist die Hinneigung zur Tragödie offenbar kein Fehler, wenigstens dem Effekte nach ganz und gar nicht. Kommt dieses etwa davon, weil die Tragödie zu einem b e s t i m m t e n , das Epische Gedicht zu einem allgemeinen und freien Gebrauche da ist? | Für heute nichts mehr. Ich bin noch immer [krankheitshalber] keiner ordentlichen Arbeit fähig, nur Ihr Brief und Aufsatz konnten mir unterdeßen Beschäftigung geben.
Dez 27. An Schiller (Br 12, 386f.): So leid es mir thut zu hören daß Sie noch nicht ganz zur Thätigkeit hergestellt sind, ist es mir doch angenehm daß mein Brief und Aufsatz Sie einigermaßen beschäftigt hat. Ich danke für den Ihrigen, der eine Sache noch weiter führt, an der uns so viel gelegen seyn muß. Leider werden wir Neuern wohl auch gelegentlich als Dichter geboren und wir plagen uns in der ganzen Gattung herum ohne recht zu wissen woran wir eigentlich sind, denn die specifischen Bestimmungen sollten, wenn ich nicht irre, eigentlich von außen kom-
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men und die Gelegenheit das Talent determiniren. Warum machen wir so selten ein Epigramm im griechischen Sinne? weil wir so wenig Dinge sehen die eins verdienen. Warum gelingt uns das Epische so selten? weil wir keine Zuhörer haben. Und warum ist das Streben nach theatralischen Arbeiten so groß? weil bey uns das Drama die einzig sinnlich reizende Dichtart ist, von deren Ausübung man einen gewissen gegenwärtigen Genuß hoffen kann 1 ) . . . Meyer arbeitet fleißig an seiner Abhandlung über die zur bildenden Kunst geeigneten Gegenstände, 2 ) es kommt dabey alles zur Sprache was auch uns interessirt und es zeigt sich, wie nah der bildende Künstler mit dem Dramatiker verwandt ist. Dez
29. [Jena] Schiller an G (SNA 29, 178f.): Ihr jetziges Geschäft, die beiden Gattungen zu sondern und zu reinigen ist freilich von der höchsten Bedeutung, aber Sie werden mit mir überzeugt seyn, daß, um von einem Kunstwerk alles auszuschließen, was seiner Gattung fremd ist, man auch nothwendig alles darinn müsse einschliessen können, was der Gattung gebührt. Und eben daran fehlt es jetzt. Weil wir einmal die Bedingungen nicht zusammen bringen können, unter welchen eine jede der beiden Gattungen steht, so sind wir genöthigt, sie zu vermischen. Gab es Rapsoden und eine Welt für sie, so würde der epische Dichter keine Motive von dem tragischen zu entlehnen brauchen, und hätten wir die Hilfsmittel und intensiven Kräfte des griechischen Trauerspiels und dabei die Vergünstigung, unsere Zuhörer durch eine Reihe von sieben Repräsentationen hindurch zu führen, so würden wir unsre Dramen nicht über die Gebühr in die Breite zu treiben brauchen. Das Empfindungsvermögen des Zuschauers und Hörers muss einmal ausgefüllt und in allen Punkten seiner Peripherie berührt werden, der Durchmesser dieses Vermögens ist das Maaß für den Poeten. Und weil die moralische Anlage die am meisten entwickelte ist, so ist sie auch die foderndste und wir mögens auf unsre Gefahr wagen, sie zu vernachläßigen. | Wenn das Drama wirklich durch einen so schlechten Hang des Zeitalters in Schutz genommen wird, wie ich nicht zweifle, so müßte man die Reforme beim Drama anfangen, und durch Verdrängung der gemeinen Naturnachahmung der Kunst Luft und Licht verschaffen. Und dieß, däucht mir, möchte unter anderm am besten durch Einführung symbolischer Behelfe geschehen, die in allem dem, was nicht zu der wahren Kunstwelt des Poeten gehört, und also nicht dargestellt sondern bloß bedeutet werden soll, die Stelle des Gegenstandes verträten. Ich habe mir diesen Begriff vom Symbolischen in der Poesie noch nicht recht entwikkeln können, 3 ) aber es scheint mir viel darinn zu liegen. Würde der Gebrauch deßelben bestimmt, so müßte die natürliche Folge seyn, daß die Poesie sich reinigte, ihre Welt enger und bedeutungsvoller zusammenzöge, und innerhalb derselben desto wirksamer würde. | Ich hatte immer ein gewißes Vertrauen zur Oper, daß aus ihr wie aus den Chören des alten Bacchusfestes das Trauerspiel in einer edlern Gestalt sich loswickeln sollte. In der Oper erläßt man wirklich jene servile Naturnachahmung, und obgleich nur unter dem Nahmen von Indulgenz könnte sich auf diesem Wege das ideale auf das Theater stehlen. Die Oper stimmt durch die Macht der Musik und durch eine freiere harmonische Reizung der Sinnlichkeit das Gemüth zu einer schönern Empfängniß, hier ist wirklich auch im Pathos selbst ein freieres Spiel weil die Musik es begleitet, und das Wunderbare, welches hier einmal geduldet wird, müßte nothwendig gegen den Stoff gleichgültiger machen. | Auf Meiers Aufsatz bin ich sehr begierig, es werden sich daraus unfehlbar viele Anwendungen auf die Poesie ergeben.
) Das Folgende s. in „Achilleis" gD, EGW 1, 3. ) Meyers Ueber die Gegenstände der bildenden Kunst erschien in Propyläen I 1 u. I 2. 3) Erst 1803 in Ueber den Gebrauch des Chors in der Tragödie als Vorwort der Braut von Messina (SNA 29, 518). 1
2
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U E B E R E P I S C H E UND DRAMATISCHE
DICHTUNG
1797
Dez 30. An Schiller (Br 12, 388f.): Ich bin Ihrer Meinung daß man nur deßwegen so strenge sondern müsse, um sich nachher wieder durch Aufnahme fremdartiger Theile etwas erlauben zu können. Ganz anders arbeitet man aus Grundsätzen als aus Instinkt, und eine Abweichung, von deren Nothwendigkeit man überzeugt ist, kann nicht zum Fehler werden. | Die theoretischen Betrachtungen können mich nicht lange mehr unterhalten, es muß nun wieder an die Arbeit gehen und dazu muß ich mich auf das alte Jenaische Kanape, wie auf einen Dreyfuß, begeben . . . [Dez [Weimar] Riemer (Mittheilungen 2, 4 2 2 ) : G. hatte S'n. bereits einen Aufsatz „ ü b e r E n d e ? ] e p i s c h e u n d d r a m a t i s c h e D i c h t u n g " zugeschickt, mit der Bitte ihn zu beherzigen, anzuwenden, zu modificiren und zu erweitern. S. that es und führte eine Sache nach G's. höflicher Versicherung - noch weiter, an der beiden soviel gelegen seyn mußte, da es die Dichtungsarten betraf, in deren Bearbeitung sich beide getheilt hatten.
1798 Jan
2.
[Jena] Schiller an G (SNA 2 9 , 180): Ihre eigene Art und Weise zwischen Reflexion und Production zu alternieren ist wirklich beneidens- und bewundernswerth. Beide Geschäfte trennen sich in Ihnen ganz, und das eben macht, daß beide als Geschäfte so rein ausgeführt werden. Sie sind wirklich solang Sie arbeiten im Dunkeln und das Licht ist bloß i n Ihnen, und wenn Sie anfangen zu reflektieren, so tritt das innere Licht von Ihnen heraus und bestrahlt die Gegenstände Ihnen und Andern. Bei mir vermischen sich beide Wirkungsarten und nicht sehr zum Vortheil der Sache.
6. An Schiller (Br 13, 9): Ich wünsche in gar vielen Rücksichten daß Ihr Wallenstein bald fertig werden möge. Lassen Sie uns sowohl während der Arbeit, als auch hinterdrein die dramatischen Forderungen nochmals recht durcharbeiten! Seyn Sie künftig in Absicht des Plans und der Anlage genau und vorausbestimmend, so müßte es nicht gut seyn wenn Sie, bey Ihren geübten Talenten und dem innern Reichthum, nicht alle Jahr ein paar Stücke schreiben wollten. Denn das scheint mir offenbar beym dramatischen Dichter nothwendig daß er oft auftrete, die Wirkung die er gemacht hat immer wieder erneuere, und wenn er das Talent hat darauf fortbaue. F e b r 13.
[Jena] Schiller an G (SNA 2 9 , 204f.): Da ich seit diesem Winter viele Reisebeschreibungen las, so habe ich mich nicht enthalten können, zu versuchen, welchen Gebrauch der Poet von einem solchen Stoffe wohl möchte machen können und bei dieser Untersuchung ist mir der Unterschied zwischen einer epischen und dramatischen Behandlung neuerdings lebhaft geworden. | Es ist keine Frage, daß ein Weltentdecker oder Weltumsegler wie Cook einen schönen Stoff zu einem epischen Gedichte entweder selbst abgeben oder doch herbeiführen könnte, denn alle Requisite eines epischen Gedichts, worüber wir übereingekommen finde ich darinn, und auch das wäre dabey sehr günstig, daß das Mittel dieselbe Dignität und selbstständige Bedeutung hätte, wie der Zweck selbst, ja daß der Zweck mehr des Mittels wegen da wäre. Es ließe sich ein gewisser menschlicher Kreis darinn erschöpfen, was mir bei einem Epos wesentlich däucht, und
1798
UEBER EPISCHE UND DRAMATISCHE D I C H T U N G
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das physische würde sich mit dem moralischen zu einem schönen Ganzen verbinden lassen. | Wenn ich mir aber eben diesen Stoff als zu einem Drama bestimmt denke, so erkenne ich auf einmal die große Differenz beider Dichtungsarten. Da incommodiert mich die sinnliche Breite eben so sehr als sie mich dort anzog, das physische erscheint n u n bloß als ein Mittel, um das moralische herbeizuführen, es wird lästig durch seine Bedeutung und den Anspruch den es macht, und kurz der ganze reiche Stoff dient n u n bloß zu einem Veranlaßungsmittel gewißer Situationen, die den innern Menschen ins Spiel setzen. | Es n i m m t mich aber wirklich Wunder, daß ein solcher Stoff Sie noch nicht in Versuchung geführt hat, denn hier finden Sie beinahe schon von selbst fertig, was so nöthig und doch so schwürig ist, nehmlich die persönliche und physische Wirksamkeit des natürlichen Menschen mit einem gewißen Gehalt den nur die Kunst i h m geben konnte vereinigt. Le Vaillant auf seinen afrikanischen Zügen ist wirklich ein poetischer Charakter, und ein wahrhaft mächtiger Mensch, weil er mit aller Stärke der thierischen Kräfte und allen unmittelbar aus der Natur geschöpften Hilfsmitteln die Vortheile verbindet, welche nur die Kultur gewährt. 1 ) Febr 14.
März 23.
28. Mai 21. 22. 23.
24. 25.
An Schiller (Br 13, 65): Ich bin mit Ihnen völlig überzeugt daß in einer R e i s e , besonders von der Art die Sie bezeichnen, schöne epische Motive liegen, allein ich würde nie wagen einen solchen Gegenstand zu behandeln, weil mir das unmittelbare Anschauen fehlt und mir in dieser Gattung die sinnliche Identification mit dem Gegenstande, welche durch Beschreibungen niemals gewirkt werden kann, ganz unerläßlich scheint.2) [Jena] Mittag zu Schiller . . . über episches und dramatisches. 3 ) [Jena] Mittags bey Schiller Fortsetzung über das tragische und epische. [Jena] Gegen Abend bey Schiller, den Humboldtischen Aufsatz über das Epische Gedicht angefangen. 4 ) [Jena] Abends bey Schiller fortsetzung der Humboldtischen Abhandlung] . [Jena] Abends bey Schiller fortsetzung des Humboldtischen Aufsatzes. Und bey Gelegenheit desselben viel über das epische Gedicht [Hermann und Dorothea] und über das was zunächst wohl vorzunehmen wäre. [Jena] Abends bey Schiller, der Humboldt[ische] Aufsatz fortgesetzt. [Jena] Abends bey ... Schiller. | Humboldts Abhandlung fortgesetzt ...
25. [Jena] Schiller an Körner (SNA 29, 238) Göthe ist seit 8 Tagen wieder hier und wird noch wohl einen Monat bleiben. Ein Manuscript von Humboldt über H e r r m a n n und Dorothea, welches eine ausführliche Analysis nicht nur dieses Gedichts sondern der
1
) Voyage de M. Le Vaillant dans l'intérieur de l'Afrique, par le cap de Bonne-Espérance . . . Paris 1790. G's Lektüre 17. Jan 1797 (Tgb). 2 ) Das Folgende s. in „Nausikaa" gD. 3 ) Zur F o r t f ü h r u n g der gattungstheoretischen Diskussion im Zusammenhang mit G's Achilleis u. ffiaj-Beschäftigung s. in „Achilleis" u. „Ilias", bes. Z zu März-Mai 1798. 4 ) Am 12. Mai hatte Schiller W. v. Humboldts Aufsatz Ueber Göthe's Hermann und Dorothea erhalten, der auch gattungstheoretische Aspekte berührt; erschienen 1799 als T. 1. von Humboldts Ästhetischen Versuchen (Ruppert Nr. 1937).
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ganzen Gattung zu der es gehört samt allen Annexis enthält, beschäftigte uns indessen sehr, weil es die wichtigsten Fragen über poetische Dinge zur Sprache bringt.
Mai 26. [Jena] Abends bey Schiller den Humboldtischen Aufsatz fortgesetzt. Über epische dramatische und lyrische Dichtkunst. 27. [Jena] Abends bey Schiller. Fortsetzung von dem Humboldtischen Aufsatz. Juni 27. [Jena] Schiller an W. v. Humboldt (SNA 29, 245ff.): ... 1 ) Ich betrachte auch deßwegen Ihre Arbeit mehr als eine Eroberung für die Philosophie als für die Kunst, und will damit keinen Tadel verbunden haben. Es ist ja überhaupt noch die Frage, ob die Kunstphilosophie dem Künstler etwas zu sagen hat. Der Künstler braucht mehr empirische und specielle Formeln, die eben deßwegen für den Philosophen zu eng und zu unrein sind; dagegen dasjenige, was für diesen den gehörigen Gehalt hat und sich zum allgemeinen Gesetze qualifiziert, für den Künstler bei der Ausübung immer hohl und leer erscheinen wird. | Ihre Schrift ist mir auch schon darum als ein beweisender Versuch merkwürdig, was der speculative Geist dem Künstler und Poeten gegenüber eigentlich leisten kann. Denn was hier von Ihnen nicht geleistet worden, das kann auf diesem Wege überhaupt nicht geleistet, noch gefordert werden . . . Sie müssen sich nicht wundern, lieber Freund, wenn ich mir die Wissenschaft und die Kunst jetzt in einer größern Entfernung und Entgegensetzung denke, als ich vor einigen Jahren vielleicht geneigt gewesen bin. Meine ganze Thätigkeit hat sich gerade jetzt der Ausübung zugewendet, ich erfahre täglich, wie wenig der Poet durch a l l g e m e i n e r e i n e Begriffe bei der Ausübung gefördert wird, und wäre in dieser Stimmung zuweilen unphilosophisch genug, alles was ich selbst und andere von der Elementarästhetik wissen, für einen einzigen empirischen Vortheil, für einen Kunstgriff des Handwerks hinzugeben. In Rücksicht auf das Hervorbringen werden Sie mir zwar selbst die Unzulänglichkeit der Theorie einräumen, aber ich dehne meinen Unglauben auch auf das B e u r t h e i l e n aus, und möchte behaupten, daß es kein Gefäß giebt, die Werke der Einbildungskraft zu fassen, als eben diese Einbildungskraft selbst, und daß auch Ihnen die Abstraction und die Sprache Ihr eigenes Anschauen und Empfinden nur unvollkommen hat ausmessen und ausdrücken können. | Es ist hier nur von demjenigen Theil Ihres Werks die Rede, der die Begriffe sucht und aufstellt nach denen geurtheilt wird, und auch bei diesem habe ich es keineswegs mit Ihrer Ausführung, nur mit Ihrer Unternehmung zu thun. Denn es ist zum Erstaunen, wie genau, wie vielseitig, wie erschöpfend Sie alles behandelt haben, so daß ich überzeugt bin, was auch künftighin über den Prozeß des Künstlers und Poeten, über die Natur der Poesie und ihrer Gattungen noch mag gesagt werden, es wird Ihren Behauptungen nicht widersprechen, sondern diese nur erläutern . . . In allen wesentlichen Punkten ist zwischen dem, was Sie sagen, und dem was Göthe und ich diesen Winter über Epopee und Tragödie festzustellen gesucht haben, eine merkwürdige Uebereinstimmung dem Wesen nach, obgleich Ihre Formeln metaphysischer gefaßt sind und die unsrigen mehr für den Hausgebrauch taugen. Vielleicht ist Ihre Analysis zu scharf, und die aufgestellte Charakteristik zu streng und zu unbeweglich. Die Einbildungskraft hat wirklich schon bewiesen, daß sie ohne Gefahr über diese Grenzen gehen kann, und Ihnen selbst wird es schwer den reinen Begriff z.B. der Epopee zwischen den vorhandenen Epopeen wirklich fest zu halten. Es würde Ihnen unfehlbar auch mit andern Arten so ergehen, und namentlich mit der Tragödie Schakespears und der alten. | Göthe und ich haben uns Epische und Dramatische Poesie auf eine einfachere Art unterschieden, als Ihr Weg Ihnen erlaubte, und diesen Unterschied überhaupt nicht so groß gefunden. So können wir die Tragödie sich nicht so sehr in das lyrische verlieren lassen, sie ist absolut plastisch wie das Epos: Göthe meint sogar daß
1
) Das Vorausgehende s. in „Hermann und Dorothea" gD.
1798
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DICHTUNG
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sie sich zur Epopee wie die Sculptur zur Mahlerey verhalte. An das lyrische grenzt sie allerdings, da sie das Gemüth in sich selbst hineinführt; so wie die Epopee an die Künste des Auges grenzt, da sie den Menschen in die Klarheit der Gestalten hinausführt. Uns scheint, daß Epopee und Tragödie durch nichts als durch die vergangene und die gegenwärtige Zeit sich unterscheiden. Jene erlaubt Freiheit, Klarheit, Gleichgültigkeit, diese bringt Erwartung, Ungeduld, pathologisches Interesse hervor. | Auch meint Göthe, und mit Grunde däucht mir, daß man die Natur des Epos vollständig aus dem Begriff und den Circumstantien des Rapsoden und seines Publicums deducieren könne, und daß sogar die R o h e i t und die g e m e i n e u n g e b i l d e t e Natur des ihn umgebenden Auditoriums auf die epische Form einen entscheidenden Einfluß habe, wenigstens auf die Homerische gehabt habe, die der Canon für alle Epopee ist. | Was die Tragödie betrift, so behalte ich mir diese für künftige Briefe vor. Juli
12.
[Paris] W . v. Humboldt an Schiller (SNA 3 7 . 1 , 3 2 0 ) : Ihr Brief hat es mir erstaunlich deutlich gemacht, daß es außer der philosophischen Theorie der Kunst noch eine eigentlich technische giebt, und ich bin auf das, was Sie hierüber mit Göthe abgemacht haben, unendlich begierig. Da ich nie selbst ausgeübt, so habe ich, wie ich frei gestehe, von diesem Theil eigentlich keinen Begriff, und ich wüßte nicht Eine einzige Regel, viel weniger eine Art System derselben, anzugeben, die, wie Sie es nennen, ein Kunstgriff des Handwerks heißen dürfte. Schon ein Paar Beispiele wären vielleicht genug, mich in ein ganz neues Feld zu versetzen.
16. An W. v. Humboldt (Br 13, 216): ..- 1 ) Ich habe zeither sehr viel über diese [epische] Dichtungsart gedacht, und Ihr Aufsatz hat nicht allein alles wieder aufs neue und von verschiednen Seiten erregt, sondern er hat mich auch auf gewisse wichtige Punkte aufmerksam gemacht, die mir, ob ich sie gleich im Auge hatte, doch erst durch Ihre Ableitung recht wichtig geworden sind. So freue ich mich voraus, daß Sie dasjenige was Sie billigen und für recht halten in meinen Arbeiten noch immer mehr ausgedruckt und vollendet finden sollen. | Indem ich Ihnen nun diesen praktischen Dank bereite, so wird Schiller Sie umständlicher unterhalten, wie der Theoretiker Ihre Deduction aufnehmen möchte, wozu mir von dem Himmel das Organ versagt ist.
1799 März ?
Apr
2 1 . , 2 2 . u. 2 9 . 4.
(s. „Achilleis" gD, E G W 1, 12f.)
[Jena] Trauerspiele des Euripides . . . Abends bey Schiller. Ueber die Griechische Tragödie besonders über den Euripides. Ueberlegung wie allenfalls diese Materie für die Propyläen zu behandeln sey.2)
1826 Okt
3. [Weimar] Ältere Aufsätze und Schemata gesucht . . . Verhandlungen zwischen Schiller und mir über epische und dramatische Poesie vorgefunden. 1 2
) Das Vorausgehende s. in „Hermann und Dorothea" gD. ) Nicht ausgeführt.
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1826
Nov 14. Abends Professor Riemer. Über das epische und dramatische Gedicht, Verhandlungen zwischen Schiller und Goethe. 15. Abends Professor Riemer. Wir gingen die Verhandlung mit Schiller von 1797 über Epos und Drama durch. 29. An F. J. Frommann (Konzept, Br 41, 242): ... sende hiebey den Anfang des Manuscripts zu dem neuen Stücke von Kunst und Alterthum [VI 1] ... Bey dem Manuscript habe Folgendes zu bemerken: Schiller hatte die Art, die aus fremden Sprachen abgeleiteten Worte mit lateinischen Lettern zu schreiben; da wir aber bey unserm Abdruck hiezu lieber deutsche Schrift nehmen, so wollt ich ersuchen hiernach Setzer und Corrector zu beauftragen. 29. H.[errn] Frommann d. J. Manuscript zu Kunst und Alterth[um VI 1] v. p. 1 - 1 5 incl. Jena. Dez
13. (s. „Ueber Kunst und Alterthum" gD)
1827 Jan 21.-23.
Solgers nachgelassene Schriften und Briefwechsel (W 41.2, 270f.): Darf ich doch auch in diesem Sinne Beifall erwarten für das zu Anfang des gegenwärtigen Heftes mitgetheilte Rathschlagen zwischen mir und Schiller über einen wichtigen ästhetischen Gegenstand. Denn scheint es auch, als wenn epische und dramatische Dichtung genugsam außer uns, vor uns stünden, daß man über deren Beurtheilung sich vereinigen könnte, so zeigt sich doch auch hier die Gewalt des Subjects: ein jeder dieser Freunde, indem er mit dem andern übereinstimmt, von ihm abweicht oder entgegenspricht, mit dem andern eins oder uneins ist, schildert sich am Ende doch nur selbst.
26. An Cotta (Br 42, 26): Auch über das neue Stück von Kunst und Alterthum [VI 1] lassen Sie mich sprechen; ich suchte abermals und zwar von der theoretischen Seite den Blick auf gedachte Correspondenz [mit Schiller] hinzuleiten ... März 14. [Berlin] Zelter an G (MA 20.1, 979): Der BriefVerkehr mit Schiller regt mich ganz eigens an und wie Ihr hier neben einander steht wird mir der verschiedene allgemeine Anteil wieder lebendig. Ihr beide k o m m t mir gegen einander vor wie, Einer der in Wechseln und Einer der bar zahlt. Du zweifelst fast daß ein Episches zwischen Hektors Tode und der Griechen Abfahrt inne liege und - machst eine Achilleis, die gleich einer stillen Wolke, von Zünftern an goldenen Rändern bestrichen, sich elastisch zusammen zieht und, ihren Kern verbergend davon gehoben wird. | Das soll mir nur ein Gleichnis sein; wer wollte tadeln über Wesen und Form des Gegenstandes die bestimmteste Klarheit zu erwarten und eben da sitzen die Neuern fest wenn dem Gemeinen eine Form aufgepreßt werden soll. Die Kunst wird dadurch zum Effekt des Raisonnements und wir Musiker leiden am meisten davon. Weiß ich mich nicht anders auszulassen, so wiederhole Deine Gedanken: was will, was soll die Kunst wenn ihr nichts entgegen k o m m t das Talent zu determinieren? Wozu das Auge wenn es nicht auch gesehn wird?. Diese
1827
UEBER EPISCHE UND DRAMATISCHE DICHTUNG
129
Briefe sind unschätzbar weil sie die Gelegenheit sind, das hervorzurufen was sie enthalten. Man wird sie noch oft lesen.
AR/Red.
Epoche der forcirten Talente1) E
1812 Dez 17.
D
Q 2, 2 (1837) 654. - W 42.2, 442f. - AA-SL 1, 37f. - FA I 19, 626f. - MA 9, 639ff.
Z
1812
Dez 17. Schema über die Epoche der forcirten Talente. 17. (H datiert: Weimar den 17. Decber. 1812.) 21. (s. „Dichtung und Wahrheit" gD, EGW 2, 439) 22. (s. „Epoche der genialen Anmaßung" gD, EGW 4, 130)
AR/Red.
Epoche der genialen Anmaßung 2 ) E
1812 Dez 21.
D
W 28 (1890) 374. - AA-SL 1, 39. - AA-DuW 2, 567 (Paralip. 105). - MA 9, 641. FAI 19, 628.
1)
Entwurf im Zusammenhang weiterer Überlegungen zu Entwicklungen der deutschen Literatur; s. auch „Epoche der genialen Anmaßung". Im Gespräch mit Eckermann vom 25. Okt 1823 nennt G forcierte Talente Dichter, die Geist und irgend Poesie besitzen, denen aber das Vermögen der leichten lebendigen Darstellung fehlt (FA II 12, 59). 2 ) Schema im Zuge der Vorarbeiten zu DuW, Charakterisierung der Sturm-und-DrangBewegung. In Buch 12 wird sie als jene berühmte, berufene und verrufene Literarepoche bezeichnet, in welcher eine Masse junger genialer Männer, mit aller Muthigkeit und aller Anmaßung ... durch Anwendung ihrer Kräfte manche Freude, manches Gute, durch den Misbrauch derselben manchen Verdruß und manches Uebel stifteten (AA-DuW 1, 430). In Buch 15 nennt G diese Epoche Ale fordernde: denn man machte, an sich und Andere, Forderungen, auf das was noch kein Mensch geleistet hatte. Es war nämlich vorzüglichen, denkenden und fühlenden Geistern ein Licht aufgegangen, daß die unmittelbare originelle Ansicht der Natur und ein darauf gegründetes Handeln das Beste sey, was der Mensch sich wünschen könne (AA-DuW 1, 540f.). - Zu Nicolai, im Schema als Gegner hervorgehoben, s. „Anekdote zu den Freuden des iungen Werthers": 1775 (DuW Buch 13), EGW 1, 54ff.
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E P O C H E D E R GENIALEN ANMAßUNG
Z
1812
1812
Nov 29. Nach Tische Professor Riemer . . . Betrachtung über Schul- und Weltkenntniße. Schwierige Verbindung derselben. Pedanterie, woher? Unempfänglichkeit der Deutschen. Productive Anmaßung eines jeden fast bis zum Wahnsinn gehend. Dez 3. An Zelter (Br 23, 190): ... 1 ) Eben so muß ich einstimmen in das, was Sie von Rousseau's Pygmalion sagen. Diese Production gehört allerdings zu den monströsen und ist höchst merkwürdig als Symptom der Hauptkrankheit jener Zeit, wo Staat und Sitte, Kunst und Talent mit einem namenlosen Wesen, das man aber Natur nannte, in einen Brey gerührt werden sollte, ja gerührt und gequirlt ward. Diese Operation soll, hoff ich, mein nächster Band zum Anschauen bringen: 2 ) denn ward ich nicht auch von dieser Epidemie ergriffen, und war sie nicht wohlthätig schuld an der Entwicklung meines Wesens, die mir jetzt auf keine andre Weise denkbar ist? ?
21. Schema zu dem Aufsatze über die Epoche der genialen Anmaßungen. 3 ) 22. Biographica, rückwärts und vorwärts. 4 ) UM
[Epochen bei der Weltbildung] 5 )
E D
1817 Dez 14. NS 10 (1894) 255f. - LA I 11, 187 (auch LA I 2, 102f.). - FA I 25, 561. - MA 11.2, 543.
) Weitere Zitate aus diesem Brief s. in „Dichtung und Wahrheit": an Zelter gD, EGW 2, 431ff. 2) DuW III (Bücher 11-15), die u . a . die Abkehr von den Regelpoetiken der Aufklärung u. der frz. Klassik, den Einfluß Shakespeares auf die junge Dichtergeneration u. die Entstehung der Genieästhetik in den frühen 1770er Jahren darstellen. Zu Rousseaus Pygmalion vgl. DuW Buch 11 (AA-DuW 1, 404f.). 3) Hs. von John (GSA 2 5 / D 5). 4) Der Tgb-Eintrag deutet auf Beschäftigung mit den Epochen vor u. nach Erscheinen seiner Werke (S) von 1790: rückwärts auf Epoche der genialen Anmaßung u. vorwärts auf Epoche der forcirten Talente. 5) Aufzeichnungen, angeregt durch Lektüre der neptunistisch ausgerichteten Publikation von Brocchi (s. S. 131, Anm. 2); in enger Verbindung mit den Fragmenten Chemische Kräfte bei der Gebirgsbildung (s. EGW 2, 181) u. Hervortreten des Unterschiednen. 1
1817
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z
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1817
—
— Tag- und Jahres-Hefte 1 ) (W 36, 119f.): B r o c c h i ' s Thal von Fassa 2 ) forderte uns auf, die Wackenbildung 3 ) nach ihm und andern zu studiren. | Herr Kammerherr v o n P r e e n hatte auf einer Reise dorthin auch für mich die schönsten Exemplare besorgt.
Okt
20. [Braunschweig] A. G. v. Preen an G 4 ) (LA II 8 A, 483): Indem ich mir erlaube Ew. Exzellenz beikommende geringe Beiträge für Ihre geologischen und mineralogischen Sammlungen zu übersenden, darf ich freilich nicht hoffen, daß dieselben etwas Neues oder Ihnen nicht Bekanntes erhalten werden. Möchten Sie es indessen auch nicht als eine Anmaßung ansehen, wenn ich als Laie und ohne mir gewordenen speziellen Auftrag, es wage, dem in dieser Wissenschaft Eingeweihten, Einiges mitzuteilen. Der Gedanke, daß bald eine Verschiedenheit der Zusammensetzung, bald ein verschiedener Fundort, auch dem bekannten Mineral, einigen Wert beilegen könne, veranlaßt mich, während meines Aufenthaltes in Innsbruck, mir dies Wenige, für Ew. Exzellenz zu erbitten. Die geringe Größe der Exemplarien wollen Sie gewogenst, wegen des auf Reisen etwas schwierigen Transports, entschuldigen. Diese Stücke stammen aus der vorzüglichen Sammlung eines biedern alten Tirolers, des Herrn Hauptmanns von Aigener, 5 ) der in der gelehrten Welt, vielleicht weniger als Schriftsteller bekannt, dennoch lange schon, und vorzüglich durch seine Verbindungen mit dem verewigten [A. G.] Werner, dem Freiherrn von Stoll, 6 ) dem Erzherzog Johann [von Osterreich] pp. nicht unwirksam für den Fortgang der Wissenschaft gewesen ist. Seiner Äußerung zufolge, dürfte besonders das beigefügte Stück des Andalusits, 7 ) als sekundäre Formation des Granits, (vielleicht auch als Seitenstück zu dem konglomerierten Granit, den ich die Ehre hatte, Ew. Exzellenz aus meinem Vaterlande zu übersenden, 8 )) nicht ohne Interesse für Sie sein.
22. [Weimar, nachmittags] Brocchi's Thal von Fassa, übersetzt von Blöde. 24. Brocchi's Thal von Fassa. Gegen Abend . . . Brocchi Fassaische Mineralien. 25. [Nachmittags] Brocchi . . . wie gestern.
) Geschrieben 1825 April 2 9 . / Mai 3. ) J. [Giovanni Battista] Brocchi's mineralogische Abhandlung über das Thal zu Fassa in Tirol . . . Mit Zusätzen, einem Kärtchen des Thaies von Fassa und einem Blatt Gebirgs-Durchschnitten vers. Aus d. Ital. übers, von K. A. Blöde. Dresden 1817 (Ruppert Nr. 4422). 3) Als Wacken galten generell alle ungeschichteten Gesteine, die aus einzelnen Teilchen zusammengesetzt sind. Vor allem zählte man dunkle, basaltische Gesteine dazu. 4) Mit einer Sendung von 87 Mineralien aus Tirol u. dem Piemont (Prescher, 380-83). 5) Aigner (Aigener), v., Hauptmann in Tirol, Mineraliensammler, entweder 1) Felix Maria Joseph Aigner v. Aigenhofen (1743-1826) oder 2) Franz Xaver Adam v. Aigner (1751 - nach 1804), österr. Infanteriehauptmann u. Freimaurer oder 3) Artilleriehauptmann Johann Paul Aigner, seit 1808: Aigner v. Löwentreu. 6 ) Wahrscheinlich K. M. E. Frh. von Moll. 7) Aluminiumsilikat-Mineral, das in metamorphen Gesteinen vorkommt. 8) Preen schickte diesen Granit am 3. Apr 1817 an G (RA 7 Nr. 865), der sich am 7. Mai dafür bedankte (Br 28, 65). Am 5. Juni kündigte Preen seine Tirol-Reise an (RA 7 Nr. 1047). 1
2
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EPOCHEN BEI DER WELTBILDUNG
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Okt 27. [Abends] Mineralien-Sendung vom Cammerherrn von Preen. Dieselben verglichen mit Brocchi's Abhandlung, da sie daselbst beschriebene Mineralien zum Theil waren. 28. Von Preen, Sendung anerkannt. [Nachmittags] Mineralien vom Fassathal. 29. An A. C. v. Preen (Br 28, 294ff.): Ew. Hochwohlgeboren | schätzenswerthe Sendung hat mich höchst angenehm überrascht. Schon als Zeugniß Ihres fortdauernden Andenkens wäre sie mir sehr willkommen gewesen, nun aber enthält sie so viele wichtige Stücke, welche gerade meiner Sammlung abgehen und kommt gerade an zu der Zeit, als ich Herrn Brocchi's Abhandlung über das Fassathal studire, durch Jahrszeit und Witterung aber von Jena abgeschlossen bin, und daher, zu meinem größten Vergnügen, Exemplare aus jener interessanten Gegend vor mir sehe. Das Verständniß genannter trefflicher Schrift wird nun erst recht möglich. | Dankbar vermelde ich sogleich die Ankunft und Benutzung dieser Naturschätze und freue mich der glücklich zurückgelegten Reise, wo Sie gewiß zu Ihren Zwecken sowohl im Geiste als an Besitz trefflich mögen gewonnen haben. [Nachschrift]: Obschon alle übersendete Stufen höchst interessant und mir sehr willkommen sind, so zeichne doch billig den A n d a l u s i t hier aus, der ein Gebirg im Kleinen bildet, so schön und ausdrucksvoll als mir noch nicht vorgekommen. Ferner ist die P r e h n i t s t u f e 1 ) sehr merkwürdig, indem Herr Brocchi von dieser Art Folgendes äußert: „Obschon der Prehnit gewöhnlich in das so eben beschriebene Gestein eingewickelt ist, so hab ich ihn doch, wiewohl selten, auch im unmittelbaren Zusammenhange mit dem Trapp-Porphyr gefunden, wo er die Wände der Gangspalten überkleidet, in welche er wahrscheinlich später durch Infiltration eingedrungen ist". - Und so könnt' ich zu den übrigen auch manche Bemerkung machen, will aber nur soviel hinzufügen, daß ich mich in diesem Fall wie in mehreren über die disparate Nomenclatur betrübt habe, b e t r ü b t , im eigentlichen Sinne, weil dieß der Wissenschaft, die auf dem Anschaun ruht, vom unglaublichsten Schaden ist, wenn nahverwandte Gegenstände mit himmelweit entfernten, aus fremden Sprachen entlehnten disparaten Klängen und Tönen benannt werden. Dem Unheil war nicht auszuweichen, ich weiß es; blos dadurch wird es in etwas gemildert, daß man weiß es sey ein Unheil. | Wie viel bin ich Ihrer Sendung schuldig, daß sie mich darauf abermals aufmerksam macht und mir dagegen zu Hülfe kommt. 29. An J. F. H. Schlosser (Beilage; Br 28, 298f.): Möchte Freund Christian, 2 ) den ich zum schönsten grüße, über Nachstehendes einige Aus) Prehnit, ein Kalzium-Aluminiumsilikat-Mineral, Gesteinen vor. Prescher Nr. 6 4 3 6 2) J. F. H. Schlossers Bruder G. F. Schlosser. 1
kommt in
kontakt-metamorphen
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kunft geben: | Indem ich bey diesen immer sich verlängernden Winterabenden das Studium der anorganischen Natur wieder ernstlich vornehme, auch die darauf bezüglichen Sammlungsacten fleißig durchsehe, finde ich das Verzeichniß einer Sendung [von A. H. Eichhorn], die mir, vom linken Rheinufer aus, vor einigen Jahren nachgeschickt worden, und welche ganz interessante Stufen jener Gegenden zu enthalten scheint. Unglücklicher Weise steht weder Name noch Datum dabey, doch erinnere ich mich, dass ich die damals mir in jenen Regionen begegnenden Wohlwollenden, die meine Sammlung zu vermehren geneigt waren, ersuchte ihre Gaben an Herrn D. Schlosser nach Frankfurt zu senden. Nun will mir auch in dunkler Erinnerung schweben, daß Freund Christian mich benachrichtigt, es sey eine solche Kiste angekommen, die aber wegen ihrer Schwere auf Gelegenheit warten sollte.1) Dieses sind freylich alles nur Dinge die mir wie durch einen lethäischen Nebel vorschweben. Da indessen in meinem Leben mir mehrmalen begegnet daß dergleichen verspätete Sendungen in Vergessenheit gegangen und irgendwo hingestellt worden, wo sie nur durch belebende Erinnerung sich wieder aufgefunden, so könnte ja wohl dieß auch hier der Fall seyn. Ich würde durch die Auffindung vielleicht in den Stand gesetzt, dem Freunde, der die Zeit über nichts weiter von mir gehört, meinen verspäteten Dank auszusprechen. Verziehen sey mir die Anfrage da mir bey der unendlichen Mannigfaltigkeit der Umgebung oft nur zu spät irgend eine Rückerinnerung wieder begegnet. Okt 30. [Dankesbrief] An Herrn von Preen, Rostock. [Nachmittags] Brocchi's Fassathal. Nov 2. [Nachmittags] Brocchi's Fassathal. Darmstädter Wackengebirg,2) im Vergleich mit den Fassaischen. 3. Brocchi's Fassathal. [Nachmittags] Leonhard Propädeutik 3 ) . . . bey der Propädeutik Naturwissenschaften überdacht. 5. [Nachmittags] Le Sage Atlas,4) bezüglich auf Brocchi's Fassathal. 1
) Die Verspätung begründet G. F. Schlossers Brief vom 4. Nov 1817 (BA 7 Nr. 1331), zugleich mit Ankündigung der baldigen Sendung. G erhielt die Nachricht am 8. Nov 1817 (s. dort). Am 7. Nov 1817 (BA 7 Nr. 1338) schickte Schlosser das Verzeichnis (LA II 8 A, 98 ff., M 69). 2 ) Vgl. Trappformation bei Darmstadt, dort bezeichnet G die 1815 bei Darmstadt gesammelten Gesteinsexemplare als Wacke. Auch Brocchi zählt die Wacke zur Trappformation. 3 ) G . G . Leonhard, J. H. Kopp, G. L. Gärtner: Propädeutik der Mineralogie. Frankfurt a. M. 1817. G hatte sich schon im Sept 1817 mit dem Werk befaßt, s. Z zu „Schema zum geologischen Aufsatz". Leonhard vertritt darin ebenfalls die Ansicht, daß gleichartige Gesteine mehrmals in der Erdgeschichte entstanden. Seine Theorie einer viermaligen Wasserbedeckung der Erde lehnte G in Chemische Kräfte bei der Gebirgsbildung ab, dies sei ein trauriger Notbehelf Natur-Probleme zu erklären (LA I 11, 192). 4 ) A. Le Sage: Atlas historique, généalogique, chronologique et géographique . . . Paris 1814.
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8. [Jena] Brief von Weimar, Nachricht von den Trierischen Mineralien. 17. [Weimar] An J. F. H. Schlosser (Konzept, Br 28, 304): Die Trierer Mineralien scheinen durch ein gutes Geschick verspätet worden zu seyn, da sie gerade zu einer Zeit ankommen, wo sie zu meinen Studien höchst willkommen sind. 28. [Jena] An A. v. Goethe (Br 28, 316): [J. G.] Lenz hat kostbare Sachen erhalten, leider mag man aber in dieser Kälte und Trübe sich mit dem Gestein in den Museumszimmern nicht abgeben. Sende mir also das Kistchen von Frankfurt. Kräuter legt das Verzeichniß hinzu; mit dem aufzusuchenden Briefe hat es Zeit. 1 ) | Die Nächte werden gar zu lang, und man muß etwas Sinnliches haben, um durch diese Finsternisse durchzukommen.
30. [Jena] Trierische Mineralien. 2 ) Ausgepackt und beschaut . . . Herr von Froriep war morgens dagewesen und brachte die Vorstellung der Gebirgshöhen. 3 ) Dez 1. [Jena, abends] Brocchi's Fassathal. 3. (Zeichnung Trappformation
datiert: Jena. 3 Dec. 1817) 4 )
7. [Jena] Mittags Bergrath Lenz . . . Wackenformation . . . 8. [Jena, abends] Zu Hause Brocchi's Fassathal, Leonhards Propädeutik. 9. [Jena] Die von Serenissimo bestellte Wolkenlehre [ Wolkengestalt nach Howard] durchgedacht. Intention, sowohl sie, als die geognostischen Epochen mit der Höhendarstellung 5 ) zu vereinigen . . . [Nachmittags] ) Am 26. Nov 1817 hatte A. v. Goethe die Ankunft des Kistchens mit den Mineralien von Frankfurt in Weimar gemeldet; Kräuter könne aber den dazugehörigen Brief (von Eichhorn, 29. Mai 1816) nicht beilegen, weil der Schlüssel eingeschlossen sei (RA 7 Nr. 1361). 2 ) Von A. v. Goethe gleichentags aus Weimar übersandt (RA 7 Nr. 1370); Prescher Nr. 6318-51. 3) F. J. Bertuchs Schwiegersohn u. Nachfolger F. L. Froriep überbrachte wohl eine engl. Höhenkarte, auf der erstmals die Höhen der Himalaja-Region eingezeichnet waren. Froriep machte wohl den Vorschlag, die bei Bertuch erschienene vergleichende Höhenkarte G's mit den neuen Entdeckungen zu ergänzen u. neu herauszugeben. Der Vorschlag wurde nicht verwirklicht, brachte G aber auf die Idee einer zeichnerischen Darstellung der geologischen Epochen. Vgl. Margrit Wyder: Vom Brocken zum Himalaja. Goethes „Höhen der alten und neuen Welt" und ihre Wirkungen. In: GJb 2004, 141-64. 4) s. S. 135. Beischrift: Trappformation, jederzeit nahe der Oberfläche der sinckenden Wassermasse. Der Begriff Trapp bezeichnet basaltähnliche Gesteinsarten. Die Art ihrer Entstehung war der Hauptstreitpunkt zwischen Neptunisten u. Plutonisten. G's Zeichnung zeigt eine von Brocchi angeregte Möglichkeit, die Entstehung gleichartiger Gesteine in unterschiedlichen geologischen Epochen durch gleiche Umweltbedingungen zu erklären. Vgl. CG VB, Nr. 212, auch LA II 8A, M 88. 5) Die 1807 von G gezeichnete, 1813 von Bertuch mit G's Kommentar hsg. vergleichende Darstellung der Berghöhen Europas u. Amerikas (s. „Höhen der alten und neuen Welt bildlich verglichen"). 1
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Von [F. L.] Froriep drey Exemplare der Höhenkarte verlangt. [Abends] Brocchi's Fassa-Gebirg und was dem anhängig. Dez
9. [Jena] An F. L. Froriep (Br 28, 324): Die mir übergebene große Gebirgszeiclinung 1 ) habe durchschaut und durchdacht, bildlich dürfen wir die ungeheuern Gebirge nicht auf unser Blatt bringen, 2 ) aber angeschrieben an der Seite kann das Maaß wohl werden, wie ich es bey dem vorhandenen Exemplar besorge und es alsdann zurücksende. | Bey dieser Betrachtung ist mir eingefallen, daß man, wo nicht dieselbe Platte, doch eine ähnlich behandelte gar wohl brauchen könnte, um Howards
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) Vgl. vorige Aiim. ) Vgl. nächste Aiim.
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Lehre von den Wolken-Formen höchst anschaulich darzustellen, auch geognostische Probleme bequem vor's Auge zu bringen. Da unser erster Versuch in Frankreich und England nachgebildet worden, so wäre wohl auch für die genannten Gegenstände, gleicher Weise behandelt, einige Gunst zu hoffen. Kurze Aufsätze würden jenes erst gedruckte Heft verstärken und den Naturfreunden wieder in Erinnerung bringen. Dürfte ich mir zu diesem Zweck ein illuminirtes und zwey blanke Exemplare ausbitten? so würde ich balde das Nähere hierüber vermelden können, da ich eben für Serenissimum jene Wolkenlehre auszuarbeiten den Befehl habe. Dez 10. [Jena, abends] Brocchi's Fassathal. [K. D.] Von Münchow sendete die Berechnung der asiatischen Gebirge in Toisen. 1 ) 13. [Jena] Mineralien des Thals Fassa und ähnliche aus rI\ i'ol. Die symbolischen Höhenzeichnungen studirt. 14. [Jena] Höhenbilder und Brocchi. 14. [Jena] An A. v. Goethe (Br 28, 329f.): Da ich Verschiedenes schon heut bey Seite bringen kann, so sende ich es gleich . . . 7) . . . Leonhards Propädeutik . . . 12) Ich sende hier das Trierische Verzeichniß der Mineralien; Kräuter wird einen Brief nach Hand und Datum gar wohl in den gehefteten Fascikeln finden können. 2 ) 14. (Handschrift datiert: Jena den 14ten Dezember 1817)
16. [Jena] Brocchi durchgegangen, Register der von ihm aufgeführten Steinarten. 3 ) 17. [Jena] Fortgearbeitet an allem bezüglich auf Naturgeschichte und Naturlehre. Um 9 Uhr Serenissimus . . . Ich setzte die frühern Studien fort . . . Leonhards Vorübung. 20. [Jena] An G. Cattaneo (Br 28, 347f.): Schließlich habe ich noch die Bitte daß Sie beyliegendes Diplom, ausgefertigt von jenaischer mine-
) Zur Einfügung in G's vergleichendes Höhenbild, was jedoch nicht erfolgte. Auch vom Plan, die geognostischen Epochen in die Höhenkarte einzuzeichnen (oben 9. Dez 1817 Tgb), blieb nur eine Skizze erhalten. Die mit Bleistift am Rand eines kolorierten Ex. der Höhenkarte eingetragenen geologischen Angaben bezog G aus Brocchis Mineralogischer Abhandlung u. aus A. v. Humboldts Ideen zu einer Geographie der Pflanzen. Uber das Projektstadium hinaus gedieh einzig G's Darstellung zur Wolkenlehre, die 1820 in Zur Naturwissenschaft überhaupt erschien. Vgl. Gisela Nickel: Höhen der alten und neuen Welt bildlich verglichen. Eine Publikation Goethes in Bertuchs Verlag. In: Friedrich Justin Bertuch (1747-1822) . . . Hsg. von G. R. Kaiser u. S. Seifert. Tübingen 2000, 6 7 3 - 8 8 , bes. 684; Abb. 54. Vermutlich war es gerade die in Epochen bei der Weltbildung vorgetragene Idee eines mehrmaligen Entstehens von gleichen Gesteinsarten, welche diese Art der geologischen Visualisierung letztlich zum Scheitern verurteilte. 1
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) Dazu s. unten 19. Jan 1818: an Eichhorn. ) Vgl. LA II 8 A, 118fr. (M 90f.).
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ralogischer Gesellschaft, Herrn Inspector B r o c c h i möchten zustellen lassen. Seine höchst interessante und geistreiche Abhandlung über das T h a l v o n F a s s a in rI\rol ist uns erst dieß Jahr durch eine deutsche Übersetzung vollkommen bekannt geworden. Herr Geheime Finanz Rath B l ö d e , einer unser vorzüglichsten Mitarbeiter, hat sie mit Sorgfalt bearbeitet, mit einsichtigen Anmerkungen erläutert und bekräftigt. Sie wird großen Einfluß haben auf eine Darstellung dessen, was über die Trappformation überhaupt bekannt ist, worauf wir uns vorbereiten. 1 ) | Nun schätzen wir uns zur Ehre, Herrn Brocchi als den Unsrigen zu begrüßen, und wünschten sowohl das Original seines Werkes zu besitzen, als auch eine zu Beleg- und Erläuterung desselben dienende Sammlung von Mineralien, wie er sie in seinem Werke vollständig anführt und beschreibt, in dem jenaischen Museum aufstellen zu können, wo sie bis jetzt nur unvollständig vorhanden ist. | Um diesen Wunsch zu rechtfertigen füge hinzu: daß wir jetzt besonders beschäftigt sind, die Gebirgsfolgen mehrerer Länder bey einer sich immer mehr erweiternden Erdkunde zu sammeln, damit der angehende Geognost sich belehre und ein schon geübter Kenner vergleichende Nachlese finden könne. | Eine solche Vermittelung würden wir Ihnen, geschätzter Mann, auch gern verdanken und jede Auslage sogleich schuldigst erstatten; nicht weniger Herrn Inspector Brocchi einige Mineralien unserer Gegend und auch wohl des höheren Nordens, sobald wir wissen womit ihm gedient seyn kann, sehr gerne freundlichst erwidern. | Verzeihung auch diesem vielleicht zudringlich scheinenden Auftrag.
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— Tag- und Jahres-Hefte 2 ) (W 36, 139): Zur Geognosie waren uns auch die schönsten Beiträge gekommen, mit bedeutenden Exemplaren aus Italien. 3 ) B r o c c h i ' s Werk über italiänische Fossilien 4 ) . . .
1) Die Ausarbeitung der geplanten Darstellung, zu der die Notate Trappformation bei Darmstadt, Epochen bei der Gebirgsbildung, Chemische Kräfte bei der Gebirgsbildung u. Hervortreten des Unterschiednen Ideen versammeln, erfolgte nicht. 2) Geschrieben 1823. 3 ) Von Brocchi; vgl. unten 27. Jan 1818. 4) G. B. Brocchi: Conchiliologia Fossile Subappennina. 4 Tomi in 2 Bänden. Milano 1814. G hatte das von Carl August aus Mailand angeforderte Werk bereits am 26. Juni 1817 von Graf Edling erhalten u. am 29. Juni an F. S. Voigt weitergegeben. Dank an Edling 2. Juli 1817, es seien gerade diese letzten Epochen der Weltschöpfung auch bey uns wieder an die Tagesordnung gekommen (Br 28, 159). Lektüre erst Anf. 1818, vgl. unten 2 1 . - 2 3 . Jan 1818.
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19. [Jena] 1 ) An A. H. E. Eichhorn (Br 29, 16f.): Ew. Wohlgeboren | mußten mich länger als zwey Jahre für sehr undankbar halten, daß ich auf die mir 1815 gefällig zugesagte, im April 1816 von Trier abgegangene und unter dem 29. May dieses Jahres mir angemeldete sehr angenehme Mineraliensendung 2 ) bis jetzt noch kein Lebenszeichen von mir gegeben. Folgendes möge zu meiner Entschuldigung dienen. Jene Sendung kam zu rechter Zeit bey meinen Freunden in Frankfurt an, der zerbrochene Kasten nöthigte die Stufen auszupacken, man legte sie bey Seite, und über mancherley Umstände vergaß man die fernere Expedition. Auch ich, durch mancherley harte Schicksale meinen Studien und Neigungen entfremdet, unterließ zu erinnern. Erst vor kurzem, als ich eben in Betrachtung ähnlicher Gebirgsbildungen beschäftigt war, fand ich unter meinen Papieren jenes Trierische Verzeichniß und erhalte nun auf Anregung, gerade zur rechten Zeit, diesen mir gleichsam aufgehobenen Schatz, nachdem mir von einer ganz anderen Seite, aus den Fassathal nämlich, ähnliche mineralische Gebilde zugekommen waren. | Mögen Ew. Wohlgeboren Sich meines zwar verspäteten aber aufrichtigen und desto lebhaftem Danks versichern, haben Sie die Güte meiner zu gedenken, so wie die mir geneigtest übersendeten Schaustücke Ihr Andenken an meine Studien und Liebhaberey immerfort anknüpfen werden. 20. [Jena] Herrn Procurator Eichhorn nach Coblenz, Dank für die früher gesendeten Mineralien. 21. [Jena] Brocchi Italienische Fossilien. [Abends] Brocchi's Fossilien. 22. [Jena, nachmittags] Brocchi Geologie von Italien. 23. [Jena, abends] Brocchi's Geologie. 3 ) 27. [Jena] Sendung von Cattaneo und Brocchi 4 ) . . . WY
) Obwohl G in Jena war, trug der Brief die Angabe: Weimar den 19. Januar 1818. ) Vgl. RA 7 Nr. 286; Sammlung verzeichnet in Prescher Nr. 6 3 1 8 - 5 1 . 3 ) Bei der Lektüre vom 2 1 . - 2 3 . Jan 1818 entstanden die Auszüge LA II 8 A, 127f. (M 96). 4) An das Jenaer mineralogische Museum; vgl. oben 20. Dez 1817: an Cattaneo. 1
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[Epochen der Gesteinsbildung] 1 ) E
1785 Mai - Juni
D
NS 9 (1892) 296ff., 386 (Gesteins-Lagerung). - LA I 11, 15ff. - FA I 25, 318ff. - MA 2.2, 509ff. (mit Textzusatz aus LA I 1, 97f.).
Z
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Febr 16. An Knebel (Br 6, 243f.): Noch habe ich auf die Reise nach dem Fichtelberg nicht renuncirt, 2 ) obgleich ein schöner Theil des Sommers dem Eisenacher Ausschußtag gewiedmet werden muß.3) Juni 5. [Gotha] An Ch. v. Stein (Br 6, 287): . . . ich bin wohl und munter und freue mich auf die Eisenacher Felsen wo ich dein gedencken und wo möglich dir etwas zeichnen werde. 7. [Eisenach] An Ch. v. Stein (Br 6, 288-91): Die Berge und Klüffte versprechen mir viel Unterhaltung, sie sehen mir zwar nicht mehr so mahlerisch und poetisch aus, doch ist's eine andre Art Mahlerey und Poesie womit ich sie ietzt besteige. | [J. C. W] Voigt ist hier und macht meinen Vorläufer damit ich nur interessante Stellen besuche. | Die Fürsten haben sich besprochen auf dem Inselsberg 4 ) zusammen zu kommen, ich werde mich mit einer besondern kleinen Gesellschafft gleichfalls dort einfinden . . . Nachts . . . Ein schön Mineralienkabinet bey [W. C. L.] Appelius habe ich gesehn! Nur einen Teil. Es sind schöne Sachen darinne die ich noch nicht kannte. Es wird mich noch manchmal unterhalten. 9. [Eisenach] An Ch. v. Stein (Br 6, 294f.): Heute habe ich bey den Felsen den ersten Besuch abgelegt und bin davon wohl zufrieden, es werden mir auf dieser Reise allerley Lichter aufgehen, man muß nur su-
) Entwurf im Zusammenhang von Bemühungen um eine Theorie der Erdbildung, die G 1 7 8 4 - 8 5 als Resultate seiner 2. u. 3. Harzreise (1783 u. 1784) aus der Beobachtung der Gesteinsklüftung herzuleiten hoffte; Versuche dazu sind auch die Fragmente Granit / , Granit / / , Form und Bildung des Granits, Die Granitgebürge u. Quarziges Tongestein. G plante offenbar einen Aufsatz mit Illustrationen zu seinem neuen System (unten 5. Okt 1784: an Gh. v. Stein), zu dem die einzelnen Aufzeichnungen Vorstufen darstellen. 2) Zu weiteren Forschungen über den Granit nach der 2. Harzreise hatte G schon im Nov 1783 (vgl. Br 6, 213) eine Exkursion mit Knebel ins Fichtelgebirge geplant. Die Reise fand jedoch erst im Sommer 1785 statt; vgl. unten 11. Juni 1785: an Knebel, u. „Die Luisenburg bei Alexanders-Bad". 3 ) Versammlung des engeren Ausschusses der Landstände in Eisenach. G reiste am 3. Juni 1784 über Gotha nach Eisenach, wo er bis 9. Juli blieb (vgl. unten 7. Juni - 9. Juli). Anschließend ritt er mit F. v. Stein durch den Thüringer Wald u. über Kochberg nach Weimar zurück (vgl. unten 10.-14. Juli). Notizen der Reise in LA II 7, 102ff. 4) Großer Insel- oder Inselsberg (916,5 m ü. M.), Porphyrberg im Thüringer Wald. 1
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1784
chen und immer wiederkommen . . . Heute habe ich ganz köstliche Weege durchwandelt nicht ohne Beschweerde, und habe wie immer bey iedem schönen Gegenstande dich mir herbey gewünscht. Leider würdest du, wenn du auch hier wärest die meisten nicht sehen können. Juni 12. [Eisenach] An Ch. v. Stein (Br 6, 297f.): Heute haben wir eine mineralogische Spazierfahrt gemacht und uns auf gut bergmännisch wacker erlustigt. Der einfache Faden den ich mir gesponnen habe, führt mich durch alle diese unterirdische Labyrinthe gar schön durch, und giebt mir Übersicht selbst in der Verwirrung. 17. [Eisenach] An Ch. v. Stein (Br 6, 302f.): Meine Felsen Spekulationen gehen sehr gut. Ich sehe gar viel mehr als andre die mich manchmal begleiten und auch auf diese Sachen aufmercksam sind, weil ich einige Grundgeseze der Bildung entdeckt habe, die ich als ein Geheimniß behalte und deswegen die Gegenstände leichter beurtheilen kan. 18. [Eisenach] An Ch. v. Stein (Br 6, 304): Das Wetter das den Landwirthen angenehmer als uns Spaziergängern ist hält uns zu Hause und ich kan meinen Untersuchungen nicht folgen wie ich will. 20. [Eisenach] An Herder und Caroline Herder (Br 6, 308): Auf den Felsen bin ich fleisig herumgestiegen, und habe viel gefunden das mir taugt. Auch glaube ich ein ganz einfach Principium entdeckt oder vielmehr so angewendet zu haben daß es die Bildung der gröseren Steinmassen völlig erklärt. 23. [Eisenach] An Ch. v. Stein (Br 6, 310): Das böse Wetter hindert mich an meinen Felsen Spekulationen, eh ich weg gehe will ich noch ein Paar Tage dran wenden und die Gebürge durchstreichen. 27. [Eisenach] An Ch. v. Stein (Br 6, 316): Leider hat mich das üble Wetter verhindert die Gebürge so fleisig als ich gewünscht zu besuchen, ich habe nur im Fluge einiges beobachten können, das wird mir vielleicht am Ende einige schöne Tage wegnehmen wenn ich nachhohlen will . . . Wenn ich mir das Glück bey dir zu seyn recht lebhafft dencke; so wird mir die Ferne ganz und gar unerträglich. Drum will ich dir lieber sagen daß ich heute zwey Basaltfelsen1) besucht habe. Juli
4. [Eisenach] An Ch. v. Stein (Br 6, 320): . . . ich will herzlich froh seyn wenn noch einige Sachen abgethan sind daß ich in die Gebürge gehn und alsdenn zu dir eilen kann. 9. [Eisenach] An Ch. v. Stein (Br 6, 323f.): Morgen geh ich in die Berge und nehme Fritzen [v. Stein] mit . . . Die Berge und Felsen geben mir eine anmutige Aussicht, zwar glaub ich nicht daß ich sie in diesem Sommerfeldzug ganz überwinden werde, doch tief komm ich ihnen ins Eingeweide. 1
) Vgl. G's Zeichnungen CG VB, Nr. 159 u. 160.
1784 Juli
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GESTEINSBILDUNG
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10. Reiserechnungen nach Eisenach (LA II 7, 329): Dem Boten nach der Ruhl 1 ) und mit Steinen. 12. Reiserechnungen nach Eisenach (LA II 7, 330): Der Botenfrau mit Steinen. 14. Reiserechnungen nach Eisenach (LA II 7, 330): Dem Marksuhler Mann vor die Steine.
Aug
6. [Weimar] An Merck (Br 6, 332f.): Ich komme nunmehr wieder auf den Harz 2 ) und werde meine Mineralogische und Oryktologische [gesteinskundliche] Beobachtungen in denen ich bißher unermüdet fortgefahren immer weiter treiben. Ich fange an auf Resultate zu kommen, die ich auch biß iezt noch für mich behalte, damit sie mir nicht weggeschnapt werden . . . Ich war auch auf dem Inselsberg eine Tour die mir vieles aufgeklärt hat. 3 ) 8. (Geologisches Tagebuch von der Harzreise, erster Eintrag datiert: Den 8 Aug 1784) 4 )
11. [Zellerfeld] An Ch. v. Stein (Br 6, 334): Wir sind hier glücklich angelangt 5 ) und haben das schönste Wetter, besteigen die Berge und sehen uns in der weiten Welt um, du hast ausser den Steinen keine Nebenbuhlerinn . . . 13. [Zellerfeld] An Ch. v. Stein (Br 6, 335): Gestern sind wir von Morgens fünfe in Bewegung gewesen und haben noch Abends mit einem Soupee beym Berghauptmann [C. F.] v. Reden geendigt ich schreibe dir dieses unterm Frisiren, denn heute giebts wieder Bewegung genug. Es wird in die Gruben eingefahren ein beschwerlicher Weeg der mir sehr lehrreich seyn wird . . . Meine Gedancken gehen immer darauf dir was ich gesehen zu erzählen . . . Ich kann dir versichern daß ausser dir Herders und Knebeln ich ietzt gar kein Publikum habe. Krause zeichnet ganz fürtrefflich und ich bin recht glücklich daß ich dir die schönen Gegenstände so schön gezeichnet mitbringen kann, mit meinen Spekulationen gehts immer vorwärts und ich komme gewiß und balde auf den rechten Punckt. ) Ruhla im Thüringer Wald. ) Die in Eisenach begonnenen Untersuchungen zur Gesteinsklüftung führte G auf seiner 3. Harzreise weiter, als er Carl August begleitete, der am 8. Aug 1784 zu politischen Verhandlungen nach Braunschweig aulbrach. 3) Dazu G's Zeichnung CG VB, Nr. 163. 4) Ein Geognostisch.es Tagebuch der Harzreise (Titel in NS 9, 155-68, s. auch LA II 7, 106-27) hält Beobachtungen von geologisch interessanten Stationen der Reise fest. Sie betreffen das Vorkommen von Gesteinsarten, bergbauliche Anlagen u. Messungen der Streichrichtung der Gesteine, die G selbst mit einem bergmännischen Streichkompaß vornahm. Zudem sammelte er zahlreiche Gesteinsproben, wobei ihn bes. die kleinsten Abweichungen und Schattirungen die eine Gesteinsart der andern nahe bringen interessierten (vgl. unten 6. Sept 1784: an Herder, u. „Folge der Gebürgsarten des Harzes"). Die Auswertung dieser Reise blieb aber Stückwerk. 5) Auf der Hinreise nach Braunschweig nahm die Gesellschaft des Herzogs vom 10. 15. Aug Aufenthalt in Glausthal und Zellerfeld. Der Zeichner G. M. Kraus sollte charakteristische Gesteinsformen festhalten, die G für seine Klüftungstheorie auszuwerten hoffte. Vgl. unten 2. Dez 1784: an Merck. 1
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E P O C H E N DER GESTEINSBILDUNG
1784
Aug 14. [Zellerfeld] An Ch. v. Stein (Br 6, 336f.): Heute geht es nach einem hohen Berge wo eine schöne Klippe zu sehn ist1) und morgen nach Goslar hinunter. | Es ist hier so viel interessantes daß ich wohl eine Zeit hier bleiben und mich unterrichten mögte, mein Lottgen müsste aber auch in Zellerfeld wohnen daß ich sie Abends fände wenn ich müde nach Hause käme. | In meinen Spekulationen bin ich auch glücklich, ich finde überall was ich suche und hoffe den Ariadneischen Faden balde zu besitzen mit dem man sich aus diesen anscheinenden Verworrenheiten herauswinden kann ... Morgen früh gehts zeitig von hier ab nach Goslar. Krause hat heute wieder sehr schön gezeichnet und wenn ich die Gegenstände die wir sehen auf seinem Papiere wachsen sehe freu ich mich nur immer daß ich dir sie werde zeigen daß ich dir ein Theil an unsern schönen Stunden geben kann. 22. [Braunschweig]2) An Ch. v. Stein (Br 6, 343): Je ne sai si je t'ai deja dit que j'ai été asses heureux en découvertes au Harz, si j'avois plus de loisir, je ferois sûrement quelque chose pour l'histoire Naturelle. Krause [Kraus] a fait des Desseins charmants, il en aura fait d'autres pendant que nous sommes ici, car il est resté dans les montagnes, je suis bien curieux de voir ce qu'il a travaillé. | Les caractères de la Nature sont grands et beaux et je pretends qu'ils sont tous lisibles. Mais les Idees mesquines conviennent plus a l'homme parcequ'il est petit luimeme et qu'il n'aime pas a comparer son existence retrecie a des etres immenses. 27. [Braunschweig] An Ch. v. Stein (Br 6, 345f.): Krause est arrivé du Harz, il m'a apporté le dessein d'une roche granitique qui est supérieurement beau. Je me rejouis deja d'avance de pouvoir te montrer toutes ces belles choses, de te communiquer toutes les observations que j'ai faites sur la formation des montagnes. Que je suis heureux que tout cela t'interesse, et que je trouve en toi une chere compagne en tout ce que j'entreprends. Les idees que j'avois concues sur la formation de notre globe ont été bien confirmées, et rectifiees, et je puis dire que j'ai vu des objets qui en confirmant mon systeme me surprenoit par leur nouveauté et par leur grandeur. Je n'ai pas asses de présomption de croire d'avoir trouvé le principe par lequel ces phenomenes existent, mais je mettrai au jour une harmonie d'effets qui laissent soupçonner une cause commune, et ce sera allors a des tetes
1
) Der Hübichenstein bei Bad Grund; vgl. die Zeichnung von Kraus in LA I 2, Taf. XVII. Bei diesem Aufenthalt, währenddessen G wie schon auf der 2. Harzreise von 1783 mit Vizeberghauptmann v. Trebra in Zellerfeld zusammentraf, wurden auch besucht: Wildemann u. die in Epochen der Gesteinsbildung erwähnte Hanskühnenburg (LA II 7, 17). 2 ) Der politisch motivierte Aufenthalt zur Gründung des Fürstenbundes vom 16. Aug 1. Sept 1784.
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plus fortes que la mienne de la faire connoitre de plus près. | Krause m'est d'une grande ressource parcequ'il me fixe ces objets qui s'evanouiroit bientôt de ma memoire, car ici ma tete est occupée de tout autre chose. Ce sont les hommes qui attirent mon attention . . . Aug 30. [Braunschweig] An Ch. v. Stein (Br 6, 351): Nous retournerons d'ici a Goslar pour voir les mines, de la nous monterons peut etre le Brokken 1 ) pour descendre de l'autre coté par un détour vers Halberstadt. Le Duc ira a Dessau ie resterai encore quelques jours avec Krause entre les rochers du Rosstrapp . . . 31. [Braunschweig] An Ch. v. Stein (Br 6, 352): Grâces au ciel nous n'avons que deux repas encore a surmonter, et demain les plus beau rochers nous dedomageront de toute la gene que nous avons senti jusqu'à present. Adieu. Si mes recherches le permettent je tacherai d'ecrire encore a mon poeme 2 ) . . . Sept 4. [Brocken] Quis coelum posset nisi coeli munere nosse | Et reperire Deum nisi qui pars ipse Deorum est. 3 ) 6. [Elbingerode] An Ch. v. Stein (Br 6, 353): Von den Fesseln des Hofs entbunden in der Freyheit der Berge, bey dem schönsten Wetter noch ein Wort zu dir. | Der Herzog hatte einen unüberwindlichen Trieb nach Dessau, ging und lies mich mit Krausen von Goslar aus allein auf den Harz zurückziehen. Wir beyde haben dann, uns selbst überlassen der herrlichsten Tage recht genossen, sind auf dem Brocken gewesen, haben alle Felsen der Gegend angeklopft, immer begleitet von dem hellsten Himmel . . . Morgen geht es nach dem Rosstrapp. Krause hat ganz köstliche Dinge gezeichnet. 6. [Elbingerode] An Herder (Br 6, 354f.): Nachdem ich bey Hofe meine Person auf Unkosten meines Magens ganz leidlich durchgebracht, bin ich wieder in die Freyheit der Wälder versetzt worden wo ich mich nun schon seit dem ersten ergehe. Der Herzog ist nicht mit herauf sondern nach Dessau. Krause ist also mit mir alleine und wir sind den ganzen Tag unter freyem Himmel, hämmern und zeichnen. Ihr werdet Freude haben an dem was ich mitbringe, wir haben gewiß die grösten und bedeutendsten Gegenstände ausgesucht, die Tage sind herrlich. Eine grose Last Steine bringe ich geschleppt. Die kleinsten Abweichungen, und Schattirungen die eine Gesteinart der andern näher bringen und ) Besuch im Rammeisberg bei Goslar u. des Brockens von G bereits vorher geplant u. durch Trebra vorbereitet. Vgl. Trebra an G, 21. Aug 1784 (G-Trebra 57) u. unten 4. Sept 1784. 2) G schrieb an dem Fragment gebliebenen Gedicht Die Geheimnisse. 3) Wer könnte den Himmel erkennen, wenn nicht durch die Gunst des Himmels, und wer Gott wahrnehmen, wenn er nicht selbst ein Teil der Götter wäre (Übers. L A II 7, 332). Eintrag G's ins Stammbuch der Heinrichshöhe auf dem Brocken. Zitat aus Marcus Manilius: Astronomica II. 1
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die das Kreuz der Systematiker und Sammler sind weil sie nicht wissen wohin sie sie legen sollen, habe ich sorgfältig aufgesucht und habe sie durch Glück gefunden. Es wird dir gewiss angenehm seyn sie zu sehen und ich habe alsdenn wenig darüber zu sagen. | Manchmal wird mir es ein wenig sauer auf diese einzige Idee auszugehn, man wird zuletzt stumpf und weis kaum mehr was man sieht, und eh ich mich's versehe vergesse ich bey einem Gegenstand das nothwendigste. Indessen da mich diese Materie fast zu ennuiren anfängt thu ich mein mögliches, denn stecken kann ich's nicht lassen. Deswegen schreib ich auch soviel möglich auf. | Morgen und übermorgen gehts an der Bude hinunter, wir werden an den Fall gelangen wo dieses Flüssgen hinter dem Roßtrapp hinabstürzt. Zwischen diesen Felsen hoff ich noch viel für meine Spekulation, es ist ein Durchschnitt der sehr lehrreich ist.1) [Weimar] An Ch. v. Stein (Br 6, 355): Von meiner Reise habe ich dir viel zu erzählen, Viel zu zeigen.2) [Jena] An Ch. v. Stein (Br 6, 360): ... le besoin de te communiquer toutes mes idees existe encore dans mon coeur avec la meme vivacité. [Weimar] An Ch. v. Stein (Br 6, 361f.): ... ie ne ferai q'un petit séjour a Ilmenau3) ... il ne me faut plus rien q'un beau tems pendant mon séjour dans les montagnes ... An Ch. v. Stein (Br 6, 364): . . . Donnerstags [30.] und Freytags [1. Okt.] will ich meine Geschäffte beyseyte bringen, Sonnabend früh bey dir seyn und Montags nach Ilmenau gehn. An J. F. v. Fritsch (Br 6, 365f.): Auf dem Harze habe ich, indem ich meiner Liebhaberey nachging, sehr angenehme Tage gehabt, und meine Kenntnisse in diesem Fache um vieles erweitert. Es wird Ew. Exzell. schon bekannt seyn daß Durchl. der Herzog nicht wie er sich vorgesetzt seinen Rückweeg über den Harz genommen, sondern gleich von Goslar aus nach Befahrung des Rammeisberges ganz allein, nur vom Hoijäger begleitet, nach Dessau gefahren ... Ich werde in einigen Tagen nach Ilmenau gehen ...
Laut geologischem Tagebuch (begonnen 8. Aug 1784, fortgesetzt 1.-10. Sept) durchwanderten G u. Kraus im Sept von Goslar aus das Okertal, den Brocken (vgl. oben 4. Sept 1784), die Klippen bei Schierke u. Elend u. die Umgebung von Elbingerode. Von dort aus erreichten sie das Bodetal u. die Teufelsmauer. Nach Besuch der Baumannshöhle, wohl am 11. Sept, Weiterreise nach Langenstein zu Maria Antonia von Branconi. Wiederankunft in Weimar am 15. Sept 1784. 2 ) Blätter von Kraus u. G's eigene Zeichnungen CG I, Nr. 2 7 1 - 6 , u. CG VB, Nr. 164-78. 3 ) Aufenthalt in Ilmenau 4 . - 1 5 . Okt 1784 mit G. G. Voigt u. F. v. Stein. Am 24. Febr 1784 feierliche Wiedereröffnung des Bergwerks mit G's Festrede. Als erstes wurde die Abteufung des Neuen Johannes-Schachts in Angriff genommen.
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Sept 30. [Weimar] G. G. Voigt Bücherquittung (LA II 7, 333): Güßmanns Beiträge p. 2 Teile. 1 ) | Tilas Mineralgeschichte. 2 )
Okt
2. An Julie v. Bechtolsheim (Br 30, 32f.): Die Lebhaftigkeit des Br[aunschweiger] Hofes während der Messe hat mich sehr unterhalten, noch mehr aber der einsame Harz, dem ich mich recht mit voller Erlaubnis habe vierzehn ganze Tage widmen können. Und die Menschen behaupten ich sey nun ganz und gar versteinert zurückgekehrt. [5.] [Ilmenau] An Ch. v. Stein (Br 6, 366f.): Fritz war gar artig,3) ich erklärte ihm die zwey ersten Bildungsepoquen der Welt nach meinem neuen System er begriff alles recht wohl und ich freute mich über den Versuch durch den selbst bey mir die Materie mehr Klarheit und Bestimmtheit gewonnen hatte. Die Kinder sind ein rechter Probierstein auf Lüge und Wahrheit es ist ihnen noch gar nicht so sehr wie den Alten um den Selbstbetrug Noth . . . Ich werde unsre Expedition nicht übereilen da ich dich nicht zu Hause antreffe besonders wenn wir schön Wetter behalten sollten, da will ich meine Freunde die Berge noch recht durch sinnen und durch suchen damit ich im Glauben gestärckt werde. 18. [Weimar] An F. H. Jacobi (Br 6, 369): Knebel wird heute deine Stube beziehen und er soll mit dem Mineralgeist getauft werden. | In Ilmenau wo ich lange geblieben bin, habe ich gar gute Tage gehabt meine Sachen gehen sehr gut und viel leichter als ich mir es vorgestellt habe. 18. An Carl August (Br 6, 370-73): Erst Freytag d. 15ten bin ich von Ilmenau zurückgekommen. Wir haben dort mancherley zu thun gefunden ... Die Einsiedels die nun abgegangen sind um sich Afrika zu nähern, 4 ) haben in Oberweimar ein gar wohl eingerichtetes Laboratorium zurückgelassen. Gefäse und Werckzeuge, Säuren, Salze, feste und flüssige Körper was zu den vorzüglichsten Chemischen Arbeiten nötig ist, findet sich darinne neu, wohl zubereitet und in dem besten Stande. Unser [F. H. v.] Einsiedel hat es angenommen und will es verkaufen. Er hat mir von 170 rh. gesprochen, und er giebt es noch wohlfeiler. Nun wäre mein Vorschlag Sie kauften es als Fond zur künftigen Ausstattung [J. F. A.] Göttlings; [C. W.] Büttner hat auch ein klein Hauslaboratorium das man in der Folge dazu schlagen könnte, was noch abgeht schaffte man nach und nach an und es wäre zuletzt unmercklich
F. Güßmann: Beyträge zur Bestimmung des Alters unserer Erde . . . Bd 1. 2. Wien 1 7 8 2 - 8 3 (Verz. 1788, 238). 2 ) D. Tilas: Entwurf einer schwedischen Mineralhistorie . . . Leipzig 1767 (Ruppert Nr. 5180). 3 ) Gh. v. Steins vierzehnjähriger Sohn. 4 ) J. A. v. Einsiedel, der jüngere Bruder von F. H. v. Einsiedel, hatte für seine heimliche Geliebte, eine verheiratete Frau, ein Scheinbegräbnis inszeniert u. war mit ihr u. 2 Brüdern nach Afrika abgereist.
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beysammen. Ich würde es diesen Winter auch gebrauchen können, Theils um die letzten Bewegungen der Sievertischen Thätigkeit, 1 ) die für sich nie zu einem Ziel kommt, zu nutzen, Theils meine mineralogischen Ideen aufzuklären und mich zum Hüttenwesen vorzubereiten. Wenn es Göttling gesehen und geschätzt hat will ich einstweilen, bis auf Ihre Ratifikation in Handel treten. Okt 26. An Ch. v. Stein (Br 6, 376f.): Ich bin nicht fähig dir etwas zu schreiben, denn ohne dich habe ich selbst an meinen Lieblings Ideen keine Freude. Knebel geht morgen wieder weg, er hat nur einmal sich etwas von mir vorsagen lassen, das Steinreich lockt ihn nicht, er ist ein Freund des Menschlichen Wesens, und ich kan es ihm nicht verdencken . . . Fritz kam diesen Abend und bewog mich nach Oberweimar ins Laboratorium zu gehn, ich wäre sonst zu Hause geblieben, wir handelten allerley mit dem alten Docktor [Sievers] ab und kamen etwas feucht doch sehr vergnügt zu Hause an. Bey dieser Gelegenheit haben wir die chymischen Zeichen durchgegangen und Fritz hat sich eine Abschrifft davon gemacht. Nov
6. An A. F. v. Veltheim (Br 51, 72): Ew. Hochwohlgeb. werden erlauben, daß ich ein Versprechen, welches Sie mir gethan in Erinnerung bringe. | Da ich gegenwärtig in meinen wenigen freyen Stunden diejenige Gesteinsarten und andere Mineralien, die ich von meiner letzten Tour auf dem Harze und dem Thüringer Walde mitgebracht, wenigstens in eine Art von Ordnung zu bringen, und zugleich über diese Gegenstände verschiedene Bücher aufschlagen und gewisse Ideen zu berichtigen suche; so wird es mir außerordentlich angenehm seyn, wenn Ew. Hochwohlgeb. mir Ihren Entwurf einer Mineralogie 2 ) wie Sie ihn neuerdings durchgearbeitet zu übersenden die Güte haben wollen. Ich werde davon nur den Gebrauch machen, den Sie mir vorschreiben. Sie verzeihen meine Bitte, welche sich auf das Zutrauen gründet, das Sie mir eingeflöst und auf die Zusage, welche Sie mir gegeben haben. 8.
[Straßburg] Rechnung Buchhandlung Treuttel: Histoire de la France Méridionale 8. Tome V & V I I des Minéraux. 3 )
11. An Knebel (Br 6, 386): Habe Danck für die schönen Äpfel, müsse dir dagegen ieder ungeschlachte Stein zum Marcepan werden. [17.] An Knebel (Br 6, 390f.): Könnte ich mehr für die vergleichende Anatomie und Naturlehre thun so würde das noch lebendiger werden. 4 ) ) Dr. Sievers, Arzt in Oberweimar, besaß ebenfalls ein chemisches Laboratorium. ) Grundriß einer Mineralogie. Braunschweig 1 7 8 1 . 3 ) Jean Louis Giraud Soulavie: Histoire naturelle de la France méridionale. Bd. V. VII. Nîmes 1 7 8 4 . 4) G's Zwischenkieferknochen-Abhandlung, nach der Entdeckung im März ausgearbeitet u. mit diesem Brief an Knebel gesandt. Vgl. „Dem Menschen wie den Thieren . . . " (EGW 2, 2 5 5 - 3 1 2 ) . 1
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Leider kann ich nur einen Blick auf die Natur thun, und ohne Studium der Schrifftsteller die in diesen Fächern gearbeitet haben lässt sich auch nichts thun, ich werde mir es aufheben bis mich das Schicksaal quiescirt oder iubilirt . . . Eben erhalte ich deinen Brief und dancke dir für deine Vorsorge und Liebe. | Es freut mich daß von fremden Orten her etwas menschliches gekommen ist, und wünsche dir immer mehr Lust und Liebe zur Erkenntniß natürlicher Dinge. | Wie es vor alten Zeiten, da die Menschen an der Erde lagen, eine Wohlthat war, ihnen auf den Himmel zu deuten, und sie a u f s geistige aufmercksam zu machen, so ist's iezt eine grösere sie nach der Erde zurückzuführen und die Elastizität ihrer angefesselten Ballons ein wenig zu vermindern. Nov 26. An Carl August (Br 6, 398): Bey Knebeln bin ich einigemale gewesen, er findet sich nach und nach in die Einsamkeit und in die Naturlehre. Diese Wissenschafft hoffe ich soll ihm von grosem Nutzen seyn sie ist sicher, wahr, manichfaltig, lebendig; man mag viel oder wenig in ihr thun, sich an einen Theil halten oder a u f s ganze ausgehen, leicht oder tief, zum Scherz oder Ernst sie treiben, immer ist sie befriedigend und bleibt doch immer unendlich, der Beobachter und Dencker, der ruhige und strebende ieder findet seine Nahrung. Im Anfange kam sie ihm fremd vor da er nur an Dichtkunst und Geisteswesen gewöhnt war, ietzt aber wird ihm nach und nach der Sinn aufgeschlossen mit dem man die alte Mutter verehren muß. Dez
2. An Merck (Br 6, 401f.): In Mineralogicis habe ich diesmal wieder auf dem Harze und Thüringer Wald viel gesammelt. Vom Harze werde ich nun balde die wichtigste Suite beisammen haben, die existiren kann. Von Gebürgsarten versteht sich; denn nach reichen und kostbaren Stufen lasse ich mich nicht gelüsten, es ist mir auch zu dem, was ich vorhabe, wenig an Kostbarkeiten gelegen. Kannst du mir nicht einmal von deiner Gegend eine Folge, die du mir so lange versprochen hast, überschicken? Es ist so lange, daß ich dir nicht geschrieben habe, daß ich nicht einmal weiß, ob ich dir für die ausführliche Recension der holländischen Cabinette Dank gesagt habe. 1 ) | Ich habe diesmal Krausen mit auf dem Harze gehabt und er hat mir alle Felsarten nicht mahlerisch, sondern wie sie dem Mineralogen interessant sind, gezeichnet. Es kann diese Sammlung, wenn wir sie in der Folge fortsetzen, sehr schön und vollständig werden. 2 ) - Schreibe mir doch bald, wie es mit dir steht und was du etwa merkwürdiges neues aufgetrieben hast.
G hatte im Sept 1784 Mercks Bericht seiner Hollandreise vom Sommer mit Beschreibungen der dortigen Naturalienkabinette erhalten. Vgl. G an Soemmerring, 16. Sept 1784 (Br 6, 357). 2) Nicht fortgesetzt. Erst 1824 ordnete G für Zur Naturwissenschaft überhaupt die Zeichnungen von Kraus u. beschrieb sie im Aufsatz Gestaltung großer anorganischer Massen.
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Dez 20. An Herzog Ernst II. v. Sachsen-Gotha (Br 6, 414): ... 1 ) Es kommt mir zwar selbst wunderbar vor wie ich nach und nach ohne es gleichsam selbst zu bemercken in dem Stein und Gebeinreiche ansässig geworden bin. 2 ) Es hängt in natürlichen Dingen alles so nah zusammen daß wenn man sich einmal eingelassen hat man vom Strome immer weiter und weiter geführt wird.3)
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6. An Knebel (Br 7, 2): Rückst du in der Mineralogie vor? ich habe in diesem edlen Studio seit meinem letzten Ilmenauer Aufenthalt nichts gethan, desto frischer soll es gehn wenn ich wieder dran komme. | Schicke mir doch Gerhardts Mineralogie zurück.4) 12. An F. H. Jacobi (Br 7, 7f.): Eh ich eine Sylbe uexa xa (puaixa schreibe muß ich nothwendig die (puaixa besser absolvirt haben. In diesen bin ich fleisig wie es die Zeit und der Zustand meines hin und her gezerrten Gemüthes leiden . . . In meiner Stube keimt Arbor Dianae5) und andre metallische Vegetationen . . . Ich mag und kann dir nicht vorerzählen worauf ich in allen Naturreichen ausgehe. 17.
[Jena] Knebel Tagebuch (LA II 7, 3 3 8 ) : Aibor Dianae!
24.
[Weimar] Gh. v. Stein an Knebel (BG 2, 5 0 9 ) : Goethe grüßt Sie. Der Stein war ihm lieb: So schön ausgewaschen hatte er ihn noch nicht in seiner Sammlung. Gestern abend bin ich mit Herders bei ihm gewesen, wären Sie doch auch in unsrer Mitte! | Ich glaube, Goethe hat viele Freuden, ernste Freuden, welche die Welt nicht begreift.
März 4. An Knebel (Br 7, 20): Soulavie bring ich mit. 6 ) Apr 2. An Knebel (Br 7, 36): Hier einige [Bde] Soulavie ich habe sie selbst noch nicht recht lesen können. Du wirst mir einen Gefallen erzeigen wenn du einiges notirst worüber wir sprechen könnten. 25. An J. C. Kestner (Br 7, 46f): Das Mineralien Cabinet was unser Bergsecretair [J. C. W.] Voigt dem Publiko angeboten hat, ist eigentlich nicht für Kinder, sondern für Liebhaber, die sich einen anschaulichen Begriff von den verschiednen Gebürgsarten machen wollen, von denen ietzt immer soviel gesprochen wird. | Wie beyliegendes Büchlein ausweiset.7) Das Cabinet enthält die in den Briefen beschriebne Steinarten 1)
Das Vorausgehende s. in „Dem Menschen wie den Thieren . . . " gD, E G W 2, 2 8 0 . Mit dem Brief übersandte G seine Abhandlung über den Zwischenkieferknochen. 3) Das Folgende s. in „Dem Menschen wie den Thieren . . . " gD, E G W 2, 280f. 4) G. A. Gerhard: Versuch einer Geschichte des Mineralreichs. Bd 1. 2. Berlin 1 7 8 1 - 8 2 . Dazu G's Notizen LA II 7, 142. 5) Der Arbor Dianae galt als Zwischenstufe zwischen Mineral- u. Pflanzenreich. Beim Wachstum von Silberkristallen in wäßriger Lösung oder durch Erhitzen von Amalgamen ließen sich baumartig verzweigte Konfigurationen erzielen. 6) Zur Publikation vgl. oben S. 1 4 6 Anm. 3. 7) J. G. W . Voigt: Drey Briefe über die Gebirgs-Lehre für Anfänger und Unkundige. Weimar 1 7 8 5 . Voigt bot zugleich ein Kästchen mit den beschriebenen Gesteinen an. 2)
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und ist für iemanden den diese Wissenschafft interessirt und sich unterrichten will, das Geld wohl werth. | Wollt ihr aber für eure Kinder ein klein Naturalienkabinet haben; so kann ich Euch ein's zusammen machen lassen ich habe des Zeugs genug. 5. An Knebel (Br 7, 51f.): Ich schicke dir nebst einigen Büchern, wenige Steine. Harzer Produckte die ich von meiner letzten Reise mitbrachte. Ehe wir nach dem Carlsbade gehen, kommst du noch einmal auf einige Tage herüber damit wir die Gebürgslehre durchsprechen und uns vorbereiten können . . . Auf oder nach Pfingsten gehts nach Ilmenau du kommst doch mit? | Laß mir doch die beygelegten drey Steine schleifen und schicke sie bald zurück. Der unscheinbarste ist der merkwürdigste. 6. [Jena] Knebel Tagebuch (LA II 7, 339): Von Goethe Brief, nebst Steinen vom Roßtrapp.
8. [Weimar] An Knebel (Br 7, 52): Die ersten warmen Tage habe ich angewendet meine Eroberungen vom Vorigen Jahre zu ordnen und schicke dir deinen Theil. 1 ) | Es ist nicht alles gleich interessant. Einiges ilmenauische liegt dabey, damit du zum voraus etwas von dorther in Besiz habest und sich die Lust mehre das vollständige selbst zu hohlen. | Wenn du herüber kommst bringe doch deinen Catalogus mit ich kann dir manches noch abgeben. | Dasmal nicht weiter. | Nach Pfingsten wollten wir nach Ilmenau. Wenn du dich einrichtetest wäre es gut. Vielleicht hole ich dich ab und wir gehn den Saalgrund hinauf. Den Ilmgrund habe ich so satt daß ich nicht dran dencken mag. Auch über Ordruff habe ich den Weeg schon so offt gemacht. 10. [Jena] Knebel Tagebuch (LA II 7, 340): Steine ausgepackt, die ich von Goethe erhalten.
30. [Weimar] An Merck (Br 7, 57): Die Steine sind endlich angekommen, wofür du Herrn Cammer Rath Klippstein recht freundlich danken mußt.2) Nur waren sie leider von keinem zärtlichen Freunde eingepackt und sind jämmerlich zerschüttelt angekommen. Kaum hatte der Granit widerstehen können. | Sobald ich von Ilmenau wiederkehre, schicke ich von dortigen und überhaupt Thüringerwald Produkten für Herrn Klippstein eine Suite. Die Ähnlichkeit mit einigen mir überschickten wird auffallen . . . Ich gehe bald nach Carlsbad. [Mai?] 3 )
[Weimar] G. G. Voigt an G (LA II 7, 341): Mein Bruder [J. G. W. Voigt] fragte nach, ob ich wegen der Granit-Schichten etwas gelesen? Ich gedachte hierbei an Monnet 4 ) und Soulavie, die ich mit gehorsamstem Dank zurücksende. Soulavie redet zwar von | Mas-
) G's Steinsammlung von der 2. Harzreise, die er mit J. G. W. Voigts Hilfe ordnete u. ergänzte; vgl. Folge der Gebilrgsarten des Harzes 1785 (LA I I I , 15ff.). 2 ) Eine Suite mit 54 Gesteinen, Mineralien u. Fossilien aus Hessen (Prescher Nr. 3 6 9 7 - 7 5 1 ) , übersandt vom Hessen-Darmstädtischen Kammerrat P. E. Klipstein. 3) Datierung durch LA, mit Bezug auf LA II 7, 147 (M 67). 4 ) J. E. Guettard u. A. G. Monnet: Atlas et description minéralogiques de la France . . . P. I. Paris 1780 (Ruppert Nr. 4637). 1
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ses séparées de Granit, (Tome 1. p. 16.) | Superposition des bancs de Granit à des masses schisteuese (T. III. p. 156) | Scissures formées dans la roche Granitique (T. IV. p. 31.) | aber die Begriffe, die er vom Granit hat, machen seine Beschreibungen unsicher. | Monnet will auch p. 9 7 von einem weißen Granit wissen, qui se trouve en bancs de deux ou trois pieds d'épaisseur - Seine Beschreibung paßt aber mehr auf eine Art von Totem Liegenden. [Mai] 1 ) Juni
[Ilmenau] J. G. W . Voigt Rechnung (LA II 7, 3 4 1 ) : Kirwans Mineralogie 2 )... | Stürmen vor Braunstein 3 ) . . . | 3 Hämmer und 7 Bergeisen . . . | 1 Magnetstahl incl. Porto
2. [Ilmenau]4) An Ch. v. Stein (Br 7, 59): Wir sind im Regen angekommen und es trieft gewaltig. Fritz [v. Stein] mit Voigts [C. G. und J. C. W.] ist noch nicht da; sie haben in Stadt Ilm gefüttert. Wir werden mancherley zu thun finden und wollen erst die Stubengeschäffte abthun, bis dahin giebts gut Wetter. | Knebel freut sich auf die Berge und in den Bergen . . . Ich liebe dich mit lebhaffter, innig bleibender Liebe und freue mich immer auf die Tage, da ich am Fuse der alten Granit Berge 5 ) mit dir wohnen werde, wie auf eine himmlische Aussicht. 7. [Ilmenau] An Ch. v. Stein (Br 7, 60f.): Ich habe . . . etwas an meiner Gebürgs Lehre geschrieben. Eine neue englische Mineralogie [Kirwan] hat mich wieder aufgemuntert . . . Sonst sind wir fleisig hinter den Steinen her und Knebel wird recht wacker. 7. [Ilmenau] An Ch. v. Stein (Br 7, 61): Unsre Expeditionen gehen gut6) und unsre Liebhabereyen laufen so gätlich nebenher, es wäre Menschen und Geschafften geholfen, wenn es immer so werden könnte. 9. [Ilmenau] An F. H. Jacobi (Br 7, 63f.): Vergieb mir daß ich so gerne schweige wenn von einem göttlichen Wesen die Rede ist, das ich nur in und aus den rebus singularibus erkenne, zu deren nähern und tiefern Betrachtung niemand mehr aufmuntern kann als Spinoza selbst, obgleich vor seinem Blicke alle einzelne Dinge zu verschwinden scheinen . . . Hier bin ich auf und unter Bergen, suche das göttliche in herbis et lapidibus. | Knebel, Voigt und Fritz sind mit mir, es giebt genug zu thun und die Arbeit wird durch gemeinsame Freude an allem was vorkommt belebt. | Balde gehts in's Karlsbad . . . ich will vom Bade aus in's Erzgeb ürge gehn. 7 )
) In LA datiert nach Ablage der Quittung. ) R. Kirwan: Anfangsgründe der Mineralogie. A. d. Engl, übers, von L. Grell. Berlin u. Stettin 1 7 8 5 (Ruppert Nr. 4 7 5 9 ) . 3) Braunstein: vermutl. Brauneisenstein, ein Eisenerz, überbracht vom Ilmenauer Steiger Sturm. 4) Aufenthalt 2 . - 1 6 . Juni 1 7 8 5 , vor allem zur Inspektion der Arbeiten am Bergwerk. 5) In Karlsbad; Gh. v. Stein begab sich in diesem Sommer ebenfalls in den böhmischen Badeort. 6) Genauere Angaben zu den Unternehmungen in Ilmenau in Knebels Tagebuch; vgl. LA II 7, 3 4 2 . 7 ) Nach Reise ins Fichtelgebirge (s. unten 11. Juni 1 7 8 5 ) Aufenthalt in Karlsbad 5. Juli 1
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Juni 11. [Ilmenau] An Herder (Br 7, 65): Künftigen Donnerstag kommen wir wieder, es geht hier alles gut und wir leben vergnügt. Unser kleines Häuflein hält sich zusammen. Gleiches Interesse macht uns gute Stunden. 11. [Ilmenau] An Ch. v. Stein (Br 7, 65): Nach dem Anschein unsrer Expeditionen kommen wir vor künftigen Donnerstag nicht zurück. Es wird der löte seyn und alsdann brauchen wir noch acht Tage um uns einzurichten und nach dem Fichtelberge zu gehen. 1 ) WY
[Epochen deutscher Literatur] 2 ) E
Abschnitt a: nach 1820 3 ) Abschnitt b: 1829 Mai? 4 )
D
C 1 49 (1833) 163f. - W 42.2, 512ff. - FA I 22, 834f. - MA 18.2, 142f. 5 )
Z Mai
1829 14. [Berlin] Zelter an G (MA 20.2, 1227): Einer meiner ehemal. Schüler [J. G. Hientzsch] der als Oberlehrer nach Breslau gekommen und ein rüstiger junger Mann ist hat den Einfall ein doppeltes Epitaphium für unsern [E. F. F.] Ghladni und den verst. Organisten Berner zu stiften, sammelt dazu Beiträge und hat zu diesem Zwecke das Leben des Berner 6 ) geschrieben. Da sendet er mir an die 50 Exemplare die ich verschachern soll. Im ersten Anfalle wollte ich ihm antworten daß ich für Ghladni einen Fr. dor. gebe und solchen für Berner wieder zurücknehme. Was soll man sich aber mit Solchen lange zanken und verreden? so schicke ich ihm das Geld für die Exemplare und bin davon. Die Abschrift des Briefes liegt also bei (,) verfahre damit wie Du willst. 7 )
- 16. Aug. Über die Bergstädte St. Joachimsthal, Johanngeorgenstadt u. Schneeberg Rückkehr nach Weimar. Vgl. oben 16. Febr 1784: an Knebel mit Anm. 2) Die unter dieser Uberschrift in W zusammengestellten Aufzeichnungen bestehen aus: einer Deutsche Literatur überschriebenen Tabelle von G's Hand (Abschnitt a) u. einem damit in keinem unmittelbaren Zusammenhang stehenden Blatt von Schuchardts Hand, in C 1 von Riemer u. Eckermann mit Neueste Epoche betitelt (Abschnitt b). 3) Wann die Tabelle entstand, ist nicht sicher, doch setzt sie Literaturkenntnis bis 1820 voraus. 4) Nicht vor Okt 1825, da Schuchardt erst seit diesem Zeitpunkt G als Schreiber diente. 5) MA 18.2, 905 faßt beide Abschnitte als zusammengehörig auf u. datiert nach der vermutlichen Entstehungszeit des Abschnittes b: Mai 1829. 6) Friedrich Wilhelm Berner . . . nach seinem Leben und Wirken in der Musik dargestellt . . . Breslau 1829. 7) Zelter schrieb Hientzsch am 26. Apr 1829: Ihren Freund Berner haben Sie mit Wahrheit und Freundschaft dargestellt, wie Sie ihn gesehn; das ist so ziemlich alles was sich machen läßt denn wie wunderlich ein bedeutender Mensch ... im Leben hin und her
152
1829
E P O C H E N D E U T S C H E R LITERATUR
17. An Zelter (Br 45, 273): Auch das ablehnende Brieflein laß ja nicht ohne Gesellen! Dergleichen Zudringlichkeiten sind durchaus nicht nur in Deutschland, sondern in der ganzen Welt rege. Die jetzige Zeit ist eigentlich e n k o m i a s t i s c h , sie will etwas vorstellen, indem sie das Vergangene feyert: daher die Monumente, Feste, die säkularen Lobreden und das ewige ergo bibamus, weil es einmal tüchtige Menschen gegeben hat. 1 ) AR/Red.
Epochen geselliger Bildung 2 ) E
1831 Apr 24./25.
D
KA VI 3 (1832) 496ff. 3 ) - C 1 49 (1833) 129f. 4 ) - W 41.2, 361f. - FA I 22, 554f. - MA 18.2, 200f.
Z
1831
Apr 24. Abends Herr Geh. Rath von Müller. 24. [Weimar] F. v. Müller (Unterhaltungen 203): Nachmittags bey Goethe . . . Über unsre Museums Feyerlichkeiten zum 2. Mai. 25. (H datiert: W. d. 25. Apr. 31.) 25. (H 1 datiert und unterzeichnet: Weimar den 25. April 1831.
JWvGoethe) 5 )
geschoben und geworfen wird\ um nach dem Tode noch interessant zu sein, da müßte er seinen Biographen immer mitfüttern. \ Glücklicher Weise ist Berner auf dem Acker erwachsen den er selber bebaut hat, so hat ihm denn Ehre und Arbeit nicht fehlen können. Seine hiesigen Freunde scheinen zu wünschen daß das von Ihnen projektierte Monument nur ihm allein gestellt werde. Chladni hilft sich wohl selber durch die Ewigkeit ... (MA 20.3, 1011). 1) Aufgrund der sinngemäßen, teilweise wörtlichen Ubereinstimmungen mit diesem Brief vermutet Katharina Mommsen, daß Abschnitt b ein Nachklang davon ist: Goethe versucht offenbar, den Zelter gegenüber formulierten Gedanken eine Form zu geben, die der Öffentlichkeit mitteilbar wäre (Goethe und das Preisgedicht, JbDSG 1967, 355). 2) Programmatischer Epochen-Überblick, Promemoria (Tgb 25. Apr 1831) für ein Gedicht oder eine Rede F. v. Müllers (25. Apr 1831: an Müller) zur feierlichen Eröffnung des von Maria Pawlowna geförderten Weimarischen Lesemuseums am 2. Mai 1831. Das Lesemuseum, in dem in- u. ausländische Zeitungen u. Zss. zur allgemeinen Benutzung auslagen, hatte bis 1849 Räume im Fürstenhaus. 3 ) Für ED durch F. v. Müller leicht redaktionell bearbeitet, mit Zusatz zur Überschrift: Niedergeschrieben bey Eröffnung des Weimarischen Lese-Museums durch höchste Begünstigung, 25. April 1831. 4) Wiedergabe der ursprünglichen Hs. mit dem Zusatz: Bey Gelegenheit der Eröffnung des Weimarischen Lese-Museums durch höchste Begünstigung am 25 April 1831. 5) Reinschrift von H für F. v. Müller, am Schluß Vermerk von G's Hand j.[alvo] m.[eliori].
1831
EPOCHEN GESELLIGER BILDUNG
153
Apr 25. [An] Herrn Canzler von Müller, Promemoria wegen der Feyer des Lesevereins. - Mannichfaltiges dictirt . . . Nach Tische Oberbaudirector Coudray. Über das heute früh dem Leseverein communicirte Promemoria. 25. An F. v. Müller (Br 48, 191f.): Unsre gestrige Unterhaltung veranlaßt mich zu beykommendem flüchtigen Aufsatz. Möge er Ihnen irgend Anlaß geben, um auf eine oder die andere Weise Gebrauch davon zu machen. Ein Gedicht, wie das an den König von Bayern 1 ), in verschiedenen Sylbenmaaßen, würde genügsamen Stoff finden. Dabey würde es sich artig machen, daß man, vom Allgemeinen sprechend, das weimarische Wesen als Symbol im Auge hätte. | Auch ließ sich wohl das Ganze in wenige Strophen zusammenziehn, das Einzelne gäbe ferner zu heitern Gesängen Anlaß, und was sonst eine geniale Thätigkeit daraus entwickeln könnte. | Der ich diesen extemporirten Vortrag, wie mich selbst bestens empfehle . . . Auch zu einer Rede würde sich's qualificiren, die vielleicht geschwinder auszuarbeiten wäre. 2 ) Mai
6. Mittag Dr. Eckermann. Ereignisse der vergangenen Tage. Einweihung des Museums den 2. May, Gastmahl den 3. ejd., Gedichte und Rede mitgetheilt. 7. [Weimar] F. v. Müller (Unterhaltungen 203): Vormittags bei Göthe, der sehr munter, witzig, ironisch und humoristisch war. Lob unseres Museums-Heftes. 3 ) HH/Red.
[Erfinden und Entdecken] 4 ) E
1817 Apr 26.-28.; Sept
D
C 1 50 (1833) 163-66. - NS 11, 2 5 5 - 5 8 . - LA I 11, 180f. - F A I 25, 37ff.; F A I 13, 3 9 7 - 4 0 0 . - MA 11.2, 525f.
) F. v. Müllers Dem Könige die Muse zum Besuch Ludwigs I. von Bayern zu G's Geburtstag 1827. 2) G's Überlegungen fanden keinen Eingang in v. Müllers Rede u. Gedicht, wie sie im Museumsheft gedruckt vorliegen. 3 ) Zur Einweihungsfeier des Museums zu Weimar. Am zweiten und dritten Mai 1831. Weimar [1831], Albrecht'sche Hofbuchdr. 14 Bl. (Ruppert Nr. 3888). Mit Beiträgen von Horn, Kanzler v. Müller, Meyer, Riemer, Peucer, Hase, Schütze u. A. Müller. 4 ) Titel von Eckermann. Der Text sollte ursprünglich als Beispielsammlung den Aufsatz Meteore des literarischen Himmels beschließen, wie eine erhaltene Uberleitung bezeugt (NS 13, 438). 1
154
E R F I N D E N UND E N T D E C K E N
Z1)
1817
1817
—
— Tag- und Jahres-Hefte 2 ) (W 36, 128): John H u n t e r s Leben erschien höchst wichtig, als Denkmal eines herrlichen Geistes, der sich bei geringer Schulbildung an der Natur edel und kräftig entwickelte.3) Apr 15. [Jena] An Carl August (Br 28, 58): Versäumen darf ich nicht nachschriftlich die trefflichen englischen Wercke zu rühmen die mir zukamen. 26. [Jena, nachmittags] Schema zu Priorität pp . . . Gegen Morgen englische Bücher von Serenissimo. 27. [Jena, nachmittags] John Hunters Leben von Adams. Entwürfe und Abschriften von naturwissenschaftlichem Hefte. 28. [Jena, nachmittags] John Hunters Leben, Krankheit und Ende. Früh ward auch geschrieben das zweite Schema von Priorität pp. Mai
9.
1
Aug 14. u. 15. \ (s. „Meteore des literarischen H i m m e l s " : Tgb gD) Sept
J
3.
1818 Juni 20. (s. „Meteore des literarischen Himmels": Tgb gD) 23. [Weimar] G. A. Vulpius an G (Meier 1, 245): Ew. Exzellenz sende ich hierbei, zwei kurze Biographien von Gouverneur John Hunter zu Neu Wales; andere, haben wir nicht, u ich weiß nicht ob es der gemeinte Hunter ist. Einen Gelehrten dieses Zu u Vornamens finde ich nicht. Juli
10. (Aus der Weimarer Bibliothek - bis 18. Juli 1818 - : Hunter, William: Anatomische Beschreibung des schwangern menschlichen Uterus. A. d. Engl. . . . von Ludw. Friedr. Froriep. Weimar 1802.) 4 )
HO
Vgl. Z zu „Meteore des literarischen Himmels" u. „Vorschlag zur Güte". ) Geschrieben 1819/25. 3) J. Adams: Memoirs of the life and doctrines of the late John Hunter. London 1817 (Ruppert Nr. 143), mit Bleistiftstrichen (von G?) auf S. 43f., 59, 119f., 138f., eine frz.-sprachige Ergänzung zu 119f. auf bes. Blatt von fremder Hand. Zu G's Beschäftigung mit dieser Monographie s. die Aufzeichnungen Bruderzwist (NS 13, 438ff.) u. die Übersetzung aus Mr. Hunters Education (NS 13, 440). 4) Vermutlich im Zusammenhang der Beschäftigung mit den Brüdern John u. William Hunter. 2
1797
ZUR E R I N N E R U N G DES S T Ä D E L S C H E N GABINETS
155
Zur Erinnerung des Städelschen Cabinets 1 )
E
1797 Aug 19.
D
W 47 (1896) 348ff. - FA I 18, 4 1 9 - 2 1 . - MA 4.2, 9 6 - 1 0 0 .
Z
1797
Aug 16. [Frankfurt] 2 ) Abends das Städelsche Cabinet besehen. 3 ) 18. [Frankfurt] Gegen Abend zu Hrn. Städel, den übrigen Theil seiner Gemählde zu sehen. 19. [Frankfurt] Abends bey Hrn. Städel. 19. (Handschrift datiert: 19. August 97) 4 )
HH
Erklärung der zu Goethes Farbenlehre gehörigen Tafeln
E
1796 Dez 21. - 1810 Mai
D
Erklärung der zu Goethe's Farbenlehre gehörigen Tafeln (o. O. [Tübingen] o. J. [1810]) S. 1 - 2 3 u. 17 Tafeln. - C 1 : Sechzehn Tafeln zu Goethe's Farbenlehre ... nebst Erklärung. Als Nachtrag für die Besitzer von Goethe 's sämmtlichen Werken zu allen erschienenen Ausgaben. Stuttgart und Tübingen. J. G. Gotta'scher Verlag. 1842. - NS 4, 3 4 5 - 8 6 . - LA I 7, 4 1 - 1 1 4 . - MA 10, 9 4 3 - 7 1 . - FA I 23.1, 1011-40.
Z
1792
Jan s. „Zur Farbenlehre" Erste Rezension gD, E G W 4 , 275) nach 2 7 . / Febr
1) Zwei Folioblätter, von Geists Hand, im Umschlag: Sammlung zu der Reise nach Frankfurth gehörig \ Im August 1797. \ Volumen I. - Bildbeschreibungen, im Zusammenhang der Vorbereitung auf die geplante 3. Italienreise u. einer Monographie über Italien; erste Erprobung eines Verfahrens, dessen sich G in Italien zur Erfassung von Bildkunstwerken bedienen wollte. 2) Aufenthalt vom 3.-25. Aug 1797, auf der geplanten Reise nach Italien. 3) Sammlung des Frankfurter Kaufmanns Johann F. Städel von etwa 500 Gemälden, zumeist deutscher, holländischer u. flämischer Maler des 17. u. 18. Jh. Es fällt auf, dass G bei seinen insgesamt 8 Beschreibungen nur die Hälfte den eigentl. dominanten Deutschen, Niederländern u. Flamen widmet u. stattdessen gleichgewichtig aus den wenigen Beispielen südländischer Malerei Bilder von Correggio, Paolo Veronese, Poussin u. Murillo hervorhebt. 4) Vermutlich beim letzten Besuch dem Sekretär Geist vor den Bildern diktiert.
156
E R K L Ä R U N G D E R ZU G O E T H E S F A R B E N L E H R E G E H Ö R I G E N TAFELN
1796
1796 Dez 21. [Weimar] An Schiller (Br 11, 291): Ich zeichne jetzt die Tafeln dazu [zum optischen Wesen] und sehe daran, daß sich alles verengt, eine mehrere Reife.
1797 —
— Tag- und Jahres-Hefte 1 ) (W 35, 72): Ich fing an die Farbentafeln in Ordnung zu bringen.
Jan
29. An Schiller (Br 12, 25): . . . indessen schließen sich die Farbentafeln immer besser aneinander . . .
Febr
6. Einiges an den optischen Tafeln. 22. [Jena] . . . sodann die Tafeln zu den übereinstimmenden und widersprechenden Farben vorbereitet. 2 ) Mittags zu Hause, an Farbentafeln fortgearbeitet . . . 23. [Jena] . . . an den Farbentafeln . . . 24. [Jena] Früh die Farbentafeln fortgesetzt . . . 26. [Jena] Früh . . . optische Tafeln . . . 27. [Jena] . . . optische Tafeln . . .
März 2 5 .
[Jena] Früh an den Farbentafeln.
1806 —
— Tag- und Jahres-Hefte 3 ) (W 35, 259): Nun wurden vor allen Dingen die nöthigen Tafeln sorgfältig bearbeitet.
Febr 24.
[Weimar] An Cotta (Br 19, 107): Die dazu [FL] nöthigen Tafeln will ich nach und nach besorgen. Proben derselben . . . sollen Sie auf Jubilate finden. 4 )
Nov 12. Kupferstecher Müller, Mustertafeln 5 ) . . . 20. Tafeln zur Farbenlehre Vorwärts.
Zur Datierung s. „Erste Rezension", E G W 4, 183 ) Entstanden 1 8 1 9 / 1 8 2 6 . 3) Die Tafeln sind identifiziert: CG VA, Nr. 113 (Gefärbte Prismen mit Strahlengang), 2 0 5 (Darstellung des Spektrums nach Newton), 2 0 6 (Entstehung eines Spektrums nach G's Ableitung) u. 2 0 8 (Vorstudie). Weitere Erläuterungen ebd. 40f. 4) Entstanden 1 8 1 7 / 1 8 2 5 . 5) Dritter Sonntag nach Ostern. 6) J. G. E. Müller u. G. F. G. Steiner stellten zusammen die Vorlagen zu den Tafeln her; Müller als Zeichner u. Stecher, Steiner vermutl. als Kolorierer (LA II 4, 129). 2
1807
E R K L Ä R U N G D E R ZU G O E T H E S F A R B E N L E H R E G E H Ö R I G E N TAFELN
157
1807 —
— Tag- und Jahres-Hefte 1 ) (W 36, 9): Zu der Farbenlehre wurden, mit Genauigkeit und Mühe, die längst vorbereiteten Tafeln nach und nach in's Reine gebracht und gestochen . . . Jan 5. [J. C. E.] Müller und [C. F. C.] Steinert [!] wegen der optischen Tafeln. 11. Chromatische Tafeln. 13. Kupferstecher Müller. Berichtigung einiger Tafeln. 15. Steinert wegen einer chromatischen Tafel. Febr 12. Einiges an den Tafeln mit Müller.
1808 März 2. Diese Tage über das 15. Newtonische Experiment gedacht 2 ) bezüglich auf unsre 11. Tafel. 3 ) [Mai (s. „Zur Farbenlehre": Notiz gD, E G W 4 , 510) Auf.]
1809 Nov 25. 26. 27. Dez 3.
Mit den Tafeln zur Optik beschäftigt. Mit den Tafeln beschäftigt. In den bisherigen Arbeiten fortgefahren. Tafel zur Chromatik revidirt.
1810 —
—
(s. „Zur Farbenlehre": TuJ, E G W 4 , 560)
Jan 13. An Müllern die Figur des Antonius de Dominis. 4 ) März 15. [Jena] Die Tafeln zu beschreiben angefangen. ) Entstanden 1 8 1 7 / 1 8 2 5 . ) FA I 23.1, 410. Zum 15. Versuch G's Übersicht (LA II 5 A, 5): 15.) Seitenbewegung des Spectrums durch das zweyte Prisma. 3) FA I 23.1, 1032f. zu §§ 2 8 9 - 3 0 1 des Polemischen Teils (FA I 23.1, 4 0 6 - 1 0 ) . 4) Vorlage für den Kupferstecher J. G. E. Müller zur Tafel XV der FL, bezeichnet mit Antonius de Dominis, nach dessen Abb. in De radiis visus et lucis in vitris perspectivis et iride, die G näher beschreibt: Er fügt eine Figur hinzu, welche, wenn man sie recht versteht, das Phänomen in seinem Umfange und seiner Komplikation, wo nicht vollständig darstellt, jedoch sich demselben weit mehr nähert, als diejenigen einfacheren Figuren, welche Descartes teils aus ihm genommen, teils nach ihm gebildet. Übrigens wird sich in der Folge zeigen, daß eben dasjenige, was auf dem Grunde des durchsichtigen Körpers vorgeht, mit Linearzeichnung keinesweges dargestellt werden kann. Bei der Figur des de Dominis tritt überdies noch ein sonderbarer Fall ein, daß gerade diese 1
2
158
ERKLÄRUNG DER ZU GOETHES FARBENLEHRE GEHÖRIGEN TAFELN
März 16. 17.u. 18. 19. 30. Apr
[Jena] [Jena] [Jena] [Jena]
1810
Fernere Beschreibung der Tafeln. Beschreibung der Tafeln fortgesetzt. Erklärung der Tafeln 10 und II. 1 ) Abschluß der Tafeln.
3. (s. „Zur Farbenlehre": an Bertuch EGW 4, 576)
3.u.4. [Jena] Die Tafeln weiter durchgesehen. 5. [Jena] Die Tafeln geendigt. Deshalb mit Herrn Frommann gesprochen, und ihm das Manuscript übergeben. 13. [Jena, Sendung] An Hrn. Kupferstecher Müller, 25 Thaler für die Platten der Farbenlehre. 22. [Jena] An C. F. v. Reinhard (Br 21, 243): Die Tafeln und deren Beschreibung . . . alles Dinge die den Schwanz verlängern über den man so gut als über den Fuchs hinaus soll . . . 29. [Jena] Der zweyte Bogen von den Tafeln. 2 ) Mai 1. [Jena, Brief an] Hrn. Geheimen Rath Voigt . . . Correctur der Tafelnerklärung. Herr Frommann: über dieß Geschäft gesprochen . . . 1. [Jena] An C. G. v. Voigt (Br 21, 264): Meine Chromatika sind nun sämmtlich der Druckerey übergeben . . . wobey . . . Cartone auch nicht vergessen werden durften . . . 4. [Jena, nachmittags] Mit dem Buchbinder wegen der Tafeln. 3 ) 6. (s. „Zur Farbenlehre": an Frommann gD, EGW 4, 582)
7. [Jena, Brief an] Kupferstecher Müller, wegen 100 Abdrücken zur Farbenlehre. 4 ) sehr komplizierte Hauptfigur, die wegen ihrer Wichtigkeit viermal im Buche vorkommt, durch die Ungeschicklichkeit des Holzschneiders in ihren Hauptpunkten undeutlich und wahrscheinlich deshalb für die Nachfolger des Verfassers unbrauchbar geworden. Wir haben sie nach seiner Beschreibung wiederhergestellt und werden sie unter unsern Tafeln [als Tafel XV] beibringen ... (FA I 23.1, 699). Im Entwurf über den Regenbogen vom Vortag (vgl. „Zur Farbenlehre" 12. Jan 1810: Tgb, EGW 4, 564) heißt es: Antonius De Dominis bemerkt zuerst genau, was in jedem einzelnen Tropfen vor sich geht. \ Wir haben seine Darstellung im historischen Theil S. 260 übersetzt und der Figur, worauf sich seine Buchstaben beziehen die [Lücke; zu ergänzen: XV.] Tafel gegönnt (NS 5.2, 407). 1) Tafel 10 illustriert eine gegen G's Beyträge zur Optik gerichtete Rezension aus der JALZ (Nr. 31, 1792). Tafel 11 bezieht sich auf §§ 2 8 9 - 3 0 1 des Polemischen Teils (vgl. FA I 23.1, 1027-33). 2 ) Wohl nicht die Tafeln selbst, sondern ein Teil der Erklärung der ... Tafeln. Das Ms. hatte G am 5. Apr 1810 Frommann übergeben (s. dort). Bogen 2 umfaßt das Ende der Erklärung zur Tafel V (ab: weil die vertikalen Grenzen), den kompletten Text zu den Tafeln VI bis VIII u. einen Teil der Erklärung zu Tafel IX (bis: tabellarisch mit Worten ausdrücken-, FA I 23.1, 1020-24). 3 ) Nach GT IV 2 (im Druck) könnte der Buchbinder Joh. G. Lincke aus Jena sein. 4 ) Über die hier bestellten Ex. hinaus wurden die Kupfertafeln nach Bedarf gedruckt u.
1814
E R K L Ä R U N G D E R ZU G O E T H E S F A R B E N L E H R E G E H Ö R I G E N TAFELN
159
1814 März
8. (s. „Zur Farbenlehre" : Eichstädt an G gD, E G W 4, 6 5 9 ) 11. (s. „Zur Farbenlehre" : an Riemer g]D, E G W 4, 6 6 0 ) 12. (s. „Zur Farbenlehre" : an Eichstädt gD, E G W 4, 6 6 0 ) 12. (s. „Zur Farbenlehre" : Riemer an Frommann gD, E G W 4, 6 6 0 ) 30.
Mai
(s. „Zur Farbenlehre" : Rechnung g l), E G W 4, 6 6 0 )
2. (s. „Zur Farbenlehre" : an Eichstädt gD, E G W 4, 6 6 0 ) 6. (s. „Zur Farbenlehre" : Eichstädt an G gD, E G W 4, 6 6 0 )
1818 März 2 5 . (s. „Zur Farbenlehre" 31. Apr
(s. „Zur Farbenlehre"
2. (s. „Zur Farbenlehre"
an Frommann gD, E G W 4, 753) J. G. E. Müller an G gD, E G W 4, 753) an Frommann gD, E G W 4, 753)
10. (s. „Zur Farbenlehre" gD, E G W 4, 754) Mai
20.
(s. „Zur Farbenlehre"
J. G. E. Müller an G gD, E G W 4, 755)
Juni
13. (s. „Zur Farbenlehre"
J. G. E. Müller an G gD, E G W 4, 757)
24.
A. v. Goethe an G u. Rechnung gD, E G W 4, 758f.)
(s. „Zur Farbenlehre"
1819 Sept 17. (s. „Zur Farbenlehre": Frommann an Cotta gD, E G W 4, 770)
1821 3. (s. „Zur Farbenlehre" : Frommann an Cotta gD, E G W 4, 8 0 4 ) 21.
(s. „Zur Farbenlehre" Tgb, Notiz, an J. C. E. Müller u. an Kräuter gD, E G W 4, 804f.)
22.
(s. „Zur Farbenlehre" : A. V. Goethe an G gD, E G W 4 , 8 0 5 )
24.
(s. „Zur Farbenlehre" : an Schultz u. Tgb gD, E G W 4, 805f.)
26.
(s. „Zur Farbenlehre" : Vermerk A. v. Goethes gD, E G W 4, 8 0 6 )
29.
(s. „Zur Farbenlehre" : A. V. Goethe an G gD, E G W 4 , 8 0 6 )
30.
(s. „Zur Farbenlehre" : an Cotta gD, E G W 4, 8 0 6 )
4. 20.
(s. „Zur Farbenlehre" : an Frommann gD, E G W 4, 8 0 6 ) (s. „Zur Farbenlehre" : A. V. Goethe an G gD, E G W 4 , 8 0 7 )
illuminiert. Erst am 10. Apr 1 8 1 8 forderte G von Kupferstecher Müller weitere Abdrucke der Tafeln an.
160 Okt
E R K L Ä R U N G D E R ZU G O E T H E S F A R B E N L E H R E G E H Ö R I G E N TAFELN
1821
21. (s. „Zur Farbenlehre" Tgb u. an Kräuter gD, EGW 4, 807) 26. (s. „Zur Farbenlehre": Kräuter an G gD, EGW 4, 807)
Nov (s. „Zur Farbenlehre": Vulpius, Bescheinigung gD, EGW 4, 807f.) 8./10.
1822 März 22. (s. „Zur Farbenlehre": an Cotta gD, EGW 4, 810) Mai
16. (s. „Einleitung zu öffentlichen Vorlesungen . . . " : an Henning gD, EGW 3, 289)
1824 März
9. (s. „Zur Farbenlehre" : Frommann an G gD, EGW 4, 844) 11. (s. „Zur Farbenlehre" : an Froriep gD, EGW 4, 844) 12. (s. „Zur Farbenlehre" gD, EGW 4, 844) 13. (s. „Zur Farbenlehre" : an Frommann gD, EGW 4, 844f.) 15. (s. „Zur Farbenlehre" : an Kräuter gD, EGW 4, 845) 17. (s. „Zur Farbenlehre" : Frommann an G gD, EGW 4, 845) 31. (s. „Zur Farbenlehre" gD, EGW 4, 845)
Apr Mai
19. (s. „Zur Farbenlehre" : Frommann an Cotta gD, EGW 4, 846) 3. (s. „Zur Farbenlehre" Tgb u. an Frommann gD, EGW 4, 847) 7. (s. „Zur Farbenlehre" : Frommann an G gD, EGW 4, 848)
1825 Juli
6., 7., 10. u. 11.
(s. „Zur Farbenlehre" gD, EGW 4, 855)
15. (s. „Zur Farbenlehre": an Carl August gD, EGW 4, 856) Aug Okt
1. (s. „Zur Farbenlehre": Frommann an Cotta gD, EGW 4, 857) 10., 11. u. 12.
(s. „Zur Farbenlehre" gD, EGW 4, 859f.)
12.u. 30. (s. „Zur Farbenlehre": an Frommann u. Frommann an G gD, EGW 4, 860) Nov
1. (s. „Zur Farbenlehre": E. Lobe an G gD, EGW 4, 861) 3. (s. „Zur Farbenlehre": an Frommann gD, EGW 4, 861) 14. (s. „Zur Farbenlehre": Frommann an Cottasche Buchhandlung gD, EGW 4, 861)
1826 Jan
16. (s. „Zur Farbenlehre": Frommann an Cottasche Buchhandlung gD, EGW 4, 863) WZ
1774
E R K L Ä R U N G IN LAVATERS NAMEN
161
[Erklärung in Lavaters Namen] 1 ) E
1774 Sept Mitte
D
Journal in Frankfurt am Mayn, J g 1774, Nr. 153 (24. Sept). - GJb 1907, 208f. - JG 2 4, 330 ( Für Lavater verfaßte Erklärung). - W 53, 156f. - FA I 18, 141 (Für Lavater verfasste Erklärung). - MA 1.2, 456 (Titel wie FA).
Z
1774
[Aug [Frankfurt] An Lavater (Br 3, 148f.): Lieber Lavater, eine Bitte! Benach schreibe mir mit der Aufrichtigkeit eines Christen, aber ohne Beschei16.]2) denheit - Gerechtigkeit ist gegen die was Gesundheit gegen Kränklichkeit - deine ganze That wider den Landvogt Grebel, was deine Schrift oder Rede veranlaßt, was darauf erfolgt ist 3 ) - Plutarchisch, damit ich dich mit deiner That messe, du braver Geistlicher! Du theuerer Mann! Eine solche That gilt hundert Bücher, und wenn mir die Zeiten wieder auflebten, wollt' ich mich mit der Welt aussöhnen. Schreib mirs ganz, ich beschwöre dich - um deinetwillen. Sept
1. [Zürich] Lavater an G 4 ) (Zentralbibliothek Zürich FA Lav. Ms 589.1.18): 5 ) N a c h r i c h t . | Es ist in dem Stücke dieses J o u r n a l s unmittelbar nach der Anzeige einiger neuerlich herausgekommenen Predigten von mir - zugleich eine Zuschrift, Der b e s i e g t e L a n d v o g t angekündigt und feilgebotten worden. Die Zusammensetzung dieser zumahl verkäuflicher Artikel hat Leüthe in und außer meinem Vatterlande, auf die Gedanken gebracht, daß das leztere Werk ebenfalls von mir herrühren, oder wenigstens mittelbar durch meine Betreibung, Aufforderung, Manuscriptleihung u. s. w. veranstaltet und publizirt worden seyn mögte. | Ich kann schlechterdings nicht änderst, als diesen mir unerträglichen Verdacht von mir ablehnen, und ich bezeuge hiermit - (unter der feyerlichsten und flehentlichsten Beschwörung, mich der Unwahrheit öffentlich anzuschuldigen wenn auf Gottes großem Erdboden jemand ist, der die mindeste Spur ) Der nicht mehr auffindbare ED im Journal in Frankfurt am Mayn, J g 1774, Nr. 153 (24. Sept) lag Max Morris noch vor, als er 1907 die Erklärung mit der Erläuterung Eine von Goethe in Lavaters Namen verfaßte öffentliche Erklärung aber ohne Titel im GJb 1907, 208f. veröffentlichte. 2) Am 16. Aug 1774 zeigte das Journal in Frankfurt am Mayn (Nr. 131) mit neuen Predigten Lavaters auch die ältere anonyme Schrift Der von Johann Kaspar Lavater glücklich besiegte Landvoigt Felix Grebel (Arnheim 1769) an. Das weckte G's starkes Interesse an dem lange zurückliegenden Unternehmen Lavaters gegen den Landvogt, worüber auch DuW Buch 12 (AA-DuW 1, 442) u. Buch 14 (AA-DuW 1, 501f.) berichtet. 3) Lavater hatte den Landvogt von Grüningen zahlreicher Vergehen überführt u. mit seiner Klageschrift Der ungerechte Landvogd oder Klagen eines Patrioten (Lindau 1762) zu dessen Verurteilung 1763 beigetragen. 4) Um sich von der Verfasserschaft der angezeigten Schrift zu distanzieren, verfaßte Lavater die Nachricht, die G einrücken sollte. In einem nicht überlieferten Brief äußerte G wohl kritische Bedenken gegenüber Lavaters Erklärung u. verfaßte stattdessen eine andere in dessen Namen. 5) Teildruck GJb 1901, 256 u. SchrGG 16, S. 390f. Für die Bereitstellung der hier erstmals vollständig abgedruckten Hs. sei Marlis Stähli (Zentralbibliothek Zürich) gedankt. 1
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E R K L Ä R U N G IN LAVATERS NAMEN
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von dem G e g e n t h e i l zu wißen a u c h n u r m e y n e n sollte) ich bezeuge, sag' ich, m e i n h e r z l i c h s t e s M i ß f a l l e n - über die Existenz dieser in mehr, als Einer Absicht fehlerhaften und unrichtigen Schrift - besonders aber über die wiederhohlte Feilbietung derselben, nachdem ich bereits bey ihrer ersten Herauskunft alles gethan zu haben glaube, dieselbe zu unterdrücken, am meisten aber über die äußerst fatale Zusammensetzung besagter Artikel. Ich kann vor Gott und Menschen nichts sagen, als Ich bin an diesem allem so unschuldig, als mein Kind - u n d i c h m u ß , u n d w i l l w a r t e n , bis die Fürsehung entscheiden wird, das ichs bin. | Es ist um so viel wichtiger für mich, den Verdacht, als ob ich auch nur den mindesten Antheil an der Bekanntmachung dieser Schrift habe, so weit wie möglich von mir entfernt zu wißen, da meine Feinde außer und besonders in meinem Vatterlande - die, Gott weiß mit welchem Herzen, unaufhörlich bemüht sind, eine durchaus falsche Anekdote nach der andern mit einer für meine wenige Menschenkentniß beyspielloßen Dreistigkeit und einem mir unerklärbaren Muthwillen, von mir herumzuerzählen, zuschreiben, und so gar drucken zu laßen - da diese von mir niemals beleidigte Feinde, theils vermuthen lassen, theils ausdrücklich behaupteten - das die Herausgabe dieser Schrift mein Werk, oder meine Veranstaltung sey. Ich gestehe, daß ich dieser Art zu urtheilen keinen Namen weiß? daß ich es, um gelinde zu reden, nicht für einen Beweis von v o r z ü g l i c h e r W e i s h e i t und M e n s c h e n k e n t n i ß ansehen kann, daß man mir die unaussprechliche D u m m h e i t , U n m e n s c h l i c h k e i t u n d B a r b a r e y zuschreiben kann, mit einigen P r e d i g t e n , zumal von s o l c h e m Inhalte, zugleich eine Schrift herauszugeben, deren H e r a u s g a b e , wenn sie durch meine Veranstaltung geschehen wäre, - bey dieser Zeit, und nach solcher Verjährung der Sache, die förmlichste Wiederlegung dieser Predigten wäre. - Wer die Mühe nehmen mag, sich nur Einen Augenblik in meine vatterländische Lage zuversezen, und nur so viel von mir weiß, oder nur so viel mir zutraut, daß i c h k e i n e i n g e f l e i s c h t e r S a t a n b i n , wird es unmöglich finden, daß ich der Unmenschlichkeit fähig sey, die rechtschaffnen und in mancher Absicht respektablen Verwandten des unglüklichen, auf die sich diese fehlervolle Scharteke bezieht, zumal da diese niemals die mindeste Feindseligkeit gegen mich geaüsert haben, welches ihnen doch leicht zu vergeben gewesen wäre - durch Publizirung derselben aufs neüe, ohne alle menschliche Absicht, tödtlich zu verwunden. Sept
3. [Zürich] Lavater an J. K. Goethe (GJb 1900, 109): In der Angelegenheit, deren in dem Briefe an Ihren Sohn Erwähnung geschieht, bitt' ich mir auch ihren Rath aus. Laßen Sie Ihn nur das thun, was Sie thunlich finden - Die Sache wird sich nun bald legen.
Sept [Zürich] Lavater an G (HA-BaG 1, 35): Ob das Ding wegen Grebel in den Journal Mitte gedruckt werde, ist m i r an sich ziemlich gleich - aber - aber! Meine Herrn werden denken, ich habe sie zum beßten; denn förmlicher Auftrag ists doch, so was (und dies hat der Präses der Zensur gelesen u. gebilligt) drucken zu lassen. Setze dich genau in meine Situation u. entscheide, oder schreib mir einen z e i g b a r e n umständlichen Brief, den der Präses lesen muß. - Der geradeste Weg aber wär, es laufen zulaßen. 23. [Frankfurt] J. K. Goethe an Lavater (GJb 1899, 251): Der d . . Soloecismus steht nun bloß, und ist dadurch das Publikum des nähern unterrichtet, er mag auch dagegen einwenden was er wolle. Es mußte jeden vor der neuen Aufstellung des längst bemosten Vorgangs grauen. Ein schwacher Freund ist oft schädlicher als ein starker Feind. Das vernünftige Publicum braucht wenig Belehrung und dem unvernünftigen steht das: plus est in veritate quam in oppinione entgegen. Mögten Sie doch nun ganz ruhig wachen und schlafen.
[24.p) [Frankfurt] An Lavater (Br 2, 259): Hier ist der Journal. 2 ) Lieber hätt ich nichts eingerückt. Da es aber einmal seyn sollte; so glaub ich den ) Datiert nach FA II 1, 398. ) Zwei Tage nach der Veröffentlichung von G's Verlautbarung erschien im Journal Mitteilung, daß die Verkaufsanzeige ohne Lavaters Wissen erfolgt sei.
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die
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rechten Ton getroffen zu haben. Du magst bedencken, welche Würckung deine mir gesendete Nachricht [vom 1. Sept] auf das hiesige Publikum würde gemacht haben. Ich hoffe die Sache soll nun ruhen, und vors künftige bitt ich dich weniger empfindlich zu seyn. So lang du lebst und würckst, wirst du nicht vermeiden mißverstanden zu werden, darauf mußt du ein vor allemal resigniren. S e p t 30. [Zürich] Lavater an G (SchrGG 16, 41): Wie kann ich, Bruder, genug schreiben und stark genug danken, für die weise, sanfte Nachricht in dem Frankfurter Journal. Ich that, mit meiner Hitze, und Gewaltsamkeit! Trage mich! besere mich, ich will mich besern laßen. Okt
1. [Zürich] Lavater an G (SchrGG 16, 42): Warnungen gegen schnelle Empfindlichkeit hab' ich sehr nöthig, aber gewiß in dem Fall, bey deßen Anlaß du die Warnung giebst, affektirte ich in dem Brief an dich, u. der Nachricht, zehnmal mehr, als ich hatte; Eigentlich glaubt' ich, es würde so nicht gedrukt werden, nur die Gensur wollt' ich dieß lesen laßen; Gewiß den nächsten Posttag wollt' ich dir schreiben, es sanfter zumachen, u. da ließ ich's aus Nonchalance u. Zutrauen zu deiner Klugheit seyn.
UH
[Erklärung über Heinrich Leopold Wagner: Prometheus, Deukalion und seine Recensenten] 1 )
E
1775 Apr 9.
D
Einblattdruck (1775, ohne Titel). 2 ) - F g A Nr. 32, 21. Apr 1775, 274. - W 38, 4 2 2 ; Br 2, 2 5 5 (ohne Titel 3 )). - J G 3 5, 2 0 0 (Öffentliche Erklärung). - MA 1.2, 490f. ( Ö f f e n t l i c h e Erklärung). - F A I 18, 173 ( Gelehrte Nachricht (zu Wagners ,Prometheus')).
Z
1775 Dichtung und Wahrheit Buch 15 4 ) (AA-DuW 1, 536f.): Aber auch hier entsprang aus Neigung und gutem Willen eine mir höchst unangenehme Folge: denn kurz darauf 5 ) erschien eine Flugschrift, P r o m e t h e u s ) Klarstellung, mit der G bestreitet, Verf. der anonym im Frühjahr 1775 in Frankfurt (mit unechten Ortsangaben) erschienenen Literatursatire Prometheus, Deukalion und seine Recensenten zu sein (Neudruck: Kürschners Deutsche Nationalliteratur 80, (im Mythos Prometheus' Sohn) für 3 5 9 - 8 0 ) . Dort steht Prometheus für G, Deukalion Werther. Da die R'erfAer-Rezensenten persifliert werden, bes. Wieland u. der Teutsche Merkur, u. der Titel auf G's Götter, Helden und Wieland anspielt, hielten Wieland u. a. G für den Verf. 2) Druck von G selbst veranlaßt; Druckerei nicht mehr zu ermitteln; s. Abb. V. 3) Titel nach W 55, 5 8 5 (Inhaltsverzeichnis). 4) Geschrieben 1813 März/Apr. 5) Der Begegnung mit den Weimarer Prinzen Carl August u. Constantin in Mainz, die nach dem Erscheinen von G's Götter, Helden und Wieland eine Versöhnung mit Wieland anbahnen sollte. 1
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ERKLÄRUNG ÜBER H E I N R I C H LEOPOLD WAGNER
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u n d s e i n e R e c e n s e n t e n , gleichfalls in dramatischer Form. Man hatte darin den neckischen Einfall ausgeführt, anstatt der PersonenNamen, kleine Holzschnitt-Figuren zwischen den Dialog zu setzen, und durch allerley satyrische Bilder diejenigen Critiker zu bezeichnen, die sich über meine Arbeiten und was ihnen verwandt war, öffentlich hatten vernehmen lassen. Hier stieß der Altonaer Postreiter ohne Kopf ins Horn, hier brummte ein Bär, dort schnatterte eine Gans; der Merkur war auch nicht vergessen, und manches wilde und zahme Geschöpf suchte den Bildner in seiner Werkstatt irre zu machen, welcher aber, ohne sonderlich Notiz zu nehmen, seine Arbeit eifrig fortsetzte und dabey nicht verschwieg, wie er es überhaupt zu halten denke. Dieser unerwartet hervorbrechende Scherz fiel mir sehr auf, weil er dem Stil und Ton nach von Jemand aus unserer Gesellschaft seyn mußte, ja man hätte das Werklein für meine eigene Arbeit halten sollen. Am unangenehmsten aber war mir, daß Prometheus Einiges verlauten ließ, was sich auf den Maynzer Aufenthalt und die dortigen Aeußerungen bezog, und was eigentlich Niemand als ich wissen sollte. Mir aber bewies es, daß der Verfasser von denjenigen sey, die meinen engsten Kreis bildeten und mich jene Ereignisse und Umstände weitläuftig hatten erzählen hören. Wir sahen einer den andern an, und Jeder hatte die übrigen im Verdacht; der unbekannte Verfasser wußte sich gut zu verstellen. Ich schalt sehr heftig auf ihn, weil es mir äußerst verdrießlich war, nach einer so günstigen Aufnahme und so bedeutender Unterhaltung, nach meinem an Wieland geschriebenen zutraulichen Briefe1) hier wieder Anlässe zu neuem Mißtrauen und frische Unannehmlichkeiten zu sehen. Die Ungewißheit hierüber dauerte jedoch nicht lange: denn als ich in meiner Stube auf und abgehend mir das Büchlein laut vorlas, hörte ich an den Einfällen und Wendungen ganz deutlich die Stimme Wagners, und er war es auch. Wie ich nämlich zur Mutter hinunter sprang, ihr meine Entdeckung mitzutheilen, gestand sie mir, daß sie es schon wisse. Der Autor, beängstigt über den schlimmen Erfolg bey einer, wie ihm däuchte, so guten und löblichen Absicht, hatte sich ihr entdeckt und um Fürsprache gebeten, damit meine ausgestoßene Drohung, ich würde mit dem Verfasser, wegen misbrauchten Vertrauens, keinen Umgang mehr haben, an ihm nicht erfüllt werden möchte. Hier kam ihm nun sehr zu statten, daß ich es selbst entdeckt hatte und durch das Behagen, wovon ein jedes eigene Gewahrwerden begleitet wird, zur Versöhnung gestimmt war. Der Fehler war verziehen, der zu einem solchen Beweis meiner Spürkraft Gelegenheit gegeben hatte. Indessen war das Publikum so leicht nicht zu überzeugen, daß Wagner der Verfasser sey, und daß ich keine Hand mit im Spiel 1
) Nicht erhalten. Doch weiß man durch G's Brief an Sophie v. La Roche, 22. Dez 1774 (Br 2, 217), von G's Mainzer Brief an Wieland u. dessen versöhnlicher Antwort.
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gehabt habe. Man traute ihm diese Vielseitigkeit nicht zu, weil man nicht bedachte, daß er alles was in einer geistreichen Gesellschaft seit geraumer Zeit bescherzt und verhandelt worden, aufzufassen, zu merken und in einer bekannten Manier wohl darzustellen vermochte, ohne deshalb ein ausgezeichnetes Talent zu besitzen. Und so hatte ich nicht allein meine eigenen Thorheiten, sondern auch den Leichtsinn, die Uebereilung meiner Freunde dießmal und in der Folge sehr oft zu büßen. März 22.
[Düsseldorf] F. H. Jacobi an Wieland (Brüggen - Sudhoff I 2, 6f.): Liebster Wieland, liebster Bruder, wie in aller Welt ist es möglich, daß Sie nur einen Augenblick haben glauben können, Göthe sey der Verfasser des Prometheus? 1 ) Ich wüßte mir so etwas unter gar keiner Bedingung, sie möchte seyn, welche sie wollte, vorzustellen, und bin deswegen auch nicht im Stande, das Mindeste darüber zu reden. Die Unmöglichkeit ist mir so auffallend, daß mir ganz schwindlicht wird, wenn ich nur einen Augenblick versuche, das Gegentheil zu denken.
Apr
[Frankfurt] An Johanna Fahimer (Br 2, 257): Hier ist Prometheus 2 ) . . . [Frankfurt] An Johanna Fahimer (Br 2, 253): Ich dancke liebe Tante für den Brief von Fritz [Jacobi 3 )] er ist lieb und gut wie immer - nur hab ich ihm noch nicht geschrieben, werd auch keinem Menschen über die Sache was schreiben. Werde mir auch um den Autor keine Mühe geben, noch euch auf die Spur helfen. Das Publikum mag von mir dencken was es will - der Trumpf womit Wielands Brief schliest, 4 ) thuts ihm gar nicht! über einen grosen Theil der Epistel hab ich gelacht, und über das Ende die Nase gerümpft.
Apr [Auf.]
[Weimar] Wieland an T. Ph. Frh. v. Gebler (Wieland BriefeAA 5, 350): Vermuthlich ist Euer Hochwohlgeboren auch die Scarteque: P r o m e t h e u s , D e u k a l i o n und s e i n e R e c e n s e n t e n zu Gesichte gekommen? - Das Ding macht lachen. Durch ganz Deutschland wird es Göthen zugeschrieben; ein gemeinschaftlicher Freund [F. H. Jacobi] versichert mich a u f s Heiligste, daß Göthe an dieser Pasquinade nicht nur ganz und gar keinen Antheil habe, sondern auch sehr ungehalten darüber sey, daß man ihm ein so schurkisches Produkt zur Last lege. (ED datiert: Frankfurt, am 9. April 1775.) [Weimar] Wieland an F. H. Jacobi (Wieland BriefeAA 5, 354): Daß er den Prometheus nicht gemacht habe, will ich glauben, weil Sie es so gänzlich überzeugt sind, und weil ich es gern glaube. Sie sollen nichts weiter von mir über diese Materie hören.
) Bezieht sich auf einen nicht erhaltenen Brief Wielands an Jacobi. ) Wohl auf Wagners Prometheus, Deukalion und seine Recensenten bezüglich; vgl. Br 7, 4 6 4 u. Graf IV 2, 69. 3) Nicht erhalten. Jacobi hielt von Anfang an G's Verfasserschaft für unmöglich; vgl. oben Jacobi an Wieland, 22. März 1775. 4) Ein nicht erhaltener Brief Wielands an F. H. Jacobi, in dem Wieland offenbar angedeutet hatte, daß die G zugeschriebene Satire in Weimar unangenehme Folgen für ihn haben könnte, da sie Einzelheiten über sein Zusammentreffen mit den Weimarer Prinzen im Dez 1774 in Mainz enthielt, die nur G bekannt sein konnten. 1
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11. [Usingen] H. G. v. Bretschneider an G. F. Nicolai (BG 1, 325): Goethe, der den P r o metheus' verleugnet und sich sogar gegen mich selbst so erniedrigte, daß er sagte: „die Kanaille, die ihn verfertigt habe, sei sehr fürsichtig zu Werke gegangen", ist mit Deinet gar sehr über den Fuß gespannt, denn die Gans ist Deinets werte Person. Ich könnte Goethen am besten überweisen, wenn ich Lust und Beruf dazu hätte, denn ich weiß den Formschneider zu Offenbach, der die Figuren für ihn geschnitten hat. 12. [Straßburg] J. D. Salzmann an Knebel (Bode 1, 116): An Goethe werde ich übermorgen
schreiben, und ich denke nicht übel zu tun, wenn ich ihm Ihre und Ihres besten Prinzen [Constantin?] Empfindung über seine Satire [ Prometheus, Deukalion und seine Recensenten] ganz mitteile. Er ist, wie Sie wissen, jung und mutwillig, und vielleicht wird ihn dieses vorsichtiger machen. Doch kann ich nicht umhin, ihn in etwas zu rechtfertigen. Herr Wieland verdient allerdings, einen Herzog von Sachsen zum Gönner und Sie, bester Mann, zum Freunde zu haben; allein können Sie nicht auch ein wenig parteiisch sein? Der tiefsehende Goethe ist ein unbestechlicher Richter . . . Goethe hat sich gewiß nie einfallen lassen, daß Ihro Durchlaucht oder Sie eine Intrige zugunsten Herrn Wielands spielen wollten; allein er konnte denken, daß dieser letztere nicht ohne Absicht gehandelt, da er eine für Goethen so wünschenswerte Bekanntschaft veranlaßt hat.
13. [Hannover] J. G. Zimmermann an Herder (Herders Nachlaß I 2, 348f.): Ich sollte den „Prometheus" nicht gelesen haben, ich, der über dem Schwall von dummen Urtheilen über „Werthers Leiden", die bei Gott in Hannover beinahe aus jedem Mund gingen, Gift und Galle gespieen habe! Gegen den einzigen Nicolai scheint mir darin Goethe ungerecht. Sonst hat er allen seine Gegner darin bis auf die Knochen gebrannt, nämlich seine gedruckten Recensenten. Hätte er aber die Urtheile unserer hiesigen Ochsen und Esel gewußt (die noch zehntausendmal dummer sind), so hätte er mit Galigula geschrieen: Utinam una cervix [wenn sie doch einen Nacken hätten] - und ich hätte mögen den Hieb thun.
14. [Frankfurt] An Knebel (Br 2, 255): Ich vermuthe dass Sie was von der mit. Weiter mag ich Sache wissen drum schick ich das [die Erklärung drüber nichts sagen. 1 ) 15. [Frankfurt] An Klopstock (Br 2, 256): Hier, lieber Vater, ein Wörtchen ans Publicum [die Erklärung], ich ging ungern dran, doch mußts seyn ... N.B. Der W a g n e r , von dem das Blättchen sagt, ist eben die Personage, die Sie einen Augenblick auf meiner Stube des Morgens sahen, er ist lang, hager. Sie standen am Ofen. 18. [Gießen] L. J. F. Höpfner an H. Chr. Boie (Bode 1, 118): Goethe versicherte, daß er nicht einmal wußte, wer den „Prometheus, Deukalion und seine Rezensenten" gemacht habe. Endlich kommt Wagner, der Verfasser der „Konfiskablen Erzählungen", zu Goethe und sagt: „Ich hab's getan." Ich weiß nicht, was ich davon denken soll. Die Erzählungen sind zu mittelmäßig und „Prometheus" zu gut, als daß einer beide gemacht haben könnte, wenigstens glaube ich's nicht. Ist's indessen wahr, nun, so haben wir wieder ein Exempel, das uns lehrt, an keinem jungen Autor zu verzweifeln und ihn wegen seiner ersten mittelmäßigen Versuche anzugreifen; zweitens einen Beweis, in welchem hohen Grad ein Schriftsteller den Ton eines anderen anzunehmen imstande und wie trüglich das Argument von der Gleichheit, auch der vollkommensten, des Stils auf die Identität der Verfasser ist.
Handschriftlich auf dem für Knebel bestimmten Einblattdruck; s. Abb. V.
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21. [Weimar] Wieland an Gleim (Wieland BriefeAA 5, 361): Sie schon bekommen, das er an seine Freunde herumschikt, um zu sondern ein gewisser Leopold Wagner, Verf. der Gonfiscabeln metheus - gekakt habe. Wollen'm den G'fallen thun und thun
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haben doch das Billet declariren, daß nicht er Erzählungen, den Proals ob wirs glauben.
28. [Usingen] H. G. v. Bretschneider an G. F. Nicolai (Bode 1, 120): Goethe hat den „Prometheus" auf einen gewissen Wagner geschoben, den ich kenne und der dazu ganz unfähig ist, sich aber große Ehre daraus macht, dadurch bekannt zu werden; der arme Teufel braucht auch Geld. In Offenbach kann man erfahren, wer die Holzschnitte dazu bestellt hat, und das war Goethe. Mai
2. [Gießen] L. J. F. Höpfner an G. F. Nicolai (BG 1, 487): Wagner, der Verfasser der confiscablen Erzählungen, hat sich bey Goethe als Verfasser des Prometheus und Deukalion angegeben. Goethe glaubt, daß ers sei. 6. [Leipzig] G. F. Nicolai an Merck (Bode 1, 121): Oder wollen Sie sich nur nicht gern, entweder über die „Freuden Werthers" oder über die Folgen desselben, über den „Prometheus" [von Wagner], sich gegen mich erklären? . . . Ich bin dadurch [durch den Prometheus] nicht einen Augenblick unmutig geworden; wüßte auch nicht warum, da mich nichts trifft. 6. [Darmstadt] Merck an G. F. Nicolai (SBB PK, Nachlaß Nicolai Bd. 49): Wäre ich bey Goethe u. nicht Jakobi bey ihm gewesen, so will ich hoffen, daß der Lärm nicht so laut geworden seyn würde. Er scheint indessen die Folgen schon zu empfinden, weil er sogar gegen mich als Herzensfreund auf Ehre u. Treue leugnet, daß er der V.[erf.] des Prometheus sey. Aus einer gedrukten Erklärung werden Sie gesehen haben, daß ein gewisser W a g n e r der V. davon ist, ob ichs gleich nicht glaube.
Juni
15. [Braunschweig] J. M. Miller an J. H. Voß u. M. Claudius (BSB München, Vossiana 50): Man hält hier Göthen, ungeachtet seiner Erklärung, durchgängig für den Verfasser des Prometheus.
Juli
16. [Wetzlar] J. M. Miller an J. H. Voß (BG 1, 326): Nach seiner [Klingers] Versicherung muß ich nun gewiß glauben, daß Wagner ohne Goethens Vorwissen den Prometheus gemacht hat.
Sept
8. [Düsseldorf] W. Heinse an Gleim (Bode 1, 135f): Daß Goethe Götterkraft hat in seinem Wesen, weiß jedermann . . . Nur bitt ich Sie, nicht mehr zu glauben, daß er das Ding gemacht: „Prometheus und Deukalion p . " Ich bin von dem Gegenteil überzeugt wie von meinem Leben. Mein liebster unter meinen jungen Freunden, Diehl, der sich zu Frankfurt aufhält, kennt den Menschen Wagner, der es gemacht hat und auch zu Frankfurt lebt, und weiß es gewiß, daß er es gemacht hat. Er schreibt mir von ihm: „Seine Gesichtsbildung ist mehr faunisch als natürlich oder menschlich, und zum Aushöhnen ist er geboren; ich möchte nicht mit ihm umgehen, viel weniger Freund von ihm sein" pp. Und was müßte Goethe für ein Mensch sein, wenn er sich und seine Ehre einem solchen anvertrauen könnte? Es ist nicht möglich! Und dann ist selbst in dem Stücke kaum Goethens Manier in Knittelversen, geschweige sein Geist. Ich habe von Goethen eine Ode des Prometheus gelesen: da ist Prometheus was anders als der Wagnerische, dessen ganze Allegorie überhaupt abgeschmackt und wahrer Unsinn ist. Goethens „Götter, Helden und Wieland" ist dagegen, was eine Rotte afrikanischer Löwen gegen ein Dutzend Esel in deren Häuten ist.
Okt
27. [Weimar] Wieland an Lavater (Wieland BriefeAA 5, 430f.): Ich möchte wohl wünschen, daß Sie mich genug liebten um mir . . . Ihres Herzens Gedanken über das Herz und den Charakter dieses außerordentlichen Sterblichen [G] zu sagen. Unterdessen verlangt mich zu sehen, ob ich durch persönliche Bekantschaft so weit kommen werde, besser als izt zu wissen, was ich von dem Manne denken soll, der, als Shakespears Nebenbuler so groß ist, und doch fähig war, o h n e d u r c h e i n e n G e d a n k e n v o n m i r b e l e i d i g t z u s e y n , in so bößartigen Pasquinaden als G ö t t e r H e l d e n u n d W i e l a n d
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und P r o m e t h e u s ist (denn es ist g e w i ß , daß er auch diesen gemacht hat) alles anzuwenden, um mich meinen Zeitgenossen verächtlich zu machen. Nov
[Zürich] Lavater an Wieland (Wieland BriefeAA 5, 4 3 6 ) : Eh ich wußte, daß W a g n e r 8./9. Verf. war, sagt's ihm selbst - „ G o e t h e s u n w ü r d i g ! " - Liebster Wieland, Sie irren sich gewiß, wenn Sie Goethe für den Verfaßer des Prometheus halten.
PK
Erklärung und Bitte 1 ) E
1821 Mai 16. / Juni 20.
D
KA III 2 ( 1 8 2 1 ) 186. - W 4 1 . 1 , 3 5 0 . - MA 13.1, 5 1 6 . - FA I 21, 2 0 3 .
Z
1821
Mai 16. An ? (Konzept; 2 ) Br 34, 241): Seit mehreren Jahren genieß ich glücklicher Weise des Vertrauens meiner lieben Landsleute, daher erhalte ich öftere Sendungen und Anfragen von wohldenkenden, talentreichen, strebenden, jüngeren und älteren Personen. So wie es nur geschehen konnte, habe gern darauf erwidert; nun aber vermehrt sich dieses Wohlwollen, indem sich die Kräfte vermindern; Einzelnen zu antworten wird mir ganz unmöglich. Weil aber diese Sendungen und Fragen meistens von schöner Bedeutung sind, so erregen sie Gedanken und Empfindungen, die ich wohl mitzutheilen wünschte. Ich werde daher in meinen Heften Kunst und Alterthum, nicht weniger zur Morphologie und Naturwissenschaft, dergleichen niederlegen und ersuche meine unbefriedigten werthen Correspondenten, sich darin umzusehen 3 ) . . . Juni 20. An J. C. Wesselhöft (Konzept; Br 34, 291): . . . schicke zugleich einiges Manuscript zu den letzten Bogen Kunst und Alterthum, wie es allenfalls hinreichend seyn könnte; sollte jedoch noch etwas fehlen, so möchte das Blatt: Erklärung und Bitte überschrieben, allenfalls noch hinzugefügt werden. 20. An Herrn Wesselhöfts Druckerey . . . Manuscript zu Kunst und Alterthum . . . Nachtrag: Erklärung und Bitte. Juli
8. (s. „Ueber Kunst und Alterthum": Frommann an G, Tgb u. an Frommann gD)
PL 1)
Öffentliche Erklärung des durch allzu viele Sendungen u. Anfragen überforderten Hsg. von KA. 2) Dieses Briefkonzept an Unbekannt bildete die leicht veränderte Textgrundlage für ED. 3 ) Das Folgende, nicht mehr in ED Berücksichtigte, s. in „Kannegießer: Uber Goethes Harzreise . . . " gD.
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E R L Ä U T E R U N G ZU DEM A P H O R I S T I S C H E N AUFSATZ „ D I E NATUR"
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[Erläuterung zu dem aphoristischen Aufsatz „ D i e Natur"] 1 )
E
1828 Mai 24.
D
C 1 50 (1833) 251ff. - NS 11, lOff. - LA I 11, 299f. - FA I 25, 81f. - MA 18.2, 358ff.
Z
1828
Mai
19. [Weimar] F. v. Müller an Henriette v. Beaulieu-Marconnay (Unterhaltungen 347): Der Grosherzog hat mir seit gestern die Briefschaften seiner Mutter und seine eigne Correspondenz mit Goethe, Herder, Wieland p. anvertraut, um sie zu durchgehen und zu ordnen. Dies ist ein unaussprechlicher Genuß! welche Schätze . . .
23. [Nachmittags] Herr Canzler von Müller brachte einen merkwürdigen naturphilosophischen Aufsatz aus der brieflichen Verlassenschaft der Frau Herzogin Amalie. Frage: ob er von mir verfaßt sey? 2 ) 24. Ich diktirte Bemerkungen über den gestrigen Aufsatz und dachte manches durch in Bezug auf das Folgende. 24. (Handschrift datiert: Weimar, 24. Mai 1828) 25. [Weimar] F. v. Müller (Unterhaltungen 276): Vorstehender Aufsatz, ohne Zweifel von Göthe, wahrscheinlich für das Tiefurter Journal bestimmt, von Einsiedeln dazu mit Nr. 3 bezeichnet, und also etwa aus den ersten 80ger Jahren, jedoch vor der Metamorphose der Pflanzen geschrieben, wie G. selbst mir die Vermuthung äußerte, war mir am 24. May 1828 von ihm communicirt . . . Da er ihn drucken lassen wird, so habe ich kein Bedenken gefunden, ihn vorläufig abzuschreiben. | G drückt sich sehr anmuthig darüber aus. Er nannte es ein Gomparativ, der auf ein Superlativ hindeute, der ihn noch nicht bringe. Der Verfasser befindet sich b e s s e r dran als ein Philister. Er ist w e i t e r ; aber es fehlt noch die Vollendung. 25. [Weimar] Riemer Tagebuch (JbSK 1924, 49): Goethe drückte sich sehr anmutig darüber aus. Er nannte es einen Komparativ, der auf einen Superlativ hindeute, aber ihn noch nicht bringe. Der Verfasser befindet sich besser dran als ein Philister. Er ist weiter, aber es fehlt ihm noch die Vollendung. | Nach einem [späteren] Gespräch . . . bekennt sich Goethe nicht mit voller Überzeugung ganz dazu, und auch mir hat geschienen, daß es zwar seine Gedanken, aber nicht von ihm selbst, sondern per traducem niedergeschrieben. Die Handschrift ist Seidels, des nachherigen Rentbeamten, und da dieser in Goethes Vorstellungen eingeweiht war und eine Tendenz zu solchen Gedanken hatte, so ist es wahrscheinlich (wie mir aus dem Schlüsse zumal beigehen will, der eine subalterne Rolle andeutet), daß jene Gedanken als aus Goethes Munde kollektiv von ihm niedergeschrieben. Auch Serenissimus, der diesen Aufsatz aus dem Nachlaß der Her-
) Titel von Eckermann; s. F. v. Müller an Eckermann u. Eckermann an F. v. Müller 20. März 1833 (QuZ 3, 176f.). 2 ) Der mit dem Ausruf Natur! einsetzende Aufsatz erschien Ende 1782/Anf. 1783 u. d. T. Fragment im Journal von Tiefurt 32. Stück. Schon damals erklärte G, nicht der Verf. zu sein (an Knebel 3. März 1783; Br 6, 134). Gh. v. Stein gab als Verf. den Schweizer Theologen G. G. Tobler an (Gh. v. Stein an Knebel 28. März 1783; Br 6, 440). G hatte ihn 1779 in Genf kennen gelernt, Mai/Nov 1781 hielt er sich in Weimar auf. Dazu H. Funck: Georg Christoph Tobler, der Verfasser des pseudogoethischen Hymnus Die Natur. In: Zürcher Taschenbuch auf das Jahr 1924, NF 44 (1924) 7 1 - 9 7 . 1
170
E R L Ä U T E R U N G ZU D E M A P H O R I S T I S C H E N AUFSATZ „ D I E N A T U R "
1828
zogin Amalie an Goethen dieser Tage mitgeteilt, soll einer ähnlichen Meinung sein, nämlich daß der Aufsatz von Seidels Hand und Auffassung herrühre. Mai
30. [Weimar] F. v. Müller (Unterhaltungen 276): Nach einem Gespräch (den 30. May 1828) bekennet sich G. nicht mit voller Uberzeugung ganz dazu; und auch mir hat geschienen, daß es zwar seine Gedanken aber nicht von ihm selbst sondern per traducem niedergeschrieben. Die Handschrift ist Seidels, des nachherigen Rentbeamten, und da dieser in Goethes Vorstellungen eingeweiht war, und eine Tendenz zu solchen Gedanken hatte, so ist es wahrscheinlich (wie mir aus dem Schluße zumal beygehen will, der eine subalterne Rolle andeutet) daß jene Gedanken als aus Goethes Munde collectiv von ihm niedergeschrieben. Auch Serenissimus, der diesen Aufsatz aus dem Nachlaß der Herzogin Amalie an Goethen dieser Tage mitgetheilt, soll einer ähnlichen Meinung seyn, nämlich daß der Aufsatz von Seidels Hand und Auffassung herrühre.
Juli
14. [Weimar] F. v. Müller an G. F. v. Reinhard (Unterhaltungen 349): Ich theile Ihnen einen höchst merkwürdigen Aufsatz mit, den ich, in den letzten Tagen vor der Abreiße des Grosherzogs [23. Mai] unter den mir anvertrauten Papieren fand und darinn sogleich Göthen erkannte. Er stammt aus 1 7 8 0 - 1 7 8 4 her, und sezte Goethen selbst in nicht geringes Erstaunen . . . daher er mir die weitere Gomentation darüber schrieb . . . Ich bitte ihn s e h r z u s e c r e t i r e n und glaube, daß er Ihnen von höchstem Werth seyn wird. 16. [Weimar] F. v. Müller an Knebel (Unterhaltungen 349): Sie laßen nichts von sich hören . . . und doch, dächte ich, hätte das bewußte Fragment von Goethe Ihnen wohl einige Äußerungen abgewinnen mögen. Darf ich mir es zurückerbitten? Sie haben doch wohl als Goethe bey Ihnen speißte, nichts davon erwähnt?
Aug
12. [Weimar] F. v. Müller an G. F. v. Reinhard (Unterhaltungen 351): Ich sehne mich recht darnach, über jenes räthselhafte Fragment mit Ihnen zu kosen; mir scheint, daß wir in unseren Ansichten darüber sehr zusammen stimmen werden . . .
HO
Eröffnung des Weimarischen Theaters 1 )
E
1798 Okt vor 6. - 15.
D
Allgemeine Zeitung, Reilage (Tübingen), 7. Nov 1798, 1 - 6 . - Hernpel 1 28, 6 3 0 - 4 8 . W 4 0 , 9 - 3 4 . - AA-SL 3, 2 2 - 4 2 . - F A I 18, 5 2 9 - 4 8 . - MA 6.2, 6 4 2 - 6 1 .
Z
1798
—
—
(s. „Weimarischer neudecorierter Theatersaal": Tag- und Jahres-Hefte)
S e p t 29. (s. „Weimarischer neudecorierter Theatersaal": an Cotta gD)
) Fingierter Rrief - Untertitel: Aus einem Briefe - in dem G über die Wiedereröffnung am 12. Okt des unter seiner Leitung umgestalteten Weimarer Hoftheaters u. über die 2. Aufführung vom 13. Okt berichtet. Es fällt auf, daß G neben Erwähnung des Prologs durch ausführliche Textproben nachdrücklich für Schillers Wattensteins Lager wirbt, während Kotzebues ebenfalls aufgeführtes Stück Die Corsen unberücksichtigt bleibt. 1
1798 Okt
ERÖFFNUNG DES WEIMARISCHEN THEATERS
171
6. An Schiller (Br 13, 285): Übrigens ist eine Vorrecension der Aufführung [von Wallensteins Lager], so wie des Effects, den das Stück gemacht hat, schematisirt 1 ) und kann in einigen guten Stunden fertig werden. Da ich mich einmal auf das Element der Unverschämtheit begeben habe, so wollen wir sehen wer es mit uns aufnimmt. 7. An Schiller (Br 13, 286): Übrigens habe ich das Pensum, wie solches die neue Zeitung [Cottas Allgemeine Zeitung'] nunmehr bald bringen wird, bisher öfters zu repetiren Gelegenheit gehabt und ich hoffe man wird mir nun bald meine eignen Worte wieder vorsagen. 8. An Cotta (Konzept, unabgesandt; Br 13, 416): ... 2 ) Sobald Wallensteins Lager gespielt ist, schicke ich eine umständliche Nachricht von dem Stücke gleichfalls ab, geben Sie doch Ordre daß man sich bereit hält allenfalls ein Beyblatt zu drucken. Denn da ich umständlich seyn und sogar Stellen ausziehen werde so wird diese Nachricht ziemlichen Raum einnehmen. | Da es denn doch einmal scheint daß Herr Hofrath Schiller mit seiner Arbeit der Vollendung naht so ist es unsere Pflicht das Publikum so viel als möglich darauf vorzubereiten. | Es versteht sich von selbst daß Sie über den Wallenstein und das weimar. Theater nichts in die allgemeine Zeitung aufnehmen als was von mir kommt ich hoffe nach und nach Ihnen auch in andern Fächern einige Gefälligkeit erzeigen zu können. 12. Eröffnung des Theaters. 14. Früh Hofr. Schiller weg . . . Mittag 12 Uhr nach Jena. 3 ) Abends bey H. Hofr. Schiller . . . 14. [Jena] Caroline Schlegel an F. Schlegel (BG IV, 450): Nun von Göthens Geschäftigkeit. Er hat das weimarische Comödienhaus inwendig durchaus umgeschaffen, und in ein freundliches glänzendes Feenschlößchen verwandelt. Es hat mir erstaunlich wohl gefallen. Ein Architekt und Dekorateur aus Studtgart ist dazu her berufen und innerhalb 13 Wochen sind Säulen, Gallerien, Balcone, Vorhang verfertigt und was nicht alles geschmückt, gemahlt, verguldet, aber in der That mit Geschmack. Die Beleuchtung ist äußerst hübsch, vermittelst eines weiten Kranzes von englischen Lampen, der in einer kleinen Kuppel schwebt, durch welche zugleich der Dunst des Hauses hinaus zieht. Göthe ist wie ein Kind so eifrig dabey gewesen, den Tag vor der Eröfnung des Theaters war er von früh bis spät Abends da, hat da gegessen und getrunken und eigenhändig mit gearbeitet. Er hat sich die gröbsten Billets und Belangungen über einige veränderte Einrichtungen und Erhöhung der Preise gefallen lassen und es eben alles mit freudigem Gemüth hingenommen, um die Sache, welche von der Theatercasse bestritten ward, zu stand zu bringen. Nun kam die Anlernung der Schauspieler dazu, um das Vorspiel ordentlich zu geben, worinn ihnen alles fremd und unerhört war. Es stellt Wallensteins Lager dar . . . Göthens Mühe war auch nicht verloren; die Gesellschaft hat exzellent
\ zur Anzeige in die allgemeine Zeitung (W 40, Vgl. das aufschlußreiche Schema 398f.; AA-SL 6, 40f.; FA I 18, 548f.; MA 6.2, 1177ff.). 2) Das Vorausgehende s. in „Prolog zu Wallensteins Lager" gD. 3) G blieb bis 22. Okt in Jena.
172
ERÖFFNUNG DES WEIMARISCHEN
THEATERS
1798
gespielt, es war das vollkommenste Ensemble und keine Unordnung in dem Getümmel . . . Okt
15.
(ED datiert: Weimar, den 15. October 1798)
17. [Jena] An Cotta (Br 13, 293): Unser Theater ist nun eröffnet und ich hoffe Freytag [19. Okt] die Nachricht davon Ihnen zuschicken zu können. Wie sehr verdient nicht Schillers dramatische Bearbeitung der Wallensteinischen Geschichte allgemein gekannt und geschätzt zu werden. | Mit Vergnügen werde ich öfters Beyträge zur Allgemeinen Zeitung schicken. 18. [Jena] An Schiller (Br 13, 296): Ist es möglich mir auf morgen früh Ihren Abschreiber zu schicken, so werde ich durch ihn besonders gefördert seyn. 18.
[Jena] Schiller an G (SNA 2 9 , 2 9 1 ) : Nach dem Abschreiber will ich mit dem schicken.
frühesten
19. [Jena] An Schiller (Br 13, 296f.): Das Opus hat mich länger aufgehalten als ich dachte, es ist nicht mehr Zeit es abzuschreiben, wir wollen daher dieses saubere Concept auf den Abend abschicken. Zur Bequemlichkeit des Setzers habe ich die Verse roth vorgestrichen, welche mit anderer Schrift zu drucken sind. | Gehen Sie doch den Aufsatz bedächtig durch, ob man vielleicht noch etwas einschaltete oder anhinge. Ich will heute bey Zeiten kommen und wir schicken das Packet, vom Garten aus, weg. 19. BriefVerzeichnis 1798 (Br 13, 436): Von Jena. Octbr. 19. . . . Stuttgard | Exped. der Allgem. Zeitung | Nachricht von Eröffnung des Theaters. 19.
[Jena] Schiller an Cotta (SNA 2 9 , 2 9 1 ) : Heute hat Göthe auch ein Paquet für die Expedition der Allgemeinen Zeitung abgeschickt, er rechnet darauf daß es sogleich und ohne den Umweg nach Tübingen zu machen, als Beilage abgedruckt und ausgegeben werde. Es ist berechnet daß es gerade ein Blatt von einem halben Bogen füllen wird.
20.
[Weimar] K. A. Böttiger an G (GSA 2 8 / 2 3 Bl. 5 2 7 ) : Euer HochWohlgeboren erlaubten mir, Ihnen vor dem Abdruck im Modenjournale 1 ) die Nachricht von unsern neuen Theaterschöpfungen zur Prüfung vorlegen zu dürfen 2 ) . . . Ich habe es gewagt, etwas über Wallensteins Lager und die treffliche Aufführung selbst den Lesern unsers Journals zu erzählen. Dieß lege ich hier den Meistern selbst mit der Bitte vor, den Irrenden oder Falschbeobachtenden mit einem belehrenden Fingerzeig zu Rechte zu weisen.
[ca. 20.] [Jena] An K. A. Böttiger (Konzept; Br 13, 298): Ew. Wohlgeb. haben mir durch die übersendete Anzeige von mehr als Einer Seite Vergnügen gemacht. Man erkennt in derselben den aufmerksamsten Beobachter, der, ohne das Ganze aus den Augen zu verlieren, das einzelne lebhaft ergreift, der die allgemeine Intention übersieht und das beson-
) Nachrichten von dem Weimarischen Hof-Theater. In: Journal des Luxus und der Moden, Nov 1 7 9 8 , S. 6 4 0 - 5 1 . 2) Das Folgende s. in „Weimarischer neudecorierter Theatersaal" gD. 1
1798
E R Ö F F N U N G D E S WEIMARISCHEN THEATERS
173
dere der Ausführung zu würdigen weiß, und, indem er das Alte in seinem ganzen Umfange kennt, einer Neuerung ihren Platz anzuweisen versteht. | In der allgemeinen Zeitung werden Ew. Wohlgeb. bald einen Aufsatz finden, welcher, besonders durch ausgezogne Stellen, das Publikum umständlicher mit dem Vorspiel bekannt macht. Dabey werden Sie mit Vergnügen sehen daß Ihre Anzeige dadurch gleichsam nur supplirt wird und beyde Aufsätze zusammengenommen erst eine Art von Ganzem ausmachen. Diese unverabredete Übereinstimmung ist mir umsomehr erfreulich, als sie mich hoffen läßt, daß wir diese, für das deutsche Theater so bedeutende Angelegenheit mit gemeinsamem Eifer befördern und die Hindernisse, die ihr anderswo im Wege stehen, bey uns wenigstens überwinden und wegräumen werden. Okt
28. [Tübingen] Cotta an G (G-Cotta 1, 39): Der Aufsaz über die Eröfnung des Weimar. Theaters ist hier in der Arbeit - es gibt beinahe einen ganzen Bogen und konte daher nicht in Stuttg. gedrukt werden. Ich bin Ihnen unendlich verbunden, daß Sie mich in Stand sezen, dem Publikum ein so vorzügliches Geschenk zu machen. 28. [Jena] Schiller an Cotta (SNA 29, 294): Wollen Sie . . . diejenigen zwey Zeitungsblätter wo Wallensteins Lager angekündigt [ Weimarischer neudecorierter Theatersaal] und das wo es beurtheilt [ E r ö f f n u n g des Weimarischen Theaters] ist, an Herrn v. Humboldt beilegen so werden sie mich sehr verbinden. 1 ) 29. [Jena] Schiller an Körner (SNA 29, 295): Das Vorspiel [ Wallensteins Lager] ist nun in Weimar gegeben. Die Schauspieler sind freilich mittelmäßig genug, aber sie thaten was sie konnten, und man mußte zufrieden seyn. Die Neuerung mit den gereimten Versen fiel nicht auf, die Schauspieler sprachen die Verse mit vieler Freiheit und das Publicum ergötzte sich. Uebrigens ist es ergangen, wie wir erwarteten. Die große Masse staunte und gaffte das neue dramatische Monstrum an, einzelne wurden wunderbar ergriffen. Du kannst, wenn die Allgemeine Zeitung von Poßelt 2 ) in Dresden zu haben ist, das nähere über diese Wallensteinische Repräsentationen in Weimar gedruckt lesen, denn Göthe hat sich den Spaß gemacht, diese Relationen selbst zu machen, daß er sie Böttichern aus den Zähnen reisse. Kannst Du aber die Zeitung nicht bekommen so will ich Dir sie schicken. 30. [Tübingen] Cotta an Schiller (SNA 37.1, 373): Herrn GeheimenHats Göthe's vortrefkcher Aufsaz kan erst übermorgen erscheinen, da er beinahe einen ganzen Bogen gibt, und deßwegen hier gedrukt werden mußte.
Nov
7. [Tübingen] Cotta an Schiller (SNA 38.1, 4): H err QeheimeR&t Goethe kan ich nicht genug für seinen Antheil verbunden seyn den er an der Zeitung nimmt . . . 15. [Jena] Caroline Schlegel an Novalis (Bode 2, 137): Wenn Sie die „Allgemeine Zeitung" lesen, so haben Sie auch den echten Bericht [ E r ö f f n u n g des Weimarischen Theaters] von „Wallensteins Lager" gelesen; der darin enthaltene Brief ist gewiß von der Hand des Meisters. Soviel tut er für seinen Freund, der sich auch im Vorspiel und Prolog als sein Jünger goethesker wie jemals zeigt.
) Cotta erfüllte die Bitte (Cotta an Schiller 7. Nov 1798; SNA 38.1, 4). Eine Reaktion W. v. Humboldts ist nicht überliefert. 2) Der Historiker E. L. Posselt, den Schiller für den Herausgeber der Allgemeinen Zeitung hielt. 1
174 Nov
Dez
ERÖFFNUNG DES WEIMARISCHEN
THEATERS
1798
19. [Dresden] Körner an Schiller (SNA 38.1, 7): In Posselts Zeitung habe ich die Anzeige v o m Prolog [ Wallensteins Lager] gelesen. Der Gapuciner ist Dir sehr gelungen, däucht mich schicke mir ja den Prolog bald. 21.
[Hof] G. G. Otto an Jean Paul (Briefe an Jean Paul 3, 196f.): Von dem neuen Weimarer Theater u von Schillers Wallenstein las ich in Posselts Zeitung [ Allgemeine Zeitung] und war unzufrieden, daß die Eröfnung des ersten mit dem leztern vor deiner Ankunft in W. geschehen ist.
30.
[Weimar] Jean Paul an G. G. Otto (Jean Paul Briefe 3, 125): Glaube der Poss[eltschen] Zeitung nicht (der Aufsaz ist von Göthe). Es hat uns allen Langweile gemacht.
4. [Berlin] Marianne Meyer (v. Eybenberg) an G (GSA 2 8 / 3 0 6 St. 22): Über die schöne Einrichtung Ihres Theaters habe ich etwas in der Poßeltschen Zeitung gelesen [Eröffnung des Weimarischen Theaters], auch einen kleinen Auszug aus dem Wallensteinschen Lager, ich bin sehr intriguirt [in Neugier versetzt] zu wißen wer den Brief geschrieben, und frage desfalls hiemit an . . .
1799 Jan
7. (s. „Propyläen": Cotta an G gD) 26.
Febr
5. [Tübingen] Cotta an G ( G - C o t t a 1, 51): Wenn ich für die 4 Beiträge in der Zeitg v o m | 12 Oct Weimar Theater Dec. [ Weimarischer neudecorierter Theatersaal] | 24 - Prolog zu Wallenstein | 7 Nov. Piccolomini [ E r ö f f n u n g des Weimarischen Theaters] | 23 Dec Grüblers Gedichte, | den Bogen für 6 Carolin rechne, so machten dise bei 1 V4 Bogen in einer runden Zahl also 8 Carolin oder Reichsthaler 52 . . .
März 13. 22.
Juni
[Weimar] An Cotta (Br 14, 13): Was Sie wegen meiner kleinen Bemühungen für die allgemeine Zeitung zulegen werde ich mit Dank erkennen.
An Cotta (Br 14, 37): . . . so wie mich das Honorar für die Beyträge zur neuen Zeitung vollkommen befriedigt. (s. „Schiller: Die Piccolomini": Cotta an G gD)
17. [Tübingen] Cotta an G ( G - C o t t a 1, 55): [Bitte] v o m Wallenstein [ Wallensteins Tod] doch ebenfalls eine solche Anzeige zu verfertigen, wie ich so glüklich war, von Wallensteins Lager [ E r ö f f n u n g des Weimarischen Theaters] und Piccolomini für die Allg. Zeitung zu erhalten. 1 )
AR/PK
1
)
Eine solche Anzeige hat G nicht verfaßt.
1822
E R S C H W E R T E R BOTANISCHER L E H R V O R T R A G
175
Erschwerter botanischer Lehrvortrag 1 ) E
1822 Febr 9. 2 )/Apr
D
Morph I 4 (1822) 317f. - C 1 58 (1842) 218. - NS 6, 2 2 4 1 5 - 2 2 6 2 2 (ohne Titel, unter: Botanik). - LA I 9, 236f. (ohne Titel, unter: Botanik). - FA I 24, 534f. - MA 12, 235f. (ohne Titel, unter: Botanik).
Z
1822
—
— Tag- und Jahres-Hefte 3 ) (W 36, 214f.): Das Verhältniß zu Ernst Meyer gab mir neues Leben und Anregung. 4 ) Das Geschlecht Juncus, von demselben näher bestimmt und durchgeführt, bracht ich mir . . . zur Anschauung 5 ) . . . Das vierte Heft meiner morphologischen und naturwissenschaftlichen Bemühungen ward sorgfältig durchdacht und ausgeführt, da mit ihm die beiden Bände für dießmal geschlossen sein sollten.
Apr
5. Anfang der Redaction der Morphologie, zusammengestelltes vorhandenes Manuscript. ?6. An dem morphologischen Hefte revidirt und geordnet. ?7. Morphologische Arbeiten.
?
?
8. (s. „Aufruf zur Einigkeit des Zusammenwirkens" gD, EGW 1, 167)
10. An der Morphologie redigirt. 16. Die Papiere zur Morphologie durchgesehen. 18. An Riemer (Br 36, 20): Das neue Manuscript zur Morphologie hat zum Absenden Zeit bis Sonnabend den 27.; doch wünscht ich solches morgen mit Ihnen überhaupt zu besprechen.
? ?
) Würdigung einer Rezension von Ernst Meyer (G. W. F. Wenderoth: Lehrbuch der Botanik, zu Vorlesungen und zum Selbststudium. Marburg 1821), erschienen im 22. Stück der Göttingischen gelehrten Anzeigen vom 9. Febr 1822 (Bd 1 1822, 209-14). Titel nach Inhaltsverzeichnis von ED; dort Abdruck des Textes ohne Titel, unter der Sammelüberschrift Botanik, unmittelbar nach Aufruf zur Einigkeit des Zusammenwirkens (s. EGW 1, 166f.), wohl gleichzeitig damit entstanden. 2 ) Erscheinungsdatum von Meyers Rezension; s. Anm. 1. 3 ) Geschrieben 1823/26. 4 ) Zu dem Göttinger Privatdozenten eröffnete sich eine bleibende persönliche Beziehung. Erschwerter botanischer Lehrvortrag wirkte dialogstiftend durch G's Zitate aus Meyers Rezension (ebd. 212f.), die dessen Nähe zu Grundsatzfragen der Metamorphosenlehre betonen, die dieser brieflich (25. Aug 1822) bekräftigte u. im späteren gemeinsamen Aufsatz Problem und Erwiderung weiter erörterte. 5 ) Meyer übersandte 23. Sept 1822 seine Monographie zu den Binsen: Synopsis juncorum rite cognitorum. Göttingen 1822 (Ruppert Nr. 4886); Beschäftigung damit 30. Sept u. 2. Okt 1822 (Tgb). 1
176
E R S C H W E R T E R BOTANISCHER
LEHRVORTRAG
1822
Apr 19. Abends Professor Riemer, den Anfang der Morphologie durchgesprochen. 2 3 . u. 2 7 .
Mai Aug
(s. „Aufruf zur Einigkeit des Zusammenwirkens" gD, E G W 1, 167)
4. Das Manuscript zur Morphologie revidirt . . . Kam der 20. Bogen [Auf. H. 4] zur Morphologie. 25.
[Göttingen] E. H. F. Meyer an G (LA II 10 A, 530-33): Eur Exzellenz nannten mich im vierten Heft zur Morphologie Ihren unbekannten Freund und Mitarbeiter. Diese Worte meines Herrn und Meisters und die Vergünstigung die ich daraus ableite, Ihnen selbst sagen zu dürfen, wer ich bin und wohin ich strebe, sind das Erfreulichste, das mir je zu Teil ward . . . Über den Gegenstand aber, den ich in der Rezension von Wenderoths Handbuch nur berühren konnte, und welcher wichtig genug war Ihre Aufmerksamkeit zu erregen, erlaube ich mir etwas ausführlicher zu sein . . . Die Pflanzenkunde, sagen Sie, stehe als gelehrtes Wissen künstlich-methodisch sicher auf ihren Füßen. Es ist wahr, lange genug gingen Pflanzenkunde und Pflanzenwissenschaft jede ihren eignen Gang, und fragten nicht nach einander. Kann es aber so bleiben? Gewiß nicht. Sie selbst nennen die Idee unaufhaltsam; Rom oder Karthago. - Sie oder Linné. Aufzuhalten ist die Metamorphose der Wissenschaft selbst nicht mehr; nur dahin ist zu wirken, daß sie nicht in Mißbildungen die Norm überschreite. Das aber fürchte ich bei uns, die wir nur zu geneigt sind, um in Ihrem Gleichnis zu reden, entweder ganz in der Diastole der Idee oder ganz in der Systole der Erfahrung zu beharren. | Daß das Allgemeine sich ins Unendliche verlaufe, hat man wohl erkannt; daß aber auch die äußerste Vielheit dahin ausgehe, scheinen die Botaniker vergessen zu haben. Man unterscheidet feiner und feiner, sagt sich los vom beschränkenden Begriff der Art, versenkt sich absichtlich in ein Chaos schwankender ja zufälliger Erscheinungen, worin das Wirkliche mit dem Erträumten durch märchenhafte Verwandlungen zusammenfließt. An sich möchte dieser gleichsam umgekehrte Mystizismus in der Naturwissenschaft noch zu entschuldigen oder gar zu billigen sein, wenn man nur nicht in unbegreiflicher Selbsttäuschung sich überredete, es sei Empirie, man habe die angeblichen Verwandlungen eines Organismus in den andern mit leiblichen Augen gesehn, die Grenzen derselben überall vergeblich gesucht. Es ist so wahr, was Sie sagen: die Idee läßt sich in der Erfahrung nicht darstellen, kaum nachweisen. Möchten doch jene es beherzigen, welche, von der Idee erfüllt, die Natur nur durch die stärksten täuschendsten Linsen ihres Mikroskops und durch die noch stärkern ihrer Einbildungskraft betrachten! . . . Doch die Erfahrung nicht allein, auch die Spekulation drängt uns den Begriff der Art fest zu halten. An zwei Seiten ist das Unendliche aufgetan; nur in der Mitte berühren oder nähern sich Idee und Wirklichkeit. Von ihr aus auf- und abwärts verfolgt das Auge sicher die unendlichen Reihen der Gattungen und Familien bis zur Urpflanze hinauf, der Abarten und Mißbildungen bis zur äußersten Mannigfaltigkeit der einzelnen Erscheinungen. Verlassen wir aber den festen Standpunkt um ein Haar breit, sogleich ergreift uns der schwindelnde Umschwung, es gibt keinen Rückweg mehr in die ruhige Wirklichkeit. | Wie nun der Begriff der Art zu fassen sei? Wie er längst gefaßt ward, genetisch: das ist gleicher Art, was gleiches Stammes, gleiches Ursprungs ist. Es kommt nur darauf an die Einwürfe zu heben, die man dagegen vorgebracht: zuerst daß der Begriff der Art vom Begriff der Individualität unzertrennlich sei, dieser aber auf Pflanzen keine strenge Anwendung leide; sodann daß genau dieselbe Pflanzenform oft durch die höchsten Wasserscheiden, durch die breitesten Meere oder Wüsten getrennt vorkommen, da dann die Voraussetzung einer gemeinsamen Abstammung unzulässig erscheint. | Um dem ersten Einwurf zu begegnen, muß ich mich zur zeitlichen Metamorphose der Pflanzen wenden. Ich kann die Individualität im Pflanzenreich nicht nur nicht aufgeben, sondern sie scheint mir sogar in der zeitlichen Metamorphose einen gleichen Ruhepunkt zu gewähren, wie in der räumlichen Metamorphose die Art dar-
1822
E R S C H W E R T E R BOTANISCHER
LEHRVORTRAG
177
bietet. | Es kommt nur darauf an, wo man sie sucht. Was man im gemeinen Leben eine einzelne Pflanze nennt, das ist freilich kein Individuum . . . Um so individueller ist jeder einzelne Knote. Schon oft hat man mehr scherzweise als ernsthaft einen Baum eine Kollektivpflanze genannt. Er ist es wirklich, und jede Pflanze wird es, sobald auf den ersten Knoten des Embryo der zweite folgt. Jeder Knote lässt sich verpflanzen, auf andre Pflanzen oder auch in reines Wasser. Er hat aber nicht nur in sich selbst ein unteilbares Leben, sondern ist auch der Quell alles eigentümlichen Lebens im Pflanzenreiche; denn jeder Knote ist ein Analogon des höchsten, des Fruchtknotens . . . Es ließe sich von der Bedeutung des Knotens ein ganzes Buch schreiben; hier nur noch einige Andeutungen. Als Basis alles Pflanzlichen bleibt er der kuglichten Urform am nächsten. Aus ihm entspringen Zell- und Gefäßsystem in ursprünglicher Ungeschiedenheit. Man hat den genetischen Zusammenhang der Spiralgefäße mit den Zellen geleugnet, weil man die Untersuchung vom Internodium aus begann; geht man vom Knoten aus, so kann man nicht zweifeln; wie ich in der Botanischen Zeitung 1 8 2 2 Nro. 1. nachzuweisen mich bemüht habe. 1 ) Aus ihm entwickeln sich ferner die beiden Hauptorgane, j a die einzigen des ganzen Pflanzenreichs - das zentral-aufsteigende Internodium, und das peripherisch-seitliche Blatt. Wenden wir uns nun nach der entgegengesetzten Seite, so finden wir den Ubergang vom einzelnen Knoten ins Allgemeinere nicht minder leicht und natürlich. Viele Knoten drängen sich zusammen, verschmelzen oft so mit einander, daß kein Internodium zur Erscheinung kommt - und wir haben den Mittelkörper der Pflanze, als Zwiebel, Rhizoma, oder welche Gestalt er sonst annehmen mag, voll unerschöpflicher Zeugungskraft, so daß er in seiner Gesamtheit durch steten Ersatz des Absterbenden, wenn nicht feindselige Kräfte von außen einwirken, ewig dauert. Ich wage über den Mittelkörper noch einmal mich selbst zu zitieren in der Botanischen Zeitung 1 8 2 1 . Nro. I I . 2 ) Höherauf werden die Organe vollkommener, lange Internodien entfernen die Knoten von einander, statt der Schuppen der Zwiebel oder des Rhizoma erscheint die vollendete Blattform; aber die Zeugungskraft tritt zurück. Erst nach oben zu, wo die Knoten aufs neue sich nähern, treiben wieder häufigere Zweige aus den Blattwinkeln hervor; in der gedrängtem Infloreszenz, z.B. der Dolde, oft so mächtig, daß das ursprüngliche Internodium (die Rhachis), das ursprüngliche Blatt (das Involucrum) unkenntlich werden, oder ganz in der Erscheinung fehlen. In der Frucht endlich zeigt sich wieder dieselbe Fülle des jungen Lebens, wovon schon der Mittelkörper überströmte, nur in veredelter Form. Es ist hier noch viel zu tun übrig . . . Auf den andern, aus der Geographie der Pflanzen entlehnten Einwurf, antworte ich: man bleibe nur nicht auf halbem Wege stehen. Wie wir noch täglich Infusorien und einige Algen unter höchst einfachen Bedingungen werden sehen und gleichsam machen können, indem wir selbst die erforderlichen Bedingungen erfüllen; so muß es noch andre höhere Bedingungen in der Natur geben, durch deren Erfüllung in einem günstigen Moment jedes Wesen was da ist, zuerst auch ward. Es ist vermessen diese Bedingungen des Werdens für höhere Organismen, sogar für den Menschen, erraten zu wollen; allein sie zu leugnen, da sie doch auf den untern Stufen der Tier- und Pflanzenwelt unwidersprechlich sind, ist wenigstens nicht folgerecht. Und gibt man sie im allgemeinen zu, warum sollte sich nicht jeder Schöpfungsakt der Natur an verschiedenen Orten wiederholen können? Das gemeinsame Grundprinzip ist dann der gemeinsame Stamm, der Begriff der Art wird durch die Wiederholung nicht gefährdet . . . So glaube ich denn im Individuum und in der Art die beiden festen Punkte zu
) E. Meyer: Über Genesis und Metamorphose der Spiralgefäße. In: Flora oder Botanische Zeitung . . . 5 / 1 ( 1 8 2 2 ) . Hsg. von der Königl. botan. Gesellschaft in Regensburg, 1 - 1 3 , 1 7 - 2 3 (Nr. 1. Regensburg, 7. Jan 1 8 2 2 ) . 2 ) E. Meyer: Uber den Mittelkörper der Pflanzen, und die vorzüglichsten Formen desselben. In: Flora oder Botanische Zeitung . . . 4 / 1 ( 1 8 2 1 ) . Hsg. von der Königl. botan. Gesellschaft in Regensburg, 1 6 1 - 7 5 (Nr. 11. Regensburg, 21. März 1821). 1
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ERSCHWERTER BOTANISCHER
LEHRVORTRAG
1822
erkennen, nach welchen die Ellipse des Lebens sowohl der einzelnen wie der Urpllanze sich regelt, und freue mich im Stillen dieser Konkordanz der alten und neuen Lehre. Möchte mir nur einst einmal gelingen, Eur Exzellenz zu zeigen, nicht bloß wie man die Sache auch so ansehen kann, denn daran wäre mir wenig gelegen; sondern daß diese Ansicht der Pflanzenwelt sich ohne Lücke an Ihre Metamorphosenlehre schließt.
Sept 10. An E. H. F. Meyer (Br 36, 161f.): Ew. Wohlgebornen | freundliches Schreiben bewillkommte mich sehr angenehm bey meiner Rückkunft aus Böhmen. | Die Recension von Nees von Esenbecks Botanik 1 ) nahm ich mit auf die Reise, sowohl um selbst sie näher zu betrachten, als auch sie dem Herrn Grafen Sternberg vorzulegen. Mit diesem höchst merkwürdigen Manne bracht ich vierzehn Tage in Marienbad zu; er nannte mir Ihren Namen, freute sich Ihrer Correspondenz und gab gedachte Recension so wie die Betrachtung Ihrer Denkweise eine höchst werthe Unterhaltung . . . Lassen Sie mich das einzige sagen, worin wir im Ganzen zusammen treffen; die Wissenschaft, anstatt sich in die Mitte zu stellen zwischen Natur und Subject, geht darauf aus, sich an die Stelle der Natur zu setzen, und wird nach und nach so unbegreiflich als diese selbst. Will nun der unbewußte Mensch hier sich in Worten aussprechen, so haben wir den traurigen Mysticismus der das Labyrinth verwirrt. | Verzeihen Sie daß ich, um nur nicht zu schweigen, allzu wenig sage; lassen Sie mich von Ihren ferneren Arbeiten gelegentlich wissen. Mit der fahrenden Post gehen die zwey Bände meiner Bemühungen um die Natur an Sie ab; ich hoffe, Sie werden nichts Ihrer Sinnesweise Widersprechendes darin finden, wäre es aber, so bemerken Sie es mir ja. Nach allen Ihren Äußerungen überzeuge ich mich, dass Sie auf dem rechten Standpunct beharren. Möge doch Ihr Wissen auch mir noch lange zu Gute kommen. 11. Herrn Geh. Staatsrath Schultz, mit einem Exemplar Morphologie und Naturwissenschaft nach Berlin. An Dr. Ernst Meyer nach Göttingen deßgleichen. 20. An Nees v. Esenbeck (Br 36, 167): Dr. Ernst Meyer in Göttingen wird mir täglich lieber; ich fand von ihm bey meiner Rückkehr einen köstlichen Brief, der mich den innern Sinn seiner Recensionen in den Göttinger Anzeigen tiefer fassen läßt. Es ist ein Glück des Alters, daß man größere Lust hat, sich in die Vorstellungen anderer zu finden als sich selbst etwas auszudenken; die historische Neigung nimmt mit den Jahren immer mehr in uns überhand.
) Meyer hatte im 84. Stück der Göttingischen gelehrten Anzeigen vom 27. Mai 1822 (Bd 2 auf das Jahr 1822, 8 3 3 - 3 9 ) auch eine Rezension über Nees v. Esenbecks Handbuch der Botanik (2 Bde. Nürnberg 1 8 2 0 - 2 1 ) verfaßt, die u. a. auf G's Metamorphosenlehre eingeht. G notierte auf Meyers Brief v o m 25. Aug: Rezension v. N. v. E. Gotting Anzeigen 84. 1822 (LA II 10 A, 533).
1
1822 Okt
179
ERSCHWERTER BOTANISCHER LEHRVORTRAG
2. [Bonn] Nees v. Esenbeck an G (LA II 10 A, 543): Sehr beglückt mich die Teilnahme, die Sie meinem jungen Freund Meyer schenken. Die Idee ist in ihm. Möge ihm die Anschauung lieb bleiben! Möge sie ihm, wo er beschreibend auftritt, nie zum toten Begriff herabsinken! 1 )
PL
[Erste Bekanntschaft mit Schiller] 2 ) E D
1817 Mai (Glückliches
Ereignis)
1834 Dez / 1837 Juli (Bearbeitung durch Eckermann3)) Q II 2 (1837) 537f. (ohne Titel 4 )) - C 1 60 (1842) 252-58. - W 36, 246-52.
1817 (s. „Glückliches Ereignis")
HO/Red.
Die erste Lieferung der Taschenausgabe von Goethe's Werken 5 ) E
1827 März 29.
D
Berlinische Nachrichten Von Staats- und gelehrten Sachen, Nr. 81, 5. Apr 1827 (Spenersche Zeitung). - Königlich privilegirte Berlinische Zeitung von Staats- und gelehrten Sachen, Nr. 81, 5. Apr 1827 (Vossische Zeitung). - KA VI 1 (1827), 4. Umschlagseite.
) Meyer hatte in seiner positiven Nees-Rezension (ebd. 837) u. a. dessen Konzept einer Anschauungslehre der Pflanzenwelt kritisch hinterfragt: Ob aber die Naturwissenschaft nichts weiter seyn soll\ als ein treues Naturgemälde? Lieber möchte ich sie der Landcharte vergleichen, deren künstliches Netz dazu dient, daß wir uns in der verworrenen Gegend zurecht finden. 2 ) Eckermanns Bearbeitung des Aufsatzes Glückliches Ereignis, in dem vor allem Titel, Einleitung u. Schluß verändert wurden. - Zugrunde liegt dieser Redaktion eine Abschrift des ED (Morph I 1, 1817, 90-96) von Stägemann, dem Schreiber des Kanzlers v. Müller, der nach G's Tod für die Ausg. letzter Hand schrieb (Dorothea Kuhn, in: LA II 10 A, 749). Faksimile der Abschrift in: Glückliches Ereigniß 1995, 24-35. - Eckermanns Neugestaltung des Anfangs- u. Schlußteils orientiert sich an einem Passus aus den TuJ 1794, auf den in Stägemanns Abschrift eine Notiz Eckermanns hinweist: (Annalen I. (Band 31.). Seite 42. [= C 1 31 (1830), 42] statt der gestrichenen kleinen Stelle.) 3) Für die TuJ in Q (s. unter D u. Anm. 4). Datierungsanhalte: Eckermanns Plan, Lücken in den Annalen ergänzen zu wollen (Eckermann an F. v. Müller 19. Dez 1834; QuZ 3, 313) u. der Druckbeginn von Q II 2 Anf. Juli 1837 (vgl. E. Jung an F. v. Müller 6. Juli 1837; QuZ 3, 401). 4) Eingefügt in TuJ 1794. Dazu J. Golz: Ob Eckermann [damit] einer ... Absicht Goethes folgte ... oder aber ... eigenmächtig vorging, läßt sich nicht schlüssig beweisen (Glückliches Ereigniß 1995, 8). 5 ) Anzeige zur Werbung für die Ausg. letzter Hand. 1
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DIE ERSTE LIEFERUNG DER TASCHENAUSGABE
1827
- Hempel 1 29, 356. - W 41.2, 298. - AA-SL 3, 423. - FA I 22, 399 (ohne Überschrift). - MA 18.2, 81.
Z
1827
Jan
17. (s. „Anzeige von Goethe's sämmtlichen Werken . . . " : an F. J. F r o m m a n n gD, EWG 1, 123)
März
29. Herrn Alfred Nicolovius [nach Berlin] ... Anzeige wegen meiner Werke. - Abschriften der Anzeige meiner Werke. 29. An A. Nicolovius (Konzept; Br 42, 106f.): Hierbey, mein Bester, deine Gefälligkeit abermals ansprechend, eine geneigtest bald in's Publicum zu befördernde Anzeige. 29. [Weimar] A. v. Goethe1) an Cotta (G-Cotta 2, 199f.): Ew. Hochwohlgebohren | muß einige Auszüge aus dem Marburger Buchhändler-Wochenblatt mittheilen welches Aus- und Anfälle auf alle Pränumerationsund Subscriptions Unternehmungen im Buchhandel enthält. | Speciell erwähnt es aber auch unser beiderseitiges Unternehmen [Ausg. letzter Hand] und tritt feindlich ja unverschämt dagegen auf.2) - Uns scheint es daher nöthig ja unerläßlich daß von Seiten Ew. Hochwohlgebohren noch vor Beginn der Ostermesse diese Sache bei welcher ein Mißverständniß in der Buchhändlerwelt obzuwalten scheint, durch eine nochmalige bündige Anzeige3) über den Gang des Unternehmens aufgeklärt 1
) Verfasser des Briefes war G. ) Dem Brief waren 9 Auszüge aus dem Wochenblatt für Buchhändler (Marburg) von Ende Okt 1826 - Febr 1827 beigegeben, die den von Cotta im Circular der J. G. Cottaischen Buchhandlung vom 28. October 1826 für die Ausg. letzter Hand einger ä u m t e n Buchhändlerrabatt von 10 % scharf kritisierten. In Nr. 24 u. 25 des Blattes hieß es u. a.: Die Cottasche Buchhandlung sagt in ihrem Circuläre: der geringe Pränumerationspreis erlaube nicht mehr als 10 pCt. Rabatt? Aber warum wurde der Preis erwirkt? nicht höher gestellt und dadurch ein angemessener Gewinn für den Buchhändler Freylich, Herr von Goethe will gewinnen, Herr von Cotta desgleichen, das Publicum habe sich eines wohlfeilen Preises zu erfreuen und so mag denn der Sortimentsbuchhändler in der Frohnde arbeiten. Der Einsender dieses aber fühlt weder Beruf noch Neigung, im kargen Dienste der reichen Herrn von Goethe und von Cotta zu frohnden und ein , nationales ' Unternehmen unterstützen zu helfen, das für die Beutel dieser Herren berechnet ist. (G-Cotta 2, 201; alle Auszüge gedruckt: ebd. 200ff.) Der Weimarer Hofbuchhändler H o f f m a n n hatte A. v. Goethe am 27. Febr 1827 darauf hingewiesen, daß sich ein Bund sämtlicher deutscher Buchhändler gegen Cotta zu konstituiren scheine und der Ausg. letzter Hand schädlich zu werden drohe. Der Haß auf die Nahmen Göthe und Cotta habe sich über die Buchhändler hinaus auch einem großen Theile des deutschen Publicums mitgeteilt, überall sage man die Pränumeration auf die Ausg. auf. Es herrsche der Glaube, Göthe und Cotta spielten im Einverständnis unter einer Decke, und es sey lediglich auf das Schröpfen des Publicums und der Buchhändler abgesehen. Auf der Messe war also mit einem entschiedenen Protest gegen Cottas niedrigen Rabatt zu rechnen (G-Cotta 3.2, 169).
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3
) Die ersten beiden Anzeigen waren im Juli u. Nov 1826 ergangen, s. „Anzeige von
1827
D I E E R S T E L I E F E R U N G D E R TASCHENAUSGABE
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und so dieser Feind beschworen werde. | Unerklärlich noch muß uns alles dieses erscheinen, da wir nach unserem Schreiben vom 29sten September v. J. einen erhöhten Rabatt gern zugestanden haben. Umsomehr sehen wir recht bald einigen beruhigenden Worten von Ihrer Seite entgegen da der Augenblick vor und in der Ostermesse entscheidend ist und aus allen diesen für uns ein unabsehbarer Schaden entspringen muß. Mein Vater welchen alles dieses sehr betrübt hat beigehendes [Die erste Lieferung der Taschenausgabe] als ein beruhigendes Vorwort erlassen. 1 ) März 30. An C. F. v. Reinhard (Br 4 2 , 113): Nächstens ein Stück Kunst und Althertum [VI 1]; Beyliegendes [Die erste Lieferung der Taschenausgabe] einsweilen zu freundlicher Theilnahme. Apr
5. [Berlin] A. Nicolovius an G (GSA 2 8 / 1 2 3 , Bl. 189f.): Vorgestern Abend empfing ich Ihr Brieflein, das mir höchst willkommen war und lieb. Ich nahm sogleich eine Gopie der beigelegten, wichtigen Anzeige und besorgte die Aufnahme in beide Berlinische Zeitungen. Heute ist sie mitgetheilt und weil Sie nur die Spenersche lesen, so lege ich ein Exemplar der Vossichen bei. ?
8. Den völligen Abschluß von Kunst und Alterthum besorgt. 8. An F. J. Frommann (Konzept; Br 42, 124): Anbey erfolgen . . . Manuscript zum Umschlag [KA VI 1].
12. [Stuttgart] Cotta an G (G-Cotta 2, 207f.): Euer Excellenz | habe ich den richtigen Eingang der beiden Schreiben von Hochdero Herrn Sohn vom 29. vor. M und lsten dises M. . . . anzuzeigen. Daß die giftige Angriffe meiner Neider auch Sie wie mich beunruhigt, dachte ich mir längst und bedaure ich von Herzen: der hämischte unter Allen bleibt aber der Herausgeber des Allg. Anzeigers und der NationalZeitung [der Gothaer Verlagsbuchhändler F. G. Becker], gegen welchen wir uns der Himmel weiß wo und wann versündigt haben müssen. 2 ) | Wie unrichtig und ungerecht die Beschuldigung wegen des Rabbats ist, zeigt, Anliegend unser Circular [vom 13. Apr 1827] - auf und nach diesem wir bei manchen noch weiter giengen und selbst bis zu 1/3 Rabbat zugestanden 3 ) - Auch haben die bessern und klügern Herren Buchhändler diß wohl ermes-
G's sämmtlichen Werken" (EGW I, 112 D) u. „Zweite Anzeige von G's sämmtlichen Werken" (D). 1) Das Folgende s. in „Werke. Vollständige Ausgabe letzter Hand" gD. 2 ) Cotta war im Allgemeinen Anzeiger der Deutschen vom 18. März 1827 vorgeworfen worden, nach den Schillerschen nun auch die Goetheschen Werke mit Druckfehlern versehen auf Löschpapier erscheinen lassen zu wollen. G wurde in den genannten Blättern mehrfach parodiert (vgl. G-Cotta 3.2, 171). 3) Das Circular enthielt folgenden, auf G's Anzeige fußenden Text: Die erste Lieferung der Taschen Ausgabe \ von Göthe's Werken \ bestehend in fünf Bänden ist bereits fertig und erscheint zur Oster-Meße versprochenermaßen. Format Druck und Papier kommen mit der ersten Anzeige völlig überein und die Theilnehmer werden hoffentlich erkennen, daß hier ein lebender Autor selbst mit Beihülfe vorzüglicher Männer und einer aufmerksamen, thätigen Verlagshandlung Sorge getragen. - Im zweiten Teil des Circulars staffelt Cotta den Buchhändlerrabatt nach den abgenommenen Ex. von 18,2 % bei 10 Ex. bis 25% bei 50 u. mehr Exemplaren, von Zollzahlungen betroffenen Buchhändlern räumt er weitere Vergünstigungen ein. Cottas Anzeige erschien am 5. Mai 1827 im Intelli-
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DIE ERSTE LIEFERUNG DER
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sen und anders wie jene Herrn gedeutet, wie denn die Berliner uns u m ein Gircular ersuchten, nach welchem sie für Accise, Zoll, Gours p . . . nämlich statt 12 Reichsthaler sächs. 14 Reichsthaler preussisch; was disen wohl zuzugestehen ist, unerachtet sie schon 25 pG haben, allein die Verhältnisse sind dort lästiger | So erfreulich mir nach der Absicht das erlassene Vorwort seyn muß, so schmerzhaft war mir der darinn liegende Vorwurf gegen mich - wenn der verewigte Schiller gelebt hätte, so hätte er so wenig die Umstände anders machen können, als sie die eiserne Natur uns entgegen stellte - selbst das geringere Papier lastet nicht auf mir, denn es war und konnte zum Theil nicht früher als bis es ausgegeben war, erkannt werden und war überhaupt kein bessres zugesagt - wie ich denn überhaupt in keiner Zusage zurükblieb, denn was in der Eurer Excellenz zugeschikten Anzeige von mir damals erwidert wurde, war reine und daher unumstößliche Wahrheit. U m aber jede Klage abzuschneiden, erbot sich j a meine Handlung die Ex wieder zurükzunemen - aber kein einziges wurde gebracht - | Mein Leben ist ein zuvil bewährtes, - diß darf und muß ich im Gefühl meines reinen Benehmens aussprechen, - als daß es antastbar wäre, mit haltbaren Gründen. Der Neid hat mir den größten Teil meiner Feinde zugezogen, aber schwerlich würde einer an meine Stelle tretten wollen, wüßte er, was auf mir lastet, wie und warum ich mich bemühe. Man hält mich für reich für sehr reich, es ist möglich, daß ich wenigstens i m Verhältniß diser Ansicht arm sterbe - denn wer kennt dann meine Opfer die ich Kunst und Wissenschaft brachte und noch bringe! wer kennt meine Verluste, meistens i m Geist des wohlthätigsten Bestrebens erlitten, eines Bestrebens, dessen ich deßwegen erwähnen darf, weil ich es für Pflicht halte. | Doch wo gerieth ich im Schmerz meiner Empfindung hin - allein das est aliquid - i m entgegengesezten Sinn fühle ich tief 1 ) Apr
(s. „Ueber Kunst und Alterthum" gD)
13.u. 14. Apr 15. An F. J. Frommann (Br 42, 143): Vom Bogen 14 und dem Umschlag mir noch eine Revision erbittend.2) Mai
20. . (s. „ U e b e r K u n s t u n d A l t e r t h u m " : F. J. F r o m m a n n an G gD) 1. 26.
[Kronberg] G. F. v. Reinhard an G (G-Reinhard, 369): . . . und so griff ich . . . nach dem beigelegten Blatt. Dieses enthielt aber eine die Sammlung Ihrer Werke betreffende Nachricht, wovon jedoch im Briefe selbst keine Meldung geschah. Einen Augenblick glaubt ich, Sie hätten sich vergriffen, dann aber schien mir doch wieder, Sie hätten die Absicht gehabt, das Blatt mir zur Bekanntmachung zuzusenden, und in diesem Sinn ließ ich es in der „ I r i s " abdrucken. 3 ) Die nämliche Notiz kam bald nachher aus Berliner Zeitungen auch in den andern deutschen Blättern zum Vorschein 4 ) . . .
AR/Red.
genz-Blatt zum Morgenblatt u. am 8. Mai in der Beilage der Allgemeinen Zeitung (vgl. G - G o t t a 2, 209f. u. 3.2, 172). 1) Das Folgende s. in „Werke. Vollständige Ausgabe letzter H a n d " gD. 2) Ob das Druck-Ms. am 8. Apr oder mit der 1. Revision am 15. Apr an F r o m m a n n ging, ist ungewiß (AA-SL 6, 773). 3) In der Iris wurde der Text nicht abgedruckt (AA-SL 6, 772). 4) So z.B. in Wegweiser im Gebiete der Künste und Wissenschaften (Dresden u. Leipzig) Nr. 31, 18. Apr 1827 (Hagen 220).
1791
E R S T E REZENSION
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[Erste Rezension] 1 ) E
1792 nach Jan 27,/Febr 2 )
D
NS 5.2 (1906) 326f. - LA I 3, 54 u. 59. 3 )
Z —
1791 —
(s. „Beyträge zur Optik": Tag- und Jahres-Hefte gD, EGW 1, 231)
1792 J a n / F e b r (s. „Beyträge zur Optik": Erste Rezension gD, EGW 1, 238)
WZ
Erster Entwurf einer allgemeinen Einleitung in die vergleichende Anatomie, ausgehend von der Osteologie 4 ) E
1795 Jan (Abfassung) 1816 Sept (1. Reinschrift) 1819 Juni - Aug (Revision, 2. Reinschrift, Druckvorbereitung)
D
Morph I 2 (1820) 145-96. - C 1 55 (1833) 196-248. - NS 8, 5 - 5 8 . - LA I 9, 119-51. - FA I 24, 2 2 7 - 6 2 . - MA 12, 120-53.
Zu den Beyträgen zur Optik, 1. Stück; Titel nach LA I 3, 54. Die von G besprochene Rezension eines unbekannten Verf. in ALZ Nr. 31 vom 28. Jan 1792, Sp. 2 4 1 - 4 5 . - Mit dieser Rezension setzte G sich noch in F L (1810) auseinander. Dort soll Tafel X die Argumentation des Rezensenten bildlich wiedergeben. Die begleitende Erklärung der Tafel zitiert ausführlich aus der Rezension (NS 4, 3 7 0 - 7 3 ) u. verweist auf G's erste Reaktion: Eine achtzehnjährige Anti-Kritik gegen diese Recension ist noch unter unsern Papieren. Wir können aber dieselbe recht gut zurückhalten, weil sie schon vollkommen in unserer vollbrachten Arbeit liegt. Die Nachwelt wird mit Erstaunen ein solches Musterstück betrachten, wie gegen das Ende des achtzehnten Jahrhunderts in den Naturwissenschaften auf eine Weise verfahren worden, deren sich das dunkelste Mönchthum und eine sich selbst verirrende Scholastik nicht zu schämen hätte (ebd. 373). ) Datierung aufgrund des Erscheinens der Rezension (s. Anm. 1). ) Mit Abdruck der Rezension innerhalb von G's Text, S. 5 4 - 5 8 . 4) Der Text bündelt G's anatomische Forschungen der 1790er Jahre u. entwickelt systematische u. methodische Leitvorstellungen für die Morphologie u. Metamorphose der Tiere. Hss. nicht erhalten. 2
3
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ERSTER ENTWURF EINER ALLGEMEINEN
Z —
EINLEITUNG
1794
1794 — Tag- und Jahres-Hefte 1 ) (W 35, 32f.): A l e x a n d e r v o n H u m b o l d t längst erwartet,2) von Bayreuth ankommend nöthigte uns in's Allgemeinere der Naturwissenschaft. Sein älterer Bruder, gleichfalls in Jena gegenwärtig, ein klares Interesse nach allen Seiten hinrichtend, theilte Streben, Forschen und Unterricht. | Zu bemerken ist, daß Hofrath L o d e r eben die Bänderlehre las, 3 ) den höchst wichtigen Theil der Anatomie: denn was vermittelt wohl Muskeln und Knochen als die Bänder? Und doch ward durch eine besondere Verrücktheit der medicinischen Jugend gerade dieser Theil vernachlässigt. Wir Genannten, mit Freund Meyern, wandelten des Morgens im tiefsten Schnee, um in einem fast leeren anatomischen Auditorium diese wichtige Verknüpfung a u f s deutlichste nach den genauesten Präparaten vorgetragen zu sehen.
[Ende An Herder (Br 10, 132): Hast du nicht ein C a m p r i s c h e s W e r c k 5 ) 1793/ die vergleichende Anatomie betr. von Jakobi als du in Düsseldorf warst 1794]4) erhalten? ich bitte darum. F e b r 20.
(Aus der Weimarer Bibliothek - bis ? - : Buffon, Georges Louis Leclerc: Herrn v. Büffons Naturgeschichte der vierfüßigen Tiere. Mit Anm. u. Verm. a. d. Franz. übers. Bd. 2. u. 8. Berlin 1775. 1778.)
Mai
[Erfurt] G. Th. v. Dalberg an G (LA II 9 A, 429): Ich hoffe Ihre Optik und Anatomie (diese Lieblinge Ihrer Musen) reifen nun bald zur Vollendung, meine Studien haben leider wegen so manchen andren Scribeleien ruhen müssen.
26.
Juli 16. An S. T. Soemmerring (Br 10, 172): Ich habe diese Zeit her jene Wissenschaften und Künste, zu denen Sie meine Vorliebe kennen, theoretisch und praktisch zu bearbeiten fortgefahren. Mit welchem Glücke muß die Zeit lehren. | Sollte Ihnen wohl Ihre Sammlung zur comparirenden Anatomie feil sein? und unter welchen Bedingungen? Wenigstens schien mir damals, als ich sie sah, Ihr Studium eine solche Wendung genommen zu haben, die Sie so leicht nicht wieder in dieses Fach
) Geschrieben 1824. ) G traf A. v. Humboldt erstmals 1 7 . - 1 9 . Dez 1794, W. v. Humboldt war seit Febr 1 7 9 4 in Jena. 3 ) Vgl unten 1795 Jan vor 8.; aufschlußreich auch W. v. Humboldts Tagebuch v o m 3., 4., 26. Nov u. 24. Dez 1794 über Besuche von Loders Anatomievorlesung (W. von Humboldts Gesammelte Schriften. Hsg. von der Königlich Preußischen Akademie der Wissenschaften. Bd XTV. 3. Abt.: Tagebücher. Hsg. von A. Leitzmann. Bd 1: 1 7 8 8 - 1 7 9 8 . Berlin 1916. Nachdr. Berlin 1968, 2 5 3 , 255f.). 4) Datierung nach Br 30, 259 u. Briefrepertorium. 5 ) Nicht ermittelt (LA II 9 A, 425). In Erster Entwurfverweist G auf CampersUrtheil über die wichtigsten Schriften der vergleichenden Osteologie (NS 8, 23f.). Gemeint: Petrus Camper: Oratio de analogia inter animalia et stirpes: habita d. 9 maji a. [1764] cum medicinae theoriae anatomes chirurgiae et botanices: professionem in Academia Groningae et Omlandiae solemni ritu auspicaretur (LA II 9 A, 599 u. MA 12, 970). 1
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1794
E R S T E R ENTWURF EINER ALLGEMEINEN
EINLEITUNG
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führen dürfte. Wäre dieses, so könnten Sie solche ja wohl für einen leidlichen Preis einem Freunde abtreten, der noch Zeit und Lust genug hat sich mit den abgeschiedenen Bestien abzugeben. 1 ) [nach An S. T. Soemmerring (Konzept; Br 18, 49f.): Ich freue mich zu hören, Aug daß Sie mitten unter den Kriegsunruhen fleißig mit studiren und beob12.]2) achten fortfahren; was können wir in der jetzigen Zeit auch besseres thun, als unserm Gemüth irgend eine interessante nützliche Beschäftigung zu geben, um uns, und wär' es auch nur Stundenweis, dem Einflüsse der traurigen Welthändel zu entziehen. | Wie sehr wünschte ich an Ihren Arbeiten gegenwärtig Theil nehmen zu können, und durch Ihren Unterricht einmal einen rechten Schritt in der Wissenschaft zu thun, an deren Gränzen ich immer verweile. Geben Sie mir manchmal einen Wink von Ihren Entdeckungen. Ich habe diese Tage Ihr anatomisches Lehrbuch ganz durchgelesen, und sowohl an den Sachen als an der Methode sehr viel Freude gehabt. 3 ) Werden Sie uns das Fehlende nicht auch bald gönnen? [Ende An Herder (Br 10, 132): Da du den Kielmeyer vornimmst 5 ) wird dirs 1794/ nicht zuwider seyn beykommende tabellarische Übersicht der AbhandAnf. lung die ich schreiben möchte durchzugehen. Ich habe soviel schon 1 7 9 5 ? ] 4 ) über diese Materie theilweise geschrieben und kann fast nichts davon brauchen, weil ich keinen rechten Plan ausgearbeitet hatte, dazu ist dieß ein Versuch. 6 ) Ich werde nicht eher wieder anfangen zu schreiben biß die Methode berichtigt ist. Auskunft geb ich gern mündlich über diese marginalien und vernähme auch gerne mündlich dein Urtheil und Berichtigung, behalte also die Blätter bey dir und lebe wohl.
1795 —
— Erläuterung zu dem aphoristischen Aufsatz „Die Natur" 7 ) (NS 11, 12): Die Metamorphose des Thierreichs lag nahe dran und im Jahre 1790 1 ) Am 26. Juli 1 7 9 4 antwortete Soemmerring, er wolle die Sammlung ohne die Gehirne für 120 Ducaten abgeben (Wenzel 1 9 8 8 , 83); am 5. Aug 1 7 9 4 schickte er ein nicht mehr erhaltenes Verzeichnis an G. Wahrscheinlich verkaufte er die Sammlung nicht nach Jena, sondern nach England (ebd. 84). Zum möglichen Zusammenhang mit frühen Studien zu Erster Entwurf vgl. ebd. 81. 2 ) Datierung nach Wenzel 1 9 8 8 , 89 mit Korrektur von E G W 1, 2 6 6 : 1 7 9 4 nach Aug 5. 3 ) Vom Baue des menschlichen Körpers. Bd 1: Knochenlehre. Frankfurt 1 7 9 1 (Ruppert Nr. 5 1 1 9 ) . 4) Datierung nach LA II 9 A, 4 3 9 . 5) G. F. Kielmeyer: Uber die Verhältniße der organischen Kräfte . . . Eine Rede, d. 11. Febr. 1 7 9 3 . . . geh., o. O. 1 7 9 3 (Ruppert Nr. 4 7 4 5 ) . 6) 3 Schemata zu Erster Entwurf in LA II 9 A, 2 3 3 - 3 8 . Alle beginnen mit: Naturgeschichte beruht auf Vergleichung. Hinweis auf Kielmeyer im 3., ausführlichsten Schema, dieses vermutl. an Herder geschickt. 7) Datiert: Weimar, 24. Mai 1828.
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E R S T E R ENTWURF E I N E R A L L G E M E I N E N
EINLEITUNG
1795
offenbarte sich mir in Venedig der Ursprung des Schädels aus Wirbelknochen; ich verfolgte nun eifriger die Construction des Typus, dictirte das Schema im Jahre 1795 an Max Jacobi 1 ) in Jena und hatte bald die Freude von deutschen Naturforschern mich in diesem Fache abgelöst zu sehen. —
— Tag- und Jahres-Hefte 2 ) (W 35, 45f.): Ganz abgelenkt und zur Naturbetrachtung zurückgeführt ward ich, als gegen Ende des Jahrs die beiden Gebrüder v o n H u m b o l d t in Jena erschienen. Sie nahmen beiderseits in diesem Augenblick an Naturwissenschaften großen Antheil, und ich konnte mich nicht enthalten, meine Ideen über vergleichende Anatomie und deren methodische Behandlung im Gespräch mitzutheilen. Da man meine Darstellungen zusammenhängend und ziemlich vollständig erachtete, ward ich dringend aufgefordert sie zu Papier zu bringen, welches ich auch sogleich befolgte, indem ich an Max Jacobi das Grundschema einer vergleichenden Knochenlehre, gegenwärtig wie es mir war, dictirte, den Freunden Gnüge that und mir selbst einen Anhaltepunct gewann, woran ich meine weiteren Betrachtungen knüpfen konnte. | A l e x a n d e r v o n H u m b o l d t s Einwirkungen verlangen besonders behandelt zu werden. Seine Gegenwart in Jena fördert die vergleichende Anatomie; er und sein älterer Bruder bewegen mich, das noch vorhandene allgemeine Schema zu dictiren. 3 )
—
—
Jan
K. A. Böttiger, Literarische Zustände und Zeitgenossen (Gerlach - Sternke 69): Im Anfang des Januars 1795 ging er [G] auf 14 Tage [11. - 23. Jan] nach Jena um 2 Stunden täglich bey Loder Syndesmologie zu hören. (Erster Entwurf einer allgemeinen Einleitung . . . datiert: Jena, im Januar 1795)
[Jan [Jena] J. G. Loder an G (LA II 9 A, 437): Ich freue mich ungemein auf den ehrenvollen vor 8.] 4 ) Besuch, welchen Hochdieselben dem hiesigen anatomischen Collegio zugedacht haben, und schmeichle mir, daß ich das Glück haben werde, Ew. Hochwohlgeboren schon am Sonntag hier zu sehen und abends auf unsern Club zu begleiten. Die Zeichnungen zum os intermaxillare habe ich zurecht gelegt, um diejenigen, welche gestochen werden sollen, auszuwählen; die Abhandlung werde ich mir sodann auch ausbitten. | Außer den
) Sohn F. H. Jacobis, als Medizinstudent in Jena 1 7 9 3 - 1 7 9 5 in engem Kontakt mit G. ) Geschrieben 1824. 3 ) Vgl. Nachträge, geschrieben 1819 Nov/Dez (NS 8, 131): So benutzte ich viele Zeit, bis im Jahre 1795 die Gebrüder von HumboIdt, die mir schon oft als Dioskuren auf meinem Lebenswege geleuchtet, einen längeren Aufenthalt in Jena beliebten. Auch bei dieser Gelegenheit strömte der Mund über, wovon das Herz voll war, und ich trug die Angelegenheit meines Typus so oft und zudringlich vor, daß man, beinahe ungeduldig, zuletzt verlangte, ich solle das in Schriften verfassen was mir in Geist, Sinn und Gedächtniß so lebendig vorschwebte. Glücklicherweise fand sich zu selbiger Zeit ein junger, diesen Studien geneigter Freund, Maximilian Jacobi, daselbst, dem ich jenen Aufsatz, ziemlich wie er noch vorliegt, aus dem Stegreif dictirte und jene Methode mit wenig Abweichung als Grundlage meiner Studien beibehielt, wenn ich sie gleich nach und nach auf gar mancherlei Weise hätte modificiren können. 1
2
4
) Datierung nach BA 1, 357.
1795
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187
Ligamenten kann ich jetzt auch noch mit irgend einem Teil der Anatomie aufwarten. Ich habe dermalen sechs Leichen auf dem Theater, die zwar alle hart gefroren sind, sich aber nach und nach werden auftauen lassen. Es kommt mir jetzt nicht so vor, als ob ich in Jena, sondern in Berlin, wäre. Fast wünschte ich, der Tod wäre mir und unsern 206 Medizinern immer so günstig. | Nach der schönen und fleißig ausgearbeiteten Abhandlung des Herrn R. Hufeland muß ich mich nochmals entschuldigen, daß ich einen so flüchtig entworfenen Aufsatz produziert habe. Ich will mich bemühen, das nächstemal mich der Ehre, in Ew. Hochwohlgeboren Gesellschaft etwas vorzulesen, würdiger zu machen 1 ) . . . Herr Meyer ist doch hoffentlich auch von der anatomischen Partie? Jan
14. [Jena] J. G. Loder an F. J. Bertuch (BG 4, 120): Goethe hat sich eben gemeldet . . . G. und Meyer hören die Syndesmologie [Bänderlehre] con amore.
16. [Jena] An C. G. Voigt (Br 10, 230): Freitag den 23sten hoffe ich, Sie in unserer Societät [Freitagsgesellschaft] zu sehen; wahrscheinlich bringe ich etwas interessantes Akademisches mit. [Jan [Jena] W. v. Humboldt an G (G-Humboldt, 2f.): Da unser Freund [Max] Jacobi gerade Ende] zu Ihnen fährt, so benutze ich diese Gelegenheit, Ihnen einen skelettierten Pfau zu schicken, der Sie vielleicht gerade jetzt interessiert, weil Sie wahrscheinlich sich nun bald mit dem osteologischen Schema für die Vögel beschäftigen. Es sind die Erstlinge meines Skelettierens, und ich muß Sie daher bitten, zu verzeihen, daß er, trotz der Hülfe des Meisters, die ich noch in etwas mit hinzugenommen habe, nicht besser und reinlicher ausgefallen ist. | An die Beschreibung des Bocks habe ich mich noch nicht gemacht, weil ich es für notwendig halte, vorher durch Ihre hier zurückgelassenen Abhandlungen 2 ) mit dem Geist Ihrer Untersuchungen vertraut zu werden. In künftiger Woche wird das Abschreiben geendigt sein, und dann gehe ich unverzüglich an eine nahe tätige Teilnahme. Indes sammle ich allerlei, vorzüglich Schädel, da ich gerne eine Monographie des Keilbeins zu Stande brächte, und auch vielleicht die Vergleichung eines zwar einzelnen, aber doch so wichtigen Teils, als der Schädel ist, nicht unwichtig wäre. Anfangs werden die Fortschritte in diesem für mich so fremden Felde freilich langsamer sein, aber ich rechne auf fortdauernden Fleiß, und ich kann es Ihnen nicht beschreiben, welche Freude Sie mir durch die Erlaubnis gemacht haben, Ihnen auf Ihrem Gange folgen zu dürfen.
Febr 2. [Weimar] An F. H. Jacobi (Br 10, 232): Mit Max habe ich fast 14 Tage in Jena mein anatomisches Wesen erneuert. Er kam morgens sieben Uhr vor mein Bette, ich dicktirte ihm bis achte und in den letzten Tagen nahmen wir um 10 die Materie wieder vor, wobey sich auch Humbold einfand, und ich habe in der Zeit meine Ideen fast alle aphoristisch von mir gegeben, und werde wahrscheinlich noch dieses Jahr ans Ausarbeiten gehen.
Gemeint ist die Freitagsgesellschaft, die im Winter 1 7 9 4 / 9 5 nach längerer Unterbrechung wieder bei G zusammentraf. Die Sitzung, auf die sich Loder bezieht, fand laut Knebels Tagebuch am 2. Jan 1795 statt, vgl. BG 4, 118 sowie Loder an Knebel 30. Dez 1794 (LA II 9 A, 437). 2) LA II 9 A, 443 vermutet G's Zwischenkieferknochen-Aufsatz; doch ist nicht auszuschließen, daß der gerade entstandene Erste Entwurf ebenfalls noch zur Abschrift bei W. v. Humboldt lag.
188
E R S T E R ENTWURF E I N E R A L L G E M E I N E N
EINLEITUNG
1795
März 29. 1 Mai 18. I (s. „Beobachtungen und Betrachtungen aus der Naturlehre und Naturgeschichte" 1 ) 23. gD, EGW 1, 213)
J
Aug
14. D. J. Veit 2 ) an Rahel Levin (BG 4, 168): Und so habe ich denn Goethe [in Karlsbad] oft gesprochen . . . Er redete mich auf dem Ball von selbst sehr freundschaftlich an . . . Darauf kamen wir in ein Gespräch über seine anatomischen Arbeiten, von denen er sagte, er hätte sie schon zehnmal zum Druck fertig gehabt, und ebenso oft wieder unterdrückt; es wäre unendlich schwer auszuführen; „wir befinden uns in einem Chaos von Kenntnissen, und keiner ordnet es; die Masse liegt da, und man schüttet zu, aber ich möchte es gerne machen, daß man wie mit e i n e m G r i f f hinein griffe und alles klar würde; es ist nun nicht mein Fach; ich treibe es aus Begierde, aus Leidenschaft; ich will gerne zeigen, daß alles auch hier einfach ist, wie in den Pflanzen; daß aus Knochen alles deduziert werden kann; aber noch sehe ich das Ende nicht; vor jedem neuen Buch erschrecke ich; denn es ist den Versuchen nicht zu trauen; achten muß man darauf, und in einem Menschenleben macht man nicht alles nach.["]
1797 —
Mai
—
A. v. Humboldt: Versuche über die gereizte Muskel- und Nervenfaser nebst Vermuthungen über den chemischen Process des Lebens in der Thier- und Pflanzenwelt. Bd 2. Posen u. Berlin 1797, 285: So ist der thierische Stoff fast überall nach einem Typus geformt. Bei dem einen Thiere ist oft nur angedeutet, was der G e b r a u c h in dem andern deutlich ausbildet. Dieses noch ganz unbebauete Feld der Z o o n o m i e hat sich einer reichen Erndte zu erfreuen, wenn Herr von G ö t h e sich einmal entschließet, seine mit so vieler anatomischen Gründlichkeit bearbeiteten Fragmente über die Knochenbildung, und allgemeine Metamorphose im Thierreiche dem Publikum mitzutheilen.
1. [Jena] Caroline v. Humboldt an W. v. Humboldt (Sydow 2, 47): Goethe war Sonnabend und Sonntag hier [29. u. 30. Apr] . . . Alexander scheint ihn bewogen zu haben, jetzt seine optischen Versuche liegen zu lassen und seine anatomischen herauszugeben. 3 )
1) Geplante Sammelveröffentlichung bisheriger naturwissenschaftlicher Schriften; dazu vielleicht 2 Rechnungen des Schreibers Schumann vom 23. Febr u. 24. März 1795 über 6 Bogen Anatomie u. 5 Bogen Knochenlehre (LA II 9 A, 444f.). 2) David Johann Veit war 1793 Medizinstudent in Jena gewesen; er traf G während dessen Aufenthalt in Karlsbad vom 4. Juli - 8. Aug 1795. 3) Vom 1. März - Ende Mai 1797 war A. v. Humboldt in Jena u. besuchte einen Präparierkurs bei Loder. Vgl. Ilse Jahn: Die anatomischen Studien der Brüder Humboldt unter Justus Christian Loder in Jena. In: Beiträge zur Geschichte der Universität Erfurt 1392-1816. H. 14 (1968/69), 9 1 - 9 7 , bes. 94. Angeregt durch den regelmäßigen Austausch mit Humboldt, vor allem über Galvanismus u. die Anatomie der Frösche (Tgb 9. März 1797), schreibt G an Schiller am 26. Apr 1797 (Br 12, 101): Mit Humboldt habe ich die Zeit sehr angenehm und nützlich zugebracht, meine naturhistorischen Arbeiten sind durch seine Gegenwart wieder aus ihrem Winterschlafe geweckt worden, wenn sie nur nicht bald wieder in einen Frühlingsschlaf verfallen! Die von G erwogene Veröffentlichung seiner anatomischen Schriften unterblieb jedoch zu diesem Zeitpunkt.
1816
E R S T E R ENTWURF E I N E R A L L G E M E I N E N E I N L E I T U N G
189
1816 Sept
2. [Tennstedt] Vergleichende Anatomie. Aufsatz von 95. Schematisirt vor und rückwärts. 2. [Tennstedt] An Cotta (Br 27, 160f.): Und nun erlauben Sie daß ich das was uns zunächst angeht punctweis berühre . . . VI. Vielleicht ist kaum erinnerlich, daß vor Jahren über o r g a n i s c h e B i l d u n g und U m b i l d u n g eine Sammlung erscheinen sollte, wovon die dazu gehörige Metamorphose der Pflanzen bey Frommann schon abgedruckt liegt. | Diese Dinge sind nun auch an der Zeit. Jüngere Männer, die sich nun mit Vergnügen zu den Ideen bekennen, die ich vor dreyßig Jahren emsigmühsam aus der Natur auszuforschen trachtete, haben auf diesem Wege vieles geleistet und freuen sich meiner Theilnahme, wie ich mich ihrer Arbeiten.
3. [Tennstedt] Vergleichende Anatomie. Aufsaz von 95 . . . Schematische Übersichten des Ganzen ü b e r O r g a n i s c h e B i l d u n g u n d U m b i l d u n g 1 ) . . . [Nachmittags] Die Früharbeit fortgesetzt. 4. [Tennstedt] Schematische Übersichten fortbetrachtet . . . [Nachmittags] Morphologie. 5. [Tennstedt] Morphologie. 6. [Tennstedt] Morphologie. 8. [Tennstedt] Morphologie. Schemata und einzelnes . . . [Abends] Morphologie fortgesetzt. 9. [Tennstedt] Morphologie fortgesetzt . . . [Nachmittags] Wie frühe. 13. [Weimar] Anatomischen Aufsatz John zu mundiren gegeben. Okt 4. Die zur comparirenden Anatomie gehörigen Papiere gesondert. 14. Manuscript über vergleichende Knochenlehre. 28. [Nachmittags] Comparirte Anatomie.
1819 Mai
30. [Bayreuth] G. L. Frh. v. Weiden an G (LA II 10 A, 316): Ich erfülle mein Versprechen, indem ich mir in dem beikomm. Kistchen v. G. einen gut erhaltenen Eisbärenschädel aus den Muggendorfer Höhlen bei Schreitberg für Ihre schöne Mineralien-Sammlung, zu übersenden die Ehre gebe.
1 ) In diesen Tagen entstand das Gesamtschema zu den ersten beiden Heften Zur Morphologie, abgedruckt als M 2.1 in LA II 10 A, 4. Dem Ersten Entwurf sollte die Geschichte des MSCts von 1795 vorangehen. Dazu entstanden vermutlich in den folgenden Tagen zwei Detailschemata, abgedruckt in LA II 10 A, 25f.
190
E R S T E R ENTWURF EINER ALLGEMEINEN
[Juni]
Juni
EINLEITUNG
1819
An C. F. Burdach (Verworfenes Konzept; Br 31, 377): Eben laß ich über vergleichende Osteologie eine Abhandlung, 1795 zu Jena verfaßt, abdrucken. Wenn sie mir auch als Senf zum Nachtische vorkommen will; so mag sie doch gelten als Zeugniß wie ernstlich ich die Sache vor so viel Jahren genommen und als Garantie daß ich mich diesen Betrachtungen lebenslänglich nicht wieder entziehen konnte. | Hieran schließt sich noch die Überzeugung, daß manche verständige Ansichten nicht genug wiederholt werden können, weil man die unverständigen auch immer wieder aussprechen hört. 8. Nachher sowohl Morphologie als Naturwissenschaft, auch Kunst und Alterthum vorgenommen, um zu sehen, wie die Ausarbeitungen nunmehro stehen . . . [Nachmittags] Osteologischer Typus von 1795 umgeschrieben . . . [Abends] Osteológica durchgedacht. 9. Osteologischer Typus, weiter redigirt und einiges mundirt. 10. Aufsatz über comparirte Osteologie weiter durchgearbeitet und durch John in's Reine geschrieben. Die älteren Convolute deßhalb durchgesehen. 12. Am osteologischen Typus mundirt. 13. Schema der Osteologie revidirt. 14. Bärenschädel aus der Muggendorfer Höhle von Herrn von Wrede [Weiden], 18. Herrn Präsident von Weiden, Dank für einen überschickten Bärenschädel. 18. An C. L. Frh. v. Weiden (Br 31, 192f.): Die höchst bedeutende Bildung, die mir bey Betrachtung mehr oder weniger erhaltener Trümmer niemals auffallen konnte, setzt mich hier vollständig in Erstaunen. Diese Erfahrung ist mir gegenwärtig um so wichtiger als ich eben einen vor dreyundzwanzig Jahren geschriebenen osteologischen Aufsatz endlich abdrucken lasse. Mögen Ew. Hochwohlgeboren hieraus ersehen, daß Sie eine recht altgegründete und immerfort erhaltene wissenschaftliche Neigung gütig gefördert haben. 19. Erstes Manuscript der Osteologie nebst Brief an Frommann nach Jena. 19. An C. F. E. Frommann (Br 31, 193): Ew. Wohlgeboren | sende hierbey das Manuscript zur Morphologie. Wir sind in derselben bis zum achten Bogen gekommen, der neunte würde noch etwas Botanik enthalten, welches nachbringe. Gegenwärtige Abhandlung gäbe also den zehnten Bogen u.s.w. Es ist so viel Manuscript vorräthig, daß etwa vier Bogen unmittelbar auf einander folgen können. Ließen sich binnen vier Wochen auch hier einige Vorschritte thun, so sollte es mir sehr angenehm seyn. 22.
[Jena] G. F. E. Frommann an G (QuZ 4, 3 1 2 ) : habe . . . das anatomische Mscpt für die Morphologie erhalten, welches allso fiiir die erste Abtheilung bestimmt scheint. Vor-
1819
E R S T E R ENTWURF E I N E R A L L G E M E I N E N E I N L E I T U N G
191
theilhaft aber wäre es wohl wenn wir mit dem dazwischen fehlenden wieder anfangen könnten um alle möglichen Irrungen in der Druckerey um so sicherer zu vermeiden.
Juni 23. An A. v. Goethe (Br 31, 202): Hiezu füge noch daß ein completter, Erstaunen erregender Bärenschädel aus der Muggendorfer Höhle gleichsam als Geschenk angekommen ist . . . Juli 9. [Jena] Professor Renner wegen dem osteologischen Aufsatz. 18. [Jena] An C. F. E. Frommann (Br 51, 460): . . . die Beschleunigung des morphologischen Heftes angelegentlichst empfehlend. 31. [Weimar] 10. Correcturbogen von der Morphologie nach Jena . . . Correcturbogen 10 von der Morphologie. Aug
4. [Jena] G. F. E. Frommann an G (QuZ 4, 317): Ewr. Excellenz | erhalten hierbey: | 2. Zur Morphologie II. AushB. 9. Schr[ei]bP[a]p[ie]r und Dr[uc]kPpr. | 1. Zur Morphologie II. KorrB. 11. in duplo ob das vorrätige Mscpt den Bogen 12. lullen wird, ist noch nicht entschieden.
6. Eilfter Revisionsbogen der Morphologie. 7. Der eilfte Revisionsbogen nach Jena zurück. 13. (Aus der Jenaer Bibliothek - bis 17. Aug 1819 - : Loder, Just Christian: Anatomisches Handbuch. 1. Bd.: Osteologie, Syndesmologie, Myologie. Mit Kupfern. Jena in der akademischen Buchhandlung 1788 [oder] 2. Aufl. 1800.)
14. [Jena] Erhielt von demselben [J. Schwabe] den 12. Bogen Morphologie. 21. [Jena, nachmittags] Aushängebogen 12 von der Morphologie 2. Theil. 25. [Jena] Morphologie 13. Revisionsbogen. 1 ) Sept 17. (s. „Zur Morphologie" Frommann an Cotta gD)
Okt
6. [Jena] Aushängebogen Nr. 13 Morphologie.
AZ
Erwin und Elmire [I] ein Schauspiel mit Gesang E
1773 Ende - 1775 Febr
D
Iris II 3 [Düsseldorf], März 1775, 161-224. 2 ) - Erwin und Elmire ein Schauspiel mit Gesang. Frankfurt und Leipzig 1775. 3 ) - s 1 2 (1775) 149-88. - Teutscher Merkur Jan
) Mit dem Schluß von Erster Entwurf sowie dem Gedicht A&POIXMOZ, u. dem Anfang von Dem Menschen wie den Tieren ist ein Zwischenknochen der obern Kinnlade zuzuschreiben (QuZ 4, 319). 2) Anonym. Titelblatt: Widmung für Belinde (Lili Schönemann): Den kleinen Strauß, den ich dir binde, \ Pflückt' ich aus diesem Herzen hier. \ Nimm ihn gefällig auf Belinde! \ Der kleine Strauß, er ist von mir. 3 ) Anonymer Sonderdruck in 50 Ex. vom Satz des ED, nach Korrektur der Druckfehler u. Änderung der Seitenzahlen. Außer dieser Sonderausgabe erschien ein Druck mit Namen von J. W. Göthe auf dem Titelblatt nach den Versen, ebenfalls Frankfurt und Leipzig, 1775 (Gräf II 1, 409). 1
192
E R W I N U N D E L M I R E [I] E I N S C H A U S P I E L MIT
GESANG
1773
1 7 7 6 , 9f. (Neue Arien zur ersten Scene in Erwin und Elmire). - Erwin und Elmire, ein Schauspiel mit Gesang, von Goethe; in Musik gesetzt . . . von André. Offenbach [1776]. - Arien und Gesänge aus der Operette Erwin und Elmire. Weimar 1776 1 ). - C 1 57 (1842) 1 0 1 - 4 1 . - W 3 8 , 6 9 - 1 0 6 , 4 5 9 - 7 7 . - Erwin und Elmire. Ein Schauspiel mit Gesang von Goethe komponiert von Anna Amalia Herzogin zu Sachsen-Weimar-Eisenach 1776. Nach der in der Weimarer Landesbibliothek befindlichen schriftlichen Partitur bearb. u. zum erstenmal hsg. von Max Friedlaender 1921. - J G 3 5, 3 6 - 6 1 . F A 1 4 , 5 0 3 - 2 9 , 9 6 4 - 6 7 (Paralip.). - MA 1.2, 1 2 - 3 6 . Aufführungen des Herzoglichen Liebhabertheaters zu Weimar unter G's Leitung 1 7 7 6 Mai 24. 2 ) 1777 Febr 26. (?) 1 7 7 6 Juni 4., 10. 1777 März 1. 1 7 7 6 Sept 10. 1778 Febr 23. (?), 27. 3 ) 1 7 7 6 Nov 21. 1775 1775 1775 1776 1776 1779
Z —
Weitere frühe Aufführungen 4 ) Mai Offenbach: Liebhaberaufführung? 5 ) Juli 17. Berlin: Doebbelins Theater, Musik von Johann André 6 ) Sept 13. Frankfurt: Mannheimer Hofschauspieler unter Theobald Marchand 7 ) München: Kurfürstliches Theater 8 ) Juli Wien: Burgtheater 9 ) Reval 1 0 )
1773 — Dichtung und Wahrheit Buch 19 11 ) (AA-DuW 1, 635): Die Oper, Erwin und Elmire, war aus Goldsmiths liebenswürdiger, im Landprediger von Wakefield eingefügten Romanze entstanden, die uns [G und Lili Schönemann] in den besten Zeiten, vergnügt hatte, wo wir nicht ahneten daß uns etwas Ähnliches bevorstehe.
) Textbuch für die Weimarer Aufführungen, in 5 0 0 Ex. ) Mit Anna Amalias Komposition, s. Abb. V i a u. VIb. - Weitere Vertonungen zu G's Lebenszeit: Joh. André 1 7 7 5 , Anton Schweitzer 1775 (verloren), Carl David Stegmann 1 7 7 6 , Ernst Wilhelm Wolf 1780 (verloren), Georg Joseph Vogler 1781, Carl Christian Agthe 1785 (verloren), Christian Gottlob August Berg 1804. 3) Vgl. Gräf II 1, 4 1 1 u. Sichardt 149f. 4) Aufführungen von 1776 mitgeteilt in: Theater-Kalender, auf das Jahr 1777. Gotha [1777], 260. 5) s. unten 16. Mai 1775. 6) 2 1 weitere Aufführungen bis 1782. Vgl. SchrGG 11, 134, u. Litteratur- und Theater-Zeitung LI, Berlin 21. Dez 1782, 8 0 4 u. 811. 7) s. unten 13. Sept 1775. 8 ) Die bayerische Zensur hatte u. a. die Umwandlung der Lieder in Prosa verlangt (GJb 1 8 8 2 , 341f. u. GJb 1886, 291f.). 9 ) Zu den Wiener Aufführungen s. Helmut Barak: Goethe-Debüt i m Burgtheater, Erwin und Elmire. In: Jb. des Wiener Goethe-Vereins 1 9 9 8 / 9 9 , 3 7 - 4 1 . 1 0 ) Vgl. Theater-Journal für Deutschland, 12. Stück, Gotha 1779, 60. 1 1 ) Geschrieben 1830/31. 1
2
1773
ERWIN UND E L M I R E [I] EIN SCHAUSPIEL MIT G E S A N G
193
Nov [Frankfurt] An Betty Jacobi (Br 2, 128): Ich habe gar keine Zeit meine Ende Sinnen zu sammeln, und habe dazu ein Stückgen Arbeit angefangen, stricte für Sie, und alle lieben Seelen die Ihnen gleichen nicht zur N a h r u n g doch aber hoff ich zur E r g ö z u n g . Auf Fassnacht könnts anmarschieren, wenn die Sterne nicht gar grob zuwieder sind.
?
Dez
[Frankfurt] An Johanna Fahimer (Br 2, 131): Anbey sende das Liedlein unter den Bekanndten Bedingnissen [Verschwiegenheit] . . . Auf dem Land und in der Stadt Hat man eitel Plagen, Muss ums bissgen das man hat, Sich mit'm Nachbaar schlagen. Rings auf Gottes Erde weit Ist nur Hunger, Kummer, Neid. Mögt eins 'nausser lauffen. Erdennoth ist keine Noth, Als dem Feig' und Matten. Arbeit schafft Dir täglich Brod, Dach, und Fach und Schatten. Rings wo Gottes Sonne scheint Findst ein Mädgen findst ein' Freund Lass uns immer bleiben! 1 ) ?
9. [Düsseldorf] Betty Jacobi an G (GJb 1985, 287): Um Fastnacht also ein neues Stückchen Arbeit von Ihnen ganz nach unserm Herzen und Geschmacke. - Es soll uns sehr viel Freude machen, Hr. Doctor, das versichere ich Ihnen . . .
[25.]2) [Frankfurt] An J. C. Kestner (Br 2, 113f.): Ich bin auch zeither fleisig gewest hab viele kleine Sachen gearbeitet, und ein Lustspiel mit Gesängen ist bald fertig, auch einige ansehnlichere Stücke in Grund gelegt, und nun wird drüber studirt. | Obiges Lustspiel ist ohne grossen Aufwand von Geist und Gefühl, auf den Horizont unsrer Ackteurs und unsrer Bühne gearbeitet. Und doch sagen die Leute 3 ) es wären Stellen drinn die sie nicht prästiren würden. Dafür kann ich nachher nicht. | Ihr sollts im Msspt. haben. 31. [Frankfurt] An Betty Jacobi (Br 2, 138): Auf Fassnacht bleibts dabey kommt was angefahren.
?
1) Später in Erwin und Elmire eingelegt (W 38, 92f.). Ob das Lied schon für das Stück gedichtet wurde, ist ganz ungewiß (Graf II 1, 411). 2) Datierung nach FA II 1, 340. 3) Mitglieder der Marchandschen Theatergesellschaft in Frankfurt (Graf II 1, 412).
194
ERWIN UND E L M I R E [I] EIN SCHAUSPIEL MIT GESANG
1773"1775
17731775 —
— Summarische Jahresfolge Goethe'scher Schriften (W 42.1, 82): Von 1769 bis 1775 . . . Erwin und Elmire . . .
—
—
(s. „Claudine von Villa Bella [I]": Paralip. zu DuW Buch 7, Schema zu DuW Buch 17, Paralip. zu DuW Buch 18 u. Tag- und Jahres-Hefte gD, EGW 2, 199f.)
1774 Jan 25.')
[Pempelfort] Lotte Jacobi an J. G. Jacobi (Nachlaß Jacobi, UB Freiburg, NL 7 IV B 184): Ferner dient zur beliebigen Nachricht daß ich einige Romanzen von Göthe . . . bekommen habe, die abschrift eines Liedchens davon welches uns allen recht Wohlgefallen, hat füg' ich hier bey, die übriegen aber werden auf deiner hierhinkunft verwahrt . . . [Beilage:] 2 ) Ein Veilchen auf der Wiese stand | Gebück in sich und unbekanndt | Es war ein herzlich Veilchen | Da kam eine junge Schäferinn | Mit leichtem Schritt und, munterm Sinn | Daher! Daher! | Die Wiese her und sang. | Ach dacht das Veilchen war ich nur | Die schönste Blume der Natur | Nur auf ein kleines Weilchen | Bis mich das Liebchen abgepflückt | Und an den Busen matt gedrückt | Ach nur Ach nur | Ein viertel Stündchen lang | Ach aber ach das Mädchen kam | Und nicht in Acht das Veilchen nahm | Ertrats das arme Veilchen. | Und sanck und starb und freut sich doch | Und sterb ich denn so sterb ich noch | Durch sie Durch sie | Zu ihren Füsen doch.
Mai
17. [Düsseldorf] W. Heinse an Gleim (Bode 1, 56): Goethe wird bald eine Oper . . . herausgeben . . .
Juli
12. [Bad Ems] Lavater Tagebuch (SchrGG 16, 296): Ich erhielt einen Brief . . . von Goethe 3 ) . . . Eine Beylage aus einer Opperette. Ich las . . . Goethes Opperette. 20. [bei Bonn] Lavater Tagebuch (SchrGG 16, 313): Goethe las uns [Lavater u. G. F. Schmoll] aus seiner Elmire, einer Opperette . . .
?
Aug (s. „Arianne an Wetty": an Lavater gD, EGW 1, 137) Mitte
1775 —
— Schema zu Dichtung und Wahrheit Buch 17 4 ) (AA-DuW 2, 606ff.): Wären die sämmtlichen Gedichte jener Epoche [der Verbindung zwischen G und Lili Schönemann] beysammen, sie würden den Zustand beßer darstellen als es hier geschehen kann; denn es war kein Gipfel des Glücks, kein Abgrund des Wehes, dem nicht ein Laut gewidmet gewesen wäre; von geselligen Festliedern bis zur kleinsten Geschenksbegleitung, alles war lebendig. Das Lied Erwins: „ I h r v e r b l ü h e t s ü ß e R o s e n " , gehört hierher, wie überhaupt E r w i n und E l m i r e
Datum berichtigt aus 1773. ) Verse für Erwin und Elmire (W 38, 84). 3) Nicht überliefert. 4) Geschrieben 1816 Dez. 2
1775
E R W I N U N D E L M I R E [I] E I N S C H A U S P I E L M I T G E S A N G
[Jan od. Febr Anf.l
?
Jan
195
ganz nach der ersten Ausgabe . . . Andrä componirt Erwin und Elmire. I h r v e r b l ü h e t s ü ß e R o s e n ; Entlockte Lilli manche Thräne. Die herrliche Romanze von Goldschmidt welche hier dramatisirt worden, hatte uns gerührt, aber sanft, weil sie befriedigend endigte. Jetzt aber sahn wir nun eine völlige Auflösung des Verhältnisses vor uns. [Frankfurt ?] An Lili. Widmung von Erwin und Elmire, Anfang 1775 (W 4, 202): Den kleinen Strauß, den ich dir binde, Pflückt' ich aus diesem Herzen hier. Nimm ihn gefällig auf, Belinde, Der kleine Strauß, er ist von mir.
13. (s. „Faust. Ein F r a g m e n t " : an Knebel gD) 27.
[Frankfurt] F. H. Jacobi an Wieland (Wieland BriefeAA 5, 331): Zur Iris hat er [G] verschiedene Beiträge geliefert, und in den dritten Theil kommt ein Drama mit Arien von ihm.
28.
[Frankfurt] F. H. Jacobi und G an J. G. Jacobi (Br 50, 7f.): [F. H. Jacobi:] Freu dich, lieber guter George, noch in den 2. Band der Iris giebt uns Göthe ein Drama mit Sang, so schön, so herrlich daß du närrisch werden wirst wann du's ließt. Binnen 8 Tagen soll's fix und fertig seyn. Auch werden gleich eine oder zween der populairsten Arien in Musick gestochen und sollen beygefügt werden. 1 ) Mit diesem Drama E r v i n u n d E l m i r e soll das 3. Stück des II. Theils der Iris anfangen. Morgen schreib ich's an Rost. 2 ) Schreib's ihm auch den Augenblick, damit er keine Streiche macht, denn er wird des Teufels darüber werden daß wir ihm soviel Raum wegnehmen . . . [G:] Weilen ich über allerley Eyern Brüte, worunter auch freylich Guckucke und Basilisken flick werden, welche für Ihre Menagerie nicht taugen, kann ich so viel nicht hergeben als ich wohl möchte. Wir haben herrliche Tage, deren Ihnen der gute Geist auch gewähre! [F. H. Jacobi:] Hier eine Arie zur Probe aus Ervin und Elvire: Ihr verblühet süße Rosen, meine Liebe trug euch nicht, blühtet, ach, dem Hoffnungslosen, dem der Gram die Seele bricht. Jener Tage denk ich traurend, als ich, Engel, an dir hing, auf das erste Knöspchen laurend früh zu meinem Garten gieng. Alle Blüten, alle Früchte, noch zu deinen Füßen trug, und vor deinem Angesichte hoffnungsvoll die Seele schlug. Ihr verblühet süße Rosen. 3 )
Das Heft enthielt als Musikbeilagen J. Andrés Vertonung von Ein Veilchen auf der Wiese stand u. Ein Schauspiel filr Götter. 2) W. Heinse, der die Redaktionsarbeit an der Iris besorgte. 3) W 38, 90.
196
ERWIN UND ELMIRE [I] EIN SCHAUSPIEL MIT GESANG
1775
Das Veilchen, das Göthe einst Lottchen schickte, 1 ) gehört auch in dies Drama. - Seltsam ist, daß das Ganze sich so vortrefflich in die Iris schickt; ich möchte sagen, dafür ausdrücklich componiert worden zu seyn. Es ist gewissermaßen ein Stück zur Erzieh u n g der Töchter. Febr (s. „Caesar": Prinz Carl August von Sachsen-Meiningen an seine Schwester 3.-5. E G W 2 , 4)
gD,
6. [Frankfurt] An Betty Jacobi (Br 2, 232): Hier ist was für die Iris.2) Bald mehr. nach 6. [Düsseldorf?] W. Heinse an J. G. Jacobi (JG3 5, 410): Goethe hat auch wieder Lieder geschickt, Meisterwerke. Nur sind ein Paar falsche Reime drinn; ich hab ihn um deren Veränderung gebeten, vielleicht thut er's.
[Frankfurt] An Johanna Fahimer (Br 2, 235): Spediren Sie das doch gleich liebe Tante.4) Ich schreib an der Operette. Sobald Sie können, schicken Sie mir - Oder vielmehr schicken Sie mir den z w e i t e n Bogen den Sie haben, nur auf eine Stunde dass ich den kann ausschreiben lassen.5) Dann können sie ihn behalten solang Sie wollen. [10.-12.] [Frankfurt] An Johanna Fahimer (Br 2, 232): hier das beygehende gesiegelte ist für Rosten [Heinse]. es enthält fünf Bogen Operette [Erwin und Elmire].6) Spediren Sies doch unverzüglich, wenn nicht mit andern Sachen - gleich allein - mit der r e i t e n d e n [Post]. Hier sind auch einige Bogen Abschrifft. Wenn Sie ia kopiren wollen, kopiren Sie nicht mehr als die erste Scene für Georgen [Jacobi], etwa die zweite noch. 13. [Frankfurt] An Gräfin Auguste zu Stolberg (Br 2, 233f.): . . . nun giebts noch einen [G] ... der immer in sich lebend, strebend und arbeitend, bald die unschuldigen Gefühle der Jugend in kleinen Gedichten, das kräfftige Gewürze des Lebens in mancherley Dramas7) ... nach seiner Maase auszudrücken sucht, weder rechts noch links fragt: was von dem gehalten werde was er machte? 17. [Frankfurt] An Bürger (Br 2, 237): ... fleißig war ich eben nicht zeither. Die Frühlingsluft, die so manchmal schon da über die Gärten herweht, arbeitet wieder an meinem Herzen, und ich hoffe es löst sich aus dem Gewürge wieder was ab. Habe lieb was von mir kommt. 8 ) 6.-7. 3 )
Vgl. oben 25. Jan 1774: Lotte Jacobi an ihren Bruder Georg. ) Anfang von Elevin und Elmire, Widmungsstrophe An Belinden (Den kleinen Strauß, den ich dir binde...) u. Neue Liebe, neues Leben, im März in Iris erschienen. 3 ) Datiert nach FA II 1, 429. 4 ) G's Sendung an Betty Jacobi, 6. Febr 1775 (s. dort). 5 ) Rollenausschreibung für Aufführung im Freundeskreis? Vgl. unten 1775 Mai 16., 24. u. Juni 5. 6 ) Im ED 4 Bogen (Gräf II 1, 4 1 3 Anrn. 2). 7 ) Neben Stella und Faust ist auch an Erwin und Elmire zu denken. 8 ) Den ersten u. letzten Satz bezieht Gräf (II 1, 414) auf Erwin und Elmire. 2
1775
E R W I N U N D E L M I R E [I] E I N S C H A U S P I E L M I T G E S A N G
F e b r 21.
[März
197
[Düsseldorf] W. Heinse an J. G. Jacobi (Heinse 9, 236ff.): D a s d r i t t e S t ü c k [Iris] wird mit Göthens Operette angefangen, und fünfzig Exemplare sollen besonders davon abgedruckt werden. Vermuthlich n i m m t s i e 5 B o g e n [am Rand: der Setzer, mit dem ich eben gesprochen, meint noch mehr.], also das ganze dritte Stück ein. Göthe schickt immerfort Lieder, und alle s o l l e n u n d m ü s s e n gedruckt werden; und in Wahrheit sind auch alle vortrefflich und Meisterstücke. Zu diesen Liedern . . . ist also kein Platz mehr . . . von Göthe muß wenigstens auch V2 B o g e n Lieder hinein . . . Göthe läßt sich nicht erbitten, nach Ihrem Ausdrucke, nicht zu ravagieren; auch in seiner Operette ist ravagiert; indessen denkt man nicht dran, weil die Stösse doch so ganz vortrefflich sind, und allezeit sitzen . . . Jezt hab' ich zween Bogen Gorrectur vor mir liegen, in Göthens Operette K o m m a , Kolon, Semikolon und Punktum zu machen, Ausrufungszeichen in Fragezeichen zu verwandeln, zz in tz . . .
[Offenbach] An Gräfin Auguste zu Stolberg (Br 2 , 2 4 2 ) : . . . 0 wenn jetzt nicht Dramas schriebe ich ging zu Grund. 1 ) 15. [Frankfurt] An Sophie v. L a Roche (Br 2, 245): Friz [Jacobi] hat ich sehe meine lezte kleine Familie produzirt, er ist lieb. 2 ) 21. [Frankfurt] An F. H. Jacobi (Br 2 , 246f.): Dancke dir für alles w i n , 3 ) G e l d pp. . . . du wirst nun wohl abdrücke von den Arien ben 4 ) . . .
ich
8.?]
22.
wie Erha-
[Düsseldorf] F. H. Jacobi an G. M. Wieland (Wieland BriefeAA 5, 341): Hier der zweite Band der Iris. Da fällt mir eben ein, daß Göthe an demselben Abend, da er die F r e u d e n W e r t h e r ' s erhielt, 5 ) die Arie in Erwin und Elmire machte: | Ein Schauspiel für Götter 6 ) etc. | Es ist nicht zu sagen, wie wenig empfindlich er über Kritik ist. Und Niederträchtigkeit, Falschheit - o! die ist von keiner menschlichen Seele ferner, als von der seinigen.
[Frankfurt] An Johanna Fahimer (Br 2, 251): Hier E r w i n . 15. [Frankfurt] An Gräfin Auguste zu Stolberg (Br 2, 2 6 0 ) : Hier Beste, ein Liedgen [ Ihr verblühet, süße Rosen] von mir, darauf ich hab eine Melodie von Gretri umbilden lassen! 7 ) . . . Thun Sie doch einen Blick in den zweyten Band der Iris wenn Ihnen der aufstößt, es sind allerley Lieder von mir drinn. 8 )
[30.] Apr
?
[Mai 12.]
[Frankfurt] An Herder (Br 2 , 2 6 3 ) : Von meiner Fresko Mahlerey wirst ehstens sehen, wo du dich ärgern wirst gut gefühlte Natur neben scheuslichem Locus communis zu sehen.
) Erwin und Elmire? Stella? Faust? ) Gedichte u. Erwin und Elmire in Iris. 3) Druck in Iris oder Sonderdruck, vgl. oben D. 4) Notenbeilage der Iris. 5) G. F. Nicolais parodistischen Roman Freuden des jungen Werthers erhielt G wohl Ende Jan 1775, während Jacobis Aufenthalt bei G in Frankfurt. 6) Arie des Bernado (W 38, 89f.). 7) Ph. Chr. Kayser hatte das Lied nach einer Melodie des frz. Komponisten A. E. Gretry vertont; vgl. unten 15. Aug 1776: an Ph. Chr. Kayser. 8) 2. Bd, 3. Stück enthielt neben Liedern auch Erwin und Elmire. 1
2
198
E R W I N UND E L M I R E [I] EIN S C H A U S P I E L M I T
GESANG
1775
[Mai 16.] [Mannheim] An Johanna Fahimer (Br 2, 264): Sie müssen mir schreiben . . . Und wenn Erwin aufgeführt wird bitt ich doch um eine Relation.1) Denn eine Farce giebts doch - Und ob Lili drinn war? Und sonst. 20.
[Straßburg] J. M. R. Lenz an Sophie v. La Roche (Lenz 3, 318f.): Warum lassen Sie ihn denn so viele Operetten machen? Freilich kann mein kaltes Vaterland großen Anteil daran haben, daß ich mehr für das Rildende als Tönende der Dichtkunst bin . . . Wenn Sie denn doch seine Muse sein wollen, so verführen Sie ihn in ein g r o ß e s Opernhaus, wo er wenigstens Platz für seine Talente finden könnte . . . Nur weiß ich nicht, wie Göthe übers Herz bringen sollte, Helden anders als im Rezitativ singen zu lassen; oder die Arien müßten von einer Art sein, wie ich sie mir nicht zu denken im Stande bin. Ich schreiben I h n e n das, weil er m i r ganz stille schweigt.
[24.] [Straßburg] An Johanna Fahimer (Br 2, 264): Hoffe von der Vorstellung Erwins - , kein Wort als Autor! [Juni 5.] [Emmendingen] An Johanna Fahimer (Br 2, 266): Dancke herzlich liebe Tante für die Nachricht des herrlichen Tragierens . . . Ihr Brief2) hat uns allen viel Freude gemacht, Sie habens sehr lebhafft gefühlt, und sehr dramatisch erzählt. Mir wars lieber als die Vorstellung selbst. Juli
Sept
17.
[Rerlin] Theaterzettel (MA 1.2, 701): Der durch seinen ,Götz von Rerlichingen' und ,Clavigo' für die deutsche Schauspielkunst berühmt gewordene Herr D. Goethe hat sich mit vielem Glück an eine neue Gattung von Schauspielen gewagt und in dem heutigen Stücke eine neue Rahn gebrochen, die Herzen zu bezaubern.
18.
[Rerlin] Anna Louise Karsch an Gleim (Karsch - Gleim 2, 81): Gestern wars ziemlich voll bey dem kleinen Drama aus der Iris, der Name Göte loktte die Zuschauer, und es gefiel, und würde beßer gefallen haben wenn Madam Henisch Elmire gewesen . . .
4.
[Rerlin] Anna Louise Karsch an G (JG 3 5, 454f.): Viele Freude hatte ich vor 12 Tagen über ein gemaltes Mädchen, von dessen Original Ihr Genie Vater gewesen ist. Ich ging zum Zeichner Chodowiecky; ich bat ihn um eine Elmire in kleinem Format, in himmlischen Farben, leichtem Gewände, mit fliegendem Haar und entzückten Augen. Ich kam Tages darauf wieder hin, und fand das Mädchen, wie Du sie gedacht hast, wie sie vom Rerg herabgeflogen kommt, ihre Arme ausbreitet und singt, er ist nicht weit! Guter, schöpferischer Goethe, wärest Du hier gewesen, ich hätte Dich bei der nächtlichen Lampe gestört, du hättest mit mir die Freude theilen müssen, denn ich lief des abends noch zu jedem Freund, jeder Freundin, die ich erreichen konnte. „Seht Ihr's, rief ich, seht Ihr's, Kinder, so dachte sich Goethe das hoffnungsglühende Mädchen, das den todtgeglaubten Erwin suchte, das ihn wiederfinden sollte; so war Lotte gebildet, so flügelleicht ihr Fuß, so seelenvoll ihr Auge, als Werther mit ihr tanzte. Ich war närrisch froh; das Rildchen sollte zum Geschenke für das 2 1 jährige Mädchen welches uns die Schattenzüge Deiner Elmire vorstellt. Sie macht's gut genug, hat Feuer und Gefühl, modulirt auch die Redestimme wie sich's gebührt, aber die Töne der Musik werden nicht erreicht, davor kann die Mutter Natur. Ich wollte durch's Rild die Spielerin aufmuntern; eine von ihren Kameradinnen gab es ihr, und es wird, in Kupfer gestochen, allen Kenneraugen des weiten Deutschlands gefallen. Mir hat es ein Fest gegeben. 3 )
Liebhaber-Aufführung in G's Freundeskreis. Vgl. oben 6 . - 7 . Febr 1 7 7 5 , unten 1 7 7 5 Mai 24. u. Juni 5. 2) Nicht überliefert. 3) Chodowieckis Zeichnung s. Abb. VII.
1775
ERWIN UND ELMIRE [I] EIN SCHAUSPIEL MIT GESANG
199
Sept 13. [Frankfurt] Theaterzettel (A. R. Mohr: Frankfurter Theater von der Wandertruppe zum Komödienhaus. Ein Beitrag zur Theatergeschichte des 18. Jahrhunderts. Frankfurt/Main 1967, nach S. 64): Mit gnädigster Erlaubniß | Eines Hoch-Edlen und Hoch-Weisen | Magistrats, | der Kayserl. Freien Reichs- Wahl- und Handels-Stadt | Franckfurt am Mayn, | Werden heute Mittwochs den 13. September 1775 | Die ChurPfâlzischen Hof-Schauspieler | Unter der Direction des Herrn Marchand | Die Ehre haben ihren Schauplatz zu eröffnen, und auf demselben aufführen: | Eine gantz neue ORIGINAL-OPERETTE, | In einem Aufzug, von Herrn Doctor Göthe verfertigt. | Genannt: | Erwin und Elmire. | Die Music ist von Herrn Andrée componirt. | Personen. | Olympia Elmire, ihre Tochter. Erwin, ihr Liebhaber. Bernardo, gewesener Lehrmeister des Erwins und der Elmire. | Vor dieser Operette wird ein Lustspiel . . . aufgeführt werden. | Genannt: | Die Juden 1 )... ?
Okt
3. [Ulm] G. F. D. Schubart an G (GJb 1882, 427): Vortrefflicher junger Mann, Bewunderung und Dank vor die herrlichen Stücke, die Sie unserm Vaterlande liefern! Alles, was ich von Ihnen gelesen habe, entzückt mich, schwillt mein Herz im edlen Stolz empor, dass wir dem Auslande einen Mann entgegen setzen können, den sie nicht haben und nach ihrer Versteinerungssucht niemals haben werden. Ihre Idillen sind so ganz Natur, so voll reicher Geniezüge und starker deutscher Pracht, dass Gessners idealische Hirtenwelt umreissen kann 2 )... 31. [Büzow] J. E. Biester an Bürger (Strodtmann 1, 251): Du hast doch schon Erwin und Elmire von Göthen gelesen? Es ist einzeln gedruckt, und steht auch in der Iris 2ten Bande. Was sagst zu der alten herzlichen Ballade: Ein Veilchen auf der Wiese stand etc. O wie ruht doch Shakespears Geist in allen seinen Modifikazionen auf Ihn!
1776 Apr
12. [Weimar] S. v. Seckendorf an A. v. Seckendorff (Bode 1, 175): Unsere Theatervorstellungen dauern fort, und wir werden in acht Tagen zwei komische Opern geben . . . denen bald Goethes „Erwin und Elmire" mit der Musik von Schweitzer folgen wird. 3 ) 29. [Weimar] E. W. Wolf an J. G. J. Breitkopf (Hitzig 89): Die verwittibte Fr. Herzogin hat seinen Erwin u. Elmire komponirt, und in 14 Tagen wird diese Operette auf unserm Liebhaber Theater aufgeführt.
) Zu dieser Aufführung E. Mentzel: Der junge Goethe und das Frankfurter Theater. In: Fs. zu Goethes 150. Geburtstagsfeier dargebracht vom Freien Deutschen Hochstift. Frankfurt 1899, 176ff. 2 ) Am 25. Sept 1775 hatte Schubart Andrés Erwin und ElmireNertonung in der Deutschen Chronik angekündigt: Erwin und Elmire ist nach dem Gefühle aller guten Leser das beste deutsche Singspiel André ... bedarf also meiner Empfehlung nicht. Nur dieß will ich zur Ermunterung der Subscribenten hinzusetzen, daß dieß Singspiel mit seiner Musik bereits in Berlin, Frankfurt, Cölln und Amsterdam aufgeführt worden. Döbbelin hat es im Juli 3 mal hintereinander zu Berlin gegeben, und im August wurd' es wieder ein paar Mal verlangt (S. 616). Eine Besprechung folgte 19. Sept 1776. 3 ) Nächste nachweisbare Aufführung mit Anna Amalias Komposition: 24. Mai 1776. 1
200 Mai
ERWIN UND E L M I R E [I] EIN SCHAUSPIEL MIT GESANG
1776
4. [Weimar] J. M. Mieding, Rechnung an Carl August über 1 Taler, 12 Groschen (ThHStA A 1063 Nr. 908 Bl. 42): ... 4 Colisen [Kulissen] Von alter LeineWand zusammen gestikt und zum Zug gemacht zur neue oberette ...
16. [Weimar] Probe Elmir. 1 ) 17. [Weimar] Apel, Rechnung an Carl August über 4 Groschen (ThHStA A 924 Bl. 737): . . . vor Einen Bart und vor Ein Lang har zum Lib habea täater verfertiget . . . 18. [Weimar] J. M. Mieding, Rechnung an Carl August über 2 Taler, 18 Groschen (ThHStA A 1063 Nr. 908 Bl. 47): Zu der neue Operette Erwin und Elmire Eine hütte Von Latte die LeineWand Von alten stiken zusammen geneth und drauf genagelt auch mit Einen Stroh Tach und ein Geländer Zum garden neben der hütte . . . 20. [Weimar] E. W. Wolf an J. G. J. Breitkopf (Hitzig 89): Ob sein Erwin u. Elmire rnusikal. gedruckt werden, weiß ich noch nicht, was meynen Sie? - unter dem Namen einer Fürstin? 2 ) 21. [Weimar] J. G. G. Hauenschildt, Rechnung an Carl August über 2 Taler, 4 Groschen (ThHStA A 924 Bl. 738): Vor den Herrn Archivarius Seidler ein Habit zur Comedie ...
24. [Abends Vorstellung von] Erwin und Elmire. 3 ) 25. [Weimar] J. H. Schumann, Rechnung an Carl August über 2 Taler (ThHStA A 1063 Nr. 908 Bl. 60): Eine Einsiedler hütte gemahlen auf Leine wandt, ferner einen Alcoven in ein Zimmer auf Leinewandt gemahlen und eine Collise ausgebeßt [!] und latten werden angestrichen . . . 30. [Weimar] E. W. Wolf an J. G. J. Breitkopf (Hitzig 89f.): Herr [G. D.] Stegmann muss mehr Geld haben als ich, sonst möchte ihm wohl der Muth, Goethens Erwin u. Elmire . . . auf seine Kosten drucken zu lassen vergangen seyn.
Juni 4. [Abends Vorstellung von] Erwin u. Elmire. Gewitter. [7.]4) An Ch. v. Stein (Br 3, 76): Hier ein Erwin.5) Schicken Sie das Ihrige der Werthern . . . Meiner Schwester mögt ich eine Abschrifft der neuen Melodie schicken. 6 ) 10. [Abends Vorstellung von] Erw. Elmir. Juli
15. [Weimar] Berlinisches Litterarisches Wochenblatt. Auszug aus einem Brief (Braun 1, 290): Ich habe E r w i n u n d E l m i r e mit Göthe's Vermehrungen, und nach der schönen Musik der verwittweten Herzogin, aufführen gesehn, und muß die Vorstellung loben. Die Besetzung ist folgende: Erwin: Hr. S e i d l e r , singt gut und spielt auch den Liebhaber im Faßbinder. Elmire: Madam S t e i n h a r t , artige Figur. Olympia: Madam W o l f , Bernardo: H . . . [bricht ab]
) Wegen des Todes der russ. Großfürstin Natalia Alexejewna, einer Schwester Herzogin Luises, wurde die Aufführung verschoben. 2) Betr. Anna Amalias Komposition, die damals ungedruckt blieb. 3) Zur Besetzung vgl. unten 15. Juli 1776. 4) Datiert nach Frankel 1, 34. 5 ) Wohl ein Ex. des Textbuchs für die Weimarer Aufführungen Arien und Gesänge, s. oben D. 6) Vermutlich die beiden neuen Lieder für Elmire u. Olympia (W 38, 465f.) in Anna Amalias Komposition (Graf II 1, 416). 1
1776 Aug
E R W I N U N D E L M I R E [I] E I N S C H A U S P I E L M I T G E S A N G
7. [Wien] G. W. Ritter v. Gluck an Wieland (Wieland BriefeAA 5, 538): Empfehlen Sie mich diesem treflichen Manne [G], und sagen Sie ihm, daß ich die Gesänge seines Erwins für das hiesige Theater würde zubereitet haben, wenn es uns nicht an Personen fehlte, dieselben zu executiren. 15.
Sept
201
An Ph. Chr. Kayser (Br 3, 97): Schick mir doch das: | Ihr verblühet süsse Rosen | nach der französischen Melodie die du zugerichtet hast.
14. [Weimar] A. G. Hauptmann, Rechnung an Garl August über 7 Taler, 12 Groschen (ThHStA A 1063 Nr. 908 Bl. 67): . . . zur er Leuchtung bey der Comedie Erbin und Elmire ...
14. [Weimar] J. M. Mieding, Rechnung an Garl August über 16 Groschen (ThHStA A 1063 Nr. 908 Bl. 69): . . . Den 10 tel1 September das Theater zurechte gemacht zur Oprette Erwin u n d Elmire ...
Nov
16. [Weimar] Friederike Gräfin Görtz an J. E. Graf v. Schlitz gen. v. Görtz (Sichardt 140): . . . Elmire, avec une nouvelle petite piece du Sieur Goethe appelé die Geschwister, ou il fera le principal acteuer . . . 21.
[Weimar] Friederike Gräfin Görtz an J. E. Graf v. Schlitz gen. v. Görtz (Sichardt 140): Aujourd'hui nous avons cette fameuse Elmire avec la petite piece de Goethe [ Die Geschwister] ...
nach21.
[Weimar] Ph. Seidel an J. M. R. Lenz (BG 1, 464): Am Donnerstag wurde Erw u Elmire und die Geschwister aufgeführt . . .
1777 Jan
6. Bey Musaeus. zur Elmire Probe des tutore [von Goldoni], Bis 10 bey Kronen [Corona Schröter]. 1 )
F e b r 27.
[Weimar] E. W. Wolf an J. G. J. Breitkopf (Hitzig 90f.): Erwin und Elmire hat Herr Goethe sehr verschönert. Er lässt die Mutter mit dem Bernardo zu erst auftreten, u. sie miteinander wegen des Zustands der Elmire besprechen, und am Ende lässt er selbige, wie gerufen, wieder herzu kommen. Daher sind noch 3 Arietten, und am Ende ein Quartett entstanden. Mademoiselle Schröter als Elmire, thut Wunder, meine Frau als Olympia ist auch nicht auf den K o p f gefallen. Bernardo macht Herr Aulhorn, Erwin Herr Seidler; beide leidlich. Das Stück wird übermorgen, als den 1. Merz d. J. vor Ihrer des Herrn Herzogs Ferdinand [von Braunschweig] Durchlaucht aufgeführt . . .
März 1. An Ch. v. Stein (Br 3, 138): Einmal wollt ich kommen zum zweyten Ackt will aber reiten. 1. [Abends Vorstellung von] Erwin und Elmire.
) Nach Gräf I 2, 4 1 6 entweder Probe mit Corona Schröter für die nächste Aufführung, in der sie die Elmire sang; oder Ausführung bzw. Planung von Zusätzen für die nächste Aufführung. Sichardt, 141 verzeichnet für diesen Tag keine Probe oder Aufführung.
1
202
E R W I N U N D E L M I R E [I] E I N S C H A U S P I E L MIT
GESANG
1778
1778 F e b r 27.
[Abends Vorstellung von] Erwin u. Elmire.
27.
[Weimar] Friederike Gräfin Görtz an J. E. Graf v. Schlitz gen. v. Görtz (Sichardt 150): . . . aujourd'hui l'interessante pièce d'Erwin et Elmire . . .
28.
[Weimar] A. G. Hauptmann, Rechnung an Carl August über 8 Taler, 20 Groschen (ThHStA A 1076 Bl. 659): . . . die ver Heitzung [und] Erleuchtung bey der gestrigen Comedi...
28.
[Weimar] J. M. Mieding, Rechnung an Carl August über insgesamt 11 Taler, 10 Groschen (ThHStA A 1076 Bl. 655): Den 21 tel1 Februari das Theater aufgebaut und zur general Probe zurechte gemacht . . . Den 27 te11 Februari zur Comoedie worzu 4 gesellen zur Verändrung des Theaters gebraucht . . . Den 28 tel1 Februari das Theater abgebrochen und in Verwahrung gebracht . . . Zur hitte Vor den Erbin [Erwin] ein neu Tach von Pappe gemacht . . .
Juli [Berlin] Anna Louise Karsch an G (Gleimhaus Halberstadt Hs. B 114, 227): Herzfornach 3. schung | an Göthe | Männer Eure Weyßheit ist | Manngel ann Teilnehmungstrieben 1 ) | D u der du so geistreich bist / Göthe du hast dieß geschrieben / Legstes Elmiren in den Mund / D r u m kan ich von dir nicht wähnen / daß inn deines Herzensgrunnd / kein Gefühl sey für die Trähnen / Die der Eisenschwere Gram / auß bedrängtter Brust kan preßen 2 )...
1782 Auf Miedings Tod (W 16, 138 v. 159f.): . . . Und oftmals liehen Wärme, Leben, Glanz 1. Hälfte] Dem armen Dialog - Gesang und Tanz ... 3 ) [Febr od. März
1785 Dez
23. (s. „Scherz, List und R a c h e " : an Ph. Chr. Kayser gD)
1787 S e p t 12. (s. „Erwin und Elmire [II]": Ital. Reise gD, E G W 4, 206)
Elmire: . . . daß all eure Weisheit Mangel an Theilnehmung ist... (W 38, 8 0 2 4 f ) . ) Folgt Bitte u m Unterstützung des Baus einer Kirche in Tirschtiegel. 3 ) Wohl Anspielung auf Erwin und Elmire', von dem äußerst platten Dialog des Stücks spricht G 1787 (Gräf I 2, 4 1 7 ) ; s. unten in „Erwin und Elmire [II]" 1787 Sept 12.: Ital. Reise.
2
1796
E R W I N UND E L M I R E
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GESANG
203
1796 Juni
1.
[Weimar] F. Kirms an G (GSA 2 8 / 1 3 Bl. 2 1 0 f . ) : In 1 4 Tagen soll Erwin und Elmire auf dem Hoftheater gegeben werden, in welchem Dem: Rudorf und Herr Benda spielen werden. Es soll ein Geheimniß seyn, soll bey g e s c h l o ß e n e m Hause gespielt, und der Herzogin [Anna Amalia durch Wiederaufführung ihrer Komposition] damit eine heimliche Freude g e m a c h t werden.
5.
[Weimar] F. Kirms an G (GSA 2 8 / 1 3 Bl. 2 3 9 ) : Künftigen Freytag soll Erwin und Elmire ganz in der Stille seyn. Fräulein von Göchhausen wird die Billets ausgeben an die Auserwählten und sonst soll niemand eingelaßen werden. Sie ließ mich gestern i n das Zimmer hinter dem Parterre rufen und machte mir es bekannt. Ich antwortete: ich würde die Billeteur instruiren laßen, weil i c h ' s nicht hindern konnte. Ich unterlaße indeßen nicht, Euer Hoch Wohlgeboren davon schuldige Anzeige zu thun . . .
6.
[Weimar] G. H. Benda an G (GSA 2 8 / 1 3 Bl. 2 1 5 ) : Die Fräulein Wolfskehl, Fräulein Gechhausen [Göchhausen] und Madmoiselle Rudorf h a b e n sich endschloßen, künftigen Freutag, als den 10 te11 dieses Erwin und Elmire auf dem Herzoglichen Hoftheater aufzuführen, und haben mich dahero ersucht, den Pernarto [Bernardo] dabei zu übernehm e n , ich r e c h n e es daher für meine Schuldigkeit, Ihro Excellenz davon zu benachrichtigen, und die Erlaubniß dazu von Ihro Excellenz zu erbitten; da ich gerne zu dem Vergnügen, das sie dadurch der durchlauchtigsten Herzogin m a c h e n , etwas beitragen möchte. [Weimar] K. A. Böttiger an W i e l a n d (Wieland BriefeAA 1 3 . 1 , 2 9 9 ) : Jetzigen Freitag [10.] wird man die verwitwete Herzogin mit Erwin und Elmire überraschen, wobei die Göchhausen die Theaterdirection hat, und die Wolfskeel zur großen Augenweide unserer Pisistratiden als Erwin eine Beinkleiderrolle spielen wird.
[9.]
[Weimar] Luise v. Göchhausen an G (Göchhausen 1 2 5 ) : W i r gedenken Morgen Abend vor einer kleinen Gesellschaft bey verschloßnen T h ü r e n Ihre Oprette, Erwin und Elimire, zu spielen. Die Herzogin weiß nichts davon, und wir hoffen, ihr eine kleine Freude damit zu m a c h e n . | Nun k o m m t die Bitte! Sie m ö g t e n uns das T h e a t e r , nebst denen dazu gehörigen 2 Decorationen und der B e l e u c h t u n g gütigst erlauben. Solte die B e l e u c h t u n g Schwürigkeiten m a c h e n , so wollen wir uns auch gern zu herbey Schaffung der Lichter verstehn. | F ü h l e n Sie sich stark genug Ihr Kind in solchen Händen zu sehen, so lege ich hier ein entré Billet bey.
11.
[Weimar] Gh. v. Stein an F . v. Stein ( B G 4 , 2 3 0 ) : Gestern war ich in der Gomedie aber n i c h t von Schauspielern gespielt, es war Erwin und Elmire das Sing Stück vom Goethe. Die Goechhausen, Wolfskehl, Rudorfen, und der acteur Benda waren die Personen; D e r Herzogin Mutter hatte man gesagt es liese sich ein französischer Musikus i m Schauspielhauß hören; der Herzog hatte sie h i n e i n geführt, aus Versehen waren die Hoffdames nicht da und solten n a c h k o m m e n , wie erstaunt war sie, als der Vorhang sich aufzog, und gleich eine von i h r e n Damens auf den T h e a t e r sah ich saß hinter ihr und muste r e c h t herzlich lachen. Die Wolfskehl h a t den Erwin g e m a c h t und hat ausgesehen wie B e n j a m i n g e n , sie habens aber r e c h t hübsch gemacht; Es waren nur wenig Zuschauer die Freunde und Bekante der Spielenden. Die Rudorf sang sehr schön aber es aplaudirte ihr niemand als nur dem Kn[ebel] nur der Geh: Goethe einmahl, es stimte aber niemand mit ein, das publicum h a t i h r e n moralischen F l e c k e n noch vor der schönen Stimme gesehen, der Wolfskehl wurde nicht aus Rücksicht vor noch j e m a n d applaudirt, der Goechhausen hab ich applaudirt . . . [Weimar] G. G. v. Voigt an G (SchrGG 5 3 , 2 6 5 ) : B e i der F r a u Herzogin Mutter wird eine kleine Operette gespielt. Fräulein von Göchhausen und von Wolfskehl, die Rudorfin und Herr Benda sind die Akteurs; das Publikum sagt, die Herzogin habe die Operette selbst gemacht.
204 Juni
ERWIN UND E L M I R E [I] EIN SCHAUSPIEL MIT GESANG
1796
15. [Zürich] Wieland an K. A. Böttiger (Wieland BriefeAA 13.1, 303): Sie schreiben mir, man werde, die Herzogin WLutter nächstens mit Erwin u Elmire überraschen, worin Frl. Wolfskeel den Erwin spielen werde, und wobey die vielgestaltige Dame Louise Qröchhausen die Theaterdirekzion habe. Seihen Sie doch so gütig, mir den Erfolg diese merkwürdigen Evenement umständlich zu beschreiben, und zugleich zu melden, was den Anlaß dazu gegeben, und ob nicht auch das schöne Rudelchen [Rudorf] eine Rolle dabey gespielt hat - item auf w e l c h e n S c h a u p l a t z Ihre Pisistratiden mit dieser Augen u Ohrenweide regaliert worden sind. Glückliche Weimaraner! Die, während uns andern nichts als Krieg u Kriegsgeschrey . . . um die Ohren sauset, ihre sorgenfreyen und von den Leiden der übrigen Menschheit nun berührten animulas mit so lieblichen Schaugerichten Laben können!
1820 Nov
9. [Beckenhof] D. Heß an G (GG 1, 285f.): Schreiber dieses [habe], als neunjähriger Knabe . . . über Erwins und Elmirens Wiedervereinigung Tränen aufrichtiger Teilnahme geweint, dem fremden lebhaften Herrn, aus dem Fenster der Kinderstube, wie einem Götterboten [nachgestaunt] . . . als ihm seine ältere Schwester gesagt hatte, das sei eben der Herr Goethe . . .
1823 Aug 21. Ouvrages poétiques de Goethe (W 53, 208): de 1769 jusqu. 1775 | E r v i n et E l m i r e , opéra. AR/PK E r w i n u n d E l m i r e [II]. E i n S i n g s p i e l 1 ) E
1785 Dez - 1786 Jan (Plan) 1787 Sept - 1788 Jan (Ausführung)
D
S 5 (1788) 3 2 5 - 8 8 . - Erwin und Elmire. Ein Singspiel. Von Goethe. Ächte Ausgabe. Leipzig, bey Georg Joachim Göschen, 1788. 2 ) - A 7 (1808) 8 7 - 1 3 2 . - B 8 (1816) 8 7 - 1 3 2 . - C 1 10 (1827) 2 8 7 - 3 3 2 . - W 11, 2 8 5 - 3 3 0 ; 424-440. - FA I 5, 6 2 7 - 5 9 . MA 3.1, 3 3 0 - 5 9 .
Z3) —
1784-1802 —
(s. „Claudine von Villa Bella [II]": Geschichte des Weimarischen Theaters gD, EGW 2, 202)
) Neubearbeitung von Erwin und Elmire. - Vertonungen des Singspiels: J. F. Reichardt 1793 (s. EGW 2, 213, Anrn. 2); M. Ruprecht 1793 (verloren). 2) Gleichzeitig mit S 5. 3) s. auch Z zu „Erwin und Elmire [I]". 1
1785
ERWIN UND E L M I R E [II], EIN SINGSPIEL
205
1785 Dez
23. (s. „Scherz, List und Rache": an Ph. Chr. Kayser gD)
1786 Jan
23. An Ph. Chr. Kayser (Br 7, 168): Mit Erwin und Elmire habe ich vor Statt Mutter und Bernardo noch ein Paar iunge Leute einzuführen die auf eine andre Weise in Liebes Uneinigkeit leben, also zwey Intriguen die sich zusammenschlingen und am Ende beyde sich in der Einsiedeley auflösen. Vom Gegenwärtigen bliebe nichts als die singbarsten Stükke die Sie auswählen könnten. 1 )
Juni 28. (s. „Claudine von Villa Bella [II]": an F. J. Bertuch u. an G. J. Göschen gD, EGW 2, 202f.) Juli Sept Dez
6. (s. „Werke, Ausgabe S " : an Gh. v. Stein gD) 2. (s. „Werke, Ausgabe S " : an Carl August gD u. an G. J. Göschen gD) 12. (s. „Faust. Ein Fragment": an Carl August gD) 16. (s. „Werke, Ausgabe S " : an Gh. v. Stein gD)
17871788 (s. „Claudine von Villa Bella [II]": Tag- und Jahres-Hefte, Summarische Jahresfolge, Karlsbader Schema zu DuW gD, EGW 2, 203)
1787 Jan
13. (s. „Egrnont": an Ph. Seidel gD, EGW 3, 194) 13. (s. „Werke, Ausgabe S " : an Ph. Chr. Kayser u. an G. J. Göschen gD)
Febr 2., 6., 16., 20. , J^' Aug
1
11., 15.
J
Ausgabe S " gD)
15., 18. (s. „Egrnont" gD, EGW 3, 197) [28.] (s. „Claudine von Villa Bella [II]": Ital. Reise gD, EGW 2, 204)
) Das Folgende s. in „Claudine von Villa Bella [II]", EGW 2, 202. - Unter Kaysers Gesängen mit Begleitung des Claviers (1777) finden sich vier Lieder aus Erwin und Elmire\ Ihr verblühet, süße Rosen, Ein Schauspiel für Götter, Ein Veilchen auf der Wiese stand, Sieh mich, Heil'ger, vgl. SchrGG 11, 135. - Die in Rom durch die Zusammenarbeit mit Kayser erhoffte Vertonung der Singspielfassung von Erwin und Elmire kam nicht zustande.
1
206
ERWIN UND E L M I R E [II], EIN SINGSPIEL
1787
[Sept 6.] (s. „Egmont": Ital. Reise gD, EGW 3, 198)
[12.] Ital. Reise. Zweyter Römischer Aufenthalt. Den 12. September 1787 (W 32, 79f.): Erwin und Elmire ist zur Hälfte schon umgeschrieben. Ich habe gesucht dem Stückchen mehr Interesse und Leben zu verschaffen und habe den äußerst platten Dialog ganz weggeschmissen. Es ist Schülerarbeit oder vielmehr Sudelei. Die artigen Gesänge, worauf sich alles dreht, bleiben alle, wie natürlich. Okt
1. (s. „Werke, Ausgabe S " : an G. F. Schnauß? gD)
[12.] Ital. Reise. Zweyter Römischer Aufenthalt. Castel Gandolfo (W 32, 109): Erwin und Elmire ist so gut als fertig; es kommt auf ein paar schreibselige Morgen an; gedacht ist alles. 1 ) 24. (s. „Werke, Ausgabe S " : an J. G. Kestner gD) 27. (s. „Claudine von Villa Bella [II]": an G. J. Göschen gD, EGW 2, 204) 27. (s. „Werke, Ausgabe S " : an Ph. Seidel gD) [27.] (s. „Claudine von Villa Bella [II]": Ital. Reise gD, EGW 2, 204) Nov
(s. „Claudine von Villa Bella [II]": Schema zur Ital. Reise, Paralip. 29 u. 30 u. Bericht Nov 1787 gD, EGW 2, 205f.) [3.] (s. „Claudine von Villa Bella [II]" Ital. Reise gD, EGW 2, 205) [21.] (s. „Claudine von Villa Bella [II]" Tageregister Ital. Reise gD, EGW 2, 205) [24.] (s. „Claudine von Villa Bella [II]" Ital. Reise gD, EGW 2, 205)
[Dez 7.] (s. „Claudine von Villa Bella [II]" Ital. Reise gD, EGW 2, 206) 8. (s. „Claudine von Villa Bella [II]" an Carl August, an Ph. Seidel gD, EGW 2, 206)
1788 [Jan 10.] (s. „Claudine von Villa Bella [II]": Ital. Reise gD, EGW 2, 206f.)
[10.] Ital. Reise. Zweyter Römischer Aufenthalt. Rom, den 10. Januar 2 ) (W 32, 211): ... 3 ) Bei Erwin muß ich noch bemerken, daß du [Herder] das trochäische Silbenmaß, besonders im zweiten Act, öfter finden wirst; es ist nicht Zufall oder Gewohnheit, sondern aus italiänischen Beispielen genommen. Dieses Silbenmaß ist zur Musik vorzüglich glücklich, und der Componist kann es durch mehrere Tact- und Bewegungsarten derVgl. die Tabelle zur Übersicht des 1. u. 2. Aufenthalts in Rom (Paralip. 39; W 32, 485): [1787 Okt] Poetische Arb. ... Erwin u. Elmire. Einwirkung der Ital. Opern; Tageregister Ital. Reise 13. Okt 1787 (Paralip. 38; W 32, 478): Erwin und Elmire-, beides Vorarbeiten zur Ital. Reise von 1814/15. Entsprechende Vermerke auch in Paralip. 32 (W 32, 466): [1787] September ... Erwin und Elmire-, Paralip. 33 (W 32, 468): [1787] September ... Erwin und Elmire umgearbeitet. 2) Dazu Tageregister Ital. Reise 10. Jan 1788 (W 32, 479): Erwin und Elmire geht ab. Entsprechende Vermerke auch in Paralip. 30, 31 u. 39 (W 32, 464f. u. 487). 3) Das Vorausgehende s. in „Claudine von Villa Bella [II]" gD, EGW 2, 207.
1788
E R W I N U N D E L M I R E [II], E I N
SINGSPIEL
207
gestalt variiren, daß es der Zuhörer nie wieder erkennt. Wie überhaupt die Italiäner auf glatte einfache Silbenmaße und Rhythmen ausschließlich halten. Jan
12. (s. „ E g m o n t " : Brieftabelle gD, E G W 3, 204) 25. (s. „Claudine von Villa Bella [II]": an Carl August, E G W 2, 207f.) 26. (s. „Claudine von Villa Bella [II]": an Gh. v. Stein, E G W 2, 208) 29.
Febr
[Weimar] Knebel Tagebuch (GSA 5 4 / 3 6 5 ) : Nachmittags bey Frau v. S t e i n . E r w i n .
9. (s. „Claudine von Villa Bella [II]", E G W 2, 209f.) 9. [Weimar] Schreiberrechnung (Burkhardt II 4): Vogel liquidiert für Abschrift von 18 B o g e n Erwin und Elmire. 9. [Berlin] J. F. Reichardt an G. J. Göschen (Musik und Musiker 62): Goethe hat mir eine grosse Freude gemacht durch meine Anfrage es kam aus, ob ich seine beiden Operetten: Erwin und Elmire, und Claud[ine] v[on] V[illa] B[ella] in Musick setzen wollte und dann wolle er mir das gänzlich umgearbeitete Manuscript sogleich schicken, 1 ) damit ich vor dem Abdruck desselben daran arbeiten könne, ich habe mit Freuden darin gewilliget. und erwarte nun täglich das Manuscript. 16. (s. „Claudine von Villa Bella [II]": an Carl August gD, E G W 2, 210)
März 20.
[Weimar] Schreiberrechnung (Burkhardt II 5): Vogel liquidiert für Abschrift von Erwin und Elmire zum zweiten Male zur Musik bestimmt.
30. [Leipzig] J. G. Göschen an Ph. Seidel (QuZ 2.1, 135): . . } ) die Claudine wird den 5te11 Band bis zum 2 1 Bogen bringen; folglich erbitt ich mir zuversichtlich mit umgehender Post das Mspt von Erwin und Elmire 3 ) und stehe für alles. B e k o m m ich dieses Mspt nicht bald so kann ich den Band i ir Meße nicht fertig liefern. Apr Juli
5. (s. „Claudine von Villa Bella [II]" an G. J. Göschen gD, E G W 2, 211) 15. (s. „Claudine von Villa Bella [II]" an G. J. Göschen gD, E G W 2, 211)
Aug
13. (s. „Claudine von Villa Bella [II]" Angelika Kauffmann an G gD, E G W 2, 211)
Sept
5. (s. „Claudine von Villa Bella [II]" F. Bury an G gD, E G W 2, 211)
1790 Febr 28. [Weimar] An J. F. Reichardt (Br 9, 181): Ihre Bearbeitung von Elmiren freut mich sehr und wünschte Sie hier bey mir schon am Claviere zu sehen. Okt Dez
25. (s. „Claudine von Villa Bella [II]": an J. F. Reichardt g D , E G W 2, 213) 5. [Berlin] König Friedrich Wilhelm II. von Preußen an G (GSA 2 8 / 7 0 5 ) : Die sehr angenehme Wirkung welche Ihre beiden schönen Operetten Claudine von Villa bella und Ervin und Elmire mit der Composition meines Capellmeisters Reichardt bey der Aufführ u n g gethan, läßt mich sehr wünschen daß Sie mit diesem gemeinschaftlich eine grosse deutsche Oper bearbeiten möchten. Ihr grosses Genie und Ihre tiefe Theaterkentniß kan es Ihnen nicht schwer werden lassen irgend ein brillantes und leidenschaftliches ) G's Brief nicht erhalten. ) Das Vorausgehende s. in „Werke, Ausgabe S " gD. 3) Druckvorlage ist nicht überliefert, deren Absendung nicht belegt. Letztere erfolgte vermutlich umgehend, da Bd 5 rechtzeitig zur Ostermesse erschien. 1 2
208
E R W I N UND E L M I R E [II], EIN S I N G S P I E L
1790
Sujet aus der nordischen Geschichte zu einem schönen musikalischen Schauspiele zu bearbeiten . . . Ich wünschte diese Oper, mit aller Pracht die mein Operntheater vermag, im nächsten Frühjahr vorstellen zu lassen . . .
1791 Mârz 10. (s. „Claudine von Villa Bella [II]": an J. F. Reichardt gD, E G W 2, 2 1 3 ) Mai
30.
(s. „Claudine von Villa Bella [II]": an J. F. Reichardt gD, E G W 2, 2 1 3 )
1792 Juli
29.
(s. „Claudine von Villa Bella [II]": an J. F. Reichardt gD, E G W 2, 2 1 3 )
Jan
28.
[Berlin] Die neue Berlinische Musikhandlung an G (GSA 2 8 / 1 Bl. 83): Der Herr Capellmeister [Reichardt] schreibt uns dabei, daß Ew. Hochwohlgeboren die Partitur von Claudine von Villa bella, von Erwin und Elmire, und von seinem Te Deum bereits erhalten hätten, und zu wissen verlangten, was dafür zu bezahlen sey; weshalb wir denn die Ehre haben, gehorsamst zu melden, daß, im Fall die Abschriften für den dortigen H o f oder das Herzogliche Theater verlangt sind, und aus jenes Casse bezahlt werden, die Preise folgende sind: | für Claudine von Villa bella . . . 2 0 Louis d'or. | für Erwin und Elmire . . . 12 Louis d'or . . . daß aber für Abschriften, die Ew. Hochwohlgeboren für Sich Selbst verlangen, der Herr Capellmeister uns aufgetragen hat, nichts weiter zu fordern, als was wir dem Notenschreiber selbst geben müssen, nemlich für den Bogen drei Groschen . . .
1793
F e b r 17.
Juni
[Giebichenstein] J. F. Reichardt an die neue Berlinische Musikhandlung (FDH 1 8 4 1 9 ) : Mir scheint die hiebei rückkommende Schrift am angenehmsten zu Singesachen, u bitte solche zu Er. u. El. zu nehmen. | Ehe die Arbeit so lange weiter ausgesetzt wird, muß ich mir fades Papier wovon Sie mir eine Probe geschickt haben gefallen lassen, wiewol ich es gerne etwas weisser u ansehnlicher zu den Götheschen Sachen gehabt hätte. | Da der 2 t e Tittel für solche seyn soll die nur die einzelne Operette nicht das ganze Werk besitzen wollen so dünckt mich wäre es wohl genug wenn wir von jeder Art Tittel 5 0 0 abdrucken liessen oder allenfalls von dem allgemeinen Tittel 6 0 0 u von dem einzelnen 4 0 0 . Im Fall Sie dieses aber nicht rathsam finden, so bitt' ich es damit so zu halten wie man es mit dergl. Werken, deren Theilinhalte auch einzeln verkauft werden sollen, gewöhnlich hält.
26.
[Giebichenstein] J. F. Reichardt an J. G. I. Breitkopf (Archiv Breitkopf & Härtel, Wiesbaden): Sie erhalten hiebey den 2te11 A.[kt] v El. u Erw. . . . Ist es möglich Er. u. El. zur Oster Messe ganz zu liefern, so erzeigen Sie mir einen großen Gefallen.
30.
[Giebichenstein] J. F. Reichardt, Musik zu Göthe's Werken. Bd 1. Berlin 1 7 9 3 : [Widmung] An Göthe. | Deinen unsterblichen Werken, edler großer Mann, dank' ich den frühen Schwung, der mich auf die höhere Künstlerbahn erhob: deinem näheren Umgange tausend Aufschlüsse und seelenerhebende Eindrücke, die mich als Mensch und Künstler hoben, festeten und auf immer beglücken werden. Im Innern überzeugt, daß solcher Gewinn dieser Arbeit einen höheren Werth gegeben als meine bisherigen Werke hatten, geb' ich sie sicher und froh in die Hände und freue mich des wonnigen Gefühls auf diese Weise dankbar seyn zu können.
1793
ERWIN UND E L M I R E [II], EIN SINGSPIEL
209
Sept 29. [Giebichenstein] J. F. Reichardt an G (Braunbehrens 116): So muß ich mir denn auch für diesmal die Freude versagen Ihnen Erwin u Elmire beim Claviere zu überreichen. Nehmen Sie es auch so freundlich an, 1 ) und erkennen Sie in der öffentlichen Zuschrift 2 ) nur die Begier meines Herzens Ihnen auf jede mir mögliche Weise die innige Verehrung und Dankbarkeit zu bezeigen die mich erfüllt und ewig für Sie fortleben wird.
Nov 18. An J. F. Reichardt (Br 10, 128): Haben Sie Dank für Erwin und Elmire . . .
1796 ?
Apr
4. [Zeitz] G. Bachmann an G (GSA 2 8 / 1 3 Bl. 164): Sollten Sie die Gütigkeit haben und mir ein Singespiel zum komponiren anvertrauen wollen, so würde ich alle Kräfte aufbieten etwas vorzügliches zu liefern.
1805 Juni 14. An Cotta (Br 19, 13f.): Zu vertheilen wären in zwölf Bände [Ausg. A] folgende Werke, ungefähr folgender Maßen . . . VII. . . . Erwin und Elmire.
1806 —
—
(s. „Werke, Ausgabe A": Tag- und Jahres-Hefte gD)
1812 Nov 12. [Jena] An Cotta (Br 23, 132ff.): [Beilage.] Über die neue Ausgabe | von Goethes Werken . . . S i e b e n t e r B a n d . . . Erwin und Elmire.
1815 Febr 20. [Weimar] An Cotta (Br 25, 200f.): Inhalts-Verzeichniß | der zwanzig Bände Goethischer Werke [Ausg. B] . . . 8. B a n d . . . Erwin und Elmire.
1827 Aug
17. (s. „Werke, Vollständige Ausgabe letzter Hand": an W. Reichel gD)
Bd 1 der in 2. Aufl. erschienenen Musik zu Göthes Werken (1. Aufl. 1791), mit Klavierauszug von Erwin und Elmire \ Ein Singspiel in zwey Acten. 2) Reichardts Widmung s. oben 30. Juni 1793.
210
ERWIN UND E L M I R E [II], EIN SINGSPIEL
1828
1828 Aug
15. (s. „Claudine von Villa Bella [II]" gD, EGW 2, 217)
1830 Dez
17. (s. „Claudine von Villa Bella [II]" gD, EGW 2, 218) 1 )
PK
[Erzählung] 2 )
E
1806 Jan ?
Z
1806
Jan 25. Entwurf einer Erzählung in einen tragischen Entwurf verwandelt.3)
AR
Auszug eines Schreibens des Herrn Barons v. Eschwege. 4 ) E
1824 Juni Ende / Sept 18.-27.
D
Nat II 2 (1824) 160f. - C 1 51 (1833) 52f. - NS 10, 183f. u. 13, 281f. - LA I 2, 335f. u. 8, 387f. - FA I 25, 395. - MA 12, 771f.
) Die Sammlung Lieder für Liebende enthält aus Erwin und Elmire: Wie schön und wie herrlich (v. lflg.), Ein Schauspielfür Götter (v. 37flg.), Nein, nein, ich glaube nicht (v. 35lflg.), Höret alle mich, ihr Götter (v. 387flg.), Hörst du, er hat geschworen (v. 395flg.), Ihr verblühet, süße Rosen (v. 461flg.), Welch ein Lispeln, welch ein Schauer (v. 506flg.), Mit vollen Athemzügen (v. 716flg.), Sieh mich, Heil'ger, wie ich bin (v. 7 7 8 % . ) , Sie liebt mich (v. 81 lflg.), vgl. C 1 47 (1833) 13-41. 2 ) Plan einer Erzählung? 3 ) Anhaltspunkte, um welchen Entwurf es sich gehandelt haben könnte, fehlen. Gräf (I 2, 1078, Nr. 1956) fuhrt den Tgb-Eintrag unter der Rubrik Namenlose epische Pläne; Motive; Unbestimmtes; Allgemeines an. Für die Vermutung, es handele sich hier um einen ersten Entwurf zu den Wahlverwandtschaften (GT III 2, 791 mit Hinweis auf Tgb 11. Apr 1808), fehlen bislang Belege. 4) Untertitel: Lissabon den 2. Juni 1824. 1
1824
AUSZUG EINES S C H R E I B E N S DES H E R R N BARONS V. E S C H W E G E
Z1)
211
1824
Apr An W. L. v. Eschwege (Br 38, 331): Vor einigen Jahren stand in den Mitte Zeitungen: in Portugall sey, nach einer großen Überschwemmung, ein Vulkan (d. h. wohl ein Erdbrand) entstanden. Sollte man von dieser Naturerscheinung nähere Nachricht erhalten können? Juni
2. [Lissabon] W. L. v. Eschwege an G (LA II 8 B / 1 , 427f.): Das vulkanische Phänomen, welches Herr GeheimRat von Goethe zu wissen wünscht, steht ausführlich in dem Diario do Governo vom 22 Januar 1821, 2 ) und ereignete sich am Rio Douro. Der Besitzer eines Gartens daselbst ging um 10 Uhr morgens aus, um den Schaden durch heftigen Regen veranlaßt in Augenschein zu nehmen; noch wenige Schritte vom Garten entfernt sieht er auf einmal einen großen Fleck Landes sich erheben und auftürmen mit furchtbarem Getöse und eine Wassersäule empor strömen. Weinpflanzungen, Keller und Häuser, die dieser Vulkan erreichte (wie der Besitzer Antony genannt, wodurch der Irrtum in der Zeitung entstanden ist) wurden fortgerissen, und 4 Menschen verloren dabei das Leben. Nachdem das Wasser sich verlaufen, war ein großes Loch entstanden von außerordentlicher Tiefe welches stark rauchte, (wahrscheinlich bloße Wasserdünste) an 3 andern Orten in der Nachbarschaft waren ebenfalls Ausbrüche gewesen. | Die ganze Geschichte reduzierte sich also darauf, daß wahrscheinlich durch den häufigen Regen unterirdische Höhlen an benachbarten Bergen sich mit Wasser angefüllt hatten, und mit Gewalt losbrachen, wodurch nicht nur das große Geräusch sondern auch der Rauch entstanden ist. Also weder Vulkan noch Erdbeben war die Ursache dieser Erscheinung.
25. Abends . . . War von Herrn von Eschwege Nachricht angekommen, wie es mit dem sogenannten neuentstandenen Vulkan sich verhalten habe. 3 ) Sept 18. [Nachmittags] An den Bogen L. 4 ) Naturwissenschaft gedacht. 27. [An] Wesselhöfts Druckerey, Manuscript für Bogen L. Okt (s. „An Herrn von Leonhard [I], Weimar, den 25. November 1 8 0 7 " : Tgb gD, EGW 1, 5.u. 6. 72)
9. Zweyte Revision von Bogen L.
HO
) Vgl. Z zu „Freimütiges Bekenntnis" (Freimütiges Bekenntnis leitet Aaszug eines Schreibens ... ein). 2) Die portugiesische Zeitung druckte den Brief eines Verwalters an einen Grundbesitzer ab, in dem über die Naturerscheinung vom 10. Jan 1812 berichtet wurde. 3) In den Entstehungszusammenhang des Auszugs gehört G's Notiz: In Esdremadura entstand ein neuer Vulkan bey Ueberschwemmung des Duero \ Zeitung von [bricht ab]; LA II 8 B / 1 , 86, M 46. 4 ) Von Nat II 2, enthaltend: An Herrn von Leonhard, Freymüthiges Bekenntniß, Auszug eines Schreibens des Herrn Baron v. Eschwege, Recht und Pflicht, Gestaltung großer anorganischer Massen (QuZ 4, 452 Anm. 1). 1
212
G E O G N O S T I S G H E S GEMÄLDE VON BRASILIEN VON . . . E S C H W E G E
1822
Geognostisches Gemälde von Brasilien von Obrist W. v. Eschwege. Weimar 1822. 1 ) E
1822 Apr/Nov
D
NS 10, 185 (1894). - LA I 11, 222. - FA I 25, 592. - MA 13.2, 240.
Z —
1822 — Tag- und Jahres-Hefte 2 ) (W 36, 213f.): Herr v o n E s c h w e g e kommt aus Brasilien, 3 ) zeigt Juwelen, Metalle und Gebirgsarten vor. Serenissimus machen bedeutenden Ankauf. Bei dieser Gelegenheit wird mir die Edelsteinsammlung übergeben, welche früher aus der Brückmannischen Erbschaft erkauft wurde. 4 ) Mir war höchst interessant eine solche, von einem früheren passionirten Liebhaber und, für seine Zeit, treuen und umsichtigen Kenner, zusammengestellte Folge zu revidiren, das später Acquirirte einzuschalten und dem Ganzen ein fröhliches Ansehn zu geben. Eine Zahl von 50 rohen Demantkrystallen, merkwürdig einzeln, noch mehr der Reihe nach betrachtet, jetzt von Herrn S o r e t nach ihrer Gestaltung beschrieben und geordnet, gab mir eine ganz neue Ansicht über dieses merkwürdige und höchste Naturereigniß. Ferner theilte Herr von Eschwege brasilianische Gebirgsarten mit, die abermals bewiesen, daß die Gebirgsarten der neuen Welt mit denen der alten in der ersten Urerscheinung vollkommen übereinstimmen; wie denn auch sowohl seine gedruckten als handschriftlichen Bemerkungen hierüber dankenswerthen Aufschluß verleihen.
März 30. Herr Obrist von Eschwege besuchte mich und erzählte von seiner Reise. Apr 2. Eschwegische Mineralien an Serenissimum. Mittag Gäste: von Eschwege, Coudray, Meyer und Rehbein. Nach Tische Betrachtungen von Mineralien und Verhandlungen darüber.
) Aufzeichnungen schematischen Charakters, wohl gedacht für eine nicht ausgeführte Rezension in Nat, betr. W. L. v. Eschwege: Geognostisches Gemälde von Brasilien und wahrscheinliches Muttergestein der Diamanten. Mit 1 Kupfer. Weimar: Landes-Industrie-Comptoir 1822 (Ruppert Nr. 4531). 2) Geschrieben 1822/26. 3 ) W. L. v. Eschwege, Direktor der Goldbergwerke Brasiliens, war in Weimar 16. Jan 11. Mai 1822 u. Okt 1822 - Frühjahr 1823. Schon 1818 beschäftigte sich G mit seinem Journal von Brasilien (Tgb 1., 2. März 1818, 2. Febr 1819). 4. Febr - 13. Aug 1819 entlieh er: W. L. v. Eschwege: Journal von Brasilien, oder vermischte Nachrichten aus Brasilien, auf wissenschaftlichen Reisen gesammelt. H. 2. Weimar 1818 (Keudell Nr. 1198; vgl. auch Keudell Nr. 1457 u. Ruppert Nr. 4102). 4) U. F. B. Brückmanns Edelsteinsammlung wurde von Carl August erworben. 1
1822
Apr
G E O G N O S T I S G H E S G E M Ä L D E VON BRASILIEN VON . . . E S C H W E G E
213
9. Besuch von Herrn von Eschwege und Rehbein. Ersterer zeigte einen krystallisirten Diamanten in einem Eisensteine vor. 23. Betrachtung des Welt- und Gebirgsbildes . . . Eschweges Geologie von Brasilien gelesen. 26. Herr von Eschwege. 26. [Jena] Knebel an G (G-Knebel 2, 307): Als jüngst unsere Herrschaft hier war, machte ich Bekanntschaft mit dem Oberst Eschwege, die mir ungemein zusagte. Ich las sogleich sein Buch, die Reise nach Brasilien, und fand darin große Aufmerksamkeit und Kenntniß, und den schlichten, guten Mann, den ich eben hatte kennen lernen. - Es ist wunderbar, wie jene Gegenden darin so verschieden von den unsrigen sind, daß sie fast nichts als Urgebirge haben. Ueberhaupt scheint die Physiognomie der Natur dort eine ganz andere, und bietet eine verschiedene Lebensart dar.
Mai 11. Heinrich Müller brachte das Porträt von Herrn von Eschwege. Herr Obrist von Eschwege kam selbst Abschied zu nehmen und mir sein geognostisches Gemälde von Brasilien zu überreichen . . . Las ich in dem Büchlein des Herrn von Eschwege. Juli
9. [Weimar] W. Rehbein an G (LA II 8 B / 1 , 254): Von Herrn v. Eschwege der heute nach einer Anwesenheit von 7 Tagen wieder abgegangen ist werde ich in diesem Monate noch den Itacolumit 1 ) und die andern Sachen erhalten . . . werde kraft Auftrags von Eschwege auch um jene Mineralien schreiben.
Sept
5. An C. L. F. Schultz (Br 36, 145f.): Mit Grafen Kaspar Sternberg nun hab ich vierzehn Tage in Marienbad zugebracht, alsdann sah ich ihn in Eger mit . . . [J. B. E.] Pohl, dem brasilianischen Reisenden . . . Pohl ist ein sehr verständiger, unterrichteter, thätiger Mann, der auf seinen Reisen mehr als billig ausgestanden hat. Inzwischen wird uns jener immense Welttheil doch immer klärer; dazu hat auch v. Eschwege beygetragen, der sich einige Wochen bey uns aufhielt.
Okt 30. Herr Obrist von Eschwege, bringend die Gebirgsarten von Brasilien. Ich las in seinem Hefte deßhalb.2) Nov 21. [Nachmittags] Brasilianische Geologie nach Anleitung Herrn von Eschwege's. 23. Schema zu einem Briefe an Graf Sternberg. Rehbein Anfrage wegen der Diamanten. 23. An Graf Sternberg (Konzept; Br 36, 410): Von Eschwege, abermaliger Aufenthalt. I Dessen Büchlein. I Musterstücke des innern Landes vom
) Prescher Nr. 163f. Eschwege benannte diesen aus ineinander verzahnten Quarzkörnern bestehenden, durch Auslaugung des Bindemittels biegsamen, diamanthaltigen Sandstein nach dem Fundort am Berg Itakolumi, nördlich von Rio de Janeiro. Itacolumi ist ein indianisches Wort, zusammengesetzt aus Ita (Stein) u. Columi (Sohn); vgl. Eschwege, Geognostisches Gemälde von Brasilien ... S. 27. 2 ) Journal von Brasilien.
1
214
G E O G N O S T I S G H E S G E M Ä L D E VON B R A S I L I E N VON . . . E S C H W E G E
1822
großen Plateau. | Itacolumit. | Itapyrit. 1 ) | Breccie. | Diamanten-Mutter. 2 ) | Nicht zu unterscheiden von der Breccie bey Carlsbad und Eger. 3 )
1823 Juni 11. An Fritz v. Stein (Konzept; Br 37, 64): Die glücklich angelangten Exemplare des wunderlich gebildeten Quarzgesteins haben mir sehr viel Freude gemacht; lassen Sie aber nicht nach, bis wir eine Abweichung ebendesselben finden, wo die spindelförmigen Körper sich allmählig verlieren und ein gleichförmigeres Sandgestein erscheint. Sie werden zu weiterer Forschung gewiß bewogen, wenn ich Ihnen sage, daß es alsdann dem brasilianischen I t a k o l u m i t sehr ähnlich wird, einem Gestein, das außer dem südlichen Amerika sich sonst nicht finden soll. (Siehe Geognostisches Gemälde von Brasilien durch Herrn v. Eschwege, Weimar 1822, Seite 13 u. f.) Ihre mir übersendeten Stücke sehen auf den natürlichen Ablösungen ihm schon völlig gleich. | In dieser Gebirgsart kommt aber der biegsame Sandstein vor (hört!), und es wäre merkwürdig, wenn sich dergleichen auch in Schlesien fände. (Hört!) Dez?
Mineralienliste (LA II 8 B/1, 405): An Herrn Dr. [W. E. C.] Huschke abgegeben . . . 19.) Braune Breccie, gemein von Karlsbad, merkwürdig wegen vollkommener Ähnlichkeit mit dem brasilianischen Gestein, Diamanten enthaltend; Siehe Eschwege Geognostisches Gemälde v. Brasilien S. 41. - 43.
1824 Jan 16. StoffVerteilungsentwurf zu Nat II 2 (LA II 8 B/1, 93): Auswärtige Einöd. 17.? zelnheiten . . . Brasilianischer Itakolumit. Sept 23. Abends Professor Riemer. Wir gingen die geognostischen Blätter und wissenschaftlichen Hefte durch. Später Brasilianische Reise. HO
Itabirit, Eisenglimmerschiefer aus Brasilien (s. Prescher Nr. 1 2 3 9 u. 1241). Eschwege benannte diesen Stein nach dem Fundort am Berg Itabira (heller Stein); vgl. Eschwege, Geognostisches Gemälde von Brasilien . . . S. 30. 2) Diamantführende Quarzbreccie aus Brasilien; vgl. Eschwege, Geognostisches Gemälde von Brasilien . . . S. 34ff. 3 ) Ahnlich in den Aufzeichnungen: Breccia \ Merkwürdig daß dieselbe Gesteinsart vollkommen ähnlich in Böhmen gefunden wird (LA I 11, 2 2 2 1 2 f f ) .
1821
D I E BACCHANTINNEN D E S EURIPIDES
215
Die Bacchantinnen des Euripides 1 ) E
1821 Nov? 2 ) - Dez 29. (Übersetzung) 1824 März (Übersetzung ?) 1826 Aug - Dez (Revision von Übersetzung und Einleitung 3 ))
D
KA VI 1 (1827) 7 1 - 7 8 . - C 1 46 (1833) 5 8 - 6 3 . - W 41.2, 237-42. 4 ) - AA-SL 1, 190-94. 5 ) - MA 13.1, 3 3 4 - 3 7 . 6 ) - FA I 12, 1 8 0 - 8 4 , 1050f.; 7 ) FA I 22, 3 2 9 - 3 2 .
Z
1821
—
—
(s. „Phaethon [I], Tragödie des Euripides": Tag- und Jahres-Hefte gD, EGW 4, 219)
Nov 25. Nachts Euripides Bacchantinnen. 8 ) 26. Abends für mich. Euripides. 9 ) 28. (s. Phaethon [I], Tragödie des Euripides: G an Schultz gD, EGW 4, 221) 30. (s. „Phaethon [I], Tragödie des Euripides" gD, EGW 4, 221)
Dez 29. Abends aus den Bacchantinnen übersetzt. 10 )
1823 Apr
10. [Leipzig] J. G. J. Hermann an G (GSA 2 8 / 4 0 2 St. 2): . . . " ) In den Bacchen des Euripides, deren Druck beynahe vollendet ist, habe ich, wenn auch ebenfalls bloß auf philologische Kleinigkeiten beschränkt, doch, weil manches sehr misverstanden war, mehr Gelegenheit gehabt, für die, die nicht bloß an dem Buchstaben hängen, unvermerkt aus einer bessern Quelle zu schöpfen, und es wird mich ungemein freuen, wenn ich darin
) Resümee der Handlung des Dramas zur Einführung in G's partielle Übersetzung. ) Datierungshypothesen: W 41.2, 548 setzt Paralip. 1 Ende 1821 an; nach Petersen 197 lassen sich nur v. 2 0 0 - 0 3 mit Sicherheit auf 1821 datieren. Nach AA-SL 4, 268f. begann G die Übers, schon Ende Nov; als Textgrundlage könnte die Edition Musgraves gedient haben, die G durch Riemers Vermittlung bereits im Nov 1821 kannte (s. Phaethon [I]" 19. Nov 1821: an Schubarth, EGW 4, S. 220f.) 3) Rücksendung des letzten Revisionsbogens an die Druckerei: 6. Jan 1827 (s. dort). 4) W 41.1, 5 4 7 - 4 9 : Paralip. 5) AA-SL 4, 2 8 1 - 8 3 : Paralip. aufgrund exakterer Entzifferung der Hss. 6) MA 13. 1, 823: Paralip. nach den Hss., orthographisch modernisiert. 7) FA I 12, 1050f.: ungenau nach AA-SL, orthographisch modernisiert. 8 ) Lektüre im Zusammenhang mit G's Rekonstruktion von Euripides' Phaethon (s. TuJ zu 1821). 9) Fortsetzung der Lektüre vom 25. Nov oder Weiterarbeit an den PAaefAon-Fragmenten? 10) Erste greifbare Notiz von G's Übersetzungsversuch zu den Bacchen; nach AA-SL 4, 268f. könnte dieser v. 2 0 0 - 0 3 (Paralip. 3, AA-SL-Sigle: H 4 ), v. 1 2 0 0 - 0 8 u. 1 2 3 5 - 4 1 (Paralip. 1, AA-SL-Sigle: H 2 ) umfassen, vielleicht auch schon die Grundschicht der gesamten in den Aufsatz übernommenen Verspartie 1 2 4 4 - 9 8 (AA-SL-Sigle: H 1 ). 1 1 ) Das Vorausgehende s. in „Euripides: Phaethon [I]" gD. Brief vollständig in Petersen 217f. 1
2
216
D I E BACCHANTINNEN D E S EURIPIDES
1823
von Ew. Excellenz einigen Beyfall erhalten sollte. Die Erinnerung an ein Urtheil, das Sie vor vielen Jahren einmal über dieses Stück gegen mich aussprachen, ist mir immer dabey gegenwärtig gewesen. 1 ) Zugleich mit den Bacchen werde ich ein zum Druck fertiges Programm über die Niobe des Aeschylus, aus deren wenigen Bruchstücken ich, so viel meine Kräfte erlaubten, auf das Ganze zu schließen versucht habe, einzusenden mir die Freyheit nehmen. Okt
10. [Leipzig] J. G. J. Hermann an G (GSA 2 8 / 1 0 4 Bl. 341): Ew. Excellenz | bitte ich, die beiliegenden Schriften mit gewohnter Geneigtheit aufzunehmen. 2 )
15. Eine Sendung von Ritter Hermann kam an. 15. Bücher-Vermehrungsliste (Tgb 9, 330): Euripidis Bacchae | Von Ritter Hermann. 3 ) 16. Vorrede zu Hermanns Bacchen. 4 ) 16. (Aus der Weimarer Bibliothek - bis ? - : Euripidis Tragoediae et epistolae ex ed. Josuae Barnesii nunc recusa, add. fragm. ex recens. Samuelis Musgrave. T. 4. Lipsiae 1812) 5 )
19. An J. G. J. Hermann (Br 37, 243f.): Ew. Hochwohlgeboren | das durch meine lange Sommer-Abwesenheit mehr als billig verspätete Heft endlich zu übersenden 6 ) werd ich a u f s freundlichste durch die mir abermals gegönnten verdienstvollen Werke in diesen Tagen angeregt; wofür ich zum allerbesten danke und gewiß nicht verfehle, obgleich nur aus einiger Ferne, an den so gründlichen und geistreichen Arbeiten meinen Theil abzunehmen. Dieses wird durch die Nähe des Professor Riemer immerfort erleichtert, und ich sehe hierin abermals einen Vereinigungspunct zu unsern bevorstehenden Winterunterhaltungen; wobey des Gebers dankbar und theilnehmend gedacht werden soll. Auch ha-
) Die Äußerung fiel wohl bei G's erster Begegnung mit Hermann am 7. Mai 1800 in Leipzig, bei der über mancherley philologische Gegenstände, auch über Euripides (Tgb) gesprochen wurde. Hermann erwähnt in der Einleitung seiner Ausg. von Euripides' Hekabe (Leipzig 1831) G's damaliges generelles Plädoyer für Euripides: Euripidis versatile et diversissimis argumentis aptum Ingenium memini ante multos annos Goethium in sermone quodam, quum ego Aeschylum et Sophoclem anteferrem, multa cum laude praedicare (S. XTV; vgl. GJb 1938, 290). 2 ) Die Abhandlung De Aeschyli Niobe u. die Editionen Sophoclis Tragoediae ... Vol. II: Oedipus Rex u. Euripides Bacchae. - Das Folgende s. in „Phaethon [I]", E G W 4 , S. 224 u. „Philoktet, dreifach" gD. 3) G nutzte Hermanns Edition für seine Übers, nicht; das übersandte Ex. ist nur bis S. XL der Vorrede aufgeschnitten (Ruppert zu Nr. 1260). 4 ) Auf die mit Riemer begonnene Lektüre der Vorrede (ohne Spezifikation) bezieht sich auch G in seinem Dank an Hermann vom 19. Okt (s. unten). Allerdings paßt die dort gegebene rühmende Charakteristik, wie zuerst Primer 22f. bemerkte, nicht auf den Inhalt der Vorrede zu den Bacchen, die fast ausschließlich textkritische u. metrische Fragen behandelt, sondern auf das mitgeschickte Programm zur Niobe des Aischylos, in dem Hermann im Anschluß an Aristoteles die den Bacchen vergleichbaren poetischen Qualitäten der Niobe würdigt (ausführlich dazu Primer 23). 5) Bandzahl 4 u. Erscheinungsjahr bei Keudell (Nr. 1491) nicht korrekt; die Bacchen stehen in Bd 2 der dreibändigen Ausg. (1778-88); s. Petersen 198, Anm. 11. 6) KA IV 2 mit Phaethon, Tragödie des Euripides u. Zu Phaethon des Euripides. 1
1823
D I E BACCHANTINNEN D E S EURIPIDES
217
ben wir schon die so würdige, den poetischen Sinn vollkommen durchdringende Vorrede zusammen angefangen. Okt
19. [Weimar] F. v. Müller (Unterhaltungen 87): Das Gespräch über die von Herrman zusammengestellten Fragmente der Euripideischen Niobe [De Aeschyli Niobe dissertatio, Leipzig 1823] gab Anlaß, daß Goethe dessen „Bache" [Bakchai] für sein liebstes Stück erklärte. Eurípides hat seine Naturfilosofie von Anaxagoras, sagte Er. 1 )
20. [Brief an] Herrn Ritter Hermann nach Leipzig.
1824 März 1. Übersetzung aus dem Eurípides.
?
1826 Mai 28. [Abends] Herr Dr. Boisserée las die Übersetzung aus den Bacchä des Eurípides. 2 ) 28. [Weimar] S. Boisserée Tagebücher (Weitz - Boisserée 2, 68): A b e n d s Stück aus den ,,Bacche[n]" von Eurípides von Goethe übersetzt, mir vorgelesen.
Aug
9. .. . 3 ) Die Bacchä des Euripides wieder angegriffen.
Okt
11. (s. „Euripides Phaethon [III]": an Zelter gD, E G W 4 , S. 229)
Dez
2. (s. „Euripides Phaethon [III]" gD, E G W 4 , S. 229)
5. Die Bacchantinnen von Euripides näher angesehen. 9. Die Bacchantinnen des Euripides wie sie revidirt worden abdictirt. 9. H 2 datiert: W. d. 9. Decbr. 26. 4 ) 11. (s. „Euripides Phaethon [III]" gD, E G W 4 , S. 230)
12. [Nachmittag] . . . mit Professor Riemer die Scene aus des Euripides Bacchantinnen durchgegangen. 5 ) 13. Abschrift der Scene aus den Bacchantinnen. 6 ) 14. Revision des Manuscripts zu Kunst und Alterthum [VI 1] . . . [Nachmittags] Professor Riemer. Das nächste Manuscript zu Kunst und Alterthum mit ihm durchgegangen.
s. dazu G's Aufsatz Euripides Phaethon (1826); W 41.2, 2 4 3 - 4 6 . ) Zuvor hatte Eckermann aus der Helena gelesen. 3) Das Vorausgehende s. in „Euripides Phaethon [III]" gD. 4) Text der Einleitung (W 41.2, 237ff.), von John geschrieben u. datiert, von Riemer korrigiert. Vorlage war die nicht vor 19. Nov 1826 Schuchardt diktierte, von G u. Riemer revidierte H 1 (W 41.2, 542). 5) G's Übers, der Szene Cadmus u. Agave (W 41.2, 239-42). 6) Abschrift in Schuchardts Hand (H 3 ). 2
218
D I E BACCHANTINNEN D E S EURIPIDES
1826
Dez 15. Abends Professor Riemer. Die Folge zu Kunst und Alterthum [VI 1] durchgegangen. 16. [An] Herrn [F. J.] Frommann d. J., Folge von Kunst und Alterthum VI, 1, Jena.
1827 Jan
2. Den 5. Bogen Kunst und Alterthum an Riemer 1 ) . . . Gegen Abend Herr Professor Riemer. Wir . . . gingen die Revisionsbogen 3, 4, 5 durch. 3. An F. J. Frommann (Br 42, 3): Revisionsbogen . . . der fünfte wird Sonnabends erfolgen . . .
[3./5.] [Weimar] Riemer an G (QuZ 4, 487): . . . füge die durchgesehenen Bogen [3-5] von K. u. Alterthum bey.
6. Herrn Frommann d. J. 5. Bogen. 12. [Jena] F. J. Frommann an G (QuZ 4, 487): Ewr Excellenz | empfangen hierbei . . . Aush. Bogen 3 - 5 . . . .
13. . . . drey Aushängebogen von Jena. März
3. [Weimar] F. v. Müller an G. F. v. Reinhard (Unterhaltungen 336): Schon sind zehn Bögen eines neuen Heftes Kunst und Alterthum [VI 1] fertig, das sehr viel Intereßantes, z. B. über Aristoteles, Sophokles, Euripides nebst Fragment einer Übersetzung, enthalten wird . . .
1832 [März 3.] K. W. Müller: 2 ) Goethes letzte literarische Thätigkeit (GG 3.2, 846): ... 3 ) Euripides . . . Nach seinen besten Produkten muß man einen Dichter beurteilen . . . Für sein schönstes halte ich [G] die Bacchen. Kann man die Macht der Gottheit vortrefflicher und die Verblendung der Menschen geistreicher darstellen, als es hier geschehen ist? Das Stück gäbe die fruchtbarste Vergleichung einer modernen dramatischen Darstellbarkeit der leidenden Gottheit in Christus mit der antiken eines ähnlichen Leidens, um daraus desto mächtiger hervorzugehen, in Dionysus.
CM
) Mit Aus dem Französischen des Globe (bis S. 68), Homer noch einmal (S. 69ff.), Die Bacchantinnen des Euripides (S. 71-78), Euripides Phaethon (ab S. 78). 2 ) Aufgrund eines Gesprächs zwischen G u. C. W. Göttling, dessen Besuch G's Tgb am 3. März 1832 verzeichnet. 3) Das Vorausgehende s. in „Phaeton [I]" gD, EGW 4, 226f. 1
1821
PHAETHON [I], T R A G Ö D I E DES EURIPIDES
219
Phaethon [I], Tragödie des Euripides 1 ) E
1821 Juli 22. - Dez 30. 1822 Dez 2. - 1823 März 29. 2 )
D
KA IV 2 (1823) 5 - 3 4 . - C 1 46 (1833) 3 0 - 4 8 . - W 41.2, 32-47. 3 ) - AA-SL 1, 159-70. 4 ) - MA 13.1, 301-13. 5 ) - FA I 12, 167-80 6 ); I 21, 4 1 3 - 2 5 . 7 )
Z
1821
—
— Tag- und Jahres-Hefte 8 ) (W 36, 191): Die Fragmente Phaethons, von Ritter [J. G. J.] Hermann mitgetheilt, erregten meine Productivität. Ich studirte eilig manches Stück des Euripides, um mir den Sinn dieses außerordentlichen Mannes wieder zu vergegenwärtigen. Professor [C. W.] Göttling übersetzte die Fragmente, und ich beschäftigte mich lange mit einer möglichen Ergänzung.
—
—
Juli
15. [Leipzig] J. G. J. Hermann an G (GSA 2 8 / 9 3 Bl. 236): Ew. Excellenz | nehme ich mir die Freiheit, mein erst jetzt gedrucktes Fastnachtsprogramm zu übersenden. 9 ) Nur der bedeutende Fund kann ihm ein Interesse geben, den man an zwey so großen Bruchstücken 1 0 ) eines gänzlich verloren geglaubten Stückes des Euripides gemacht hat, die, auch abgesehen von allen anderen Gründen, ihren Verfasser schon durch den aus dem gemeinen Leben genommenen Zug verrathen würden, daß die Mägde des Merops, während der Herr noch schläft, das Haus fegen. 1 1 ) Mir erlaubte der Raum, den die vielen Lebensläufe der Gandidaten beschränkten, 1 2 ) nur so viel zu sagen als nöthig war um
Riemer (Mittheilungen 2, 635): Phaethon. Tragödie des Euripides . . . G. versuchte sie aus den vorhandenen Bruchstücken zu restauriren, und erfreute sich des gewagten Unternehmens. Nur eins betrübte ihn, daß er nicht die zwei Hauptscenen damals niederschrieb. „Wäre es auch nicht zulänglich gewesen, so war es doch immer etwas, wovon sich jetzt Niemand einen Begriff machen kann."
) Untertitel: Versuch einer Wiederherstellung aus Bruchstücken. ) Korrekturdatum des 3. Revisionsbogens zu KA IV 2 mit Schluß von Phaethon. 3 ) W 41.2, 409f.: Paralip. 4) Text nach ED; AA-SL 4, 230ff.: Paralip. 5 ) Text nach ED; MA 13.1, 807f.: Paralip. nach den Hss.; orthographisch modernisiert. 6) Text nach ED, orthographisch modernisiert. FA I 12, 1046f.: Paralip. nach AA-SL, orthographisch modernisiert. 7) Text nach ED. FA I 21, 635: Paralip. nach W. 8) Geschrieben 1823 Juli 5./7. 9 ) Euripides Fragmenta duo Phaethontis e God Glaramontano . . . edidit G. Hermannus. Lipsiae [1821] S. 3 - 2 1 (nicht in Ruppert). - Das Universitätsprogramm war zur Feier der Verleihung von Magister- und Doktortiteln bereits am 8. März 1821 vorgelegt worden. 1 0 ) Von 76 u. 79 Versen in Hermanns Zählung. 1 1 ) v. 1 0 - 1 4 (des 1. Fragments) in Hermanns Programm, v. 6 0 - 6 4 in G's Rekonstruktion (W 41.2, 36). 12) Die selbstverfaßten lat. Viten der neuen Magister u. Doktoren. - Auf Hermanns kurze Darstellung der Überlieferung folgt seine annotierte Textkonstitution im Anschluß an u. in Auseinandersetzung mit I. Bekker. 1
2
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PHAETHON [I], TRAGÖDIE D E S EURIPIDES
1821
diese Fragmente lesbar zu machen. Daher bedarf diese Schrift gar sehr Ihrer geneigten Gesinnung gegen den Verfasser, um für ihre Trockenheit Entschuldigung zu finden.
Juli 22. Von Professor Hermann aus Leipzig Fragmente des Euripideischen Phädons. 1 ) 22. Bücher-Vermehrungsliste (Tgb 8, 312): Hermann, Euripidis Fragmenta duo Phaethontis | Vom Verfasser. 30. [Marienbad] Hermann Euripides-Fragmente. Okt 7. [Jena] An Riemer (Br 35, 133): Ein Hermannisches Programm, Fragmente eines Euripidischen P h a e t h o n s enthaltend, hat mir auch große Freude gemacht; es ist der Anfang und das Ende und man muß gestehen daß sich die Mitte nicht errathen läßt; im Ganzen hat es mich an Hippolyt erinnert. 2 ) 25. 26. Nov 7. 9. 10. 11. 13. 14. 15. 16. 17.
[Jena] Professor Göttling die Übersetzung des Phaetons bringend. 3 ) [Jena] Abends . . . Die Übersetzung des Phaethon 4 ) durchgegangen. [Weimar] Abends . . . Riemer. Fragmente Phaethons . . . Die Fragmente des Phaethons genauer durchgesehen und rangirt . . . Nachts Eurípides Electra. Gegen Abend . . . Professor Riemer . . . Später Phaethon. Früh Phaethon . . . Fragmente des Phaethon redigirt. Fernere Revision des Phaethons und Umsetzung einiger Stellen . . . Abends am Phaethon. Am Phaethon gearbeitet . . . Nachts am Eurípides fortgelesen. Phaethon. An Riemer (Br 35, 174): Den ersten Versuch einer Zusammenstellung der Fragmente des Phaethon habe meist geordnet; freylich wäre noch ein glücklicher Fund nöthig, um das Ganze zu gründen.
19. An K. E. Schubarth (Br 35, 179): Professor Hermann hat Anfang und Ende eines Euripideischen Stücks Phaethon aus der Pariser Handschrift herausgegeben; ich habe eine Übersetzung veranlaßt und beschäftige
) Die irreführende Form Phädons beruht auf dem Saxonismus Phaedons in Kräuters Diktat-Hs. (W 41.2, 404, Anm. 1). 2 ) Mit Euripides' Hippolytos hatte G sich besonders intensiv im Nov 1807 beschäftigt, als er A. W. Schlegels höchst schätzenswerthe Abhandlung Comparaison entre la Phèdre de Racine et celle d'Euripide (Paris 1807) studierte; vgl. an Eichstädt 18. Nov 1807 (Br 19, 459). 3 ) Göttlings Übers, der von Hermann in Euripidis Fragmenta veröffentl. Bruchstücke (W 41.2, 404f.). 4 ) Während Göttling die Form Phaeton verwendet, schreibt G von dieser Notiz an (vermutlich nach nochmaliger Einsicht in Hermanns Programm) der griech. Form entsprechend Phaethon. 1
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PHAETHON [I], T R A G Ö D I E DES EURIPIDES
221
mich nun, mit Beyhülfe und Einschaltung schon bekannter Fragmente dieses Stücks 1 ) das Ganze vor den Geist wieder herzustellen, indeß die Chorizonten 2 ) auch an den ganzen Stücken nieseln und rütteln; jene Beschäftigung macht mir viel Vergnügen. Nov 19. Nachts Eurípides. 23. Eurípides Phaethon. 24. Am Phaethon des Euripides mundirt. 25. (s. „Die Bacchantinnen des Euripides" gD, E G W 4 , S. 215)
26. Abends für mich. Eurípides. 3 ) 28. An C. L. F. Schultz (Br 35, 192f.): Eine angenehme Zwischenbeschäftigung hatte ich diesen Sommer; Professor Hermann in Leipzig gab Fragmente eines Euripidischen Trauerspiels heraus, eines P h a e t h o n s , Anfang und Ende, die Mitte fehlt. Nun sind von einem so benamsten Stücke schon kleinere Fragmente bekannt, und ich ward zu einem Versuch getrieben, das Stück wenigstens gewissermaßen wieder herzustellen; es ist unglaublich groß gedacht und nöthigt uns zum Denken; das Unternommene muß noch reifer werden; was auch daraus entstehe, wird es Ihnen gewiß Freude machen. | Ich habe bey dieser Gelegenheit den Euripides wieder vorgenommen und begreife immer besser, wie Aristophanes ihn hassen und ganz Griechenland ihn verehren konnte; auch er ist das Geschöpf so wie der Günstling seiner Zeit, vor der wir uns denn freylich tief zu verbeugen haben. 30. Dez 7. 29. 30.
Manuscript durchgesehen . . . Übersetzung des Eurípides. 4 ) Nach Tische Vorlesung . . . des Phaethons. Euripides Phaethon überdacht . . . Am Phaethon fortgeschrieben. Euripides Phaethon.
) Veröffentlicht in Bd 2 der Euripides-Ausg. von S. Musgrave, S. 415, die G vielleicht schon im Okt 1821 in Jena konsultiert hatte; eine Ubers. Göttlings liegt nicht vor. Vermutlich hat erst Riemer diese Fragmente G aus dem Ex. der Weimarer Bibliothek mitgeteilt, das G auch während der Drucklegung des Phaethon am 16. Febr 1823 (s. unten) entlieh. Die von G eingeschalteten Fragmente aus Musgraves Edition nachgewiesen bei Petersen 216 (s. auch FA I 12, 1039f.). 2) Schubarth hatte G im Okt 1821 sein eben vollendetes Buch Ideen über Homer und sein Zeitalter zugeschickt, in dem er die Einheit der Ilias verteidigte gegen die Vertreter der von F. A. Wolf in den Prolegomena ad Homerum (1795) begründeten Chorizonten-Theorie (Annahme einzelner Lieder von mehreren Verfassern; G übersetzt Chorizonten auch mit die Zerreißenden); davon handelte, Schubarth zustimmend, der erste Teil von G's Dankbrief. Vgl. auch „Über Campbell's Lectures on Poetry" gD (EGW 2, 58); „Ilias [im Auszug]" gD; „Homer noch einmal" gD. 3) Fortsetzung der Lektüre vom 25. Nov ( Bacchantinnen) oder Arbeit am Phaethon? 4) Revision der PAaefAon-Übersetzung oder erste Ubersetzung aus den Bacchantinnen? 1
222
PHAETHON [I], TRAGÖDIE D E S EURIPIDES
1822
1822 Febr 26. Hofrath Meyer Abends. Phaethon und anderes Kunstreiche und Poetische. Dez 2. [Nachmittags] Phaethon nach dem Euripides. 3. Nach Tische Phaethon. 3. [Weimar] F. Soret (Conversations 8): Pour la première fois . . . Goethe m'a fait l'honneur de me parler littérature, de ses ouvrages . . . Il s'occupe maintenant à traduire et à compléter une tragédie d'Euripide dont il ne reste que des fragments: Phaéton. C'est un travail entrepris il y a juste un an, mais qu'il vient de reprendre ces jours passés. 3. [Weimar] Eckermann (FA II 12, 509): Bei Goethe in einer Abendgesellschaft. Die Herren Riemer, Coudray, Meyer, Goethes Sohn und Frau v. Göthe waren unter den Anwesenden . . . Goethe sprach . . . über Literatur und seine Werke . . . Er beschäftigt sich gegenwärtig mit der Übersetzung und Zusammenstellung der Fragmente vom Phaëton des Euripides. Er hat diese Arbeit bereits vor einem Jahre angefangen und in diesen Tagen wieder vorgenommen.
20. Nach Tische Phaethon des Euripides. Abends . . . Phaethon fortgesetzt. 21. Phaethon, Trauerspiel des Euripides, redigirt und mundirt . . . [Nachmittags] Fortgefahren am Phaethon . . . Professor Riemer . . . über Phaethon gesprochen. 22. Die Fragmente des Phaethons weiter redigirt und mundirt. 23. Phaethon corrigirt.
1823 —
— Übersicht 1 ) (W 36, 433): Phaëton . . . Hermann.
Jan
1. (s. „Zu Phaethon [II] des Euripides" gD, EGW 4, S. 227)
20. Abends Professor Riemer, Phaethon mit ihm durchgegangen und sonstiges Ästhetisches und anderes besprochen. 26. Phaethon emendirt und sonst was zu Kunst und Alterthum vorerst nöthig wäre durchgedacht. 26. An H. Meyer (Br 36, 283): Phaeton ist hinüber, 2 ) und Herr [C. F. E.] Frommann verspricht ihn im ferneren Laufe nicht zu hindern. 27. An C. F. E. Frommann (Br 36, 286): Ew. Wohlgeboren . . . erhalten . . . : | 1) die beiden Titel des nächsten Heftes von Kunst und Alterthum [IV 2] und Text zu ungefähr dem ersten Bogen, in Hoffnung daß der Inhalt auch Sie und die theuren Ihrigen interessiren werde . . . 1) Zu den nicht mehr ausgeführten TuJ 1823; skizziert vermutlich 1824. Unter den Rubriken zu 1823 der Eintrag: Poesie. \ Phaeton (W 36, 434). 2) An die Frommannsche Druckerei in Jena; abgeschickt jedoch erst am 27. Jan (s. dort). Am 3. März schreibt Frommann an seinen Sohn, von G zu 1 % Bogen erstes Mscpt erhalten zu haben (QuZ 4, 401f.), d. h. den vollständigen PAaeiAon-Aufsatz.
1823 Jan
PHAETHON [I], T R A G Ö D I E DES EURIPIDES
223
27. Sendung an Frommann, Phaethon pp. . . .
Febr 16. (Aus der Weimarer Bibliothek - bis 20. März 1823 - : Euripidis Tragoediae et epistolae ex ed. Josuae Barnesii nunc recusa, add. fragm. ex recens. Samuelis Musgrave. T. 2. 3. Lipsiae 1779-1788. 1 )) März
2. [Weimar] Riemer an G. F. E. Frommann 2 ) (QuZ 4, 401): Ich sende nur vor allen Dingen einen Bogen Mscpt, 3 ) da der andre nicht so weit fertig ward, u. auch das Goethische Mscpt muß ich noch durchgehen, beydes aber soll gewiß morgen eintreffen. 3. [Jena] G. F. E. Frommann an Cotta (QuZ 4, 401): . . . gestern erhalten wir von Riemer Kunst u. Alterthum IV B. 2. H. den ersten Revisions Bogen . . .
10. Kam der [2.] Revisionsbogen Kunst und Alterthum IV, 2. 4 ) 22. Kunst und Alterthum IV [2], 3. Revisionsbogen. 5 ) 29. (3. Revisionsbogen (QuZ 4, 403 Anm. 1) datiert: 29. März)
Apr
3. Expedition an Ritter Hermann vorbereitet. 6. Nebenstehende Expeditionen: . . . Herrn Professor Ritter Hermann nach Leipzig. 6. An J. G. J. Hermann (Br 37, 3f.): Ew. Hochwohlgeboren | verzeihen geneigtest bey'm Anblick des Vorliegenden mein langes Schweigen und scheinbaren Undank. Sie sehen, wie mich Ihre wichtige Gabe sogleich beschäftigt, wozu Sie mich aufgefordert, und ermessen hiernächst, wie ich von einer so schweren Aufgabe, nach verwegenem Angriff, mich doch wieder zurückziehen mußte. Auf einem geschriebenen Blatt lege indessen vor Augen, was ich in dem gegenwärtigen Hefte, wovon dieß die ersten Aushängebogen sind, 6 ) noch weiter nachzubringen gedenke; 7 ) in Erwartung ob ein glücklicher Augenblick jenes Unternehmen wohl fördern möchte. Was aber auch auf diesem Wege von mir geleistet worden, es möchte doch die Freunde der alterthümlichen Dichtkunst einigermaßen auf dieß herrliche Werk aufmerksam zu machen geeignet seyn8) . . . Ich schließe mit der Bitte mir doch künftig alles, was in dieser Art von Ihnen ausgeht, ungesäumt gefälligst mitzutheilen, weil s. G's Nachtrag Zu Phaethon des Euripides (W 41.2, 59f.). Ausleihe zur Nachkontrolle der von Riemer übers. PAaefAon-Fragmente und/oder für den Nachtrag, der die Fundstelle der Fragmente angibt (s. W 41.2, 60). 2 ) Wegen G's schwerer Erkrankung seit 18. Febr übernahm Riemer zeitweise die KARedaktion. 3) 1. Revisionsbogen zu KA IV 2, den Beginn des Phaethon enthaltend. 4) Mit der Fortsetzung des Phaethon. 5) Mit dem Schluß des Phaethon u. Eigenes und Angeeignetes. 6) KA IV 2, Bogen 1 u. 2; den 1. Aushängebogen hatte Wesselhöft am 15. März an G geschickt (QuZ 4, 402). Den letzten Aushängebogen von KA IV 2 schickte G erst am 17. Juni 1823 zurück, am 22. Juni erhielt er die ersten Ex. des Heftes. 7 ) Das nicht überlieferte Blatt enthielt vermutlich bereits ein Konzept von Zu Phaethon des Euripides. 8) Das Folgende s. in „Die tragischen Tetralogien der Griechen, Programm von Ritter Hermann. 1 8 1 9 " gD.
224
PHAETHON [I], TRAGÖDIE D E S EURIPIDES
1823
es mir immer neue lebendige Veranlassung gibt, dasjenige wieder vortreten zu lassen, was sich bey mir vielleicht in den tiefsten Hintergrund zurückgezogen hat. Apr
10. [Leipzig] J. G. J. Hermann an G 1 ) (GSA 2 8 / 4 0 2 St.2): Was Ew. Excellenz mir über den Phaethon mitzutheilen geruhten, ist ein herrlicher Beweis, wie ein schöpferischer Geist das Todte zu beleben, und aus zerstreuten Trümmern die Umrisse und Verhältnisse des vormaligen Prachtgebäudes herzustellen weiß. Wenn die Philologen, die oft nach Art der Barbaren die Trümmern nur noch mehr zerstören, mit solchen Augen sehen könnten, wie ganz anders würde nicht, was jetzt nur in Schutt daliegt, erscheinen, und aus Unordnung Ordnung, aus Verwirrung und Dunkelheit Einfachheit und Klarheit hervortreten. 2 )
Mai
7. An C. L. F. Schultz (Br 37, 36): Die Brosamen von dem reichen Tisch der Alten sind es doch eigentlich, wovon ich lebe; 3 ) wie Sie aus dem restaurirten P h a e t h o n nächstens erfahren werden. Juni 26. An Zelter (Br 37, 103): Das bis auf den letzten Augenblick meiner Abreise verspätete Heft [KA IV 2] zu übersenden ist meine letzte Pflicht in Weimar. Möge es den Freunden zu einiger Unterhaltung dienen und mich ihnen vergegenwärtigen, wie sie mir nahe waren, als ich es theilweise verfaßte und im Ganzen redigirte. 4 ) Juli
2. [Berlin] Zelter an G (MA 20.1, 739): Da kommt endlich Dein lang erhofftes Schreiben mit dem Heftchen das einen großen Schatz enthält und von unserm Philologen [F. A. Wolf] für das Höchste gehalten wird das seit langer Zeit erschienen sei: das bitte ich zu bemerken, er sprach mit Enthusiasmus davon. Ich habe es erst nur durchnascht und meinen Teil schon darin gefunden.
Okt
10. [Leipzig] J. G. J. Hermann an G (GSA 2 8 / 1 0 4 ) : Die Fragmente der Niobe des Aeschylus hätten freilich eines Blickes, wie der Ihrige ist, bedurft. 5 )
15. Eine Sendung von Ritter Hermann kam an. 19. An J. G. J. Hermann (Br 37, 243): Ew. Hochwohlgeboren | das durch meine lange Sommer-Abwesenheit mehr als billig verspätete Heft [KA IV 2] endlich zu übersenden werd ich a u f s freundlichste durch die mir abermals gegönnten verdienstvollen Werke in diesen Tagen angeregt 6 ) 20. Herrn Ritter Hermann nach Leipzig, Kunst und Alterthum IV, 2. ) Der vollständige Brief abgedruckt bei Petersen 217f. ) Das Folgende s. in „Die Bacchantinnen des Euripides" gD, EGW 4, 215f.. 3) G's Metapher kombiniert hier (u. öfter) das biblische Motiv der Brosamen vom Tische der Reichen (Ev. Lukas 16,21; Markus 7,28; Matth. 15, 2 1 - 2 8 ) mit dem von Athenaios (Deipnosophistai 8, 347e) als Diktum des Aischylos überlieferten Satz, daß die griech. Tragödien nur Schnitten von den Mahlzeiten Homers seien, später kolportiert in der Formel: von den Tischen der Alten. 4) Mit demselben Begleittext schickte G Ex. an Schultz (23. Juni; Br 37, 99), Knebel (25. Juni; ebd.) u. Reinhard (26. Juni; ebd. 104). 5) Beigelegt Hermanns De Aeschyli Niobe u. seine Editionen von Sophokles' Oedipus Rex u. Euripides' Bacchae. 6) Das Folgende s. in „Die Bacchantinnen des Euripides" gD, EGW 4, 216f.. 1
2
1825
PHAETHON [I], T R A G Ö D I E DES EURIPIDES
225
1825 Febr 24. [Weimar] Eckermann Gespräche und in andern Stücken wechselt ihres Gegenstandes ihnen mehr sich nie viel zu bedeuten hatte Mai
(FA II 12, 146): [G:] „ . . . im Phaethon des Euripides der Ort, und man sieht also, daß die gute Darstellung galt als der blinde Respekt vor einem Gesetz, das an ..."
1. [Weimar] Eckermann Gespräche (FA II 12, 574f.): Wir sprachen über . . . die griechischen Tragiker, und endlich über die vielverbreitete Meinung, daß das griechische Theater durch Euripides in Verfall geraten. Goethe war dieser Meinung keineswegs. | „Uberhaupt, sagte er, bin ich nicht der Ansicht, daß eine Kunst durch irgend einen einzelnen Mann in Verfall geraten könne . . . Die tragische Kunst der Griechen konnte sowenig durch Euripides in Verfall geraten, als die bildende Kunst durch irgend einen großen Bildhauer, der neben Phidias lebte, aber geringer war. Denn die Zeit, wenn sie groß ist, geht auf Wege des Besseren fort und das Geringere bleibt ohne Folge." . . . „Hatten die Stücke des Euripides, gegen die des Sophokles gehalten, große Fehler, so war damit nicht gesagt, daß die nachkommenden Dichter diese Fehler nachahmen und an diesen Fehlern zu Grunde gehen mussten. Hatten sie aber große Tugenden, so daß man einige sogar den Stücken des Sophokles vorziehen mochte, warum strebten denn die nachkommenden Dichter nicht diesen Tugenden nach und warum wurden sie denn nicht wenigstens so groß als Euripides selber! - "
1826 Febr [Berlin] Zelter an G (MA 20.1, 909): Deine Zutaten zum Phaeton wurden von ihm [F. 1 8 . A . Wolf] anerkannt. Ich sagte ihm: „ d a s w ä r e eine Arbeit g e w e s e n f ü r S i e " worauf ich mich keiner Antwort erinnere.
20. An Zelter (Br 41, 38): Du gedenkst meines Phaethons, dessen ich mich noch immer freue, obgleich betrübe, daß ich nicht die zwey Hauptscenen damals niederschrieb. Wäre es auch nicht zulänglich gewesen, so war es doch immer etwas, wovon sich jetzt niemand einen Begriff machen kann. | In jene Regionen werde ich abermals verlockt 2 ) . . . Aug
12. (s. „Euripides Phaethon [III]": an Zelter gD, E G W 4 , S. 229)
Okt
11. (s. „Euripides Phaethon [III]": an Zelter gD, E G W 4 , S. 229)
18. (s. „Euripides Phaethon [III]": Zelter an G gD, E G W 4 , S. 229)
1827 Jan
31. [Weimar] Eckermann Gespräche (FA II 12, 226): „Darin, fuhr Goethe fort, waren nun wieder die Griechen so groß, daß sie weniger auf die Treue eines historischen Faktums gingen, als darauf, wie es der Dichter behandelte. Zum Glück haben wir jetzt an den
) Abgeschickt am 4. März. ) Das Folgende s. in „Philoktet, dreifach" gD. Vgl. auch G's Formulierung in Philoktet, dreifach'. Wie ich durch die Fragmente des Phaëton zu mannigfaltigen Bemühungen aufgerufen worden ...so erging es mir abermals ... (W 42.2, 464; geschrieben zwischen 10. Apr u. 27. Juli 1826).
1 2
226
PHAETHON [I], TRAGÖDIE D E S EURIPIDES
1827
Philokteten ein herrliches Beispiel . . . Wollte es meine Zeit mir erlauben, so würde ich diese Stücke [den Philoktet des Aischylos und den des Euripides] restaurieren, so wie ich es mit dem Phaethon des Euripides getan, und es sollte mir keine unangenehme und unnütze Arbeit sein." 1 )
1828 —
—
Gottfried Hermann: Opuscula. Tom. III. Leipzig 1828, 2 ) S. 3: Adverterunt haec fragmenta [Phaethontis] Goethium, quamvis grandaeva in senecta non cithara carentem. Iuvabit contulisse quae scripsit in libro cui indicem fecit Kunst und Alterthum 3 ) . . . S. 41: 4 ) Sed ut ad Aeschyli Nioben revertamur, quae compositio fuerit illius fabulae coniciat fortasse, ut in Euripidis Phaethonte, divinum ingenium Goethii, cui contigit, quod sibi exoptabat Horatius, integra cum mente nec turpem senectam degere nec cithara carentem. 5 ) Nobis, qui critici fungimur officio, intra fines consistendum est multo angustiores.
1831 Nov 12. An J. G. J. Hermann 6 ) (Br 49, 137f.): Ew. Hochwohlgeboren | haben mich so oft aus düstern kimmerischen Träumen in jenes heitere Lichtund Tageland gerufen und versetzt, daß ich Ihnen die angenehmsten Augenblicke meines Lebens schuldig geworden. Phaethon, Philoktet, die Urmythologie 7 ) und so manches Andere haben mich vielfältig beschäftigt und mir möglich gemacht, das nach Zeit und Ort, Gesinnung und Talent Entfernteste an mich heranzurufen.
1832 [März 3.] K. W. Müller: Goethes letzte literarische Thätigkeit (GG 3.2, 845): In der alten Literatur zog ihn [G] vorzüglich Euripides an, den er sehr schätzte. Das Fragment vom Drama Phaethon interessirte ihn so sehr, daß er bei einem Besuch des Professor G[öttling] am dritten März eine abermalige Revision der Herstellung verhieß. Er sagte unter andern: . . . Weil Euripides ein paar schlechte Stücke, wie Elektra und Helena, geschrieben, und weil ihn Aristophanes gehudelt hat: so stellt ihr ihn tiefer, als andere.
) Das Folgende s. in „Philoktet, dreifach" gD. ) Widmungsexemplar in G's Bibliothek (Ruppert Nr. 690). 3) Fußnote zur wiederabgedruckten Abhandlung Euripidis Fragmenta duo Phaethontis. 4) Aus der Abhandlung De Aeschyli Niobe (zuerst 1823). 5) Horaz: Oden I 31, 18-20. 6 ) Anlaß für G's Brief war die Zusendung von Hermanns Edition Euripidis Iphigenia in Aulide (Leipzig 1831) vom 2. Nov 1831 (s. Tgb vom 3. Nov) mit eingedruckter Widmung an G (Ruppert Nr. 1261). 7) Hermanns Schrift De mythologia Graecorum antiquissima (Leipzig 1817; Ruppert, Nr. 1970); s. Geistesepochen, nach Hermanns neusten Mittheilungen (W 41.1, 128-31, 470-73). 1
2
1832
PHAETHON [I], T R A G Ö D I E DES EURIPIDES
227
Nach seinen besten Produkten muß man einen Dichter beurteilen, nicht nach seinen schlechtesten. 1 )
CM
Zu Phaethon [II] des Euripides 2 )
E
1823 Jan 1. - Mai 7. 3 )
D
KA IV 2 (1823) 152-58. - C 1 46 (1833) 4 9 - 5 3 . - W 41.2, 5 9 - 6 3 . - AA-SL 1, 171-74. - MA 13.1, 3 1 3 - 1 6 . - FA I 21, 4 8 5 - 8 8 .
Z
1823
Jan
1. Scenarium von Phaethon. 4 )
Febr 16. (s. „Phaethon [I], Tragödie des Euripides" gD, EGW 4, 223) Apr
6. (s. „Phaethon [I], Tragödie des Euripides": an Hermann gD, EGW 4, 223f.)
Mai
5. Professor Riemer den 10. Bogen Kunst und Alterthum [IV 2] revidirt bringend. 5 ) 5. (Korrekturbogen 10 von KA IV 2 durch G datiert: d. 5. May 1823)
7. Herrn Wesselhöfts Druckerey Revisionsbogen 10 nach Jena.
CM
Euripides Phaethon [III]. (Zu Kunst und Alterthum Theil IV. Heft 2. Seite 26. )6)
E
1826 Aug 5.-9. 1826 Dez 2. - 1827 Jan 17. 7 )
Das Folgende s. in „Die Bacchantinnen des Euripides" gD, EGW 4, S. 218. ) Als Nachtrag zu Phaethon des Euripides bezeichnet im Inhaltsverzeichnis von KA IV 3, 184. 3) Absendedatum der letzten Bogenkorrektur an die Druckerei (s. unten). 4) Da Phaethon, Tragödie des Euripides bereits abgeschlossen vorlag, bezeichnet Scenarium die Wiederholung der dort angedeuteten Situationen zu nochmaliger Belebung der Einbildungskraft und des Gefühls (W 41.2, 60), d. h. das erste Konzept des Nachtrags Zu Phaethon des Euripides. 5) Enthielt Von deutscher Baukunst, Zu Phaethon des Euripides u. Die tragischen Tetralogien der Griechen. 6) Weiterer Nachtrag zur Passage in Phaethon, Tragödie des Euripides, die die Katastrophe thematisiert (W 41.2, 43f.). 7) Abschluß der Bogen-Korrektur (s. unten). 2
228
EURIPIDES PHAETHON [III]
1826
D
KA VI 1 (1827) 7 9 - 8 4 . - C 1 46 (1833) 5 4 - 5 7 (Euripides' Phaethon, noch einmal). - W 41.2, 2 4 3 - 4 6 . - AA-SL 1, 194f. - MA 13.1, 337ff. - FA I 22, 333ff.
Z
1826
Aug
3. [Jena] G. W. Göttling an G (GSA Goethe-Akten 319, 77 1 )): Die neulich bei Ew. Excellenz erwähnte Stelle aus dem Phaethon des Euripides, 2 ) steht bei Diogenes Laert. Vit. Anaxagor. II, 3, 5. Dort heißt es Euripides habe die Sonne eine %pucrea ßö>A.o ^ ... I Irübes zu Durchschattendes I
Weimar den 5. September 1822.
— Orange — Blau — Roth
— Weiß
G.
6. (s. „Entoptische Farben": an Boisseree gD, EGW 3, 488, „Physische Farben": an Boisseree gD, „Einleitung zu öffentlichen Vorlesungen . . . " gD u. an Boisseree gD, EGW 3, 308)
6. An Riemer (Br 36, 154): ... 6 ) Auch der Phosphor im Manuscripte wird Ihnen freundlich entgegen leuchten, [vor 8.] Büchervermehrungsliste (Tgb 8, 322): Schweiggers Journal für Chemie und Physik. Band 5, Heft 2. 1822. Vom Herausgeber. 7 ) ) Antwort auf 16. Aug 1822: Schultz an G. ) Das Vorausgehende s. in „Einleitung zu öffentlichen Vorlesungen": an Schultz gD, EGW 3, 307 u. „Entoptische Farben": an Schultz gD, EGW 3, 488. 3) Uber physiologe Farbenerscheinungen ... das phosphorische Augenlicht ... betreffend. 4) Dazu ein Konzept von Johns Hand mit G's Korrekturen (GSA 2 6 / L I I , 2 1 Bl. 28). Der Paragraph wurde nach Schultz Ms. unverändert gedruckt, da dieser sich zu G's Anderungsvorschlag nicht äußerte. 5) Tabelle aus satztechnischen Gründen in Petit. 6) Das Vorausgehende s. in „Einleitung zu öffentlichen Vorlesungen . . . " : an Riemer gD, EGW 3, 308. 7) Bezug zur Farbenlehre durch Brewsters Mineralsystem (S. 113), das nach kristalloptischen Kriterien angeordnet ist. 1
2
816 Sept
ZUR F A R B E N L E H R E
1822
8. (s. „Einleitung zu öffentlichen Vorlesungen . . . " : an Cotta gD, EGW 3, 308)
8. Geogr.[aph J. C. G.] Weise ein Mikroscop von Serenissimo von Jena bringend. 10. (s. „Einleitung zu öffentlichen Vorlesungen . . . " : an Schultz gD, EGW 3, 308f. u. „Der Versuch als Vermittler von Object und Subject": an Riemer gD) 11. (s. „Einleitung zu öffentlichen Vorlesungen . . . " gD, EGW 3, 309) 13. (s. „Einleitung zu öffentlichen Vorlesungen . . . " : Henning an G gD, EGW 3, 309)
14. [Sendung an] Dr. Körner, das neue Mikroscop. Sept (s. „Entoptische Farben": an Boisseree gD, EGW 3, 488 u. „Physische Farben": an [Mitte] Boisseree gD)
15. Herr [G. F.] von Reichenbach aus München. 15. [Magdeburg] Hegel an G (GJb 1895, 65ff.): ... 1 ) vielleicht weiss er [Henning] sich mündlich auch über eine Ansicht, die ich von der Wirkungsweise des Prisma gefasst, verständlicher zu machen; ich werde mir aber späterhin noch Mühe geben, mir selbst das Appergu klarer zu machen und den Gesichtspunkt, aus dem dasselbe ein Interesse haben könnte, - für eine nähere Bestimmung derselben zu fassen, denn nur um eine solche etwa könnte es zu thun seyn. Er wird Ihnen auch sagen können, dass mir das Grau beynahe ganz vergangen ist. 2 ) | Da Sie und Hr. Geh. Rath Schultz sich das Schema der Farben gegenseitig herüber und hinüber schieben (er hat mir das Letztere hierüber betreffende von Ihnen an ihn gezeigt) 3 ) so will ich hierüber nur einiges kürzlich bemerken . . . es schlägt etwas philosophierendes darein ein. - Ich weiss vor Erst nicht andres, als nach Ihnen zu S. 241 (des 4. Hefts) 4 ) und allenthalben, Roth Gelb
Blau Grün
Violett und Gelbroth stellen wir, als gemeine quantitative Mischlinge, hier einstweilen auf die Seite. | Vors erste hat nun der Gegensatz von Gelb und Blau keine Schwierigkeit, resp heller u. dunkler Grund - und Trübes - oder Durchleuchten und Durch-
Das Vorausgehende s. in „Ältere Einleitung": Hegel an G gD, EGW 3, 270, „Physische Farben": Hegel an G gD u. „Einleitung zu öffentlichen Vorlesungen . . . " : Hegel an G gD, EGW 3, 309. 2) Vgl. G. W. F. Hegel: Encyclopädie der philosophischen Wissenschaften im Grundrisse. 2. Aufl. Heidelberg 1827, 304 (LA II 5 B / 2 , 1062f.): Das Licht erhellt, der Tag vertreibt die Finsternis; die Verdunkelung, als Vermischung des Hellen mit vorhandenem Finstern gibt im Allgemeinen ein Grau ... Das Prisma ist zugleich durchsichtig und zugleich - und zwar ungleich trübend. 3) Beilage zu 5. Sept 1822: an Schultz. 4) Dort in Nat I 4 die Tabelle Auge empfänglich und gegenwirkend, mit G's FL-Maximen am Anfang, darunter: Farbenkreis gültig für alle Erscheinungen (FA I 25, 730). Hegel erörtert das Verhältnis der einzelnen Farben zum Trüben anschließend mit Bezug auf Schultz' Uberphysiologe Farbenerscheinungen ... § 38 (FA I 25, 809); Hegel kannte G's Anderungsvorschläge vom 5. Sept 1822. Vgl. auch Hegel: Werke. Bd. 7.2: Vorlesungen über die Naturphilosophie. Hsg. von G. L. Michelet. Berlin 1842, 3 2 2 - 2 5 ; dort wiederholt Hegel seine Ansichten.
1822
ZUR F A R B E N L E H R E
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schatten - des Trüben, das, resp. gegen jenes dunkle gegen dieses helle Trübung ist. | Aber zweytens Roth und Grün, sind zwey anders bestimmte Extreme gegeneinander, ein zweyter Gegensatz von anderer Natur. - Für das Wesentliche überhaupt halte zunächst, dass schon Gelb und Blau qualitative Extreme sind, und wir hier für sich nicht mit quantitativen Unterschieden ausreichen, die sonst nur in die Farbenpyramide gehören, und von keinem wirklichen Interesse - im Gegentheil - für Theorie und Contemplation sind. - Ferner sind nun Roth und Grün gleichfalls als qualitative Verschiedenheiten zu fassen, - gegeneinander sowie dieser zweyte Gegensatz gegen den ersten; - dazu liegt alles bey Ihnen vor und ich habe Sie nie anders verstehen können, obgleich Sie selbst sich des Gebrauchs solcher formellen Bestimmungen, als qualitativ und quantitativ, enthalten. | Erstens den zweyten Gegensatz, im Unterschiede von dem ersten, habe ich als den gleichschwebenden aus Ihren Darstellungen fassen zu dürfen und müssen geglaubt, als das Gleichgewicht der Synthese, - indifferentes Durchdringen der Grundlage und des trüben Mittels, so dass eigentlich der Unterschied von Grundlage und Mittel nicht mehr eine Bedeutung hat; Ihnen brauche ich die Bestätigungen und Documentierungen aus dem Werke nicht anzuführen. - Diss zu Grunde gelegt, so ist nun diese synthetische Einheit unter den Unterschied zu stellen und gestellt, - das einemal, blosse Neutralität, Auflöslichkeit - etwa selbst Mischung - wie mechanisch - des bl. u. gelben Pulvers; aber auch das chemische Gleichgewicht ist Neutralität. - Roth dagegen wäre die individuelle Einheit - zum Subjectiven verinnigt, - um es mit einem Kunstterminus kurz auszudrücken; - die Form der Einheit als Individualität bedarf bey Ihnen am wenigsten einer Erläuterung. - Roth erklärten Sie darum zum Königlichen der Farbe, - wir zum lieblichen Innigen - der Rose; - mit leichter Scheinens-Veränderung das eine und das Andere. | Ich wünschte, dass Sie in dieser Stellung der Sache unter unsere Formen, Ihren Sinn erkännten; so dürfte ich unsere Explication gerechtfertigt glauben. | Schliesslich bemerke, dass ich mir die Freyheit genommen, ein paar Aufsätze, in der Gestalt, wie sie sind, ins Reine schreiben zu lassen, und sie beyzuschliessen. Sie danken ihren Ursprung ganz den Unterhaltungen mit Hn Schultz und von Henning vom vorigen Winter, und betreffen einige Nebenumstände: der erste hat vielleicht ein weiteres Interesse, 1 ) um ein bey Gelegenheit des Doppelsehens hereinkommen wollendes Nahes und Fernes - zu entfernen. 2 ) - Einen dritten habe nicht mehr zu redigieren Zeit gewinnen können; 3 ) er betrifft gleichfalls ein Pfaff-pfäffisches Experiment, auf das er sich besonders viel zu Gute thut, und das Sie selbst zur Farbenlehre S. 454 ff. ihm angegeben 4 ) - über Newtons 2ten u. 8ten Versuch; - es ist daran ein Umstand, der besondere Beachtung verdient. | Doch ich muss schliessen; in Berlin konnte diesen Brief nicht mehr schreiben; muss darum auch wegen der Wirthshausblässe der Dinte um Entschuldigung bitten . . . P. S. Mit den Figuren bitte Nachsicht zu haben; ein Theil ist gleichfalls mit hiesiger blasser Dinte; - der Wein war nicht so durchwässert.
) Hegel: Zu des Herrn Geheimen OberRegierungsraths Schultz Abhandlung: Über physiologische Gesichts- und Farben Erscheinungen . . . ; abgedruckt LA II 5 B / 1 , 2 6 5 - 7 7 , M 97. 2) Der 2. Aufsatz hier von Hegel nicht näher charakterisiert; im Konzept folgt: der andere ist über ein Pfaffisches Experiment (Ueber Newton's Farbentheorie, Herrn von Goethe's Farbenlehre und den chemischen Gegensatz der Farben ... Leipzig 1813). Hegel geht hier auf Pfaffs Erörterung von G's Kritik an Newtons 1. Versuch ein (FL Polemischer Teil §§ 3 4 - 4 6 ; FA I 23.1, 310-16). Hegels Aufsatz abgedruckt LA II 5 B / 1 , 2 8 0 - 8 6 , M 98. 3) Offensichtlich nicht mitgesandt. Henning hatte diesen Aufsatz Hegels G bereits angekündigt. Vgl. in „Einleitung zu öffentlichen Vorlesungen . . . " 16. Mai 1822: Henning an G, EGW 3, 292, Punkt 27. 4) F L Polemischer Teil §§ 1 6 9 - 8 2 Newtons 8. Versuch (FA I 23.1, 368-73). 1
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Sept 16. (s. „Einleitung zu öffentlichen Vorlesungen . . . " Tgb, an Zelter u. Buchhandelslieferung gD, EGW 3, 309f.) 17.u. 18. (s. „Einleitung zu öffentlichen Vorlesungen . . . " gD, EGW 3, 310) 18. (s. „Einleitung zu öffentlichen Vorlesungen . . . " : an Färber gD, EGW 3, 310)
19. Wissenschaftslehre, Manuscript ganzes, über physiologe Farben überhaupt und besonders über den Phosphor im Auge, Jena. 1 ) 20. (s. „Einleitung zu öffentlichen Vorlesungen . . . " Tgb, an Rochlitz, an Nees v. Esenbeck u. Unterredung mit Henning gD, EGW 3, 310f.) 20. (Besonderes Inhalts Verzeichniß 2 ) (LA II 5 B / 1 , 257, M 92) den 20. September 22. gefertigt) 21. (s. „Entoptische Farben": Soret gD u. Soret an M.-N. Soret gD, EGW 3, 488f.) 21. [Weimar] L. D. v. Henning an F. G. Förster (GG 3.1, 416f.): ... 3 ) Im Verlauf des Gespräches sagte er unter anderm freundlich: Nun ja, Ihr jungen Leute, ich sehe wohl, Ihr macht Eure Sachen gut, fahrt nur getrosten Muts so fort; an Euch ist es jetzt, das Werk fortzusetzen und durchzufechten, das wir angefangen haben; ich komme mir bisweilen vor wie der alte Reuchlin in Köln, dem die Pfaffen so vielfältig zusetzten; 4 ) mich haben sie zwar gerade nicht vorgeladen, sie möchten mir aber doch gern als Ketzer den Prozeß machen; Ihr tut nun, was Ulrich Hutten und Franz Sickingen zu jener Zeit getan haben 5 ) . . . Der alte Herr ließ es sich gefallen, daß ich ihm gelegentlich etwas vorphilosophierte, sprach belehrend und ermunternd und gedachte wiederholentlich unseres Berliner Meisters [Hegel] auf das wohlwollendste und ehrenvollste. Auch auf den Feldzug von 1792 kamen wir zu sprechen und auf die friedlich-polemische Episode in Pempelfort bei Jacobi. 6 ) Goethe nahm meine Bemerkung, daß, bei dem Streiten über die Materie, er der eigentliche spekulative Philosoph gewesen sei, gütig auf und fügte dann heiter hinzu, daß er, als seine Freunde ihn unklar und unverständlich gefunden hätten, getrost, wie Sancho Pansa, bei sich gedacht habe: So verstehe ich wenigstens mich selbst, und Gott wird mich wohl auch verstehen. 7 ) 22. (s. „Johann Kunckel" gD)
Tl./Tl.
(s. „Entoptische Farben": Johann Kunckel gD, EGW 3, 489)
) Zum Abdruck in Nat II 1. - Folgendes s. in „Einleitung zu öffentlichen Vorlesungen . . . " gD, EGW 3, 310. 2) Zu Ghromatica. 3) Vorausgehendes s. in „Einleitung zu öffentlichen Vorlesungen . . . " : Henning an Förster gD, EGW 3, 311. 4) Johannes Reuchlin, Philosoph u. Humanist; wurde nach Schmähschriften aus dem Kreis der Kölner Dominikaner gegen Juden 1510 vom Mainzer Erzbischof Uriel von Gemmingen um ein Urteil über den Einfluß jüdischer Schriften auf den christlichen Glauben gebeten. Reuchlin sprach sich gegen eine Vernichtung hebräischer Werke aus u. mußte sich 1513 der Inquisition in Rom stellen. Von Gleichgesinnten wurde Reuchlin in den maßgeblich von Ulrich von Hutten verfaßten, sog. Dunkelmännerbriefen (Epistolae obscurorum virorum), 1 5 1 5 - 1 7 , verteidigt. 5) Folgendes s. in „Einleitung zu öffentlichen Vorlesungen . . . " : Henning an Förster gD, EGW 3, 31 lf. 6 ) Vgl. Campagne in Frankreich 1792 (W 33, 197f.). 7) Folgendes s. in „Einleitung zu öffentlichen Vorlesungen . . . " : Henning an Förster gD, EGW 3, 312. 1
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Sept 23. (s. „Johann Kunckel" gD, „Einleitung zu öffentlichen Vorlesungen . . . " gD, EGW 3, 312 u. „Entoptische Farben": Körner an G gD, EGW 3, 489) 24. (s. „Einleitung zu öffentlichen Vorlesungen . . . " gD, EGW 3, 312) 25. (s. „Johann Kunckel" gD u. „Einleitung zu öffentlichen Vorlesungen . . . " gD, EGW 3, 312) 26. (s. „Johann Kunckel" gD, „Einleitung zu öffentlichen Vorlesungen . . . " gD u. an Sartorius gD, EGW 3, 312) 27. (s. „Johann Kunckel" gD u. „Einleitung zu öffentlichen Vorlesungen . . . " gD, EGW 3, 312) 28. (s. „Entoptische Farben" Tgb, an Körner u. an Färber gD, EGW 3, 489f.) Okt
2. (s. „Einleitung zu öffentlichen Vorlesungen . . . " gD, EGW 3, 312) 2.-7. (s. „Einleitung zu öffentlichen Vorlesungen . . . " : Nees v. Esenbeck an G gD, EGW 3, 312f.) 5. (s. „Johann Kunckel": Datierung gD)
7. u. 8. (s. „Einleitung zu öffentlichen Vorlesungen . . . " gD, EGW 3, 313) 8. (s. „Einleitung zu öffentlichen Vorlesungen . . . " : Henning an Förster gD, EGW 3, 313) 13. (s. „Der Versuch als Vermittler von Object und Subject" gD u. „Johann Kunckel" gD) 14. [Weimar] Lieferung Buchbinder Müller (LA II 5 B / 2 , 1073): Ghromatica. in 4° feinen Pappband. 1 ) 15. (s. „Entoptische Farben" Tgb u. Soret gD, EGW 3, 490) 20. (s. „Physiologe Farben": Marianne v. Willemer an G gD)
24. Kamen an . . . Revisionsbogen, Naturwissenschaft C. 2 ) 25. (s. „Entoptische Farben" gD, EGW 3, 490) 28. (s. „Einleitung zu öffentlichen Vorlesungen . . . " Tgb u. an Schubarth gD, EGW 3, 313) 30. (s. „Entoptische Farben" gD, EGW 3, 490 u. „Einleitung zu öffentlichen Vorlesungen . . . " : Cotta an G gD, EGW 3, 313)
Nov
4. An L. D. v. Henning (Konzept; Br 36, 197): ... 3 ) Schließlich nehme mir die Freyheit, Sie mit einem kleinen Auftrag zu belästigen: man verfertigt nämlich in Berlin jene Schleifen von übersponnenem Drahte, womit man die neueren elektromagnetischen Versuche anstellt; möchten Sie mir eine solche verschaffen und baldigst anher senden? Die Auslagen für dieselbe . . . bitte zu notiren . . . 6. (s. „Purkinje: Das Sehen in subjectiver Hinsicht": Schultz an G gD u. „Einleitung zu öffentlichen Vorlesungen . . . " : Schultz an G gD, EGW 3, 314)
Zusammenstellung von Mss., Ab- u. Druckschriften zur Farbenlehre (LA II 5 B / 1 , 261ff., M 95 u. ebd. 17). - Das Folgende s. in „Einleitung zu öffentlichen Vorlesungen . . . " : Lieferung Buchbinder Müller gD, EGW 3, 313. 2 ) Zu Nat II 1, 3 3 - 4 8 mit Teilen von Schultz: Uberphysiologe Farbenerscheinungen ... u. Der Versuch als Vermittler von Object und Subject. 3) Das Vorausgehende s. in „Einleitung zu öffentlichen Vorlesungen . . . " : an Henning, EGW 3, 313.
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Nov (s. „Der Versuch als Vermittler von Object und Subject" gD u. „Johann Kunckel" gD) 9.U.13. 14. (s. „Einleitung zu öffentlichen Vorlesungen . . . " gD, EGW 3, 314) 18. (s. „Physiologe Farben": an J. J. v. Willemer gD) 19. (s. „Einleitung zu öffentlichen Vorlesungen . . . " : Boisseree an G gD, EGW 3, 314 u. „Ältere Einleitung": Boisseree an G, EGW 3, 270) 21. (s. „Johann Kunckel": Buchentleihung gD) 23. (s. „Entoptische Farben" Tgb u. an Graf Sternberg gD, EGW 3, 490, „Physische Farben": an Graf Sternberg gD, „Purkinje: Das Sehen in subjectiver Hinsicht": an Graf Sternberg gD u. „Einleitung zu öffentlichen Vorlesungen . . . " : an Graf Sternberg gD, EGW 3, 314) 23. [Jena] J. W. Döbereiner an G (G-Döbereiner 69f.): . . . sende Ew. Exzellenz noch die Schweiggerische Schleife behufs der elektromagnetischen Versuche 1 ) und ein Kobaltsalz, welches am Tageslicht rot, beim Kerzenlicht aber grünlich erscheint.
25. An C. L. F. Schultz (Br 36, 213): Möge, mein Trefflichster, die eigene Arbeit Sie anlächeln und die Nachbarschaft nicht mißfallen. 2 ) Etwaige Druckfehler bitte anzuzeigen. 27. An J. W. Döbereiner (Br 36, 215): ... 3 ) Für die übersendete Schleife . . . und das Kobaltsalz, danke zum schönsten und wünsche daß Sie Ihren so belehrenden als erheiternden Besuch [23. Nov], in den Weihnachtsferien wiederholen möchten. 27. (s. „Einleitung zu öffentlichen Vorlesungen . . . " gD, EGW 3, 314 u. „Purkinje: Das Sehen in subjectiver Hinsicht": Schultz an G gD) 29. (s. „Einleitung zu öffentlichen Vorlesungen . . . " : Döbereiner an G gD, EGW 3, 314) 30. (s. „Purkinje: Das Sehen in subjectiver Hinsicht": Schultz an G gD) Dez
2. [Jena] J. W. Döbereiner an G (G-Döbereiner 73): Ich erlaube mir, Ew. Exzellenz eine kleine Probe von blausaurem Eisenoxyd zu übersenden, 4 ) welches wie der reinste Indigo mit dem schönsten metallischen Kupferglanz begabt ist. 5 ) 3. [Jena] G. F. E. Frommann an G (QuZ 4, 397): Auch lege ich die gewünschten nachträglichen 2. AushB. des naturhistorischen Hefts [Nat II 1] bey . . . 4. [Berlin] G. L. F. Schultz an G (Bratranek 2, 277): Gestern früh erhielt ich . . . das gütigst übersendete Heftlein „zur Naturwissenschaft zweiter Band", worin ich des erfreulich Ueberraschenden so viel gefunden habe, daß ich ganz davon erfüllt bin. Was meinen kleinen Aufsatz betrifft, so ist es höchst ehrenvoll für ihn, in solcher Gesellschaft zu erscheinen, aber nicht vortheilhaft; das scharfe skizzirte Wesen zwischen so milden, großen Formen nimmt sich nicht eben gut aus. Vielleicht wird es aber nur um ) Von G bereits aus Berlin bestellt; vgl. oben 4. Nov 1822: an Henning. ) Aushängebogen von Schultz' Uberphysiologe Farbenerscheinungen . . . in Nat II 1 (S. 2 0 - 3 8 ) umrahmt von Luke Howard an Goethe (ebd. 7 - 1 9 ) u. Der Versuch als Vermittler von Object und Subject. 1793 (ebd. 39-53). 3) Das Vorausgehende s. in „Einleitung zu öffentlichen Vorlesungen . . . " : an Döbereiner, EGW 3, 314. 4) Sog. Berliner Blau, Komplexverbindung aus dreiwertigem Eisen u. Hexacyanoferrat (II). Vgl. G's Protokolle Versuche mit der Berlinerblau-Lauge und den Metallkalken 4 . - 7 . Okt 1793 (FA I 23.2, 124-27). 5 ) Vgl. oben S. 673f., 25. Apr u. 1. Mai 1815: jeweils Döbereiner an G. 1
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so schärfer ins Auge gefaßt werden, und das ist, was ich wünschen muß. An Druckfehlern habe ich nur fünf gefunden, welche auf beiliegendem Blatte verzeichnet sind; ich würde das Heftlein hier gleich mitschicken 1 )... Dez
6. [Berlin] L. D. v. Henning an G (LA II 5 B / 2 , 1082): .. , 2 ) In beifolgendem Kästchen . . . übersende Ew. Exzellenz . . . einen magnetischen Kondensator von 3 0 0 Windungen, nach der Angabe des Herrn [J. C.] Poggendorff, eines jungen hiesigen Physikers, in der Voraussetzung daß dieses die von Ew. Exzellenz . . . bezeichnete Schleife von übersponnenem Draht sein wird. [Folgt Beschreibung.] 3 ) 7. (s. „Entoptische Farben": Graf Sternberg an G gD, E G W 3, 4 9 0 ) 9. (s. „Purkinje: Das Sehen in subjectiver Hinsicht": an Schultz gD)
11. [Abends] ... 4 ) Er [Purkinje] hatte von Berlin mitgebracht . . . den Apparat zu electro-magnetischen Versuchen. 12. (s. „Purkinje: Das Sehen in subjectiver Hinsicht" Tgb, an Färber u. an Knebel gD)
14. An Knebel (Br 36, 232): Mit Staatsrath Schultz in Berlin ist die Correspondenz eine Zeither sehr lebhaft. Es geschieht wohl, daß manche Epochen sich in einem reichern wechselseitigem Interesse hervorthun, und da muß man denn nicht feyern; eh' man sich's versieht, tritt wieder etwas wo anders ein und lockt uns vielleicht auf die entgegengesetzte Seite. Dießmal ist der Moment für beide Theile höchst fruchtbar, wovon du nächstens vernehmen wirst 5 ) . . . 16. (s. „Neuer entoptischer Fall": A. v. Goethe an Döbereiner gD)
16. Hofrath Döbereiner. Professor Oersted . . . von Copenhagen . . . Mittag für uns. Betrachtungen über das Gespräch mit Oersted. [nach [Weimar] H. G. Oersted an Inger Brigitte Oersted (GG 3 . 1 , 430ff.): Am 16. Dezember 16.] reisten wir 6 ) . . . zusammen mit Döbereiner nach Weimar. Er führte uns gleich zu Goethe, der mich aufs freundlichste empfing und viel über meine elektromagnetische Erfindung sprach. 7 ) Es wurde ein Brief hervorgeholt, in welchem ein Dr. [G. E.] Neeff in Frankfurt einen Vorschlag zu einer elektromagnetischen Untersuchung machte. 8 ) Ich erörterte die Schwierigkeiten dabei und beschrieb, wie der Versuch angestellt werden mußte. Goethe verstand es vollkommen, und es wurde beschlossen, daß Döbereiner ihn zusammen mit Goethe in den Weihnachtstagen anstellen sollte. Als ich zu Goethe sag-
Das Folgende s. in „Purkinje: Das Sehen in subjectiver Hinsicht": Schultz an G gD u. „Der Versuch als Vermittler von Object und Subject": Schultz an G gD. 2) Das Vorausgehende s. in „Einleitung zu öffentlichen Vorlesungen . . . " : Henning an G gD, E G W 3, 3 1 4 . 3) G's Bestellung der Schleife am 4. Nov 1 8 2 2 : an Henning. - Das Folgende s. in „Einleitung zu öffentlichen Vorlesungen . . . " : Henning an G gD, E G W 3, 3 1 5 . 4) Weitere Tgb-Notizen s. in „Entoptische Farben" gD, E G W 3, 4 9 0 u. „Purkinje: Das Sehen in subjectiver Hinsicht" gD. 5) Folgendes s. in „Purkinje: Das Sehen in subjectiver Hinsicht": an Knebel gD. 6) Oersted u. Gotlieb Bindesboell, dänischer Architekt. 7) Vgl. oben 1 8 2 0 : TuJ, 1 8 2 2 Nov 4.: an Henning u. Dez 6.: Henning an G. 8) Neeffs Brief vom 22. Jan 1 8 2 2 an Nees v. Esenbeck wurde von diesem am 4. Dez 1 8 2 2 an G weitergeleitet, der ihn seinerseits am 11. Dez 1 8 2 2 an Döbereiner sandte (vgl. Br 3 6 , 229f. u. 4 2 0 ) .
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te, daß ich mich darüber freute, als Naturforscher jetzt mit einem Manne in nähere Berührung zu kommen, den ich seit langem als Dichter bewundert hätte, meinte er: „Nun, was können wir wohl besseres tun im Alter, als uns der Natur in die Arme werfen." Er zeigte uns verschiedene Dinge, zu den optischen Versuchen gehörend, aber ohne daß wir dadurch noch zu einer weiteren Auseinandersetzung in bezug auf unsere ungleichen Meinungen darüber kamen . . . Vom Schauspiel gingen wir zu Goethe . . . Bei Tisch redete man viel über Naturwissenschaft. Ich entwickelte unter anderm meine Wärmetheorie, der er seinen Beifall zollte . . . Nach Tische kamen wir auf seine Lichttheorie zu sprechen. Er nötigte mich sozusagen selbst dazu. Ich brachte ihm einige Einwände vor, die er sehr freundlich aufnahm, und meinte, daß wir einander wohl in dieser Sache näher kämen, wenn unser Beisammensein nur länger währte. Ich zweifle allerdings daran; aber es war mir doch lieb, daß er ausdrücklich erklärte, gar nicht beabsichtigt zu haben, in der Lichtlehre anzugreifen, was mit der Brechung und Rückwerfung des Lichtes zu tun hat; sondern daß er nur die Farben abhandeln wolle. Ich sagte ihm, daß auch ich das, was bis jetzt davon vorläge, nicht für zureichend ansähe, und daß ich es zu einem Hauptgegenstand meiner Reise gemacht hätte, genau kennen zu lernen, was mit dieser Sache zusammenhängt. Wir trennten uns erst um zwölf Uhr wohlzufrieden, ohne in allem einig zu sein. [Dez
(s. „Entoptische Farben": Soret gD, EGW 3, 490) 20.] 20. [Weimar] F. Soret an G (LA II 5 B / 2 , 1086): Puisque j'ai l'avantage de prendre la plume pour vous écrire, il faut que je vous prie d'ouvrir Votre fenêtre et d'examiner les petits flocons de neige qui tombent. Ils sont fort-bien cristallisés, peut-être n'avez vous pas pu l'occasion de le remarquer encore; hier surtout les formes étaient admirablement nettes et simples. Ces cristaux m'intéressent beaucoup parce que j'ai fondé sur leur nature une explication des parhélies au moyen de la polarisation. 22. (s. „Neuer entoptischer Fall" gD) 22. (s. „Einleitung zu öffentlichen Vorlesungen . . . " : an Boisserée gD, EGW 3, 315) 23. (s. „Einleitung zu öffentlichen Vorlesungen . . . " gD, EGW 3, 315) 25. (Aus der Weimarer Bibliothek - bis 22. Jan 1823 - : Journal für Chemie und Physik . . . Bd. 14 . . . Nürnberg 1815 1 ) ...) 28. [Stuttgart] S. Boisserée an G (Boisserée 2, 345f.): .. . 2 ) Ich will nur gestehen, daß Ihr Brief mich bei den Aushängebogen Ihrer Naturwissenschaft [Nat II 1] überrascht 3 ) . . . Wer ist der geistreiche Mann in Nenndorf, der so tiefsinnig über die physiologischen Farbenerscheinungen schreibt? 4 ) Auf das erste Lesen und nach meiner geringen Kenntniß kam mir die Erklärung halb wahr und halb märchenhaft vor. Der Autor macht seine Ansicht recht plausibel, er führt einen so nah an das innerste, individuellste Leben heran, daß man wie ein Kind glauben möchte, dem Vogel Salz auf den Schwanz streuen zu können; aber Husch, und er ist auf und davon.
) Darin: Theodor v. Grotthuß: Über einen neuen Lichtsauger nebst einigen allgemeinen Betrachtungen über die Phosphoreszenz und die Farben. In: Journal für Chemie und Physik 14 (1815) 133-92. - Zum Folgeband s. in „Entoptische Farben": Buchendeihung gD, EGW 3, 491. 2 ) Das Vorausgehende s. in „Einleitung zu öffentlichen Vorlesungen": an Boisseree gD, EGW 3, 315. 3) Am 17. Dez 1822 von Cotta erhalten; vgl. Weitz - Boisseree 1, 863. 4) Schultz Aufsatz datiert: Nenndorf den 27. Juli 1821. 1
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(s. „Entoptische F a r b e n " gD, E G W 3, 4 9 1 )
30. Hofrath Döbereiner abschließend was bey seinem Hierseyn geschehen. Verschiedene Nachversuche [zum Elektromagnetismus?] mit ihm . . . Dez (s. „Entoptische Farben": an Graf Sternberg gD, E G W 3, 4 9 1 , „Physische Farben": an [Ende] Graf Sternberg gD u. „Purkinje: Das Sehen in subjectiver Hinsicht": an Graf Sternberg
gD)
1823 Jan
12. An Graf Sternberg (Br 36, 271): Fraunhofers Bemühungen kenn ich; sie sind von der Art die ich ablehne, mehr darf ich nicht sagen.1) Gott hat die Natur einfältig gemacht, sie aber suchen viel Künste.2) 12. (s. „Einleitung zu öffentlichen Vorlesungen . . . " gD, E G W 3, 3 1 5 u. „Entoptische Farb e n " gD, E G W 3, 4 9 2 ) 14.
[Stuttgart] S. Boisseree an G (Boisseree 2, 3 4 7 ) : Oersted, der mich so eben verläßt, erzählte mir von Ihnen; Sie haben ihn doch in seiner Ansicht über die Farbenlehre zum Wanken gebracht.
27. An S. Boisseree (B 36, 284): Mit Herrn Oersted hätt ich wohl noch einen Tag Unterhaltung gewünscht; es war mit wenigem viel von ihm zu lernen, und zugleich weiß er aufzunehmen. Er steht auf einer so hohen Stufe wissenschaftlicher und sittlicher Cultur, daß es nur noch einen Ruck am Vorhang bedurfte, um mein Farbenwesen ihm ganz in's Klare zu setzen. Das alles wird sich denn nach und nach ausgleichen; mit diesem würdigen Manne wäre es leicht gewesen. Febr
7. (s. „Entoptische Farben": Purkinje an G gD, E G W 3, 4 9 2 u. „Purkinje: Das Sehen in subjectiver Hinsicht": Purkinje an G gD) 8.
[Stuttgart] S. Boisseree an G (Boisseree 2, 3 4 9 ) : Sie rücken nun [bei den Vorarbeiten zu TuJ 1 8 0 6 - 1 8 0 9 ] der Gegenwart so nahe, daß dadurch die Aufgabe für die Darstellung fast eine ganz neue wird. Aber gerade das wird Sie gereizt haben und dann begreife ich auch bei einigem Nachdenken recht wohl, warum Sie gerade jetzt, wo Sie sich vorzugsweise mit Naturwissenschaften beschäftigen, sich auf jene Epoche der Farbenlehre geworfen haben. Sie wirken hier auf die naivste Art, die fördersamste Weise, als Vermittler zwischen der Naturphilosophie und der Empirie, und man wird den großen Nutzen, den Sie dadurch stiften, in der Geschichte unsrer Litteratur dankbar anerkennen.
20.
[Dresden] G. G. Garus an G (Grosche 29): Beyfolgend sende ich außer meiner Rede von künftiger Bearbeitung der Naturwißenschaften 3 ) einige Aufsätze durch welche ich der
) Vgl. in „Entoptische Farben" Auf. Sept 1 8 2 2 : Graf Sternberg an G, E G W 3, 4 8 7 , Anrn. 2 1 1 . 2) Anspielung auf Prediger Salomo 7, 29. Ähnlich am 8. Nov 1 8 1 6 : an Seebeck. - Das Folgende s. in „Physische Farben": an Graf Sternberg gD, „Entoptische Farben": an Graf Sternberg gD, E G W 3, 4 9 1 u. „Einleitung zu öffentlichen Vorlesungen . . . " : an Graf Sternberg gD, E G W 3, 3 1 5 . 3) G. G. Garus: Von den Anforderungen an eine künftige Bearbeitung der Naturwis1
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geehrten Aufforderung hinsichtlich Ihrer Hefte Genüge zu leisten wünschte. 1 ) Der eine über Farbenerzeugung durch Dämpfung des Lichts hat vielleicht das Glück ein Voroder Nachwort von Ew Exzellenz zu veranlassen. 2 ) Febr [Jena] Betty Wesselhöft an Zelter (GG 3.1, 456): In dem Briefe aber, den wir am 2 7 . / 2 8 . Sonntag, dem 23. [Febr], morgens erhielten, sagte sie [Adele Schopenhauer] uns: daß die Ärzte alle Hoffnung aufgegeben hätten . . . Er sah niemand mehr als die nächsten, zu seiner Pflege nötigen Personen, phantasierte mitunter, viel von den Farben 3 ) . . . März 23. [Berlin] L. D. v. Henning an Nees v. Esenbeck (LA II 5 B / 2 , 1097): ... 4 ) [Mir] ist fast in der ganzen Geschichte der Wissenschaft kein Beispiel einer so großartigen und ächten, vom Instinkt der gesunden Vernunft geleiteten und von allen bornierten und abstrakten Verstandeskategorien freien, Empirie vorgekommen; am meisten erinnert mich Goethes Weise die Natur zu betrachten an die der Alten, zunächst des Aristoteles und in anderer Hinsicht auch des Piaton, die letztere namentlich im Timaeus z. B. bei dem was er über die Sonnenhaftigkeit des Auges, und dessen aktives Verhalten beim Sehen sagt. 5 ) 29. (s. „Johann Kunckel" gD) 29. [Weimar] F. Soret: Erinnerungen (Zehn Jahre 47): Goethe hat sich, wie er mir mitteilte, ein einfaches Verfahren erdacht, die Kristallisation des Schnees nachzubilden: 6 ) man bringt die Bärte von Federn auf die Platte eines Kaleidoskops. 7 ) Die Idee ist außerordentlich sinnreich. Apr
7. (s. „Einleitung zu öffentlichen Vorlesungen . . . " gD, EGW 3, 316)
[vor 14.] (s. „Einleitung zu öffentlichen Vorlesungen . . . " : Vorlesungsankündigung gD, EGW 3, 316) 14. u. 16. (s. „Physische Farben": Tgb u. an Garus gD)
16. An T. J. Seebeck (Br 37, 16f., 309): Nach einer bedeutenden Krisis . . . wieder hergestellt, fühle ich lebhafter als sonst, was ich besitze und was ich vermisse. Unter das letzte habe ich alle Ursache die unterbrochene Mittheilung mit Ihnen, theurer verehrter Freund, zu zählen: ich spreche dieß in den ersten Tagen einer heiteren Wiederherstellung um desto lieber aus, als ich eine solche Erneuerung unserer schönen früheren Verhältnisse für ein Gut halten muß, dessen ich nicht länger entbehren darf. [Im Konzept gestrichen: Und so darf ich Sie wohl ersuchen mir einige wenige Blätter zu gönnen, die ich in das neuste Heft zur Naturwissenschaft, woran so eben gedruckt wird, mit aufnehmen senschaften. Eine Rede gelesen zu Leipzig am 19. September 1822 in der 1. Zusammenkunft deutscher Naturforscher und Aerzte. Leipzig 1822 (Ruppert Nr. 4452). 1 ) Vgl. an G. G. Garus, 31. Jan 1823 (Br 36, 293): . . . möchten Sie mir für das nächste Heft morphologischen Inhalts [Morph II 2] nur irgend einen kleinen Beytrag geben? 2) Obwohl G das Nachwort schrieb, nicht publiziert (LA II 5 B / 1 , 309ff., M 105). Das Folgende s. in „Physische Farben": Garus an G gD. 3) G's lebensbedrohliche Erkrankung 17.-25. Febr 1823, vermutl. Herzinfarkt. 4 ) Vorausgehendes s. in „Einleitung zu öffentlichen Vorlesungen . . . " : Henning an Nees v. Esenbeck gD, EGW 3, 315f. 5) In G's Bibliothek (Ruppert Nr. 1324): Piatonis Timaeus . . . Leipzig 1828. 6 ) Vgl. oben 20. Dez 1822: Soret an G. 7) Von G in einer Notiz generell auf Kristallisationen ausgedehnt (Der Muntere; W 42.2, 358): Alle Krystallisationen sind ein realisirter Kaleidoskop.
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und dasselbe dadurch so wie das Frühere mit Ihrem theuren Namen zieren könne.] Einige Zeilen von Ihrer Hand als Erwiderung des Gegenwärtigen werden mich deshalb höchlich erfreuen; wobey ich denn auch von Ihren Beschäftigungen zu vernehmen wünsche, von denen immerfort, obgleich nur allgemeine Kenntniß mir zukommt. Was mir über vergangenen harten Winter hinweggeholfen, überliefern die nächsten Hefte [Morph II 1, Nat II 1]: möge daraus einiges willkommen seyn. Wobey die Hoffnung bleibt, daß Sie mir für die nächsten Stücke auch wohl eine abermalige Mittheilung gönnen mögen.1) Apr 16. [Brief an] Herrn Dr. Seebeck, frische Einleitung 2 )... 19. (s. „Physische Farben" Tgb u. an Carus gD) 23.
Mai
[Genf] F. Soret an P. E. L. Dumont (Zehn Jahre 53): Da ich gerade daran denke: vielleicht ist folgende Beobachtung über die UnZuverlässigkeit von Zeugenaussagen für Sie von Wert. Jede Farbe ruft im Gehirn ihre Komplementfarbe hervor, daher die pathologische Wirkung, daß jemand, der nicht ganz genau hingesehen hat, in der Erinnerung die Farben verwechselt, zwischen beiden Komplementfarben schwankt und schließlich die entgegengesetzte statt der wirklichen gesehen haben will, z. B. Rosa statt Hellgrün. Er lügt nicht, er täuscht sich nur, und wenn zwei andere Zeugen bekunden, es war grün, so kann man ihre Aussagen bestätigt finden durch die scheinbar ganz entgegengesetzte Behauptung des ersten. Auch Herr von Goethe hat in seiner Farbenlehre ähnliche Gedächtnisfehler angeführt. Immer wenn ein Zeuge eine Komplementfarbe nennt, sollte man ihn nicht der Lüge zeihen, und gerade sein Zeugnis kann Wert für den Richter haben. So winzig diese Beobachtung ist, kann sie doch für Sie Bedeutung haben, vorausgesetzt, daß Sie sie nicht schon kennen. 3 )
1. Nach Tische Chromatisches vorgenommen. 1. (s. „Physische Farben": G. G. Garus an G gD u. „Physische Farben": Graf Sternberg an G gD, „Entoptische Farben": Graf Sternberg an G gD, E G W 3, 4 9 2 u. „Einleitung zu öffentlichen Vorlesungen . . . " : Graf Sternberg an G gD, E G W 3, 3 1 6 ) 5. (s. „Physisch-chemisch-mechanisches Problem": J. W. Döbereiner an G gD) 6. F. Soret Erinnerungen (Zehn Jahre 55f.): Sehr nette Gesellschaft bei Goethe, nur die Familie war zugegen . . . Es wurde hauptsächlich über Optik gesprochen, und Goethe erklärte mir seine Farbenlehre; ihr wichtigster Satz ist: das Licht ist keineswegs eine Zusammensetzung verschiedener Farben, sondern die Farben sind Arten des Lichtes, hervorgebracht durch den Gegensatz von Hell und Dunkel. Während er so über die Farben sprach, bewunderte ich die seiner Augen; die Iris weist deutlich drei verschiedene Färbungen auf: ein breiter blauer Rand 4 ) umgibt ihren braunen Kern; mit dem tiefen Schwarz der Pupille zeigen sich daher drei konzentrische Kreise - ein ganz ungewöhnlicher, aber keineswegs unangenehmer Eindruck; wenige Menschen haben einen so ausdrucksvollen Blick wie er.
) Der Brief blieb unbeantwortet u. der Kontakt endgültig abgebrochen. ) Weitere Tgb-Notizen s. in „Physische Farben g D " . 3) Der Genfer Philosoph u. Politiker Pierre Etienne Louis Dumont war auch Verfasser juristischer Literatur, z. B. eines Strafgesetzbuches. 4) Arcus senilis, Greisenring; Cholesterinablagerung in der Hornhaut. 1
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826 Mai
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11. (s. „Einleitung zu öffentlichen Vorlesungen . . . " gD, EGW 3, 316, „Neuer entoptischer Fall" gD u. „Schöne entoptische Entdeckung" gD) 14. (s. „Einleitung zu öffentlichen Vorlesungen . . . " gD, EGW 3, 317 u. „Neuer entoptischer Fall" gD)
1 4 . / 1 8 . (s. „Einleitung zu öffentlichen Vorlesungen . . . " : an Schultz gD, EGW 3, 317 u. „Entoptische Farben": an Schultz gD, EGW 3, 492) 17., 21. u. 22.
(s. „Einleitung zu öffentlichen Vorlesungen . . . " gD, EGW 3, 317)
24. (s. „Einleitung zu öffentlichen Vorlesungen . . . " gD, EGW 3, 317 u. „Neuer entoptischer Fall" gD) 24. [Berlin] G. L. F. Schultz an G (Bratranek 2, 295): ... 1 ) Unser Anatom und Physiolog G. R. [K. A.] Rudolphi erbat sich im Winter von mir Nachricht über meine kleinen optischen Arbeiten, weil er gerade mit Bearbeitung der Physiologie des Auges beschäftigt war; ich gab sie mit wenigen Worten, indem ich dabei auf den Aufsatz Bezug nahm, 2 ) den Sie drucken zu lassen gütigst übernommen hatten. R. [udolphi] hat in dem soeben erschienenen zweiten Bande seines Grundrisses der Physiologie auf diese Nachricht Bezug genommen 3 ) und sich, wie es seines Amtes ist, gegen meine Ideen erklärt, ohne sie eigentlich zu kennen. Mir kann ein solcher Widerspruch in der Beziehung lieb sein, daß ich erfahre, worauf ich mich gefaßt zu machen habe, wenn die Sache ans Licht tritt. Ich finde keine Ursache, besorgt zu sein, werde aber bei Zeiten zur weitern Ausführung sammeln, was dazu dienen kann, die Wahrheit mehr als geschehen ins Klare zu setzen. 4 ) Juni
9. [Genf] F. Soret an P. E. L. Dumont (Zehn Jahre 61ff.): Ich habe bei Herrn von Goethe sofort [gestern] die Rede auf das von ihm gebrauchte Bild gebracht; ich muß gestehen, für einen Mathematiker ist diese Metapher glänzend; ich habe mich in meinem Leben viel mit Kurven befaßt, aber ich war verblüfft über die Richtigkeit dieses Ausdrucks, besonders wenn man annimmt, daß es sich um eine S p i r a l e m i t z w e i f a c h e r K r ü m m u n g handelt . . . Hier also der Hauptinhalt meines Gesprächs mit dem berühmten Dichter. | I c h : „Sie haben zweihundert Meilen entfernt von hier eine lebhafte Diskussion veranlaßt, infolge eines Ausdrucks, den man Ihnen zuschreibt: die g e i s t i g e E n t w i c k l u n g d e r M e n s c h h e i t geht nach Ihrer Meinung nicht in direkter Linie vor sich, sondern s p i r a l f ö r m i g ; die scharfsinnigsten Metaphysiker von Genf haben sämtlich diesen bildlichen Ausdruck bewundert und zutreffend gefunden, aber als es sich darum handelte, Ihre Worte zu erklären, waren nicht zwei miteinander einig - so unzulänglich ist unsere Urteilskraft." | G o e t h e : „Ich erinnere mich dunkel, irgendwo diesen Ausdruck öffentlich gebraucht zu haben; 5 ) seinerzeit hat mich diese Idee sehr lebhaft beschäftigt, und ich weiß noch, wie mir damals nichts richtiger erschien als diese meine Metapher. Heute ist das etwas anders, und wenn ich auf jenem Konzil in
) Vorausgehendes s. in „Einleitung zu öffentlichen Vorlesungen . . . " : Schultz an G gD, EGW 3, 317f. 2) Uberphysiologe Farbenerscheinungen ... (FA I 2 5 , 7 9 8 - 8 1 2 ) . 3) K. A. Rudolphi: Grundriß der Physiologie. Bd 2, Abt. 1, Berlin 1823, S. 209f. 4) Das Folgende s. in „Einleitung zu öffentlichen Vorlesungen . . . " : Schultz an G gD, EGW 3, 318. 5 ) Vgl. FL Historischer Teil Einleitung: Der Kreis, den die Menschheit auszulaufen hat, ist bestimmt genug, und ungeachtet des großen Stillstandes, den die Barbarei machte, hat sie ihre Laufl)ahn schon mehr als einmal zurückgelegt. Will man ihr auch eine Spiralbewegung zuschreiben, so kehrt sie doch immer wieder in jene Gegend, wo sie schon einmal durchgegangen. Auf diesem Wege wiederholen sich alle wahren Ansichten und alle Irrtümer (FA I 23.1, 515). Das Bild der Spirale für die Entwicklung der Naturwissenschaften im Kap. Autorität (ebd. 623). 1
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Genf gewesen wäre, hätte ich selbst die Unklarheit kaum völlig aufhellen können." | I c h : „Exzellenz wollen mich nicht für anmaßend halten, wenn ich gestehe, daß mir das alles ganz klar erscheint. Ich meine so: innerhalb unserer Weltordnung wirken zwei entgegengesetzte Kräfte auf unsern Geist; die eine will ihn in der Sklaverei festhalten, die andere ihn von seinen Ketten befreien. Die erste ist im Bunde mit gefährlichen Hilfstruppen: Irrtum, Vorurteile, Gewohnheit, Faulheit; diese Gewalten bemächtigen sich unseres Geistes und rufen ihm zu: Nicht weiter, verirrtes Schaf! Kehre zurück zur Hürde, der Weg der Neuerung ist der Weg des Verderbens, sie sind ein und dasselbe. Die zweite jener beiden Kräfte ist Ihnen genugsam bekannt, sie würde, um in Ihrem Bilde zu bleiben, unsern Geist wie eine Tangente von der äußersten Peripherie seines Könnens ins Weite führen, wenn jene ewige Feindin nicht wäre. Von diesen beiden entgegengesetzten Kräften hin und her gezogen, wählt unser Geist einen Mittelweg, und wären die beiden Gewalten gleich stark, dann würde er ewig in unveränderlicher Bahn kreisen. Ein Glück, daß hier der Vergleich mit den Gestirnen aufhört; das Licht überwältigt die Finsternis Schritt für Schritt, wenn auch langsam, und die Kurve entfernt sich nach und nach vom Mittelpunkt, usw." | G o e t h e : „Ganz richtig! Auf geradem Weg würden wir gar zu schnell an unser äußerstes Ziel kommen. Ich hatte mir die Sache etwas weniger mathematisch vorgestellt als Sie und dachte dabei, wenn ich mich recht erinnere, nur an einzelne Individuen; doch könnte man, wie Sie das schon in Ihren Worten vorhin getan haben, den Vergleich sehr wohl auf das Menschengeschlecht als ein Ganzes ausdehnen. Dabei fällt mir ein, daß sich mit meiner Vorstellung eine zweite untrennbar verband, die nicht so übel ist; diese Spirale war keine gewöhnliche abstrakte Kurve und für euch Rechenmaschinen nicht zu brauchen; ich gab ihr ein selbständiges Leben, ich sah sie vor mir als eine Uhrfeder, die auseinandergeht und sich wieder zusammenzieht durch zufällige Ursachen, und das paßt nun zu allen sich daraus ergebenden Vorstellungen, besonders wenn man das Menschengeschlecht als Ganzes nimmt. Gewisse Umwälzungen stürzen anscheinend alle Völker in die Barbarei, eine finstere Wolke bedeckt im Mittelalter die Sonne des Altertums; da haben Sie meine Feder, wenn sie zusammengezogen ist, die Kurve zieht zwar immer ihren Kreis weiter und weiter, aber so wenig, daß man es kaum merkt; dann plötzlich läßt die Federspannung nach, und wir sehen mit einem Male, welch ungeheure Fortschritte auch während der Finsternis gemacht worden sind." | I c h : „Ich wollte Ihnen schon vorschlagen, an Stelle Ihrer Spirale eine wieder zurücklaufende Kurve zu setzen, aber jetzt werde ich mich schwer hüten." | Dieses Gespräch ging noch viel weiter und verstieg sich in die Metaphysik; was ich Ihnen davon mitteile, wird genügen, Ihr Konzil zufriedenzustellen. Jedenfalls verdanke ich Ihrer Anregung einen der interessantesten Abende, die ich bei Herrn von Goethe verbracht habe; wir waren fast zwei Stunden zusammen und beklagten die Unzulänglichkeit des Menschengeistes bei Erforschung der Wahrheit; wir waren uns darüber klargeworden, daß selbst die Mathematik oft auf Irrwege führt, wenn man sie von dem Felde der reinen Abstraktion entfernt; die gewöhnlichen Gesprächsstoffe waren fast gänzlich vergessen über der Spirale unseres Geistes, die sich während dieser Sitzung wunderbar weit geöffnet hatte . . .
Juni An C. L. F. Schultz (Br 37, 69ff.): Zu Ende des Monats geh ich nach 6./II. Marienbad ... 1 ) Ihr mir zur Morphologie gegönnter Aufsatz, mein Werthester, hat schon in den Aushängebögen sehr guten Effect gethan; dagegen kann man versichert seyn, die ablehnenden verneinenden Herren sterben nicht aus. 2 ) Vorausgehendes s. in „Einleitung zu öffentlichen Vorlesungen . . . " : an Schultz gD, EGW 3, 318. 2) Wohl K. A. Rudolphi; vgl. oben 24. Mai 1823: Schultz an G. - Folgendes s. in „Einleitung zu öffentlichen Vorlesungen . . . " : an Schultz gD, EGW 3, 318.
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11. (s. „Einleitung zu öffentlichen Vorlesungen . . . " Tgb u. an Cotta gD, EGW 3, 318) 12. (s. „Einleitung zu öffentlichen Vorlesungen . . . " gD, EGW 3, 318 u. „Neuer entoptischer Fall" gD) 13. [Jena] G. F. E. Frommann an Cotta (QuZ 4, 412): Unstreitig haben die naturwissenschaftlichen Schriften wie die Farbenlehre einen bleibenden Werth . . . wie G überhaupt seiner Zeit großentheils vorgeeilt, so hinkt sie ihm nach . . . 15. (s. „Einleitung zu öffentlichen Vorlesungen . . . " gD, EGW 3, 318)
16. Nach Tische das nothwendige Manuscript ... 1 ) und H. zusammen gestellt. 2 ) 17. [Weimar] F. v. Müller Tagebuch (GG 3.1, 502): Camera lucida von Sömmerring junior. 3 ) 18., 19. u. 21.
(s. „Schöne entoptische Entdeckung" gD)
22. (s. „Entoptische Farben" gD, EGW 3, 493 u. „Schöne entoptische Entdeckung" Tgb, an Wesselhöft u. Wesselhöft an G gD) 23. (s. „Entoptische Farben" gD, EGW 3, 493 u. „Schöne entoptische Entdeckung" gD) 24. (s. „Entoptische Farben" gD, EGW 3, 493) 25. (s. „Schöne entoptische Entdeckung": an Frommann gD) Juli
19. [Berlin] C. L. F. Schultz an G (G-Schultz 284): Sollte das Heft z u r M o r p h o l o g i e , in welchem der Aufsatz über den Phosphor im Auge abgedruckt ist [Nat II 1], noch nicht abgeschlossen sein, so könnte ich, wenn Sie es zweckmäßig finden, einen Nachtrag dazu liefern, der das Interesse an der Sache sehr erhöhen würde. 4 ) Neuere Erfahrungen haben diesem Gedanken eine mir unerwartete Ausdehnung gegeben; die Mediciner werden sich solche zu Nutze machen, und haben willig von allen Seiten her Belege dafür beigebracht. Wir befinden uns hiebei ganz deutlich auf der Gränze des animalen und des psychischen Lebens, wie ich von jeher ahnete, daß wir dahin kommen müßten. Von dieser Seite hätte Ihre F a r b e n l e h r e keinen größeren Triumph haben können, da alles, was hierin gewonnen ist, direct durch sie gewonnen ist, und vielleicht auf keinem anderen Wege hätte jemals gewonnen werden können. 23. [Wilhelmsthal 5 )] F. Soret an G (Zehn Jahre 70): Meine optischen Studien über Glimmerplättchen habe ich in Wilhelmsthal beendet, aber der Himmel mag wissen, wann ich Zeit finde, meine Notizen auszuarbeiten.
) Das Folgende s. in „Schöne entoptische Entdeckung" gD. ) Zur Aphorismensammlung Aelteres, beynahe Veraltetes (Nat II 1, 114-22), mit Bezügen auf die Farbenlehre: Unsere Zustände ... (118f.), Es wird eine Zeit kommen ... (119), Daß Newton ... (119), Was aber das aller Sonderbarste ist ... (119f.). FA I 25, 5 8 - 6 4 , hier 61f. 3) Sog. Soemmerringsches Spiegelchen, ein von D. W. Soemmerring konstruierter u. von J. v. Fraunhofer hergestellter winziger Metallspiegel von ca. 2 mm Durchmesser, der die Lichtstärke eines Mikroskops erhöhen kann; vgl. E. F. F. Chladni: Einige wissenschaftliche Nachrichten aus München. In: Annalen der Physik 61 (1819) 9 8 - 1 0 3 , bes. 102f. 4) Geschah nicht, obwohl G am 19. Aug 1823 um diesen Aufsatz bat u. am 9. Jan 1824 erneut darauf Bezug nahm. Schultz bot zwar am 14. Jan 1824 an, das Thema neu behandeln, aber die Zs. Nat wurde 1824 eingestellt. 5) Schloß b. Eisenach, wo sich der Weimarer Hof ab Mitte Juni 1823 aufhielt. 1
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1823 Juli
Aug
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27. [Weimar] Charlotte v. Schiller an Knebel (Gharl. Schiller - Knebel 550f.): Um mich im Licht des Geistes zu erfrischen, gehe ich die „Farbenlehre" mit meinen Töchtern durch, und es ist mir, als kehrte ich in die Regionen des Lichts zurück, auch des geistigen Lichts. Wenn dort die Hindus sich mit ihren phantastischen Göttergestalten herumtreiben, blicke ich hell in die Strahlen des Regenbogens und erkläre mir seine Gestaltung. Die Natur in ihrer Größe und Hoheit und Einfachheit gewinnt doch den Preis. Goethe's Scharfsinn und Hoheit der Ansicht empfinde ich immer lebendiger. Wenn die Gelehrten nicht so verblendet wären, egoistisch, eingebildet, und es wollte es einer mit reinem Sinn unternehmen, auf dem Resultat, das Goethe gab, fortzubauen, so würde man unendlich weiter kommen. Es hat noch kein Physiker es übernommen, die Wahrheit zu finden und fortzuschreiten, wo es doch dem einfachen Auge entgegentritt, und Goethe's Untersuchungen beruhen auf eignen Beobachtungen, die aber Jeder unbefangen auch beobachten kann. 2. (s. „Entoptische Farben" gD, EGW 3, 493)
14. [Marienbad] Herr [F.] Petrilli. Mit ihm mißglückter Versuch der Übersetzung meiner Tabelle. 1 ) 2 19. ) [Marienbad] An C. L. F. Schultz (Br 37, 180f.): Den Aufsatz, dessen Sie erwähnen, senden Sie ja baldigst, den Nachtrag meyn ich zu dem P h o s p h o r im A u g e ; 3 ) er kann im nächsten Hefte gar wohl abgedruckt werden 4 ) und mir noch vorher besondere Dienste leisten; denn ich werde nunmehr einen weitläufigen Auszug aus Purkinje mit meinen Noten in's Engere bringen, 5 ) wo ich gleichfalls vom Organischen bis zum höchsten Psychischen hinaufsteige, und da kann ich denn durch das, was Sie auf Ihrem Wege entwickeln, höchlich gefördert werden, vielleicht einen Theil meiner Vorarbeit völlig entbehren. 19. [Brief an] Herrn Geh. Oberregierungsrath Schultz nach Berlin. 20. [Auf der Fahrt von Marienbad nach Eger] Herrlichster klarer Tag . . . Über dem Fichtelgebirge der ganzen Reihe nach aufruhende Cumulus; ganz oben drüber ein breiter Nebelstreif, zwischen beyden die Sonne herrlich untergehend. Vertheilung des obern Nebelstreifens in die Atmosphäre. 22. [Pilsen] J. St. Zauper an G (G-Zauper 194): . . . dem Gataloge [der Gesteine um Marienbad] in der Morphologie sind augenfällige Sammlungen so nothwendig, als die Tabellen der Farbenlehre. Ew. Excellenz äußerten mit Recht: man müsse thun, es lasse sich nicht lehren. 6 ) | Die Farbenlehre ziehet mich jezt nicht minder an, und mit Verständniß.
Wohl Auge empfänglich und gegenwirkend', vgl. EGW 1, 563f. ) Absendedatum. Der im folgenden zitierte Briefpassus datiert 9. Aug 1823. 3 ) Vgl. oben 19. Juli 1823: Schultz an G mit Anrn. 4) Nat II 2 (1824) enthielt aber keine Arbeiten zur Farbenlehre mehr. 5) G's Das Sehen in subjectiver Hinsicht, von Purkinje. 1819 erschien Morph II 2 (1824) 102-17. Der weitläufige Auszug von 1820 abgedruckt LA II 5 B / 1 , 2 0 9 - 2 0 , M 72. 6) Vgl. Aphoristisch, Betrachtungen fortgesetzt ...: Auch in Wissenschaften kann man eigentlich nichts wissen, es will immer getan sein (Morph I 4, 365; FA I 24, 568). Vgl. unten 21. Dez 1831: Eckermann. 2
830 Sept
ZUR FARBENLEHRE
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1. (s. „Einleitung zu öffentlichen Vorlesungen ...": Henning an G gD, EGW 3, 318ff.) 4. [Berlin] F. G. Förster an G (LA II 5 B/2, 1116-24): Nehmen Sie das beiliegende Gedicht: „Die Farben" als ein Zeichen der innigsten Teilnahme an Ihrem Wirken und Ihren Werken auf, der Teilnahme, die sich nicht darauf beschränken will, nur zu genießen, sich nur an dem Schönen und Vergnüglichen was Sie als Dichter der Welt und Nachwelt schenkten mühlos zu erfreuen, sondern die sich tätig bestrebt, durch Erkenntnis dessen was Ihnen die Wissenschaft und namentlich die Physik verdankt, Ihnen die Gewißheit zu geben, daß keine Seite Ihrer Bemühungen, durch welche Sie uns die Natur geistreich aufgeschlossen haben, wenn auch angefochten und verkannt, jemals verloren gehen könnte. | Mein Gedicht ist ein Versuch in der Weise Ihres Gedichtes „Metamorphose der Pflanzen" 1 ) und war zunächst einigen jungen Freundinnen bestimmt. Ein Lehrgedicht ist freilich immer ein wagliches Unternehmen und am wenigsten würden Sie es gut heißen, ein Kompendium der Physik elegisch vorzutragen, allein hier war es um weiter nichts zu tun, als einigen Frauen gefällig zu sein und einem verstockten Physiker der Gesellschaft zu zeigen, daß uns Ihre Farbenlehre so geläufig ist, daß wir sie in Versen - und wenn es auch nur versus memoriales sind, vortragen können . . . Unser Freund, der Philosoph [Hegel], schickt Ihnen ernstere Gaben, will aber doch so gut sein mein leichtfertiges Geschenk an Sie zu besorgen. | [Beilage:] Färb e n l e h r e . Die B e s c h w ö r u n g . Geister wollen wir bannen in bunten Kleidern um Mittag, Kinder des Lichts und der Nacht, loser gespenstischer Art. Überall sind sie zu Haus, sie wählten den Himmel zur Wohnung, Wählten verborgene Schlucht tief in der Erde sich aus. Flüchtig nahen sie bald, dann eilen sie wieder vorüber, Bald mit geschlossener Kraft halten am Schweren sie fest. Und wir rufen die Fernen herab von der Höhe, wir rufen Aus der Tiefe sie heut lustig herauf an den Tag. Aber des Spruches bedarf es dabei, es bedarf der Beschwörung, Und in verschlossener Truh bring ich manch Zaubergerät; Denn die Natur ist ein stummes Gebild und bringst du nicht selber Schon zu der Frage das Wort, löst sie das Rätsel dir nicht. Nahst du ihr aber mit sinnigem Auge, verständig, bedenkend, Dann von der göttlichen Stirn schlägt sie den Schleier zurück. Fromm ist unser Gebet: ich glaube, Natur, dich vernünftig, Und mit vernünftigem Sinn tret ich zu deinem Altar. Reich ist der Teppich geschmückt, den du webst, wohin wir auch schauen, Überall sehn wir erstaunt schweigende Wundergestalt. Doch nicht wollen wir staunen verstummt, wir wollen erkennen, Und so wählen wir heut Eins von den Wundern uns aus. Dir erschließt sich gewiß, o Freundin! manches Geheimnis, Wirst du der Farbenwelt stille Gesetze verstehn. Doch genug des Gesprächs, jetzt gilt es Versuch und Erfahrung, G l a u b e n sollst Du, du sollst s e h e n vor Allem dabei. Das U r p h ä n o m e n Ruft sich der Dichter die Muse, wir rufen den Dichter uns günstig, Der, wie ein Gott einst rief: Werde! Da wurde das Licht, Das uns Newton verbaut mit mathematischem Rüstzeug,
ED Schillers Musen-Almanach fiir das Jahr 1799, auch in Morph I 1 (1817) abgedruckt (Schicksal der Druckschrift zur Metamorphose der Pflanzen; LA I 9, 65-72).
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Führt mit schaffendem Wort Goethe heraus an den Tag. Freudig bringen wir ihm die festliche Spende des Weines, Füllen mit dunkeler Flut goldengerändertes Glas, Welches der Dichter gesandt vom heilquellsprudelnden Karlsbad, Wo ih[n] die Nymphe so gern scherzend empfing in der Flut, Und ihm mit heiligem Taue die Schläfe benetzte, den Lorbeer, Und in das weiße Gelock zierliche Rosen ihm wand, Daß ihm die Anmut treu und die Freude gefälligen Umgangs Und zu der Jugend gesellt, treu ihm die Jugend verblieb. Nicht mit Magistergeschwätz, blind überliefertem Schulzwang Führt er, als Dichter führt Er uns ins Reich der Natur. Wahrheit gab er der Dichtung und dichtend schuf er das Wahre, Nie von der wirklichen Welt hat er sich träumend verirrt. Heiter leeren wir ihm dies Glas auf Wohl und Gesundheit, Sind von dem Geiste geführt, ihm dem Begeisterten nah. Schilt der Professor uns auch, fänd er uns hier bei dem Weinglas, Zeigt uns der Dichter darin wundersam Urphänomen. Denn getränkt ist das Glas mit unentschiedener Trübung, Aber es scheiden daraus hell sich die Farben dir ab. Hältst du dem Licht entgegen das Glas, so schwindet die Trübung Und es klärt sich der Streif rein zu entschiedenem Gelb. Wendest du aber das Glas abwärts vom Lichte zum Dunkeln Wandelt mit wechselndem Schein Gelb sich zum himmlischen Blau. Aber den schwankenden Schein befestigt die Macht des Gedankens Und der Dichter erkennt Urphänomen u. Gesetz. Dieses nun ists: die Farben entstehen aus Lichtem u. Dunklem. Und in drei einigem Kreis ruhn sie geordnet und fest. Wird in dem Trüben das Dunkle besiegt, es lichtet zu Blau sich, Drängt in das Lichte die Nacht, wird es gedunkelt zu Gelb. Wie sich zu beiden das dritte gesellt, du wirst es erfahren, Wenn in dem Purpurgewand prächtig die Königin naht. Zweiter Versuch. Die Linse. Immer erweist sich das erste Gesetz mit beharrlicher Vollmacht, Nimm zu dem zweiten Versuch dieses vergrößernde Glas. Siehst du darunter ein Dunkles gedehnt in die helle Begrenzung, Dann erscheint dir das Bild gelb an dem Saume gefärbt. Dehnst du nun aber ein Weißes hinaus in die dunkle Begrenzung Siehst du das helle Bild blau an dem Rande gesäumt. (Fig. I.) 1 ) Mischung nennen wir's nicht; denn wollten wir's rühren und kneten Gibt uns weiß und schwarz immer ein schmutziges Grau. Dritter Versuch. Das Prisma. Vor dem Gericht erscheinen die Zeugen, zu bürgen die Wahrheit, Und so bring ich dir auch, Freundin, die dritte Gewähr. Ein dreiseitiges Glas, es rückt das Bild von der Stelle, Wie du den Winkel dir hältst, immer hinab u. hinauf. Hefte von schwarzem Stoff einen Streif an die Scheibe des Fensters, Daß auf erleuchtetem Grund dunkel Begrenztes erscheint.
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)
Figuren I - V I I abgedruckt LA II 5 B / 2 , 1 1 1 8 - 2 1 (sw-Abb.) u. ebd. Taf. IX (farbig).
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Tritt mit dem Prisma davor u. richte den Winkel nach unten, Abwärts die Augen gewandt. Wie sich das Bild dir verrückt, Siehst du am obern Rande das Dunkle gelichtet zum Blauen Und an dem unteren Rand Helles gedunkelt zu Gelb. Beide noch stehen sich fern, als wollten sie feindlich sich meiden, Aber den Widerspruch bindet in eins die Natur. (Fig: II) Und zwei Weisen begegnen uns hier der gesuchten Vereinung Eine gleichgültig, passiv, tätig die andre und frei. Führst du zum Blauen das Gelb, so verhalten die Farben sich leidend, Fügen sich äußrer Gewalt, geben gleichgültiges Grün. Läßt du sie aber gewähren, daß frei sie ihr Innres erschließen, Geben sie beide sich dann Eins in dem Andern zurück. Beide wohl tragen ein Andres im Innern, doch beide dasselbe, Dränge das Gelb nur in sich, dränge das Blau nur in sich, Dann erscheinet Orange dir dort, es erscheint Violett hier, Aber die innerste Glut immer in Beiden ist Rot. Mischen kannst du sie nicht, doch laß sie sich suchen u. einen, Und in dem Purpur gewinnt Liebe den höchsten Triumph. Suche die Farbe dir jetzt am Fenster auf durch das Prisma, Wie sich aus Dunkel und Hell Streifen an Streifen gelegt. Wird ohnmächtig im Blau das Licht, so zeigt sich uns Blaurot, Schwindet in Gelb ihm die Kraft, siehst Du orange den Saum, Langsam tritt nun zurück, du siehst Violett u. Orange Wo sie sich beide berührt, stellen den Purpur sie dar. (Fig. III) Willst Du nun Gelb und Blau zusammenführen zum Grünen, Sieh nach dem weißen Streif auf dem gedunkelten Grund. Wie sich der Purpur vorher am Fensterbilde dir zeigte, Färbt aus Blau und Gelb hier nun die Mitte sich grün. (Fig. IV) O b j e c t i v - P r i s m a t i s ch er Versuch. Freier bilden wir nun die Farben des sonnigen Bogens, Welchen mit rosiger Hand Iris am Himmel gespannt. Rufe die Göttin, sie wird in freundlicher Helle dich grüßen, Waren die Himmlischen doch immer den Guten geneigt. Auch dich rufen wir an, du Erdumwandler Apollon Grüße mit günstigem Blick unser behagliches Spiel. Und du sollst nicht bedrängt dich stehlen durch Ritzen u. Löchlein, Immer im Ganzen erscheint immer im Schönen der Gott. Denn wir empfangen dich gern, wir öffnen dir Fenster und Laden, Schließen den Freien nicht eng in ein dunkles Gemach. Niemals reden wir auch von Strahlenbündeln und Teilchen, Nehmen das sonnige Bild, wie es der Himmel uns gibt; So empfängt es das Glas u. wie es dann weiter hindurchscheint, Wird es herübergerückt über ein dunkleres Bild. Dann erscheinet dir blau am obern Rande, am untern Gelb u. wir bilden so fort wieder den farbigen Streif. Wie von der Wand du das Glas nur entfernst, so werden die Säume Breiter, ein grüner Streif bildet aus Blau sich u. Gelb. (Fig. V) Willst du den Purpur gewinnen, so lege nur über das Prisma Auf die Fläche die du gegen die Sonne gewandt, Jetzt ein Streifchen gedunkelt Papier, du findest Orange Zum Violetten gesellt, wie sie sich einen zu Rot. (Fig. VI)
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Körperliche Farben. Die Elemente. Doch nicht flüchtige Schatten nur zeigen die Farben, sie sind auch Mit ursprünglichem Sein fest an die Körper gebannt. Vier Elemente nun sind an die Schwelle der Erde gebunden, Halb noch flüchtiger Art, halb schon dem Festen verwandt. Und es erteilte mit schicklicher Wahl die Natur an die Schwestern Farbige Kleider zum Schmuck Jeder ein andres Gewand. Trage, so sprach sie zur Luft den blauen Schimmer des Himmels, Heiter von oben herab leuchte der glückliche Tag. Fester gürte sich dann die Erde mit eh[er]nem Harnisch, Und in dem Irdischen sei Gold das geronnene Licht. Schlage die Flamme dann auf aus dem Berg in purpurner Rotglut Und in dem Feuerkleid fahre vom Himmel der Blitz. Unentschieden erscheint dann zwischen dem Festen und Losen Wellenschlagendes Meer immer im grünen Gewand. Physiologische Farben. Das Auge. Wie du die Welt nun außer dir findest, geordnet, ein Ganzes, Also findest du auch in dir geordnet die Welt. Wurde dem Himmel die Sonne verliehn zur leuchtenden Freude, Ging in dem Auge dir auf treulich ein leuchtend Gestirn. Und ich gedenke zuerst des Spieles, das uns als Kinder Öfter mit lieblichem Schein bunter Verändrung erfreut. Brachte die Mutter uns Abends zu Bett, da baten wir schmeichelnd, Daß sie ein Weilchen noch blieb still mit dem brennenden Licht. Nicht als hätten wir uns vor Butt gefürchtet und Kobold, Nein wir riefen uns dreist selbst die Gespenster herbei. Also geschah's: wir sahn in das Licht und schlössen die Augen, Und wir erwarteten still Geistererscheinung zu sehn. Bald erschien uns ein leuchtender Stern, er färbte sich wechselnd Und wir gestalteten uns feurige Drachen daraus. Friedrich der Große erschien uns dann auch in blauer Mondierung, Jäger im grünen Kleid, Blumen der buntesten Art. Aber am glücklichsten war, wer zuerst in dem Purpurgewande Mit diamantener Krön' herrlich die Königin sah. Was uns als Kinder ergötzt, nicht fehlet ihm Sinn u. Bedeutung Und mit bedächtigem Ernst wollen das Spiel wir erneun. Schau mit unverwandtem Gesicht in die blendende Sonne, Schließe die Augen dann zu gegen das Dunkle gewandt, Und dir gehen vorüber in wechselnd farbigem Abklang Alle die Geister, die wir früher als Kinder zitiert. Achtest du weiter darauf, so findest Du Ordnung im Wechsel, Und ein beharrlich Gesetz ward auch dem Auge verliehn, Und es ruft sich mit schaffender Kraft aus dem Dunkel die Farben Ruft aus dem Licht sie hervor fest in geschlossenem Kreis. Aber das strenge Gesetz wird uns zu freier Gewohnheit, Unbewußt suchen wir uns Farbe mit schicklicher Wahl. Und den Frauen zumal ist ein sinniges Auge gegeben; Denn es ruht ihr Gemüt näher der stillen Natur; Immer zeigen sie uns, was sich ziemt und ordnen das Rechte, Sicher geführt vom Gefühl, wo der Verstand sich verirrt. Wählt die Brünette doch gern zu Himmelblau sich Orange
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ZUR FARBENLEHRE Blaßgelb zu violett wählt die Blondine sich aus. Nie mit grünem Band umgürtest ein blaues Gewand du Windest den Veilchenkranz um den italischen Hut. Auch durch die Zimmer hindurch, wir linden geordnete Farben, Gelbe Gardine verziert gern violettes Gemach, Und zu der roten Tapete du wähltest grün dir den Sopha Zu der orangenen Wand stellst du das blaue Gerät Nicht zufällige Wahl u. Modegeschmack nur bestimmt Dich Frage dein Auge, das zeigt immer das Rechte dir an. Denn es lebt ein Gesetz in der Welt der Natur und des Geistes Daß zu dem Einen sich immer sein Anderes lugt. Wo dir das Wahre begegnet in Licht, in Leben u. Liebe Hat das Verwandte sich immer gewählt u. geeint. So verlangt auch das Auge zur einen Farbe die andre Gibst du die Eine ihm nur, schafft es die Andre sich selbst. Willst du es prüfen, Du findest im Kästchen bunte Papiere, Nimm sie zu weitrem Versuch, wie wir es lehren heraus. Bring auf den weißen Grund ein rotes Blättchen u. richte Läßlich das Auge darauf, nimm es dann wieder hinweg. Und ein Schatten erscheint, ein flüchtiges Bild auf der Fläche, Nenn es nicht Täuschung, du siehst hier das geforderte Grün. Gelbes ruft Violett, es ruft sich Orange das Blaue Wechseln magst du das Spiel, wie es dir eben gefällt. Nun zu gleichem Versuche wir nehmen uns farbige Gläser, Zwischen zwei Lichter zuerst stellen dies rote wir auf. Hältst Du ein Stäbchen dazwischen, so müssen zwei Schatten erscheinen, Rot ist der Eine gefärbt, aber der andre ist grün. So versuch' es mit Blau, mit grünem Glas und orangem, Nach dem bewährten Gesetz wählt sich Dein Auge das Bild. Farbiger Mondschatten. Was uns im Kleinen gelang, versuchen wir später im Großen, Wenden vom irdischen Licht uns zu dem himmlischen Schein. Wenn uns am Morgen die Sonne geführt in belehrenden Umgang, Abends vertrauen wir uns gern dem verschwiegenem Mond. Wies uns der freundliche nicht den Weg durch die duftige Waldung, Wo er durch flüsterndes Laub schattiger Buchen sich stahl; Wurzeln suchten wir nicht zu Zaubergetränken u. Kräuter, Aber du suchtest am Bach stille Vergißmeinnicht auf. Heut nun suchen wir nicht umschattetes Dunkel der Waldnacht Luna, du sei uns gegrüßt heiter mit vollem Gesicht. Daß nun bemerke zuvor: auf weißem Grunde gefangen Zeig[e]t das Mondenlicht immer gemildertes Weiß. Und empfängst du dagegen das Kerzenlicht auf dem Papiere, Siehst du orange das Blatt bräunlich beim Lichte gefärbt. Halte dann zwischen den Mond u. zwischen die Kerze das Stäbchen, Und zwei Schatten vor Dir siehst Du nun wieder gefärbt. Wo du dem Mondlicht wehrst mit Deinem Stab die Beleuchtung, Hat orangenfarb Kerze den Schatten gefärbt Wo du das Kerzenlicht verdeckst mit gehaltenem Stäbchen Zeigt sich der Schatten dir blau, den du daneben erblickst. Und du weißt es, warum? es suchte die Sehnsucht des Auges, Zu dem orangenen Bild sich das geforderte Blau.
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Farben-Kunst. Ward notwendig Gesetz der Natur und den Sinnen gegeben, Schafft sich der denkende Geist freier die eigene Welt. Denn es weiß der Mensch, was er sieht, u. was ihm begegnet, Trägt er von außen herein tief in die fühlende Brust. Und das Innere trägt er nach außen u. stellt sichs entgegen, Außen u. Innen in Eins faßt er mit geistiger Kraft. Wozu wäre denn auch des Weltalls rasender Aufwand, Sonnen, Planeten, Gestirn über den Himmel verstreut? Wozu der Erde Pracht, des Frühlings duftende Wittrung, Wenn sich zuletzt nicht daran fühlend ein Glücklicher freut! Nennst du nun aber die Welt den Tempel Gottes, so nenne Allerheiligstes drin menschlich vernünftigen Geist; Denn nicht redet zu uns die Morgenröte, die Blume, Mit so vernehmlichen Ton, als es der Künstler vermag, Der, ein Rafael, uns des Glaubens heilig Geheimnis, Da uns das Wort noch gefehlt, herrlich in Farben enthüllt. Nicht in Marmor u. Erz den griechischen Helden vergleichbar Treten des Christentums himmlische Scharen heran. Schönres, wir wissen es wohl, als euch, ihr Olympischen Götter, Sah nie vergangene Zeit, wird nie die heutige sehn. Aber nach außen nur seid ihr gewandt in vollkommner Gestaltung, Zu dem verschloßnen Gemüt öffnet das Auge sich nicht. Anders hat sich die christliche Welt nach Jenen gewendet, Himmel u. Erde gebaut eng in ein liebendes Herz. Doch kein Nächtliches soll das Göttliche sein, kein Verschloßnes. Was wir im Herzen gefühlt, sehnt sich heraus an den Tag. Farben erwählte zu sinnlichem Stoffe der christliche Künstler, Tief auf die Fläche gelegt waren sie selbst nur ein Schein. Aber das Leben erscheint uns darin u. die Freude des Daseins, War doch der einige Gott selbst erschienen im Fleisch. Da genügte nicht hartes Gestein, den Gott zu gestalten, Mit aufquellender Lust lag in der Krippe das Kind, Blühend lag es u. frisch u. es reichte die Mutter die Nahrung, Aber mit seligem Schmerz ruhten die Augen auf ihm. Wählte die christliche Kunst sich Farben zur Sprache des Bildes, So mit bedeutendem Sinn hat sie der Künstler verteilt. Rosenfarbnes Gewand umschließt die liebende Mutter, Die als demütige Magd göttliche Gnade gewann. Naht als Himmelskönigin sie, das Kind auf dem Arme, Hüllet die Göttliche sich ein in das himmlische Blau. Christus als siegender Held trägt purpurfarbenen Mantel, Joseph, bescheidenen Sinns, kleidet ein bräunlicher Rock. Tragen die Heiligen so die Farben nach Wahl u. Bedeutung, Sind auf dem Bilde sie auch schicklich zusammengestellt. Die F a r b e n - S y m b o l i k . Scherzhaft sangst du mir einst ein Lied von der Farbenbedeutung, Aber im ernsteren Sinn hab ich dein Wort mir bedacht. Blau bedeutet die Treue: die goldenen Sterne des Himmels 1)
Davor gestrichen: Siehst du den griechischen Gott, du freust dich der Form u. der Schönheit, / Tief aus dem christlichen Bild redet ein innerer Gott.
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Und ein vertraulicher Blick leuchtet aus freundlichem Blau. Gelb ist die Farbe des Neids, die Farbe der irdischen Flamme, Die mit dem Andern zugleich gierig sich selber verzehrt. Grün ist die Farbe der Saat u. der Knospenhülle der Blätter Eh noch mit reicherem Schmuck farbige Blüte sich zeigt. Und so nennen wir grün die Farbe der glücklichen Hoffnung, Aber im stillen dabei denken der Blüte wir nach. Hold begegnet uns dann die Königin unter den Blumen, Und in dem rosigen Schein fanden wir, Liebe dein Bild. Aber die Jungfrau empfing mit schüchternem Auge die Gabe Und von der Rose zu ihr flog auf die Wange die Glut. Schweigend kündiget dann die Morgenröte der Liebe Im jungfräulichen Zorn stille Verheißung uns an. Hat uns die ernste Belehrung geführt zum Gruß der Geliebten, Freun wir mit heiterem Sinn uns des gewonnenen Glücks! Mögen die Farben umher mit flüchtigem Schein dich umgaukeln, Ruhig erkennst du darin Bedeutung u. stetes Gesetz. Aber die Deutung ist dein, dir begegnet das Wahre, das Schöne, Wie du die Welt anschaust, schaut sie auch wieder zurück. So vertraue dem Geist, vertraue dem sinnigen Auge; Das, wie ein leitender Stern, sichere Bahn Dich geführt. Sagt uns ein Freund: Es ruht in deinem Auge die Welt mir, Dann verstehst du des Worts holde Bedeutung gewiß. Fr. Förster in | Berlin. Sept [Salzbrunn] G. L. F. Schultz an G (G-Schultz 291f.): . . . als eben die Sonne hinter den 1 3 . - 1 5 . Adelsbacher Bergen untergegangen war. Da bemerke ich im Osten, dem Untergange der Sonne genau gegenüber, auf meist heiterem blauem, nur von wenigen horizontalen weißen Streifwolken durchzogenem Himmelsgrunde eine Radiation von zarten dunkelgrauen Strahlen, deren ich zwölf sehr deutlich, und ungefähr 3 0 Grade am Horizont hinaufgehend, wahrnahm. Das Gentrum dieser Schattenstrahlen lag ungefähr um eben so viel unter dem Horizonte, als die bereits untergegangene Sonne im Westen, und schien dasselbe, da die Erscheinung wohl eine Viertelstunde lang deutlich beobachtet werden konnte, um eben so viel tiefer unter den Horizont zu sinken, als die Sonne im Westen tiefer hinabsank. So wurden denn die Schattenstrahlen im Osten um so schwächer, und nach einer halben Stunde ganz unsichtbar. Die Farbe derselben war der Farbe dunkler Wolken ganz ähnlich; sie zeigten jedoch durchaus keinen Körper, keine eigne Gonsistenz oder Form - ein luftiges, lineares, von einem unsichtbaren Gentrum ausgehendes Wesen, welches selbst von den dünnen Streifwolken am östlichen Horizonte nicht unterbrochen wurde, sondern solche überstrahlte. Der westliche Himmel, besonders der Untergang der Sonne, war mit dünnen grauen und weißen Streifwolken, die aus Norden her wie vom Winde gepeitscht erschienen, meistens überdeckt; der Süden war wolkenfrei und heiter. Kein Wind herrschte, die Luft war kühl und hell. Das Barometer fiel an diesem Tage um eine halbe Linie. Meine Begleiter und andere Personen der Gesellschaft nahmen die Erscheinung eben so, wie ich, wahr. 1 ) | Den 14. September. | Am frühen Morgen eine ungewöhnlich warme, angenehme Luft, wie solche fast in diesem Jahre nicht stattgefunden hatte; der Himmel mehrentheils mit weißen Schäfchen bedeckt. Das Barometer ist abermals um mehr als eine Linie gefallen. | Den
) Die Beschreibung von Dämmerungsstrahlen offenbar veranlaßt durch den Beginn von G's meteorologischen Mitteilungen zu Luke Howard u. den Wolkenformationen in Nat I 3 ( 1 8 2 0 ) . Vgl. zum Thema unten 1 8 2 4 Jan 9.: an Schultz u. Jan 14.: Schultz an G. 1
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15. September. | Das Barometer ist nochmals um eine halbe Linie gefallen. Die Luft wird immer schwüler. Ein Gewitter drohet am Abend, verzieht sich aber wieder. Sept [vor (s. „Einleitung zu öffentlichen Vorlesungen . . . " : A. v. Goethe, Verzeichnis gD, E G W 3, Mitte] 3 2 0 ) 16.
19. u. 2 0 .
[Paris] S. Boisserée an G (Boisserée 2, 3 5 9 ) : Ich habe in ihm [D. Raoul-Rochette] einen Ihrer aufrichtigsten Verehrer kennen gelernt. Ich fand sämmtliche Bände aus Ihrem Leben [DuW] auf seinem Tisch und er ist, wie Sie auch aus seinen beiliegenden Büchern sehen, 1 ) mit allen Ihren Hauptwerken bekannt. Das einzige, was ihm noch nicht zu Gesicht gekommen, ist die Farbenlehre, und wenn Sie sein Geschenk erwiedern wollen, so können Sie es gewiß nicht besser thun, als durch die Uebersendung der beiden Bände. Dieß Werk wird ihn als Kunst- und Geschichtskenner auf jeden Fall sehr interessiren. Herr Rochette gehört zu den wenigen Personen von Bedeutung und Einfluß hier, welche durch ihre philologische Vorbereitung und allgemeine literarische Studien eine ausgebreitete Kenntniß von unserer Literatur haben, und fähig sind, den deutschen Genius zu würdigen. (s. „Einleitung zu öffentlichen Vorlesungen . . . " gD, E G W 3, 3 2 0 )
22. [Weimar] Das Zimmer für Schultz zurecht gemacht.2) 24. Büchervermehrungsliste (Tgb 9, 329): Schweiggers Journal, Band 8, Heft 3. Vom Herausgeber.3) Okt 3. Nach Tische mit Schultz, sodann Graf Reinhard und Familie, ingleichen Canzler von Müller 4 )... 11. (s. „Entoptische F a r b e n " gD, E G W 3, 4 9 3 ) 11.
[Pilsen] J. St. Zauper an G (G-Zauper 199): Mir war es unlieb, auf meine Frage zu hören, daß V[ogel] Goethes Farbenlehre noch nicht gelesen. 5 ) | Indessen des Künstlers Urtheil über Goethe war so rein, stimmte so ganz mit dem meinigen überein, daß ich den Treuen mit Wärme an mein Herz drücken konnte . . .
14. (s. „Entoptische Farben": Soret, Gonversations avec Goethe gD, E G W 3, 4 9 3 ) 19.
[Weimar] Eckermann Gespräche (FA II 12, 56): Nach Tisch zeigte Goethe mir einige Experimente in Bezug auf die Farbenlehre. Der Gegenstand war mir jedoch durchaus fremd, ich verstand so wenig das Phänomen als das, was er darüber sagte; doch hoffte ich, daß die Zukunft mir Muße und Gelegenheit geben würde, in dieser Wissenschaft einigermaßen einheimisch zu werden. D. Raoul-Rochette: Lettres sur la Suisse écrites en 1 8 1 9 , 1 8 2 0 et 1 8 2 1 . 2 Bde. 2. Aufl. Paris 1 8 2 3 (Ruppert Nr. 4 0 2 7 ) . G trug den Titel am 3. Okt 1 8 2 3 in die Büchervermehrungsliste ein (Tgb 9, 3 3 0 ) u. bat Boisserée am 13. Dez 1 8 2 3 , dem Autor zu danken. Am 18. Dez 1 8 2 3 sandte G die Abschrift einer JALZ-Rezension des Werks an Boisserée. 2 ) Für dessen Besuch vom 28. Sept - 9. Okt 1 8 2 3 . - Weitere Tgb-Notizen s. in „Einleitung zu öffentlichen Vorlesungen . . . " gD, E G W 3, 3 2 0 . 3 ) Jahrbuch der Chemie und Physik, Bd 8 (= Journal für Chemie und Physik, hsg. von J. S. C. Schweigger u. J. L. G. Meinecke, Bd 38), 1 8 2 3 . H. 3 enthält ( 3 7 0 - 8 7 ) : J. F. W . Herschel: Praktische Regeln zur Bestimmung der Halbmesser . . . eines doppelten achromatischen Objectivs; ( 2 2 - 5 9 ) : Walter Crum: Versuche und Beobachtungen über den Indig und über zwei vermittelst Schwefelsäure daraus sich bildende Substanzen. 4) Weitere Tgb-Notizen s. in „Einleitung zu öffentlichen Vorlesungen . . . " gD, E G W 3, 320. 5 ) Zauper traf K. C. Vogel v. Vogelstein bei der Gestaltung des Deckengemäldes im Speisesaal von Schloß Pillnitz bei Dresden.
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(s. „Entoptische F a r b e n " Tgb u. Soret, Erinnerungen g D , E G W 3, 4 9 3 )
30. [Frankfurt] G. F. v. Reinhard an G (G-Reinhard 306f.): Ihr morphologisches Heft hat mich auf der letzten kleinen Reise begleitet . . . Einiges freilich mußt ich zur Seite liegen lassen . . . aber wie manches andre, wo ich begriff, wo ich lernte, wo ich mich selbst wiederfand . . . so über das phosphorische Augenlicht [von Schultz], wo einige Paragraphen ein volles Licht auf Ihre Theorie werfen und mir zu verdienen scheinen, an der Spitze der Farbenlehre zu stehn . . . 31. (s. „Entoptische F a r b e n " : Soret an G gD, E G W 3, 493) [Dez 5.] [Weimar] F. Soret an G (Zehn Jahre 86): Darf ich so frei sein, Ew. Exzellenz zu bitten, mir nur für wenige Tage die beiden kleinen elektromagnetischen Apparate . . . zu leihen und dazu den, der die Entdeckung Orsteds zeigt? Ich soll den Prinzessinnen diese Dinge erklären . . . Wenn Sie meine Bitte erfüllen wollen, kann Stadelmann die drei Apparate ruhig meinem Bedienten aushändigen, der Ihnen die von mir erwähnte pulverisierte Farbe des Herrn [A.] Brongniart bringen wird.
5. Herr Soret, einige Mineralien, auch eine besonders merkwürdige röthliche Farbenerde bringend. 5. [Weimar] F. Soret Erinnerungen (Zehn Jahre 85): Ich brachte Goethen einige Mineralien, besonders ein Stück tonhaltigen Ocker 1 ) . . . Wie groß aber war Goethes Uberraschung, als er in diesem Ocker die Farbe wiedererkannte, die Angelika Kaufmann für die Fleischpartien ihrer Gemälde zu benutzen pflegte; sie hütete das wenige, was sie davon besaß, wie Gold und wußte nicht, woher es stammte.
6. Im Laufe des Tags hatte ich Herrn Soret die electromagnetischen Apparate geschickt. 7. [Weimar] F. Soret an G (Zehn Jahre 86f.): Der bekannte Porträtmaler [F.] Massot hatte . . . Proben roter Erde erhalten, die aus den Alpen stammte. Zur Ölmalerei läßt sich diese Farbe so wie sie ist verwenden, sie eignet sich hervorragend für Fleischpartien . . . Das Stück davon, das S. Exzellenz Herr Staatsminister von Goethe besitzt, erhielt ich von dem Mineralienhändler Deschamps in Servoz; 2 ) er will es entdeckt haben . . . Im Mont Joly 3 ) finden sich Drusen von Kalziumkarbonat in einer dicken Schicht von Magnesiaton; diese Erde ähnelt anscheinend der vorigen, ist aber mit grauem Kalk durchsetzt und isabellfarbig; ich glaube kaum, daß man sie zum Malen gebrauchen kann . . . 18. (s. „Entoptische F a r b e n " : an Graf Sternberg gD, E G W 3, 493f.) 19. (s. „Entoptische F a r b e n " gD, E G W 3, 494) 19. [Halle] L. F. Kämtz an G (Bratranek 1, 236): Ew. Excellenz | habe ich die Ehre ein Exemplar meiner pro facultate legendi vertheidigten Abhandlung über die mathematischen Gesetze der elektrischen Abstoßungen zu schicken. Ich bitte, daß Sie die sechste Thesis 4 ) nicht als eine solche ansehen mögen, welche nur der F o r m zu genügen oder
) Eisenocker, je nach Beschaffenheit für rote, gelbe oder braune Farbgebung. ) Servoz an der Arve, westlich von Chamonix. 3 ) Bergkette im frz. Departement Haute-Savoie, trennt das Val Montjoie vom Hochtal von Arly. 4 ) L. F. Kaemtz: Dissertatio mathematico-physica de legibus repulsionum electricarum mathematicis quam Ordinis Philosophorum illustrissimi concensu atque auctoritate in Alma Academia Fridericiana Halensi et Vitebergensi consociata pro rite obtinenda facultate legendi die XIV. Octobris hora X. MDCCCXXIII . . . S. 30: VI. Goethii theoria colorum, quae ex lege in rerum natura polari explicationem colorum petit, bene, si calculi ope earn veils examinare, conciliari potest cum Us quae Huyghenius, Euler et 1
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dem Wunsche der Gegner gemäß aufgestellt worden ist; ich hatte dieselbe vielmehr deshalb genommen, damit irgend ein Extra-Opponent gegen dieselbe sprechen möge. Man hatte an der Farbenlehre von Ew. Excellenz besonders getadelt, daß in derselben gar keine Rücksicht auf den mathematischen Theil dieser Lehre genommen worden sei. Dies reizte mich, weiter über die Sache nachzudenken, und so fand ich den in der These aufgestellten Satz. Ich habe darüber schon mehrere Vorlesungen in hiesiger naturforschenden Gesellschaft gehalten, 1 ) werde diesen Satz auch in meinen Vorträgen über die Optik, die ich diesen Winter auf hiesiger Universität halte, beweisen und ihn in einem Werke über Licht und Farben, an welchem ich arbeite, weiter entwickeln. 2 ) Dez
27. [Jena] J. W. Döbereiner an G (mit Beilage: J. S. G. Schweigger an Döbereiner; Bratranek 1, 109f.): Ich erlaube mir, Ew. Excellenz ein Schreiben vom Hrn. Prof. Schweigger mitzutheilen, welches die für alle wahren Naturfreunde höchst angenehme Nachricht enthält: daß Hr. Dr. Kämtz, ein junger mathematischer Physiker in Halle, seine akademische Thätigkeit mit Vorlesungen über Optik - mit Beziehung auf die Farbenlehre - begonnen habe. Dieses Unternehmen wird für die Naturwissenschaft von herrlichen Folgen sein . . . [Beilage:] Meinen vorigen Brief wirst Du erhalten haben mit der Dissertation des Dr. Kämtz. Dieser liest nun über Optik und zwar ganz mathematisch und doch mit Beziehung auf Goethe's Ansichten. Er geht nämlich von den neueren Untersuchungen Fresnel's aus über die Diffraction des Lichtes, von den sogenannten „Principien d e r I n t e r f e r e n z " , was zu deutsch übersetzt in der That nicht viel Anderes bedeutet als „Principien des S c h a t t e n d e n " . 3 ) Da hast Du also das Princip der Goethischen Farbentheorie. In diesem Sinne hatte ich dem Dr. Kämtz die sechste Thesis zu seiner Dissertation vorgeschlagen. Er studirte nun sogleich G o e t h e ' s Farbenlehre aus diesem Gesichtspunkte, durchreiste Fresnel's Abhandlungen und treibt die Sache sehr eifrig, ja so eifrig, daß er aus diesem Gesichtspunkt ein Werk über Optik ausarbeitet. Kämtz ist ein sehr guter Rechner und liebt das Rechnen mit Formeln und Zahlen sehr.
30. Herr Soret . . . [Nachmittags] Über Physik und Chromatik.
Fresnel, mathematicis ducti legibus, de lumine statuerunt. (Goethes Farbenlehre, die eine Erklärung der Farben aus dem polaren Wesen der Natur anstrebt, kann, wenn man sie mit Hilfe von Berechnungen untersuchen würde, wohl mit den aus mathematischen Gesetzen hergeleiteten Lichttheorien von Huygens, Euler und Fresnel in Beziehung gesetzt werden. ) 1 ) Nach dem Jahresbericht der Naturforschenden Gesellschaft zu Halle las Kämtz am 20. März 1824 (GN 2338): über Göthe's Farbenlehre. Indem der Verfasser auf Göthe 's Hauptverdienst in der Farbenlehre, auf die Hervorhebung des Gegensatzes der Farben, aufmerksam machte, suchte er zugleich zu zeigen, wie in mehreren Punkten sich die Göthe'sche Theorie mit dem Undulationssysteme zusammenstellen und vereinigen lasse. 2 ) Nachgewiesen nur: L. F. Kämtz: Newtons Ansichten von der Natur des Lichtes. In: Journal für Chemie und Physik 45 (1825) 1 7 6 - 9 3 . 3) A. J. Fresnel, Verf. v o n : 1) Note sur le Calcul des teintes que la polarisation développe dans les lames cristallisées. Ile Note sur la Coloration des lames cristallisées. Addition à la Ile Note insérée dans le Cahier précédent. In: Annales de chimie et de physique 17 (1821) 102-11, 167-96, 3 1 2 - 1 5 ; 2) Note sur les Remarques de M. Biot, publiées dans le Cahier précédent ( = Remarques de M. Biot sur un Rapport lu, le 4 juin 1821, à l'Academie des Sciences, par MM. Arago et Ampère. Ebd. 225-58). Ebd. 3 9 3 - 4 0 3 . 3) Explication de la réfraction dans le système des ondes. Ebd. 21 (1822) 2 2 5 - 4 1 ; 4) Notes sur la double réfraction du verre comprimé. Ebd. 2 6 0 - 6 3 .
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30. [Weimar] F. Soret Erinnerungen (Zehn Jahre 89ff.): Das brachte uns auf wissenschaftliche Fragen und besonders auf die Kleinlichkeit, mit der manche Gelehrten untereinander Prioritätsstreitigkeiten vom Zaun brechen. | G o e t h e : „Durch nichts in meinem Leben habe ich die Menschen besser kennengelernt, als durch meine wissenschaftlichen Bestrebungen, und ich freue mich dieser Erfahrung, auch wenn ich selbst die Kosten dafür bezahlen mußte." | I c h : „Bei einem Streit um Tatsachen ist offenbar die Eigenliebe am empfindlichsten, und wenn die erst einmal im Spiele ist, kommen mit ihr sehr bald alle Schwächen des Charakters zum Vorschein." | G o e t h e : „Im Reiche des ästhetisch Schönen gibt es mannigfache, nicht feststehende Formen; die Grundidee ist sozusagen jedes oder niemands Eigentum; nur die Art der Behandlung dieses Gemeingutes wird das Eigentum des einzelnen Schaffenden, und darüber kann sich kein eifersüchtiger Zank erheben. Der gleiche Gedanke kann hundert Dichter zu hundert Epigrammen anregen, über die Erfindung werden sie sich nicht streiten, denn die ist Gemeingut; beurteilen mag der Leser, wer den Gedanken am besten durchgeführt hat. | Bei den Gelehrten aber ist das anders; da handelt es sich um feststehende Tatsachen: jede neue Tatsache ist eine Entdeckung, jede Entdeckung irgendjemands Eigentum. Taste aber nur einer das Eigentum an, dann zeigt sich der Mensch in seiner wahren Gestalt. | Der Gelehrte, will sagen der ewige Rechthaber, kennt aber noch eine zweite Sorte Eigentum: Begriffe, die er schon übernommen, Gesetze, die er schon vorgefunden hat, stellt er gewöhnlich als unantastbar hin. Hält man ihm die Richtigkeit anderer Gesetze und widersprechender Ansichten vor, so vergreift man sich an seinen Rechten und an seinem Eigentum; er wird um so aufgebrachter, je mehr sein System bedroht ist. Er glaubt einem nicht, er versteht einen nicht, oder aber er beachtet einen einfach nicht, und da kann es lange dauern, bis man ihn von seiner Ansicht bekehrt. Ein Franzose sagte oft zu einem meiner Freunde [Reinhard] in bezug auf meine Farbenlehre: ,Wir haben fünfzig Jahre lang gearbeitet, um Newtons Reich fest zu begründen. Sie werden genau soviel brauchen, um es wieder zu stürzen.' 1 ) . . . G o e t h e : „Und mir wird es um so schlimmer ergehen, weil ich, stolz auf meine Entdeckung, mir voller Hochmut einredete: dieser Newton, den die ganze Welt bewundert, diese unerbittlichen Mathematiker, diese Rechengenies, diese scharfsinnigen Beobachter, sie alle sind im Irrtum, ich allein bin gegen sie im Recht, ich allein habe den Stein der Weisen in der Hand, den sie doch so leicht finden könnten, der sonnenklar für sie am Tage läge, wenn sie nur die Augen öffnen und ordentlich sehen wollten. Mit dieser Überzeugung habe ich alle überkommenen Meinungen, und tüchtig, vor den Kopf gestoßen; man hat mich bekämpft, oder noch mehr: man hat meine Ideen lächerlich gemacht, aber ich bin an meinem Werk nicht irre geworden, sei es auch nur, um das Vergnügen gehabt zu haben, die Schwäche der Menschheit besser zu durchschauen." | Während seine Worte unerschöpflich hervorsprudelten mit einer Kraft des Ausdrucks, die ich nicht wiederzugeben vermag, funkelten seine Augen in ungewöhnlichem Feuer, Siegesfreude leuchtete aus ihnen, während um seine Lippen ein ironisches Lächeln spielte; sein schöner Kopf war imposanter denn je.
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A. Ritter v. Baumgartner: Die Naturlehre nach ihrem gegenwärtigen Zustande mit Rücksicht auf mathematische Begründung. Zweiter Teil. Wien 1824, S. 69-72. 2 )
Das Folgende s. in „Purkinje: Das Sehen in subjectiver Hinsicht": Soret gD. ) Uber die physiologischen Farben in FL u. Karl Scherffers Abhandlung von den zufälligen Farben; abgedruckt LA II 5 A, 131ff.
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J. F. Fries: Polemische Schriften. Erster Band. Enthaltend: eine neue verbesserte und mit neuen Beilagen vermehrte Auflage der Schrift: Reinhold, Fichte und Schelling. Halle und Leipzig 1824, S. 184f., 1 8 9 ^ )
4. [Weimar] Eckermann Gespräche (FA II 12, 530f.): . . . über den Divan', besonders über das Buch des Unmut, worin Manches ausgeschüttet, was er gegen seine Feinde auf dem Herzen hatte . . . „In religiösen Dingen, in wissenschaftlichen und politischen, überall machte es mir zu schaffen, daß ich nicht heuchelte und daß ich den Mut hatte, mich auszusprechen, wie ich empfand." | „Ich glaubte an Gott und die Natur, und an den Sieg des Edlen über das Schlechte; aber das war den frommen Seelen nicht genug, ich sollte auch glauben, daß Drei Eins sei und Eins Drei; das aber widerstrebte dem Wahrheitsgefühl meiner Seele; auch sah ich nicht ein, daß mir damit auch nur im mindesten wäre geholfen gewesen." | „Ferner bekam es mir schlecht, daß ich einsah, die Newtonsche Lehre vom Licht und der Farbe sei ein Irrtum, und daß ich den Mut hatte, dem allgemeinen Credo zu widersprechen. Ich erkannte das Licht in seiner Reinheit und Wahrheit und ich hielt es meines Amtes, dafür zu streiten. Jene Partei aber trachtete in allem Ernst, das Licht zu verfinstern, denn sie behauptete: das Schattige sei ein Teil des Lichtes}) Es klingt absurd, wenn ich es so ausspreche, aber doch ist es so. Denn man sagte: die Farben, welche doch ein Schattiges und Durchschattetes sind, seien das Licht selber, oder, was auf eins hinauskommt, sie seien des Lichtes bald so und bald so gebrochene Strahlen."
9. An C. L. F. Schultz (Br 38, 15; Beilage: LA II 5 B/2, 1136f.): Das naturwissenschaftliche Heft ruckt langsam vor, indessen hab ich Glück; denn es sind mir fast in allen Capiteln von außen günstig-correspondirende Andeutungen entgegen gekommen, die mich aufregen, ja nöthigen, mit Entschiedenheit über gewisse Punkte mich abschließlich zu erklären. Mögen Sie mir nicht über den nach außen wirksamen Phosphor des Auges die bedeutenden Erfahrungen mit wenigen weiteren Hinweisungen zu meinen Zwecken mittheilen 3 ) . . . [Beilage:] A t m o s p h ä r i s c h e s P h ä n o m e n 4 ) . . . Les premiers jours du germinal furent calmes et chauds; nous faisons peu de route; il est vrai que le navire était très-mauvais marcheur; et depuis, avec de très-bon vent, nous n'avons jamais été bien vite 5 ) . . . Le 15, le temps changea; nous avions la mer grosse depuis quelques jours. | Voyage dans les quatres principales îles des Mers d'Afrique. Par J. B. G. M. Bory de St Vincent. Tom. III. pag. 285. 9. (s. „Entoptische Farben" gD, EGW 3, 494)
) G's u. Newtons Zugänge zu Licht u. Farben; abgedruckt LA II 5 A, 133. ) Das Divangedicht Übermacht, ihr könnt es spüren kritisiert mit v. 15: Machen mir die Sonne trübe (W 6, 99) die Vorstellung, daß das absolute Licht der Sonne in irgendeiner Weise durch Dunkelheit/Schatten beeinträchtigt sei. 3) Nachtrag, den Schultz am 19. Juli 1823 angekündigt u. G am 19. Aug 1823 angefordert hatte. Absage am 14. Jan 1824 (s. dort). - Folgendes s. in „Neuer entoptischer Fall": an Schultz gD. 4) Folgt mit leichten Veränderungen Text von Z 13./15. Sept 1823: Schultz an G mit Beschreibung von Dämmerungsstrahlen in Salzbrunn. 5) Das Folgende s. in „Entoptische Farben": an Schultz gD, EGW 3, 494. 1
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[Berlin] G. L. F. Schultz an G (G-Schultz 2 9 9 - 3 0 3 ) : Ihrem vorigen Briefe [vom 9. Jan 1 8 2 4 ] war ein Blatt beigefügt, auf welchem Sie dem Auszuge aus meinem Tagebuche über die bei Salzbrunn am 13. September v. J. Abends beobachtete S c h a t t e n s t r a h l u n g im Osten die Beobachtung des Bory de St. Vincent einer L i c h t s t r a h l u n g unter gleichen Umständen haben gegenüber stellen lassen. Ueberraschend fand ich mich dadurch in die Mitte der Sache geführt, indem die bloße Zusammenstellung beider Beobachtungen unmittelbar das Räthsel der Erscheinung aufschließt. Denn (um mit e i n e m Worte Bild und Sache zugleich auszudrücken) in allem Sichtlichen, was nicht bloß erscheinen, sondern mit Bewußtsein erkannt werden soll, muß nicht allein Licht oder Schatten, sondern nothwendig beides zugleich wahrgenommen werden; und dieses hat mir jene glückliche Zusammenstellung zweier Beobachtungen geleistet, die sich einander wesentlich ergänzen. | Bory de St. Vincent sah nämlich die Erscheinung an dem völlig reinen Osthimmel, während die Sonne unterging, und zwar noch ehe sie völlig untergegangen war. Sie zeigte sich ihm als eine lichte Strahlung, ausgehend von einer am Horizont halbbedeckten Rundscheibe, deren Farbe sich von dem Blau des Himmels, wenn es in größter Lebhaftigkeit erglänzt, nicht unterschied; die Strahlen glänzten um so lebhafter, je mehr die Sonne unter den Horizont sank. Mir ist der Vortheil nicht geworden, einen Mittelpunct der Strahlung zu erblicken, wie Bory de St. Vincent, weil ich die Sonne schon untergegangen fand. Dagegen hatte ich den größeren Vortheil, daß der Osthimmel, an dem die Strahlung sich zeigte, nicht ganz rein, sondern von einigen leichten Streifwolken horizontal durchzogen war, welche mir ein tertium comparationis gaben, und mich dadurch von der Wesenheit der Erscheinung belehrten, die jener ohne dasselbe nicht zu erkennen vermochte. Denn diese Streifwolken wurden von den Schattenstrahlen, die ich wahrnahm, ganz deutlich überstrahlt, indem letztere in ihrer Richtung ununterbrochen blieben; dagegen wurde der zwischen den Schattenstrahlen liegende helle Raum von jenen Streifwolken unterbrochen, und bemerkte ich solchen daher nicht als wesentlich für die Erscheinung, wie er es denn auch wirklich nicht ist, während er von Bory für die Hauptsache angesehen wurde. Schon damals glaubte ich daher jene dunkle Strahlung als einen von der Sonne aus Westen gegen Osten hingeworfenen Schatten ansehen zu müssen, welche Meinung sich in mir bestärkte, als ich einige Tage später folgende Wahrnehmung in mein Tagebuch einzeichnete. | K o h l h ö h e bei Jauer den 16. September. | „An dem meist heiteren Himmel ging die Sonne hinter aufgethürmten grauen und weißen Wolken unter, wobei das schöne Schauspiel einer, jedoch unregelmäßigen, breiten, hellen Strahlung erschien, wie man sie wohl den wässerigen Dünsten zuzuschreiben pflegt. Durch die Erscheinung vom 13. aufmerksam gemacht, beobachtete ich mit Sorgfalt den Ausgangspunct der hellen Strahlen von ihrem Gentrum (der hinter den Wolken verborgenen Sonne), und wurde deutlich gewahr, daß sie nur als solche sich zeigen, weil die Wolken das Licht der Sonne auffangen und einen tiefen Schatten gegen den Himmelsraum werfen, der das hin und wieder durchdringende Sonnenlicht als helle Strahlung erscheinen macht. Eine der Ecken einer sehr dunkeln Wolke, an der das Sonnenlicht frei gegen den Himmel vorbei schien, gab deutlich in dem großen erhelleten Räume des Himmels einen weithin sichtbaren Schattenstrahl, so daß, wenn hiebei von Strahlen die Rede sein soll, die Frage entsteht, ob die Erscheinung mehr eine lichte oder eine schattige Strahlung sein möchte." | So finde ich denn keinen Anstand, nunmehr zu sagen, daß die von Bory de St. Vincent, und die von mir beobachtete Erscheinung eins und dasselbe, 1 ) und zwar nichts weiter ist, als der durch das Sonnenlicht von Westen nach Osten hinübergeworfene Schatten von Wolken oder Dünsten in der den Horizont bedeckenden Luftschicht. Die sphärische Gestalt des atmosphärischen Himmelszeltes, gegen welches hin die Erscheinung nur sichtbar werden kann, verursacht die Concentrirung der Schattenstrahlen im Osten, wie solche vom Westen aus durch die Sonne
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) Vermutlich eine Fehldeutung.
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divergirt wurden. Die halbe Rundscheibe, die Bory sähe, ist das Bild der untergehenden Sonne, welches sich durch den Schatten der Dünste, von denen die dunkle Strahlung veranlaßt wird, hindurchdrängt; es zeigt sich dasselbe auf dem blauen Hintergrunde des östlichen Himmels nebst der von Bory gesehenen hellen Strahlung, welche gleichfalls nichts ist, als eben derselbe blaue Himmelsgrund, scharf begränzt von der dunstigen Schattenstrahlung. Daß Bory jene vermeintliche helle Strahlung als den eigentlichen Gegenstand der Erscheinung, als das Positive derselben ansah, war natürlich: | 1) weil im Zweifel allemal das Licht oder das Helle für positiv, der Schatten oder das Dunkle für negativ von unseren Sinnen angesprochen wird; | 2) weil ihm das reine Blau des Himmels um so leuchtender erscheinen mußte, als er solches über dem von der Sonne abgewendeten dunkeln Meereshorizonte erblickte; | 3) weil sich über seinem Horizonte kein bekanntes Object zeigte (wie bei mir die horizontalen Streifwolken), durch dessen Conflict mit der Erscheinung sich ihm ergeben hätte, ob dem hellen oder dunkeln Theile derselben Realität zukam. Wobei noch | 4) zu bemerken ist, daß Bory die helle Strahlung um so lebhafter fand, je tiefer die Sonne hinabsank, weil mit dem Verschwinden der Sonne die Schatten der Dünste sich um so stärker, mithin der helle Zwischenraum um so abstechender zeigen mußte. | Für mich hingegen fand, außer der Gegenwart der weißen Streifwolken, noch ferner der vortheilhafte Umstand Statt, daß ich die Erscheinung nicht über einem dunkeln Meereshorizonte, sondern über einer vom Westhimmel stark erleuchteten hellgrünen Bergfläche sah, gegen welche der blaue Himmelsgrund keineswegs, wie gegen jenen, hell abstach. Ein colorirtes Blatt, welches ich mir vorbehalte, Ihnen zuzusenden, sobald ein zweites Exemplar gefertigt ist, zeigt die Erscheinungen, wie beide Beobachter sie verschiedentlich sahen und erkannten. 1 ) Nach obiger Erklärung wird man sie auf den ersten Blick für eine und dieselbe erkennen. | Da die Dünste, welche das Phänomen anzeigen, nur gegen den Horizont hin Körper genug haben, um Licht und Schatten deutlich (als Bild) darzustellen, so ergibt sich hieraus, warum dasselbe nur gegen den Horizont hin sichtbar ist. | Auch geht aus den Anführungen beider Beobachter hervor, daß die Erscheinung nur in einer gewisse bestimmte Veränderungen in der Atmosphäre anzeigenden Luftschicht, mithin nur unter selten übereintreffenden Umständen, Statt findet; weshalb sie denn nur selten wahrgenommen wird. | Diese Sache erinnert mich übrigens von Neuem an die schon in Weimar zur Sprache gebrachten sogenannten Wetterbäume; 2 ) fächerartig vom Horizonte aufsteigende Entfaltungen leichter Wolken, welche fast jedesmal mit einer gleichen Erscheinung an der diametral gegenüber liegenden Stelle des Horizonts correspondiren, und oft am ganzen Himmelszelte hinauf sphärisch von Horizont zu Horizont ziehen . . . Den P h o s p h o r i m A u g e so auszuführen, wie ich beabsichtigte, ist unter jetzigen Umständen unmöglich. 3 ) Wenn Sie es aber für gut halten, und damit vorlieb nehmen mögen, entschließe ich mich wohl, in einem ausführlichen Schreiben den Zusammenhang dieser Erscheinung mit allen meinen Versuchen über das Sehen und mit den neusten physiologischen Erfahrungen gleichsam historisch darzustellen, um damit meinerseits die Sache abzuschließen. Dieses mag denn mit meinem Namen bezeichnet werden, damit ich mich nicht wie ein Dieb davon zu stehlen scheine. Sagen Sie mir, ob, und bis wann spätestens, Sie ein solches Schreiben für Ihr Heft annehmen wollen. Jan (s. „Entoptische Farben": Graf Sternberg an G gD, EGW 3, 494) [Mitte]
) Rauchs für die Veröffentlichung in Nat vorgesehene Zeichnung kam nicht zustande; vgl. unten 12. Juni 1824: Schultz an G. 2 ) Oder Luftbaum. Vgl. G's Beschreibungen in Wetterbaum (FA I 25, 213) u. Umwandlung durch trübe Mittel (in Entoptische Farben; FA I 25, 691). 3 ) Vgl. oben 9. Jan 1823: an Schultz mit Anm. 1
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B ü c h e r v e r m e h r u n g s l i s t e (Tgb 9 , 3 3 3 ) : Ludov. Fridr. Kaemtz, Dissert. math. physica de Legibus Repulsionum electricarum mathematicis. Hai.
Vom Verfasser. 1 ) Febr 15. Dr. Körner von der Spiegelung des Sonnenlichtes erzählend. 26. [Weimar] Eckermann Gespräche (FA II 12, 98): Es ist aber, sagte ich im ganzen Faust keine Zeile, die nicht von sorgfältiger Durchforschung der Welt und des Lebens unverkennbare Spuren trüge, und man wird keineswegs erinnert, als sei Ihnen das alles, ohne die reichste Erfahrung, nur so geschenkt worden. | „Mag sein, antwortete Goethe, allein hätte ich nicht die Welt durch Antizipation bereits in mir getragen, ich wäre mit sehenden Augen blind geblieben und alle Erforschung und Erfahrung wäre nichts gewesen als ein ganz totes vergebliches Bemühen. Das Licht ist da und die Farben umgeben uns; allein trügen wir kein Licht und keine Farben im eigenen Auge, so würden wir auch außer uns dergleichen nicht wahrnehmen." 2 ) März
9. [Jena] G. F. E. Frommann an G (QuZ 4, 435): Von Leipzig aus meldet mir Gotta's Commißionair daß die Kupfer zu Ihrer Farbenlehre fast fehlen, wollten Sie daher die Güte haben, wie früher, wieder 50 ä 60. vollständige Abdrucke dort besorgen zu laßen und mir denn zuzusenden. 3 )
11. An F. L. v. Froriep (Konzept; Br 38, 75f.): Ew. Hochwohlgeboren | ersuche zutraulichst um die Geneigtheit ein kleines Geschäft das mir obliegt zu befördern. | Von den Tafeln zu meiner Farbenlehre machen sich abermals eine Anzahl Abdrücke nöthig, wovon ein Theil zu illuminiren ist. Möchten Sie daher mir wohl irgend einen Angestellten zuschicken, mit dem ich die Anzahl der Abdrücke, die Papiersorte und was sonst besprechen könnte; sodann aber auch den Vorgesetzten der Illuminations-Anstalt, um mit demselben wegen Farbe und Sorgfalt das Nöthige zu verhandeln. 12. [An] Herrn von Froriep, wegen des Abdrucks der chromatischen Tafeln. 13. An C. F. E. Frommann (Br 38, 82): Die Abdrücke der Tafeln der Farbenlehre werde sogleich besorgen, bey welcher Gelegenheit ich Herrn Cottas Commissionair an die 6 Exemplare der Farbenlehre zu erinnern
) Vgl. oben 19. Dez 1823: Kämtz an G. ) Vgl. FL Didaktischer Teil Einleitung: Jene unmittelbare Verwandtschaft des Lichtes und des Auges wird niemand leugnen, aber sich beide zugleich als eins und dasselbe zu denken, hat mehr Schwierigkeit. Indessen wird es faßlicher, wenn man behauptet, im Auge wohne ein ruhendes Licht, das bei der mindesten Veranlassung von innen oder von außen erregt werde. Wir können in der Finsternis durch Forderungen der Einbildungskraft uns die hellsten Bilder hervorrufen. Im Traume erscheinen uns die Gegenstände wie am vollen Tage. Im wachenden Zustande wird uns die leiseste äußere Lichteinwirkung bemerkbar; ja wenn das Organ einen mechanischen Anstoß erleidet, so springen Licht und Farben hervor (FA I 23.1, 24f.). 3) Zur 1. Nachaufl. der Tafeln vgl. zwischen 25. März u. 24. Juni 1818. Zur 2. Nachaufl. vgl. Sept u. Okt 1821. Zur 3. Nachaufl. vgl. unten 1824 März 11.: an Froriep, März 12., 13.: an Frommann, März 15.: an Kräuter, März 17.: Frommann an G, März 31., Mai 3.: an Frommann u. Mai 7.: Frommann an G. 1
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bitte, die ich vor mehr als einem Jahr zu erhalten wünschte; 1 ) die Tafeln hab ich mir selbst besorgt, die Erklärung erhielt ich von Ew. Wohlgeboren. Zusammen sind sie bey mir niedergelegt und erwarten den Haupttext. März 15. An F. Th. Kräuter (Br 38, 83): Haben Sie die Gefälligkeit, mein guter Kräuter, dem bey'm Industrie-Comptoir angestellten Starke 2 ) durch den Bibliotheksdiener die auf der Bibliothek befindlichen zur Farbenlehre gehörigen 16 Platten einhändigen zu lassen. Das Übrige ist mit ihm verabredet. 17. [Jena] G. F. E. Frommann an G (LA II 5 B/2, 1142f.): Mit den Exemplaren der Farbenlehre muß ich von damals her mich eines Mißverständnisses anklagen; sie befinden sich in meiner Niederlage und ich sende nach Leipzig fürs Gottasche Lager nur was eben verlangt wird. So folgen denn hierbei die 6. Exemplare freilich unverzeihlich verspätet. | Den Abdrücken der 16 ä 17. Platten sehe ich, sobald Kupferdrucker und Illuminateur sie gefertiget, durch Ihre Güte entgegen. Wenn Sie 550. Abdrücke erwähnen, 3 ) so würde dies ohngefähr 30 ä 31. komplette Hefte liefern, die allenfalls genügten, wenn die Fertigung von 50 ä 60. komplett, nicht etwan förderlicher wäre. Den Betrag kann ich sogleich nach Anzeige übermachen. 27. [Weimar] F. Soret Erinnerungen (Zehn Jahre 110): Goethe betrachtete mit großer Freude vier Familienporträts aus meinem Besitz ... er bat mich, sie einige Zeit behalten zu dürfen, um die ihm noch unbekannte Zeichentechnik studieren zu können. Er war überrascht von dem Ton der Fleischpartien, die wie farbig untermalt aussahen, daher verriet ich ihm das sinnreiche Verfahren, das Frau Munier anwendet; 4 ) sie tuscht den Umriß des Gesichts auf der Rückseite mit Königsgelb aus; dieses Gelb schimmert durch das Papier so durch, daß man den Kopf erröten lassen kann, wenn man ihn gegen das Licht hält. Dieser kleine optische Kunstgriff mußte Goethe sehr interessieren, weil er ganz seinen . . . Anschauungen entspricht.
März
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Büchervermehrungsliste (Tgb 9, 334): Prof. Huschke, Über die Sinne. 1824. Vom Verfasser. 5 ) 28. Dr. Huschke, sein Werk über die Sinne. 31. Der junge Stark wegen Illumination der Tafeln zur Farbenlehre. 2. (Aus der Weimarer Bibliothek - bis 15. Okt 1825 - : De coloribus libellus a Simone Portio latinitate donatus, et commentariis illustratus, una cum eiusdem praefatione, qua coloris naturam declarat. Florenz 1548) 6 )
) Am 30. Sept 1821 u. 22. März 1822 hatte G nur 5 Ex. angefordert. ) Unten 31. März 1824 Der junge Stark genannt; dies deutet auf den Maler E. H. Starke, der für G auch Pflanzen zeichnete. 3 ) Verwechslung Frommanns: G hatte in seinem Brief vom 13. März 1824 jeweils um 550 Abzüge von 2 Kupferplatten für Morph II 2 u. Nat II 2 gebeten (LA I 9, Tafel I vor S. 323 u. LA I 8, Tafel IX nach S. 368). Frommann bezieht die Zahl auf die Tafeln zur FL. 4 ) Amélie Munier-Romilly, Malerin u. Zeichnerin in Genf. 5 ) Emil Huschke: Beiträge zur Physiologie und Naturgeschichte. Bd 1: Über die Sinne. Weimar 1824 (Ruppert Nr. 4714). Darin S. 54-73: Vom Auge. 6 ) G's freie Ubers, in Theophrast oder vielmehr Aristoteles von den Farben (FL Historischer Teil 1. Abt. Griechen; FA I 23.1, 539-60). 1
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6., 7. u. 10.
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(s. „Farben des Himmels" gD, E G W 4, 252f.)
10. (s. „Farben des Himmels": an Schrön gD, E G W 4, 2 5 3 ) 19.
[vor 2 0 . ] 30.
Mai
2.
[Jena] G. F. E. Frommann an Cotta (QuZ 4, 4 4 2 ) : Die 50. Kupfer zur Farbenlehre hoffe ich von ihm [G], da ich sie längst bestellt, bald zu erhalten u. besorge dann das nöthige. (s. „Einleitung zu öffentlichen Vorlesungen . . . " : Henning gD, E G W 3, 3 2 0 ) [Leipzig] G. Hoffmann an G (LA II 5 B / 2 , 1144f.): Da mir meine Bescheidenheit nicht erlaubt, das auszudrücken, was ich bei dem Lesen Ew. Exzellenz Farbenlehre empfinde; so erlaube ich mir hierbei nur zu verlauten, daß ich seit einiger Zeit mit vieler Aufmerksamkeit und Interesse dieses Werk gelesen habe und dadurch in mir der Wunsch rege geworden ist, das vor Kurzem von mir erbaute Instrument durch welches katoptrische Farben erzeugt werden können, die Ehre zu haben es Ew. Exzellenz als großen Sachkenner, zur Beurteilung vorlegen zu dürfen. | Mir dieser Ehre schmeichelnd, habe ich mir erlaubt dieses Instrument hierbei folgen zu lassen und nur mit wenigen Worten etwas über die Beschaffenheit dieses Instrumentes, welches ich Ghromadot [Farbgeber] genannt habe, zu sagen. | Die Farben werden auf einem Stahltäflichen [Stahltäfelchen] erzeugt, welches, nachdem es vorher gehärtet und poliert worden und dann mit einem Diamant auf der Oberfläche in soviel durch auf ihr hinlaufende paralleler Linien gleicher Teile geteilt ist, daß davon auf einen Par: d. d. c " 3 0 0 0 kommen. 1 ) Die so dicht nebeneinander gehenden Furgen, 2 ) von deren Genauigkeit man sich nur durch eine sehr starke Vergrößerung unter dem Mikroskop überzeugen kann, bilden auf dem Stahl kleine Prismen, welche durch das auf sie auffallende Licht in verschiedenen Winkeln vor das Auge gehalten sehr schöne Farbenerscheinungen zeigen. | Um nun zu erfahren in welchem Winkel das Licht gebrochen wird um den Auge die benachbarte Farbe zu bringen: so ist dieses Stahltäflichen an einer Achse befestigt welche sich in dem dosenförmigen Teil des Ghromadot befindet und von außen durch einen Knopf an welchem zugleich ein Zeiger angebracht ist, gewendet werden kann. Der Zeiger zeigt nun an dem Gradbogen die Winkel bis auf halbe Grade an. | Bei dem Gebrauch dieses Instruments, schiebt man das matte Glastäflichen welches sich am Rande der Dose befindet, durch das unter ihm angebrachte Knöpfchens zurück, wo nach nun entstandener Öffnung, das Licht auf das Stahltäflichen auffallen kann und stellt den Zeiger auf 13°. Bei Sonnenschein stellt man sodann das Instrument in den Schlagschatten, doch so, daß das Sonnenlicht über eine der vorderen Ecken des Fußes hinwegfällt. Ist dieses nun so gestellt, so zieht man den Schraubenkopf hinter der Dose etwas auf und bewegt nun das Sehrohr beim Hineinsehen solange auf und ab, bis man ein schönes Himmelblau gewahr wird. Nachdem nun der Knopf wieder angezogen ist, wo das Ganze nun unverrückt stehen bleibt, werden dann durch die Verrückungen des Zeigers die andern Farben sichtbar. | Sollte es Ew. Exzellenz gefallen das Instrument von innen zu besehen, so habe ich einen Schraubzieher mit beigelegt mit welchem die drei Schräubchen herausgezogen werden können, welche die versilberte Platte an die Dose befestigen. | Wenn gleich das hierbeifolgende Exemplar, das einzige Instrument ist welches ich bis jetzt von dieser Art gebaut habe und es auch nur einige meiner Freunde gesehen haben, so steht Ew. Exzellenz doch der Gebrauch desselben einige Tage zu Befehl. | Ew. Exzellenz bittend, mir einiges über Hochdero Beurteilung dieser Sache gnädigst mitteilen zu lassen, verharre ich mit vollkommensten Respekt . . . [Weimar] Eckermann Gespräche (FA II 12, 115f.): Die Sonne war indes hinter dem Ettersberge hinabgegangen; wir spürten in dem Gehölz einige Abendkühle und fuhren
Pariser Duodezimal-Zoll (= 2 , 7 0 7 cm). ) Furchen. - G beschreibt den Einsatz geritzter Oberflächen zur Erzeugung katoptrischer Farben in F L Didaktischer Teil § 3 7 2 (FA I 2 3 . 1 , 140).
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desto rascher in Weimar hinein und an seinem Hause vor. Goethe bat mich, noch ein wenig mit hinauf zu kommen, welches ich tat. Er war in äußerst guter, liebenswürdiger Stimmung. Er sprach darauf besonders viel über die Farbenlehre, über seine verstockten Gegner, und daß er das Bewußtsein habe, in dieser Wissenschaft etwas geleistet zu haben. | „ U m Epoche in der Welt zu machen, sagte er bei dieser Gelegenheit, dazu gehören bekanntlich zwei Dinge; erstens, daß man ein guter K o p f sei, und zweitens, daß man eine große Erbschaft tue. Napoleon erbte die französische Revolution, Friedrich der Große den schlesischen Krieg, Luther die Finsternis der Pfaffen, und mir ist der Irrtum der Newtonischen Lehre zu Teil geworden. Die gegenwärtige Generation hat zwar keine Ahnung, was hierin von mir geleistet worden; doch künftige Zeiten werden gestehen, daß mir keineswegs eine schlechte Erbschaft zugefallen."
Mai
2. Abends mit Eckermann spazieren gefahren . . . 3. An G. W. F. Hegel (Br 38, 129f.): Ew. Wohlgeboren | Andenken, welches bey mir immer frisch und lebendig bleibt, wurde durch eine von Berlin heiter zurückkehrende Dame [Ottilie v. Goethe] völlig zur Gegenwart verwandelt, so daß ich mich nicht enthalte mit wenigem auch wieder einmal mich schriftlich unmittelbar darzustellen. Noch bin ich Dank schuldig für bedeutende Sendungen [vom 15. Sept 1822]; leider ward ich von jenen Kapiteln abgezogen und weit seitwärts geführt, deshalb denn die Benutzung auch noch bevorsteht. | Da Ew. Wohlgeboren die Hauptrichtung meiner Denkart billigen, so bestätigt mich dies in derselben nur um desto mehr, und ich glaube nach einigen Seiten hin bedeutend gewonnen zu haben, wo nicht fürs Ganze, doch für mich und mein Inneres. Möge alles, was ich noch zu leisten fähig bin, sich immer an dasjenige anschließen, was Sie gegründet haben und auferbauen. 3. An C. F. E. Frommann (Konzept; Br 38, 130): Ew. Wohlgeboren | und den lieben Ihrigen nochmals für die gestrige angenehme Erscheinung dankbar, übersende die Rechnung über die Tafeln zur Farbenlehre, wovon Sie die Exemplare gestern erhalten haben, und erbitte mir drey vollständige Exemplare davon zurück, da ich das Paquet aufzulösen und sie auszusuchen nicht Zeit nehmen konnte. 3. [Briefe an] Herrn Professor Hegel nach Berlin . . . Herrn Frommann nach Jena. 3. [Frankfurt] G. F. v. Reinhard an G (G-Reinhard 311): Ein Fernrohr von Fraunhofer mit einem Objektiv von 37 Linien hab ich vor einigen Wochen aus München erhalten . . . Vor einigen Tagen wurde mir eine sehr erfreuliche Erinnerung an Karlsbad. Ich hatte bei meiner zweiten Flucht aus Kassel meinen Schreibtisch meinem Arzt zum Geschenk gemacht. Da dieser ihn neulich auseinander nehmen läßt, findet er zwei in die F u g e n eingeklemmte Blätter, das eine: Geschichte der Farbenlehre aus Goethens Munde, den 9. Juli 1807; 1 ) und das andre: das Konzept eines Briefs an Villers: Karlsbad, ce 28 Juin 1807}) So wurde mir jene schöne Zeit wieder vergegenwärtigt, wo ich,
) Vgl. oben S. 467ff. 9. Juli 1807: Reinhard, Protokoll. ) Vgl. oben S. 464f., 30. Juni 1807: Reinhard an Villers. (Datierung nach Abschrift i m GSA, Konzept dazu offenbar v o m 28. Juni 1807.)
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ein lernbegieriger Schüler, zu Ihren Füßen saß. (Sie erinnern sich wohl, daß ich dem guten Villers den Antrag machte, der Herold Ihrer Farbenlehre in Frankreich zu werden. Mit Kant freilich war es ihm nicht geglückt.) 1 ) Mai
7. [Jena] G. F. E. Frommann an G (QuZ 4, 4 4 3 ) : Ew. Excellenz | gnädigen Auftrage zu Folge übersende ich hierbey: 1. ord[inaires] geh[eftetes] Expl. der Kupfer zur Farbenlehre und die in dem Paquet oben auf gelegenen Muster und Ueberschus Blätter. | Die Rechnungen nehme ich mit nach Leipzig um dort von der Gotta'schen H[an]dl[un]g den Betrag zu entnehmen, die vom Ind[ustrie] C[omp]t[oi]r dort zu bezahlen und die für [J. G. C.] Ermer und [J. C.] Kolbe mitzubringen.
12.U.15. 16.
Juni 8.U.9. 12.
(s. „Entoptische F a r b e n " gD, E G W 3, 4 9 4 ) [Weimar] F. Soret Erinnerungen (Zehn Jahre 112f.): In diesem Augenblick tritt Stadelmann ins Zimmer und unterbricht mit einer Art Triumphgebärde unsere Unterhaltung; er wendet sich an Goethe: „Gestatten Exzellenz, ich muß Ihnen eine Entdeckung mitteilen." | G o e t h e : „Nun, Stadelmann, laß sehen!" | S t a d e l m a n n : „Also ich nehme dies Glas Wein und stelle es auf ein Blatt weißes Papier, so, und hierhin ein Licht; das Licht scheint durch den Wein und bildet auf dem Papier drei Sonnen und einen Regenbogen, ganz wie wir das neulich am Himmel beobachtet haben. Dreht man das Glas so, dann ist hier die Sonne; so, dann werden es zwei, und so drei, und hier ist der Regenbogen und hier der helle und der dunkle Kreis." | G o e t h e : „Stadelmann ist ein Genie, er wetteifert mit der lieben Natur; er ist sogar sparsamer als sie, er braucht nur ein Glas Weißwein, um ihren ganzen Himmelsraum zu schaffen. Los! Stadelmann, drehe dein Glas noch einmal." | I c h : „Das ist doch merkwürdig, daß diese Bewegung genügen soll, um derartig verschiedene Lichterscheinungen zu bilden." | G o e t h e : „Und der Schliff des Glases, Herr Kristallograph?" | I c h : „Wahrhaftig! Daran habe ich nicht gedacht; alle Augenblicke ertappe ich mich dabei, wie ich durch ein geschliffenes Glas sehe, ohne sofort daran zu denken." | G o e t h e : „Sehr schön, Freund Stadelmann, du kannst dein Glas und deine drei Sonnen hier lassen, wir wollen sie noch etwas näher betrachten." | S t a d e l m a n n : „Nicht wahr, das ist doch sehr auffallend, das ist höchst merkwürdig; und ich habe für das Experiment nur eine halbe Stunde gebraucht; wenn ich nur die Zeit dazu hätte, ich würde noch viel anderes entdecken." | G o e t h e : „Davon bin ich überzeugt, und (das nächste sagt er auf französisch) dann gewiß, wenn er Anleitung dazu erhielte, denn dieser Mann ist ein guter Beobachter, aber es ergeht ihm wie so vielen andern, er überschätzt den Wert der Tatsachen, die ihm vorkommen, und hält sie für wichtig, nur weil er sie gefunden h a t . " | R i e m e r (hat lange das Glas hin und her gedreht): „Sehen Sie mal, Herr Soret, wie schön unter den Farben der dunkle Ton ist, geradezu samtartig!" | I c h : „Das ist wohl das einzig Merkwürdige an der Sache, aber das ist dem ahnungslosen Stadelmann nicht aufgefallen." (s. „Purkinje: Das Sehen in subjectiver Hinsicht" gD) [Berlin] G. L. F. Schultz an G (G-Schultz 306f.): Von den chromatischen Beobachtungen hatte ich noch im Winter einige Freude; seitdem ist mir aber jede Spur davon entschwunden. Da möchte ich denn noch in der Erinnerung rasend werden, über den Possenreißer R. (Rauch), dem ich eine kleine Zeichnung für Sie übertragen hatte, 2 ) von den Erscheinungen des Sonnenbildes am Osthorizonte bei Sonnenuntergang, welche ich in Salzbrunn und Bory de St. Vincent, wie Sie mir gütigst mittheilten, auf dem ) In G's Bibliothek Villers' für Napoleon erstellter Bericht über Kants Philosophie. Charles Villers: Philosophie de Kant. Aperçu rapide des bases et de la direction de cette philosophie. O. O. 1 8 0 1 (Ruppert Nr. 3 1 4 0 ) . Außerdem erschien Charles Villers: Philosophie de Kant, ou principes fondamentaux de la philosophie transcendentale. 2 Bde. Metz 1 8 0 1 . 2 ) Vgl. oben 14. Jan 1 8 2 4 : Schultz an G. 1
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Africanischen Ocean beobachtet haben. Das Blättchen sollte in Aqua tinta gestochen werden, und ich gedachte es mit meiner Exposition davon zu Ihrem n a t u r w i s s e n s c h a f t l i c h e n Hefte einzuschicken; vor lauter Possen hat aber der Freund diese kleine Arbeit nicht machen können, bis ich endlich dies und alles andere, was ich Ihnen schreiben und schicken wollte, zu vergessen genöthigt war. Vielleicht kommt es einmal wieder zum Vorschein. Juni
13. (s. „Purkinje: Das Sehen in subjectiver Hinsicht" gD) 13.
[Leipzig] G. Hoffmann an G (LA II 5 B / 2 , 1150): Ew. Exzellenz erlaubte mir zu Anfang vorigen Monats durch Übersendung eines Instruments [30. Apr], meinem Ghromadot, zu inkommodieren. Ich schmeichelte mir Ew. Exzellenz eine Freude damit zu machen und hoffte bei der Zurücksendung des Instruments, etwas über Hoch Dero Gutachten darüber zu erhalten. | Ein[e] Reise, welche ich jetzt in Kurzen antrete und erst nach zwei Monaten zurücklegen werde, veranlaßt mich Hoch Dieselben gehorsamst zu bitten, da mir vor meiner Abreise an dem Besitz des Instruments sehr viel gelegen ist, es mir mit umgehender Post gnädigst zusenden zu lassen . . .
16. An C. Hoffmann (Konzept; Br 38, 163f.): Sie erhalten hiebey . . . das übersendete Instrument mit Dank zurück, das ich erst in den letzten heitern Tagen genauer benutzen konnte. Ich finde nicht allein daß es seinen Zweck vollkommen erfüllt, sondern werde auch dadurch in meiner Überzeugung bestärkt, daß ein einsichtiger Mechanicus die sämmtlichen durch meine Farbenlehre nothwendig gewordenen Experimente genau, hinreichend und doch compendios anzustellen uns die sichersten Mittel in die Hand geben könnte. Sollte Ihnen irgend eine andere Abtheilung auf gleiche Weise zu illustriren gelungen seyn, so haben Sie die Gefälligkeit, mir davon Nachricht zu geben. 16. [Sendung] An Mechanicus Hoffmann, mit einem chromatischen Instrument, nach Leipzig. 24. Früh bey Sonnenaufgang Regenbogen in Westen. 28. Juli
(s. „Purkinje: Das Sehen in subjectiver Hinsicht": an Riemer gD)
9 . , 2 0 . u. 2 1 .
(s. „Purkinje: Das Sehen in subjectiver Hinsicht" gD)
Juli
Agenda (Tgb 9 , 321): Roux 1 )
[Juli ?]
[Weimar] Großherzogin Luise an G (GJb 1 9 0 2 , 42): Der Großherzog hat mir aufgetragen, Ihnen zu sagen daß in Dresden sehr schön auf Glas gemahlt würde, und daß das Karfunkelroth besonders schön wäre.
Aug
7. [Weimar] F. Soret an G (Zehn Jahre 130f.): Gestern von 11 bis 11 V2 Uhr zeigte der Mond über dem Ettersberg einen großen prächtigen Regenbogen; die Farben hoben sich nicht deutlich ab, aber der Vorgang ist selten und bemerkenswert 2 ) . . . 13. (s. „Entoptische F a r b e n " gD, E G W 3, 4 9 4 ) 20.
(s. „Farben des Himmels": an Fritz v. Stein gD, E G W 4, 2 5 3 )
20.
[Pilsen] J. St. Zauper an G (G-Zauper 214f.): Wie wunderbar kontrolliren [ergänzen] sich Ew. Excellenz Schriften; ein besseres Verständniß thut sich mir auch bey der Lektüre der Farbenlehre auf 3 ) . . . In der Farbenlehre giebt es recht eigentliche Paradoxa, ) Im Juli kein Brief an J. W . G. Roux nachweisbar; vgl. 12. Okt 1 8 2 4 : Roux an G. ) Vgl. oben S. 2 6 9 , 2 4 . Okt 1 7 7 9 : an Gh. v. Stein, Mondbogen in Vallée de Joux. 3) Folgendes s. in „Entoptische Farben": Zauper an G gD, E G W 3, 4 9 5 . 1 2
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ZUR F A R B E N L E H R E
1824
das heißt, Behauptungen gegen hergebrachte Meinungen z. B. daß das Auge keine F o r m sehe, oder daß das Auge dem Lichte sein Dasein zu danken habe. 1 ) - Aber ist es mit solchen Wahrheiten nicht eben so, wie umgekehrt mit moralischen Sentenzen; wir führen sie täglich im Munde, und handeln doch niemal darnach. Anfangs stuzte ich wohl selbst darüber, mußte aber dann bedenken, daran sey die Schule und die Convenienz Schuld, der man sich in Erforschung der Wahrheit nicht genug entäußern kann. | Die Farbenlehre ist von allen übrigen Schriften an Ausdruck und Sprache verschieden; ich möchte sie mit dem reinen Sonnenlichte vergleichen, das durch helles Flintglas, 2 ) achromatisch, ungetrübt auffällt. Das hat denn der Schriftsteller Alles so unbewußt gethan, wie er sichs gedacht, der Ausdruck kam ihm eben wie geschenkt. Selbst der Gebrauch der Mittelworte, die doch immer mehr oder weniger eine gewisse Färbung vermitteln, findet sich nur höchst selten angewandt. Aug
28.
[Weimar] Eckermann: Zu Goethes Geburtstagsfeier (LA II 5 B / 2 , 1153): . . . Hebt sich der Nebel, kommt Gewölk gezogen, | Gleich, Wolkenkundger, denk ich da an DICH; | Und schmückt die Regenwand ein prächtger Bogen, | O, Farbenlehrender, da preis ich DICH!3)
28.
[Wiesbaden] Adele Schopenhauer an G (GJb 1898, 59f.): Zuerst berichte ich ein Stückchen vergessener Reisebegebnisse und zwar eine wunderbare Lufterscheinung, die ich am 5 tel1 August Abends u m halb 8 Uhr beobachtete. Es war ein trüber Tag gewesen, den mit plötzlich klar werdendem Abendhimmel der allerschönste Sonnenuntergang schloss. Ich stand am Fenster in Gelnhausen, die Sonne konnte ich nicht sehen der Häuser wegen, es muß aber i m Augenblick ihres Unterganges gewesen sein, da bildete sich ein g a n z d u n k e l p u r p u r n e r Regenbogen, der gegen die Endpunkte heller ward, aber eigentlich durchweg einfarbig blieb. 4 ) Nach minutenlangem Hinsehn glaubte ich zwar sehr blasses Grün zu sehen, 5 ) die Mutter aber sah es nicht und wahrscheinlich bildete es sich in meinem Auge. Ich kann diesen wunderbaren Bogen nur den Mondscheinsregenbogen, die ich im Norden sah, vergleichen und entsinne mich auch nie, einen gewöhnlichen Regenbogen w ä h r e n d des Untergangs der Sonne gesehen zu haben. Der ganze Himmel war mit gelbrothen Wolkenschäfchen bedeckt, um den Bogen selbst war der Himmel heller. Die ganze Erscheinung hielt etwa 3 Minuten an, dann ward der B o g e n blaß und blässer und löste sich in rosenrothen Abendschimmer auf. Ich weiß nicht, ob Sie jemahls einen Mondscheinsbogen sahen: 6 ) er ist von blendend weißem Lichte, ganz ohne Farbe, und macht den Eindruck, als sei er durchsichtig; wie dieser ebenbeschriebene verschwimmt seine F o r m allmählich.
S e p t 10. [Jena] J. F. G. Werneburg an G (Bratranek 2, 370): In der guten Meinung, daß Ew. Excellenz bei so vielen Geschäften und bei anderer Lektüre ein Aufsatz von J. Reade M. D. (eine neue Theorie der Teleskope i m philos. Mag. and Journal von Till[o]ch, 1824, Nr. 309, 7 ) betreffend) entgangen sein möge, und derselbe vielleicht doch Ihre Beachtung gewinnen möchte, so wage ich es, dieses Heft, wofür ich einen Schein ausgestellt
) Vgl. F L Didaktischer Teil Einleitung: Nunmehr behaupten wir ... daß das Auge keine Form sehe ... Das Auge hat sein Dasein dem Licht zu danken (FA I 23.1, 24). 2) Bleihaltiges Glas, kombiniert mit Kronglas für achromatische optische Systeme verwendet. 3) Teil eines von Carl Eberwein vertonten Geburtstagsgedichtes. 4) Kurzzeitiges atmosphärisches Phänomen, das durch Streuung des Lichts der nicht roten Bereiche des sichtbaren Spektrums entsteht. 5) Die nach G's F L physiologisch bedingte Wahrnehmung der komplementären Gegenfarbe als Nachbild. 6) Vgl. oben S. 2 6 9 , 1779 Okt 24.: an Gh. v. Stein u. 1824 Aug 7.: Soret an G. 7) A new theory of telescopes founded on rational principles and interesting experiments. In: The Philosophical Magazine and Journal 63 (1824) Jan, No. 3 0 9 , 2 0 - 3 0 . 1
1824
ZUR
FARBENLEHRE
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habe, hiermit Ew. Excellenz unterthänigst zu übersenden. Der eigentlich neuen Theorie kann ich nicht beipflichten, sie ist unmathematisch, allein sonst macht der Brite seinem Newton gute Einwürfe. Ich muß jedoch Ew. Exc. unterthänig ersuchen, mir das Heft wieder zukommen zu lassen, meines ausgestellten Scheines wegen.
Sept 21. An J. F. C. Werneburg (Konzept; Br 38, 252f.): Ew. Wohlgeboren | sende mit Dank das mitgetheilte englische Journalstück hiebey zurück. Dr. Reade war mir schon bekannt, 1 ) demohngeachtet aber war mir seine neueren Bemühungen kennen zu lernen sehr angenehm. Okt
12. (s. „Entoptische F a r b e n " g D , E G W 3, 4 9 5 u. „Purkinje: Das Sehen in subjectiver Hinsicht" gD) 12. [Heidelberg] J. W. G. Roux an G (Bratranek 2, 203f.): Ew. Excellenz | haben mir erlaubt, Ihnen bisweilen etwas die Kunst Betreffendes aus der Entfernung mittheilen zu dürfen. Ich wage es, dieser Erlaubniß zu folgen und Hochdenenselben hierbei ein kleines Schriftchen zuzusenden, 2 ) durch welches ich die Aufmerksamkeit der Kunstkenner auf die Technik der Malerei mit Wachsfarben zu lenken wünsche. Zwei darin abgedruckte Aufsätze, der erste über die Farben, der zweite Vermuthungen über Technik altgriechischer Malerei, sind abgekürzte Bruchstücke aus dem Entwürfe zu einer größeren Schrift - Beobachtungen und Erfahrungen über Natur und Kunst welche sich mir bei praktischer Ausübung darboten. Auch dieses Schriftchen schrieb ich als Künstler für den Künstler und Ew. Excellenz werden es um deswillen mit gütiger Nachsicht beurtheilen. Die Ansicht über die Farben, im Vergleich zu den Pigmenten, schrieb ich erst nach vielen vorher angestellten Versuchen nieder, und da mir vorzüglich darum zu thun, etwas Nützliches zur Vervollkommnung der Kunst mit beizutragen und durch gegenseitiges gründliches Widerlegen und gegenseitiges Zugestehen am meisten Wissenschaft und Kunst zu befördern sind, so würde es mich sehr erfreuen, wenn Ew. Excellenz bei Ihrer geistigen Ansicht der Kunst und bei Ihrer großen Erfahrung i m Theoretischen sowohl wie i m Praktischen derselben mir Ihre Meinung mitzutheilen die Gewogenheit haben wollten. 16. [Weimar] Lieferung des Mechanikus Bohne (LA II 5 B / 2 , 1155): Ein Objektiv-Glas abgeputzt. - - 4 [Groschen]
23. u. 28. (s. „Purkinje: Das Sehen in subjectiver Hinsicht": jeweils an Wesselhöft gD) Nov
2., 5. u. 8.
(s. „Purkinje: Das Sehen in subjectiver Hinsicht" Tgb, Wesselhöft an G gD)
10. (s. „ F a r b e n des H i m m e l s " : G. H. Müller, Bericht gD, E G W 4, 253) 12. (s. „Purkinje: Das Sehen in subjectiver Hinsicht": Wesselhöft an G gD)
1825 —
—
(s. „Doppelbilder des rhombischen K a l k s p a t s " : Marx, E G W 3, 108)
—
—
H. W. Brandes: Artikel Abendröte und Brechbarkeit (Johann Samuel Traugott Gehler's Physikalisches Wörterbuch, neu bearbeitet von Brandes, Gmelin, Horner, Muncke, Pfaff. Erster Band A und B. Leipzig 1825, 11 und 1122ff.; L A II 5 A, 134f.): Nach von Goethe läßt sich das Blau des Himmels sehr gut erklären, aber nicht die Erscheinung der Abendröte . . . Es war . . . eine unerwartete Erscheinung, daß von Goethe, der die
) Seit Auf. 1815 durch Seebeck; vgl. oben 29. Dez 1814: Seebeck an G. ) J. W. G. Roux: Die Farben. [H. 1:] Ein Versuch über Technik alter und neuer Malerei. Heidelberg 1 8 2 4 (Ruppert Nr. 5373). 2 weitere Hefte 1828 u. 1829.
1 2
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Entstehung der Farben anders zu erklären suchte, und in geometrischen Untersuchungen ungeübt war, Newton zu widerlegen suchte . . . [Nach der Untersuchung eines Experiments, mit dem G die Newtonische Theorie von Grund aus zerstört glaubte:] Diese Rechnung m a g genügen, um zu zeigen, wie vieler Vorsicht es bedarf, um, selbst bei dem täuschendsten Anschein, seiner Sache gewiß zu werden. Niemand wird es dem großen Goethe verargen, daß er diesen Versuch nicht rechnend prüfte, sondern . . . diese und ähnliche Versuche als genügend, um Newtons Theorie umzustürzen, ansah . . . Jan
5. (s. „Physische F a r b e n " : Göschel an G gD) 16. [Göttingen] G. Sartorius an G (G-Sartorius 198f.): Julie Egloffstein . . . wird Ihnen einiges von Göln überbracht haben, doch war Ihnen vielleicht schon Dr. [M. J. de] Noels kurze Geschichte der farbigen Glasfenster bekannt, 1 ) die mir sehr belehrend scheint, und die er mir noch deutlicher bey Betrachtung der Kunstwerke entwickelt hat. 20. (s. „Purkinje: Das Sehen in subjectiver Hinsicht": Knebel an G g D u. „Entoptische F a r b e n " : Knebel an G, E G W 3, 495)
Febr
1. (s. „Entoptische F a r b e n " : Büchervermehrungsliste gD) 8. [Osnabrück] A. T. Brück an G (Bratranek 1, 7 0 - 7 3 ) : D e m Leser der Hefte „Zur Naturwissenschaft und Morphologie" ist es aus den Aeußerungen Ew. Excellenz bekannt, wie große Freude es Ihnen gewähre, eine Region nach der andern des grenzenlosen Naturreichs sich aufklären und, was Sie längst im Glauben und Ahnen vorgesehen und oft nur leise im Allgemeinen angedeutet, nun von andern Seiten her bestimmt ausgesprochen und im Einzelnen nachgewiesen zu sehen. | Den guten Willen, dieser uneigennützigsten Freude an dem Fortschreiten der Naturwissenschaften, einen wenn auch geringen Zuwachs zu geben, werden Ew. Excellenz auch von dem Geringsten nicht verschmähen. Und in dieser Voraussetzung wage ich es, Ihnen Beikommendes vorzulegen; 2 ) sei es, daß Sie daraus blos jenen guten Willen ersehen, oder daß Sie wirklich dasselbe mit einiger Theilnahme durchlesen, oder endlich - was ich mir zu schmeicheln kaum wage - daß Sie die Blätter eines künftigen Heftes „Zur Naturwissenschaft etc." nicht unwürdig finden und wol gar mit einigen Bemerkungen begleiten möchten. | Den vorliegenden Blättern glaub' ich insofern einen Werth beimessen zu dürfen, als sich darin jene Wenigen von Gott verliehene Gabe Ew. Excellenz: d u r c h e i n A h n e n u n d - m ö c h t ' ich s a g e n - H i n e i n f ü h l e n in das N a t u r l e b e n d e s s e n Inn e r s t e s z u e r g r ü n d e n , wiederum beurkundet. Es ist dieses die eigentliche Divinationsgabe, ohne welche weder das Menschenleben noch das allgemeine Naturleben richtig erfaßt und dargestellt werden kann „Wenn ihr's nicht fühlt, ihr werdet's nicht e r j a g e n ! " 3 ) ohne welche alle Forschung eine Zersplitterung und Ertödtung statt Ergründung lebendiger Phänomene ist . . . [Beilage:] Ueber Ausdruck und Eindruck des Menschenauges, | angedeutet von Dr. A. T. Brück in O s n a b r ü c k . | Ich erinnere mich, von einem Streite zwischen dem Maler L e b r u n 4 ) und einem französischen Philosophen gelesen zu haben, betreffend den Aus) Enthalten in: Verzeichnis einer teils aus ganzen Kirchenfenstern, teils aus einzelnen Scheiben bestehenden großen Sammlung gebrannter Gläser aus verschiedenen aufeinander folgenden Zeitaltern der Glasmalerei, welche . . . am 13. Sept. . . . versteigert werden soll. Köln 1824 (Ruppert Nr. 2277). 2) Die Brief-Beilage u. einen Aufsatz De l'atmosphère de la femme ... (Bratranek 1, 74-78). 3) Zitat aus Faust im Gespräch mit Wagner (Faust I, v. 534; W 14, 34). 4 ) Zu Gh. Lebruns Arbeiten gehörten auch Studien über Mimik u. Physiognomik, die 1
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druck des menschlichen Auges. Der Philosoph behauptete: der Ausdruck liege vorzüglich im A u g a p f e l ; Lebrun suchte ihn aber in den U m g e b u n g e n d e s A u g e s , Augenlidern, Augenbrauen. Er liegt - so scheint es mir - in b e i d e n , aber hauptsächlich in den Umgebungen. Der Augapfel für sich kann keinen andern Ausdruck haben, als: | 1) den größeren oder geringeren G l a n z , welcher von der Straffheit oder Schlaffheit der Augenmuskeln und der gesunden Saftfülle (turgor Vitalis) herrührt, und | 2) seine schnellere und langsamere B e w e g l i c h k e i t , wodurch sich Temperament, excitiernde und deprimirende Affecte und Leidenschaften in demselben ausdrücken. | Bestimmter aber spricht sich wol durch Augenbrauen und Augenlider die Seele im Antlitze aus, und hierauf muß vorzüglich der Maler achten, da er den Glanz des Auges nur schwach, die Beweglichkeit desselben aber gar nicht nachbilden kann. | Hieraus erklärt sich nun, warum L e b r u n , der Maler, d i e s e Partie vorzüglich in Schutz nahm. Er behauptete, glaub' ich, er könne mit einem Zuge an den Augenbrauen das Gesicht des Sanftmüthigen in das eines Drohenden verwandeln - und es geht, man versuche es! Allein dem Psychologen ist allerdings auch der Ausdruck des A u g a p f e l s von Wichtigkeit, daher es sich erklärt, warum der Philosoph hauptsächlich diesen berücksichtigte. | „Ob aber von einem e i g e n e n L e b e n u n d F e u e r d e s A u g e s , wie davon Dichter und Verliebte enthusiastisch declamiren, wirklich die Rede sein könne?" - das ist die Frage. Statt eigener Antwort gebe ich lieber den Rath des besonnenen M e n d e l s s o h n , wie man sich vor der Gewalt schöner seelenvoller Augen schützen könne. Prosaisch ist er freilich, aber auch probat. Man zerlege ein schönes Auge, das einem gefährlich ist, ganz still im Geiste anatomisch in seine Bestandtheile: Cornea, Sclerotica, Iris, Linse, Glaskörper, Retina, schwarzes Pigment u. s. w. Dann entflieht der Zauber, und der Amor, und alles wird ganz prosaisch und nüchtern, w i e a l l e s , w a s m a n a n a l y s i r t . | Legen wir aber das Prisma des Humors beiseite und unterwerfen das würdige Object ernster mikroskopischer Untersuchung. Nehmen wir die Analogie zu Hülfe! | Wenn wir in den tiefklaren Himmel oder in ein tiefklares Wasser schauen, so ergreift uns leicht ein unnennbar-sehnsüchtiges Gefühl und zieht uns magisch und magnetisch hinauf und hinab. [Fußnote: Es ist d i e s e s sehnsüchtige Gefühl, welches Goethe in der bezaubernden Ballade „Der Fischer" als W a s s e r n i x e , welche den Dichter in die Flut hinabzieht, anthropomorphisirt. Bk.] Das Auge nun hat mit dem Himmel und der Flut die K l a r h e i t und T i e f e gemein; u n d v i e l l e i c h t d a h e r s e i n e a n z i e h e n d e G e w a l t ? ! Nach K i e s e r soll das Wasser als m a g n e t i s c h e s B a q u e t zu betrachten sein, 1 ) und als solches jene Anziehungskraft ausüben; - es ließe sich aber wol denken, daß der Grund dieser Erscheinung nicht sowol im angeschauten Objecte, als vielmehr im a n s c h a u e n d e n Subjecte liege: in der S e h n s u c h t n a c h d e m U n e n d l i c h e n , welche tief in der fühlenden Menschenbrust ruht. | So wenig ich es wage, mich bestimmt über den Ausdruck und Eindruck des Menschenauges auszusprechen, so wünschenswerth scheinen mir die Ansichten bedeutender Beobachter über den interessanten Punkt, und dieses konnte mich bestimmen, meine geringen „Andeutungen" einem Naturbeobachter vorzulegen, welcher längst als Dichter beurkundet, wie sich ihm auch von dieser Seite das geheimste Naturleben offenbart habe. Febr (s. „Purkinje: Das Sehen in subjectiver Hinsicht": Reinhard an G gD u. an Reinhard l l . u . 27. g D )
auf dem mechanistischen Organismusmodell von Descartes fußten (so die bereits im Titel an Descartes' Les passions de l'âme angelehnten Expressions des passions de l'âme, Paris 1727) u. u. a. von Lavater herangezogen wurden. 1 ) Nach D. G. v. Kieser, einem Vertreter des tierischen Magnetismus, sollte Wasser magnetische Kräfte an sich ziehen u. speichern können (vgl. Kieser: System des Tellurismus oder Tierischen Magnetismus. Bd 1. Leipzig 1822, 195f., 4 6 5 - 7 0 ) .
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Febr 27.
(s. „Purkinje: Das Sehen in subjectiver Hinsicht" gD)
Apr
[Weimar] Eckermann Gespräche (FA II 12, 156): Wäre die Newtonische Theorie Goethen nicht als ein großer dem menschlichen Geiste höchst schädlicher Irrtum erschienen, glaubt man denn, daß es ihm j e eingefallen sein würde, eine Farbenlehre zu schreiben und -vieljährige Bemühungen einer solchen Nebenrichtung zu widmen? Keineswegs! Sondern sein Wahrheitsgefühl im Konflikt mit dem Irrtum war es, das ihn bewog, sein reines Licht auch in diese Dunkelheiten leuchten zu lassen.
20.
[vor 2 1 . ]
(s. „Einleitung zu öffentlichen Vorlesungen . . . " : Henning gD, E G W 3, 3 2 1 )
Mai
1. [Weimar] Eckermann Gespräche (FA II 12, 571f.): [G:] „ . . . Das ist aber immer der Vorteil irgend einer leidenschaftlichen Richtung, daß sie uns in das Innere der Dinge treibt. Auch ist das Suchen und Irren gut, denn durch Suchen und Irren lernt man. Und zwar lernt man nicht bloß die Sache, sondern den ganzen Umfang. Was wüßte ich von der Pflanze und der Farbe, wenn man meine Theorie mir fertig überliefert und ich Beides auswendig gelernt hätte! Aber daß ich eben Alles selber suchen und finden und auch gelegentlich irren mußte, dadurch kann ich sagen, daß ich von beiden Dingen etwas weiß, und zwar mehr, als auf dem Papiere steht . . . "
Juni
6. [Dornburg] F. Soret an G (Zehn Jahre 160): Ich raube Sr. Hoheit dem Großherzog das Vergnügen, Ew. Exzellenz unsere Erlebnisse von gestern vormittag mitteilen zu können. Wir waren alle in Jena, um der Öffnung eines Schmelztiegels beizuwohnen, worin Herr Körner große Flintglasuntersuchungen anstellt. 1 ) Etwa 1 0 0 Pfund Glas waren in dem Schmelztiegel; er wurde vor unsern Augen aufgebrochen, und ich war höchst überrascht, die ganze Masse gleichmäßig und durchsichtig zu finden, ohne die geringsten Blasen. Dieses Glas ist noch etwas zu gelb und enthält, fürchte ich, noch zuviel Blei, aber daß Körner schon das erreicht hat ist doch sehr beachtlich. Ich fürchte auch, daß Körner die Masse zu früh zerschlagen hat, sie war noch warm, und die kleinen Splitter kristallisierten vor unsern Augen durch die zu plötzliche Abkühlung; wenn er nicht vorsichtig ist, kann alles Risse bekommen . . . Ich habe die Ehre, Ew. Exzellenz ein Stück Flintglas von Körner zu überreichen . . .
13. An Carl August (Br 39, 220): Zu dem Körnerischen wohlgelungenen Versuche haben wir uns allwegs Glück zu wünschen; die Glaskeile thun gute Wirkung und ich habe ihn aufgefordert die artige englische Vorrichtung von drey einzelnen, unter sich zu verbindenden Prismen, baldigst zu fertigen.2) Die schwer zu erklärende Lehre der A c h r o m a s i e wird dadurch faßlich vor die Sinne gestellt.3) 13. [Brief an] Serenissimo.
) Zu Flintglas-Untersuchungen s. oben 1 8 1 7 Okt 28.: Körner an Carl August u. unten 1 8 2 5 Juni 13.: an Carl August, Juli 12.: Körner an G, Juli 24.: Carl August an G, Aug 26.: Körner an G, Okt 14., Okt 18.: Körner an G. - Hierzu u. zur Prismenherstellung Körners: LA II 5 B / 1 , 319f., M 111 u. 320ff., M 112. Körners Denkschrift über die Bestimmung des Brechungs- u. Farbenzerstreuungsvermögens optischer Gläser: LA II 5 B / 1 , 3 3 0 - 4 2 , M 114.
1
) Sog. Dollondsches Lehrprisma aus 2 Crownglasprismen u. 1 Flintglasprisma. Da die Prismen in Metallrahmen gefaßt u. miteinander durch Gelenke verbunden sind, kann die Vorrichtung - mit dem Flintglasprisma in der Mitte - zu einem achromatischen Apparat zusammengesetzt werden. Eines der beiden von Körner hergestellten Geräte heute in G's Sammlung zur Naturwissenschaft im GNM (GNF 0 1 5 3 ) . 3) Vgl. oben S. 4 0 9 , 14. Febr 1 8 0 6 mit Anrn.
2
1825 Juli
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6. [E.] Lobe wegen der zu illuminirenden Farbentafeln. 1 ) 7. Lobe wegen des Illuminirens der Farbentafeln. Hofmechanicus Körner, die achromatischen Prismen bringend, manches erzählend und erklärend ... [Abends, Sendung an] Serenissimo, mit ... den achromatischen Prismen und den Stahlplättchen. 2 ) 7. An Carl August (Konzept; Br 39, 241f.): ... gedachte Beykommendes eilig zu übersenden als ich vernahm daß Höchst Dieselben schon wieder abgereist seyen. In eben dem Augenblick erschien Hofmechanikus Körner mit dem versprochenen dreyfachen Prisma, eine der schönsten Vorrichtungen zur ganzen Farbenlehre, wodurch die so höchst wichtige Achromasie in ihren Bedingungen a u f s bequemste darzustellen ist. Das Instrument in der Hand und vor den Augen läßt sich über diese wohl abstrus zu nennende Materie allenfalls einige Unterhaltung pflegen. Denn genau genommen sind es Facta die wir wohl schauen, darstellen, berechnen aber nicht begreifen können. | Eben das ist von der kleinen mit Linien versehenen Stahlplatte zu sagen. Beiden Fällen habe ich eigene Capitel in meiner Farbenlehre gewidmet,3) wo ich mich denn freylich, um zum Ziele zu gelangen, anders ausdrucken mußte als die Männer vom Fach; deswegen aber auch von ihnen ungünstig angesehen werde. | Körner hat sich bey diesem künstlich zusammengesetzten kleinen Instrumente sehr wacker gehalten und es freut mich daß ich dadurch in den Stand gesetzt werde sein Unternehmen mit mehr Aufmerksamkeit verfolgen zu können. Wenn der Mann eben so gut zu hören als zu sprechen verstünde, so wäre er ganz unschätzbar. 10. Lobe, die illuminirten Farbentafeln bringend. 11. Loben die Probeblätter zu den Farbentafeln mit Bemerkungen übergeben. 11. [Wilhelmsthal] Carl A u g u s t an G (Wahl 3, 187): F ü r alles ü b e r s e n d e t e dancke ich bestens; i n d e ß e n h a b e n diese G e g e n s t ä n d e bey den hiesigen Mathematikern den Wunsch erregt, dein Werck „ Z u r F a r b e n l e h r e " hier, u n d die Capitel i n selbigen, v o n welc h e n du schreibst, angezeigt zu h a b e n , damit m a n n deine Absicht ganz verstehe. I n Eisenach ist das Buch n i c h t zu linden. U n t e r r i c h t e n soll es u n s auch, ob zu den Versuchin] der drey Pr(ismen) absichtlich, oder n u r zufällig eine Tafel K r ö n Glas g e n o m m e n w o r d e n ist, u n d wie du dir dieses alles z u r e c h t e legst. 4 ) Beruhige also u n s i m Walde u n d schicke den Original Text balde.
F ü r die nach 1818, 1 8 2 1 u. 1824 vierte Nachaullage; vgl. u n t e n 1825 Juli 7., Juli 10., 11., Aug 1.: F r o m m a n n an Cotta, Okt 1 0 . / 1 2 . : Tgb u. an F r o m m a n n , Okt 30.: F r o m m a n n an G, Nov 1.: Lobe an G, Nov 3.: an F r o m m a n n , N o v 14.: F r o m m a n n an Cotta. 2 ) Das v o n K ö r n e r n a c h g e b a u t e C h r o m a d o t v o n H o f f m a n n ; vgl. oben 30. Apr 1824: H o f f m a n n an G; in G's S a m m l u n g zur Naturwissenschaft i m GNM (GNF 0250). 3 ) Der Achromasie u. der Katoptrik. D e n Einsatz geritzter Oberflächen zur E r z e u g u n g katoptrischer F a r b e n beschreibt G i m Didaktischen Teil § 3 7 2 (FA I 23.1, 140). 4 ) Die beiden ä u ß e r e n P r i s m e n des Dollondschen L e h r p r i s m a s b e s t e h e n aus Crownoder Kronglas; vgl. oben 13. J u n i 1825: an Carl A u g u s t mit A n m .
856 Juli
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1825
12. [Jena] J. G. F. Körner an G (Bratranek 1, 238f.): Auf Ew. Excellenz Befehl folgt anbei ein Stückchen im Wasser abgelöschtes (aus dem Tiegel geschöpftes) Flintglas. Es ist so mürbe, daß ich nicht wagen darf, es zu säubern, ohne noch kleinere Trümmern zu machen. | Die Vorarbeiten zur neuen Schmelzung gehen rasch vorwärts; ich verspreche mir größern Erfolg, als von der schon gelungenen, 1 ) da ich die Reinigung der Ingredienzien selbst besorge. | Ich bin beschäftigt, nur für Se. Königl. Hoheit ein kleines Objectiv zu schleifen, damit ich Höchstdenselben in Rücksicht der optischen Wirkung befriedige; dann ist mir beigefallen, für Ew. Excellenz einen Keil mit brechendem Winkel von 60° zu schleifen, um die stärkere zerstreuende W i r k u n g meines Glases mit den Prismen von Flintglas Ew. Excellenz vergleichen zu können.
15. An Carl August (Konzept; Br 39, 247-50): ... erhalten hiebey was über Achromasie in Druck und schriftlich auszusprechen ist; mündliche Erläuterung würde die Angelegenheit geschwinder aufklären. Vielleicht lesen Höchst Dieselben bey diesem Anlaß in dem zweyten geschichtlichen Theil vom 17. Jahrhundert an,2) wo manches in's Allgemeine Gehende zu angenehmer Unterhaltung dienen kann ... [Beilage] Gnädigst zu gedenken. Die Lehre von der Achromasie und Hyperchromasie ist in meiner Farbenlehre Ersten Theil § 285 bis 298 kürzlich vorgetragen und zwar in Bezug auf die beygelegte vierte Tafel und deren vorgedruckte Erklärung pag. 7.3) | Ferner ist die chemische Wirkung bey der dioptrischen Achromasie § 682-687 im Kurzen verhandelt worden. | Sodann im zweyten Theile Seite 581 die Geschichte der Entdeckung, Resultate und Folgen vorgetragen. 4 ) Sämmtliche Stellen sind mit Orange-Papierstreifen bezeichnet. Hieraus geht nun hervor daß ein achromatisches Prisma oder Objectiv aus zwey Glasarten, aus Crown- und Flintglas bestehen müsse um den gewünschten Effect: b e y b e h a l t e n e B r e c h u n g und e n t f e r n t e F a r b e n e r s c h e i n u n g , hervorzubringen. Und so ist denn auch bey dem Körnerischen kleinen Apparat das mittlere Prisma von Flintglas, das obere und untere von Crownglas.5) | Soviel wüßte schwarz auf weiß von dieser Angelegenheit vorzutragen. Weil aber bey der experimentirenden Beobachtung einige Gewohnheit und Fertigkeit nöthig ist und bey der reflecktirenden Ansicht frühere Prämissen sich nothwendig machen, so würde, wenn noch eine Dunkelheit übrig bleiben sollte, dieselbige nur in Gegenwart mündlich beseitigen können. | Da jedoch Höchst Dieselben der Mathematiker erwähnen so sey es mir erlaubt auszusprechen daß wohl noch ein halbes Jahrhundert hingehen möchte bis sie sich mit mir versöhnen und gewahr werden daß ich auch ihnen zu Vortheil und Bequemlichkeit gearbeitet habe. 1
) Vgl. oben 6. Juni 1825: Soret an G. ) FA I 23.1, 687ff. 3 ) Erklärung der zu Goethe's Farbenlehre gehörigen Tafeln (FA I 23.1, 1018f.) 4 ) FA I 23.1, 9 1 3 - 1 8 . 5 ) Zu dem von Körner nachgebauten Dollondschen Lehrprisma vgl. oben 13. Juni 1825: an Carl August u. LA II 5 B/1, 320ff., M 112. 2
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15. [Sendung an] Serenissimo, die Farbenlehre mit Promemoria, nach Eisenach. 16. (Aus der Weimarer Bibliothek - bis 17. Apr 1826 - : Isaac Vossius : De lucis Natura et proprietate. Amsterdam 1626.) 1 ) 24.
[Wilhelmsthal] Carl August an G (Wahl 3, 189f.): Mit nächster Gelegenheit, mein alter Freund, schicke ich die Bücher, Prismen und dergleichen zurück. Ein C o n c a v e s Glas wird mitkommen von Körners Fabrique, das ich nach Bayern geschickt hatte, und Frauenhofers Critique darüber, die ich Körnern zur Beherzigung mittzutheilen bitte. Nach Sorets und Lindenaus Ansicht hat Körner den letzten Flint Glas Hafen nicht genung erkalten laßen, denn ein Stück, das S[oret] von Jena mit nach Dornburg nahm, veränderte sich unterweges. Lindenau behauptet, in Bayern ließ mann 8 Tage lang, wenigstens, den Hafen im Ofen nach und nach erkalten, ohne ihn anzurühren. Das m a g gegründet seyn. K[örner] möge also den nächsten Guß auf diese Weise behandeln. | Was die acromatistische Weißheit puncto deiner Ansichten betrift, so möchte eine mündliche Erklärung uns doch wohl noch von nöthen seyn, da bey dergleichen Versuchen die Manipulation gar zu nothwendig ist, und diese vom Erfinder beßer geleitet werden kann, als wie durch den Nachsucher . . . [Beilage:] 2 ) Das Brechungs- und Farbenzerstreuung[s] Vermögen einer Materie kann nur dann mit Sicherheit gefunden werden, wenn sie in die F o r m eines Prismas gebracht wurde. 3 ) Bei einem runden Glase kann daher auf seine Bestandteile nicht geschlossen werden. Daß jedoch das fragliche Glasplättchen Bleioxyd enthält, geht aus seinem spezifischen Gewicht hervor. Was das Wichtigste, die Wolken und Streifen in der Materie, betrifft, 4 ) so ist das Glasplättchen davon nicht frei. Man kann sich bei diesem hohl geschliffenen Glase davon überzeugen, indem man ein gutes konvexes Glas von ohngefähr 5 Zoll Brennweite auf das konkave Glas legt, dann dieselben gegen den Rand eines Fensters richtet und das Auge in den gemeinschaftlichen Fokus beider Gläser stellt. Verrückt man in dieser Entfernung v o m Glase das Auge so, daß man bald von dem dunkelen bald von dem hellen Teil des Fensters Licht in das Auge bekömmt, so sieht man, beim Übergang v o m Dunkelen ins Helle, die in der Glasmaterie enthaltenen Streifen und Fäden, deren sich in dem genannten Glasplättchen sehr viele finden.
Aug
1. [Jena] G. F. E. F r o m m a n n an Cotta (QuZ 4, 464): Izt fehlt mir noch 100. Kupfer Abdr[ucke] zu Goethens Farbenlehre, die ich auf Verlangen Ihrer Handlung schon vor 4 Wochen Sr. Exz. zu besorgen gebeten, wie er es mir versprochen nur 100. statt 50. bestimmte, weil die öftere Wiederholung bey den izzigen Illuminirern ihm beschwerlich und mislich würde. Ich darf sie nun aber wohl bald erwarten u. sie dann ihm sogleich nach Rechnung vergüten.
2. Früh Dr. Körner von Erfurt zurückkehrend. Ich gab demselben Vossius de Lumine mit. 5 )
) Vgl. F L Historischer Teil Kap. Isaac Vossius (FA I 23.1, 7 2 3 - 3 1 ) . G gab das Werk an Körner weiter; s. unten 2. Aug 1825. 2) Brief J. v. Fraunhofers an Carl August (?); L A II 5 B / 2 , 1169. 3) Durch das Erscheinungsbild der Fraunhoferschen Linien in einem Absorptionsspektrum. Auf Carl Augusts Wunsch fertigte Körner 1826 das notwendige Instrument an; vgl. unten 1826 Aug 12.: Fries an G u. Aug 17. 4) Durch ungleichmäßige Verteilung des Bleioxids im flüssigen Glas, die Fraunhofer an Körners Produktion kritisiert. 5) Vgl. oben 16. Juli 1825: Buchentleihung. 1
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Aug 21. Die Iris war Sonnabends [20. Aug] wieder an die Decke gekommen. 1 ) 26.
Sept
[Jena] J. G. F. Körner an G (Bratranek 1, 239f.): Ob ich gleich vermuthe, daß Ew. Excellenz wegen des herannahenden Jubelfestes mit andern Dingen beschäftigt sind, 2 ) so will ich doch nicht verfehlen, wegen des mir ertheilten Auftrags über die Curve, die sich bildet, wenn man Gegenstände unter ein brechendes Medium bringt, Nachforschungen anzustellen, von dem Ausfall meiner Bemühung unterthänigst Bericht zu erstatten. 3 ) | Einzig ist die Rechnung im Stande, uns diese Linie vorzustellen, und es ist eine i n n e r e K o n c h o i s von sehr interessanter Biegung, 4 ) deren Anfang „ m i t dem Perpendikel zusammenfällt, an demselben heraufgeht und dann plötzlich überspringt", 5 ) wie an der Zeichnung, die ich Ew. Excellenz vorzulegen die Ehre hatte. 6 ) Ein Einfallwinkel von V 1 0 Secunde, welcher gar nicht zu zeichnen ist, hebt etwas weniges; einer von 10 Secunden, der auch mit der Reißfeder nicht darzustellen ist, hebt schon so stark, wie einer von beinahe 10 Graden. | Ich habe die Nachforschungen mit großer Vorliebe für die Sache geleitet und nehme mir die Freiheit, Ew. Excellenz mündlich das Nähere unterthänigst vorzutragen . . . Zwischen dem gebrauchten Kronglas und dem von mir fabricirten Flintglas waltet das Zerstreuungsverhältniß ob 1 : 2 2 / 1 0 . . . Anbei neues Flintglas.
1. [Wien] Graf Sternberg an G (G-Sternberg 115f.): . . . der Umfang des ehmaligen Pola 7 ) ist nicht mehr auszumitteln, mehrere Mauern sieht mann noch unter dem Meere und auf den Inseln aus denen man schließen will sie hätten einer Fabrik von Purpur angehört. Herr Abbate Berrini in Ronchi hat in der Übersetzung der Naturgeschichte des Plinius 8 ) die Meinung geäußert der Purpur wäre aus dem Murex brandaris erzeugt worden der so häufig in dem Adriatischen Meer gefunden wird, 9 ) er zeigte uns mehrere dieser Schnecken, die einen Schleim von der schönsten violetten Farbe ausscheiden, allein gewöhnlich sizt auf diesem Murex eine kleine Actinia die man entfernen mus, u m ihn zu erhalten, da sie ihn aussauget, er nannte diese Actinia pupuriphaga. 10 ) 5. [Göttingen] F. v. Paula Gruithuisen an G (Bratranek 1, 171f.): Daß es mit meiner Entdeckung i m Monde genau so gehen wird, 1 1 ) wie mit der Entdeckung, die Euere
Das 1792 entstandene Gemälde Iris von H. Meyer im G-Haus am Frauenplan. ) 50jähriges Jubiläum von Carl Augusts Regierungsantritt am 3. Sept. 3) Wohl veranlaßt durch Vossius-Lektüre (s. oben 1825 Juli 16. u. Aug 2.), Kap. 16: Refractionem fieri etiam in perpendiculari Zur optischen Darstellung der Hebung bei Vossius vgl. L A II 5 B / 2 , 1173, Abb. 2. 4 ) In der Mathematik eine Kurve vierter Ordnung. 5 ) G korrigierte mit roter Tinte: gegen den Perpendikel gehoben wird (GSA 2 8 / 1 0 3 6 , Bl. 3). 6) Nach der Vorlage Körners umgezeichnet in L A II 5 B / 2 , 1172, Abb. 1. 7) Pula im Süden der Halbinsel Istrien (Kroatien). 8 ) I due primi libri della storia naturale di G. Plinio Secondo recati in italiano dall'ab. Guiseppe Berini i quali si stampano come saggio della traduzione di tutta l'opera. Undine 1824. Plinius befaßt sich im 9. Buch (Kap. 1 2 4 - 4 1 ) mit der Purpurfärberei. 9 ) Brandhorn, eine Art der Purpur- oder Stachelschnecken, die in ihrer Hypobranchialdrüse ein purpurfarbiges Sekret erzeugen; bei den Phöniziern u. Römern zum Färben der Kleidung hoher Würdenträger eingesetzt. 10 ) Purpurfressende Seerose oder -anemone, zu den Aktinien (Hexacorallia) gehörend. Beim Zusammenleben mit Murex handelt es sich u m eine Symbiose. 1 1 ) Franz v. Paula Gruithuisen: Entdeckung vieler deutlicher Spuren der Mondbewohner, besonders eines colossalen Kunstgebäudes derselben. In: Archiv für die gesammte Naturlehre, hsg. von Kastner, 1 (1824) 1 2 9 - 7 1 (Separatdruck in G's Bibliothek; Ruppert Nr. 4 6 2 4 ) u. 2 (1824) 2 5 7 - 3 2 2 ; Ders.: Philosophische Reflexionen über die na2
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Excellenz in der Farbenlehre machten, habe ich mich sowol schon in Baiern, als nunmehr auch auf meiner Reise überzeugt. Wer gewohnt ist, den Mond als dürren Kreidekörper und die N e w t o n ' s e h e n Fictionen als mathematisch bewiesen zu betrachten, der faßt niemals das Wahre, das Reine. Nur der seltene Unbefangene kann dieses und die Dritten sehen, glauben und fallen wieder zurück. | Da die N e w t o n i a n e r die Farblehre immer so gern ohne Farbe mit Linien und Ziffern demonstriren, so können sie in der Regel nicht begreifen, was man mit Farben besser beweisen sollte können und was wol die Physiologie dabei leisten mag. Die Mathematiker behaupten nun neuerdings: daß, weil Frauenhofer (unter dessen schönen Experimenten kein einziges ist, welches nicht auf Euer Excellenz Art erklärlich wäre) seine Kunst auf dem N e w t o n ' s c h e n Wege so hoch gebracht habe und die Wirkung seiner Gläser newtonisch demonstrire, so sei hieran wol kein Zweifel mehr. Da ich nun einen dieser Mathematiker dadurch im höchsten Grade aufbrachte, daß ich sagte: „daß das Ganze nach der v. G o e t h e ' s c h e n Ansicht ebenso gut, ja weit besser, reiner ginge, und daß man, um Einseitigkeit zu vermeiden, auch nach dieser Theorie die Beweise durchführen sollte, da einmal die Daten gegeben seien, weil man unter den Objecten zwar Helles im Dunkeln, z. B. Steine, aber auch Dunkles im Hellen, z. B. Schatten der Mondberge, habe, was Farben veranlasse", so schweige ich nun zwar wol, weil hier ebenso wenig ausgerichtet ist, als bei denen, welche ausrechnen, daß ich von den Kunstsachen im Monde nichts sehen könne, dabei aber vergessen, daß die Natur nur den Fleißigen ihre Geheimnisse mittheilt, und daß die Geen 1 ) so großartig bauen, daß es fast mit Händen zu greifen ist.
[Nachmittags] Brief von Gruithuisen und Sendung. Beschäftigte mich mit seinen mir zugesendeten Heften. 12. Nach Tische die Gruithuisischen Hefte . . . Abends die Gruithuisischen Hefte weiter durchgegangen. [Sept An Carl August (Konzept; Br 40, 57): Ein Kästchen mit hundert geMitte] schliffenen edlen Opalen . . . Man bittet sie im Sonnenlichte zu betrachten wo sie ihre größte Schönheit offenbaren, übrigens aber sie vor der Sonne, wie vor dem Lichte zu bewahren damit sie nicht trüb werden und das Farbenspiel verlieren. 15. An Carl August (Konzept; Br 40, 60): Daß die Farbe spielenden Steine auch Ew. Hoheit einen angenehmen Eindruck machen ist mir höchst erfreulich.
Sept 11.
24. 29. 29./30.
Okt
(s. „Einleitung zu öffentlichen Vorlesungen . . . " : Henning an G gD, E G W 3, 3 2 1 ) (s. „Einleitung zu öffentlichen Vorlesungen . . . " gD, E G W 3, 3 2 1 ) (s. „Physische Farben": F. v. Paula Gruithuisen: Reisebericht u. Tgb gD)
5. Fräulein Adele [Schopenhauer], chemische Phosphore bringend.2) 10. Die Tafeln der Farbenlehre eingepackt. 11. Nächste Expedition meines Sohns nach Jena schematisirt und besprochen. turgesetzlichen Mutabilitätsverhältnisse verständiger Wesen auf dem Monde. In: Zeitschrift für Anthropologie, hsg. von Nasse, ( 1 8 2 5 ) H. 2, 1 9 3 - 2 3 6 . 1 ) Gruithuisens Bezeichnung für Mondbewohner. 2 ) Wohl von dem ihr befreundeten G. W. Osann; vgl. unten 1 8 2 6 Febr 25. u. März 4.
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Okt 12. [Sendung an] Herrn Geh. Cammerrath von Goethe einiges Nachträgliche, eingeschlossen Brief an Herrn Frommann nach Jena, mit Rechnungen. Die Tafeln der Farbenlehre waren durch meinen Sohn abgegangen. 12. An C. F. E. Frommann (Br 40, 95f.): Ew. Wohlgeboren | haben diesen Morgen durch Gelegenheit schon ein Paquet erhalten, worin Dieselben die bestellten Exemplare der Tafeln zur Farbenlehre, theils schwarz theils illuminirt, finden werden. Ich habe vier Blätter von jeder Tafel zurück behalten, so daß von dem angezeigten 100 nur 96 erfolgen. | Die Aquatinta ist in reinlicher Gleichförmigkeit wieder hergestellt 1 ) und die colorirten Blätter mit sorgfältiger Auswahl der Farben sowohl, als auch mit vielem Fleiß der Illuminirenden gearbeitet. Leider wird dieser Theil der Kunsttechnik bey uns gegenwärtig nur von wenig Individuen mit Genauigkeit behandelt, weswegen auch die Verspätung geneigt zu entschuldigen seyn möchte. | Die Rechnung, deren gefällige Berichtigung mir erbitte, erfolgt zugleich mit den Belegen. 14. Dr. Körner, neue Proben vom Flintglas bringend. 16. Serenissimus und der Prinz [E. F. W.] von Hessen-Barchfeld kamen und blieben einige Stunden. Vorweisung ... des Körnerischen Flintglases. 18. (s. „Entoptische Farben": Körner an G, EGW 3, 495) 19. u. 21. (s. „Entoptische F a r b e n " gD, EGW 3, 496)
22. [An] Dr. Körner Rücksendung des koncaven Glases. Jena.2) 22. An J. C. F. Körner (Konzept; Br 40, 108): Hiebey das früher mitgetheilte concave Glas; wobey zugleich vermelde daß der Würfel sehr gute Wirkung thut; 3 ) auch folgt die autorisirte Quittung zurück. 24. (s. „Physische Farben": Martius an G gD) 30. [Jena] G. F. E. F r o m m a n n an G (QuZ 4, 465): Ew. Excellenz | gefallige Sendung der Kupfer und Rechnung zur Farbenlehre traf mit Ihrem gnädigen vom 12. wärend meiner Abwesenheit zu Meße in Leipzig, hier ein und werde ich n u n das Heften sogleich besorgen. Auch hat die kleine Verspätung keinen Ubelstand verursachet, weil der Leipziger Commißionair bey näherer Untersuchung auf dem dasigen Lager eine Anzahl Exemplare vorfand, die bis izt und noch für mehrere Monathe jedes Verlangen befriedigen konnten und ferner können. | Der Betrag der Rechnung beträgt nach Anlage, die ich mir mit Ihrer Unterschrift und Beglaubigung gehorsamst zurük erbitte, dasige W ä h r u n g Rh 75.10 die hierbey mit Sächs. Rh. 70 " " Rh 74.9 und Preuß. Gonvent. " " 1.1 erfolgen
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) Wasserfarbentechnik beim Kupferdruck, hier speziell für die dunkelgrauen Teile der Tafeln I-IV, X u. XI. 2 ) Die von Fraunhofer untersuchte Probe; vgl. oben 24. Juli 1825: Garl August an G. 3 ) Vgl. in „Entoptische Farben" 18. Okt 1825: Körner an G, EGW 3, 495.
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1. [Weimar] E. Lobe an G (QuZ 4, 466): Von Herrn Staats Minister v. Goethe die Summa von Fünf und Siebzig Thaler zehn Groschen Currant für die von mir geleistete Kupferdrucker-Arbeit, Pappier und Goloriren erhalten zu haben bescheinige. 1 )
3. An C. F. E. Frommann (Konzept; Br 40, 116): Ew. Wohlgeboren | erhalten anbey, mit vielem Dank für baldige Besorgung des kleinen Geschäftes, die quittirte und autorisirte Rechnung über die abgedruckten und colorirten Tafeln. 7. [Jena] Universität Jena an G (LA II 5 B / 2 , 1180): Goethio | in | sacris | munerum vimariensium | semisaecularibus . . . Academia Ienensis. | Veri repertor, strenuus aemulo | Neutonus ultro cedit adoream 2 )... 7. [Weimar] Riemer an G (LA II 5 B / 2 , 1180): Jubelgedicht | am | Siebenten November 1825 . . . Drum lebt der Genius selig hingegeben Stets Deinem Anschaun, göttliche Natur! Erforscht der Erde Bau, und den Bekleid der Flur, Den Formentausch, dem Pflanz' und Tiere leben, Und die aus Trüb' und Dunst sich mögen weben, Der Farben holdes Spiel, der Wolken Spur, Und wie der Lüfte Hauch in Leicht' und Schwere Nur Puls und Atem der Natur bewähre. 14. [Weimar] E. J. Förster: Gespräche (GG 3.1, 868f.): Noch einmal . . . öffnete Goethe mir die gastliche Pforte seines Hauses. Nun aber war ich mit ihm und den Gliedern seiner Familie allein . . . Endlich kam er auch auf sein Lieblingsthema, die Farben, deren Anwendung, Zusammenstellung, Stärke, Mischung, Behandlung, und selbst auf die verschiedenen Farbstoffe. 14. [Jena] G. F. E. Frommann an Gottasche Buchhandlung Mich[aelis] Messe von Sr. Excellenz dem GR v. Goethe zur Farbenlehre erhielt habe ich das Heften derselben [P. G.] Kummer für Ihr Lager 36 Expl. gesandt zu den in der M[ichaelis] M[esse] lieferte.
(QuZ 4, 466): Da ich nach der die bestellten Kupfer Abdrucke sogleich besorgt und heute an 36. Text welche ich ihm schon
18. Abends Professor Riemer . . . War einiges Litterarische und Chromatische durchgesprochen. 27. (s. „Purkinje: Das Sehen in subjectiver Hinsicht": Purkinje an G gD)
Dez
1. Vormittag war Dr. Körner von Jena bey mir. Ich besprach mit ihm die achromatischen Angelegenheiten . . . 10. An J. C. F. Körner (Br 40, 163): Mit dem Wunsch daß beykommendes Fernrohr mit dem von Herrn Dr. Körner gefertigten möge verglichen werden. 10. [Abends] An Dr. Körner das englische Telescop gesendet.
) Betr. vierte Nachauflage der Tafeln zur FL, vgl. oben 6. Juli 1825. ) Für Goethe zum ehrwürdigen fünfzigjährigen Jubiläum der Weimarer Amtstätigkeiten ... von der Universität Jena. \ Ein Urheber des Wahren, der tüchtige Newton überläßt dem Wetteifrer [G] aus freien Stücken den Siegespreis ...
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1825
11. [Jena] J. G. F. Körner an G (LA II 5 B / 2 , 1182): So eben erhalte ich . . . Ew Exzellenz Fernrohr, und finde bei Abnahme des Deckels das Objektiv in dem Zustande, worin ich es die Ehre habe untertänigst zurückzusenden. Welcher Zufall den Schaden veranlaßt hat, wird schwerlich zu ermitteln sein; mir ist es äußerst unangenehm die Vergleichung entbehren zu müssen, da es leicht möglich war mich gleich, oder im Vorteil zu stellen. | Damit Ew Exzellenz das Instrument nicht unnütz wird behalte ich es zurück um ein neues Objektiv zu fertigen; so unangenehm der Vorfall ist, so interessant ist die Aufgabe: zu den gegebenen Okularen ein Objektiv zu liefern, welches denselben gehörig entspricht. Nach Vollendung dieses Schreibens gehe ich sogleich an die Berechnung und ich hoffe daß ich mit Hülfe der Theorie und Kunst dahin gelange, Ew. Exzellenz ein Objektiv zu liefern, welches den Schaden vergessen zu machen im Stande ist.
26. An C. F. v. Reinhard (Br 40, 200): Träfen wir jetzt, wie vor so vielen Jahren [1807] in Carlsbad zusammen, so würden Sie, wie damals mit der Chromatik, so jetzt mit der Meteorik geplagt seyn.1)
1826 —
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H. W. Brandes: Artikel Dioptrik. In: Johann Samuel Traugott Gehler's Physikalisches Wörterbuch neu bearbeitet . . . Zweiter Band G und D. Leipzig 1826, 557f. (LA II 5 A, 135): Auch von Goethe's Untersuchungen über die Farbenlehre . . . dürfen hier nicht unerwähnt bleiben, obgleich sie weniger der eigentlichen Dioptrik als der Lehre von den physiologischen Farbeerscheinungen Nutzen gebracht haben.
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L. F. Kämtz: Vortrag über Goethes Farbenlehre vor der naturforschenden Gesellschaft zu Halle am 20. März 1824. In: Journal für Chemie und Physik 46, 1826, 259 (LA II 5 A, 136): Indem der Verfasser auf Goethes Hauptverdienst in der Farbenlehre, auf Hervorhebung des G e g e n s a t z e s d e r F a r b e n , aufmerksam machte, suchte er zugleich zu zeigen, wie in mehreren Punkten sich die Goethesche Theorie mit dem [Licht als Wellen auffassenden] Undulationssysteme zusammenstellen und vereinen lasse. 2 )
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Lektürenotiz aus Le Globe (LA II 5 B / 2 , 1217): Beaux-arts. Peinture. / Du claireobscure. 3 )
Jan
7. [Frankfurt] Ghromatik, daß, wohin bieten und
G. F. v. Reinhard an G (G-Reinhard 341): In die Meteorik, wie in die wird Ihr Geniusblick Licht bringen. Denn das eben ist Ihnen eigentümlich, Sie Ihren Blick richten, er die Dunkelheit aufhellt, erst in einzelnen Gedann allmählich über das Ganze. 4 )
8. Dr. Körner das hergestellte Telescop bringend. 5 ) 15. An A. Clemens (Br 40, 250f.; Konzept, vermutl. nicht abgesandt 6 )): Ew. Wohlgeboren | haben mir ein besonderes Vergnügen gemacht, welches ich dankbar erkenne, daß Sie meiner bey Bearbeitung Darwini) G's Beschäftigung mit der Wetterkunde, die 1825 zu dem nicht publizierten Aufsatz Versuch einer Witterungslehre (FA I 25, 274-300) führte. 2 ) Vgl. oben 19. Dez 1823: Kämtz an G. 3) Betr. Diderots Darstellung von Licht u. Schatten bei Gemälden im Vorabdruck des Enzyklopädie-Artikels von A. H. de Keratry in: Le Globe 2 (1825) H. 116, 4. Juni 1825, S. 5 9 l f . (vgl. Hamm 1998, 2 9 9 - 3 0 2 , Regest 109). 4) Antwort auf 26. Dez 1825: an Reinhard. 5) Das von Körner reparierte Instrument; vgl. oben 11. Dez 1825: Körner an G. 6) G's Frage nach Clemens s. unten 27. Juni 1826: an Boisseree. 1
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scher Ideen freundlich gedenken. 1 ) Die Verdienste dieses Mannes sind mir zeitig bekannt geworden, und ich habe mich durch ihn auf meinen wissenschaftlichen Wegen auf mehr als eine Weise gefördert gesehen. Seine Werke brachten mich mit Hofrath [J. D. Brandis] Brandes in nähere Berührung, und ich versäumte nicht, in der Geschichte meiner Farbenlehre besonders Warings zu gedenken. 2 ) Seit jener Zeit sind sie mir aus den Augen gekommen, und es wird mir gewiß wohlthätig, wenn Sie mir das früher Gekannte mit allem Gewinn der späteren Jahre wieder vor die Seele bringen. Dabey soll mir höchst angenehm seyn, auch von Ihrer Denk- und Studienweise das Nähere zu erfahren, indem ich von mancher Seite gar viel Gutes und Schönes von Ihren Bestrebungen vernommen habe. Jan
15. (s. „Physische Farben": an Martius gD) 16. [Jena] G. F. E. Frommann an Cotta (QuZ 4, 468): Auf Ihr Geehrtes vom 31 v. M. habe ich zu erwidern, daß die Kupferplatten für Goethe's Farbenlehre weder in meiner, noch in des Verfassers Verwahrung liegen, sondern deponiert auf der Herzogl. Bibliothek in Weimar. Der Bibliothekssecretair Kräuter wird am Besten darüber Auskunft zu geben wissen.
Febr
1. [Aarau] H. Zschokke an G (Bratranek 2, 394): Ew. Excellenz | ist durch die Zeitgenossenschaft an die kleine Unannehmlichkeit gewöhnt, auch Huldigungen Ihnen unbekannter und gleichgültiger Personen zu empfangen. Das gibt auch mir Muth zu der Bitte, beiliegende kleine Abhandlung als einen geringen Beweis der Hochachtung ansehen zu wollen. 3 ) Es ist eine R a n d g l o s s e zu I h r e r F a r b e n l e h r e . 4 ) Billig legt sie der Schüler ehrerbietig dem Auge seines Meisters vor. 5. [Bonn] J. Müller an G (Bratranek 1, 393ff.): ... 5 ) Und so erscheine denn auch ich unter den Vielen, die Ihnen Zeugniß geben wollen, wie sie des Meisters Lehre wohl begriffen, aber, was mir ein größeres Vertrauen einflößt, in Angelegenheiten, die Ihnen sehr am Herzen liegen, in Angelegenheiten der Farbenlehre . . . Nachdem viele Jahre lang Ihre naturwissenschaftlichen Forschungen mir Institutionen gewesen sind, sowol der Methode als des Inhalts für meine Bestrebungen, in die Geheimnisse der lebenden Natur auf beschaulichem und forschendem Wege einzudringen, sollte mir am Ende auch das Glück zutheil werden, auch öffentlich davon Rechenschaft zu geben, 6 ) wie eine Aussaat, die in allen Zweigen der Naturwissenschaft die herrlichsten Früchte dem scheidenden
) Reaktion auf eine Anfrage von Clemens vom 20. Okt 1825, G ein Werk widmen zu dürfen: Es besteht in einer freien Bearbeitung von [Erasmus] Darwins Temple of Nature or the origin of human Society [London 1803], einem Gedichte, das den naturphilosophischen Geist seines Verfassers, gleich dessen übrigen von Brandis und Hufeland übertragenen rein wissenschaftlichen Werken aufs deutlichste bekundet (LA II 10 B, 219). 2) Zu Erasmus Darwins Zoonomie mit dem Kap. On the ocular spectra of light and colours von Robert Waring Darwin sowie der Übers, durch J. D. Brandis vgl. oben 1795 Juni 29.: Rechnung u. Juli 10.: Soemmerring an G. 3) Heinrich Zschokke: Die farbigen Schatten, ihr Entstehen und Gesetz. Vorlesung, gehalten in der naturforschenden Gesellschaft zu Aarau, den 10. Januar 1826. Aarau [1826]; in G's Bibliothek (Ruppert Nr. 5304). 4) G's FL lediglich in einer Fußnote S. 61 genannt. 5) Das Vorausgehende s. in „Ältere Einleitung": J. Müller an G gD, EGW 3, 271. 6) Johannes Müller: Zur vergleichenden Physiologie des Gesichtssinnes des Menschen und der Thiere, nebst einem Versuch über die Bewegung der Augen und über den 1
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und bleibenden Geschlecht entlockt, noch größere dem kommenden entlocken wird, auf den Einzelnen gewirkt, und was ich diesen Förderungen alles verdanke. Indem ich aber vor Ihnen selbst von mir reden soll, bin ich viel befangener, als ich es öffentlich sein konnte. Dazu nahm ich den Trieb und die Freundschaft zur Wahrheit mit als gutes Geleit; bei Ihnen kann ich nur bescheidene Anfrage ersuchen. Ich muß es Ihrer Güte und Nachsicht anheimstellen, ob Ihnen die Lust bleiben wird, diese Weihegeschenke eines bisher schweigsamen und unbekannten Schülers in der Nähe zu betrachten und zu prüfen. 1 ) Wie Sie mit dieser Erscheinung zufrieden sein werden, im Fall Sie diese Erläuterungen auf einer von Ihnen selbst gebrochenen Bahn Ihrer Durchsicht und Prüfung würdigen sollten? Ich habe einiges Herz bei dieser Frage. Ich bin selbst auf eine Bemerkung gefaßt, die Sie dabei zu machen Gelegenheit haben könnten, wie es nämlich nicht unter allen Umständen erfreulich sei, die Früchte des Selbstgeleisteten in einer aufregsamen Mitwelt wiederzusehen, nachdem der Inhalt des zeugenden Gedankens bis zu den scharfen Spitzen der Vorstellung verfolgt worden. Auch auf diese Bemerkung bin ich gefaßt; denn ich finde einen so engen Zusammenhang zwischen dem, was Sie uns gegeben, und dem, was ich daraus habe weiter bilden können, daß ich so kühn sein könnte, für alle Folgen Sie selbst verantwortlich zu machen. Sehr leid thut es mir, daß die von mir seit längerer Zeit angelegten Untersuchungen über den Einfluß des farbigen Lichts auf die Vegetation und die Lebenserscheinungen der Pflanzen und Thiere nicht auch schon in diesen Kreis von Abhandlungen haben aufgenommen werden können. Schon während meines frühern Aufenthalts in Berlin, wo ich meine Studien in den dortigen Museen fortsetzte, 2 ) ging ich mit mancherlei Versuchen dieser Art um. Ich lernte die Schwierigkeiten dieser intricaten Untersuchung kennen, verließ vergebene Wege und entwarf einen Plan zu neuen, für die Wissenschaft, wie ich hoffte, sehr ersprießlichen Untersuchungen, dessen Ausführung auch die Rücksprache mit einem in diesem Felde sehr vertrauten Gelehrten, Herrn Dr. Seebeck, hoffen ließ. Der Mangel an einigen sehr kostbaren Glasarten, besonders des einen rothen und grünen Glases, die aus Böhmen verschrieben werden mußten, sowie die Unzureichbarkeit meiner optischen Apparate setzte der Ausführung bisher Hinderniß. Doch soll unter Mitwirkung des Präsidenten Nees v. Esenbeck mit dem kommenden Frühling frische Hand ans Werk gelegt werden. Febr
15., 18. u. 19.
(s. „Entoptische Farben" gD, EGW 3, 496)
20. Brief und Sendung von Zschokke [vom 1. Febr], 20. Büchervermehrungsliste (Tgb 10, 302): Die farbigen Schatten, ihr Entstehen und Gesetz von Heinrich Zschokke. Aarau. Vom Verfasser. 23. Sendung [vom 5. Febr] von dem Anatomen Müller in Bonn . . . Vorstehendes näher betrachtet. Concepte an Schuchardt [darunter an J. Müller] dictirt. 3 ) menschlichen Blick. Leipzig 1826, bes. 3 9 3 - 9 7 : Ich meines Teils trage kein Bedenken, zu bekennen, wie sehr viel ich den Anregungen durch die , Goethe 'sehe Farbenlehre verdanke, und kann wohl sagen, daß ohne mehrjährige Studien derselben in Verbindung mit der Anschauung der Phänomene selbst, die gegenwärtigen Untersuchungen wohl nicht entstanden wären (zit. n. FA I 23.2, 7 6 6 - 7 0 , hier: 768f.). 1) Mitgesandt J. Müller: Über die Entwickelung der Eier im Eierstock bei den Gespenstheuschrecken und eine neuentdeckte Verbindung des Rückengefäßes mit den Eierstöcken bei den Insekten. Bonn 1825 (Ruppert Nr. 4899); Ders.: Zur vergleichenden Physiologie des Gesichtssinnes . . . (Ruppert Nr. 4901). 2) 1 8 2 3 / 2 4 als Schüler von Karl Asmund Rudolphi. 3 ) Weitere Tgb-Notizen s. in „Purkinje: Das Sehen in subjectiver Hinsicht" gD.
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Febr 23. Büchervermehrungsliste (Tgb 10, 302): Zur vergleichenden Physiologie des Gesichtssinnes von Dr. Müller. 1826. Vom Verfasser. 23. An J. Müller (Konzept; Br 40, 304ff.): Ew. Wohlgeboren | will lieber gleich und im Allgemeinen für die bedeutende Sendung meinen verbindlichsten Dank abstatten, als daß ich Gefahr laufe, durch ein näheres Betrachten derselben eine schuldige Erwiederung zu verspäten. | Die Vorbereitungen zur Ausgabe meiner sämmtlichen Werke, die ich auch Ihnen empfohlen wünsche, beschäftigen mich schon einige Jahre und entfernen mich von unmittelbarer Betrachtung der äußeren Natur, in welche gegenwärtig nur verstohlene Blicke thun darf, damit der große Reiz, womit sie mich so oft an sich zog und alles Ästhetisch-Productive verschlang, mich nicht wieder ergreife und von einem Geschäft ableite, welchem alles Zaudern und Stocken höchst gefährlich werden könnte. Nehmen Sie daher meine beste Anerkennung, daß Sie Gelegenheit gaben, mich von Ihren, mir bisher auch nicht fremd gebliebenen Bemühungen näher zu überzeugen und einzusehen, wie Sie nach Art und Weise, die ich auch für die rechten halte, im Reiche der Natur vorzudringen bemüht sind. | Freylich ist die Region, in der wir uns umthun, so weit und breit, daß von einem gemeinsamen Wege eigentlich die Rede nicht seyn kann; und gerade die, welche vom Centrum nach der Peripherie gehen, können, obgleich nach einem Ziele strebend, unmöglich parallelen Schritt halten, und sie müssen daher, insofern ihnen die Thätigkeiten anderer bekannt werden, immer nur drauf achten, ob ein jeder seinem Radius, den er eingeschlagen, getreu bleibt. | In diesem Sinne habe ich die Bemühungen der Mitlebenden, Älterer und Jüngerer, seit geraumer Zeit zu betrachten gesucht. | Die Divergenzen der Forscher sind unvermeidlich; auch überzeugt man sich bey längerem Leben von der Unmöglichkeit irgend einer Art des Ausgleichens. Denn indem alles Urtheil aus den Prämissen entspringt, und, genau besehen, jedermann von besonderen Prämissen ausgeht, so wird im Abschluß jederzeit eine gewisse Differenz bleiben, die dem einzelnen Wissenden angehört und erst recht von der Unendlichkeit des Gegenstandes zeugt, mit dem wir uns beschäftigen, es sey nun, daß wir uns selbst, oder die Welt, oder was über uns beiden ist, als Ziel unsrer Betrachtungen in's Auge fassen. | Nehmen Sie dieses Wenige freundlich auf. In meinen Jahren muß man sich bescheiden, am Wege genugsam auszuruhen und andere vorübereilen zu lassen, an die man in früherer Zeit sich gar zu gern angeschlossen hätte. | Da ich jedoch die Absicht hege, nach vollendeter Ausgabe ästhetisch-kritischer Werke, auch dasjenige vorzuführen, was sich auf meine Naturstudien bezieht; wozu ich denn vorläufig Gedrucktes und Ungedrucktes zusammenzustellen und ihm wenigstens durch Andeuten einige Folge zu geben bemüht bin, so steht mir alsdann die Freude bevor, Ihnen wieder zu begegnen, welche ich durch einen treuen Händedruck, wie gegen-
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wärtiger, den ich abschiedlich reiche, zu feyern wünschen und hoffen darf. 1 ) F e b r 24.
(s. „Purkinje: Das Sehen in subjectiver Hinsicht" gD)
25. Abermalige Concepte 2 ) . . . Müller nach Bonn 3 ) . . . Professor Osann von Dorpat, von dortigen Verhältnissen erzählend, auch seine Versuche farbige Phosphore hervorzubringen mittheilend. 4 ) 27. (s. „Purkinje: Das Sehen in subjectiver Hinsicht": Büchervermehrungsliste gD)
März 4. Osann theilte verschiedene Phosphore mit, nebst einem Aufsatze. 5 ) 16. [Stadtlengsfeld] J. F. G. Werneburg an G (Bratranek 2, 3 7 1 f.): D a ich zuversichtlich hoffe, immer noch Ew. Excellenz vorzüglicher Gunst und Gewogenheit mir schmeicheln zu dürfen, wie auch mathem. und physik. Päpste mich anfeinden und in dem Bann halten, welchen der Kirchenvater Newton alles ist, so wage ich es, Ew. Exc. auf eine katoptrische Abhandl. von mir i m 13. Band der neuen A c t e n d e r l e o p o l d . A k a d e m i e d e r W i s s e n s c h , aufmerksam zu machen, 6 ) welche Hr. Präsident Nees von Esenbeck darin sehr willig und gern als höchst interessant aufgenommen hat, aufmerksam zu machen - und dadurch, auch durch Ew. Exc. gnädige Vermittelung Serenissimus darauf aufmerksam gemacht zu wünschen. | Was ich aus bekanntlich leicht zu errathenden Gründen darin nicht erwähnte, ist folgender sehr schlagender Versuch für Ihre Farbenlehre. Man nehme eine kleine Tafel mit schwarzen und weißen Q u a draten, halte sie zur Seite vor einem Hohlspiegel, näher oder ferner, und sehe von der andern Seite seitwärts in den Spiegel, sodaß das Auge näher und ein andermal entfernter als die Seitenbrennweite des Spiegels ist, so erscheint das vergrößerte und rücksichtlich verkleinerte Bild von den erwähnten Quadraten verzogen und an den Grenzen derselben gefärbt, ganz genau nach dem v. Goethischen Gesetz, durch die Ueberführ u n g und Verwaschung der Grenzen von hellen und dunkeln Flächen übereinander ohne alle verwünschte dioptrische Spaltung des sogen. Lichtstrahles in seine sieben Newton'sche Farben. Diesen Versuch, wie alle sonst in der erwähnten r i c h t i g e n K a t o p t r i k vorkommenden subjectiven und objectiven Versuche habe ich voriges Jahr Hrn. Professor Fiscinus [H. D. A. Ficinus] zu Dresden (einem treuen Vertheidiger Ihrer Lehre) vorexperimentirt und er hat sie alle bestätigt gefunden. Und war die Veranlassung, daß Nees v. Esenbeck davon Notiz durch ihn erhielt. | Jedoch erlauben mir Ew. Exc. wol erwähnen zu dürfen, daß ich eben von Erlangen die Nachricht erhalten habe, daß Schräg in Nürnberg, der Verleger meiner Schrift: m e r k w ü r d i g e P h ä n o m e n e etc., 7 ) außer drei abgesetzten Exemplaren alles noch auf dem Lager liegen habe. Sonst
Persönliche B e g e g n u n g in Weimar am 10. Okt 1828 (s. dort). ) Das Folgende s. in „Purkinje: Das Sehen in subjectiver Hinsicht" gD. 3) Absendung erst am 29. März 1826 vermerkt. 4) Vgl. oben 1825 Okt 5. u. unten 1826 März 4. 5) Über einige neue Phosphore durch Bestrahlung; abgedruckt L A II 5 B / 1 , 3 2 2 - 2 8 , M 113. 6) Erschien erst 1829. J. F. G. Werneburg, Die richtige Katoptrik . . . Bei der Akademie eingegangen den 30 Sept. 1825. In: Nova Acta physico-medica Academiae Caesarea Leopoldino-Garolinae naturae curiosorum 14.2 (1829) 5 7 3 - 6 1 8 . Im Anschluß: K. D. v. Münchow, Gegenbemerkungen zur vorstehenden richtigen Katoptrik, ebd. 6 1 9 - 3 8 . Vgl. unten 22. Aug 1828: Werneburg an G. 7) J. F. G. Werneburg: Merkwürdige Phänomene an und durch verschiedene Prismen. Zur richtigen Würdigung der Newton'schen und der Göthe'schen Farbenlehre. Nürnberg 1817 (Ruppert Nr. 5253). Vgl. oben 1817 J a n 7.: Seebeck an G. 2
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würde er neue Verlagsverträge mit mir eingegangen sein. Man hegt die Meinung, daß selbst die Antinewtonianer sie nicht gekauft hätten, weil Ew. Exc. in Ihren Zeitschriften für Morphologie und Naturwissenschaften solche mit keiner Zeile erwähnt und beurtheilt hätten. Mögen Ew. Exc. mir diese Aufrichtigkeit ja nicht übel deuten und aufnehmen. | Ich gestehe, die leicht zu misdeutende letzte Zeile des Vorworts möchte ungedruckt geblieben sein, ob sie gleich etwas Ironisches gegen die Newtonianer nur eigentlich enthält und enthalten soll. 1 ) März 17. [Jena] H. L. F. Schrön an F. Th. Kräuter (LA II 2, 534): . . . so konnte ich die verschiedenen Tage mit den hohen oder tiefen [Barometer-] Ständen sowohl aufeinander durch verschiedene Farben unterscheiden, als auch neben einander durch verschiedene Farben untersch[ei]den . . . 18. (s. „Purkinje: Das Sehen in subjectiver Hinsicht" Tgb u. an Purkinje gD) 20., 22. u. 24.
(s. „Entoptische Farben" gD, EGW 3, 496)
24. (s. „Purkinje: Das Sehen in subjectiver Hinsicht": an Nees v. Esenbeck gD) 25. (s. „Entoptische Farben" gD, EGW 3, 496 u. „Purkinje: Das Sehen in subjectiver Hinsicht" gD)
28.2) An H. Zschokke (LA II 5 B / 2 , 1195f.): Ew: Wohlgeb[oren] haben mir gefällig eine chromatische Arbeit übersendet [1. Febr], woraus ich ersehe daß Sie, der bisherigen Lehre zugetan, die Frucht meiner Bemühungen der Nachwelt überweisen. Ich kann es mir sehr wohl gefallen lassen und bin auf ein solches Geschick längst vorbereitet. Denn indem ich die Schritte der Mitlebenden älteren und jüngeren seit geraumer Zeit betrachte, bin ich zu ruhiger Ansicht gelangt die ich etwa folgendermaßen aussprechen würde. 3 ) | Die Divergenzen der Forscher sind unvermeidlich, auch überzeugt man sich bei längerem Leben von der Unmöglichkeit irgend einer Art des Ausgleichens. Denn indem alles Urteil aus den Prämissen entspringt, und, genau besehen, Jedermann von besondern Prämissen ausgeht, so wird beim Abschluß jederzeit eine gewisse Differenz bleiben, die dem einzelnen Wissenden angehört, und erst recht von der Unendlichkeit des Gegenstandes zeugt mit dem wir uns beschäftigen; es sei nun daß wir uns selbst, oder die Welt oder was über uns beiden ist als Ziel unserer Betrachtungen ins Auge fassen. | Nehmen Sie diese zutraulichen Äußerungen freundlich auf, erhalten Sie mir wohlwollende Gesinnungen und danken dem werten Herrn Sauerländer für die geneigte Mitteilung Ihrer Werke, die uns diesen Winter, in guter Gesellschaft vorgelesen, gar manchen vergnügten, lehrreichen Abend verschafften. 4 ) Werneburg: Merkwürdige Phänomene . . . S. 4 [unpaginiert]: Der Lehre Freund, dem Manne feind. 2) Datum des Mundums; Konzept in Br 40, 340f. datiert 31. März 1826, Absendungstag. 3 ) Im Konzept (Br 40, 340f.) fehlt der folgende Absatz. Aus dem Brief an J. Müller 23. Febr 1826 eingefügt. 4) G hatte sie am 24. Apr 1825 durch Zschokkes Verleger H. R. Sauerländer erhalten (Tgb 10, 47).
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März 29. [Brief vom 23. Febr an] Herrn Doctor Müller, Privatlehrer, in Bonn. 31. [Brief an] Herrn Heinrich Zschokke nach Aarau. Apr
10. [Jena] J. G. F. Körner an G (Bratranek 1, 240f.): Als die Flintglasfabrikation so weit gediehen war, daß ich am Erfolge nicht mehr zweifeln durfte, wünschte ich die Aufmerksamkeit des Publikums auf mein Unternehmen zu richten; zu diesem Zweck schrieb ich eine Abhandlung fiiir Kastner's Archiv, in welcher ich die bei der englischen und französischen Fabrikationsmethode obwaltenden Fehler aufstellte, und Unrichtigkeiten, die sich Schriftsteller, Uebersetzer und Bearbeiter dieser Materie hatten zu Schulden kommen lassen, verbesserte. Der Hofrath Kastner hat diese Abhandlung 6 / 4 Jahr liegen lassen, ohne sie zum Druck zu fördern. Nach der wirklichen Darstellung des Glases gab Kastner die Abhandlung zur Umarbeitung nicht wieder zurück, versprach aber die durch die Umstände nun unpassenden Stellen wegzulassen und die Nachricht von der Darstellung nachträglich zu liefern. Auf diese Art ist der Aufsatz entstanden, den ich die Ehre habe, Ew. Excellenz unterthänigst zu Füßen zu legen; 1 ) die Fortsetzung, die das Schleifen und Centriren umfaßt, soll nachfolgen, sowie ich sie erhalte. 2 ) Ich wünsche, daß Ew. Excellenz etwas Neues darin finden möchten.
[vor 17.] (s. „Einleitung zu öffentlichen Vorlesungen . . . " : Henning gD, EGW 3, 321) 26. [Aarau] H. Zschokke an G (Bratranek 2, 395-99): Ew. Excellenz | gütige Zuschrift [vom 28. März], statt mich, als von der Hand meines bewunderten und geliebten Lehrers kommend, zu erfreuen, ließ in mir eine unangenehme Unruhe zurück, die ich mich vergebens zu überwinden bemühte. Denn ich sah mich, freilich ohne mein Wollen und doch durch mich veranlaßt, von dem Manne verkannt, der mir so theuer ist. Ehe ich aber wieder schreibe, erlauben Sie mir, da ich von göttlichen Dingen, Geist zu Geist reden will, die irdischen Verhältnisse, Formeln und Titel, die nur lästig fallen, in der Unterredung abzuthun. | Als ich meine Vorlesung in der hiesigen naturforschenden Gesellschaft über die farbigen Schatten hielt, wollt' ich nur Erfahrungen mittheilen, und mußt' ich mich, um nur verstanden zu werden, der gewöhnlichen Newtonischen Vorstellungsart bedienen. Ich hätte meine Noth gehabt, wenn ich meine eigene Vorstellungsart eingeflochten hätte. Die neue Sprache wäre nicht verstanden worden. | Nach meinem Dafürhalten würden die herrlichen Ideen Ihrer Farbenlehre kräftiger gegen den blinden Schulglauben durchgeschlagen haben, wären sie concentrirter, die beweisenden Versuche und Erfahrungen als begleitende Noten gegeben worden. Aber S i e h a b e n den Koloß der Schule erschüttert (und der erhabene Newton verdiente auch wol, es so lange zu sein, als bei den Scholastikern Aristoteles etc.), S i e h a b e n neue Bahn gebrochen. S i e h a b e n zahllose Schüler, wenn eben auch nicht alle ängstlich in die Tapfen den Fuß setzen, welche die Ferse des Meisters im Staub zurückließ. | Ich möchte Ihnen gern, wenigstens um den Verdacht, Newton's blinder Nachbeter zu sein, abzulehnen, meine Ansicht vom Ursprung etc. der Farben vorlegen. Ich will es, so gut ich kann, in kurzen Sätzen. Sollt' ich die Beweisgründe und Thatsachen liefern, würd' es ein Buch. | 1) Das L i c h t a n s i c h ist eine Naturkraft, Noumenon, ein Ur, ein unbekanntes wirkendes Etwas, daher nur wahrnehmbar den Sinnen durch V e r b i n d u n g m i t S t o f f , als Erscheinung. | 2) Licht unverbunden mit Stoff würde daher so unsichtbar sein, als Stoff (Körper) ohne Licht. | 3) Licht ist der Vermittler und Leiter zwischen den Stoffen und dem beseelten Sinn; es führt uns von den Körpern die Begrenzung als Empfindung der F o r m , deren Ausdehnung oder Oberfläche als Empfindung zu, die F a r b e geheißen wird. Wir können uns so wenig einen Körper ohne J. G. F. Körner: Ueber Flintglas-Bereitung, Berechnung, Schleifen und Centriren achromatischer Objective. In: Archiv für die gesammte Naturlehre, hsg. von K. W. G. Kastner, 7 (1826) 2 3 3 - 5 2 . Der Sonderdruck in G's Nachlaß (GSA 26/LII,21 Bl. 171-80). 2) J. G. F. Körner: Ueber Flintglasbereitung . . . In: Archiv für die gesammte Naturlehre, hsg. von K. W. G. Kastner, 11 (1827) 3 1 8 - 6 0 .
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Raum, als ohne Farbe vorstellen. | 4) Da das Licht erst wahrnehmbar ist verbunden mit Stoffen (oder durch und an Körpern; Nr. 2), so ist es nicht selber der Quell der Färbung, sondern es führt uns durch die von Stoffen empfangene Modification die Empfindung, „ F a r b e " genannt, zu 1 ) . . . 6) Es ist in der Organisation der beseelten Sinne eine Trias, wunderbar waltend, wie dem Geschmack Bitter, Süß, Salzig; dem Ohre Prime, Terze, Quinte; dem Auge Roth, Gelb, Blau. Alle andern Farben, Geschmacksarten und Töne sind Uebergänge [Fußnote: Mehr zum Scherz als Ernst eine Art Parallele: Roth, Orange, Gelb, Grün, Blau, Indigo, Violett Bitter, Bittersüß, Süß, Sauersüß, Sauer, Salz, Bittersalz Prime, Terze, Quinte.] vom Indifferenzpunkt zum Pol rechts und links. | 7) L i c h t und N i c h t l i c h t sind farblos; ihre Repräsentanten im Sinn sind W e i ß und S c h w a r z . Roth ist der Minuspol, Blau der Pluspol (Violett schon wieder Uebergang des Entgegengesetzten), Gelb ist Indifferenzpunkt zwischen Lichtthätigkeit und Nichtlicht. | 8) Die einander e n t g e g e n g e s e t z t e n F a r b e n bilden zueinander N e g a t i o n e n , wie Roth vom Grünblau, Gelb vom Indig, so Grün vom Violett etc. Ueberreiz des Auges (Blendung) von e i n e r Farbe stürzt es, wenn diese verschwindet (statt Licht in Finsterniß stürzt), in die entgegengesetzte, in die Negation derselben. Daher die sogenannten accidentellen Farben, I h r e physiologischen. 2 ) - Daher auch die objectiven f a r b i g e n S c h a t t e n , 3 ) als Gegensätze ihrer Lichte. | 9) Das Licht empfängt von Körpern eine Modification (Zugesellung eines Stoffs), wodurch es auf den beseelten Sinn den eigenthümlichen Eindruck macht, dem wir besondere Farbennamen beilegen. Wir sagen dann, d a s L i c h t s e i g e f ä r b t (z. B. wenn es durch farbiges Glas scheint, oder von farbigen Körpern zurückgeworfen wird, z. B. von grünlichem Wasser, rothem Tuche etc.). Im Grunde ist hier optischer Betrug, denn w i r färben in unserer W a h r n e h m u n g und Empfindung die Objecte, die uns mit dem von ihnen modificirten Licht reizen. | 10) Das Licht ändert nicht die F a r b e n , sondern elektrochemisch die V e r h ä l t n i s s e d e r i m S t o f f e r s c h e i n e n d e n G r u n d k r ä f t e ; daher ändern deren W i r k u n g e n ab und mithin auch die von ihnen stammenden M o d i f i c a t i o n e n des Lichts. | 11) Es ist kein Licht auf Erden ganz ungefärbt (vielleicht weit über die Atmosphäre hinaus, - dann aber wär' es dem Sinne gleich Nichtlicht, weil kein Körper wahrnehmbar). Die Färbungen des Lichts durch Objecte mindern dessen Durchsichtigkeit nicht, werden auch nicht im Licht wahrgenommen, als nur, wenn dessen Strahlen gegen einen schattigen Körper fallen (Wiederschein, Abspiegelung, Camera-obscura etc.). | 12) Das Licht erleidet aber diejenigen Modificationen, welche wir nachher als farbiges empfinden, nicht nur durch Zurückgeworfenwerden von dunkeln Körpern, sondern auch beim Durchgang in durchsichtigen Körpern vermittels der B r e c h u n g , sobald diese eine Spannung oder P o l a r i s a t i o n d e s L i c h t s bewirkt (prismatische Farben). | 13) Das durch Brechung bewirkte Auseinandertreten der Pole des Lichts s c h e i n t mir der gleichen Handlung verwandt zu sein, die wir bei der Elektricität, dem Galvanismus bemerken; sogar daß der Pluspol (Blau, Violett) mit dem Sauerstoff, der Minuspol (Roth) mit dem Wasserstoff verschwistert oder vermählt ist und in dieser Verbindung die Modification der Färbung empfängt (Morichini's Versuch mit der Magnetnadel ist mir noch nicht gelungen 4 )). | 14) Von
Das Folgende s. in „Physische Farben": Zschokke an G gD. ) FL Didaktischer Teil §§ 1 - 3 (FA I 23.1, 31): Die Farben, welche wir billig obenan setzen, weil sie dem Subjekt, weil sie dem Auge ... zugehören ... heißen sie ... nach Bujfon couleurs accidentelles ... Wir haben sie physiologische genannt ... 3 ) Nach F L Didaktischer Teil §§ 6 2 - 8 0 den physiologischen Farben, also dem subjektiven Phänomen subsumiert (FA I 23.1, 51-57). 4) Vgl. oben S. 645, 1812 Dez 11.: Seebeck an G, Dez 26.: an Döbereiner, Dez 31., S. 652, 1813 Jan 5., Jan 15.: Knebel an G u. unten 1826 Aug 4. 2
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allen vorragenden, hellen oder auch nur c o n t r a s t i r e n d e n Punkten zurückgeworfenes Licht reizt die Augen lebhafter, als das einer gleichförmigen Fläche (daher die prismatischen Randerscheinungen). | 15) Trübung des Lichts führt zum N i c h t l i c h t , Schwarz. Verschattetes Grün wird daher blau, verschattetes Gelb roth (wie die Lichtflammen in der Ferne nachts). | Zürnen Sie doch ja nicht, daß ich Sie mit dem Ueberblick dieses Skelets von Theorie behelligte. Ich müßte Sie minder lieben und verehren, wenn ich das hätte n i c h t schreiben sollen; ich wollte nur beweisen, daß ich, trotz der Schulsprache in meiner Vorlesung, Ihr eigentlicher Jünger war und den hohen Werth Ihrer meisterhaften Leistungen im Gebiet menschlichen Wissens nie verkannte. Aber auch das vom göttlichen Meister unserer Aller gebrachte himmlische Licht spiegelte sich im verschiedenen Gemüth seiner ersten Jünger verschieden; dennoch durften sie sich zu ihm bekennen. Erlauben Sie mir es auch, zumal wir inmitten der göttlichen Wunder hienieden mehr im Glauben (subject. Fürwahrhalten) als im Schauen (absoluter Gewißheit) wandeln.
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5. Überlegte mir einen freundlichen Brief von Zschokke als ein wichtiges Beyspiel der im Grund und Ausübung unendlich verschiedenen Denkkräfte und Denkweisen der Menschen. 7. An H. Zschokke (Konzept; Br 41, 23f.): Wenn ein vorzüglicher Mann, der sich in seinem sittlichen Zustande frey fühlt, auch eine freye Stellung gegen die Natur annimmt und sie mit eigenen Augen, nach eigener Weise betrachtet, so gibt er mir, in sofern ich ihn gewahr werde, eine ganz besonders vergnügliche Empfindung. Eine solche bin ich Ihrem letzten Briefe schuldig geworden, wofür, mit wenigem, schönstens dankend, mich fernerer Neigung und Theilnahme angelegentlichst empfehlend, aufrichtige Erwiderung zusage. 7. [Brief an] Herrn Heinrich Zschokke nach Aarau. 9. [Meiningen] J. H. G. Schlegel an A. v. Goethe (Bratranek 2, 212): Vor 1 V2 Jahre[n] ohngefähr nahm ich mir die Freiheit, Ihrem hochverehrten Herrn Vater in einem an H. Staatskapitän [P.] Gauby gesandten Päckchen ein Exemplar von meiner Abhandlung von den Albinos zu übersenden, 1 ) besonders weil die von Goethe'sche Farbentheorie darin berücksichtigt ist. 2 ) | Ich hoffte zwar den wirklichen Empfang ged. [achten] Schriftchens zu erfahren, aber vergeblich. Es würde mir außerordentlich angenehm sein, wenn es Ihrem hochverehrten Herrn Vater gefallen wollte, mich in Bezug auf jenes Schriftchen, wenn auch nur mit einigen Zeilen zu beehren. 3 ) 17. [Weimar] F. v. Müller Tagebuch (GG 3.2, 38f.): Mittwoch, 17. Mai traf ich Boisseree bei Goethe, dessen Besuch ihn sehr erfreute. Ottilie konnte sich [nach einem Sturz vom Pferd] noch nicht sehen lassen, Goethe hatte sich bis jetzt selbst noch immer gescheut, ihr entstelltes Antlitz zu sehen. „Denn", sagte er, „ich werde solche häßliche Eindrücke nicht wieder los, sie verderben mir für immer die Erinnerung. Ich bin hinsichtlich meines sinnlichen Auffassungsvermögens so seltsam geartet, daß ich alle Um-
) Darstellung der bei vier Albinos aufgefundenen Eigenthümlichkeiten. In: Materialien für die Staatsarzneiwissenschaft und praktische Heilkunde. Hsg. von J. H. G. Schlegel. N. F. 3 = 11 (1824) 1 - 1 4 8 . Sonderdruck für G betitelt: Ein Beitrag zur nähern Kenntnis der Albinos. Aus dessen neuen Materialien für die Staatsarzneiwissenschaft. Meiningen 1824 (Ruppert Nr. 5068). 2) In Darstellung ... bzw. Ein Beitrag ..., S. 55f. u. 102 Verweise auf FL. 3 ) Vgl. unten 17. Juni 1826: an Schlegel. 1
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risse und Formen aufs schärfste und bestimmteste in der Erinnerung behalte, dabei aber durch Mißgestaltungen und Mängel mich aufs lebhafteste affiziert finde. Der schönste, kostbarste Kupferstich, wenn er einen Flecken oder Bruch bekommt, ist mir sofort unleidlich. Wie könnte ich mich über diese oft freilich peinliche Eigentümlichkeit ärgern, da sie mit andern erfreulichen Eigenschaften meiner Natur innigst zusammenhängt? Denn ohne jenes scharfe Auffassungs- und Eindrucksvermögen könnte ich ja auch nicht meine Gestalten so lebendig und scharf individualisiert hervorbringen! Diese unglaubliche Leichtigkeit und Präzision der Auffassung hat mich früher lange Jahre hindurch zu dem Wahne verführt, ich hätte Beruf und Talent zum Zeichnen und Malen. Erst spät gewahrte ich, daß es mir an dem Vermögen fehle, in gleichem Grade die empfangenen Eindrücke nach außen wiederzugeben." | Ich entgegnete, daß ihn wohl auch das Schwierige und Zeitraubende der mechanischen und technischen Erfordernisse abgeschreckt haben könne; allein dies leugnete er, behauptend: Wozu wahres Talent vorhanden, da bahne es sich auch zu entsprechender Darstellung seinen Weg und finde, trotz aller Hindernisse, die rechten Mittel dazu.
Mai 17. Sulpiz Boisserée meldete sich . . . Nach Tische Canzler von Müller. 29. (s. „Entoptische Farben": Tgb u. Boisserée gD, EGW 3, 496) 31. (s. „Entoptische Farben": Boisserée gD, EGW 3, 496)
31. [Abends] Herr Dr. Sulpiz [Boisserée]. Blieb bis spät. Juni
1. [Straßburg] G. M. Engelhardt an G (LA II 5 B / 2 , 1202): Den Herrn Kanzler von Müller, den namentlich mein älterer Bruder näher und persönlich zu kennen sich beehret, erlauben Sie hier dessen schönsten Empfehlungen an Denselben eine Stelle; so wie auch an Eure Exzellenz unter dessen lebhafteste Verehrer er sich von jeher gezählt, unter andern auch, als ein nicht ungeschickter, ausübender Liebhaber in Landschaftsmalerei, in Rücksicht Ihrer Farbentheorie.
5. Hofmechanicus Körner von Gotha kommend, die dortigen Experimente referirend 1 )... 17. An J. H. G. Schlegel (Br 41, 58f.): Ew. Wohlgeboren | angenehme Sendung [vom 9. Mai] ist mir zu rechter Zeit geworden. Zu meiner Entschuldigung, wenn ich darauf nicht erwidert, möge dienen, daß ich nicht einen gehaltlosen Dank überschreiben, sondern, da Sie sich, meiner Überzeugung gemäß und in Gefolg der Darstellung meiner Farbenlehre ausgedruckt, gern etwas Fruchtbares und weiter Führendes übersendet hätte. | Ein Schreiben an meinen Sohn bringt diese Angelegenheit wieder in Anregung, und doch sehe ich mich mit der Ausgabe meiner ästhetischen und literarischen Schriften jetzt dergestalt beschäftigt, daß ich meine Gedanken der Natur nicht zuwenden, noch, wie ich wohl wünschte, in jenes, mit so großem Antheil viele Jahre von mir bearbeitete Fach meine Betrachtungen neuerdings hinlenken darf. Nehmen Sie also die Versicherung meines Antheils an Ihren Fortschritten, die mir seit so vielen Jahren bekannt geworden, freundlich auf und erhalten mir ein wohlwollendes Andenken.
Womöglich Experimente zum Fraunhoferschen Absorptionsspektrum; s. 17. Aug 1826.
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[Brief an] Herrn Hofrath Schlegel nach Meiningen. An S. Boisseree (Br 41, 72): Kennen Sie etwa in Frankfurt einen Doctor Clemens? er schrieb mir zu Anfang des Jahrs und gedachte mir die Übersetzung und Bearbeitung Darwinischer Productionen zu widmen. 1 ) Damals konnte ich weder rechts noch links sehen, jetzt bin ich, wie Sie selbst wissen, etwas freyer, und Sie können vielleicht an den guten Mann von mir ein freundliches entschuldigendes Wort sagen. 2 ) [Berlin] F. Wilhelmi an G (LA II 5 B / 2 , 1203): Schon Ihre Farbenlehre, welche ich jetzt studiere, sagt mir, daß Ihr großes Herz mir meinen harten Vortrag verzeihen wird, u m so mehr, da ich noch vor keinem großen Manne stand. | Bei dieser Gelegenheit wage ich, anzumerken: daß mein Lehrer, der Hofmaler Reuter, in Berlin, 3 ) endlich die Finsternis erhellt, und Naturgesetze über die ganze Technik der Malerei gefunden hat, namentlich: über Licht und Schatten, Farbengebung, Harmonie, Schönheit u. s. w. welche auf klaren einfachen Gründen ruhen, und deren Wirksamkeit sich hervorstechend in der Malerei zeigen, da Sachen, welche fast für unmöglich gehalten wurden, jetzt mit Leichtigkeit ausgeführt werden.
Juli
2. Geschichte der Metallkunde von Marx zur Hälfte durchgesehen. 4 ) 3. Marx Geschichte der Crystallkunde . . . [Nachmittags] Die Geschichte der Crystallographie weiter studirt. 8. [Heidelberg] J. W. G. Roux an G (LA II 5 B / 2 , 1203): Ew: Exzellenz mir früher bezeugtes Wohlwollen gibt mir den Mut, Hochdieselben von meinen s p ä t e m Bemühungen u m vollkommenere Maler-Technik durch Übersendung einer zweiten kleinen Schrift in Kenntnis zu setzen. 5 ) | Sollten Ew: Exzellenz auch diese Schrift mit Stillschweigen Übergehn, 6 ) so bleibt mir doch dabei die Beruhigung, durch Übersenden derselben einem Manne, der so große Verdienste um die Kunst sich erworben hat, und von dem ich beim Gespräch so viel Nützliches lernte, meine Verehrung und Dankbarkeit bezeugt zu haben. | Unvergeßlich bleiben mir die Jahre 1817 und 18, 7 ) in welcher Zeit Ew: Exzellenz mir erlaubten, mich Ihnen in Jena öfter persönlich nähern zu dürfen
Am 20. Okt 1 8 2 5 (LA II 10 B / 1 , 219); s. oben das nicht abgesandte Konzept v o m 15. Jan 1826: an Clemens. 2) Antwort Boisserees am 11. Juli 1826: Dr. Clemens ... kenne ich nicht, indessen werde ich Ihren Auftrag auszuführen versuchen (LA II 10 B / 1 , 261). 3) Vermutlich der Maler u. Lithograph G. W. Reuter, ab 1796 Hofmaler der Königin Luise von Preußen, Lehrer an der Akademie der Künste. 4) K. M. Marx: Geschichte der Kristallkunde. Karlsruhe u. Baden 1825. Vgl. in „Doppelbilder des rhombischen K a l k s p a t s " 1825: Marx, E G W 3, 108. G erhielt das Werk v o m Bruder des Autors, K. F. H. Marx (24. Juni 1826; L A II 8 B, 504); nicht in G's Bibliothek (Ruppert). G gab es am 3. Dez 1828 an Färber weiter, wohl für die Bibliothek der Mineralogischen Gesellschaft in Jena. 5) P. L. Geiger: Chemische Untersuchungen alt-ägyptischer und alt-römischer Farben, deren Unterlagen und Bindungs-Mittel. Mit Zusätzen und Bemerkungen über die MalerTechnik der Alten von Roux. Karlsruhe 1826 (Ruppert Nr. 4 5 8 7 ) . 6) Die erste Sendung am 12. Okt 1824: Roux an G. 7 ) Vgl. in „Elemente der entoptischen F a r b e n " 1817: TuJ, E G W 3, 3 7 7 , 1817 Juni 25. u. 27., Juli 5 . / 7 . , E G W 3, 397f.; in „Entoptische F a r b e n " 1 8 1 7 Juli 20. u. 27., Aug 6. u. 15.: Färber an G, E G W 3, 450ff.
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Juli
9. (s. „Entoptische Farben" gD, EGW 3, 496)
Aug
3. Dem Maler gesessen. 1 ) Eingebrannte Farbenmuster besprochen. Über wiederholtes Brennen und Retouchiren. 4. Sodann Mechanicus [J. G. H.] Bohne, den ich wegen Polarisation der Nadeln durch gefärbtes Licht besprach. 2 ) 5. Mechanicus Bohne die bunten Gläser übergeben. 12. [Jena] J. F. Fries an G (Döbling 126): 3 ) Der Großherzog selbst hatte ihm [Fries] . . . befohlen, dafür zu sorgen, daß die Beobachtungen mit den Fraunhoferschen Vorrichtungen, welche D r . K ö r n e r zu verfertigen angewiesen sei, auf dem hiesigen Schloß angestellt würden.
13. Bohne kam die chromatischen magnetischen Versuche mit gefärbten Gläsern anzustellen. 17. Dr. Körner den Apparat zu den Frauenhoferschen Experimenten bringend 4 ) und dieselbigen vortragend. Sie geriethen gut, obgleich bey abwechselnd bedeckter Sonne 5 ) . . . [Abends] Dr. Eckermann . . . Er hatte die Geschichte der Farbenlehre [den Historischen Teil zu lesen] angefangen. Verschiedenes darüber gesprochen. Schwierigkeit einer reinen Lehre, was für einen Gegenstand sie auch betreffe. 18. [Jena] J. G. F. Körner an G (LA II 5 B / 2 , 1206): Um den Befehl Ew. Exzellenz sogleich zu vollstrecken, melde ich untertänigst: daß die Fraunhofersche Abhandlung „über Bestimmung des Brechungs und Zerstreuungsvermögens verschiedner Glasarten etc." im 5ten Bande; 6 ) diejenige aber über die Beugung des Lichts im 8ten Bande der Münchner Denkschriften enthalten ist. 7 ) 19. (Aus der Weimarer Bibliothek - bis 25. Aug 1826 - : Denkschriften der Königl. Akademie der Wissenschaften zu München für d. J. 1814 u. 1815. Bd. 5. München 1817.)
19. Die Münchner Denkschriften Band 5, wegen der Frauenhoferischen Abhandlung über die Streifen im Spectrum.
) Der Braunschweiger Porzellanmaler Ludwig Sebbers fertigte ein G-Porträt auf einer Tasse an. 2) Experimente zur Magnetisierung von Eisen durch Bestrahlung mit farbigem Licht, wie sie von D. P. Morichini überliefert wurden; vgl. oben 1812 Dez 11.: Seebeck an G, Dez 26.: an Döbereiner, Dez 31., 1813 Jan 5., Jan 15.: Knebel an G u. 1826 Apr 26.: Zschokke an G. - G's erneute Beschäftigung event. angeregt durch Morichini: Zweite Abhandlung über die magnetische Kraft des äussern Randes des violetten Strals. In: Archiv für die gesammte Naturlehre, hsg. von K. W. G. Kastner, 8 (1826) 105-40. 3) Referierende Wiedergabe eines seit 1945 verschollenen Briefes nach einer Vorlage im Staatsarchiv Weimar (Sign. A 6777®, Bl. 95). 4) Anfertigung veranlaßt durch Carl August; s. oben 24. Juli 1825: Carl August an G. 5) Zu früheren Versuchen vgl. oben S. 732, 1817 Juni 29.: an Körner, Juli 21. u. 30. 6) Den genauen Titel s. oben S. 732, 1817 Juni 29.: an Körner. 7 ) J. v. Fraunhofer: Neue Modifikation des Lichtes durch gegenseitige Einwirkung und Beugung der Strahlen, und Gesetze derselben. In: Denkschriften der Königlichen Akademie der Wissenschaften zu München für die Jahre 1821 und 1822, 8 (1824) 1 - 7 6 . 1
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Sept
Okt
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22.
[Weimar] Lieferung Buchbinder Bauer (LA II 5 B / 2 , 2 Bde . . .
1206): Goethes
Farbenlehre
24. Früh zu Serenissimo in's römische Haus. Zufällig die Geschichte der Farbenlehre aufgeschlagen. 27. Mechanicus Bohne.1) 5. Abends theoretisch-praktische Recapitulation der Achromasie. Überdachte Ausführung. 8. Bohne den bestellten einfachen Apparat bringend. Einiges Weitere mit ihm verabredet. 11. Prismatisches mit den Prismen von Bohne geschliffen. 30.
[Jena] F. S. Voigt an G (LA II 5 B / 2 , 1210): Herr Geheimerat von Sömmerring in Frankfurt, welcher mir auch, ihn Ihro Exzellenz zu gewogentlichstem Andenken zu empfehlen aufgetragen, äußerte, als ich kürzlich bei ihm war, den Wunsch, das Amicische Mikroskop, 2 ) welches mir Serenissimus zum Gebrauch gnädigst anvertraut haben, auf kurze Zeit zu sehen. Da ich nun nicht wage, Sr. königliche Hoheit Höchstselbst mit einer schriftlichen Anfrage um Erlaubnis hierzu zu behelligen, so glaube nicht zweckmäßiger handeln zu können, als wenn ich Ew. Exzellenz die Bitte des Herrn Geheimerat v. S. vortrage. Letzterer lebt und webt jetzt ganz in optischen Beschäftigungen, und hat mir mit großer Güte viele seiner neuen Apparate und Versuche gezeigt. 3 )
Nov 22. An F. S. Voigt (Br 41, 236): Wollten Sie mir das Mikroskop von Amici herüberschicken, so würde ich bey allenfalsiger Absendung [an Soemmerring] und Rückkehr durch einen Kunstverständigen dessen Zustand verificiren lassen, damit wir uns aller Verantwortlichkeit entziehen. 22. [Brief an] Herrn Hofrath Voigt . . . Anfrage, Jena. 24.
(s. „Physische Farben": an Marx gD)
28.
(Aus der Weimarer Bibliothek - bis 1 8 2 9 ? - : Jakob Friedrich Fries: Lehrbuch der Naturlehre. Zum Gebrauch bey akademischen Vorlesungen. Theil 1: Experimentalphysik. Jena 1826.) 4 )
Dez 20. Mittag Dr. Eckermann. 20.
[Weimar] Eckermann Gespräche (FA II 12, 1 8 5 - 8 8 . ) : Ich erzählte Goethen nach Tisch, daß ich eine Entdeckung gemacht, die mir viele Freude gewähre. Ich hätte nämlich an einer brennenden Wachskerze bemerkt, daß der durchsichtige untere Teil der Flamme dasselbe Phänomen zeige, als wodurch der blaue Himmel entstehe, indem nämlich die
) Näheres über das bei Bohne bestellte Instrument für Versuche zur Achromasie ist nicht bekannt Vgl. unten 5., 8. u. 11. Sept 1 8 2 6 . 2) Zur Erfindung vgl. oben S. 7 6 4 , 23. März 1 8 1 9 : Schreibers an G. 3) Zur Entleihung an Soemmerring vgl. unten 1 8 2 6 Nov 22.: an F. S. Voigt, 1 8 2 7 Jan 25.: an Carl August, Jan 26: Carl August an G, Jan 29.: F. S. Voigt an G, Febr 6., März vor 16.: Soemmerring an G, März 21.: F. S. Voigt an Carl August, März 23.: an Carl August, Juli 7.: an Soemmerring u. Juli 8.: an Carl August. Am 1. Mai 1 8 2 8 berichtet Soemmerring, daß er zum 50jährigen Doktorjubiläum u. a. ein Amicisches Mikroskop erhalten habe. Abbildungen in LA II 5 B / 2 , 1210f. 1
4
)
Zu G's Urteil vgl. unten nach 21. Juni 1 8 2 7 : an Zelter.
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Finsternis durch ein erleuchtetes Trübe gesehen werde. | Ich fragte Goethe, ob er dieses Phänomen der Kerze kenne und in seiner Farbenlehre aufgenommen habe. „Ohne Zweifel", sagte er. Er nahm einen Band der Farbenlehre herunter und las mir die Paragraphen, wo ich denn alles beschrieben fand, wie ich es gesehen. 1 ) „Es ist mir sehr lieb, sagte er, daß Ihnen dieses Phänomen aufgegangen ist, ohne es aus meiner Farbenlehre zu kennen; denn nun haben Sie es begriffen und können sagen, daß Sie es besitzen. Auch haben Sie dadurch einen Standpunkt gefaßt, von welchem aus Sie zu den übrigen Phänomenen weiter gehen werden. Ich will Ihnen jetzt sogleich ein neues zeigen." | Es mochte etwa vier Uhr sein; es war ein bedeckter Himmel und im ersten Anfangen der Dämmerung. Goethe zündete ein Licht an und ging damit in die Nähe des Fensters zu einem Tische. Er setzte das Licht auf einen weißen Bogen Papier und stellte ein Stäbchen darauf, so daß der Schein des Kerzenlichtes vom Stäbchen aus einen Schatten warf nach dem Lichte des Tages zu. „Nun, sagte Goethe, was sagen Sie zu diesem Schatten?" Der Schatten ist blau, antwortete ich. „Da hätten Sie also das Blaue wieder, sagte Goethe, aber auf dieser andern Seite des Stäbchens nach der Kerze zu, was sehen Sie d a ? " Auch einen Schatten. „Aber von welcher Farbe?" Der Schatten ist ein rötliches Gelb, antwortete ich; doch wie entsteht dieses doppelte Phänomen? „Das ist nun Ihre Sache; sagte Goethe; sehen Sie zu, daß Sie es herausbringen. Zu finden ist es, aber es ist schwer. Sehen Sie nicht früher in meiner Farbenlehre nach, 2 ) als bis Sie die Hoffnung aufgegeben haben, es selber herauszubringen." Ich versprach dieses mit vieler Freude. | „Das Phänomen am untern Teile der Kerze, fuhr Goethe fort, wo ein durchsichtiges Helle vor die Finsternis tritt und die blaue Farbe hervorbringt, will ich Ihnen jetzt in vergrößertem Maße zeigen." Er nahm einen Löffel, goß Spiritus hinein und zündete ihn an. 3 ) Da entstand denn wieder ein durchsichtiges Helle, wodurch die Finsternis blau erschien. Wendete ich den brennenden Spiritus vor die Dunkelheit der Nacht, so nahm die Bläue an Kräftigkeit zu; hielt ich ihn gegen das Helle, so schwächte sie sich, oder verschwand gänzlich. | Ich hatte meine Freude an dem Phänomen. „Ja, sagte Goethe, das ist eben das Große bei der Natur, daß sie so einfach ist, und daß sie ihre größten Erscheinungen immer im Kleinen wiederholt. Dasselbe Gesetz, wodurch der Himmel blau ist, sieht man ebenfalls an dem untern Teil einer brennenden Kerze, am brennenden Spiritus, so wie an dem erleuchteten Rauch, der von einem Dorfe aufsteigt, hinter welchem ein dunkles Gebirge liegt." | Aber wie erklären die Schüler von Newton dieses höchst einfache Phänomen? fragte ich. | „Das müssen Sie gar nicht wissen, antwortete Goethe. Es ist gar zu dumm, und man glaubt nicht, welchen Schaden es einem guten Kopfe tut, wenn er sich mit etwas Dummen befaßt. Bekümmern Sie sich gar nicht um die Newtonianer, lassen Sie sich die reine Lehre genügen, und Sie werden sich gut dabei stehen." | Die Beschäftigung mit dem Verkehrten, sagte ich, ist vielleicht in diesem Fall eben so unangenehm und schädlich, als wenn man ein schlechtes Trauerspiel in sich aufnehmen sollte, um es nach allen seinen Teilen zu beleuchten und in seiner Blöße darzustellen. | „Es ist ganz dasselbe, sagte Goethe, und man soll sich ohne Not nicht damit befassen. Ich ehre die Mathematik als die erhabenste und nützlichste Wissenschaft, so lange man sie da anwendet, wo sie am Platze ist; allein ich kann nicht loben, daß man sie bei Dingen mißbrauchen will, die gar nicht in ihrem Bereich liegen, und wo die edle Wissenschaft sogleich als Unsinn erscheint. Und als ob alles nur dann existierte, wenn es sich mathematisch beweisen läßt . . . Um die Phänomene der Farbenlehre zu begreifen gehört weiter nichts als ein reines Anschauen und ein gesunder Kopf; allein beides ist freilich seltener als
) F L Didaktischer Teil § 159: Die blaue Erscheinung an dem untern Teil des Kerzenlichtes gehört auch hieher ... (FA I 23.1, 76). 2) Zu den farbigen Schatten FL Didaktischer Teil §§ 6 2 - 8 0 (FA I 23.1, 51-57). 3) Vgl. FL Didaktischer Teil § 159: Dieses Phänomen erscheint am lebhaftesten bei einem angezündeten Löffel Weingeist (FA I 23.1, 76). 1
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man glauben sollte." | Wie stehen denn die jetzigen Franzosen und Engländer zur Farbenlehre? fragte ich. 1 ) | „Beide Nationen, antwortete Goethe, haben ihre Avantagen und ihre Nachteile. Bei den Engländern ist es gut, daß sie alles praktisch machen; aber sie sind Pedanten. Die Franzosen sind gute Köpfe, aber es soll bei ihnen alles positiv sein, und wenn es nicht so ist, so machen sie es so. Doch sie sind in der Farbenlehre auf gutem Wege und Einer ihrer Besten kommt nahe heran. Er sagt: die Farbe sei den Dingen angeschaffen. Denn wie es in der Natur ein Säurendes gebe, so gebe es auch ein Färbendes. Damit sind nun freilich die Phänomene nicht erklärt; allein er spielt doch den Gegenstand in die Natur hinein, und befreit ihn von der Einschränkung der Mathematik."
Dez 27. Mittag Dr. Eckermann. Blieb derselbige. Versuch der blauen Schatten. 27. [Weimar] Eckermann Gespräche (FA II 12, 189ff.): Dem Phänomen des blauen und gelben Schattens hatte ich nun zu Hause fleißig nachgedacht, und wiewohl es mir lange ein Rätsel blieb, so ging mir doch bei fortgesetztem Beobachten ein Licht auf und ich ward nach und nach überzeugt, das Phänomen begriffen zu haben. | Heute bei Tisch sagte ich Goethen, daß ich das Rätsel gelöst. „Es wäre viel, sagte Goethe; nach Tisch sollen Sie es mir machen." Ich will es lieber schreiben, sagte ich, denn zu einer mündlichen Auseinandersetzung fehlen mir leicht die richtigen Worte. „Sie mögen es später schreiben, sagte Goethe, aber heute sollen Sie es mir erst vor meinen Augen machen und mir mündlich demonstrieren, damit ich sehe, ob Sie im Rechten sind." | Nach Tisch, wo es völlig helle war, fragte Goethe: „Können Sie jetzt das Experiment machen?" Nein, sagte ich. „Warum nicht?" fragte Goethe. Es ist noch zu helle, antwortete ich; es muß erst ein wenig Dämmerung eintreten, damit das Kerzenlicht einen entschiedenen Schatten werfe; doch muß es noch helle genug sein, damit das Tageslicht diesen erleuchten könne. „Hm! sagte Goethe, das ist nicht unrecht." | Der Anfang der Abenddämmerung trat endlich ein und ich sagte Goethen, daß es jetzt Zeit sei. Er zündete die Wachskerze an und gab mir ein Blatt weißes Papier und ein Stäbchen. „Nun experimentieren und dozieren Sie," sagte er. | Ich stellte das Licht auf den Tisch in die Nähe des Fensters, legte das Blatt Papier in die Nähe des Lichtes, und als ich das Stäbchen auf die Mitte des Papiers zwischen Tages- und Kerzen-Licht setzte, war das Phänomen in vollkommener Schönheit da. Der Schatten nach dem Lichte zu zeigte sich entschieden gelb, der andere, nach dem Fenster zu, vollkommen blau. | „Nun, sagte Goethe, wie entsteht zunächst der blaue Schatten?" Ehe ich dieses erkläre, sagte ich, will ich das Grundgesetz aussprechen, aus dem ich beide Erscheinungen ableite. | Licht und Finsternis, sagte ich, sind keine Farben, sondern sie sind zwei Extreme, in deren Mitte die Farben liegen und entstehen, und zwar durch eine Modifikation von beiden. | Den Extremen Licht und Finsternis zunächst entstehen die beiden Farben gelb und blau. Die gelbe an der Grenze des Lichtes, indem ich dieses durch ein Getrübtes, die blaue an der Grenze der Finsternis, indem ich diese durch ein erleuchtetes Durchsichtige betrachte. | Kommen wir nun, fuhr ich fort, zu unserm Phänomen, so sehen wir, daß das Stäbchen vermöge der Gewalt des Kerzenlichtes einen entschiedenen Schatten wirft. Dieser Schatten würde als schwarze Finsternis erscheinen, wenn ich die Läden schlösse und das Tageslicht absperrte. Nun aber dringt durch die offenen Fenster das Tageslicht frei herein und bildet ein erhelltes Medium, durch welches ich die Finsternis des Schattens sehe, und so entsteht denn, dem Gesetze gemäß, die blaue Farbe. Goethe lachte. „Das wäre der blaue, sagte er; wie aber erklären Sie den gelben Schatten?" | Aus dem Gesetz des getrübten Lichtes, antwortete ich. Die brennende Kerze wirft auf das weiße Papier ein Licht, das schon einen leisen Hauch vom Gelblichen hat. Der einwir-
40.
Eine entsprechende Zusammenstellung von 1817 abgedruckt LA II 5 B / 1 , 147, M
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kende Tag aber hat so viele Gewalt, um vom Stäbchen aus nach dem Kerzenlichte zu einen schwachen Schatten zu werfen, der, so weit er reicht, das Licht trübt, und so entsteht, dem Gesetze gemäß, die gelbe Farbe. Schwäche ich die Trübe, indem ich den Schatten dem Lichte möglichst nahe bringe, so zeigt sich ein reines Hellgelb; verstärke ich aber die Trübe, indem ich den Schatten möglichst vom Licht entferne, so verdunkelt sich das Gelbe bis zum Rötlichen, ja Roten. 1 ) | Goethe lachte wieder, und zwar sehr geheimnisvoll. Nun? sagte ich, habe ich Recht? „Sie haben das Phänomen recht gut gesehen und recht hübsch ausgesprochen, antwortete Goethe, aber Sie haben es nicht erklärt. Ihre Erklärung ist gescheit, ja sogar geistreich, aber sie ist nicht die richtige." | Nun so helfen Sie mir, sagte ich, und lösen Sie mir das Rätsel, denn ich bin nun im höchsten Grade ungeduldig. „Sie sollen es erfahren, sagte Goethe, aber nicht heute, und nicht auf diesem Wege. Ich will Ihnen nächstens ein anderes Phänomen zeigen, durch welches Ihnen das Gesetz augenscheinlich werden soll. Sie sind nahe heran, und weiter ist in dieser Richtung nicht zu gelangen. Haben Sie aber das neue Gesetz begriffen, so sind Sie in eine ganz andere Region eingeführt und über sehr vieles hinaus. Kommen Sie einmal am Mittage bei heiterem Himmel ein Stündchen früher zu Tisch, so will ich Ihnen ein deutlicher Phänomen zeigen, durch welches Sie dasselbe Gesetz, welches diesem zum Grunde liegt, sogleich begreifen sollen." | „Es ist mir sehr lieb, fuhr er fort, daß Sie für die Farbe dieses Interesse haben; es wird Ihnen eine Quelle von unbeschreiblichen Freuden werden." | Nachdem ich Goethe am Abend verlassen, konnte ich den Gedanken an das Phänomen nicht aus dem Kopfe bringen, so daß ich sogar im Traume damit zu tun hatte. Aber auch in diesem Zustande sah ich nicht klarer und kam der Lösung des Rätsels um keinen Schritt näher. 2 )
1827 H. W. Brandes: Artikel Farbe. In: Johann Samuel Traugott Gehler's Physikalisches Wörterbuch neu bearbeitet . . . Bd 4, Abt. 1 F, Leipzig 1827, 3 9 - 1 3 6 (Auszüge in LA II 5 A, 136-46, hier 136ff.): Von Goethe hat ganz Recht, auf das Schattige (to CJKiepov) der Farbe aufmerksam zu machen . . . denn Körper, die farbig erscheinen, geben ein minder lebhaftes Licht, als weiße; aber gewiß liegt nicht das Wesen der Farbenverschiedenheit hierin. | Ver s c h i e d e n e M e i n u n g e n üb er d e n U r s p r u n g d e r F a r b e n . | 2. Fast alles, was über diesen Gegenstand gesagt ist, hat von Goethe gesammelt . . . 3. Deutlicher als alle früheren Physiker sprach Newton seine Meinung über die Farben aus . . . so haben seine Ansichten den größten Teil der Physiker für sich gewonnen. | 4. Newtons Gegner, unter denen die meisten kaum verdienen genannt zu werden, zählt v. Goethe auf. Man sieht deutlich, daß der geistreichere Teil der Physiker auf seine [Newtons] Seite trat . . . Die spätem Physiker erscheinen in v. Goethes Darstellung als gläubige Nachbeter dessen, was Newton gelehrt hatte; richtiger sagt man wohl, daß Newtons Ansicht sich bei wiederholter Betrachtung immer mehr bewährte . . . Der ganze Streit [über achromatische Fernrohre] zeigt, wie Unrecht v. Goethe hat, wenn er glaubt, Newtons große Autorität sei es, welche alle Physiker bewogen habe, seine Irrtümer für Wahrheit anzusehen. | Aber dieser Sieg der Newtonschen Farbenlehre ist dennoch aufs Neue zweifelhaft geworden durch den Beifall, welchen v. Goethes Farbenlehre und die . . . Einwürfe gegen Newton in Deutschland gefunden haben. Diese Farbenlehre geht zwar von Phänomenen aus, die jeder mathematische Physiker nach Newtons Ansichten vollkommen befriedigend meint erklären zu können; aber da v.
) Anders als G sah Eckermann die farbigen Schatten nicht als physiologische Farberscheinung an. 2) Erneut zu den farbigen Schatten s. unten 19. Febr 1829: Eckermann. 1
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Goethe diese Erklärung nicht mit seinen Vorstellungen vereinigen konnte, so übersieht man leicht, wie die Überzeugung in v. Goethe entstehen mochte, Newton sei nur durch Eigensinn und durch absichtliches Verhehlen dessen, was sich nicht mit seiner Theorie vertrug, dazu gelangt, seiner Meinung einen Schein von Wahrheit zu geben . . . 5. Von Goethe erzählt selbst seine ersten optischen Versuche. Er betrachtete durch das Prisma die Wand eines völlig geweißten Zimmers und erwartete die ganze weiße Wand nach verschiedenen Stufen gefärbt zu sehen . . . und so sprach er durch einen Instinkt sogleich aus, daß die Newtonsche Lehre falsch sei . . . v. Goethe zog einen Physiker zu Rate, der ihm sagte, alle diese Phänomene wären Newton und allen Physikern bekannt und längst erklärt; aber es gelang weder diesem, noch ist es später irgend jemand gelungen, dem berühmten Verf. der Farbenlehre klar zu machen, was man unter ungleicher Brechbarkeit verstehe . . . aber man hatte Unrecht, von einem großen Dichter, der die Farben mit dem Auge des Malers betrachtete, zu fordern, daß er mit mathematischer Schärfe den Weg des Lichtstrahls verfolgen sollte 1 )...
Jan
9. [Sendung an] Herrn Professor [K. M.] Marx nach Braunschweig Bücher. 2 ) 19. [München] J. v. Ranson an G (LA II 5 B / 2 , 1218): Die Gleichförmigkeit einiger Ideen über Newtons Naturphilosophie, welche ich zu meiner großen Genugtuung in Euer Exzellenz vortrefflichen Werken über Optik gefunden habe, gibt mir den Mut Hochselben die Beilage zu übermachen, in der Hoffnung, daß ihr Inhalt vielleicht einigermaßen Hoch Dero Aufmerksamkeit würdig sein könnte. | Der Höchste Lohn welchen ich zu erringen wünsche. | Die Pariser Akademie hat mir das mit abgedruckte Schreiben abgedrungen 3 ) und das beiliegende Zeugnis, eines, Euer Exzellenz wohlbekannten Gelehrten [K. D. M. Stahl] mag mich rechtfertigen.
23. Einiges . . . beantwortet. Ingleichen Göttlings Anfrage wegen des Sömmeringschen Werks über das Auge. 4 ) 24. Nebenstehendes: Herrn Professor Göttling, wegen des Sömmeringschen Werkes über das Auge. 25. An Carl August (Br 42, 24): Sodann werde zu folgender Frage veranlaßt: Erlauben Höchst Dieselben, daß das gegenwärtig in meinen Händen befindliche und vom Mechanicus Bohne revidirte Amicische Mikroskop dem geheimen Rath Sömmerring in Frankfurt zugesendet werde? Derselbe hat solches schon längst gewünscht und Hofrath Voigt, der gegenwärtig, wie er mir meldet, ein neues aus London empfange) Folgt Brandes' Darstellung der FL, bes. zur Abt. Physische Farben zahlreiche ausführliche Gegenbemerkungen aus der Sicht der Newtonianer. 2 ) Vgl. unten 13. Febr 1827: Marx an G. 3 ) J. v. Ranson: Hat Newton eine Naturphilosophie begründet? Drei Vorlesungen. München 1826 (Ruppert Nr. 4989). Ebd. 2 8 - 3 2 : Schreiben an die königl. franz. Akademie der Wissenschaften. 4) S. T. Soemmerring: Abbildungen des menschlichen Auges. Frankfurt a. M. 1801, G seit 1797 bekannt. Vgl. oben 1797 Aug 3. u. 4.: an Soemmerring u. 1804 Apr 27: Soemmerring an G (Wenzel 1988, 123). G schenkte den Tafelband der Jenaer Universitätsbibliothek mit Schreiben der Oberaufsicht vom 24. Januar 1827 an den Professor Göttling in Jena, die Überweisung eines Goethe gehörigen, an Professor [J. F.] Fuchs übergebenen Exemplars von Sömmerrings Werk ,Abbildung des Auges' an die Universitäts-Bibliothek als Geschenk ... (Br 42, 296f.). 1
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nes Instrument, pancratic Eye-tube genannt, 1 ) von dorther für Höchst Dieselben verlangen soll, wünscht gedachtes Amicisches Mikroskop dahin zu senden. 2 ) Genehmigen es Höchst Dieselben, so werde ich solches vom Mechanicus Bohne einpacken und bei der Rückkunft wieder auspacken lassen, wodurch man wegen der Erhaltung einigermaßen vergewissert wird. Jan [Jena] J. G. F. Körner an G (LA II 5 B / 2 , 1219): Notizen | aus meinem Erinnerungsvor 26. buche: | Der Brechungsexponent des grünen Lichts, soll nach Gilberts Annalen B[d] 37. p 390 3 ) derjenige sein, den man bei den dioptrischen Schriftstellern unter dem Ausdruck des mittlem findet. | Herschel will durch aus Polarisationsversuchen gefundenen Schlüssen dartun, daß jener mittlere Brechungsexponent zwischen dem glänzendsten Rot, dicht an Orange und dem lebhaftesten Blau, wo es ins Grüne überzugehen anfängt liege. 26. [Jena] J. G. F. Körner an G (LA II 5 B / 2 , 1220f.): Wegen Zurücklassung der, wie ich sehe, sehr kauderwelschen Note, die ich in großer Zerstreuung geschrieben habe, 4 ) muß ich Ew. Exzellenz untertänigst um Verzeihung bitten. Meine Zerstreuung hatte ihren Grund in Ew. Exzellenz Auftrag, 5 ) wegen Anstellung des Fraunhoferschen Versuchs auf große Entfernung 6 ) und die Anhängsel meiner Phantasie an denselben. Um diesen Versuch mit geringen Kosten anstellen zu können ging ich, um ein zweckmäßiges Lokal aufzufinden, durch die Stadt; und ich glaube daß meine Bemühung nicht unnütz gewesen ist. | Wenn Ew Exzellenz den Versuch mit Sonnenlicht auf große Entfernung anzustellen willens sind, so bietet das Parterre des Fürstenhauses ein herrliches Lokal dar; und wenn wir gleich keine Distanz von 600 Fuß bekommen, so erhalten wir doch eine von einigen 100 Fuß. Wenn nun Ew. Exzellenz den Erfolg des Versuchs von der Entfernung abhängig zu sein glauben, so müßte sich bei der Anstellung im Fürstenhause schon eine Andeutung davon finden. Die Kosten belaufen sich bloß auf den Betrag eines oder zweier hölzerner Vorsatzladen, und jeder sonnige Tag eignet sich zur Anstellung des Versuchs, welcher ohnedies Se Königl Hoheit interessiert. | Befehlen aber Ew Exzellenz den Versuch mit künstlichen Licht anzustellen, 7 ) so würde die Entfernung von Ew Exzellenz Wohnung bis zu dem Hause neben dem Rathaus hinreichend
) Ein vom engl. Optiker u. Erfinder William Kitchiner gebautes Instrument. Vgl. W. Kitchiner: Ein stärker vergrössernder Ocular-Ansatz (Pancratic Eye-Tube) für achromatische Fernröhre, erfunden von Hrn. W. Kitchiner, M. D. zu London. (Übers, u. bearb. von J. E. Bode.) In: Astronomisches Jahrbuch 51, für das Jahr 1826 (1823) 1 7 7 - 8 0 sowie Ders.: The Economy of the Eyes. Part II. Of Telescopes; being the Result of Thirty Years' Experiments . . . London 1825, 2 0 0 - 0 9 (Dt. Ausg.: Die Oeconomie der Augen . . . Weimar 1826, 123-33). Darüber weiterhin unten 1827 März 21.: F. S. Voigt an Garl August, März 22.: Garl August an G, Apr 15.: an Soemmerring, Mai 7.: Soemmerring an G, Juni 26.: Soemmerring an G, Juli 7.: an Soemmerring, Juli 8.: an Garl August.
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) Vgl. oben Voigts Anfrage bei G vom 30. Okt 1826. ) J.-B. Biot: Bericht über das Flintglas des Hrn. d'Artigues und die achromatischen Fernröhre des Hrn Cauchoix in Paris . . . bearbeitet von Gilbert. In: Annalen der Physik N. F. 7 (= 37 der Gesamtzählung, 1811) 3 6 5 - 4 0 0 , bes. 389ff. 4) Gemeint ist das vorige Z. 5) Evtl. mündlich; ein entsprechender Brief wurde nicht ermittelt. 6) In Fraunhofers Abhandlung von 1817 nicht beschrieben (vgl. oben 1817 Juni 29.: an Körner, dort Titelangabe). 7) In Fraunhofers Abhandlung von 1817 auf S. 197 beschrieben. Dieser Versuch zeigt jedoch nicht die dunklen Linien des Absorptionsspektrums des Sonnenlichts (die sog. 2
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sein, und ich zweifle nicht, daß die Bewohner desselben uns für einen Abend eine Stube oder Kammer einräumen werden. Auch würde die Entfernung v o m Schlosse bis zum Fürstenhause anwendbar sein, und Se Königl Hoheit werden uns ohne Bedenken das nötige Lokal einräumen lassen. Zu diesem Versuch muß ich aber noch die Lichtvorrichtung und ein Prisma machen, welches ich nicht eher schmelzen kann, bis sich die Temperatur soweit ändert, daß der Frost aus dem Ofen ist und der Verstrich fest hält. | Nun wäre es noch der Mühe Wert ein hohles Prisma zu machen um die Streifen in den Blairschen Flüssigkeiten zu beobachten, die in andern Verhältnissen gruppiert sein müssen. 1 ) Dieses Prisma würde auch zur Prüfung der Robisonschen Behauptung die K r ü m m u n g der Spektren betreffend dienen können. 2 ) | Diese Ideen lege ich Ew Exzellenz zum weitern Beraten untertänigst vor und da ich nächstens wieder nach Weimar zu kommen gedenke, so werde ich die Ehre haben bei Ew Exzellenz u m Höchstdero Entschluß nachzufragen. [Jan] 26.
Jan
[Weimar] Carl August an G (Wahl 3, 256): Auf das Eye-tubes bin ich sehr neugierig; [F. S.] Voigt hat mir davon gesagt; Körner konnte es nicht recht begreifen; sein Sonnen Sector, oder wie das Ding heißt, ist ein artiges Instrument. 3 ) Schicke an Sömmering nebst meinen schönsten Grus das Amicische Microscop. Er m ö g e dafür aber sein Eyetubes uns anvertraun.
27. [Sendung an] Herrn Hofrath Voigt, wegen des Amicischen Mikroskops, Jena 4 ) . . . Mechanikus Bohne, wegen Einpacken des Amicischen Mikroskops. 5 ) 27. An F. S. Voigt (Br 42, 33): . . . versäume nicht zu vermelden, daß Serenissimus die Absendung des Amicischen Mikroskops an Herrn Geh. Rath v. Sömmerring gnädigst erlaubt haben; ich lasse es daher durch Mechanicus Bohne inwendig und auswendig sorgfältig packen, und wenn Ew. Wohlgeboren Ihr Schreiben an mich senden wollen, so kann das Kästchen portofrey nach Frankfurt gelangen . . . Das Mikroskop wünschte wieder an mich zurückgesendet, da es denn der Mechanicus Bohne auspacken, revidiren und uns aller weitern Verantwortlichkeit entheben könnte.
28.u.29. 29.
(s. „Physikalische Preis-Aufgabe . . . 1 8 2 7 " gD) [Jena] F. S. Voigt an G (LA II 5 B / 2 , 1224): Dero angenehme Nachricht, das Amicische Mikroskop an Herrn Geheimerat von Sömmerring senden zu dürfen, hat mich gar sehr erfreut, ich eile daher das Schreiben hier beizulegen, worin ich Alles, wie Ew. Exzellenz befohlen haben, ausgerichtet. 6 )
Fraunhoferschen Linien), sondern die hellen Linien des Emissionsspektrums der verwendeten Lichtquelle. ! ) Vgl. oben S. 289f., 1794 Dez 29.: Prinz August von Gotha an G u. 1810 März 27. 2) Dazu F. Körner (Hsg.): Anleitung zur Verfertigung achromatischer Fernröhre, aus dem Englischen der mechanical Philosophy, by Robison, übersetzt und mit Noten und einem Anhange begleitet. Jena 1828, 96f. 3) Wohl das Spektrometer für die Fraunhoferschen Versuche; vgl. oben 1826 Juni 5., A u g 17. u. 19., unten 1827 März vor 16.: Soemmerring an G, März 23.: an Carl August u. Carl August an G. 4) Vgl. oben 1826 Okt 30.: F. S. Voigt an G u. 1827 J a n 25.: an Carl August. 5) Weitere Tgb-Notizen s. in „Physikalische Preis-Aufgabe . . . 1 8 2 7 " gD. 6) Begleitbrief nicht ermittelt.
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Febr
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[Weimar] Lieferung des Mechanikus Bohne (LA II 5 B / 2 , 1224): . . . Brille mit grünen Gläsern 1 )...
1. Sodann über Farbenlehre 2 ) . . . auch Friesens Absurditäten näher betrachtet 3 ) . . . [Abends] Dr. Eckermann. Mit demselben die erste Abtheilung der Farbenlehre durchgelesen. 4 ) Das angenehme Spielzeug der Kinder, die Dauer des Erblickten im Auge scherzhaft darstellend. 5 ) 1. Zahme Xenien VI (W 3, 356): 6 ) Freunde, flieht die dunkle Kammer Wo man euch das Licht verzwickt,7) Und mit kümmerlichstem Jammer Sich verschrobnen Bilden bückt. Abergläubische Verehrer Gab's die Jahre her genug, In den Köpfen eurer Lehrer Laßt Gespenst und Wahn und Trug. Wenn der Blick an heitern Tagen Sich zur Himmelsbläue lenkt, Beim Siroc 8 ) der Sonnenwagen Purpurroth sich niedersenkt, Da gebt der Natur die Ehre, Froh, an Aug' und Herz gesund, Und erkennt der Farbenlehre Allgemeinen ewigen Grund. 9 ) ) Als Schutz vor zu hellem Licht verwendet, wie mit grünem Papier überzogene Fensterrahmen (vgl. unten 1828 Okt 21. u. 1829 Juni 12.). In FL Didaktischer Teil § 55 heißt es dagegen: Ich sollte daher glauben, daß es nicht wohlgetan sei, zu Schonung der Augen sich grüner Gläser, oder grünen Papiers zu bedienen . . . (FA I 23.1, 48). 2) Das Folgende s. in „Physikalische Preis-Aufgabe . . . 1 8 2 7 " gD. 3) J. F. Fries: Lehrbuch der Naturlehre. Th. 1: Experimentalphysik. Jena 1826. Vgl. oben 28. Nov 1826: Buchentleihung. Von dem Carl August gewidmeten Werk erschien kein weiterer Teil. Zu G's Urteil über Fries vgl. unten 1827 März 29. u. Juni nach 21.: jeweils an Zelter. G lieh 1828 Körners Ex. aus (vgl. in „Doppelbilder des rhombischen Kalkspats": 10. Aug 1828: Körner an G, EGW 3, 109f. u. unten 9. Sept 1828: Bescheinigung). 4) Physiologische Farben; zur Beendigung dieses Kap. vgl. unten 8. Febr 1827. 5 ) Vielleicht ein Dorl, ein Schwungrad zur Demonstration der Farbenmischung; in G's Sammlung zur Naturwissenschaft im GNM (GNF 0 3 6 1 - 0 3 7 5 ) . Vgl. an Ulrike v. Pogwisch, 27. Juli 1827 (Br 42, 280): Sogar weiß er [G's Enkel Wolfgang] . . . mich zu nöthigen, daß ich vor Schlafengehen ... Dorl mit ihm spielen muß. 6) In Hs. (W 3, 445) u. KA VI 1 (1827) 216 u. d. T. Warnung \ eigentlich und symbolisch zu nehmen (s. Abb. X). 7 ) Newtons Experimentierraum: dunkle Kammer mit Lichteinfall durch kleine Öffnung. 8) Scirocco, heißer Südostwind im Mittelmeerraum. Vgl. oben S. 271, 1787/88. 9) Die 2. Strophe auch im Dankbrief an Buttel (vgl. 3. Mai 1827). 1
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1.
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[Weimar] Eckermann Gespräche (FA II 12, 2 2 8 - 3 3 ) : Goethe hatte einen Band der Farbenlehre vor sich liegen. „Ich bin, sagte er, Ihnen noch immer eine Antwort wegen des Phänomens der farbigen Schatten schuldig. 1 ) Da dieses aber Vieles voraussetzt und mit vielem Andern zusammenhängt, so will ich Ihnen auch heute keine aus dem Ganzen herausgerissene Erklärung geben, vielmehr habe ich gedacht, daß es gut sein würde, wenn wir die Abende, die wir zusammenkommen, die ganze Farbenlehre mit einander durchlesen. Dadurch haben wir immer einen soliden Gegenstand der Unterhaltung, und Sie selbst werden sich die ganze Lehre zu eigen machen, so daß Sie kaum merken, wie Sie dazu kommen. Das Überlieferte fängt bei Ihnen an zu leben und wieder produktiv zu werden, wodurch ich denn voraussehe, daß diese Wissenschaft sehr bald Ihr Eigentum sein wird. Nun lesen Sie den ersten Abschnitt." | Mit diesen Worten legte Goethe mir das aufgeschlagene Buch vor. Ich fühlte mich sehr beglückt durch die gute Absicht, die er mit mir hatte. Ich las von den psychologischen [physiologischen] Farben die ersten Paragraphen. | „Sie sehen, sagte Goethe, es ist nichts außer uns, was nicht zugleich in uns wäre, und wie die äußere Welt ihre Farben hat, so hat sie auch das Auge. Da es nun bei dieser Wissenschaft ganz vorzüglich auf scharfe Sonderung des Objektiven vom Subjektiven ankommt, so habe ich billig mit den Farben, die dem Auge gehören, den Anfang gemacht, damit wir bei allen Wahrnehmungen immer wohl unterscheiden, ob die Farbe auch wirklich außer uns existiere, oder ob es eine bloße Scheinfarbe sei, die sich das Auge selbst erzeugt hat. Ich denke also, daß ich den Vortrag dieser Wissenschaft beim rechten Ende angefaßt habe, indem ich zunächst das Organ berichtige, durch welches alle Wahrnehmungen und Beobachtungen geschehen müssen." | Ich las weiter bis zu den interessanten Paragraphen von den geforderten Farben, wo gelehrt wird, daß das Auge das Bedürfnis des Wechsels habe, indem es nie gerne bei derselbigen Farbe verweile, sondern sogleich eine andere fordere und zwar so lebhaft, daß es sich solche selbst erzeuge, wenn es sie nicht wirklich vorfinde. 2 ) | Dieses brachte ein großes Gesetz zur Sprache, das durch die ganze Natur geht und worauf alles Leben und alle Freude des Lebens beruhet. „Es ist dieses, sagte Goethe, nicht allein mit allen anderen Sinnen so, sondern auch mit unserem höheren geistigen Wesen; aber weil das Auge ein so vorzüglicher Sinn ist, so tritt dieses Gesetz des geforderten Wechsels so auffallend bei den Farben hervor und wird uns bei ihnen so vor allen deutlich bewußt . . . " . . . Wir sprachen über die Art, wie Goethe seine Farbenlehre vorgetragen, daß er nämlich dabei alles aus großen Ur-Gesetzen abgeleitet und die einzelnen Erscheinungen immer darauf zurückgeführt habe, woraus denn das Faßliche und ein großer Gewinn für den Geist hervorgehe. | „Dieses mag sein, sagte Goethe, und Sie mögen mich deshalb loben, aber diese Methode erfordert denn auch Schüler, die nicht in der Zerstreuung leben und die fähig sind, die Sache wieder im Grunde aufzufassen. Es sind einige recht hübsche Leute in meiner Farbenlehre heraufgekommen, 3 ) allein das Unglück ist, sie bleiben nicht auf geradem Wege, sondern ehe ich es mir versehe, weichen sie ab und gehen einer Idee nach, statt das Objekt immer gehörig im Auge zu behalten. Aber ein guter Kopf, dem es zugleich um die Wahrheit zu tun wäre, könnte noch immer viel leisten." | Wir sprachen von Professoren, die, nachdem das Bessere gefunden, immer noch die Newtonische Lehre vortragen. 4 ) „Dies ist nicht zu verwundern, sagte Goethe; solche Leute gehen im Irrtum fort, weil sie ihm ihre Existenz verdanken. Sie müßten umlernen, und das wäre eine sehr unbequeme Sache." Aber, sagte ich, wie können ihre Experimente die Wahrheit beweisen, da der Grund
) Vgl. oben 1 8 2 6 Dez 20. u. 27., unten 1 8 2 9 Febr 19.: jeweils Eckermann. ) F L Didaktischer Teil §§ 4 7 - 6 1 (FA I 2 3 . 1 , 4 4 - 5 0 ) . 3) So Schopenhauer, dessen Korrespondenz mit G über die Farbenlehre hauptsächlich in die Jahre 1 8 1 5 / 1 6 fällt (vgl. die dortigen Z). 4) In zeitlicher Nähe hier bes. an J. F. Fries in Jena zu denken; vgl. 1 8 2 7 Febr 1. sowie März 29. u. Juni nach 21.: jeweils an Zelter. 1
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ihrer Lehre falsch ist? - „Sie beweisen auch die Wahrheit nicht, sagte Goethe, und das ist auch keineswegs ihre Absicht, sondern es liegt ihnen bloß daran, ihre Meinung zu beweisen. Deshalb verbergen sie auch alle solche Experimente, wodurch die Wahrheit an den Tag kommen und die Unhaltbarkeit ihrer Lehre sich darlegen könnte." | „Und dann, um von den Schülern zu reden, welchem von ihnen wäre es denn um die Wahrheit zu tun? Das sind auch Leute, wie andere und völlig zufrieden, wenn sie über die Sache empirisch mitschwatzen können. Das ist Alles . . . " | Aber doch, sagte ich, kann es Ihnen nicht gereuen, daß Sie die Farbenlehre geschrieben; denn nicht allein daß Sie dadurch ein festes Gebäude dieser trefflichen Wissenschaft gegründet, sondern Sie haben auch darin ein Muster wissenschaftlicher Behandlung aufgestellt, woran man sich bei Behandlung ähnlicher Gegenstände immer halten kann. | „Es gereut mich auch keineswegs, sagte Goethe, obgleich ich die Mühe eines halben Lebens hineingesteckt habe. Ich hätte vielleicht ein halb Dutzend Trauerspiele mehr geschrieben, das ist alles, und dazu werden sich noch Leute genug nach mir finden." | „Aber Sie haben Recht, ich denke auch die Behandlung wäre gut; es ist Methode darin . . . " . . . „In der Farbenlehre steht mir nun noch die Entwickelung des Regenbogens bevor, woran ich zunächst gehen werde. Es ist dieses eine äußerst schwierige Aufgabe, die ich jedoch zu lösen hoffe. 1 ) Es ist mir aus diesem Grunde lieb, jetzt mit Ihnen die Farbenlehre wieder durchzugehen, wodurch sich denn, zumal bei Ihrem Interesse für die Sache, Alles wieder anfrischest." | „Ich habe mich, fuhr Goethe fort, in den Naturwissenschaften ziemlich nach allen Seiten hin versucht; jedoch gingen meine Richtungen immer nur auf solche Gegenstände, die mich irdisch umgaben und die unmittelbar durch die Sinne wahrgenommen werden konnten . . . "
Febr 2. Abends Dr. Eckermann. Ein Kapitel Farbenlehre. 6. Nebenstehendes: . . . [Sendung an] Herrn Geheimen Rath Sömmering nach Frankfurt a. M., ein Mikroscop beygehend. 7.2) An J. M. Färber (Br 51, 534): Besorgen Sie, mein guter Färber, nach und nach folgendes: 3 ) | 1., Zuerst wünsche einen reinen neuen Glaskolben, wovon die Kugel etwa 4. bis 6. Zoll Diameter hat. 4 ) Sollten von dieser Größe keine vorräthig seyn, so hilft Herr Hofr. Döbereiner wohl aus; ebenfalls thät es auch ein größerer. | 2., Sodann die beyden Schirme mit schwarzen, weißen und farbigen Papieren herüber, 5 ) welche bey trockenem Wetter, einigermaßen in Papier eingepackt zu transportiren wäre[n], | 3., Die Pappetafeln, mit schwarzen, weißen und farbigen Papier beklebt. | 4., Ferner das übrige was von mir, bezüglich auf Farbenerscheinungen sich in Jena befindet; solches kann, wie gesagt, nach und nach durch die Boten herüber gebracht werden. | Wenn ich nicht Entsprechende Versuche mit Eckermann schon am 11. Febr 1827 (s. dort); noch kurz vor G's Tod die Verhandlungen mit Herrn Boisseree den Regenbogen betreffend. 1832 (FA I 25, 8 3 9 - 4 6 ; von Eckermann 1833 hsg. in C 1 55, 86-96). 2) Konzept datiert: Weimar den 5. Februar 1827 (Br 42, 42). 3) Um Eckermann durch Versuche mit F L vertraut zu machen; vgl. unten 1827 Febr 11., 15., 16., 18., 20., 22.-24., März 1. u. 3.: F. Müller an Reinhard. Zu Färbers Sendungen der Gerätschaften aus Jena vgl. unten 1827 Febr 16.: Färber an G, Febr 24.: an Färber, Febr 28., März 3.: an Färber, Mai 8.: Färber an G. 4) Die Glas- oder Schusterkugel galt als Modell für einen Regentropfen, an dem G eine Erklärung des Regenbogens finden wollte. Vgl. LA II 5 B / 1 , 3 2 - 3 7 , M 10. 5) In G's Sammlung zur Naturwissenschaft im GNM (GNF 0 1 2 7 - 0 1 2 9 ) .
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irre so ist ein Verzeichniß derjenigen Theile meines chromatischen Apparats, der sich in Ihrer Verwahrung befindet, vorhanden. 1 ) [Brief an] Färber . . . Aufträge. Abends Dr. Eckermann. Mit demselben die Farbenlehre den ersten Abschnitt geendigt.
8. [Weimar] Eckermann Tagebuch (GG 3.2, 100): Die Fortsetzung der Farbenlehre gab diesen Abend Veranlassung zu mancherlei Gesprächen. 9. [Jena] J. M. Färber an G (Bratranek 1, 12Of.): Zufolge des von Ew. Excellenz erhaltenen gnädigen Auftrags hinsichtlich eines Glaskolbens aus dem Vorrath beim physikalischen Gabinet, sende ich zwar einen dergleichen, welches noch der einzige von der Größe ist, welcher sich vorfand, 2 ) die mehrsten sind bedeutend kleiner und länglich gestaltet; ich habe deshalb auch bei dem Hrn. Hofr. Döbereiner angefragt; allein dieser hat von der Art, nämlich als Kugel gestaltet, gar keinen. Einige ganz große von grünem Glas, wo mehrere Maß Flüssigkeiten hineingehen, sind noch vorhanden. | Nächsten Botentag werde Ew. Excellenz ich unterthänig die Schirme mit den farbigen Papieren übersenden, und sodann die übrigen Gegenstände nach dem vorhandenen Verzeichniß nachfolgen lassen.
11. Die Versuche mit der Glaskugel [zum Regenbogen] fortgesetzt . . . Abends Dr. Eckermann. Capitel der physischen Farben durchgegangen. 13. [Braunschweig] K. M. Marx an G (Bratranek 1, 368f.): Lange konnte ich das Glück nicht fassen, so übermäßig beehrt zu sein von dem Manne, den ich v o m Frühesten an als Meister und Muster zu bewundern, den ich als Jüngling zu lieben, als Mann zu verehren gewohnt war; und nun erhielt ich freundliche Worte von seiner Hand, von seiner Hand das theuere Brustbild, von ihm seine unsterblichen Schriften, 3 ) von ihm jene wunderbaren Gläser, welche seinen großen und einfachen Gedanken der Farbenerzeugung so überzeugend vor die Augen bringen. 4 ) Indem ich Euerer Excellenz für solche Güte meinen tiefgefühltesten Dank darbringe, erlaube ich mir die Bemerkung beizufügen, daß ich Dero Farbenlehre seit einiger Zeit zum Gegenstande sehr ernsthafter Studien gemacht habe. Als Lehrer der Physik, als leidenschaftlicher Freund der Natur kann ich nicht gleichgültig oder neutral zwischen zwei entgegengesetzten Meinungen über eines der wichtigsten Kapitel der Wissenschaft verbleiben, und es ist beinahe zur Ruhe meines Gemüths nöthig, daß ich auf die eine oder die andere Weise zur Ueberzeugung gelange. Zu diesem Ende habe ich hier eine Reihe von Vorträgen über Farbenlehre für einen Kreis gebildeter und theilnehmender Zuhörer vorbereitet, 5 ) in deren Gefolge ich alle Hauptversuche in utramque partem 6 ) durcharbeiten und nach Kräften prüfen werde. Möchten Eure Excellenz mir gestatten, in bedenklichen oder schwierigen Fällen Dero Gutachten einzuholen! Solche Fälle dürften um so eher bisweilen eintreten, da die Beschreibung des Apparats i m versprochenen Supplementband noch nicht erschienen ist. 7 ) ) Abgedruckt L A II 5 B / 1 , 9 3 - 9 7 , M 20. ) Wohl der im GNM vorhandene mit einem Durchmesser von 13,5 cm (GNF 0158). 3) Vgl. oben 9. Jan 1827: Bücher. 4) Trübe Glasscheiben, für G in Marktredwitz produziert (vgl. oben 13. Aug 1822: Grüner). Marx hatte diese am 24. Nov 1826 erhalten (s. in „Physische F a r b e n " : an Marx gD). 5) Wie gleichzeitig Buttel in Jever; vgl. unten 18. Apr 1827: Buttel an G. 6) Nach beiden Seiten, d. h. nach G's Erklärungen u. denen der herrschenden physikalischen Lehrmeinung. 7) Der in F L angekündigte Supplementband ersetzt durch Statt des versprochenen 1
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Febr 15. [Nachmittags] Dr. Eckermann mit demselben die Färbung bey Gelegenheit der Refraction durchgegangen. 16. Der Glaser, welcher farbige Gläser brachte. Kleinere Tafeln bestellt. Die Glaskugel ins Zimmer gebracht . . . Abends Dr. Eckermann. Auf Farbenlehre, allgemeine Methode und sonst Bezügliches. 16. [Jena] J. M. Färber an G (LA II 5 B / 2 , 1232): Ew. Exzellenz übersende untertänig die gewünschten drei Schirme mit schwarzen und andern farbigen Papieren belegt, ingleichen sieben Stück Pappentafeln ebenfalls mit dergleichen farbigen Papier. | Hinsichtlich der noch zu übersendenden übrigen Gegenstände, lege ich das Verzeichnis untertänig bei, damit Ew: Exzellenz die Gnade haben möchten diejenigen Nummern darinnen vorzustreichen, welche zunächst abgesendet werden sollen.
18. Ich bereitete einiges für Eckermann, die prismatischen Versuche betreffend. Derselbe speiste Mittag bey uns. Ich zeigte ihm vorher die prismatischen subjectiven Versuche. 1 ) 18. [Weimar] Eckermann Tagebuch (GG 3.2, 101): Vor Tische durch die Prismen gesehen . . . Dinge in der Naturwissenschaft, die akzessibel [zugänglich] sind, und andere, die nicht.
20. Mittag zu vieren. Nachher die ferneren Betrachtungen der wassergefüllten Glaskugel. Die Stelle des Antonius de Dominis nebst der dazugehörigen Tafel wieder aufgenommen. 2 ) 21. [Weimar] Eckermann Tagebuch (GG 3.2, 101): Farben.
22. [Nachmittags] . . . Dr. Eckermann . . . Mit Letzterem nachher wenig Chromatisches. War die Sendung von Dr. Marx aus Braunschweig [vom 13. Febr] angekommen. 23. Glaskugel aufgestellt auf Iris [Regenbogen] bezüglich. Genaue Beobachtungen. Auf die Pappe eine Hohlkugel aufgezeichnet. 3 ) 24. [Nachmittags] Ich setzte die Studien wegen des Regenbogens fort . . . [Briefe] An Färber, wegen der chromatischen Vorrichtungen. An Schrön, 4 ) wegen Übersendung eines Ramsden für Serenissimum. 5 ) supplementären Teils (FA I 23.1, 9 8 7 - 1 0 0 9 ) , überwiegend von Seebeck verfaßt. Auch eine entsprechende Veröffentlichung zum Instrumentarium ( A p p a r a t ) in Nat scheiterte (vgl. LA II 5 B / 1 , 238, M 79, 249, M 88, 254, M 90). - Das Folgende s. in „Entoptische Farben": Marx an G gD, EGW 3, 497. M F L Didaktischer Teil §§ 1 9 4 - 3 0 2 (FA I 23.1, 86-117). 2) Titelangabe s. oben S. 307, 12. Sept 1797 mit Anm. 3) Möglicher Bezug zu Regenbogen-Notizen in LA I 3, 459 18 _ 26 u. Abb. sowie LA II 3, 409 u. Tafel XIV. 4) Brief nicht nachgewiesen. 5) Vgl. Carl August an G, 16. Dez 1812: . . . ich habe auf allen Falle meinen treuen Begleiter aus den Kriege, den alten Ramsdenschen Telescop bey mir ... (Wahl 2, 96) sowie Jenaische Museen und Sternwarte'. Der ... Instrumentenvorrat der Sternwarte besteht ... aus folgenden Stücken ...2. einem zweifüßigen Achromaten von Ramsden (FA I 25, 188f.). Am 7. Mai 1827 teilte Soemmerring G mit: In Hinsicht der Klarheit scheinen Ramsdens Fernröhre unübertroffen (Wenzel 1988, 137).
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Febr 24. An J. M. Färber (Br 51, 534f.): Da Sie, mein guter Färber, von einer Abschrift meiner optischen Instrumente zurückbehalten haben, so bemerke, daß ich nun zuerst herüberwünsche: | 3., Ein länglich vierekkiges Blechgefäß, schwarz angestrichen mit gläsernen Boden. | 11., Sieben Glasprismen, von gleicher Art zu subjectiven Versuchen sehr dienlich. | Das Uebrige senden Sie nach und nach, wie es sich schicken will, die kleineren Dinge zusammengepackt. 1 ) 25. [Nachmittags] Las in der Farbenlehre. 26. Mechanikus Bohne, wegen dem Gestell zur Glaskugel. 2 ) 28. Kam von Jena der Ramsden. Ingleichen mehrere Stücke des chromatischen Apparats . . . März 1. Mittag Dr. Eckermann. Seine Fortschritte in der Farbenlehre. 1. [Weimar] Eckermann Gespräche (FA II 12, 581): Bei Goethe zu Tisch . . . Sodann verhandelten wir viel über die Farbenlehre, über die subjektiven prismatischen Versuche 3 ) und über die Gesetze, nach denen der Regenbogen sich bildet. Er freute sich über meine fortwährend sich vergrößernde Teilnahme an diesen schwierigen Gegenständen.
3. An J. M. Färber (Br 51, 535): Fahren Sie fort mein guter Färber, mir den chromatischen Apparat nach und nach herüber zu schicken. 3. [Sendung] An Färber, das Verzeichniß des chromatischen Apparats zurück . . . War ein Transport des chromatischen Apparats angekommen. 3. [Weimar] F. v. Müller an G. F. v. Reinhard (GG 3.2, 103): Er [G] hat sich seit einigen Monaten wieder von neuem in die Farbenlehre geworfen und mit Prismen, figurierten Tafeln und wunderlichem Apparat umgeben. Herr Eckermann zieht großen Vorteil davon, da er diesem, zu eigner Rekapitulation, sein ganzes System erklärt. Da verschiebt er denn auch jede ihn tiefer ergreifende briefliche Mitteilung nach außen, und namentlich die Ihnen bestimmte, von Woche zu Woche, um, wie er spricht, etwas Bedeutenderes bringen zu können.
13. Der Prinz [Carl Alexander] und Herr Soret. Die prismatischen Schirme vorgewiesen. 4 ) vorl6.5)
[Frankfurt] S. T. Soemmerring an G (Wenzel 1988, 129f.): Mit verbindlichstem Danke, sowohl für das mir gütigst anvertraute treffliche Amicische Mikroskop, 6 ) als das zum erfreulichsten Andenken beygelegte Geschenk, des schönen, die Edlen Geber nicht minder als den Empfänger ehrenden Schaustücks, 7 ) kehrt jenes nun wieder zurük. | 1) Farbenerscheinungen Färber notierte auf dem Brief: Apparat zu den Paroptischen gleichfalls am 2 7Februar mit abgesendet. (Br 52, 311.) 2) Holzgestell, in das die Glas- oder Schusterkugel gelegt wird. Ein solcher Apparat in G's Arbeitszimmer (im GNM; GNF 0156 u. 0157). Abb. bei Maul - Oppel 133. 3 ) Von G am 18. Febr 1827 demonstriert (s. dort). 4) Für die subjektiven prismatischen Versuche; vgl. oben 1827 Febr 7.: an Färber sowie Febr 9. u. 16.: Färber an G. 5) Poststempel auf anliegendem Frachtzettel: 16. März 1827. 6 ) Vgl. oben 1826 Okt 30.: Voigt an G, 1827 Jan 27.: an Voigt u. Febr 6. 7) H. F. Brandts Medaille zu G's 50jährigem Weimar-Jubiläum (1825). Vorderseite: Doppelbildnis von Carl August u. Luise (Abb. bei Wenzel 1988, 150, Nr. 2), Rückseite: G-Porträt.
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Die Klarheit, bey der Stärke der Vergrößerungen und die Bequemlichkeit im Gebrauche ist zum Bewundern. | Die Vergleichung desselben mit Dollonds, 1 ) Nairnes, 2 ) dioptrischen Mikroskopen, Adams theurem Lucernal, 3 ) und selbst dem kostbarsten achromatischen Apparate Frauenhofers, 4 ) hat uns ungemeines Vergnügen gewährt. | Die nach Amicischen Abbildungen, 5 ) hier in Frankfurt, bisher gefertigten Instrumente, wollten nicht dasselbe leisten weil doch einiges in den Abbildungen anders, als in der Wirklichkeit erscheint. | Zum unmittelbaren Nachzeichnen des erscheinenden Bildes, läßt meines Sohnes Spiegelchen, 6 ) an vollkommener Klarheit, größerer Bequemlichkeit, und äußerster Einfachheit, nichts zu wünschen übrig, und man dürfte wohl ohne Anmaaßung behaupten, daß es beide cameras lucidas des Amici weit übertreffe. 7 ) | Um nicht mit leerer Hand zu erscheinen lege ich bey, ein ausgemahltes Exemplar des Frauenhoferischen prismatischen Spectrums, 8 ) weil die in den Münchner Denkschriften befindlichen Abdrüke, blos ausgetuscht wurden. 9 ) | H H[ofrat] Voigt, der es in der Natur bey mir betrachtete, 1 0 ) wird die genaueste Richtigkeit desselben bezeugen. | Zuverläßig ist es wohl in unserm Jahrhundert, eine der allerwichtigsten Entdeckungen, meines verewigten Freunds, daß alle, von der Sonne beleuchteten Planeten, nebst dem Monde, so wie auch gewisse Fixsterne z. B Pollux 11 ) in ihrem prismatischen Spectrum, dieselbe Zahl, dieselbe Breite dieselben (genau gemessenen) Entfernungen von einander an den gleichen Stellen, der verticalen Streifen, oder fixen Linien zeigen, 1 2 )
) Aus der Werkstatt von John Dollond u. seinem Sohn Peter in London, die von George Dollond weitergeführt wurde. 2 ) E. Nairne, Erfinder, Konstrukteur u. Geschäftsinhaber für optische Instrumente in London. 3) Das 1771 von George Adams d. Ä. u. George d. J. konstruierte Lampenmikroskop, bei dem das Objekt durch einen konzentrierten Lichtstrahl aus einer Argandschen Lampe beleuchtet wird. 4) Fraunhofers seit 1811 hergestellte achromatische dioptrische Mikroskope galten als qualitativ besonders hochwertig. 5 ) Z . B . in Giovanni Battista Amici: Sur les microscopes catadioptriques. In: Annales de chimie et de physique 17 (1821) 4 1 2 - 3 4 , mit 4 Figuren auf einer Tafel. 6 ) Vgl. oben 17. Juni 1823: F. v. Müller Tagebuch. 7 ) Wie das sog. Soemmerringsche Spiegelchen ist die Camera lucida ein Hilfsmittel zum Zeichnen, wobei das nachzuzeichnende Bild auf die Ebene des Papiers projiziert wird. Als Entdecker gilt W. H. Wollaston; auch Amici entwickelte derartige Konstruktionen. Vgl. G. B. Amici: Sur la Chambre claire (camera lucida). In: Annales de chimie et de physique 22 (1823) 137-55, mit 8 Figuren auf einer Tafel. 8) Im GNM (GNF 0149); s. H. Zehe: Gott hat die Natur einfältig gemacht, aber sie suchen viel Künste: Goethes Reaktion auf die Fraunhoferschen Entdeckungen. In: Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, math.-naturwiss. Kl. 7 (1990), 3 5 5 - 3 9 2 , hier 369 (Abb. 4). Es handelt sich um ein Ex. der 2. Tafel mit koloriertem prismatischen Spektrum als Figur 5 zu J. v. Fraunhofer: Détermination du pouvoir réfringent et dispersif de différentes espèces de verre, recherches destinées au perfectionnement des lunettes achromatiques. In: Astronomische Abhandlungen, hsg. von H. C. Schumacher, 2 (1823) 13-45. 9 ) Zur Publikation in den Denkschriften vgl. oben 18. Aug 1826: Körner an G. Ausgetuscht bezeichnet ein Ätzverfahren, das verschiedene Abstufungen einer Farbe erzielt (Aquatinta). 10 ) Vgl. oben 30. Okt 1826: F. S. Voigt an G. 11 ) Stern erster Größe im Sternbild Zwillinge. 12 ) Erste Beobachtungen zur Venus u. zum Sirius veröffentlichte Fraunhofer 1817 (vgl. oben S. 732, 1817 Juni 29: an Körner); 1823 ergänzt nach Experimenten mit einem leistungsstärkeren Instrument um Ergebnisse bei Sirius, Castor, Pollux u. Procyon; vgl. 1
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Wega 1 ) dagegen, und andere Fixsterne zb Gastor 2 ) (wie mir Frauenhofer nebst [J. G. v.] Soldner auf der Münchner Sternwarte zeigten) constante Verschiedenheit in der Zahl, Breite und Entfernung der fixen Linien haben, daß elektrisches Licht statt der dunkeln, schwarzen Linien helle, blitzähnliche Linien hervorbringt. 3 ) | Mir ist wohl mannigmal eingefallen; ob nicht dieses schöne Frauenhoferische prismatische Spectrum gewißermaaßen die Quantität des zu jeder Farbe gehörigen öKiepov [Schatten] verrathe. März 2 1 .
[Jena] F. S. Voigt an Carl August (LA II 5 B / 2 , 1238): Gestern empfing ich ein Schreiben des Herrn Geheimerat von Sömmerring, worin mir derselbe nähere Auskunft über das stark vergrößernde Instrument erteilt, von welchem ich bei Ew. Königlichen Hoheit die Ehre hatte zu sprechen, und dessen Akquisition mir Höchstdieselben zu erfragen befahlen. 4 ) Herr G[eheime]R[at] von S.[oemmerring] bemerkt, daß es deren z w e i Arten gäbe, terrestrial pancratic Eye tube, und G e l e s t i a l pancratic Eye Tube. 5 ) Er rät Ew. Königlichen Hoheit, letzteren, als den mächtigsten Vergrößerer, kommen zu lassen, aber sich auch zugleich ein dazu gehöriges Objektivglas kommen zu lassen. Beides bei Dollond in London, der Allein sie zu verfertigen versteht; aber die Kommission Jemanden in London selbst zu übertragen, welcher einige optische Kenntnisse besitzt, und überhaupt Dollonden ersucht, etwas ganz Vorzügliches auszuwählen. Dabei bemerkt Herr v. S.[oemmerring] daß ungeachtet dieser Okularansatz Gelestial heißt, er doch nicht die Gegenstände verkehrt, sondern aufrecht, wie gewöhnlich darstellt. | Herr GR v S bezeugt mir übrigens Freude und Dank für das Amicische Mikroskop, welches er bereits wieder zurückgesendet. Er findet es höchst vortrefflich, sinnreich, und über alle seine Erwartung. Er legt mir beiliegende Zeichnung bei, welche die Facetten eines Libellenauges nach allen 6 Linsenvergrößerungen darstellt. Sein eigener Dollondscher Apparat erreicht kaum die Vergrößerung zwischen 2 und 3.
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22.
[Weimar] Carl August an G (Wahl 3, 2 6 2 ) : p. [J. C.] Hüttner in London ist nicht dazu geeignet, um ihn den Auftrag zu ertheilen, von welchen in der V[oigtischen] Beylage 6 ) die Rede ist: außer H[iittner] habe ich aber niemanden dorten, der so etwas für mich
J. v. Fraunhofer: Kurzer Bericht von den Resultaten neuerer Versuche über die Gesetze des Lichtes, und die Theorie derselben . . . In: Annalen der Physik 74 ( 1 8 2 3 ) 3 3 7 - 7 8 . 1) Stern erster Größe im Sternbild Leier. 2) Stern zweiter Größe im Sternbild Zwillinge. 3) Zu entsprechenden Emissionsspektren des elektrischen Lichtes vgl. Fraunhofers Publikation von 1 8 1 7 (oben S. 7 3 2 , Anm. 5, 1 8 1 7 Juni 29.: an Körner), S. 221f. u. Fraunhofer, Kurzer Bericht . . . (oben S. 8 8 7 Anm. 12 zu diesem Z), S. 374f. 4) Darüber bereits oben 25. Jan 1 8 2 7 : an Garl August. 5) Verwendung als Erd- oder Himmelsfernrohr. " ) Betr. das vorige Z 21. März 1 8 2 7 : F. S. Voigt an Garl August.
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besorgte. Ehe auch eine dergleichen Bestellung gemacht würde, möchte es wohl rathsam seyn sich zu erkundigen, w a s d a s D i n g k o s t e n w ü r d e ? 1 ) Durch Geh. Rath von Sömmering selbst mögte sich die Sache am leichtesten machen lassen, wenn S sich ihr unterziehn wolte. Vieleicht ließest du, mein lieber Freund, durch V[oigt] in J[ena] deswegen Anträge an ihn machen? 2 ) März 2 3 .
An Carl August (Br 42, 99): Ew. Königlichen Hoheit | lege eine angenehme Sendung von Geh. Rath Sömmerring [vom 16. März] vor, er hatte dem mir zurückgesendeten Amicischen Mikroskop dieselbe beygelegt. | Sein Schreiben ist allerdings interessant und das colorirte Frauenhoferische Spectrum, dessen Erscheinung nur unter gewissen Umständen und mit einiger Schwierigkeit zu betrachten ist, hier so ausführlich und colorirt mit Bequemlichkeit vor sich zu sehen, ist sehr erwünscht . . . Durch Schreiben und Tafel nunmehr veranlaßt werde nun bey ihm unmittelbar wegen dem Preis jenes Instrumentes nachfragen.
23. [An] Serenissimo den Sömmeringschen Brief und Tabelle. 23.
[Weimar] Carl August an G 3 ) (Wahl 3, 2 6 3 ) : Im Vorigen Sommer ließ ich Körnern zu mir auf die Sternwarthe auf den Seeberg kommen, 4 ) wo selbst uns der dortige Astronom das Spectrum producirte; der Tag war aber, leider nicht günstig, denn wir hatten nur momentanen Sonnenschein. 5 ) Dann wurde die Operation in Jena im Schloße wiederholt, dorten soll sie gerathen seyn, ich kam aber leider nicht dazu es zu sehn. Jezt so balde das Frühjahr hell und günstig seyn wird, laße ich die nöthigen Instrumente dazu in Jena wieder aufstellen. Mit dem Amicischen Microscop konnten sie, besonders Körner, in Jena nicht recht zu rechte kommen, ich weiß nicht warum.
29. An Zelter (Br 42, 104f.): Es ist über alle Begriffe was dieser Mann [Aristoteles] erblickte, sah, schaute, bemerkte, beobachtete, dabey aber freylich im Erklären sich übereilte. | Thun wir das aber nicht bis auf den heutigen Tag? An Erfahrung fehlt es uns nicht, aber an der Gemüthsruhe, wodurch das Erfahrne ganz allein klar, wahr, dauerhaft und nützlich wird. Man sehe die Lehre von Licht und Farbe, wie sie vor meinen sichtlichen Augen Professor Fries in Jena vorträgt;6) es ist die Hererzählung von Übereilungen, deren man sich seit mehr als hundert Jahren im Erklären und Theoretisiren schuldig macht. Hierüber mag ich öffentlich nichts mehr sagen, aber schreiben will ich's; 7 ) irgend ein wahrhafter Geist ergreift es doch einmal. Apr
11.
[Weimar] Eckermann Gespräche (FA II 12, 2 3 8 ) : [G:] „ . . . sie [die Erde] atmet wieder aus und entläßt die Wasserdünste nach oben, wo sie sich in den ganzen Raum der hohen Atmosphäre ausbreiten und sich dergestalt verdünnen, daß nicht allein die Sonne glänzend herdurchgeht, sondern auch sogar die ewige Finsternis des unendlichen Raumes als frisches Blau herdurch gesehen wird." ) Das Celestial Pancratic Eye Tube. ) G wandte sich am 15. Apr 1 8 2 7 selbst an Soemmerring (s. dort). 3) Auf dem Rand von G's Brief 23. März 1 8 2 7 : an Carl August. 4) Sternwarte bei Gotha, die Franz Xaver v. Zach leitete. 5) Über einen Versuch in Weimar vgl. oben 17. Aug 1 8 2 6 . 6) Tgb-Notiz über Fries s. oben 1. Febr 1 8 2 7 . 7) Ein entsprechender Text nicht bekannt. 1
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15.
15. 16.
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An S. T. Soemmerring (Br 42, 141): Hier nur kürzlich und eilig, auf Serenissimi Veranlassung die Anfrage: ob Sie wohl die Gefälligkeit hätten wegen des Celestial Pancratic Eye Tube, zu dessen Anschaffung Sie gerathen, 1 ) in London Erkundigung einzuziehen, wieviel ein solches Instrument wohl kosten könnte, weil man denn doch Ursache hat bey solchen Anschaffungen einigermaßen vorsichtig zu seyn. [Brief an] Herrn Geheimen Rath Sömmering nach Frankfurt a. M. 2 ) An F. Soret (Br 42, 144): In Ungewißheit ob ich Sie . . . heute Abend sehe, vermelde ich daß Herr Ampère bey mir angemeldet ist 3 ) . . . Auf alle Fälle frag ich an was man ihm allenfalls Freundliches erzeigte? Die kleine Maschine des magnetischen Rundstabes, um welchen sich die metallnen Eymerchen drehen, besitze, habe aber das Experiment selbst noch niemals angestellt. Es wäre die Frage ob man sich mit ihm darüber unterhalten sollte. Vielleicht gönnen Sie mir heute ein Viertelstündchen.
16. [Weimar] F. Soret an G (LA II 5 B / 2 , 1240): . . . j'aurai l'honneur de venir chez Votre Excellence vers cinq heures pour conférer sur les expériences électromagnétiques, et si M. Ampère ne va pas au théâtre ce soir je serai encore à Vos ordres pour Vous tenir compagnie. | Je connais personnellement le Professeur Ampère de Paris. Si c'est le m ê m e individu qui s'est annoncé, il n'y a pas lieu de lui montrer les expériences, parce qu'il les connaît à fond, s'étant beaucoup occupé du m ê m e sujet. L a seule expérience de physique qu'il pourrait peut-être n'avoir pas encore vue serait celle de la L a m p e de Doebereiner. 4 ) Il Vous entendrait sûrement avec beaucoup d'intérêt et de reconnaissance, si Votre Excellence voulait lui communiquer quelques unes de ses idées sur l'optique. 16. F. Soret: Briefregister (Zehn Jahre 196): Es hat keinen Sinn, ihm [Ampère] das elektrische Experiment zu zeigen, er kennt es.
16. [Nachmittags] ... 5 ) Herr Soret anfragend wegen Ampères Ankunft. Abend ebenderselbe. 17. (s. „Physikalische Preis-Aufgabe . . . 1 8 2 7 " gD) 18. [Jever] G. D. v. Buttel an G (Wenzel 1992, 32, 3 4 - 4 3 , 45): Ew. Excellenz | wollen gütigst die Freyheit des Unterzeichneten entschuldigen, der es wagt in gradester Beziehung über einige Puñete der Farbenlehre, bey dem Meister selbst anzufragen obgleich er über die Veranlassung dieser Keckheit, so wie über seine eigne Person nur dies anzuführen i m Stande ist, daß er seit einigen Jahren [1824] bey dem Landgerichte seiner Vaterstadt Jever als Secretair fungirt u dabey nach Zeit u[nd] Umständen so viel an ihm ist, seine vorwaltende Neigung zur Philosophie u[nd] Naturwissenschaft sowohl bey sich fortzuleiten als auch auf Andere zu übertragen bemüht geblieben ist u so auch das Vergnügen gehabt hat, in der hiesigen kleinen gelehrten Welt zur Entstehung eines
) Vgl. oben 21. März 1827: F. S. Voigt an Carl August. ) Das Folgende s. in „Physikalische Preis-Aufgabe . . . 1 8 2 7 " gD. 3 ) Jean Jacques Ampère, frz. Schriftsteller u. Literaturwissenschaftler; Sohn des Naturforschers André Marie Ampère. 4 ) Das von Döbereiner erfundene Platinfeuerzeug. 5) Vorausgehendes s. in „Physikalische Preis-Aufgabe . . . 1 8 2 7 " gD. 1
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physical Gircels mitwirken zu können, 1 ) in welchem er mit vielem Interesse nach Ew. Excellenz vortrefflicher Darstellung die Farbenlehre experimentirend vorzutragen sich noch fortwährend bemüht u sich hiebey gerne der angenehmen Studien erinnert, die er zunächst in Heidelberg, unter ungünstiger Beurtheilung der dortigen Herren, 2 ) dann aber in Berlin als Hegels Schüler dem inneren Sinne nach gestärkt u aufgemuntert durch das von Ew. Excellenz mit veranlaßte chromatische Gabinet, 3 ) für sich betrieben, erinnern mag. | Da auch in meiner Vaterstadt Ew. Excellenz reine naturgemäße Darstellung der Elemente der Entstehung der Farben, fast ganz unbekannt war, so würde ich es ihr zum Vorwurfe machen, wenn nicht dieser Vorwurf ganz Deutschland treffen müßte u nicht erst in der That die „nachwachsenden Geschlechter" anerkennend aufgetreten wären. 4 ) Allein eben darin liegt wohl der geheime Fingerzeig um die, man kann sagen schmähliche Hartnäckigkeit einigermaßen begreiflich zu finden; denn nicht das Phänomen ist es, das man verschmäht, nicht die Beobachtung, die man verwirft, sondern der Sinn, die Bedeutung; die Kategorie, die nicht blos die frühere Farbenlehre in das Gebiet der Antiquität zurückweist, 5 ) sondern alle bisherigen Lehrmeinungen der physicalischen Wissenschaften mittelbar vernichtet u dieselbe in allem Wissen zu einer neuen Kategorie der Weltbetrachtung umgestaltet oder vielmehr als schon geschehen bey dem Meister anzeigt. Wer aber mag leicht von einer Denkweise scheiden, wornach er stets die ganze Welt, j a seinen Himmel u seine Glückseligkeit zu erfassen u sich vorzustellen gewohnt gewesen ist? Nur das junge Geschlecht, das sich selber erst erbaut u noch keine Stützen zu verlieren hat! Dieses aber rankt gerne in die neue Epoche hinein u freut sich schon einen Stamm zu finden der vollkräftig die Aera bezeichnet u gleichsam mit dem Alter sich verjüngt. So lange es aber dagegen noch von jenen Altfranken giebt, die mit ihrer knöchernen Metaphysik so Himmel als Erde umzimmern, so lange wird man wie in der Theologie an einer absurden Moral u ihrer Nützlichkeit, so in der Physik von LichtsfraA/en, Poren, molecüles, Wärme- ja Kälte- RiechSchmeck- u Schallstoff 6 ) u andern Stoffen u Materien wohl nicht blos hören, sondern auch daran glauben. Allein schon neigen die Extreme zur Ruhe: Wie dies nach der Seite der heiteren gehaltvollen Unmittelbarkeit schon erreicht ist - Dank dem hohen Genius der dieses liest - so mag vielleicht schon bald die wissenschaftliche Welt gleichfalls diesem Ziele nahe seyn. - Für mich im Kleinen sey es vergönnt auszusprechen wie nach u nach in unserem kleinen Gircel wenigstens in Beziehung auf die Farbenlehre die Neutonsche Ansicht verschwunden u[nd] dafür die Ew. Excellenz an die Stelle getreten ist, freylich nicht ohne hartnäckiges aber eben dadurch lehrreiches Kämpfen, lehrreich, weil in solchen Fällen grade das Urelementliche am meisten hervorgehoben werden muß u bey stetigem Verknüpfen denn gar leicht das Mangelhafte u Falschbewiesene in die Augen fällt. Folgende extractivische Auffassung des ersten Theiles von Ew. Excellenz Werke möge andeuten, ob uns das Buch selbst verständlich geworden u wie wir uns um das Interesse der Sache bemüht haben. Indem ich sie niederschreibe erbitte ich gehorsamst u mit geziemender Ehrfurcht Ew. Excellenz geneigte Huld u
) Physikalischer Verein oder Physikalische Gesellschaft zu Jever. ) Zielt womöglich auf den Mathematiker K. G. v. Langsdorf, da J. F. Fries bereits 1 8 1 6 - vor Buttels Studienantritt in Heidelberg - nach Jena gewechselt war. 3) Die L. D. v. Henning für seine Vorlesungen über die F L an der Berliner Universität von G überlassenen Apparate. Vgl. in „Einleitung zu öffentlichen Vorlesungen . . . " 16. Mai 1 8 2 2 : an Henning, E G W 3, 2 8 6 - 8 9 . 4) L. D. v. Henning begann 1 8 2 2 als 31jähriger mit seinen Vorlesungen in Berlin, Buttel vollendete 1 8 2 7 sein 26. Lebensjahr. 5) Newtons Erklärung, daß Farben durch die Spaltung des weißen Lichtstrahls entstehen. 6 ) Von G strikt abgelehnte, hypothetische mechanistische Größen, die dem natürlichen Phänomen seines Erachtens nicht gerecht werden konnten. 1
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gütige Gewogenheit.1) | G hat die erste Glasse der Farben physiolog benannt u damit einen subjectiven Anfang genommen - subjectiv in dem Sinne, daß hier Farben gemeint sind, welche durch die gesunden organisch lebendigen Functionen des Auges gesetzlich nothwendig im Auge selber hervorgerufen werden u wie sich die Regel auch in den abnormen Functionen u deren Erscheinungen bewähren muß, so hat er anhangsweise den physiol sogleich von ihm pathologisch genannte hintangefügt. | In beiden Fällen entstammen die Farben der lebendigen Thätigkeit des Auges selbst u treten, wie diese gesetzlich wirkt, so selber gesetzlich hervor - um so bedeutender als wir diese selbe Gesetzlichkeit auch in der objectiv gegenüberstehenden Welt wieder finden, so daß wir gleichsam den Regenbogen am Himmel nur als eine simultane Erstarrung der im Auge enthaltenen successiven Productivität u dagegen die letztere als eine Flüssigwerdung jenes Phänomens ansehen könnten. Und wie nun G in allen seinen Bestrebungen die Natur äußerlich zu erfassen, besonders darauf bedacht ist, ein s[o] genanntes] Urphänomen für die Beobachtung aufzufinden, so stellt er sofort das vorausgesetzte lebendige Auge dem Lichte u der Finsterniß gegenüber, als dem Ursprünglichsten, womit das Sehen zu schaffen hat. Er betrachtet die Wirkungen beider Zustände auf das Auge, indem er dasselbe aus dem hellsten Lichte durch alle Mittelstufen hindurch in die tiefste Dunkelheit begleitet u sorgsam den jedesmaligen Eindruck von dem Grade der höchsten Blendung ja Erblindung, als der Ueberspannung u Ersättigung des Organs, bis zum Gefühle der Erstärkung aber auch der Leerheit u des Verlangens auszusprechen bemüht ist. Dadurch daß er diese Zustände mittelst heller u dunkler Bilder zum Experiment zu fixiren sucht, deutet er auf den ewigen Zusammenhang beider Gegensätze hin, indem er deren successive Ineinsbildung im Auge darstellt u nachweist, daß das Helle das Dunkle, das Dunkle das Helle fordert u in sich erzeugt - wogegen das Grau eben die ins Daseyn getretene gleichgültig gewordene Beziehung dieser Gegensätze ausmacht u relativ in gleicher Gesetzlichkeit gegen das eine oder das andere Extrem sich verhält. Nahe liegt es hiebey dem Experimentirenden die ungefärbten Bilder mit farbigen zu vertauschen u an diesen die Thätigkeit des Auges zu versuchen - wenn gleich streng genommen es nicht verstattet ist, die Farben wie zu Anfang das Licht u die Finsterniß vorauszusetzen. Auch hier sehen wir, nach der schon angezeigten Formel des Lebens, gleiche Beziehungen wie zwischen Licht u Finsterniß so auch zwischen den einzelnen Farben aber reicher u erfreulicher hervortreten - Beziehungen, die zwar hier nur dem Auge angehören, späterhin aber auch objectiv sich erweisen müssen. So sehen wir, wie sich das Rothe an das Grüne heftet u dieses jenes nicht verläßt, wie das Gelbe mit dem Violetten zusammenhält u sich das Blaue u Orange einander gegenüberstellen u dieses sofort in stetiger Wechselbeziehung. Noch bedeutender wird diese Beobachtung durch die in derselben liegende Nöthigung drey Haupfarben anzunehmen, 2 ) welche in ihrer Mischung dann wieder die andren drey Nebenfarben geben - ein Verhältniß wodurch die obige Gesetzlichkeit nun diese tiefe u geistige Stellung annimmt, daß das Einfache das Zusammengesetzte, das Zusammengesetzte aber das Einfache, fordere bedinge u erzeuge. | Hiernach fortschreitend entwirrt G leicht das für so schwierig erachtete Problem des Conflictes zweyer verschiedenartiger Lichter oder Erhellungen an zwischen ihnen liegenden Schatten, wenn letztere gefärbt erscheinen - denn nur das Auge wirkt diese geheime Magie, indem es gereizt durch die Färbung des die Grundfläche erhellenden Lichtes, an dem Puñete, wo ihm im Schatten Ruhe u Indifferenz geboten wird, ein mit der entgegengesetzten Farbe tingirtes Spectrum, gleichsam den in die Sinnlichkeit hinübergeführten geistigen Hauch seiner Thätigkeit durch Wider-
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Buttel befaßt sich nun mit dem Didaktischen Teil, durchweg zustimmend zur 1. Abt. Physiologische Farben §§ 1-135 u. dem Kap. Dioptrische Farben der ersten Klasse §§ 145-77 aus der 2. Abt. Physische Farben, kritisch mit den Kap. ab Dioptrische Farben der zweiten Klasse §§ 178-365. 2 ) Gelb, Blau u. Rot (Purpur); vgl. FL Didaktischer Teil § 60 (FA I 23.1, 50).
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spruch hinstellt. | Hieran das Gapitel der subjectiven Höfe schließend, führt G diejenigen Erscheinungen an, welche gleich dem Abklingen von Glanzbildern in gesetzlichen kreisförmigen Ringen den Kampf des Lichtes mit dem Auge u dessen Schwingungen darlegen, wodurch es den Uebergang zum Dunkeln u damit zur Ruhe sucht u vollbringt, so wie umgekehrt bey stattfindendem Drucke aufs Auge sich leuchtende Kreise hervorheben. | Das Phänomen der Höfe leitet nun G durch sich selbst, insofern als wir auch eine ganz objective Beschaffenheit derselben wahrnehmen - in das Gebiet der physischen Farben, welche durch äußere Anlässe entstehen, nicht erst im Auge werden sondern schon fertig sich demselben darstellen - von dem ersten Anflug der Trübung u Färbung des Lichtes oder des Dunkeln bis zur vollen Farbenpracht des Prismas u des Regenbogens. Den Charakter dieser Farben giebt sowohl diese Pracht, als aber auch ihre Flüchtigkeit u ihr Vorübergehen, so wie daß zu ihrer Hervorbringung materielle Mittel nöthig, die selbst keine Farben haben u bald helle u durchsichtig, bald trübe u durchscheinend, bald völlig undurchsichtig seyn können. In der Betrachtung dieser Mittel, ihrer Prüfung u Würdigung ist seitdem der goldene Schlüssel zur Erklärung der physischen Farben jedem Naturfreunde an die Hand gegeben - mit einem Worte, hauptsächlich in der Lehre vom Trüben, diesem Brautbette gleichsam, worin sich Licht u Finsterniß hochzeitlich zur Farbe vermählen, weilen wohnen u erfreuen. Das Licht bleibt dabey jungfräulich rein, wird nicht in sich selbst getrübt oder gezwiespaltet oder gar gesiebenspaltet - so wenig wie die Finsterniß sich zu etwas Anderem als sich selbst aufschlösse. Beide bleiben in ihrer ursprünglichen Einheit u nur das Mittel ist es, das sie trübt u verbindet - mischen sie sich wirklich so wird es Grau. Diesem glücklichen Wurfe entstammt die urelementliche Ansicht: Trübung vor dem Schwarzen erzeugt Blau, Trübung vor dem Hellen aber Gelb, u die fernere Beobachtung wie beide polarische Gegensätze durch Mischung zu einer realen Mitte, dem Grünen - der neutralen Wasser- u Pflanzenfarbe - sich einigen, dagegen jeder in sich selbst, ohne reale Mischung, die Potenz der idealen Gulmination des Rothen trägt u dahin übergeht - die active Farbe des Lebens, des Blutes; (Beyspiel beim Gelben: man sehe ein großes hügelan gelegenes Rapsfeld in voller Blüthe, mit dem Auge über die Fläche streifend, so wallt am Rande ein feuriges Roth). - In dieser Weise treten uns die wahrhaft großen Phänomene die blaue Farbe des Himmels, der Berge u.s.w. so wie das Abend- u Morgenroth u.s.w. klar u faßlich entgegen. 1 ) Dieselbe Klarheit u Faßlichkeit bleibt überall, wo ein trübes Medium auch im Experiment einzig als solches wirkt, so wie alles Bisherige eine heitere u unverschränkte Entwicklung darbietet. | Wie ist aber der Fall, wenn dieses Mittel dem Lichte gleichsam zugleich eine mechanische Gewalt anthut u es von der linearen Richtung wegrückt? 2 ) namentlich wenn Prismen in der Mitte liegen? | Aeußerst sinnig, ja fast schlau ist auch hier von G zuerst die subjective Seite erfaßt u dadurch die Gesetzlichkeit des Phänomens auf das Evidenteste dargelegt. Indem er nämlich je auf hellem oder dunklem oder grauem oder auch gefärbtem Grunde, verschiedentlich u wechselnd helle, dunkle, graue u gefärbte Bilder durch das Prisma scheinbar fortrückt, zeigt sich ihm, wie auch hier nur durch Gorrelation zwischen Hellem u Dunkelm d. h. nur an umgränzten Bildern Farben entstehen u ewig nur hier entstehen u ferner wie bey der scheinbaren Bewegung eines relativ Hellen gegen oder über das Dunkle Blau u dagegen Gelb hervorgerufen wird, wenn die Beziehung umgekehrt ist. | Wie aber stellt man hier die fortleitende u anschließende Erklärung? Wirkt auch hier ein Trübes? Und wo? entweder im Prisma schon oder erst draußen? Und wie? | G sucht das Phänomen, wenn wir recht verstanden haben, so abzuleiten, daß er zuerst bey Reflexionsfailen die Erscheinung von Haupt- u Nebenbildern abhandelt, hier auf das Schattenhafte, Durchsichtige, Trübe u die leichte Neigung der letzteren zur Farbe aufmerksam macht u hiernächst in Beziehung auf Refractionsfaile den Isländischen Dop-
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) Vgl. F L Didaktischer Teil §§ 1 5 0 - 5 6 (FA I 23.1, 73ff.). ) Übergang zu G's Kap. Dioptrische Farben der zweiten Klasse.
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pelspath, ja selbst das gewöhnliche Sehen in Erinnerung bringt u hiebey das Uebereinanderrücken der Gränzen, gleichsam das Hervortreten eines Nebenbildes, umsomehr dann annimmt, wenn dichtere brechende Mittel zwischen dem Auge u seinem Objecte sich befinden. Kurz, das prismatische Spectrum wird als ein getheiltes trübes Bild angesehen u dabei angeführt, wie das Nebenbild dem Hauptbilde voraneile. | Ueber diesen Gegenstand ist nun in unserem kleinen Girkel folgendes besprochen u verhandelt worden: | 1. Bey der Spiegelung sieht man so viele Bilder, als spiegelnde Flächen da sind welche sich decken, wenn die Flächen genau parallel übereinander liegen, jedoch hintereinander hervortreten, wenn der Parallelismus mehr oder weniger aufgehoben wird. Decken sie sich ganz oder theilweise, so wird man, um das untere Spiegelbild zu sehen, durch das obere hindurchhlicken müssen u durch beide, wenn man andere dahinter liegende Gegenstände erblicken will. Undurchsichtigkeit des unteren Spiegelbii&es verbietet alles weitere Eindringen des Auges u das untere Bild wird undurchsichtig seyn, so lange es die untere Spiegelfläche ist. | Genau genommen ist hier weder von einem Haupt- noch von einem Nebenbilde die Rede, sondern von wahrhaftigen Doppelbildern - denn jede Fläche liefert ursprünglich das ganze Bild, welches aber wie bemerkt, durchsichtig u schattenhaft ist, wenn die hintere Fläche dunkel erscheint; sind zwey Flächen u mithin zwey Bilder vorhanden, u bringt man beide zur Deckung, so verleiht schon dadurch das untere dem oberen einen dunkeln Grund, daher es denn kommt, daß hier das Spiegelbild am lebhaftesten das Object darstellt. In der That ist aber selbst dieses gedoppelte Bild für sich nicht undurchsichtig, wenn die spiegelnden Flächen selbst nur durchsichtig genug sind. Kommen dabey Farben zum Vorschein so könnten diese gedoppelten Ursprunges seyn, einmal nämlich subjectiver u das andere Mal objectiver Bedeutung. Und zwar erstmal dann, wenn das Auge bey einem gespiegelten gefärbten Gegenstande die geforderte Farbe an dem zur Seite tretenden oberen oder unteren Bilde (die Deckung der Bilder sey nicht vollkommen) - gleichsam wie auf einem schattenhaften Grunde absetzt - oder aber das Phänomen wäre objectiv zu nennen wenn eins oder beide Bilder (sie sollen durchsichtig seyn) - als Trübung über dahinter befindliche Gegenstände gebracht würden, wodurch diese entweder einen blaulichen oder gelblichen Schein annähmen. | Diese gedoppelte Beziehung scheint von G nicht genau beachtet, vollends aber die Ansicht über Vorhandenseyn von Nebenbildern nicht deutlich zu seyn u allmälig in eine verfängliche Stellung überzugehen - denn | 2. wird auch bey der Refraction von Haupt- u Nebenbildern gesprochen; so weit aber uns bekannt, ist deren regelmäßiges Daseyn bisher - denn der Spiegelungsfall sub num. 1 ist ganz heterogen u[nd] durchaus in keiner Beziehung analogisch auf das gegenwärtige Verhältniß anzuwenden - nicht nachgewiesen u daher ganz hypothetischer Natur, namentlich um so mehr, da auch bey der Spiegelung nur Doppelbilder erscheinen u mithin vielleicht in der ganzen Natur nirgend eigentliche Nebenbilder vorkommen, man möchte damit denn eine nicht physicalische Bedeutung verbinden. Das einzige, was G beyläufig zur Begründung anführt oder was man als ein wahres Analogon nehmen könnte ist der Isländische Doppelspath, der dann allerdings, wenn auch keine Nebenbilder, doch Doppelbilder liefert u mit dem ihm verwandten Geschlechte als einzige Ausnahme unter den refrangirenden Körpern dasteht, daher umgekehrt von ihm zu sagen wäre: exceptio firmat regulam}) Diese Doppelbilder haben nun zwar viele Ähnlichkeit mit den Spiegelbildern, haben mit ihnen, im Falle sie sich nicht decken, ein schattenhaftes durchsichtiges Ansehen u geben blos dann die volle Deutlichkeit, wenn sie übereinander treten - allein wie gesagt zeigen alle übrigen Körper, namentlich Glas, wenigstens bey subjectiven Versuchen, diese Eigenschaft nicht (daher denn auch das dem unbewaffneten Auge angehörige Phänomen beym Sehen heller oder dunkler Bilder auf entgegengesetzt tingirtem Grunde wohl gewißlich nicht als Supposition [Voraussetzung] genommen werden darf - sowenig wie die §§ 234 u [2]35 tüchtige Beweise
1)
Die Ausnahme bestätigt die Regel.
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für die Begründung eines Nebenbildes liefern) - zweytens aber auch verlangt G nicht so sehr das doppelte Erscheinen des eigentlichen Hauptbildes, als vielmehr ein voreilendes Nebenbild - ein solches, welches der Brechung willig gehorche, wogegen das Hauptbild zurückzubleiben scheine. Würde man also auch noch ein Doppelbild zugeben, so genügte dieses nicht, da das Voreilen wiederum eine neue u viel schlimmere Hypothese ist, denn mit Recht scheinen uns hier die Newtonianer entgegnen zu können: „Ihr statuirt freylich keine verschiedene Brechbarkeit der Farben, allein Ihr setzt an deren Stelle eine verschiedene Brechbarkeit der Bilder. Wir theilen die Sonnenstrahlen, Ihr theilt die Bilder. Und bey allem diesen kommen wir direct, Ihr aber erst indirect zum Ziele u[nd] habt den Anschein gegen Euch."' | Ist nun freylich genau genommen, jener Umstand mit den verschiedenen Bildern der neuen Theorie nicht so gefährlich, wie der Newtonschen ihre verschiedene Brechbarkeit der verschiedenen Lichter, indem die Falschheit hier die ganze Theorie zusammenstürzt, dort aber höchstens eine irrige Ableitung eines Phänomens vorliegen kann, so bleibt es doch gleichwohl sehr übel, daß grade das brillanteste Phänomen der Farbenlehre nicht klar entwickelt werden kann. | Der gehorsamst Unterzeichnete, dem dieses Räthselhafte gleich anfangs nicht entgangen ist, hat sich hierüber folgendes angemerkt. | Einmal kann man annehmen, daß die Sonnenstrahlen gradedurch gehen u in beykommender Zeichnung
c b e u[nd] d erleuchten, dann aber zugleich nach der specifischen Dichtigkeit u eigenthiimlichen Gestalt des Glases nach a b gerückt werden. Darnach würde a b c eigentlich ein dunkler Grund seyn, der nun durch das hinübergeführte Helle eine blaue Farbe wirft, die nach oben zu, wo sie am meisten gegen das Dunkle gedrängt wird, violett erscheint. Umgekehrt könnte b d e als ein getrübter heller Grund angesehen werden, der somit eine gelbe Farbe annehmen muß, unten sich aber roth zeigt, weil hier die Beleuchtung nicht so entschieden ist, indem man annehmen kann, daß das Gelb sich innerhalb der Brechung selbst - b c d - erzeuge, das Rothe aber vielmehr Product der nur durchschienenen zusammengeführten Trübe - b d e - sey. | Wenn demnach die Farben im Prisma selbst entstünden, so würden sie heraustretend auch unmittelbar sichtbar werden müssen. In dieser Weise scheint auch in Ew. Excellenz Darstellung das Phänomen aufgefaßt u ist demnach sogleich dem Spectrum eine divergirende Richtung gegeben - ja der gehorsamst Unterzeichnete erinnert sich, wie er einst die obige Ansicht in Berlin dem jetzigen Herrn Professor Henning mittheilte, daß demselben bereits in ganz ähnlicher Weise von Ew. Excellenz eine Farbenzeichnung zur Versinnlichung des Phänomens 1 ) Übermacht worden war. Indeß halte ich auch diese Erklärung keinesweges für genügend, da man hier wiederum zu einer problematischen Voraussetzung, daß nämlich das Licht auch ohne Brechung durchscheine (in einer Camera obscura würde dies versucht werden können) greifen muß u namentlich dann in Verlegenheit geräth, wenn die Sonne das ganze Prisma beleuchtet. Auch glaube ich
) Entweder die von G am 16. Mai 1822 an Henning übersandte Zeichnung (EGW 3, 288). Oder die von G korrigierte Zeichnung Hennings; vgl. in „Einleitung zu öffentlichen Vorlesungen . . . " 19. März 1822: Henning an G, E G W 3, 2 8 2 , 284.
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späterhin bemerkt zu haben, daß zunächst am gebrochenen hellen Bilde gar keine Farben da sind (oder sollen wir etwa latente annehmen, wenn keine Beobachtung sie zeigt?), daß aber das Bild convergirend sich zusammenziehe u daß nur durch diese Bewegung außerhalb des Glases die Ränder u Säume entstehen, bis sie im Focus der Convergenz das vollständige Spectrum präsentiren, dann aber erst divergirend auseinandertreten - etwa so:
Ich stelle es hiebey ferneren Versuchen anheim, ob ich mich nicht selbst hinsichtlich des paradoxen Focus berichtigen u das Obige auf einen Irrthum zurückführen kann, allein erschienen ist mir die Sache, wie vorgestellt, viel u vielfach. Allein immerhin wird auch hierdurch das Phänomen nicht klar - ebensowenig wie bey convexen u concaven Gläsern die gelben u blauen Ränder ohne Symbolik anschaulich werden, denn eben indem man von einem scheinbaren Hinüberführen redet, leugnet man die wirklichen Stützen der Erklärung, ja die Annahme der letzteren wäre sogar widersprechend. | Und wie soll man nun gar endlich den Fall auffassen, wenn man das objective Spectrum durch ein zweytes Prisma subjectiv wieder verrückt, so daß es farblos erscheint (hiemit hängt auch die Achromasie u ihre symbolische Ableitung zusammen), während doch ein mit Pigmenten gemaltes Spektrum mit Rändern u Säumen erscheint? 1 ) wird nicht auch dort ein Bild verrückt u warum werden also Farben verschlungen? wie denkt man sich hier das vorangeeilte nun wieder rückwärts voreilende Nebenbild? | Kurz - es m a g wohl nicht geleugnet werden, daß sich die physischen Farben hier noch nicht der Klarheit u Faßlichkeit erfreuen, 2 ) wie die so trefflich abgeleiteten athmosphärischen Farben, so daß der gehorsamst Unterzeichnete wirklich in Verlegenheit gerathen ist, wie er in seinem kleinen Girkel die vorher so sieghafte Gonsequenz an diesem Puncte durchführen soll. Dadurch aber ist ihm der schmeichelnde Gedanken in den Sinn gekommen, daß ihn der Meister dieser Wissenschaft vielleicht einiger belehrender Winke würdigen möchte. Mit der größesten Achtung u Ehrfurcht wagt derselbe daher zu äußern, wie ihm einige wenige Zeilen ein überaus theures Geschenk seyn würden. | Im Uebrigen erlaubt sich aber noch der gehorsamst Unterzeichnete folgenden im letzten Winter beobachteten Fall zu einer geneigten Deutung niederzuschreiben. | Ich stand, die Sonne im Rücken, zu Mittag auf dem hier befindlichen u damals gefrornen Ganal u stieß zufällig mit einem Stecken fast senkrecht in den am Ufer angehäuften Schnee; zu meiner Verwunderung erschien, wie ich den Stecken wieder herauszog, das Loch mit einer blendenden seegrünen Farbe wie ausgegossen. Dieselbe Erscheinung wiederholte sich stets, auch für andere Zuschauer u blieb wenn auch das Loch sehr erweitert wurde - nur verschwand sie oder wurde doch unmerklich, wenn ich den Versuch am entgegengesetzten Ufer, welches der Sonne abwärtsgekehrt u beschattet war, wiederholen wollte - schwach wurde die Erscheinung am Abend u wie die Sonne mehr von der Seite einfiel. Die ganze Landschaft war mit Schnee bedeckt,
) Der hier zugrundeliegende Unterschied zwischen additiver u. subtraktiver Farbmischung wurde erst Mitte des 19. Jh. näher erforscht. 2) G gibt dies am 3. Mai 1827 zu (s. dort), ohne weiter auf Buttels Fragen einzugehen. 1
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nirgend ein Grün oder Roth bemerkbar u die Sonne rein u hell. Daß sich beym Anschauen der sehr lebhaften Färbung bald das ganze Gefild mit einem Rosenroth überzog, war leicht abzuleiten, aber woher dieses ursprüngliche Grün? Apr
23. (s. „Entoptische Farben" gD, EGW 3, 497) 27. [Weimar] F. Soret an seine Familie (Gallati 151): Malgré que la conversation ait roulé sur des points assez épineux et qui ne nous trouvent pas d'accord j'en suis sorti fort satisfait pour ma part. Il s'agiss[a]it non pas de littérature mais d'optique. C'est de tous les sujets le plus difficile à traiter avec le grand homme. Il y met l'enthousiasme et l'esprit absolu d'un réformateur. Mais avec moi pour qui la thèse opposée à la sienne n'est pas trop catholique non plus, il a davantage de tolérance et nous finissions par rire des nuages qui obscurcissent le gros des têtes humaines. 28. (s. „Doppelbilder des rhombischen Kalkspats" gD, EGW 3, 109)
[vor 30.] (s. „Einleitung zu öffentlichen Vorlesungen . . . " : Henning gD, EGW 3, 322)
30. Beschäftigung mit den Briefen des Herrn von Buttel. Antwort auf denselben. Mai 1. Den Brief des Herrn von Buttel weiter durchgedacht. 2. An J. M. Färber (Br 51, 537): Unter den übersendeten optischen Instrumenten vermisse das große aus Glastafeln zusammengesetzte Prisma mit dem hölzernen dazu gehörigen Gestell. 1 ) Senden Sie mir dasselbe mit den nächsten Boten. 2. [Brief] An Färber . . . 3. An C. D. v. Buttel 2 ) (Br 42, 1 6 6 - 6 9 ) : Wie sehr mich Ihre Zuschrift [vom 18. Apr] gefreut und tief gerührt habe, will ich eilig vermelden. Mußt es mich nicht überraschen, zur Zeit da in meiner nächsten Nähe der alte Schulplunder noch auf dem academischen Trödelmarkt feil geboten wird, 3 ) von der ultima Thüle4) her ein so frisches Lebenszeichen zu vernehmen? Lieblicher hat mir lange nichts geklungen als Ihre Worte: „Hauptsächlich in der Lehre vom Trüben, diesem Brautbette gleichsam, worin sich Licht und Finsterniß hochzeitlich zur Farbe vermählen, weilen, wohnen und erfreuen. Das Licht bleibt dabey jungfräulich rein, wird nicht in sich selbst getrübt oder gezwiespaltet - so wenig wie Das im GNM aufbewahrte große Wasserprisma (GNF 0089). ) Hierzu ein Konzept (GSA 26/LII,19 Bl. 3 4 - 3 5 ) , dem auf dem folgenden Blatt (36) von Schuchardts Hand zugesetzt ist: Fortgesetzte Unterhaltung mit Herrn von Buttel in Jever. \ Wenn es für einen weisen Rath gelten muß, daß man mit demjenigen der unsre Principien verwirft, nicht disputiren müsse, weil der Vereinigungspunct ohne weiteres schon aufgehoben ist: so mögte es dagegen höchst nützlich, erfreulich und nothwendig seyn, mit demjenigen, dessen Principien mit den unsern zusammentreffen, öfters zu conversiren, damit jeder in der Anwendung sich ergebende Anstoß nach und nach gehoben werde. In diesem Sinne bereite ich folgendes zu einer neuen Sendung. (Wenzel 1992, 59.) Aufgrund der Schlußformulierung ist dies vielleicht der Text eines verschollenen Begleitbriefes an Buttel zur Büchersendung vom 3. Dez 1827 (Wenzel 1992, 75). 2
) Darstellung der Newtonschen Lehre durch J. F. Fries an der Universität Jena. ) Gemeint Jever wegen seiner extremen Randlage, nach antiker Benennung für eine nördliche, 6 Tagesreisen über England hinausreichende Insel.
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die Finsterniß sich zu etwas anderem als s i c h s e l b s t a u f s c h l ö s s e . Beide bleiben in ihrer ursprünglichen Reinheit und nur das Mittel ist es, das sie trübt und verbindet." Nehmen Sie zum Dank dagegen wenige Reimzeilen:1) Wann der Blick an heitern Tagen Sich zur Himmelsbläue lenkt, Bey'm Siroc der Sonnenwagen Purpurroth sich niedersenkt, Da gebt der Natur die Ehre, Froh, an Aug' und Herz gesund, Und erkennt der Farbenlehre Allgemeinen ew'gen Grund. Ich brauche nicht zu sagen: halten Sie fest daran; es hält Sie fest, Sie werden nicht loskommen. | Sodann wenn Sie bemerken, daß der prismatische Fall, besonders der objective, nicht ganz befriedigend aus jenen Anfängen abgeleitet sey, so gebe ich es gerne zu und eröffne nur soviel im allgemeinsten:2) wie ein reines Anschauen uns vollkommen überzeugt und beruhigt, so bedienen wir uns der A n a l o g i e , um uns selbst und andere einstweilen zu überreden und zu beschwichtigen. Ferner ist ein Urphänomen nicht einem Grundsatz gleichzuachten, a u s dem sich mannichfaltige Folgen ergeben, sondern anzusehen als eine G r u n d e r s c h e i n u n g , i n n e r h a l b deren das Mannichfaltige anzuschauen ist. Schauen, wissen, ahnen, glauben und wie die Fühlhörner alle heißen, mit denen der Mensch in's Universum tastet, müssen denn doch eigentlich zusammenwirken, wenn wir unsern wichtigen, obgleich schweren Beruf erfüllen wollen. | Mehr kann ich für dießmal nicht sagen, denn die Herausgabe meiner Werke [Ausg. letzter Hand] legt dem schon Verpflichteten vielfache Pflichten auf. Ich habe mich in dem sittlich-ästhetischen Kunstkreise beschränkt zu erhalten und darf gegen das große Naturleben meine Blicke nicht hinwenden, in Furcht gleich abgelenkt zu werden. Und doch kann ich diesen Betrachtungen niemals entgehen. Wie manche Stunde der, seit dem Abdruck meines Versuchs der Farbenlehre verflossenen siebenzehn Jahre habe ich mich nicht den unerschöpflichen Reizen einer ewigen Natur hingegeben. Auch Sie fahren gewiß fort in dem löblichen Bemühen, die nie veraltende Mutter zu verstehen und zu verkünden, wo sie sich offenbart, sie zu ahnen, wo sie sich verbergen will und, trotz aller Hindernisse, nach Maaßgabe der Kräfte und des Glücks dieselbe sich und den Ihrigen zu enthüllen. Manches ist dem Menschen zugängig, manches nicht; einiges erreichbar auf diese, anderes auf jene Weise. - Und somit dem
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) 2. Strophe von Warnung eigentlich u. symbolisch zu nehmen', vgl. oben 1. Febr 1827. ) M. Richter, Das Schrifttum über Goethes Farbenlehre . . . Dresden 1936, 3 1 zu diesem Brief: Goethes Antwort ist kurz, liebenswürdig und ausweichend.
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geübten Denker für dießmal genug. Erregen Sie mich durch fernere Mittheilung! So freundlich genöthigt begebe ich mich wohl gerne wieder auf den alten Pfad, mich umzuschauen, wo mir und andern Probleme liegen geblieben. 3. [Brief an] Herrn v. Buttel nach Jever. 4. (s. „Entoptische Farben" Tgb u. an Marx gD, EGW 3, 497f.)
5. [Nachmittags] Einige Versuche mit dem großen Wasserprisma. 1 ) 7. [Frankfurt] S. T. Soemmerring an G 2 ) (Wenzel 1988, 137): Über den Preis eines Kitchiners Gelestial Pancratic Eye Tube, mit dazu gehörigem Objectivglas und Statif, erwarte ich Antwort aus London. | Für den terrestrial sowie für den celestial P. E. T. für jeden, ohne Objectiv Glas und Statif zahlte ich einige dreyzig Gulden, einen Preis, welcher mit dem in Will[iam] Kitchiners Oekonomie der Augen. Weimar. 1826. Seite 143 angegebenen Preise übereinkommt. 3 ) Da Niemand sonst, hier zu Frankfurt, solche Eye Tubes besizt, so bin ich außer Stande, ein Objectiv Glas welches Dollond dazu liefert zu beurtheilen . . . Schade, daß Dr Kitchiner gestorben ist. 8. [Jena] J. M. Färber an G (LA II 5 B / 2 , 1254f.): Ew: Exzellenz empfangen hiermit den Rest von den hier befindlich gewesenen optischen Gerätschaften unter den Nummern 1. 2. 10. 8. 9. 27. 55. 56. und 59. | Bei der No. 8. ist schon früher ein Kästchen, mit den Gerätschaften welche sich in der Gartenwohnung befanden nach Weimar gesendet worden, das Verzeichnis über die sämtlichen Gegenstände lege untertänig mit bei. 4 ) 8. [Weimar] F. Soret an G (LA II 5 B / 2 , 1255): Je suis bien impatient de retrouver quelques heures pour pouvoir suivre ä l'interessante discussion relative ä l'optique . . .
9. An J. W. Döbereiner (Br 42, 181): Ew. Wohlgeboren | erlauben in einem elektro-chemischen Falle Ihre geneigte Mitwirkung zu erbitten. | In dem Jahrbuch für Chemie und Physik von Schweigger für 1827 Band I Heft 1 Seite 8 finde ich einen Aufsatz von Leopold Nobili über eine neue Klasse elektro-chemischer Erscheinungen. 5 ) | Da er sowohl das Verfahren als die Erscheinung deutlich beschreibt, 6 ) wünsche ich die Seite 11 erwähnten vier bis fünf concentrischen, abwechselnd dunklen und hellen Kreise zu sehen, besonders aber die Seite 13 angezeigten concentrischen mit Regenbogenfarben schillernden Ringe von lebhaft glänzender Farbe. | Wollen Ew. Wohlgeboren mir einige dergleichen Producte jener Wirkungen, die Ihnen leicht gerathen würden, gefällig mittheilen, so würden Sie mir a u f s neue die Blicke erheitern, ) Vgl. oben 2. Mai 1827: an Färber. ) Antwort auf 15. Apr 1827: an Soemmerring. 3 ) William Kitchiner: Oekonomie der Augen . . . Weimar 1826, 143: Es wird verfertigt von Herrn Dollond, und für 13 Thaler 16 Gr. verkauft ... 4) Von G am 7. Febr 1827 bei Färber bestellt (s. dort). 5) L. Nobili: Uber eine neue Klasse elektrochemischer Erscheinungen. In: Journal für Chemie und Physik 49 (= Jahrbuch der Chemie und Physik 19, 1827) 8 - 2 2 . 6) Nobilis Ringe. Durch Elektrolyse von salzigen Lösungen bilden sich auf der Oberfläche von untergetauchten Metallen - von Döbereiner elektrochromatisch genannte Figuren, bunte konzentrische Ringe, die Interferenzfarben zeigen. Je nach verwendeter Salzlösung, benutztem Metall u. Polung kommen unterschiedliche Figuren zustande. 1
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die ich obwohl selten dem herrlichen freyen Naturreiche zuwenden kann. Mai
10. (s. „Entoptische F a r b e n " gD, E G W 3, 498) 11. [Jena] J. W. Döbereiner an G (G-Döbereiner 141f.): Ew. Exzellenz hochgeneigtes Schreiben an mich v o m 9. d. erhielt ich in dem Augenblicke, wo Versuche über die Darstellung der elektrochromatischen Figuren mich beschäftigten, 1 ) und es machet mir große Freude, Hochdenenselben dieses merkwürdige Phänomen auf einem Stückchen Platinblech vorlegen zu können. Dasselbe Phänomen finden Ew. Exzellenz wiederholt dargestellt auf einem mit Platin überzogenen Deckel von Töpferton - begleitet von einer Silberplatte mit Niello-Arbeit, 2 ) welche mir von Herrn Baurat [G. T.] Geinitz in Altenburg mitgeteilt worden, um solche Sr. Königlichen Hoheit und Ew. Exzellenz vorzulegen. 22.
[Halle] J. S. G. Schweigger an G (Bratranek 2, 3 1 0 - 1 2 ) : Ew. Excellenz | wird dieses Schreiben überreicht werden durch Herrn Doctor [K. G. F.] Fischer . . . [er] ist zugleich gründlich gebildeter Philolog und fand daher an meiner Art, einige Zweige der Naturlehre mit Beziehung auf alterthümliche Wissenschaft und Kunst zu behandeln, besonderes Vergnügen . . . Der Kreis bedeutungsvoller, mit den samothracischen Mysterien 3 ) zusammenhängender Antiken, von denen ich einige in Heft I. und XI. des vorigen Jahrgangs meines Journals bearbeitete (die auf einer von Herrn Dr. Fischer gestochenen Kupfertafel abgebildet sind), 4 ) erweitert sich mehr und mehr. Und gesetzt auch, daß ein unerhörter Zufall in ganz heterogene Phantasiebilder so viel streng physikalische Bedeutsamkeit gelegt hätte, willkommen m a g uns dennoch alles sein, was aufregt zur Umgestaltung und Vereinfachung physikalischer Versuche und Andeutung darbietet zu neuen Experimenten. Herrn Dr. Fischer aber kann ich als einen guten und eifrigen Experimentator empfehlen im physikalischen sowol als chemischen Fache. Lange Zeit hat derselbe auch in meinem chemischen Laboratorio gearbeitet und mehrere Reihen von Untersuchungen durchgeführt, z. B. über das Ghrom, wozu ihn, da er Miniaturmalerei liebt, die Schönheit der mit diesem Körper zu erzeugenden Farben veranlaßte, welche er sämmtlich aus dem rohen Erze in größter Schönheit darstellte. Dergleichen chemische Arbeiten zur Uebung hat er mehrere ausgeführt und sich auch in Anstellung physikalischer Versuche fleißig geübt. Seine Liebe zum Malen und Zeichnen führte ihn zum eifrigen Studium der Farbenlehre, wobei ihm natürlich die Newton'schen Ansichten (obwol er ein guter, auch mit höherer Analysis vertrauter Mathematiker ist) so wenig genügen konnten, als wol je einem, der mit Malerei sich beschäftigte. Ew. Excellenz werden im 12. Hefte des Jahrbuchs der Chemie und Physik für 1826 nicht ohne Befriedigung gesehen haben, wie einige Engländer, indem sie das Prisma ganz streng als chemisches Reagens behandelten, die Newton'sche Theorie gewissermaßen auf die Spitze stellten, 5 ) sodaß die Sache selbst bei der leisesten Berührung, woran ich es nicht
Vgl. oben 1 8 1 7 Aug 11.: Buchbestellung u. zum erfolglosen Versuch 1817 Nov 23. ) Vgl. oben S. 638f., 24. Apr 1812: an H. Meyer. Eines der Rezepte zur Herstellung der schwarzen Farbe stammt von Benvenuto Gellini. Dazu auch unten 1827 Juni 1. u. 2.: jeweils an Döbereiner u. die Tgb-Eintragungen Anf. Juni. 3) Mysterienkult griech. Ursprungs; nach der Insel Samothrake benannt. 4) J. S. G. Schweigger: Über Elektromagnetismus. Eine zur vierten Versammlung deutscher Naturforscher und Ärzte geschriebene Abhandlung. In: Journal für Chemie und Physik 4 6 (1826) H. 1 (= Jg. 1826, H. 1), 1 - 7 2 ; Ders.: Über Elektromagnetismus. (Fortsetzung . . . ) . Ebd. 48 (1826) H. 2 (= Jg. 1826. H. 11) 2 8 9 - 3 5 2 . Zum 1. Teil 2 Zeichensprache. Kupfertafeln, die zweite zu Sinnbilder einer physikalischen 5 ) W. H. Fox Talbot: Einige Versuche über gefärbte Flammen. In: Journal für Chemie und Physik 48 (1826) H. 4 (= Jg. 1826, H. 12) 4 4 5 - 5 2 . 2
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fehlen ließ, von selbst umschlagen mußte. 1 ) Die Betrachtung schloß sich an Fraunhofer's prismatische Versuche an, 2 ) über dessen sonderbare Ansichten, die er nachher selbst verließ, Herr Dr. Fischer einiges wird mitzutheilen wissen. Diesem habe ich gerathen, in Jena zu disputiren und als Privatdocent aufzutreten, weil man dort jungen talentvollen Männern von jeher günstig und nie so scheu vor neuen Ansichten war, als auf einigen andern, fast allein den philologischen und literarischen Studien zugewendeten Universitäten. Möge es ihm gelingen, der Gnade Ew. Excellenz gewürdigt zu werden. Was für diesen hoffnungsvollen jungen Mann geschehen mag, wird mich stets so erfreuen, als ob es mir unmittelbar zutheil geworden wäre, und ich weiß gewiß, daß dafür schon im voraus auch im Namen der Wissenschaft gedankt werden kann.
Juni
1. An J. W. Döbereiner (Konzept, nicht abgesandt; Br 42, 369): Nun aber darf ich wohl anfragen, ob ich mir das mit Ringen schon begabte Platinaplättchen zueignen und zu meinem übrigen chromatischen Apparat hinzufügen darf oder ob vielleicht ein anderes für mich könnte bereitet werden? 3 ) | Dagegen behalte ich mir vor über das Niello Einiges mitzutheilen. 4 ) | Gegenwärtiges schreibe ich in meinem Garten am Stern, wo die nöthigen Bücher und Papiere mir abgehen, 5 ) allein so viel kann ich wohl sagen, daß mir der Nielloproceß zu complicirt scheint. Cellini nimmt dazu nur das reinste Silber und Schwefel, und mir scheint auch dieß hinreichend, weil die Rede nur ist ein Metalloxyd zu erhalten, welches sich durch Schmelzung mit dem Silber leicht verbindet. Wenn ich nicht irre, so findet sich etwas hiervon in meinen Anmerkungen zu Cellinis Leben. 6 ) | Doch hätte ich noch eine andere Mittheilung zu machen, nämlich eine sehr schöne Arbeit, 7 ) die man im 16. Jahrhundert sehr hoch trieb, wo man jenes Metalloxyd auf eine eiserne Platte aufschmolz, mit der es sich durch seinen Schwefelgehalt leicht vereinigte, diesen Grund polirte und auf eine eigne Weise Zierrathen und Figuren von Gold darauftrug, welche man einschmolz und weiter polirte, welches sich dann auf dem schwarzen Grunde gar herrlich ausnahm. Über das Verfahren bin ich selbst nicht ganz klar, es müßte erst durch Übung ausgemittelt werden. Hätte ich das Glück, mich in Ew. Wohlgeboren Nähe, wie sonst, länger aufzuhalten, so sollte dieß auch gar bald in's
Schweiggers Nachträge in: Journal für Chemie und Physik 48 (1826) H. 4 (= Jg. 1826, H. 12) 4 5 3 - 7 1 ; mit Hinweisen auf T. J. Seebeck: Von den Farben und dem Verhalten derselben gegen einander. In: Journal für Chemie und Physik 1 (1811) 4 - 1 2 (vgl. oben S. 611ff., 29. Jan 1811: Seebeck an G) u. auf G's Erklärung der Farbenentstehung durch trübe Mittel. 2) Zu Fraunhofers Publikation s. oben S. 732, 1817 Juni 29.: an Körner. 3) Die 11. Mai 1827 von Döbereiner gesandten elektrochromatischen Figuren auf Platinblech. 4) Zu den Präparaten u. dem Niello vgl. oben 1827 Mai 9.: an Döbereiner u. Mai 11.: Döbereiner an G. 5 ) Vgl. die Buchentleihung (Duchesne) vom 2. Juni 1827, Beschäftigung damit Juni 3. u. 4., Weitergabe an Döbereiner Juni 6. 6) Im Anhang unter VIII. Goldschmiedegeschäft ... 3. Niello (W 44, 321). 7 ) Wohl das am nächsten Tag entliehene Ritterschild.
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Reine kommen. | Die Hoffnung, diesen Sommer einige Zeit in Jena zuzubringen, gebe nicht ganz auf, da ich denn gar manche Desiderata unter Ihrem einsichtig-thätigen Beystande zu gewinnen hoffe. Juni
2. (Aus der Weimarer Bibliothek - bis ? - : Das Ritterschild im Kunstcabinet mit schöner in Eisen getrieb. Gold ausgelegter Arbeit.) 2. (Aus der Weimarer Bibliothek - bis 15. Febr 1828 - : Duchesne, Jean: Essai sur les nielles, gravures des orfèvres Florentins du XVe siècle. Paris 1826.)
2. [Sendung] An Professor Döbereiner, die Silberschaale, ingleichen das niellirte Silberblättchen zurück1) ... [Abends] Über das Niello fortgelesen. 2. An J. W. Döbereiner (Br 42, 204): Ew. Wohlgeboren | die mitgetheilte Schale dankbarlichst zurücksendend darf ich wohl versichern, daß mir seit langer Zeit in physisch-chemischen Dingen nichts Angenehmeres zu Gesicht gekommen, als die geneigt übersendeten Resultate jener mir bey dem ersten Kundwerden alsobald höchst wichtig erscheinenden Versuche.2) | Die bekannten, bey dem Druck einer convexen auf eine concave Linse entstehenden Ringe sind als von außen nach innen zu sich erzeugend anzusehen, 3 ) da denn die gelbe Farbe immer voran geht. Hier aber verbreitet sich die Wirkung von dem Mittelpunct nach der Peripherie und so geht denn auch hier die gelbe Farbe voraus nach dem Umkreise zu. Im Zusammenhang, wie ich diese Erscheinungen denke, ist es mir von Wichtigkeit. Über Niello nächstens das Weitere. 3. Ich fuhr fort ... zu lesen. Ingleichen das Werk über den Niello. 3. (s. „Physikalische Preis-Aufgabe . . . 1827": an Uwarow gD)
4. Die Werke des Maso Finiguerra näher betrachtet und bewundert. 4 ) Überhaupt ist das Buch über die Niellen sehr schätzenswerth zu nennen . . . [Nachmittags] nicht weniger die Abhandlung vom Niello weiter studirt. 6. [Abends] Das französische Buch über Niello nahm Oberbaudirector Coudray mit um solches Hofrath Döbereiner zu übergeben, nach 21. An Zelter (nicht abgesandt; Br 42, 377): Professor Fries, der in Jena den alten Newtonischen Unsinn noch immer fortlehrt, 5 ) durfte in seinem Compendium 6 ) nicht vom k l e i n e n L ö c h l e i n sprechen, das habe ich ihnen denn doch verkümmert; nun spricht er von einem s c h m a l e n S t r e i f e n , 7 ) das nun ganz dumm ist. Aber was ist einer Partey zu dumm, das sie nicht als Hocus-Pocus vorzubringen wagt! | 2
) 3 ) 4 ) 5 ) 6 ) 7 )
Von Döbereiner am 11. Mai 1827 übersandt. Erneute Ergebnisse legt Döbereiner noch einmal am 1. Juli 1828 vor (s. dort). Vgl. FL Didaktischer Teil §§ 4 3 2 - 5 0 (FA I 23.1, 156-61). Florentiner Goldschmied u. Graveur. Zu Fries vgl. oben 1827 Febr 1., März 29.: an Zelter u. Mai 3.: an Buttel. J. F. Fries: Lehrbuch der Naturlehre . . . Theil 1: Experimentalphysik. Jena 1826. Ebd. § 92, S. 325.
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Dich geht die Sache nichts an, und es sollte mir leid seyn, wenn du dich im mindesten darum bekümmertest; aber das darf ich dir wohl sagen, indem ich nun bald vierzig Jahre zusehe, wie sich der mathematisch-physische Leviathan 1 ) mit dem Harpun benimmt, den ich ihm in die Rippen geworfen habe. Es ist kein Großthun, wenn ich dir versichere daß Niemand lebt, der in diese Mysterien klar hineinsieht wie ich: wie man nämlich das Falsche mit dem Wahren fortschleppt. Jüngere Männer merken und sehen es zwar, aber sie dürfen und können sich vom Überlieferten nicht losmachen, weil sie ja keine Sprache hätten sich auszudrücken, und [so] merken sie wieder, daß man mit falschen Worten das Wahre nicht sagen kann. Juni 24. [Braunschweig] K. M. Marx an G (LA II 5 B / 2 , 1263f.): Euer Exzellenz werden verzeihen, daß ich auf Dero gütige Anfrage vom 4ten Mai erst jetzt antworte, wenn ich bemerke, daß der Künstler, mit welchem gemeinsam ich die fraglichen Versuche [zur Thermoharmonika] angestellt, 2 ) durch eine besondre, mittelst Erkältung herbeigeführte Affektion der Augen lange an der Fortsetzung derselben verhindert worden. Dieser Zustand vorzüglich des rechten Auges ist in chromatologischer Hinsicht merkwürdig. Es ist nämlich beinahe der dritte Teil seiner Sehe gegen das Licht fast unempfindlich geworden. Wirkt aber starkes Licht auf denselben durch gefärbte Mittel, z. B. Gläser, so wird es empfunden, aber mit der E r g ä n z u n g s - F a r b e , die erst nach einiger Zeit in die wirkliche Farbe des Mediums übergeht. Hier wäre also mit der Überreizung der Retina durch krankmachende Einflüsse eine polarische Umstimmung in ihr eingetreten. Bei dieser Gelegenheit erlaube ich mir auch einen kleinen Aufsatz, den ich über einen verwandten Gegenstand in unserem Provinzialblatte habe einrücken lassen, 3 ) hier beizufügen 4 ) . . . In meinen öffentlichen Vorträgen über Farbenlehre 5 ) bin ich bis an die paroptischen Farben gekommen. 6 ) Ich hatte mir zuerst vorgenommen und auch meinen Zuhörern angekündigt, daß ich diese Lehre sowohl nach der alten als auch nach der neuen Schule darstellen und mich dabei gewissermaßen neutral verhalten wolle. Aber im Laufe der Mitteilungen und Versuche ergab sich, daß Letzteres unmöglich sei; meine sich immer mehr befestigende Überzeugung von der Haltlosigkeit jener und der Naturgemäßheit dieser Ansicht drängte sich unaufhaltsam hervor und ging auf den größten Teil der Anwesenden über, die es mir nun sehr danken, ihnen das Verständnis eines so herrlichen und unerschöpflichen Werks, als Goethes Farbenlehre ist, aufgeschlossen und von allen Seiten zugänglich gemacht zu haben. Einige Schwierigkeit machte mir, und macht mir noch die Erklärung der dioptrischen Farben: „daß beim Durchgange durch das Prisma das helle Bild nicht rein verrückt werde, sondern sich neben und an ihm noch ein Nebenbild erzeuge, welches denn als das Trübe wirke." 7 ) Ich habe mir viele Mühe gegeben, einen physikalischen Grund für die Erzeugung eines solchen Nebenbildes aufzufinden, und mich endlich damit begnügt, daß eben die Annahme eines solchen die Phänomene am befriedigendsten erkläre. Zuerst glaubte ich ) Biblisch-mythologisches Seeungeheuer. ) Der Braunschweiger Mechaniker Deicke. 3) K. M. Marx: Ueber die Unfähigkeit gewisser Augen, die Farben zu unterscheiden; auszugsweise abgedruckt LA II 5 B / 1 , 352f., M 123. 4) Das Folgende s. in „Entoptische Farben": Marx an G gD, EGW 3, 498. 5) Darüber schon oben 13. Febr 1827: Marx an G. 6 ) Vgl. F L Didaktischer Teil §§ 3 8 9 - 4 2 8 (FA I 23.1, 144-54). 7) Kein Zitat, sondern Inhaltsangabe der §§ 2 3 2 - 3 4 (FA I 23.1, 97f.). Ähnliche Probleme mit der Erklärung des Nebenbildes hatte Buttel (vgl. oben 18. Apr 1827: Buttel an G). 1
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ZUR FARBENLEHRE
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mit der bloßen Verrückung des hellen Bildes über dem dunklen Grunde auszureichen und mit der Annahme, daß es auf dem Wege durch das dichtere Mittel eine größere Bestimmbarkeit zur Farbenerregung empfangen habe; (denn sonst müßte ja auch ein durch Spiegelung über einen dunklen Grund geführtes Bild farbige Ränder und Säume zeigen,) aber diese Erklärung schien mir so wenig zureichend, als die von Gominale, der in seinem Antinewtonianismus p 115 eine Oppositio lucis et umbrae annimmt, 1 ) oder die von „Werneburg", der die helle und dunkle Seite des Prisma zu Hilfe ruft. 2 ) Seltsamer aber läßt sich nichts denken als wie J. Reade (in s. Experimental outlines for a new Theory of colours London 1816. I.) 3 ) die Sache erklärt. Er läßt alle Farben aus dem S c h w a r z e n , dem Nichtlicht hervorgehen, und die des Prismas aus den dunkeln Kanten des Glases. Wie merkwürdig ist aber dieser Gegensatz gegen seinen Landsmann, der Alles aus dem Lichte ableitet, und wie nahe liegt die Folgerung, daß die Wahrheit in der Mitte liege! In dem Buche sind übrigens manche eigentümliche und tüchtige Beobachtungen enthalten. Der p. 180 angegebene Versuch, Blasen aus Seifenwasser und Hausenblase zu bilden, 4 ) welche die farbigen Ringe vorzüglich zeigen, und sich M o n a t e l a n g halten sollen, hat mir nicht gelingen wollen. - Um die farbigen Schatten sehr bequem und deutlich zu zeigen, bediene ich mich einer argandischen Lampe, 5 ) über die ich Z y l i n d e r von verschiedentlich g e f ä r b t e m Glase stelle 6 ) . . . Wenn das volle Sonnenbild durch ein Prisma aufgefangen an eine Wand geworfen wird und da ein langes horizontales Spektrum bildet, so erscheint es in der Mitte a u s e i n a n d e r g e z o g e n , wenn man es mit einem halb roten halb blauen Papier auffängt; da hier an keine zweite Refraktion zu denken ist, so zeigt der Versuch unwidersprechlich und objektiv die Wirkung der homogenen und heterogenen Ränder. Ich habe ihn im Entwurf nicht gefunden. 7 ) Juni 26. [Frankfurt] S. T. Soemmerring an G (Wenzel 1988, 138): Endlich habe ich aus London, auf meine Anfrage, wegen des Preises eines Pancratic Eye Tube,8) von einem indessen verreist gewesenen Freunde, 9 ) Nachricht erhalten, aber keine genügende. | „Dollond, schreibt er, fordert für Kitchiners Pancratic Eye, welchen man an ein gutes Fernrohr anschraubt, zwey Guineen" Ob und Warum ihm Dollond den Haupt Punkt, nämlich was ein solcher Eye Tube, mit einem dazu paßenden trefflichen Objectiv Glase nebst dem Statif, koste, nicht beantwortete, wird nicht bemerkt. | Daß Serenissimus, Allerhöchst welchem ich meine ehrerbietigste Dienstwilligkeit zu bezeugen bitte, wegen der Kleinheit des Feldes, und dem Mangel an Helligkeit des Gegenstandes mit zunehmender Vergrößerung, selbst mit einem dazu paßenden, an sich fürtrefflichen, Objectiv Glase zufrieden seyn würden, möchte ich nach nunmehr wiederhohlten, strengen, Prüfungen, des aus Vier Ocular Gläsern zusammengesezten Eye Tubes, bezweifeln. Lebte mein hocherfahrner Frauenhofer noch, 10 ) so könnte man vielleicht nachhelfen. 11 ) 1)
Gelestino Gominale: Anti-Newtonianismi pars prima, in qua Newtoni de coloribus systema ex propriis principiis geometrice evertitur et nova de coloribus theoria luculentissimis experimentis demonstratur. Neapel 1754. Vgl. oben S. 571, 24. Febr 1810. 2 ) Zu Werneburgs Publikation s. oben S. 723fl, 1817 Jan 7.: Seebeck an G u. Mai 13.: Werneburg an G. 3 ) Zu Reades Publikation s. oben S. 722f., 1817: TuJ. 4 ) Getrocknete Schwimmblase des Hausen (Beluga, Stör). 5 ) Zur Argandischen Lampe s. oben S. 714f., 23. Aug 1816: W. Tappe an G mit Anm. 6 ) Das Folgende s. in „Physische Farben": Marx an G gD. 7 ) Das Folgende s. in „Entoptische Farben": Marx an G gD, EGW 3, 498. 8 ) Darüber schon oben 7. Mai 1827: Soemmerring an G. 9 ) Wohl der im Juni 1827 verreiste Chirurg A. P. Gooper, mit dem Soemmerring über den Verkauf von Sammlungsstücken korrespondierte (Wenzel 1988, 139). 1 0 ) Fraunhofer war 1826 im Alter von 39 Jahren gestorben. 1 1 ) Text dieses Z in G's Brief an Carl August vom 8. Juli 1827.
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Juni 29. [Berlin] Hegel an G (GJb 1895, 71f.): Sollten Sie sich . . . wieder einmal in optische Angelegenheiten einlassen wollen, so wäre jedes Compendium der Physik 1 ) oder dergleichen, was neuerlich erschienen, ein Anknüpfungspunkt dafür 2 ) . . . aber Materialien zu einem Anhang der Farbenlehre liegen Ihnen in Uberfluss vor; an Wünschen ja vielleicht an Ansprüchen zu einem solchen Anhange fehlt es uns nicht; ich dürfte vielleicht die Form eines Artikels für unsere Jahrbücher hiefür vorschlagen, der, wenn die Reihe in der Herausgabe der Werke, an die Farbenlehre kommen wird, 3 ) die Stelle eines Anhangs oder eines Theils eines solchen einzunehmen geeignet seyn könnte. Ich wiederhohle aber dass ich mich auf solche Vorschläge nur auf Ihre ausdrückliche Aufforderung eingelassen habe. | In einigen Wochen erlaube ich mir, Ihnen die 2te Ausgabe meiner Encyklopädie der philosophischen Wissenschaften zu überschicken, 4 ) in Beziehung auf einen Versuch, den ich darin gemacht, eine Ordnung und Stufenfolge von dem Phänomene der sogenannten Brechung an bis zur fixen Farbe anzugeben, indem ich jene als die erste Differentiirung in dem Durchsichtigen betrachtete, die dann zur Verdunklung im spröden fortgehe u. s. f. 5 )
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2. [Abends] .. . 6 ) Erwähnung einiger Rezensionen in den Berliner Jahrbüchern. 7 ) [2.] An K. M. Marx8) (Konzept, abgesandt?; LA II 5 B/2, 1267ff.): Die Hauptsache in solchen Fällen ist, daß wir deutlich einsehen was uns berechtigt dieses oder jenes anzunehmen und uns dabei vorerst zu beruhigen. Trübe Mittel aller Arten zeigen Ihnen den Ursprung der Farben, sie lassen sich hervorbringen je nach dem hell über dunkel oder dunkel über hell geführt wird. (Welches nicht anders entstehen kann als wenn eine sichtbare Begrenzung, welche wir vorerst als hell und dunkel annehmen, vorhanden ist.) Dieses ist eine Erfahrung, nach meinem Dafürhalten eine Grunderfahrung, auf die wir nunmehro fortbauen. | Bei dem subjektiven, prismatischen Falle erkennen Sie durchaus, 9 ) daß ein Bild verrückt wurde, oder wenn Sie wollen, daß eine Grenze der andern folge, entweder die dunkle der hellen oder die helle der dunkeln. Sehen Sie nun, daß im gedachten Falle die Grenze nicht rein abgeschnitten erscheint, sondern sich ein farbiges Phänomen an
Wie z.B. das Lehrbuch von Fries; s. oben 1. Febr 1827. ) Anregung zu Beiträgen für die Jahrbücher für wissenschaftliche Kritik. Zur Vorgeschichte vgl. an Hegel u. Varnhagen von Ense, 15. März 1827 (Br 42, 91f., 323) u. an Hegel, 9. Mai 1827 (Br 42, 180). - Das Folgende s. in „Purkinje: Das Sehen in subjectiver Hinsicht": Hegel an G gD. 3) F L in Ausg. letzter Hand erst als Nachgelassene Werke Bd 1 2 - 1 4 (1833) u. 19 (1842). 4) Encyclopädie der philosophischen Wissenschaften im Grundrisse. Zum Gebrauch seiner Vorlesungen. 2. Ausgabe. Heidelberg 1827 (Ruppert Nr. 3059). 5) Das Folgende s. in „Einleitung zu öffentlichen Vorlesungen . . . " : Hegel an G gD, EGW 3, 322. 6 ) Vorausgehendes s. in „Entoptische Farben" gD, EGW 3, 499. 7) Die Berliner Jahrbücher für wissenschaftliche Kritik mit Purkinjes Rezensionen von Johannes Müllers Werken; vgl. unten 3. Juli 1827. 8) Antwort auf 24. Juni 1827: Marx an G. Datierung nach Tgb vom gleichen Tag. 9 ) Vgl. F L Didaktischer Teil §§ 2 3 1 - 4 2 (FA I 23.1, 97-100). 2
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ihr entwickelt und solche undeutlich, unsicher macht, und zwar jedesmal wenn das Dunkle dem Hellen folgt, daß ein gelbroter Streif; wenn das Helle dem Dunkeln folgt, sich ein blauroter Streif entwickelt, und in die nächste Grenze hinüberstrahlt: so sind Sie berechtigt zu schließen und anzunehmen, daß hier etwas vorgehe was nicht schwarz und weiß ist, weder hell noch dunkel, sondern ein drittes, ein Mittelzustand, ein Trübes, welches nach dem oben anerkannten Urgesetze sich ganz konsequent verhält und manifestiert. Wir müssen uns von dem entwöhnen was man gewöhnlich e r k l ä r e n heißt, ableiten, folgern, die Identität der Erscheinungen unter den mannigfaltigsten Bedingungen anerkennen. Dieses ists, wozu sich der Naturforscher bilden muß, daß er immerfort im Anschauen bleibe und ihm, unter allen Umständen, das Gesetz gegenwärtig bleibe, was er nicht gerade einem Jeden zu jeder Zeit beweisen und bis zur vollständigsten Überzeugung mitteilen kann. | Man hat bemerkt 1 ) daß ich 2 ) mit Klugheit, wo nicht gar mit Schlauheit die subjektiven Versuche vor dem objektiven so ausführlich behandelt, bei den letzteren aber noch eher etwas zu tun und zu leisten übrig gelassen. Ich will das gern gestehen; hier tritt aber jene wichtige psychologische Bemerkung ein, daß der menschlichen Erkenntnis selbst das Zugängliche oft nur von Einer Seite gleichsam nur wie ein planum inclinatum [geneigte Ebene] bequem offen liegt und frei steht; da es von der andern Seite schroff und unzugänglich entgegen steht. | Newton setzt ja selbst an die Spitze seiner Optik ein subjektives Experiment, welches abzuleiten mir erst nach 257 vorausgeschickten Paragraphen möglich wird; 3 ) welcher langsame Weg also ganz eigentlich polemisch ist und mir die Überzeugung läßt, daß man sich die Falschheit dessen was Newton aus seinem ersten Experimente gleichsam lakonisch und peremtorisch [aufhebend] zu schließen und zu folgern sich erlaubt, durchaus unhaltbar und falsch sei, daß derjenige, sag ich, für das Folgende einen desto offnern Sinn mitbringen werde. | Die große Bequemlichkeit der subjektiven Versuche die einem jeden Augenblick, bei jeder Tags- und Jahrszeit, unter allen Umständen angestellt werden können, wo man mit einem Blick große und kleine, schmale und breite Bilder, horizontale und vertikale, farbige und farblose überschauen und die Wirkung der farbig säumenden Refraktion bis ins Allergenauste und Stetigste beobachten kann, haben doch wohl den Vorzug vor den objektiven, 4 ) welchen gerade soviel Hindernisse im Wege stehen als
) Der folgende Satz ist nach Buttel formuliert; vgl. oben 18. Apr 1827: Buttel an G. ) In der Hs. wohl durch Hörfehler des Schreibers: sich. 3) F L Didaktischer Teil § 258: XVIII Farbige Bilder durch Brechung verrückt (FA I 23.1, 104). 4 ) F L Didaktischer Teil §§ 2 9 9 - 3 0 5 : XX Vorzüge der subjektiven Versuche. Ubergang zu den objektiven (FA I 23.1, 116ff.). 1
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Vorteile die erstem begünstigen. | Ja ich will weiter gehen und aussprechen: Man muß sich erst durch alle subjektiven Fälle dergestalt durchgearbeitet haben, daß sie uns erst trivial werden, daß wir den Begriff vollkommen erfassen, aufs innerlichste mit uns und unsrer Denkweise vereinigen, um ihn auf jene Erscheinungen überzutragen, die auf die mannigfaltigste Weise hinderlich sind, denselben rein aufzufassen. | Will man sich jedoch auch hier gehörig unterrichten und überzeugen, so lasse man es an dem großen Wasserprisma, das ich deutlich beschrieben,1) ja nicht fehlen; man gewöhne sich mit ihm zu operieren, vor allen Dingen stelle man es in die freie Sonne, arbeite mit vorgeschobenen Pappen, Blechen und s. w. Auf diesem Wege wird man denn auch immer dasselbige finden, den Hauptbegriff immer mehr bei sich bestätigen2) . . . Übrigens wünsche was ich in Nachstehendem noch zu sagen habe, deutlich zu sagen, wenigstens nicht abstrus zu erscheinen3) . . . Mögen diejenigen denen es ernst ist in dieser Sache, hierin aufs Gewissenhafteste verfahren und sich überzeugen, daß man dem Wahren nicht mehr schadet als mit falschen Worten, da ja selbst das wahrste unmittelbarste Wort immer wieder in dem Geiste der es vernimmt sich beleben muß, wenn es die reine Erfahrung, den klaren Begriff nicht überdauern noch verdüstern soll. Juli
Februar der genannten Jahrbücher . . . betreffend . . . Johannes Müller in Bonn.4) 7. An S. T. Soemmerring (Br 42, 246): Nur mit wenigem will ich, mein Verehrter, das letzte werthe Schreiben [vom 26. Juni] hiedurch erwidern. Es ist mir sehr angenehm, wenn das englische allgewaltige Auge [Celestial Pancratic Eye Tube] zu entbehren ist; wo wir in unserm Kreise die Hülfe des Mikroskops bedürfen, ist das Amicische nach meiner Erfahrung und Überzeugung hinreichend. | Es macht mir große Freude, wenn Sie an dem was von mir ausgeht fortfahren Antheil zu nehmen und zu eignem Thun gewissermaßen neue Aufmunterung schöpfen. Auch ich finde nichts belebender als die Betrachtung gleichzeitig mitwirkender Thätigkeiten.
3.
8. [Brief an] Herrn Geheimen Rath Sömmering nach Frankfurt a. M.
) FL, Erklärung der . . . Tafeln, Sechzehnte Tafel (FA I 2 3 . 1 , 1039f.). ) Das Folgende s. in „Physische Farben": an Marx gD. 3) Das Folgende s. in „Physiologe Farben": an Marx gD u. „Entoptische Farben": an Marx gD, E G W 3, 4 9 8 f . 4) J. E. Purkinje: [Rezension zu] Johannes Müller: Zur vergleichenden Physiologie des Gesichtssinnes des Menschen und der Thiere . . . Leipzig . . . 1 8 2 6 . . . [und] Ueber die phantastischen Gesichtserscheinungen . . . Koblenz . . . 1 8 2 6 . In: Jahrbücher für wissenschaftliche Kritik, Jg. 1 8 2 7 , Febr, H. 1 2 - 1 5 , Sp. 1 9 0 - 2 2 8 . Zu G's Urteil über diese Rezension vgl. unten 1 8 2 7 Aug 17.: an Hegel u. Nov 8.: an Varnhagen von Ense. 1
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8. An Carl August (Konzept; Br 4 2 , 248): Geheimerath v. Sömmerring will zur Anschaffung des so wunderbar benamseten Mikroskops keineswegs rathen, wie nachfolgender Auszug aus einem Briefe desselben mit mehrerem darthut. Was mich betrifft, so bin ich überzeugt, daß mit dem nunmehr wieder hergestellten Amicischen Mikroskop sehr viel auszurichten sey:1) 23.
[Frankfurt] S. T. Soemmerring an G (Wenzel 1 9 8 8 , 143): Mich freuts meine längst geheegte | Vermuthung, daß Linsen aus Diamant | geschliffen mehr als selbst die aus Krystall | leisten müßten verwirklicht zu erleben! 2 )
26.
[Karlsbad] Ulrike v. Pogwisch an G (LA II 5 B / 2 , 1273): Der Abend war sehr schön, und ich mußte Ihrer sehr gedenken weil ich nie so viel verschiedene Farben auf einmal am Himmel gesehen habe. -
27. An Ulrike v. Pogwisch (Br 4 2 , 280f.): Nun erinnere ich mich auch des dir mitgegebenen Geldes, das du, wie mir Ottilie sagt, nicht los werden kannst, weil keine der gewünschten Gläser sich vorfinden. 3 ) Kaufe dafür einen hübschen Zeug für die beiden Knaben zu Kleidern . . . Indem ich nun umherdenke, was ich dir aus meinem Kreise noch zu vermelden hätte, so darf ich nicht übergehen, daß die Malvenallee im untern Garten so schön geworden ist und so herrlich blüht, daß ich sie fast zu schön finde, besonders Abends, wenn die zum Untergang sich neigende Sonne durch die Blumen scheint und die mannichfaltigen Farben erst recht in ihrem Glanz und Werth hervorleuchten.
Aug
31.
[Weimar] F. v. Müller Tagebuch (GG 3 . 2 , 160): Mit [G.] Pölchau von Berlin bei Goethe. Sein großes Interesse an der Logierschen Erfindung einer neuen und einfachem Musiklehre. „Die Maler bedürften auch eines Logier." 4 )
2.
[Teplitz ?] Ulrike v. Pogwisch an G (LA II 5 B / 2 , 1274): An die Malvenallee habe ich oft gedacht, und ich hoffe sie wird die Artigkeit haben sich noch bis zu meiner Zurückkunft blühend zu erhalten, damit ich sie auch noch bewundern kann . . . Das Zeug werde ich bestens besorgen, aber zuvor in Teplitz erst alle Glasladen besuchen, ob ich dort glücklicher bin.
5. Vor Tisch war Dr. Eckermann dagewesen und las chromatische Correspondenz. 12. [Nachmittags] Nachher Dr. Eckermann. Letzterer zeigte gar schön, wie er die Farbenangelegenheit geistreich behandelt.
) Folgt wörtlich Z 26. Juni 1 8 2 7 : Soemmerring an G ) Linsen aus Diamant erstmals von A. Pritchard 1 8 2 4 in London hergestellt. Zu Carl Augusts Wunsch, sie zu erwerben vgl. unten 16. Apr 1 8 2 8 : Heibig. 3) Vermutlich Gläser aus böhm. Glashütten mit trübem Schmelz, die G's Urphänomen der Farbenlehre zeigen: das Motiv erscheint vor hellem Hintergrund gelb, vor dunklem blau. Vgl. unten 2. Aug 1 8 2 7 : Ulrike v. Pogwisch an G. 4) J . B . Logier: System der Musik-Wissenschaft und der praktischen Komposition . . . Berlin 1 8 2 7 . 1
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12. [Weimar] F. v. Müller Tagebuch (GG 3.2, 161): Zwischen dem Hof lange bei ihm [G], Viel über Farbenlehre und Naturstudium. Lehren, überliefern lasse sich solche gar nicht, man müsse sie selbst machen, durch unmittelbares Anschauen und Reflektieren. Es gelte ein Tun, kein Theoretisieren. 1 )
13.? An Nees v. Esenbeck (Konzept, abgesandt?; Br 43, 14): An Herrn Müller, der wohl derselbe ist, welcher mir sein Buch: [Textlücke] übersendete, haben wir einen treu-fleißigen Mitarbeiter in den köstlichsten Fächern; 2 ) grüßen Sie ihn und danken zum schönsten. Freylich muß man sich in die jungen Leute zu finden wissen. Von seinen chromatischen Aufsätzen sagt er: sie seyen in meinem Sinne gedacht und geschrieben; ich möchte lieber sagen: durch meine Arbeiten angeregt. Denn auch bey ihm zeigt sich die Eigenheit deutscher Individuen, von irgend einem gebahnten Wege abzuweichen, anstatt sich des dargebotenen Vortheils zu bedienen und die Angelegenheit schneller in's Praktische zu führen 3 )... 17. An Hegel (Br 43, 26f.): Ihre literarischen Blätter lese ich mit großem Antheil, 4 ) ob ich gleich, wie Sie, meine Gesinnungen und Ansichten kennend, sich leicht vorstellen werden, hie und da den Kopf schüttele. Diese gerühmte Heautognosie 5 ) sehen wir schon seit geraumer Zeit nur auf Selbstqual und Selbstvernichtung hinauslaufen, ohne daß auch nur der mindeste praktische Lebensvortheil daraus hervorgegangen wäre 6 ) . . . Erfreuen Sie mich bald mit eigner Arbeit; 7 ) ich halte meinen Sinn möglichst offen für die Gaben des Philosophen und freue mich jedesmal, wenn ich mir zueignen kann, was auf eine Weise erforscht wird, welche die Natur mir nicht hat zugestehen wollen.
) Ähnlich unten 1827 Sept 23.: F. v. Müller u. 1831 Dez 21.: Eckermann. ) J. Müller: Zur vergleichenden Physiologie des Gesichtssinnes des Menschen und der Thiere, nebst einem Versuch über die Bewegung der Augen und über den menschlichen Blick. Leipzig 1826 (Ruppert Nr. 4901); von Müller am 5. Febr 1826 an G gesandt (s. dort). Durch Purkinjes Rezension (s. oben 3. Juli 1827) wurde G erneut auf J. Müller aufmerksam. 3) Zu diesem Briefaus schnitt das Schema: Herrn Müllers wird erwähnt. \ Gruß und Dank. \ Bemerkung über seine , Chromatica'. \ Eigenheit deutscher talentvollen Individuen, | Von irgend einem gebahnten Wege abzuweichen, \ Anstatt sich des dargebotenen Vortheils zu bedienen und die Angelegenheit ins Practische zu führen. \ Worin fremde Nationen uns soviel vorausthun. \ Bey uns beschäftigt sich jeder am liebsten mit theoretischen Eigenheiten (Br 43, 305). 4) Berliner Jahrbücher für wissenschaftliche Kritik', Hegels Einladung zur Mitarbeit s. oben 29. Juni 1827: Hegel an G. 5) Selbsterkenntnis. - Die Kritik bezieht sich auf Purkinjes Rezension der beiden Schriften von J. Müller in den Jahrbüchern für wissenschaftliche Kritik (vgl. oben 1827 Juli 3. u. unten Nov 8.: an Varnhagen von Ense). 6 ) Folgendes s. in „Einleitung zu öffentlichen Vorlesungen . . . " : an Hegel gD, EGW 3, 322. 7) Gemeint die am 29. Juni 1827 von Hegel angekündigte Sendung der 2. Aufl. der Encyclopädie der philosophischen Wissenschaften im Grundrisse. 1
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Aug 18. [Brief an] Herrn Professor Hegel nach Berlin . . . [Abends] . . . Eckermann. Wir besprachen Chromatika. 20. Abends Dr. Eckermann, welcher die auf den Regenbogen bezüglichen Versuche einsichtig und glücklich verfolgt hatte. 1 ) 22. Gruß von Herrn [B. R.] Abeken. Becher von Rubinglas . . . Dr. Eckermann. Blieb nach Tische, wurden Chromatika durchgesprochen. 25. [Bremen] K. J. L. Iken an G (LA II 5 B / 2 , 1277): In Kunst und Altertum von 1827 haben mich besonders zwei Lieder sehr angezogen: „Freunde, flieht die dunkle Kammer, wo man euch das Licht verzwickt" 2 ) . . . sie begeistern noch mehr für die Natur, als für die Kunst und das Altertum . . . In dem neuen Bande Ihrer Gedichte gefällt mir ausnehmend . . . das „Allerdings, dem Physiker", 3 ) nebst den zugehörigen, worin das tiefe Studium der Natur so kräftig zart empfohlen wird. Die Worte: „Ins Innre der Natur, o du Philister, dringt kein erschaffener Geist" 4 ) - sind mir ganz aus der Seele gesprochen. 28. [Dresden] H. D. A. Ficinus an G (LA II 5 B / 2 , 1278): Indem der Verfasser sich die Freiheit nimmt Gegenwärtiges zu überreichen, bittet er den Meister mit dem Versuche des Schülers Geduld zu haben. 5 ) [Aug]
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[Berlin] F. G. Förster an G (LA II 5 B / 2 , 1278): Ew: Exzellenz habe ich die Ehre beigehend im Auftrage des Hrn. v. Schlegel einen Abdruck der Vorlesungen über Theorie und Geschichte der bildenden Künste, welche derselbe in Berlin gehalten und im Auszuge dem von mir redigierten Konversationsblatte anvertraut hat, zu übersenden. 6 ) Die Erwähnung Ihrer Farbenlehre am Schluß der neunten Vorlesung in No. 137 7 ) . . . dürften für Sie von einigem Interesse sein. 4. (s. „Einleitung zu öffentlichen Vorlesungen . . . " gD, EGW 3, 322)
11. An H. D. A. Ficinus (Konzept; Br 43, 58f.): Ew. Wohlgeboren | schätzbares Werk habe mit Vergnügen erhalten und zwar bis jetzt nur flüchtig
Über entsprechende Versuche mit der Glaskugel s. oben 11. Febr 1827. ) KA VI 1, 216; 1827 auch in Zahme Xenien VI. (C 1 4, 381; W 3, 356, v. 1666-81); vgl. oben 1. Febr 1827. - Das andere der zwei Lieder ist: Was in der Schenke waren heute | Am frühsten Morgen für Tumulte! ... (W 6, 212). 3) In der Sammlung Gott und Welt C 1 3 (1827) 112; W 3, 105. 4) v. 1 - 3 von Allerdings^ dem Physiker. 5) H. Ficinus: Optik oder Versuch eines folgerechten Umrisses der gesammten Lehre vom Licht . . . Dresden 1828 (Ruppert Nr. 4545). Zu Ficinus vgl. LA II 5 A, 148-51; LA II 5 B / 1 , 168-72, M 49. Schopenhauer erwähnt Ficinus am 23. Juni 1818 (s. dort). 6) A. W. von Schlegels Vorlesungen über Theorie und Geschichte der bildenden Künste. (Im Auszuge mitgeth.) 1.-16. Vorlesung. In: Berliner Gonversations-Blatt für Poesie, Literatur und Kritik (1827) Nro. 113 (S. 449ff.), 118 (S. 469ff.), 1 2 1 - 2 3 (S. 483, 485f., 489f.), 127 (S. 505f.), 130 (S. 517ff.), 134 (S. 533ff.), 137 (S. 545ff.), 141 (S. 5 6 0 - 6 4 ) , 142 (S. 565ff.), 144 (S. 573ff.), 148 (S. 589ff.), 155 (S. 619f.), 1 5 7 - 5 9 (S. 625ff., 629f. 635f.); Ruppert Nr. 3205. 7) Freitag, 13. Juli 1827, S. 545ff. G habe nicht nur die Physiker ... sondern auch inbesondere die Künstler über die Natur und die Geheimnisse der Farben belehrt. Er erweise Newtons Annahme von 7 im Licht vorhandenen Farben als falsch u. erkenne nur 3 Grundfarben (Blau, Gelb u. Rot) an. Besonderes Verdienst habe G durch die Erörterung der sittlichen Bedeutung u. der Harmonie der Farben sowie durch seine physiologischen Ansichten. 2
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überlaufen können, dabey jedoch soviel ersehen, daß ich Ihnen allen Dank schuldig bin, auf meine naturwissenschaftlichen Bemühungen soviel Aufmerksamkeit gerichtet 1 ) und dasjenige was ich für wahr und nützlich halte aufgenommen und andern mitgetheilt zu haben. Sie benutzen den großen Vortheil eines Lehrvortrags, 2 ) wodurch wir genöthigt werden, dasjenige was uns interessirt immer mehr zu bearbeiten, die Erfahrung vollständiger, die Methode reiner und übersichtlicher zu machen. Und so werden Sie gewiß eine höchst erfreuliche und in ihren Anwendungen Vortheil bringende Lehre auch fernerhin befördern. | Dringende Obliegenheiten hindern mich, gegenwärtig in diesem mir höchst werthen Felde zu verweilen. Sobald es mir möglich wird, meine Aufmerksamkeit wieder dahin zu lenken, gedenke ich auch Ihr Werk näher zu betrachten und meine Gedanken darüber zu eröffnen. 3 ) Verharren Sie auf diesem Wege, umgeben Sie sich mit den Phänomenen wie ich es auch thue, denn auf diese Weise kommt man oft unvermuthet in den Fall, der ewig unerschöpflichen Natur immer wieder einmal eine Seite des Millionecks abzugewinnen, die sich uns gerade in einem gewogenen Augenblicke zuwendet. Sept 14. (s. „Einleitung zu öffentlichen Vorlesungen . . . " gD, EGW 3, 322) 17. [Dresden] H. D. A. Ficinus an G (LA II 5 B / 2 , 1280): Überrascht durch Ihr Geschenk [Bronze-Medaille], bewahre ich es als ein schätzbares Andenken, das mich stets den Weg zu gehen erinnern wird, den Ew. Exzellenz durch eigenes Beispiel vorzeichneten. | Für die gütige Aufname, die mein schwacher Versuch fand, innig verpflichtet . . . 23. [Weimar] F. v. Müller Tagebuch (GG 3.2, 224f.): Abends von 6 bis 7V4 Uhr. Allein bei ihm [G]. Er hatte eben in einem großen Folianten gelesen . . . „Ich muß gestehen, ich wüßte auch nichts mit der ewigen Seligkeit anzufangen, wenn sie mir nicht neue Aufgaben und Schwierigkeiten zu besiegen böte. Aber dafür ist wohl gesorgt, wir dürfen nur die Planeten und Sonnen anblicken, da wird es noch Nüsse genug zu knacken geben" . . . „Mit der Farbenlehre ist es wie mit dem Whistspiel; man lernt nie aus, muß es aber beständig spielen, um weiter zu kommen. Es läßt sich nur darin tun, 4') nicht überliefern, nicht lehren. Jede Hoffnung ist eigentlich eine gute Tat." 24. (s. „Geschichtliches": Eckermann gD)
25. An S. Boisseree (Br 43, 77): Von den Wirkungen meiner Farbenlehre erfahr ich manches Merkwürdige, aber nicht durchaus Erfreuliche. Die alte aristokratische Stockung der Zunftgenossen dauert wie billig fort; sie wiederholen ihr Credo wie es zu erwarten ist. Dieses Geschlecht muß H. Ficinus: Optik, S. 5: Wenn in gegenwärtiger Schrift ... etwas von mir geleistet worden ist, was als nützlicher Beitrag zur Lehre vom Lichte und dem Sehen gelten kann, so verdanke ich dies ... den Beiträgen zur Farbenlehre des Staatsministers von Goethe. 2) Ebd. S. 5f. die Mitteilung, daß er den hier berührten Gegenstand jährlich einmal öffentlich an der medicinisch-chirurgischen Academie vorzutragen habe (ihn auch seit 8 Jahren in der hier versuchten Art vortrug) ... 3) Geschah nicht. 4) Ähnlich 12. Aug 1827: F. v. Müller Tagebuch.
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aussterben und zwar in gewisser Zeit, wie Charles Dupin ausgerechnet hat. 1 ) Den wohlmeynend-strebenden jüngeren Männern steht zweyerley entgegen: die herkömmliche Terminologie, 2 ) die sie wenigstens theilweise fortbrauchen müssen, sogar wenn sie es auch schon besser verstehen, weil sie sich doch der Mitwelt verständlich machen und es mit der Zunft nicht ganz verderben möchten. Das zweyte Hinderniß liegt in der unbezwinglichen Selbstigkeitslust der lieben Deutschen, so daß jeder in seinem Fache auch auf seine Weise gebahren will.3) Niemand hat einen Begriff, daß ein Individuum sich resigniren müsse, wenn es zu etwas kommen soll; da ist denn nicht leicht ein Begleiter, der nicht rechts und links abwiche und so wie vom Weg auch vom Ziel abkäme. 4 ) Sept 25. (s. „Einleitung zu öffentlichen Vorlesungen . . . " gD, EGW 3, 323) 26. [München] Zelter an G (MA 20.1, 1049): In dem Ut[z]schneiderschen ehemals Frauenhoferschen Institute 5 ) habe den großen, den größten Refraktor 6 ) und noch kleinere Instrumente zu bewundern gehabt. Die Anstalt selbst ist in voller Arbeit und scheint mit Arbeit überhäuft. Okt
1. [Stuttgart] S. Boisseree an G (Boisseree 2, 485): Daß Sie die neusten Wirkungen und Schicksale Ihrer Farbenlehre erwähnen, ist auch ein eigenes Zusammentreffen, indem ich in meinem Kreise ebenfalls etwas zu ihrer Verbreitung habe thun können. Hauptsächlich gab mir der bayerische Gentral-Gallerie-Direktor [J. G.] v. Dillis Veranlassung dazu, als er im Juni hier die Sammlung übernahm. Dieser schon sehr bejahrte Mann, einer Jägerfamilie angehörig, hat einen so reinen Natursinn und ein so klares durch Landschaftmalen und Kunstanschauung geübtes Auge, daß er sich bloß auf dem praktischen Wege in Beziehung auf die Kunst die beste Einsicht erworben, ganz Ihrer Lehre entsprechend. Als ich ihn daher mit derselben bekannt machte, hatte er eine solche Freude, daß er das Buch auf der Stelle kaufen wollte, und da man es sich hier nicht anders als durch Verschreibung aus dem Gotta'schen Lager in Leipzig hätte verschaffen können, was viel zu lange geworden wäre, so schenkte ich dem trefflichen Mann mein eigenes Exemplar. 7 ) | Seitdem habe ich bei dem unruhigen Leben noch nicht an die Anschaffung eines neuen denken können. Wollten Sie mir nun ein Exemplar schikken 8 ) . . . ) Wohl im Zusammenhang mit Charles Dupin: Voyages dans la Grande- Bretagne. 3. Aufl. Paris 1 8 2 6 / 2 7 (Ruppert Nr. 4069); wiederholt erwähnt gegenüber Boisseree (vgl. auch Br 43, 73, 108). 2) Ähnliche Kritik s. in „Entoptische Farben" 2. Juli 1827: an Marx, EGW 3, 498 u. unten 14. Nov 1827: an Knebel. 3) Gemeint wohl J. E. Purkinje u. J. Müller, die zwar an G anknüpften, aber zu seiner Enttäuschung bald eigene Wege gingen. Vgl. oben 13. Aug 1827: an Nees v. Esenbeck. 4) Das Folgende s. in „Einleitung zu öffentlichen Vorlesungen . . . " : an Boisseree gD, EGW 3, 322f. 5) Das 1804 von J. v. Utzschneider, G. v. Reichenbach und J. Liebherr gegründete Mathematisch-mechanische Institut, das 1819 mit Fraunhofers Optischem Institut vereinigt u. nach Fraunhofers Tod 1826 von Utzschneider geführt wurde. 6 ) Der größte von Fraunhofer gebaute Refraktor befand sich seit Ende 1824 in Dorpat. Zelter meint wohl das für Königsberg bestimmte Instrument, das 1827 im Bau war u. 1829 ausgeliefert wurde. 7) G sorgte für Ersatz; vgl. unten 1827 Nov 5.: Buchbinderlieferung, Dez 13.: Boisseree u. 1828 Jan 29.: S. Boisseree an G. 8) Das Folgende s. in „Entoptische Farben": S. Boisseree an G gD, EGW 3, 499. 1
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8. (s. „Physikalische Preis-Aufgabe . . . 1 8 2 7 " : an Schultz gD) 12. [Jever] G. D. v. Buttel an G (Wenzel 1992, 65): Hinsichtlich der Farbenlehre bin ich über die [am 3. Mai] so schmeichelhafte ausgedrückte Vergünstigung einer ferneren Mittheilung hocherfreut u werde solche kühnlich benutzen, wenn mir eine größere Muße, wie jetzt der Fall ist, werden sollte.
21. u. 22. (s. „Einleitung zu öffentlichen Vorlesungen . . . " gD, EGW 3, 323)
23. An C. D. v. Buttel (Br 43, 119): ... 1 ) Hierbey kommt mir in Gedanken, daß es einige Schwierigkeit hat, meine Farbenlehre im Buchhandel zu beziehen; deswegen hoffe ich, es wird dortigen Wohlwollenden nicht unangenehm seyn, wenn ich ein Exemplar übersende; 2 ) es geschieht irgend einem dortigen Freunde hierdurch wohl einiger Dienst. 28. [Abends] Später Dr. Eckermann, welcher seine neusten Bemühungen in den physiologischen Farben darlegte. Nov
1. (s. „Entoptische Farben": Agenda gD, EGW 3, 499) 5. [Weimar] F. v. Müller (Unterhaltungen 171): Mit [K. F. P. v.] Martius bey Director v. Tillis [Dillis] . . . Tillis Respect vor Goethes Farbenlehre; 3 ) Frauenhofers hartes Urtheil dagegen. 4 ) 5. Lieferung des Buchbinders Bauer (LA II 5 B / 2 , 1284): Goethes Farbenlehre 4 | Bde g8° Pappe, Titel . . . Kupfer zu denselben 4° | 2 Bde ebenfalls 5 )... 6. [Hirschberg] K. E. Schubarth an G (LA II 5 B / 2 , 1284f.): Da es nun aber Pflicht ist, wem wir irgend anmuten in unsere Vorstellungen einzugehen, diesem ein bereits Analoges davon in dem Kreise der seinigen nachzuweisen: so möchte ich in Beziehung hierauf [auf sein neustes Manuskript] nur kürzlich noch sagen, um meine Sache Ew. Exzellenz bestens zu empfehlen: daß ich ohngefähr eine ähnliche Identität auf tiefpsychischem, ethischen, religiösen Gebiete zu verabscheuen im Begriffe bin, wie Ew. Exzellenz sie physisch an Newton in Bezug auf die Farbenwelt haben verabscheuen müssen.
7. An A. Nicolovius (Konzept; Br 43, 154): 1) Als bey Reimer herausgekommen ist angekündigt: Neues Ophthalmophantom. Erfunden und beschrieben von Dr. Albert Sachs. 6 ) Mit einer Kupfertafel. 5 Sgr. Sende mir dieses, da es kein sonderlich Volumen haben kann, durch die reitende Post. 8. An Varnhagen von Ense (Br 43, 156f.): Über die Berliner Jahrbücher hätte ich wohl gern ein Wort gesprochen. Ganz ohne Frage ist es ein ) Das Vorausgehende s. in „Einleitung zu öffentlichen Vorlesungen . . . " : an Buttel gD, EGW 3, 323. 2) Geschah am 25. Nov 1827 (s. dort). 3) Darüber schon oben 1. Okt 1827: Boisseree an G. 4) Aus früherer Zeit, denn Fraunhofer war am 7. Juni 1826 gestorben. 5) Zwei vollst. Ex. mit Tafeln für Boisseree u. Buttel (vgl. oben 1827 Okt 1.: Boisseree an G, Dez 13.: Boisseree; Okt 23.: an Buttel, Nov 25.: an Buttel u. Dez 24.: Buttel an G). 6 ) A. Sachs: Neues Ophthalmophantom. Erfunden und beschrieben. Berlin 1827 (Ruppert Nr. 5039); erhalten mit Z 11. Nov 1827: A. Nicolovius an G, die Rechnung mit Z 25. Nov 1827. 1
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großes Verdienst Ihrer Zeitschrift, daß die Recensenten sich namentlich bekennen; besonders ist dieses mir gar sehr viel werth. Denn da ich der fortschreitenden Literatur in ihren Zweigen nicht durchaus folgen kann, so werden mir, kraft solcher Vermittlung, die bedeutenden Männer bekannt, die sich jetzt in den verschiedensten Fächern hervorthun und sowohl durch eignes Verdienst als durch das Anschließen an Ihren Kreis Aufmerksamkeit erregen und Würdigung gewinnen.1) | Eine hiebey unvermeidliche Gefahr ist jedoch nicht leicht abzulehnen, daß nämlich einer und der andere irgend etwas Falsches, zwar unter seinem Namen, aber doch in so guter und stattlicher Gesellschaft vortragen und so auch das Verfängliche und Schädliche sich Zutrauen und Beystimmung gewinnen könne. Wenn z. E. Purkinje ganz unbewunden und zuversichtlich ausspricht:2) daß man die wahre, dem Menschen so nöthige H e a u t o g n o s i e bey Hypochondristen, Humoristen, Heautontimorumenen lernen solle, so ist dieses eine so gefahrvolle Äußerung als nur irgend eine; denn nichts ist bedenklicher als die Schwäche zur Maxime zu erheben. Leidet doch die bildende Kunst der Deutschen seit dreyßig Jahren an dem Hegen und Pflegen des Schwach- und Eigensinnes und des daraus hervorgehenden Dünkels und einer dadurch bewirkten Unverbesserlichkeit. Vor solchen schmeichelhaften Irrthümern fürchte ich mich, weil ich schöne Talente daran untergehen sehe. Äußere ich dergleichen, so ist dadurch Ihre Anstalt nicht gemeint, sondern namentlich der Recensent. Verzeihen Sie das Gesagte, ich bin es dem schönen offnen Verhältniß zu Ihnen schuldig. Nov
9. [München] S. Boisseree an G (Boisseree 2, 489): Der nächste Brief, den Sie mir schikken, wird der erste seyn, den ich von Ihnen in München empfange . . . sagen Sie mir dann gütigst auch ein Wort über meine Wünsche rücksichtlich der Farbenlehre. 3 )
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) Entwurf zum Folgenden: Wenn nun aber unter einer so edlen Firma, wie Ihre Jahrbücher sind\ der gute und schätzbare Purkinje versichert, daß die wahre Heautognosie von Hypochondristen und Humoristen zu lernen sey, so jammert's einen denn doch, das Studium der Physiologie in das Lazareth verwiesen zu sehen; dergleichen Irrsale werden in Deutschland alsobald ansteckend, wie ja denn doch einen ächten Patrioten jammern muß, daß unsere bildende Kunst seit 30 Jahren an der Infection eines schwindsüchtigen Pfaffenfreundes in ihrem Tiefsten leidet, durch Frömmeley und Altdeutschley sich einmal aufzuerbauen trachtet und dann schnell wieder zusammensinkt. Und so wird es im sittlichen Fache werden, wenn durch die Zauberformeln unseres Piaristen die unglücklichen Todten wieder hervorgerufen werden, denen man nach so mancher Kränkeley und mißlungenen Versuchen die ewige Ruhe gönnen sollte, sich an ihren Schwächen belehren sollte ohne daß man sie als Muster einer Nation [aufstellte], die man nur zur That, im Unternehmen und Forschen aufzuregen hätte (Br 43, 368f.). 2
) In seiner Rezension zu 2 Schriften von J. Müller; vgl. oben 3. Juli 1827. - Ahnliche Kritik s. oben 17. Aug 1827: an Hegel, der Varnhagen davon unterrichtete. 3 ) Zur Bitte um ein Ex. s. oben 1827 Okt 1.: Boisseree an G, Nov 5.: Buchbinderlieferung u. Dez 13.: Boisseree.
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11. [Berlin] A. Nicolovius an G (LA II 5 B / 2 , 1286): Sie erhalten anbei, vereintester und geliebstester [sie] Oheim! mit vielen herzlichen Grüßen die kleine verlangte Schrift. 1 )
14. An Knebel (Br 43, 168): Hegels Gegenwart 2 ) zugleich mit Zelter3) war mir von großer Bedeutung und Erquickung. Gegen Letzteren, mit dem ich so viele Jahre in stetigem Verkehr lebe, konnte freylich das Eigenste und Besonderste verhandelt werden; die Unterhaltung mit dem Ersteren jedoch mußte den Wunsch erregen, längere Zeit mit ihm zusammen zu bleiben: denn was bey gedruckten Mittheilungen eines solchen Mannes uns unklar und abstrus erscheint, 4 ) weil wir solches nicht unmittelbar unserem Bedürfniß aneignen können, das wird im lebendigen Gespräch alsobald unser Eigenthum, weil wir gewahr werden, daß wir in den Grundgedanken und Gesinnungen mit ihm übereinstimmen und man also in beiderseitigem Entwickeln und Aufschließen sich gar wohl annähern und vereinigen könne. | Überdieß habe ich mit ihm, in Ansehung der Chromatik, ein glücklich harmonisches Verhältniß, da er, schon in Nürnberg mit Seebecken zusammenlebend und sich verständigend, 5 ) in diese Behandlung thätig eingriff und ihr immerfort auch von philosophischer Seite her gewogen und mitwirkend blieb, welches denn auch sogleich förderlich ward, indem man sich über einige wichtige Puncte vollkommen aufklärte. 6 ) 24. (s. „Entoptische Farben" gD, EGW 3, 499)
25. An C. D. v. Buttel (Br 43, 182): Dieser Sendung 7 ) folgt nächstens ein ausführliches Schreiben. 8 ) 25. [Berlin] A. Nicolovius an G (LA II 5 B / 2 , 1288): Demnach hab ich heute Morgen eine große, mit Sachkenntnis gepackte, wohl einballierte Kiste der fahrenden Post übergeben; dieselbe enthält Folgendes . . . 7) D r e i k l e i n e A u f s ä t z e v o m D r . S e e b e c k , 9 ) mit den treuesten Grüßen und Empfehlungen. ) Die Schrift von A. Sachs; vgl. oben 7. Nov 1827: an A. Nicolovius. ) Erwähnt im Tgb 16.-18. Okt 1827 (Tgb 11, 125f.). 3) Zelters Besuch bei G vom 12.-18. Okt 1827. 4) G denkt wahrscheinlich bes. an die Encyclopädie der philosophischen Wissenschaften im Grundrisse (2. Aufl. Heidelberg 1827). Mit Z 29. Juni 1827 hatte Hegel G die Zusendung eines Exemplars angekündigt. 5) Zu Hegel u. Seebeck in Nürnberg s. unten 19. Juni 1828: Emilie an Julia Seebeck. 6) Das Folgende s. in „Einleitung zu öffentlichen Vorlesungen . . . " : an Knebel gD, EGW 3, 323. 7) Das angekündigte Ex. der F L (vgl. oben 1827 Okt 23.: an Buttel u. Nov 5.: Buchbinderlieferung) sowie die Hefte Zur Naturwissenschaft überhaupt, besonders zur Morphologie (vgl. Br 43, 381). 8) Laut Buttel blieb es bei der Ankündigung (Wenzel 1992, 78, Anm. 2). 9) Ueber eine von den H. H. Barlow und Bonnycastle wahrgenommene Anziehung der Magnetnadel durch glühendes Eisen (Annalen der Physik 86, 1827, H. 1, 4 7 - 7 2 ) ; Ueber die magnetische Polarisation der Metalle und Erze durch Temperatur-Differenz. Berlin 1825; u. (vermutl.) Ueber die magnetische Polarisation verschiedener Metalle, Alliagen und Oxyde zwischen den Polen starker Magnetstäbe (Annalen der Physik 86, 1827, H. 2, 2 0 3 - 1 6 ) ; Ruppert Nr. 5106, 5109, 5110. In seiner Antwort vom 12. Jan 1828 geht G auf Seebecks Arbeiten nicht ein (Br 43, 233-36). 1
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Nov 25. [Berlin] Rechnung von A. Nicolovius (LA II 5 B/2, 1288): Für das vor Kurzem überschickte „Neue Ophthalmophantom" 1 )... 27. (s. „Entoptische Farben": an Henning gD, EGW 3 499ff.) Dez 13. [München] S. Boisseree Tagebuch (Weitz - Boisseree 2, 242): Paket von Goethe >Farbenlehrei< 9H a f e ttitt aaf aat ptelegitt, íejieítet ssa jtees ® tifi e a , ai» Saai-tn, treidle itspSiioattig bit lutti* tate fimtlii^et Wafea ttagea. S i e ÍWaft. 3a titfe Sfiaettis iig i« aiiontt» lia»mir gefiel.»« «tattseit SifeaRaa; Sia jete! ií£t (te Stesbfit ajar setiéiaaabea; £ i t Stjfeia ffl6|t, Ili iáifora Bit Stotaa; Z t aabte |í* ia trlfcín gtdSHajlfiaattí Sin SlaajfHí ; _ gitisi eatjätfi — fu aiie té bia — í í istií asb ki!t,-r f i i (atfjitea, UBb tina« aiaíet ili itine- «pat ßef a i r « . Cié Í l í t t He »«[ftfäuOi) eiael gígifli^ea Jailaabeg tat« aab í l l í f í i : So giaa ti « i t i mil' ti íadj fs ttJtSea, ®af «fftt »teabitiM tatfcrate, Uab, ics asir astb eia ínníltí ¡Biüii* fetea, ©i(t ilfobuíb ttt jpiwmel ibteflttatt,
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