Die Durchsetzung von Unterlassungsansprüchen nach § 890 ZPO im Spannungsfeld der materiellrechtlichen und prozessualen Erledigung: Unter besonderer Berücksichtigung einer zeitlich beschränkten Erledigungserklärung [1 ed.] 9783428547951, 9783428147953

Seit Einführung der ZPO war in Rechtsprechung und Literatur umstritten, ob titulierte Unterlassungsansprüche noch vollst

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Die Durchsetzung von Unterlassungsansprüchen nach § 890 ZPO im Spannungsfeld der materiellrechtlichen und prozessualen Erledigung: Unter besonderer Berücksichtigung einer zeitlich beschränkten Erledigungserklärung [1 ed.]
 9783428547951, 9783428147953

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Schriften zum Prozessrecht Band 241

Die Durchsetzung von Unterlassungsansprüchen nach § 890 ZPO im Spannungsfeld der materiellrechtlichen und prozessualen Erledigung Unter besonderer Berücksichtigung einer zeitlich beschränkten Erledigungserklärung

Von Rahel Eissing

Duncker & Humblot · Berlin

RAHEL EISSING

Die Durchsetzung von Unterlassungsansprüchen nach § 890 ZPO im Spannungsfeld der materiellrechtlichen und prozessualen Erledigung

Schriften zum Prozessrecht Band 241

Die Durchsetzung von Unterlassungsansprüchen nach § 890 ZPO im Spannungsfeld der materiellrechtlichen und prozessualen Erledigung Unter besonderer Berücksichtigung einer zeitlich beschränkten Erledigungserklärung

Von Rahel Eissing

Duncker & Humblot · Berlin

Die Juristische Fakultät der Universität Potsdam hat diese Arbeit im Wintersemester 2014/2015 als Dissertation angenommen.

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.

Alle Rechte vorbehalten

© 2016 Duncker & Humblot GmbH, Berlin

Satz: TextFormA(r)t, Daniela Weiland, Göttingen Druck: buchbücher.de gmbH, Birkach Printed in Germany ISSN 0582-0219 ISBN 978-3-428-14795-3 (Print) ISBN 978-3-428-54795-1 (E-Book) ISBN 978-3-428-84795-2 (Print & E-Book) Gedruckt auf alterungsbeständigem (säurefreiem) Papier entsprechend ISO 9706

Internet: http://www.duncker-humblot.de

Vorwort Die vorliegende Arbeit wurde im Wintersemester 2014/2015 von der Juristischen Fakultät der Universität Potsdam als Dissertation angenommen. Danken möchte ich meiner Doktormutter Frau Prof. Dr. Dorothea Assmann für die Betreuung der Arbeit und die dabei gewährten Freiheiten, die konstruktive Kritik und die zügige Erstellung des Erstgutachtens. Herrn Prof. Dr. Tobias Lettl, LL. M. (EUR) danke ich für die ebenfalls zügige Erstellung des Zweitgutachtens. Für beständige Unterstützung im gesamten Entstehungsprozess der Arbeit, für Korrekturlesen und immer ein offenes Ohr danke ich Eva Hugo. Bei allen Problemen, die eine solche Arbeit mit sich bringt, hat sie mich stets aufbauend unterstützt. Ein Dankeschön für Adleraugen und Engelsgeduld bei der Durchsicht auf Tippfehler und sprachliche Mängel geht an Christoph Wicher und Stephan Häfele. Für beständige Motivation und den allwöchentlichen Antrieb, die Arbeit zu einem Abschluss zu bringen, danke ich Henner Schläfke. Meinen Eltern und meiner Schwester, die mich in allen Lebensbereichen vorbehaltlos unterstützen, widme ich diese Arbeit. Ohne sie wäre mir dieses Projekt nicht möglich gewesen. 

Rahel Eissing

Inhaltsverzeichnis Erstes Kapitel

Einführung und Problemdarstellung

15

A. Konkrete Problemstellung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 16 B. Entscheidung des Bundesgerichtshofs im Jahr 2003 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17 C. Konsequenzen aus der Entscheidung für das Erkenntnisverfahren . . . . . . . . . . . . . . . 18 D. Ziel und Gang der Untersuchung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 19

Zweites Kapitel

Die Unterlassungsansprüche

20

A. Begriffsbestimmung der Unterlassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 21 I. Erforderlichkeit einer selbständigen Begriffsbestimmung . . . . . . . . . . . . . . . . . . 21 II. Unterlassung als Nicht-Verhalten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 23 III. Eingrenzungsversuch durch eine subjektive Komponente . . . . . . . . . . . . . . . . . . 23 IV. Eingrenzung durch eine objektive Komponente . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 24 1. Möglichkeit der Handlung als Voraussetzung des Unterlassungsbegriffs . . . . 25 2. Gebotenheit der Handlung als Voraussetzung des Unterlassungsbegriffs . . . . 25 V. Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 26 B. Geschichtliche Entwicklung der Unterlassungsklage . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 26 C. Differenzierung zwischen Unterlassungsklage und Unterlassungsanspruch . . . . . . . . 31 I. Ausgangspunkt in Rechtsprechung und Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 31 II. Existenz materieller Unterlassungsansprüche . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 32 D. Arten und Voraussetzungen von Unterlassungsansprüchen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 35 I. Gesetzliche Unterlassungsansprüche . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 36 II. Vertragliche Unterlassungsansprüche . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 38 E. Unterlassungsansprüche unter Betrachtung der zeitlichen Dimension . . . . . . . . . . . . 40 I. Einmalige Unterlassungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 40

8

Inhaltsverzeichnis II. Dauerhafte Unterlassungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 41 III. Wiederkehrende Unterlassungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 41 IV. Befristung dauerhafter und wiederkehrender Unterlassungen . . . . . . . . . . . . . . . 41

F. Unterlassungsklage als allgemeine Leistungsklage . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 42 I. Unterlassungsklage als ein von der Leistungsklage verschiedenes Mittel des prozessualen Rechtsschutzes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 42 II. Unterlassungsklage als Feststellungsklage . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 43 III. Unterlassungsklage als Leistungsklage . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 43 G. Prozessvoraussetzungen der Unterlassungsklage . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 44 I. Allgemeines Rechtsschutzbedürfnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 44 II. Besonderes Rechtsschutzbedürfnis gem. § 259 ZPO . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 46 H. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 47

Drittes Kapitel

Vollstreckung von Unterlassungsansprüchen

49

A. Titulierung von Unterlassungsansprüchen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 49 B. Vollstreckung durch Ordnungsmittel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 51 I. Zur Einführung des § 890 ZPO . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 52 II. Vollstreckung durch Ordnungsmittel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 52 III. Die Ordnungsmittel des § 890 ZPO: Ordnungsgeld und Ordnungshaft . . . . . . . . 53 IV. Rechtsnatur der Ordnungsmittel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 54 1. Ordnungsmittel als Instrumente mit Strafcharakter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 55 a) Historisch bedingter Ausgangspunkt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 55 b) Ausgestaltung des strafrechtlichen Charakters . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 57 2. Ordnungsmittel als präventive Maßnahmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 58 a) Begründungsansätze für einen präventiven Charakter . . . . . . . . . . . . . . . . 59 b) Auswirkung der Änderung des Wortlauts von § 890 ZPO durch das EGStGB 60 3. Ordnungsmittel als Instrumente mit Doppelcharakter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 61 4. Stellungnahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 62 C. Die einzelnen Verfahrensabschnitte – Abgrenzung des Erkenntnisverfahrens zum Vollstreckungsverfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 64 I. Zeitlicher Verfahrensablauf . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 64

Inhaltsverzeichnis

9

II. Das reguläre Erkenntnisverfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 66 1. Einspruch gegen ein Versäumnisurteil und Widerspruch gegen einen Voll­ streckungsbescheid im Erkenntnisverfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 67 2. Berufung gegen das Urteil im Erkenntnisverfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 67 III. Das Erkenntnisverfahren im einstweiligen Rechtsschutz . . . . . . . . . . . . . . . . . . 68 1. Summarisches Erkenntnisverfahren im einstweiligen Rechtsschutz . . . . . . . . 68 2. Form der Entscheidung: Urteil oder Beschluss . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 69 3. Wirksamkeit der einstweiligen Unterlassungsverfügung . . . . . . . . . . . . . . . . 69 IV. Das Vollstreckungsverfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 70 1. Allgemeine Voraussetzungen der Zwangsvollstreckung . . . . . . . . . . . . . . . . . 71 a) Titel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 71 b) Klausel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 72 c) Zustellung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 73 2. Besondere Voraussetzungen der Zwangsvollstreckung bei der Vollstreckung aus Unterlassungstiteln . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 73 a) Androhung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 74 aa) Zeitpunkt der Androhung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 74 bb) Keine besonderen Voraussetzungen für die Androhung . . . . . . . . . . . 75 cc) Inhalt und Umfang der Androhung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 76 b) Vollziehung innerhalb der Vollziehungsfrist . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 77 c) Verstoß gegen das Unterlassungsgebot . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 79 aa) Schutzumfang des Titels durch Auslegung zu bestimmen . . . . . . . . . 79 bb) Schuldhafte Zuwiderhandlung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 79 cc) Relevanter Zeitpunkt für die Zuwiderhandlung . . . . . . . . . . . . . . . . . . 80 (1) Androhung und Vollstreckbarkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 80 (2) Zustellung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 81 3. Überblick über das Festsetzungsverfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 83 4. Überblick über das Vollzugsverfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 84 D. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 85

Viertes Kapitel

Erledigung im Rechtsstreit

86

A. Begriffsbestimmung, Abgrenzung von Erledigung und Erledigungserklärung . . . . . . 87 B. Entstehungsgeschichte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 88 C. Übereinstimmende, einseitige und teilweise Erledigungserklärung . . . . . . . . . . . . . . 89

10

Inhaltsverzeichnis I. Übereinstimmende Erledigungserklärung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 89 1. Abgabe der Erledigungserklärungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 90 2. Rechtsfolgen der übereinstimmenden Erledigungserklärung . . . . . . . . . . . . . 91 II. Einseitige Erledigungserklärung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 92 1. Zu berücksichtigende Interessen der Parteien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 92 a) Interessen des Klägers . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 93 b) Interessen des Beklagten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 93 2. Behandlung der einseitigen Erledigungserklärung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 94 a) Erledigungserklärung als privilegierte Klagerücknahme . . . . . . . . . . . . . . 95 aa) Begründungsansatz für die privilegierte Klagerücknahme . . . . . . . . . 95 bb) Kritik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 96 b) Erledigungserklärung als privilegierter Klageverzicht . . . . . . . . . . . . . . . . 97 aa) Begründungsansatz für den privilegierten Klageverzicht . . . . . . . . . . 97 bb) Kritik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 98 c) Erledigungserklärung als prozessuales Gestaltungsrecht . . . . . . . . . . . . . . 99 aa) Begründungsansatz für das prozessuale Gestaltungsrecht . . . . . . . . . 99 bb) Kritik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 100 d) Erledigung durch Entscheidung im Zwischenstreitverfahren (Zwischenstreittheorie I) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 101 aa) Begründungsansatz für die Zwischenstreittheorie I . . . . . . . . . . . . . . 101 bb) Kritik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 102 e) Erledigung durch Erklärung und deklaratorische Feststellung im Zwischenstreitverfahren (Zwischenstreittheorie II) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 103 aa) Begründungsansatz für die Zwischenstreittheorie II . . . . . . . . . . . . . . 103 bb) Kritik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 104 f) Erledigungserklärung als privilegierte Klageänderung . . . . . . . . . . . . . . . 105 aa) Begründungsansatz für die privilegierte Klageänderung . . . . . . . . . . . 105 (1) Dogmatische Einordnung als Klageänderung nach § 264 Nr. 2 ZPO 106 (2) Inhalt der Klageänderung und Auswirkung auf den Streitgegenstand 107 (3) Entscheidung über die geänderte Klage . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 108 bb) Kritik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 109 (1) Prozessunökonomischer Verfahrensaufwand . . . . . . . . . . . . . . . . 109 (2) Klageänderung geht über das klägerische Begehren hinaus . . . . . 109 (3) Unzulässiges Begehren einer „Feststellung gegen sich selbst“ . . 110 (4) Fehlendes Feststellungsinteresse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 111 (5) Streitgegenstand steht Entscheidung über ursprünglichen Anspruch entgegen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 112 g) Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 113 3. Voraussetzungen der geänderten Klage . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 114

Inhaltsverzeichnis

11

4. Besonderheit im Verfahren der einstweiligen Verfügung . . . . . . . . . . . . . . . . 115 5. Rechtsfolgen der einseitigen Erledigungserklärung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 116 III. Teilweise Erledigungserklärung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 117 1. Folgen bei übereinstimmender Teilerledigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 118 2. Folgen bei einseitiger Teilerledigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 118 D. Möglicher Zeitpunkt der Erledigung und der Erledigungserklärung . . . . . . . . . . . . . 119 I. Übereinstimmende Erledigungserklärung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 119 II. Einseitige Erledigungserklärung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 121 1. Erledigung vor Anhängigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 121 2. Erledigung zwischen Anhängigkeit und Rechtshängigkeit . . . . . . . . . . . . . . . 121 3. Abgabe der Erledigungserklärung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 123 III. Erledigung in höherer Instanz und zwischen den Instanzen . . . . . . . . . . . . . . . . . 124 1. Erledigung in höherer Instanz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 124 2. Erledigung zwischen den Instanzen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 124 E. Arten der Erledigung bei Unterlassungsansprüchen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 125 I. Wegfall der Wiederholungsgefahr . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 125 1. Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung . . . . . . . . . . . . . . . . . . 126 2. Vorliegen eines Unterlassungstitels . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 127 3. Änderung der tatsächlichen Verhältnisse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 127 4. Nur einmal möglicher Verstoß . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 128 II. Zeitablauf . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 128 III. Verjährung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 129 IV. Gesetzesänderung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 130 V. Besonderheiten im einstweiligen Verfügungsverfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 130 1. Wegfall des Verfügungsgrundes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 130 2. Abgabe einer Abschlusserklärung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 131 3. Entscheidung im Hauptverfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 132 F. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 132

Fünftes Kapitel

Auswirkung der Erledigung auf die Ordnungsmittelfestsetzung

133

A. Titelerfordernis bei Festsetzung der Ordnungsmittel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 133 I. Titelfortfall ex tunc und Titelfortfall ex nunc . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 134

12

Inhaltsverzeichnis 1. Titelfortfall ex tunc . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 134 2. Titelfortfall ex nunc . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 135 II. Ansatzpunkte für die Frage des Titelerfordernisses . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 136 1. Kein Titelerfordernis wegen des repressiven Charakters der Ordnungsmittel 136 2. Titelerfordernis wegen des präventiven Charakters der Ordnungsmittel . . . . 138 3. Differenzierung wegen des Doppelcharakters nach Titelfortfall ex tunc/ex nunc 139 4. Titelerfordernis wegen zwangsvollstreckungsrechtlicher Vorgaben . . . . . . . . 140 5. Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 143 a) Titelerfordernis als allgemeine Vollstreckungsvoraussetzung . . . . . . . . . . 143 b) Relevanz der Rechtsnatur für eine besondere Vollstreckungsvoraussetzung 144 III. Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 144

B. Schicksal des Titels bei vollständig übereinstimmender Erledigungserklärung . . . . . 145 I. Titelfortfall ex nunc . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 145 II. Titelfortfall ex tunc . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 146 III. Stellungnahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 146 1. Keine Rechtskraft der vorangegangenen Entscheidung . . . . . . . . . . . . . . . . . 147 2. Summarische Prüfung nicht ausreichend . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 148 3. Entgegenstehende Klägerinteressen ohne Relevanz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 149 4. Hypothetische Entscheidung durch das Gericht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 150 5. Intention der Parteien hinter den Erledigungserklärungen . . . . . . . . . . . . . . . 151 IV. Schlussfolgerungen und Ausblick . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 153 C. Schicksal des Titels bei einseitiger Erledigungserklärung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 154 I. Abweisung der Feststellungsklage . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 154 1. Abweisung in der Berufungsinstanz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 154 2. Abweisung nach Einspruch gegen ein Versäumnisurteil . . . . . . . . . . . . . . . . . 155 3. Abweisung nach Widerspruch gegen eine einstweilige Verfügung . . . . . . . . . 155 II. Stattgabe der Feststellungsklage . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 156 1. Titelfortfall nach einseitiger Erledigungserklärung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 156 2. Kein gänzlicher Titelfortfall nach einseitiger Erledigungserklärung . . . . . . . . 157 3. Stellungnahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 159 a) Begründung einer fortbestehenden Wirksamkeit des Titels . . . . . . . . . . . . 159 aa) Feststellung kann in Rechtskraft erwachsen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 160 bb) Vollständige und nicht bloß summarische Prüfung durch das Gericht 161 cc) Interessenwahrung beider Parteien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 161 b) Keine entgegenstehende Wertung aufgrund der Behandlung als Klageände­ rung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 163

Inhaltsverzeichnis

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aa) Anwendung der Klagerücknahmevorschriften auf die Beschränkung des Klageantrags nach § 264 Nr. 2 ZPO . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 163 bb) Keine Anwendung der Klagerücknahmevorschriften auf die Beschränkung des Klageantrags nach § 264 Nr. 2 ZPO . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 164 cc) Keine Anwendung der Klagerücknahmevorschriften auf die qualitative Beschränkung des Klageantrags nach § 264 Nr. 2 ZPO . . . . . . . . . . . 164 dd) Stellungnahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 165 4. Auswirkungen der Erledigungsfeststellung auf den ursprünglichen Titel und dessen Vollstreckbarkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 166 a) Begrenzung des Anspruchs durch das Erledigungsfeststellungsurteil . . . . 166 b) Vollstreckungsgegenklage als Mittel gegen unzulässige Vollstreckung . . . 167 c) Besonderheit bei der Unterlassungsvollstreckung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 168 aa) Erledigung kann teilweise bereits im Festsetzungsverfahren berücksichtigt werden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 168 bb) Vollstreckungsgegenklage bei der Unterlassungsvollstreckung . . . . . 169 (1) Fehlendes Rechtsschutzbedürfnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 170 (2) Zwangsvollstreckung jedenfalls nur teilweise unzulässig . . . . . . 172 (3) Keine Präklusion nach § 767 Abs. 2 ZPO . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 173 d) Keine entgegenstehenden Wertungsgesichtspunkte . . . . . . . . . . . . . . . . . . 175 D. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 176

Sechstes Kapitel

Teilbarkeit von Unterlassungsansprüchen und Beschränkung der Erledigungserklärung in zeitlicher Hinsicht

177

A. Erkenntnisverfahren als Ausgangspunkt für die Beschränkung der Erledigungserklärung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 177 I. Auslegung der Erledigungserklärung nur im Erkenntnisverfahren . . . . . . . . . . . 178 1. Wirkung der Erledigungserklärung unabhängig von der Auslegung . . . . . . . . 178 2. Zuständigkeit für die Auslegung liegt beim Prozessgericht . . . . . . . . . . . . . . 179 3. Gefahr von widersprüchlichen Ergebnissen bei erneuter Auslegung der Erledigungserklärungen durch das Vollstreckungsgericht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 179 4. Entgegenstehendes Interesse des Beklagten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 180 II. Schlussfolgerung und Ausblick . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 181 B. Zeitliche Beschränkung der Erledigungserklärung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 182 I. Der Streitgegenstand . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 183 1. Besonderheiten des Streitgegenstands bei Unterlassungsansprüchen . . . . . . . 184 2. Besonderheiten des Streitgegenstands bei einstweiligen Verfügungen . . . . . . 184

14

Inhaltsverzeichnis II. Teilbarkeit des Streitgegenstands in zeitlicher Hinsicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 185 1. Zeitbezug von Unterlassungsansprüchen als Ausgangspunkt . . . . . . . . . . . . . 185 2. Teilbarkeit von Unterlassungsansprüchen in zeitlicher Hinsicht . . . . . . . . . . . 186 a) Teilbarkeit wegen der Möglichkeit anfänglich beschränkter Geltend­machung 187 b) Teilbarkeit wegen des Charakters von Unterlassungsansprüchen als Dauerschuldverhältnisse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 188 c) Teilbarkeit wegen § 890 ZPO . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 189 d) Teilbarkeit des Unterlassungsanspruchs i. S. v. § 301 ZPO . . . . . . . . . . . . . 189 3. Erledigendes Ereignis als Zeitpunkt für die Teilung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 191 III. Ergebnis und Ausblick . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 192

C. Auswirkungen der beschränkten Erledigungserklärung auf den Rechtsstreit . . . . . . . 192 I. Ausrichtung des noch rechtshängigen Begehrens . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 193 II. Direkte Auswirkung auf den bereits erlassenen Titel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 194 III. Tenor der streitigen Entscheidung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 194 1. Tenor der Entscheidung nach Einspruch gegen ein Versäumnisurteil . . . . . . . 195 2. Tenor der Entscheidung nach Widerspruch gegen eine einstweilige Verfügung 195 3. Tenor nach Berufung gegen ein erstinstanzliches Urteil . . . . . . . . . . . . . . . . . 196 IV. Folgen für die Vollstreckung nach § 890 ZPO . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 196 D. Kritik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 197 I. Zeitpunkt des erledigenden Ereignisses . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 197 II. Zeitpunkt des Titelfortfalls . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 198 III. Besonderheiten des Verfahrens der einstweiligen Verfügung stehen entgegen . . . 198 IV. Entgegenstehender Sinn und Zweck der Erledigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 199 E. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 200

Siebtes Kapitel

Zusammenfassung und Schlussbetrachtung

201

Literaturverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 203 Sachverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 218

Erstes Kapitel

Einführung und Problemdarstellung „Weil, so schließt er messerscharf, nicht sein k a n n , was nicht sein d a r f .“ Christian Morgenstern1

Im Rahmen der Betrachtung juristischer Probleme und bei dem Versuch, diese einer Lösung zuzuführen, sollte grundsätzlich die erste Frage dahin gehen, ob der angedachte Lösungsweg dogmatisch umsetzbar ist. Oft genug werden aber auch Gerechtigkeitserwägungen einbezogen und bereits zu Beginn die Folgen danach abgewogen, ob mit der angedachten Lösung auch faire, den berechtigten Parteiinteressen gerecht werdende Ergebnisse erzielt werden können. Der Einbezug solcher Gerechtigkeitserwägungen ist zwar ein gutes Kontrollinstrument, um schlussendlich zu überprüfen, ob die mit der erdachten Lösung erzielten Ergebnisse praxistauglich und auch gerecht sind. Gleichwohl sollten Gerechtigkeitserwägungen aber nie der Ausgangspunkt sein, um ein juristisches Problem einer Lösung zuzuführen. Sie sind grundsätzlich auch nur in Ausnahmefällen, wenn das Gesetz dies vorsieht, für eine wertungsmäßige Korrektur eines dogmatisch gefundenen Ergebnisses heranzuziehen. Ziel kann es aber nicht sein, von einem von Anfang an feststehenden Ergebnis auszugehen und nur noch um jeden Preis einen Weg zu diesem finden zu wollen. Dann ist die Gefahr groß, dass Systematik und die Frage nach der dogmatischen Umsetzbarkeit der Lösung des Problems übergangen werden. Die Überlegung, dass „nicht sein k a n n , was nicht sein d a r f “,2 sollte höchstens als Kontrollinstrument dahingehend verwendet werden, ob das gefundene Ergebnis gerecht ist, und nicht der Ausgangspunkt für die Lösung eines juristischen Problems sein. Das materielle Recht hält für solche wertungsmäßigen Korrekturen des gefundenen Ergebnisses teilweise Normen bereit, wie beispielsweise § 242 BGB. Das Prozessrecht hingegen sieht solche grundsätzlich nicht vor, sondern folgt strikten gesetzlichen Vorgaben, um so ein geordnetes Verfahren zu gewährleisten. Anspruch an das Prozessrecht muss daher sein, dass sich auch bei Einhaltung dieser gesetzlichen Vorgaben gerechte Ergebnisse erzielen lassen, die Parteien mithin in jeder Situation die Möglichkeit haben, ihre Ansprüche effektiv durchzusetzen. 1

Morgenstern, Gedichte: Palmström, Die unmögliche Tatsache, S. 78 f. Morgenstern, Gedichte: Palmström, Die unmögliche Tatsache, S. 78 f. Vgl. hierzu Teplitzky, Wettbewerbsrechtliche Ansprüche, Kap. 7 Rn. 4a Fn. 15 (S. 54 f.). 2

16

1. Kap.: Einführung und Problemdarstellung

Nachfolgend soll anhand der Problematik der Festsetzung von Ordnungsmitteln zur Durchsetzung von titulierten Unterlassungsansprüchen nach Erledigung des dem Titel zugrunde liegenden Anspruchs aufgezeigt werden, dass das Verfahrensrecht, konkret die Zivilprozessordnung, den Parteien hierzu ausreichend Instrumente zur Verfügung stellt. Wird aus verfahrensrechtlicher Sicht richtig auf die Erledigung reagiert, kann unter Beachtung von Systematik, Dogmatik und zwingenden gesetzlichen Vorgaben in jeder Lage des Verfahrens ein gerechtes Er­gebnis erzielt werden. Unterlassungsansprüche sind dann trotz einer etwaigen Erledigung effektiv durchsetzbar und das Problem kann unter angemessener Beachtung der berechtigten Parteiinteressen einer Lösung zugeführt werden.

A. Konkrete Problemstellung Die Frage nach der Festsetzung von Ordnungsmitteln nach § 890 ZPO zur Durchsetzung von bereits titulierten Unterlassungsansprüchen zu einem Zeitpunkt, in dem sich der dem Titel zugrunde liegende Unterlassungsanspruch bereits erledigt hat, zählte lange zu den umstrittensten Problemen des Zivilprozessrechts. Gestritten wurde hauptsächlich darüber, ob es im Zeitpunkt der Verhängung des Ordnungsmittels noch eines vollstreckbaren Titels bedürfe, denn hiervon hängt es letztlich maßgeblich ab, ob wegen einer Zuwiderhandlung gegen den Titel, die vor Eintritt der materiellrechtlichen Erledigung stattgefunden hat, noch ein Ordnungsmittel verhängt werden kann, wenn der Titelgläubiger im Rechtsstreit die Erledigung erklärt. Auf einen bereits erlassenen Titel kann die materiellrechtliche Erledigung des Unterlassungsanspruchs nur dann Auswirkung haben, wenn das Erkenntnisverfahren trotz Titelerlasses noch im Gang ist. Die Reichweite des Problems ist damit auf bestimmte Konstellationen beschränkt, denn regelmäßig endet das Erkenntnisverfahren mit Erlass des begehrten Titels. Ist gegen dieses Urteil aber Berufung eingelegt, läuft das Erkenntnisverfahren – dort dann in zweiter Instanz – weiter. Das Erkenntnisverfahren kann trotz Titelerlasses ebenfalls dann weiter gehen, wenn der Unterlassungstitel durch Versäumnisurteil oder einstweilige Verfügung erlassen wurde; gegen das Versäumnisurteil kann Einspruch nach § 338 ZPO und gegen die einstweilige Verfügung kann Widerspruch nach § 924 ZPO eingelegt werden. In diesen Fällen wird das Erkenntnisverfahren dann bei wirksam bestehendem Titel in gleicher Instanz fortgesetzt. Erklären die Parteien nun im weiterhin anhängigen Erkenntnisverfahren den Rechtsstreit übereinstimmend für erledigt, hat das Gericht nach § 91a ZPO nur noch durch Beschluss über die Kostentragung zu entscheiden. Der zuvor erlassene Titel entfällt entsprechend § 269 Abs. 3 Satz 1 Halbsatz 2 ZPO. Dann stellt sich die Frage, ob ein Ordnungsmittel trotz des nunmehr entfallenen Titels noch für eine solche Zuwiderhandlung festgesetzt werden kann, die vor der Erledigung begangen wurde, oder ob dies nach Titelfortfall nicht mehr möglich ist. Ausgangspunkt und Hauptargumentationslinie war regelmäßig die Frage nach der Rechtsnatur der

B. Entscheidung des Bundesgerichtshofs im Jahr 2003

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Ordnungsmittel des § 890 ZPO. Diese Frage wurde teilweise dazu genutzt, ergebnisorientiert zu argumentieren und die Rechtsnatur so zu bestimmen, dass die gewünschte Lösung sich gut begründen ließ. Schließlich stellt sich auch die – kaum diskutierte – Frage, wie es sich mit einer Festsetzung von Ordnungsmitteln nach einer einseitigen Erledigungserklärung verhält.

B. Entscheidung des Bundesgerichtshofs im Jahr 2003 Mit einer Entscheidung des Bundesgerichtshofes aus dem Jahr 2003,3 die einen scheinbar simplen Ausweg aus diesem dogmatischen Dilemma aufzeigt, ist der Streit um die erstgenannte Frage in Rechtsprechung und Literatur verstummt. Der Bundesgerichtshof hat sich auf eine Rechtsbeschwerde im Ordnungsmittel­ verfahren bezüglich der Rechtsnatur ausdrücklich für die Doppelnatur der Ordnungsmittel im Sinne eines gleichzeitig präventiven wie repressiven Charakters ausgesprochen und zugleich das Erfordernis eines wirksamen Titels im Zeitpunkt der Verhängung des Ordnungsmittels für erforderlich erachtet. Damit aber bei Verstößen gegen den Titel auch nach dessen Erledigung noch ein Ordnungsmittel verhängt werden kann, hat der Bundesgerichtshof eine Lösung über eine teilweise übereinstimmende Erledigungserklärung in zeitlicher Hinsicht gewählt. Hiernach soll die Erledigungserklärung auf die Zeit nach dem erledigenden Ereignis beschränkt werden können. So bleibe ein bereits erwirkter Titel für die Zeit vor Erledigung und damit auch für den Zeitpunkt des Verstoßes erhalten und könne auch nach Erledigung noch Grundlage für die Festsetzung von Ordnungsmitteln sein. Dabei stellte der Bundesgerichtshof in seiner Entscheidung ausdrücklich klar, dass nach einer solchen beschränkten Erledigungserklärung ein Teil des Verfahrens anhängig bleibe, gerichtet auf das Bestehen eines Unterlassungsanspruchs für die Zeit bis zum Eintritt des erledigenden Ereignisses. Nur so könne sichergestellt werden, dass die staatliche Zwangsmaßnahme in Form des Ordnungsmittels aufgrund einer gerichtlichen Entscheidung ergehe, die rechtskräftig geworden ist oder deren Rechtmäßigkeit jedenfalls noch in dem dafür vorgesehenen gerichtlichen Verfahren überprüft werden könne. Obgleich die Gerichte im Erkenntnisverfahren von einer vollständigen überein­ stim­menden Erledigungserklärung ausgegangen waren und daher nur durch Beschluss gem. § 91a ZPO und nicht streitig entschieden hatten,4 legte der Bundes­ge­ richts­hof im konkreten Fall – wohl selbst von Gerechtigkeitserwägungen getrie­ben, 3

BGH, Beschluss vom 23.10.2003 – 1 ZB 45/02, BGHZ 156, 335 ff. („Euro-Einführungsrabatt“). 4 Vgl. nur die Entscheidungen des OLG Düsseldorf, Beschluss vom 29.10.2002  – 20 W 47/02, über juris, und des BGH, Beschluss vom 08.05.2003 – I ZB 40/02, NJW-RR 2003, 1075.

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1. Kap.: Einführung und Problemdarstellung

um zu einer Rechtmäßigkeit der Ordnungsmittelfestsetzung zu gelangen – im Ordnungsmittelverfahren erneut die Erklärungen der Parteien aus dem Erkenntnisverfahren selbständig als nur teilweise übereinstimmende Erledigungserklärungen für die Zukunft aus. Zudem stellte er fest, dass auch nach der im Erkenntnisverfahren getroffenen Kostenentscheidung nach § 91a ZPO der ursprünglich erlassene Unterlassungstitel noch Grundlage für die Vollstreckungsmaßnahme sein könne. Mit der Auslegung der Erledigungserklärungen im Erkenntnisverfahren, in welchem der Bundesgerichtshof schlicht nicht entscheidungsbefugt war, hat er die Trennung von Erkenntnis- und Ordnungsmittelverfahren als Teil  des Vollstreckungs­ verfahrens missachtet. Dadurch hat der Bundesgerichtshof diejenigen Probleme übersehen, die sich dem Prozessgericht im Erkenntnisverfahren bei Annahme einer solchen Auslegung stellen würden.

C. Konsequenzen aus der Entscheidung für das Erkenntnisverfahren Die Entscheidung des Bundesgerichtshofs hat den Streit um das Problem der Festsetzung von Ordnungsmitteln nach Titelerledigung zum Verstummen gebracht. Dabei wird überwiegend verkannt, dass die Umsetzung dieser Lösung zu bislang kaum diskutierten und insbesondere nicht gelösten Problemen in der Praxis führt. Selbst wenn die Parteien ihre Erledigungserklärungen im Erkenntnisverfahren in der Hauptsache zeitlich beschränken und das Gericht dies auch erkennt, stellt sich die Frage, wie eine solche Beschränkung der Erledigungserklärung in dogmatischer Hinsicht begründet werden kann und welche Auswirkungen dies auf den Streitgegenstand und auf den bereits erlassenen Titel hat. Problematisch ist weiter, wie der Tenor der daraufhin ergehenden Entscheidung zu lauten hat, denn ein Teil des Streitgegenstandes bleibt bei nur teilweiser Erledigungserklärung anhängig und über diesen muss bei konsequenter Umsetzung der Lösung des Bundesgerichtshofs noch streitig entschieden werden. Diese Entscheidung hat wiederum Auswirkung auf den zuvor erlassenen Titel, so dass sich die Frage stellt, inwieweit dieser wirksam bleibt und inwiefern er noch Grundlage der Zwangsvoll­streckung sein kann. Zu diesen Fragen hat der Bundesgerichtshof nicht Stellung genommen. Dies ist insofern konsequent, als der Bundesgerichtshof im Ordnungsmittelverfahren zu entscheiden hatte, und zugleich insofern inkonsequent, als er die weiteren Probleme schlicht umging, indem er die Erklärungen aus dem Erkenntnisverfahren nachträglich auslegte und sich nicht mit den Konsequenzen einer solchen Auslegung für das Erkenntnisverfahren auseinandersetzte.

D. Ziel und Gang der Untersuchung

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D. Ziel und Gang der Untersuchung Um die soeben aufgeworfenen Fragen dogmatisch und systematisch sauber aufzubereiten und zu beantworten, setzt sich die Verfasserin kritisch mit den Ordnungsmitteln des § 890 ZPO sowie der übereinstimmenden wie auch einseitigen Erledigungserklärung im Erkenntnisverfahren und den Konsequenzen, die sich aus diesen für einen bereits zuvor erlassenen Titel und daraus resultierend auch für die Festsetzung von Ordnungsmitteln ergeben, auseinander. Insbesondere soll die vom Bundesgerichtshof konstruierte übereinstimmende, aber zeitlich auf die Zukunft beschränkte Erledigungserklärung in dogmatischer Hinsicht und deren Auswirkungen auf einen bereits erlassenen Titel untersucht werden. Hier stellt sich die Frage, ob der vom Bundesgerichtshof gewählte Ansatz bei dogmatischer Umsetzbarkeit auch tatsächlich zu praxisgerechten Lösungen führt. Es überrascht, dass der Ansatz des Bundesgerichtshofs nicht kritischer hinterfragt wurde, obgleich und gerade weil der hier behandelte Problemkreis auch in der Praxis von großer Relevanz ist. Dies gilt insbesondere für das Wettbewerbsrecht, wo Unterlassungsansprüche häufig mittels einstweiliger Verfügungen geltend gemacht werden, die sich dann oft nach einem Verstoß des Konkurrenten durch Wegfall der Wiederholungsgefahr noch vor Festsetzung eines Ordnungsmittels erledigen. Die anzufertigende Arbeit soll sich allerdings nicht auf das Wettbewerbsrecht beschränken, sondern weitgehend unabhängig vom materiellen Recht die zivilprozessualen Schwierigkeiten dieser Konstellation darstellen, die Lösung des Bundesgerichtshofs kritisch hinterfragen und konkretisieren sowie einen für die Praxis leicht verständlichen, dogmatisch stringenten und insbesondere konsequent anwendbaren Lösungsansatz für das Problem der teilweise übereinstimmenden Erledigungserklärung in zeitlicher Hinsicht bei Unterlassungsansprüchen aufzeigen. Dazu sollen zunächst Unterlassungsansprüche als materiellrechtliche Grundlage eines Unterlassungstitels untersucht (Zweites Kapitel) und sodann dargestellt werden, wie die Vollstreckung derselben erfolgt (Drittes Kapitel). Im Anschluss daran werden die Erledigung im Rechtsstreit und die Reaktion der Parteien darauf in Form von übereinstimmender oder einseitiger Erledigungserklärung untersucht (Viertes Kapitel) sowie die Auswirkungen der Erledigung auf eine sich anschließende Festsetzung von Ordnungsmitteln dargestellt (Fünftes Kapitel). Schließlich wird die dogmatische Umsetzbarkeit einer zeitlich beschränkten Erledigungserklärung und deren Auswirkung auf den bereits erlassenen Titel näher beleuchtet (Sechstes Kapitel).

Zweites Kapitel

Die Unterlassungsansprüche „Unterlassungsansprüche haben heute eine immense praktische Bedeutung, die sich im wesentlichen aus den zahllosen Wett­ bewerbsstreitigkeiten ergibt.“ Jörg Fritzsche1

Unterlassungsansprüche sind aus dem gegenwärtigen Anspruchs- und Rechtsschutzsystem nicht mehr wegzudenken und stellen vor allem im Wettbewerbsrecht das zentrale Rechtsschutzmittel dar.2 In über 90 % aller Wettbewerbssachen werden Unterlassungsansprüche geltend gemacht.3 Von Relevanz sind sie aber auch im Bereich des Eigentumsschutzes.4 Durch die Geltendmachung von Unterlassungsansprüchen  – vor Gericht oder auch außergerichtlich – kann der Gläubiger des Anspruchs dafür sorgen, dass seine geschützten Interessen vor bestimmten Beeinträchtigungen durch den Schuldner geschützt werden. So soll erreicht werden, dass ein Eingriff in die Belange des Gläubigers unterbleibt oder sich zumindest nicht wiederholt,5 denn ist ein Verstoß gegen ein Unterlassungsgebot erst einmal begangen, kann er meist nicht mehr rückgängig gemacht werden. Nachfolgend kann der Verletzte in der Regel lediglich Schadensersatzansprüche geltend machen, die allerdings auch nur bei schuldhafter Verletzung der Unterlassungspflicht bestehen. Insofern zielen Unterlassungsansprüche, vereinfacht gesagt, auf die Prävention unerwünschter Zuwiderhandlungen.6 Sie sind darauf gerichtet, ein zukünftiges Verhalten des Unterlassungsschuldners zu bestimmen,7 und zwar dergestalt, dass er sein schädigendes Verhalten in Zukunft unterlässt. Im Rahmen einer Unterlassungsklage wird das Recht mithin in abwehrender Funktion durchgesetzt.8 1

Fritzsche, Unterlassungsanspruch und Unterlassungsklage, § 1 I. (S. 2). Fritzsche, Unterlassungsanspruch und Unterlassungsklage, § 3 IV. (S. 23). 3 Voss, Zwangsvollstreckung aus Unterlassungstiteln, S. 18; Hees, GRUR 1999, 128, 131; Ulrich, WRP 1992, 147, 147. 4 Fritzsche, Unterlassungsanspruch und Unterlassungsklage, § 1 I. (S. 2). 5 Henke, JA 1987, 350, 351 f., 357; Fritzsche, Unterlassungsanspruch und Unterlassungsklage, § 4 III.1. (S. 37). 6 Fritzsche, Unterlassungsanspruch und Unterlassungsklage, § 4 III.2. (S. 38 f.); Völp, GRUR 1984, 486, 487; Callmann, Der unlautere Wettbewerb, Einleitung K. I.2. (S. 94); Gursky, in: Staudinger, BGB, § 1004 Rn.  210; Henckel, AcP 174 (1974), 97, 99. Speziell für das Wettbewerbsrecht Ahrens, in: Der Wettbewerbsprozess, Kap. 14 Rn. 3 (S. 206). 7 Ahrens, in: Der Wettbewerbsprozess, Einleitung (S. 2); Zeuner, in: FS für Dölle, S. 295, 310. 8 Zeuner, in: FS für Dölle, S. 295, 295. 2

A. Begriffsbestimmung der Unterlassung

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Im folgenden Kapitel sollen geschichtliche Entwicklung, Grundlagen und materiellrechtliche wie auch prozessuale Voraussetzungen von Unterlassungsansprüchen für deren gerichtliche Geltendmachung dargestellt werden. Dies ist relevant, da regelmäßig erst die gerichtliche Entscheidung über einen solchen Anspruch zum Titel führt, welcher im Anschluss daran mit den Ordnungsmitteln des § 890 ZPO durchgesetzt werden kann.

A. Begriffsbestimmung der Unterlassung In diversen Gesetzen wird der Begriff der Unterlassung gebraucht. Verbunden mit der Möglichkeit, auf Unterlassung zu klagen, findet sich diese Terminologie unter anderem in §§ 12 Satz 2, 541, 590a, 862 Abs. 1 Satz 2, 1004 Abs. 1 Satz 2, 1053, 1134 Abs. 1 BGB, §§ 8, 12, 14 UWG, § 21 Abs. 1 Satz 2 AGG. Das UKlaG, das Gesetz über Unterlassungsklagen bei Verbraucherrechts- und anderen Verstößen, ist schon seinem Namen nach die Kodifizierung der Möglichkeit, in bestimmten Fällen auf Unterlassung zu klagen. Daneben ist aber auch an anderer Stelle im Gesetz schlicht von Unterlassung oder dem Anspruch auf Unterlassung die Rede. Genannt seien hier nur beispielhaft die Regelungen im allgemeinen Schuldrecht wie §§ 194 Abs. 1, 199 Abs. 5, 241 Abs. 1 Satz 2 BGB und Vorschriften aus dem Bereich des geistigen Eigentums wie §§ 14 Abs. 5 Satz 1, 15 Abs. 4 Satz 1 MarkenG, § 139 Abs. 1 Satz 1 PatG, § 97 Abs. 1 Satz 1 UrhG. Und auch außerhalb des Zivilrechts gibt es Regelungen zum Unterlassen, aufgezählt seien hier nur die strafrechtlichen Normen §§ 8 Satz 1, 9, 13 Abs. 1, 323c, 336 StGB. Bereits dies verdeutlicht, wie relevant das Unterlassen im juristischen Sinne ist. Eine Definition des Begriffes der Unterlassung, des Unterlassungsanspruchs oder der Unterlassungsklage findet sich indessen in keinem Gesetz. Es bedarf daher stets einer Begriffsbestimmung der Unterlassung.

I. Erforderlichkeit einer selbständigen Begriffsbestimmung Eine Begriffsbestimmung für die Unterlassung zu finden, ist nicht nur juristisch, sondern auch für andere Lebensbereiche relevant. Auch im Alltag sind Unterlassungen Gegenstand des sozialen Lebens. Doch in diesem Bereich gibt es ebenfalls keine allgemeingültige selbständige Begriffsbestimmung der Unterlassung, vielmehr wird hier eine Definition in der Regel anhand einer Abgrenzung zum Tun versucht. So heißt es schon in einem karikierenden Vers von Wilhelm Busch aus dem Jahr 1872: „Das Gute – dieser Satz steht fest – ist stets das Böse, was man lässt!“9 9

Busch, Lesebuch, Die fromme Helene, Schluß, S. 189.

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2. Kap.: Die Unterlassungsansprüche

Mit einer solchen Abgrenzung des Unterlassens vom positiven Tun ist allerdings wenig gewonnen, da es auch für letzteres keine festgeschriebene Definition gibt. Trotzdem wird auch in den Versuchen einer juristischen Begriffsbestimmung eine Definition der Unterlassung oft über eine Abgrenzung zum Tun vorgenommen: Unterlassen solle das kontradiktorische Gegenteil zum Tun oder Handeln sein.10 Neben der Tatsache, dass auch zum Tun diverse Handlungslehren vertreten werden,11 liegt eine weitere Schwierigkeit in den oft sehr vielschichtigen Geschehensabläufen. Eine Lebenssituation kann dabei, je nach Betonung, Schwerpunktsetzung oder auch nur Formulierung, positiv als Tun oder negativ als Unterlassen umschrieben werden.12 Ob eine solche Situation dann als Tun oder Unterlassen einzuordnen ist und nach welchen Maßstäben diese Qualifizierung vorgenommen werden muss, ist ebenfalls eine umstrittene Frage,13 die eine Begriffsbestimmung des Unterlassens in Abgrenzung zum positiven Tun erschwert. Dies verdeutlicht, wie schwierig die Klassifizierung eines Verhaltens als Tun oder Unterlassen ist. Eine so vorgenommene Begriffsbestimmung kann daher nicht die erwünschte Definition liefern. Trotz der Schwierigkeiten einer solchen Abgrenzung ist eine Unterscheidung aber notwendig. Schon das Gesetz selbst unterscheidet zwischen Tun und Unterlassen. Beispielsweise schreiben §§ 194 Abs. 1, 241 Abs. 1 BGB oder auch § 13 StGB vor, dass ein Unterlassen ebenso zu behandeln sei wie ein Tun. Mithin bedarf es einer Differenzierung, anderenfalls wäre diese besonders geregelte Gleichstellung nicht erforderlich. Auch im Rahmen der Zwangsvollstreckung ist der Unterschied zwischen Tun und Unterlassen von höchster Relevanz.14 Handlungen werden nach §§ 887, 888 ZPO vollstreckt. Bei vertretbaren Handlungen kann der Gläubiger die geforderte Handlung auf Kosten des Schuldners vornehmen lassen, bei unvertretbaren Handlungen kann der Schuldner durch Ordnungsmittel zur Vornahme der geforderten Handlung angehalten werden. Unterlassungen hingegen werden nach § 890 ZPO vollstreckt: Der Schuldner kann nur im Nachhinein wegen einer bereits begangenen Zuwiderhandlung zu Ordnungsmitteln verurteilt werden.15 10 Ritter, Zur Unterlassungsklage, S. 18; Teplitzky, Wettbewerbsrechtliche Ansprüche, Kap. 1 Rn. 2 (S. 4). 11 Vgl. hierzu nur Wolf, AcP 170 (1970), 181 ff., der einen guten Überblick zu einzelnen Handlungslehren m. w. N. liefert. 12 Rödig, Rechtstheorie, S. 38, mit folgendem Beispiel (verkürzt): Springt A ins Wasser, um B vor dem Ertrinken zu retten, ist der Sprung positives Tun, die nicht erfolgte Verständigung des Bademeisters hingegen eine Unterlassung. Vgl. auch Redslob, Die kriminelle Unterlassung, S. 17. 13 Abgrenzungsmaßstab: Z. B. bei Gefahrerhöhung stets Handlung (so Deutsch/Ahrens, Deliktsrecht, Rn. 40); je nachdem ob der Schwerpunkt des Vorwurfs im Tun oder Unterlassen liegt (insbesondere im Strafrecht, vgl. BGH, Urteil vom 15.02.2006 – 5 StR 181/06, BGHSt 51, 165, 173); nach dem sozialen Sinngehalt (z. B. BGH, Urteil vom 25.06.2010 – 2 StR 454/09, BGHSt 55, 191, 202 f.). 14 Köhler, AcP 190 (1990), 496, 499 f. 15 Vgl. hierzu später 3. Kap. B.II., S. 52 f.

A. Begriffsbestimmung der Unterlassung

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Die Notwendigkeit, den Begriff des Unterlassens so zu bestimmen, dass eine saubere Abgrenzung zum Tun möglich ist, liegt also klar auf der Hand. Daran anschließend stellt sich die Frage, ob sich eine solche Definition finden lässt, die für alle Rechtsgebiete übergreifend geeignet ist.

II. Unterlassung als Nicht-Verhalten Zunächst kann festgehalten werden, dass eine Unterlassung nicht Nichts sein kann und daher auch nicht als „Nichts-Tun“ definiert werden kann,16 denn auch eine Unterlassung ist ein menschliches Verhalten.17 Als Unterlassen könnte aber schlicht die Nichtvornahme einer bestimmten Handlung18 beziehungsweise Nichtherbeiführung eines bestimmten äußeren Erfolges19 oder auch jedes untätige Verhalten, das einen bestimmten Kausalverlauf nicht mitbestimmend beeinflusst,20 angesehen werden. Gegen eine solche sehr weite Begriffsbestimmung spricht aber, dass hiernach regelmäßig in jedem Verhalten zugleich auch die Unterlassung irgendeines anderen Verhaltens gesehen werden könnte. Insofern ist eine weitere Eingrenzung der Begrifflichkeit erforderlich.

III. Eingrenzungsversuch durch eine subjektive Komponente Ein Versuch zur Vornahme einer Eingrenzung der sehr weiten Begrifflichkeit ist das Abstellen auf die innere Seite des sich irgendwie Verhaltenden. Danach könnte Unterlassen als ein negativer Entschluss bezeichnet werden mit dem Inhalt, eine Tätigkeit willentlich gerade nicht zu bewirken.21

16 So aber beispielsweise Vogt, Lexikon des Wettbewerbsrechts, Stichwort: Unterlassungsanspruch (S. 327). 17 Wolf, AcP 170 (1970), 181, 221; ebenfalls Rödig, Rechtstheorie, S. 39. 18 Köbler, in: Deutsches Rechts-Lexikon, Bd. 3, Stichwort: Unterlassen (S. 4322); Köbler, Juristisches Wörterbuch, Stichwort: Unterlassen (S. 433); Köhler, AcP 190 (1990), 496, 499. 19 Stephan, Die Unterlassungsklage, S.  46. Vgl. auch Storz, in: Wieczorek/Schütze, ZPO, § 890 Rn. 13; ähnlich auch Voss, Zwangsvollstreckung aus Unterlassungstiteln, S. 56, der Unterlassen auffasst als Verhalten, das den Nichteintritt eines Zustands bewirkt. 20 Brox/Walker, Zwangsvollstreckungsrecht, Rn. 1093; Lackmann, in: Musielak, ZPO, § 890 Rn. 2; Storz, in: Wieczorek/Schütze, ZPO, § 890 Rn. 13; Gruber, in: Münchener Kommentar ZPO, § 890 Rn. 4; Kramer, Der richterliche Unterlassungstitel, S. 7. 21 Wolf, AcP 170 (1970), 181, 222; Redslob, Die kriminelle Unterlassung, S.  17. Ähnlich­ Jacobsohn, Die Unterlassungsklage, S.  6 f., der zwar für eine Unterlassung kein subjektives Moment fordert, für die Annahme einer Unterlassungspflicht aber auf ein solches abstellen will.

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2. Kap.: Die Unterlassungsansprüche

Eine solche Begriffsdefinition kommt allerdings nicht im Bereich zivilrechtlicher Unterlassungsansprüche in Betracht. Bei diesen ist ein gefordertes Unterlassen gerade Gegenstand des Anspruchs und der Unterlassungsschuldner verletzt durch eine dennoch vorgenommene Handlung seine Unterlassungspflicht. Hier kann eine subjektive Komponente nicht zur Abgrenzung von positivem Tun herangezogen werden, denn ob der Unterlassungsschuldner seiner Pflicht willentlich oder unbewusst nachkommt, ist für den Unterlassungsgläubiger nicht relevant. Die Abgrenzung von positivem Tun und Unterlassen mit Hilfe einer subjek­ tiven Komponente kommt aber in den Bereichen in Betracht, in denen der Vorwurf auf einem unterlassenen Verhalten fußt. Dies ist beispielsweise im Strafrecht bei den Unterlassungsdelikten der Fall; bei diesen ist Ansatzpunkt für die Strafbarkeit ein grundsätzlich gefordertes Handeln, damit der strafbare Erfolg nicht eintritt. Und auch im Deliktsrecht wird ein aktives Handeln geschuldet, bei dessen Nicht­vornahme, also dessen Unterlassen, gegebenenfalls Schadensersatzansprüche bestehen. Somit könnte in diesen Rechtsbereichen theoretisch Unterlassen als der negative Entschluss, eine Tätigkeit willentlich nicht zu bewirken, definiert werden. Problematisch an einer solchen Definition ist jedoch insbesondere die schwierige Feststellung der inneren Seite sowie die Tatsache, dass auch bei unbewusster Nicht-Vornahme einer Handlung, also ohne den Entschluss, diese bestimmte Handlung nicht bewirken zu wollen, der zu vermeidende Erfolg eintritt. Würde daher ein solches unbewusstes Nicht-Verhalten schon begrifflich nicht als Unterlassung gewertet, würde dadurch die innere Seite und damit das beispielsweise im Straf- oder Deliktsrecht erforderliche Verschulden22 auf die Ebene der Begriffsbestimmung gehoben. In diesen Fällen würde das Verschuldensmerkmal doppelt berücksichtigt. Hingegen entstünde bei denjenigen Tatbeständen, die ein Verschulden gerade nicht erfordern, eine nicht gewollte Einschränkung über das eigentlich nicht erforderliche Verschuldensmerkmal im Rahmen des Unterlassungsbegriffs auf Tatbestandsebene. Eine genauere Begriffsbestimmung der Unterlassung kann daher nicht über den negativen Entschluss auf der inneren Seite des sich Verhaltenden vorgenommen werden.

IV. Eingrenzung durch eine objektive Komponente Eine Eingrenzung der Begrifflichkeit des Unterlassens kann auch über die äußere Seite, das heißt die Begleitumstände des jeweiligen Verhaltens, versucht werden. In Betracht kommen als objektive Umstände sowohl die Möglichkeit der zu unterlassenden Handlung wie auch die Gebotenheit derselben.

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So z. B. bei deliktsrechtlichem Schadensersatz wegen Unterlassens nach § 823 Abs. 1 BGB.

A. Begriffsbestimmung der Unterlassung

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1. Möglichkeit der Handlung als Voraussetzung des Unterlassungsbegriffs Für die Eingrenzung des Unterlassungsbegriffs kann auf die objektive Komponente der tatsächlichen Möglichkeit des zu unterlassenden Verhaltens abgestellt werden. Unterlassen ist danach die Nichtvornahme einer Handlung, die dem Unterlassungsschuldner tatsächlich möglich ist.23 Damit werden für die Erfüllung zivilrechtlicher Unterlassungsansprüche geforderte Unterlassungen zumindest in der Hinsicht tatbestandlich beschränkt, dass nicht mehr jegliches Nicht-Verhalten unter den Begriff der Unterlassung subsumiert werden kann, sondern nur dasjenige, welches auch tatsächlich im Rahmen des dem Unterlassungsschuldner Möglichen liegt. Für den Bereich zivilrechtlicher Unterlassungsansprüche ist daher eine solche Eingrenzung über diese objektive Komponente der theoretischen Möglichkeit der Vornahme der zu unterlassenden Handlung sinnvoll. 2. Gebotenheit der Handlung als Voraussetzung des Unterlassungsbegriffs Eine noch engere Definition der Unterlassung könnte unter Einbezug der Gebotenheit des zu unterlassenden Verhaltens als objektive Komponente versucht werden. Vom Unterlassungsbegriff wären dann nur diejenigen nicht vorgenommenen Handlungen erfasst, die für den Schuldner geboten sind.24 Wie schon im Hinblick auf die subjektive Komponente gilt aber auch hier, dass eine solche Begrenzung der Begrifflichkeit im Bereich der zivilrechtlichen Unterlassungsansprüche nicht passt. Da – anders als im Strafrecht oder auch im Deliktsrecht – nicht eine Handlung geschuldet wird, bei deren Unterlassung im Nachhinein Strafbarkeit­ besteht beziehungsweise Schadensersatz verlangt werden kann, sondern die geschuldete Verhaltensweise von Anfang an ein Unterlassen ist,25 kann die Gebotenheit der Handlung im Bereich der Unterlassungsansprüche kein Merkmal für die Begriffsbestimmung sein.

23 Birnbacher, Tun und Unterlassen, S. 32. So im Ergebnis auch Husserl, in: FS für Pappenheim, S. 87, 107, der aber trotz des Erfordernisses der Verhaltensmöglichkeit maßgeblich auf die willentliche Ablehnung dieses möglichen Tuns abstellt. 24 Köbler, Juristisches Wörterbuch, Stichwort: Unterlassen (S. 433); so auch Stree/Bosch, in: Schönke/Schröder, StGB, Vorbem. §§ 13 ff. Rn. 139. 25 Fritzsche, Unterlassungsanspruch und Unterlassungsklage, § 2 II. (S.  9). Für das Wettbewerbsrecht Teplitzky, Wettbewerbsrechtliche Ansprüche, Kap. 1 Rn. 2 (S. 4).

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2. Kap.: Die Unterlassungsansprüche

V. Ergebnis Als Definition für Unterlassungen im Rahmen zivilrechtlicher Unterlassungsansprüche hat es dabei zu verbleiben, dass das Unterlassen die Nichtvornahme einer bestimmten Handlung ist.26 Diese Handlung muss allerdings im Bereich des Möglichen liegen, denn anderenfalls könnte von jedermann die Unterlassung jeglicher, auch unmöglicher, Handlungen gefordert werden, was zu einer unendlichen Ausweitung von Unterlassungsansprüchen führen würde. Insofern soll für diese Arbeit die nachfolgende Begriffsbestimmung zugrunde gelegt werden: Unterlassen ist die Nichtvornahme einer bestimmten, dem Unterlassungsschuldner möglichen Handlung.

B. Geschichtliche Entwicklung der Unterlassungsklage Das heute den Unterlassungsklagen zugrunde liegende Rechtsschutzziel der präventiven Abwehr von Eingriffen ist in den Wurzeln unserer Rechtskultur grundsätzlich nicht verankert.27 So war dem römischen Recht eine Unterlassungsklage in der heutigen Form unbekannt.28 Zwar gab es bereits die sogenannte actio negatoria, die dem Eigentümer zustand und Rechtsschutz gewährte, wo es um die Abwehr einer angemaßten Servitut, also der Berühmung eines Rechts zur Einwirkung auf eine ­Sache, ging.29 Ziel der actio negatoria war aber nur die Feststellung des unbeschränkten Eigentums, die durch Verurteilung zur Zahlung einer symbolischen Geldsumme indirekt erfolgte.30 Unterlassungsurteil und Unterlassungsvollstreckung in unserer heutigen Form waren dem römischen Recht hingegen fremd. Die actio negatoria zielte daneben zwar auch noch auf Sicherheitsleistung gegen künftige Störungen. Diese Sicherheitsleistung sollte dem Kläger aber nur die spätere Liquidation von Schadensersatzansprüchen wegen etwaiger künftiger Einbußen sichern und hatte keinen repressiven oder präventiven Zweck im Hinblick auf die Unterlassung von Störungen.31 Insofern waren die Mittel äußerst unzu­reichend, die das römische Recht zur Geltendmachung eines Unterlassungsanspruchs gewährte.32 Eine Fortentwicklung der Unterlassungsklage erfolgte aber nach der Zeit Justinians (527–565 n. Chr.) durch die Rechtsprechung. Auf Unterlassungsklagen er 26

Fritzsche, Unterlassungsanspruch und Unterlassungsklage, § 2 VI. (S.14). Grosch, Rechtswandel und Rechtskraft bei Unterlassungsurteilen, § 4 III. (S. 30). 28 Stephan, Die Unterlassungsklage, S. 4. 29 Kötz, AcP 174 (1974), 145, 161; Grosch, Rechtswandel und Rechtskraft bei Unterlassungsurteilen, § 4 I. (S. 28). 30 Stephan, Die Unterlassungsklage, S. 5; Grosch, Rechtswandel und Rechtskraft bei Unterlassungsurteilen, § 4 I. (S. 28). Vgl. Hausmaninger/Selb, Römisches Privatrecht, Kap. 5 3. (S. 237); vgl. Honsell/Mayer-Maly/Selb, Römisches Recht, § 14 (S. 538 f.). 31 Grosch, Rechtswandel und Rechtskraft bei Unterlassungsurteilen, § 4 I. (S. 29). 32 Stephan, Die Unterlassungsklage, S. 7. 27

B. Geschichtliche Entwicklung der Unterlassungsklage

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gehende Urteile sprachen nun die Pflicht zur Unterlassung unmittelbar aus.33 Mit Rezeption des römischen Rechts in Deutschland wurde auch dies übernommen, Unterlassungsklagen hatten damit ein non facere (wörtlich: nicht tun, nicht machen), also eine Unterlassung zum Gegenstand.34 Dennoch erfuhren Unterlassungsansprüche und Unterlassungsklagen auch noch in der Gesetzgebung des Deutschen Reiches zunächst keine Regelung. Die bis dato entwickelten Gedanken zu Unterlassungsklagen wurden schlicht in ihren Anwendungsfällen aufrechterhalten.35 Vereinzelt setzte sich aber Ende des 18. beziehungsweise Anfang des 19.  Jahrhunderts in der deutschen instanzgerichtlichen Rechtsprechung der Gedanke durch, dass es eine allgemeine Möglichkeit des Vorgehens, mithin ein Klagerecht gegen drohende unerlaubte Handlungen geben müsse.36 Da es aber bis dato keine Kodifikation allgemeiner Unterlassungsansprüche oder Unterlassungsklagen gab und das Preußische Allgemeine Landrecht von 1794 lediglich in I.7 § 151 PrALR die Unterlassungsklage gegen Störungen des Sachbesitzes kannte,37 stellten die ausgeurteilten Fälle der Gerichte noch Einzelfallentscheidungen dar. Bei diesen handelte es sich um „Produkte richterlicher Anpassung an veränderte Verkehrsverhältnisse“.38 Erst im 19.  Jahrhundert begann sich ein lückenloser Rechtsschutz herauszubilden.39 Allgemeine gesetzliche Regelungen zu Unterlassungsansprüchen und Unterlassungsklagen entstanden zunächst im Prozessrecht, genauer gesagt im Zwangsvollstreckungsrecht. Schon die Fassung der Civilprozeßordnung (CPO) von 187740 sah in § 775 CPO ein besonderes Vollstreckungsverfahren für Unterlassungstitel vor, welchem der heutige § 890 ZPO weitgehend entspricht.41 Damit war aber nur die Durchsetzbarkeit von Unterlassungsansprüchen kodifiziert, diese waren selbst noch nicht im Gesetz festgeschrieben. Mit Fortschreiten der Industrialisierung und Aufhebung der Zünfte durch die­ Gewerbeordnung 1869, die bis dato Wettbewerb und Geschäftsgebaren streng überwachten, entstand aber die Notwendigkeit der Schaffung eines gewerblichen Sonderrechtsschutzes sowie der Regelung des Marktverhaltens.42 Gegen Ende des 33

Stephan, Die Unterlassungsklage, S. 9 f. Stephan, Die Unterlassungsklage, S. 11, 18. 35 Jacobsohn, Die Unterlassungsklage, S. 105. 36 Vgl. hierzu Oppermann, Unterlassungsanspruch und materielle Gerechtigkeit im Wettbewerbsprozeß, S. 105 ff. mit einigen Beispielen aus der instanzgerichtlichen Rechtsprechung. 37 Fritzsche, Unterlassungsanspruch und Unterlassungsklage, § 3 I. (S. 16). 38 Oppermann, Unterlassungsanspruch und materielle Gerechtigkeit im Wettbewerbsprozeß, S. 107. 39 Liebenau, Abgrenzung von Anspruch, Urteil und Zwangsvollstreckung auf Beseitigung und Unterlassung, S. 28. 40 Civilprozeßordnung vom 30. Januar 1877, RGBl. 1877, S. 83 ff. 41 Grosch, Rechtswandel und Rechtskraft bei Unterlassungsurteilen, § 5 I. (S. 32). 42 Teplitzky, Wettbewerbsrechtliche Ansprüche, Kap. 2 Rn. 3 (S. 16); Oppermann, Unterlassungsanspruch und materielle Gerechtigkeit im Wettbewerbsprozeß, S. 108 f. 34

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2. Kap.: Die Unterlassungsansprüche

19. Jahrhunderts enthielten daher einzelne Sondergesetze bereits kodifizierte Unterlassungsansprüche. Im Handelsgesetzbuch des Norddeutschen Bundes von 1869 war in Art. 27 bereits ein Unterlassungsklagerecht zum Schutz des Firmenrechtes normiert,43 während das Gesetz zur Bekämpfung des unlauteren Wettbewerbs aus dem Jahr 1896 in §§ 1, 6, 8, 13 den Gewerbetreibenden und seine Absatzbeziehungen durch Inanspruchnahme auf Unterlassung schützte.44 Die Rechtsprechung des Reichsgerichts dehnte daraufhin materiellrechtlich den Unterlassungsrechtsschutz auf die Verletzung von Warenzeichen-, Patent- und Urheberrechten aus, da die hierfür bestehenden gesetzlichen Regelungen zu diesem Zeitpunkt noch keine Kodifikationen von Unterlassungsansprüchen beinhalteten.45 Mit Inkrafttreten des Bürgerlichen Gesetzbuches im Jahre 1900 fanden Unterlassungsklagemöglichkeiten dann auch Eingang in selbiges. So enthielten beispielsweise die §§ 12, 550, 577, 862, 1004, 1053, 1134 BGB in dieser Fassung46 gesetzlich festgeschrieben die Möglichkeit, auf Unterlassung zu klagen, beziehungsweise enthielten die Verpflichtung, etwas zu unterlassen. Eine allgemeine Regelung zu Unterlassungsansprüchen war jedoch nicht enthalten, obgleich schon generelle Regelungen zu deren Verjährung in §§ 194 Abs. 1, 198 Satz 2 BGB a. F. und zum Inhalt des Schuldverhältnisses in § 241 Satz 2 BGB  a. F. normiert waren. Das Reichsgericht hat sich durch diesen Mangel jedoch nicht daran gehindert gesehen, Unterlassungsklagen auch dann zuzulassen, wenn sie im Gesetz nicht ausdrücklich vorgesehen waren. Bereits 1901 entschied das Reichsgericht, dass ein durch Unterlassungsklage verfolgbarer Unterlassungsanspruch nicht zu beanstanden sei, wenn ein unerlaubtes Verhalten bereits verwirklicht worden sei, weitere Eingriffe zu besorgen seien und mit der Klage die Fortsetzung oder Vollendung der verübten oder begonnenen Schädigungen verhütet werden sollen.47 Dabei argumentierte das Reichsgericht damit, dass das BGB, obwohl es die Unterlassungsklage nur für einzelne Fälle vorsehe, diese nicht für alle anderen habe ausschließen wollen.48 In diesem Urteil setzte das Reichsgericht allerdings die Existenz der allgemeinen Unterlassungsklage ohne irgendeine Begründung voraus. Allein der Unterlassungsanspruch wurde begründet. Der Verweis auf zwei ältere Entscheidungen49 zur Unterlassungsklage suggeriert eine gefestigte Rechtsprechung, obgleich es in 43

Oppermann, Unterlassungsanspruch und materielle Gerechtigkeit im Wettbewerbsprozeß, S. 110. 44 Oppermann, Unterlassungsanspruch und materielle Gerechtigkeit im Wettbewerbsprozeß, S. 110 f.; Fritzsche, Unterlassungsanspruch und Unterlassungsklage, § 3 II. (S. 16). 45 Oppermann, Unterlassungsanspruch und materielle Gerechtigkeit im Wettbewerbsprozeß, S.  111, mit Nachweisen zur reichsgerichtlichen Rechtsprechung in diesem Bereich; ebenso Fritzsche, Unterlassungsanspruch und Unterlassungsklage, § 3 II. (S. 17) m. w. N. 46 Vgl. hierzu Bürgerliches Gesetzbuch vom 18. August 1896, RGBl. 1896, S. 195 ff. 47 RG, Urteil vom 11.04.1901 – VI. 443/00, RGZ 48, 114, 118 („Dampfschiffahrts-Gesellschaft“). 48 RG, Urteil vom 11.04.1901 – VI. 443/00, RGZ 48, 114, 119 („Dampfschiffahrts-Gesellschaft“). 49 RG, Urteil vom 06.03.1890 – II. 11/90, RGZ 25, 347 ff. und RG, Urteil vom 08.01.1897 – II. 263/96, RGZ 38, 379 ff.

B. Geschichtliche Entwicklung der Unterlassungsklage

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den zitierten Entscheidungen um die Auslegung von Einzelnormen zu begrenzten Zwecken gegangen war und in diesen die allgemeine Unterlassungsklage nicht anerkannt worden war.50 Dennoch verfestigte sich in den ersten Jahren des 20. Jahrhunderts die Rechtsprechung des Reichsgerichts, wonach eine allgemeine Unterlassungsklage stets dort zulässig sei, wo sich rechtswidriges Verhalten bereits verwirklicht habe und weitere Beeinträchtigungen zu besorgen seien.51 In einer Entscheidung aus dem Jahr 1905 gab das Reichsgericht ausdrücklich die Anknüpfung an das Vorliegen einer unerlaubten Handlung auf und gewährte eine verschuldensunabhängige Unterlassungsklagemöglichkeit.52 Hiernach berechtige jeder auch nur objektiv wider­rechtliche Eingriff in ein vom Gesetz geschütztes Recht zu einer Klage auf Unterlassung, wenn weitere Eingriffe zu befürchten seien.53 Seitdem ist der quasinegatorische Unterlassungsanspruch als Möglichkeit, gegen drohende Eingriffe in absolute Rechte und andere absolut geschützte Rechtspositionen vorzugehen, in der Rechtsprechung anerkannt.54 Im Jahr  1909 konkretisierte das Reichsgericht seine Rechtsprechung dahingehend, dass die Zulässigkeit einer Unterlassungsklage allgemeiner Natur sei und weder eine Beschränkung der Unterlassungsklage auf das vermögensrechtliche Gebiet noch auf die Beseitigung eines dauernden bedrohlichen Zustandes notwendig sei.55 In einer Entscheidung aus dem Jahr 1927 hat das Reichsgericht bereits zusammenfassend festgestellt, dass „jeder objektiv rechtswidrige Eingriff in ein vom Gesetz geschütztes Rechtsgut ohne Rücksicht auf ein Verschulden des Handelnden zur Klage auf Unterlassung“ berechtige, wenn Wiederholungsgefahr bestehe.56 In Anerkennung eines Verkehrsbedürfnisses werde der Schutz absoluter Rechte auf sonstige Rechtsgüter ausgedehnt.57 Die Gewährung dieser Möglichkeit des Unterlassungsrechtsschutzes in der Rechtsprechung des Reichsgerichts wurde in der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes weitergeführt58 und fortentwickelt.59 ­ nterlassungsklagemöglichkeit durch Eine vorübergehende Einschränkung der U 50

So erkannt von Oppermann, Unterlassungsanspruch und materielle Gerechtigkeit im Wettbewerbsprozeß, S. 113. 51 RG, Urteil vom 11.06.1901 – II. 103/01, RGZ 48, 233 ff.; RG, Urteil vom 14.12.1902 – VI. 167/03, RGZ 56, 271 ff.; RG, Urteil vom 05.01.1905 – VI. 38/04, RGZ 60, 6 ff.; RG, Urteil vom 16.10.1905 – VI. 13/05, RGZ 61, 366 ff.; RG, Urteil vom 22.04.1909 – VI. 27/09, RGZ 71, 85 ff. 52 RG, Urteil vom 05.01.1905 – VI. 38/04, RGZ 60, 6, 7. 53 RG, Urteil vom 05.01.1905 – VI. 38/04, RGZ 60, 6, 7. 54 So Fritzsche, Unterlassungsanspruch und Unterlassungsklage, § 3 III.1. (S. 20). 55 RG, Urteil vom 22.04.1909 – VI. 27/09, RGZ 71, 85, 86. 56 RG, Urteil vom 15.02.1927 – II 317/26, RGZ 116, 151, 153. 57 RG, Urteil vom 15.02.1927 – II 317/26, RGZ 116, 151, 153. 58 So z. B. BGH, Urteil vom 06.07.1954 – I ZR 38/53, BGHZ 14, 163 ff. 59 Beispielsweise indem Unterlassungsklagen wegen Verletzung des grundrechtlich geschützten allgemeinen Persönlichkeitsrechts zugelassen wurden, vgl. z. B. BGH, Urteil vom 18.03.1959 – IV ZR 182/58, BGHZ 30, 7 ff.; vgl. auch BGH, Urteil vom 22.12.1959 – VI ZR 175/58, BGHZ 31, 308 ff.

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2. Kap.: Die Unterlassungsansprüche

das Reichsgericht dahingehend, dass bei strafrechtlicher Verfolgbarkeit der unerlaubten Handlung eine quasinegatorische Unterlassungsklage nur dann statthaft sei, wenn ein besonderes Rechtsschutzbedürfnis bestehe,60 hat das Reichsgericht selbst nur einige Jahre später wieder fallengelassen.61 Die vorbeugende Unterlassungsklage gegen einen drohenden ersten Eingriff wurde durch die reichsgerichtliche Rechtsprechung mit einer gewissen zeitlichen Verzögerung, nämlich erstmals im Jahr 1921, zugelassen.62 Wenn schon zuvor in der reichsgerichtlichen Rechtsprechung von einer „vorbeugenden Unterlassungsklage“ die Rede war,63 waren damit Fälle gemeint, in denen nur einer erneuten Zuwiderhandlung vorgebeugt werden sollte.64 In dieser ersten Entscheidung zur vorbeugenden Unterlassungsklage aus dem Jahr 1921 fiel es dem Reichsgericht schwer, eine Begründung für die Zulassung zu finden.65 Auch in späteren Entscheidungen fehlte es an einer Begründung und das Reichsgericht beschränkte sich darauf, auf die Grundsatzentscheidung aus dem Jahr 1921 zu verweisen.66 Dennoch gibt es sehr gute Gründe für die Zulassung einer vorbeugenden Unterlassungsklage. So ist es in der Regel nicht zumutbar, erst einen Schadenseintritt abwarten zu müssen und im Anschluss lediglich auf Ersatzansprüche verwiesen zu werden.67 Dies passt auch zu dem alten Rechtssprichwort „Schadensverhütung ist besser als Schadensvergütung“68: Indem der Eintritt künftiger Schäden verhindert wird, werden die individuellen Rechte des Einzelnen geschützt und zudem volkswirtschaftliche Verluste und Kosten vermieden.69 60

RG, Urteil vom 28.09.1911 – VI. 407/10, RGZ 77, 217, 222; RG, Urteil vom 15.03.1913 – VI. 315/12, RGZ 82, 59, 64; RG, Urteil vom 15.01.1920 – VI 328/19, RGZ 98, 36, 39. Begründet wurde diese Einschränkung der Unterlassungsklage damit, dass kein Rechtsschutzbedürfnis für eine zivilrechtliche Unterlassungsklage und ein damit einhergehendes unter-Strafe-Stellen nach § 890 ZPO bestehe, wenn die Handlung bereits durch allgemeine öffentliche Strafandrohung unter Strafe gestellt sei. 61 RG, Urteil vom 15.02.1927 – II 317/26, RGZ 116, 151. Begründet wurde dies damit, dass es keinen Grund gebe, die quasinegatorische Unterlassungsklage an andere Voraussetzungen zu knüpfen als die normale Unterlassungsklage, bei welcher vielfach die widerrechtlichen Eingriffe ebenfalls unter Strafe gestellt seien. 62 RG, Urteil vom 17.02.1921 – VI 473/20, RGZ 101, 335 ff. In Teilbereichen war eine vorbeugende Unterlassungsklage durch das Reichsgericht allerdings schon vorher zugelassen worden, nämlich im Patent- und Warenzeichenrecht, vgl. hierzu Fritzsche, Unterlassungsanspruch und Unterlassungsklage, § 3 II.2. (S. 22). 63 So etwa RG, Urteil vom 15.01.1920 – VI 328/19, RGZ 98, 36 ff. 64 Erkannt von Fritzsche, Unterlassungsanspruch und Unterlassungsklage, § 3 II.2. (S. 21). 65 Das Reichsgericht versuchte eine Begründung über das Institut vorbeugenden Rechtsschutzes, dessen Einschränkung bei Versagung einer vorbeugenden Unterlassungsklage eine „praktisch nicht befriedigende“ Lösung sei, weshalb es auf die Umstände des Einzelfalles ankommen müsse, vgl. RG, Urteil vom 17.02.1921 – VI 473/20, RGZ 101, 335, 340. 66 So z. B. RG, Urteil vom 20.11.1930 – VI 223/30, JW 1931, 1191, 1192. 67 Larenz/Canaris, Schuldrecht II/2, § 87 I.1. (S. 704); Fritzsche, Unterlassungsanspruch und Unterlassungsklage, § 3 II.2. (S. 21). 68 Kötz, AcP 174 (1974), 145, 145; vgl. auch Enneccerus/Lehmann, Schuldrecht, § 252 I.1. (S. 1008). 69 Esser/Weyers, Schuldrecht, Bd. II/2, § 62 I. (S. 257).

C. Differenzierung zwischen Unterlassungsklage und Unterlassungsanspruch

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Der Bundesgerichtshof hat im Anschluss an die reichsgerichtliche Rechtsprechung den vorbeugenden Unterlassungsanspruch ebenfalls anerkannt und weiter fortentwickelt. In einer Entscheidung aus dem Jahr 1951 wurde ein vorbeugender Unterlassungsanspruch gewährt, weil „ein widerrechtlicher Eingriff“ drohte und die Gefahr eines solchen genüge.70 Nur vier Jahre später begnügte sich der Bundesgerichtshof damit, dass ein Anlass zur Besorgnis einer Gefährdung vorliege,71 was heute allgemein in der Rechtsprechung als ausreichend angesehen wird, um einen vorbeugenden Unterlassungsanspruch geltend zu machen.72 Heute ist gerichtlicher Rechtsschutz auf Unterlassung, sowohl als einfache wie auch als vorbeugende Unterlassungsklage, im Klageverfahren wie auch im Wege einstweiligen Rechtsschutzes, allgemein anerkannt.

C. Differenzierung zwischen Unterlassungsklage und Unterlassungsanspruch Parallel zur reichsgerichtlichen Anerkennung der allgemeinen Unterlassungsklage entspann sich ein Streit darüber, ob durch diese reichsgerichtliche Zulassung nur Unterlassungsklagen im Rechtsschutzsystem implementiert werden sollten oder ob die Zulassung solcher Klagen auch einen Rückschluss auf die Existenz materielrechtlicher Unterlassungsansprüche zuließe. Diese Frage ist für das in dieser Arbeit zu behandelnde Problem insoweit von Relevanz, als nur bei Vorliegen materiellrechtlicher Unterlassungsansprüche, die sich als solche erledigen können, das Problem der Erledigung nach Titelerlass auftreten kann.

I. Ausgangspunkt in Rechtsprechung und Literatur Die Rechtsprechung hat die Unterlassungsklage zwar als ein neues Rechtsschutzmittel geschaffen, das auch schnell als „Schöpfung eines überlegenen Richtertums“73 betrachtet wurde, musste aber zu der Frage, ob der Unterlassungsklage ein materiellrechtlicher Anspruch zugrunde liegt, in der Regel keine Stellung beziehen. Umso mehr entwickelte sich um diese Frage in der Literatur eine heftige Diskussion. Weitgehende Einigkeit herrschte über die Tatsache, dass nicht jeder Unterlassungspflicht ein Unterlassungsanspruch entspreche.74 Anderenfalls würde im vertraglichen Bereich jeder positiv formulierten Leistungspflicht aufgrund der Leistungstreuepflicht zugleich als Kehrseite ein Unterlassungsanspruch innewohnen, 70

BGH, Urteil vom 19.06.1951 – I ZR 77/50, BGHZ 2, 394, 395 („Widia/Ardia“). BGH, Urteil vom 18.05.1955 – I ZR 8/54, BGHZ 17, 266, 291 („Magnettonband“). 72 BGH, Urteil vom 10.04.1956 – I ZR 165/54, GRUR 1957, 84, 86 („Einbrandflasche“); BGH, Urteil vom 12.07.1957 – I ZR 52/55, GRUR 1958, 86, 88 („Ei-fein“). 73 Rosenthal, Die Unterlassungsklage, Einleitung S. 1. 74 Vgl. Köhler, AcP 190 (1990), 496, 503. 71

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2. Kap.: Die Unterlassungsansprüche

gerichtet darauf, eine Erfolgsvereitelung der Leistung zu unterlassen.75 Dass diese Folge jedenfalls nicht automatisch eintreten kann, haben bereits die Vereinigten Zivilsenate des Reichsgerichts in einer Grundsatzentscheidung im Jahr  191076 ausgesprochen: Jede Verpflichtung zu einem positiven Tun trage die selbstverständliche Verbindlichkeit in sich, alles damit Unvereinbare zu unterlassen. Diese negative Seite sei aber nicht Inhalt der Leistung nach § 241 BGB.77 Doch auch aus dieser Schlussfolgerung des Reichsgerichts ergibt sich nicht, ob es überhaupt materiellrechtliche Unterlassungsansprüche geben kann. Aufgestellt wurde so nur eine Grenze zu Unterlassungspflichten bei vertraglichen Leistungsansprüchen, ab welcher ein materiellrechtlicher Anspruch nicht mehr anerkannt werden kann. Ein Rückschluss auf die Existenz vertraglich explizit vereinbarter materiellrechtlicher Unterlassungsansprüche oder solcher auf gesetzlicher Grundlage lässt sich daraus gerade nicht ziehen.

II. Existenz materieller Unterlassungsansprüche Ob materielle Unterlassungsansprüche existieren, war lange Zeit streitig. Ein Teil der Lehre verstand die Unterlassungsklage als rein prozessuales Rechtsschutzmittel, dem zumindest nicht notwendigerweise ein materieller Anspruch zugrunde liegen müsse.78 Die allgemeine Rechtspflicht, sich rechtmäßig zu verhalten, treffe jeden, so dass sich allein aus einem Verstoß gegen diese Pflicht kein materieller Anspruch ergeben könne. Daher folge allein aus der Statuierung von Unterlassungspflichten für den dadurch Begünstigten noch lange kein Recht und somit auch keine Befugnis, die Unterlassungspflicht als selbständigen Anspruch geltend zu machen.79 Ansonsten entstünde ein Anspruch eines jeden gegen jedermann,80 gerichtet darauf, unrechtmäßiges Verhalten zu unterlassen. Gegen materielle Unterlassungsansprüche aus dinglichen Rechten wurde weiter angeführt, dass sie höchstens dort angenommen werden könnten, wo ohne den Unterlassungsanspruch eine Zuwiderhandlung, also ein Eingriff erlaubt sei. Dies sei aber gerade beim Schutz absoluter Rechte nicht der Fall, denn das Verbot eines 75

Köhler, AcP 190 (1990), 496, 503. RG, Vereinigte Zivilsenate, Beschluss vom 24.01.1910 – I. 188/08, RGZ 72, 393 ff. 77 RG, Vereinigte Zivilsenate, Beschluss vom 24.01.1910 – I. 188/08, RGZ 72, 393, 394. 78 Siber, Rechtszwang, S. 109; sich anschließend Rabel, Gesammelte Aufsätze, Bd. III Nr. 7, S. 116. Stephan, Die Unterlassungsklage, S. 146; Larenz, NJW 1955, 263, 263; Esser/Weyers, Schuldrecht, Bd. II/2, § 62 IV. (S. 264). Wohl auch Nikisch, Zivilprozeßrecht, § 8.IV.3. (S. 149), der allerdings differenziert: Liegt der geforderten Unterlassung eine Sonderbeziehung zugrunde, soll ein materiellrechtlicher Unterlassungsanspruch bestehen. Allein bei der Verletzung dinglicher Rechte soll es sich um ein rein prozessuales Rechtsinstitut handeln. 79 Stephan, Die Unterlassungsklage, S. 146. 80 Siber, Rechtszwang, S.  100; Siber, Schuldrecht, S.  470; Neumann-Duesberg, JZ 1955, 480, 480; Zeuner, in: FS für Dölle, S. 295, 302 m. w. N. 76

C. Differenzierung zwischen Unterlassungsklage und Unterlassungsanspruch

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Eingriffs in solche richte sich an jeden und durch die Gewährung eines materiellen Anspruchs auf Unterlassen würde nicht mehr erlangt, als dem Rechtsinhaber ohne­ hin zustünde.81 Weiter spreche gegen einen materiellen Unterlassungsanspruch, dass ein Verbietungsrecht gegen Eingriffe in fremde Rechte grundsätzlich jedermann und nicht nur dem Rechtsinhaber zustünde. Schließlich könne jedermann Eingriffe in Rechte Dritter verhindern oder verbieten, solange nicht der berechtigte Dritte mit dem Eingriff einverstanden sei.82 Allein dadurch, dass diese Befugnis auch dem Verletzten zustehe, könne kein materiellrechtlicher Anspruch entstehen, denn es mache keinen Unterschied, ob die Geltendmachung durch den Verletzten oder einen anderen erfolge.83 Nach Einführung des BGB stützten sich die Vertreter dieser Ansicht auf den Wortlaut derjenigen Paragraphen, die Normierungen zum Unterlassen beinhalteten. Diese enthielten fast sämtlich die Formulierung „kann auf Unterlassung klagen“. Die Vertreter dieser Auffassung meinten, allein die Tatsache, dass gerichtlicher Rechtsschutz in Form der Unterlassungsklagemöglichkeit gewährt werde, könne nicht automatisch zur Annahme eines subjektiven Rechtes führen.84 Die Klagbarkeit sei nicht Teil eines materiellrechtlichen Anspruchs, sondern nur die einer Privatrechtsstellung verliehene Eigenschaft.85 Für die Annahme eines materiellen Unterlassungsanspruchs sprechen jedoch die besseren Argumente, weshalb heute unbestritten sowohl im Schrifttum86 und ebenfalls allgemein anerkannt von der Rechtsprechung87 davon ausgegangen wird, dass Unterlassungsklagen materielle Unterlassungsansprüche zugrunde liegen. So kann aus der Klagbarkeit von Unterlassungen sehr wohl die Schlussfolgerung auf materiellrechtliche Ansprüche gezogen werden, denn es liegen grundsätzlich jeder zivilrechtlichen Leistungsklage materielle Ansprüche zugrunde, die prozessual geltend gemacht werden.88 Dies ergibt sich schon aus § 253 Abs. 2 Nr. 2 81 Siber, Rechtszwang, S. 100 f., 110 f. So im Ergebnis wohl auch Zeuner, in: FS für Dölle, S. 295, 304, 307 f., der zwar ein nach materiellem Recht bestehendes Verbot annimmt, aus welchem allerdings nicht folge, dass es sich um einen materiellrechtlichen Anspruch handele. Es gehe bei der Unterlassungsklage vielmehr um die Klagbarkeit allgemeiner Verbote. 82 Siber, Rechtszwang, S. 101; vgl. auch Thon, Rechtsnorm und subjektives Recht, S. 15. 83 Siber, Rechtszwang, S. 101. 84 Lehmann, Unterlassungspflicht, S.  87; von Caemmerer, in: Hundert Jahre Deutsches Rechtsleben, Bd. II, S. 49, 55. 85 Lehmann, Unterlassungspflicht, S. 87. 86 Rosenberg/Schwab/Gottwald, Zivilprozessrecht, § 89 Rn. 5 (S. 485 f.); Fritzsche, Unterlassungsanspruch und Unterlassungsklage, § 5 II.1. (S. 115); Henckel, AcP 174 (1974), 97, 142; Völp, GRUR 1984, 486, 488. Ohne Begründung werden die dinglichen Unterlassungsansprüche als materiellrechtliche Ansprüche angesehen von Mager, AcP 193 (1993), 68, 79; Köhler, JZ 2005, 489, 489. 87 Vgl. grundlegend BGH, Urteil vom 22.09.1972 – I ZR 19/72, WRP 1973, 23, 23 f. („Neues aus der Medizin“). 88 Enneccerus/Nipperdey, AT, Erster Halbbd., § 72 I.3.a) (S. 432); Hadding, JZ 1970, 305, 308; Fritzsche, Unterlassungsanspruch und Unterlassungsklage, § 4 II.1. (S. 26). Vgl. Hellwig, System des Deutschen Zivilprozeßrechts, S. 269; vgl. auch Lehmann, Unterlassungspflicht, S. 116.

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2. Kap.: Die Unterlassungsansprüche

ZPO, der allgemein für Klagen gilt und in der Klageschrift die Angabe des „Grundes des erhobenen Anspruchs“ fordert, weshalb eine Klage auf Unterlassung nur dort möglich sein kann, wo auch ein subjektiver materieller Anspruch auf diese Unterlassung besteht.89 Dagegen kann auch nicht der Wortlaut des BGB angeführt werden. Obgleich dessen Regelungen grundsätzlich besagen, es könne auf Unterlassung „geklagt“ werden, kann allein aus dieser Wortwahl nicht die Schlussfolgerung gezogen werden, dass der Gesetzgeber einen materiellen Anspruch habe verneinen wollen.90 Vielmehr ist Konsequenz der gerichtlichen Verfolgbarkeit die rechtliche Anerkennung des materiellrechtlichen Anspruchs.91 Überdies bezeichnet das Gesetz in § 194 Abs. 1 BGB das Recht, von einem anderen ein Unterlassen zu verlangen, als Anspruch. Auch § 199 Abs. 5 BGB spricht von einem auf Unterlassen gerichteten Anspruch. Zudem besagt § 1004 Abs. 2 BGB sogar „Der Anspruch ist ausgeschlossen…“. Dies bezieht sich nicht nur auf den in § 1004 Abs. 1 Satz 1 BGB geregelten Beseitigungsanspruch, sondern auch auf die in § 1004 Abs. 1 Satz 2 BGB geregelte Unterlassungsklagemöglichkeit, der somit ebenfalls ein Anspruch zugrunde liegt.92 Mit Bejahung materiellrechtlicher Unterlassungsansprüche droht auch kein Anspruch gegen jedermann. Zwar ist es richtig, dass die Pflicht, sich rechtmäßig zu verhalten, grundsätzlich jeden trifft, es ist aber nicht jedermann in einem gerichtlichen Verfahren der Feststellung und Titulierung dieser Pflicht unterworfen. Materielle Unterlassungspflichten bestehen vielmehr nur, wenn sie bereits konkretisiert sind. Diese Konkretisierung erfolgt beim Gläubiger der Unterlassung durch die erforderliche Gefährdung seines Rechtsgutes und auf der Seite des Schuldners der Unterlassung durch den konkreten Sachverhalt, aus dem sich die Gefährdung ergibt.93 Die so erforderliche Verletzungsgefahr, die man als Tatbestandsvoraussetzung eines materiellen Unterlassungsanspruchs oder als prozessuale Rechtsschutzvoraussetzung begreifen mag,94 gibt erst dem materiellen Anspruch seine Richtung und ist die entscheidende dogmatische Rechtfertigung des Unterlassungsanspruchs.95 Denn ohne die Gefahr einer Rechtsverletzung kann kein materieller Anspruch zum Entstehen kommen.96 Durch diese Konkretisierung bestehen keine Ansprüche gegen jedermann, sondern nur individualisierte Unterlassungsansprüche.97 89

Pastor, GRUR 1969, 331, 334. Münzberg, JZ 1967, 689, 692 f. 91 Kipp, in: Lehrbuch des Pandektenrechts, Bd. 1, § 44 (S. 162). 92 Pastor, GRUR 1969, 331, 335. 93 Münzberg, JZ 1967, 689, 693; Häsemeyer, AcP 188 (1988), 140, 153. Vgl. Lehmann, Unterlassungspflicht, S. 108, 109 f.; vgl. auch Larenz/Canaris, Schuldrecht II/2, § 87 I.2. (S. 705). 94 Grosch, Rechtswandel und Rechtskraft bei Unterlassungsurteilen, § 5 II.4.b) (S. 49); vgl. auch Baur, JZ 1966, 381, 383. 95 Grosch, Rechtswandel und Rechtskraft bei Unterlassungsurteilen, § 5 II.4.b) (S. 49). 96 Oppermann, Unterlassungsanspruch und materielle Gerechtigkeit im Wettbewerbsprozeß, S. 26; vgl. auch Larenz/Canaris, Schuldrecht II/2, § 87 I.2. (S. 705). 97 Münzberg, JZ 1967, 689, 693. 90

D. Arten und Voraussetzungen von Unterlassungsansprüchen 

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Die Überlegung, dass ein Anspruch nur dort angenommen werden könne, wo ohne ihn kein Verbot bestehe, ein Zuwiderhandeln mithin erlaubt sei, geht fehl. Auch ein allgemeines Verbot kann sich zu einer engeren Beziehung eines Anspruchs verdichten.98 Durch die Annahme eines materiellen Anspruchs erlangt dessen Inhaber mehr, denn auch wenn jedermann das Recht hat, Eingriffe in dingliche Rechte zu verhindern, beinhaltet dieses Recht nur ein Verteidigungsrecht im Sinne von § 227 BGB. Nicht umfasst davon wird das Recht zur selbstständigen Rechtsverfolgung durch Klage.99 Dieses Klagerecht ist das Mehr, das dem Inhaber eines materiellen Unterlassungsanspruchs im Verhältnis zu jedem beliebigen Dritten zusteht. Insofern spricht alles dafür, Unterlassungsansprüchen eine materiellrechtliche Natur zuzuerkennen. Dem hat sich auch der Gesetzgeber angeschlossen, hat er doch in einigen Gesetzen die Terminologie dementsprechend angepasst. So enthalten § 8 Abs. 1 UWG ebenso wie § 97 Abs. 1 UrhG, § 139 Abs. 1 PatG, §§ 14, 15 MarkenG mittlerweile auch vom Wortlaut einen „Anspruch auf Unterlassung“.

D. Arten und Voraussetzungen von Unterlassungsansprüchen Unterlassungsansprüche existieren in verschiedenen Ausformungen mit unterschiedlichen Voraussetzungen. Zur Einordnung gibt es je nach Blickwinkel diverse Kategorien. So können Unterlassungsansprüche beispielsweise unterteilt werden in abwehrende, wiederherstellende und vorbeugende,100 in negatorische und quasinegatorische,101 in direkte und indirekte102 oder in selbständige/primäre und unselbständige/sekundäre103 Unterlassungsansprüche. Die so versuchten systematischen Einteilungen sind aber uneinheitlich und bleiben für die Rechtsanwendung grundsätzlich ohne Bedeutung.104 Zudem ist eine solche Differenzierung im Hinblick auf die allgemeingültigen Voraussetzungen grundsätzlich nicht relevant. Differenziert werden sollte lediglich zwischen gesetzlichen und vertraglichen Unterlassungsansprüchen, denn die unterschiedliche Begründung der Unterlassungsansprüche – aus vertraglichem Rechtsverhältnis oder per Gesetz – ist relevant im Hinblick auf das Erfordernis und die Ausgestaltung einer Wiederholungsoder Begehungsgefahr.

98

Zeuner, in: FS für Dölle, S. 295, 305. Lehmann, Unterlassungspflicht, S. 111. 100 Vgl. Teplitzky, Wettbewerbsrechtliche Ansprüche, Kap. 2 Rn. 11 (S. 18). 101 Vgl. Olzen, in: Staudinger, BGB, § 241 Rn. 136. 102 Vgl. Teplitzky, Wettbewerbsrechtliche Ansprüche, Kap. 4 Rn. 1 ff. (S. 24 f.). 103 Vgl. Olzen, in: Staudinger, BGB, § 241 Rn. 136. 104 So Fritzsche, in: Handbuch des Wettbewerbsrechts, § 79 Rn. 4; vgl. auch Teplitzky, Wettbewerbsrechtliche Ansprüche, Kap. 2 Rn. 11 (S. 18). 99

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2. Kap.: Die Unterlassungsansprüche

I. Gesetzliche Unterlassungsansprüche Gesetzliche Unterlassungsansprüche entstehen nicht durch Parteivereinbarung, sondern qua Gesetz. Nicht die Parteien, sondern die Rechtsordnung messen dem geschützten Rechtsgut einen so hohen Stellenwert zu, dass dieses im Falle einer Bedrohung durch die Gewährung eines Unterlassungsanspruchs geschützt werden muss.105 Die gesetzlichen Unterlassungsansprüche lassen sich unterteilen in negatorische, quasinegatorische und deliktische Unterlassungsansprüche,106 wobei auch diese Unterscheidung im Hinblick auf die Voraussetzungen keine Relevanz aufweist. Negatorische Unterlassungsansprüche entstehen zum Schutz des Eigentums, quasi­ negatorische zum Schutz sonstiger absoluter Rechte und sonstiger Rechtsgüter107 und deliktische Unterlassungsansprüche, wenn ein unerlaubtes Verhalten objektiv und subjektiv bereits verwirklicht wurde und weitere Eingriffe zu befürchten sind.108 Voraussetzung eines jeden gesetzlichen Unterlassungsanspruchs ist  – wenngleich oft ungeschrieben – das Vorliegen einer, weitgehend nur in der Terminologie uneinheitlichen, Begehungs-109, Wiederholungs-110 oder Verletzungsgefahr.111 Denn der in die Zukunft gerichtete Präventionszweck der Unterlassungsansprüche ist von einer Prognose abhängig, deren wesentliche Voraussetzung die Gefahr zukünftiger Beeinträchtigungen ist.112 Von einer Wiederholungsgefahr wird vor allem gesprochen, wenn bereits eine Verletzung eingetreten und aufgrund der äußeren Umstände eine Wiederholung zu befürchten ist.113 Eine (Erst-)Begehungsgefahr ist gegeben, wenn Umstände vorliegen, die den Schluss auf eine drohende, aber erstmalige Verletzung nahelegen.114 Die Verletzungsgefahr kann als Oberbegriff für die beiden soeben genannten angesehen werden.

105

Fritzsche, Unterlassungsanspruch und Unterlassungsklage, § 4 II.4. (S. 28). Callmann, Der unlautere Wettbewerb, Einleitung K. I.2. (S. 94). 107 Teplitzky, Wettbewerbsrechtliche Ansprüche, Kap. 2 Rn. 12 (S. 18 f.). 108 Enneccerus/Lehmann, Schuldrecht, § 252 I.2. (S. 1009); z. B. in RG, Urteil vom 11.04.1901 – VI. 443/00, RGZ 48, 114 („Dampfschiffahrts-Gesellschaft“). Die deliktische Unterlassungsklage wurde aber überholt durch die Gewährung quasinegatorischen Rechtsschutzes in Analogie zu § 1004 BGB, der verschuldensunabhängig gewährt wird. Vgl. hierzu auch Enneccerus/ Lehmann, Schuldrecht, § 252 I.3 (S. 1010). 109 So z. B. Fritzsche, Unterlassungsanspruch und Unterlassungsklage, § 4 III.2. (S. 39). 110 So z. B. Köbler, Juristisches Wörterbuch, Stichwort: Wiederholungsgefahr (S. 495), oder auch Oppermann, Unterlassungsanspruch und materielle Gerechtigkeit im Wettbewerbsprozeß, S. 30 ff. 111 So z. B. Köhler, AcP 190 (1990), 496, 510. 112 Fritzsche, Unterlassungsanspruch und Unterlassungsklage, § 4 III.2. (S. 39). 113 Köhler, AcP 190 (1990), 496, 510; vgl. auch Teplitzky, Wettbewerbsrechtliche Ansprüche, Kap. 6 Rn. 1 (S. 41). 114 Köhler, AcP 190 (1990), 496, 510; Teplitzky, Wettbewerbsrechtliche Ansprüche, Kap. 10 Rn. 1 (S. 122). 106

D. Arten und Voraussetzungen von Unterlassungsansprüchen 

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Dort, wo das Erfordernis einer solchen Gefahr im Gesetz genannt oder zumindest angedeutet ist, spricht der Gesetzeswortlaut oft von der Gefahr weiterer Beeinträchtigungen oder Störungen als Voraussetzung des Unterlassungsanspruchs, so beispielsweise in §§ 12 Satz 2, 862 Abs.  1 Satz 2, 1004 Abs.  1 Satz 2 BGB. Dies bezeichnet die Wiederholungsgefahr, denn nach dem Wortlaut ist eine bereits eingetretene Störung oder Beeinträchtigung erforderlich. Dennoch reicht auch hier in der Regel eine Erstbegehungsgefahr aus, seitdem die Rechtsprechung den vorbeugenden Unterlassungsanspruch anerkannt hat.115 Dies hat der Gesetzgeber auch teilweise bei der Neufassung der Gesetze berücksichtigt. So hat er im Rahmen der Novellierung des UWG im Jahr 2004116 beispielsweise in § 8 Abs. 1 UWG normiert, dass der Verletzer bei Wiederholungsgefahr auf Unterlassung in Anspruch genommen werden könne und dass dieser Anspruch bereits dann bestehe, wenn Zuwiderhandlungen drohen. Mithin wurde die Erstbegehungsgefahr und damit auch der vorbeugende Unterlassungsanspruch ausdrücklich ins UWG eingefügt. Dies gilt ebenfalls für die Unterlassungsansprüche im Markenrecht. Hier hat der Gesetzgeber im Jahr 2008117 die §§ 14 Abs. 5, 15 Abs. 4 MarkenG neu gefasst. Die Wiederholungsgefahr wurde begrifflich klarstellend und die Erstbegehungsgefahr, umschrieben als (erstmalig) drohende Zuwiderhandlung, als ausreichende Voraussetzung für einen Unterlassungsanspruch im Gesetz aufgenommen. Eine Verletzungsgefahr in Form der Wiederholungs- oder Erstbegehungsgefahr wird bejaht, wenn die Umstände nahelegen, dass der Schuldner in Zukunft gegen das in Frage stehende Verbot verstoßen wird.118 Bei der Wiederholungsgefahr hat der Verletzer die konkret drohende Verletzungshandlung in gleicher oder zumindest in im Kern gleicher Form bereits rechtswidrig begangen.119 Deren Wiederholung muss noch möglich sein, was auch vom Willen des Schuldners abhängt. Insoweit besteht eine Ungewissheit für den Unterlassungsgläubiger und es bedarf einer gewissen Wahrscheinlichkeit, dass eine weitere Begehung in nicht allzu ferner Zeit bevorsteht.120 Dies muss sich aus den äußeren Umständen ergeben, die­

115

Vgl. hierzu bereits oben 2.  Kap.  B., S.  26 ff., sowie RG, Urteil vom 12.05.1903  – II. 482/02, RGZ 54, 414, 415; RG, Urteil vom 18.12.1920 – I 188/20, RGZ 101, 135, 138; RG, Urteil vom 17.02.1921 – VI 473/20, RGZ 101, 335, 340; RG, Urteil vom 15.05.1936 – II 196/35, RGZ 151, 239, 246; auch BGH, Urteil vom 26.04.1990 – I ZR 99/88, GRUR 1990, 687, 688 („Anzeigenpreis II“). 116 Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG) vom 03. Juli 2004, BGBl. 2004 I, S. 1414 ff. 117 Im Zuge der Umsetzung des Gesetzes zur Verbesserung der Durchsetzung von Rechten des Geistigen Eigentums (VDRgEG) vom 07. Juli 2008, BGBl. 2008 I, S. 1191 ff. 118 Fritzsche, Unterlassungsanspruch und Unterlassungsklage, § 4 III.2. (S. 39). 119 Teplitzky, Wettbewerbsrechtliche Ansprüche, Kap. 6 Rn. 1 (S. 41). 120 Teplitzky, Wettbewerbsrechtliche Ansprüche, Kap. 6 Rn. 2 (S. 42). Vgl. auch BGH, Urteil vom 04.12.1956 – I ZR 106/55, GRUR 1957, 348, 349 f. („Klasen-Möbel“) und BGH, Urteil vom 16.01.1992 – I ZR 84/90, GRUR 1992, 318, 319 („Jubiläumsverkauf“).

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2. Kap.: Die Unterlassungsansprüche

somit eine entsprechende Absicht des potentiellen Verletzers erkennen lassen und so die Prognose einer Wiederholung ermöglichen müssen.121 Einer Erstbegehungsgefahr bedarf es beim vorbeugenden Unterlassungsan­ spruch. Diese gründet sich darauf, dass das auf den Unterlassungsanspruch gestützte Rechtsbegehren und der Gegenstand des Unterlassungsanspruchs das Verbot künftiger Zuwiderhandlungen ist.122 Eine solche Erstbegehungsgefahr liegt vor, wenn die Umstände des Einzelfalles die Befürchtung begründen, dass der potentielle Verletzer in Zukunft einen Verstoß begehen werde.123 Es muss dann nicht abgewartet werden, bis der erste Eingriff geschehen oder der erste Schaden entstanden ist.124 Vielmehr ist der vorbeugende Unterlassungsanspruch schon immer dann begründet, wenn eine Verletzungshandlung befürchtet wird, deren Begehung einen Verletzungsunterlassungsanspruch zur Entstehung bringen würde.125 Einzuordnen ist die Verletzungsgefahr in Form der Wiederholungs- oder Bege­ hungsgefahr als ein materiellrechtliches Merkmal.126 Allgemeine Prozessvoraussetzung von Unterlassungsklagen ist – wie überall – das Vorliegen eines Rechtsschutzbedürfnisses,127 welches bei Vorliegen der materiellrechtlichen Voraussetzungen allerdings regelmäßig zu bejahen ist.128

II. Vertragliche Unterlassungsansprüche Unterlassungsansprüche können sich auf Grundlage der Vertragsfreiheit auch aus vertraglichen Vereinbarungen nach § 311 Abs.  1 BGB ergeben. Solche vertraglichen Vereinbarungen können ein Unterlassen sowohl als Neben- als auch als Hauptpflicht aus einem Schuldverhältnis festlegen. Hinsichtlich vertraglicher Hauptpflichten ist dies ausdrücklich in § 241 Abs. 1 Satz 2 BGB statuiert. Aber auch vertragliche Nebenpflichten im Sinne von § 241 Abs. 2 BGB können ein Unterlassen beinhalten. 121 Teplitzky, Wettbewerbsrechtliche Ansprüche, Kap. 6 Rn. 2 (S. 42). Vgl. auch BGH, Urteil vom 15.04.1999 – I ZR 83/97, GRUR 1999, 1097, 1099 („Preissturz ohne Ende“). 122 Vgl. BGH, Urteil vom 16.06.1972 – I ZR 154/70, BGHZ 59, 72, 75. Vgl. auch Callmann, Der unlautere Wettbewerb, Einleitung K. I.2. und 3. (S. 94 f.). 123 Teplitzky, Wettbewerbsrechtliche Ansprüche, Kap. 9 Rn. 1 (S. 119). 124 Fritzsche, Unterlassungsanspruch und Unterlassungsklage, § 3 III.2. (S.  21); Teplitzky, Wettbewerbsrechtliche Ansprüche, Kap. 9 Rn. 1 (S. 119). 125 Teplitzky, Wettbewerbsrechtliche Ansprüche, Kap. 9 Rn. 7 (S. 121). 126 BGH, Urteil vom 09.11.1979 – I ZR 24/78, GRUR 1980, 241, 241 („Rechtsschutzbedürfnis“); BGH, Urteil vom 07.10.1982 – I ZR 120/08, GRUR 1983, 127, 128 („Vertragsstrafe­ versprechen“); BGH, Urteil vom 16.01.1992 – I ZR 84/90, GRUR 1992, 318, 319 („Jubiläumsverkauf“); Ahrens, in: Der Wettbewerbsprozess, Kap. 14 Rn. 9 (S. 207). Andere Ansicht aber Melullis, Wettbewerbsprozess, Rn. 569, der die Begehungs- oder Wiederholungsgefahr als besonderes Element des Rechtsschutzinteresses bei Unterlassungsklagen einordnet. Ohne weitere Begründung ebenso Pawlowski, MDR 1988, 630, 631 f. 127 Dazu später 2. Kap. G. I., S. 44 f. 128 Rosenthal, Die Unterlassungsklage, S. 10 f.

D. Arten und Voraussetzungen von Unterlassungsansprüchen 

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Rechtsgrundlage vertraglicher Unterlassungsansprüche ist ein Rechtsgeschäft zwischen den Parteien.129 In der Praxis kommt ein solches insbesondere in Form von Unterwerfungsverträgen,130 Vereinbarungen von Wettbewerbsverboten131 und Abgrenzungsvereinbarungen132 vor. Da die vertragliche Unterlassungspflicht kraft Parteivereinbarung entsteht, sind ihrem Inhalt und ihrer Ausgestaltung kaum Grenzen gesetzt. Inhalt des Vertrages kann jede Unterlassung sein, deren Vereinbarung erlaubt ist.133 Voraussetzung ist zunächst nur ein wirksamer Vertrag, der auf eine negative Leistung in Form eines Unterlassens gerichtet ist.134 Sind weitere Voraussetzungen für den Eintritt der Unterlassungspflicht vertraglich vereinbart, müssen diese natürlich auch vorliegen. Es fragt sich nun, ob der primäre vertragliche Unterlassungsanspruch nur bei schuldhaftem Verhalten besteht, da bei der Verletzung einer vertraglichen Unterlassungspflicht der Schuldner nach allgemeinen Regeln nur bei Verschulden über §§ 276, 278, 31 BGB auf Schadensersatz haftet. Der Bundesgerichtshof hat dies verneint.135 Dem hat sich die Literatur weitgehend angeschlossen136 und ist dieser Auffassung nur sehr vereinzelt entgegengetreten.137 Zwar kann auf Grundlage der Privatautonomie zwischen den Parteien ein Verschuldenserfordernis vereinbart werden, von einem solchen allerdings generell auszugehen, findet keine Stütze im Gesetz und ist daher abzulehnen. Darüber hinaus ist fraglich, ob es als zusätzliche Voraussetzung einer Begehungs-, Wiederholungs- oder Verletzungsgefahr in dem Sinne bedarf, dass eine Verletzung des vertraglichen Unterlassungsanspruchs bereits stattgefunden haben oder drohen muss. Dies sollte verneint werden. Vertragliche Unterlassungsansprüche hängen materiellrechtlich nicht von einer solchen Gefahrenlage ab; sie entstehen bereits mit Vertragsschluss und werden unabhängig davon, ob eine Zuwiderhandlung droht oder nicht, vereinbart.138 Insofern kann auf dieses Erfordernis beim vertraglichen Unterlassungsanspruch verzichtet werden. 129

Fritzsche, Unterlassungsanspruch und Unterlassungsklage, § 4 II.2. (S. 27); Enneccerus/ Lehmann, Schuldrecht, § 252 IV (S. 1013). 130 Vgl. hierzu z. B. Dornis/Förster, GRUR 2006, 195 ff. 131 Vgl. hierzu z. B. Mayer/Karl, in: Handbuch des Wettbewerbsrechts, § 19 Rn. 48 ff. 132 Vgl. hierzu z. B. die Ausführungen von Kreutzmann, WRP 2006, 452, 455 f. 133 Teplitzky, Wettbewerbsrechtliche Ansprüche, Kap. 12 Rn. 6 (S. 144). 134 Teplitzky, Wettbewerbsrechtliche Ansprüche, Kap. 12 Rn. 1, 6 (S. 143 f.). 135 Vgl. nur die maßgeblichen Entscheidungen BGH, Urteil vom 10.01.1956 – I ZR 14/55, GRUR 1956, 238, 240 und BGH, Urteil vom 20.10.1959 – VIII ZR 136/58, GRUR 1960, 307, 309 („Bierbezugsvertrag“). 136 Vgl. nur Oppermann, Unterlassungsanspruch und materielle Gerechtigkeit im Wettbewerbsprozeß, S. 29 m. w. N., und Henckel, AcP 174 (1974), 97, 113. 137 So ohne weitere Begründung Ritter, Zur Unterlassungsklage, S. 31. 138 Melullis, Wettbewerbsprozess, Rn. 567; Köhler, JZ 2005, 489, 491; Teplitzky, Wettbewerbsrechtliche Ansprüche, Kap. 51 Rn. 59 (S. 906); Roth, in: Stein/Jonas, ZPO, § 259 Rn. 9. Vgl. BGH, Urteil vom 21.01.1999 – I ZR 135/96, NJW 1999, 1337, 1338 („Datenbankabgleich“); vgl. auch Assmann, in: Wieczorek/Schütze, ZPO, § 259 Rn. 35.

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2. Kap.: Die Unterlassungsansprüche

Für die prozessuale Durchsetzung vertraglicher Unterlassungsansprüche bedarf es aber – wie grundsätzlich für alle Klagen – eines Rechtsschutzinteresses, welches nur gegeben ist, wenn ein Anlass für die gerichtliche Durchsetzung wegen – drohender – Nichterfüllung des Anspruchs besteht.139

E. Unterlassungsansprüche unter Betrachtung der zeitlichen Dimension Jedem Unterlassungsanspruch wohnt eine zeitliche Dimension inne. Diese ist für die vorliegende Arbeit von besonderer Relevanz, denn von der Frage, für welchen Zeitraum und in welcher Form Unterlassungen geschuldet werden, hängt auch ab, wie und wann Unterlassungsansprüche sich materiellrechtlich erledigen und inwiefern im Prozess eine Erledigungserklärung abgegeben werden kann, sowie inwieweit eine zeitliche Beschränkung einer solchen ratsam ist.140 Betrachtet man Unterlassungsansprüche unter Einbezug von deren zeitlicher Dimension, ergeben sich unterschiedliche Arten von Unterlassungsansprüchen. Je nach Inhalt der Forderung kann eine Unterlassung einmalig, dauerhaft oder auch wiederkehrend geschuldet sein.

I. Einmalige Unterlassungen Eine einmalige Unterlassung liegt vor, wenn das Unterlassen nur ein einziges Mal erfolgen soll und sich die Pflicht hierzu nicht punktuell oder dauernd wiederholt.141 Eine solche Pflicht wird auch als „Einmalunterlassung“142 bezeichnet, die sich auf einen ganz bestimmten Akt bezieht. Einmalunterlassungen liegen in der Regel vertragliche Vereinbarungen zugrunde. Beispielhaft genannt sei hier die vertragliche Vereinbarung eines negativen Bieterabkommens bei einer öffentlichen Ausschreibung oder die Vereinbarung, auf einer bestimmten Auktion das Mitbieten zu unterlassen. Vertraglich geschuldet ist dann die einmalige Unterlassung der Abgabe einer Willenserklärung.143

139 BGH, Urteil vom 14.12.1988 – VIII ZR 31/88, NJW-RR 1989, 263, 264; vgl. auch BGH, Urteil vom 21.01.1999 – I ZR 135/96, NJW 1999, 1337, 1338 („Datenbankabgleich“). ­Melullis, Wettbewerbsprozess, Rn.  567; Roth, in: Stein/Jonas, ZPO, § 259 Rn.  9. Kritik daran üben­ Teplitzky, Wettbewerbsrechtliche Ansprüche, Kap. 51 Rn. 59 (S. 907) und Köhler, JZ 2005, 489, 491 f. Vgl. auch Köhler, AcP 190 (1990), 497, 512 f. 140 Vgl. hierzu 4. Kap. E., S. 125 ff. 141 Fritzsche, Unterlassungsanspruch und Unterlassungsklage, § 4 III.5. (S.  43); vgl. auch Lehmann, Unterlassungspflicht, S. 60. 142 Köhler, AcP 190 (1990), 496, 516. 143 Beispiel nach Fritzsche, Unterlassungsanspruch und Unterlassungsklage, § 4 III.5.e. (S. 47).

E. Unterlassungsansprüche unter Betrachtung der zeitlichen Dimension 

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II. Dauerhafte Unterlassungen Eine dauerhafte Unterlassung liegt vor, wenn die Nichtvornahme einer Handlung nicht nur einmal, sondern kontinuierlich geschuldet ist.144 Dies kommt insbesondere im Wettbewerbsrecht häufig vor. Beispielhaft genannt sei hier ein individualvertraglich vereinbartes Konkurrenzverbot, aber auch jegliche Art von Eigentumsbeeinträchtigungen, die stets und nicht nur zu bestimmten Zeiten zu unterlassen sind. Durch einen Anspruch auf Dauerunterlassung soll verhindert werden, dass ein bestimmter nachteiliger Erfolg nicht nur einmal, sondern stets von neuem, in jedem Augenblick, in dem er bewirkt werden könnte, nicht eintritt. Dabei kann dann von einer Dauerunterlassung gesprochen werden, wenn ein einheitliches Unterlassungsbedürfnis besteht.145

III. Wiederkehrende Unterlassungen Daneben gibt es auch wiederkehrende Unterlassungsansprüche, bei denen ein Erfolg durch gewisse Handlungen immer wiederkehrend zu bestimmten Zeiten nicht eintreten soll, die Handlungen also nur in bestimmten Zeiträumen nicht vorgenommen werden dürfen.146 Als Beispiel seien hier insbesondere individualvertraglich vereinbarte Verpflichtungen erwähnt, beispielsweise während der Besuchsstunden das Teppichklopfen zu unterlassen147 oder auch die Vereinbarung, während gewisser Ruhestunden oder in der Mittagszeit lautes Musizieren oder auch Rasenmähen zu unterlassen.

IV. Befristung dauerhafter und wiederkehrender Unterlassungen Bei Dauerunterlassungen und bei wiederkehrenden Unterlassungen ist zusätzlich zu beachten, dass diese sowohl befristet als auch unbefristet bestehen können. Grundsätzlich sind Dauer- oder wiederkehrende Unterlassungen unbefristet, es gibt regelmäßig keinen Endzeitpunkt, ab dem die aufgrund des Unterlassungsanspruchs geschuldete Nichtvornahme einer Handlung wieder erlaubt ist. Auch von diesem Grundsatz gibt es aber Ausnahmen. Beispielhaft genannt seien hier nur diejenigen Unterlassungsansprüche aus dem gewerblichen Rechtsschutz, die schon vom Gesetz nur in einem zeitlich begrenzten Umfang gewährt werden. So müssen 144 Fritzsche, Unterlassungsanspruch und Unterlassungsklage, § 4 III.5. (S. 43); Völp, GRUR 1984, 486, 487; Köhler,, AcP 190 (1990), 496, 516. Vgl. auch Lehmann, Unterlassungspflicht, S. 60. 145 Lehmann, Unterlassungspflicht, S. 60 f. 146 So im Ergebnis Jacobsohn, Die Unterlassungsklage, S. 4; auch Lehmann, Unterlassungspflicht, S. 61. 147 Beispiel nach Lehmann, Unterlassungspflicht, S. 61.

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2. Kap.: Die Unterlassungsansprüche

Unterlassungsansprüche gegen Patentrechtsverletzungen nach § 139 Abs. 1 PatG wegen der eingeschränkten Schutzdauer des Patents als auf zwanzig Jahre befristet gem. § 16 Abs. 1 Satz 1 PatG betrachtet werden. Auch Unterlassungsansprüche wegen Verletzungen des Urheberrechts aus § 97 Abs. 1 UrhG sind gem. § 64 UrhG auf siebzig Jahre nach dem Tod des Urhebers befristet. Und eine Wettbewerbsabrede des Handelsvertreters nach § 90a HGB ist zeitlich auf längstens zwei Jahre ab Beendigung des Vertragsverhältnisses begrenzt. Eine zeitliche Befristung von Unterlassungsansprüchen gibt es teilweise sogar auch ohne dass dies in einem Gesetz festgeschrieben wäre, so beispielsweise beim ergänzenden Leistungsschutz nach dem UWG für nicht urheberrechtsfähige Modeschöpfungen, bei denen der Schutz zeitlich in der Regel auf die Erscheinungssaison begrenzt ist.148

F. Unterlassungsklage als allgemeine Leistungsklage Das Zivilprozessrecht kennt grundsätzlich drei Klagearten: Die Leistungsklage, die Feststellungsklage und die Gestaltungsklage. Eine „Unterlassungsklage“ ist in der ZPO nicht erwähnt. Es stellte sich daher mit Einführung der Unterlassungsklagemöglichkeit und einhergehend mit der bereits diskutierten Frage, ob Unterlassungsklagen materielle Ansprüche zugrunde liegen,149 die weiterführende Frage, um was für eine Klageart es sich dabei handelt.

I. Unterlassungsklage als ein von der Leistungsklage verschiedenes Mittel des prozessualen Rechtsschutzes Zunächst wurde teilweise vertreten, dass es sich bei der Unterlassungsklage um ein von der Leistungsklage verschiedenes Mittel des prozessualen Rechtsschutzes handele.150 Begründet wurde dies damit, dass die Unterlassungsklage nicht auf Erfüllung eines materiellen Anspruchs gerichtet, sondern ebenso wie die Feststellungsklage ein davon verschiedener Rechtsbehelf sei, der mangels ausdrücklicher Zulassung im Gesetz nicht aus dem materiellen Recht, sondern nur aus dem prozessualen Rechtsschutzbedürfnis abgeleitet werden könne.151 Es handele sich vielmehr um eine prohibitorische Klage auf richterliche Unterlassung, die selbständig neben der Leistungs- und Feststellungsklage bestehe.152 148

Vgl. hierzu BGH, Urteil vom 10.11.1983 – I ZR 158/81, GRUR 1984, 453, 453 f. („Hemdblusenkleid“) und Fritzsche, Unterlassungsanspruch und Unterlassungsklage, § 4 III.5.a. (S. 43). 149 Vgl. dazu oben 2. Kap. C., S. 31 ff. 150 Siber, Schuldrecht, S.  471; Larenz, NJW 1955, 263, 263; Esser/Weyers, Schuldrecht, Bd. II/2, § 62 IV. (S. 265). von Caemmerer, in: Hundert Jahre Deutsches Rechtsleben, Bd. II, S. 49, 53, meint, dass neben die Leistungs-, Feststellungs- und Gestaltungsklage eine Abwehrklage trete, die auf richterliches Verbot bestimmter Handlungen gerichtet sei. 151 Siber, Schuldrecht, S. 471. 152 Rabel, Gesammelte Aufsätze, Bd. III Nr. 7, S. 116.

F. Unterlassungsklage als allgemeine Leistungsklage

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Gegen eine solche Einordnung spricht allerdings, dass die ZPO als das maßgebliche Gesetz für das gerichtliche Verfahren nur die drei aufgezählten Klage­arten kennt und die Klage auf Unterlassung in eine von diesen eingeordnet werden muss.153

II. Unterlassungsklage als Feststellungsklage Nach anderer Meinung, die den numerus clausus der Klagen schon berücksichtigte, sollte es sich bei der Unterlassungsklage um eine Feststellungsklage handeln.154 Argumentiert wurde damit, dass ein der Klage stattgebendes Urteil die Unterlassungspflicht feststelle, nicht aber einen Anspruch. Die Geltendmachung einer Unterlassung bezwecke nicht den Eintritt einer Änderung, sondern gerade das Unterbleiben einer solchen.155 Zwar ist nicht zu verkennen, dass ein Unterlassungsurteil dem Feststellungsurteil ähnelt, wird doch eine Unterlassungspflicht statuiert und damit zugleich festgestellt. Dies gilt aber für alle Leistungsklagen. Zudem gibt es entscheidende Unterschiede schon im Wortlaut des Urteilstenors. Bei der Feststellungsklage wird nur „festgestellt, …“ während bei der Unterlassungsklage der Unterlassungsschuldner „verurteilt“ wird.156 Insbesondere aber spricht gegen eine Qualifizierung der Unterlassungsklage als Feststellungsklage, dass letztere keinen vollstreckungsfähigen Inhalt hat, für Unterlassungsklagen aber in §§ 890 f. ZPO Vollstreckungsregelungen bestehen.157 Diese Unterschiede sind zu groß, um die Unterlassungsklage als Feststellungsklage einzuordnen.

III. Unterlassungsklage als Leistungsklage Heute ist allgemein anerkannt, dass die Klage auf Unterlassung eine allgemeine Leistungsklage ist.158 Denn die Situation bei der Unterlassungsklage ist die gleiche wie diejenige bei der Leistungsklage: Eine vom materiellen Recht vorgeschriebene Verhaltensweise soll durch Verurteilung erzwungen werden.159 Dass es sich bei dieser Verhaltensweise um ein Unterlassen handelt, schadet insoweit nicht, 153

Fritzsche, Unterlassungsanspruch und Unterlassungsklage, § 15 I.3. (S. 537). Hölder, AcP 93 (1902), 1, 34. 155 Hölder, AcP 93 (1902), 1, 34 f. 156 Stephan, Die Unterlassungsklage, S. 52. 157 Jacobsohn, Die Unterlassungsklage, S. 44; Stephan, Die Unterlassungsklage, S. 52 f., 54. Vgl. Eltzbacher, Unterlassungsklage, S. 212. 158 BGH, Urteil vom 17.03.1964 – Ia ZR 193/63, BGHZ 42, 340, 344, 346; BGH, Urteil vom 09.11.1979 – I ZR 24/78, GRUR 1980, 241, 242 („Rechtsschutzbedürfnis“); BGH, Urteil vom 14.12.1988 – VIII ZR 31/88, NJW-RR 1989, 263, 264. Eltzbacher, Unterlassungsklage, S. 213; Münzberg, JZ 1967, 689, 693; Oppermann, Unterlassungsanspruch und materielle Gerechtigkeit im Wettbewerbsprozeß, S. 20; Henke, JA 1987, 350, 350 f. 159 Zeuner, in: FS für Dölle, S. 295, 308, 309. 154

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2. Kap.: Die Unterlassungsansprüche

denn der Begriff „Leistung“ im Sinne der Leistungsklage wird nicht sprachwissenschaftlich, sondern juristisch-technisch als Befriedigung des Interesses des Gläubigers verstanden.160 Das auf Unterlassung gerichtete Interesse des Gläubigers kann mithin auch über die Leistungsklage geltend gemacht und befriedigt werden. Insoweit stellt die Leistungsklage zwar auch die Unterlassungspflicht fest, geht aber über den Umfang der Feststellungsklage hinaus, da sie einen vollstreckbaren Teil zur Erzwingung der Beachtung der Unterlassungspflicht besitzt.161

G. Prozessvoraussetzungen der Unterlassungsklage Für Unterlassungsklagen gelten grundsätzlich die allgemein für Leistungsklagen vorhandenen Regelungen der ZPO. Mithin bedarf es – wie bei allen Klagen – des Vorliegens eines allgemeinen Rechtsschutzbedürfnisses. Nur in den Fällen, in denen Unterlassung als künftige Leistung geltend gemacht wird, bedarf es zusätzlich der Voraussetzungen von § 259 ZPO.

I. Allgemeines Rechtsschutzbedürfnis Voraussetzung einer Unterlassungsklage ist stets das Vorliegen eines allge­mei­ nen Rechtsschutzbedürfnisses. Über dieses sollen zweckwidrige Prozesse vermieden werden, damit solche Rechtsstreitigkeiten, die des staatlichen Rechtsschutzes nicht bedürfen, nicht in das Stadium der Begründetheitsprüfung gelangen.162 Das allgemeine Rechtsschutzbedürfnis ist das Interesse des Klägers an dem begehrten Urteil.163 Ein solches liegt in der Regel vor, wenn mit der Leistungsklage ein fälliger Anspruch verfolgt wird.164 Somit ergibt sich auch bei der Unterlassungsklage das Rechtsschutzbedürfnis in der Regel bereits aus der Nichterfüllung oder drohenden Nichterfüllung des behaupteten – und für die Frage der Zulässigkeit als gegeben zu unterstellenden165 – Anspruchs.166 Es liegt aber dann nicht vor, 160

Henke, JA 1987, 350, 357; vgl. Zeuner, in: FS für Dölle, S. 295, 308. Stephan, Die Unterlassungsklage, S. 57; Zeuner, in: FS für Dölle, S. 295, 304. 162 Roth, in: Stein/Jonas, ZPO, vor § 253 Rn.  133; Becker-Eberhard, in: Münchener Kommentar ZPO, Vor §§ 253 ff. Rn.  11. Vgl. BGH, Urteil vom 24.02.2005  – I ZR 101/02, NJW 2005, 1788, 1789 („Vitamin-Zell-Komplex“) und BGH, Urteil vom 23.02.2006 – I ZR 272/028, GRUR 2006, 421, 423 („Markenparfümverkäufe“). 163 Assmann, in: Wieczorek/Schütze, ZPO, Vor § 253 Rn. 77. 164 Becker-Eberhard, in: Münchener Kommentar ZPO, Vor §§ 253 ff. Rn. 25; Assmann, in: Wieczorek/Schütze, ZPO, Vor § 253 Rn. 78. 165 Assmann, in: Wieczorek/Schütze, ZPO, Vor § 253 Rn. 78. 166 BGH, Urteil vom 09.11.1979  – I ZR 24/78, WRP 1980, 253, 254; BGH, Urteil vom 24.04.1986  – I ZR 56/84, GRUR 1987, 45, 46 („Sommerpreiswerbung“); Köhler, AcP 190 (1990), 496, 512; Ahrens, in: Der Wettbewerbsprozess, Kap.  14 Rn.  11 (S.  207); Teplitzky, Wettbewerbsrechtliche Ansprüche, Kap. 51 Rn. 52, 59 (S. 901, 907); Fritzsche, Unterlassungsanspruch und Unterlassungsklage, § 15 VI. (S. 579). 161

G. Prozessvoraussetzungen der Unterlassungsklage

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wenn es auf Seiten des Unterlassungsgläubigers kein anzuerkennendes vernünftiges Interesse an der gerichtlichen Durchsetzung seines Anspruchs gibt.167 Dies ist der Fall, wenn schon nicht zu besorgen ist, dass der Schuldner seine Unterlassungspflichten verletzen werde.168 Insbesondere bei der Durchsetzung vertraglicher Unterlassungsansprüche, bei denen es materiellrechtlich nicht auf eine Erstbegehungs- oder Wiederholungsgefahr ankommt, kann sich die Frage nach einem zweckwidrigen Prozess und damit einem fehlenden Rechtsschutzbedürfnis stellen, wenn der Unterlassungsschuldner bislang nicht gegen seine Unterlassungspflicht verstoßen hat und ein Verstoß auch nicht droht. Nach den allgemeinen Grundsätzen fehlt es dem Unterlassungsgläubiger in diesem Fall am Rechtsschutzbedürfnis um den Streit vor Gericht zu bringen. Daher wird bei vertraglichen Unterlassungsansprüchen, die auch ohne eine solche Gefahr materiellrechtlich begründet sind, das Erfordernis einer solchen allgemeinen Besorgnis teilweise kritisiert. So werde die Verletzungsgefahr quasi zur Zulässigkeitsvoraussetzung erhoben, obwohl sie einstimmig als Kriterium der materiellen Begründetheit angesehen werde.169 Dieser Ansatz übersieht aber, dass die materiellrechtliche Verletzungsgefahr bei vertraglichen Unterlassungsansprüchen nicht erforderlich ist und bei gesetzlich begründeten Unterlassungsansprüchen eine materielle Voraussetzung ist, die bloß mit dem allgemeinen Rechtsschutzbedürfnis korrespondiert und mitnichten auf die prozessuale Ebene gehoben wird. Weiter wird angeführt, dass es bei vertraglichen Unterlassungsansprüchen kei­ ner drohenden Zuwiderhandlung und mithin nicht der Besorgnis der Nichterfüllung bedürfe, da die Unterlassungsklage der einzige Weg sei, bereits der ersten Verletzung vorzubeugen und der Unterlassungsschuldner über § 93 ZPO hinreichend geschützt sei.170 Dem ist allerdings entgegenzuhalten, dass bei Verzicht auf eine drohende Zuwiderhandlung jeder vertragliche Unterlassungsgläubiger sofort nach Abschluss der vertraglichen Vereinbarung vor Gericht gegen seinen Schuldner auf Unterlassung klagen könnte, wenngleich dieser gar nicht vorhätte, gegen seine vertragliche Verpflichtung zu verstoßen. Dies ist nicht interessengerecht, da die Parteien in der Regel vertragliche Unterlassungspflichten vereinbaren, um einen gerichtlichen Streit zu vermeiden und der Unterlassungsschuldner trotz der Möglichkeit, den Rechtsstreit über § 93 ZPO ohne Kostenlast zu beenden, in einen nicht notwendigen Prozess hineingezogen wird, der überdies noch unnötig die Gerichte beansprucht. Da das allgemeine Rechtsschutzbedürfnis auch die Gerichte vor einer Überlastung aufgrund überflüssiger Inanspruchnahme schützen soll, 167

Melullis, Wettbewerbsprozess, Rn. 541, 543. Roth, in: Stein/Jonas, ZPO, § 259 Rn. 9; Pastor, GRUR 1969, 331, 335. So im Ergebnis auch Rosenberg/Schwab/Gottwald, Zivilprozessrecht, § 89 Rn. 20 (S. 488 f.); dies erkennt auch Becker-Eberhard, in: Münchener Kommentar ZPO, § 259 Rn. 7, an. Vgl. auch BGH, Urteil vom 14.12.1988 – VIII ZR 31/88, NJW-RR 1989, 263, 264. 169 Teplitzky, Wettbewerbsrechtliche Ansprüche, Kap. 51 Rn. 59 (S. 907). 170 Assmann, in: Wieczorek/Schütze, ZPO, Vor § 253 Rn. 95; Köhler, AcP 190 (1990), 496, 512 f. 168

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2. Kap.: Die Unterlassungsansprüche

muss auch bei vertraglichen Unterlassungsansprüchen ein allgemeines Rechtsschutzbedürfnis in Form der drohenden Nichterfüllung gefordert werden.

II. Besonderes Rechtsschutzbedürfnis gem. § 259 ZPO Es herrscht heute weitgehend Einigkeit darüber, dass es sich bei Unterlassungsklagen nicht generell um Klagen auf künftige Leistung, sondern in der Regel um gegenwärtige und fällige Ansprüche handelt.171 Damit bedarf es grundsätzlich nicht des Vorliegens eines besonderen Rechtsschutzinteresses nach § 259 ZPO in Form der Besorgnis der Nichterfüllung, es muss mithin nicht die Gefahr bestehen, dass der Schuldner sich der rechtzeitigen Leistung entziehen werde. Zwar war der historische Gesetzgeber noch der Ansicht, dass Unterlassungsklagen auf künftige Leistung gerichtet seien, da sie auf zukünftiges Verhalten und nicht auf eine bereits fällige Leistung abzielten.172 Diese Auffassung fand zunächst auch viel Zustimmung.173 Insbesondere wurde damit argumentiert, dass eine unterbliebene Unterlassung nicht nachholbar sei, weshalb es bei einer Unterlassungsklage auch nur um zukünftige Leistungen gehen könne.174 Dabei wird aber übersehen, dass bei normalen Leistungsklagen ebenfalls etwas begehrt wird, das fällig und schon zu erbringen gewesen wäre.175 Auch bei normalen Leistungsklagen wirkt sich das Urteil erst nach der Verurteilung aus, erst nach dieser wird die Leistung erbracht.176 Daher kann aus der fehlenden Nachholbarkeit der Unterlassung grundsätzlich nicht gefolgert werden, dass es sich um eine Klage auf künftige Leistung handelt. Es wird in der Regel auf eine in vollem Umfang schon bestehende Rechtslage Bezug genommen und ein Verbotensein der entsprechenden Handlung ab sofort verlangt.177 Es handelt sich grundsätzlich um einen schon fälligen Anspruch, der zwar in die Zukunft gerichtet ist, ebenso aber auch schon eine 171

Grosch, Rechtswandel und Rechtskraft bei Unterlassungsurteilen, § 5 II.4.c) (S.50); Pastor, GRUR 1969, 331, 335; Pohlmann, GRUR 1993, 361, 363; Köhler, AcP 190 (1990), 496, 511 f. Vgl. BGH, Urteil vom 26.04.1990 – I ZR 99/88, GRUR 1990, 687, 689 („Anzeigenpreis II“); vgl. auch Köhler, JZ 2005, 489, 494. 172 Vgl. Mugdan, Bd. III, § 943 4.b. (S. 426, Neudruck S. 238). 173 Hellwig, Anspruch und Klagerecht, S. 26, 350 f., 389; Hellwig, System des Deutschen Zivilprozeßrechts, S. 272; Stephan, Die Unterlassungsklage, S. 161; Nikisch, Zivilprozeßrecht, § 38 IV.2. (S.  148 f.); Enneccerus/Nipperdey, AT, Zweiter Halbbd., § 225 I. Fn.  4 (S.  1376). Vgl. BGH, Urteil vom 10.01.1956 – I ZR 14/55, GRUR 1956, 238, 240; vgl. auch Enneccerus/­ Lehmann, Schuldrecht, § 252 IV. (S. 1013). Anders von Blume, in: FG Güterbock, S. 381, 397, der zwar von einer Klage auf künftige Leistung ausgeht, eine Anwendung von § 259 ZPO auf diese aber ablehnt und deren besondere Bestimmungen aus dem materiellen Recht nehmen will. 174 So zunächst noch BGH, Urteil vom 10.01.1956 – I ZR 14/55, GRUR 1956, 238, 240. Auch Hellwig, System des Deutschen Zivilprozeßrechts, S. 272; Schreiber, JURA 2009, 754, 755 f. 175 Zeuner, in: FS für Dölle, S. 295, 310. 176 Zeuner, in: FS für Dölle, S. 295, 311. 177 Zeuner, in: FS für Dölle, S. 295, 311; vgl. Assmann, in: Wieczorek/Schütze, ZPO, § 259 Rn. 32.

H. Zusammenfassung

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Unterlassung in der Gegenwart fordert.178 Dieser Anspruch auf einheitliche Unterlassung wird nicht dadurch zu einem zukünftigen, dass er nicht nur in der Gegenwart, sondern auch in der Zukunft geschuldet wird.179 Auch der teilweise vertretenen Ansicht, dass es jedenfalls bei vertraglichen Unterlassungsansprüchen auf die Besorgnis der Nichterfüllung nach § 259 ZPO ankomme, da diese keine Verletzungsgefahr zur Voraussetzung hätten,180 ist nicht zuzustimmen. Eine Differenzierung zwischen vertraglichen und gesetzlichen Unterlassungsansprüchen überzeugt nicht. Es kann prozessual keinen Unterschied machen, ob ein eingeklagter Unterlassungsanspruch vertraglicher oder gesetzlicher Herkunft ist. Diese Unterscheidung auf materiellrechtlicher Ebene kann keine Auswirkung auf das Prozessrecht und die Anwendbarkeit von § 259 ZPO haben.181 Anderenfalls würde es von der vertraglichen oder gesetzlichen Begründung des Anspruchs abhängen, ob er auf künftige Leistung gerichtet ist oder nicht. Dies führt insbesondere zu Widersprüchen, wenn wegen derselben drohenden Verletzungshandlung sowohl ein vertraglicher wie auch ein gesetzlicher Unterlassungsanspruch materiellrechtlich erfüllt sind. Der Besorgnis der Nichterfüllung nach § 259 ZPO bedarf es mithin lediglich in den Fällen, in denen auf eine Unterlassung ab einem bestimmten Zeitpunkt in der Zukunft geklagt wird. Ansonsten liegt einer Unterlassungsklage ein fälliger Anspruch zugrunde, der mit einer allgemeinen Leistungsklage gerichtlich geltend gemacht werden kann.

H. Zusammenfassung Zusammengefasst lässt sich Folgendes festhalten: 1. Unterlassen ist die Nichtvornahme einer bestimmten, dem Unterlassungsschuldner möglichen Handlung. 2. Unterlassungsansprüche sind spätestens seit Inkrafttreten des BGB im Rechtsschutzsystem allgemein anerkannt. Eine vorbeugende Unterlassungsklage wurde durch das Reichsgericht implementiert und ist seitdem eine anerkannte Rechtsschutzform. 178 Jacobsohn, Die Unterlassungsklage, S. 45; Assmann, in: Wieczorek/Schütze, ZPO, § 259 Rn. 32; Roth, in: Stein/Jonas, ZPO, § 259 Rn. 7. 179 Roth, in: Stein/Jonas, ZPO, § 259 Rn. 7; Zeuner, in: FS für Dölle, S. 295, 311. 180 Hartmann, in: Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, ZPO, § 259 Rn. 4; auch BeckerEberhard, in: Münchener Kommentar ZPO, § 259 Rn. 7, der allerdings noch weiter differenziert: Liegt noch keine Verletzung der vertraglichen Unterlassungspflicht vor, sei § 259 ZPO anzuwenden, anderenfalls sei dies nicht erforderlich, da die erstmalige Verletzung bereits die (nicht erforderliche) Wiederholungsgefahr begründe und es der Anwendung von § 259 ZPO nicht mehr bedürfe. Vgl. auch Lindacher, GRUR 1975, 413, 419, der für eine analoge Anwendung von § 259 ZPO plädiert. 181 Vgl. Fritzsche, Unterlassungsanspruch und Unterlassungsklage, § 15 VI.2.b. (S. 582).

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2. Kap.: Die Unterlassungsansprüche

3. Unterlassungsansprüche sind materiellrechtliche Ansprüche. Während vertraglich begründete Unterlassungsansprüche nur die zwischen den Parteien vereinbarten Voraussetzungen haben, ist Voraussetzung eines jeden gesetzlich begründeten Unterlassungsanspruchs das Vorliegen einer Verletzungsgefahr in Form der Wiederholungs- oder Erstbegehungsgefahr. 4. Unterlassungsansprüche werden im Wege der allgemeinen Leistungsklage geltend gemacht. Für diese bedarf es stets des Vorliegens eines allgemeinen Rechtsschutzbedürfnisses; die Besorgnis der Nichterfüllung nach § 259 ZPO ist keine besondere Prozessvoraussetzung einer jeden auf Unterlassung gerichteten Leistungsklage.

Drittes Kapitel

Vollstreckung von Unterlassungsansprüchen „Das Ordnungsgeld (bzw. die Ordnungshaft) ist zwar ein scharfes Schwert, aber nur schwer aus der Scheide zu ziehen.“ Helmut Köhler1

Nachdem die materiellrechtlichen und prozessualen Grundlagen für die gerichtliche Geltendmachung von Unterlassungsansprüchen aufgezeigt wurden, soll im folgenden Kapitel näher auf die Vollstreckung von Unterlassungsansprüchen eingegangen werden. Zunächst wird dargestellt, in welcher Form Unterlassungsansprüche tituliert werden und anschließend aufgezeigt, wie sich die Zwangsvollstreckung von Unterlassungsansprüchen im Detail gestaltet. Hierfür werden die Ordnungsmittel des § 890 ZPO und deren Rechtsnatur näher beleuchtet und ein besonderes Augenmerk auf das für deren Festsetzung durchzuführende Vollstreckungsverfahren in Abgrenzung zum Erkenntnisverfahren gelegt. Nur bei klarer Trennung der verschiedenen Verfahren und unter Berücksichtigung des zeitlichen Verfahrensablaufs kann eine dogmatisch saubere Lösung für das Problem der Festsetzung von Ordnungsmitteln nach Titelerlass bei Erledigung des zugrundeliegenden Unterlassungsanspruchs gefunden werden.

A. Titulierung von Unterlassungsansprüchen Unterlassungsansprüche werden grundsätzlich im gerichtlichen Verfahren als allgemeine Leistungsklagen geltend gemacht und in Leistungsurteilen tituliert. Vollstreckbare Unterlassungstitel sind daher gem. § 704 ZPO alle rechtskräftigen und vorläufig vollstreckbaren Endurteile. Darunter fallen nicht nur die streitigen Urteile, sondern auch Anerkenntnis- und Versäumnisurteile nach §§ 307, 331 ZPO ebenso wie einstweilige Verfügungen nach § 935 ZPO. Letztere ergehen in Beschluss- oder Urteilsform und sind regelmäßig ab ihrem Erlass vollstreckbar, ohne dass es dazu der Erteilung einer Vollstreckungsklausel bedürfte, §§ 936, 928, 929 Abs. 1 ZPO. Weitere Vollstreckungstitel neben den in § 704 ZPO genannten Titeln sind die in § 794 Abs. 1 ZPO aufgeführten. Als ein auf Unterlassung gerichteter Titel kann beispielsweise auch ein Prozessvergleich nach § 794 Abs.  1 Nr.  1 ZPO dienen. 1

Köhler, AcP 190 (1990), 496, 514.

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3. Kap.: Vollstreckung von Unterlassungsansprüchen

Teilweise wird gegen die Vollstreckung aus einem zusätzlich mit einem Vertragsstrafeversprechen gesicherten Prozessvergleich zwar eingewendet, dass eine Vollstreckung nach § 890 ZPO dann als nachrangig ausscheiden müsse, da bei Zuwiderhandlungen schon die Vertragsstrafe fällig werde und ein Ordnungsmittel den Schuldner dann doppelt belasten würde.2 Sofern aber für einen Verzicht auf die Ordnungsmittel des § 890 ZPO nicht eindeutige Anhaltspunkte vorliegen, hat sich die herrschende Meinung und mit ihr der Bundesgerichtshof für eine Parallelität von Vertragsstrafe und den Ordnungsmitteln des § 890 ZPO ausgesprochen.3 Denn Vertragsstrafe und Ordnungsgeld sind nicht miteinander vergleichbar, vielmehr sind sie auch nebeneinander sinnvoll und können parallel geltend gemacht werden.4 Zudem sind für eine Nachrangigkeit der Ordnungsmittel hinter einem verein­barten Vertragsstrafeversprechen keine Anhaltspunkte ersichtlich und die ZPO erachtet die Vollstreckung aus einem Prozessvergleich in § 794 Abs. 1 Nr. 1 ZPO gerade für zulässig. Dass dies anders sein sollte, weil ein Unterlassungsanspruch inklusive Vertragsstrafeversprechen Teil  des Prozessvergleiches ist, ist nicht nachvollziehbar. Überdies kann in der Höhe der Ordnungsmittelfestsetzung die Vertragsstrafe berücksichtigt werden.5 Daher ist davon auszugehen, dass auch auf Unterlassung gerichtete Prozessvergleiche, die zusätzlich mit einem Vertrags­strafe­versprechen gesichert sind, nach § 890 ZPO vollstreckt werden können. Ebenfalls auf Unterlassung gerichtete Vollstreckungstitel können nach § 794 Abs.  1 Nr.  4a ZPO die nach §§ 1060, 1061 ZPO für vollstreckbar erklärten Schiedssprüche sein, ebenso wie auch vollstreckbare Urkunden nach § 794 Abs. 1 Nr. 5 ZPO Unterlassungspflichten zum Gegenstand haben können. Da § 890 Abs. 1 Satz 1 ZPO im Gegensatz zu § 889 Abs. 1 ZPO nicht von Verurteilung, sondern von der Verpflichtung, eine Handlung zu unterlassen spricht, können nach § 890 ZPO auch vollstreckbare Beschlüsse vollstreckt werden.6­ 2 Vgl. OLG Hamm, Beschluss vom 30.05.1984 – 4 W 73/84, GRUR 1985, 82, 82; Fritzsche, Unterlassungsanspruch und Unterlassungsklage, § 17 IV.1.a. (S. 644). 3 Sturhahn, in: Schuschke/Walker, Vollstreckung, § 890 Rn. 18; Lackmann, in: Musielak, ZPO, § 890 Rn. 9; Stöber, in: Zöller, ZPO, § 890 Rn. 7; Seiler, in: Thomas/Putzo, ZPO, § 890 Rn.  10; Gaul/Schilken/Becker-Eberhard, Zwangsvollstreckungsrecht, § 73 Rn.  10; Nieder, WRP 2001, 117, 118; Löffel, GRUR-Prax 2012, 99, 99. Vgl. BGH, Urteil vom 05.02.1998 – III ZR 103/97, BGHZ 138, 67, 69 f. („Vertragsstrafe/Ordnungsgeld“); OLG Saarbrücken, Beschluss vom 21.11.1978  – 1 W 26/78, NJW 1980, 461, 461; OLG Köln, Beschluss vom 26.05.1986 – 6 W 36/86, NJW-RR 1986, 1191, 1191. Vgl. auch Gruber, in: Münchener Kommentar ZPO, § 890 Rn. 31. 4 BGH, Urteil vom 05.02.1998 – III ZR 103/97, BGHZ 138, 67, 70 („Vertragsstrafe/Ordnungsgeld“). Vgl. auch OLG Saarbrücken, Beschluss vom 21.11.1978 – 1 W 26/78, NJW 1980, 461, 461; OLG Köln, Beschluss vom 26.05.1986 – 6 W 36/86, NJW-RR 1986, 1191, 1191; OLG Düsseldorf, Beschluss vom 08.02.1988 – 2 W 14/85, NJW-RR 1988, 1216, 1216. 5 Dazu ausführlich Nieder, WRP 2001, 117, 118. Vgl. auch OLG Köln, Beschluss vom 26.05.1986 – 6 W 36/86, NJW-RR 1986, 1191, 1191. 6 Bendtsen, in: Kindl/Meller-Hannich/Wolf, Gesamtes Recht der Zwangsvollstreckung, § 890 Rn. 3; Sturhahn, in: Schuschke/Walker, Vollstreckung, § 890 Rn. 1; Mock, in: Gottwald/

B. Vollstreckung durch Ordnungsmittel

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Darunter fallen insbesondere die durch Beschluss erlassenen einstweiligen Verfügungen nach § 935 ZPO. 

B. Vollstreckung durch Ordnungsmittel Generell erfolgt die Durchsetzung von Ansprüchen im Zwangsvollstreckungsverfahren. In diesem werden bereits titulierte Gläubigerrechte im Wege staatlichen Zwangs verwirklicht.7 Damit ist das Endziel der Vollstreckung grundsätzlich die Befriedigung des Gläubigers.8 Dieses kann der einzelne Bürger grundsätzlich nicht alleine erreichen. Seine Ansprüche kann er in der Regel nicht selbst vollstrecken, denn der Staat hat das Vollstreckungsmonopol als Teil des allgemeinen Rechtsschutzmonopols inne.9 Aus diesem Grund hat der jeweilige Gläubiger aber einen Vollstreckungsanspruch gegen den Staat.10 Unterlassungsansprüche werden grundsätzlich gem. § 890 ZPO vollstreckt. So soll die Erbringung einer Individualleistung in Form einer Unterlassung ermöglicht werden.11 Nach § 890 ZPO ist der Schuldner bei Zuwiderhandlung gegen die Verpflichtung, eine Handlung zu unterlassen, auf Antrag des Gläubigers zu Ordnungsgeld oder zu Ordnungshaft zu verurteilen. Die Vollstreckung findet mithin über die Festsetzung von Ordnungsmitteln gegen den Schuldner statt. Nachfolgend soll ein Überblick über die Ordnungsmittel im Sinne des § 890 ZPO als Vollstreckungsmaßnahmen, über deren Rechtsnatur und über das Verfahren der Ordnungsmittelfestsetzung gegeben werden.

Mock, Zwangsvollstreckung, § 890 Rn. 2. Häufig in Wohnungseigentumssachen, z. B. BayObLG, Beschluss vom 06.05.1999 – 2Z BR 47–99, NZM 1999, 769 f. oder OLG Schleswig, Beschluss vom 04.11.1999 – 2 W 163/99, NZM 2000, 557 f. 7 Gaul/Schilken/Becker-Eberhard, Zwangsvollstreckungsrecht, § 1 Rn.  1; Brox/Walker, Zwangs­vollstreckungsrecht, Rn.  1; Kroppenberg, in: Prütting/Gehrlein, ZPO, vor §§ 704 ff. Rn. 1; Lackmann, in: Musielak, ZPO, Vor § 704 Rn. 1. 8 Brox/Walker, Zwangsvollstreckungsrecht, Rn. 1; Gaul/Schilken/Becker-Eberhard, Zwangsvollstreckungsrecht, § 1 Rn. 5; vgl. auch BGH, Urteil vom 22.06.1995 – IX ZR 100/94, NJW 1995, 3189, 3190. 9 Stöber, in: Zöller, ZPO, Vor § 704 Rn.  1; Gaul/Schilken/Becker-Eberhard, Zwangsvollstreckungsrecht, § 1 Rn.  12; Hartmann, in: Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, ZPO, Grundz § 704 Rn. 1; W. Lüke, Zivilprozessrecht, § 1 Rn. 1; Lackmann, in: Musielak, ZPO, Vor § 704 Rn. 1. Vgl. auch BVerfG, Beschluss vom 19.10.1982 – 1 BvL 34/80 und 55/80, BVerfGE 61, 126, 136. 10 Brox/Walker, Zwangsvollstreckungsrecht, Rn.  1; Münzberg, in: Stein/Jonas, ZPO, vor § 704 Rn. 16; Zimmermann, ZPO, Vor §§ 704 ff. Rn. 4; Lackmann, in: Musielak, ZPO, Vor § 704 Rn. 6; Paulus, in: Wieczorek/Schütze, ZPO, Vor § 704 Rn. 51; W. Lüke, Zivilprozessrecht, § 53 Rn. 504. Vgl. auch BGH, Urteil vom 22.01.2009 – III ZR 172/08, NJW-RR 2009, 601, 602. 11 Gruber, in: Münchener Kommentar ZPO, § 890 Rn. 1.

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3. Kap.: Vollstreckung von Unterlassungsansprüchen

I. Zur Einführung des § 890 ZPO Die Vollstreckung von Unterlassungsansprüchen durch Ordnungsmittel wurde bereits im Jahr 1877 in § 775 CPO aufgenommen. Damit bestand die Regelung zur Vollstreckung von Unterlassungsansprüchen bereits vor Inkrafttreten des BGB zum 01.01.1900 und damit auch bevor eine Unterlassungsklagemöglichkeit in letztgenanntem normiert wurde. Die Vorschrift des § 775 CPO wurde weitgehend unverändert in die Zivilprozess­ ordnung von 189812 übernommen. Eine relevante Änderung der Vorschrift erfolgte erst im Jahr 1974 mit dem 1. Strafrechtsänderungsgesetz vom 02. März 1974,13 wonach nunmehr nicht mehr von Strafen, sondern vielmehr von Ordnungsmitteln die Rede war.14

II. Vollstreckung durch Ordnungsmittel Die Vollstreckung von titulierten Ansprüchen ist im 8. Buch der ZPO unter dem Titel „Zwangsvollstreckung“ geregelt. Die ZPO räumt dem Gläubiger von Zahlungstiteln die freie Dispositionsmöglichkeit über Vollstreckungsart und Vollstreckungsgegenstand ein.15 Bei der Vollstreckung von Unterlassungsansprüchen ist der Vollstreckungsweg hingegen vorgezeichnet.16 Wie sich § 890 ZPO entnehmen lässt, erfolgt die Vollstreckung von Unterlassungsansprüchen durch die Androhung und nachfolgende Verurteilung zu Ordnungsmitteln. Dies ist eine besondere Form der Vollstreckung, die sich in der ZPO vergleichbar für nicht vertretbare Handlungen in § 888 ZPO findet, wonach der Schuldner zur Vornahme der Handlung durch Zwangsgeld oder Zwangshaft anzuhalten sei. Der Grund für diese besondere Art der Vollstreckung liegt darin, dass Unterlassungsansprüche nicht durch unmittelbaren Zwang durchgesetzt werden können. Die titulierten Unterlassungsanordnungen können entweder vom Schuldner durch Wohlverhalten freiwillig erfüllt oder durch seine Nichtbeachtung verletzt und damit unmöglich gemacht werden.17 Denn in einem Unterlassungstitel wird der Schuldner zu einer „rein willensgebundenen Leistung“18 verurteilt. Diese Unterlassungspflich-

12 Civilprozeßordnung in der ab dem 01. Januar 1900 geltenden, am 20. Mai 1898 bekanntgemachten Fassung, RGBl. 1898, S. 410, 584. 13 Einführungsgesetz zum Strafgesetzbuch vom 02. März 1974, BGBl. 1974 I, S. 469 ff. 14 Dazu später mehr unter 3. Kap. B.IV., S. 54 ff. 15 So kann der Gläubiger beispielsweise zur Vollstreckung einer Geldforderung sowohl in körperliche Sachen (§§ 808 ff. ZPO) als auch in Forderungen und Vermögensrechte (§§ 828 ff. ZPO) oder in unbewegliches Vermögen (§§ 864 ff. ZPO) vollstrecken. 16 Gaul/Schilken/Becker-Eberhard, Zwangsvollstreckungsrecht, § 5 Rn. 23. 17 Borck, WRP 1994, 656, 657; vgl. Pastor, Die Unterlassungsvollstreckung, S. 11. 18 Pastor, Die Unterlassungsvollstreckung, S. 12.

B. Vollstreckung durch Ordnungsmittel

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ten vollstrecken sich daher quasi „von selbst“.19 Damit ist es erforderlich, die Ausübung eines Zwangs auf den entgegenstehenden Willen des Schuldners vorzusehen. Zugleich ist es unumgänglich, dass sich die Vollstreckungsmaßnahme erst bei pflichtwidriger Zuwiderhandlung des Schuldners realisiert.20 Die Festsetzung von Ordnungsmitteln nach § 890 ZPO ist damit genau genommen nicht die Vollstreckung in Form der Erwirkung der Unterlassung, sondern die ange­ kündigte beziehungsweise angedrohte Reaktion auf einen Verstoß gegen das titulierte Unterlassungsgebot.21 Die Unterlassungsvollstreckung nach § 890 ZPO übt also insoweit einen mittelbaren Zwang auf den Schuldner aus, als der Verstoß gegen Unterlassungspflichten durch die Festsetzung von Ordnungsmitteln geahndet wird.22 Ob die in § 890 ZPO genannten Ordnungsmittel dabei insofern als Vollstreckungsmaßnahmen betrachtet werden, als durch sie lediglich versucht werden kann, künftiges Wohlverhalten zu erzwingen, oder ob sie nur bisheriges Zuwiderhandeln sanktionieren, wird noch näher zu untersuchen sein.23

III. Die Ordnungsmittel des § 890 ZPO: Ordnungsgeld und Ordnungshaft In § 890 Abs. 1 Satz 1 ZPO sind als Ordnungsmittel das Ordnungsgeld und die Ordnungshaft genannt. Das einzelne Ordnungsgeld für jede Zuwiderhandlung darf gem. § 890 Abs. 1 Satz 2 ZPO einen Betrag von EUR 250.000,00 nicht übersteigen. Das Mindestmaß beträgt mangels Festlegung im § 890 ZPO nach der Auffangvorschrift des Art. 6 Abs. 1 EGStGB EUR 5,00. Das Mindestmaß der Ordnungshaft liegt nach Art. 6 Abs. 2 EGStGB bei einem Tag. Nach § 890 Abs.  1 Satz 1 ZPO darf die Ordnungshaft für die einzelne Zuwiderhandlung sechs Monate und nach § 890 Abs. 1 Satz 2 ZPO insgesamt zwei Jahre nicht übersteigen, auch nicht wenn die Verurteilung wegen mehrfacher Zuwiderhandlungen in getrennten Verfahren stattfindet. Etwas anderes gilt nur, wenn erneute Zuwiderhandlungen nach vollständiger Verbüßung einer früher erkannten Sanktion begangen werden. Dann kann das Strafmaß wieder von neuem voll ausgeschöpft werden.24 19 BGH, Urteil vom 22.10.1992 – IX ZR 36/92, BGHZ 120, 73, 78; Bendtsen, in: Kindl/ Meller-Hannich/Wolf, Gesamtes Recht der Zwangsvollstreckung, § 890 Rn. 1; Büttner, in: Der Wettbewerbsprozess, Kap. 57 Rn. 4 (S. 1037); vgl. auch Zieres, Grundfragen der Zwangsvollstreckung, S. 53. 20 Gruber, in: Münchener Kommentar ZPO, § 890 Rn. 1; vgl. Bork, WRP 1989, 360, 360. 21 Bendtsen, in: Kindl/Meller-Hannich/Wolf, Gesamtes Recht der Zwangsvollstreckung, § 890 Rn. 1. 22 Gaul/Schilken/Becker-Eberhard, Zwangsvollstreckungsrecht, § 73 Rn.  1; Spätgens, in: Der Wettbewerbsprozess, Kap. 63 Rn. 2 (S. 1139). 23 Vgl. hierzu sogleich 3. Kap. B.IV., S. 54 ff. 24 Brehm, in: Stein/Jonas, ZPO, § 890 Rn. 42.

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3. Kap.: Vollstreckung von Unterlassungsansprüchen

Das Verhältnis der Ordnungsmittel zueinander ist ebenfalls in § 890 Abs. 1 ZPO geregelt. Ordnungsgeld und Ordnungshaft stehen in einem Alternativverhältnis, für eine Zuwiderhandlung kann daher nur Ordnungsgeld oder Ordnungshaft und nicht kumulativ beides verhängt werden. Die Festsetzung von Ordnungshaft ist dabei aber in zwei Varianten möglich: Einerseits als Ersatzordnungshaft für den Fall, dass das eigentlich festgesetzte Ordnungsgeld nicht beigetrieben werden kann, und andererseits als eigenständiges Ordnungsmittel, welches direkt festgesetzt werden kann. Als primäres Ordnungsmittel darf die Ordnungshaft aber nur unter Beachtung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit festgesetzt werden und damit nur, wenn die Festsetzung von Ordnungsgeld als nicht ausreichend erscheint.25 Das beigetriebene Ordnungsgeld fließt gem. § 6 Abs.  2 Satz 1 JBeitrO in die Staatskasse, während die festgesetzte Ordnungshaft in staatlichen Gefängnissen vollstreckt wird. Die Vollstreckungsmaßnahmen des § 890 ZPO kommen mithin nicht dem Gläubiger des Unterlassungsanspruchs zugute, sie dienen nicht dem Ausgleich von Schäden, die ihm durch die Zuwiderhandlung entstanden sind.

IV. Rechtsnatur der Ordnungsmittel Die Frage nach der Rechtsnatur der Ordnungsmittel ist wohl die umstrittenste Frage im Recht der Unterlassungsvollstreckung.26 Obgleich diese Einordnung grundsätzlich für die Rechtsanwendung keine Relevanz aufweist und eigentlich nicht mehr als eine Argumentationshilfe im konkreten Einzelfall sein kann,27 haben Rechtsprechung und Literatur an die Beantwortung dieser Frage die Lösung diverser weiterer Zweifelsfragen gekettet. Dies gilt insbesondere für die in dieser Arbeit aufgeworfene Frage nach der Möglichkeit der Festsetzung eines Ordnungsmittels nach Titelerledigung. Anhand der  – teilweise rein ergebnisorientiert angenommenen – Rechtsnatur wird argumentativ versucht, die von den unterschiedlichen Meinungen gefundenen Ergebnisse zu begründen. Da praktische Konsequenzen und die als gerecht oder ungerecht empfundenen Ergebnisse solcher Zweifelsfragen kein stichhaltiges Argument für die Annahme einer bestimmten Rechtsnatur der Ordnungsmittel sein können, muss ein von diesen Ergebnissen unabhängiger dogmatischer Ansatzpunkt gefunden werden, der 25

Pukall, in: Saenger, ZPO, § 890 Rn. 28; Gruber, in: Münchener Kommentar ZPO, § 890 Rn. 34; Brox/Walker, Zwangsvollstreckungsrecht, Rn. 1105; Sturhahn, in: Schuschke/­Walker, Vollstreckung, § 890 Rn.  43; Baur/Stürner/Bruns, Zwangsvollstreckungsrecht, § 40 Rn.  25 (S.  508); Lambsdorff, Handbuch Wettbewerbsverfahrensrecht, Rn.  1293; Jauernig/Berger, Zwangsvollstreckungs- und Insolvenzrecht, § 27 Rn. 33. 26 So Voss, Zwangsvollstreckung aus Unterlassungstiteln, S. 20. 27 Gruber, in: Münchener Kommentar ZPO, § 890 Rn. 2; vgl. auch Gaul/Schilken/BeckerEberhard, Zwangsvollstreckungsrecht, § 73 Rn.  26. Anders aber Remien, Rechtsverwirklichung durch Zwangsgeld, S. 21, der dieser Frage entscheidende Bedeutung zumisst.

B. Vollstreckung durch Ordnungsmittel

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mit den allgemeinen vollstreckungsrechtlichen Grundsätzen übereinstimmt.28 Daher soll in einem ersten Schritt die Rechtsnatur der Ordnungsmittel separat von etwaigen damit zusammenhängenden, beziehungsweise von Rechtsprechung und Literatur anhand dessen gelöster Problemen untersucht werden. Erst in einem zweiten Schritt kann festgestellt werden, wie sich mit dem gefundenen Ergebnis die damit zusammenhängenden Probleme sachgerecht und insbesondere dogmatisch sauber lösen lassen.29 Ausgangspunkt für die Frage nach der Rechtsnatur der Ordnungsmittel des § 890 ZPO war von jeher die Frage, ob Ordnungsmittel Maßnahmen der Zwangsvollstreckung sind oder ob sie nur Sanktionen für deren Scheitern darstellen. Hier standen sich zunächst eine repressive und eine präventive Auffassung gegenüber. Daneben bildete sich eine vermittelnde Ansicht heraus, die den Ordnungsmitteln einen Doppelcharakter präventiver wie repressiver Natur zuerkannte. 1. Ordnungsmittel als Instrumente mit Strafcharakter Nach einer Ansicht sollen die Ordnungsmittel des § 890 ZPO Instrumente mit Strafcharakter sein, die Repression und Vergeltung für rechtlich verbotenes Verhalten darstellen.30 Auf diese sollen strafrechtliche Grundsätze angewendet werden, es sei denn Vorschriften der ZPO oder zwingende Gläubigerinteressen stünden entgegen.31 a) Historisch bedingter Ausgangspunkt Die Zumessung eines repressiven, strafenden Charakters im Hinblick auf die Ordnungsmittel des § 890 ZPO ist historisch begründet. So sah schon § 775 CPO als Rechtsfolge eines Verstoßes gegen ein tituliertes Unterlassungsgebot „Geldstrafe“ oder „Strafe der Haft“ vor. Auch das Reichsgericht ordnete schon in einer Entscheidung aus dem Jahr 1896 die Mittel des § 775 CPO als „Verurteilung zu einer wirklichen Strafe als einer Sühne für ein begangenes Unrecht“ ein.32 Mit der 28

So auch Ulrich, GRUR 1982, 14, 23. Vgl. hierzu später 5. Kap. A., S. 133 ff. 30 Borck, WRP 1979, 28, 31; Borck, WRP 1980, 670, 671. So auch Goldschmidt, Zivilprozessrecht, S. 418; Callmann, Der unlautere Wettbewerb, Einleitung K. I.8. (S. 108); K. Blomeyer, Zwangsvollstreckung, S. 158. Wohl auch Baur/Stürner/Bruns, Zwangsvollstreckungsrecht, § 40 Rn. 27 (S. 509). Vgl. auch Stein, Grundriß des Zivilprozeßrechts, S. 396; Bendix, JW 1923, 364, 365. 31 OLG Frankfurt am Main, Beschluss vom 04.08.1958 – 6 W 286/58, NJW 1958, 2021, 2021; OLG Frankfurt am Main, Beschluss vom 15.01.1962 – 6 W 588/61, MDR 1962, 488, 488. Vgl. Tetzner, GRUR 1960, 68, 68, dort Fn. 1; Borck, WRP 1967, 89, 89; Ott, NJW 1977, 286, 287. 32 RG, Beschluss vom 23.01.1896 – VI. 1/96, RGZ 36, 417, 418. 29

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3. Kap.: Vollstreckung von Unterlassungsansprüchen

Novelle der ZPO von 1898 wurde aus § 775 CPO der § 890 ZPO. Eine Änderung im Wortlaut erfolgte aber nicht. Daher hielt das Reichsgericht an seiner Auffassung zum Strafcharakter fest33 und auch das Bundesverfassungsgericht entschied im Jahr 1966, dass das Wesen von § 890 Abs. 1 ZPO in der Ahndung begangenen Unrechts liege.34 Die Terminologie des § 890 ZPO wurde jedoch mit dessen Neufassung durch das EGStGB35 geändert. Durch Art. 98 Nr. 15 a) EGStGB wurde im Wortlaut von § 890 ZPO „Geldstrafe oder zu Strafe oder Haft“ durch „Ordnungsgeld und für den Fall, dass dieses nicht beigetrieben werden kann, zur Ordnungshaft oder zur Ordnungshaft“ ersetzt. Aus dieser Änderung des Wortlauts leiteten die Ver­treter des strafrechtlichen Charakters aber keine Änderung der Rechtsnatur der nunmehr so bezeichneten Ordnungsmittel ab. Vielmehr stützten sie sich auf die Begründung des Gesetzentwurfs zum EGStGB, nach welcher der Gesetzgeber mit der Änderung im Wortlaut nur eine „Bereinigung des Sprachgebrauchs“36 und redaktionelle Anpassungen habe bezwecken wollen. Der Begriff des „Ordnungsgeldes“ sei nunmehr dort vorgesehen, wo es sich um eine repressive Rechtsfolge handele, die aber nicht als Straftat oder Ordnungswidrigkeit eingestuft sei. Der Begriff „Zwangsgeld“ hingegen werde dort verwendet, wo es sich der Sache nach nur um Zwangs- oder Beugemaßnahmen handele.37 Daraus wurde der Schluss gezogen, dass der Gesetzgeber  – auch aufgrund der unterschiedlichen Neufassung von § 888 ZPO und § 890 ZPO  – davon ausgegangen sei, dass es sich bei letzterem gerade nicht um eine Beugestrafe, sondern um eine repressive Rechtsfolge handele.38 Denn der Gesetzgeber habe nur ein Entpoenalisierungsanliegen gehabt und den Ordnungsmitteln nicht ihre strafrechtliche Natur absprechen wollen.39 Inhaltliche Konsequenzen seien durch die sprachliche Änderung gerade nicht vorgesehen.40

33 Noch zu § 775 CPO vgl. RG, Beschluss vom 07.01.1899 – II. 233/98, RGZ 43, 396, 398; zu § 890 ZPO vgl. RG, Urteil vom 28.09.1911 – VI. 407/10, RGZ 77, 217, 223. 34 BVerfG, Beschluss vom 15.10.1966 – 2 BvR 506/63, BVerfGE 20, 323, 332. Das Bundesverfassungsgericht erkannte in den Rechtsfolgen des § 890 ZPO zwar schon einen Doppel­ charakter, sprach sich aber für eine Anerkennung als Strafe und für den strafrechtlichen Charakter aus. 35 Einführungsgesetz zum Strafgesetzbuch vom 02. März 1974, BGBl. 1974 I, S. 469 ff. 36 Gesetzentwurf der Bundesregierung zum EGStGB, BT-Drucks. 7/550, S. 195, 380. 37 Göhler, NJW 1974, 825, 826. 38 Brehm, NJW 1976, 1730, 1731. 39 Voss, Zwangsvollstreckung aus Unterlassungstiteln, S. 30. 40 BVerfG, Beschluss vom 14.07.1981 – 1 BvR 575/80, BVerfGE 58, 159, 162; Borck, WRP 1979, 28, 29; Brox/Walker, Zwangsvollstreckungsrecht, Rn. 1100.

B. Vollstreckung durch Ordnungsmittel

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b) Ausgestaltung des strafrechtlichen Charakters Ob den Ordnungsmitteln ein richtiger Strafcharakter zukomme41 oder ob sie nur weit überwiegend eine repressive Funktion haben sollen,42 wird von den Vertretern des strafrechtlichen Charakters der Ordnungsmittel des § 890 ZPO nicht durchweg einheitlich beurteilt. Im Ergebnis besteht aber unter den Vertretern eines repressiven Charakters im Hinblick auf die aus der Rechtsnatur der Ordnungsmittel re­ sultierenden Probleme und die Lösungen derselben Einigkeit. Zur Begründung des strafrechtlichen oder jedenfalls weit überwiegend repressiven Charakters der Ordnungsmittel wurden über die Jahre diverse Ansatzpunkte gefunden. So solle eine willensbeugende Funktion der Ordnungsmittel gänzlich ausscheiden und lediglich eine repressive Funktion in Betracht kommen, weil die geschuldete Unterlassung nach der Zuwiderhandlung nicht nachholbar sei. Deshalb könne der Wille des Schuldners durch die Ordnungsmittelfestsetzung nicht mehr gebeugt werden.43 Überdies sei der Zweck der Verurteilung zu einer Ordnungsmaßnahme deshalb ein repressiver, weil er in erster Linie darauf gerichtet sei, den Ungehorsam des Schuldners gegen den gerichtlichen Befehl in Form des titulierten Verbotes zu ahnden,44 unabhängig davon, ob das Verbot rechtmäßig erlassen wurde.45 Denn damit habe der Schuldner die „gerichtliche Autorität“ verletzt.46 Zudem solle § 890 ZPO das im Interesse des Gläubigers bestehende Recht auf Sühne befriedigen,47 die Ordnungsmittel würden also wegen des vom Schuldner begangenen Unrechts verhängt.48

41 Stein, Grundriß des Zivilprozeßrechts, S. 396; Petermann, RPfleger 1959, 309, 311; Tetzner, GRUR 1960, 68, 68; Burkhardt, JurBüro 1960, 99, 100; Ott, NJW 1977, 286, 287; Borck, WRP 1994, 656, 660. Zumindest neben Zwangsvollstreckungsmaßnahme auch richtige Strafe nach Meyer, MDR 1956, 577, 577. So auch OLG Celle, Beschluss vom 17.03.1965 – 3 W 9/65, NJW 1965, 1868, 1868. 42 Einen Doppelcharakter anerkennend, den strafrechtlichen aber als überwiegend ansehend z. B. OLG Karlsruhe, Beschluss vom 28.03.1957 – 3 W 89/56, MDR 1957, 428, 428; OLG Frankfurt am Main, Beschluss vom 04.08.1958 – 6 W 286/58, NJW 1958, 2021, 2021; OLG Frankfurt am Main, Beschluss vom 15.01.1962  – 6 W 588/61, MDR 1962, 488, 488; OLG München, Beschluss vom 14.04.1960 – 6 W 780/60, NJW 1960, 1726, 1727; OLG München, Beschluss vom 21.04.1971 – 6 W 826/71, NJW 1971, 1756, 1756; OLG Stuttgart, Beschluss vom 04.09.1974 – 2 W 28/74, GRUR 1975, 95, 96. Auch Meyer, MDR 1956, 577, 577; Brehm, NJW 1975, 249, 250; vgl. Ott, NJW 1977, 286, 287. 43 Borck, WRP 1980, 670, 672. 44 OLG Karlsruhe, Beschluss vom 28.03.1957  – 3 W 89/56, MDR 1957, 428, 428; OLG München, Beschluss vom 21.04.1971 – 6 W 826/71, NJW 1971, 1756, 1756; Jauernig/Berger, Zwangsvollstreckungs- und Insolvenzrecht, § 27 Rn. 31; Ott, NJW 1977, 286, 287. Vgl. OLG Frankfurt am Main, Beschluss vom 04.08.1958 – 6 W 286/58, NJW 1958, 2021, 2021; OLG Celle, Beschluss vom 24.06.1959 – 8 W 131/58, NJW 1959, 1691, 1691. 45 Jauernig/Berger, Zwangsvollstreckungs- und Insolvenzrecht, § 27 Rn. 31. 46 Meyer, MDR 1956, 577, 578. 47 OLG München, Beschluss vom 14.04.1960 – 6 W 780/60, NJW 1960, 1726, 1727. 48 Schulz, NJW 1963, 1095, 1096.

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3. Kap.: Vollstreckung von Unterlassungsansprüchen

Ein noch weitergehender Ansatzpunkt sieht die Ordnungsmittel des § 890 ZPO schon nicht mehr als Teil der Zwangsvollstreckung an.49 Nur deren Androhung sei Teil  derselben und solle zur Willensbeugung des Unterlassungsschuldners führen, nicht mehr hingegen deren Festsetzung.50 Letztere komme erst nachfolgend in Betracht und sei bloße Sanktion dafür, dass durch den Verstoß die Zwangsvollstreckung gescheitert sei, denn durch die Festsetzung des Ordnungsmittels sei der Verstoß nicht mehr rückgängig zu machen.51 Die Androhung selbst übe den psychischen Zwang zum Unterlassen aus, der nur effektiv sei, wenn nachfolgend die Ordnungsmittelfestsetzung erfolge.52 Unabhängig von der Terminologie und den unterschiedlichen Begründungsansätzen ist den hier zusammenfassend dargestellten Ansatzpunkten jedenfalls gemein, dass sie den Ordnungsmitteln des § 890 ZPO einen strafrechtlichen Charakter zumessen und diese als repressives Instrument gegen einen zuvor begangenen Verstoß ansehen. 2. Ordnungsmittel als präventive Maßnahmen Nach entgegengesetzter Ansicht sollen die Ordnungsmittel des § 890 ZPO präventive, zivilprozessuale Maßnahmen der Zwangsvollstreckung sein, die allein auf die Beugung des Schuldnerwillens gerichtet seien, so dass der Schuldner durch die Ordnungsmittelfestsetzung nur zu einem bestimmten künftigen Verhalten veranlasst werde.53

49 Borck, WRP 1994, 656, 660 Vgl. OLG Köln, Beschluss vom 05.06.1931 – 5 W 206/31, JW 1931, 3569, 3569, das die Festsetzung des Ordnungsmittels zumindest nicht als Mittel der Zwangsvollstreckung, sondern als notwendige Konsequenz der Androhung ansieht. 50 OLG Köln, Beschluss vom 05.06.1931 – 5 W 206/31, JW 1931, 3569, 3569. Borck, WRP 1979, 28, 28; Borck, WRP 1980, 670, 672; Borck, GRUR 1991, 428, 429; so auch Borck, WRP 1994, 656, 659 f. Vgl. auch OLG München, Beschluss vom 14.04.1960 – 6 W 780/60, NJW 1960, 1726, 1727 und Gaul/Schilken/Becker-Eberhard, Zwangsvollstreckungsrecht, § 73 Rn.  26, die allerdings auch eine präventive Funktion der Ordnungsmittel dann anerkennen, wenn ein weiterer Verstoß noch möglich ist. 51 Borck, WRP 1994, 656, 658, 660; vgl. auch Brehm, NJW 1976, 1730, 1731. 52 A. Blomeyer, in: FS Heinitz, S. 683, 687; vgl. auch Brehm, NJW 1976, 1730, 1730. 53 OLG Hamm, Beschluss vom 28.02.1979  – 14 W 35/78, NJW 1980, 1399, 1399; OLG Karlsruhe, Beschluss vom 22.07.1975 – 6 W 15/75, WRP 1975, 533, 534; OLG Düsseldorf, Beschluss vom 13.05.1987 – 2 W 4/87, JurBüro 1987, 1261, 1262; LAG Hamburg, Beschluss vom 21.08.1989 – 5 Ta 11/89, MDR 1990, 365, 366; OLG Köln, Beschluss vom 29.12.1994 – 16 W 57/94, JurBüro 1995, 269, 269. Zieres, Grundfragen der Zwangsvollstreckung, S. 56, 61; Zieres, NJW 1972, 751, 752; Dahm, MDR 1996, 1100, 1101; Böhm, MDR 1974, 441, 444; Pastor, WRP 1981, 299, 304; Sturhahn, in: Schuschke/Walker, Vollstreckung, § 890 Rn.  6; Schoenthal, Die Stellung gesetzlicher Vertreter, S. 65. Vgl. Göppinger, NJW 1967, 177, 178; G. Lüke, JZ 1959, 369, 369; Lindacher, ZZP 85 (1972), 239, 243. Wohl auch Liebenau, Abgrenzung von Anspruch, Urteil und Zwangsvollstreckung auf Beseitigung und Unterlassung, S. 239 f. Vgl. auch schon Bender, Strafen, S. 36.

B. Vollstreckung durch Ordnungsmittel

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a) Begründungsansätze für einen präventiven Charakter Den ausschließlich präventiven Charakter der Ordnungsmittel begründen die Vertreter dieser Ansicht damit, dass bei Unterlassungsansprüchen die Befolgung dieser Verpflichtung nur vom Willen des Schuldners abhängig sei54 und auch durch die Einschaltung von staatlichen Vollstreckungsorganen die Erfüllung der Unterlassungspflicht nicht unmittelbar erreicht werden könne.55 Folglich könne die Vollstreckung allein auf präventive Willensbeugung abzielen. Da bereits begangene Zuwiderhandlungen gegen den Titel durch eine Ordnungsmittelfestsetzung weder verhindert noch rückgängig gemacht werden könnten,56 solle der Schuldner durch die Ahndung der bereits begangenen Zuwiderhandlungen nur von zukünftigen weiteren Verstößen abgehalten werden.57 Weiter wird argumentiert, dass eine Strafe sich stets auf die Vergangenheit und damit auf vergangenes Handeln beziehe, während die Ordnungsmittel Maßnahmen der Vollstreckung seien, welche immer nur auf einen zukünftigen Zweck abstellten.58 Auch die Festsetzung eines Ordnungsmittels könnte hiernach den Verstoß gegen die Unterlassungspflicht nicht beheben, weshalb es sich nach dieser Ansicht bei § 890 ZPO nur um „Willensbeugung für die Zukunft durch Bestrafung für Vergangenes“59 handele. Dafür werde über § 890 ZPO mittelbar auf den Schuldner eingewirkt.60 Soweit innerhalb dieser Meinung von manchen Vertretern angenommen wird, dass es sich bei der Festsetzung eines Ordnungsmittels aber auch um eine Strafe handele, sei dies nur eine reine Beugestrafe.61 Und selbst wenn den Ordnungsmitteln neben dem Beugezweck teilweise auch ein repressiver Charakter zugestanden wird62 und in der Festsetzung der Ordnungsmittel zumindest auch ein Sühnezweck 54 G. Lüke, JZ 1959, 369, 369; Pastor, in: Recht im Wandel, S. 427, 454; Pastor, Die Unter­ lassungsvollstreckung, S.  12; Pastor, WRP 1974, 473, 475; Pastor, WRP 1981, 299, 304; Dahm, MDR 1996, 1100, 1100. 55 OLG Düsseldorf, Beschluss vom 13.05.1987 – 2 W 4/87, JurBüro 1987, 1261, 1262; Zieres, NJW 1972, 751, 752. Vgl. Dahm, MDR 1996, 1100, 1100 f.; Schoenthal, Die Stellung gesetzlicher Vertreter, S. 65. 56 OLG Düsseldorf, Beschluss vom 13.05.1987 – 2 W 4/87, JurBüro 1987, 1261, 1262. 57 OLG Hamm, Beschluss vom 28.02.1979  – 14 W 35/78, NJW 1980, 1399, 1400; OLG Köln, Beschluss vom 29.12.1994 – 16 W 57/94, JurBüro 1995, 269, 269; Pastor, Die Unterlassungsvollstreckung, S. 12; Dahm, MDR 1996, 1100, 1101. 58 Sturhahn, in: Schuschke/Walker, Vollstreckung, § 890 Rn. 6. 59 Pastor, in: Recht im Wandel, S. 427, 456; Pastor, Die Unterlassungsvollstreckung, S. 13. 60 Pastor, in: Recht im Wandel, S. 427, 455, 456; Zieres, Grundfragen der Zwangsvollstreckung, S. 56; Schoenthal, Die Stellung gesetzlicher Vertreter, S. 65. 61 Pastor, in: Recht im Wandel, S. 427, 456; Pastor, Die Unterlassungsvollstreckung, S. 12. Vgl. OLG Düsseldorf, Beschluss vom 13.05.1987 – 2 W 4/87, JurBüro 1987, 1261, 1262; OLG Hamm, Beschluss vom 28.02.1979 – 14 W 35/78, NJW 1980, 1399, 1399; vgl. auch Lindacher, ZZP 85 (1972), 239, 242. 62 So z. B. G. Lüke, JZ 1959, 369, 369; vgl. auch schon Rospatt, JW 1900, 892, 892 f. und Bender, Strafen, S. 39.

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3. Kap.: Vollstreckung von Unterlassungsansprüchen

gesehen wird,63 stehe dies nicht im Vordergrund. Das Ordnungsmittel diene nur oder jedenfalls vorrangig dem Zweck, den Willen des Schuldners zu beugen64 und es gehe gerade nicht um die Ahndung einer begangenen Zuwiderhandlung.65 Selbst wenn also ein gewisser strafender Charakter vorläge, müsse dennoch im Zeitpunkt der Festsetzung der in die Zukunft gerichtete Beugezweck der Ordnungsmittel noch erreicht werden können.66 b) Auswirkung der Änderung des Wortlauts von § 890 ZPO durch das EGStGB Auch die Vertreter der präventiven Auffassung sahen sich durch die Änderung des Wortlauts von § 890 ZPO durch das EGStGB bestätigt. Die präventive Rechtsnatur ergebe sich zum einen daraus, dass eine materiellrechtliche Änderung durch das EGStGB unstreitig nicht beabsichtigt, der sachliche – hiernach präventive – Inhalt mithin unverändert geblieben sei.67 Zudem ergebe sich unzweifelhaft aus der Gesetzesbegründung, dass den Ordnungsmitteln des § 890 ZPO gerade keine strafrechtliche, sondern nur eine rein präventive Funktion zukommen solle.68 Denn dort69 ist ausgeführt, dass der Begriff „Geldstrafe“ auch „außerhalb des Strafrechts“ gebraucht werde. Darin sehen die Vertreter der präventiven Ansicht eine Positionierung des Gesetzgebers dahingehend, dass § 890 ZPO lediglich eine zivile Vollstreckungsvorschrift und gerade keine repressive sei, die angebe, mit welchen Beugemaßnahmen Unterlassungen vollstreckt werden sollten.70 Nach dieser Ansicht handelt es sich bei der Festsetzung von Ordnungsmitteln mithin um Maßnahmen in der Zwangsvollstreckung,71 die ihre Legitimation nicht aus einer Sanktion, sondern mittelbar aus dem Vollstreckungszweck erhalten.72

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Göppinger, NJW 1967, 177, 178; G. Lüke, JZ 1959, 369, 369. OLG Karlsruhe, Beschluss vom 20.04.1972 – 6 W 7/71, MDR 1972, 699, 700; KG, Beschluss vom 31.07.1998 – 5 W 4012/98, NJW-RR 1999, 790, 790; Göppinger, NJW 1967, 177, 178; Pastor, WRP 1974, 473, 475. 65 Dahm, MDR 1996, 1100, 1101. 66 So G. Lüke, JZ 1959, 369, 369, der allerdings in den Fällen einer nur einmal möglichen Unterlassung beziehungsweise eines nur einmal möglichen Verstoßes eine Ausnahme macht. 67 Pastor, WRP 1981, 299, 300. 68 Gesetzentwurf der Bundesregierung zum EGStGB, BT-Drucks. 7/550, S. 195. 69 Gesetzentwurf der Bundesregierung zum EGStGB, BT-Drucks. 7/550, S. 195. 70 Pastor, Die Unterlassungsvollstreckung, S.  13. Vgl. OLG Karlsruhe, Beschluss vom 22.07.1975 – 6 W 15/75, WRP 1975, 533, 534; vgl. auch LG Frankfurt am Main, Beschluss vom 04.05.1976 – 2/18 O 419/75. 71 OLG Karlsruhe, Beschluss vom 20.04.1972 – 6 W 7/71, MDR 1972, 699, 700; Zieres, NJW 1972, 751, 752; G. Lüke, JZ 1959, 369, 369. 72 Lindacher, ZZP 85 (1972), 239, 243. 64

B. Vollstreckung durch Ordnungsmittel

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3. Ordnungsmittel als Instrumente mit Doppelcharakter Eine vermittelnde Ansicht gesteht den Ordnungsmitteln eine Doppelnatur zu. Diese seien sowohl zivilrechtliche, präventive, auf den Willen des Schuldners gerichtete Beugemaßnahmen für die Zukunft als auch Sanktionen, die repressiv als Vergeltung für die Zuwiderhandlung gegen rechtlich verbotenes Verhalten festgesetzt würden,73 konkret wegen Verstoßes gegen das Unterlassungsgebot.74 Dem Ordnungsmittel kommt damit zugleich auch Sühnefunktion für den vorangegangenen Verstoß zu.75 Trotz dieses anerkannten Sanktionscharakters sei das Vollstreckungsverfahren nach § 890 ZPO aber vorrangig ein Zivilprozess.76 Bei den Ordnungsmitteln handle es sich um zivilprozessuale Zwangsvollstreckungsmaßnahmen zur Durchsetzung privatrechtlicher Ansprüche, wobei die Beitreibung durch den Staat erfolgt.77 Hiernach wird die Androhung der Ordnungsmittel  – zumindest bei nachträglicher Androhung – als Beginn der Zwangsvollstreckung78 und zugleich insbesondere auch als Mittel zur Beugung des Schuldnerwillens angesehen.79 Währenddessen sei die Festsetzung des Ordnungsmittels in erster Linie Sanktion und Ahndung wegen vorangegangenen Ungehorsams80 und habe nur in den Fällen, in denen eine erneute Zuwiderhandlung möglich ist, zusätzlich noch präventiven Charakter.81 Die Festsetzung selbst sei aber auch noch Teil der Zwangsvollstreckung,82 ­wobei

73 OLG Bremen, Beschluss vom 30.12.1974 – 2 W 98/74, WRP 1975, 157, 158; OLG Frankfurt am Main, Beschluss vom 23.11.1981 – 6 W 67/81, JurBüro 1982, 465, 465; OLG Hamm, Beschluss vom 20.02.1990 – 14 W 94/89, NJW-RR 1990, 1086, 1086; BayObLG, Beschluss vom 09.03.1995 – 2Z BR 10/95, NJW-RR 1995, 1040, 1040. Mohr, Das Verfahren nach § 890 ZPO, S.  10; von Kleist, JW 1911, 205, 206; Ahrens, in: Der Wettbewerbsprozess, Kap.  68 Rn.  1 (S.  1246 f.); Jestaedt, WRP 1981, 433, 435; Zimmermann, ZPO, § 890 Rn.  1; Storz, in: ­Wieczorek/Schütze, § 890 Rn. 6, 52, 53; Olzen, in: Prütting/Gehrlein, ZPO, § 890 Rn. 2;­ Gruber, in: Münchener Kommentar ZPO, § 890 Rn. 2; Pukall, in: Saenger, ZPO, § 890 Rn. 1; Stöber, in: Zöller, ZPO, § 890 Rn. 5; Gaul/Schilken/Becker-Eberhard, Zwangsvollstreckungsrecht, § 73 Rn. 1. Wohl auch Voss, Zwangsvollstreckung aus Unterlassungstiteln, S. 53 f. 74 OLG Bremen, Beschluss vom 30.12.1974 – 2 W 98/74, WRP 1975, 157, 158. 75 So z. B. bestätigt durch BVerfG, Beschluss vom 04.12.2006 – 1 BvR 1200/04, NJW-RR 2007, 860, 861. 76 OLG Celle, Beschluss vom 17.03.1965  – 3 W 9/65, NJW 1965, 1868, 1868; Melullis, Wettbewerbsprozess, Rn. 905. Vgl. auch Melullis, GRUR 1993, 241, 243. 77 OLG Hamm, Beschluss vom 20.02.1990 – 14 W 94/89, NJW-RR 1990, 1086, 1087. 78 Beispielsweise BGH, Urteil vom 29.09.1978 – I ZR 107/77, NJW 1979, 217, 217. 79 Melullis, GRUR 1993, 241, 242; Gruber, in: Münchener Kommentar ZPO, § 890 Rn. 2; Lackmann, in: Musielak, ZPO, § 890 Rn. 14; Jestaedt, WRP 1981, 433, 435. 80 Jestaedt, WRP 1981, 433, 435; Melullis, GRUR 1993, 241, 242. Vgl. Mohr, Das Verfahren nach § 890 ZPO, S. 11. 81 Lackmann, in: Musielak, ZPO, § 890 Rn. 14; Gruber, in: Münchener Kommentar ZPO, § 890 Rn.  2. Im Ergebnis wohl auch Ahrens, in: Der Wettbewerbsprozess, Kap.  68 Rn.  1 (S. 1246 f.). 82 Melullis, Wettbewerbsprozess, Rn. 956, dort Fn. 3; Melullis, GRUR 1993, 241, 243.

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3. Kap.: Vollstreckung von Unterlassungsansprüchen

teilweise vertreten wird, dass sie dies erst auf zweiter Stufe nach der Androhung sei.83 In dem Fall, dass die Androhung scheitere und einen Verstoß nicht präventiv verhindere, sei die Festsetzung des Ordnungsmittels auf zweiter Stufe die Sanktionierung für dieses Scheitern. Um eine Sanktion handle es sich deshalb, weil auch durch die Festsetzung der Verstoß nicht mehr rückgängig zu machen sei.84 Diese sei auch erforderlich, anderenfalls könne die Androhung das Verhalten des Schuldners nicht mit Aussicht auf Erfolg steuern, wenn er nicht damit rechnen müsse, dass ihn die Sanktion, das Ordnungsmittel, auch tatsächlich treffe.85 Aus dieser generalpräventiven Erwägung heraus lasse sich der Schluss ziehen, dass nur die tatsächliche Vollstreckung der angedrohten Maßnahme gewährleiste, dass das Ordnungsmittel als Institut seine Funktion im Regelfall zu erfüllen vermöge. So erhalte das konkrete Ordnungsmittel seine Legitimation mittelbar vom Voll­ streckungszweck her.86 Dieser Ansicht hat sich auch der Bundsgerichtshof angeschlossen. Er spricht den Ordnungsmitteln neben ihrer Funktion als zivilrechtlicher Beugemaßnahme auch einen „repressiven, strafähnlichen Sanktionscharakter“87 zu. In der maßgeblichen Entscheidung des Bundesgerichtshofs ließ aber auch dieser sich – wie auch der überwiegende Teil der Literatur – von Gerechtigkeits- und Zweckmäßigkeitserwägungen leiten. 4. Stellungnahme Der letztgenannten Auffassung, die den Ordnungsmitteln nach § 890 ZPO einen Doppelcharakter zumisst, ist der Vorzug zu geben. Dass sich sowohl präventive als auch repressive Auffassung durch das EGStGB bestätigt sehen, wonach keine sachliche Änderung des § 890 ZPO erfolgen solle, macht schon deutlich, dass dies für keine der Ansichten ein schlagkräftiges Argument ist. Der Gesetzgeber hat im EGStGB nicht klar zum Ausdruck gebracht, welche Rechtsnatur die Ordnungsmittel besäßen, an der folglich nichts geändert werden solle. Daraus kann mithin kein Rückschluss auf die Rechtsnatur der Ordnungsmittel gezogen werden. Vielmehr ist sowohl der rein strafrechtlichen als auch der rein präventiven Rechtsnatur eine Absage zu erteilen. Einen reinen Strafcharakter anzunehmen, widerspricht schon der Stellung des § 890 ZPO im Abschnitt über die Zwangsvollstreckung. Es handelt sich dabei 83

Jestaedt, WRP 1981, 433, 435. Jestaedt, WRP 1981, 433, 435. Vgl. Mohr, Das Verfahren nach § 890 ZPO, S. 11, der zumindest hinsichtlich der ersten Zuwiderhandlung den Beugezweck verneint. 85 Lindacher, NJW 1980, 1400, 1400. 86 Lindacher, NJW 1980, 1400, 1400. 87 BGH, Beschluss vom 23.10.2003 – I ZB 45/02, BGHZ 156, 335, 345 („Euro-Einführungsrabatt“). 84

B. Vollstreckung durch Ordnungsmittel

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in Verbindung mit der Androhung des Ordnungsmittels um eine Institution des Zwangsvollstreckungsrechts.88 Als solche können die Ordnungsmittel keinen rei­ nen Strafcharakter haben. Auch kann nicht angenommen werden, dass über § 890 ZPO die Verletzung der gerichtlichen Autorität bestraft werden soll, denn die ZPO geht insgesamt in dem im 8. Buch geregelten Abschnitt über die Zwangsvollstreckung davon aus, dass der Schuldner die gerichtliche Autorität nicht beachtet. Bei freiwilliger Erfüllung bedarf es nie einer Vollstreckung; ein Nichtbeachten ist mithin jeder Zwangsvollstreckung immanent, egal ob es sich um eine Leistungs- oder eine Unterlassungspflicht handelt, die vollstreckt werden soll. Diese Nichtbeachtung richtet sich aber nicht gegen die richterliche Autorität, sondern gegen den gerichtlichen Titel.89 Gleichzeitig kann den Ordnungsmitteln eine repressive Funktion aber auch nicht völlig abgesprochen werden. In ihnen kann nicht allein ein Mittel zur Beugung des Schuldnerwillens gesehen werden, da ansonsten der Vollstreckungsanspruch des Bürgers gegen den Staat in einigen Fällen nicht bestünde und in diesen eine effektive Vollstreckung niemals möglich wäre. Dies gilt jedenfalls für solche Unterlassungspflichten, bei denen nur ein einmaliger Verstoß möglich ist. Hier erledigt sich die Unterlassungspflicht zwangsläufig mit dem Verstoß. Eine Beugung des Schuldnerwillens danach kommt nicht mehr in Betracht und zuvor liegen mangels Verstoßes die Voraussetzungen von § 890 ZPO noch nicht vor.90 Da aber solche einmaligen Unterlassungen oder auch solche Handlungen, die nur in einer eng begrenzten Frist zu unterlassen sind, nicht völlig aus dem Anwendungsbereich des 8. Buches der ZPO ausgenommen sein können und diese nicht ohne die Möglichkeit der Durchsetzung mittels staatlichen Zwangs – ob nun mittelbar oder unmittelbar – existieren können, muss den Ordnungsmitteln jedenfalls auch ein repressiver Charakter zukommen. Dann ist eine Vollstreckung nach § 890 ZPO auch in den Fällen möglich, in denen im Zeitpunkt der Vollstreckung eine präventive Beugung des Schuldnerwillens ausscheidet. Damit kann festgehalten werden, dass nach hier vertretener Ansicht den Ordnungsmitteln des § 890 ZPO ein Doppelcharakter zukommen muss. Diese abstrakt von etwaigen Problemfällen gefundene Lösung wird hier als zwingend angesehen. Ob sie auch geeignet ist, die im Rahmen des § 890 ZPO auftretenden Probleme, insbesondere dasjenige der Möglichkeit der Festsetzung von Ordnungsmitteln nach Titelerledigung zu lösen, wird noch zu untersuchen sein.91

88

Mohr, Das Verfahren nach § 890 ZPO, S. 12; vgl. auch von Kleist, JW 1911, 205, 206. Pastor, in: Recht im Wandel, S. 427, 445 f. 90 Vgl. Jestaedt, WRP 1981, 433, 434. 91 Vgl. hierzu später 5. Kap. A., S. 133 ff. und 6. Kap., S. 177 ff. 89

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3. Kap.: Vollstreckung von Unterlassungsansprüchen

C. Die einzelnen Verfahrensabschnitte – Abgrenzung des Erkenntnisverfahrens zum Vollstreckungsverfahren Für das zu untersuchende Problem der Vollstreckung eines Unterlassungstitels nach materiellrechtlicher Erledigung des Unterlassungsanspruchs ist eine genaue Unterscheidung der einzelnen Verfahrensstadien relevant, denn die Erledigung ist ein Problem des Erkenntnisverfahrens, während die Frage nach der Festsetzung eines Ordnungsmittels nach Titelerledigung sich erst bei Festsetzung des Ordnungsmittels selbst im Vollstreckungsverfahren stellt. Deshalb soll im Folgenden der zeitliche Ablauf dargestellt und ein Überblick über die einzelnen Verfahrensstadien gegeben werden. Das Vollstreckungsverfahren ist strikt zu trennen von dem zum Urteil führenden Erkenntnisverfahren beziehungsweise vom Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes.92 Während im normalen Erkenntnisverfahren über materiellrechtliche Ansprüche entschieden wird und im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes etwaig bestehende materiellrechtliche Ansprüche zunächst vorläufig gesichert werden sollen, werden diese Ansprüche im Zwangsvollstreckungsverfahren durchgesetzt. Trotz der verfahrensrechtlichen Trennung von Erkenntnis- und Vollstreckungsverfahren sind diese beiden grundsätzlich über das zum Titel führende Urteil  – beziehungsweise im einstweiligen Rechtsschutz über den vollstreckbaren Beschluss – miteinander verknüpft. Erst der erlangte Titel gewährt dem Gläubiger das Recht, vom Staat die Durchsetzung seines titulierten Anspruchs nach Maßgabe der Vorschriften der ZPO zu verlangen.93

I. Zeitlicher Verfahrensablauf Chronologisch beginnt ein Rechtsstreit grundsätzlich mit dem Erkenntnisverfahren beziehungsweise dem Verfahren des einstweiligen Rechtschutzes und endet mit dem Vollstreckungsverfahren. Jedoch muss dem Erkenntnisverfahren nicht automatisch eine Vollstreckung folgen. Dies gilt zum einen in den Fällen, in denen das Erkenntnisverfahren mit einem Feststellungs- oder Gestaltungsurteil­ endet. Bei einem Feststellungsurteil führt schon der Eintritt der Rechtskraft zur Rechtsgewissheit, eine Vollstreckung der ausgeurteilten Feststellung kommt gar

92 Schuschke, in: Schuschke/Walker, Vollstreckung, Einführung Buch 8 Rn.  11; Gaul/­ Schilken/Becker-Eberhard, Zwangsvollstreckungsrecht, § 5 Rn. 2; Stöber, in: Zöller, ZPO, Vor § 704 Rn. 13, 14; Kroppenberg, in: Prütting/Gehrlein, ZPO, vor §§ 704 ff. Rn. 4; Hartmann, in: Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, ZPO, Grundz § 704 Rn. 1; Lackmann, in: Musielak, ZPO, Vor § 704 Rn. 3. 93 Götz, in: Münchener Kommentar ZPO, § 704 Rn. 1.

C. Abgrenzung des Erkenntnisverfahrens zum Vollstreckungsverfahren

65

nicht in Betracht.94 Bei einem Gestaltungsurteil führt dieses selbst die erwünschte Rechtsänderung mit Eintritt der Rechtskraft herbei, so dass sich eine Vollstreckung ebenfalls erübrigt.95 Bei diesen Urteilen ist daher nur der Kostenpunkt vollstreckbar, insoweit erfolgt die Vollstreckung aber aus dem zu erlassenden Kostenfestsetzungsbeschluss als vollstreckbarem Titel nach § 794 Abs. 1 Nr. 2 ZPO. Voll­streckungs­fähig sind daher grundsätzlich nur Leistungsurteile, auch diese allerdings nicht ausnahmslos.96 Darüber hinaus erübrigt sich ein dem Erkenntnisverfahren nachgeschaltetes Vollstreckungsverfahren immer in den Fällen von selbst, in denen der Schuldner dem Urteil freiwillig Folge leistet. Gleichzeitig setzt die Durchführung eines Vollstreckungsverfahrens nicht notwendigerweise ein Erkenntnisverfahren voraus, da es auch andere vollstreckbare Titel gibt, die ohne Erkenntnisverfahren erlassen werden.97 Werden Erkenntnis- und Vollstreckungsverfahren durchlaufen, können beide Verfahrensstadien in einem gewissen Umfang parallel nebeneinander betrieben werden. Das Erkenntnisverfahren endet erst mit Rechtskraft des Urteils;98 ist es aber vorläufig vollstreckbar, kann aus diesem auch schon vor Rechtskraft und damit parallel zum noch nicht abgeschlossenen Erkenntnisverfahren vollstreckt werden. Diese Konstellation tritt insbesondere im Falle von erlassenen Versäumnisurteilen und Vollstreckungsbescheiden, gegen die Einspruch beziehungsweise Widerspruch eingelegt wurde, sowie dann auf, wenn gegen das erlassene Urteil Berufung eingelegt wird.99 Trotz dieser möglichen Parallelität ist das Zwangsvollstreckungsverfahren vom Erkenntnisverfahren und dem Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes organisatorisch und verfahrensmäßig nach dem Prinzip der „organisatorischen Isolierung des Vollstreckungsverfahrens“100 zu trennen. Erst aus dieser Trennung und

94

Greger, in: Zöller, ZPO, Vor § 253 Rn. 5; Saenger, in: Saenger, ZPO, § 256 Rn. 1; BeckerEberhard, in: Münchener Kommentar ZPO, § 256 Rn. 2; Brox/Walker, Zwangsvollstreckungsrecht, Rn. 2, 47; Geisler, in: Prütting/Gehrlein, ZPO, § 256 Rn. 19; Zimmermann, ZPO, Vor §§ 253 ff. Rn. 3. 95 Greger, in: Zöller, ZPO, Vor § 253 Rn. 8; Gaul/Schilken/Becker-Eberhard, Zwangsvollstreckungsrecht, § 5 Rn. 5; Brox/Walker, Zwangsvollstreckungsrecht, Rn. 2; Scheuch, in: Prütting/ Gehrlein, ZPO, § 767 Rn. 4; Zimmermann, ZPO, Vor §§ 253 ff. Rn. 4; Paulus, in: Wieczorek/ Schütze, ZPO, Vor § 704 Rn. 2. 96 So nimmt § 888 Abs. 1 Satz 1 ZPO diejenigen Leistungsurteile von der Vollstreckbarkeit aus, die auf Vornahme einer unvertretbaren Handlung gerichtet sind und deren Erfüllung nicht ausschließlich vom Willen des Schuldners abhängt. § 888 Abs. 3 ZPO nimmt diejenigen Leistungsurteile von der Vollstreckbarkeit aus, die auf die Erbringung von Diensten gem. § 611 BGB gerichtet sind. Urteile auf Abgabe einer Willenserklärung sind zwar vollstreckbar, hier tritt der Vollstreckungserfolg aber im Wege einer Fiktion gem. § 894 ZPO ein. 97 Vgl. hierzu schon 3. Kap. A., S. 49 ff. 98 Zimmermann, ZPO, Vor §§ 704 ff. Rn. 1; Brox/Walker, Zwangsvollstreckungsrecht, Rn. 5. 99 Vgl. hierzu sogleich 3. Kap. C.II., S. 66 ff. und 3. Kap. C.III., S. 68 ff. 100 Schmidt, Lehrbuch des Deutschen Zivilprozessrechts, § 138 II. (S. 877).

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3. Kap.: Vollstreckung von Unterlassungsansprüchen

gleichzeitig möglichen Parallelität ergibt sich das Problem, dass ein bereits vorläufig vollstreckbarer Titel in der Welt ist, der das Verfahren noch nicht abschließt und sich von der im Verfahren später zu treffenden endgültigen Entscheidung, beispielsweise wegen Änderung der Tatsachenlage im Fortgang des Verfahrens, unterscheiden kann. Nur dann wird es zum Problem, dass wegen materiellrechtlicher oder prozessualer Änderung der Tatsachenlage und entsprechender Reaktion hierauf durch die Parteien der ursprünglich erlassene, vorläufig vollstreckbare Titel wegfallen kann. Daraus entstehen erst das in dieser Arbeit zu untersuchende Problem und die Frage, ob im Vollstreckungsverfahren dennoch ein Ordnungsmittel festgesetzt werden kann.

II. Das reguläre Erkenntnisverfahren Das reguläre Erkenntnisverfahren soll zur Rechtsfindung führen, sein Ziel ist es, die materielle Rechtslage festzustellen und erzwingbar zu machen.101 Im Erkenntnisverfahren wird mithin der von den Parteien vorgetragene materiellrechtliche Sachverhalt ausgewertet.102 Nach den in diesem Verfahren gewonnenen Erkenntnissen wird in der Regel ein Titel erlassen oder die Klage abgewiesen. Das Erkenntnisverfahren beginnt normalerweise mit Erhebung der Klage nach § 253 ZPO103 und dauert bis zur Rechtskraft des Urteils,104 sofern die Klage nicht zurückgenommen105 oder in der Hauptsache vollständig übereinstimmend für erledigt erklärt wird106 oder die Parteien einen Prozessvergleich abschließen.107 Das im Erkenntnisverfahren erlassene Urteil wird grundsätzlich mit seiner Verkündung gem. § 310 Abs. 1 Satz 1 ZPO wirksam. Ab diesem Zeitpunkt ist es materiellrechtlich vom Schuldner zu beachten.108

101

Götz, in: Münchener Kommentar ZPO, § 704 Rn.  1; Schilken, Zivilprozessrecht, § 1 Rn. 10; Jauernig/Hess, Zivilprozessrecht, § 2 Rn. 3. Vgl. auch Rosenberg/Schwab/Gottwald, Zivilprozessrecht, § 1 Rn. 17 (S. 5). 102 Schilken, Zivilprozessrecht, § 1 Rn.  11; Hartmann, in: Baumbach/Lauterbach/Albers/ Hartmann, ZPO, Übers § 253 Rn. 1. 103 Schilken, Zivilprozessrecht, § 2 Rn.  29. In besonderen Verfahrensarten beginnt das Erkenntnisverfahren durch Einreichung eines speziellen Antrags, z. B. im Mahnverfahren gem. § 696 Abs. 1 ZPO mit Antrag auf Durchführung des streitigen Verfahrens und Abgabe an das Streitgericht. 104 Brox/Walker, Zwangsvollstreckungsrecht, Rn. 5; Zimmermann, ZPO, Vor §§ 704 ff. Rn. 1. 105 Dann ergeht auf Antrag gem. § 269 Abs. 3, 4 ZPO ein Beschluss über die Wirkungen der Klagerücknahme. 106 Dann ergeht nur noch ein Beschluss über die Kosten nach § 91a Abs. 1 ZPO; vgl. hierzu später 4. Kap. C. I., S. 89 ff. 107 Dann ist der Vergleich ein vollstreckbarer Titel gem. § 794 Abs. 1 Nr. 1 ZPO. 108 Voss, Zwangsvollstreckung aus Unterlassungstiteln, S. 159, 160. Eine Besonderheit gilt für das ohne mündliche Verhandlung erlassene Versäumnisurteil. Dieses wird gem. §§ 310 Abs. 3 S. 1, 317 ZPO erst mit Zustellung wirksam.

C. Abgrenzung des Erkenntnisverfahrens zum Vollstreckungsverfahren

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1. Einspruch gegen ein Versäumnisurteil und Widerspruch gegen einen Vollstreckungsbescheid im Erkenntnisverfahren Trotz Wirksamkeit ab Verkündung schließt nicht jedes Urteil zwangsläufig das Erkenntnisverfahren endgültig ab und nicht jeder Titel klärt mit seiner Wirksamkeit die Rechtslage endgültig. Gerade bei Säumnis des Schuldners kann ein Titel in Form eines Versäumnisurteils gem. § 331 ZPO erlassen werden, welches nach § 708 Nr. 2 ZPO vorläufig vollstreckbar ist. Wird das Versäumnisurteil rechtskräftig, stellt es tatsächlich das Ende des Erkenntnisverfahrens dar. Wird gegen das Urteil nach § 338 Satz 1 ZPO Einspruch eingelegt, bleibt es als vorläufig vollstreckbarer, wirksamer Titel in der Welt. Gleichzeitig wird das Erkenntnisverfahren auf den zulässigen Einspruch des Schuldners hin nach § 342 ZPO bis zur Entscheidung gem. § 343 ZPO fortgesetzt, mit welcher das Versäumnisurteil aufrechterhalten oder aufgehoben werden kann. Erst dieses zweite Urteil klärt mit seiner Rechtskraft die Rechtslage endgültig. Eine vergleichbare Situation kann nach Erlass eines vorläufig vollstreckbaren Vollstreckungsbescheides im Mahnverfahren gem. §§ 699 Abs. 1 Satz 1, 700 Abs. 1 ZPO entstehen. Auch hier schließt sich an einen Einspruch gem. § 700 Abs. 3 Satz 1 ZPO die Durchführung des Erkenntnisverfahrens an. Für Unterlassungsansprüche ist dies allerdings nicht von Relevanz; diese können nicht im Mahnverfahren, das nach § 688 Abs. 1 ZPO nur auf Zahlung einer Geldsumme gerichtet sein kann, tituliert werden. 2. Berufung gegen das Urteil im Erkenntnisverfahren Gegen ein mit Verkündung wirksames Urteil kann unter Beachtung der Voraussetzungen nach §§ 511 ff. ZPO Berufung eingelegt werden. Dann wird das Erkenntnisverfahren in der zweiten Instanz fortgesetzt und über die Rechtslage zwischen den Parteien erst abschließend mit Rechtskraft des Berufungsurteils entschieden. Das Berufungsgericht kann die Berufung zurückweisen und das Urteil der ersten Instanz somit aufrechterhalten oder das Urteil aufheben und die Klage abweisen beziehungsweise die Sache zurückverweisen. Dabei hat das Berufungsgericht es auch zu berücksichtigen, wenn sich Umstände zwischen Erlass des Urteils in erster Instanz und Erlass des Berufungsurteils ändern. Bis zur Entscheidung über die Berufung ist mit dem erstinstanzlichen Urteil aber ein über §§ 708, 709 ZPO vorläufig vollstreckbarer Titel in der Welt, aus dem die Vollstreckung bereits durchgeführt werden kann.

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3. Kap.: Vollstreckung von Unterlassungsansprüchen

III. Das Erkenntnisverfahren im einstweiligen Rechtsschutz Das Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes nach den §§ 916 ff. ZPO ist nicht auf eine endgültige Feststellung der Rechtslage gerichtet, vielmehr hat es nur die einstweilige Sicherung gefährdeter Rechte aufgrund von Glaubhaftmachung zum Ziel.109 So soll vermieden werden, dass während eines andauernden Rechtsstreits vor allem wegen dessen oft langer Zeitdauer vollendete Tatsachen geschaffen werden.110 Dies ist insbesondere für Unterlassungsansprüche relevant, denn diesen ist es immanent, dass sie sich schnell erledigen. Eine einstweilige Sicherung ist dann erforderlich, denn jede Zuwiderhandlung gegen die Unterlassungspflicht zerstört den Anspruch für die Vergangenheit und gefährdet ihn für die Zukunft und die normale Klage kann ihn wegen ihrer regelmäßig langen Verfahrensdauer nur für die ferne Zukunft durchsetzen.111 Deshalb können und werden Unterlassungsansprüche auch häufig im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes in Form einstweiliger Unterlassungsverfügungen nach § 935 ZPO geltend gemacht. So soll der Gläubiger vor der Gefährdung seiner Rechte einstweilen geschützt werden. 1. Summarisches Erkenntnisverfahren im einstweiligen Rechtsschutz Vor Erlass einer einstweiligen Unterlassungsverfügung wird ebenfalls ein Erkenntnisverfahren durchgeführt. Entgegen der Stellung im 8. Buch der ZPO mit dem Titel „Zwangsvollstreckung“ handelt es sich bei dem Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes nach §§ 916 ff. ZPO nicht um ein Vollstreckungsverfahren, sondern um ein besonderes „summarisches Erkenntnisverfahren“.112 Die systematische Einordnung stellt hierzu einen Systembruch dar.113 Tatsächlich gehören von 109

Rosenberg/Schwab/Gottwald, Zivilprozessrecht, § 1 Rn. 20 (S. 5); Berger, in: Einstweiliger Rechtsschutz im Zivilrecht, Kap. 1 Rn. 4 (S. 67 f.); Dunkl, in: Dunkl/Moeller/Baur/Feldmaier, A. Kap.  1 Rn.  8 (S.  6). Vgl. Lambsdorff, Handbuch Wettbewerbsverfahrensrecht, Rn.  225;­ Vollkommer, in: Zöller, ZPO, Vor § 916 Rn. 1, 6. Vgl. auch Teplitzky, JuS 1980, 882, 883, der kritisiert, dass die Funktion der Rechtssicherung zur Rechtsverwirklichung ausgedehnt werde. 110 Brox/Walker, Zwangsvollstreckungsrecht, Rn. 1492; Walker, in: Schuschke/Walker, Vollstreckung, Vor §§ 916–945 Rn. 2; Berger, in: Einstweiliger Rechtsschutz im Zivilrecht, Kap. 1 Rn. 4 (S. 67 f.); Haertlein, in: Kindl/Meller-Hannich/Wolf, Gesamtes Recht der Zwangsvollstreckung, Vor §§ 916–945 Rn. 3; Dunkl, in: Dunkl/Moeller/Baur/Feldmaier, A. Kap. 1 Rn. 1 (S. 3). Vgl. auch Vollkommer, in: Zöller, ZPO, Vor § 916 Rn. 1, 6. 111 Schellhammer, Zivilprozess, Rn. 1950 (S. 904). 112 Walker, in: Schuschke/Walker, Vollstreckung, Vor §§ 916–945 Rn. 7; Schellhammer, Zivilprozess, Rn.  1899 (S.  883); Berger, in: Einstweiliger Rechtsschutz im Zivilrecht, Kap.  2 Rn. 2 (S. 82); Dunkl, in: Dunkl/Moeller/Baur/Feldmaier, A. Kap. 1 Rn. 2 (S. 4); Haertlein, in: Kindl/Meller-Hannich/Wolf, Gesamtes Recht der Zwangsvollstreckung, Vor § 916–945 Rn. 29;­ Huber, in: Musielak, ZPO, § 916 Rn. 8; W. Lüke, Zivilprozessrecht, § 90 Rn. 715. 113 Walker, in: Schuschke/Walker, Vollstreckung, Vor §§ 916–945 Rn. 7; Berger, in: Einstweiliger Rechtsschutz im Zivilrecht, Kap. 2 Rn. 2 (S. 82); Huber, in: Musielak, ZPO, § 916 Rn. 8;

C. Abgrenzung des Erkenntnisverfahrens zum Vollstreckungsverfahren

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den Regelungen der §§ 916 ff. ZPO nur diejenigen über die Vollziehung der Eilanordnung gem. §§ 928 ff. ZPO zum Verfahren der Zwangsvollstreckung. Daher ist auch das Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes grundsätzlich zweistufig gestaltet. Zunächst wird entschieden, ob dem Gläubiger der geltend gemachte Sicherungsanspruch zusteht; erst danach wird die Entscheidung, so sie denn positiv ausfällt, vollzogen.114 2. Form der Entscheidung: Urteil oder Beschluss Wird die Entscheidung im summarischen Erkenntnisverfahren aufgrund mündlicher Verhandlung getroffen, so ergeht sie gem. §§ 936, 922 Abs. 1 Satz 1 ZPO durch Urteil und ist nur mit der Berufung, nach § 542 Abs. 2 ZPO aber nicht mit der Revision angreifbar. Wird die einstweilige Verfügung ohne mündliche Verhandlung erlassen, ergeht sie durch Beschluss, welcher mittels Widerspruchs nach §§ 936, 924 Abs. 1 ZPO angegriffen werden kann. Dadurch wird die Vollziehung der einstweiligen Unterlassungsverfügung aber nicht gehemmt, §§ 936, 924 Abs. 3 Satz 1 ZPO. Das Verfahren wird dann vielmehr in mündlicher Verhandlung fortgesetzt und das Gericht entscheidet durch Urteil gem. §§ 936, 925 Abs. 1 ZPO über die Rechtmäßigkeit der einstweiligen Verfügung. Nach §§ 936, 925 Abs. 2 ZPO kann die einstweilige Verfügung bestätigt, abgeändert oder aufgehoben werden. Da der Widerspruch nicht fristgebunden ist und mithin auch längere Zeit nach Erlass der Unterlassungsverfügung eingelegt werden kann, kann ein Ordnungsmittelverfahren hierzu ohne weiteres parallel wegen eines Verstoßes gegen die bereits erlassene einstweilige Verfügung durchgeführt werden. Diese ist, wie sich im Umkehrschluss aus §§ 936, 923 ZPO ergibt, aus sich heraus sofort vollstreckbar.115 3. Wirksamkeit der einstweiligen Unterlassungsverfügung Einstweilige Unterlassungsverfügungen sind vom Schuldner grundsätzlich ab ihrer Wirksamkeit zu beachten. Der Wirksamkeitszeitpunkt bestimmt sich in Abhängigkeit davon, ob die Unterlassungsverfügung durch Urteil oder durch Beschluss ergangen ist. Dunkl, in: Dunkl/Moeller/Baur/Feldmaier, A. Kap. 1 Rn. 2 (S. 4); Leipold, ZZP 90 (1977), 258, 261; Wenzel, MDR 1967, 889, 891; Teplitzky, JuS 1980, 882, 883. 114 Berger, in: Einstweiliger Rechtsschutz im Zivilrecht, Kap. 2 Rn. 2 (S. 82); vgl. zur Vollziehung auch später 3. Kap. C.IV.2.b)., S. 77 ff. 115 Brox/Walker, Zwangsvollstreckungsrecht, Rn. 1653; Walker, in: Schuschke/Walker, Vollstreckung, Vor § 916–945 Rn. 59; Melullis, Wettbewerbsprozess, Rn. 207; Keller, in: Einstweiliger Rechtsschutz im Zivilrecht, Kap. 15 Rn. 12 (S. 750); Spätgens, in: Der Wettbewerbsprozess, Kap. 64 Rn. 28 (S. 1179). Vgl. Götz, in: Münchener Kommentar ZPO, § 704 Rn. 15.

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3. Kap.: Vollstreckung von Unterlassungsansprüchen

Durch Beschluss ergangene einstweilige Verfügungen müssen gem. §§ 936, 922 Abs. 2 ZPO im Parteibetrieb zugestellt werden, mit der Zustellung werden sie dem Schuldner gegenüber wirksam.116 Durch Urteil erlassene einstweilige Verfügungen werden gem. §§ 310, 317 ZPO verkündet und von Amts wegen zugestellt und sind grundsätzlich wie die im Erkenntnisverfahren erlassenen Urteile ab dem Zeitpunkt der Verkündung wirksam,117 nicht erst mit der Zustellung im Parteibetrieb.118 Denn wie ein normales Urteil wird auch die als solches erlassene einstweilige Verfügung bereits mit Verkündung gem. §§ 310, 317 ZPO existent. Die Zustellung ist nur relevant im Hinblick auf das Wirksambleiben der einstweiligen Verfügung durch Vollziehungsmaßnahmen innerhalb der Vollziehungsfrist des § 929 Abs. 2 ZPO und für die mögliche Festsetzung eines Ordnungsmittels gegen den Schuldner.119

IV. Das Vollstreckungsverfahren Die Vollstreckungstitel, die nicht freiwillig vom Schuldner erfüllt werden, können im Vollstreckungsverfahren durchgesetzt werden.120 Vollstreckung ist dabei die mit den Machtmitteln des Staates erzwungene Befriedigung eines bereits titulierten Anspruchs.121 Das Vollstreckungsverfahren zur Durchsetzung von titulierten Unterlassungsansprüchen lässt sich selbst noch einmal untergliedern in das Festsetzungsverfahren, in welchem das Ordnungsmittel gegen den Schuldner festgesetzt wird, und das eigentliche Vollzugsverfahren, in welchem das Ordnungsgeld beigetrieben oder die Ordnungshaft am Schuldner vollzogen wird. Bevor aber überhaupt mit der Vollstreckung begonnen werden kann, bedarf es des Vorliegens der allgemeinen und besonderen Voraussetzungen der Zwangsvollstreckung. 116 Schuschke, in: Schuschke/Walker, Vollstreckung, § 929 Rn.  31; Walker, in: Schuschke/ Walker, Vollstreckung, § 922 Rn. 26; Walker, Der einstweilige Rechtsschutz, Rn. 579 (S. 373). Vgl. BGH, Urteil vom 15.03.2007 – 5 StR 536/06, NJW 2007, 1605, 1605; vgl. auch BayObLG, Beschluss vom 04.09.2003 – 2Z BR 171/03, NJW-RR 2004, 736, 736. 117 BGH, Beschluss vom 22.01.2009  – I ZB 115/07, BGHZ 180, 72, 75; Schuschke, in: Schuschke/Walker, Vollstreckung, § 929 Rn.  31; Brox/Walker, Zwangsvollstreckungsrecht, Rn. 1654d; Walker, Der einstweilige Rechtsschutz, Rn. 581 (S. 374); Teplitzky, Wettbewerbsrechtliche Ansprüche, Kap. 55 Rn. 35 (S. 1020); Köhler, in: Köhler/Bornkamm, UWG, § 12 Rn. 3.29; Thümmel, in: Wieczorek/Schütze, ZPO, § 929 Rn. 14; Sosnitza, in: Ohly/Sosnitza, UWG, § 12 Rn. 145. 118 So aber von der Groeben, GRUR 1999, 674, 674 f.; Borck, WRP 1977, 556, 561. Wohl auch Hartmann, in: Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, ZPO, § 936 Rn. 8. 119 Vgl. zur Vollziehung sogleich 3. Kap. C.IV.2.b)., S. 77 ff. 120 Gaul/Schilken/Becker-Eberhard, Zwangsvollstreckungsrecht, § 5 Rn. 4; Kroppenberg, in: Prütting/Gehrlein, ZPO, vor §§ 704 ff. Rn. 1; Musielak, Grundkurs ZPO, Rn. 622; W. Lüke, Zivilprozessrecht, § 3 Rn. 46a. 121 Hartmann, in: Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, ZPO, Grundz § 704 Rn. 1; W. Lüke, Zivilprozessrecht, § 53 Rn. 502.

C. Abgrenzung des Erkenntnisverfahrens zum Vollstreckungsverfahren

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1. Allgemeine Voraussetzungen der Zwangsvollstreckung Das Vollstreckungsverfahren wird nicht von Amts wegen betrieben, insofern bedarf es eines Antrags des Gläubigers gegenüber dem Vollstreckungsorgan auf Durchführung der Zwangsvollstreckung.122 Die Zwangsvollstreckung ist aber nur zulässig, wenn die Vollstreckungsvoraussetzungen erfüllt sind. Dies sind in der Regel das Vorliegen eines Titels und einer Klausel sowie die Zustellung des Titels, aus dem vollstreckt werden soll. a) Titel Für die Zwangsvollstreckung ist nach § 704 ZPO das Vorliegen eines rechts­ kräftigen oder vorläufig vollstreckbaren Urteils erforderlich. Ist die vorläufige Vollstreckbarkeit nach § 709 ZPO von einer Sicherheitsleistung abhängig, muss diese gem. § 751 Abs. 2 ZPO auch erbracht sein.123 Als weitere Titel für die Vollstreckung kommen die in § 794 Abs.  1 ZPO genannten Titel in Betracht, welche § 795 ZPO dem Urteil gleichstellt. Auch diese müssen mithin vollstreckbar sein. Ob im Rahmen der Unterlassungsvollstreckung ein vollstreckbarer Titel aber im Zeitpunkt der Zwangsvollstreckung, also bei Festsetzung und Vollstreckung des Ordnungsmittels, vorliegen muss oder ob es genügt, dass ein mittlerweile aufgehobener oder fortgefallener Titel im Zeitpunkt der Zuwiderhandlung vorlag, war lange Zeit äußerst umstritten, denn es ist eine Eigenart des Unterlassens, dass eine begangene Zuwiderhandlung auch nach Wegfall des Titels für alle Zeiten be­ stehen bleibt.124 Diese Fragestellung ist der Grundansatzpunkt für das in dieser Arbeit aufgeworfene Problem der Festsetzung von Ordnungsmitteln nach Titel­ erledigung und wird in einem gesonderten Abschnitt zu erörtern sein.125

122 Sturhahn, in: Schuschke/Walker, Vollstreckung, § 890 Rn. 5, 9; Spätgens, in: Der Wettbewerbsprozess, Kap.  67 Rn.  23 (S.  1234); Münzberg, in: Stein/Jonas, ZPO, vor § 704 Rn. 109; Gruber, in: Münchener Kommentar ZPO, § 890 Rn. 30; Olzen, in: Prütting/Gehrlein, ZPO, § 890 Rn. 15; Lackmann, in: Musielak, ZPO, § 890 Rn. 8; Musielak, Grundkurs ZPO, Rn. 623. 123 BGH, Urteil vom 30.11.1995 – IX ZR 115/94, BGHZ 131, 233, 235 f.; BGH, Beschluss vom 10.04.2008 – I ZB 14/07, NJW 2008, 3220, 3221; Gruber, in: Münchener Kommentar ZPO, § 890 Rn. 17; Brehm, in: Stein/Jonas, ZPO, § 890 Rn. 20; Stöber, in: Zöller, ZPO, § 890 Rn. 4; Spätgens, in: Der Wettbewerbsprozess, Kap. 64 Rn. 27 (S. 1179); Bendtsen, in: Kindl/ Meller-Hannich/Wolf, Gesamtes Recht der Zwangsvollstreckung, § 890 Rn. 44. 124 Voss, Zwangsvollstreckung aus Unterlassungstiteln, S. 75. 125 Vgl. hierzu später 5. Kap. A., S. 133 ff.

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3. Kap.: Vollstreckung von Unterlassungsansprüchen

b) Klausel Für die Durchführung der Zwangsvollstreckung ist gem. § 724 ZPO regelmäßig das Vorliegen einer Vollstreckungsklausel erforderlich. Dies ergibt sich für Urteile direkt aus § 724 ZPO und für die hiermit gleichgesetzten Vollstreckungstitel im Sinne des § 794 Abs. 1 ZPO aus § 795 ZPO. Die Klausel bescheinigt die Vollstreckbarkeit des Titels.126 Sie setzt sich zusammen aus einem auf eine Ausfertigung des Titels gesetzten Vermerk, der sinngemäß den in § 725 ZPO enthaltenen Inhalt aufweisen muss. Anhand der Klausel wird dem Vollstreckungsorgan die Arbeit erleichtert, indem ihm die Überprüfung der Vollstreckbarkeit abgenommen und diese bereits im Klauselverfahren vorgenommen wird.127 Der Schuldner wird zudem geschützt, da vor der Klausel­ erteilung die Voraussetzungen geprüft werden und die mehrfache Vollstreckung des gleichen Anspruchs über § 733 Abs. 1 ZPO verhindert wird.128 Zuständig für die Klauselerteilung ist grundsätzlich gem. § 724 Abs. 2 ZPO der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle. Ausnahmsweise ist das Vorhandensein einer Klausel keine Voraussetzung für die Zwangsvollstreckung. Dies gilt insbesondere gem. § 796 Abs. 1 ZPO für den Vollstreckungsbescheid, welcher im Rahmen der Unterlassungsvollstreckung aber gerade nicht relevant ist.129 Einer Klausel bedarf es ebenfalls nicht gem. §§ 936, 929 Abs. 1 ZPO für die einstweilige Verfügung. Grund hierfür ist, dass die Vollstreckung schnell erfolgen und nicht noch durch das Klauselverfahren aufgehalten werden soll.130 In beiden genannten Fällen gilt dies allerdings gem. § 796 Abs. 1 ZPO beziehungsweise § 929 Abs. 1 ZPO nur dann, wenn auch gegen die Person vollstreckt werden soll, die im Titel genannt ist.131

126

Münzberg, in: Stein/Jonas, ZPO, § 725 Rn. 1; Stöber, in: Zöller, ZPO, § 724 Rn. 1; Brox/ Walker, Zwangsvollstreckungsrecht, Rn. 102; Lackmann, in: Musielak, ZPO, § 724 Rn. 2. Vgl. Wolfsteiner, in: Münchener Kommentar ZPO, § 724 Rn. 1. 127 Kroppenberg, in: Prütting/Gehrlein, ZPO, § 724 Rn.  1; Lackmann, in: Musielak, ZPO, § 724 Rn. 1; Zimmermann, ZPO, § 724 Rn. 1; Wolfsteiner, in: Münchener Kommentar ZPO, § 724 Rn.  2; Brox/Walker, Zwangsvollstreckungsrecht, Rn.  103; Musielak, Grundkurs ZPO, Rn. 642. 128 Brox/Walker, Zwangsvollstreckungsrecht, Rn. 104; Stöber, in: Zöller, ZPO, § 724 Rn. 1. Vgl. Zimmermann, ZPO, § 724 Rn. 1. 129 Vgl. oben 3. Kap. A., S. 49 ff. 130 Brox/Walker, Zwangsvollstreckungsrecht, Rn. 105; Drescher, in: Münchener Kommentar ZPO, § 929 Rn. 1; Kemer, in: Saenger, ZPO, § 929 Rn. 2. Vgl. Huber, in: Musielak, ZPO, § 929 Rn. 1. 131 Daneben bedarf es auch keiner Klausel in den Fällen der §§ 105 Abs. 1, 795a ZPO; §§ 830 Abs. 1 Satz 2, 836 Abs. 3 ZPO; § 845 Abs. 1 ZPO.

C. Abgrenzung des Erkenntnisverfahrens zum Vollstreckungsverfahren

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c) Zustellung Gem. § 750 Abs.  1 Satz 1 ZPO muss vor oder gleichzeitig mit Beginn der Zwangsvollstreckung das Urteil zugestellt worden sein. Dies gilt nach § 795 Satz 1 ZPO auch für die sonstigen in § 794 ZPO genannten Vollstreckungstitel und gem. §§ 936, 928 ZPO grundsätzlich auch für die durch Beschluss erlassenen einstweiligen Verfügungen.132 Durch die Zustellung wird dem Adressaten Gelegenheit zur Kenntnisnahme des zugestellten Schriftstücks gegeben und der Anspruch des Schuldners auf Gewährung rechtlichen Gehörs gesichert.133 Beim Urteil erfolgt dessen Zustellung gem. §§ 317 Abs. 1 Satz 1, 166 Abs. 2 ZPO in der Regel von Amts wegen. Dies ist aber für die Vollstreckung nicht er­ forderlich. Gem. § 750 Abs. 1 Satz 2 ZPO kann die Zustellung auch im Wege des Parteibetriebs durch den Gläubiger erfolgen. Damit wird seinem Interesse Rechnung getragen, möglichst schnell zu vollstrecken und nicht die Zustellung von Amts wegen abwarten zu müssen.134 Bei den durch Beschluss erlassenen einstweiligen Verfügungen gilt die Besonderheit, dass die Zustellung gem. §§ 936, 922 Abs. 2 ZPO zwingend im Parteibetrieb zu erfolgen hat. Auch die weiteren Vollstreckungstitel sind im Parteibetrieb zuzustellen.135 2. Besondere Voraussetzungen der Zwangsvollstreckung bei der Vollstreckung aus Unterlassungstiteln Im Rahmen der Vollstreckung von Unterlassungsansprüchen bedarf es neben den allgemeinen zusätzlich des Vorliegens besonderer Vollstreckungsvoraussetzungen: Das festzusetzende Ordnungsmittel muss vor der Zwangsvollstreckung dem Schuldner nach § 890 Abs. 2 ZPO angedroht worden sein. Zusätzlich muss in den Fällen, in denen es sich bei dem Unterlassungstitel um eine einstweilige Verfügung handelt, die Vollziehung derselben innerhalb der in §§ 936, 929 Abs. 2 ZPO bestimmten Frist erfolgen. Daneben bedarf es stets des Vorliegens eines Verstoßes gegen den Unterlassungstitel.

132 Bei den einstweiligen Verfügungen, unabhängig ob durch Urteil oder Beschluss ergangen, ist gem. §§ 936, 929 Abs. 3 Satz 1 ZPO die Vollziehung aber ausnahmsweise vor Zustellung zulässig. Die Zustellung muss allerdings gem. §§ 936, 929 Abs. 3 Satz 2 ZPO nachgeholt werden. 133 Walker, in: Schuschke/Walker, Vollstreckung, § 750 Rn. 23; Brox/Walker, Zwangsvollstreckungsrecht, Rn. 148; Heßler, in: Münchener Kommentar ZPO, § 750 Rn. 9; Lackmann, in: Musielak, ZPO, § 750 Rn. 1; Kindl, in: Saenger, ZPO, § 750 Rn. 1. 134 Brox/Walker, Zwangsvollstreckungsrecht, Rn. 153; Lackmann, in: Musielak, ZPO, § 750 Rn. 18; Kindl, in: Saenger, ZPO, § 750 Rn. 9. Vgl. Heßler, in: Münchener Kommentar ZPO, § 750 Rn. 66. 135 Lackmann, in: Musielak, ZPO, § 750 Rn. 18; Kindl, in: Saenger, ZPO, § 750 Rn. 9; H ­ eßler, in: Münchener Kommentar ZPO, § 750 Rn. 66; Giers, in: Kindl/Meller-Hannich/Wolf, Gesamtes Recht der Zwangsvollstreckung, § 750 Rn. 16.

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3. Kap.: Vollstreckung von Unterlassungsansprüchen

a) Androhung Nach § 890 Abs. 2 ZPO müssen die Ordnungsmittel vor der Vollstreckung – beziehungsweise im Falle einer einstweiligen Unterlassungsverfügung vor deren Vollziehung – dem Schuldner angedroht werden. Durch die Androhung sollen dem Schuldner die Folgen eines Verstoßes gegen den Unterlassungstitel verdeutlicht und er dazu angehalten werden, die Unterlassungspflicht zu befolgen.136 aa) Zeitpunkt der Androhung Sofern schon beantragt, kann die Androhung bereits in dem erlassenen Urteil oder der auf Unterlassung gerichteten einstweiligen Verfügung enthalten sein. Anderenfalls ergeht sie nachfolgend auf Antrag des Gläubigers gem. § 890 Abs.  2 ZPO in einem gesondert zu erlassenden Beschluss. Im letztgenannten Fall ist unstreitig, dass es sich dabei bereits um einen Akt der Zwangsvollstreckung handelt.137 Ergeht die Androhung hingegen bereits im Urteil beziehungsweise in der einstweiligen Verfügung, kann darin noch kein Akt der Zwangsvollstreckung gesehen werden.138 Denn diese Androhung wird noch im Erkenntnisverfahren vorgenommen und zu diesem Zeitpunkt müssen noch nicht alle sonst erforderlichen, soeben dargestellten allgemeinen Voraussetzungen der Zwangsvollstreckung erfüllt sein.139 Vielmehr wird die Androhung hier nur aus Zweckmäßigkeitserwägungen miterlassen, da in der Regel nicht absehbar ist, ob Zwangsvollstreckungsmaßnahmen alsbald in Betracht kommen, wenn sich der Schuldner nicht an das Verbot halten wird.140 Ob die Androhung direkt im Urteil beziehungsweise in der einstweiligen Verfügung mitergeht oder gesondert erlassen wird, ist nur relevant für die möglichen Rechtsmittel. Wird die Androhung im Urteil vorgenommen, sind hiergegen die-

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BGH, Beschluss vom 23.10.2003 – I ZB 45/02, BGHZ 156, 335, 340 f. („Euro-Einführungsrabatt“); BGH, Beschluss vom 02.02.2012 – I ZB 95/10, GRUR 2012, 957, 958; Mock, in: Gottwald/Mock, Zwangsvollstreckung, § 890 Rn. 14; Voss, Zwangsvollstreckung aus Unterlassungstiteln, S. 107. 137 BGH, Urteil vom 29.09.1978 – I ZR 107/77, NJW 1979, 217, 217; Bendtsen, in: Kindl/ Meller-Hannich/Wolf, Gesamtes Recht der Zwangsvollstreckung, § 890 Rn. 36; Voss, Zwangsvollstreckung aus Unterlassungstiteln, S.  108; Brehm, in: Stein/Jonas, ZPO, § 890 Rn.  17; Lackmann, in: Musielak, ZPO, § 890 Rn. 17; Gruber, in: Münchener Kommentar ZPO, § 890 Rn. 28; Bruns/Peters, Zwangsvollstreckungsrecht, S. 297. 138 BGH, Urteil vom 29.09.1978  – I ZR 107/77, NJW 1979, 217, 217; BGH, Urteil vom 16.05.1991 – I ZR 218/89, NJW 1991, 749, 750; Gaul/Schilken/Becker-Eberhard, Zwangsvollstreckungsrecht, § 73 Rn. 10; Melullis, Wettbewerbsprozess, Rn. 351; Jestaedt, in: Der Wettbewerbsprozess, Kap. 35 Rn. 26 (S. 640). 139 BGH, Urteil vom 29.09.1978 – I ZR 107/77, NJW 1979, 217, 217; Bendtsen, in: Kindl/ Meller-Hannich/Wolf, Gesamtes Recht der Zwangsvollstreckung, § 890 Rn. 36. 140 BGH, Urteil vom 29.09.1978 – I ZR 107/77, NJW 1979, 217, 217.

C. Abgrenzung des Erkenntnisverfahrens zum Vollstreckungsverfahren

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selben Rechtsmittel eröffnet wie gegen das Urteil im Übrigen.141 Wurde allerdings der Antrag des Gläubigers auf Androhung im Urteil übergangen, darf wegen § 890 Abs.  2 ZPO weder ein Rechtsmittel eingelegt noch eine Urteilsergänzung nach § 321 ZPO beantragt werden.142 Denn nach § 890 Abs. 2 ZPO wird die Androhung für den Fall, dass sie im Urteil nicht enthalten ist, durch das Prozessgericht separat durch Beschluss ausgesprochen. Wird aber dem nachträglich gestellten Antrag auf Androhung entgegen § 890 Abs. 2 ZPO nicht stattgegeben, kann der Gläubiger hiergegen sofortige Beschwerde gem. § 793 ZPO einlegen. Diese ist auch der statthafte Rechtsbehelf, wenn der Gläubiger gegen eine zu geringe Androhung oder der Schuldner gegen den Androhungsbeschluss überhaupt vorgehen will.143 bb) Keine besonderen Voraussetzungen für die Androhung Für die Vornahme der Androhung bedarf es keiner besonderen Voraussetzungen. Es ist weder das Vorliegen einer Zuwiderhandlung erforderlich noch muss eine solche drohen.144 Dies ergibt sich schon daraus, dass eine Androhung grundsätzlich nach § 890 Abs. 2 ZPO bereits in der die Unterlassungspflicht aussprechenden Entscheidung angeordnet werden kann und zu diesem Zeitpunkt eine Zuwiderhandlung gegen den Titel weder stattgefunden haben kann noch erkennbar war, ob sie in absehbarer Zeit droht.145 Das Rechtsschutzinteresse für die Androhung eines Ordnungsmittels fehlt selbst dann nicht, wenn seit Titelerlass längere Zeit vergangen ist und der Schuldner keine Anstalten macht, gegen das Unterlassungsgebot zu verstoßen.146 Hingegen kann es fehlen, wenn die Ordnungsmittelandrohung sinnlos ist, etwa wenn nicht mehr die Möglichkeit besteht, dass sie zur Grundlage einer Ordnungsmittelfestsetzung werden kann.147

141 BGH, Urteil vom 16.05.1991 – I ZR 218/89, GRUR 1991, 929, 931 („Fachliche Empfehlung II“); Jestaedt, in: Der Wettbewerbsprozess, Kap. 35 Rn. 26 (S. 640). 142 Brehm, in: Stein/Jonas, ZPO, § 890 Rn. 18. 143 Jestaedt, in: Der Wettbewerbsprozess, Kap.  35 Rn.  26 (S.  640); Voss, Zwangsvollstreckung aus Unterlassungstiteln, S.  108. Vgl. RG, Vereinigte Zivilsenate, Beschluss vom 20.12.1898 – V. 150/98, RGZ 42, 419 ff.; vgl. auch Bruns/Peters, Zwangsvollstreckungsrecht, S. 297. 144 OLG Hamm, Beschluss vom 11.02.1986  – 14 W 197/85, MDR 1988, 506, 506; OLG Celle, Beschluss vom 12.09.1989  – 13 S 91/89, JurBüro 1989, 1752, 1752; Brehm, in: Stein/­Jonas, ZPO, § 890 Rn. 17; Baur/Stürner/Bruns, Zwangsvollstreckungsrecht, § 40 Rn. 22 (S. 506); Gruber, in: Münchener Kommentar ZPO, § 890 Rn. 26. 145 Mock, in: Gottwald/Mock, Zwangsvollstreckung, § 890 Rn. 15. 146 So KG, Beschluss vom 11.11.1986 – 5 W 5283/86, NJW-RR 1987, 507. 147 So beispielsweise für den Fall, dass der Androhungsantrag am letzten Tag eines zeitlich befristeten Unterlassungsgebots gestellt wird, nach dessen Ablauf das Ordnungsmittel mangels Titelverstoßes nicht mehr festgesetzt werden kann, vgl. Sturhahn, in: Schuschke/Walker, Vollstreckung, § 890 Rn. 18.

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3. Kap.: Vollstreckung von Unterlassungsansprüchen

cc) Inhalt und Umfang der Androhung Inhaltlich muss die Androhung keine genaue Höhe des Ordnungsmittels enthalten, es muss aber das angedrohte Höchstmaß, beispielsweise der gesetzliche Rahmen, angegeben werden.148 Beantragt der Gläubiger eine geringere Androhung als den gesetzlichen Höchstrahmen, ist dem zu entsprechen, nach § 308 Abs. 1 ZPO ist das Gericht daran gebunden.149 Schränkt das Gericht den Rahmen aber von sich aus ein, kann der Gläubiger hiergegen sofortige Beschwerde einlegen,150 denn bei einer späteren Festsetzung des Ordnungsmittels darf die in der Androhung angegebene Höhe nicht überschritten werden.151 Genauso wenig darf ein Ordnungsmittel verhängt werden, welches nicht in die Androhung aufgenommen worden war, auch wenn dies versehentlich nicht erfolgte.152 In der Androhung können auch kumulativ beide Ordnungsmittel, Ordnungsgeld und Ordnungshaft, angedroht werden, eine solche Androhung wird überwiegend als bestimmt und wirksam angesehen.153 Dies widerspricht zwar dem Wortlaut des § 890 Abs. 1 Satz 1 ZPO, wonach Ordnungsgeld und Ordnungshaft in einem Alternativverhältnis zueinander stehen. Da die Androhung dem Schuldner aber die Folgen eines Verstoßes vor Augen führen soll, um ihn von dem Verstoß abzuhalten, besteht bei einer zu hohen oder kumulativen Androhung nicht die Gefahr, dass der Schuldner die Bedeutung der Ordnungsmittelandrohung unterschätzt.154 Es besteht 148

BGH, Urteil vom 06.07.1995  – I ZR 58/93, NJW 1995, 3177, Leitsatz 4.  („Feuer, Eis & Dynamit I“); Gruber, in: Münchener Kommentar ZPO, § 890 Rn. 27; Pukall, in: Saenger, ZPO, § 890 Rn. 15; Lackmann, in: Musielak, ZPO, § 890 Rn. 17; Lambsdorff, Handbuch Wettbewerbsverfahrensrecht, Rn. 1286. 149 Voss, Zwangsvollstreckung aus Unterlassungstiteln, S.  108; Pastor, Die Unterlassungsvollstreckung, S. 42, 293; Spätgens, in: Der Wettbewerbsprozess, Kap. 64 Rn. 32 (S. 1180); Sturhahn, in: Schuschke/Walker, Vollstreckung, § 890 Rn.  17. Vgl. auch Teplitzky, Wettbewerbsrechtliche Ansprüche, Kap. 51 Rn. 46 (S. 898). 150 Sturhahn, in: Schuschke/Walker, Vollstreckung, § 890 Rn. 17; vgl. OLG Hamm, Beschluss vom 11.04.1988 – 4 W 29/88, NJW-RR 1988, 960. 151 Gruber, in: Münchener Kommentar ZPO, § 890 Rn. 28; Pastor, Die Unterlassungsvollstreckung, S. 292; Brehm, in: Stein/Jonas, ZPO, § 890 Rn. 15. Vgl. OLG Hamm, Beschluss vom 11.04.1988 – 4 W 29/88, NJW-RR 1988, 960. 152 OLG Düsseldorf, Beschluss vom 22.03.1963 – 2 W 6/63, ZZP 1963, 474, 475 f.; Sturhahn, in: Schuschke/Walker, Vollstreckung, § 890 Rn. 17. 153 BGH, Beschluss vom 23.10.2003 – I ZB 45/02, BGHZ 156, 335, 340 f. („Euro-Einführungsrabatt“); Mock, in: Gottwald/Mock, Zwangsvollstreckung, § 890 Rn.  18; Gruber, in: Münchener Kommentar ZPO, § 890 Rn. 27; Olzen, in: Prütting/Gehrlein, ZPO, § 890 Rn. 9; Zimmermann, ZPO, § 890 Rn. 7; Pukall, in: Saenger, ZPO, § 890 Rn. 15; Jestaedt, in: Der Wettbewerbsprozess, Kap.  35 Rn.  21 (S.  636). Anders Voss, Zwangsvollstreckung aus Unterlassungstiteln, S. 108; Pastor, Die Unterlassungsvollstreckung, S. 43 und Melullis, Wettbewerbsprozess, Rn. 939. 154 Gruber, in: Münchener Kommentar ZPO, § 890 Rn.  27; Mock, in: Gottwald/Mock, Zwangsvollstreckung, § 890 Rn. 18. Vgl. Olzen, in: Prütting/Gehrlein, § 890 Rn. 9; Brehm, in: Stein/Jonas, ZPO, § 890 Rn. 15; Sturhahn, in: Schuschke/Walker, Vollstreckung, § 890 Rn. 17. Vgl. auch OLG Hamm, Beschluss vom 24.02.1983 – 4 W 17/83, GRUR 1983, 606, 607.

C. Abgrenzung des Erkenntnisverfahrens zum Vollstreckungsverfahren

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daher kein schützenswertes Interesse des Schuldners, aufgrund dessen die Ordnungsmittelandrohung als unwirksam angesehen werden müsste.155 b) Vollziehung innerhalb der Vollziehungsfrist Einstweilige Verfügungen werden gem. §§ 936, 928 ZPO vollzogen. Diese Vollziehung entspricht der Vollstreckung.156 Auf sie sind gem. § 928 ZPO die Vorschriften über die Zwangsvollstreckung entsprechend anzuwenden, sofern nicht ein anderes geregelt ist. Damit gilt auch § 890 ZPO für die Vollziehung von Unterlassungsverfügungen. Eine Besonderheit bei der Vollziehung von einstweiligen Verfügungen besteht gem. §§ 936, 929 Abs. 2 ZPO darin, dass für die Vollziehung eine Monatsfrist ab dem Tag der Verkündung oder Zustellung beim Gläubiger läuft. Verstreicht diese, ist die Vollziehung danach unstatthaft. Dadurch soll garantiert werden, dass nur wirklich dringende Angelegenheiten über den im einstweiligen Rechtsschutz erlangten Titel vollzogen werden.157 Wird die einstweilige Verfügung nicht innerhalb eines Monats vollzogen, liegt die Vermutung nahe, dass die Angelegenheit nicht dringend und mithin einstweiliger Rechtsschutz nicht benötigt war, weshalb die Möglichkeit der Vollziehung des Titels endet.158 Diese Regelung passt auf einstweilige Unterlassungsverfügungen allerdings nicht richtig. Bei diesen ist eine Vollziehung in Form der Festsetzung von Ordnungsmitteln erst möglich und nötig, wenn gegen die Verfügung verstoßen wird. Eine Durchführung der Vollziehung im Sinne des § 890 ZPO kann daher schon nicht verlangt werden, da der Antrag nach § 890 Abs. 1 Satz 1 ZPO erst nach der Zuwiderhandlung gestellt werden kann.159 Es herrscht daher Einigkeit darüber, dass es für die Vollziehung der einstweiligen Verfügung nach §§ 936, 929 Abs. 2 ZPO genügt, wenn die Vollziehung fristgemäß begonnen hat.160 Insofern ist ­anerkannt, 155 BGH, Beschluss vom 23.10.2003 – I ZB 45/02, BGHZ 156, 335, 341 („Euro-Einführungsrabatt“); Mock, in: Gottwald/Mock, Zwangsvollstreckung, § 890 Rn. 18. 156 BGH, Urteil vom 22.10.1992 – IX ZR 36/92, BGHZ 120, 73, 77; Heiderhoff, in: Einst­ weiliger Rechtsschutz im Zivilrecht, Kap.  9 Rn.  1 (S.  408); Walker, in: Schuschke/Walker, Vollstreckung, Vor § 916–945 Rn.  52; Büttner, in: Der Wettbewerbsprozess, Kap.  57 Rn.  2 (S. 1037); Drescher, in: Münchener Kommentar ZPO, § 928 Rn. 1. 157 Büttner, in: Der Wettbewerbsprozess, Kap. 57 Rn. 2 (S. 1037); Heiderhoff, in: Einstweiliger Rechtsschutz im Zivilrecht, Kap. 9 Rn. 8 (S. 410); Melullis, Wettbewerbsprozess, Rn. 211. 158 Heiderhoff, in: Einstweiliger Rechtsschutz im Zivilrecht, Kap. 9 Rn. 8 (S. 410). 159 Melullis, Wettbewerbsprozess, Rn. 212; Walker, Der einstweilige Rechtsschutz, Rn. 579 (S. 373); Heiderhoff, in: Einstweiliger Rechtsschutz im Zivilrecht, Kap. 9 Rn. 26 (S. 416). Vgl. RG, Vereinigte Zivilsenate, Beschluss vom 20.12.1898  – V. 150/98, RGZ 42, 419, 419; vgl. hierzu auch Voss, Zwangsvollstreckung aus Unterlassungstiteln, S. 163. 160 Heiderhoff, in: Einstweiliger Rechtsschutz im Zivilrecht, Kap. 9 Rn. 9 (S. 410); Büttner, in: Der Wettbewerbsprozess, Kap. 57 Rn. 52 (S. 1055); Grunsky, in: Stein/Jonas, ZPO, § 929 Rn. 12; Hartmann, in: Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, ZPO, § 929 Rn. 12; Thümmel, in: Wieczorek/Schütze, ZPO, § 929 Rn. 14. Vgl. Melullis, Wettbewerbsprozess, Rn. 212.

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3. Kap.: Vollstreckung von Unterlassungsansprüchen

dass für den Beginn der Vollziehung einer durch Beschluss erlassenen einstweiligen Unterlassungsverfügung die Parteizustellung als Vollziehungshandlung ausreicht.161 Da es auch für die Wirksamkeit einer solchen ohnehin nach §§ 936, 922 Abs. 2 ZPO der Zustellung im Parteibetrieb bedarf, wird eine Vollziehung hier regelmäßig vorgenommen werden. Fraglich ist aber, was für die Vollziehung der durch Urteil erlassenen und von Amts wegen zugestellten einstweiligen Unterlassungsverfügungen erforderlich ist. Anders als teilweise angenommen wird,162 bedürfen auch die durch Urteil erlassenen und grundsätzlich verkündeten und von Amts wegen zugestellten einstweiligen Unterlassungsverfügungen der Vollziehung.163 Denn der Gläubiger muss sich aktiv für die Vollziehung entscheiden und der Schuldner muss wissen, ob von der erwirkten Verfügung – unabhängig von deren Wirksamkeit – Gebrauch gemacht werden soll.164 Allerdings muss die Vollziehung nicht zwangsläufig durch Parteizustellung des Urteils erfolgen. Vielmehr kommen auch solche Maßnahmen in Frage, die der Zustellung im Grad der Formalisierung ähneln und u­ rkundlich belegt oder sonst leicht feststellbar sind.165 Darunter fällt beispielsweise der Antrag auf Erlass einer separaten Androhung nach § 890 Abs. 2 ZPO.166 Es wird teilweise sogar als ausreichend angesehen, wenn der Gläubiger auf irgendeine Art seinen ernstlichen Vollzugswillen innerhalb der Frist deutlich gemacht hat.167

161 Heiderhoff, in: Einstweiliger Rechtsschutz im Zivilrecht, Kap. 9 Rn. 26 (S. 416); ­Büttner, in: Der Wettbewerbsprozess, Kap.  57 Rn.  9 ff. (S.  1040); Addicks, MDR 1994, 225, 228;­ Oetker, GRUR 2003, 119, 121; Walker, Der einstweilige Rechtsschutz, Rn. 579 (S. 373). Vgl. OLG Hamm, Beschluss vom 11.02.1986 – 14 W 197/85, MDR 1988, 506, 506; vgl. auch OLG Köln, Beschluss vom 10.01.2005 – 6 W 117/04, GRUR-RR 2005, 143, 143. 162 OLG Celle, Urteil vom 27.11.1985 – 3 U 264/85, NJW 1986, 2441, 2441 f.; OLG Celle, Urteil vom 29.05.1990 – 4 U 14/90, NJW-RR 1990, 1088, 1088; OLG Oldenburg, Urteil vom 12.03.1992 – 1 U 3/92, OLGZ 1992, 467, 468; OLG Stuttgart, Urteil vom 20.08.1993 – 2 U 138/93, OLGZ 1994, 364, 364; Walker, Der einstweilige Rechtsschutz, Rn.  582 (S.  375 f.). Diese Ansicht argumentiert mit dem Grundsatz der Prozesswirtschaftlichkeit und damit, dass eine zweite Zustellung bloße Förmelei sei. 163 BGH, Urteil vom 22.10.1992 – IX ZR 36/92, BGHZ 120, 73, 79 und Leitsatz a); Grunsky, in: Stein/Jonas, ZPO, § 938 Rn. 30; Melullis, Wettbewerbsprozess, Rn. 228; Pastor, Unterlassungsvollstreckung, S.  209; Schuschke, in: Schuschke/Walker, Vollstreckung, § 929 Rn.  26;­ Teplitzky, Wettbewerbsrechtliche Ansprüche, Kap. 55 Rn. 38 (S. 1022 f.); Oetker, GRUR 2003, 119, 123; Bruns/Peters, Zwangsvollstreckungsrecht, S. 349 f. 164 Büttner, in: Der Wettbewerbsprozess, Kap.  57 Rn.  12 (S.  1040 f.); Schuschke, in: Schuschke/Walker, Vollstreckung, § 929 Rn.  26. Vgl. Bruns/Peters, Zwangsvollstreckungsrecht, S. 350. 165 BGH, Urteil vom 22.10.1992 – IX ZR 36/92, BGHZ 120, 73, 87; Büttner, in: Der Wettbewerbsprozess, Kap. 57 Rn. 15 (S. 1042); Ahrens, WRP 1999, 1, 5. Vgl. auch BGH, Urteil vom 13.04.1989 – IX ZR 148/88, WM 1989, 927, 929. 166 So z. B. Ulrich, WRP 1990, 651, 655; Ahrens, WRP 1999, 1, 5. 167 Vgl. OLG Brandenburg, Urteil vom 11.08.1999 – 1 U 7/99, NJW-RR 2000, 325, 326.

C. Abgrenzung des Erkenntnisverfahrens zum Vollstreckungsverfahren

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c) Verstoß gegen das Unterlassungsgebot Für die Festsetzung eines Ordnungsmittels als Zwangsvollstreckungsmaßnahme nach § 890 ZPO ist erforderlich, dass der Schuldner dem titulierten Verbot zuwidergehandelt hat. Welche Anforderungen an die Zuwiderhandlung zu stellen sind und ab welchem Zeitpunkt Zuwiderhandlungen für eine Festsetzung von Ordnungsmitteln relevant werden, soll nachfolgend kurz überblicksweise dargestellt werden. aa) Schutzumfang des Titels durch Auslegung zu bestimmen Es bedarf eines Verstoßes gegen das im Titel benannte Verbot. Wegen der Vielschichtigkeit der Lebenssachverhalte kann es hier zu Streit zwischen den Parteien kommen, ob die behauptete Zuwiderhandlung in ihrer konkreten Form unter das Verbot fällt. Dies ist grundsätzlich immer dann der Fall, wenn die Verletzungshandlung mit der verbotenen Handlung gleichwertig ist und im Kern mit letzterer übereinstimmt.168 Ob dies in den konkreten Fällen gegeben ist, entscheidet das Vollstreckungsgericht durch Auslegung im Festsetzungsverfahren.169 bb) Schuldhafte Zuwiderhandlung Nach heute fast einhelliger Meinung bedarf es einer schuldhaften Zuwiderhandlung gegen das Unterlassungsgebot.170 Dafür kommt es nur auf das Verschulden des Schuldners selbst beziehungsweise bei juristischen Personen auf das Verschulden der Organe an; eine Verschuldenszurechnung nach §§ 278, 831 BGB reicht

168 Vgl. grundlegend BGH, Urteil vom 22.02.1952 – I ZR 117/51, BGHZ 5, 189, 193 f. Auch Melullis, Wettbewerbsprozess, Rn.  943; Brehm, in: Stein/Jonas, ZPO, § 890 Rn.  34; Pukall, in: Saenger, ZPO, § 890 Rn. 6; Olzen, in: Prütting/Gehrlein, ZPO, § 890 Rn. 12; Spätgens, in: Der Wettbewerbsprozess, Kap. 64 Rn. 57 (S. 1188). Vgl. hierzu ausführlich Pastor, Die Unterlassungsvollstreckung, S. 170 ff. und Teplitzky, Wettbewerbsrechtliche Ansprüche, Kap. 57 Rn. 11 ff. (S. 1076 ff.). Speziell zum Wettbewerbsrecht Kramer, Der richterliche Unterlassungstitel, S. 51 ff. 169 Brehm, in: Stein/Jonas, ZPO, § 890 Rn.  34; Spätgens, in: Der Wettbewerbsprozess, Kap. 64 Rn. 57 (S. 1188 f.). Eine gute Übersicht mit Beispielen aus der Rechtsprechung findet sich bei Ahrens, in: Der Wettbewerbsprozess, Kap. 65 Rn. 12 ff. (S. 1203 ff.). 170 BVerfG, Beschluss vom 14.07.1981  – 1 BvR 575/80, NJW 1981, 2457; BVerfG, Beschluss vom 23.04.1991  – 1 BvR 1443/87, NJW 1991, 3139; Brehm, in: Stein/Jonas, ZPO, § 890 Rn. 23; Pukall, in: Saenger, ZPO, § 890 Rn. 7; Olzen, in: Prütting/Gehrlein, § 890 Rn. 13; Gruber, in: Münchener Kommentar ZPO, § 890 Rn. 21; Lackmann, in: Musielak, ZPO, § 890 Rn.  5; Stöber, in: Zöller, ZPO, § 890 Rn.  5; Bendtsen, in: Kindl/Meller-Hannich/Wolf, Gesamtes Recht der Zwangsvollstreckung, § 890 Rn. 54; Melullis, Wettbewerbsprozess, Rn. 949;­ Teplitzky, Wettbewerbsrechtliche Ansprüche, Kap. 57 Rn. 26 (S. 1091 ff.). Andere Ansicht wohl nur Hartmann, in: Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, ZPO, § 890 Rn. 21, der auf eine Schuldprüfung verzichten will.

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3. Kap.: Vollstreckung von Unterlassungsansprüchen

nicht aus.171 Dies ergibt sich schon aus dem Wortlaut des § 890 ZPO, wonach es auch nur auf die Zuwiderhandlung des Schuldners ankommt. Für den Verschuldensgrad genügt einfache Fahrlässigkeit.172 Begründet wird die ungeschriebene Verschuldensvoraussetzung damit, dass aufgrund des zumindest auch strafrechtlichen Elements von § 890 ZPO173 ein Verschulden erforderlich ist.174 Daneben gebietet auch der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit die Ahndung nur schuldhafter Zuwiderhandlungen. Um der Androhung Effizienz zu verleihen genügt es bereits, Zuwiderhandlungen nur bei vorliegendem Verschuldenserfordernis zu ahnden.175 cc) Relevanter Zeitpunkt für die Zuwiderhandlung Bei Vorliegen einer schuldhaften Zuwiderhandlung stellt sich nun aber die Frage, ob die Ordnungsmittel nach § 890 ZPO stets oder erst ab einem bestimmten Zeitpunkt verhängt werden können, ob Zuwiderhandlungen also erst ab einem bestimmten Zeitpunkt sanktionsbewehrt sind. (1) Androhung und Vollstreckbarkeit Der Verstoß muss zeitlich nach der Androhung und der unbedingten Vollstreckbarkeit des Urteils liegen.176 Für die Androhung ergibt sich dies schon aus § 890 Abs. 2 ZPO, wonach die Androhung der Verurteilung vorausgehen muss. Im Hinblick auf die unbedingte Vollstreckbarkeit ist dies ebenfalls nur logisch, denn bei gehemmter Vollstreckbarkeit muss der Schuldner sich ja gerade noch nicht an den Titel halten und keine Vollstreckungsmaßnahmen befürchten.

171

Teplitzky, Wettbewerbsrechtliche Ansprüche, Kap. 57 Rn. 26 (S. 1091 f.); Fritzsche, Unterlassungsanspruch und Unterlassungsklage, § 17 IV.2.c)dd) (S. 654 f.); Pastor, Die Unterlassungsvollstreckung, S. 193 f., 195; Brehm, in: Stein/Jonas, ZPO, § 890 Rn. 26. 172 Vgl. nur Lackmann, in: Musielak, ZPO, § 890 Rn.  5; Pukall, in: Saenger, ZPO, § 890 Rn. 7; Gruber, in: Münchener Kommentar ZPO, § 890 Rn. 21; Lambsdorff, Handbuch Wettbewerbsverfahrensrecht, Rn. 1298. 173 Vgl. hierzu schon oben 3. Kap. B.IV., S. 54 ff. 174 BVerfG, Beschluss vom 25.10.1966 – 2 BvR 506/63, BVerfGE 20, 323, 332 f.; BVerfG, Beschluss vom 04.12.2006 – 1 BvR 1200/04, NJW-RR 2007, 860, 861. Vgl. Lackmann, in: Musielak, ZPO, § 890 Rn. 5. 175 Brehm, in: Stein/Jonas, ZPO, § 890 Rn. 23; vgl. Brehm, WRP 1975, 203, 207. 176 BGH, Urteil vom 30.11.1995 – IX ZR 115/94, BGHZ 131, 233, 236; BGH, Beschluss vom 22.01.2009 – I ZB 115/07, BGHZ 180, 72, 75; Spätgens, in: Der Wettbewerbsprozess, Kap. 64 Rn. 62 (S. 1190); Gruber, in: Münchener Kommentar ZPO, § 890 Rn. 16; Brehm, in: Stein/­ Jonas, ZPO, § 890 Rn. 20; Pukall, in: Saenger, ZPO, § 890 Rn. 9; Olzen, in: Prütting/Gehrlein, ZPO, § 890 Rn. 14; Sturhahn, in: Schuschke/Walker, Vollstreckung, § 890 Rn. 27.

C. Abgrenzung des Erkenntnisverfahrens zum Vollstreckungsverfahren

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(2) Zustellung Fraglich ist aber, ob es auch einer Zustellung des Titels bedarf oder ob eine solche nicht erforderlich ist und auch solche Zuwiderhandlungen geahndet werden können, die nach Wirksamkeit aber vor Zustellung des Titels begangen wurden. Für die durch Beschluss erlassenen einstweiligen Verfügungen stellt sich diese Frage nicht. Sie müssen ohnehin erst ab Zustellung beachtet werden, da erst diese Zustellung gem. §§ 936, 922 Abs. 2 ZPO das Verbot gegenüber dem Schuldner in Wirksamkeit erwachsen lässt. Unterlassungsurteile, die im normalen Erkenntnisverfahren erlassen wurden, sind bereits mit Verkündung gem. § 310 Abs. 1 Satz 1 ZPO und damit vor Zustellung wirksam und müssen vom Schuldner ab diesem Zeitpunkt beachtet werden, denn die Wirksamkeit des Urteils ist grundsätzlich ausreichend, um einen danach begangenen Verstoß zu ahnden. Eine vorherige Zustellung des Titels ist nach fast einhelliger Meinung nicht erforderlich.177 Es genügt, wenn bei der Festsetzung als Maßnahme der Zwangsvollstreckung die allgemeinen Vollstreckungsvoraussetzungen und damit auch die Zustellung vorliegen. Geahndet werden können somit auch schon Verstöße, die nach Verkündung aber vor Zustellung des Titels begangen wurden. Nur bei durch Urteil erlassenen einstweiligen Verfügungen ist die Frage des Zeitpunktes, ab welchem Zuwiderhandlungen geahndet werden können, problematisch. Zwar erlangen Urteile grundsätzlich mit Verkündung Wirksamkeit, daneben ist aber für einstweilige Verfügungen nach §§ 936, 929 Abs.  2 ZPO eine Vollziehung innerhalb der Vollziehungsfrist erforderlich, welche regelmäßig durch Parteizustellung bewirkt wird. Es fragt sich daher, ob auch solche Verstöße geahndet werden können, die nach Verkündung aber vor Vollziehung begangen wurden. Dagegen wird angeführt, dass der Gläubiger erst mit der Vollziehung seinen Vollstreckungswillen bestätige und erst ab diesem Zeitpunkt der Haftung nach § 945 ZPO ausgesetzt sei.178 Daher könne vom Schuldner eine Beachtung des Titels auch erst nach dieser Vollziehung verlangt werden, da er anderenfalls die Verfügung­ 177

So OLG Hamm, Beschluss vom 28.08.2007 – 4 W 48/07, GRUR-RR 2007, 407, 407, bestätigt durch BGH, Beschluss vom 22.01.2009 – I ZB 115/07, BGHZ 180, 72, 75; Lambsdorff, Handbuch Wettbewerbsverfahrensrecht, Rn.  1300; Melullis, Wettbewerbsprozess, Rn.  947; Spätgens, in: Der Wettbewerbsprozess, Kap. 64 Rn. 62 (S. 1190); Olzen, in: Prütting/Gehrlein, ZPO, § 890 Rn. 14; Bendtsen, in: Kindl/Meller-Hannich/Wolf, Gesamtes Recht der Zwangsvollstreckung, § 890 Rn.  42; Pastor, Die Unterlassungsvollstreckung, S.  207; Pastor, WRP 1978, 66, 67; Bork, WRP 1989, 360, 361; Zieres, Grundfragen der Zwangsvollstreckung, S. 69 f. Anders Voss, Zwangsvollstreckung aus Unterlassungstiteln, S. 161 f., und Hartmann, in: Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, ZPO, § 890 Rn. 25, die darauf abstellen, dass die Zustellung als unabdingbare Voraussetzung erforderlich sei, um den Schuldner mit dem Titel vertraut zu machen. Ebenso wohl auch Addicks, MDR 1994, 225, 226. 178 Spätgens, in: Der Wettbewerbsprozess, Kap.  64 Rn.  65 (S.  1190 f.); von der Groeben, GRUR 1999, 674, 674; Altmeppen, WM 1989, 1157, 1162. Vgl. Wedemeyer, NJW 1979, 293, 293; Borck, WRP 1993, 374, 377.

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3. Kap.: Vollstreckung von Unterlassungsansprüchen

beachten müsste, ohne den Schutz des § 945 ZPO zu genießen.179 Mithin könnten­ Zuwiderhandlungen auch erst nach Vollziehung und damit regelmäßig nach Zustellung geahndet werden.180 Diese Argumentation greift aber nicht durch. Der Vollziehungsbegriff des § 929 Abs.  2 ZPO unterscheidet sich von demjenigen des § 945 ZPO, welcher bereits ab dem Vorliegen eines Vollstreckungsdrucks eingreift. Vollstreckungsdruck liegt aber schon bei Androhung der Ordnungsmittel vor, daher genießt der Schuldner schon vor der Vollziehung nach § 929 Abs. 2 ZPO den Schutz des § 945 ZPO,181 was es rechtfertigt, eine Beachtung der Unterlassungsverfügung schon mit Verkündung des Urteils zu fordern. Zudem dient das Erfordernis der Vollziehung nur dazu, den Schuldner davor zu schützen, dass Entscheidungen nicht auf Vorrat erwirkt und erst später unter veränderten tatsächlichen Umständen durchgesetzt werden.182 Hieraus ergibt sich mithin nicht, dass eine Beachtlichkeit erst ab Vollziehung und damit in der Regel mit Zustellung gegeben wäre. Zuwiderhandlungen gegen durch Urteil erlassene einstweilige Verfügungen sind daher schon ab Verkündung und damit schon vor Zustellung zu beachten.183 Dafür spricht auch, dass die Zuwiderhandlung nicht Teil der Zwangsvollstreckung beziehungsweise der Vollziehung ist. Daher müssen die Voraussetzungen für diese erst im Zeitpunkt der Stellung des Antrags auf Festsetzung eines Ordnungsmittels gegeben sein.184 Auch unter Beachtung des bereits dargestellten Aspektes, dass die Vollziehung keine Frage der Wirksamkeit der durch Urteil ergangenen einstweiligen Unterlassungsverfügung, sondern eine Frage des Wirksambleibens derselben ist, ergibt sich der logische Schluss, dass Zuwiderhandlungen schon ab Wirksamkeit des Unterlassungsgebots geahndet werden können und es auf eine Vollziehung durch den Gläubiger nicht ankommen kann.185 179 Spätgens, in: Der Wettbewerbsprozess, Kap.  64 Rn.  65 (S.  1191); von der Groeben, GRUR 1999, 674, 674; Altmeppen, WM 1989, 1157, 1162. 180 Pastor, Die Unterlassungsvollstreckung, S. 209; von der Groeben, GRUR 1999, 674, 675; Altmeppen, WM 1989, 1157, 1163. So auch Borck, WRP 1977, 556, 561, 563 und Borck, WRP 1993, 374, 377 f. Vgl. Grunsky, in: Stein/Jonas, ZPO, § 938 Rn. 30; vgl. auch Storz Wieczorek/ Schütze, ZPO, § 890 Rn. 33. 181 BGH, Beschluss vom 22.01.2009  – I ZB 115/07, BGHZ 180, 72, 76; Berneke, Die einstweilige Verfügung in Wettbewerbssachen, Rn.  160. Vgl. auch OLG Koblenz, Urteil vom 02.10.1979  – 9 U 347/79, WRP 1980, 45, 45 f. und OLG Hamburg, Beschluss vom 20.12.1979 – 3 U 99/79, WRP 1980, 341, 342. Vgl. Bork, WRP 1989, 360, 365. 182 BGH, Beschluss vom 22.01.2009 – I ZB 115/07, BGHZ 180, 72, 76; vgl. schon BGH, Urteil vom 25.10.1990  – IX ZR 211/89, BGHZ 112, 356, 359; BVerfG, Beschluss vom 27.04.1988 – 1 BvR 549/87, NJW 1988, 3141, 3141. 183 BGH, Beschluss vom 22.01.2009 – I ZB 115/07, BGHZ 180, 72, 75; Gruber, in: Münchener Kommentar ZPO, § 890 Rn. 16; Köhler, in: Köhler/Bornkamm, UWG, § 12 Rn. 3.29; Brehm, in: Stein/Jonas, ZPO, § 890 Rn. 21; Bork, WRP 1989, 360, 364; Teplitzky, Wettbewerbsrechtliche Ansprüche, Kap. 55 Rn. 35 (S. 1020). 184 BGH, Beschluss vom 22.01.2009 – I ZB 115/07, BGHZ 180, 72, 75; Berneke, Die einstweilige Verfügung in Wettbewerbssachen, Rn. 160. 185 Vgl. hierzu Bork, WRP 1989, 360, 364.

C. Abgrenzung des Erkenntnisverfahrens zum Vollstreckungsverfahren

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3. Überblick über das Festsetzungsverfahren Das Festsetzungsverfahren, obgleich bereits Teil der Zwangsvollstreckung, bereitet die eigentliche Zwangsvollstreckung in Form der Beitreibung des Ordnungsgeldes oder Durchsetzung der Ordnungshaft lediglich vor.186 In diesem Verfahrensstadium wird das wegen der Zuwiderhandlung festzusetzende Ordnungsmittel bestimmt und der Schuldner zu diesem verurteilt. Für das Verfahren zur Festsetzung der Ordnungsmittel ist nach §§ 890 Abs. 1 Satz 1, 802 ZPO das Prozessgericht des ersten Rechtszuges ausschließlich zuständig. Prozessgericht ist das Gericht, das den Titel erlassen hat.187 Das Festsetzungsverfahren wird aber nicht von Amts wegen, sondern ausschließlich auf Antrag des Gläubigers eingeleitet.188 Der Antrag unterliegt keiner Frist und muss weder Art noch Höhe des Ordnungsmittels angeben. Tut er es dennoch, gilt § 308 ZPO.189 Der Antrag kann bis zur Rechtskraft der Entscheidung im Festsetzungsverfahren zurückgenommen werden.190 In diesem Fall darf das festgesetzte Ordnungsmittel gegen den Schuldner nicht vollzogen werden, vielmehr ist der Festsetzungsbeschluss für wirkungslos zu erklären.191 Das Ordnungsmittel wird nach § 891 Satz 1 ZPO durch Beschluss bei nach § 128 Abs. 4 ZPO freigestellter mündlicher Verhandlung festgesetzt. Anknüpfungspunkt für die Festsetzung des Ordnungsmittels ist eine behauptete Zuwiderhandlung gegen die im Titel aufgeführte Unterlassungspflicht.192 Insoweit ist das Festsetzungsverfahren, obwohl Teil  der Zwangsvollstreckung, ein zweites Erkenntnisverfahren,193 denn das Prozessgericht prüft von Amts wegen das Vorliegen der für die Festsetzung erforderlichen Voraussetzungen und hört gem. § 891 Satz 2 ZPO den Unterlassungsschuldner an. Gegebenenfalls ist sogar eine Beweisaufnahme durchzuführen, wenn letzterer beispielsweise die behauptete Zuwiderhandlung gegen 186 Bendtsen, in: Kindl/Meller-Hannich/Wolf, Gesamtes Recht der Zwangsvollstreckung, § 890 Rn. 5. 187 Voss, Zwangsvollstreckung aus Unterlassungstiteln, S. 182. Vgl. Sturhahn, in: Schuschke/ Walker, Vollstreckung, § 890 Rn. 10. 188 Melullis, Wettbewerbsprozess, Rn.  908; Brehm, in: Stein/Jonas, ZPO, § 890 Rn.  36;­ Spätgens, in: Der Wettbewerbsprozess, Kap. 67 Rn. 23 (S. 1234); Voss, Zwangsvollstreckung aus Unterlassungstiteln, S. 182. 189 Brehm, in: Stein/Jonas, ZPO, § 890 Rn. 36; Stöber, in: Zöller, ZPO, § 890 Rn. 17. Vgl. Spätgens, in: Der Wettbewerbsprozess, Kap. 67 Rn. 23 (S. 1234). 190 OLG Hamm, Beschluss vom 29.06.1976 – 14 W 32/75, NJW 1977, 1203, 1204; Bendtsen, in: Kindl/Meller-Hannich/Wolf, Gesamtes Recht der Zwangsvollstreckung, § 890 Rn. 9; Brehm, in: Stein/Jonas, ZPO, § 890 Rn. 36; Teplitzky, Wettbewerbsrechtliche Ansprüche und Verfahren, Kap. 57 Rn. 29 (S. 1096); Spätgens, in: Der Wettbewerbsprozess, Kap. 67 Rn. 27 (S. 1235). 191 OLG Düsseldorf, Beschluss vom 02.03.1988 – 2 W 7/88, WRP 1988, 374, 375; Teplitzky, Wettbewerbsrechtliche Ansprüche und Verfahren, Kap. 57 Rn. 29 (S. 1096 f.); Brehm, in: Stein/ Jonas, ZPO, § 890 Rn.  36; Bendtsen, in: Kindl/Meller-Hannich/Wolf, Gesamtes Recht der Zwangsvollstreckung, § 890 Rn. 9. 192 Olzen, in: Prütting/Gehrlein, ZPO, § 890 Rn. 11. 193 Zieres, Grundfragen der Zwangsvollstreckung, S. 177.

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3. Kap.: Vollstreckung von Unterlassungsansprüchen

den Titel oder sein Verschulden bestreitet.194 Darüber hinaus hat das Prozessgericht auch über die Auslegung des Titels oder eine etwaige in Streit stehende nachträgliche Einwilligung des Gläubigers in die Zuwiderhandlung zu entscheiden.195 Die Festsetzung der Höhe des Ordnungsmittels liegt im Ermessen des Gerichtes.196 Sie hat sich am konkreten Verstoß zu orientieren. Maßgebend sind insbesondere Art, Umfang und Dauer der Zuwiderhandlung, der daraus resultierende Vorteil des Zuwiderhandelnden ebenso wie subjektive Momente von Vorsatz oder Fahrlässigkeit.197 4. Überblick über das Vollzugsverfahren Der Vollzug des Festsetzungsbeschlusses ist die tatsächliche Zwangsvollstreckung. Vollstreckungsbehörde ist gem. § 2 Abs. 1 Satz 1 JBeitrO i. V. m. § 2 Nr. 2 Einforderungs- und Beitreibungsanordnung vom 01. August 2011 der Vorsitzende des Prozessgerichts. Dieser ordnet die Vollstreckung durch Verfügung an und gibt die Akten zur Durchführung an den Rechtspfleger weiter. Diesem obliegt gem. § 31 Abs. 3 RPflG die Ausführung, wenn sich der Vorsitzende des Prozessgerichts nicht die Vollstreckung vorbehalten hat. Für das Ordnungsgeld ergibt sich dies aus § 1 Abs. 1 Nr. 3, Abs. 2 i. V. m. § 6 Abs. 2 JBeitrO; dessen Vollstreckung erfolgt zu Gunsten der Staatskasse, in welche das Ordnungsgeld nach § 6 Abs. 2 JBeitrO fließt. Die Zuständigkeit des Rechtspflegers für die Vollstreckung der Ordnungshaft ergibt sich aus §§ 31 Abs. 3 i. V. m. 4 Abs. 2 Nr. 2a) Alt. 2 RPflG; dieser kann den Gerichtsvollzieher mit der Verhaftung beauftragen.198 Die Durchführung der Vollstreckung erfolgt von Amts wegen. In diesem Verfahren ist dem Gläubiger nun jegliche Mitwirkungsmöglichkeit entzogen.199 Nach Abschluss des Festsetzungsverfahrens kann der Gläubiger die Vollstreckung nicht mehr verhindern, auch nicht durch Rücknahme des Festsetzungsantrags.200 194

Zieres, Grundfragen der Zwangsvollstreckung, S.  177; Voss, Zwangsvollstreckung aus Unterlassungstiteln, S. 182; Zimmermann, ZPO, § 890 Rn. 14. 195 OLG Celle, Beschluss vom 01.03.1972  – 13 W 141/71, MDR 1972, 521, 521; OLG Düssel­dorf, Beschluss vom 08.10.1962 – 2 W 86/62, NJW 1962, 2257, 2258; Brehm, in: Stein/ Jonas, ZPO, § 890 Rn. 19. 196 Pukall, in: Saenger, ZPO, § 890 Rn. 23; Stöber, in: Zöller, ZPO, § 890 Rn. 18. 197 BGH, Beschluss vom 23.10.2003 – I ZB 45/02, BGHZ 156, 335, 349 („Euro-Einführungsrabatt“); Lambsdorff, Handbuch Wettbewerbsverfahrensrecht, Rn. 1302; Bendtsen, in: Kindl/ Meller-Hannich/Wolf, Gesamtes Recht der Zwangsvollstreckung, § 890 Rn.  62; Gruber, in: Münchener Kommentar ZPO, § 890 Rn. 36; Teplitzky, Wettbewerbsrechtliche Ansprüche und Verfahren, Kap. 57 Rn. 34 (S. 1098). 198 Stöber, in: Zöller, ZPO, § 890 Rn. 23. 199 Voss, Zwangsvollstreckung aus Unterlassungstiteln, S. 192 f.; Melullis, Wettbewerbsprozess, Rn. 974. Vgl. auch Mock, in: Gottwald/Mock, Zwangsvollstreckung, § 890 Rn. 37. 200 Voss, Zwangsvollstreckung aus Unterlassungstiteln, S. 193. Vgl. Brehm, in: Stein/Jonas, ZPO, § 890 Rn. 45; Melullis, Wettbewerbsprozess, Rn. 974.

D. Zusammenfassung

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D. Zusammenfassung Zusammengefasst lässt sich Folgendes festhalten: 1. Unterlassungsansprüche können als Endurteile ebenso wie in den in § 794 Abs. 1 ZPO genannten Titeln tituliert werden. Häufigster Fall in der Praxis ist die Unterlassungsverfügung nach § 935 ZPO. 2. Unterlassungsansprüche werden gem. § 890 ZPO durch die Ordnungsmittel Ordnungsgeld und Ordnungshaft vollstreckt. Diese haben sowohl repressive als auch präventive Funktion, ihnen kommt ein Doppelcharakter zu. 3. Die Vollstreckung von Unterlassungsansprüchen vollzieht sich in mehreren Schritten im Vollstreckungsverfahren. Dieses ist vom Erkenntnisverfahren strikt zu trennen, kann zu diesem aber in gewissem Maße parallel verlaufen. 4. Für die Festsetzung eines Ordnungsmittels bedarf es neben den allgemeinen Vollstreckungsvoraussetzungen einer Androhung der Maßnahme, eines Verstoßes gegen das Unterlassungsgebot sowie bei einer einstweiligen Verfügung des Beginns der Vollziehung innerhalb der Vollziehungsfrist.

Viertes Kapitel

Erledigung im Rechtsstreit „Abgesehen vom Ringen um die richtige Streitgegenstandslehre hat seit Inkrafttreten der CPO wohl kaum eine Erscheinung des Zivilprozesses die Gemüter so sehr bewegt wie die Erledigung der Hauptsache“ Ekkehard Becker-Eberhard1

Aufgrund der teilweise langen Verfahrensdauer zivilrechtlicher Prozesse kann es vorkommen, dass sich nach Klageerhebung die der Klage zugrunde liegenden tatsächlichen Umstände derart verändern, dass eine ursprünglich zulässige und begründete Klage, die bei ihrer Erhebung noch Aussicht auf Erfolg hatte, nachträglich unzulässig oder unbegründet wird und daher eigentlich für den Kläger kostenpflichtig abgewiesen werden müsste. Schließlich ist für die Frage, ob eine Klage Erfolg hat, nicht der Zeitpunkt der Klageerhebung, sondern die tatsächliche Situation im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung maßgeblich.2 Hat der Kläger aufgrund der veränderten Tatsachenlage nun das Interesse an der gerichtlichen Entscheidung verloren, hat er – nach Beginn der mündlichen Verhandlung mit Zustimmung des Beklagten – die Möglichkeit, nach § 269 ZPO die Klage zurückzunehmen. Aber auch hier trifft ihn nach § 269 Abs. 3 Satz 2 ZPO grundsätzlich die Kostenlast. Die Kostenbelastung des Klägers in den Fällen, in denen er eine ursprünglich zulässige und begründete Klage mit Erfolgsaussicht erhoben hat, liegt aber nicht in seinem Interesse und wird auch regelmäßig nicht der Sachlage gerecht.3 Das Interesse des Klägers geht nunmehr dahin, den Prozess ohne Niederlage in der Hauptsache schnell zu beenden und dabei eine für ihn günstige Kostenentscheidung zu erreichen.4 Das Interesse des Beklagten hingegen geht dahin, selbst keine Kosten tragen zu müssen5 und – jedenfalls wenn er hinsichtlich der Erledigung an 1

Becker-Eberhard, in: FG BGH, Bd. III, S. 273, 273. Ständige Rspr., vgl. nur BGH, Urteil vom 05.07.1995  – KZR 15/94, NJW-RR 1995, 1340, 1341 („Sesamstraße-Aufnäher“). Rosenberg/Schwab/Gottwald, Zivilprozessrecht, § 132 Rn. 38 (S. 759); Leipold, in: Stein/Jonas, ZPO, § 300 Rn. 19, 21; Vollkommer, in: Zöller, ZPO, § 300 Rn. 3; Assmann, in: Erlanger FS Schwab, S. 179, 180; Deubner, JuS 1962, 205, 205;­ Stuckert, Die Erledigung in der Rechtsmittelinstanz, S. 19; Ulrich, GRUR 1982, 14, 14.  3 Bork, in: Stein/Jonas, ZPO, § 91a Rn. 1; Grundmann, JR 1980, 421, 421; Zeiss/Schreiber, Zivilprozessrecht, Rn. 495. 4 El-Gayar, Die einseitige Erledigungserklärung, S. 107; Assmann, in: Erlanger FS Schwab, S. 179, 182; von Gamm, MDR 1956, 715, 716. 5 BGH, Urteil vom 04.10.1962 – III ZR 104/61, NJW 1963, 48, 48; J. Blomeyer, NJW 1982, 2750, 2752; Brox, JA 1983, 289, 294; El-Gayar, Die einseitige Erledigungserklärung, S. 108. 2

A. Begriffsbestimmung, Abgrenzung von Erledigung und Erledigungserklärung

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derer Ansicht ist als der Kläger – noch eine rechtskräftige Entscheidung über den Anspruch zu erhalten, um nicht später gegebenenfalls erneut einen gerichtlichen Prozess über diesen Anspruch führen zu müssen.6 Diesen unterschiedlichen Interessen soll über das Institut der Erledigungserklärung Rechnung getragen werden. Eine Erledigungserklärung kann sowohl übereinstimmend durch die Parteien als auch nur einseitig vom Kläger abgegeben werden. Wie und wann solche Erklärungen abgegeben werden können, was dies für den Rechtsstreit bedeutet und welche Rechtsfolgen sie jeweils nach sich ziehen, soll in diesem Kapitel dargestellt werden.

A. Begriffsbestimmung, Abgrenzung von Erledigung und Erledigungserklärung Die Erledigung der Hauptsache tritt durch ein erledigendes Ereignis ein. Bei diesem handelt es sich um eine Tatsache, die eine Klage nachträglich gegenstandslos werden lässt, indem sie durch dieses Ereignis unzulässig oder unbegründet wird.7 Der Eintritt dieses erledigenden Ereignisses wird verschiedentlich als „tatsächliche“,8 „faktische“,9 „wirkliche“,10 „objektive“,11 „sachliche“12 oder „materielle“13 Erledigung bezeichnet. Abgesehen von der unterschiedlichen Terminologie besteht aber Einigkeit darüber, wann ein solches erledigendes Ereignis vorliegt, weshalb im Folgenden schlicht von „Erledigung“ gesprochen werden soll. In materieller Hinsicht ist ein erledigendes Ereignis vor allem die Erfüllung des Anspruchs, daneben aber auch dessen Untergang oder sonstige Veränderungen der Sachlage.14 Erlischt der Anspruch, wird die Klage unbegründet. In prozessualer Hinsicht liegt ein erledigendes Ereignis insbesondere im Wegfall des Rechts 6 BGH, Urteil vom 04.10.1962  – III ZR 104/61, NJW 1963, 48, 48; Jost/Sundermann, ZZP 105 (1992), 261, 263; Habscheid, NJW 1964, 822, 822. Anders J. Blomeyer, NJW 1982, 2750, 2752. 7 BGH, Urteil vom 06.12.1984 – VII ZR 64/84, NJW 1986, 588, 589; Steiner, in: Wieczorek/ Schütze, ZPO, § 91a Rn.  32; Rosenberg/Schwab/Gottwald, Zivilprozessrecht, § 131 Rn.  1 (S. 746); Bork, in: Stein/Jonas, ZPO, § 91a Rn. 5; Lackmann, in: Musielak, ZPO, § 91a Rn. 10, 34; Schwab, ZZP 72 (1959), 127, 129. Vgl. Stuckert, Die Erledigung, in: der Rechtsmittelinstanz, S. 20. Kritisch zur Terminologie Prütting/Wesser, ZZP 116 (2003), 267, 277 ff. 8 BGH, Urteil vom 15.01.1982 – V ZR 50/81, BGHZ 83, 12, 14 f.; Vollkommer, in: Zöller, ZPO, § 91a Rn. 34. 9 Pape/Notthoff, JuS 1995, 912, 913; Bergerfurth, NJW 1992, 1655, 1655; Lackmann, in: Musielak, ZPO, § 91a Rn. 10. 10 G. Lüke, in: FS Weber, S. 323, 325. 11 Rosenberg/Schwab/Gottwald, Zivilprozessrecht, § 131 Rn. 1 (S. 746). 12 Rosenberg/Schwab/Gottwald, Zivilprozessrecht, § 131 Rn. 2 (S. 746). 13 BGH, Urteil vom 06.12.1984  – VII ZR 64/84, NJW 1986, 588, 589; BGH, Urteil vom 08.02.1989 – IV a ZR 98/87, BGHZ 106, 359, 366. Vgl. auch Rixecker, ZZP 96 (1983), 505, 511. 14 Vgl. hierzu mit einigen Beispielen aus der Rechtsprechung Lackmann, in: Musielak, ZPO, § 91a Rn. 35, 36.

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4. Kap.: Erledigung im Rechtsstreit

schutzbedürfnisses oder des besonderen Feststellungsinteresses, was die Klage unzulässig macht. Von dem erledigenden Ereignis selbst zu unterscheiden ist die Erledigungserklärung.15 Sie ist die Reaktion des Klägers im Prozess auf das außerprozessuale Erledigungsereignis, mit ihr führt der Kläger das Erledigungsereignis in den Rechtsstreit ein und gibt zugleich eine prozessuale Erklärung ab.16 Die Abgabe der Erledigungserklärung im Prozess ist notwendig, da das erledigende Ereignis nicht automatisch die Beendigung des Rechtsstreits zur Folge hat;17 hierfür bedarf es vielmehr eines Aktes der Parteien oder des Gerichts.18 Inhalt und Umfang dieser prozessualen Erklärung hängen dann davon ab, ob die Erledigungserklärung einseitig bleibt oder übereinstimmend abgegeben wird. Dies hat ebenso Auswirkung auf die Rechtsfolge der Erledigungserklärung, nämlich ob diese ohne weiteres den Rechtsstreit beendet  – so bei der übereinstimmenden Erledigungserklärung19  – oder ob es dafür noch eines Aktes des Gerichts bedarf, wie bei der einseitig gebliebenen Erledigungserklärung.20

B. Entstehungsgeschichte Der historische Gesetzgeber hat den Regelungsbedarf für das Rechtsinstitut der Erledigung der Hauptsache übersehen. Die dadurch bestehende Gesetzeslücke wurde bislang nur partiell hinsichtlich der übereinstimmenden Erledigungserklärung in der Hauptsache geschlossen. Zur Entlastung der Gerichtsbarkeit während des Zweiten Weltkrieges wurde die übereinstimmende Erledigungserklärung im Jahr 1942 in § 4 der Dritten Vereinfachungsverordnung21 kodifiziert. Im Jahr 1950 fand diese Regelung durch Art. 2 Nr. 11 VereinhG22 als § 91a ZPO Eingang in die Zivilprozessordnung. Diese Regelung ermöglicht es den Parteien, durch ihre übereinstimmenden Erklärungen den 15

Bergerfurth, NJW 1992, 1655, 1655; Pape/Notthoff, JuS 1995, 912, 913; Rixecker, ZZP 96 (1983), 505, 511. 16 El-Gayar, Die einseitige Erledigungserklärung, S. 8. 17 Stuckert, Die Erledigung in der Rechtsmittelinstanz, S. 22. Vgl. Prütting/Wesser, ZZP 116 (2003), 267, 276. So auch Müller-Tochtermann, NJW 1958, 1761, 1761. Vgl. auch Habscheid, JZ 1963, 579, 580; Deubner, JuS 1962, 205, 206 (dort Fn. 10); Pfeffer, Die einseitige Erledigungserklärung, S. 31. 18 Stuckert, Die Erledigung in der Rechtsmittelinstanz, S. 23 19 Vgl. hierzu sogleich 4. Kap. C. I., S. 89 ff. 20 Vgl. hierzu sogleich 4. Kap. C.II., S. 92 ff. 21 Verordnung zur weiteren Vereinfachung der Gerichtsverfassung, der bürgerlichen Rechtspflege und des Kostenrechts (Dritte Vereinfachungsverordnung  – 3. VereinfV) vom 16.  Mai 1942, RGBl. 1942 I, S. 333, 334. 22 Gesetz zur Wiederherstellung der Rechtseinheit auf dem Gebiete der Gerichtsverfassung, der bürgerlichen Rechtspflege, des Strafverfahrens und Kostenrechts vom 12. September 1950, BGBl. 1950 I, S. 455, 469.

C. Übereinstimmende, einseitige und teilweise Erledigungserklärung

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Prozess in der Hauptsache zu beenden. Das Gericht trifft dann nur noch durch Beschluss eine Kostenentscheidung nach Billigkeit. Die einseitige Erledigungserklärung hingegen ist nicht vom Anwendungsbereich des § 91a ZPO erfasst und hat bis heute keine gesetzliche Regelung erfahren. Die Normierung der übereinstimmenden Erledigungserklärung im Abschnitt über die Prozesskosten legt aber nahe, dass damit nicht das Institut der Hauptsacheerledigung als solches abschließend geregelt werden sollte, sondern im Hinblick auf die einseitige Erledigungserklärung eine gesetzliche Regelungslücke vorliegt, welche durch bereits bestehende Institute der ZPO oder durch Rechtsfortbildung auszufüllen ist.23 Die Meinungen, wie mit der einseitigen Erledigungserklärung zu verfahren ist, gehen dementsprechend weit auseinander.24

C. Übereinstimmende, einseitige und teilweise Erledigungserklärung Im Prozess können Erledigungserklärungen übereinstimmend durch die Parteien oder auch einseitig durch den Kläger vorgenommen werden. Auch ist es möglich, den Rechtsstreit nicht im Ganzen, sondern nur teilweise für erledigt zu erklären.

I. Übereinstimmende Erledigungserklärung Eine übereinstimmende Erledigungserklärung liegt vor, wenn beide Parteien gegenüber dem Gericht erklären, dass sich der Rechtsstreit in der Hauptsache erledigt hat. Nach § 91a Abs. 1 Satz 1 ZPO entscheidet das Gericht dann nur noch nach billigem Ermessen unter Berücksichtigung des bisherigen Sach- und Streitstandes über die Kosten durch Beschluss. Diese Möglichkeit, den Rechtsstreit übereinstimmend für erledigt zu erklären, dient der Kostengerechtigkeit25 und dem Kosteninteresse des Klägers26 sowie der Verfahrensvereinfachung27 und ist Ausdruck der Dispositionsmaxime der Parteien.28 23 Westermeier, Die Erledigung der Hauptsache, S. 22 f.; Assmann, in: Erlanger FS Schwab, S. 179, 185; Schumann, in: FG Vollkommer, S. 155, 171; Brox, JA 1983, 289, 292. 24 Hierzu sogleich 4. Kap. C.II.2., S. 92 ff. 25 OLG Frankfurt am Main, Beschluss vom 02.04.1993 – 17 W 15/92, OLGZ 1993, 441, 443; Lackmann, in: Musielak, ZPO, § 91a Rn. 1. Vgl. Prütting/Wesser, ZZP 116 (2003), 267, 296. 26 Prütting/Wesser, ZZP 116 (2003), 267, 268. 27 Lackmann, in: Musielak, ZPO, § 91a Rn.  1; Bergerfurth, NJW 1992, 1655, 1657. Vgl. Prütting/Wesser, ZZP 116 (2003), 267, 277. 28 Lindacher, in: Münchener Kommentar ZPO, § 91a Rn. 25; Grunsky, Grundlagen des Verfahrensrechts, § 12 II.1. (S. 87 f.); Grundmann, JR 1980, 421, 421; Pape/Notthoff, JuS 1995, 912, 913; Becker-Eberhard, in: FG BGH, Bd.  III, S.  273, 280; Prütting/Wesser, ZZP 116 (2003), 267, 277.

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4. Kap.: Erledigung im Rechtsstreit

1. Abgabe der Erledigungserklärungen Bei den übereinstimmenden Erledigungserklärungen handelt es sich um gegenüber dem Gericht abzugebende prozessuale Einverständniserklärungen der Parteien.29 Diese sind sogenannte „Bewirkungshandlungen“,30 die keine Anträge darstellen, sondern denen eine unmittelbare, die Rechtshängigkeit beendende Wirkung zukommt.31 Da Erklärungsempfänger das Gericht ist, kann in den übereinstimmenden Erledigungserklärungen auch kein Prozessvertrag zwischen den Parteien gesehen werden.32 Es handelt sich lediglich um Prozesshandlungen33 ohne doppelfunktionale, auch das materielle Recht betreffende Wirkung; denn für einen Prozessvergleich bedarf es neben der auf Beendigung des Prozessrechtsverhältnisses gerichteten Erklärungen zusätzlich jedenfalls noch einer Einigung über die materielle Rechtslage.34 Die Erledigungserklärungen können ausdrücklich oder konkludent abgegeben werden,35 beispielsweise indem die Parteien nur noch Kostenanträge stellen.36 Erklärt der Kläger die Erledigung und reagiert der Beklagte hierauf nicht, schließt sich also nicht an, widerspricht der Erledigungserklärung aber auch nicht innerhalb von zwei Wochen, wird seine Erledigungserklärung nach § 91a Abs. 1 Satz 2 ZPO fingiert, sofern er zuvor auf diese Folge hingewiesen wurde. Sobald die zweite Erledigungserklärung bei Gericht eingegangen beziehungsweise die Widerspruchsfrist nach § 91a Abs. 1 Satz 2 ZPO abgelaufen ist, sind die Erklärungen, die als solche das Prozessrechtsverhältnis gestalten,37 unwiderruflich und unanfechtbar, soweit nicht ein Restitutionsgrund vorliegt.38 29

Rosenberg/Schwab/Gottwald, Zivilprozessrecht, § 131 Rn. 9 (S. 747); Bork, in: Stein/Jonas, ZPO, § 91a Rn. 44; Lindacher, in: Münchener Kommentar ZPO, § 91a Rn. 26; Lackmann, in: Musielak, ZPO, § 91a Rn. 11; G. Lüke, in: FS Weber, S. 323, 324 f. 30 Lindacher, in: Münchener Kommentar ZPO, § 91a Rn. 3, 26; Bork, in: Stein/Jonas, ZPO, § 91a Rn. 44; Vollkommer, in: Zöller, ZPO, § 91a Rn. 2, 9. 31 Vgl. hierzu sogleich 4. Kap. C. I.2., S. 91 f. 32 So vor allem Habscheid, in: FS Lent, S. 153, 157 ff.; auch Zeiss/Schreiber, Zivilprozessrecht, Rn. 500; Lindacher, in: Münchener Kommentar ZPO, § 91a Rn. 26. 33 Vollkommer, in: Zöller, ZPO, § 91a Rn. 8; Westermeier, Die Erledigung der Hauptsache, S. 29. Vgl. G. Lüke, in: FS Weber, S. 323, 325; Göppinger, Die Erledigung des Rechtsstreits, S. 24. 34 Hierzu ausführlich Westermeier, Die Erledigung der Hauptsache, S. 29 ff. 35 BGH, Urteil vom 12.03.1991 – XI ZR 148/90, NJW-RR 1991, 1211, 1211; Vollkommer, in: Zöller, ZPO, § 91a Rn. 10; Bork, in: Stein/Jonas, ZPO, § 91a Rn. 17; Lindacher, in: Münchener Kommentar ZPO, § 91a Rn. 33; Lackmann, in: Musielak, ZPO, § 91a Rn. 13; Westermeier, Die Erledigung der Hauptsache, S. 64. 36 BGH, Urteil vom 12.03.1991 – XI ZR 148/90, NJW-RR 1991, 1211, 1211; Bergerfurth, NJW 1992, 1655, 1657; Lackmann, in: Musielak, ZPO, § 91a Rn. 13. 37 Lackmann, in: Musielak, ZPO, § 91a Rn. 16; Vollkommer, in: Zöller, ZPO, § 91a Rn. 11. 38 Rosenberg/Schwab/Gottwald, Zivilprozessrecht, § 131 Rn. 16 (S. 748); Bork, in: Stein/Jonas, ZPO, § 91a Rn. 22; Lindacher, in: Münchener Kommentar ZPO, § 91a Rn. 37; ­Vollkommer, in:

C. Übereinstimmende, einseitige und teilweise Erledigungserklärung

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2. Rechtsfolgen der übereinstimmenden Erledigungserklärung Mittels der übereinstimmenden Erledigungserklärung entziehen die Parteien dem Gericht die Befugnis, eine Entscheidung über den Streitgegenstand zu treffen.39 Dies ist aufgrund des zivilprozessualen Grundsatzes der Dispositionsfreiheit der Parteien möglich. Da im Falle der übereinstimmenden Erledigungserklärungen beide Parteien erklärt haben, dass eine Erledigung vorliege, und dem Gericht dadurch die Entscheidungsbefugnis entzogen haben, kann das Gericht wegen § 308 ZPO auch nur noch prüfen, ob die abgegebenen Erledigungserklärungen wirksam sind, nicht aber, ob auch tatsächlich ein den Rechtsstreit erledigendes Ereignis vorliegt.40 Mit Vorliegen der übereinstimmenden Erledigungserklärungen endet die Rechtshängigkeit in der Hauptsache, ohne dass es hierzu eines Ausspruches des Gerichts darüber bedürfte.41 Der Rechtsstreit bleibt aber im Kostenpunkt rechtshängig.42 Das Gericht entscheidet dann nach § 91a Abs. 1 Satz 1 ZPO noch durch Beschluss über die Kostentragung. Die Entscheidung erfolgt unter Berücksichtigung des Sach- und Streitstandes nach billigem Ermessen. Dabei handelt es sich nur um eine durch das Gericht vorzunehmende summarische Prüfung, da das Verfahren allein wegen der Kosten nicht mit demselben Aufwand weitergehen soll, wie wenn die Hauptsache noch zu entscheiden wäre.43 In der Regel erfolgt keine Beweisaufnahme mehr und neues Vorbringen ist grundsätzlich ausgeschlossen und nur auf Ausnahmefälle­ Zöller, ZPO, § 91a Rn. 11; Lackmann, in: Musielak, ZPO, § 91a Rn. 16; Grunsky, Grundlagen des Verfahrensrechts, § 12 II.5. (S. 94). Vgl. BGH, Beschluss vom 14.05.2013 – II ZR 262/08, NJW 2013, 2686, 2686 f.; Habscheid, NJW 1964, 822, 823. 39 Becker Eberhard, in: FG BGH, Bd. III, S. 273, 280; Rosenberg/Schwab/Gottwald, Zivilprozessrecht, § 131 Rn. 9 (S. 747); Lindacher, in: Münchener Kommentar ZPO, § 91a Rn. 25; Bork, in: Stein/Jonas, ZPO, § 91a Rn. 23; Lackmann, in: Musielak, ZPO, § 91a Rn. 17; Stuckert, Die Erledigung in der Rechtsmittelinstanz, S. 20; Prütting/Wesser, ZZP 116 (2003), 267, 275 f.; Habscheid, JZ 1963, 579, 579; Pape/Notthoff, JuS 1995, 912, 914. 40 Zimmermann, ZPO, § 91a Rn.  5; Lindacher, in: Münchener Kommentar ZPO, § 91a Rn.  29; Vollkommer, in: Zöller, ZPO, § 91a Rn.  11; auch Hüßtege, in: Thomas/Putzo, ZPO, § 91a Rn. 22; Lackmann, in: Musielak, ZPO, § 91a Rn. 17; Westermeier, Die Erledigung der Hauptsache, S. 31; Habscheid, RPfleger 1955, 33, 33 f. Vgl. BGH, Urteil vom 15.01.1982 – V ZR 50/81, BGHZ 83, 12, 14. Vgl. auch Habscheid, in: FS Lent, S. 153, 161; Ulmer, Die einseitige Erklärung der Erledigung, S. 19. 41 BGH, Urteil vom 08.02.1989 – IV a ZR 98/87, BGHZ 106, 359, 366; Rosenberg/Schwab/ Gottwald, Zivilprozessrecht, § 131 Rn. 8, 10 (S. 747); Bork, in: Stein/Jonas, ZPO, § 91a Rn. 23; Vollkommer, in: Zöller, ZPO, § 91a Rn. 9; Lindacher, in: Münchener Kommentar ZPO, § 91a Rn. 39; Grunsky, Grundlagen des Verfahrensrechts, § 12 II.1. (S. 87); Piekenbrock, ZZP 112 (1999), 353, 356; Bergerfurth, NJW 1992, 1655, 1657. 42 BGH, Beschluss vom 12.04.2011 – VI ZB 44/10, MDR 2011, 810, 810 f.; Westermeier, Die Erledigung der Hauptsache, S. 83; Bornkamm, in: Der Wettbewerbsprozess, Kap. 33 Rn. 2 (S. 593). 43 BGH, Beschluss vom 08.07.2005 – XII ZR 177/03, BGHZ 163, 195, 197; Bork, in: Stein/ Jonas, ZPO, § 91a Rn. 31; Vollkommer, in: Zöller, ZPO, § 91a Rn. 24; Lackmann, in: Musielak, ZPO, § 91a Rn. 23; Prütting/Wesser, ZZP 116 (2003), 267, 296; Musielak, JuS 2002, 1203, 1206.

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4. Kap.: Erledigung im Rechtsstreit

beschränkt.44 Bei seiner Entscheidung stellt das Gericht darauf ab, wer die Kosten hätte tragen müssen, wenn sich die Hauptsache nicht erledigt hätte.45 Dabei können Billigkeitserwägungen46 oder auch eine materielle Kostenerstattungspflicht Berücksichtigung finden.47

II. Einseitige Erledigungserklärung Eine nur einseitige Erledigungserklärung liegt vor, wenn der Kläger die Hauptsache für erledigt erklärt, diese Erklärung aber einseitig bleibt, weil der Beklagte der Erledigung widerspricht und auf einer Abweisung der Klage beharrt. Da hier die Interessen von Kläger und Beklagtem auseinanderfallen und die einseitige Erledigungserklärung keine gesetzliche Regelung erfahren hat, sind zunächst die zu berücksichtigenden Interessen zu untersuchen. Sodann ist eine Lösung zu finden, welche diese in einen angemessenen Ausgleich bringt. 1. Zu berücksichtigende Interessen der Parteien Der Bundesgerichtshof48 hat die Interessenlage der Parteien wie folgt umschrieben: „Der Kläger soll sich nicht den Folgen einer unzulässigen oder unbegründeten Klage, etwa nachdem sich ihre Aussichtslosigkeit herausgestellt hat, zu Lasten des Beklagten durch einseitige Erledigungserklärung entziehen dürfen. Dem Beklagten andererseits sollen zu Lasten des Klägers keine prozessualen Vorteile daraus erwachsen, dass die Klage nachträglich unzulässig oder unbegründet wird, sei es durch ein Verhalten des Beklagten, sei es durch ein sonstiges Ereignis, das das in diesem Zeitpunkt noch berechtigte Klagebegehren gegenstandslos macht.“

Diese Umschreibung ist treffend, erfasst die zu berücksichtigenden Interessen der Parteien aber nicht vollumfänglich. 44

Bork, in: Stein/Jonas, ZPO, § 91a Rn.  31; Vollkommer, in: Zöller, ZPO, § 91a Rn.  26; Bergerfurth, NJW 1992, 1655, 1657; Brox, JA 1983, 289, 291. Ausführlich hierzu Schneider, MDR 1976, 88f ff. Etwas weiter Rinsche, NJW 1971, 1349, 1350. Vgl. auch BGH, Urteil vom 14.07.1956 – III ZR 29/55, BGHZ 21, 298, 300. 45 BGH, Beschluss vom 16.09.1993 – V ZR 246/92, BGHZ 123, 264, 266; BGH, Beschluss vom 13.11.2003 – VII ZR 373/01, NJW-RR 2004, 377, 377; BGH, Beschluss vom 07.05.2007 – VI ZR 233/05, NJW 2007, 3429, 3429; Vollkommer, in: Zöller, ZPO, § 91a Rn. 24. Vgl. Elzer, NJW 2002, 2006, 2006 f. 46 Darunter sollen beispielsweise der Rechtsgedanke des § 93 ZPO ebenso wie materiellrechtliche Erstattungspflichten oder auch außergerichtliche Kostenvereinbarungen zwischen den Parteien fallen, Bork, in: Stein/Jonas, ZPO, § 91a Rn. 34. 47 Vollkommer, in: Zöller, ZPO, § 91a Rn. 24; Lackmann, in: Musielak, ZPO, § 91a Rn. 24; Westermeier, Die Erledigung der Hauptsache, S.  90 ff. Mit Schwerpunkt auf die fakultative Möglichkeit der Berücksichtigung BGH, Urteil vom 22.11.2001 – VII ZR 405/00, NJW 2002, 680, 680 f.; OLG Nürnberg, Beschluss vom 27.05.1975 – 6 W 31/75, NJW 1975, 2206, 2207. 48 BGH, Urteil vom 06.12.1984 – VII ZR 64/84, NJW 1986, 588, 589.

C. Übereinstimmende, einseitige und teilweise Erledigungserklärung

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a) Interessen des Klägers Der Kläger hat nach Erledigung seines mittels Klage geltend gemachten Anspruchs ein Interesse daran, den Prozess zügig und nicht als unterlegene Partei zu beenden.49 Es kommt ihm nicht mehr auf eine positive Sachentscheidung über sein ursprüngliches Klagebegehren an,50 schließlich geht er selbst von einer Erledigung aus und hat aus diesem Grund das Interesse an einer Sachentscheidung verloren. Vielmehr ist ihm nun insbesondere daran gelegen, den Rechtsstreit ohne Kostennachteile zu beenden.51 Bei einer Gewichtung der klägerischen Interessen wird das Bedürfnis, der Belastung mit den Kosten des Verfahrens zu entgehen, regelmäßig deutlich schwerer wiegen als das Interesse daran, eine zügige Prozessbeendigung zu erreichen. Schließlich fehlt es dem Kläger hinsichtlich einer Entscheidung in der Sache lediglich am Interesse und auch eine Fortführung des Verfahrens birgt jedenfalls keine direkten Nachteile für ihn. Aber hinsichtlich der Kosten, die eine echte finanzielle Belastung bedeuten, hat er regelmäßig ein positives Bedürfnis danach, mit diesen gerade nicht belastet zu werden. b) Interessen des Beklagten Der Beklagte hat ein Interesse daran, im Rechtsstreit nicht formal zu unterliegen, insbesondere wenn eine Erledigung tatsächlich nicht vorliegt oder die vom Kläger ursprünglich erhobene Klage schon von vornherein keine Aussicht auf Erfolg hatte.52 Zudem will auch der Beklagte nicht unbillig mit den Kosten belastet werden, wenn die Klage anfänglich unzulässig oder unbegründet war.53 Darüber hinaus hat der Beklagte aber auch ein Interesse an einer rechtskräftigen Entscheidung in der Sache. Er begehrt weiterhin Klageabweisung durch Sachentscheidung und will nicht, dass die Prüfung der Sach- und Rechtlage nur anhand einer summarischen Prüfung wie bei § 91a ZPO durchgeführt wird. Dieses Inter 49

Bork, in: Stein/Jonas, ZPO, § 91a Rn. 45; Lackmann, in: Musielak, ZPO, § 91a Rn. 28; Westermeier, Die Erledigung der Hauptsache, S. 96. 50 El-Gayar, Die einseitige Erledigungserklärung, S. 111; Assmann, in: Erlanger FS Schwab, S. 179, 182. Vgl. J. Blomeyer, NJW 1982, 2750, 2752; Göppinger, AcP 156 (1957), 473, 474. 51 Stuckert, Die Erledigung in der Rechtsmittelinstanz, S. 22, 92; Assmann, in: Erlanger FS Schwab, S. 179, 182; Ansorge, Die einseitige Erledigungserklärung, S. 26; Göppinger, Die Erledigung des Rechtsstreits, S. 24; Lindacher, Juristische Analysen 1970, 687, 700. Vgl. H ­ äsemeyer, ZZP 118 (2005), 265, 289; Pfeffer, Die einseitige Erledigungserklärung, S. 129, 130 f. 52 Stuckert, Die Erledigung in der Rechtsmittelinstanz, S.  92; Assmann, in: Erlanger FS Schwab, S. 179, 182 f. 53 Westermeier, Die Erledigung der Hauptsache, S.  98; Stuckert, Die Erledigung in der Rechtsmittelinstanz, S.  92; Lindacher, Juristische Analysen 1970, 687, 700; Lindacher, in: Münchener Kommentar ZPO, § 91a Rn. 13. Vgl. BGH, Urteil vom 04.10.1962 – III ZR 104/61, NJW 1963, 48, 48; Häsemeyer, ZZP 118 (2005), 265, 289.

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4. Kap.: Erledigung im Rechtsstreit

esse an einer rechtskräftigen Entscheidung ergibt sich aus dem Anspruch des Beklagten auf „passiven Rechtsschutz“.54 Denn wird der Beklagte bei ursprünglich unzulässiger und unbegründeter Klage zu Unrecht verklagt, woran auch eine spätere – etwaig weitere – Erledigung des Anspruchs nichts ändern kann, muss sein Recht bestehen bleiben, eine Klageabweisung zu erreichen.55 Dies ist ein „elemen­ tare[s] und selbstverständliche[s] Verteidigungsrecht[] des Beklagten“.56 Er hat daher einen Anspruch auf Sachentscheidung, sobald er in das Verfahren verwickelt ist.57 Dies ergibt sich auch aus den Vorschriften über die Klagerücknahme (§ 269 ZPO) und den Klageverzicht (§ 306 ZPO), wonach eine Partei nicht gegen den Willen der anderen das Verfahren ohne eine der materiellen Rechtskraft fähige Entscheidung über den Streitgegenstand beenden kann.58 Aufgrund der rechtskräftigen Entscheidung wird der Beklagte überdies davor geschützt, dass der Kläger die Klage mit demselben Streitgegenstand wiederholt.59 2. Behandlung der einseitigen Erledigungserklärung Die durch den Kläger vorgenommene und einseitig gebliebene Erklärung der Erledigung ist in entsprechender Anwendung der §§ 133, 157 BGB unter Berücksichtigung des Willens des Klägers auszulegen.60 Dabei ist zu beachten, dass dem Kläger bei Abgabe der Erklärung noch nicht klar ist, ob der Beklagte sich dieser Erklärung anschließen will und es noch zu einer übereinstimmenden Erledigungserklärung kommen kann, oder ob der Beklagte auf Klageabweisung beharren wird. Daher muss der Wille des Klägers bei Abgabe seiner Erledigungserklärung stets der gleiche sein, denn die Behandlung der Erklärung als einseitige oder als übereinstimmende nach § 91a ZPO hängt nur von der Reaktion des Beklagten ab.61 Wie bereits ausgeführt, ist der Wille des Klägers auf Verfahrensbeendigung unter Vermeidung einer ihn belastenden Kostenentscheidung gerichtet. Daher kann eine Umdeutung der Erledigungserklärung in eine normale Klagerücknahme (§ 269 ZPO) oder einen Klageverzicht (§ 306 ZPO) nicht erfolgen. In diesen Fällen 54

Ansorge, Die einseitige Erledigungserklärung, S. 51, 54. A. Blomeyer, JuS 1962, 212, 212; Westermeier, Die Erledigung der Hauptsache, S. 102. Vgl. BGH, Urteil vom 04.10.1962 – III ZR 104/61, NJW 1963, 48, 48. 56 BGH, Urteil vom 27.02.1992 – I ZR 35/90, NJW 1992, 2235, 2236. 57 BGH, Urteil vom 08.02.1989 – IV a ZR 98/87, BGHZ 106, 359, 367; Habscheid, JZ 1963, 624, 629; Jost/Sundermann, ZZP 105 (1992), 261, 263. 58 OLG Saarbrücken, Urteil vom 21.12.1966  – 1 U 106/66, NJW 1967, 2212, 2213;­ Habscheid, JZ 1963, 624, 629; Stuckert, Die Erledigung in der Rechtsmittelinstanz, S.  109. Vgl. auch BGH, Urteil vom 04.10.1962 – III ZR 104/61, NJW 1963, 48, 48. 59 Stuckert, Die Erledigung in der Rechtsmittelinstanz, S. 92 f.; Lindacher, Juristische Analysen 1970, 687, 700. Vgl. Jost/Sundermann, ZZP 105 (1992), 261, 279. 60 El-Gayar, Die einseitige Erledigungserklärung, S. 110. Vgl. Pape/Notthoff, JuS 1995, 912, 913; Göppinger, Die Erledigung des Rechtsstreits, S. 25. 61 El-Gayar, Die einseitige Erledigungserklärung, S. 111. 55

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würde der Kläger automatisch die Verfahrenskosten nach § 269 Abs. 3 Satz 2 ZPO beziehungsweise nach § 91 ZPO zu tragen haben.62 Zu der nun auftretenden Frage, wie die widerstreitenden Interessen der Parteien am gerechtesten berücksichtigt werden und wie mithin die einseitig gebliebene Erledigungserklärung auszulegen und insbesondere zu behandeln ist, werden Meinungen in diversen Ausformungen und Abwandlungen vertreten. Da die Behandlung der einseitigen Erledigungserklärung Auswirkungen auf einen bereits zuvor erlassenen Titel63 und damit auch auf die Frage nach der Möglichkeit der Festsetzung von Ordnungsmitteln nach der Erledigung hat, sollen nachfolgend die Hauptströmungen64 zusammengefasst und einer kritischen Betrachtung unterzogen werden. a) Erledigungserklärung als privilegierte Klagerücknahme aa) Begründungsansatz für die privilegierte Klagerücknahme Eine Ansicht sieht in der einseitigen Erledigungserklärung eine privilegierte Klagerücknahme.65 Es sei § 269 ZPO anzuwenden, wobei die Privilegierung für den Kläger darin zu erkennen sei, dass die Rücknahme ohne Zustimmung des Beklagten und ohne die Kostenentscheidung zu Lasten des Klägers erklärt werden könne.66 Nach dieser Ansicht wird dem Gericht durch die Erledigungserklärung die Entscheidungskompetenz über den Streitgegenstand entzogen, denn mit der Erklärung lasse der Kläger seinen Sachantrag fallen und verfolge nur noch den Kostenantrag weiter.67 Voraussetzung der Erledigung sei, dass die Klage zur Zeit der Erledigung zulässig und begründet war und durch einen Umstand während des Prozesses unzulässig oder unbegründet geworden ist; anderenfalls dürfe dem Beklagten die erstrebte Klageabweisung nicht genommen werden.68 Nur wenn eine Erledigung vorliege, 62 Vollkommer, in: Zöller, ZPO, § 91a Rn.  34; Ulmer, MDR 1963, 974, 975. Vgl. auch­ Rixecker, ZZP 96 (1983), 505, 510 f. 63 Dazu später 5. Kap. C., S. 154 ff. 64 Es gibt neben diesen Hauptströmungen noch unzählige weitere, vermittelnde Ansätze. Eine gute Zusammenfassung und Darstellung findet sich bei El-Gayar, Die einseitige Erledigungserklärung, S. 31 ff., insbesondere S. 78 ff., und bei Vogeno, Die einseitige Erledigungserklärung, S. 23 ff. 65 A. Blomeyer, JuS 1962, 212, 213. Vgl. A. Blomeyer, Zivilprozeßrecht, § 64 I. (S.  333);­ Vogeno, Die einseitige Erledigungserklärung, S. 120. Vgl. auch J. Blomeyer, NJW 1982, 2750, 2752, der dies allerdings nur bis zum Beginn der mündlichen Verhandlung annimmt und nach diesem Zeitpunkt von einem privilegierten Klageverzicht ausgeht. 66 A. Blomeyer, JuS 1962, 212, 213; vgl. Vogeno, Die einseitige Erledigungserklärung, S. 134. 67 A. Blomeyer, Zivilprozeßrecht, § 64 I. (S. 333). 68 A. Blomeyer, JuS 1962, 212, 213; A. Blomeyer, Zivilprozeßrecht, § 64 I. (S. 334 f.). Vgl. J. Blomeyer, NJW 1982, 2750, 2752. Vgl. auch Vogeno, Die einseitige Erledigungserklärung, S. 133, mit der Einschränkung, dass es insoweit nur auf das schlüssige klägerische Vorbringen ankomme.

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4. Kap.: Erledigung im Rechtsstreit

trete die Wirkung der Klagerücknahme, mithin das Entfallen der Rechtshängigkeit des ursprünglichen Anspruchs, unmittelbar ein.69 Das Gericht stelle dann durch Urteil die Erledigung des Rechtsstreits in der Hauptsache fest und entscheide über die Kosten.70 Innerhalb dieser Ansicht wird dabei nicht einheitlich beurteilt, ob das Gericht eine Sachentscheidung über den klageweise geltend gemachten Anspruch dahingehend treffe, dass dieser erst mit der Erledigung fortgefallen sei, so dass dem Urteil auch dahingehende Rechtskraft zukomme,71 oder ob der Rechtsstreit ohne Sachentscheidung durch Beschluss entsprechend § 269 Abs.  3, 4 ZPO ende, so dass die Klage jederzeit erneut erhoben werden könne.72 Hiervon hängt die Frage der Kostenentscheidung ab, auch wenn die Vertreter beider Überlegungen im Ergebnis zu einer analogen Anwendung des § 93 ZPO gelangen. Bei Annahme eines Sachurteils soll die Kostenentscheidung nach den allgemeinen Grundsätzen ergehen, wobei der Kläger einer Kostenlast analog § 93 ZPO entgehen könne, wenn er die Erledigung „sofort“ erkläre.73 Bei Annahme eines rein deklaratorischen Ausspruchs der Erledigung hingegen soll die Kostenentscheidung abweichend von der grundsätzlichen Kostenlast des § 269 ZPO ergehen. Es bedürfe im Falle der privilegierten Klagerücknahme einer anderen Kostenfolge, weshalb der Beklagte auch hiernach analog § 93 ZPO die Kosten zu tragen habe, wenn der Kläger auf das erledigende Ereignis hin sofort die Erledigung erkläre.74 Liege eine Erledigung in dem Sinne, dass die ursprünglich zulässige und­ begründete Klage durch ein später eingetretenes Ereignis unzulässig oder unbegründet wurde, hingegen nicht vor, sei die Erledigungserklärung wirkungslos und die Klage durch Sachurteil wie bei einer unzulässigen Klagerücknahme abzu­ weisen.75 bb) Kritik Gegen die Behandlung der Erledigungserklärung als privilegierte Klagerücknahme entsprechend § 269 ZPO spricht, dass bei Durchsetzung der vorgeschlagenen Privilegierungen schon keine Klagerücknahme im eigentlichen Sinne mehr vorliegt.76 Überdies ist bei der Situation der Erledigung des Klageanspruchs keine vergleichbare, sondern grundsätzlich eine andere Motivationslage und eine andere 69

Vogeno, Die einseitige Erledigungserklärung, S. 120. Vgl. A. Blomeyer, JuS 1962, 212, 213. A. Blomeyer, Zivilprozeßrecht, § 64 I. (S. 335); A. Blomeyer, JuS 1962, 212, 214. 71 A. Blomeyer, Zivilprozeßrecht, § 64 I. (S. 336). 72 Vogeno, Die einseitige Erledigungserklärung, S. 134. Vgl. A. Blomeyer, JuS 1962, 212, 214. 73 A. Blomeyer, Zivilprozeßrecht, § 64 I. (S. 336). 74 A. Blomeyer, JuS 1962, 212, 213. Vgl. auch J. Blomeyer, NJW 1982, 2750, 2753. Anders Vogeno, Die einseitige Erledigungserklärung, S. 135, der § 91a ZPO entsprechend anwenden will. 75 A. Blomeyer, Zivilprozeßrecht, § 64 I. (S. 335). 76 So Pfeffer, Die einseitige Erledigungserklärung, S. 41. 70

C. Übereinstimmende, einseitige und teilweise Erledigungserklärung

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Zielrichtung der Erklärung gegeben als bei einer Klagerücknahme.77 Gemeinsam ist beiden Situationen lediglich, dass der Kläger keinen Wert mehr auf eine Entscheidung des Gerichts über seinen zunächst geltend gemachten Anspruch legt. Im Falle der Klagerücknahme basiert dies aber auf seinem freien Willen, während die Erledigung den Kläger quasi zur Abgabe der Erledigungserklärung zwingt, um mit seiner nunmehr erfolglosen Klage nicht abgewiesen zu werden.78 Denn während bei der Klagerücknahme in der Regel die Erfolglosigkeit der Klage bereits von Anfang an gegeben ist, tritt sie bei der Erledigungserklärung erst später ein.79 Hier ist der Kläger aufgrund nachträglich veränderter Umstände gezwungen, auf die neue Sachlage mit der Erledigungserklärung zu reagieren. Er verfolgt dann sein Rechtsschutzgesuch lediglich ab dem Zeitpunkt der Erledigung nicht mehr weiter, während er es bei der Klagerücknahme gänzlich zurücknimmt.80 Aufgrund nicht vergleichbarer Umstände und anderer Motivation bei Abgabe der Erklärung ist die einseitige Erledigungserklärung nicht als privilegierte Klagerücknahme zu behandeln. b) Erledigungserklärung als privilegierter Klageverzicht aa) Begründungsansatz für den privilegierten Klageverzicht Andere sehen in der einseitigen Erledigungserklärung einen privilegierten Klage­ verzicht.81 Es gehe bei der einseitigen Erledigungserklärung lediglich darum, den Kläger von den Verfahrenskosten freizuhalten, was über eine entsprechende Anwendung von § 93 ZPO erfolgen könne. Im Gegenzug müsse der Kläger aber einen sofortigen Klageverzicht erklären,82 nur dann sei es gerechtfertigt, ihn vor einer belastenden Kostenentscheidung zu bewahren.83 Um dem Beklagten die Kosten­ 77 Westermeier, Die Erledigung der Hauptsache, S. 119 f.; Assmann, in: Erlanger FS Schwab, S. 179, 194; Pfeffer, Die einseitige Erledigungserklärung, S. 40. 78 Assmann, in: Erlanger FS Schwab, S. 179, 194 f. 79 Vgl. Assmann, in: Erlanger FS Schwab, S. 179, 195. 80 Assmann, in: Erlanger FS Schwab, S. 179, 184. 81 Lindacher, Juristische Analysen 1970, 687, 705; Grunsky, Grundlagen des Verfahrensrechts, § 12 III.1. (S. 95). Vgl. Grunsky, in: FS Schwab, S. 165, 176; auch J. Blomeyer, NJW 1982, 2750, 2752, der einen Klageverzicht allerdings erst nach Beginn der mündlichen Verhandlung annimmt und vorher von einer privilegierten Klagerücknahme ausgeht. 82 Temming, Der Einfluss der Erledigung, S. 207, 224; Grunsky, Grundlagen des Verfahrensrechts, § 12 III.1. (S. 95). Vgl. auch Grunsky, in: FS Schwab, S. 165, 176 f., der aber in Fällen eines materiellrechtlichen Kostenerstattungsanspruchs eine Ausnahme macht, da dem Kläger dann ein Fallenlassen des Hauptsacheantrags nicht zugemutet werden könne. Vgl. auch ­Haubelt, ZZP 89 (1976), 192, 197, speziell bei Erledigung vor Rechtshängigkeit, die dem Kläger erst nach Beginn der mündlichen Verhandlung bekannt wird. Vgl. auch Herget, in: Zöller, ZPO, § 93 Rn. 2; J. Blomeyer, NJW 1982, 2750, 2753. Anders Lindacher, Juristische Analysen 1970, 687, 705, der § 91a ZPO analog anwenden will. 83 Temming, Der Einfluss der Erledigung, S. 207.

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4. Kap.: Erledigung im Rechtsstreit

auferlegen zu können sei allerdings auch erforderlich, dass die Klage ursprünglich zulässig und begründet gewesen sei, da anderenfalls der Kläger den Prozess unberechtigt veranlasst habe und dem Beklagten ein Recht auf rechtskraftfähige Abweisung der Klage zustünde, so dass ihm die Kosten schon aus diesem Grunde nicht auferlegt werden könnten.84 Das nach Verzicht des Klägers ergehende klageabweisende Urteil entfalte dahingehende Rechtskraft, dass feststehe, dass dem Kläger gegen den Beklagten keine Forderung zustehe. Ob dies ursprünglich anders gewesen sei, darüber treffe das Urteil keine der Rechtskraft fähige Aussage, denn die Frage der ursprünglichen Zulässigkeit und Begründetheit vor Erledigung sei allein für die Kostenentscheidung relevant.85 bb) Kritik Auch gegen die Auslegung einer Erledigungserklärung als privilegierter Klage­ verzicht sprechen die abweichenden Umstände und die grundsätzlich andere Motivationslage des Erklärenden. Wie auch bei einer Klagerücknahme setzt ein Klageverzicht grundsätzlich Freiwilligkeit voraus, wovon bei der einseitigen Erledigungserklärung wegen nachträglich eingetretener Umstände nicht ausgegangen werden kann.86 Auch kann auf etwas, was sich erledigt hat, nicht mehr verzichtet werden.87 Überdies führt ein Verzicht zu einem abweisenden Sachurteil über den ursprünglichen Anspruch des Klägers. Ein solches wird von ihm im Falle der Erledigung aber gerade nicht angestrebt.88 Denn der Beklagte könnte ansonsten nach diesem Verzichtsurteil, welches rechtskräftig feststellt, dass der geltend gemachte Anspruch des Klägers nicht bestehe, seine Leistung nach § 812 BGB zurückverlangen, wenn die Erledigung aufgrund von Erfüllung eingetreten ist. Schließlich stünde aufgrund des Verzichtsurteils rechtskräftig fest, dass der Kläger keinen Rechtsgrund für das Behaltendürfen der Leistung hat.89 Dies wird der Interessenlage nicht gerecht und ist daher abzulehnen. Die einseitige Erledigungserklärung ist mithin auch nicht als privilegierter Klageverzicht zu behandeln.

84 Grunsky, in: FS Schwab, S.  165, 177, 178. Vgl. Grunsky, Grundlagen des Verfahrensrechts, § 12 III.2. (S. 97); Temming, Der Einfluss der Erledigung, S. 222. 85 Grunsky, in: FS Schwab, S. 165, 178; wohl auch Grunsky, Grundlagen des Verfahrensrechts, § 12 III.2. (S. 100). Vgl. auch Temming, Der Einfluss der Erledigung, S. 197 f. 86 Schwab, ZZP 72 (1959), 127, 130; Müller-Tochtermann, NJW 1958, 1761, 1762; Stuckert, Die Erledigung in der Rechtsmittelinstanz, S. 105. Vgl. auch Assmann, in: Erlanger FS Schwab, S. 179, 195; Pfeffer, Die einseitige Erledigungserklärung, S. 49. 87 Pfeffer, Die einseitige Erledigungserklärung, S. 49. 88 Schumann, in: FG Vollkommer, S. 155, 175 f.; Westermeier, Die Erledigung der Hauptsache, S. 240 f.; Göppinger, Die Erledigung des Rechtsstreits, S. 29. 89 Stuckert, Die Erledigung in der Rechtsmittelinstanz, S.  106; Prütting/Wesser, ZZP 116 (2003), 267, 298.

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c) Erledigungserklärung als prozessuales Gestaltungsrecht aa) Begründungsansatz für das prozessuale Gestaltungsrecht Andere meinen, die Erledigungserklärung sei ein auf eine prozessuale Gestaltung in Form der Beendigung der Rechtshängigkeit gerichteter Antrag.90 Der Kläger lasse mit der einseitigen Erledigungserklärung seinen Klageantrag dergestalt fallen, dass er auf die Geltendmachung seines Anspruchs und die ursprünglich begehrte Sachentscheidung verzichte.91 Über diesen Anspruch könne das Gericht, da der Antrag nicht mehr gestellt werde, nach § 308 Abs. 1 ZPO daher auch nicht mehr entscheiden.92 Nach dieser Ansicht erlischt die Rechtshängigkeit des Klageanspruchs mit der Erklärung der Erledigung nicht.93 Der Kläger begehre vielmehr analog § 264 Nr. 2, 3 ZPO94 die Entscheidung, dass das Fallenlassen des bisherigen Antrags für zulässig erklärt und damit die Beendigung der Rechtshängigkeit des Streitgegenstands herbeigeführt werde, sowie dass der Beklagte die Kosten des Rechtsstreits zu tragen habe.95 Begehrt sei damit der Ausspruch einer Rechtsfolge, nämlich der Beendigung der Rechtshängigkeit,96 die mit der einseitigen Erledigungserklärung durch Urteil herbeigeführt werden soll.97 Dadurch werde die fehlende Zustimmung des Beklagten ersetzt.98 Der Ausspruch der Erledigung sei dabei eine echte Entscheidung und nicht nur Feststellung einer bereits eingetretenen Wirkung.99 Somit werde keine materielle Entscheidung über den Streitgegenstand getroffen, eine Feststellung i. S. v. § 256 ZPO sei gerade nicht begehrt.100 Das Gericht prüfe das erledigende Ereignis dahingehend, dass der Kläger kein Interesse mehr an seinem Klageanspruch habe, so dass dieser, während er unzulässig 90 Göppinger, Die Erledigung des Rechtsstreits, S. 44, 49; Göppinger, ZZP 70 (1957), 221, 225; Jost/Sundermann, ZZP 105 (1992), 261, 284. 91 Göppinger, Die Erledigung des Rechtsstreits, S.  27; Göppinger, AcP 156 (1957), 473, 474; wohl auch Göppinger, AcP 156 (1957), 424, 426. Vgl. Pfeffer, Die einseitige Erledigungserklärung, S. 112, 117. 92 Göppinger, Die Erledigung des Rechtsstreits, S. 28. 93 Göppinger, Die Erledigung des Rechtsstreits, S. 29; Göppinger, ZZP 70 (1957), 221, 224; Göppinger, ZZP 71 (1958), 75, 76; Pfeffer, Die einseitige Erledigungserklärung, S. 114; Jost/ Sundermann, ZZP 105 (1992), 261, 280. 94 Insoweit abweichend Pfeffer, Die einseitige Erledigungserklärung, S. 146, die eine Klage­ änderung nach § 263 ZPO annimmt. 95 Göppinger, Die Erledigung des Rechtsstreits, S. 36, 37, 41; Göppinger, AcP 156 (1957), 473, 474 f. Vgl. Pfeffer, Die einseitige Erledigungserklärung, S. 118. 96 Göppinger, Die Erledigung des Rechtsstreits, S.  36, 41; Pfeffer, Die einseitige Erledigungserklärung, S. 121. 97 Göppinger, Die Erledigung des Rechtsstreits, S. 42, 47, 154. 98 Göppinger, Die Erledigung des Rechtsstreits, S. 156. 99 Göppinger, Die Erledigung des Rechtsstreits, S. 42. 100 Göppinger, Die Erledigung des Rechtsstreits, S. 42 f.; Göppinger, AcP 156 (1957), 424, 427; Göppinger, ZZP 70 (1957), 221, 224.

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4. Kap.: Erledigung im Rechtsstreit

oder unbegründet wurde, zugleich gegenstandslos geworden sei. Dieser Anspruch müsse im Zeitpunkt der Erledigung zulässig gewesen sein, ob er auch begründet war, sei nicht relevant.101 Hierüber enthalte das Urteil daher auch keine rechtskräftige Feststellung.102 Das prozessuale Gestaltungsurteil erwachse derart in Rechtskraft, dass neben der Gestaltung, der Beendigung des Verfahrens, auch der Gestaltungsgrund von der Rechtskraft erfasst werde,103 die Rechtsänderung also dergestalt bindend festegestellt werde, dass die Rechtshängigkeit des Streitgegenstands aufgrund zulässiger Abstandnahme vom Sachantrag infolge einer späteren Veränderung der Rechtslage beendet sei.104 Die Kostenentscheidung werde analog § 91a ZPO getroffen.105 Hier nun solle es unter anderem auch darauf ankommen, ob die Klage ursprünglich begründet gewesen sei.106 bb) Kritik Gegen die Behandlung der Erledigungserklärung als prozessuales Gestaltungsrecht spricht schon der numerus clausus der Gestaltungsklagen.107 Überdies ist diese Ansicht in sich widersprüchlich, denn wenn der Erledigungserklärung kein prozessualer Anspruch zugrunde liegen soll und eine Entscheidung über den Streitgegenstand auch nicht getroffen wird, dann kann das Urteil auch nicht in­ materielle Rechtskraft erwachsen, insbesondere nicht im Hinblick auf den Erle­ digungsgrund.108 Überdies ist auch der Inhalt des mit der Erledigungserklärung gestellten Antrags unklar. Wenn eine Beendigung des Rechtsstreits herbeigeführt werden soll, dann kann ein Fallenlassen des Klageantrags eigentlich nicht erforderlich sein.109 Zudem hat der Beklagte ein Interesse an einer rechtskraftfähigen Entscheidung über den prozessualen Anspruch110 und die hier dem Urteil beigemessene Rechtskraft kann sich nur auf die rechtshängigkeitsbeendende Gestaltungsentscheidung 101

Göppinger, Die Erledigung des Rechtsstreits, S. 110; Pfeffer, Die einseitige Erledigungserklärung, S. 136, 143. 102 Jost/Sundermann, ZZP 105 (1992), 261, 285. 103 Pfeffer, Die einseitige Erledigungserklärung, S. 136, 154, 162. 104 Göppinger, Die Erledigung des Rechtsstreits, S.  160. Vgl. Jost/Sundermann, ZZP 105 (1992), 261, 284. 105 Göppinger, Die Erledigung des Rechtsstreits, S. 138; Pfeffer, Die einseitige Erledigungserklärung, S. 157; Jost/Sundermann, ZZP 105 (1992), 261, 285. 106 Daneben sollen aber auch die den §§ 92, 93 ZPO zugrunde liegenden Erwägungen Be­ achtung finden, Göppinger, Die Erledigung des Rechtsstreits, S. 139. 107 So Stuckert, Die Erledigung in der Rechtsmittelinstanz, S. 107. Vgl. auch Grunewald, ZZP 101 (1988), 152, 152 ff. m. w. N. in Fn. 1. 108 El-Gayar, Die einseitige Erledigungserklärung, S. 61. 109 El-Gayar, Die einseitige Erledigungserklärung, S. 58. 110 Stuckert, Die Erledigung in der Rechtsmittelinstanz, S.  108. Vgl. Habscheid, JZ 1963, 624, 629; Ansorge, Die einseitige Erledigungserklärung, S. 89.

C. Übereinstimmende, einseitige und teilweise Erledigungserklärung

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beziehen.111 Insofern wird auch dieser Ansatz der Interessenlage nicht gerecht. Die Behandlung der Erledigungserklärung als Klageänderung in eine prozessuale Gestaltungsklage ist abzulehnen. d) Erledigung durch Entscheidung im Zwischenstreitverfahren (Zwischenstreittheorie I) aa) Begründungsansatz für die Zwischenstreittheorie I Weiter wird vertreten, dass die Erledigungserklärung ein Rechtsinstitut eigener Art sei.112 Hiernach soll bei fortbestehender Rechtshängigkeit des ursprünglich geltend gemachten Anspruchs eine Entscheidung im Zwischenstreitverfahren ergehen, welche die Beendigung des Verfahrens in der Hauptsache ausspricht. Dabei handele es sich um eine prozessuale Erwirkungshandlung, welche an das Gericht gerichtet werde.113 Diese Erklärung führe aber nicht das Ende der Rechtshängigkeit herbei, sondern trage dem Gericht die Entscheidung über die Erledigung an.114 Dies mache eine Entscheidung des Gerichts über den möglichen Fortgang des Verfahrens beziehungsweise über dessen Beendigung erforderlich, da die Parteien sich gerade nicht einig sind. Mithin sei ein Zwischenstreit über die Erledigung zu führen.115 In diesem Zwischenstreitverfahren prüfe das Gericht, ob die Erledigung tatsächlich eingetreten sei. Dabei werde aber nur geprüft, ob der vom Kläger zunächst eingeklagte Anspruch nach Klageerhebung weggefallen sei.116 Eine Prüfung, ob die ursprünglich erhobene Klage auch zulässig und begründet gewesen sei, erfolge hingegen nicht.117 Gehe das Gericht nach Prüfung im Zwischenstreitverfahren davon aus, dass eine Erledigung vorliege, werde diese durch das Gericht festgestellt. Dabei handele es sich um ein Endurteil, welches dahingehend Rechtskraft entfalte, dass der ursprünglich geltend gemachte Anspruch während des Rechtsstreits gegenstands 111

Stuckert, Die Erledigung in der Rechtsmittelinstanz, S. 108. Schwab, ZZP 72 (1959), 127, 133; Zeiss/Schreiber, Zivilprozessrecht, Rn. 504; Lindacher, in: Münchener Kommentar ZPO, § 91a Rn.  92; El-Gayar, Die einseitige Erledigungserklärung, S. 197. 113 Schwab, ZZP 72 (1959), 127, 133. Vgl. El-Gayar, Die einseitige Erledigungserklärung, S. 202. 114 Schwab, ZZP 72 (1959), 127, 133, 135. 115 Müller-Tochtermann, JR 1958, 250, 251; Müller-Tochtermann, NJW 1958, 1761, 1763; Schwab, ZZP 72 (1959), 127, 135; Deubner, JuS 1962, 205, 210, 211; Zeiss/Schreiber, Zivilprozessrecht, Rn. 505 f.; Lindacher, in: Münchener Kommentar ZPO, § 91a Rn. 92. Vgl. ElGayar, Die einseitige Erledigungserklärung, S. 206. 116 Müller-Tochtermann, NJW 1958, 1761, 1763; Lindacher, in: Münchener Kommentar ZPO, § 91a Rn. 91. 117 Müller-Tochtermann, NJW 1958, 1761, 1763; Müller-Tochtermann, JR 1958, 250, 251; Walchshöfer, ZZP 90 (1977), 186, 187. Vgl. auch Schwab, ZZP 72 (1959), 127, 129. Abweichend Deubner, JuS 1962, 205, 210. 112

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4. Kap.: Erledigung im Rechtsstreit

los geworden sei.118 Eine neue Klage mit demselben Anspruch sei daher nicht mehr zulässig.119 Hinsichtlich der Kosten sei bei festgestellter Erledigung eine Entscheidung analog § 91a ZPO zu treffen,120 allerdings im Urteil und nicht in Beschlussform, da die Erledigung der Hauptsache im Urteil festgestellt werde.121 Gehe das Gericht hingegen davon aus, dass eine Erledigung gerade nicht eingetreten sei, ergehe entweder ein Zwischenurteil hierüber oder die Frage der Erledigung werde im Endurteil mitentschieden;122 in diesem habe das Gericht über die ursprünglich erhobene Klage und den anfänglich geltend gemachten Anspruch zu entscheiden, der aufgrund der nicht eingetretenen Erledigung nach wie vor existent sei.123 Denn die Erledigung sei ein Antrag im Zwischenstreit, weshalb der Kläger nach Erlass des negativ beschiedenen Urteils im Hinblick auf die Erledigung wieder auf seinen ursprünglichen Klageantrag zurückgreifen könne. Hinsichtlich der Kosten erfolge im Zwischenurteil keine Entscheidung, da das Verfahren über den ursprünglichen Anspruch noch nicht beendet sei und erst die Entscheidung hierüber maßgeblich für die Kosten sei.124 Im Endurteil müsste hiernach dann folglich die normale Kostenentscheidung nach §§ 91, 92 ZPO getroffen werden. bb) Kritik Auch diese Ansicht ist nicht frei von Widersprüchen. Einerseits soll das Gericht gerade keine Entscheidung über den prozessualen Anspruch treffen, sondern nur feststellen, ob ein Anspruch jetzt nicht mehr bestehe. Andererseits soll der Umfang der Rechtskraft aber so weit gehen, dass festgestellt werde, dass der Anspruch gegenstandslos geworden und eine neue Klage mit demselben prozessualen Anspruch nicht mehr zulässig sei. Einer solchen Interpretation steht aber schon § 322 ZPO entgegen, wonach die Rechtskraft nur so weit reicht, wie auch über den prozessualen Anspruch entschieden wird.125 118 Schwab, ZZP 72 (1959), 127, 136. Nur in diesem Punkt abweichend Lindacher, in: Münchener Kommentar ZPO, § 91a Rn. 96, 97, der in dem Urteil ein prozessuales Gestaltungsurteil sieht, welches die Rechtshängigkeit beende und gleichzeitig die jetzige Unzulässigkeit und Unbegründetheit des Anspruchs rechtskräftig feststelle. 119 Schwab, ZZP 72 (1959), 127, 136. Vgl. auch El-Gayar, Die einseitige Erledigungserklärung, S. 210 ff. 120 von Gamm, MDR 1956, 715, 717; Schwab, ZZP 72 (1959), 127, 132; Deubner, JuS 1962, 205, 211; Walchshöfer, ZZP 90 (1977), 186, 189; Zeiss/Schreiber, Zivilprozessrecht, Rn. 507. Anders Müller-Tochtermann, NJW 1958, 1761, 1764, der die Kostenentscheidung nach § 91 ZPO treffen will, wo aber der kostenrechtliche Grundgedanke des § 91a ZPO berücksichtigt werden müsse. 121 Deubner, JuS 1962, 205, 211; Zeiss/Schreiber, Zivilprozessrecht, Rn.  507. von Gamm, MDR 1956, 715, 717 hält sowohl Urteil als auch Beschluss über die Kosten für möglich. 122 Schwab, ZZP 72 (1959), 127, 135. Vgl. auch von Gamm, MDR 1956, 715, 717. 123 Schwab, ZZP 72 (1959), 127, 136. 124 Schwab, ZZP 72 (1959), 127, 132; Walchshöfer, ZZP 90 (1977), 186, 189. 125 Stuckert, Die Erledigung in der Rechtsmittelinstanz, S. 106 f.

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Überdies kann eine Beendigung der Rechtshängigkeit durch das Urteil, wie es von dieser Ansicht vertreten wird, schon rein logisch nicht mehr festgestellt werden. Bei der hiernach angenommenen Gegenstandslosigkeit des prozessualen Anspruchs fehlt es schon an einem Streitgegenstand, weshalb das Ende der Rechtshängigkeit automatisch eintreten müsste und der Rechtsstreit nicht erst durch das Urteil beendet werden kann.126 Überdies müsste konsequenterweise das nachfolgend ergehende Urteil, dem eine rechtshängigkeitsbeendende Wirkung im Hinblick auf den Streitgegenstand zugemessen wird, ein Gestaltungsurteil sein; das soll nach dieser Meinung jedoch gerade nicht der Fall sein.127 Somit ist auch die Behandlung der einseitigen Erledigungserklärung Rechtsinstitut eigener Art und die Beendigung des Rechtsstreits durch Entscheidung im Zwischenstreitverfahren abzulehnen. e) Erledigung durch Erklärung und deklaratorische Feststellung im Zwischenstreitverfahren (Zwischenstreittheorie II) aa) Begründungsansatz für die Zwischenstreittheorie II Nach einer anderen Ansicht soll die Erledigungserklärung ebenfalls ein „Institut eigener Art“128 sein. Im Unterschied zu der zuvor dargestellten Meinung soll die Erledigungserklärung selbst – im Falle tatsächlich vorliegender Erledigung – die Rechtshängigkeit der Hauptsache unmittelbar beenden. Voraussetzung für eine solche Erledigungserklärung sei, dass auch tatsächlich ein Erledigungsgrund vorliege.129 Für einen solchen komme es allerdings auf die ursprüngliche Zulässigkeit und Begründetheit der zunächst erhobenen Klage nicht an.130 Daher prüfe das Gericht nur, ob die Erklärung zulässig und wirksam sei und sich der Anspruch nach Klageerhebung tatsächlich erledigt habe. Werde dies vom Gericht bejaht, stelle es die bereits eingetretene Rechtsfolge, nämlich die Erledigung der Hauptsache und damit die Beendigung der Rechtshängigkeit, nur noch deklaratorisch fest.131 Bei diesem Urteil handele es sich um ein prozessuales Feststellungsurteil, welches keine Aussage über den mit dem ursprünglichen Klage­ antrag verfolgten Anspruch treffe.132 Die Kostenentscheidung ergehe dann analog § 91a ZPO.133

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El-Gayar, Die einseitige Erledigungserklärung, S. 51. Assmann, in: Erlanger FS Schwab, S. 179, 198. 128 Assmann, in: Erlanger FS Schwab, S. 179, 199. 129 Assmann, in: Erlanger FS Schwab, S. 179, 199. 130 Assmann, in: Erlanger FS Schwab, S. 179, 193; auch Assmann, in: FS Merle, S. 39, 48. 131 Assmann, in: Erlanger FS Schwab, S. 179, 199, 201, 203. 132 Assmann, in: Erlanger FS Schwab, S. 179, 203. 133 Assmann, in: Erlanger FS Schwab, S. 179, 203. 127

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4. Kap.: Erledigung im Rechtsstreit

Liege eine Erledigung hingegen nicht vor, sei die Erledigungserklärung unzulässig. Dies werde entweder in einem Zwischenurteil oder in den Gründen des Endurteils festgestellt. Dieses Endurteil sei ein normales Sachurteil, bei welchem sich die Kostenentscheidung nach § 91 ZPO richte.134 bb) Kritik Vorteil dieser Auffassung ist die zügige Beendigung des Rechtsstreits, ohne dass eine umfassende Prüfung der materiellen Rechtslage im Hinblick auf die – nunmehr unzweifelhaft erledigte – ursprüngliche Zulässigkeit und Begründetheit der Klage vorzunehmen wäre. Allerdings werden dadurch die Belange des Beklagten und dessen Interesse an einer der Rechtskraft fähigen Entscheidung über den ursprünglich geltend gemachten Anspruch nicht hinreichend beachtet. Zwar wird dem Beklagten die Möglichkeit eingeräumt, hinsichtlich des ursprünglich geltend gemachten Anspruchs eine negative Feststellungsklage zu erheben,135 womit seine Interessen als hinreichend gewahrt betrachtet werden.136 Dies berücksichtigt aber dennoch nicht das Interesse des Beklagten an einer rechtskräftigen Entscheidung in eben dem Prozess, in den er hineingezogen wurde. Er darf insoweit nicht auf einen von ihm selbst anzustrengenden Folgeprozess verwiesen werden.137 Denn er hat ein Anrecht auf ein Urteil über jeden gegen ihn erhobenen Anspruch.138 ­Darauf kann er freiwillig verzichten, indem er sich der Erledigungserklärung des Klägers anschließt oder auch einer Klagerücknahme zustimmt.139 Tut er dies aber nicht, darf er nicht schlicht auf einen Folgeprozess verwiesen werden. Eine andere Möglichkeit stünde dem Beklagten aber nicht zur Verfügung, insbesondere könnte er seine negative Feststellungsklage nicht als Widerklage erheben. Deren Voraussetzung ist die Rechtshängigkeit der Hauptklage, welche zum Zeitpunkt der Erhebung der Widerklage noch andauern muss.140 Nach dieser Ansicht entfällt die Rechtshängigkeit im Falle der tatsächlich eingetretenen Erledigung aber bereits mit Abgabe der Erledigungserklärung, so dass ab diesem Zeitpunkt eine Widerklage zulässigerweise nicht mehr erhoben werden kann und dem Beklagten für seine negative Feststellungsklage tatsächlich nur die Anstrengung eines Folgeprozesses bliebe. 134

Assmann, in: Erlanger FS Schwab, S. 179, 203 f. Assmann, in: Erlanger FS Schwab, S. 179, 193; auch Assmann, in: FS Merle, S. 39, 49. 136 Assmann, in: Erlanger FS Schwab, S. 179, 205. 137 Vgl. Lindacher, Juristische Analysen 1970, 687, 704. 138 BGH, Urteil vom 14.05.1979 – II ZR 15/79, MDR 1979, 1000, 1001. 139 Vgl. Müller-Tochtermann, NJW 1958, 1761, 1762. Der Zustimmung bedarf es zwar erst nach Beginn der mündlichen Verhandlung, der Beklagte wird aber über § 269 Abs. 6 ZPO zumindest partiell geschützt, wenn die Klage erneut angestrengt wird. 140 BGH, Urteil vom 18.04.2000 – VI ZR 359/98, NJW_RR 2001, 60, 60; BGH, Urteil vom 16.10.2008 – III ZR 253/07, NJW 2009, 148, 150. Roth, in: Stein/Jonas, ZPO, § 33 Rn. 18;­ Patzina, in: Münchener Kommentar ZPO, § 33 Rn.  12; Vollkommer, in: Zöller, ZPO, § 33 Rn. 17; Hausmann, in: Wieczorek/Schütze, ZPO, § 33 Rn. 19. 135

C. Übereinstimmende, einseitige und teilweise Erledigungserklärung

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Gegen diese Ansicht spricht weiter, dass es für die Annahme einer rechtshängigkeitsbeendenden Wirkung grundsätzlich eines gesetzlich geregelten Tatbestandes wie beispielsweise § 269 Abs. 3 ZPO oder auch § 91a ZPO bedarf. Eine solche Wirkung kann einer einfachen Erklärung ohne einer diesen vergleichbaren Regelung gerade nicht zukommen. Daher ist auch die Ansicht, wonach der Rechtsstreit durch die Erledigungserklärung selbst unmittelbar beendet werde, abzu­lehnen. f) Erledigungserklärung als privilegierte Klageänderung aa) Begründungsansatz für die privilegierte Klageänderung Die einseitige Erledigungserklärung ist mit der herrschenden Meinung als­ Klageänderung nach § 264 Nr.  2 ZPO zu behandeln.141 Die hiernach geänderte Klage ist gerichtet auf die Feststellung, dass der Anspruch ursprünglich zulässig und begründet war und infolge eines nachträglichen Ereignisses erloschen ist, sich also die Hauptsache erledigt hat.142 Bei der einseitigen Erledigungserklärung des Klägers handelt es sich mithin um einen Antrag, die Erledigung der Hauptsache durch Urteil auszusprechen. Dieses Urteil ist ein Feststellungsurteil.143

141 BGH, Urteil vom 07.06.2001  – I ZR 157/98, NJW 2002, 442, 442; BGH, Urteil vom 19.06.2008 – IX ZR 84/07, NJW 2008, 2580, 2580; Vollkommer, in: Zöller, ZPO, § 91a Rn. 34; Hüßtege, in: Thomas/Putzo, ZPO, § 91a Rn. 32; Lackmann, in: Musielak, ZPO, § 91a Rn. 29; Zimmermann, ZPO, § 91a Rn. 21; Schellhammer, Zivilprozess, Rn. 1721 (S. 810); Habscheid, in: FS Lent, S. 153, 167; Habscheid, JZ 1963, 624, 625; auch Habscheid, RPfleger 1955, 33, 36; Furtner, JR 1961, 249, 249. Wohl auch Deppert, in: FS Wenzel, S. 23, 31. Für eine Behandlung nach § 264 Nr. 3 ZPO: Ulmer, Die einseitige Erklärung der Erledigung, S. 56; Ulmer, MDR 1963, 974, 977; Ulmer, NJW 1967, 2330, 2330; Ansorge, Die einseitige Erledigungserklärung, S. 132, 157; Rosenberg/Schwab/Gottwald, Zivilprozessrecht, § 131 Rn. 22 (S. 749); Bork, in: Stein/Jonas, ZPO, § 91a Rn. 47. Für eine Behandlung als stets sachdienlich nach § 263 ZPO: OLG Saarbrücken, Urteil vom 21.12.1966 – 1 U 106/66, NJW 1967, 2212, 2213; Stuckert, Die Erledigung in der Rechtsmittelinstanz, S. 117; G. Lüke, in: FS Weber, S. 323, 332; wohl auch Prütting/Wesser, ZZP 116 (2003), 267, 301. 142 Bork, in: Stein/Jonas, ZPO, § 91a Rn.  48; Rosenberg/Schwab/Gottwald, Zivilprozessrecht, § 131 Rn.  22, 32 (S.  749, 750); Habscheid, in: FS Lent, S.  153, 166; Habscheid, JZ 1963, 624, 625; Stuckert, Die Erledigung in der Rechtsmittelinstanz, S. 109; G. Lüke, in: FS Weber, S. 323, 332. Vgl. BGH, Urteil vom 08.02.1989 – IVa ZR 98/87, BGHZ 106, 359, 366 f.; BGH, Urteil vom 02.03.1999 – VI ZR 71/98, NJW 1999, 2516, 2517; OLG Saarbrücken, Urteil vom 21.12.1966 – 1 U 106/66, NJW 1967, 2212, 2213; vgl. auch Ulmer, MDR 1963, 974, 976. 143 OLG Saarbrücken, Urteil vom 21.12.1966  – 1 U 106/66, NJW 1967, 2212, 2213;­ Habscheid, in: FS Lent, S. 153, 167.

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4. Kap.: Erledigung im Rechtsstreit

(1) Dogmatische Einordnung als Klageänderung nach § 264 Nr. 2 ZPO Die Änderung einer Leistungsklage in eine Feststellungsklage stellt eine nach § 264 Nr.  2 ZPO stets zulässige Klageänderung in Form der Beschränkung des Klageantrags dar. Eine Klageänderung liegt immer bei Änderung des mit der Klageschrift festgelegten Streitgegenstandes vor.144 Der Streitgegenstand setzt sich dabei mit der herrschenden Meinung nach dem zweigliedrigen Streitgegenstandsbegriff aus dem Klageantrag und dem Klagegrund, das heißt dem zu seiner Begründung vorgetragenen Lebenssachverhalt zusammen.145 Eine Klageänderung liegt dann bei Änderung entweder des Klageantrags oder des Klagegrundes oder von beiden vor.146 Selbst wenn man den Streitgegenstand eingliedrig allein nach dem Klageantrag bestimmen wollte,147 läge bei Änderung des Leistungs- in ein Feststellungsbegehren unzweifelhaft eine Klageänderung vor. Eine Änderung des Klagegrundes liegt bei einem solchen Übergang in ein Feststellungsbegehren regelmäßig nicht vor. So lange der Gesamttatbestand derselbe bleibt, können auch neue Tatsachen, die erst während des Prozesses eingetreten sind, vorgebracht werden, ohne dass darin eine Änderung des Klagegrundes liegt.148 Um eine solche Tatsache handelt es sich bei einem nach Rechtshängigkeit eingetretenen erledigenden Ereignis. Mangels Änderung des Klagegrundes bei Übergang vom Leistungs- zum Feststellungsbegehren, handelt es sich bei einer solchen Änderung nach allgemeiner Meinung um eine nach § 264 Nr.  2 ZPO stets zulässige Form der Klageände­ 144

Assmann, in: Wieczorek/Schütze, ZPO, § 263 Rn.  6; Roth, in: Stein/Jonas, ZPO, § 263 Rn.  4; Saenger, in: Saenger, ZPO, § 263 Rn.  1; Rosenberg/Schwab/Gottwald, Zivilprozessrecht, § 99 Rn. 1 (S. 545). 145 BGH, Urteil vom 19.12.1991  – IX ZR 96/91, BGHZ 117, 1, 5; BGH, Urteil vom 03.04.2003 – I ZR 1/01, NJW 2003, 2317, 2318; BGH, Urteil vom 24.05.2012 – IX ZR 168/11, NJW 2012, 2180, 2182; Saenger, in: Saenger, ZPO, Einführung Rn. 109; Becker-Eberhard, in: Münchener Kommentar ZPO, Vor §§ 253 ff. Rn.  32; Rosenberg/Schwab/Gottwald, Zivilprozessrecht, § 99 Rn. 1 (S. 545); Zeiss/Schreiber, Zivilprozessrecht, Rn. 311; W. Lüke, Zivilprozessrecht, § 14 Rn. 162; Habscheid, in: FS Schwab, S. 181, 187; v. Ungern-Sternberg, GRUR 2009, 901, 903; Habscheid, Der Streitgegenstand im Zivilprozess, S. 205. 146 BGH, Urteil vom 16.09.2008  – IX ZR 172/07, NJW 2008, 3570, 3571; Assmann, in:­ Wieczorek/Schütze, ZPO, § 263 Rn.  6; Saenger, in: Saenger, ZPO, § 263 Rn.  2; Geisler, in:­ Prütting/Gehrlein, ZPO, § 263 Rn. 2; Rosenberg/Schwab/Gottwald, Zivilprozessrecht, § 99 Rn. 1 (S. 545); Zeiss/Schreiber, Zivilprozessrecht, Rn. 351; W. Lüke, Zivilprozessrecht, § 15 Rn. 170. 147 Schwab, Der Streitgegenstand im Zivilprozess, S. 190, 199 f.; Schwab, JuS 1965, 81, 83 f.; Schwab, JuS 1976, 69, 71 f. Eine relative Betrachtung des Streitgegenstands, die diesen einoder zweigliedrig je nach prozessualer Situation bestimmt, so Roth, in: Stein/Jonas, ZPO, vor § 253 Rn. 46 ff., geht für die Klageänderung vom eingliedrigen Streitgegenstand aus, Roth, in: Stein/Jonas, ZPO, § 263 Rn. 4. Wohl auch Vollkommer, in: Zöller, ZPO, Einleitung Rn. 61 ff. 148 Assmann, in: Wieczorek/Schütze, ZPO, § 263 Rn. 25; vgl. auch RG, Urteil vom 19.05.1920 – V 129/19, RGZ 99, 172, 176.

C. Übereinstimmende, einseitige und teilweise Erledigungserklärung

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rung.149 Damit ist kein Grund ersichtlich, warum nicht auch die einseitige Erledigungserklärung, die nichts anderes ist als eine solche Änderung des Klagebegehrens, nicht nach § 264 Nr. 2 ZPO eine stets zulässige Klageänderung sein sollte.150 (2) Inhalt der Klageänderung und Auswirkung auf den Streitgegenstand Inhaltlich wird bei der Klageänderung lediglich die Art des Rechtsschutzes von einem Leistungs- in ein Feststellungsbegehren geändert. Dies stellt eine qualitative Beschränkung im Sinne von § 264 Nr. 2 ZPO dar.151 Denn in der Leistungsklage ist das Feststellungsbegehren bereits als Minus mit enthalten,152 so dass der Feststellungsantrag nur eine Einschränkung des Leistungsantrags darstellt.153 Diese Einschränkung besteht darin, dass für die Zukunft ein Leistungsbegehren nicht mehr geltend gemacht wird, während dessen positives Bestehen in der Vergangenheit noch festgestellt werden soll. Damit handelt es sich bei dem Antrag auf Feststellung der Erledigung um einen Sachantrag, der zwar einen neuen Streitgegenstand bildet,154 jedoch aus dem bisherigen prozessualen Anspruch hervorgeht.155 Der geänderte Klageantrag beruht noch auf dem früheren Streitgegenstand.156 Nur der qualitative Umfang des Begehrens wird beschränkt, und auch dies ausschließlich für die Zukunft. Daher bleibt 149 RG, Urteil vom 05.07.1943 – III 37/43, RGZ 171, 202, 203; BGH, Urteil vom 04.10.1984 – VII ZR 162/83, NJW 1985, 1784, 1784; OLG Celle, Urteil vom 27.06.1974 – 5 U 138/73, VersR 1975, 264, 264. Assmann, in: Wieczorek/Schütze, ZPO, § 263 Rn. 13; Roth, in: Stein/­Jonas, ZPO, § 263 Rn. 7; Greger, in: Zöller, ZPO, § 264 Rn. 3b; Zimmermann, ZPO, § 264 Rn. 3. 150 BGH, Urteil vom 07.06.2000 – I ZR 157/98, NJW 2002, 442, 442; OLG Celle, Beschluss vom 14.08.1970 – 5 W 19/70, NJW 1970, 2113, 2113; Hartmann, in: Baumbach/Lauterbach/ Albers/Hartmann, ZPO, § 264 Rn. 16; Walther, NJW 1994, 423, 424. 151 OLG Düsseldorf, Urteil vom 20.07.2011 – U (Kart) 11/11, NJW 2012, 85, 86; Assmann, in: Wieczorek/Schütze, ZPO, § 264 Rn. 44; Musielak, Grundkurs ZPO, Rn. 200; Becker-Eberhard, in: Münchener Kommentar ZPO, § 264 Rn. 11, 18; Foerste, in: Musielak, ZPO, § 264 Rn. 5; Greger, in: Zöller, ZPO, § 264 Rn.  3b; Rosenberg/Schwab/Gottwald, Zivilprozessrecht, § 99 Rn.  13 (S.  547); Jauernig/Hess, Zivilprozessrecht, § 41 Rn.  7; Walther, NJW 1994, 423, 424. Vgl. Greger, in: Zöller, ZPO, § 264 Rn.  3b. Vgl. auch OLG München, Beschluss vom 22.04.1975 – 23 W 963/75, NJW 1975, 2021, 2021. 152 BGH, Urteil vom 31.01.1984 – VI ZR 150/82, NJW 1984, 2295, 2295; Musielak, Grundkurs ZPO, Rn. 200. 153 BGH, Urteil vom 31.01.1984 – VI ZR 150/82, NJW 1984, 2295, 2295; OLG Celle, Urteil vom 27.06.1974  – 5  U  138/73, VersR 1975, 264, 264; KG, Urteil vom 11.09.1998  – 18 U 786/98, MDR 1999, 185, 185; Assmann, in: Wieczorek/Schütze, ZPO, § 263 Rn.  13;­ Bremkamp, JA 2010, 207, 209. 154 Anders BAG, Urteil vom 14.12.2010  – 9 AZR 642/09, NJW 2011, 1988, 1990: Klage­ änderung nach § 264 Nr. 2 ZPO ist keine Änderung des Streitgegenstandes. 155 Habscheid, in: FS Lent, S. 153, 169. 156 OLG Saarbrücken, Urteil vom 21.12.1966 – 1 U 106/66, NJW 1967, 2212, 2213. Vgl. Habscheid, in: FS Lent, S. 153, 169.

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4. Kap.: Erledigung im Rechtsstreit

der für erledigt erklärte Anspruch insoweit verfahrensrechtlich gesehen die – reduzierte – Hauptsache und seine Rechtshängigkeit endet nicht.157 (3) Entscheidung über die geänderte Klage Über die geänderte Klage wird dahingehend entschieden, dass der Richter die Erledigung prüft. Dafür ist nicht nur der Eintritt eines erledigenden Ereignisses im Tatsächlichen erforderlich, sondern zugleich muss die ursprüngliche Klage zunächst zulässig und begründet gewesen sein, dann aber unzulässig oder unbegründet geworden sein.158 Denn erledigen kann sich nur etwas, was einmal vorhanden war.159 Damit umfasst die vom Richter zu treffende Entscheidung den alten Streitgegenstand jedenfalls bis zum Zeitpunkt der Erledigung vollumfänglich mit, denn die Rechtmäßigkeit des Klagebegehrens ab Klageerhebung, auf welche der ursprüngliche Klageantrag gerichtet war, wird noch geltend gemacht. Lediglich im Hinblick auf das positive Leistungsbegehren ab dem Zeitpunkt der Erledigung wird der Klageantrag für die Zukunft beschränkt und nur dieses Begehren wird nicht mehr weiterverfolgt. Die vom Gericht getroffene Entscheidung erwächst in den Grenzen des § 322 Abs. 1 ZPO in materielle Rechtskraft.160 Die Rechtskraft umfasst damit auch, dass der geltend gemachte Anspruch bei Klageerhebung zulässig und begründet war und dass er später unzulässig oder unbegründet geworden ist.161 So wird ein neuer Prozess über den nun abgeurteilten Streitgegenstand verhindert.162 Während früher hinsichtlich der Kostentragung noch für eine Anwendung von § 93 ZPO analog plädiert wurde und dem Beklagten die Kosten auferlegt werden sollten wenn der Kläger die Erledigung unverzüglich erklärte,163 ist es heute unter den Vertretern der Klageänderungstheorie allgemein anerkannt, dass die Kostenverteilung nach den allgemeinen Regeln gem. §§ 91, 92 ZPO stattzufinden habe.164

157 BGH, Beschluss vom 11.03.1997  – X ZB 10/95, BGHZ 135, 58, 62; Vollkommer, in:­ Zöller, ZPO, § 91a Rn. 34. Vgl. auch BGH, Urteil vom 29.10.2009 – I ZR 191/07, NJW 2010, 2270, 2272. 158 OLG Saarbrücken, Urteil vom 21.12.1966  – 1 U 106/66, NJW 1967, 2212, 2213;­ Habscheid, in: FS Lent, S. 153, 169. 159 Ansorge, Die einseitige Erledigungserklärung, S. 186, 187. 160 Habscheid, in: FS Lent, S. 153, 172. 161 Habscheid, RPfleger 1955, 33, 36; Habscheid, JZ 1963, 624, 625; G. Lüke, in: FS Weber, S. 323, 334. 162 Habscheid, in: FS Lent, S. 153, 171. 163 Habscheid, RPfleger 1955, 33, 36; Habscheid, in: FS Lent, S. 153, 172. 164 BGH, Urteil vom 30.09.1968 – VIII ZR 37/68, NJW 1968, 2243, 2243; BGH, Urteil vom 18.02.1957 – II ZR 287/54, BGHZ 23, 333, 340; Vollkommer, in: Zöller, ZPO, § 91a Rn. 47; Hüßtege, in: Thomas/Putzo, ZPO, § 91a Rn. 39; Ansorge, Die einseitige Erledigungserklärung, S. 233; G. Lüke, in: FS Weber, S. 323, 334.

C. Übereinstimmende, einseitige und teilweise Erledigungserklärung

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bb) Kritik Die an der Klageänderungstheorie geübte Kritik stützt sich auf einen unökonomischen Verfahrensaufwand sowie darauf, dass die Klageänderung über das klägerische Begehren hinausgehe und der Kläger nunmehr unzulässigerweise eine Feststellung begehre, die gegen ihn selbst gerichtet sei. Außerdem fehle es dem Kläger am Rechtsschutzbedürfnis und der Streitgegenstand soll einer Entscheidung über den ursprünglichen Anspruch entgegenstehen. (1) Prozessunökonomischer Verfahrensaufwand Der Klageänderungstheorie wird entgegengehalten, dass sie einen prozessunökonomischen Verfahrensaufwand betreibe. Mit ihr werde die Rechtslage vollständig und unter Umständen mittels Durchführung einer umfangreichen Beweisaufnahme geklärt, bevor eine Entscheidung getroffen werde, obgleich der Kläger doch gar kein Interesse an seinem ursprünglichen Rechtschutzgesuch mehr habe.165 Dieser prozessökonomische Aspekt berücksichtigt aber nicht, dass bei der einseitigen Erledigungserklärung gerade keine Einigkeit zwischen den Parteien über die Frage der Erledigung der Hauptsache besteht. Schließlich streiten die Parteien noch weiter um die ursprüngliche Begründetheit des geltend gemachten Anspruchs. Dass bei der übereinstimmenden Erledigungserklärung prozessökonomisch nur noch eine summarische Prüfung der Hauptsache vorgenommen wird, findet seinen Grund darin, dass die Parteien sich dort jedenfalls über die Erledigung der Hauptsache einig sind. Bei der einseitigen Erledigungserklärung hingegen besteht über diese gerade kein Konsens. Darüber, ob der Anspruch ursprünglich gegeben war, sind die Parteien uneins. Daher wird mit Behandlung der einseitigen Erledigungserklärung als Klageänderung nicht ein unnötiger Prozess weitergeführt, sondern vielmehr durch die abschließende richterliche Prüfung des gesamten Sachverhalts ein gegebenenfalls anzustrengender zweiter Prozess vermieden, und sei es nur dass dieser aufgrund eines materiellrechtlichen Kostenerstattungsanspruchs angestrengt würde. Insofern ist es nicht prozessunökonomisch, sondern vielmehr sinnvoll und geboten, mit Behandlung der Erledigungserklärung nach der Klageänderungstheorie den gesamten Streit unter Verwertung der bereits gewonnenen Erkenntnisse in einem Prozess abzuhandeln. (2) Klageänderung geht über das klägerische Begehren hinaus Weiter wird der Klageänderungstheorie entgegengehalten, dass in die Erklärung des Klägers zu viel hineingelesen werde. Er begehre gerade keine Entscheidung mehr über den ursprünglich geltend gemachten Anspruch, sondern wolle nur die 165

Assmann, in: Erlanger FS Schwab, S. 179, 192 f. Vgl. Schwab, ZZP 72 (1959), 127, 129.

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4. Kap.: Erledigung im Rechtsstreit

Rechtshängigkeit ohne Klageabweisung beenden und eine ihm günstige Kostenentscheidung erreichen.166 Dem ist jedoch entgegenzuhalten, dass der Kläger nur in den gesetzlich geregelten Fällen (insbesondere § 269 ZPO und § 306 ZPO) den Rechtsstreit ohne Zustimmung des Beklagten beenden kann, welche ihm im Falle der einseitige Erledigungserklärung ja gerade fehlt. Will der Kläger nun aber wegen der negativen Kostenfolge die Klage nicht zurücknehmen oder auf den Anspruch verzichten, wird er regelmäßig lieber den Prozess weiterführen, um dadurch der Kostenbelastung zu entgehen. Die dann noch ausstehende Entscheidung über den ursprünglich geltend gemachten Anspruch belastet den Kläger nicht, so dass er diese aus Kostengesichtspunkten in Kauf nehmen wird. Insofern wird auch nicht zu viel in die Erledigungserklärung hineingelesen, wenn diese als Klage­ änderung ausgelegt wird. (3) Unzulässiges Begehren einer „Feststellung gegen sich selbst“ Auch wird gegen die Klageänderungstheorie angeführt, dass es sich um ein unzulässiges Feststellungsbegehren handele, denn der Kläger begehre damit quasi eine Feststellung „gegen sich selbst“.167 Zwar ist zuzugeben, dass das Begehren der Feststellung, dass eine ursprünglich zulässige und begründete Klage mittlerweile unzulässig oder unbegründet geworden sei, ein atypisches Feststellungsbegehren ist. Es ist aber nirgends ersichtlich, dass eine negative Feststellungsklage nur darauf gerichtet sein könne, dass bloß ein Recht des Beklagten nicht bestehe.168 Überdies rechtfertigt sich diese Feststellung daraus, dass der Kläger anderenfalls wegen des Widerspruchs des Beklagten gegen die Erledigung nicht ohne Sachentscheidung vom Prozess Abstand nehmen könnte. Aus diesem Grund hat er ein Interesse an einer Sachentscheidung, auch wenn sie nur die Gegenstandslosigkeit seiner ursprünglichen Klage feststellt und der Kläger damit sozusagen einen Ausspruch „gegen sich selbst“ begehrt.169 Darüber hinaus liegt nicht einmal eine Feststellung gegen den Kläger vor, denn nach der Klageänderungstheorie wird der Kläger durch die getroffene Feststellung ja gerade begünstigt, da er so den Prozess ohne eine negative Kostenentscheidung erfolgreich beenden kann.170 Auch wird gerade nicht festgestellt, dass ein Recht nicht bestehe, sondern vielmehr dass ein Recht einmal bestanden habe, was als positive Feststellung bewertet werden kann.171 Überdies ist hinsichtlich der Zulässigkeit des Feststellungsantrags zu beachten, dass das atypische Begehren des Klägers lediglich die Konsequenz daraus

166

Vgl. Assmann, in: Erlanger FS Schwab, S. 179, 196. El-Gayar, Die einseitige Erledigungserklärung, S.  42. Vgl. auch Göppinger, AcP 156 (1957), 473, 477. 168 Stuckert, Die Erledigung in der Rechtsmittelinstanz, S. 110. 169 Ansorge, Die einseitige Erledigungserklärung, S. 170. 170 Ansorge, Die einseitige Erledigungserklärung, S. 197. 171 Ulmer, Die einseitige Erklärung der Erledigung, S. 50; Ulmer, MDR 1963, 974, 976. 167

C. Übereinstimmende, einseitige und teilweise Erledigungserklärung

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ist, dass er eine für ihn kostengünstige Beendigung des Prozesses nur um den Preis erreichen kann, dass dem Interesse des Beklagten an einer rechtskraftfähigen Entscheidung entsprochen wird.172 (4) Fehlendes Feststellungsinteresse Der Klageänderungstheorie wird zudem entgegengehalten, dass es für die Feststellungsklage an dem nach § 256 Abs.  1 ZPO erforderlichen Feststellungsinteresse fehle.173 Auch dieser Kritik kann nicht zugestimmt werden. Ein Feststellungsinteresse muss für den Kläger schon deshalb angenommen werden, da für ihn sonst eine nachteilige Kostenentscheidung zu erwarten stünde.174 Zwar geht es nach Klageänderung um die Feststellung eines Rechtsverhältnisses in der Vergangenheit, wofür ein Feststellungsinteresse grundsätzlich verneint wird.175 Anders ist dies aber, wenn von dem vergangenen Rechtsverhältnis noch Rechtsfolgen für die Gegenwart oder Zukunft abhängig sind.176 Davon ist bei der Erledigung des Klagebegehrens nach Klageerhebung auszugehen. So wirkt das Erlöschen des Anspruchs in der Regel als Grund für das Behaltendürfen der empfangenen Leistung auch in der Gegenwart fort.177 Und überdies kann der Kläger seinen prozessualen Kostenerstattungsanspruch nur in dem Rechtsstreit geltend machen, in dem er erwächst,178 weshalb ebenfalls ein Interesse an der Fortführung dieses Rechtsstreits in Form der nunmehr geänderten Feststellungsklage besteht. Das Kosteninteresse des Klägers muss als ausreichend angesehen werden, denn die Erledigung des ursprünglichen Anspruchs als vergangenes Rechtsverhältnis hat über die Kostenentscheidung auch Einfluss auf die gegenwärtigen Rechtsbeziehungen der Parteien.179 Hierbei handelt es sich zwar nur um ein mittelbares Interesse, welches keine unmittelbare Folge des erledigten Rechtsverhältnisses ist, doch ist nicht­

172 Habscheid, JZ 1963, 624, 630; Stuckert, Die Erledigung in der Rechtsmittelinstanz, S. 110. 173 Assmann, in: Erlanger FS Schwab, S. 179, 197; Schwab, ZZP 72 (1959), 127, 131; wohl auch Göppinger, AcP 156 (1957), 473, 476 f. 174 Habscheid, in: FS Lent, S. 153, 170; Ulmer, MDR 1963, 974, 976. 175 Prütting/Wesser, ZZP 116 (2003), 267, 299; Roth, in: Stein/Jonas, ZPO, § 256 Rn.  40; Greger, in: Zöller, ZPO, § 256 Rn. 3a. Vgl. Foerste, in: Musielak, ZPO, § 256 Rn. 8; Rosenberg/ Schwab/Gottwald, Zivilprozessrecht, § 90 Rn. 14 (S. 496). 176 RG, Urteil vom 05.11.1890 – V. 152/90, RGZ 27, 204, 205; BGH, Urteil vom 29.04.1958 – VIII ZR 198/57, BGHZ 27, 190, 196; Prütting/Wesser, ZZP 116 (2003) 267, 299 f.; Roth, in: Stein/Jonas, ZPO, § 256 Rn.  40; Becker-Eberhard, in: Münchener Kommentar ZPO, § 256 Rn. 28; Greger, in: Zöller, ZPO, § 256 Rn. 3a. 177 Prütting/Wesser, ZZP 116 (2003), 267, 300. 178 BGH, Urteil vom 07.10.1982 – III ZR 148/81, NJW 1983, 284, 284. Vgl. BGH, Urteil vom 06.11.1958  – III ZR 147/57, BGHZ 28, 302, 308 f.; Rosenberg/Schwab/Gottwald, Zivilprozessrecht, § 84 Rn. 61 (S. 448); Prütting/Wesser, ZZP 116 (2003), 267, 300; Herget, in: ­Zöller, ZPO, Vor § 91 Rn. 10; Hüßtege, in: Thomas/Putzo, ZPO, Vorbem § 91 Rn. 8. 179 Stuckert, Die Erledigung in der Rechtsmittelinstanz, S. 110 f.

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4. Kap.: Erledigung im Rechtsstreit

ersichtlich, warum ein solches mittelbares Interesse nicht ausreichen sollte.180 Zumal so ein anderenfalls eventuell anzustrengender weiterer Rechtsstreit über die materielle Kostentragungspflicht vermieden wird. Daneben kann speziell für die Erledigung von Unterlassungsansprüchen ein Feststellungsinteresse regelmäßig darin gesehen werden, dass die Festsetzung eines Ordnungsmittels oft noch nicht erfolgt ist, wofür das Vorhandensein eines wirksamen Unterlassungstitels aber relevant ist. Auch insoweit kann eine Folgewirkung für die Zukunft anzunehmen sein, denn bei einseitiger Erledigungserklärung entfällt der zunächst erlassene Titel gerade nicht und kann noch Grundlage für die Vollstreckung sein.181 (5) Streitgegenstand steht Entscheidung über ursprünglichen Anspruch entgegen Auch die Kritik im Hinblick auf den Streitgegenstand nach Klageänderung kann nicht überzeugen. So wird angeführt, dass über den ursprünglichen Anspruch nicht mehr entschieden werden könne, da dieser Streitgegenstand mit der Klage­ änderung fallengelassen worden sei und die Klageänderungstheorie dennoch die ursprüngliche Zulässigkeit und Begründetheit des Anspruchs zur Voraussetzung der Erledigungsfeststellung mache.182 Diese Kritik beachtet jedoch nicht, dass der alte Streitgegenstand gerade nicht gänzlich fallengelassen, sondern nur in Form der Klageänderung nach § 264 Nr.  2 ZPO qualitativ beschränkt wird. Geändert wird lediglich die Art des Rechtsschutzbegehrens. Da der Beklagte der Erledigungserklärung widersprochen hat, begehrt der Kläger aus Kostengesichtspunkten noch eine Entscheidung des Gerichts. Er verzichtet dabei nur für die Zukunft auf den positiven Leistungsausspruch, während er für die Vergangenheit nun doch auf seinem Rechtsschutzbegehren und einer Entscheidung des Gerichts darüber beharrt. Der alte Streitgegenstand ist daher, abgesehen von dem auf Leistung gerichteten Begehren für die Zukunft, im neuen Streitgegenstand enthalten. Nur weil für die Vergangenheit ein Leistungsbegehren positiv durch das Gericht nicht mehr ausgesprochen werden kann, begnügt sich der Kläger mit der Feststellung, dass ein solches Leistungsbegehren jedenfalls in der Vergangenheit begründet war. Ein weiterer Kritikpunkt dahingehend, dass nach Klageänderung nunmehr zwei Streitgegenstände anhängig seien, der alte und der neue, dessen Inhalt die Feststellung der Erledigung des alten Streitgegenstands sei,183 kann ebenfalls nicht durchgreifen. Der bisherige Streitgegenstand geht mit der Klageänderung in den neuen 180

Prütting/Wesser, ZZP 116 (2003), 267, 300 f. Vgl hierzu später 5. Kap. C.II., S. 156 ff. 182 Assmann, in: Erlanger FS Schwab, S. 179, 197. 183 Göppinger, AcP 156 (1957), 473, 481. 181

C. Übereinstimmende, einseitige und teilweise Erledigungserklärung

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über und damit bleibt kein Raum mehr für die Rechtshängigkeit der alten Klage.184 Dies bedeutet aber nicht, dass deren Rechtshängigkeit gänzlich entfällt. Vielmehr wird mit der zulässigen Klageänderung der alte Streitgegenstand und mit ihm seine Rechtshängigkeit dergestalt beschränkt, dass er nur noch in dem nunmehr beantragten, geringeren Umfang fortbesteht und die ursprüngliche Klage nur noch in Gestalt dieses neuen Antrags zu bescheiden ist. g) Ergebnis Nur mit der Klageänderungstheorie lassen sich die Fälle der einseitigen Erledigungserklärung praxis- und interessengerecht lösen. Hierüber kann der Kläger den Rechtsstreit interessengerecht beenden;185 zudem werden auch die schutzwürdigen Interessen des Beklagten an einer der Rechtskraft fähigen Sachentscheidung berücksichtigt. Es wird ein angemessener Ausgleich der widerstreitenden Interessen gefunden. Dass die Kostenentscheidung nicht analog § 91a ZPO getroffen wird, sondern sich nach der Entscheidung in der Hauptsache richtet, ist im Falle der nur einseitigen Erledigungserklärung notwendig und angemessen. Eine Kostenentscheidung ohne vollständige Sachprüfung ist nur dort angebracht, wo der Beklagte der Erledigung zustimmt.186 Denn dadurch verzichtet er auf die rechtliche Berücksichtigung seines Interesses und stimmt einer summarischen Prüfung zu.187 Tut er dies nicht, muss eine Entscheidung in der Hauptsache ergehen und die Kostenentscheidung sich nach dieser richten. Der Grundsatz der Prozessökonomie kann nur dort eingreifen, wo beide Parteien an einer Entscheidung durch das Gericht nicht mehr interessiert sind,188 da die Billigkeitsentscheidung dem Beklagten nicht aufgezwungen werden darf.189 Zudem ist davon auszugehen, dass die Klageänderungstheorie auch dem gesetzge­ berischen Willen entspricht, denn die Einführung des § 269 Abs. 3 Satz 3 ZPO ist die gesetzgeberische Konsequenz aus der Anerkennung der Klageänderungstheorie.190 Daneben berücksichtigt die Klageänderungstheorie auch den Dispositionsgrundsatz. Dieser erfordert nach einseitiger Erledigungserklärung des Klägers eine 184 G. Lüke, in: FS Weber, S. 323, 331; Deppert, in: FS Wenzel, S. 23, 31. Vgl. BGH, Urteil vom 27.02.1992 – I ZR 35/90, NJW 1992, 2235, 2236; BGH, Beschluss vom 26.05.1994 – I ZB 4/94, NJW 1994, 2363, 2364. 185 G. Lüke, in: FS Weber, S. 323, 330. 186 Habscheid, JZ 1963, 624, 630; Deubner, JuS 1962, 205, 211. 187 Stuckert, Die Erledigung in der Rechtsmittelinstanz, S. 98 f.; Habscheid, JZ 1963, 624, 630; A. Blomeyer, JuS 1962, 212, 214, 215. 188 Ansorge, Die einseitige Erledigungserklärung, S. 64. 189 Deubner, JuS 1962, 205, 211. 190 So Stuckert, Die Erledigung in der Rechtsmittelinstanz, S. 111. Vgl. hierzu die Begründung des Gesetzentwurfes zur Reform des Zivilprozesses, BT-Drucks. 14/4722, S. 81.

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4. Kap.: Erledigung im Rechtsstreit

Sachentscheidung des Gerichts, da die Parteien mangels Einigung über die Erledigung eine Sachentscheidung noch verlangen und das Gericht hierüber mithin auch entscheiden muss.191 3. Voraussetzungen der geänderten Klage Für die nach einseitiger Erledigungserklärung vorliegende Feststellungsklage ist – wie für jede Feststellungsklage – erforderlich, dass sie auf ein feststellungsfähiges Rechtsverhältnis und nicht lediglich auf die Feststellung einer Tatsache oder auch einer bloßen Vorfrage gerichtet ist.192 Geht man mit der hier vertretenen Klageänderungstheorie davon aus, dass die Feststellung der Erledigung der Hauptsache nicht nur die Feststellung des Vorliegens eines erledigenden Ereignisses bedeutet, sondern dass eine ursprünglich zulässige und begründete Klage nachträglich unzulässig oder unbegründet geworden ist, ist das Feststellungsbegehren auf das Bestehen eines Rechtsverhältnisses zwischen den Parteien gerichtet. Dass dieses Rechtsverhältnis ein vergangenes ist, schadet dabei nicht. Zwar sind grundsätzlich nur gegenwärtige Rechtsverhältnisse feststellungsfähig, ein anderes gilt aber, wenn ein vergangenes Rechtsverhältnis noch Auswirkungen in der Gegenwart oder Zukunft entfaltet.193 Dies ist nach einseitiger Erledigungserklärung aufgrund der davon abhängigen Kostentragungspflicht gegeben. Als weitere Zulässigkeitsvoraussetzung ist ein Interesse an der richterlichen Feststellung nach § 256 ZPO erforderlich.194 Dieses liegt ebenfalls wegen des Interesses des Klägers an der Vermeidung der Belastung mit den Prozesskosten vor.195 Für den Erfolg der nunmehr geänderten Klage ist es weiter erforderlich, dass sie vor Eintritt des erledigenden Ereignisses zulässig und begründet war,196 auch wenn sie dies bei Klageerhebung selbst möglicherweise noch nicht war.197 Diese Voraussetzung muss erfüllt sein, da es anderenfalls wegen der Akzessorietät der Kostenentscheidung zur Hauptsache zu einer ungerechten Kostenverteilung kommen könnte.198 So aber trifft die Kostenlast den Kläger nur, wenn seine Klage von Anfang an un 191

Vgl. Ansorge, Die einseitige Erledigungserklärung, S. 193. Musielak, Grundkurs ZPO, Rn. 65; Rosenberg/Schwab/Gottwald, Zivilprozessrecht, § 90 Rn. 6 f. (S. 494); Schellhammer, Zivilprozess, Rn. 177; Assmann, in: Wieczorek/Schütze, § 256 Rn. 28 ff.; Roth, in: Stein/Jonas, ZPO, § 256 Rn. 22 f.; Greger, in: Zöller, ZPO, § 256 Rn. 3. 193 BGH, Urteil vom 29.04.1958 – VIII ZR 198/57, BGHZ 27, 190, 196; BGH, Urteil vom 30.10.2009 – V ZR 253/08, NJW 2010, 534, 535; Rosenberg/Schwab/Gottwald, Zivilprozessrecht, § 90 Rn.  15 (S.  496); Assmann, in: Wieczorek/Schütze, § 256 Rn.  56; Roth, in: Stein/­ Jonas, ZPO, § 256 Rn. 40; Greger, in: Zöller, ZPO, § 256 Rn. 3a. 194 Prütting/Wesser, ZZP 116 (2003), 267, 299. 195 BGH, Urteil vom 19.03.1998 – I ZR 264/95, NJW-RR 1998, 1571, 1573. 196 BGH, Urteil vom 15.01.1982 – V ZR 50/81, BGHZ 83, 12, 13. 197 BGH, Urteil vom 06.12.1984 – VII ZR 64/84, NJW 1986, 588, 589; Rosenberg/Schwab/ Gottwald, Zivilprozessrecht, § 131 Rn. 22 (S. 749). 198 Vgl. Vogeno, Die einseitige Erledigungserklärung, S. 131. 192

C. Übereinstimmende, einseitige und teilweise Erledigungserklärung

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zulässig oder unbegründet war.199 Hat der Kläger den Beklagten aber ursprünglich rechtmäßig in Anspruch genommen, ist es auch nur billig, dass der Beklagte nicht von der Erledigung profitiert, sondern mit den Kosten belastet wird. Diese hätte er schließlich auch tragen müssen, wenn die Erledigung nicht eingetreten wäre. 4. Besonderheit im Verfahren der einstweiligen Verfügung Erledigt sich ein Unterlassungsanspruch im Verfahren der einstweiligen Verfügung und erklärt dort der Unterlassungsgläubiger einseitig die Erledigung, ist zu beachten, dass eine auf Feststellung gerichtete einstweilige Verfügung vom Gesetz grundsätzlich nicht vorgesehen ist. Insofern ist fraglich, ob eine einseitige Erledigungserklärung und die damit verbundene Antragsänderung in ein Feststellungsbegehren im Verfahren der einstweiligen Verfügung überhaupt möglich sind. Wie schon dargestellt, bezweckt der einstweilige Rechtsschutz lediglich die vorläufige Sicherung gefährdeter Rechte.200 Insofern sind feststellende Verfügungen grundsätzlich weder vollstreckbar noch geeignet, eine solche einstweilige Sicherung zu erreichen und aus diesem Grund unzulässig.201 Sie werden nur teilweise und in Ausnahmefällen zugelassen, wenn ein dringendes Bedürfnis besteht, insbesondere wenn es schlechthin unzumutbar ist, den Antragsteller auf die Durchsetzung seiner Rechte im Hauptverfahren zu verweisen.202 Dennoch ist unbestrittene Meinung, dass auch im einstweiligen Verfügungsverfahren einseitig die Erledigung erklärt und der Antrag mithin inzident auf ein Feststellungsbegehren umgestellt werden kann, woraufhin die Erledigung der Hauptsache festzustellen oder der Antrag zurückzuweisen ist.203 Dem ist beizupflichten. Stimmt der Unterlassungsschuldner der Erledigungserklärung des Unterlassungsgläubigers im Verfahren der einstweiligen Verfügung nicht zu, ist die einseitige­ Erledigungserklärung die einzige Möglichkeit für letzteren, ohne automatische 199

Bork, in: Stein/Jonas, ZPO, § 91a Rn. 47. Vgl. dazu oben 3. Kap. C.III., S. 68ff. 201 Brox/Walker, Zwangsvollstreckungsrecht, Rn. 1595; Walker, in: Schuschke/Walker, Vollstreckung, Vor § 916–945 Rn. 11; Berger, in: Einstweiliger Rechtsschutz im Zivilrecht, Kap. 2 Rn. 19 (S. 92). Nachdrücklich Berger, ZZP 110 (1997), 287, 292 ff. 202 Grunsky, in: Stein/Jonas, ZPO, vor § 935 Rn. 60; Morbach, Einstweiliger Rechtsschutz, S.  107. Vgl. Schuschke, in: Schuschke/Walker, Vollstreckung, § 938 Rn.  35. Weitergehend­ Kohler, ZZP 103 (1990), 184 ff. 203 OLG Karlsruhe, Urteil vom 13.09.1978 – 6 U 20/78, WRP 1978, 832, 832; OLG Köln, Urteil vom 28.05.1982 – 6 U 36/82, WRP 1982, 599, 600; KG, Urteil vom 20.02.1996 – 5 U 7617/95, WRP 1996, 556, 556; OLG Köln, Urteil vom 12.01.2001 – 6U 98/00 („Mon Chérie/ MA CHÉRIE“). F. Bernreuther, GRUR 2007, 660, 662; Walker, Der einstweilige Rechtsschutz, Rn.  527 (S.  343 f.); Skamel, in: Einstweiliger Rechtsschutz im Zivilrecht, Kap.  6 Rn. 61 (S. 352 f.); Teplitzky, Wettbewerbsrechtliche Ansprüche, Kap. 55 Rn. 24b (S. 1014 f.); Schuschke, in: Schuschke/Walker, Vollstreckung, § 935 Rn. 32; Grunsky, in: Stein/Jonas, ZPO, § 922 Rn. 18; Drescher, in: Münchener Kommentar ZPO, § 922 Rn. 19, § 925 Rn. 6. Wohl auch Vollkommer, in: Zöller, ZPO, § 922 Rn. 4. Vgl. Schlüter, ZZP 80 (1967), 447, 450, 452. 200

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4. Kap.: Erledigung im Rechtsstreit

und zwingende Belastung mit den Prozesskosten das Verfahren zu beenden. Insoweit besteht ein dringendes Bedürfnis zur Anerkennung der einseitigen Erledigungserklärung und der damit verbundenen Antragsänderung in ein Feststellungsbegehren im einstweiligen Verfügungsverfahren.204 Daher ist dieses Institut auch im Eilverfahren bereits gewohnheitsrechtlich legitimiert.205 5. Rechtsfolgen der einseitigen Erledigungserklärung Rechtsfolge der als Klageänderung zu behandelnden einseitig gebliebenen Erledigungserklärung ist zunächst, dass das Gericht in eine Sachprüfung der Erledigung einzusteigen hat. Diese umfasst das erledigende Ereignis an sich ebenso wie die Frage, ob die eingereichte Klage ursprünglich zulässig und begründet war aber durch ein nachträgliches Ereignis gegenstandslos geworden ist.206 Maßgeblicher Zeitpunkt für die ursprüngliche Zulässigkeit und Begründetheit ist der Eintritt des erledigenden Ereignisses.207 Daher muss die Klage abgewiesen werden, wenn sie von Anfang an unzulässig oder unbegründet war und die Hauptsache für erledigt erklärt wurde.208 Dies gilt auch, wenn der Beklagte den Klageanspruch vorbehaltlos erfüllt und so die Erledigung herbeigeführt hat.209 Über die geänderte Klage wird durch Urteil entschieden; wird die Erledigung verneint, wird sie abgewiesen.210 Anderenfalls hat das Gericht die Erledigung festzustellen. Inhalt des Ausspruchs ist die Feststellung, dass sich das Verfahren in der Hauptsache erledigt habe.211 Der Tenor zur Hauptsache lautet: „Es wird festgestellt, dass der Rechtsstreit in der Hauptsache erledigt ist.“212 204

Teplitzky, Wettbewerbsrechtliche Ansprüche, Kap. 55 Rn. 24b (S. 1014 f.). Schuschke, in: Schuschke/Walker, Vollstreckung, § 935 Rn. 32. 206 BGH, Urteil vom 15.01.1982  – V ZR 50/81, BGHZ 83, 12, 13; BGH, Urteil vom 17.04.1984 – IX ZR 153/83, BGHZ 91, 126, 127; BGH, Urteil vom 08.02.1989 – IVa ZR 98/87, BGHZ 106, 359, 366 f.; Lackmann, in: Musielak, ZPO, § 91a Rn. 40; Vollkommer, in: Zöller, ZPO, § 91a Rn. 44. 207 BGH, Urteil vom 06.12.1984  – VII ZR 64/84, NJW 1986, 588, 589; BGH, Urteil vom 27.02.1992 – I ZR 35/90, NJW 1992, 2235, 2236; Vollkommer, in: Zöller, ZPO, § 91a Rn. 44. 208 BGH, Urteil vom 15.01.1982 – V ZR 50/81, BGHZ 83, 12, 13; Vollkommer, in: Zöller, ZPO, § 91a Rn. 44. 209 BGH, Urteil vom 20.11.1980 – VII ZR 49/80, NJW 1981, 686, 686; Vollkommer, in: Zöller, ZPO, § 91a Rn. 44. 210 Rosenberg/Schwab/Gottwald, Zivilprozessrecht, § 131 Rn. 22 (S. 749). Vgl. BGH, Urteil vom 17.04.1984 – IX ZR 153/83, BGHZ 91, 126, 127; BGH, Urteil vom 18.12.2003 – I ZR 84/01, NJW 2004, 1665, 1665 („Einkaufsgutschein II“); BFH, Urteil vom 27.09.1979 – IV R 70/72, BB 1979, 1757, 1757; Lackmann, in: Musielak, ZPO, § 91a Rn. 34. 211 BGH, Urteil vom 17.04.1984  – IX ZR 153/83, BGHZ 91, 126, 127; BGH, Urteil vom 18.12.2003 – I ZR 84/01, NJW 2004, 1665, 1665 („Einkaufsgutschein II“); BFH, Urteil vom 27.09.1979 – IV R 70/72, BB 1979, 1757, 1757; Bork, in: Stein/Jonas, ZPO, § 91a Rn. 50. 212 OLG Saarbrücken, Urteil vom 23.12.2009 – 5 U 173/09, MDR 2010, 636, Tenor über juris; Vollkommer, in: Zöller, ZPO, § 91a Rn. 45. Vgl. Röckle, AnwBl. 1993, 317, 319; Lackmann, in: Musielak, ZPO, § 91a Rn. 41. 205

C. Übereinstimmende, einseitige und teilweise Erledigungserklärung

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Oder auch: „Es wird festgestellt, dass die Hauptsache erledigt ist.“213

Da nach Klageänderung über die Feststellungsklage streitig entschieden wird, richtet sich die Kostenentscheidung nach §§ 91, 92 ff. ZPO.214 Das Urteil kann in materielle Rechtskraft erwachsen mit der Folge, dass rechtskräftig festgestellt ist, dass die ursprüngliche Klage zulässig und begründet war und durch das erledigende Ereignis unzulässig oder unbegründet wurde.215

III. Teilweise Erledigungserklärung Ein Rechtsstreit kann in der Hauptsache auch lediglich teilweise für erledigt­ erklärt werden. Anlass für eine solche teilweise Erledigungserklärung besteht grundsätzlich dann, wenn sich der Streitgegenstand nur partiell oder bei objektiver Klagehäufung nur einer von mehreren Streitgegenständen erledigt.216 Dabei handelt es sich um die „vertikale Teilerledigung“.217 Voraussetzung dafür ist, dass der für erledigt erklärte Teil abtrennbar ist,218 was bei objektiver Klagehäufung stets und bei bezifferten Leistungsbegehren regelmäßig der Fall ist. In Betracht kommen kann daneben bei zeitlich gestreckten Leistungsbegehren, insbesondere bei Unterlassungsansprüchen, auch eine „horizontale Teilerle­ di­ gung“.219 Unter welchen Voraussetzungen bei einer solchen teilweise die Erledigung erklärt werden kann, wird noch in einem gesonderten Kapitel zu unter­ suchen sein.220

213 BGH, Urteil vom 19.01.1978 – II ZR 181/77, WM 1978, 523, Tenor über juris; BGH, Beschluss vom 29.10.1985 – KVR 1/84, GRUR 1986, 393 ff., Tenor über juris; OLG Düsseldorf, Urteil vom 25.03.2010 – 10 U 136/09, ZMR 2011, 284 f., Tenor über juris. 214 BGH, Urteil vom 15.01.1982 – V ZR 50/81, BGHZ 83, 12, 15; Bornkamm, in: Der Wettbewerbsprozess, Kap. 33 Rn. 2 (S. 593). 215 OLG Nürnberg, Urteil vom 09.11.1988  – 9 U 1682/88, NJW-RR 1989, 444, 444;­ Lackmann, in: Musielak, ZPO, § 91a Rn. 46; Bork, in: Stein/Jonas, ZPO, § 91a Rn. 54; Bergerfurth, NJW 1992, 1655, 1659. Anders Deppert, in: FS Wenzel, S. 23, 33 f., die diese Rechtskraftwirkung nur bei einem Zwischenfeststellungsantrag nach § 256 Abs. 2 ZPO annimmt. 216 Lindacher, in: Münchener Kommentar ZPO, § 91a Rn. 116; Hüßtege, in: Thomas/Putzo, ZPO, § 91a Rn.  43; Lackmann, in: Musielak, ZPO, § 91a Rn.  50; Steiner, in: Wieczorek/ Schütze, ZPO, § 91a Rn. 39. Vgl. Habscheid, RPfleger 1955, 33, 36; Bergerfurth, NJW 1992, 1655, 1660. 217 Vollkommer, in: Zöller, ZPO, § 91a Rn. 53. 218 Lackmann, in: Musielak, ZPO, § 91a Rn. 50; Vollkommer, in: Zöller, ZPO, § 91a Rn. 53; Hausherr, in: Prütting/Gehrlein, ZPO, § 91a Rn. 41. 219 Vollkommer, in: Zöller, ZPO, § 91a Rn. 53. 220 Vgl. hierzu später 6. Kap., S. 177 ff.

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4. Kap.: Erledigung im Rechtsstreit

1. Folgen bei übereinstimmender Teilerledigung Wird der Rechtsstreit teilweise übereinstimmend für erledigt erklärt, kann ein Beschluss nach § 91a ZPO nicht ergehen. Da ein Teil des Streitgegenstands anhängig bleibt, muss über diesen noch eine Entscheidung ergehen. Wegen des Grundsatzes der Einheitlichkeit der Kostenentscheidung221 muss über die Kosten des gesamten Rechtsstreits einheitlich entschieden werden.222 Dies hat in der Schluss­ entscheidung zu erfolgen, die in der Regel ein Urteil ist.223 In diesem ist über den erledigt erklärten Teil  der Kosten nach § 91a ZPO224 und im Übrigen nach den §§ 91, 92 ZPO zu befinden. Insoweit ergeht eine Kostenmischentscheidung.225 2. Folgen bei einseitiger Teilerledigung Wird der Rechtsstreit einseitig und nur teilweise für erledigt erklärt, ergeht eine für diesen Fall übliche Entscheidung durch Urteil. Dabei handelt es sich um eine objektive Klagehäufung, über die durch Leistungs- und Feststellungsurteil entschieden wird.226 Im Falle der Stattgabe erfolgt die Verurteilung zur Leistung. Daneben wird ausgesprochen, dass die Hauptsache „im Übrigen“ erledigt sei.227 Die Kostenentscheidung beruht einheitlich auf den §§ 91, 92 ZPO.228

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Näher hierzu Rosenberg/Schwab/Gottwald, Zivilprozessrecht, § 84 Rn. 46 (S. 446). Zimmermann, ZPO, § 91a Rn. 19; Hausherr, in: Prütting/Gehrlein, ZPO, § 91a Rn. 41. Zu einem abweichenden Sonderfall bei vollständiger Erledigung eines nur teilweise angefochtenen Urteils vgl. BGH, Beschluss vom 12.12.1975 – I ZR 48/74, MDR 1976, 379, 379. 223 OLG Düsseldorf, Beschluss vom 11.03.1959 – 3 W 16/59, MDR 1959, 768, 769; Bork, in: Stein/Jonas, ZPO, § 91a Rn. 37; Lindacher, in: Münchener Kommentar ZPO, § 91a Rn. 118; Hüßtege, in: Thomas/Putzo, ZPO, § 91a Rn. 44; Bergerfurth, NJW 1992, 1655, 1660. Vgl. OLG Frankfurt am Main, Urteil vom 24.06.1992 – 9 U 116/89, NJW-RR 1993, 182, 183. 224 Zimmermann, ZPO, § 91a Rn. 19; Hüßtege, in: Thomas/Putzo, ZPO, § 91a Rn. 44; Steiner, in: Wieczorek/Schütze, ZPO, § 91a Rn. 39; Bergerfurth, NJW 1992, 1655, 1660. Vgl. BGH, Urteil vom 18.11.1963 – VII ZR 182/62, BGHZ 40, 265, 268; OLG Frankfurt am Main, Urteil vom 24.06.1992 – 9 U 116/89, NJW-RR 1993, 182, 183. 225 Lindacher, in: Münchener Kommentar ZPO, § 91a Rn.  118; Lackmann, in: Musielak, ZPO, § 91a Rn. 52; Vollkommer, in: Zöller, ZPO, § 91a Rn. 54; Steiner, in: Wieczorek/Schütze, ZPO, § 91a Rn. 40; Zimmermann, ZPO, § 91a Rn. 19; Hausherr, in: Prütting/Gehrlein, ZPO, § 91a Rn. 41; Bergerfurth, NJW 1992, 1655, 1660. 226 Zimmermann, ZPO, § 91a Rn. 19. 227 Lackmann, in: Musielak, ZPO, § 91a Rn.  54; Hüßtege, in: Thomas/Putzo, ZPO, § 91a Rn. 45. 228 Hüßtege, in: Thomas/Putzo, ZPO, § 91a Rn. 45. Vgl. Vollkommer, in: Zöller, ZPO, § 91a Rn. 57; Hausherr, in: Prütting/Gehrlein, ZPO, § 91a Rn. 63; Steiner, in: Wieczorek/Schütze, ZPO, § 91a Rn. 41. 222

D. Möglicher Zeitpunkt der Erledigung und der Erledigungserklärung

119

D. Möglicher Zeitpunkt der Erledigung und der Erledigungserklärung Das den Klageanspruch erledigende Ereignis kann zu verschiedenen Zeitpunkten eintreten. So kann sich der Anspruch bereits vor Anhängigkeit der Klage erledigen, die der Kläger mangels Kenntnis von der Erledigung dennoch anschließend einreicht. Ebenso kann der materielle Anspruch, der Anlass zur Einreichung der Klage war, zwischen Anhängigkeit und Rechtshängigkeit entfallen oder dies kann – wie vom Gesetzgeber als Normalfall berücksichtigt – erst nach Rechtshängigkeit eintreten.229 Für die Frage, ob für eine Erledigung tatsächlich jeder dieser Zeitpunkte in Betracht kommt und zu welchem Zeitpunkt die Erledigungserklärung selbst abgegeben werden kann, ist zwischen übereinstimmender und einseitiger Erledigungserklärung zu differenzieren.

I. Übereinstimmende Erledigungserklärung Bei übereinstimmender Erledigungserklärung der Parteien ist es grundsätzlich irrelevant, ob überhaupt und wenn ja, wann ein erledigendes Ereignis eingetreten ist. Die Erledigung kann im Rechtsstreit unabhängig vom Zeitpunkt des Eintritts des erledigenden Ereignisses erklärt werden, da es den Parteien aufgrund der gemeinsamen Parteidisposition obliegt, zu entscheiden, ob sie die Rechtsfolgen des § 91a ZPO herbeiführen wollen.230 Daher ist es irrelevant, wenn ein erledigendes Ereignis schon vor Rechtshängigkeit oder Anhängigkeit eingetreten ist oder auch gar nicht vorliegt.231 Allerdings kann das Gericht im Rahmen der Ermessensentscheidung nach § 91a ZPO den Erledigungstatbestand ebenso berücksichtigen wie einen materiellrechtlichen Kostenerstattungsanspruch des Klägers, beispielsweise aus Verzug.232 229

Bei der einstweiligen Verfügung stellt sich diese Frage nicht, da Rechtshängigkeit des Eilverfahrens bereits mit Einreichung des Antrags eintritt; Berger, in: Einstweiliger Rechtsschutz im Zivilrecht, Kap.  3 Rn.  21 (S.  117 f.); Walker, in: Schuschke/Walker, Vollstreckung, Vor § 916–945 Rn. 33; Baur, in: Dunkl/Moeller/Baur/Feldmaier, H. Kap. 14 Rn. 323 (S. 777) m. w. N. 230 Bork, in: Stein/Jonas, ZPO, § 91a Rn. 10; Bergerfurth, NJW 1992, 1655, 1655 f. 231 BGH, Urteil vom 14.07.1956  – III ZR 29/55, BGHZ 21, 298, 299; BGH, Urteil vom 15.01.1982  – V ZR 50/81, BGHZ 83, 12, 14 f.; Vollkommer, in: Zöller, ZPO, § 91a Rn.  16; Lackmann, in: Musielak, ZPO, § 91a Rn. 17; Hüßtege, in: Thomas/Putzo, ZPO, § 91a Rn. 22; Bork, in: Stein/Jonas, ZPO, § 91a Rn.  10, 21; Lindacher, in: Münchener Kommentar ZPO, § 91a Rn. 29; Westermeier, Die Erledigung der Hauptsache, S. 52; Grunsky, Grundlagen des Verfahrensrechts, § 12 II.3. (S. 90); Habscheid, in: FS Lent, S. 153, 161; Stuckert, Die Erledigung in der Rechtsmittelinstanz, S. 32 f.; von Gamm, MDR 1956, 715, 715; Bergerfurth, NJW 1992, 1655, 1656. 232 BGH, Urteil vom 22.11.2001  – VII ZR 405/00, NJW 2002, 680, 680 f.; Steiner, in:­ Wieczorek/Schütze, ZPO, § 91a Rn. 42; Rosenberg/Schwab/Gottwald, Zivilprozessrecht, § 131 Rn. 19 (S. 749).

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4. Kap.: Erledigung im Rechtsstreit

Fraglich ist, ob auch die Abgabe der übereinstimmenden Erledigungserklärungen jederzeit möglich ist. Vor Anhängigkeit kommt eine Erledigungserklärung schon mangels Geltendmachung eines Anspruchs gar nicht in Betracht. Es fragt sich aber, ob die übereinstimmenden Erledigungserklärungen der Parteien bereits zwischen Anhängigkeit und Rechtshängigkeit abgegeben werden können. Nach einer Ansicht soll dies nicht der Fall sein. Vielmehr müsse die Klage bei Abgabe der Erklärungen bereits rechtshängig geworden sein,233 denn vorher sei ein Rechtsstreit eigentlich noch nicht vorhanden.234 Diese Ansicht verkennt allerdings, dass sich im Falle der übereinstimmenden Erledigungserklärungen der Parteien der Beklagte mit seiner Erklärung bereits an dem Verfahren beteiligt und damit auch schon vor Rechtshängigkeit eine Beziehung zwischen den Parteien herstellt.235 Insoweit genügt die Anhängigkeit der Klage für die Abgabe der Erledigungserklärungen.236 Es besteht in diesem Fall kein Grund, noch eine Zustellung der Klage und damit Rechtshängigkeit zu verlangen,237 vielmehr wird die fehlende Zustellung durch den beiderseitigen Verzicht der Parteien geheilt, der in den Erledigungserklärungen stillschweigend zum Ausdruck kommt.238 Wird eine Klage­zustellung somit gerade nicht verlangt, kann eine Wirksamkeit der Erledigungserklärungen auch nicht von einer noch vorzunehmenden Zustellung der Klage abhängen.239 Vielmehr sind diese sofort wirksam, da durch sie eine „prozessuale Beziehung eigener Art“ hergestellt wird.240

233 KG, Beschluss vom 13.10.1966 – 8 W 2275/66, MDR 1967, 133, 134; OLG Brandenburg, Beschluss vom 02.08.2000 – 9 WF 90/00, NJW-RR 2001, 1436, 1436 f.; Rosenberg/Schwab/ Gottwald, Zivilprozessrecht, § 131 Rn.  11 (S.  747); wohl auch Becker-Eberhard, ZZP 101 (1988), 303, 308. 234 OLG Brandenburg, Beschluss vom 02.08.2000 – 9 WF 90/00, NJW-RR 2001, 1436, 1437. Vgl. KG, Beschluss vom 13.10.1966 – 8 W 2275/66, MDR 1967, 133, 134. 235 Deubner, JuS 1962, 205, 206. Vgl. OLG Köln, Beschluss vom 30.10.1995 – 1 W 52/95, NJW-RR 1996, 1023, 1023; Bergerfurth, NJW 1992, 1655, 1657. 236 Habscheid, JZ 1963, 579, 580 f.; Bergerfurth, NJW 1992, 1655, 1657; wohl auch Deubner, JuS 1996, 1102, 1103. Vgl. Hüßtege, in: Thomas/Putzo, ZPO, § 91a Rn.  14, anders aber in Rn. 23, wo Rechtshängigkeit verlangt wird. 237 Lindacher, in: Münchener Kommentar ZPO, § 91a Rn. 30; Vollkommer, in: Zöller, ZPO, § 91a Rn. 17; auch Lackmann, in: Musielak, ZPO, § 91a Rn. 15; Deubner, JuS 1962, 205, 206; Habscheid, JZ 1963, 579, 580 f.; Grunsky, Grundlagen des Verfahrensrechts, § 12 II.3. (S. 90). Vgl. auch OLG Köln, Beschluss vom 30.10.1995 – 1 W 52/95, NJW-RR 1996, 1023, 1023; OLG Köln, Beschluss vom 09.03.2000 – 7 W 3/00, NJW-RR 2000, 1456, 1456; Deubner, JuS 1996, 1102, 1103. 238 Bork, in: Stein/Jonas, ZPO, § 91a Rn. 14. Vgl. OLG Köln, Beschluss vom 30.10.1995 – 1 W 52/95, NJW-RR 1996, 1023, 1023; OLG Köln, Beschluss vom 09.03.2000 – 7 W 3/00, NJW-RR 2000, 1456, 1456; Lindacher, in: Münchener Kommentar ZPO, § 91a Rn. 30; Grunsky, Grundlagen des Verfahrensrechts, § 12 II.3. (S. 90). 239 So aber Lackmann, in: Musielak, ZPO, § 91a Rn. 15. 240 Bergerfurth, NJW 1992, 1655, 1657.

D. Möglicher Zeitpunkt der Erledigung und der Erledigungserklärung

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II. Einseitige Erledigungserklärung Bei der einseitigen Erledigungserklärung hingegen fehlt es an einer gemeinsamen Parteidisposition, denn die Parteien sind sich über die Frage der Erledigung gerade nicht einig. Daher ist es bei der einseitigen Erledigungserklärung auch nicht irrelevant, ob und wann die Erledigung eingetreten ist, denn das Gericht hat darüber noch zu befinden. Insofern ist durchaus fraglich, ob eine Erledigung der Hauptsache auch dann vorliegen kann, wenn die Erledigung vor Rechtshängigkeit oder gar vor Anhängigkeit der Klage eingetreten ist. 1. Erledigung vor Anhängigkeit Eine Erledigung der Hauptsache vor Anhängigkeit kommt im Falle der einseitigen Erledigungserklärung nicht in Betracht,241 denn die Hauptsache, verkörpert im Streitgegenstand, wird erst mit Anhängigkeit festgelegt.242 Somit kann sich diese Hauptsache als solche auch erst ab diesem Zeitpunkt erledigen.243 Eine zuvor eingetretene Erledigung des Anspruchs kann daher noch keine Erledigung der Hauptsache sein.244 Die ursprüngliche Klage war zu keinem Zeitpunkt zulässig und­ begründet.245 2. Erledigung zwischen Anhängigkeit und Rechtshängigkeit Ob eine Erledigung zwischen Anhängigkeit und Rechtshängigkeit möglich ist, war lange Zeit strittig. Überwiegend wurde dies abgelehnt.246 Eine Erledigung vor Zustellung der Klage sei nicht möglich, da es zunächst noch an einem Prozessrechtsverhältnis ebenso fehle wie an einer Hauptsache.247 Denn erst durch Zustel 241 Hüßtege, in: Thomas/Putzo, ZPO, § 91a Rn.  36; Lackmann, in: Musielak, ZPO, § 91a Rn.  37. Vgl. Lindacher, in: Münchener Kommentar ZPO, § 91a Rn.  107; Bergerfurth, NJW 1992, 1655, 1655; Bücking, ZZP 88 (1975), 307, 317. Wohl auch BGH, Urteil vom 08.06.1988 – I ZR 148/86, NJW-RR 1988, 1151, 1151. 242 Steiner, in: Wieczorek/Schütze, ZPO, § 91a Rn. 43. 243 Westermeier, Die Erledigung der Hauptsache, S. 204; Bücking, ZZP 88 (1975), 307, 316; Lackmann, in: Musielak, ZPO, § 91a Rn. 37. 244 Anders Reinelt, NJW 1974, 344, 346 f., der eine Erledigung des materiellrechtlichen Anspruchs genügen lässt, sofern die Erledigungserklärung im Rechtsstreit abgegeben wird. Offen Enders, MDR 1995, 665, 667. 245 Grundmann, JR 1980, 421, 422. 246 BGH, Urteil vom 15.01.1982  – V ZR 50/81, BGHZ 83, 12, 14; BGH, Urteil vom 05.10.1994 – XII ZR 53/93, BGHZ 127, 156, 163. Vgl. OLG München, Urteil vom 27.02.1976 – 19 U 3692/75, NJW 1976, 973, 974; Lackmann, in: Musielak, ZPO, § 91a Rn.  38, 42;­ Rosenberg/Schwab/Gottwald, Zivilprozessrecht, § 131 Rn. 27 (S. 750); Bork, in: Stein/Jonas, ZPO, § 91a Rn. 11; Furtner, JR 1961, 249, 249; Haubelt, ZZP 89 (1976), 192, 194; B ­ ergerfurth, NJW 1992, 1655, 1656. 247 BGH, Urteil vom 15.01.1982 – V ZR 50/81, BGHZ 83, 12, 14; Furtner, JR 1961, 249, 249.

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4. Kap.: Erledigung im Rechtsstreit

lung der Klage entstehe das Prozessrechtsverhältnis.248 Dem Kläger wurde aber zugebilligt, dass er gegebenenfalls einen materiellen Kostenerstattungsanspruch besäße, den er im Wege der Klageänderung geltend machen könne. Diese Klage sei dann auf Leistung oder zumindest Feststellung dieses materiellen Kostenerstattungsanspruchs gerichtet.249 Teilweise wurde auch vertreten, dass schon zwischen Anhängigkeit und Rechtshängigkeit eine Erledigung möglich sein müsse.250 Argumentiert wurde insbesondere damit, dass der Kläger keinerlei Einfluss auf den Zeitraum zwischen Anhängigkeit und Rechtshängigkeit habe und er daraus keinen Nachteil erleiden solle.251 Schon aus diesem Grund müsse bereits in diesem Stadium des Verfahrens eine Erledigung möglich sein. Mittlerweile hat sich der Gesetzgeber der Problematik der Erledigung zwischen Anhängigkeit und Rechtshängigkeit angenommen. Im Zuge der Reform des Zivilprozesses im Jahr 2001 wurde die Regelung des § 269 Abs. 3 Satz 3 ZPO durch Art. 2 Nr. 34 ZPO-RG252 in die ZPO aufgenommen. Dadurch erhält der Kläger die Möglichkeit der Klagerücknahme, ohne dass ihn automatisch die Kostenfolge des § 269 Abs. 3 Satz 2 ZPO trifft. Vielmehr hat das Gericht bei Erledigung zwischen Anhängigkeit und Rechtshängigkeit nunmehr eine Kostenentscheidung nach billigem Ermessen zu treffen. Dabei ist, wie auch im Falle der Kostenentscheidung nach § 91a ZPO, nur der bisherige Sach- und Streitstand zu berücksichtigen, so dass eine Beweisaufnahme auch hier nur in Ausnahmefällen durchzuführen ist.253 Für die Kostenverteilung selbst ist maßgeblich, ob der Beklagte Anlass zur Klage­ erhebung gegeben hatte254 oder ob dem Kläger das erledigende Ereignis hätte bekannt sein müssen.255 248

BGH, Urteil vom 15.01.1982 – V ZR 50/81, BGHZ 83, 12, 14; Lackmann, in: Musielak, ZPO, § 91a Rn. 37. 249 BGH, Urteil vom 15.01.1982 – V ZR 50/81, BGHZ 83, 12, 16; Bork, in: Stein/Jonas, ZPO, § 91a Rn. 12; Lackmann, in: Musielak, ZPO, § 91a Rn. 38. Vgl. OLG Stuttgart, Beschluss vom 10.03.1997 – 2 W 1/97, NJW-RR 1997, 1222, 1222. 250 OLG München, Urteil vom 28.07.1978  – 15 U 1474/78, NJW 1979, 274, 275; OLG Hamm, Beschluss vom 27.02.1980 – 5 U 146/79, MDR 1980, 854, 854; OLG Naumburg, Urteil vom 12.09.2001 – 6 U 229/00, FamRZ 2002, 1042, 1043. Lindacher, in: Münchener Kommentar ZPO, § 91a Rn. 7, 105; Grunsky, Grundlagen des Verfahrensrechts, § 12 III.2. (S. 98); Deubner, JuS 1962, 205, 207; Rixecker, ZZP 96 (1983), 505, 514. Vgl. auch El-Gayar, Die einseitige Erledigungserklärung, S. 182, 185. 251 OLG Hamm, Beschluss vom 27.02.1980 – 5 U 146/79, MDR 1980, 854, 854; vgl. auch OLG München, Urteil vom 28.07.1978 – 15 U 1474/78, NJW 1979, 274, 275. Grundmann, JR 1980, 421, 422. Vgl. Ulrich, NJW 1994, 2793, 2794. Wohl auch Steiner, in: Wieczorek/ Schütze, ZPO, § 91a Rn. 45. 252 Gesetz zur Reform des Zivilprozesses (Zivilprozessreformgesetz – ZPO-RG) vom 27. Juli 2001, BGBl. 2001 I, S. 1887, 1891. 253 Vgl. hierzu schon oben 4. Kap. C. I.2., S. 91 f. 254 Foerste, in: Musielak, ZPO, § 269 Rn. 13. 255 Greger, in: Zöller, ZPO, § 269 Rn.  18c; Becker-Eberhard, in: Münchener Kommentar ZPO, § 269 Rn. 61. Vgl. Roth, in: Stein/Jonas, ZPO, § 269 Rn. 53.

D. Möglicher Zeitpunkt der Erledigung und der Erledigungserklärung

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Dadurch ist für den Kläger die Möglichkeit der Klagerücknahme bei Erledigung zwischen Anhängigkeit und Rechtshängigkeit geschaffen worden, ohne dass er zwangsläufig mit den Prozesskosten belastet wird. In dieser Situation ist daher die Erklärung der Erledigung, um der negativen Kostenentscheidung zu entgehen, nicht mehr erforderlich. Der Anwendungsbereich des § 269 Abs. 3 Satz 3 ZPO wird sogar auf die Situation der Erledigung vor Anhängigkeit ausgedehnt,256 so dass insoweit auch für das Problem Abhilfe geschaffen wurde, dass sich der mittels Klage geltend zu machende Anspruch bereits vor deren Anhängigkeit erledigt hat. Eine Erledigungserklärung ist in diesen Fällen, wie soeben gezeigt, nicht möglich. 3. Abgabe der Erledigungserklärung Abgegeben werden kann die einseitige Erledigungserklärung erst nach Rechtshängigkeit, denn vorher fehlt es an einem Rechtsstreit, der sich durch die Erklärung erledigen könnte257 und mangels Zustimmung des Beklagten beteiligt dieser sich nicht vor Rechtshängigkeit an dem Verfahren, so dass auf letztere verzichtet werden könnte.258 Überdies ist nach dem soeben dargestellten für eine einseitige Erledigungserklärung ohnehin nur Raum, wenn das erledigende Ereignis nach Rechtshängigkeit eingetreten ist. Insofern kann schon unter chronologischen Gesichtspunkten eine Erledigungserklärung ebenfalls erst nach Rechtshängigkeit­ abgegeben werden.

256 Roth, in: Stein/Jonas, ZPO, § 269 Rn.  53; Geisler, in: Prütting/Gehrlein, ZPO, § 269 Rn. 21; Foerste, in: Musielak, ZPO, § 269 Rn. 13b; Greger, in: Zöller, ZPO, § 269 Rn. 18 c; Becker-Eberhard, in: Münchener Kommentar ZPO, § 269 Rn. 61; Reichold, in: Thomas/Putzo, ZPO, § 269 Rn. 16. Wohl auch Elzer, NJW 2002, 2006, 2008; Knauer/Wolf, NJW 2004, 2857, 2858. Vgl. auch die Begründung des Gesetzentwurfes zur Reform des Zivilprozesses, BTDrucks. 14/4722, S. 81 („insbesondere […] vor Rechtshängigkeit“). Vgl. hierzu auch KG, Beschluss vom 18.03.2009  – 2 W  39/09, NJW-RR 2009, 1411, 1412 m. w. N. zur obergerichtlichen Rechtsprechung. 257 El-Gayar, Die einseitige Erledigungserklärung, S. 11; Vollkommer, in: Zöller, ZPO, § 91a Rn. 36; Borck, in: Stein/Jonas, ZPO, § 91a Rn. 46. 258 So bei der übereinstimmenden Erledigungserklärung, vgl. hierzu soeben 4.  Kap.  D. I., S. 119.

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4. Kap.: Erledigung im Rechtsstreit

III. Erledigung in höherer Instanz und zwischen den Instanzen 1. Erledigung in höherer Instanz Grundsätzlich kann die Erledigung des Rechtsstreits in allen Instanzen erklärt werden,259 also auch noch in der Berufungs-,260 der Beschwerde-261 oder der Revisionsinstanz.262 Sogar im Verfahren der Nichtzulassungsbeschwerden ist die Erledigungserklärung möglich.263 Dies gilt grundsätzlich sowohl für die übereinstimmende wie auch für die einseitige Erledigungserklärung.264 Wird die Erledigung in der Revisionsinstanz erklärt, muss das Erledigungsereignis allerdings, wie sich auch aus § 559 ZPO ergibt, zwischen den Parteien unstreitig sein.265 Wird die Erledigung nicht in der ersten, sondern erst in einer höheren Instanz erklärt, ist Voraussetzung für die dortige Erledigungserklärung, dass das Rechtsmittel statthaft und auch zulässig ist.266 2. Erledigung zwischen den Instanzen Aus Gründen der Praktikabilität und der Prozessökonomie ist zumindest eine übereinstimmende Erledigungserklärung „zwischen den Instanzen“ möglich.267 Die Erledigungserklärungen können bis zum Ablauf der Rechtsmittelfrist gegenüber dem Instanzgericht abgegeben werden.268 259 BGH, Beschluss vom 16.09.1993  – V ZR 246/92, BGHZ 123, 264, 265; Rosenberg/ Schwab/Gottwald, Zivilprozessrecht, § 131 Rn. 18 (S. 748); Bork, in: Stein/Jonas, ZPO, § 91a Rn. 15, 60; Lackmann, in: Musielak, ZPO, § 91a Rn. 7; Heintzmann, ZZP 87 (1974), 199, 200. 260 Beispielsweise BGH, Beschluss vom 22.05.1984 – III ZB 9/84, NJW 1986, 852, 852. 261 OLG München, Beschluss vom 09.12.1968 – 12 W 1305/68, NJW 1969, 617, 617. 262 BGH, Beschluss vom 13.11.2003 – VII ZR 373/01, NJW-RR 2004, 377, 377; BGH, Urteil vom 18.12.2003 – I ZR 84/01, NJW 2004, 1665, 1665 („Einkaufsgutschein II“). 263 BGH, Beschluss vom 30.09.2004 – I ZR 30/04, WRP 2005, 126, 126; Lindacher, in: Münchener Kommentar ZPO, § 91a Rn. 43; Lackmann, in: Musielak, ZPO, § 91a Rn. 7. 264 BGH, Urteil vom 25.11.1964  – V ZR 187/62, NJW 1965, 537, 537; BGH, Urteil vom 05.05.1999 – XII ZR 184/97, BGHZ 141, 307, 316; Steiner, in: Wieczorek/Schütze, ZPO, § 91a Rn. 46. 265 BGH, Urteil vom 05.05.1999 – XII ZR 184/97, BGHZ 141, 307, 316; BGH, Urteil vom 07.06.2001 – I ZR 157/98, NJW 2002, 442, 442; BGH, Urteil vom 18.12.2003 – I ZR 84/01, NJW 2004, 1665, 1665 („Einkaufsgutschein II“); Rosenberg/Schwab/Gottwald, Zivilprozessrecht, § 131 Rn. 30 (S. 750); Lackmann, in: Musielak, ZPO, § 91a Rn. 7, 33. 266 Steiner, in: Wieczorek/Schütze, ZPO, § 91a Rn. 47; Rosenberg/Schwab/Gottwald, Zivilprozessrecht, § 131 Rn. 18 (S. 748). Vgl. auch Stuckert, Die Erledigung in der Rechtsmittelinstanz, S. 66, der allerdings auf die Zulässigkeit verzichtet. 267 BGH, Beschluss vom 01.02.1995  – VIII ZB 53/94, NJW 1995, 1095, 1096; Hausherr, MDR 2010, 973, 973; Steiner, in: Wieczorek/Schütze, ZPO, § 91a Rn. 49; Vollkommer, in: Zöller, ZPO, § 91a Rn. 21; Walchshöfer, NJW 1973, 294, 294. Vgl. auch LAG Hamm, Beschluss vom 24.08.1972 – 8 Ta 55/72, NJW 1972, 2063, 2063 f. 268 BGH, Beschluss vom 01.02.1995 – VIII ZB 53/94, NJW 1995, 1095, 1096; LAG Hamm, Beschluss vom 24.08.1972 – 8 Ta 55/72, NJW 1972, 2063, 2063; Lindacher, in: Münchener

E. Arten der Erledigung bei Unterlassungsansprüchen

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Für die einseitige Erledigungserklärung des Klägers gilt dies hingegen nicht. Bei dieser handelt es sich nach hier vertretener Ansicht um eine Klageänderung269 und eine solche ist nach Erlass der Entscheidung wegen § 318 ZPO nicht mehr möglich. Um nach Abschluss einer Instanz noch einseitig die Erledigung zu erklären, muss der Kläger daher ein Rechtsmittel einlegen. Dann kann er die Hauptsache in der nächsten Instanz bei Einhaltung der oben angegebenen Voraussetzungen für erledigt erklären.270

E. Arten der Erledigung bei Unterlassungsansprüchen Die Erledigung kann im Rechtsstreit auf unterschiedliche Art und Weise eintreten. In welcher Form dies im Einzelfall erfolgt, hängt meist eng mit dem geltend gemachten Anspruch zusammen. Auch bei Unterlassungsansprüchen gibt es verschiedene Gründe, die regelmäßig in der Praxis zur Erledigung führen. Diese typischen Fälle sollen nachfolgend überblicksweise dargestellt werden. Dabei kommt es nach der ganz herrschenden Meinung nicht darauf an, in wessen Verantwortungsbereich das erledigende Ereignis fällt.271

I. Wegfall der Wiederholungsgefahr Der in der Praxis wohl häufigste Fall der Hauptsacheerledigung bei gesetzlichen Unterlassungsansprüchen ist der Wegfall der Wiederholungsgefahr. Diese ist materielle Anspruchsvoraussetzung;272 entfällt sie, erlischt der Unterlassungsanspruch. Für den Wegfall der Wiederholungsgefahr kommen im Tatsächlichen unterschiedliche Gründe in Betracht.

Kommentar ZPO, § 91a Rn. 44; Vollkommer, in: Zöller, ZPO, § 91a Rn. 21; Bork, in: Stein/­ Jonas, ZPO, § 91a Rn. 15; Bergerfurth, NJW 1992, 1655, 1656; Walchshöfer, NJW 1973, 294, 294. 269 Vgl. hierzu schon oben 4. Kap. C.II.2.g)., S. 113 f. 270 Hausherr, MDR 2010, 973, 974; Steiner, in: Wieczorek/Schütze, ZPO, § 91a Rn.  50; Lackmann, in: Musielak, ZPO, § 91a Rn. 33; Hüßtege, in: Thomas/Putzo, ZPO, § 91a Rn. 40. 271 BGH, Urteil vom 13.05.1993 – I ZR 113/91, GRUR 1993, 769, 770 f. („Radio Stuttgart“). Vgl. auch BGH, Urteil vom 06.12.1984 – VII ZR 64/84, NJW 1986, 588, 589; BGH, Urteil vom 27.01.2010 – VIII ZR 58/09, BGHZ 184, 128, 137. Anders Ulrich, GRUR 1982, 14, 18;­ Teplitzky, Wettbewerbsrechtliche Ansprüche, Kap. 46 Rn. 38 (S. 755); Melullis, Wettbewerbsprozess, Rn. 703a; Bornkamm, in: Der Wettbewerbsprozess, Kap. 33 Rn. 14 (S. 598); Brüning, in: Harte-Bavendamm/Henning-Bodewig, UWG, Vorb zu § 12 Rn. 46; Bork, in: Stein/Jonas, ZPO, § 91a Rn. 6. 272 Vgl. hierzu schon oben 2. Kap. D. I., S. 36 ff.

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4. Kap.: Erledigung im Rechtsstreit

1. Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung Die Wiederholungsgefahr entfällt beim Unterlassungsanspruch insbesondere bei Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung,273 allerdings nicht, wenn Zweifel an deren Ernstlichkeit begründet sind.274 Der Unterlassungsschuldner erklärt dazu gegenüber dem Unterlassungsgläubiger, uneingeschränkt, bedingungslos und unwiderruflich sowie unter Übernahme einer angemessenen Vertragsstrafe, weitere Verletzungshandlungen zu unterlassen.275 Eine solche Unterlassungserklärung wird als Erfüllungssurrogat für den Unterlassungsanspruch angesehen.276 Ein Erledigungsgrund liegt daher schon bei Abgabe der Unterlassungserklärung vor; ob sie angenommen wird, ist dafür nicht relevant. Es genügt bereits, wenn der Unterlassungsgläubiger das Angebot jederzeit annehmen kann.277 Nicht ausreichend für den Wegfall der Wiederholungsgefahr ist hingegen das bloße Versprechen künftiger Unterlassung278 oder ein ohne Vereinbarung einer Vertragsstrafe geschlossener Unterlassungsvertrag.279

273 BGH, Urteil vom 08.03.1990 – I ZR 116/88, GRUR 1990, 530, 532 („Unterwerfung durch Fernschreiben“); BGH, Urteil vom 01.04.1993 – I ZR 136/91, GRUR 1993, 677, 679 („Bedingte Unterwerfung“); BGH, Urteil vom 09.11.1995 – I ZR 212/93, GRUR 1996, 290, 291 („Wegfall der Wiederholungsgefahr“); Teplitzky, Wettbewerbsrechtliche Ansprüche, Kap.  46 Rn.  35 (S.  752); Grosch, Rechtswandel und Rechtskraft bei Unterlassungsurteilen, § 12 I.1. (S. 128); Bornkamm, in: Der Wettbewerbsprozess, Kap. 33 Rn. 3 (S. 594); Brüning, in: HarteBavendamm/Henning-Bodewig, UWG, Vorb zu § 12 Rn. 45. Vgl. ausführlich zur Unterwerfungserklärung Teplitzky, Wettbewerbsrechtliche Ansprüche, Kap. 8. 274 BGH, Urteil vom 01.04.1993 – I ZR 136/91, GRUR 1993, 677, 679 („Bedingte Unterwerfung“); BGH, Urteil vom 09.11.1995 – I ZR 212/93, GRUR 1996, 290, 291 („Wegfall der­ Wiederholungsgefahr“); BGH, Urteil vom 16.11.1995  – I ZR 229/93, WRP 1996, 284, 285 („Wegfall der Wiederholungsgefahr II“); Teplitzky, Wettbewerbsrechtliche Ansprüche, Kap. 7 Rn. 12 (S. 59 f.); Bornkamm, in: Der Wettbewerbsprozess, Kap. 33 Rn. 5 (S. 595). 275 Bornkamm, in: Der Wettbewerbsprozess, Kap. 33 Rn. 5 (S. 595); Bergmann/Goldmann, in: Harte-Bavendamm/Henning-Bodewig, UWG, § 8 Rn. 23; Fritzsche, in: Handbuch des Wettbewerbsrechts, § 79 Rn. 18; Teplitzky, GRUR 1983, 609, 610. 276 Bornkamm, in: Der Wettbewerbsprozess, Kap. 33 Rn. 3 (S. 594). 277 Bornkamm, in: Der Wettbewerbsprozess, Kap. 33 Rn. 6 (S. 595). Vgl. BGH, Urteil vom 24.11.1983 – I ZR 192/81, NJW 1985, 62, 64 („Copy-Charge“); BGH, Urteil vom 12.07.1984 – I ZR 123/82, NJW 1985, 191, 191 f. (Vertragsstrafe bis zu …“); BGH, Urteil vom 09.11.1995 – I ZR 212/93, GRUR 1996, 290, 292 („Wegfall der Wiederholungsgefahr“); vgl. auch Teplitzky, GRUR 1983, 609, 610. 278 BGH, Urteil vom 14.10.1999 – I ZR 90/97, GRUR 2000, 605, 608 („comtes/ComTel“); Fritzsche, in: Handbuch des Wettbewerbsrechts, § 79 Rn.  18; Teplitzky, Wettbewerbsrechtliche Ansprüche, Kap. 7 Rn. 8 (S. 58); Bergmann/Goldmann, in: Harte-Bavendamm/Henning-­ Bodewig, UWG, § 8 Rn. 27. Vgl. auch BGH, Urteil vom 02.05.1991 – I ZR 227/89, GRUR 1991, 769, 771 („Honoraranfrage“); BGH, Urteil vom 24.02.1994 – I ZR 59/92, GRUR 1994, 516, 517 („Auskunft über Notdienste“). 279 Teplitzky, Wettbewerbsrechtliche Ansprüche, Kap.  7 Rn.  10 (S.  58); vgl. Nieder, WRP 2001, 117, 117 f.

E. Arten der Erledigung bei Unterlassungsansprüchen

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2. Vorliegen eines Unterlassungstitels Ein weiterer Grund für die Erledigung eines Unterlassungsanspruchs wegen Wegfalls der Wiederholungsgefahr kann darin begründet sein, dass bereits ein anderer Unterlassungsgläubiger wegen des zwischen den Parteien in Rede stehenden Verstoßes einen rechtskräftigen Unterlassungstitel gegen den Unterlassungsschuldner erstritten hat.280 Anderenfalls könnte der Unterlassungsschuldner, dem eine Vielzahl von Gläubigern gegenübersteht, von jedem von diesen einzeln verklagt werden und er müsste gegenüber jedem eine eigene Unterlassungserklärung abgeben.281 Voraussetzung für den Wegfall der Wiederholungsgefahr ist allerdings, dass sich der Unterlassungsschuldner gegenüber dem weiteren Unterlassungs­ gläubiger auf den Titel beruft und damit deutlich macht, dass er den Streit mit diesem Gläubiger als ebenfalls vom Titel erfasst ansieht und sich dementsprechend verhalten wird.282 3. Änderung der tatsächlichen Verhältnisse Die Wiederholungsgefahr kann auch bei Änderung der tatsächlichen Verhältnisse im Zusammenhang mit der Verletzungshandlung entfallen. Hieran sind allerdings strenge Anforderungen zu stellen. Die Aufgabe der Geschäftstätigkeit oder eine Produktionseinstellung durch den Unterlassungsschuldner, der Übergang des Geschäfts in andere Hände oder der Eintritt in das Liquidationsstadium be­ seitigen die Wiederholungsgefahr nur, wenn jede Wahrscheinlichkeit für eine Wiederaufnahme der Verletzungshandlung durch den Unterlassungsschuldner beseitigt ist.283

280 Fritzsche, Unterlassungsanspruch und Unterlassungsklage, § 7 IV.5. (S. 197); Bergmann/ Goldmann, in: Harte-Bavendamm/Henning-Bodewig, UWG, § 8 Rn.  25; Teplitzky, Wettbewerbsrechtliche Ansprüche, Kap. 46 Rn. 35 (S. 752); Bornkamm, in: Der Wettbewerbsprozess, Kap. 33 Rn. 8 (S. 596); Bornkamm, in: FS Tilmann, S. 769, 771; Fritzsche, in: Handbuch des Wettbewerbsrechts, § 79 Rn. 36. 281 Bornkamm, in: FS Tilmann, S. 769, 772. 282 BGH, Urteil vom 19.02.2002 – I ZR 160/00, GRUR 2003, 450, 452 („Begrenzte Preissenkung“); Bornkamm, in: Der Wettbewerbsprozess, Kap. 33 Rn. 8 (S. 596); Bornkamm, in: FS Tilmann, S. 769, 778; Teplitzky, Wettbewerbsrechtliche Ansprüche, Kap. 7 Rn. 4a (S. 54 f.); Bergmann/Goldmann, in: Harte-Bavendamm/Henning-Bodewig, UWG, § 8 Rn. 25; Fritzsche, in: Handbuch des Wettbewerbsrechts, § 79 Rn. 36. 283 BGH, Urteil vom 06.07.1954  – I ZR 38/53, BGHZ 14, 163, 167 f.; BGH, Urteil vom 14.10.1999  – I ZR 90/97, GRUR 2000, 605, 608 („comtes/ComTel“); BGH, Urteil vom 26.10.2000  – I ZR 180/98, GRUR 2001, 453, 455 („TCM-Centrum“); BGH, Urteil vom 02.10.2003  – I ZR 252/01, GRUR 2004, 162, 163 f. („Mindestverzinsung“); Fritzsche, in: Handbuch des Wettbewerbsrechts, § 79 Rn.  19; Teplitzky, Wettbewerbsrechtliche Ansprüche, Kap. 7 Rn. 11 (S. 59); Bergmann/Goldmann, in: Harte-Bavendamm/Henning-Bodewig, UWG, § 8 Rn. 29.

128

4. Kap.: Erledigung im Rechtsstreit

4. Nur einmal möglicher Verstoß Ein Wegfall der Wiederholungsgefahr, in diesem Fall meist in Form der Erstbegehungsgefahr, und damit die Erledigung der Hauptsache liegt auch immer dann vor, wenn ein Verstoß gegen das Unterlassungsgebot nur einmal beziehungsweise nur in einer begrenzten Anzahl von Fällen möglich ist und dieser Verstoß beziehungsweise sämtliche möglichen Verstöße begangen wurden.284 Dann fehlt es im Tatsächlichen an der Möglichkeit eines weiteren Verstoßes und damit automatisch auch an der Wiederholungsgefahr.285 Die Erfüllung des Unterlassungsanspruchs wird aufgrund tatsächlicher Umstände unmöglich.

II. Zeitablauf Die Erledigung kann auch durch Zeitablauf eintreten.286 Dies gilt insbesondere für befristete Schutzrechte287 oder saisonalen Wettbewerbsschutz,288 aber auch wenn ein Verstoß von vornherein nur innerhalb eines bestimmten Zeitraums in Betracht kommt, beispielsweise während einer Messe oder einer Eröffnungsveranstaltung. Dann erstreckt sich der Unterlassungsanspruch von vornherein nur auf diesen Zeitraum; ist dieser verstrichen, entfällt der Unterlassungsanspruch.289 Der zeitliche Ablauf des Bestehens eines Unterlassungsanspruchs führt allerdings nicht automatisch zur Erledigung, sondern stellt ein erledigendes Ereignis nur dann dar, wenn der Unterlassungsanspruch ursprünglich zeitlich unbegrenzt geltend gemacht wurde. Der Anspruch erledigt sich hingegen nicht, wenn er von

284

Vgl. Fritzsche, Unterlassungsanspruch und Unterlassungsklage, § 4 III.5. (S.  49) und­ Olzen, in: Staudinger, BGB, § 241 Rn. 140, der von „Einmalunterlassung“ spricht. 285 Vgl. hierzu das anschauliche Beispiel zum Fällen von Birken bei Borck, GRUR 1991, 428 ff.; vgl. auch Olzen, in: Staudinger, BGB, § 241 Rn. 140. 286 BPatG, Beschluss vom 12.07.1983 – X ZR 62/81, GRUR 1983, 560, 560 („Brücken­ legepanzer II“); Bornkamm, in: Der Wettbewerbsprozess, Kap. 33 Rn. 18 (S. 600); ­Melullis, Wettbewerbsprozess, Rn.  703; Steiner, in: Wieczorek/Schütze, ZPO, § 91a Rn.  32; Bork, in: Stein/Jonas, ZPO, § 91a Rn.  6; Teplitzky, Wettbewerbsrechtliche Ansprüche, Kap.  46 Rn.  35 (S.  752); Brüning, in: Harte-Bavendamm/Henning-Bodewig, UWG, Vorb zu § 12 Rn. 45. 287 Vgl. hierzu z. B. das Erlöschen des Patents nach § 20 PatG, den Ablauf der Schutzdauer eines Gebrauchsmusters nach § 23 GebrMG oder die Erlöschensgründe für eine Marke nach §§ 48 ff. MarkenG. Vgl. auch BPatG, Beschluss vom 12.07.1983 – X ZR 62/81, GRUR 1983, 560, 560 („Brückenlegepanzer II“). 288 Vgl. schon RG, Urteile vom 12.10.1935 – I 292 und 333/34, RGZ 148, 400, 404. Für den zeitlich begrenzten Schutz im Lauterkeitsrecht vgl. BGH, Urteil vom 19.01.1973 – I ZR 29/71, BGHZ 60, 168 ff. („Modeneuheit“). 289 Ulrich, GRUR 1982, 14, 18 f.; Bornkamm, in: Der Wettbewerbsprozess, Kap. 33 Rn. 12 (S. 598); Jestaedt, in: Der Wettbewerbsprozess, Kap. 22 Rn. 50 (S. 423); Hüßtege, in: Thomas/ Putzo, ZPO, § 91a Rn. 5. Vgl. BGH, Beschluss vom 23.10.2003 – I ZB 45/02, BGHZ 156, 335, 342 („Euro-Einführungsrabatt“).

E. Arten der Erledigung bei Unterlassungsansprüchen

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vornherein auf den Zeitraum, in dem er bestand, beschränkt war. Allein der Umstand, dass die Schutzrechtsdauer abgelaufen ist, führt nicht dazu, dass eine Schutzrechtsverletzung in dem vergangenen Zeitraum erlaubt gewesen wäre.290 Der Zeitablauf ändert dann nichts daran, dass der Anspruch für den Zeitraum, in dem er geltend gemacht wurde, bestand. Ist bereits ein anfänglich befristeter Unterlassungstitel erlassen, bleibt ein solcher grundsätzlich auch nach Zeitablauf unverändert rechtsbeständig und lässt bei Zuwiderhandlungen während des fraglichen Zeitraums auch später noch eine Ahndung nach § 890 ZPO zu.291 Selbst wenn das Erkenntnisverfahren bei Zeitablauf noch nicht abgeschlossen ist, besteht kein Bedürfnis für eine Erledigungserklärung. Das Gericht hat dann auf Widerspruch, Einspruch oder Berufung hin schlichtweg zu prüfen, ob es den Titel bis zum Zeitablauf bestätigen kann. Einer Erledigungserklärung bedarf es dann nicht.

III. Verjährung Ein Erledigungsgrund kann auch in der Verjährung liegen. Unterlassungsansprüche unterliegen grundsätzlich der Verjährung, für diejenigen des Wettbewerbsrechts gilt nach § 11 UWG sogar die kurze Frist von sechs Monaten. Nicht verjähren können allerdings diejenigen Unterlassungsansprüche, die aus einmaligen Zuwiderhandlungen oder nur zu einem bestimmten Zeitpunkt geschuldeten Unterlassungen resultieren, denn diese erlöschen bereits mit der Zuwiderhandlung beziehungsweise mit dem Ablauf des Zeitraums.292 Erledigungsgrund ist nach allgemeiner Meinung aber nicht schon der Eintritt der Verjährung, sondern erst das Erheben dieser Einrede, denn vorher war die Klage zwar schon einredebehaftet, unbegründet wird sie aber erst mit dem Erheben der Einrede.293

290

Melullis, GRUR 1993, 241, 246; Ulrich, WRP 1992, 147, 150. OLG Düsseldorf, Beschluss vom 10.01.2001 – 16 W 60/00, InVO 2002, 69, 69; ­Lackmann, in: Musielak, ZPO, § 890 Rn. 6; Seiler, in: Thomas/Putzo, ZPO, § 890 Rn. 10; Ulrich, WRP 1992, 147, 150. Vgl. auch OLG Stuttgart, Beschluss vom 28.03.2001 – 2 W 6/01, NJOZ 2001, 1222, 1223. 292 Teplitzky, Wettbewerbsrechtliche Ansprüche, Kap. 16 Rn. 2 (S. 249). 293 BGH, Urteil vom 27.01.2010 – VIII ZR 58/09, BGHZ 184, 128, 130 ff.; Peters, NJW 2001, 2289, 2290; Teplitzky, Wettbewerbsrechtliche Ansprüche, Kap.  46 Rn.  37 (S.  754) m. w. N.; Brüning, in: Harte-Bavendamm/Henning-Bodewig, UWG, Vorb zu § 12 Rn. 46; Bornkamm, in: Der Wettbewerbsprozess, Kap. 33 Rn. 15 (S. 599); Melullis, Wettbewerbsprozess, Rn. 242. Anders Steiner, in: Wieczorek/Schütze, ZPO, § 91a Rn. 33 m. w. N. zur obergerichtlichen Rechtsprechung. 291

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4. Kap.: Erledigung im Rechtsstreit

IV. Gesetzesänderung Ein Erledigungsgrund liegt auch bei einer Gesetzesänderung vor.294 Insbesondere im Wettbewerbsrecht sind in den letzten Jahren viele Verbotsnormen weg­gefallen.295 Entfällt nun das Verbot, auf welches sich die Unterlassungsklage stützt, wird sie unbegründet. Anders ist dies allerdings in den Fällen, in denen das Bundesverfassungsgericht ein Gesetz für nichtig erklärt. Diese Nichtigkeit tritt rückwirkend ein und nimmt der Klage daher die Begründetheit mit Wirkung von Anfang an.296 Kein Erledigungsgrund liegt hingegen bei einer Rechtsprechungsänderung vor, denn bei einer solchen wird nicht gestaltend in die Rechtslage eingegriffen, vielmehr handelt es sich bloß um eine andere rechtliche Beurteilung und Bewertung der gleichen, schon zuvor bestehenden Rechtslage.297

V. Besonderheiten im einstweiligen Verfügungsverfahren Grundsätzlich gelten die soeben dargestellten Erledigungsgründe auch im einstweiligen Verfügungsverfahren. Daneben gibt es, bedingt durch die Besonderheiten dieses Verfahrens sowie die Wechselwirkung zwischen dem Verfügungs- und Hauptsacheverfahren, weitere Erledigungsgründe, die in dem auf den Erlass einer einstweiligen Verfügung gerichteten Verfahren auftreten können. 1. Wegfall des Verfügungsgrundes Als Erledigungsgrund kommt im Verfahren der einstweiligen Verfügung auch der Wegfall des Verfügungsgrundes, mithin der Dringlichkeit beziehungsweise Eilbedürftigkeit als Prozessvoraussetzung in Betracht.298 Die Dringlichkeit entfällt 294 BGH, Urteil vom 18.12.2003 – I ZR 84/01, GRUR 2004, 349, 349 („Einkaufsgutschein II“); BGH, Urteil vom 22.04.2004 – I ZR 21/02, GRUR 2004, 701, 702 („Klinikpackung II“); Grosch, Rechtswandel und Rechtskraft bei Unterlassungsurteilen, § 12 I.2. (S. 130); Teplitzky, Wettbewerbsrechtliche Ansprüche, Kap.  46 Rn.  39 (S.  755); Melullis, Wettbewerbsprozess, Rn. 703; Brüning, in: Harte-Bavendamm/Henning-Bodewig, UWG, Vorb zu § 12 Rn. 45. 295 Zum UWG ausführlich Bornkamm, in: Der Wettbewerbsprozess, Kap. 33 Rn. 16 (S. 599). 296 BGH, Urteil vom 09.10.1964  – Ib ZR 183/62, NJW 1965, 296, 297; Teplitzky, Wettbewerbsrechtliche Ansprüche, Kap. 46 Rn. 39 (S. 755); Melullis, Wettbewerbsprozess, Rn. 703; Brüning, in: Harte-Bavendamm/Henning-Bodewig, UWG, Vorb zu § 12 Rn. 45. 297 BGH, Urteil vom 18.12.2003 – I ZR 84/01, GRUR 2004, 349, 349 („Einkaufsgutschein II“); Teplitzky, Wettbewerbsrechtliche Ansprüche, Kap.  46 Rn.  39 (S.  755 f.); Bornkamm, in: Der Wettbewerbsprozess, Kap. 33 Rn. 17 (S. 600). Vgl. Brüning, in: Harte-Bavendamm/­ Henning-Bodewig, UWG, Vorb zu § 12 Rn. 45. 298 Teplitzky, Wettbewerbsrechtliche Ansprüche, Kap.  55 Rn.  25 (S.  1015); Singer, in: Der Wettbewerbsprozess, Kap.  54 Rn.  14 (S.  994); Brüning, in: Harte-Bavendamm/Henning-­ Bodewig, UWG, Vorb zu § 12 Rn. 47. Vgl. OLG Köln, Urteil vom 15.05.1985 – 6 U 42/85, WRP 1985, 660, 660; vgl. auch Ulrich, GRUR 1982, 14, 21.

E. Arten der Erledigung bei Unterlassungsansprüchen

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beispielsweise in dem Fall eines säumigen Prozessverhaltens des Antragstellers, insbesondere wenn er das Verfügungsverfahren nicht zügig betreibt.299 Daneben entfällt die Dringlichkeit auch, wenn ein im Kern mit der beantragten einstweiligen Verfügung vergleichbares Urteil in der Hauptsache ergeht.300 2. Abgabe einer Abschlusserklärung Wird eine auf Unterlassung gerichtete einstweilige Verfügung erlassen, beseitigt dies die Wiederholungsgefahr grundsätzlich nicht und führt auch nicht zur Erledigung des Unterlassungsanspruchs, denn die einstweilige Verfügung stellt keinen dauerhaften Unterlassungstitel dar und ist nur auf vorübergehende Sicherung gerichtet. Die Wiederholungsgefahr entfällt aber mit Abgabe einer Abschlusserklärung301 nach Beendigung des einstweiligen Verfügungsverfahrens. Mit einer solchen Erklärung erkennt der Unterlassungsschuldner die einstweilige Verfügung als endgültige Regelung der Rechtslage zwischen den Parteien an und­ damit führt die Abschlusserklärung bereits zur Bestandssicherung des erlangten Titels, ohne dass es noch einer Entscheidung im ordentlichen Hauptsacheverfahren bedürfte.302 Daneben bewirkt die Abschlusserklärung, dass das Rechtsschutzinteresse für eine Hauptsacheklage entfällt, es mithin an einer Prozessvoraussetzung fehlt und das Verfahren auch aus diesem Grund in der Hauptsache für erledigt zu erklären ist.303 Im Verhältnis zu weiteren Unterlassungsgläubigern soll der durch eine Abschlusserklärung gesicherten einstweiligen Verfügung die gleiche Wirkung zukommen wie einer strafbewehrten Unterlassungserklärung,304 mithin ebenfalls diesen gegenüber die Wiederholungsgefahr entfallen lassen.305

299 Singer, in: Der Wettbewerbsprozess, Kap.  54 Rn.  14 (S.  994). Vgl. Teplitzky, Wettbewerbsrechtliche Ansprüche, Kap. 55 Rn. 26 (S. 1015); Ulrich, GRUR 1982, 14, 21. 300 Singer, in: Der Wettbewerbsprozess, Kap. 54 Rn. 14 (S. 994). Vgl. Ulrich, GRUR 1982, 14, 21, der allerdings von einem Wegfall des Rechtsschutzinteresses ausgeht. 301 Vgl. hierzu näher Ahrens, in: Der Wettbewerbsprozess, Kap. 58 (S. 1059 ff.). 302 Bornkamm, in: Der Wettbewerbsprozess, Kap.  33 Rn.  9 (S.  597); Fritzsche, Unterlassungsanspruch und Unterlassungsklage, § 7 IV.4. (S.  195); Bergmann/Goldmann, in: HarteBavendamm/Henning-Bodewig, UWG, § 8 Rn. 26. Vgl. BGH, Urteil vom 05.07.1990 – I ZR 148/88, GRUR 1991, 76, 77 („Abschlußerklärung“); OLG Frankfurt am Main, Urteil vom 15.08.1996 – 6 U 74/96, WRP 1997, 44, 46; OLG Karlsruhe, Urteil vom 22.02.1995 – 6 U 250/94, GRUR 1995, 510, 513 („Ginkgo-biloba-Präparat“). 303 Fritzsche, in: Handbuch des Wettbewerbsrechts, § 79 Rn.  35; Ahrens, in: Der Wettbewerbsprozess, Kap.  58 Rn.  30 (S.  1069 f.). Vgl. Melullis, Wettbewerbsprozess, Rn.  672;­ Teplitzky, WRP 1996, 171, 172 f. 304 Vgl. hierzu soeben 4. Kap. E. I.1., S. 126 f. 305 Ahrens, in: Der Wettbewerbsprozess, Kap.  58 Rn.  38 (S.  1071). Vgl. Melullis, Wettbewerbsprozess, Rn. 672.

132

4. Kap.: Erledigung im Rechtsstreit

3. Entscheidung im Hauptverfahren Eine Erledigung des einstweiligen Verfügungsverfahrens kommt auch in Betracht, wenn das Hauptsacheverfahren mit einer Entscheidung oder einem Prozessvergleich endet.306 Aufgrund des auf vorläufige Sicherung gerichteten Charakters des einstweiligen Verfügungsverfahrens erledigt sich dieses, wenn eine auf endgültige Klärung der Rechtslage gerichtete Entscheidung im Hauptsacheverfahren ergeht.307

F. Zusammenfassung Zusammengefasst lässt sich hinsichtlich der Erledigung im Zivilprozess Folgendes festhalten: 1. Im Rechtsstreit tritt eine Erledigung der Hauptsache durch ein erledigendes Ereignis ein, welches eine ursprünglich zulässige und begründete Klage gegenstandslos werden lässt, indem sie unzulässig oder unbegründet wird. 2. Die Erledigungserklärung ist die Reaktion auf das erledigende Ereignis, welches dadurch in den Rechtsstreit eingeführt wird. Die Erledigungserklärung kann übereinstimmend durch die Parteien oder einseitig nur vom Kläger abgegeben werden. Eine Erledigungserklärung muss sich nicht zwingend auf den gesamten Rechtsstreit beziehen, wenn sich nur einer von mehreren oder ein Streitgegenstand nur partiell erledigt hat. 3. Die Behandlung der übereinstimmenden Erledigungserklärung richtet sich nach § 91a ZPO, hier kommt es auf den Zeitpunkt der Erledigung nicht an. Die einseitige Erledigungserklärung ist als nach § 264 Nr. 2 ZPO privilegierte Klageänderung zu behandeln, gerichtet auf die Feststellung, dass eine ursprünglich zulässige und begründete Klage nachträglich gegenstandslos geworden ist. Hier muss die Erledigung nach Rechtshängigkeit eingetreten sein.

306

Teplitzky, Wettbewerbsrechtliche Ansprüche, Kap. 55 Rn. 27 (S. 1016). Steiner, in: Wieczorek/Schütze, ZPO, § 91a Rn. 35.

307

Fünftes Kapitel

Auswirkung der Erledigung auf die Ordnungsmittelfestsetzung „Die praktischen Konsequenzen sind keine stichhaltigen Argumente. Sie berechtigen nicht, wegen des unerwünschten Ergebnisses von allgemeinen vollstreckungsrechtlichen Grundsätzen ab-zuweichen, die von der Natur der Sache her formell sind.“ Gustav-Adolf Ulrich1

Nunmehr stellt sich die Frage, inwieweit die Erledigung des Unterlassungsanspruchs und die daraufhin erfolgende – einseitige oder übereinstimmende – Erledigungserklärung im noch laufenden Erkenntnisverfahren Auswirkungen auf das Verfahren der Ordnungsmittelfestsetzung haben. Dabei geht es insbesondere um die Frage nach dem Titelerfordernis für die Festsetzung eines Ordnungsmittels, mithin darum, ob im Zeitpunkt der Festsetzung selbst noch ein wirksamer Titel vorliegen muss oder ob es ausreichend ist, wenn ein solcher jedenfalls im Zeitpunkt der Zuwiderhandlung vorlag. Zunächst soll aufgezeigt werden, dass es – unabhängig von der Rechtsnatur der Ordnungsmittel – aufgrund zwangsvollstreckungsrechtlicher Vorgaben im Zeitpunkt der Festsetzung eines noch wirksamen Titels bedarf. Im Anschluss daran werden die Art des Titelfortfalls bei einseitiger und übereinstimmender Erledigungserklärung diskutiert sowie die Konsequenzen aufgezeigt, die sich daraus für die Ordnungsmittelfestsetzung ergeben.

A. Titelerfordernis bei Festsetzung der Ordnungsmittel Die Frage, ob es im Zeitpunkt der Ordnungsmittelfestsetzung eines Titels bedarf oder ob eine Ordnungsmittelfestsetzung auch ohne Titel zulässig ist, knüpft an die Frage der Rechtsnatur der Ordnungsmittel an und war lange Zeit wohl die am heftigsten umstrittene Frage im Rahmen der Unterlassungsvollstreckung.2 Auch wenn der Bundesgerichtshof im Jahr 20033 hierzu Stellung genommen hat, ist die Situation noch immer nicht als unstreitig oder geklärt zu bezeichnen. Dabei wurde und 1

Ulrich, GRUR 1982, 14, 23. Pastor, Die Unterlassungsvollstreckung, S. 68. 3 BGH, Beschluss vom 23.10.2003 – 1 ZB 45/02, BGHZ 156, 335 ff. („Euro-Einführungsrabatt“). 2

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5. Kap.: Auswirkung der Erledigung auf die Ordnungsmittelfestsetzung 

wird teilweise auch heute noch zwischen dem Titelfortfall ex tunc und ex nunc differenziert. Insofern soll zunächst aufgezeigt werden, was unter Titelfortfall ex tunc oder ex nunc zu verstehen ist. Im Anschluss daran wird auf die Frage des Titel­ erfordernisses im Zeitpunkt der Ordnungsmittelfestsetzung eingegangen, deren Beantwortung in Rechtsprechung und Literatur regelmäßig eng mit der bereits diskutierten Frage nach der Rechtsnatur der Ordnungsmittel verknüpft wird. Diese Argumentation anhand der Rechtsnatur, bei der oft – ergebnisorientiert – der präventive oder repressive Charakter der Ordnungsmittel in den Vordergrund gerückt wird, ist eine fragwürdige Methode. Es wird aufgezeigt werden, dass es weniger auf die Rechtsnatur und viel mehr auf die zwingenden Vorgaben des Zwangsvollstreckungsrechts ankommt.

I. Titelfortfall ex tunc und Titelfortfall ex nunc Ein nicht rechtskräftiger Titel kann nachträglich sowohl mit Wirkung ex tunc als auch mit Wirkung ex nunc entfallen. 1. Titelfortfall ex tunc Beim Titelfortfall ex tunc entfällt der Unterlassungstitel mit rückwirkender Kraft ab dem Zeitpunkt seines Erlasses.4 Ein Fortfall ex tunc liegt beispielsweise vor bei Rücknahme der Klage oder des Verfügungsantrags nach § 269 Abs. 3 Satz 1 ZPO5 oder bei Aufhebung eines Urteils im Rechtsmittelverfahren6 beziehungsweise eines Versäumnisurteils nach Einspruch gem. § 343 Satz 2 ZPO. Selbiges gilt bei Aufhebung einer einstweiligen Verfügung wegen Fristversäumnis gemäß §§ 936, 926 Abs. 2 ZPO7 oder auch nach Widerspruch gemäß §§ 936, 925 Abs. 2 ZPO.8 Fällt ein Titel mit Wirkung ex tunc ab dem Zeitpunkt seines Erlasses fort, so folgt daraus, dass der Unterlassungsschuldner bei einem Verstoß rechtmäßig gehandelt hat, da er nichts zu unterlassen brauchte. Schließlich bestand objektiv nie ein Unterlassungsgebot, da der Titel als von Anfang an wirkungslos gilt.9 Damit 4 Pastor, Die Unterlassungsvollstreckung, S.  70; Ahrens, in: Der Wettbewerbsprozess, Kap. 66 Rn. 20 (S. 1224). 5 Fritzsche, Unterlassungsanspruch und Unterlassungsklage, § 17 VI.2.a)  (S.  667). Vgl.­ Saenger, in: Saenger, ZPO, § 269 Rn. 31. 6 Lackmann, in: Musielak, ZPO, § 890 Rn. 16; Fritzsche, Unterlassungsanspruch und Unterlassungsklage, § 17 VI.2.a) (S. 667); Mohr, Das Verfahren nach § 890 ZPO, S. 20. 7 OLG Frankfurt am Main, Beschluss vom 25.11.1976 – 6 W 66/76, NJW 1977, 1204, 1204; OLG Frankfurt am Main, Beschluss vom 28.03.2011  – 11 W 27/10, NJW-RR 2011, 1290, 1290 f.; Huber, in: Musielak, ZPO, § 926 Rn. 22; Fischer, in: Prütting/Gehrlein, ZPO, § 926 Rn. 8; Walker, in: Schuschke/Walker, Vollstreckung, § 926 Rn. 24; Ulrich, WRP 1992, 147, 148. 8 Vollkommer, in: Zöller, ZPO, § 925 Rn. 7. 9 Pastor, Die Unterlassungsvollstreckung, S. 70.

A. Titelerfordernis bei Festsetzung der Ordnungsmittel

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fehlt beim Titelfortfall ex tunc nicht nur ein Verstoß gegen ein wirksames Unterlassungsgebot, sondern von Anfang an auch der Titel als Grundlage für das Ordnungsmittelverfahren. 2. Titelfortfall ex nunc Beim Titelfortfall ex nunc entfällt der Unterlassungstitel nur für die Zukunft. Erst ab dem Zeitpunkt des Fortfalls ist die titulierte Unterlassungspflicht beendet, bis zu diesem Zeitpunkt wird der Titel nicht berührt und bleibt bis dahin bestehen und wirksam.10 Ein Titelfortfall ex nunc liegt beispielsweise vor bei Aufhebungen einstweiliger Verfügungen nach §§ 936, 927 ZPO wegen veränderter Umstände11 oder wenn ein bereits erlassener Titel durch einen anderen Titel in einem Prozessvergleich ersetzt wird.12 Kein Titelfortfall ex nunc ist hingegen anzunehmen bei zeitlich befristeten oder bedingten Titeln, sobald deren Zeit verstrichen ist.13 Denn der Unterlassungsanspruch ist bis zum Ablauf des Schutzes gerade nicht als gegenstandslos anzusehen.14 Vielmehr hat der Unterlassungsgläubiger erreicht, was er erreichen wollte.15 Zwar kann der Zeitablauf eines befristeten Unterlassungsanspruchs ein den Unterlassungsanspruch materiell erledigendes Ereignis darstellen, sodass nach Ablauf der Frist Verstöße gegen das Unterlassungsgebot keine Zuwiderhandlungen gegen den Titel mehr darstellen.16 Der Zeitablauf hat dann aber nicht ­automatisch den Fortfall des Titels zur Folge, dieser bleibt vielmehr auch nach Zeitablauf rechtsbeständig.17 Der Titel enthält lediglich kein Unterlassungsgebot mehr, dem in der Zukunft noch Folge zu leisten wäre. Nur in dem Fall, dass der Anspruch nicht zeitlich begrenzt geltend gemacht wurde und der Zeitablauf während des noch laufenden Erkenntnisverfahrens eintritt, kann es zum

10

Pastor, Die Unterlassungsvollstreckung, S. 70 f. BFH, Urteil vom 17.12.2003 – I R 1/02, NJW 2004, 2183, 2184; OLG Frankfurt am Main, Beschluss vom 28.03.2011 – 11 W 27/10, NJW-RR 2011, 1290, 1291; Huber, in: Musielak, ZPO, § 927 Rn. 12; Walker, in: Schuschke/Walker, Vollstreckung, § 927 Rn. 24. Vgl. Grunsky, in: Stein/Jonas, ZPO, § 927 Rn. 1. 12 OLG Stuttgart, Beschluss vom 09.07.1986 – 2 W 20/86, NJW-RR 1986, 1255, 1255 f.; Sturhahn, in: Schuschke/Walker, Vollstreckung, § 890 Rn. 13. 13 OLG Nürnberg, Beschluss vom 20.10.1995 – 3 W 2862/95, GRUR 1996, 79, 79. Anders aber Ahrens, in: Der Wettbewerbsprozess, Kap. 66 Rn. 22 (S. 1225) und Mohr, Das Verfahren nach § 890 ZPO, S. 26. 14 BGH, Urteil vom 21.02.1989 – X ZR 53/87, BGHZ 107, 46, 60 („Ethofumesat“); Ulrich, WRP 1992, 147, 150. 15 OLG Düsseldorf, Urteil vom 09.11.1973 – 2 U 82/73, WRP 1974, 74, 74. 16 Jestaedt, in: Der Wettbewerbsprozess, Kap. 22 Rn. 50 (S. 423). 17 OLG Düsseldorf, Urteil vom 09.11.1973 – 2 U 82/73, WRP 1974, 74, 74; OLG Nürnberg, Beschluss vom 20.10.1995  – 3 W 2862/95, GRUR 1996, 79, 79; Fritzsche, Unterlassungsanspruch und Unterlassungsklage, § 17 VI.2.b) (S. 669); Ulrich, WRP 1992, 147, 150. 11

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5. Kap.: Auswirkung der Erledigung auf die Ordnungsmittelfestsetzung 

Titelfortfall kommen, sofern die Parteien auf den Zeitablauf mit Erledigungserklärungen reagieren.18 Folge eines Titelfortfalls ex nunc bei Unterlassungsansprüchen ist, dass sich das ursprünglich geschuldete Dauerunterlassen nachträglich in ein bis zum Fortfall des Anspruchs begrenztes Unterlassungsgebot wandelt.19 Damit sind im Zeitraum bis zum Titelfortfall begangene Verstöße Zuwiderhandlungen im Sinne von § 890 ZPO, denn der Unterlassungstitel fällt nur mit Wirkung für die Zukunft weg. Wird sodann die Festsetzung eines Ordnungsmittels begehrt, fehlt es zu diesem Zeitpunkt aber auch beim Titelfortfall ex nunc an einem wirksamen Titel.

II. Ansatzpunkte für die Frage des Titelerfordernisses Sowohl beim Titelfortfall ex tunc als auch beim Titelfortfall ex nunc stellt sich die Frage, ob anschließend wegen eines Verstoßes zu einem Zeitpunkt, als der Titel noch wirksam ein Unterlassungsgebot enthielt, noch ein Ordnungsmittel festgesetzt werden kann. Sowohl die Rechtsprechung als auch die Literatur versuchen, eine Lösung dieser Streitfrage über die Rechtsnatur der Ordnungsmittel zu finden. Dabei wird regelmäßig übersehen, dass sich die Frage nach dem Titelerfordernis im Zeitpunkt der Festsetzung nicht über die Rechtsnatur der Ordnungsmittel beantworten lässt. Vielmehr ist dies eine zivilprozessuale Frage, die davon abhängt, welcher Voraussetzungen es für die Durchführung der Zwangsvollstreckung bedarf. Die ZPO regelt dies so eindeutig, dass es überrascht, wenn diese Frage regelmäßig anhand des oben dargestellten Meinungsstreits diskutiert wird. Dass eine solche vom Ergebnis her entwickelte Argumentation weder hilfreich noch erforderlich ist, soll nachfolgend anhand der verschiedenen Begründungsansätze sowie der zwingenden zwangsvollstreckungsrechtlichen Vorgaben dargelegt werden. 1. Kein Titelerfordernis wegen des repressiven Charakters der Ordnungsmittel Die Stimmen, die den Ordnungsmitteln repressiven Charakter zuerkennen, halten das Vorliegen eines wirksamen Unterlassungstitels im Zeitpunkt der Festsetzung des Ordnungsmittels regelmäßig für verzichtbar.20 Jedenfalls bei Fortfall des

18 Zum Fortfall des Titels nach Erledigungserklärung sogleich 5.  Kap.  B., S.  145 ff. und 5. Kap. C., S. 154 ff. 19 Pastor, Die Unterlassungsvollstreckung, S. 71. Vgl. Ahrens, in: Der Wettbewerbsprozess, Kap. 66 Rn. 25 (S. 1226). 20 OLG Frankfurt am Main, Beschluss vom 04.08.1958 – 6 W 286/58, NJW 1958, 2021, 2021; OLG Frankfurt am Main, Beschluss vom 15.01.1962 – 6 W 588/61, MDR 1962, 488, 488; OLG München, Beschluss vom 21.04.1971 – 6 W 826/71, NJW 1971, 1756, 1756; OLG

A. Titelerfordernis bei Festsetzung der Ordnungsmittel

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Titels ex nunc, bei dem im Zeitpunkt des Verstoßes selbst ein wirksamer Titel vorlag, müsse ein Ordnungsgeld auch noch nach dem Titelfortfall festgesetzt werden können.21 Teilweise wird dies sogar bei Titelfortfall ex tunc angenommen, da Unterlassungsverfügungen stets zu beachten seien. Dies gelte unabhängig davon, ob sich die Unterlassungsverfügungen nachträglich als rechtmäßig oder rechtswidrig erwiesen, da dem Titel in einem Zeitpunkt zuwidergehandelt wurde, in dem er zu respektieren gewesen sei.22 Diese Ansicht begründet den Verzicht auf einen Titel im Zeitpunkt der Festsetzung mit der strafrechtlichen Rechtsnatur sowie damit, dass die Unterlassungsvollstreckung nur funktionieren könne, wenn der Androhung im Falle der Zuwiderhandlung auch stets eine Sanktion folge.23 Anderenfalls wären befristete Titel und solche, denen nur einmal zuwidergehandelt werden könne, nicht vollstreckbar und die Androhung ein „nur den Unkundigen schreckendes Übel“.24 Überdies könne der Unterlassungsschuldner regelmäßig selbst dafür sorgen, dass sich die Hauptsache nach Zuwiderhandlung erledige, beispielsweise indem er eine geeignete Unterwerfungserklärung abgebe25 und damit die Wiederholungsgefahr entfallen lasse. Nach dieser Ansicht ist die Festsetzung eines Ordnungsmittels sogar dann zulässig, wenn eine Wiederholung der Zuwiderhandlung unmöglich ist.26 Denn der Strafgrund für dieses sei bereits die Zuwiderhandlung gegen das Verbot.27

Stuttgart, Beschluss vom 15.10.1971 – 2 W 19/71, BB 1972, 1025, 1026. Vgl. Brehm, NJW 1976, 1730, 1731; Dietrich, Individualvollstreckung, S. 41. 21 OLG Stuttgart, Beschluss vom 15.10.1971 – 2 W 19/71, BB 1972, 1025, 1026; OLG Frankfurt am Main Beschluss vom 25.11.1976 – 6 W 66/76, NJW 1977, 1204, 1205; A. Blomeyer, in: FS Heinitz, S. 683, 701; Borck, WRP 1980, 670, 675. 22 Borck, WRP 1980, 670, 676; Borck, GRUR 1991, 428, 430. Wohl auch OLG München, Beschluss vom 21.04.1971 – 6 W 826/71, NJW 1971, 1756, 1756. Vgl. Dietrich, Individualvollstreckung, S. 43, der dies bei „rechtspolizeilichen Verfügungen“ annimmt. 23 OLG Frankfurt am Main, Beschluss vom 04.08.1958 – 6 W 286/58, NJW 1958, 2021, 2022; OLG München, Beschluss vom 21.04.1971 – 6 W 826/71, NJW 1971, 1756, 1756; OLG Frankfurt am Main Beschluss vom 25.11.1976 – 6 W 66/76, NJW 1977, 1204, 1205; A. Blomeyer, in: FS Heinitz, S. 683, 687; Brehm, NJW 1976, 1730, 1730; Borck, WRP 1980, 670, 675. Vgl. auch OLG Düsseldorf, Beschluss vom 11.01.2001 – 20 W 78/00, GRUR-RR 2002, 151, 151, das zwar von einer Doppelnatur ausgeht aber rein repressiv argumentiert. 24 So Jestaedt, WRP 1981, 433, 434. 25 Borck, WRP 1980, 670, 674; Borck, WRP 1994, 656, 659. Vgl. OLG Frankfurt am Main, Beschluss vom 15.01.1962 – 6 W 588/61, MDR 1962, 488, 488; OLG Frankfurt am Main, Beschluss vom 04.08.1958 – 6 W 286/58, NJW 1958, 2021, 2022; OLG Stuttgart, Beschluss vom 15.10.1971 – 2 W 19/71, BB 1972, 1025, 1026. 26 Callmann, Der unlautere Wettbewerb, Einleitung K. I.8. (S. 108). 27 OLG Frankfurt am Main, Beschluss vom 04.08.1958 – 6 W 286/58, NJW 1958, 2021, 2021, 2022.

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5. Kap.: Auswirkung der Erledigung auf die Ordnungsmittelfestsetzung 

2. Titelerfordernis wegen des präventiven Charakters der Ordnungsmittel Soweit eine andere Ansicht den Ordnungsmitteln eine rein präventive Rechtsnatur zuerkennt, hält diese das Vorliegen eines Titels im Zeitpunkt der Festsetzung des Ordnungsmittels für erforderlich. Aus dem Präventionszweck der Ordnungsmittel des § 890 ZPO ergebe sich, dass eine Festsetzung nicht mehr erfolgen könne, wenn ein auf die Zukunft gerichtetes titeltreues Verhalten nicht mehr durchgesetzt werden könne.28 Nur wenn der Titel im Zeitpunkt der Festsetzung und auch künftig weiterhin als zu vollstreckender Titel Bestand habe, könne der Schuldner auch zu einer künftigen Titelbefolgung durch die Festsetzung des Ordnungsmittels angehalten werden.29 Denn der Beuge- und Sühnezweck müsse im Zeitpunkt der Festsetzung noch erreicht werden können.30 Da dieser nur in die Zukunft gerichtet sei, ist logische Folge dieser Ansicht, dass es für die Festsetzung eines Ordnungsmittels eines noch in der Zukunft zu befolgenden Titels bedürfe. Ansonsten könne der Beugezweck mit Wegfall des Titels gerade nicht mehr erreicht werden.31 Dann bestünde keine Verpflichtung des Schuldners mehr, in Zukunft etwas zu unterlassen, und damit auch keine Notwendigkeit, ihn zur Einhaltung des Verbots zu veranlassen und seinen Willen dahingehend zu beugen.32 Daraus folgt jedoch zugleich, dass für solche Verstöße, die nur durch einmalige Zuwiderhandlung begangen werden können, ein Ordnungsmittel niemals festgesetzt werden kann. Wenn schon der – für die Festsetzung zwingend erforderliche – erste Verstoß den Unterlassungsanspruch erledigt hat, entfällt jegliche auf 28

OLG Düsseldorf, Beschluss vom 16.07.1991 – 6 W 41/91, GRUR 1991, 478, 478; LAG Hamm, Beschluss vom 22.05.1975 – 8 Ta BV 14/75, MDR 1975, 696, 696 f.; LAG Hamburg, Beschluss vom 21.08.1989 – 5 Ta 11/89, MDR 1990, 365, 366; Pastor, WRP 1981, 299, 304; Liebenau, Abgrenzung von Anspruch, Urteil und Zwangsvollstreckung auf Beseitigung und Unterlassung, S. 249. Vgl. auch OLG Hamm, Beschluss vom 28.02.1979 – 14 W 35/78, NJW 1980, 1399, 1400; OLG Düsseldorf, Beschluss vom 18.03.1988 – 13 W 12/88, WRP 1988, 677, 678; Zieres, Grundfragen der Zwangsvollstreckung, S. 96, 99. 29 Sturhahn, in: Schuschke/Walker, Vollstreckung, § 890 Rn.  13. Vgl. Nieder, WRP 1976, 289, 290; wohl auch Liebenau, Abgrenzung von Anspruch, Urteil und Zwangsvollstreckung auf Beseitigung und Unterlassung, S. 249, 271. Vgl. Zieres, NJW 1972, 751, 752, der allerdings eine Ausnahme macht, wenn eine Zuwiderhandlung nur einmal möglich ist, S. 753. Diese Ausnahme macht auch G. Lüke, JZ 1959, 369, 370. 30 OLG Düsseldorf, Beschluss vom 16.07.1991 – 6 W 41/91, GRUR 1991, 478, 478; G. Lüke, JZ 1959, 369, 370. 31 OLG Hamm, Beschluss vom 28.02.1979  – 14 W 35/78, NJW 1980, 1399, 1400; OLG Düsseldorf, Beschluss vom 13.05.1987 – 2 W 4/87, JurBüro 1987, 1261, 1262; KG, Beschluss vom 31.07.1998 – 5 W 4012/98, NJW-RR 1999, 790, 790. Vgl. Liebenau, Abgrenzung von Anspruch, Urteil und Zwangsvollstreckung auf Beseitigung und Unterlassung, S. 271. 32 OLG Düsseldorf, Beschluss vom 13.05.1987 – 2 W 4/87, JurBüro 1987, 1261, 1262; OLG Hamm, Beschluss vom 28.02.1979 – 14 W 35/78, NJW 1980, 1399, 1400; Pastor, WRP 1981, 299, 304. Vgl. Zieres, NJW 1972, 751, 753; vgl. auch Bender, Strafen, S. 36.

A. Titelerfordernis bei Festsetzung der Ordnungsmittel

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die Zukunft gerichtete präventive Beugefunktion der Ordnungsmittel. Selbst einige Vertreter dieser Ansicht erkennen diese Schwäche und nehmen sie – insoweit immerhin dogmatisch konsequent – als spezifische Besonderheit des Unterlassungsanspruchs in Kauf,33 für die der Gesetzgeber Abhilfe schaffen müsse.34 Teilweise werden auch aus Gerechtigkeitserwägungen Ausnahmen gemacht.35 3. Differenzierung wegen des Doppelcharakters nach Titelfortfall ex tunc/ex nunc Soweit eine weitere Ansicht den Ordnungsmitteln eine Doppelnatur zuerkennt, differenziert diese für die Frage eines Titelerfordernisses im Zeitpunkt der Festsetzung des Ordnungsmittels regelmäßig nach der Art des Fortfalls, also danach, ob der Titel ex tunc oder ex nunc fortfällt. Falle der Titel ex tunc fort, dürfe ein Ordnungsmittel nicht mehr festgesetzt werden.36 Denn dann bestand rückblickend kein vollstreckbarer Titel, so dass der Schuldner rechtmäßig gehandelt37 und es von vornherein an dem wirksamen Titel als Voraussetzung der Zwangsvollstreckung gefehlt habe.38 Falle der Titel hingegen ex nunc fort, wird auch von einigen Vertretern dieser Ansicht auf das Vorliegen eines wirksamen Titels im Zeitpunkt der Festsetzung verzichtet:39 Es genüge, wenn ein solcher Titel im Zeitpunkt der Zuwiderhandlung wirksam bestanden habe. Aufgrund der Doppelnatur sei die Festsetzung jedenfalls auch repressives Element und müsse daher auch dann noch möglich sein, wenn der Titel fortgefallen 33

OLG Düsseldorf, Beschluss vom 13.05.1987 – 2 W 4/87, JurBüro 1987, 1261, 1262. Böhm, MDR 1974, 441, 444. Vgl. Pastor, GRUR 1968, 343, 347 mit konkretem Änderungsvorschlag. 35 So Zieres, NJW 1972, 751, 753. 36 G. Lüke, JZ 1959, 369, 370; Jestaedt, WRP 1981, 433, 435; Voss, Zwangsvollstreckung aus Unterlassungstiteln, S. 89; Loschelder, in: Handbuch des Wettbewerbsrechts, § 93 Rn. 8; Baur/ Stürner/Bruns, Zwangsvollstreckungsrecht, § 40 Rn. 28 (S. 510); Lackmann, in: Musielak, ZPO, § 890 Rn. 16; Gruber, in: Münchener Kommentar ZPO, § 890 Rn. 18; Hartmann, in: Baumbach/ Lauterbach/Albers/Hartmann, ZPO, § 890 Rn. 29; Zimmermann, ZPO, § 890 Rn. 4; Sturhahn, in: Schuschke/Walker, Vollstreckung, § 890 Rn. 13; Dietrich, Individualvollstreckung, S. 42. 37 Voss, Zwangsvollstreckung aus Unterlassungstiteln, S. 89. Vgl. Dietrich, Individualvollstreckung, S. 42; Remien, Rechtsverwirklichung durch Zwangsgeld, S. 256. 38 OLG Frankfurt am Main Beschluss vom 17.01.1980 – 6 U 137/76, WRP 1980, 270, 271; Voss, Zwangsvollstreckung aus Unterlassungstiteln, S. 89; G. Lüke, JZ 1959, 369, 370; Brox/ Walker, Zwangsvollstreckungsrecht, Rn. 1097. 39 OLG Nürnberg, Beschluss vom 23.05.1967 – 3 W 25/66, NJW 1967, 205, 205 f.; OLG Hamburg, Beschluss vom 23.10.1986  – 3 W 87/86, NJW-RR 1987, 1024, 1024. Jestaedt, WRP 1981, 433, 436; Ahrens, in: Der Wettbewerbsprozess, Kap. 66 Rn. 23 (S. 1225); Baur/ Stürner/Bruns, Zwangsvollstreckungsrecht, § 40 Rn.  28 (S.  510); Lackmann, in: Musielak, ZPO, § 890 Rn. 16; Gruber, in: Münchener Kommentar ZPO, § 890 Rn. 19. Wohl auch OLG Hamm, Beschluss vom 20.02.1990 – 14 W 94/89, NJW-RR 1990, 1086, 1086. Ausnahmsweise bei Erledigung wegen strafbewehrter Unterlassungserklärung OLG Stuttgart, Beschluss vom 09.07.1986 – 2 W 20/86, NJW-RR 1986, 1255, 1255. 34

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5. Kap.: Auswirkung der Erledigung auf die Ordnungsmittelfestsetzung 

sei.40 Ansonsten werde der hartnäckige oder bösartige Schuldner privilegiert.41 Dem stehe auch § 775 Nr. 1 ZPO nicht entgegen, der als Vollstreckungshindernis das Fehlen eines wirksamen Titels deklariert. § 775 Nr. 1 ZPO sei vielmehr einschränkend dahingehend auszulegen, dass er restriktiv oder „ex nunc zu interpretieren“ sei,42 da der Repressionseffekt als Zweck der Vollstreckung fortbestehe.43 Andere Vertreter dieser Ansicht lehnen die Festsetzung eines Ordnungsmittels auch nach Titelfortfall ex nunc unter Verweis auf die zivilprozessualen Grundsätze gänzlich ab.44 4. Titelerfordernis wegen zwangsvollstreckungsrechtlicher Vorgaben Die Festsetzung eines Ordnungsmittels als Akt der Zwangsvollstreckung ist dann ausgeschlossen, wenn die allgemeinen Vollstreckungsvoraussetzungen nicht vorliegen. Eine solche Voraussetzung ist das Vorliegen eines noch existenten und vollstreckbaren Titels im Zeitpunkt der Festsetzung.45 Daher kommt es nicht darauf an, ob der fragliche Titel seine Wirksamkeit ex tunc oder ex nunc verloren hat. Auch beim Fortfall mit Wirkung ex nunc liegt im Zeitpunkt der Festsetzung ein wirksamer Titel gerade nicht mehr vor. Dass das Vorliegen eines wirksamen Titels Voraussetzung einer jeden Vollstreckungsmaßnahme ist, ergibt sich schon aus § 704 ZPO, wonach die Zwangsvollstreckung „aus“ Endurteilen beziehungsweise aus diesen nach § 794 ZPO gleichstehenden Titeln stattfindet.46 Und auch die §§ 775 Nr. 1, 776 ZPO legen fest, dass 40 OLG Hamm, Beschluss vom 20.02.1990  – 14 W 94/89, NJW-RR 1990, 1086, 1087;­ Lackmann, in: Musielak, ZPO, § 890 Rn. 16. 41 OLG Hamm, Beschluss vom 20.02.1990 – 14 W 94/89, NJW-RR 1990, 1086, 1087; Voss, Zwangsvollstreckung aus Unterlassungstiteln, S. 86. Vgl. auch Jestaedt, WRP 1981, 433, 434; Brox/Walker, Zwangsvollstreckungsrecht, Rn. 1097. 42 Ahrens, in: Der Wettbewerbsprozess, Kap. 66 Rn. 25 (S. 1226); Ahrens/Spätgens, UWGSachen, Rn. 725; Voss, Zwangsvollstreckung aus Unterlassungstiteln, S. 85. Vgl. Gruber, in: Münchener Kommentar ZPO, § 890 Rn. 19; Gaul/Schilken/Becker-Eberhard, Zwangsvollstreckungsrecht, § 73 Rn. 19. Ähnlich Mohr, Das Verfahren nach § 890 ZPO, S. 26 f. 43 Gaul/Schilken/Becker-Eberhard, Zwangsvollstreckungsrecht, § 73 Rn. 19. 44 Vgl. hierzu sogleich 5. Kap. A.II.4., S. 140 ff. 45 OLG Köln, Beschluss vom 22.10.1973 – 6 W 44/74, GRUR 1974 – 171, 171 f.; OLG Köln, Beschluss vom 06.01.1986 – 6 W 70/85, GRUR 1986, 335, 336; OLG Schleswig, Beschluss vom 22.12.1987  – 1 W 89/87, JurBüro 1988, 671, 672; KG, Beschluss vom 31.07.1998  – 5 W 4012/98, NJW-RR 1999, 790, 790; OLG Frankfurt am Main, Beschluss vom 28.03.2011 – 11 W 27/10, NJW-RR 2011, 1290, 1290. G. Lüke, JZ 1959, 369, 369; Ulrich, WRP 1992, 147, 148; Nieder, WRP 1999, 583, 584; Teplitzky, Wettbewerbsrechtliche Ansprüche, Kap. 57 Rn.  38 (S.  1104); Melullis, Wettbewerbsprozess, Rn.  956; Melullis, GRUR 1993, 241, 243;­ Zieres, NJW 1972, 751, 752; Brehm, in: Stein/Jonas, ZPO, § 890 Rn. 28; Stöber, in: Zöller, ZPO, § 890 Rn. 9a. Vgl. Ahrens, in: Der Wettbewerbsprozess, Kap. 59 Rn. 15 (S. 1082). Wohl auch Loschelder, in: Handbuch des Wettbewerbsrechts, § 93 Rn. 8. 46 Pastor, Die Unterlassungsvollstreckung, S. 71; vgl. Münzberg, WRP 1990, 425, 425.

A. Titelerfordernis bei Festsetzung der Ordnungsmittel

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es des Vorliegens eines wirksamen Titels im Zeitpunkt der Vollstreckung bedarf. Hiernach ist eine Zwangsvollstreckung einzustellen oder eine Vollstreckungsmaßnahme aufzuheben, wenn das zu vollstreckende Urteil aufgehoben ist, beispielsweise im Rechtsmittelverfahren oder nach Einspruch gegen ein Versäumnisurteil. Zwar beruht nicht jeder Titelfortfall auf einer expliziten Aufhebung desselben, gleichzustellen sind aber die Fälle der Klagerücknahme und der übereinstimmenden Erledigungserklärung, in denen der Titel gem. oder analog § 269 Abs. 3 Satz 1 HS 2 ZPO seine Wirksamkeit verliert und dies auf Antrag nach § 269 Abs. 4 ZPO vom Gericht deklaratorisch ausgesprochen wird.47 Denn eine solche Entscheidung über die Wirkungslosigkeit eines Urteils ist mit der Aufhebung im Sinne von § 775 Nr. 1 ZPO gleichbedeutend.48 Allerdings genügt die Wirkungslosigkeit nach § 269 Abs. 3 Satz 1 HS 2 ZPO für § 775 Nr. 1 ZPO grundsätzlich nicht,49 da es an einer vollstreckbaren Entscheidung i. S. v. § 775 Nr. 1 ZPO fehlt. Gerade dieser Ausspruch ist für § 775 Nr.  1 ZPO ausweislich des Wortlauts erforderlich. Dieses Erfordernis ist aber allein darin begründet, dass das Vollstreckungsorgan einen Nachweis benötigt und nicht selbst zur Prüfung der Aufhebung beziehungsweise Wirkungslosigkeit des Titels berufen ist, denn die Zwangsvollstreckung ist for­malisiert und diese Frage soll im Erkenntnisverfahren geklärt werden.50 Ist das Prozessgericht des ersten Rechtszuges als Vollstreckungsorgan zugleich das Gericht, vor welchem die Parteien die Erledigung erklären, kennt es die Wirkungslosigkeit des Titels ohnehin, so dass auch ohne einen Beschluss analog § 269 Abs. 4 ZPO die Voraussetzung von § 775 Nr. 1 ZPO erfüllt ist.51 Dies ist immer dann der Fall, wenn die Erledigung erstinstanzlich nach Einspruch gegen ein Versäumnisurteil oder Widerspruch gegen eine einstweilige Verfügung erklärt wird. Erfolgt die übereinstimmende Erledigungserklärung erst in zweiter Instanz, hat das Prozessgericht des ersten Rechtszuges zwar keine unmittelbare Kenntnis von der vor dem Berufungsgericht abgegebenen übereinstimmenden Erledigungserklärung. Es wird aber über den Ausgang des Rechtsstreits in zweiter Instanz, über welchen es in erster Instanz zu entscheiden hatte, nach § 541 Abs.  2 ZPO durch Rücksendung der Akten inklusive der in der Berufungsinstanz ergangenen 47 KG, Beschluss vom 31.07.1998 – 5 W 4012/98, NJW-RR 1999, 790, 790; Münzberg, in: Stein/Jonas, ZPO, § 775 Rn. 9; Stöber, in: Zöller, ZPO, § 775 Rn. 4a; Scheuch, in: Prütting/ Gehrlein, ZPO, § 775 Rn. 4; Kindl, in: Saenger, ZPO, § 775 Rn. 5; Lackmann, in: Musielak, ZPO, § 775 Rn. 3. 48 Göppinger, NJW 1967, 177, 178; Zieres, NJW 1972, 751, 752. Vgl. Göppinger, Die Er­ ledigung des Rechtsstreits, S. 170. Vgl. auch Jauernig, Das fehlerhafte Zivilurteil, S. 138. 49 Hartmann, in: Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, ZPO, § 775 Rn. 12; Lackmann, in: Musielak, ZPO, § 775 Rn. 3; Schmidt/Brinkmann, in: Münchener Kommentar ZPO, § 775 Rn. 10. 50 Vgl. hierzu Dietrich, Individualvollstreckung, S. 47 f. 51 KG, Beschluss vom 31.07.1998  – 5 W 4012/98, NJW-RR 1999, 790, 790; Brehm, in: Stein/Jonas, ZPO, § 890 Rn.  27; Lackmann, in: Musielak, ZPO, § 775 Rn.  3. Vgl. OLG Köln, Beschluss vom 02.08.1991 – 6 W 79/86, GRUR 1992, 476, 477; OLG Nürnberg, Beschluss vom 20.10.1995 – 3 W 2862/95, GRUR 1996, 79, 79; vgl. Münzberg, WRP 1990, 425, 426.

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5. Kap.: Auswirkung der Erledigung auf die Ordnungsmittelfestsetzung 

Entscheidung informiert. Damit hat das Prozessgericht des ersten Rechtszuges als Vollstreckungsgericht auch in diesem Fall Kenntnis von der Wirkungslosigkeit des von ihm erlassenen erstinstanzlichen Urteils. Ist nach §§ 775 Nr. 1, 776 ZPO eine Zwangsvollstreckung also einzustellen oder eine Maßnahme der Zwangsvollstreckung aufzuheben, wenn der dieser zugrunde­ liegende Titel aufgehoben oder entfallen ist, lässt sich daraus schon der Umkehrschluss ziehen, dass die Zwangsvollstreckung bei fehlendem Vorliegen eines wirksamen Titels nicht begonnen werden darf. Es liegt dann ein Vollstreckungshindernis vor, da die Zwangsvollstreckung anderenfalls sofort im Anschluss an ihren Beginn nach §§ 775 Nr.  1, 776 ZPO wieder eingestellt oder die Maßnahme aufgehoben werden müssten. Dies muss allgemein und nicht nur für den Fall gelten, dass der Titel in einer anderen Entscheidung ausdrücklich aufgehoben wurde. Allgemeine Voraussetzung für jede Zwangsvollstreckung ist mithin das Vorliegen eines noch wirksam bestehenden Titels. Etwas anderes kann auch nicht für die Festsetzung von Ordnungsmitteln als Vollstreckungsmaßnahme nach § 890 ZPO bei titulierten Unterlassungsgeboten gelten. Billigkeitserwägungen rechtfertigen es nicht, von dem grundsätzlichen Titelerfordernis abzusehen.52 Auch sind die §§ 775, 776 ZPO nicht restriktiv dahingehend auszulegen, dass es eines wirksamen Titels bei der Unterlassungsvollstreckung nur im Zeitpunkt der Zuwiderhandlung und nicht mehr im Zeitpunkt der Festsetzung des Ordnungsmittels bedarf. Nur so kann sichergestellt werden, dass die staatlichen Zwangsmaßnahmen aufgrund gerichtlicher Entscheidungen ergehen, die rechtskräftig geworden sind oder deren Rechtmäßigkeit jedenfalls noch in dem dafür vorgesehenen gerichtlichen Verfahren überprüft werden kann.53 Anderenfalls würde eine Vollstreckung ermöglicht, obgleich der dafür erforderliche Titel gerade nicht mehr wirksam ist, ohne dass die Gründe für dessen Unwirksamkeit relevant wären oder auch nur dessen ursprüngliche oder im Zeitpunkt des Verstoßes vorliegende Rechtmäßigkeit überprüft worden wäre. Eine Prüfung, ob der Titel jedenfalls im Zeitpunkt der Zuwiderhandlung noch zu Recht bestand, kann auch nicht bei der Festsetzung vorgenommen werden. Dies würde dem Wesen des Zwangsvollstreckungsverfahrens zuwiderlaufen,54 denn unter Beachtung des Grundsatzes der strikten Trennung von Erkenntnis- und Vollstreckungsverfahren sowie unter Beachtung des Grundsatzes der Formalisierung der Zwangsvollstreckung kann eine solche Prüfung im Zwangsvollstreckungsverfahren gerade nicht mehr vorgenommen werden.

52

Münzberg, WRP 1990, 425, 425; Ulrich, WRP 1992, 147, 148. BGH, Beschluss vom 23.10.2003 – I ZB 45/02, BGHZ 156, 335, 343 („Euro-Einführungsrabatt“); OLG Frankfurt am Main, Beschluss vom 28.03.2011 – 11 W 27/10, NJW-RR 2011, 1290, 1290. 54 OLG Stuttgart, Beschluss vom 14.07.1955 – 6 W 56/55, ZZP 68 (1955), 478, 479. 53

A. Titelerfordernis bei Festsetzung der Ordnungsmittel

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5. Ergebnis a) Titelerfordernis als allgemeine Vollstreckungsvoraussetzung Im Hinblick auf die allgemeinen Vollstreckungsvoraussetzungen ist es nicht von Relevanz, welche Rechtsnatur die Ordnungsmittel aufweisen. Die Ansichten, die die Frage nach dem Titelerfordernis im Zeitpunkt der Festsetzung eines Ordnungsmittels anhand der Rechtsnatur der Ordnungsmittel lösen, verkennen, dass das Zwangsvollstreckungsrecht insoweit zwingende Vorgaben macht. Die formalen Anforderungen, die für jede Zwangsvollstreckung erfüllt sein müssen, müssen auch für die Festsetzung von Ordnungsmitteln nach § 890 ZPO vorliegen. Wie soeben gezeigt, bedarf es des Vorliegens eines Vollstreckungstitels im Zeitpunkt der Festsetzung. Hiergegen erhebt sich regelmäßig das „Geschrei der Gerechten“,55 da durch das formale Titelerfordernis vermeintlich ungerechte Ergebnisse erzielt würden. Dem ist allerdings entgegenzuhalten, dass gerade die Methode, ergebnisorientiert anhand der Rechtsnatur der Ordnungsmittel zu argumentieren oder ergebnisorientiert einen Titelfortfall mit Wirkung ex nunc bei übereinstimmender Erledigungserklärung anzunehmen,56 eine „evidente, Rechtsunsicherheit bewirkende Umgehung der §§ 775 f.“57 ZPO ist. Auch noch so angebracht scheinende Gerechtigkeitserwägungen können nicht dazu führen, dass für die Unterlassungsvollstreckung vom Vorliegen der allgemeinen Voraussetzungen einer Zwangsvollstreckungsmaßnahme abgesehen wird. Überdies ist das Zwangsvollstreckungsverfahren nach der ZPO ein formalisiertes Verfahren, in welchem das Vollstreckungsorgan nur das ordnungsgemäße Vorliegen der allgemeinen Vollstreckungsvoraussetzungen und damit auch das Vorliegen eines Titels überprüft.58 Schon aufgrund dieser Formalisierung, die dem Vollstreckungsorgan die Arbeit erleichtern soll, das eine Prüfung des konkreten Falls gerade nicht vornehmen muss, ist es geboten, dass auch in der Unterlassungsvollstreckung nach § 890 ZPO nicht von den allgemeinen Vollstreckungsvoraussetzungen abgewichen wird. Wie noch zu zeigen sein wird, lassen sich jedoch auch bei Beachtung der allgemeinen Voraussetzungen der Zwangsvollstreckung durchaus gerechte Ergebnisse erzielen, die dem Gerechtigkeitsempfinden genüge tun und das „Geschrei der Gerechten“59 ein für alle mal verstummen lassen können.60 55

Münzberg, WRP 1990, 425, 425. Vgl. dazu später ausführlich 5. Kap. B. I., S. 145 f. 57 Brehm, in: Stein/Jonas, ZPO, § 890 Rn. 28. 58 Saenger, in: Saenger, ZPO, Einführung Rn. 83. Vgl. Lackmann, in: Musielak, ZPO, Vor § 704 Rn. 14; Stöber, in: Zöller, ZPO, Vor § 704 Rn. 22; Rauscher, in: Münchener Kommentar ZPO, Einleitung Rn. 386. 59 Münzberg, WRP 1990, 425, 425. 60 Dazu später im 6. Kap., S. 177 ff. 56

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5. Kap.: Auswirkung der Erledigung auf die Ordnungsmittelfestsetzung 

b) Relevanz der Rechtsnatur für eine besondere Vollstreckungsvoraussetzung Die Frage nach der Rechtsnatur der Ordnungsmittel ist insoweit von Relevanz, als sich aus dieser eine besondere Vollstreckungsvoraussetzung ergeben könnte, die neben den allgemeinen Voraussetzungen bei der Festsetzung eines Ordnungsmittels vorliegen muss. Eine solche weitere, besondere Voraussetzung einer Unterlassungsvollstreckung nach § 890 ZPO könnte insoweit angenommen werden, als der erforderliche wirksame Titel ein Unterlassungsgebot für die Zukunft enthalten muss, welches tatsächlich noch befolgt werden kann. Schließlich muss nach der rein präventiven Auffassung von der Rechtsnatur der Ordnungsmittel im Zeitpunkt der Vollstreckung, also im Zeitpunkt der Festsetzung des Ordnungsmittels, der Schuldnerwille stets noch gebeugt werden können,61 was unter anderem bei zeitlich befristeten Titeln nach Zeitablauf oder bei solchen, gegen die nur einmal verstoßen werden kann, nach der Zuwiderhandlung nicht mehr der Fall wäre. Eine solche besondere Vollstreckungsvoraussetzung für die Festsetzung eines Ordnungsmittels nach § 890 ZPO ist aber abzulehnen. Wie bereits dargestellt wurde, kommt den Ordnungsmitteln nach richtiger Auffassung ein Doppelcharakter zu. Sie haben präventive und repressive Funktion, so dass ein Ordnungsmittel aufgrund des jedenfalls auch repressiven Zwecks noch festgesetzt werden kann, wenn der präventive Beugezweck nicht mehr erreicht werden kann. Überdies würde eine solche besondere Voraussetzung eine materielle Prüfung des Vollstreckungsorgans vor der Festsetzung erfordern, was mit der Formalisierung des Zwangsvollstreckungsverfahrens nicht im Einklang steht. Somit verbleibt es dabei, dass für die Festsetzung eines Ordnungsmittels die allgemeinen ebenso wie die besonderen Vollstreckungsvoraussetzungen des § 890 ZPO erfüllt sein müssen und keine Vollstreckungshindernisse vorliegen dürfen.

III. Ergebnis Es lässt sich somit festhalten, dass allgemeine Voraussetzung der Zwangsvollstreckung das Vorliegen eines wirksamen Titels im Zeitpunkt der Vollstreckung, also im Zeitpunkt der Festsetzung des Ordnungsmittels ist. Insoweit ist es nicht von Relevanz, ob die Wirkung eines Titelfortfalls ex tunc oder ex nunc eintritt.

61

Vgl. dazu oben 3. Kap. B.IV.2., S. 58 ff.

B. Schicksal des Titels bei übereinstimmender Erledigungserklärung

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B. Schicksal des Titels bei vollständig übereinstimmender Erledigungserklärung Wie bereits in Kapitel 4 dargestellt, endet bei der übereinstimmenden Erledigungserklärung die Rechtshängigkeit des Streitgegenstands automatisch. Entscheidungen, die in diesem Rechtsstreit bereits erlassen wurden, beispielsweise eine einstweilige Verfügung, ein Versäumnisurteil oder ein erstinstanzliches Urteil, werden wirkungslos. Sind sie rechtskräftig, bleiben sie wirksam;62 in diesem Fall ist allerdings aufgrund des nach Ablauf der Rechtsmittelfrist abgeschlossenen Erkenntnisverfahrens die Abgabe einer übereinstimmenden Erledigungserklärung nicht mehr möglich. Hier stellt sich die Frage, welcher Art diese Wirkungslosigkeit ist, ob sie mithin mit Wirkung ex tunc oder ex nunc eintritt. Wie auch bezüglich der Frage des Titel­erfordernisses für die Festsetzung eines Ordnungsmittels nach Erledigung finden sich Stimmen in beide Richtungen, die aber jeweils eine Begründung vermissen lassen.

I. Titelfortfall ex nunc Einerseits wird vertreten, dass im Falle übereinstimmender Erledigungserklärungen vorangegangene Entscheidungen ihre Wirksamkeit nur mit Wirkung ex nunc verlieren.63 Die Vertreter dieser Lösung beabsichtigen damit, dass ein Ordnungsmittel noch festgesetzt werden kann, da nach dieser Ansicht bei einem Titelfortfall ex nunc die Voraussetzungen der Zwangsvollstreckung nach § 890 ZPO noch erfüllt sein sollen. Begründungen für die Wirkung des Titelfortfalls ex nunc werden regelmäßig nicht gegeben. Insoweit findet sich nur die Erläuterung, dass der Unterlassungsgläubiger mit Abgabe der Erledigungserklärung gerade nicht schlechthin auf die 62 Bork, in: Stein/Jonas, ZPO, § 91a Rn. 24; Lackmann, in: Musielak, ZPO, § 91a Rn. 18. Vgl. auch Lindacher, in: Münchener Kommentar ZPO, § 91a Rn. 40; Hausherr, in: Prütting/ Gehrlein, ZPO, § 91a Rn. 25; Gierl, in: Saenger, ZPO, § 91a Rn. 34. 63 OLG Nürnberg, Beschluss vom 23.05.1967  – 3 W 25/66, NJW 1967, 205, 206; OLG Frankfurt am Main, Beschluss vom 25.11.1976 – 6 W 66/76, NJW 1977, 1204, 1204; OLG Frankfurt am Main, Beschluss vom 17.01.1980 – 6 U 137/76, WRP 1980, 270, 271; OLG Hamburg, Beschluss vom 23.10.1986 – 3 W 87/86, NJW-RR 1987, 1024, 1024. Pastor, Die Unterlassungsvollstreckung, S. 83; Grunsky, Grundlagen des Verfahrensrechts, § 12 II.4. (S. 92); Liebenau, Abgrenzung von Anspruch, Urteil und Zwangsvollstreckung auf Beseitigung und Unterlassung, S. 248; Voss, Zwangsvollstreckung aus Unterlassungstiteln, S. 76; Westermeier, Die Erledigung der Hauptsache, S. 61; Dietrich, Individualvollstreckung, S. 44; Gaul/Schilken/ Becker-Eberhard, Zwangsvollstreckungsrecht, § 73 Rn. 19; Baur/Stürner/Bruns, Zwangsvollstreckungsrecht, § 40 Rn. 28 (S. 510); Sturhahn, in: Schuschke/Walker, Vollstreckung, § 890 Rn. 13. Wohl auch Ahrens, in: Der Wettbewerbsprozess, Kap. 66 Rn. 22 (S. 1225); Jestaedt, WRP 1981, 433, 435; Zimmermann, ZPO, § 890 Rn. 4.

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5. Kap.: Auswirkung der Erledigung auf die Ordnungsmittelfestsetzung 

Durchsetzung seines Anspruchs verzichten wolle64 und dies auch nicht bedeute, dass seinem Begehren von Anfang an die Berechtigung fehle.65 Vielmehr sei es der Unterlassungsschuldner, der auf eine Nachprüfung der Rechtmäßigkeit des zuvor erlassenen Titels für die Vergangenheit verzichte.66

II. Titelfortfall ex tunc Nach anderer Ansicht tritt der Titelfortfall analog § 269 Abs. 3 Satz 1 HS 2 ZPO mit Wirkung ex tunc ein.67 Dazu bedürfe es grundsätzlich keines Ausspruchs des Gerichts, der analog § 269 Abs. 3 Satz 1, Abs. 4 ZPO zur Klarstellung nur auf Antrag einer Partei durch Beschluss auszusprechen sei.68 Auch diese Ansicht begründet die Wirkung des Titelfortfalls ex tunc und die analoge Anwendung des § 269 Abs. 3 Satz 1 HS 2 ZPO regelmäßig nicht weiter.

III. Stellungnahme Im Falle der übereinstimmenden Erledigungserklärung müssen die in dem Rechtsstreit zuvor ergangenen Entscheidungen ihre Wirksamkeit von Anfang an und daher mit Wirkung ex tunc verlieren.

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OLG Nürnberg, Beschluss vom 23.05.1967 – 3 W 25/66, NJW 1967, 205, 206. OLG Hamburg, Beschluss vom 30.03.1972  – 3 W 20/72, MDR 1973, 323, 324; Voss, Zwangsvollstreckung aus Unterlassungstiteln, S. 76; Westermeier, Die Erledigung der Hauptsache, S. 61. 66 OLG Karlsruhe, Beschluss vom 13.05.1991 – 6 W 112/90, GRUR 1992, 207, 208 für den Fall, dass der Unterlassungsschuldner durch Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung die Erledigung herbeiführt. 67 BGH, Beschluss vom 23.10.2003 – I ZB 45/02, BGHZ 156, 335, 342 f.; auch OLG Hamm, Beschluss vom 30.10.1984 – 4 W 113/84, MDR 1985, 591, 591; OLG Hamm, Beschluss vom 18.04.1989  – 4 W 117/89, WRP 1990, 423, 424; OLG Frankfurt am Main, Beschluss vom 13.01.1989 – 14 W 5/89, MDR 1989, 459, 460; Vollkommer, in: Zöller, ZPO, § 91a Rn. 12; Lindacher, in: Münchener Kommentar ZPO, § 91a Rn. 40; Bork, in: Stein/Jonas, ZPO, § 91a Rn. 24; Zimmermann, ZPO, § 91a Rn. 7; Lackmann, in: Musielak, ZPO, § 91a Rn. 18; Hüßtege, in: Thomas/Putzo, ZPO, § 91a Rn.  17, 21; Rosenberg/Schwab/Gottwald, Zivilprozessrecht, § 131 Rn. 8 (S. 747); Schumann, in: FG Vollkommer, S. 155, 169; Ulrich, WRP 1992, 147, 148; Bergerfurth, NJW 1992, 1655, 1657; Bornkamm, in: Der Wettbewerbsprozess, Kap. 33 Rn. 2 (S. 593); Ahrens, in: Der Wettbewerbsprozess, Kap. 59 Rn. 15 (S. 1082). Vgl. P ­ iekenbrock, ZZP 112 (1999), 353, 356; Fritzsche, Unterlassungsanspruch und Unterlassungsklage, § 17 VI.2.a) (S. 668); Nieder, WRP 1999, 583, 584. 68 Bork, in: Stein/Jonas, ZPO, § 91a Rn.  24; Schellhammer, Zivilprozess, Rn.  1702. Vgl. LAG Hamm, Beschluss vom 24.08.1972 – 8 Ta 55/72, NJW 1972, 2063, 2064; Vollkommer, in: Zöller, ZPO, § 91a Rn. 12. 65

B. Schicksal des Titels bei übereinstimmender Erledigungserklärung

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1. Keine Rechtskraft der vorangegangenen Entscheidung Für einen Titelfortfall ex tunc nach übereinstimmender Erledigungserklärung spricht, dass die zuvor ergangene Entscheidung nicht rechtskräftig werden kann und deren auch nur partieller Wirksamkeit in der Vergangenheit daher rechtsstaatliche Grundsätze entgegenstehen. Eine vor übereinstimmender Erledigungserklärung ergangene Entscheidung kann nicht materiell rechtskräftig werden. Materielle Rechtskraft setzt formelle Rechtskraft voraus69 und nach § 705 Satz 1 ZPO tritt letztere erst mit Ablauf der Rechtsmittel- oder Einspruchsfrist ein und wird nach § 705 Satz 2 ZPO durch Einlegung eines Rechtsmittels oder Einspruchs gehemmt. Da die Parteien sich nach einer bereits ergangenen Entscheidung, unabhängig ob durch Versäumnisurteil, einstweilige Verfügung oder erstinstanzliches Urteil, nur dann noch im Erkenntnisverfahren befinden und regelmäßig in diesem die übereinstimmenden Erledigungserklärungen abgeben, wenn eine Partei gegen die vorangegangene Entscheidung ein Rechtsmittel oder einen Einspruch eingelegt hat, kann selbige aufgrund der dadurch erfolgten Hemmung der Rechtskraft auch nach den übereinstimmenden Erledigungserklärungen keine formelle Rechtskraft mehr erlangen und mithin auch nicht mehr materiell rechtskräftig werden. Dies gilt auch für den Fall, dass die übereinstimmende Erledigungserklärung ohne vorherige Einlegung eines Rechtsmittels zwischen den Instanzen abgegeben wird.70 Zwar tritt in diesem Fall keine Hemmung der formellen Rechtskraft nach § 705 Satz 2 ZPO ein, die Rechtshängigkeit der Hauptsache endet aber unmittelbar und die Entscheidung wird noch vor Ablauf der Rechtsmittelfrist und damit vor Eintritt der formellen Rechtskraft wirkungslos nach § 269 Abs. 3 Satz 1 HS 2 ZPO. Ein Ablauf der Rechtsmittelfrist ist somit nicht mehr möglich; damit kann auch bei Abgabe der Erledigungserklärungen zwischen den Instanzen mangels formeller Rechtskraft der zunächst erlassenen Entscheidung materielle Rechtskraft nicht mehr eintreten. Würde die zuvor ergangene Entscheidung nun nicht mit Wirkung ex tunc, sondern lediglich ex nunc wirkungslos werden, würde gegen den Unterlassungsschuldner für eine gewisse Zeit eine Unterlassungspflicht bejaht, ohne dass diese rechtskräftig festgestellt wäre oder jemals in Rechtskraft erwachsen könnte. Zugleich könnte aufgrund der übereinstimmenden Erledigungserklärung eine Überprüfung des ausgesprochenen Unterlassungsgebots nicht mehr stattfinden. Es widerspricht rechtsstaatlichen Grundsätzen, der zuvor ergangenen Entscheidung dann dennoch Wirksamkeit für die Vergangenheit zuzumessen,71 insbesondere liegt eine Verletzung rechtlichen Gehörs vor. 69 Musielak, in: Musielak, ZPO, § 322 Rn. 5; Gottwald, in: Münchener Kommentar ZPO, § 322 Rn. 1, 17; Vollkommer, in: Zöller, ZPO, § 322 Rn. 1; Leipold, in: Stein/Jonas, ZPO, § 322 Rn. 8. 70 Vgl. hierzu 4. Kap. D.III.2., S. 124 f. 71 OLG Hamm, Beschluss vom 18.04.1989 – 4 W 117/89, WRP 1990, 423, 424.

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5. Kap.: Auswirkung der Erledigung auf die Ordnungsmittelfestsetzung 

Der Anspruch auf rechtliches Gehör aus Art. 103 Abs. 1 GG soll es jeder Partei ermöglichen, zu den von ihr eingenommenen Standpunkten in ausreichender und sachgerechter Weise im Prozess vortragen zu können.72 Insbesondere bei Versäumnisurteilen, aber auch bei einstweiligen Verfügungen, die ohne mündliche Verhandlung nach §§ 935, 922 Abs. 1 Satz 1 ZPO durch Beschluss ergehen, werden Tatsachenvortrag und Rechtsansichten des Unterlassungsschuldners gar nicht berücksichtigt. Vielmehr kommt es allein auf den Vortrag des Unterlassungsgläubigers an. Der Unterlassungsschuldner wird erst nach Einlegung eines Einspruchs oder Rechtmittels mit seinem Vortrag gehört. Zwar ist grundsätzlich eine Beschränkung des Anspruchs auf rechtliches Gehör in dem Sinne möglich, dass dieses erst nach Erlass der Entscheidung gewährt wird. Dann muss die Entscheidung aber nachträglich unter Gewährung vollen rechtlichen Gehörs überprüft werden können.73 Dies ist nach der übereinstimmenden Erledigungserklärung aber gerade nicht mehr möglich, da das Gericht aufgrund selbiger keine Entscheidung mehr über den Streitgegenstand trifft. Bliebe die zunächst ergangene Entscheidung dennoch für einen Zeitraum in der Vergangenheit wirksam, bestünde diese fort, ohne dass dem Unterlassungsschuldner vor deren Erlass rechtliches Gehör gewährt worden wäre oder sie nach ihrem Erlass noch unter Gewährung rechtlichen Gehörs vom Gericht überprüft werden könnte. Dies würde den Anspruch des Unterlassungsschuldners auf rechtliches Gehör aus Art.  103 Abs.  1 GG verletzen. Zwar kann letzterer grundsätzlich auf seinen Anspruch auf Gewährung rechtlichen Gehörs verzichten, sowohl ausdrücklich als auch konkludent. Allein in den ausbleibenden Widerspruch des Schuldners gegen die Erledigungserklärung des Gläubigers oder auch in die explizite Abgabe einer eigenen Erledigungserklärung durch den Schuldner kann aber ein solcher Verzicht mit der Folge der fortbestehenden Wirksamkeit eines zuvor erlassenen Titels nicht hineingelesen werden. 2. Summarische Prüfung nicht ausreichend Für einen Titelfortfall mit Wirkung ex tunc spricht im Übrigen, dass nach übereinstimmender Erledigungserklärung nur noch eine summarische Prüfung der Sach- und Rechtslage stattfindet und eine abschließende Entscheidung des Gerichts nicht mehr ergehen kann. Dies ist nicht ausreichend, um die Wirksamkeit des Titels für die Vergangenheit aufrecht zu erhalten.74 72 Musielak, in: Musielak, ZPO, Einleitung Rn.  28; Brehm, in: Stein/Jonas, ZPO, vor § 1 Rn. 283; Greger, in: Zöller, ZPO, Vor § 128 Rn. 6; Rauscher, in: Münchener Kommentar ZPO, Einleitung Rn. 228. 73 BVerfG, Beschluss vom 08.01.1959 – 1 BvR 396/55, BVerfGE 9, 89, 97 f.; Rauscher, in: Münchener Kommentar ZPO, Einleitung Rn. 230. 74 OLG Hamm, Beschluss vom 30.10.1984  – 4 W 113/84, MDR 1985, 591, 591; OLG Hamm, Beschluss vom 18.04.1989 – 4 W 117/89, WRP 1990, 423, 424.

B. Schicksal des Titels bei übereinstimmender Erledigungserklärung

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Indem die Parteien übereinstimmend die Erledigung erklären, entziehen sie den Prozessstoff einer abschließenden richterlichen Würdigung. Trotz dieser Übereinstimmung ist die Rechtmäßigkeit des zuvor erlassenen, vom Unterlassungsschuldner durch Einlegung eines Rechtsmittels oder Einspruchs angegriffenen Titels zwischen den Parteien streitig geblieben und das Gericht entscheidet über diese Streitigkeit nur noch im Rahmen der Kostenentscheidung nach § 91a ZPO im Wege einer summarischen Prüfung, die nur den bisherigen Sach- und Streitstand berücksichtigt und bei der eine Beweisaufnahme regelmäßig nicht mehr stattfindet.75 Damit werden dem Unterlassungsschuldner weitere, im Rahmen der summarischen Prüfung nicht zu berücksichtigende Verteidigungsmöglichkeiten abgeschnitten. Der eingeschränkte summarische Prüfungsumfang rechtfertigt es nicht, dem Titel für die Vergangenheit seine Wirksamkeit zu belassen. 3. Entgegenstehende Klägerinteressen ohne Relevanz Das Interesse des Unterlassungsgläubigers, dass der erlassene Titel nur mit Wirkung ex nunc entfällt und zumindest für einen Zeitraum in der Vergangenheit seine Wirksamkeit behält, kann zu keinem anderen Ergebnis führen. Grundsätzlich besteht nach Erledigung des geltend gemachten Anspruchs ein solches Interesse des Gläubigers nicht mehr. Wie dargestellt kann der Gläubiger – ob der Titelfortfall nun mit Wirkung ex tunc oder ex nunc eintritt – aus dem Titel ohnehin nicht mehr vollstrecken.76 Ob der Titel ursprünglich rechtmäßig war und der geltend gemachte Anspruch also einmal wirksam tituliert war oder nicht, ist dann für den Gläubiger regelmäßig nicht mehr von Relevanz. Anders stellt sich die Interessenlage des Gläubigers allerdings bei Unterlassungsansprüchen dar. Hier könnte der Unterlassungsgläubiger ein Interesse daran haben, dass der Titel für eine gewisse Zeit in der Vergangenheit wirksam war, wenn der Unterlassungsschuldner gegen den Titel verstoßen hat. Zwar kann auch hier, wie soeben gezeigt, nach Titelerledigung ein Ordnungsmittel als Zwangsvollstreckungsmaßnahme nicht mehr festgesetzt werden, selbst wenn der Titel lediglich mit Wirkung ex nunc entfallen würde. Zu beachten ist aber, dass der begangene Verstoß gegen den Unterlassungstitel nur dann einen Verstoß darstellt, wenn der Titel seine Wirksamkeit bis zur Erledigung behält. Fällt der Titel hingegen mit Wirkung ex tunc fort, hat die Unterlassungspflicht rückblickend niemals bestanden und die in Frage stehende Handlung wäre nicht mehr als Zuwiderhandlung zu bewerten. Das Interesse des Unterlassungsgläubigers an einer solchen Bewertung ist jedoch – da eine Vollstreckung auch bei Fortfall des Titels mit Wirkung ex nunc nicht mehr erfolgen kann – lediglich auf Inkriminierung des Verhaltens des Unterlassungsschuldners ausgerichtet. Rechtliche Folgen lassen sich daraus nicht ableiten. 75

Vgl. dazu oben 4. Kap. C. I., S. 89 ff. Vgl. dazu oben 5. Kap. A.II.4., S. 140 ff.

76

150

5. Kap.: Auswirkung der Erledigung auf die Ordnungsmittelfestsetzung 

Neben der fehlenden rechtlichen Relevanz der rückblickenden Bewertung eines Verhaltens als Zuwiderhandlung ist zu beachten, dass das Interesse des Unterlassungsgläubigers auch nur in dem Falle gerechtfertigt wäre, wenn der Titel tatsächlich rechtmäßig bestand, nicht hingegen, wenn die Klage, mit der der Unterlassungsanspruch geltend gemacht wurde, ursprünglich schon unzulässig oder unbegründet war. Da eine Überprüfung des Titels auf seine Rechtmäßigkeit aber gerade nicht mehr stattfindet, ist das Interesse des Unterlassungsgläubigers bei übereinstimmender Erledigungserklärung nicht schützenswert und kann einem Titelfortfall ex tunc nicht entgegenstehen. 4. Hypothetische Entscheidung durch das Gericht Nach übereinstimmender Erledigungserklärung rechtfertigt sich ein Titelfortfall mit Wirkung ex tunc auch aus dem Vergleich mit der Entscheidung, die das Gericht treffen würde. Hat sich der Unterlassungsanspruch tatsächlich erledigt und würden die Parteien nicht übereinstimmend die Erledigung erklären, wäre das Gericht noch zu einer Entscheidung über den geltend gemachten Anspruch berufen. In diesem Fall könnte der Unterlassungsgläubiger mit seinem Begehren aber nicht mehr durchdringen und der zuvor erlassene Titel würde im Rechtsmittelverfahren aufgehoben, denn maßgeblicher Zeitpunkt für die rechtliche Beurteilung durch das Gericht ist die letzte mündliche Verhandlung77 und bei Erledigung besteht jedenfalls zu diesem Zeitpunkt der geltend gemachte Unterlassungsanspruch nicht mehr. Da eine solche Aufhebung den Titel mit Wirksamkeit ex tunc entfallen lässt, verlöre der Titel seine Wirksamkeit von Anfang an, auch wenn er ursprünglich rechtmäßig erlassen wurde, weil der Anspruch im Zeitpunkt der ersten Entscheidung wirksam bestand. Nichts anderes kann daher gelten, wenn die Parteien übereinstimmend die Erledigung erklären. Durch diese Erklärung darf es nicht zu der Situation kommen, dass der Titel ohne Überprüfung durch das Gericht für die Vergangenheit seine Wirksamkeit behält, wenn er sie jedenfalls bei gerichtlicher Überprüfung verlöre. Dies würde zu dem merkwürdigen Ergebnis führen, dass ein Verhalten des Schuldners deshalb als rechtswidrig bewertet würde, weil der Gläubiger eine gerichtliche Überprüfung des Titels durch die von ihm initiierte Erledigungserklärung verhindert hätte. Dass der Schuldner sich der Erledigungserklärung anschließt, beziehungsweise ihr nicht widerspricht, kann zu keiner abweichenden Beurteilung 77 Ständige Rspr., vgl. nur BGH, Urteil vom 05.07.1995  – KZR 15/94, NJW-RR 1995, 1340, 1341 („Sesamstraße-Aufnäher“). Rosenberg/Schwab/Gottwald, Zivilprozessrecht, § 132 Rn. 38 (S. 759); Leipold, in: Stein/Jonas, ZPO, § 300 Rn. 19, 21; Vollkommer, in: Zöller, ZPO, § 300 Rn. 3; Assmann, in: Erlanger FS Schwab, S. 179, 180; Deubner, JuS 1962, 205, 205;­ Stuckert, Die Erledigung in der Rechtsmittelinstanz, S. 19; Ulrich, GRUR 1982, 14, 14.

B. Schicksal des Titels bei übereinstimmender Erledigungserklärung

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führen. Der Schuldner verzichtet damit zwar auf die gerichtliche Überprüfung des streitgegenständlichen Anspruchs, dieser Verzicht beinhaltet aber nicht das Einverständnis mit der andauernden Wirksamkeit einer bereits erlassenen aber nach übereinstimmender Erledigungserklärung nicht mehr zu überprüfenden Entscheidung. Besonders relevant ist dies insbesondere in den Fällen, in denen der Titel in einem Versäumnisurteil besteht, das lediglich auf der Schlüssigkeit des kläge­ rischen Vortrags beruht, oder in einer einstweiligen Verfügung, für welche die Sach- und Rechtslage nur in einem summarischen Verfahren überprüft wird. Dann hat nicht einmal bei Erlass des Titels eine umfassende Prüfung durch das Gericht stattgefunden. Mit der fortbestehenden Wirksamkeit eines auf dieser Grundlage erlassenen Titels wird der Schuldner in der Regel nicht einverstanden sein. 5. Intention der Parteien hinter den Erledigungserklärungen Ein Titelfortfall mit Wirkung ex tunc ist auch gerechtfertigt, wenn man die hinter den Erledigungserklärungen stehenden Intentionen der Parteien berücksichtigt. Dem Unterlassungsgläubiger ist bei Abgabe der Erledigungserklärung insbesondere daran gelegen, das Verfahren zu einem zügigen und kostengünstigen Abschluss zu bringen.78 Er macht mit seiner Erklärung deutlich, dass er den geltend gemachten, zuvor titulierten Anspruch jedenfalls jetzt für gegenstandslos erachtet und deshalb eine gerichtliche Entscheidung darüber nicht mehr begehrt.79 Auf seine Initiative hin, vergleichbar der Situation bei der Klagerücknahme, wird dem Gericht die Entscheidungskompetenz entzogen. Zwar gibt auch der Unterlassungsschuldner eine Erledigungserklärung ab und verzichtet somit ebenfalls auf eine gerichtliche Überprüfung des zuvor erlassenen Titels. Dies bedeutet aber nicht, dass er mit der fortbestehenden Wirksamkeit des Titels einverstanden ist, unabhängig davon, ob die Erledigung zwischen den Instanzen vor Einlegung eines Einspruchs oder Rechtsmittels erklärt wird oder der Schuldner den Titel bereits mit einem Rechtsmittel oder Einspruch angegriffen hat. In diesem Fall nimmt er seinen Angriff gegen den Titel nicht zurück und stimmt dem Unterlassungsgläubiger auch nicht darin zu, dass der Anspruch ursprünglich bestand und erst nach dessen Titulierung entfallen ist.80 Dies kann in die Erledigungserklärung des Schuldners beziehungsweise in seinen nicht erfolgten Widerspruch gegen die Erledigungserklärung des Gläubigers nicht hineingelesen werden. Insbesondere in den Fällen, in denen der Unterlassungsschuldner gegen den zuvor erlassenen Titel ein Rechtsmittel oder einen Einspruch einlegt und damit den titulierten Anspruch angreift, stimmt er dem Unterlassungsgläubiger in dessen Bewertung der ursprünglichen Zulässigkeit und Begründetheit nicht zu. Vielmehr 78

Vgl. dazu oben 4. Kap. C.II.1.a)., S. 93. OLG Hamm, Beschluss vom 30.10.1984 – 4 W 113/84, MDR 1985, 591, 591. 80 So aber Westermeier, Die Erledigung der Hauptsache, S. 61. 79

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5. Kap.: Auswirkung der Erledigung auf die Ordnungsmittelfestsetzung 

sind sich Unterlassungsschuldner und Unterlassungsgläubiger nur darin einig, dass nunmehr ein erledigendes Ereignis eingetreten ist, welches den schon anfänglich bestrittenen Anspruch unzulässig oder unbegründet macht. Anderenfalls hätte der Unterlassungsschuldner den Titel nicht mit Einspruch, Widerspruch oder Berufungseinlegung angegriffen. Dass der Schuldner dennoch die Erledigung erklärt und so eine lediglich summarische Überprüfung des Gerichts in Kauf nimmt, kann unter anderem daran liegen, dass der Sachverhalt schon voll ausermittelt ist und es einer weitergehenden Prüfung nicht bedarf, oder auch daran, dass der Unterlassungsschuldner schlicht kein Interesse an einer rechtskräftigen Entscheidung über den gegen ihn erhobenen Anspruch hat und der Erledigungserklärung zustimmt, um den Rechtsstreit zu einem zügigen Ende zu bringen. Dies gilt auch für den Fall, dass der Unterlassungsschuldner eine strafbewehrte Unterlassungserklärung abgibt und damit die Erledigung herbeiführt. Auch wenn er mit der Abgabe der strafbewehrten Unterlassungserklärung verspricht, die im Streit stehende Handlung nicht mehr vorzunehmen, erkennt er damit nicht zugleich das materielle Bestehen eines Unterlassungsanspruchs an. Intention bei Abgabe der Erklärung kann insbesondere sein, dass ein Streit beigelegt werden soll, obwohl die Parteien sich über die materielle Rechtslage nicht einig sind und der Unterlassungsschuldner einen gegen ihn ergangenen Titel in der Vergangenheit gerade nicht anerkennen und in Wirksamkeit belassen wollte. Zwar darf hier nicht verkannt werden, dass der Kläger die Erledigungserklärung regelmäßig insbesondere aus Kostengesichtspunkten abgibt, so dass sein Verzicht auf eine Sachentscheidung nicht unbedingt bedeuten muss, dass für ihn die Rechtmäßigkeit des zuvor erlassenen Titels nicht mehr von Belang wäre. Dann ist die Erledigungserklärung aber die falsche Reaktion. Der Unterlassungsgläubiger hat andere Möglichkeiten, um diesen Titel für die Vergangenheit zu erhalten. So könnte er beispielsweise die Erledigungserklärung zeitlich beschränken, den Titel dadurch einer gerichtlichen Nachprüfung zuführen und so eine gerichtliche Entscheidung über den Anspruch herbeiführen.81 Mit der vollständigen Erledigungserklärung entzieht der Unterlassungsgläubiger aber gerade dem Gericht die Entscheidungskompetenz und verzichtet damit nicht nur auf die Überprüfung, sondern zugleich auf die Wirksamkeit des ursprünglich erlassenen Titels für die Vergangenheit. Da also eine Entscheidung des Gerichts aufgrund der vom Unterlassungsgläubiger initiierten Parteidisposition nicht mehr ergehen kann und zwischen den Parteien trotz der übereinstimmenden Erledigungserklärung  – wie aus dem vom Unterlassungsschuldner eingelegten Einspruch, Widerspruch oder der Berufung ersichtlich  – weiterhin Streit besteht, kann einem ursprünglich erlassenen Titel keine Wirksamkeit, auch nicht in der Vergangenheit, mehr zukommen.

81

Vgl. dazu später 6. Kap., S. 177 ff.

B. Schicksal des Titels bei übereinstimmender Erledigungserklärung

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IV. Schlussfolgerungen und Ausblick Nach vollständiger übereinstimmender Erledigungserklärung und des daraufhin eintretenden Titelfortfalls mit Wirkung ex tunc kann ein Ordnungsmittel nach § 890 ZPO nicht mehr festgesetzt werden, denn für die Vollstreckung von Unterlassungsansprüchen bedarf es des Vorliegens eines wirksamen Vollstreckungstitels nicht nur im Zeitpunkt des Verstoßes gegen die Unterlassungspflicht, sondern auch im Zeitpunkt der Vollstreckung selbst, mithin bei Festsetzung des Ordnungsmittels. Es widerspricht zwar sehr wohl dem Gerechtigkeitsempfinden, wenn der Verstoß gegen eine titulierte Unterlassungspflicht, die auch tatsächlich rechtmäßig bestand, nachträglich nicht mehr mit der Festsetzung eines Ordnungsmittels geahndet werden kann. Dieses Gefühl der Ungerechtigkeit wird noch verstärkt, wenn der Unterlassungsschuldner womöglich durch seine Zuwiderhandlung die Erledigung erst herbeigeführt hat und der Unterlassungsgläubiger sich aus Kostengründen zur Abgabe der Erledigungserklärung gezwungen sieht. Dennoch darf allein wegen solcher Gerechtigkeitserwägungen nicht von den Vorgaben des Zwangsvollstreckungsrechts abgewichen und im Rahmen des Vollstreckungsverfahrens keine Ausnahme gemacht werden. Dies ist aber auch nicht nötig. Das Anliegen eines als fair und gerecht empfundenen Ergebnisses im Vollstreckungsverfahren lässt sich auch ohne Verstoß gegen die Grundsätze des Zivilprozessrechts durch die richtige Reaktion des Unterlassungsgläubigers auf die Erledigung seines Unterlassungsanspruchs bereits im Erkenntnisverfahren erzielen. Eine Ordnungsmittelfestsetzung wegen einer Zuwiderhandlung gegen den titulierten Unterlassungsanspruch kann nämlich dann stattfinden, wenn der Unterlassungsgläubiger bereits im Erkenntnisverfahren seine Erledigungserklärung in zeitlicher Hinsicht beschränkt und diese nur ab dem Zeitpunkt der Erledigung für die Zukunft erklärt. Dann ist das Gericht schon im Erkenntnisverfahren zu einer abschließenden Entscheidung dahingehend gezwungen, ob und in welchem Umfang der Titel bestehen bleiben kann. Dass eine Beschränkung der Erledigungserklärung in zeitlicher Hinsicht dogmatisch möglich ist, welche Probleme eine solche Lösung aber zugleich mit sich bringt und welche Konsequenzen aus einer solchen beschränkten Erledigungserklärung für das Erkenntnisverfahren resultieren, wird noch zu untersuchen sein.82 Mit dieser Lösung wird die Frage der Festsetzung eines Ordnungsmittels nach Titelerledigung vom Vollstreckungs- in das Erkenntnisverfahren vorverlagert. Hier wird bereits die Grundlage dafür gelegt, ob bei Festsetzung eines Ordnungsmittels im anschließenden Vollstreckungsverfahren die erforderlichen Voraussetzungen erfüllt sind, ein wirksamer Titel also vorhanden ist und bleibt. Damit kann auch die Trennung von Erkenntnis- und Vollstreckungsverfahren dogmatisch s­ auber eingehalten werden. 82

Vgl. dazu später 6. Kap., S. 177 ff.

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5. Kap.: Auswirkung der Erledigung auf die Ordnungsmittelfestsetzung 

C. Schicksal des Titels bei einseitiger Erledigungserklärung Schließt sich der Unterlassungsschuldner der Erledigungserklärung des Unterlassungsgläubigers nicht an, bleibt diese einseitig und das Gericht hat über das nunmehr in eine Feststellungsklage geänderte Begehren des Klägers zu entscheiden. Auch hier stellt sich die Frage, was im Falle dieser einseitigen Erledigungserklärung mit einem bereits zuvor erlassenen Titel geschieht und ob dieser weiterhin Grundlage für die Vollstreckung von Ordnungsmitteln sein kann. Dies hängt in erster Linie davon ab, wie das Gericht über das Feststellungsbegehren entscheidet.

I. Abweisung der Feststellungsklage Wie dargelegt, prüft das Gericht nach Klageänderung nunmehr, ob der ursprünglich geltend gemachte Unterlassungsanspruch bestand und sich durch ein Ereignis nach Klageerhebung insoweit erledigt hat, dass das Unterlassungsbegehren unzulässig oder unbegründet geworden ist.83 Stellt das Gericht bei dieser Prüfung fest, dass die ursprünglich erhobene Unterlassungsklage schon hätte abgewiesen werden müssen, weil der Unterlassungsanspruch anfänglich nicht bestand oder eine Erledigung nicht vorliegt, weist es die nunmehr in eine Feststellungsklage geänderte Klage ab. Damit wird zugleich dem ursprünglich erlassenen Titel, dessen Streitgegenstand beschränkt noch in der Feststellungsklage rechtshängig ist und über den mithin auch noch entschieden wird,84 die Grundlage entzogen. Er muss dann auch seine Wirksamkeit verlieren und kann keine Grundlage für eine Ordnungsmittelfestsetzung mehr sein. 1. Abweisung in der Berufungsinstanz Sofern die Erledigung erst in der Berufungsinstanz eintritt, kann auch dort unter Einhaltung der Voraussetzungen von § 533 ZPO einseitig die Erledigung erklärt und damit das Unterlassungsbegehren in eine Feststellungsklage geändert werden.85 Stellt das Berufungsgericht bei seiner Prüfung fest, dass die ursprüngliche Klage bereits unzulässig oder unbegründet war, hat es nach § 538 Abs.  1 ZPO grundsätzlich selbst in der Sache zu entscheiden. Im Normalfall wird die Klage dann regelmäßig vom Berufungsgericht unter expliziter Aufhebung des erst­ instanz­lichen Urteils abgewiesen.86 Dies muss auch gelten, wenn in der Berufungs 83

Vgl. hierzu oben 4. Kap. C.II.2.f)., S. 105 ff. Vgl. hierzu oben 4. Kap. C.II.2.f)aa), S. 105 ff. 85 Vgl. hierzu oben 4. Kap. D.III.1., S. 124 f. 86 Schellhammer, Zivilprozess, Rn.  1060; Rosenberg/Schwab/Gottwald, Zivilprozessrecht, § 139 Rn.  18 (S.  813); Althammer, in: Stein/Jonas, ZPO, § 540 Rn.  23. Vgl. Oberheim, in:­ Prütting/Gehrlein, ZPO, § 540 Rn. 5. 84

C. Schicksal des Titels bei einseitiger Erledigungserklärung

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instanz einseitig die Erledigung erklärt wurde, denn das erstinstanzliche Urteil bleibt trotz Klageänderung in eine Feststellungsklage wirksam und muss, da ihm mit der Entscheidung des Berufungsgerichts die Grundlage entzogen wird, vom Berufungsgericht aufgehoben werden. 2. Abweisung nach Einspruch gegen ein Versäumnisurteil War der das Unterlassungsgebot statuierende Titel ein Versäumnisurteil und wird dieses nach Einspruch aufgehoben, ergibt sich der Fortfall des zunächst erlassenen Versäumnisurteils im Normalfall aus § 343 Satz 2 ZPO. Hiernach ist ein solches aufzuheben, sofern die nach Einspruch zu treffende Entscheidung nicht mit der im Versäumnisurteil enthaltenen Entscheidung übereinstimmt; dies ist der Fall, wenn die Klage im Zeitpunkt der Entscheidung abzuweisen ist. Dieser Grundsatz muss ebenfalls für den Fall gelten, dass die Klage nach Einspruch aufgrund einseitiger Erledigungserklärung in eine Feststellungsklage geändert wird. Da der­ ursprüngliche Titel zunächst weiter fortbesteht aber nicht mehr mit der nach Einspruch zu treffenden Entscheidung übereinstimmt, sondern ihm durch den Inhalt der nunmehr getroffenen Entscheidung, die Klageabweisung, vielmehr die Grundlage entzogen ist, muss auch er aufgehoben werden. Diese Aufhebung muss grundsätzlich im Tenor der Entscheidung ausgesprochen werden; wird dies übersehen, ist eine Urteilsberichtigung nach § 319 ZPO zulässig.87 3. Abweisung nach Widerspruch gegen eine einstweilige Verfügung Gegen eine durch Beschluss erlassene einstweilige Verfügung kann nach §§ 936, 924 Abs. 1 ZPO Widerspruch eingelegt werden. Erledigt sich danach der geltend gemachte Unterlassungsanspruch, kann auch im einstweiligen Verfügungsverfahren einseitig die Erledigung erklärt und das Begehren in einen Feststellungsantrag geändert werden.88 Nach Widerspruch wird über das geänderte Begehren nach §§ 936, 925 Abs. 1 ZPO durch Endurteil entschieden. Erweist sich der Feststellungsantrag als unbegründet, wird die einstweilige Verfügung nach §§ 936, 925 Abs. 2 ZPO aufgehoben und damit als Vollstreckungstitel beseitigt.89 87 Prütting, in: Münchener Kommentar ZPO, § 343 Rn. 13; Stadler, in: Musielak, ZPO, § 343 Rn. 2; Herget, in: Zöller, ZPO, § 343 Rn. 2; Czub, in: Prütting/Gehrlein, ZPO, § 343 Rn. 8. 88 Vgl. dazu oben 4. Kap. C.II.4., S. 115 f. 89 OLG Frankfurt am Main, Beschluss vom 28.03.2011 – 11 W 27/10, NJW-RR 2011, 1290, 1290; Kemper, in: Saenger, ZPO, § 925 Rn. 5; Grunsky, in: Stein/Jonas, ZPO, § 925 Rn. 20; Vollkommer, in: Zöller, ZPO, § 925 Rn.  7. Vgl. Fischer, in: Prütting/Gehrlein, ZPO, § 925 Rn. 5; Drescher, in: Münchener Kommentar ZPO, § 925 Rn. 7.

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5. Kap.: Auswirkung der Erledigung auf die Ordnungsmittelfestsetzung 

II. Stattgabe der Feststellungsklage Problematischer ist die Frage, was mit dem zunächst erlassenen Titel geschieht, wenn dem Feststellungsbegehren stattgegeben und die Erledigung der Hauptsache ausgesprochen wird. Mit Prüfung des Gerichts im Hinblick auf die ursprüngliche Zulässigkeit und Begründetheit des Unterlassungsbegehrens sowie dessen Erledigung zu einem Zeitpunkt nach Klageerhebung stellt das Gericht inzident auch die ursprüngliche Rechtmäßigkeit des zunächst erlassenen Titels fest, sofern die Erledigung nicht bereits vor dessen Erlass eingetreten ist. Aufgrund dieser abschließenden Prüfung, die das Gericht noch vornimmt, lässt sich die Frage nach dem Schicksal des zuvor erlassenen Unterlassungstitels nicht nach den gleichen Grundsätzen wie im Falle der übereinstimmenden Erledigungserklärung beantworten, bei der es an einer abschließenden Prüfung fehlt. Diese Frage ist im Hinblick auf die Vollstreckung aus dem ursprünglich erlassenen Titel trotz einseitiger Erledigungserklärung auch erheblich. Dennoch wird die Thematik von Rechtsprechung und Literatur kaum behandelt. Nachfolgend werden die insoweit existierenden Meinungen zu dieser Problematik dargestellt und anschließend anhand der rechtskräftigen Feststellung, der Art der Prüfung durch das Gericht und der Interessenlage der Parteien aufgezeigt, dass der zunächst erlassene Titel wirksam bleibt und weiterhin Grundlage für die Festsetzung von Ordnungsmitteln sein kann. 1. Titelfortfall nach einseitiger Erledigungserklärung Sofern die Thematik überhaupt aufgegriffen wird, wird weit überwiegend – allerdings meist ohne Begründung – vertreten, dass im Falle der einseitigen Erledigungserklärung etwaige vorangegangene, noch nicht rechtskräftige Entscheidungen mit Rechtskraft der Erledigungsentscheidung wirkungslos würden.90 Diese Wirkungslosigkeit sei nicht zwangsläufig klarstellend festzustellen, dies sei aber zweckmäßig,91 wenngleich die Entscheidung über die Feststellungsklage eigentlich schon implizit den Ausspruch enthalte, dass bisher in der Sache ergangene Entscheidungen gegenstandslos seien.92

90 OLG Düsseldorf, Urteil vom 22.01.1971 – 2 U 101/70, WRP 1971, 328, 329 f.; Bork, in: Stein/Jonas, ZPO, § 91a Rn. 50; Lackmann, in: Musielak, ZPO, § 91a Rn. 41; Vollkommer, in: Zöller, ZPO, § 91a Rn.  45; Steiner, in: Wieczorek/Schütze, ZPO, § 91a Rn.  26; Göppinger, NJW 1967, 177, 178; Bergerfurth, NJW 1992, 1655, 1659. Nach Hüßtege, in: Thomas/Putzo, ZPO, § 91a Rn. 38 sind vorangegangene Entscheidungen aufzuheben. 91 OLG Düsseldorf, Urteil vom 22.01.1971 – 2 U 101/70, WRP 1971, 328, 329 f.; Vollkommer, in: Zöller, ZPO, § 91a Rn. 45; Lackmann, in: Musielak, ZPO, § 91a Rn. 41; Bork, in: Stein/­ Jonas, ZPO, § 91a Rn. 50; Göppinger, NJW 1967, 177, 178; Bergerfurth, NJW 1992, 1655, 1659. 92 OLG Düsseldorf, Urteil vom 22.01.1971 – 2 U 101/70, WRP 1971, 328, 329.

C. Schicksal des Titels bei einseitiger Erledigungserklärung

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Soweit die Vertreter dieser Ansicht die Frage der Art des Titelfortfalls überhaupt anschneiden, herrscht Uneinigkeit darüber, ob der Titel seine Wirksamkeit ex nunc93 oder wie bei der übereinstimmenden Erledigungserklärung analog § 269 ZPO94 und damit ex tunc verlieren soll. Eine Unwirksamkeit der vorangegangenen Entscheidung mit Wirkung ex tunc ist in jedem Fall abzulehnen. Die Situation bei der einseitigen Erledigungserklärung ist weder mit derjenigen vergleichbar, in der die Parteien übereinstimmend den Rechtsstreit für erledigt erklären, noch mit derjenigen bei Klagerücknahme, für die § 269 ZPO gilt. Anders als dort wird bei einseitiger Erledigungserklärung das Erkenntnisverfahren gerade nicht aufgrund der gemeinsamen Parteidisposition unmittelbar beendet. Die Wirkungslosigkeit eines bereits erlassenen Titels mit Wirkung ex tunc rechtfertigt sich nur daraus, dass ein Titel entweder tatsächlich von Anfang an nicht hätte erlassen werden dürfen, da das geltend gemachte Begehren unzulässig oder unbegründet war, oder daraus, dass über den Streitstoff eine abschließende Entscheidung des Gerichts nicht mehr ergeht, der zuvor erlassene Titel und seine Rechtmäßigkeit also nicht mehr überprüft werden, nicht rechtskräftig werden können und daher auch keine Wirksamkeit entfalten können sollen.95 Weder die eine noch die andere Situation ist bei der einseitigen Erledigungserklärung und Feststellung der ursprünglichen Zulässigkeit und Begründetheit des geltend gemachten Anspruchs sowie der Erledigung nach Rechtshängigkeit gegeben. Vielmehr bleibt der Streitstoff rechtshängig, das Gericht ist weiterhin zur­ abschließenden Entscheidung über den – nunmehr geänderten – Streitgegenstand berufen und diese hat jedenfalls inzident gerade die ursprüngliche Rechtmäßigkeit des erlassenen Titels zum Inhalt. Daher kommt jedenfalls ein Fortfall des Titels ex tunc nach einseitig gebliebener Erledigungserklärung im Falle der Stattgabe des geänderten Feststellungsantrags nicht in Betracht. 2. Kein gänzlicher Titelfortfall nach einseitiger Erledigungserklärung Auf der anderen Seite steht eine Entscheidung des Bundesgerichtshofs aus dem Jahr 2012,96 in welcher dieser über die Aufhebung eines bereits festgesetzten Ordnungsmittels zu entscheiden hatte, nachdem im zugrundeliegenden Erkenntnisverfahren – im konkreten Fall ein auf Erlass einer einstweiligen Verfügung gerichtetes Eilverfahren – der Gläubiger einseitig die Erledigung erklärt und das Gericht diese festgestellt hatte. 93

Vollkommer, in: Zöller, ZPO, § 91a Rn. 45. Göppinger, NJW 1967, 177, 178. 95 Vgl. hierzu bereits oben 5. Kap. A.II., S. 136 ff. 96 BGH, Beschluss vom 23.02.2012 – I ZB 28/11, WRP 2012, 829 f. 94

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5. Kap.: Auswirkung der Erledigung auf die Ordnungsmittelfestsetzung 

Der Bundesgerichtshof hat dort entschieden, dass ein im Zeitpunkt der Festsetzung des Ordnungsmittels wirksamer Titel auch dann noch Grundlage der Vollstreckungsmaßnahme sein kann und diese mithin nicht nach §§ 775 Nr. 1, 776 ZPO nachträglich aufgehoben werden muss, wenn nach der Festsetzung des Ordnungsmittels das fortlaufende Erkenntnisverfahren einseitig für erledigt erklärt und die Erledigung durch das erkennende Gericht festgestellt wird. In diesem Fall sei die Vollstreckbarkeit des Titels „weder gänzlich aufgehoben noch ohne gerichtliche Entscheidung fortgefallen“,97 so dass zuvor getroffene Vollstreckungsmaßnahmen aufrecht erhalten bleiben könnten. Dies hat teilweise auch schon Zustimmung in der Literatur gefunden, ohne dass dort eine nähere Auseinandersetzung mit dieser Lösung erfolgt wäre.98 Begründet hat der Bundesgerichtshof diese Lösung damit, dass die Rechtmäßigkeit des Titels nach einseitiger Erledigungserklärung in dem dafür vorgesehenen gerichtlichen Verfahren überprüft werde und noch eine materielle Entscheidung über den Streitgegenstand ergehe. Insbesondere würden dem Schuldner auch keine Verteidigungsmöglichkeiten abgeschnitten, wie dies aber bei übereinstimmender Erledigungserklärung der Fall sei und weshalb dort auch keine Vollstreckung mehr stattfinden könne.99 Diese Erwägungen, die der Bundesgerichtshof für den Fall einer nach Festsetzung des Ordnungsmittels getroffenen Feststellungsentscheidung angestellt hat, müssen ebenso gelten, wenn eine Ordnungsmittelfestsetzung erst beantragt wird, nachdem die einseitige Erledigung erklärt und vom erkennenden Gericht die Erledigung festgestellt ist.100 Grund dafür ist, dass bei Festsetzung der Ordnungsmittel ein Titel erforderlich ist, wie sich insbesondere aus §§ 775 Nr. 1, 776 ZPO ergibt.101 Wenn nun nach der Lösung des Bundesgerichtshofs im Falle der Entscheidung über die einseitige Erledigungserklärung eine bereits zuvor getroffene Vollstreckungsmaßnahme nicht aufgehoben werden muss, muss der ursprünglich erlassene Titel auch noch nach der Erledigungsfeststellung als Grundlage für die anschließende Festsetzung eines Ordnungsmittels ausreichen. Dies ist aber nur der Fall, wenn der Titel nicht entfällt. Zwar könnte in der konkret vom Bundesgerichtshof entschiedenen Fallkonstellation auch bei Annahme eines Titelfortfalls ex nunc die Festsetzung des Ordnungsmittel bestehen bleiben, da dann jedenfalls im Zeitpunkt der Festsetzung selbst ein wirksamer Titel vorlag und durch den Fortfall ex nunc sich daran zu jenem Zeitpunkt auch nichts ändert. Aus der Begründung des Bundesgerichtshofs 97

BGH, Beschluss vom 23.02.2012 – I ZB 28/11, WRP 2012, 829, 830. Teplitzky, WRP 2012, 831, 831; Ahrens, in: Der Wettbewerbsprozess, Kap.  66 Rn.  28 (S.  1227); Lackmann, in: Musielak, ZPO, § 890 Rn.  16; Vollkommer, in: Zöller, ZPO, § 91a Rn.  53. Vgl. auch Drescher, in: Münchener Kommentar ZPO, § 925 Rn.  7. Zuvor schon­ Melullis, GRUR 1993, 241, 247. 99 BGH, Beschluss vom 23.02.2012 – I ZB 28/11, WRP 2012, 829, 830. 100 So ohne Begründung auch Ahrens, in: Der Wettbewerbsprozess, Kap. 66 Rn. 28 (S. 1227). 101 Vgl. hierzu 5. Kap. A.II.4., S. 140 ff. 98

C. Schicksal des Titels bei einseitiger Erledigungserklärung

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lässt sich allerdings entnehmen, dass er nicht von einem Titelfortfall ex nunc, sondern jedenfalls von einer partiellen Wirksamkeit des Titels ausgeht, denn er hat entschieden, dass die Vollstreckbarkeit des Titels nicht aufgehoben ist. Ein vollstreckbarer Titel aber muss noch wirksam und kann nicht fortgefallen sein, denn anderenfalls wäre er nicht mehr vollstreckbar. Folglich kann die Entscheidung des Bundesgerichtshofs nicht dahingehend gedeutet werden, dass im Falle der Entscheidung nach einseitiger Erledigungserklärung ein vorangegangener Titel mit Wirkung ex nunc fortfalle. Dagegen spricht auch, dass es anderenfalls vom Zufall abhinge, ob gegen den Schuldner ein Ordnungsmittel wegen eines Verstoßes verhängt werden könnte. Je nachdem wie schnell der Unterlassungsgläubiger die Festsetzung beantragen würde und wie schnell über diesen Antrag entschieden und das Ordnungsmittel vom Gericht festgesetzt würde, bliebe ein bereits festgesetztes Ordnungsmittel in der Welt, während ein noch nicht festgesetztes Ordnungsmittel anschließend nicht mehr ergehen könnte. Logische Schlussfolgerung aus der Entscheidung des Bundesgerichtshofs ist mithin, dass auch nach einseitiger Erledigungserklärung und Entscheidung darüber eine Vollstreckung basierend auf dem zunächst erlassenen Unterlassungstitel noch stattfinden, ein Ordnungsmittel mithin noch festgesetzt werden kann. 3. Stellungnahme Es ist mit dem Bundesgerichtshof davon auszugehen, dass nach einseitiger Erledigungserklärung und Entscheidung über die dadurch geänderte Feststellungsklage die Vollstreckbarkeit eines zuvor erlassenen Titels weder gänzlich aufgehoben noch ohne gerichtliche Entscheidung entfallen ist. Vielmehr bleibt ein zuvor erlassener Unterlassungstitel auch nach einseitiger Erledigungserklärung und Entscheidung über diese wirksam bestehen. Das darin enthaltene materielle Unterlassungsgebot wird allerdings durch das anschließend erlassene Feststellungsurteil beschränkt. Dies gilt nicht nur für den Fall, dass der zunächst erlassene Titel eine einstweilige Verfügung ist, sondern muss generell Geltung beanspruchen. Die Argumente des Bundesgerichtshofs stellen schließlich nicht auf Besonderheiten des einstweiligen Verfügungsverfahrens ab und gelten auch nach Einspruch gegen ein Versäumnisurteil oder nach einseitiger Erledigungserklärung in der Berufungsinstanz. a) Begründung einer fortbestehenden Wirksamkeit des Titels Ein bereits erlassener Titel fällt nach positiver Entscheidung des Gerichts über das durch einseitige Erledigungserklärung nunmehr anhängige Feststellungsbegehren des Unterlassungsgläubigers nicht fort. Für eine solche Wirkung besteht

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5. Kap.: Auswirkung der Erledigung auf die Ordnungsmittelfestsetzung 

aufgrund der möglichen Rechtskraft der Entscheidung und abschließenden Prüfung durch das Gericht weder ein Bedürfnis noch wäre dies erforderlich, um den Interessen der Parteien gerecht zu werden. aa) Feststellung kann in Rechtskraft erwachsen Anders als bei der übereinstimmenden Erledigungserklärung, bei welcher keine der Rechtskraft fähige abschließende Sachentscheidung ergeht und auch der­ zunächst erlassene Titel nicht rechtskräftig werden kann, kann jedenfalls die Feststellung der Erledigung als abschließende Entscheidung über den Streitstoff in Rechtskraft erwachsen. Zwar kann nach Klageänderung auch der zunächst erlassene Titel nicht mehr rechtskräftig werden, das auf die Klageänderung hin ergehende Erledigungsfeststellungsurteil aber sehr wohl. Dessen Rechtskraft erstreckt sich dabei auch darauf, dass die Klage bis zum erledigenden Ereignis zulässig und begründet war und durch das Ereignis nunmehr gegenstandslos geworden ist.102 Denn der Streitgegenstand der Feststellungsklage schließt denjenigen der ursprünglichen Klage mit ein.103 Und überdies spricht auch die Interessenlage für diese Erstreckung der Rechtskraft, da die Feststellung sonst den Streit der Parteien nicht abschließend entscheiden würde.104 Im Rahmen der Feststellungsklage wird mithin inzident auch über die Rechtmäßigkeit des zunächst erlassenen Titels entschieden. Mit der positiven Entscheidung des Gerichts steht fest, dass die Klage ursprünglich zulässig und begründet war, der Unterlassungsanspruch mithin bestand und lediglich aufgrund eines nach Klageerhebung eingetretenen Ereignisses nicht mehr besteht beziehungsweise die Klage unzulässig geworden ist. Diese abschließende Entscheidung des Gerichts rechtfertigt es, einen zunächst erlassenen Titel, der das nunmehr erneut festgestellte – jedenfalls zeitweise – Bestehen einer ursprünglich gegebenen Unterlassungspflicht tituliert, in Wirksamkeit zu belassen. Aufgrund dieser abschließenden Entscheidung besteht nicht die Gefahr, dass mit dem zuerst erlassenen Titel eine Unterlassungspflicht für einen Zeitraum in der Vergangenheit bejaht wird, ohne dass die Frage des Bestehens dieser Unterlassungspflicht rechtskräftig werden könnte. 102 OLG Saarbrücken, Urteil vom 21.12.1966 – 1 U 106/66, NJW 1967, 2212, 2213; OLG Schleswig, Beschluss vom 08.02.1984 – 9 U 184/83, JurBüro 1984, 1741, 1741; OLG Nürnberg, Urteil vom 09.11.1988 – 9 U 1682/88, NJW-RR 1989, 444, 444; Habscheid, JZ 1963, 624, 625; G. Lüke, in: FS Weber, S. 323, 334; Koenigk, NJW 1975, 529, 530; Röckle, AnwBl. 1993, 317, 319; Rosenberg/Schwab/Gottwald, Zivilprozessrecht, § 131 Rn.  32 (S.  750); ­Hausherr, in: Prütting/Gehrlein, ZPO, § 91a Rn. 60; Lackmann, in: Musielak, ZPO, § 91a Rn. 46; Bork, in: Stein/Jonas, ZPO, § 91a Rn. 54; Lindacher, in: Münchener Kommentar ZPO, § 91a Rn. 84. Offen gelassen von BGH, Beschluss vom 26.04.2001 – IX ZB 25/01, NJW 2001, 2262, 2262. Einschränkend Deppert, in: FS Wenzel, S. 23, 33. 103 Habscheid, JZ 1963, 624, 625; Hausherr, in: Prütting/Gehrlein, ZPO, § 91a Rn. 60. 104 Rosenberg/Schwab/Gottwald, Zivilprozessrecht, § 131 Rn. 32 (S. 750).

C. Schicksal des Titels bei einseitiger Erledigungserklärung

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bb) Vollständige und nicht bloß summarische Prüfung durch das Gericht Nach der einseitigen Erledigungserklärung findet noch eine vollständige Prüfung der Sach- und Rechtslage im Hinblick auf die nunmehr begehrte Erledigungsfeststellung statt. Anders als bei der übereinstimmenden Erledigungserklärung wird der Sachverhalt noch voll ausermittelt, gegebenenfalls hat noch eine Beweisaufnahme stattzufinden. Dies rechtfertigt es, im Falle der Stattgabe des Feststellungsbegehrens, mithin im Falle der inzidenten Bejahung der ursprünglichen Zulässigkeit und Begründetheit des Unterlassungsanspruchs und damit auch der Rechtmäßigkeit des zunächst erlassenen Titels, diesen Titel in der Welt und als Grundlage für Vollstreckungsmaßnahmen wegen vor Erledigung begangener Verstöße zu belassen. Denn selbst wenn der ursprüngliche Titel als Versäumnisurteil oder im Wege der einstweiligen Verfügung ohne Beteiligung des Schuldners erlassen wurde und dessen Einwände dort nicht berücksichtigt wurden, wird der Schuldner jedenfalls im fortlaufenden Erkenntnisverfahren mit seinen Einwänden gehört und das Gericht hat diese auch bei seiner Entscheidung zu berücksichtigen. Der Gesichtspunkt des rechtlichen Gehörs steht hier mithin, anders als bei der übereinstimmenden Erledigungserklärung, einer Wirksamkeit des zunächst erlassenen Titels nicht entgegen. cc) Interessenwahrung beider Parteien Der Aufrechterhaltung des zunächst erlassenen Titels stehen auch nicht die zu berücksichtigenden Interessen der Parteien entgegen. Weder der Kläger noch der Beklagte haben ein zu berücksichtigendes positives Interesse daran, dass der Titel nicht aufrechterhalten wird. Der Unterlassungsgläubiger gibt mit seiner Erledigungserklärung zwar zunächst zu verstehen, dass er den Rechtsstreit beenden will, was im Falle der vollständigen übereinstimmenden Erledigungserklärung den Titelfortfall zur Folge hätte. Eine Entscheidung durch das Gericht will er nicht zwingend erreichen, sofern der Schuldner ebenfalls erklärt, dass eine Erledigung eingetreten ist. Dabei kommt es ihm aber insbesondere auf eine kostengünstige und zügige Prozess­beendigung und nicht darauf an, dass der Titel seine Wirksamkeit verliert. Besteht nun aber keine Einigkeit zwischen den Parteien und widerspricht der Unterlassungsschuldner der Erledigungserklärung, so begehrt der Unterlassungsgläubiger doch noch eine Entscheidung über die Rechtmäßigkeit seines Rechtsschutzgesuches in der Vergangenheit und damit auch über die Rechtmäßigkeit des zunächst erlassenen Titels. Dass der Titel in diesem Fall seine Wirksamkeit behielte, kollidiert nicht mit den klägerischen Interessen. Insbesondere bei Unterlassungstiteln hat der Unterlassungsgläubiger sogar ein aktives Interesse an der ­Aufrechterhaltung ­dieses Titels

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5. Kap.: Auswirkung der Erledigung auf die Ordnungsmittelfestsetzung 

trotz der Erledigung, da nur so noch nachträglich ein Ordnungsmittel wegen eines zuvor begangenen Verstoßes festgesetzt werden kann.105 Auch die Interessen des Unterlassungsschuldners stehen einer Wirksamkeit des Titels nicht entgegen. Er gibt, indem er der Erledigungserklärung widerspricht, zu verstehen, dass er noch eine Entscheidung des Gerichts über den Streitgegenstand und insbesondere über die ursprüngliche Rechtmäßigkeit oder Unrechtmäßigkeit der Unterlassungsklage begehrt.106 Er geht regelmäßig davon aus, dass der Titel zu Unrecht erlassen wurde und will im Ergebnis erreichen, dass die Klage abgewiesen wird und dem Titel dadurch die Grundlage entzogen wird, so dass er seine Wirksamkeit verliert. Dieses Interesse des Schuldners an der Entscheidung des Gerichts und der daraus resultierenden erhofften Wirkungslosigkeit des Titels ist der Grund dafür, dass der Schuldner die Prozessbeendigung verzögert und eine kostengünstige Lösung verhindert. Wenn das Gericht nun eine Entscheidung über die ursprüngliche Zulässigkeit und Begründetheit der Unterlassungsklage trifft und es feststellt, dass diese bestand, der ursprüngliche Titel mithin zu Recht erlassen wurde, ist es nur billig, diesen nicht die Wirksamkeit zu nehmen. Erzwingt der Unterlassungsschuldner die Entscheidung des Gerichts, welche die ursprüngliche Rechtmäßigkeit des Titels feststellt, ist es nur sachgerecht, diesen Titel auch in Wirksamkeit zu belassen und dem Unterlassungsgläubiger dadurch auch die Möglichkeit zu geben, wegen zuvor begangener Zuwiderhandlungen noch Ordnungsmittel zu beantragen. Dies ist die Konsequenz, die der Unterlassungsschuldner zu tragen hat, wenn er noch eine Entscheidung des Gerichts über den Streitstoff und mithin auch über die Rechtmäßigkeit des erlassenen Titels erhält. Weiter ist auch zu beachten, dass es anderenfalls zu ungerechten Ergebnissen käme. Würde man eine Wirksamkeit des Titels nach einseitiger Erledigungserklärung des Gläubigers verneinen, läge es stets in der Hand des Schuldners, mit seinem Widerspruch gegen die – prozesstaktisch richtig nur zeitlich beschränkt abgegebene107 – Erledigungserklärung des Gläubigers zu verhindern, dass ein Ordnungsmittel noch festgesetzt werden kann. Ansonsten würde der Unterlassungsschuldner mit seinem Widerspruch den Fortfall des Titels herbeiführen können.

105 Aus diesem Grund sollte der Unterlassungsgläubiger auch niemals vollständig die Erledigung erklären, da mit gleicher Erklärung des Unterlassungsschuldners der Titel analog § 269 Abs. 3 Satz 1 HS 2 ZPO entfällt. Vielmehr sollte der Unterlassungsgläubiger stets nur eine zeitlich beschränkte Erledigungserklärung abgeben. Vgl. hierzu ausführlich 6. Kap., S. 177 ff. 106 Vgl. hierzu schon oben 4. Kap. C.II.1., S. 92 ff. 107 Vgl. hierzu ausführlich 6. Kap., S. 177 ff.

C. Schicksal des Titels bei einseitiger Erledigungserklärung

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b) Keine entgegenstehende Wertung aufgrund der Behandlung als Klageänderung Der hier angenommenen Wirksamkeit des zunächst erlassenen Titels steht auch nicht entgegen, dass die einseitige Erledigungserklärung zwar nicht als „Klage­ änderung“ nach § 264 Nr. 2 ZPO anzusehen ist ist,108 aber dennoch mit einer Änderung des Streitgegenstands einhergeht. Denn es wird trotzdem noch eine Entscheidung über den Streitgegenstand in der Vergangenheit getroffen und lediglich das positive Leistungsbegehren in der Zukunft nicht mehr geltend gemacht. Fraglich ist allerdings, ob der Wirksamkeit des zunächst erlassenen Titels die Regelungen über die Klagerücknahme und insbesondere § 269 Abs. 3 Satz 1 ZPO entgegenstehen, wonach bei einer Klagerücknahme der Rechtsstreit als nicht anhängig geworden anzusehen ist und ein bereits erlassenes Urteil wirkungslos wird. Es ist streitig, ob in der einseitigen Erledigungserklärung und der damit verbundenen Klageänderung nach § 264 Nr. 2 ZPO zugleich auch eine Klagerücknahme zu sehen ist. aa) Anwendung der Klagerücknahmevorschriften auf die Beschränkung des Klageantrags nach § 264 Nr. 2 ZPO Nach einer Ansicht liegt in einer Klagebeschränkung stets eine Klagerücknahme, so dass auch im Rahmen von § 264 Nr. 2 ZPO die Voraussetzungen des § 269 ZPO zu berücksichtigen sind.109 Denn § 269 ZPO gewähre dem Beklagten das Recht auf eine Entscheidung über die zunächst gegen ihn erhobene Klage und dieses Recht dürfe ihm jedenfalls nach Beginn der mündlichen Verhandlung nach § 269 ZPO nicht mehr ohne seine Einwilligung entzogen werden.110 Zudem bestünde anderenfalls die Gefahr der Umgehung der den Beklagten schützenden Vorschrift des § 269 ZPO durch eine weitgehende Klagebeschränkung.111

108

Vgl. hierzu oben 4. Kap. C.II.2.f)., S. 105 ff. OLG Düsseldorf, Urteil vom 20.07.2011 – U (Kart) 11/11, NJW 2012, 85, 86; Roth, in: Stein/Jonas, ZPO, § 264 Rn. 17; Gross, ZZP 75 (1962), 93, 101. Auch Schilken, Zivilprozessrecht, Rn. 621, und J. Bernreuther, JuS 1999, 478, 479, die allerdings die einseitige Erledigungserklärung davon ausnehmen. Vgl. Greger, in: Zöller, ZPO, § 264 Rn. 4a: „regelmäßig teilweise Klagerücknahme“. Vgl. auch BGH, Urteil vom 01.06.1990 – V ZR 48/89, NJW 1990, 2682, 2682. 110 OLG Düsseldorf, Urteil vom 20.07.2011 – U (Kart) 11/11, NJW 2012, 85, 86; Roth, in: Stein/Jonas, ZPO, § 264 Rn. 17; Greger, in: Zöller, ZPO, § 264 Rn. 4a; Groß, JR 1996. 357, 358 f. Vgl. Deubner, NJW 1968, 848, 848. 111 Gross, ZZP 75 (1962), 93, 102; wohl auch Groß, JR 1996, 357, 359. 109

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5. Kap.: Auswirkung der Erledigung auf die Ordnungsmittelfestsetzung 

bb) Keine Anwendung der Klagerücknahmevorschriften auf die Beschränkung des Klageantrags nach § 264 Nr. 2 ZPO Nach einer anderen Ansicht ist § 269 ZPO im Rahmen des § 264 Nr. 2 ZPO nicht zu berücksichtigen. Vielmehr werde § 269 ZPO durch § 264 Nr. 2 ZPO verdrängt, denn auch die Regeln über die Klageänderung selbst berücksichtigten die Rechte des Beklagten.112 Schließlich sei in jeder Beschränkung eine teilweise Klagerücknahme zu sehen. Sinn und Zweck des § 264 Nr. 2 ZPO sei es aber, den Kläger zu privilegieren,113 was nicht gegeben wäre, wenn die Voraussetzungen des § 269 ZPO erfüllt sein müssten. Insofern werde die Anwendbarkeit des § 269 ZPO durch § 264 Nr. 2 ZPO ausgeschlossen. cc) Keine Anwendung der Klagerücknahmevorschriften auf die qualitative Beschränkung des Klageantrags nach § 264 Nr. 2 ZPO Nach einer vermittelnden Ansicht sind die Regelungen des § 269 ZPO zwar bei einer quantitativen Beschränkung des Klageantrags anzuwenden, nicht hingegen wenn dieser qualitativ beschränkt wird.114 Denn bei einer qualitativen Beschränkung lasse sich nur schwer sagen, worin eigentlich die Rücknahme liege und für eine Anwendung des § 269 ZPO sei es erforderlich, dass sich die Rücknahme auf einen abtrennbaren Teil des Klagebegehrens beziehe.115 Überdies werde dem Anspruch des Beklagten auf eine Entscheidung über den ursprünglich erhobenen prozessualen Anspruch auch dann noch Rechnung getragen, wenn der Antrag nur qualitativ geändert werde, während dies bei einer quantitativen Änderung nicht der Fall sei.116 Denn bei einer quantitativen Beschränkung entfalle ein Teil des Streitgegenstands völlig, so dass dieser mit einer neuen Klage wiederholt geltend gemacht werden könne. Bei einer qualitativen Änderung von einer Leistungs- auf eine Feststellungsklage hingegen wird  – bei Unbegründetheit des eingeklagten Anspruchs – rechtskräftig festgestellt, dass der Anspruch im Ganzen nicht bestand.

112

Musielak, Grundkurs ZPO, Rn.  201; Schellhammer, Zivilprozess, Rn.  1667 (S.  787); A. Blomeyer, Zivilprozeßrecht, § 49 III. (S. 272); Walther, NJW 1994, 423, 426; Brammsen/­ Leible, JuS 1997, 54, 60; Prütting/Wesser, ZZP 116 (2003), 267, 291. Vgl. Schwab, ZZP 91 (1978), 493, 494. Wohl auch Henckel, in: FS Bötticher, S. 173, 182 f. Vgl. Foerste, in: M ­ usielak, ZPO, § 264 Rn. 6, der in den Fällen, dass „§ 269 ZPO durch scheinbare „Ermäßigung“ umgangen werden soll“, eine Ausnahme macht. 113 Schellhammer, Zivilprozess, Rn. 1667 (S. 787). 114 OLG Frankfurt am Main, Urteil vom 28.08.2001 – 11 U (Kart) 32/1996, WuW 2002, 263, 263; Becker-Eberhard, in: Münchener Kommentar ZPO, § 264 Rn. 23; Saenger, in: Saenger, ZPO, § 264 Rn. 6; Rosenberg/Schwab/Gottwald, Zivilprozessrecht, § 99 Rn. 27 (S. 550). Wohl auch Jauernig/Hess, Zivilprozessrecht, § 41 Rn. 7 f. Speziell für den Fall der Änderung einer Leistungs- in eine Feststellungsklage Pawlowski, in: FS Rowedder, S. 310, 318. 115 Becker-Eberhard, in: Münchener Kommentar ZPO, § 264 Rn. 23. 116 Rosenberg/Schwab/Gottwald, Zivilprozessrecht, § 99 Rn. 27 (S. 550).

C. Schicksal des Titels bei einseitiger Erledigungserklärung

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Folglich kann der Kläger nicht wiederholt auf Leistung klagen, beziehungsweise der Beklagte könnte einer solchen Klage jedenfalls die rechtskräftige Feststellung des Nichtbestehens des Anspruchs entgegenhalten. dd) Stellungnahme Die Anwendung des § 269 ZPO auf die Klageänderung in Form der Beschränkung des Klageantrags nach § 264 Nr. 2 ZPO widerspricht schon dem Sinn und Zweck der Regelung des § 264 ZPO. Jedenfalls bei einer qualitativen Beschränkung des Klageantrags kann § 269 ZPO keine Anwendung finden. § 264 ZPO regelt gerade eine privilegierte Form der Klageänderung, bei welcher die Voraussetzungen des § 263 ZPO, nämlich die Einwilligung des Beklagten oder Sachdienlichkeit der Klageänderung gerade nicht vorzuliegen brauchen.117 Aus Gründen der Prozessökonomie soll über § 264 ZPO die Erledigung des Streitstoffs zwischen den Parteien gefördert werden.118 Würde man nun § 269 ZPO auf diese privilegierte Klageänderung nach § 264 Nr. 2 ZPO anwenden, würde die Privilegierung ad absurdum geführt. Dann bedürfte es jedenfalls nach Beginn der mündlichen Verhandlung stets der Einwilligung des Beklagten, deren Fehlen nicht einmal durch die Sachdienlichkeit der Klageänderung überwunden werden könnte.119 Damit läge keine Privilegierung mehr vor, vielmehr würde die Klageänderung in den Fällen der Beschränkung des Antrags schlicht erschwert werden. Zu beachten ist auch, dass eine Anwendung von § 269 ZPO auf die Fälle der qualitativen Klagebeschränkung nach § 264 Nr.  2 ZPO zur Folge hätte, dass es nach Beginn der mündlichen Verhandlung in der Hand des Beklagten läge, das Institut der Erledigung gänzlich leer laufen zu lassen. Der Schuldner könnte der übereinstimmenden Erledigungserklärung und deren Folgen mit seinem Widerspruch den Boden entziehen und die einseitige Erledigungserklärung und die damit verbundene Klageänderung durch seine verweigerte Einwilligung nach § 269 ZPO ebenfalls verhindern. Dann müsste das Gericht über den ursprünglichen Antrag auf Leistung entscheiden und die darauf gerichtete Klage – da der geltend gemachte Anspruch bei Erledigung unstreitig im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung nicht mehr besteht – abweisen, obwohl der Anspruch ursprünglich womöglich zu recht geltend gemacht wurde. Diese Lösung würde das gesamte­ 117

BGH, Urteil vom 19.03.2004 – V ZR 104/03, BGHZ 159, 295, 305 f.; Roth, in: Stein/Jonas, ZPO, § 264 Rn. 1; Assmann, in: Wieczorek/Schütze, ZPO, § 264 Rn. 5; Becker-Eberhard, in: Münchener Kommentar ZPO, § 264 Rn. 4; Musielak, Grundkurs ZPO, Rn. 199. Vgl. W. Lüke, Zivilprozessrecht, § 15 Rn. 171. 118 BGH, Urteil vom 19.03.2004 – V ZR 104/03, BGHZ 158, 295, 306; Becker-Eberhard, in: Münchener Kommentar ZPO, § 264 Rn. 1; Roth, in: Stein/Jonas, ZPO, § 264 Rn. 1; Geisler, in: Prütting/Gehrlein, ZPO, § 264 Rn. 1; Saenger, in: Saenger, ZPO, § 264 Rn. 1. Vgl. Foerste, in: Musielak, ZPO § 264 Rn. 1. 119 Vgl. W. Lüke, Zivilprozessrecht, § 15 Rn. 173.

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5. Kap.: Auswirkung der Erledigung auf die Ordnungsmittelfestsetzung 

Institut der Erledigung, ob nun übereinstimmend oder einseitig erklärt, vollständig vom Beklagten abhängig machen und damit ad absurdum führen. Mithin ist davon auszugehen, dass es jedenfalls bei einer qualitativen Klageände­ rung der Voraussetzungen des § 269 ZPO nicht bedarf, da eine Rücknahme des Streitgegenstands jedenfalls für die Vergangenheit nicht vorliegt. Daher widerspricht es auch nicht der Wertung des – hier gerade nicht anwendbaren – § 269 ZPO, einen vor einseitiger Erledigungserklärung erlassenen Titel in der Welt zu belassen. 4. Auswirkungen der Erledigungsfeststellung auf den ursprünglichen Titel und dessen Vollstreckbarkeit Es kann somit festgehalten werden, dass bei Feststellung der Erledigung durch das Gericht ein zunächst erlassener Titel nicht entfällt, sondern wirksam bleibt. Problematisch daran ist, dass mit der Erledigungsfeststellung inzident auch festgestellt wird, dass sich der dem Titel zugrundeliegende Unterlassungsanspruch für die Zukunft erledigt hat. Dies bedeutet, dass eine Unterlassungspflicht insoweit nicht mehr besteht und die ursprünglich zu unterlassende Handlung materiellrechtlich jetzt wieder vorgenommen werden darf. Dennoch würde eine solche Handlung formell einen Verstoß gegen den zunächst erlassenen und – wie soeben festgestellt  – auch nach Erledigungsfeststellung noch wirksamen Unterlassungstitel darstellen. Dem erledigten materiellrechtlichen Anspruch auf Unterlassung steht also noch die formelle Wirksamkeit des Titels gegenüber. Dadurch besteht die Gefahr, dass ein böswilliger Unterlassungsgläubiger auf Grundlage dieses wirksamen Titels auch nach materiellrechtlicher Erledigung des Anspruchs für solche Handlungen die Vollstreckung – bei Unterlassungsansprüchen in Form der Festsetzung von Ordnungsmitteln – betreiben könnte, die aufgrund der Erledigung materiellrechtlich aber gerade keinen Verstoß gegen ein Unterlassungsgebot mehr darstellen. Dieser Gefahr wird allerdings einerseits auf materiellrechtlicher Ebene durch die vom Gericht inzident festgestellte Begrenzung des Anspruchs durch das Erledigungsfeststellungsurteil begegnet. Auf prozessualer Ebene kann sich der Unterlassungsschuldner im Wege der Vollstreckungsgegenklage nach § 767 ZPO zur Wehr setzen. Darüber hinaus beugt das der Unterlassungsvollstreckung vorgeschaltete Festsetzungsverfahren einem derartigen missbräuchlichen Vorgehen des Gläubigers vor. a) Begrenzung des Anspruchs durch das Erledigungsfeststellungsurteil Auf materiellrechtlicher Ebene wird der titulierte Unterlassungsanspruch durch das Erledigungsfeststellungsurteil begrenzt. Der Vollstreckung aus dem Titel wegen solcher Handlungen, die nach Erledigung und mithin zu einem Zeitpunkt vor-

C. Schicksal des Titels bei einseitiger Erledigungserklärung

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genommen wurden, zu dem sie materiellrechtlich nicht mehr untersagt waren, kann das Feststellungsurteil entgegengehalten werden. Dieses stellt nicht nur die ursprüngliche Zulässigkeit und Begründetheit des Unterlassungsanspruchs, sondern zugleich das Nichtbestehen beziehungsweise Nichtmehrbestehen des Anspruchs ab dem Zeitpunkt der Erledigung fest, weshalb die zunächst zu unterlassende Handlung wieder begangen werden darf. Diese Begrenzung gilt nicht nur für Unterlassungstitel, sondern für jeden vollstreckbaren Titel. Auch bei sonstigen, beispielsweise auf Zahlung gerichteten Leistungstiteln, bei denen sich der dem Titel zugrundeliegende Anspruch, regelmäßig durch Erfüllung, erledigt, begrenzt ein hiernach ergangenes Erledigungsfeststellungsurteil materiellrechtlich den weiterhin wirksamen Titel. Der Gläubiger kann materiellrechtlich nichts mehr fordern. Eine Zuwiderhandlung gegen den Titel in Form der Nichterfüllung der titulierten Leistung ist aufgrund der eingetretenen Erledigung nicht mehr möglich. Dennoch ist der Titel formell noch wirksam und aus ihm kann der Gläubiger die Vollstreckung betreiben. b) Vollstreckungsgegenklage als Mittel gegen unzulässige Vollstreckung Gegen die Vollstreckung aus einem wirksamen Titel – unabhängig ob auf Unterlassung oder andere Leistung gerichtet –, dessen zugrundeliegender Anspruch sich auf materieller Ebene erledigt hat, besteht grundsätzlich für jeden Schuldner die Möglichkeit, Vollstreckungsgegenklage nach § 767 ZPO zu erheben. Mit dieser kann er dem unzulässigerweise vollstreckenden Gläubiger die Erledigung des Anspruchs nach Titelerlass entgegenhalten. Bei Stattgabe der Vollstreckungsgegenklage wird die Zwangsvollstreckung im Ganzen beziehungsweise insoweit für unzulässig erklärt, wie der zugrunde liegende Anspruch sich erledigt hat. Dieser von der ZPO vorgezeichnete Weg des Vorgehens gegen einen Titel, dessen zugrundeliegender Anspruch sich nach Erlass erledigt hat, spricht ebenfalls dafür, dass der Titel auch nach einseitiger Erledigungserklärung wirksam bleibt und der Schuldner auf die Vollstreckungsgegenklage nach § 767 ZPO zu verweisen ist, will er sich gegen den formell noch wirksamen Titel zur Wehr setzen. Schließlich hat der Gläubiger mit seinem Antrag auf Erlass des Titels seinen Anspruch aktiv geltend gemacht und ist durch diese Initiative an den vollstreckbaren Titel gekommen. Wird nach einseitiger Erledigungserklärung festgestellt, dass der titulierte Anspruch anfänglich tatsächlich auch bestand, wird damit der Anspruch erneut gerichtlich überprüft und dessen ursprüngliches Bestehen bestätigt. Damit steht fest, dass der Titel in der Vergangenheit zu Recht erlassen wurde. Dann bestehen keine Bedenken, wenn dieser nicht automatisch mit der Erledigungsfeststellung entfällt, sondern der Schuldner durch eine seinerseits aktive Handlung die Vollstreck­barkeit des Titels mittels der Gestaltungsklage nach § 767 ZPO aus der Welt schaffen muss.

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5. Kap.: Auswirkung der Erledigung auf die Ordnungsmittelfestsetzung 

c) Besonderheit bei der Unterlassungsvollstreckung Grundsätzlich gelten diese Ausführungen auch für die Vollstreckung von Unter­ lassungsansprüchen. Dabei sind allerdings aufgrund der besonderen Ausgestaltung des Vollstreckungsverfahrens bei Unterlassungsansprüchen sowie aufgrund des Doppelcharakters der Ordnungsmittel des § 890 ZPO, wonach eine Vollstreckung stets auch ein repressives Element enthält,120 Besonderheiten zu berücksichtigen. aa) Erledigung kann teilweise bereits im Festsetzungsverfahren berücksichtigt werden Eine Besonderheit bei der Vollstreckung von Unterlassungsansprüchen ist, dass der Beitreibung des Ordnungsgeldes und dem Vollzug der Ordnungshaft als Maßnahmen der Unterlassungsvollstreckung das Festsetzungsverfahren vorgeschaltet ist, in welchem das Vollstreckungsgericht das konkrete Ordnungsmittel zunächst festsetzen muss. Dafür muss es prüfen, ob tatsächlich ein Verstoß gegen den Unterlassungstitel vorliegt.121 Zwar sind im Verfahren der Ordnungsmittelfestsetzung nach § 890 ZPO materielle Einwendungen gegen den Unterlassungstitel grundsätzlich nicht zu berücksichtigen,122 vielmehr müssen solche im Verfahren der Vollstreckungsgegenklage nach § 767 ZPO geltend gemacht werden. Eine Ausnahme muss aber für den Einwand der Erledigung nach einseitiger Erledigungserklärung gelten, wenn die Erledigung in erster Instanz, also nach Einspruch gegen ein Versäumnisurteil oder Widerspruch gegen eine einstweilige Verfügung erklärt wird. Da das Voll­streckungs­organ bei der Vollstreckung nach § 890 ZPO das Vollstreckungsgericht und dieses zugleich das Prozessgericht des ersten Rechtszuges ist, welches in diesen Konstellationen im Erkenntnisverfahren selbst festgestellt hat, dass sich der dem Titel zugrundeliegende Anspruch erledigt hat, wird es bei der Prüfung des Vorliegens eines Verstoßes feststellen, dass die in Frage stehende Handlung zwar formell einen Verstoß gegen den noch wirksamen Unterlassungstitel darstellt, materiellrechtlich eine Zuwiderhandlung mangels bestehenden Unterlassungsanspruchs aber nicht mehr vorliegt. Es wäre reine Förmelei, würde das Vollstreckungsgericht trotz seiner Kenntnis allein aufgrund des formellen Verstoßes gegen den Titel ein Ordnungsmittel festsetzen und den Unterlassungsschuldner auf die anschließende Vollstreckungsgegenklage nach § 767 ZPO verweisen. Das Gericht würde sonst sehenden Auges die Erhebung der Vollstreckungsgegenklage provozieren. 120

Vgl. hierzu oben 3. Kap. B.IV.3., S. 61 ff. Vgl. hierzu oben 3. Kap. C.IV.2.c)., S. 79 ff. 122 KG, Beschluss vom 15.11.1994 – 5 W 6821/94, GRUR 1995, 149, 149; Ahrens, in: Der Wettbewerbsprozess, Kap. 36 Rn. 196 (S. 710). 121

C. Schicksal des Titels bei einseitiger Erledigungserklärung

169

Daher kann in diesen Fällen das materiellrechtliche Entfallen des Anspruchs bei der Vollstreckung von Unterlassungsansprüchen schon im Festsetzungsverfahren geltend gemacht werden, beziehungsweise wird die Erledigung im Festsetzungsverfahren ohnehin unmittelbar vom Vollstreckungsgericht beachtet. Es kommt daher schon nicht mehr zu über den Antrag auf Festsetzung hinausgehenden Voll­ streckungshandlungen, da das Gericht ein Ordnungsmittel nicht festsetzen wird. Hier wird der Schuldner mithin automatisch durch den besonderen Aufbau des Vollstreckungsverfahrens nach § 890 ZPO vor einer unberechtigten Vollstreckung wegen Handlungen nach Erledigung geschützt. Anders ist dies allerdings in der Konstellation, dass die Erledigung erst in zweiter Instanz nach Berufung gegen ein normales erstinstanzliches Urteil erklärt wird. In diesen Fällen ist es das Berufungsgericht, welches die Erledigung feststellt, und nicht das Prozessgericht des ersten Rechtszuges. Letzteres kennt dann auch in seiner Funktion als Vollstreckungsgericht nicht die Erledigung des materiell zugrunde liegenden Anspruchs und wird bei Prüfung des Vorliegens eines Verstoßes nur feststellen können, dass die in Frage stehende Handlung formal einen Verstoß gegen den wirksamen Titel darstellt. Der Schuldner ist in dieser Konstellation daher auf die Vollstreckungsgegenklage zu verweisen, will er den materiellrechtlichen Einwand der Erledigung vorbringen. bb) Vollstreckungsgegenklage bei der Unterlassungsvollstreckung Der Schuldner kann – und muss dies im Falle der Erledigung in zweiter Instanz sogar – gegen die Unterlassungsvollstreckung stets auch, unter Beachtung der allgemeinen Voraussetzungen, Vollstreckungsgegenklage nach § 767 ZPO erheben. Auch hier ergeben sich allerdings Besonderheiten. Eine Vollstreckungsgegenklage nach § 767 ZPO richtet sich grundsätzlich auf die Unzulässigkeitserklärung der gesamten Zwangsvollstreckung. Bei Unterlassungsansprüchen würde eine solche aber generell den Besonderheiten des dortigen Vollstreckungsverfahrens nicht gerecht. Wenn die gesamte Zwangsvollstreckung für unzulässig erklärt wird, wird die Vollstreckbarkeit des Titels beseitigt und ein Ordnungsmittel kann auch für vor der Erledigung begangene Verstöße mangels wirksamen und vollstreckbaren Titels nicht mehr festgesetzt werden. Dies widerspricht aber der besonderen Situation bei der Unterlassungsvollstreckung. Anders als bei normalen Leistungstiteln, die ausschließlich einen in die Zukunft gerichteten Zweck haben, der sich vollständig erledigen kann, ist die Vollstreckung von Unterlassungstiteln stets jedenfalls auch in die Vergangenheit im Hinblick auf bereits begangene Verstöße und deren Sanktionierung gerichtet. Eine Vollstreckung findet naturgemäß erst nach der Zuwiderhandlung statt und führt – sofern die Unterlassungspflicht noch besteht – nicht zur vollständigen Befriedigung des titulierten Anspruchs. Und auch wenn die Unterlassungspflicht nicht mehr besteht, bedarf es für die Festsetzung von Ordnungsmitteln wegen dieser Verstöße

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5. Kap.: Auswirkung der Erledigung auf die Ordnungsmittelfestsetzung 

noch eines wirksamen und vollstreckbaren Titels. Ein solcher läge aber nicht mehr vor, wenn die Zwangsvollstreckung nach § 767 ZPO für unzulässig erklärt worden wäre. Das Problem, dass die Zwangsvollstreckung für unzulässig erklärt wird, wird­ allerdings dadurch behoben, dass bei der Unterlassungsvollstreckung einer Vollstreckungsgegenklage nach § 767 ZPO regelmäßig aufgrund der dortigen Besonder­ heiten das Rechtsschutzbedürfnis fehlt. Überdies könnte die Zwangsvollstreckung jedenfalls nicht insgesamt für unzulässig erklärt werden. (1) Fehlendes Rechtsschutzbedürfnis Einer Vollstreckungsgegenklage nach § 767 ZPO fehlt bei der Unterlassungsvollstreckung jedenfalls in den Fällen, in denen die Erledigung in erster Instanz erklärt wird, regelmäßig das Rechtsschutzbedürfnis. Die Vollstreckungsgegenklage nach § 767 ZPO ist grundsätzlich zulässig, sobald die Zwangsvollstreckung droht, was der Fall ist, sobald ein Vollstreckungstitel vorliegt.123 Ab diesem Zeitpunkt bis zur Aushändigung des Titels an den Schuldner besteht für diesen dann regelmäßig ein Rechtsschutzbedürfnis.124 Von diesem Grundsatz sind aber Ausnahmen zu machen, von denen jedenfalls zwei bei der Unterlassungsvollstreckung einschlägig sind und der Zulässigkeit der Voll­ streckungsgegenklage entgegenstehen. Einerseits fehlt das Rechtsschutzbedürfnis, wenn eine Vollstreckung unzweifelhaft nicht beabsichtigt ist oder nicht ernstlich droht oder wenn ein einfacherer und billigerer Weg zur Erhebung von Einwendungen offen steht.125 Bei der Unterlassungsvollstreckung steht – jedenfalls bei Erledigung in erster Instanz – stets ein einfacherer und billigerer Weg zur Geltendmachung der Erledigung wegen des der Vollziehung von Ordnungsmitteln vorgeschalteten Festsetzungsverfahrens ­offen. 123

Brox/Walker, Zwangsvollstreckungsrecht, Rn. 1332; Baur/Stürner/Bruns, Zwangsvollstreckungsrecht, § 45 Rn. 45.6 (S. 536); Gaul/Schilken/Becker-Eberhard, Zwangsvollstreckungsrecht, § 40 Rn. 109; Raebel, in: Schuschke/Walker, Vollstreckung, § 767 Rn. 15; Scheuch, in: Prütting/Gehrlein, ZPO, § 767 Rn. 12. Vgl. Herget, in: Zöller, ZPO, § 767 Rn. 8. Vgl. RG, Urteil vom 18.10.1899 – I. 244/99, RGZ 45, 343, 344; RG, Urteil vom 12.11.1931 – VI 225/31, RGZ 134, 156, 162. 124 BGH, Urteil vom 12.07.1955  – V ZR 11/53, NJW 1955, 1556, 1556; BGH, Urteil vom 10.10.1975  – V ZR 5/74, DB 1976, 482, 482; BGH, Urteil vom 16.06.1992  – XI ZR 166/91, NJW 1992, 2148, 2148; Baur/Stürner/Bruns, Zwangsvollstreckungsrecht, § 45 Rn. 45.6 (S. 536); Gaul/Schilken/Becker-Eberhard, Zwangsvollstreckungsrecht, § 40 Rn. 110; Raebel, in: Schuschke/Walker, Vollstreckung, § 767 Rn. 15; Münzberg, in: Stein/Jonas, ZPO, § 767 Rn. 42. 125 K. Schmidt/Brinkmann, in: Münchener Kommentar ZPO, § 767 Rn. 43; Herget, in: Zöller, ZPO, § 767 Rn. 8; Kindl, in: Saenger, ZPO, § 767 Rn. 17; Brox/Walker, Zwangsvollstreckungsrecht, Rn.  1333; Lackmann, in: Musielak, ZPO, § 767 Rn.  19. Zu fehlendem Rechtsschutzbedürfnis bei erfolgter Teilleistung vgl. BGH, Urteil vom 19.09.1988 – II ZR 362/87, NJW-RR 1989, 124, 124.

C. Schicksal des Titels bei einseitiger Erledigungserklärung

171

Zwar prüft das Vollstreckungsgericht wegen der Formalisierung der Zwangsvollstreckung im Festsetzungsverfahren nicht das Vorliegen der Erledigung. Wie bereits dargestellt prüft es aber das Vorliegen eines Verstoßes und wird – aufgrund der Kenntnis der Erledigungsfeststellungsentscheidung im Erkenntnisverfahren im Hinblick auf die nach der Erledigung begangenen Handlungen – ein Ordnungsmittel nur festsetzen, wenn ein solcher Verstoß auch materiellrechtlich gegeben ist. Dies wird es nur hinsichtlich der vor der Erledigung begangenen Zuwiderhandlungen bejahen. Insoweit ist die Vollstreckung aber auch rechtmäßig und eine­ Vollstreckungsgegenklage könnte ohnehin nicht zur Erklärung der Unzulässigkeit der Zwangsvollstreckung führen. Da hier mithin schon im Festsetzungsverfahren die Einwände beachtet werden, die sonst im Wege der Vollstreckungsgegenklage geltend gemacht werden müssten, stellt dies einen einfacheren und billigeren Weg dar, der das Rechtsschutzbedürfnis für die Vollstreckungsgegenklage entfallen lässt. Überdies fehlt in der Unterlassungsvollstreckung das Rechtsschutzbedürfnis oft noch aus einem anderen Grund. Obgleich der Titel noch im Besitz des Gläubigers ist, droht eine Vollstreckung regelmäßig nicht ernstlich. Aufgrund der Besonderheiten der Unterlassungsvollstreckung kann der Schuldner vom Gläubiger nicht die Herausgabe des Titels verlangen, wenn der Gläubiger den Titel noch benötigt. Eine Vollstreckung droht dann nur, wenn materiellrechtlich unberechtigte Voll­streckungsversuche stattgefunden haben und nicht allein aufgrund der Tat­ sache, dass der Unterlassungsgläubiger im Besitz eines vollstreckbaren Titels ist. Anerkannt ist dies für die Vollstreckung wiederkehrender Leistungen,126 denn hier benötigt der Gläubiger den Titel wegen der Vollstreckung zukünftiger Leistungen auch noch weiterhin. Daher wird das Rechtsschutzbedürfnis auch ohne Herausgabe des Titels schon dann verneint, wenn eine Vollstreckung schon gezahlter Beträge nicht mehr droht. Dass der Gläubiger den Titel in der Hand behält, kann allein nicht die Besorgnis begründen, dass der Gläubiger erneut daraus vollstrecken werde.127 Nur wenn materiellrechtlich unberechtigte Vollstreckungsversuche stattgefunden haben, wird das Rechtsschutzbedürfnis bejaht.128

126 BGH, Urteil vom 08.02.1984 – IVb ZR 52/82, NJW 1984, 2826, 2827; KG, Urteil vom 03.09.1987 – 16 UF 2665/87, FamRZ 1988, 84, 85; Brox/Walker, Zwangsvollstreckungsrecht, Rn. 1332; Baur/Stürner/Bruns, Zwangsvollstreckungsrecht, § 45 Rn. 45.6 (S. 536); Herget, in: Zöller, ZPO, § 767 Rn. 8; Münzberg, in: Stein/Jonas, ZPO, § 767 Rn. 42; Kindl, in: Saenger, ZPO, § 767 Rn.  17. Vgl. K. Schmidt/Brinkmann, in: Münchener Kommentar ZPO, § 767 Rn. 43; Lackmann, in: Musielak, ZPO, § 767 Rn. 18; Gaul/Schilken/Becker-Eberhard, Zwangsvollstreckungsrecht, § 40 Rn. 110. Vgl. OLG Frankfurt am Main, Beschluss vom 26.02.1987 – 1 U 14/86, MDR 1988, 241, 241, das dies allgemein für die Fälle anerkennt, in denen der Titel nicht „überflüssig“ geworden ist. Kritisch Romeyko, FamRZ 2007, 1217 f. 127 BGH, Urteil vom 08.02.1984  – IVb ZR 52/82, NJW 1984, 2826, 2827; Münzberg, in: Stein/Jonas, ZPO, § 767 Rn. 42. 128 OLG Karlsruhe, Urteil vom 26.10.1989  – 16 UF 189/89, JurBüro 1990, 399, 400;­ Münzberg, in: Stein/Jonas, ZPO, § 767Rn. 42.

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5. Kap.: Auswirkung der Erledigung auf die Ordnungsmittelfestsetzung 

Bei der Unterlassungsvollstreckung kann nichts anderes gelten. Zwar hat der Gläubiger hier aufgrund der Erledigung ein Vollstreckungsinteresse nicht mehr für die Zukunft, er kann den Titel aber noch benötigen, um eine Vollstreckung für vor der Erledigung begangene Zuwiderhandlungen gegen den Titel zu betreiben. Dies ist ihm nur möglich, wenn er den Titel in den Händen behält, denn trotz der Erledigung für die Zukunft ist der Gläubiger im Hinblick auf die vor der Erledigung begangenen Zuwiderhandlungen noch nicht befriedigt. Hier besteht noch ein Interesse an der Vollstreckung, für welche er den Titel benötigt. Daher kann dem Gläubiger auch bei der Unterlassungsvollstreckung eine Herausgabe des Titels nicht zugemutet werden. Das Rechtsschutzbedürfnis kann deshalb im Hinblick auf eine Vollstreckungsgegenklage auch hier erst bejaht werden, wenn Anhaltspunkte für unberechtigte Vollstreckungsversuche hinsichtlich nach Erledigung begangener Handlungen vorliegen oder sämtliche vor Erledigung begangenen Verstöße geahndet wurden und es für ihn keinen Grund mehr gibt, den Titel zu behalten, er ihn aber dennoch nicht herausgibt. (2) Zwangsvollstreckung jedenfalls nur teilweise unzulässig Doch selbst wenn man ein Rechtsschutzbedürfnis – beispielsweise bei Erledigung erst in zweiter Instanz – bejahen wollte, könnte die Zwangsvollstreckung aus dem Unterlassungstitel im Rahmen der Vollstreckungsgegenklage nach § 767 ZPO nur teilweise für unzulässig erklärt werden. Die Besonderheit der Unterlassungsvollstreckung liegt darin, dass sie erst nach einer Zuwiderhandlung gegen den Unterlassungstitel stattfindet und eine Erledigung des zugrunde liegenden Unterlassungsanspruchs für die Zukunft, anders als bei der normalen Vollstreckung von Leistungsurteilen, keine Auswirkung auf die zuvor begangenen Verstöße hat. Während bei normalen Leistungsurteilen die Erledigung des Anspruchs dazu führt, dass eine Vollstreckung nicht mehr möglich ist, kann bei Unterlassungstiteln wegen des der Vollstreckung innewohnenden Bezugs auf die Vergangenheit eine solche immer noch stattfinden. Sie wird auch nicht unzulässig, weil sich der Unterlassungsanspruch für die Zukunft erledigt hat, sondern bleibt vielmehr rechtmäßig. Daher kann bei Unterlassungsansprüchen auf eine Vollstreckungsgegenklage nach § 767 ZPO die Vollstreckung nur ab dem Zeitpunkt der Erledigung für unzulässig erklärt werden. Eine solche Erklärung der Zwangsvollstreckung für nur teilweise unzulässig ist grundsätzlich möglich. Richtet sich eine Einwendung nur gegen einen Teil des titulierten Anspruchs, so ist die Zwangsvollstreckung auch nur hinsichtlich dieses Teils unzulässig und auch nur insoweit für unzulässig zu erklären.129 Es ist 129

BGH, Urteil vom 17.04.1986  – III ZR 246/84, NJW-RR 1987, 59, 60; Brox/Walker, Zwangsvollstreckungsrecht, Rn. 1369; Lackmann, in: Musielak, ZPO, § 767 Rn. 44; K. Schmidt/ Brinkmann, in: Münchener Kommentar ZPO, § 767 Rn. 40; Münzberg, in: Stein/Jonas, ZPO,

C. Schicksal des Titels bei einseitiger Erledigungserklärung

173

sogar anerkannt, dass im Hinblick auf Ratenzahlungen, beispielsweise bei Unterhaltsleistungen, für die Vergangenheit auch eine zeitlich beschränkte Unzulässigkeitserklärung der Zwangsvollstreckung möglich ist.130 Dies muss auch für die Voll­streckung von Unterlassungsansprüchen in dem Sinne gelten, dass wegen Verstößen gegen die Unterlassungspflicht in der Vergangenheit eine Zwangsvollstreckung zulässig bleibt und lediglich ab dem Zeitpunkt der Erledigung für die Zukunft für unzulässig erklärt wird. Wenn sich ein Unterlassungsanspruch erledigt, richtet sich dieser im Rahmen der Vollstreckungsgegenklage nach § 767 ZPO geltend zu machende Einwand stets, wie es auch durch das Erledigungsfeststellungsurteil inzident festgestellt wurde, nur gegen den titulierten Anspruch ab dem Zeitpunkt der Erledigung für die Zukunft. Vorher bestand der Anspruch, darauf hat der Einwand keinerlei Auswirkung; er beseitigt daher nicht die Zulässigkeit der Vollstreckung in der Vergangenheit. War eine solche in Form der Festsetzung von Ordnungsmitteln für in der Vergangenheit liegende Verstöße zulässig und hat die Erledigung hierauf keine Auswirkung, muss die Vollstreckung auch rückwirkend in dem nach der Erledigung liegenden Zeitraum noch möglich sein. Dass eine Vollstreckungsmaßnahme noch nicht durchgeführt wurde, kann dabei nicht schaden. Dieser zeitlichen Beschränkung der Vollstreckungsgegenklage beziehungsweise dem zeitlich beschränkten Ausspruch der Unzulässigkeit der Zwangsvoll­streckung steht auch nicht entgegen, dass eine zeitliche Teilbarkeit des Unterlassungsanspruchs nicht möglich wäre. Vielmehr ist eine solche gegeben, wie noch zu zeigen sein wird.131 (3) Keine Präklusion nach § 767 Abs. 2 ZPO Ist die Vollstreckungsgegenklage zulässig,132 ist der Schuldner mit seinen Einwendungen, auf denen die Erledigung beruht, jedenfalls nicht präkludiert. Nach § 767 Abs. 2 ZPO können grundsätzlich nur solche Einwendungen geltend gemacht werden, die erst nach dem Schluss der mündlichen Verhandlung entstanden sind. Vom Wortlaut her schließt dies die Gründe mit ein, auf denen die Erledigung beruht. Schließlich wurde die Erledigung im fortgesetzten Erkenntnis§ 767 Rn. 44. Vgl. Brehm, in: Stein/Jonas, ZPO, § 890 Rn. 29; auch OLG Köln, Beschluss vom 10.12.1975 – 2 W 137/75, RPfleger 1976, 138, 138 f. Vgl. zu Zug um Zug-Verurteilung BGH, Urteil vom 27.06.1997 – V ZR 91/96, NJW-RR 1997, 1272, 1272. 130 OLG Karlsruhe, Beschluss vom 22.07.2003 – 4 WF 59/03, FamRZ 2004, 1226, 1227; OLG Karlsruhe, Beschluss vom 16.10.2003 – 16 WF 127/03, FamRZ 2004, 1392, 1393; K. Schmidt/ Brinkmann, in: Münchener Kommentar ZPO, § 767 Rn. 40; Münzberg, in: Stein/­Jonas, ZPO, § 767 Rn. 44. 131 Vgl. hierzu 6. Kap., S. 177 ff. 132 Dies ist weniger relevant bei Unterlassungsansprüchen und mehr bei regulären Leistungstiteln, bei denen ein Rechtsschutzbedürfnis nicht fehlt.

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5. Kap.: Auswirkung der Erledigung auf die Ordnungsmittelfestsetzung 

verfahren nach Titelerlass sogar noch geltend gemacht und ist das Erledigungsfeststellungsurteil auf die dort noch stattfindende mündliche Verhandlung ergangen. Dennoch ist der Schuldner mit diesen Einwendungen nicht präkludiert. Denn Sinn und Zweck der Präklusion nach § 767 Abs. 2 ZPO ist es, die Rechtskraft unanfechtbar gewordener Entscheidungen zu sichern,133 auch wenn die Anwendbarkeit nicht zwingend an die Rechtskraft der Entscheidung gebunden ist.134 Insofern schadet es nicht, dass der Titel selbst aufgrund der einseitigen Erledigungserklärung und der damit verbundenen Klageänderung keine Rechtskraft erlangen kann. Vielmehr führt dies dazu, dass die Vorschrift des § 767 Abs. 2 ZPO mangels zu schützender Rechtskraft so auszulegen ist, dass der Schuldner ledig­lich mit den Einwendungen ausgeschlossen ist, die vor der letzten zum ersten Titelerlass führenden mündlichen Verhandlung entstanden sind. Eine Präklusion kann nur hinsichtlich solcher Einwendungen angenommen werden, die der Schuldner in dem zum Erlass des Titels führenden Verfahren schon geltend machen konnte.135 Der Schuldner ist aber nicht mit denjenigen Einwendungen präkludiert, die nach Fortsetzung des Erkenntniverfahrens bis zur letzten mündlichen Verhandlung vor der Erledigungsfeststellungsentscheidung entstanden sind. Diese sind mithin zu berücksichtigen. Der Schuldner ist daher mit den der Erledigungserklärung zugrundeliegenden Einwendungen regelmäßig nicht präkludiert. Diese sind zwar vor der letzten mündlichen Verhandlung, aber nach dem ersten Titelerlass entstanden. Und aufgrund der einseitigen Erledigungserklärung und der darin liegenden Klageänderung konnte das Gericht in dieser letzten mündlichen Verhandlung keine Entscheidung mehr treffen, die sich auf die Wirksamkeit des Titels ausgewirkt hätte. Zwar wurde inzident dessen Rechtmäßigkeit überprüft. Da aber mit der geänderten Klage nun der ursprünglich titulierte Anspruch nicht mehr aktiv als Leistungsausspruch geltend gemacht wurde, war eine Aufhebung, Bestätigung oder Ab­ änderung desselben im weiteren Erkenntnisverfahren nicht mehr möglich. Mithin kann auch nach dem Sinn und Zweck der Präklusionsnorm der Schuldner nur mit solchen Einwendungen ausgeschlossen sein, die er vor Erlass des Titels und damit vor Schluss derjenigen mündlichen Verhandlung, auf die der Titel erlassen wurde, hätte geltend machen können. Regelmäßig trifft dies nicht auf die Gründe zu, die erst anschließend zur Erledigung geführt haben. So ist auch beim Grundurteil anerkannt, dass es hinsichtlich der Einwendungen gegen den Grund des titulierten Anspruchs auf die letzte mündliche Verhandlung vor Erlass des Grundurteils ankommt.136 Denn in dem nach dessen Erlass fortlau 133 BGH, Urteil vom 30.03.1994 – VIII ZR 132/92, BGHZ 125, 351, 353; BGH, Urteil vom 09.07.1998 – IX ZR 272/96, BGHZ 139, 214, 224; Raebel, in: Schuschke/Walker, Vollstreckung, § 767 Rn. 31; Kindl, in: Saenger, ZPO, § 767 Rn. 1; Scheuch, in: Prütting/Gehrlein, ZPO, § 767 Rn. 33. Vgl. Lackmann, in: Musielak, ZPO, § 767 Rn. 1. 134 Scheuch, in: Prütting/Gehrlein, ZPO, § 767 Rn. 33. 135 Vgl. K. Schmidt/Brinkmann, in: Münchener Kommentar ZPO, § 767 Rn. 76. 136 Lackmann, in: Musielak, ZPO, § 767 Rn. 32. Vgl. K. Schmidt/Brinkmann, in: Münchener Kommentar ZPO, § 767 Rn. 76; Scheuch, in: Prütting/Gehrlein, ZPO, § 767 Rn. 41.

C. Schicksal des Titels bei einseitiger Erledigungserklärung

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fenden Verfahren wird nur noch über die Höhe des Anspruchs und nicht mehr über dessen Grund entschieden, auch wenn Einwendungen hiergegen bereits geltend gemacht werden könnten. Dies ist vergleichbar mit der Situation, dass nach Erlass eines Titels das Erkenntnisverfahren weitergeht und aufgrund einer dortigen Erledigung, der nachfolgenden einseitigen Erledigungserklärung und damit verbundenen Klageänderung über diesen ursprünglichen Titel nicht mehr durch das Gericht befunden wird. Daher können auch hier nur solche Einwendungen berücksichtigt werden, die bei einer Entscheidung über den ursprünglichen Titel schon zugrunde gelegt werden konnten. Und das sind nur diejenigen, die bis zur letzten mündlichen Verhandlung vor Erlass des Titels entstanden sind. Die grundsätzlich später eintretende Erledigung gehört daher regelmäßig nicht dazu. Dass der Schuldner die Einwendungen im fortlaufenden Erkenntnisverfahren bereits geltend gemacht hat, ändert daran nichts. Diese Einwendungen konnten jedenfalls nach der Klageänderung im Hinblick auf die Wirksamkeit des Titels keine Berücksichtigung mehr finden und lediglich die Erledigungsfeststellungsentscheidung beeinflussen. Zwar werden so – prozessunökonomisch – die vom Schuldner schon im fortlaufenden Erkenntnisverfahren vorgebrachten Einwendungen erneut vom Gericht geprüft. Während sie im ersten Verfahren aber materiellrechtlich eingeführt wurden, richtet sich die Vollstreckungsgegenklage gegen den Titel, der im fortlaufenden Verfahren wegen der einseitigen Erledigungserklärung nicht mehr angegriffen werden konnte. Wegen der unterschiedlichen Zielrichtung von Erkenntnis- und Vollstreckungsgegenklageverfahren muss trotz dadurch entstehenden Aufwands das Vorliegen der Einwendungen, auf denen die Erledigung beruht, separat und damit doppelt geltend gemacht werden. d) Keine entgegenstehenden Wertungsgesichtspunkte Dass ein Titel nach Erledigungsfeststellung grundsätzlich wirksam bleibt, erscheint auch wertungsmäßig das richtige Ergebnis. Insbesondere unter Berücksichtigung der Konsequenzen, die sich anderenfalls ergeben, wenn nach einseitiger Erledigungserklärung und deren Feststellung durch das Gericht ein zuvor erlassener Titel entfiele, muss der Unterlassungstitel wirksam bleiben. Anderenfalls könnte der Schuldner schlichtweg mit einem Widerspruch gegen die Erledigungserklärung des Gläubigers und die darauf folgende Erledigungsfeststellungsentscheidung durch das Gericht verhindern, dass ein Ordnungsgeld wegen eines zuvor begangenen Verstoßes noch festgesetzt wird. Dann läge es stets in der Hand des Schuldners, zu bestimmen, ob die Festsetzung eines Ordnungsmittels noch möglich ist. Es hinge also von der Reaktion des Verstoßenden selbst ab, ob ein von ihm begangener Verstoß gegen das titulierte Unterlassungsgebot noch­ geahndet werden kann oder nicht. Dies wäre jedoch ein offensichtlich unbilliges Ergebnis.

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5. Kap.: Auswirkung der Erledigung auf die Ordnungsmittelfestsetzung 

D. Zusammenfassung Zusammengefasst lässt sich Folgendes festhalten: 1. Bei jeder Vollstreckungsmaßnahme und mithin auch bei einer Vollstreckung von Unterlassungsansprüchen in Form der Festsetzung eines Ordnungsmittels ist das Vorliegen eines wirksamen Titels erforderlich. 2. Bei vollständiger übereinstimmender Erledigungserklärung entfällt der Titel entsprechend § 269 Abs. 3 Satz 1 HS 2 ZPO mit Wirkung ex tunc und kann keine Grundlage für die Vollstreckung mehr sein. 3. Bei einseitiger Erledigungserklärung und Feststellung der Erledigung durch das Gericht bleibt der Titel wirksam und kann noch Grundlage für die Vollstreckung zuvor begangener Verstöße gegen den Titel sein.

Sechstes Kapitel

Teilbarkeit von Unterlassungsansprüchen und Beschränkung der Erledigungserklärung in zeitlicher Hinsicht „Es wäre ein Hohn auf die Gerechtigkeit, wollte man [dem Schuldner] gestatten, sich unter Berufung auf sein schuldhaftes Verhalten vor der Strafe zu drücken.“ Gerhard Lüke1

Nachdem festgestellt wurde, dass es eines wirksamen Titels im Zeitpunkt jeder Vollstreckung und damit auch bei derjenigen von Unterlassungsansprüchen bedarf, soll der vom Bundesgerichtshof im Jahr 20032 eingeschlagene Lösungsweg für die Frage nach der Festsetzung von Ordnungsmitteln nach Erledigung des Unterlassungsanspruchs über eine zeitlich beschränkte Erledigungserklärung untersucht werden. Dass dieser Lösungsansatz zu Ergebnissen kommt, die als gerecht empfunden werden, kann kaum bestritten werden. Aber nur wenn er auch dogmatisch schlüssig begründbar ist, kann gehofft werden, dass der lange währende Streit um das Titelerfordernis bei Festsetzung von Ordnungsmitteln und damit verbunden auch der Streit um deren Rechtsnatur endgültig verstummt und nicht erneut entflammt.

A. Erkenntnisverfahren als Ausgangspunkt für die Beschränkung der Erledigungserklärung Ausgangspunkt für die Beschränkung einer Erledigungserklärung muss das Erkenntnisverfahren sein. Der Unterlassungsanspruch ist in diesem und nicht im Vollstreckungsverfahren rechtshängig, weshalb auch hier die Erledigungserklärungen  – gegebenenfalls beschränkt  – abzugeben und auszulegen sind. Damit werden die Weichen für die Lösung über eine zeitlich beschränkte Erledigungserklärung bereits im Erkenntnisverfahren gestellt. Wenn dort keine zeitliche Beschränkung der Erledigungserklärung stattfindet, hat das Gericht nach übereinstimmender Erledigungserklärung nur noch gem. § 91a ZPO über die Kosten zu

1

G. Lüke, JZ 1959, 369, 371. BGH, Beschluss vom 23.10.2003 – 1 ZB 45/02, BGHZ 156, 335 ff. („Euro-Einführungsrabatt“). 2

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6. Kap.: Unterlassungsansprüche und Beschränkung der Erledigungserklärung

entscheiden. Dann entfällt ein zuvor erlassener Titel automatisch nach § 269 Abs. 3 Satz 1 HS 2 ZPO und kann keinesfalls mehr Grundlage für die Festsetzung eines Ordnungsmittels im Zwangsvollstreckungsverfahren sein. Der Bundesgerichtshof hat in seiner wegweisenden Entscheidung3 jedoch den Grundsatz der Trennung von Erkenntnis- und Vollstreckungsverfahren missachtet. Er war im Vollstreckungsverfahren zur Entscheidung berufen und hat dort die zuvor im Erkenntnisverfahren abgegebenen Erklärungen selbständig ausgelegt. Durch die an dieser Stelle vorgenommene Auslegung haben sich Probleme schlicht nicht gestellt, welche jedoch – will man die zeitliche Beschränkung der Erledigungserklärung korrekt im Erkenntnisverfahren vornehmen – einer genaueren Untersuchung unterzogen werden müssen.

I. Auslegung der Erledigungserklärung nur im Erkenntnisverfahren Der Bundesgerichtshof hat die bereits im Erkenntnisverfahren abgegebenen Erledigungserklärungen der Parteien im Vollstreckungsverfahren ausgelegt und als zeitlich beschränkt bewertet, obgleich das Prozessgericht im Erkenntnisverfahren von einer vollständig übereinstimmenden Erledigungserklärung ausgegangen war und nur noch eine Entscheidung über die Kosten nach § 91a ZPO getroffen hatte. Solch eine – wiederholte – Auslegung darf im Vollstreckungsverfahren aber nicht vorgenommen werden. 1. Wirkung der Erledigungserklärung unabhängig von der Auslegung Die Wirkung der übereinstimmenden Erledigungserklärung tritt grundsätzlich unabhängig von der durch das Gericht vorgenommenen Auslegung ein. Diese hat als Bewirkungshandlung unmittelbare Auswirkung auf den Streitgegenstand und führt das Ende der Rechtshängigkeit herbei, ohne dass ein Ausspruch des Gerichts erforderlich ist oder Einfluss darauf hätte.4 Wie das Gericht die Erledigungserklärungen auslegt, ist mithin nicht von Relevanz für die Wirkung der Erklärung. Folglich ändert auch die Annahme des Prozessgerichts, die Parteien hätten den Rechtsstreit vollständig übereinstimmend für erledigt erklärt, und die darauf ergehende Kostenentscheidung nach § 91a ZPO grundsätzlich nichts daran, dass ein Teil  des Streitgegenstands noch anhängig ist, wenn die Parteien tatsächlich nur teilweise übereinstimmend die Erledigung erklärt haben. 3 BGH, Beschluss vom 23.10.2003 – 1 ZB 45/02, BGHZ 156, 335 ff. („Euro-Einführungsrabatt“). 4 Vgl. hierzu oben 4. Kap. C. I.2., S. 91 f.

A. Erkenntnisverfahren als Ausgangspunkt für die Erledigungserklärung

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2. Zuständigkeit für die Auslegung liegt beim Prozessgericht Zuständig für die Auslegung der Erklärungen kann nur das zur Entscheidung berufene Gericht in eben jenem Verfahren sein, in welchem diese abgegeben werden. Erklären die Parteien im Erkenntnisverfahren den Rechtsstreit übereinstimmend für erledigt, ist es Sache des Prozessgerichts – ob nun in erster oder in zweiter Instanz – dort die Erklärungen auszulegen. Im nachfolgenden Vollstreckungsverfahren kann das Vollstreckungsgericht eine Auslegung dieser Erklärungen aus dem Erkenntnisverfahren nicht vornehmen. Schließlich ist es in seiner Funktion als Vollstreckungsgericht zur Entscheidung in der Hauptsache – unabhängig davon, ob es auch im Erkenntnisverfahren zu entscheiden hatte, was dann der Fall ist, wenn die Erledigung erstinstanzlich erklärt wird – nicht berufen. Den Umfang der Erledigungserklärungen zu beurteilen ist mithin nur Sache des Prozessgerichts in seiner Funktion als solches und nur im Erkenntnisverfahren. Zu einer abweichenden Auslegung der Erklärungen kann es zwar nur kommen, wenn Vollstreckungs- und Prozessgericht auseinanderfallen, was nur der Fall ist, wenn die Erledigung erst in zweiter Instanz erklärt wird und das Prozessgericht mithin das Berufungsgericht ist, während das Vollstreckungsgericht das Prozessgericht des ersten Rechtszuges ist, welches eine Auslegung der Erklärungen gerade nicht vorgenommen hat. In diesem Fall aber kann das Vollstreckungsgericht nicht eine eigene Auslegung der Erklärungen vornehmen. Vielmehr müssen die Parteien  – entsprechend der Praxis bei einem unwirksamen gerichtlichen Vergleich, welcher das Verfahren ebenfalls nicht beendet – die bloß teilweise Erledigungserklärung im Erkenntnisverfahren selbst geltend machen und eine Fortsetzung des Verfahrens und Entscheidung über den restlichen noch rechtshängigen Teil  des Streitgegenstands beantragen.5 Tun die Parteien dies nicht und akzeptieren die vom Prozessgericht vorgenommene Auslegung ihrer Erklärungen, muss sich auch das Vollstreckungsgericht an das Ergebnis dieser Auslegung halten und dieses akzeptieren.6 3. Gefahr von widersprüchlichen Ergebnissen bei erneuter Auslegung der Erledigungserklärungen durch das Vollstreckungsgericht Würde man dem Vollstreckungsgericht als solchem im Vollstreckungsverfahren eine selbständige Auslegung der Erklärungen der Parteien aus dem Erkenntnisverfahren gestatten, bestünde zudem in gewissen Konstellationen auch die Gefahr 5

Vgl. Stöber, in: Zöller, ZPO, § 794 Rn. 15a. Eine Zurückverweisung durch das Vollstreckungsgericht, wie sie Ruess, NJW 2004, 485, 488, vorschlägt, ist nicht möglich. Das Vollstreckungsgericht kann im Rahmen des Ordnungsmittelverfahrens den Rechtsstreit in der Hauptsache nicht an das Prozessgericht zurückverweisen. Schließlich entscheidet das Vollstreckungsgericht nur über die Festsetzung von Ordnungsmitteln und gerade nicht wie im Erkenntnisverfahren über die Hauptsache. 6

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6. Kap.: Unterlassungsansprüche und Beschränkung der Erledigungserklärung

widersprüchlicher Ergebnisse. Jedenfalls wenn die Erledigung im Erkenntnisverfahren erst in zweiter Instanz eintritt, ist es das Berufungsgericht, welches die Auslegung vorzunehmen hat, während das Vollstreckungsgericht das Prozessgericht erster Instanz ist und mithin eine andere Bewertung der Umstände vornehmen könnte. Und dann bestünde auch die Gefahr widersprüchlicher Ergebnisse: Die Annahme einer vollständigen übereinstimmenden Erledigungserklärung im Erkenntnisverfahren hätte den Fortfall des zuvor erlassenen Titels zur Folge. Damit würde es nach der hier vertretenen Lösung für die Festsetzung eines Ordnungsmittels am Vorliegen eines Titels als Grundvoraussetzung der Zwangsvoll­streckung fehlen. Bei Annahme einer beschränkt abgegebenen Erledigungserklärung im Ordnungsmittelverfahren würde dort jedoch ein Titel als noch vorliegend angenommen und ein Ordnungsmittel noch festgesetzt werden. Problematisch daran ist insbesondere, dass dann ein Titel als Grundlage für die Vollstreckung dienen würde, dessen Rechtmäßigkeit trotz des gegen den Titel gerichteten Angriffs des Schuldners in keinem gerichtlichen Verfahren mehr überprüft werden kann. Schließlich kann das Vollstreckungsgericht im Ordnungsmittelverfahren keine Entscheidung über den nach seiner Auslegung noch anhängigen Rest des Streitgegenstands im Erkenntnisverfahren treffen; dafür ist das Voll­ streckungs­gericht schlicht nicht zuständig. Und auch im Erkenntnisverfahren wird wegen des dort angenommenen Abschlusses des Verfahrens ebenfalls eine Überprüfung nicht mehr erfolgen. Die Gefahr dieser widersprüchlichen Ergebnisse wird auch nicht dadurch behoben, dass die Parteien im Erkenntnisverfahren die Fortsetzung desselben mangels vollständiger Erledigung des Rechtsstreits beantragen können. Einerseits ist ein solcher Antrag zur Disposition der Parteien gestellt, so dass eine Fortsetzung und damit eine Überprüfung des Titels nicht in jedem Fall gewährleistet ist. Und andererseits kann das Prozessgericht auch trotz Fortsetzung der mündlichen Verhandlung bei seiner ursprünglichen Auslegung der Erklärungen im Zeitpunkt von deren Abgabe bleiben. Damit bleibt die Gefahr sich widersprechender Ergebnisse in Erkenntnis- und Vollstreckungsverfahren und damit zugleich die Gefahr von Zweifeln sowohl am Umfang der Erledigung als auch an der Wirksamkeit des zunächst erlassenen Titels. 4. Entgegenstehendes Interesse des Beklagten Darüber hinaus ist zu beachten, dass bei unterschiedlichen Auslegungen der Erklärungen durch das voneinander verschiedene Prozess- und Vollstreckungsgericht die Interessen der beklagten Partei nicht hinreichend gewahrt werden. Aufgrund des gegen den Titel gerichteten Angriffs im Erkenntnisverfahren  – Einspruch, Widerspruch oder Berufung – besteht für die beklagte Partei grundsätzlich die Möglichkeit, dem Titel noch im Erkenntnisverfahren mit Wirkung ex tunc seine Wirksamkeit zu entziehen. Ein solcher Fortfall tritt ein, wenn das Erkennt-

A. Erkenntnisverfahren als Ausgangspunkt für die Erledigungserklärung

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nisverfahren zu Ende geführt wird und das Prozessgericht zu dem Schluss kommt, dass der Titel anfänglich zu Unrecht erlassen wurde; dann wird er mit Wirkung ex tunc aufgehoben. Ebenfalls mit Wirkung ex tunc entfällt der Titel, wenn die­ Parteien nach Fortsetzung des Erkenntnisverfahrens übereinstimmend vollständig die Erledigung erklären. Daher wird der Unterlassungsschuldner auf die Überprüfung nur verzichten und sich einer Erledigungserklärung anschließen, wenn er davon ausgehen kann, dass dadurch auch tatsächlich der zunächst erlassene Titel entfällt. Dieser dem Schuldner gewährte Schutz vor der Wirksamkeit eines gerichtlich nicht mehr überprüften Titels würde aber ad absurdum geführt, wenn das Vollstreckungsgericht eine eigene Auslegung der Erledigungserklärungen vornehmen könnte und dadurch zu dem Ergebnis eines fortbestehenden Titels käme, ohne dass dessen Rechtmäßigkeit in einem gerichtlichen Verfahren abschließend überprüft worden wäre.

II. Schlussfolgerung und Ausblick Damit ist festzuhalten, dass die Weichen für die Ordnungsmittelfestsetzung nach Erledigung eines Unterlassungsanspruchs bereits und ausschließlich im Erkenntnisverfahren gestellt werden. Schon hier ist es daher erforderlich, dass sich die Parteien und auch das Gericht prozessual richtig verhalten. Daher stellt sich die Frage, in welcher Art und Weise die Parteien im Erkenntnisverfahren ihre Erledigungserklärungen beschränken können, insbesondere wie eine solche Beschränkung in zeitlicher Hinsicht dogmatisch begründet werden kann. Mit diesem Punkt hat sich der Bundesgerichtshof in keiner Weise auseinandergesetzt. Indem der Bundesgerichtshof lediglich im Vollstreckungsverfahren – unzuständigerweise – die Erledigungserklärungen erneut ausgelegt hat, musste er sich zudem nicht mit den Folgen der Annahme einer solchen beschränkten Erledigungserklärung für das Erkenntnisverfahren beschäftigen. Offen geblieben ist daher auch die Frage, in welcher Form im Erkenntnisverfahren noch eine Entscheidung über den teilweise rechtshängig gebliebenen Streitgegenstand zu treffen ist, wie sich eine solche Entscheidung auf den zunächst erlassenen Titel auswirkt und ob dieser danach noch immer Grundlage für die Vollstreckung wegen zuvor begangener Verstöße sein kann.7

7 Im Ansatz erkennt dies Bornkamm, in: Der Wettbewerbsprozess, Kap. 33 Rn. 40 (S. 609), ohne jedoch eine Antwort auf diese Frage zu finden.

182

6. Kap.: Unterlassungsansprüche und Beschränkung der Erledigungserklärung

B. Zeitliche Beschränkung der Erledigungserklärung Dass eine Erledigungserklärung auch in zeitlicher Hinsicht beschränkt werden kann, hat der Bundesgerichtshof ausdrücklich in seiner Entscheidung aus dem Jahr 2003 angenommen.8 Schon zuvor wurde dieser Lösungsansatz teilweise in Rechtsprechung9 und Literatur10 diskutiert. Nach der eindeutigen Positionierung des Bundesgerichtshofs haben sich weitere Befürworter der Lösung über eine solche zeitliche Beschränkung der Erledigungserklärung gefunden, die auf eine saubere Begründung allerdings regelmäßig verzichten und schlicht auf die Entscheidung des Bundesgerichtshofs verweisen.11 Dogmatischer Ansatzpunkt muss die Teilbarkeit des Streitgegenstands in zeitlicher Hinsicht sein, denn mit der übereinstimmenden Erledigungserklärung lassen die Parteien ihre Anträge fallen und entziehen dem Gericht die Befugnis, über diesen Streitgegenstand noch eine Entscheidung zu treffen. Insoweit endet die Rechtshängigkeit unmittelbar. Erklären die Parteien den Rechtsstreit aber nur teilweise übereinstimmend für erledigt, so entziehen sie dem Gericht nur im Hinblick auf diesen Teil die Befugnis, eine Entscheidung zu treffen. Im Übrigen endet die Rechthängigkeit nicht und das Gericht ist weiterhin zur Entscheidung über den restlichen Teil des Streitgegenstands berufen. Eine solche Aufteilung ist bei „vertikaler“12 Teilerledigung, also insbesondere bei objektiver Klagehäufung oder auch bezifferten Leistungsbegehren, unproblematisch möglich.13 Bei Unterlassungsansprüchen hingegen handelt es sich um einheitliche Ansprüche, die keinen bezifferbaren Anspruch zum Gegenstand haben, der sich teilweise erledigen kann. Solche Ansprüche weisen vielmehr eine zeitliche Dimension auf und stellen damit „horizontale“,14 also zeitlich gestreckte Leistungsbegehren dar. 8 BGH, Beschluss vom 23.10.2003 – 1 ZB 45/02, BGHZ 156, 335, 344 („Euro-Einführungs­ rabatt“). 9 OLG Hamm, Beschluss vom 18.04.1989 – 4 W 117/89, WRP 1990, 423, 424 f.; KG, Beschluss vom 31.07.1998  – 5 W 4012/98, NJW-RR 1999, 790, 791. Vgl. OLG Düsseldorf,­ Beschluss vom 11.01.2001 – 20 W 78/00, GRUR-RR 2002, 151, 151 f. („Hartnäckige Zuwiderhandlung“); OLG Düsseldorf, Beschluss vom 29.10.2002 – 20 W 34/02, GRUR-RR 2003, 127, 128 f. („Euro-Service II“). 10 Münzberg, WRP 1990, 425, 426; Ulrich, WRP 1992, 147, 149; Melullis, GRUR 1993, 241, 244; Hees, GRUR 1999, 128, 130; Melullis, Wettbewerbsprozess, Rn.  956; Brehm, in: Stein/Jonas, ZPO, § 890 Rn. 29. Vgl. F. Bernreuther, GRUR 2001, 400, 401; Fritzsche, Unterlassungsanspruch und Unterlassungsklage, § 17 IV.2.a) (S. 667 f.); Grosch, Rechtswandel und Rechtskraft bei Unterlassungsurteilen, § 12 II.2.b) (S. 134). 11 Lindacher, in: Münchener Kommentar ZPO, § 91a Rn.  40; Bork, in: Stein/Jonas, ZPO, § 91a Rn. 24; Vollkommer, in: Zöller, ZPO, § 91a Rn. 53; Lackmann, in: Musielak, ZPO, § 91a Rn.  18; Teplitzky, Wettbewerbsrechtliche Ansprüche, Kap.  57 Rn.  38 (S.  1104 f.). Teplitzky, LMK 2004, 53, 54, erkennt immerhin, dass „für die Rechtsdogmatik auch noch die eine oder andere Frage offen“ bleibt. 12 Vollkommer, in: Zöller, ZPO, § 91a Rn. 53. 13 Vgl. hierzu schon oben 4. Kap. C.III., S. 117 f. 14 Vollkommer, in: Zöller, ZPO, § 91a Rn. 53.

B. Zeitliche Beschränkung der Erledigungserklärung

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Bei diesen ist fraglich, ob sich der Streitgegenstand dergestalt zeitlich teilen lässt, dass der eine Teil für erledigt erklärt werden kann, während ein anderer rechtshängig bleibt und das Gericht über diesen noch eine abschließende Entscheidung trifft. Nur wenn eine solche Teilbarkeit bejaht werden kann, ist die in zeitlicher Hinsicht beschränkte Abgabe einer Erledigungserklärung und mit dieser ein teilweises Fortbestehen der Rechtshängigkeit parallel zu deren teilweisem Fortfall möglich.

I. Der Streitgegenstand Der Streitgegenstand ist ein Begriff des Prozessrechts, wenngleich eine konkrete Definition in der ZPO nicht vorhanden ist. Jedoch kann § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO heran­gezogen werden, wonach eine Klageschrift die bestimmte Angabe des Gegenstandes und des Grundes des erhobenen Anspruchs sowie einen bestimmten Antrag enthalten muss. Diese Voraussetzungen umgrenzen den Begriff des Streitgegenstandes, der insoweit mit der herrschenden Meinung zweigliedrig zu bestimmen ist und sich aus dem Klageantrag und dem Klagegrund, mithin dem zu seiner Begründung vorgetragenen Lebenssachverhalt zusammensetzt.15 Dabei bestimmt der Klageantrag den Streitgegenstand,16 insbesondere im Hinblick auf dessen Umfang. Nur über das Beantragte kann das Gericht nach § 308 Abs. 1 ZPO auch entscheiden. Da der Antrag des Klägers stets auf die von ihm begehrte Rechtsfolge gerichtet ist, welche aus dem vorgetragenen Lebenssachverhalt abgeleitet wird, entscheidet das Gericht letztlich über die Berechtigung dieser Rechtsfolgenbehauptung.17 Dies ist der prozessuale Anspruch, der nicht auf einer einzelnen materiellrechtlichen Anspruchsgrundlage beruht, sondern sich vielmehr aus allen möglichen materiellrechtlichen Ansprüchen zusammensetzt.18 15 BGH, Urteil vom 19.12.1991  – IX ZR 96/91, BGHZ 117, 1, 5; BGH, Urteil vom 03.04.2003 – I ZR 1/01, BGHZ 154, 342, 347 f.; BGH, Urteil vom 24.05.2012 – IX ZR 168/11, NJW 2012, 2180, 2182; Saenger, in: Saenger, ZPO, Einführung Rn.  109; Becker-Eberhard, in: Münchener Kommentar ZPO, Vor §§ 253 ff. Rn.  32; Rosenberg/Schwab/Gottwald, Zivil­ prozessrecht, § 99 Rn.  1 (S.  545); Zeiss/Schreiber, Zivilprozessrecht, Rn.  311; W. Lüke, Zivilprozessrecht, § 14 Rn.  162; Habscheid, Der Streitgegenstand im Zivilprozess, S.  205;­ Habscheid, in: FS Schwab, S. 181, 187; v. Ungern-Sternberg, GRUR 2009, 901, 903. Vgl. dazu auch oben 4. Kap. C.II.2.f)aa)., S. 105 ff. 16 BGH, Urteil vom 19.12.1991  – IX ZR 96/91, BGHZ 117, 1, 5; BGH, Urteil vom 23.02.2006  – I ZR 272/02, NJW-RR 2006, 1118, 1120 („Markenparfümverkäufe“); BGH,­ Beschluss vom 24.03.2011 – I ZR 108/09, BGHZ 189, 56, 58; Rosenberg/Schwab/Gottwald, Zivilprozessrecht, § 92 Rn. 13 (S. 507). 17 Vollkommer, in: Zöller, ZPO, Einleitung Rn. 63; Rosenberg/Schwab/Gottwald, Zivilprozessrecht, § 92 Rn. 23 (S. 508). Vgl. BGH, Urteil vom 28.09.2006 – IX ZR 136/05, NJW 2007, 78, 79; BGH, Urteil vom 08.05.2007 – XI ZR 278/06, NJW 2007, 2560, 2561. 18 BGH, Urteil vom 09.02.1953 – VI ZR 249/52, NJW 1953, 663, 664; BGH, Urteil vom 19.12.1991 – IX ZR 96/91, BGHZ 117, 1, 5; BGH, Urteil vom 08.05.2007 – XI ZR 278/06, NJW 2007, 2560, 2561; Vollkommer, in: Zöller, ZPO, Einleitung Rn. 63; Rosenberg/Schwab/ Gottwald, Zivilprozessrecht, § 92 Rn. 26 (S. 509).

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6. Kap.: Unterlassungsansprüche und Beschränkung der Erledigungserklärung

1. Besonderheiten des Streitgegenstands bei Unterlassungsansprüchen Grundsätzlich gilt diese allgemeine Streitgegenstandslehre auch für die Geltendmachung von Unterlassungsansprüchen.19 Allerdings gilt es dort Besonderheiten beim Klagegrund zu beachten. Einerseits beschränkt sich der Streitgegenstand einer Unterlassungsklage in den Fällen, in denen dem Kläger hinsichtlich des­ selben Gegenstands mehrere Schutzrechte zustehen, auf die Rechtsverletzungen, auf die er sich beruft und hinsichtlich welcher er zum Lebenssachverhalt vorgetragen hat.20 Ebenso gilt dies bei wettbewerbsrechtlichen Unterlassungsansprüchen, bei denen sich der Streitgegenstand grundsätzlich auf die vom Kläger umschriebene Verletzungsform beschränkt und wo grundsätzlich eine Streitgegenstandsänderung vorliegt, wenn der Kläger die Verletzungsform abwandelt.21 Andererseits ist aber zu beachten, dass der Streitgegenstand bei wettbewerbsrechtlichen Unterlassungsansprüchen nicht nur die im Tenor des stattgebenden Urteils beschriebenen Verhaltensweisen umfasst. Vielmehr sind auch solche Verletzungshandlungen darin enthalten, die keine Abwandlung darstellen, sondern im Kern der geltend gemachten Handlung entsprechen, weil gewisse Charakteristika der konkret gegenständlichen Verletzungsform wiederholt werden.22 Für die hier zu untersuchende Frage der Teilbarkeit des Streitgegenstands in zeitlicher Hinsicht kommt es aber weniger auf den zugrundeliegenden Lebenssachverhalt und die konkreten Verletzungsformen der begehrten Unterlassung und mehr auf den Klageantrag und die daraus zu ziehenden Schlüsse an. 2. Besonderheiten des Streitgegenstands bei einstweiligen Verfügungen Bei einstweiligen Verfügungen ist der Streitgegenstand ebenfalls bestimmt durch das Klagebegehren, welches sich allerdings nicht auf endgültigen Zuspruch der begehrten Rechtsfolge, sondern auf die einstweilige Sicherung derselben richtet.23 Damit ist der Streitgegenstand von demjenigen des Hauptverfahrens verschieden, 19 BGH, Urteil vom 23.02.2006 – I ZR 272/02, NJW-RR 2006, 1118 1120 („Markenparfümverkäufe“); BGH, Urteil vom 07.12.2006 – I ZR 166/03, NJW-RR 2007, 1522, 1523. 20 Becker-Eberhard, in: Münchener Kommentar ZPO, Vor §§ 253 ff. Rn. 48 m. w. N. 21 BGH, Urteil vom 29.06.2006 – I ZR 253/03, BGHZ 168, 179, 184 f. 22 Vgl. hierzu ausführlich Fritzsche, Unterlassungsanspruch und Unterlassungsklage, § 8 V.3. (S.  223 ff.); auch Jestaedt, in: Der Wettbewerbsprozess, Kap.  22 Rn.  35 (S.  415 f.). Zur Kerntheorie ausführlich Kramer, Der richterliche Unterlassungstitel, S.  17 ff., 35 ff., 51 ff. 23 BGH, Beschluss vom 23.10.2003 – 1 ZB 45/02, BGHZ 156, 335, 344 f. („Euro-Einführungsrabatt“); Walker, in: Schuschke/Walker, Vollstreckung, Vor § 916–945 Rn. 15; Drescher, in: Münchener Kommentar ZPO, Vor §§ 916 ff. Rn. 13; Vollkommer, in: Zöller, ZPO, Vor § 916 Rn. 5; Berger, in: Einstweiliger Rechtsschutz im Zivilrecht, Kap. 2 Rn. 25 (S. 95).

B. Zeitliche Beschränkung der Erledigungserklärung

185

so dass dieses und das Verfahren der einstweiligen Verfügung ohne weiteres nebeneinander geführt werden können und § 261 Abs. 3 Nr. 1 ZPO nicht entgegensteht.

II. Teilbarkeit des Streitgegenstands in zeitlicher Hinsicht Dass eine Erledigungserklärung bei Unterlassungsansprüchen als Fall „partieller Streitgegenstandserledigung“24 auch zeitlich beschränkt abgegeben werden kann, wird mittlerweile verbreitet angenommen.25 Was aber regelmäßig fehlt, ist die nähere Auseinandersetzung mit der Frage, wie sich die Möglichkeit einer solchen zeitlichen Beschränkung im Hinblick auf den Streitgegenstand begründen lässt. Ansatzpunkt hierfür muss der dem Rechtsstreit zugrunde liegende materiellrechtliche Unterlassungsanspruch sein, denn die Teilbarkeit des Antrags ist regelmäßig ebenso wenig ein Problem wie die Teilbarkeit des zugrundeliegenden Lebenssachverhalts in einzelne Zeitabschnitte. Schließlich kann jeder Antrag auf eine Unterlassung in einem datumsmäßig und damit auch vom Lebenssachverhalt her begrenzten Zeitraum beschränkt werden. Hinsichtlich der Teilbarkeit des Streitgegenstands steht damit nur die Teilbarkeit sämtlicher dem Unterlassungsbegehren zugrundeliegender materiellrechtlicher Unterlassungsansprüche in Frage, auf denen der prozessuale Anspruch des Unterlassungsgläubigers beruht. 1. Zeitbezug von Unterlassungsansprüchen als Ausgangspunkt Jeder Unterlassungsanspruch hat einen „dynamischen Zeitbezug“.26 Anders als beispielsweise bei auf Zahlung gerichteten Leistungsklagen steht der Umfang des vor Gericht geltend zu machenden Unterlassungsanspruchs nicht von vornherein fest. Dieser Anspruch ist nicht bereits in der Vergangenheit abschließend entstanden und wird nunmehr in seinem feststehenden Umfang eingeklagt. Vielmehr ist das Begehren des Unterlassungsgläubigers auf die Zukunft gerichtet und der Lebenssachverhalt, auf dem der Anspruch beruht, bei dessen gerichtlicher Geltendmachung gerade noch nicht abgeschlossen. 24

Lindacher, in: Münchener Kommentar ZPO, § 91a Rn. 117. OLG Hamm, Beschluss vom 18.04.1989  – 4 W 117/89, WRP 1990, 423, 424 f.; OLG Hamm, Beschluss vom 28.10.1999 – 4 W 2/99, WRP 2000, 413, 415 f.; KG, Beschluss vom 31.07.1998  – 5 W 4012/98, NJW-RR 1999, 790, 791. Brehm, in: Stein/Jonas, ZPO, § 890 Rn. 29; Lindacher, in: Münchener Kommentar ZPO, § 91a Rn. 40, 117; Teplitzky, Wettbewerbsrechtliche Ansprüche, Kap. 57 Rn. 38 (S. 1105); Melullis, Wettbewerbsprozess, Rn. 957, 958; Melullis, GRUR 1993, 241, 244; Hees, GRUR 1999, 128, 130; Nieder, WRP 1999, 583, 585; Bernreuther, GRUR 2001, 400, 401; Schumann, in: FG Vollkommer, S. 155, 190. 26 Grosch, Rechtswandel und Rechtskraft bei Unterlassungsurteilen, § 12 I.2.b) (S. 135). 25

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6. Kap.: Unterlassungsansprüche und Beschränkung der Erledigungserklärung

Der dynamische Zeitbezug liegt aber auch darin begründet, dass sich Unterlassungsansprüche während eines laufenden Verfahrens fortwährend für die Vergangenheit erledigen, nämlich stets mit Ablauf eines jeden zeitlichen Rahmens, mag man diesen nach Minuten, Stunden oder auch Tagen oder Wochen bemessen. Dabei handelt es sich um eine Erledigung in Form der Erfüllung, wenn der Titel beachtet wird, oder in Form der Unmöglichkeit, wenn der Schuldner ihm zuwiderhandelt.27 Im Regelfall hat diese fortwährende Erledigung aber keine Auswirkung auf den Rechtsstreit, da das Gericht nur über das Bestehen des Anspruchs im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung entscheidet und dem Unterlassungsbegehren dann auch nur für die Zukunft stattgibt.28 Dabei trifft das Gericht regelmäßig keine Aussage darüber, ob der Anspruch auch in der Vergangenheit bestand, sich aber durch Zeitablauf erledigt hat. Anders ist dies allerdings dann, wenn explizit auch eine Entscheidung über das Bestehen des Unterlassungsanspruchs in der Vergangenheit begehrt wird, wie dies beispielsweise bei einseitig gebliebenen Erledigungserklärungen und in gewisser Weise auch bei der hier zu untersuchenden zeitlich beschränkten Erledigungserklärung nach vorangegangenem Titelerlass der Fall ist. Eine große Rolle spielt der zeitliche Faktor von Unterlassungsansprüchen auch für das Vollstreckungsverfahren nach § 890 ZPO. Hier ist es – anders als bei der Vollstreckung titulierter Ansprüche nach allgemeinen Regeln gem. §§ 802a ff. ZPO – durchaus relevant, ab welchem Zeitpunkt der Unterlassungsanspruch tituliert wurde.29 Denn nur für Zuwiderhandlungen nach Titulierung ist überhaupt die Festsetzung eines Ordnungsmittels möglich. Der Zeitbezug von Unterlassungsansprüchen ist auch der Grund dafür, dass bei normaler Anwendung der Erledigungsdogmatik auf Unterlassungsansprüche keine gerechten Ergebnisse erzielt werden können. Das Institut der Erledigung ist „zeitblind“.30 Daher bedarf es einer Lösung, welche den Unterlassungsansprüchen innewohnenden zeitlichen Faktor miteinbezieht. Dies ist bei einer zeitlichen Beschränkung der Erledigungserklärung gegeben. Dass eine solche möglich ist, wird nachfolgend aufgezeigt. 2. Teilbarkeit von Unterlassungsansprüchen in zeitlicher Hinsicht Aufgrund des jedem Unterlassungsanspruch immanent innewohnenden Zeit­ bezugs lassen sich diese Ansprüche in Zeitabschnitte aufteilen und sind damit in zeitlicher Hinsicht teilbar. Daher ist im Ergebnis auch die Abgabe einer zeitlich beschränkten Erledigungserklärung für einen gewissen Zeitraum beziehungsweise ab einem gewissen Zeitpunkt für die Zukunft möglich. 27

Voss, Zwangsvollstreckung aus Unterlassungstiteln, S. 84. Borck, WRP 1994, 656, 658. 29 Vgl. Grosch, Rechtswandel und Rechtskraft bei Unterlassungsurteilen, § 12 I.2.b) (S. 135). 30 Grosch, Rechtswandel und Rechtskraft bei Unterlassungsurteilen, § 12 I.2.b) (S. 135). 28

B. Zeitliche Beschränkung der Erledigungserklärung

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a) Teilbarkeit wegen der Möglichkeit anfänglich beschränkter Geltendmachung Die zeitliche Teilbarkeit von Unterlassungsansprüchen ergibt sich schon daraus, dass diese von Anfang an auf einen gewissen Zeitraum beschränkt gerichtlich geltend gemacht werden können. Wenn eine solche anfängliche Geltendmachung möglich ist, ist kein Grund ersichtlich, warum nicht auch während eines laufenden Verfahrens ein zunächst umfassend geltend gemachter Anspruch nachträglich auf einen gewissen Zeitraum beschränkt werden können soll. Dass eine zeitlich begrenzte Geltendmachung von Unterlassungsansprüchen von Beginn an möglich ist, ist unbestritten. Dies gilt einmal für solche Ansprüche, die von vornherein einer zeitlichen Begrenzung unterliegen, wie beispielsweise befristete Schutzrechte.31 Begehrt der Unterlassungsgläubiger bei solchen die Unterlassung für den gesamten Zeitraum der Schutzrechtsdauer, werden diese Ansprüche zwar in vollem Umfang geltend gemacht, da mit Ablauf des Schutzrechts ein Unterlassungsanspruch nicht mehr besteht. Dennoch äußert sich die zeitliche Teilbarkeit auch hier im Ansatz darin, dass eine datumsmäßige Begrenzung in den Antrag aufgenommen ist. Dies gilt auch in Wettbewerbssachen, wo die Begehung einer wettbewerbswidrigen Handlung oft nur während eines bestimmten, abgrenzbaren Zeitraumes droht, beispielsweise während der Dauer einer Messe und bei Durchführung von Räumungs- und Schlussverkäufen.32 In diesem Fall besteht der Unterlassungsanspruch ebenfalls nur während der Dauer der Veranstaltung, da es danach an der Begehungs- oder Wiederholungsgefahr fehlt, so dass auch hier der Anspruch umfassend geltend gemacht wird und sich der zeitliche Bezug lediglich in der datumsmäßigen Beschränkung des Antrags äußert. Deutlicher wird die Möglichkeit der zeitlich beschränkten Geltendmachung allerdings bei denjenigen Unterlassungsansprüchen, die grundsätzlich kein Ablaufdatum haben und zunächst ohne eine zeitliche Beschränkung bestehen. Hier hat der Unterlassungsgläubiger die Möglichkeit, schon anfänglich Unterlassung nur für einen gewissen Zeitraum – quasi als Teilklage – zu begehren, auch wenn der Anspruch darüber hinausgehend materiellrechtlich weiter fortbesteht. Ein Interesse des Unterlassungsgläubigers an einer solchen zeitlich begrenzten Geltendmachung kann beispielsweise darin begründet sein, dass er ein persönliches Bedürfnis an der Unterlassung nur für diesen Zeitraum besitzt und es ihm während der restlichen Zeit egal ist, ob der Unterlassungsschuldner gegen den Unterlassungsanspruch verstößt oder nicht. Weiter ist es möglich, dass dem Unterlassungsschuldner für einen gewissen Zeitraum oder ab einem gewissen Zeitpunkt Einwendungen gegen den Unterlassungsanspruch zustehen.33 Weil der Unterlassungsschuldner seine Einwendungen voraussichtlich vor Gericht erheben wird, kann der ­Unterlassungsgläubiger 31

Vgl. dazu schon oben 4. Kap. E.II., S. 128 f. Ulrich, WRP 1992, 147, 149. 33 Ulrich, WRP 1992, 147, 149, 150 f. 32

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6. Kap.: Unterlassungsansprüche und Beschränkung der Erledigungserklärung

die gerichtliche Geltendmachung seines Anspruchs bereits anfänglich auf den Zeitraum beschränken, in welchem sein Unterlassungsanspruch einredefrei besteht, um nicht in weitergehendem Umfang zu unterliegen. Wenn der Unterlassungsgläubiger mithin die Möglichkeit hat, seinen Unterlassungsanspruch schon anfänglich nur für einen gewissen Zeitraum geltend zu machen, muss auch nachträglich in einem Verfahren, in dem ein Unterlassungsanspruch zunächst vollumfänglich geltend gemacht wurde, eine Beschränkung des Unterlassungsanspruchs in zeitlicher Hinsicht möglich sein.34 Es ist kein prozessrechtlicher Grund ersichtlich, warum eine solche Teilbarkeit des Unterlassungsanspruchs während des gerichtlichen Verfahrens ausgeschlossen sein sollte. Eine solche nachträgliche Beschränkung kann in Form der teilweisen Klagerücknahme nach § 269 ZPO oder eben der teilweisen, in zeitlicher Hinsicht beschränkten Erledigungserklärung umgesetzt werden. b) Teilbarkeit wegen des Charakters von Unterlassungsansprüchen als Dauerschuldverhältnisse Die zeitliche Teilbarkeit von Unterlassungsansprüchen ergibt sich weiter auch aus deren Charakter als Dauerschuldverhältnisse.35 Denn die Leistungspflicht des Schuldners in Form der Unterlassung erstreckt sich über einen andauernden Zeitraum hinweg, auch wenn die Verpflichtung zeitlichen Begrenzungen unterliegen kann.36 Die in einem Dauerschuldverhältnis geschuldeten Leistungen lassen sich stets in einzelne Zeitabschnitte einteilen.37 Werden sie fortwährend erfüllt, handelt es sich um Erfüllung in jedem dieser Zeitabschnitte.38 Beispielhaft genannt seien hier Unterhaltszahlungen, welche monatlich geschuldet werden. Aber auch ein Unterlassen als in jedem Moment geschuldetes Verhalten lässt sich stets in einzelne Zeitabschnitte einteilen. Die Abgrenzung mag hier schwerer fallen, da die Unterlassungspflicht in der Regel nicht monatsweise, tageweise oder stundenweise entsteht. Anders als bei aktiven Leistungspflichten in Dauerschuldverhältnissen wie den beispielhaft genannten Unterhaltszahlungen, die zwar dauerhaft aber in jedem Zeitabschnitt nur einmal fällig sind, sind Unterlassungspflichten regelmäßig während des gesamten Zeitraums fällig und ihnen ist ununterbrochen nachzukommen. Daher sind die teilbaren Zeitabschnitte bei Unterlassungsansprüchen sehr viel freier 34 Vgl. dazu die Schlussfolgerung von Ahrens, in: Der Wettbewerbsprozess, Kap. 36 Rn. 140 (S. 694). 35 OLG Hamm, Beschluss vom 18.04.1989 – 4 W 117/89, WRP 1990, 423, 424. Vgl. Melullis, GRUR 1993, 241, 244. 36 OLG Hamm, Beschluss vom 18.04.1989 – 4 W 117/89, WRP 1990, 423, 424. 37 Vgl. Melullis, GRUR 1993, 241, 244. 38 Vgl. Melullis, GRUR 1993, 241, 244.

B. Zeitliche Beschränkung der Erledigungserklärung

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bestimmbar als bei aktiven Leistungspflichten im Dauerschuldverhältnis. Bei Unterlassungsansprüchen können daher insbesondere Änderungen in den tatsächlichen Verhältnissen – beispielsweise der Eintritt eines erledigenden Ereignisses – Ansatzpunkt für die Aufteilung des Anspruchs in einzelne Zeitabschnitte sein.39 c) Teilbarkeit wegen § 890 ZPO Ein Rückschluss auf die zeitliche Teilbarkeit von Unterlassungsansprüchen lässt sich auch daraus ziehen, dass grundsätzlich die Möglichkeit besteht, für jeden Verstoß gegen eine dauerhaft bestehende Unterlassungspflicht ein eigenständiges Ordnungsmittelverfahren nach § 890 ZPO zu führen.40 Damit liegt § 890 ZPO selbst die Möglichkeit einer Aufteilung des materiellrechtlichen Unterlassungsanspruchs in die  – meist unterschiedlich bemessenen  – Zeitabschnitte von einer Verletzungshandlung zur nächsten zugrunde. Diese Aufteilung deutet darauf hin, dass die Möglichkeit einer zeitlichen Teilbarkeit generell besteht. Warum eine Aufteilung nicht auch in anderen zeitlichen Abschnitten vorgenommen werden sollte, ist nicht ersichtlich. d) Teilbarkeit des Unterlassungsanspruchs i. S. v. § 301 ZPO Jedenfalls aber ist eine Teilbarkeit von Unterlassungsansprüchen in zeitlicher Hinsicht anzunehmen, wenn die Voraussetzungen für den Erlass eines Teilurteils nach § 301 ZPO vorliegen. Wenn ein solches ergehen kann, dann muss auch die geschuldete Leistung teilbar sein.41 Dies ist bei Unterlassungsansprüchen der Fall. Voraussetzungen eines Teilurteils nach § 301 ZPO sind Teilbarkeit, Entscheidungsreife und Unabhängigkeit der zu treffenden Entscheidung von der den Rest betreffenden Entscheidung im Schlussurteil. Für die vorliegend zu untersuchende Frage der zeitlichen Teilbarkeit von Unterlassungsansprüchen im Hinblick auf die Abgabe einer beschränkten Erledigungserklärung kann es aber allein auf die Voraussetzung der Teilbarkeit ankommen. Die – stets nach den Umständen des Einzelfalles zu beurteilende – Entscheidungsreife und Unabhängigkeit der zu treffenden Entscheidung müssen nicht vorliegen, da es nach teilweise übereinstimmender Erledigungserklärung nicht um die Frage der Zulässigkeit eines Teilurteils geht. Auch wenn das Gericht über den zunächst umfassend geltend gemachten Unterlassungsanspruch nach teilweiser Erledigungserklärung unterschiedlich, nämlich teils streitig und teils nach § 91a ZPO entscheidet, handelt es sich doch stets um nur eine Entscheidung, die in einem einheitlichen Urteil ergeht. Auf die Unabhängigkeit zu einer weiteren Entscheidung muss mithin nicht geachtet werden. Ent 39

Vgl. dazu sogleich 6. Kap. B.II.3., S. 191. Melullis, GRUR 1993, 241, 244. 41 Vgl. Ulrich, WRP 1992, 147, 149. 40

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6. Kap.: Unterlassungsansprüche und Beschränkung der Erledigungserklärung

scheidungsreife hingegen wird bei Erlass des Urteils nach teilweise übereinstimmender Erledigungserklärung stets vorliegen, da dieses erst ergeht, wenn auch die streitige Entscheidung abschließend getroffen werden kann. Im Rahmen der Teilbarkeit nach § 301 Abs. 1 ZPO wird angenommen, dass eine solche grundsätzlich sowohl betragsmäßig, gegenständlich oder auch nach Zeitabschnitten vorgenommen werden kann.42 Ein Unterlassungsbegehren ist auch nicht eo ipso unteilbar;43 vielmehr ist Teilbarkeit immer dann gegeben, wenn sich der Rechtsstreit in voneinander abgrenzbare Teile zerlegen lässt.44 Dies ist nicht nur bei objektiver Klagehäufung und damit beim Vorliegen mehrerer Streitgegenstände der Fall. Vielmehr weist der Wortlaut von § 301 Abs. 1 Satz 1 ZPO ausdrücklich darauf hin, dass ein Teilurteil auch über einen „Teil eines Anspruchs“ ergehen kann. Daher ist Teilbarkeit grundsätzlich hinsichtlich abgrenzbarer Teile eines einheitlichen Streitgegenstandes möglich.45 Bei der Geltendmachung eines Unterlassungsanspruchs liegt ein einheitlicher Streitgegenstand in diesem Sinne vor. Bei einem einheitlichen Streitgegenstand ist von einer Teilbarkeit auszugehen, wenn sich ein Teil desselben so eindeutig individualisieren und hinreichend bestimmt vom Rest abgrenzen lässt, dass er einer gesonderten tatsächlichen und rechtlichen Würdigung zugänglich ist.46 Bei Unterlassungsansprüchen und der Frage nach deren zeitlicher Teilbarkeit kann von einer solchen Individualisierung und Abgrenzung ausgegangen werden, wenn sich die voneinander abzugrenzenden Zeiträume ganz genau bestimmen lassen. Dies ist insbesondere durch Datumsoder auch Zeitangaben möglich. Dann kann das Gericht ohne weiteres prüfen, ob die Voraussetzungen eines Unterlassungsanspruchs in diesem eindeutig benannten Zeitraum vorliegen. Die Bejahung oder Verneinung eines Unterlassungsanspruchs für diesen Zeitraum durch das Gericht ist auch unabhängig von dem Vorliegen des Unterlassungsanspruchs in dem davor oder auch danach liegenden Zeitraum. Der Unterlassungsanspruch hängt allein vom Vorliegen sämtlicher Voraussetzungen in dem benannten Zeitraum ab. Somit lassen sich bei Unterlassungsbegehren Zeiträume hinreichend genau abstecken und individualisieren. Von einer Teilbarkeit des Unterlassungsanspruchs in zeitlicher Hinsicht ist daher auszugehen. 42 Rensen, in: Wieczorek/Schütze, ZPO, § 301 Rn. 15; Vollkommer, in: Zöller, ZPO, § 301 Rn. 4; Thole, in: Prütting/Gehrlein, ZPO, § 301 Rn. 6. 43 Thole, in: Prütting/Gehrlein, ZPO, § 301 Rn. 7. 44 Rensen, in: Wieczorek/Schütze, ZPO, § 301 Rn. 11; Musielak, in: Musielak, ZPO, § 301 Rn. 3a. 45 Vollkommer, in: Zöller, ZPO, § 301 Rn. 4; Rensen, in: Wieczorek/Schütze, ZPO, § 301 Rn. 15; Musielak, in: Musielak, ZPO, § 301 Rn. 5; Thole, in: Prütting/Gehrlein, ZPO, § 301 Rn. 1. 46 Rensen, in: Wieczorek/Schütze, ZPO, § 301 Rn. 15; Leipold, in: Stein/Jonas, ZPO, § 301 Rn. 10; Musielak, in: Musielak, ZPO, § 301 Rn. 5; Musielak, in: Münchener Kommentar ZPO, § 301 Rn. 6; Vollkommer, in: Zöller, ZPO, § 301 Rn. 3; Saenger, in: Saenger, ZPO, § 301 Rn. 2. Vgl. BGH, Urteil vom 01.03.1999 – II ZR 305/97, NJW 1999, 1638, 1638; BGH, Urteil vom 17.02.1999 – X ZR 101/97, NJW 2000, 137, 138; BGH, Urteil vom 11.01.2012 – XII ZR 40/10, NJW 2012, 844, 844; Thole, in: Prütting/Gehrlein, ZPO, § 301 Rn. 6.

B. Zeitliche Beschränkung der Erledigungserklärung

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3. Erledigendes Ereignis als Zeitpunkt für die Teilung Die Möglichkeit der Aufteilung des Anspruchs muss auch für den hier untersuchten Fall gelten, dass sich ein Unterlassungsanspruch während eines laufenden Verfahrens erledigt. Dann markiert das erledigende Ereignis den Zeitpunkt für die zeitliche Teilung. Ab hier wird der Unterlassungsanspruch für die Zukunft für erledigt erklärt, während das Unterlassungsbegehren für die Zeit davor weiter aufrechterhalten wird. Damit markiert das erledigende Ereignis den Zeitpunkt, bis zu welchem ein Unterlassungsbegehren, das zunächst umfänglich geltend gemacht wurde, nach Ansicht des Unterlassungsgläubigers begründet war und ab welchem es – insoweit herrscht Einigkeit zwischen den Parteien – in der Zukunft nicht mehr begründet ist, da es nunmehr am Vorliegen sämtlicher Voraussetzungen des in Betracht kommenden Unterlassungsanspruchs fehlt. Auf den ersten Teil wird die vom Gericht zu treffende streitige Entscheidung beschränkt. Hinsichtlich des restlichen Teils kann eine Billigkeitsentscheidung nach § 91a ZPO getroffen werden, die sich am Ergebnis der streitigen Entscheidung orientieren wird. Zwar liegt damit der Teil  des Anspruchs, der noch geltend gemacht wird, in der Vergangenheit. Jedoch wird der Anspruch allein durch die Erledigung für die Zukunft in seinem Bestand für den vergangenen Zeitraum nicht berührt.47 Denn das Unterlassungsbegehren wird nicht allein wegen des im Verfahren eingetretenen Zeitablaufs rückwirkend unbegründet.48 Zwar richtet sich die zu treffende Entscheidung grundsätzlich nur auf das Bestehen des Anspruchs in der Zukunft. Da im Hinblick auf den Unterlassungsanspruch für die Vergangenheit aber bereits ein Titel in der Welt ist, der ab seinem Erlass das Bestehen einer Unterlassungspflicht statuiert, muss das tatsächliche Bestehen eines solchen Anspruchs und damit die Rechtmäßigkeit des erlassenen Titels nachträglich auch für die Vergangenheit vom Gericht noch nachgeprüft werden können.49 Die Parteien haben es daher frei in der Hand zu erklären, für welche Zeitspanne die Unterlassungsverpflichtung erledigt sein soll.50 Das erledigende Ereignis markiert aber insoweit einen sinnvollen Zeitpunkt, zu welchem eine zeitliche Teilbarkeit des Unterlassungsanspruchs vorgenommen werden kann.

47

Münzberg, WRP 1990, 425, 425; Melullis, GRUR 1993, 241, 243. Melullis, GRUR 1993, 241, 244. 49 Vgl. hierzu sogleich 6. Kap. C., S. 192 ff. 50 OLG Hamm, Beschluss vom 18.04.1989 – 4 W 117/89, WRP 1990, 423, 424; Münzberg, WRP 1990, 425, 426. 48

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6. Kap.: Unterlassungsansprüche und Beschränkung der Erledigungserklärung

III. Ergebnis und Ausblick Es kann festgehalten werden, dass materiellrechtliche Unterlassungsansprüche in zeitlicher Hinsicht teilbar sind; dies gilt dann auch für den darauf beruhenden Streitgegenstand bei der gerichtlichen Geltendmachung von Unterlassungsansprüchen. Damit ist der Weg für eine zeitlich beschränkte Erledigungserklärung ab dem Zeitpunkt der Erledigung für die Zukunft frei. Welche Folgen sich allerdings aus einer solchen Beschränkung für den Rechtsstreit ergeben, wird nachfolgend zu untersuchen sein.

C. Auswirkungen der beschränkten Erledigungserklärung auf den Rechtsstreit Wird eine Erledigungserklärung im Erkenntnisverfahren beschränkt und nur mit Wirkung für die Zukunft abgegeben, folgt daraus in bestimmten Konstellationen, dass ein Rest des Streitgegenstandes in diesem Verfahren anhängig bleibt, über den dann noch streitig entschieden werden muss. Generell entscheidet das Gericht über das Bestehen des geltend gemachten Anspruchs im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung.51 Besteht der Anspruch, spricht das Gericht diesen dem Gläubiger zu, bei Unterlassungsansprüchen mithin grundsätzlich ab dem Zeitpunkt der Entscheidung für die Zukunft. Ob der Anspruch bereits vorher, beispielsweise im Zeitpunkt der Klageerhebung bestand, wird vom Gericht im Regelfall nicht geprüft. Daher ist bei Eintritt der Erledigung vor der mündlichen Verhandlung der Rechtsstreit regelmäßig im Ganzen erledigt. Eine zeitliche Beschränkung der Erledigungserklärung ist dann weder erforderlich noch zweckdienlich, da das Gericht ohnehin nur über das Bestehen des Anspruchs im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung entscheidet. Einer streitigen Entscheidung über das Bestehen des Anspruchs bis zur Erledigung bedarf es nicht mehr. An der mit einer solchen Entscheidung einhergehenden Feststellung seines Anspruchs für die Vergangenheit hätte der Unterlassungsgläubiger auch kein begründetes Interesse. Ein solcher Ausspruch würde lediglich zur Inkriminierung des gegnerischen Verhaltens führen, woraus der Unterlassungsgläubiger aber keinerlei Rechtsfolgen herleiten könnte.

51

Ständige Rspr., vgl. nur BGH, Urteil vom 05.07.1995  – KZR 15/94, NJW-RR 1995, 1340, 1341 („Sesamstraße-Aufnäher“). Rosenberg/Schwab/Gottwald, Zivilprozessrecht, § 132 Rn.  38 (S.  759); Leipold, in: Stein/Jonas, ZPO, § 300 Rn.  19, 21; Vollkommer, in: Z ­ öller, ZPO, § 300 Rn.  3; Assmann, in: Erlanger FS Schwab, S.  179, 180; Deubner, JuS 1962, 205, 205; S ­ tuckert, Die Erledigung in der Rechtsmittelinstanz, S. 19; Ulrich, GRUR 1982, 14, 14. 

C. Auswirkungen der beschränkten Erledigungserklärung auf den Rechtsstreit

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Anders ist die Situation allerdings dann, wenn das Unterlassungsbegehren bereits tituliert wurde. In diesem Fall macht eine Beschränkung der Erledigungserklärung und mit dieser einhergehend die fortbestehende Rechtshängigkeit eines Teils des Streitgegenstands durchaus Sinn. Mit dem Titel ist das Bestehen des Unterlassungsanspruchs zu einem Zeitpunkt, der vor der letzten mündlichen Verhandlung liegt, bereits mit Wirkung für die Zukunft positiv ausgesprochen worden. Diese Titulierung des Anspruchs erweitert den Prüfungsumfang des Gerichts in zeitlicher Hinsicht. Relevant ist dann nicht mehr nur, ob der Anspruch im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung bestand, sondern auch ob der ursprüngliche Titel zu Recht erlassen wurde. Dies beinhaltet die Frage, ob der Anspruch auch im Zeitpunkt der ersten Entscheidung schon bestand. Ausdruck findet dieser erweiterte Prüfungsumfang darin, dass das Gericht bei seiner Entscheidung generell nicht einen zweiten positiven Ausspruch über den Anspruch trifft, sondern den bereits erlassenen Titel aufhebt, bestätigt oder abändert. Geben die Parteien darauf hin nur eine teilweise übereinstimmende Erledigungserklärung ab dem erledigenden Ereignis und nur für die Zukunft ab, stimmen sie darin überein, dass der Anspruch im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung nicht mehr besteht. Im Hinblick auf den Zeitraum zwischen Titulierung und dem erledigenden Ereignis steht das Bestehen eines Unterlassungsanspruchs zwischen den Parteien aber weiterhin in Streit. Daher muss das Gericht dann noch eine Entscheidung darüber treffen, ob der Titel ursprünglich zu Recht erlassen wurde und ihn in Folge dieser Entscheidung bis zum Zeitpunkt der Erledigung aufheben, bestätigen oder abändern.

I. Ausrichtung des noch rechtshängigen Begehrens Das Begehren des Unterlassungsgläubigers ist im Falle eines bereits titulierten und anschließend vom Unterlassungsschuldner angegriffenen Anspruchs regelmäßig auf die Bestätigung des Titels gerichtet. So ergibt sich im Falle eines Versäumnisurteils aus § 343 Satz 1 ZPO, dass das klägerische Begehren darauf gerichtet ist, dieses aufrechtzuerhalten. Bei einer erlassenen einstweiligen Verfügung lässt sich aus §§ 936, 925 ZPO der Rückschluss ziehen, dass der Antragsteller nach Widerspruch eine Bestätigung der einstweiligen Verfügung erreichen will. Und im Falle einer gegen ein erstinstanzliches Urteil eingelegten Berufung richtet sich das Interesse des Unterlassungsklägers und Berufungsbeklagten darauf, dass die Berufung zurückgewiesen wird. Damit soll das erstinstanzliche Urteil aufrechterhalten und somit ebenfalls bestätigt werden. Erledigt sich nunmehr nach Titelerlass und Angriff gegen diesen Titel das Unterlassungsbegehren und geben die Parteien daraufhin eine auf die Zeit ab dem erledigenden Ereignis für die Zukunft beschränkte übereinstimmende Erledigungserklärung ab, ist das Begehren des Unterlassungsgläubigers noch immer auf die Bestätigung des Titels gerichtet, allerdings nur noch für den Zeitraum zwischen

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6. Kap.: Unterlassungsansprüche und Beschränkung der Erledigungserklärung

­Titelerlass und erledigendem Ereignis. An der Bestätigung des Titels für diesen Zeitraum, obgleich bereits restlos verstrichen, hat der Unterlassungsgläubiger auch ein nachvollziehbares Interesse. Aufgrund der Besonderheit der Unterlassungsvollstreckung nach § 890 ZPO kann er nur so einen für die nachfolgende Vollstreckung erforderlichen wirksamen Titel erhalten und auch nach materiellrechtlicher Erledigung des Unterlassungsanspruchs die Festsetzung von Ordnungsmitteln beantragen.

II. Direkte Auswirkung auf den bereits erlassenen Titel Die übereinstimmende Erledigungserklärung hat unmittelbare Auswirkung auf den bereits erlassenen Titel, der analog § 269 Abs. 3 Satz 1 HS 2 ZPO automatisch und ex tunc seine Wirksamkeit verliert, ohne dass es einer Handlung des Gerichts oder eines Ausspruchs darüber bedürfte. Dies muss in beschränktem Umfang auch für eine übereinstimmende, aber zeitlich beschränkte Erledigungserklärung gelten. Soweit die Parteien ab einem bestimmten Zeitpunkt übereinstimmend für die Zukunft den Rechtsstreit für erledigt erklären, verliert der Titel automatisch ab diesem Zeitpunkt seine Wirksamkeit für die Zukunft. Für die Zeit davor bleibt er allerdings in der Welt und – jedenfalls zunächst – wirksam. Ob diese Wirksamkeit auch fortbestehen kann, hängt von der vom Gericht noch zu treffenden streitigen Entscheidung ab. Kommt das Gericht zu dem Ergebnis, dass das Unterlassungsbegehren bis zum Zeitpunkt der Erledigung begründet war, der Titel also ursprünglich rechtmäßig erlassen wurde, muss das Gericht den Titel in diesem Umfang bestätigen. Insoweit behält dieser dann auch bis zum erledigenden Ereignis weiterhin seine Wirksamkeit.

III. Tenor der streitigen Entscheidung War das Unterlassungsbegehren bis zum Zeitpunkt der Erledigung begründet und behält der Titel insoweit seine Wirksamkeit, muss dies auch im Tenor der vom Gericht abschließend zu treffenden Entscheidung Berücksichtigung finden. Gleichzeitig muss auch deutlich werden, dass das Gericht die Rechtmäßigkeit des ursprünglich geltend gemachten und titulierten Anspruchs nicht mehr vollständig, sondern nur noch für einen gewissen Zeitraum überprüft hat. Zur Klarstellung sollte überdies die Unwirksamkeit des Titels ab dem Zeitpunkt der Erledigung Eingang in den Tenor finden.

C. Auswirkungen der beschränkten Erledigungserklärung auf den Rechtsstreit

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1. Tenor der Entscheidung nach Einspruch gegen ein Versäumnisurteil Bei zeitlich beschränkter Erledigungserklärung nach Einspruch gegen ein zuvor erlassenes, dem klägerischen Begehren voll stattgebendes Versäumnisurteil sollte der Tenor grundsätzlich wie folgt lauten: „Das Versäumnisurteil vom … wird für die Zeit bis zum … aufrechterhalten.“52

Aus diesem Tenor ergibt sich schon, dass das Versäumnisurteil für die Zeit nach dem erledigenden Ereignis nicht aufrechterhalten wird. Daraus lässt sich der Rückschluss ziehen, dass es insoweit keine Wirkung mehr entfaltet, so dass eine Klarstellung nicht zwingend erforderlich ist. Dennoch ist ein deklaratorischer Ausspruch zur Wirkungslosigkeit im Übrigen analog § 269 Abs. 3 Satz 1 HS 2, Abs. 4 ZPO zweckmäßig. Der Tenor zur Hauptsache sollte daher klarstellend wie folgt lauten: „Das Versäumnisurteil vom … wird für die Zeit bis zum … aufrechterhalten. Im Übrigen ist es wirkungslos.“

2. Tenor der Entscheidung nach Widerspruch gegen eine einstweilige Verfügung Bei zeitlich beschränkter Erledigungserklärung nach Widerspruch gegen eine zuvor erlassene, dem Begehren des Antragstellers voll entsprechende einstweilige Verfügung ergibt sich schon aus §§ 936, 925 Abs. 2 ZPO, dass auch eine nur teilweise Bestätigung des Titels möglich ist. Der Tenor dieser Entscheidung sollte grundsätzlich wie folgt lauten: „Die einstweilige Verfügung vom … wird für die Zeit bis zum … bestätigt.“53

Ebenso wie bei der Bestätigung eines Versäumnisurteils für einen bestimmten Zeitraum ist auch bei der einstweiligen Verfügung ein deklaratorischer Ausspruch der Wirkungslosigkeit nicht zwingend erforderlich, da der Zeitraum, für welchen die einstweilige Verfügung bestätigt wird, sich schon eindeutig aus dem Tenor ergibt. Im Umkehrschluss ist damit ebenfalls klar, dass der Titel im Übrigen keine Wirksamkeit mehr hat. Dennoch wird auch hier zur Klarstellung dafür plädiert, den Tenor der streitigen Entscheidung mit einem deklaratorischen Zusatz zu versehen. Der Tenor sollte daher lauten: „Die einstweilige Verfügung vom … wird für die Zeit bis zum … bestätigt. Im Übrigen ist sie wirkungslos.“

52 Vgl. zu einer teilweisen Aufrechterhaltung des Versäumnisurteils Prütting, in: Münchener Kommentar ZPO, § 343 Rn. 14, 19; Pukall, in: Saenger, ZPO, § 343 Rn. 7. 53 Vgl. Bernreuther, GRUR 2001, 400, 401.

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6. Kap.: Unterlassungsansprüche und Beschränkung der Erledigungserklärung

3. Tenor nach Berufung gegen ein erstinstanzliches Urteil Bei zeitlich beschränkter Erledigungserklärung in der Berufungsinstanz gegen ein dem Unterlassungsbegehren stattgebendes erstinstanzliches Urteil ist die Tenorierung problematischer. Kommt das Berufungsgericht – unabhängig von einer in der Berufungsinstanz etwaig eingetretenen Erledigung – zu dem Ergebnis, dass das erstinstanzliche Urteil rechtmäßig war, ergeht kein positiv bestätigender Ausspruch im Hinblick auf das erstinstanzliche Urteil. Vielmehr wird die Berufung schlicht zurückgewiesen. Tritt nun die Situation ein, dass sich der Rechtsstreit in der Berufungsinstanz in zeitlicher Hinsicht teilweise erledigt, bedarf es in Bezug auf den Teil, hinsichtlich dessen die Berufung in der letzten mündlichen Verhandlung gerade nicht zurückgewiesen, sondern ihr stattgegeben werden müsste, grundsätzlich keines Ausspruchs des Gerichts mehr. Insoweit entfällt der Titel automatisch analog § 269 Abs. 3 Satz 1 HS 2 ZPO. Im Hinblick auf den zwischen dem erstinstanzlichen Urteil und der Erledigung selbst liegenden Teil muss das Gericht hingegen noch eine Prüfung vornehmen. Stellt es bei dieser fest, dass das Urteil rechtmäßig war, wäre die Berufung insoweit eigentlich schlicht zurückzuweisen. Da nur noch dieser Teil des Streitgegenstands rechtshängig ist, wäre damit die Berufung im Ganzen zurückzuweisen. Dies würde aber zu einem Tenor führen, der suggeriert, dass das erstinstanzliche Urteil auch im Ganzen noch wirksam ist. Anders als in den eben dargestellten Situationen bei Versäumnisurteil und einstweiliger Verfügung handelt es sich hier bei der Zurückweisung der Berufung um einen negativ formulierten Tenor, der den erlassenen Titel nicht positiv bestätigt, so dass eine Einschränkung in Bezug auf den Umfang des erstinstanzlichen Urteils nicht vorgenommen werden kann. In dieser Konstellation ist daher ein klarstellender Ausspruch zur Wirkungslosigkeit des erstinstanzlichen Urteils analog § 269 Abs. 3 Satz 1 HS 2, Abs. 4 ZPO zwingend erforderlich. Anderenfalls ist nirgends ersichtlich, dass der ursprüngliche Titel seine Wirksamkeit ab dem erledigenden Ereignis eingebüßt hat. Daher ist wie folgt zu tenorieren: „Die Berufung wird zurückgewiesen. Ab dem … ist das Urteil des Amtsgerichts/Land­ gerichts … vom … wirkungslos.“

IV. Folgen für die Vollstreckung nach § 890 ZPO Für § 890 ZPO und das notwendige Erfordernis eines wirksamen Titels im Zeitpunkt der Vollstreckung bedeutet die zeitliche Beschränkung der übereinstimmenden Erledigungserklärung, dass der ursprüngliche Titel von seinem Erlass bis zum erledigenden Ereignis wirksam und in der Welt bleibt. Auch wenn er aufgrund übereinstimmender Erledigungserklärung teilweise seine Wirksamkeit analog § 269 Abs. 3 Satz 1 HS 2 ZPO verliert, behält er sie im Übrigen und kann damit

D. Kritik

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Grundlage für eine Vollstreckung sein. Verstöße zwischen Erlass und erledigendem Ereignis können geahndet werden. Das im ursprünglichen Titel positiv ausgesprochene Unterlassungsgebot bleibt bis zum Zeitpunkt der Erledigung für die Vergangenheit bestehen und der Titel wirksam, soweit er das Verbot bis zu diesem Zeitpunkt tituliert. Die zweite Entscheidung bestätigt dann die ursprüngliche Titulierung als zu einem Zeitpunkt rechtmäßig, als die Verpflichtung zum titulierten Unterlassen noch bestand. Der Vollstreckung aus dem ursprünglichen Titel stehen dann auch nicht die §§ 775, 776 ZPO entgegen, die zwar zwingend sind, aber auch nur im Umfang der Aufhebung des Titels gelten.54 Mit Aufrechterhaltung des Titels für die Vergangenheit liegen die Voraussetzungen der §§ 775, 776 ZPO bei einer Vollstreckung im Zeitraum zwischen Titelerlass und erledigendem Ereignis aber schon nicht vor, so dass diese einer Vollstreckung auch nicht entgegenstehen können.

D. Kritik An der Lösung des aufgeworfenen Problems über eine zeitlich beschränkte Erledigungserklärung wird teilweise Kritik geübt. Bei genauerer Betrachtung erweist sich diese aber als haltlos.

I. Zeitpunkt des erledigenden Ereignisses Kritisiert wird teilweise, dass die Feststellung, ab welchem Zeitpunkt der Rechtsstreit für erledigt zu erklären sei, nicht immer einfach sei. So sei die Situation vorstellbar, in der dem Unterlassungsgläubiger nicht bekannt sei, wann der erste oder der letzte Verstoß begangen wurde. Der Gläubiger müsse aber Kenntnis von sämtlichen Zuwiderhandlungen haben, um den richtigen Zeitpunkt für die Erledigungserklärung zu „treffen“.55 Dem kann allerdings entgegengehalten werden, dass eine Kenntnis sämtlicher Zuwiderhandlungen im Erkenntnisverfahren noch gar nicht erforderlich ist. Erst im Vollstreckungsverfahren nach § 890 ZPO bedarf es der Benennung der einzelnen Verstöße gegen den Titel. Auch ist es für das Erkenntnisverfahren nicht von Relevanz, wann der erste oder der letzte Verstoß begangen wurden. Es genügt, dass der Unterlassungsgläubiger Kenntnis vom Zeitpunkt des erledigenden Ereignisses hat und seine Erledigungserklärung auf die Zeit ab diesem für die Zukunft beschränken kann. Auch wenn anschließend noch Zuwiderhandlungen stattgefun­ enntnis den haben, von denen der Unterlassungsgläubiger gegebenenfalls keine K 54

Münzberg, WRP 1990, 425, 425. Voss, Zwangsvollstreckung aus Unterlassungstiteln, S. 84.

55

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6. Kap.: Unterlassungsansprüche und Beschränkung der Erledigungserklärung

hatte, schadet dies nicht. Solche Handlungen nach materiellrechtlicher Erledigung des Unterlassungsanspruchs sind ohnehin keine zu ahndenden Verstöße, da ein Unterlassungsanspruch zu diesem Zeitpunkt aufgrund der Erledigung ja gerade nicht mehr besteht.

II. Zeitpunkt des Titelfortfalls Weiter wird kritisiert, dass in den Fällen, in denen die Erledigungserklärungen der Parteien auszulegen sind und die Erledigungsentscheidung keine Klarheit schaffe, offen bleibe, ab welchem Zeitpunkt für erledigt erklärt wurde; damit sei auch unklar, ab welchem Zeitpunkt der Titel entfallen sei.56 Diese Kritik richtet sich gegen die Entscheidung des Bundesgerichtshofs57 und die dort erst im Vollstreckungsverfahren vorgenommene Auslegung der Erledigungserklärungen aus dem Erkenntnisverfahren. Insoweit ist die Kritik auch durchaus begründet, da sich aus der gerichtlichen Entscheidung im dortigen Erkenntnisverfahren gerade nicht ergab, inwiefern die Erledigungserklärung beschränkt sei und bis zu welchem Zeitpunkt der Titel seine Wirksamkeit behalten sollte. Diese Problematik besteht aber nicht bei richtiger Handhabung der beschränkten Erledigungserklärung schon im Erkenntnisverfahren.58 Hier soll das Gericht seiner richterlichen Aufklärungspflicht gem. § 139 Abs. 1 ZPO nachkommen, auf richtige Antragstellung hinwirken und dadurch bereits im Erkenntnisverfahren zu einem eindeutigen Ergebnis kommen, welches auch Niederschlag im Tenor finden sollte.59 Bei einer solchen Handhabung und Aufnahme des Zeitpunkts der Erledigung in den Tenor können regelmäßig keine Unklarheiten verbleiben.

III. Besonderheiten des Verfahrens der einstweiligen Verfügung stehen entgegen Der Lösung des Problems der Festsetzung von Ordnungsmitteln nach Erledigung des Unterlassungsanspruchs im Wege der zeitlich beschränkten Erledigungserklärung wird weiter entgegengehalten, dass sie jedenfalls im Verfahren der einstweiligen Verfügung ein nicht gangbarer Weg sei. Mit der Erledigung falle die Dringlichkeit der einstweiligen Verfügung fort und selbige könne nicht nur zur Regelung der Verhältnisse in einem zurückliegenden Zeitraum fortbestehen.60 56

Vgl. Ahrens, in: Der Wettbewerbsprozess, Kap. 66 Rn. 27 (S. 1227). BGH, Beschluss vom 23.10.2003 – 1 ZB 45/02, BGHZ 156, 335 ff. („Euro-Einführungsrabatt“). 58 Dies erkennt auch Ruess, NJW 2004, 485, 488. 59 Vgl. hierzu soeben 6. Kap. C.III., S. 194 ff. 60 Ahrens/Spätgens, UWG-Sachen, Rn. 726; Voss, Zwangsvollstreckung aus Unterlassungstiteln, S. 84. 57

D. Kritik

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Auch diese Kritik kann aber nicht durchgreifen. Nach dem Sicherungszweck des einstweiligen Verfügungsverfahrens kommt es bei Widerspruch gegen die einstweilige Verfügung und anschließender Erledigungserklärung allein für die Zukunft nur noch auf die Sicherung des Anspruchs für die Zeit bis zum Eintritt des erledigenden Ereignisses an. Damit ist nur relevant, ob die einstweilige Verfügung ursprünglich rechtmäßig erlassen wurde, so dass es auch für die Dringlichkeit nur darauf ankommen kann, ob diese in dem noch zu bestätigenden Zeitraum bis zur Erledigung gegeben war.61 Damit besteht die Möglichkeit, einen im einstweiligen Verfügungsverfahren erlassenen Unterlassungstitel für einen Zeitraum in der Vergangenheit zu bestätigen.62 Dies wird auch dem Sinn und Zweck des Verfügungsverfahrens, nämlich der schnellen Sicherung eines Anspruchs, gerecht. Anderenfalls könnte der Unterlassungsschuldner durch Herbeiführung der Erledigung dafür sorgen, dass eine Ahndung bereits begangener Verstöße nicht mehr möglich wäre,63 denn wenn die einstweilige Verfügung nach Widerspruch nicht für die Vergangenheit bestätigt werden kann, muss das Gericht sie aufheben. Damit wäre der ursprüngliche Titel nicht mehr wirksam und könnte keine Grundlage für die Ordnungsmittelfestsetzung mehr sein. Dies würde das Verfahren der einstweiligen Verfügung ad absurdum führen, soll darüber doch kurzfristig effektiver Rechtsschutz erlangt werden, was bei Unterlassungsansprüchen sonst oftmals nicht möglich wäre.

IV. Entgegenstehender Sinn und Zweck der Erledigung Kritik an der Lösung über eine zeitlich beschränkte Erledigungserklärung könnte auch dahingehend geübt werden, dass sie Sinn und Zweck des Instituts der Erledigung zuwider liefe. Dieser liegt neben der Möglichkeit für den Kläger, den Prozess ohne Kostenbelastung zu beenden, jedenfalls auch darin, den Rechtsstreit zügig und ohne streitige Entscheidung des Gerichts zu beenden, schließlich haben die Parteien ein Interesse an einer solchen Entscheidung eigentlich verloren und durch ihre übereinstimmenden Erledigungserklärungen auch zum Ausdruck gebracht.64 Bei einer nur teilweise übereinstimmenden, weil zeitlich beschränkten Erledigungserklärung ist eine streitige Entscheidung des Gerichts noch erforderlich, obgleich der Kläger an einer Entscheidung für die Zukunft sein Interesse verloren und sich der Unterlassungsanspruch für die Vergangenheit durch Zeitablauf erledigt hat. Dies könnte dem Zweck der Erledigung, eine zügige Prozessbeendigung gerade ohne streitige Entscheidung des Gerichts zu erwirken, zuwiderlaufen. 61 BGH, Beschluss vom 23.10.2003  – 1 ZB 45/02, BGHZ 156, 335, 345 („Euro-Einführungsrabatt“). 62 Vollkommer, in: Zöller, ZPO, § 925 Rn. 7. 63 BGH, Beschluss vom 23.10.2003  – 1 ZB 45/02, BGHZ 156, 335, 345 („Euro-Einführungsrabatt“). 64 Vgl. hierzu oben 4. Kap., S. 86 f.

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6. Kap.: Unterlassungsansprüche und Beschränkung der Erledigungserklärung

Hier ist allerdings zu beachten, dass die Parteien das Interesse an einer streitigen Entscheidung nicht vollständig verloren haben. Vielmehr ist die Situation mit derjenigen einer quantitativen Teilerledigung beispielsweise bei Zahlungsansprüchen vergleichbar. Bei diesen ist trotz teilweiser Erfüllung und darauf bezogener teilweiser Erledigungserklärung dennoch über den Grund des gesamten Anspruchs eine Entscheidung erforderlich. Die teilweise Erledigung bezieht sich dort nur auf die Höhe und befreit das Gericht mithin auch nur insoweit von einer abschließenden Prüfung. Dies ist bei der zeitlich beschränkten Erledigungserklärung vom Grundsatz her nicht anders. Hinsichtlich des Unterlassungsanspruchs bedarf es noch einer Entscheidung über den Grund desselben in der Vergangenheit; nur ob dieser ab einem bestimmten Zeitpunkt für die Zukunft besteht, muss vom Gericht nicht mehr entschieden werden. Dies ist mit der Höhe des Anspruchs bei quantitativen Leistungsbegehren vergleichbar. Die Tatsache, dass das Gericht trotz teilweiser Erledigung noch eine Prüfung über den Grund des Anspruchs vornehmen muss, steht einer zeitlich beschränkten Erledigungserklärung dennoch nicht entgegen. Anderenfalls würde man dem achtenswerten Interesse des Klägers, sich ohne Prozessverlust aus dem Verfahren zurückzuziehen, nicht gerecht werden. Da dieses aber der vordergründige Zweck des Instituts der Erledigung ist, muss diesem auch Vorrang vor einer etwaigen Entlastung der Gerichte eingeräumt werden.

E. Zusammenfassung 1. Ob nach materiellrechtlicher Erledigung eines Unterlassungsanspruchs noch Ordnungsmittel verhängt werden können, hängt von der Reaktion des Unterlassungsgläubigers auf die Erledigung im Erkenntnisverfahren ab. 2. Eine zeitliche Beschränkung der Erledigungserklärung im Erkenntnisverfahren ist grundsätzlich möglich; Unterlassungsansprüche können aufgrund ihrer zeitlichen Dimension in einzelne Zeitabschnitte unterteilt werden. 3. Nach zeitlich beschränkter Erledigungserklärung entfällt analog § 269 Abs. 3 Satz 1 HS 2 ZPO der bereits erlassene Titel automatisch mit Wirkung ex tunc ab dem Zeitpunkt der Erledigung. Über den anhängig gebliebenen Rest hat das Gericht eine streitige Entscheidung zu treffen, von deren Ausgang die übrige Wirksamkeit des Titels abhängt. 4. Wird der erste Titel vom Gericht bestätigt, bleibt er wirksam und kann weiterhin Grundlage für die Vollstreckung in Form der Festsetzung von Ordnungsmitteln sein.

Siebtes Kapitel

Zusammenfassung und Schlussbetrachtung „Weil, so schließt er messerscharf, nicht sein k a n n , was nicht sein d a r f .“ Christian Morgenstern1

Der vom Bundesgerichtshof eingeschlagene Lösungsweg im Hinblick auf die Frage nach der Festsetzung von Ordnungsmitteln gem. § 890 ZPO nach Erledigung des zugrundeliegenden Unterlassungsanspruchs ist – bei richtiger Reaktion der Parteien im Laufe des Verfahrens  – nicht nur dogmatisch und systematisch sauber umsetzbar und beachtet die zwingenden Vorgaben des Gesetzes, sondern kommt auch zu gerechten Ergebnissen. Über die Beschränkung der Erledigungserklärung bereits im Erkenntnisverfahren bietet sich den Parteien tatsächlich ein Ausweg aus dem bislang bestehenden dogmatischen Dilemma, ohne dass dem Gerechtigkeitsempfinden widersprechende Ergebnisse erzielt würden. Bei Abgabe einer übereinstimmenden aber zeitlich beschränkten Erledigungserklärung im Erkenntnisverfahren kann auch im nachfolgenden Vollstreckungsverfahren noch ein Ordnungsmittel wegen eines zuvor begangenen Verstoßes festgesetzt werden, denn die Beschränkung der Erledigungserklärung lässt einen bereits erlassenen Titel nur in dem Umfang entfallen, in welchem die Erledigung erklärt wird. Im Übrigen bleibt das Verfahren rechtshängig und der Titel zunächst – jedenfalls bis zur abschließenden Entscheidung des Gerichts über dessen Rechtmäßigkeit – wirksam. Dieser Titel kann mithin noch Grundlage für die Vollstreckung in Form der Festsetzung eines Ordnungsmittels sein. Und auch für den Fall, dass die Erledigungserklärung einseitig bleibt, kann ein Ordnungsmittel wegen eines zuvor begangenen Verstoßes noch festgesetzt werden. Dafür bedarf es nicht einmal einer zeitlichen Beschränkung der Erledigungserklärung. Nach einseitiger Erledigungserklärung bleibt ein zuvor erlassener Titel – sofern das Gericht anschließend die Erledigung feststellt – ebenfalls wirksam. Auch in diesem Fall wird inzident die Rechtmäßigkeit des zunächst erlassenen Titels im Ganzen überprüft. Mit der Lösung über eine zeitlich beschränkte Erledigungserklärung werden die zwingenden Vorgaben des Gesetzes berücksichtigt, das von der ZPO vorgeschriebene Verfahren eingehalten und dabei gerechte Ergebnisse erzielt. Dies 1

Morgenstern, Gedichte: Palmström, Die unmögliche Tatsache, S. 78 f.

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7. Kap.: Zusammenfassung und Schlussbetrachtung

ergibt sich aus einer die Gerechtigkeitserwägungen einbeziehenden Kontrollüberlegung; denn nur so kann auch in den Fällen, in denen sich ein bereits titulierter Unterlassungsanspruch nach einer Zuwiderhandlung gegen die Unterlassungspflicht erledigt hat, noch ein Ordnungsmittel wegen des vorangegangenen Verstoßes festgesetzt werden. Nur so bleiben Zuwiderhandlungen gegen das titulierte Unterlassungsgebot nicht ungeahndet. Dies fördert zugleich die effektive Durchsetzung von Unterlassungsansprüchen, da sich die vorausgehende Androhung der Ordnungsmittel dann nicht als leere Drohung erweist. Es hat sich mithin gezeigt, dass im Hinblick auf das untersuchte Problem der Festsetzung von Ordnungsmitteln nach Erledigung des zugrundeliegenden Unterlassungsanspruchs von dem von der ZPO vorgeschriebenen Verfahren nicht abgewichen werden muss, um zu einem die Parteiinteressen angemessen berücksichtigenden Ergebnis zu kommen. Eine wertungsmäßige Korrektur im Prozessrecht ist also nicht nötig, um eine effektive Durchsetzung der geltend gemachten Ansprüche zu gewährleisten. Vielmehr stellt die ZPO den Parteien die Instrumente zur Verfügung, um bei richtiger Reaktion in jeder Lage des Verfahrens eine gerechte Lösung zu erzielen. Ein Ergebnis „was nicht sein d a r f “,2 kann somit im Prozessrecht schon durch richtiges Verhalten der Parteien vermieden werden. Der hier näher untersuchte Lösungsweg des Bundesgerichtshofs stellt aber in Zukunft in Bezug auf die erforderliche richtige Reaktion der Parteien während des Erkenntnisverfahrens erhöhte Anforderungen an die Anwaltschaft im Hinblick auf das prozesstaktisch klügste Verhalten und die Abwägung, ob eine Erledigungserklärung umfassend oder zeitlich beschränkt abzugeben ist. Zugleich erhöhen sich die Aufklärungs- und Hinweispflichten des Gerichts nach § 139 ZPO im Hinblick auf die Auslegung der Erledigungserklärungen, wenn noch die Festsetzung eines Ordnungsmittels nach § 890 ZPO gewünscht ist.

2 Morgenstern, Gedichte: Palmström, Die unmögliche Tatsache, S. 78 f. Vgl. hierzu Teplitzky, Wettbewerbsrechtliche Ansprüche, Kap. 7 Rn. 4a Fn. 15 (S. 54 f.).

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Sachverzeichnis Berufung  67, 196 Einstweilige Verfügung  49, 68 ff., 115 f., 130, 131 –– Erledigung  115, 130 f. –– Tenor 195 –– Vollziehung  69 f. –– Widerspruch 69 –– Wirksamkeit  69 f. Erkenntnisverfahren  64 ff., 66 ff., 83, 177 ff. –– im einstweiligen Rechtsschutz  68 ff. Erledigendes Ereignis  87 f., 119, 191 –– Zeitpunkt  119 ff., 197 f. Erledigung  87, 125 –– Abgrenzung zur Erledigungserklärung  87 f. –– Arten der Erledigung  89 ff., 125 ff. –– der Hauptsache  109, 113 ff., 117, 121 Erledigungserklärung  87 ff. –– Abgrenzung zur Erledigung  87 f. –– Auslegung  178 ff. –– Zeitpunkt der Abgabe  90, 123, 124 f. Erledigungserklärung, einseitige  88, 92 ff. –– Behandlung  94 ff. –– Rechtsfolgen  116 f., 154 ff. Erledigungserklärung, teilweise  117 ff. –– einseitige Teilerledigung  118 –– horizontale Teilerledigung  117, 182 f. –– Rechtsfolgen  194, 196 f. –– übereinstimmende Teilerledigung  118 –– vertikale Teilerledigung  117, 182 –– zeitliche Beschränkung  182 ff., 186 Erledigungserklärung, übereinstimmende  88, 89 ff. –– Abgabe 90 –– Rechtsfolgen  91 f., 145 ff., 178 Feststellungsinteresse  111 f. Feststellungsklage  104, 106, 110, 114 Klageänderung  105 ff., 107, 163

Klagerücknahme  86, 94, 95 ff., 163 ff. Klageverzicht  97 f. Ordnungsmittel  51 ff., 53 ff. –– Festsetzungsverfahren  83 f., 168 –– Ordnungsgeld  51, 53, 70, 76, 83, 84 –– Ordnungshaft  51, 53, 70, 76, 83 –– Rechtsnatur  54 ff., 133 –– Titelerfordernis  136 ff., 143 –– Vollzugsverfahren 84 Prozessvergleich  49, 50, 66, 90, 132, 135 Rechtskraft  147, 160, 174 Rechtsschutzbedürfnis –– allgemeines  44 ff., 111 –– besonderes  46 f. Streitgegenstand  106, 107, 112, 117, 160, 183 ff. –– bei einstweiligen Verfügungen  184 f. –– bei Unterlassungsansprüchen  184 –– zeitliche Teilbarkeit  185 ff. Teilurteil  189 f. Unterlassung –– Abgrenzung zum Tun  22 –– Befristung  41 f. –– Begriff  21, 23 –– dauerhafte 41 –– einmalige 40 –– Vollstreckung  22, 51 ff., 144, 168 ff. –– wiederkehrende 41 Unterlassungsanspruch  20 ff. –– Abgrenzung zur Unterlassungsklage  31 ff. –– Erledigung  125 ff., 172 f. –– gesetzlicher Unterlassungsanspruch  36 ff. –– Titelfortfall  134 ff. –– Titulierung  49 ff., 71 –– Verstoß  20, 79 f.

Sachverzeichnis –– vertraglicher Unterlassungsanspruch  38 ff. –– Zeitbezug  185 f. –– zeitliche Teilbarkeit  186 ff. Unterlassungserklärung, strafbewehrte  126, 131, 152 Unterlassungsklage  20, 21, 42 ff. –– Abgrenzung zum Unterlassungsanspruch  31 ff. –– geschichtliche Entwicklung  26 ff. –– Klageart  42 ff. –– Voraussetzungen  44 ff. Versäumnisurteil  65, 67, 195 Verschulden  24, 39, 79 f. Vollstreckungsandrohung  74 ff., 76, 80 Vollstreckungsbescheid  65, 67, 72

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Vollstreckungsgegenklage  166, 167, 169 ff. –– Präklusion  173 ff. –– Rechtsschutzbedürfnis  170 ff. Vollstreckungsklausel  49, 72 Vollstreckungsverfahren  64 ff., 70 ff., 73 ff. –– allgemeine Vollstreckungsvorausset­ zungen  71 ff. –– besondere Vollstreckungsvoraussetzungen  73 ff. Wiederholungsgefahr  19, 29, 36, 37, 45, 125 ff., 187 Wirksamkeit des Titels  73, 78, 81 f. Zustellung des Vollstreckungstitels  81 f. Zwischenstreitverfahren  101, 103