Die Durchsetzung von ISDS-Entscheidungen in Deutschland: Unter besonderer Berücksichtigung aktueller Entwicklungen in der EU [1 ed.] 9783428558438, 9783428158430

Die Investitionsschiedsgerichtsbarkeit stellt heute die wichtigste und effektivste Form der Beilegung von Investitionsst

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Die Durchsetzung von ISDS-Entscheidungen in Deutschland: Unter besonderer Berücksichtigung aktueller Entwicklungen in der EU [1 ed.]
 9783428558438, 9783428158430

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Schriften zum Internationalen Recht Band 225

Die Durchsetzung von ISDS-Entscheidungen in Deutschland Unter besonderer Berücksichtigung aktueller Entwicklungen in der EU

Von

Sebastian Bertolini

Duncker & Humblot · Berlin

SEBASTIAN BERTOLINI

Die Durchsetzung von ISDS-Entscheidungen in Deutschland

Schriften zum Internationalen Recht Band 225

Die Durchsetzung von ISDS-Entscheidungen in Deutschland Unter besonderer Berücksichtigung aktueller Entwicklungen in der EU

Von

Sebastian Bertolini

Duncker & Humblot · Berlin

Die Rechtswissenschaftliche Fakultät der Albert-Ludwigs-Universität Freiburg hat diese Arbeit im Jahre 2019 als Dissertation angenommen.

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.

Alle Rechte vorbehalten

© 2019 Duncker & Humblot GmbH, Berlin Satz: 3w+p GmbH, Rimpar Druck: buchbücher.de gmbh, Birkach Printed in Germany

ISSN 0720-7646 ISBN 978-3-428-15843-0 (Print) ISBN 978-3-428-55843-8 (E-Book) ISBN 978-3-428-85843-9 (Print & E-Book) Gedruckt auf alterungsbeständigem (säurefreiem) Papier entsprechend ISO 9706

Internet: http://www.duncker-humblot.de

Meinen Eltern

Vorwort Die vorliegende Arbeit wurde der Rechtswissenschaftlichen Fakultät der AlbertLudwigs-Universität Freiburg im Sommersemester 2019 vorgelegt. Literatur und insbesondere Rechtsprechung konnten für die Veröffentlichung bis Juni 2019 Berücksichtigung finden. An dieser Stelle möchte ich mich für die vielseitige Unterstützung bedanken, die mir im Laufe meiner Promotion zuteilwurde. An erster Stelle gilt mein herzlicher Dank Frau Professorin Dr. Yuanshi Bu, LL.M. (Harvard), die als Betreuerin und Erstkorrektorin stets ein offenes Ohr für meine Fragen hatte und an deren Lehrstuhl ich optimale Bedingungen für die Erstellung dieser Arbeit vorgefunden habe. Ohne den steten, inspirierenden fachlichen Austausch und den mannigfaltigen Rat hätte diese Arbeit in dieser Form nicht entstehen können. Ebenfalls gilt mein Dank Herrn Professor Dr. Hanno Merkt, LL.M. (Univ. of Chicago), für die zeitnahe Erstellung des Zweitgutachtens. Herzlich bedanken möchte ich mich auch bei meinen Freunden und Lehrstuhlkollegen, die in den vielen Mittags- und Kaffeepausen die Schreibarbeit erheblich aufgelockert haben, sowie bei meiner Familie, die mich auf vielfältige Weise begleitet und unterstützt hat. Namentlich nennen möchte ich hier meine Schwester Alexandra Bertolini, die mir an so mancher Stelle die korrekte Verwendung des Konjunktivs anmerkte, sowie meine Ehefrau Anne Bertolini, die mir immer liebevoll den nötigen Rückhalt gegeben hat und auch nicht des Korrekturlesens müde wurde. Mein größter Dank gilt jedoch meinen Eltern Katrin und Dr. Thomas Bertolini, die meine Ausbildung ermöglichten, indem sie mich in meinem Leben stets auf jede erdenkliche Art gefordert und gefördert haben. Ihnen widme ich diese Arbeit. Freiburg, im Juni 2019

Sebastian Bertolini

Inhaltsverzeichnis Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 19 I. Einführung in die Thematik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 19 II. Definition der Grundbegriffe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 23 1. „Durchsetzung“ als Oberbegriff . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 23 2. ISDS . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 25 3. BIT/IIA . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 26 III. Gegenstand und Ziel der Untersuchung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 26 1. Gegenstand . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 26 2. Stand der Forschung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 27 3. Ziel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 29 IV. Gang der Bearbeitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 30

Kapitel 1 Die Anwendung internationaler Abkommen bei der Durchsetzung von ISDS-Entscheidungen

33

A. Multilaterale Abkommen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 33 I. Das New Yorker Übereinkommen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 33 1. Hintergrund . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 33 2. Überblick über den Regelungsinhalt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 36 3. Anwendung des NYÜ auf Staaten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 36 4. Anwendung des NYÜ auf ISDS-Verfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 37 5. Exkurs: Die Theorie vom delokalisierten oder anationalen Schiedsspruch . . . . 39 6. Anwendbarkeit des NYÜ auf die Europäische Union . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 40 a) Durchsetzung von Schiedssprüchen durch die Europäische Union . . . . . . . . 41 b) Durchsetzung von Entscheidungen mit der Europäischen Union als Streitpartei . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 41 7. Verhältnis des NYÜ zu anderen Abkommen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 45 II. Das ICSID-Übereinkommen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 45 1. Das Durchsetzungsregime des ICSID-Übereinkommens . . . . . . . . . . . . . . . . . . 46 2. Durchsetzung von Schiedssprüchen nach den additional facility rules . . . . . . . 48 3. Durchsetzung von ICSID-Schiedssprüchen in Nichtmitgliedstaaten . . . . . . . . . 48 4. Beitritt der EU zum ICSID-Übereinkommen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 48

10

Inhaltsverzeichnis III. Das Europäische Übereinkommen über die internationale Handelsschiedsgerichtsbarkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 50

B. Bilaterale Abkommen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 52 I. Bilaterale Vollstreckungsabkommen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 52 1. Deutsch-belgisches Anerkennungs- und Vollstreckungsabkommen . . . . . . . . . . 52 2. Deutsch-tunesischer Rechtshilfe-, Anerkennungs- und Vollstreckungsvertrag 53 3. Deutsch-amerikanischer Freundschafts-, Handels- und Schifffahrtsvertrag . . . . 54 II. Durchsetzungsklauseln in BITs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 54 1. Deutscher Model-BIT . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 56 2. Einzelne Durchsetzungsklauseln . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 57 a) Die einfachen Durchsetzungsklauseln . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 57 b) Direkter Verweis auf das NYÜ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 62 c) An ICSID angelehnte Durchsetzungsklauseln . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 63 d) Nach Schiedsverfahren differenzierende Klausel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 64 e) Wahlrecht des Investors . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 64 f) Anwendung des Rechts des Gaststaates . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 65 g) Bewertung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 66 C. Investitionsschutzabkommen mit Beteiligung der EU . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 67 I. CETA . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 68 1. Anwendung der ICSID-Regelungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 69 2. Anwendung des NYÜ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 71 3. Fazit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 74 II. EU-Vietnam-Investment Protection Agreement . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 75 III. TTIP . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 77 IV. EU-Singapore Investment Protection Agreement . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 77 V. EU-Mexiko Abkommen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 78 VI. Exkurs: Der geplante Multilaterale Investitionsgerichtshof . . . . . . . . . . . . . . . . . . 79 1. Eingliederung in das ICSID-Regime . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 80 2. Schiedssprüche im Sinne des New Yorker Übereinkommens . . . . . . . . . . . . . . 82 3. Schaffung eines unabhängigen Durchsetzungsmechanismus . . . . . . . . . . . . . . . 83 4. Fazit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 84 D. Energiechartavertrag . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 84 E. Fazit zu Kapitel 1 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 85

Inhaltsverzeichnis

11

Kapitel 2 Das Exequaturverfahren und seine verfahrensrechtlichen Voraussetzungen

87

A. Grundlagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 88 I. Anerkennung und Exequatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 88 II. Das deutsche Recht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 89 B. Maßgeblichkeit des Schiedsorts und des Orts der Durchsetzung . . . . . . . . . . . . . . . . . 91 I. Inländische und ausländische Schiedssprüche . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 91 II. ICSID-Schiedssprüche . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 92 III. Forum Shopping . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 92 C. Antragsgegner . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 93 I. Staaten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 93 II. Investoren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 94 III. Die Europäische Union . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 95 D. Staatenimmunität . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 96 I. ICSID-Schiedssprüche . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 98 II. Ad hoc-Schiedssprüche . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 100 1. Fehlende Immunität aufgrund nichthoheitlichen Handelns . . . . . . . . . . . . . . . . 100 2. Verzicht auf die Jurisdiktionsimmunität . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 102 a) Verzicht in der Schiedsabrede . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 103 aa) Verzicht durch Abschluss der Schiedsabrede . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 104 bb) Expliziter Verzicht in IIAs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 107 cc) Aus dem NYÜ abgeleiteter Verzicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 107 dd) Verzicht in Schiedsabreden mit bestimmtem Wortlaut . . . . . . . . . . . . . . 109 ee) Verzicht durch Sachrechtsvereinbarung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 111 ff) An ICSID angelehnte Klauseln . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 111 gg) Verzicht durch Individualabrede in Investitionsverträgen . . . . . . . . . . . . 112 b) Das UN-Staatenimmunitätsübereinkommen und das Europäische Übereinkommen über Staatenimmunität . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 113 c) Adressat des Verzichts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 115 3. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 116 4. Vorschlag für eine Verzichtsklausel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 116 5. Prüfung des Immunitätsverzichts durch nationale Gerichte . . . . . . . . . . . . . . . . 117 a) Die Entscheidungen des BGH im Fall Walter Bau . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 118 b) Die Ansicht von Raeschke-Kessler . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 118 c) Eigene Ansicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 119 III. Internationale Immunität der Europäischen Union . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 121

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Inhaltsverzeichnis

E. Rechtsschutzbedürfnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 125 I. Anwendbarkeit der deutschen Voraussetzung des Rechtsschutzbedürfnisses . . . . 125 II. Fehlendes Rechtsschutzbedürfnis bei Mangel an nicht-immunen Rechtsgütern

128

F. Exkurs: Das Erfordernis der Binnenbeziehung in der Schweiz . . . . . . . . . . . . . . . . . . 129 G. Fazit zu Kapitel 2 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 131

Kapitel 3 Versagung der Vollstreckbarerklärung

133

A. Grundlagen zu den Versagungsgründen vor nationalen Gerichten . . . . . . . . . . . . . . . . 133 I. Prüfung nach dem New Yorker Übereinkommen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 134 1. Art. V Abs. 1 NYÜ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 135 2. Art. V Abs. 2 NYÜ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 136 a) Verstoß gegen den ordre public . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 136 aa) Der Begriff des ordre public international . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 136 bb) Prüfungsrahmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 139 cc) Völkerrechtliche Verpflichtungen als Grenzen der Anwendung des ordre public bei ISDS-Schiedssprüchen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 142 b) Fehlende Schiedsfähigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 143 II. Prüfung nach dem ICSID-Übereinkommen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 144 1. Grundsätzliche Unbedingtheit der Durchsetzung nach Art. 54 ICSID . . . . . . . . 144 2. Auslegung des Art. 2 Abs. IV InvStreiÜbkG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 146 III. An Art. 54 Abs. 1 ICSID angelehnte Klauseln in IIAs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 147 B. Intra-EU BITs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 149 I. Unvereinbarkeit von Intra-EU BITs mit dem EU-Recht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 150 1. Die Achmea-Entscheidung des EuGH . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 150 a) Unklarheiten als Konsequenz der Achmea-Entscheidung . . . . . . . . . . . . . . . 153 b) Spezifika der Schiedsklausel im Niederlande-Slowakei-BIT . . . . . . . . . . . . 154 c) Ausweitung der Achmea-Entscheidung auf BITs mit Drittstaaten . . . . . . . . 156 d) Auswirkungen der Achmea-Entscheidung auf die Energiecharta . . . . . . . . . 157 e) Auswirkungen der Achmea-Entscheidung auf laufende Verfahren . . . . . . . . 159 f) Auswirkungen auf Verfahren nach Investor-Staat-Verträgen . . . . . . . . . . . . . 160 2. Die Prüfung der Schiedsvereinbarung durch das Exequaturgericht . . . . . . . . . . 161 a) Gerichte der EU-Staaten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 163 aa) Wirksamkeit der Schiedsabrede trotz Unvereinbarkeit des BIT mit EURecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 163 bb) Schiedsabreden vor Beitritt zur EU . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 165 cc) Schiedsabreden nach Beitritt zur EU . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 166

Inhaltsverzeichnis

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dd) Auswirkungen auf ICSID-Schiedssprüche . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 172 ee) Schiedsvereinbarungen in Investor-Staat-Verträgen . . . . . . . . . . . . . . . . 173 b) Gerichte von Drittstaaten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 174 II. Aufgekündigte BITs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 174 1. Kündigungswirkung des Art. 59 WVK . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 175 2. Kündigung durch die Mitgliedstaaten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 179 3. Wirkungen der Kündigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 181 a) Wirkung der Kündigung auf laufende Verfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 181 b) Wirkung der Kündigung auf zukünftige Verfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 182 aa) Sunset Clauses/Survival Clauses . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 182 bb) Beginn des Fristenlaufs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 183 III. Art. V Abs. 1 S. 1 EuÜ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 184 IV. Verneinung der Schiedsfähigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 184 V. Fazit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 185 C. Entgegenstehendes EU-Recht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 186 I. Micula gegen Rumänien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 187 II. Weitere Fallgruppen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 189 1. Weitere beihilferechtliche Fälle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 190 a) Die Solar-Awards . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 190 b) Nissan/Brexit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 191 c) IT-Unternehmen: Apple und Amazon . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 193 2. Wettbewerbsrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 193 3. Diskriminierungsverbot des Art. 18 AEUV . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 194 4. Umweltrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 195 5. Vergaberecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 196 6. Durchsetzungsverbot für Intra-EU BITs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 196 III. Relevanz der Problematik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 197 IV. Ad hoc-Schiedssprüche . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 198 1. Lösungsansatz über den ordre public . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 198 a) Anwendung der Eco Swiss-Rechtsprechung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 198 b) Ersetzung der unionswidrigen Handlung durch die Vollstreckbarerklärung 202 aa) Die Asteris-Rechtsprechung des EuGH oder das Kriterium der Freiwilligkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 203 bb) Das Kriterium der Zurechenbarkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 206 cc) Die Durchsetzung eines Aliuds . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 207 dd) Die Fortsetzung der unionsrechtswidrigen Maßnahme durch die Vollstreckbarerklärung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 207 c) Bestimmung einer EU-Norm als „grundlegend“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 208 d) Ordre public européen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 209 e) Auslegung des ordre public anhand der Ratio des EU-Rechts . . . . . . . . . . . 211

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Inhaltsverzeichnis 2. Lösung über das Rangverhältnis von ISDS und EU-Recht . . . . . . . . . . . . . . . . 213 3. Lösung über die fehlende Schiedsfähigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 214 4. Zwischenfazit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 215 V. ICSID-Schiedssprüche . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 216 1. Ausgangslage . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 216 2. Versagungsgrund aus Art. 54 Abs. 3 ICSID . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 216 3. Ordre public-Vorbehalt aus übergeordneten Erwägungen . . . . . . . . . . . . . . . . . 218 a) Ordre public-Vorbehalt aufgrund Verfassungsrechts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 218 b) Ordre public-Vorbehalt aus der EMRK . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 221 4. Art. 30 WVK . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 222 5. Grundsatz des Vorrangs des Unionsrechts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 224 6. Übertragung der Solange-II und Bosphorus-Rechtsprechung . . . . . . . . . . . . . . 229 a) Einschränkung der Prüfung durch das ISDS-Tribunal . . . . . . . . . . . . . . . . . . 230 b) Übertragung auf das Exequaturverfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 232 aa) Ausnahme vom EU-Recht im Exequaturverfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . 233 bb) Systematic Integration auf Exequaturebene . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 234 7. Zwischenfazit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 234 VI. Fazit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 235

D. Folgen eines Aufhebungsverfahrens im Ausland . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 235 I. Im Ausland aufgehobene Schiedssprüche . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 235 II. Im Ausland bestätigte Schiedssprüche . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 240 E. Fehlende Schiedsfähigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 244 F. Anwendung des § 826 BGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 246 G. Weitere Versagungsgründe unter Anwendung der WVK . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 248 H. Fazit zu Kapitel 3 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 249

Kapitel 4 Das Zwangsvollstreckungsverfahren

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A. Vollstreckungssubjekte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 253 I. Staaten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 253 II. Die Europäische Union . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 254 III. Investoren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 255 B. Vollstreckungsimmunität . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 255 I. Grundlagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 255 1. Abgrenzung zur Jurisdiktionsimmunität . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 255

Inhaltsverzeichnis

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2. Subjektbezogene und objektbezogene Vollstreckungsimmunität . . . . . . . . . . . . 257 a) Abgrenzung der beiden Ansätze . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 257 b) Arten objektbezogener Vollstreckungsimmunität . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 261 3. Die Lehren von der absoluten und der relativen/restriktiven Vollstreckungsimmunität . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 262 a) Ausprägungen der relativen/restriktiven Vollstreckungsimmunität in der Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 264 b) Internationale Abkommen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 265 aa) Restriktive Vollstreckungsimmunität aus Art. 19 UNStImmÜ . . . . . . . . 265 bb) Art. 23 EuStImmÜ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 267 cc) Bewertung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 268 c) Ansicht des BVerfG und Anwendung durch die deutschen Gerichte . . . . . . 268 4. Eigener Standpunkt und Zwischenfazit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 270 II. Vollstreckungsobjekte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 271 1. Diplomatisch genutztes Vermögen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 271 2. Militärisch genutzte Güter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 272 3. Vermögen von Zentralbanken . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 273 4. Gegenstände, die der kulturellen Repräsentation dienen . . . . . . . . . . . . . . . . . . 273 5. Bewertung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 275 III. Anwendung von NYÜ und ICSID-Übereinkommen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 275 1. Vollstreckungsimmunität und NYÜ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 275 2. Gleichlauf zwischen ICSID- und ad hoc-Schiedssprüchen . . . . . . . . . . . . . . . . 276 3. Zwischenfazit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 278 IV. Verzicht auf die Vollstreckungsimmunität . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 278 1. Impliziter Verzicht in der Schiedsabrede . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 279 a) Verzicht durch Abschluss der Schiedsabrede . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 279 b) Verzicht durch Inbezugnahme von speziellen Schiedsregeln . . . . . . . . . . . . . 281 c) Keine Erheblichkeit des Immunitätsverzichts für das Exequaturverfahren 282 d) Impliziter Verzicht auf die Vollstreckungsimmunität im ICSID-Übereinkommen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 283 e) Impliziter Verzicht durch Verpflichtung zur Befolgung eines Schiedsspruches in IIAs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 286 f) Zwischenfazit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 286 2. Verzicht durch Inbezugnahme des NYÜ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 287 3. Expliziter Verzicht in der Schiedsabrede . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 287 a) Expliziter Verzicht in IIAs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 287 b) Expliziter Verzicht in Investor-Staat-Verträgen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 288 4. Akzeptanz des Verzichts durch nationale Gerichte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 289 5. Sonderfall: Verzicht in Bezug auf diplomatisch genutzte Rechtsgüter . . . . . . . 289

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Inhaltsverzeichnis V. Alternative Vorschläge zum Umgang mit der Vollstreckungsimmunität . . . . . . . . 291 1. Berücksichtigung der völkerrechtlichen Verpflichtung zur Erfüllung des Schiedsspruchs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 291 2. Abwägung zwischen staatlichen und privaten Interessen . . . . . . . . . . . . . . . . . . 292 VI. Zusammenfassung zur Vollstreckungsimmunität . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 293

C. Zwangsvollstreckung gegen die Europäische Union . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 294 I. Das Protokoll über Vorrechte und Befreiungen der Europäischen Union . . . . . . . 294 II. Vollstreckungsimmunität für Gegenstände der Europäischen Union . . . . . . . . . . . 295 III. Bilaterale Abkommen der EU mit Drittstaaten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 297 IV. Einzelstaatliche Akte von Drittstaaten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 297 V. Bewertung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 298 D. (Analoge) Anwendung des § 882a ZPO . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 299 I. (Analoge) Anwendung des § 882a Abs. 1 ZPO . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 299 II. (Analoge) Anwendung des § 882a Abs. 2 ZPO . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 301 E. Antragsrecht politischer Behörden auf gerichtliche Prüfung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 302 F. Zwangsvollstreckung aus unionsrechtswidrigen Schiedssprüchen . . . . . . . . . . . . . . . . 303 G. Vorschläge zur Verbesserung des Verfahrens der Zwangsvollstreckung . . . . . . . . . . . . 304 I. Vorschlag einer Konvention zur Vollstreckung gegen Staaten . . . . . . . . . . . . . . . . 304 II. Modellgesetz für die Vollstreckung aus ISDS-Entscheidungen . . . . . . . . . . . . . . . 305 III. Vorschlag eines internationalen Vollstreckungsfonds . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 306 IV. Bewertung der bisher erläuterten Vorschläge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 307 V. Vorschlag einer mehrstufigen Sicherungsklausel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 308 H. Fazit zu Kapitel 4 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 310

Kapitel 5 Maßnahmen im Anschluss an die nationalen Verfahren

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A. Maßnahmen vor deutschen Gerichten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 312 I. Maßnahmen gegen die Exequaturentscheidung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 312 1. Rechtsbeschwerde . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 312 2. Wiederaufnahmeverfahren nach den §§ 578 ff. ZPO . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 313 3. § 826 BGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 315 II. Schadensersatzanspruch gegen den deutschen Staat . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 316 1. Amtspflichtverletzung nach § 839 BGB i.V.m. Art. 34 GG . . . . . . . . . . . . . . . . 316 2. Enteignungsgleicher Eingriff . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 318 B. Maßnahmen vor dem EGMR . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 320

Inhaltsverzeichnis

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C. Einleitung eines erneuten ISDS-Verfahrens . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 322 I. Erneutes Verfahren gegen den Gaststaat . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 322 II. Verfahren gegen den Vollstreckungsstaat . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 326 III. Fazit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 329 D. Exkurs: Alternativen zur Zwangsvollstreckung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 329 I. Investitionsversicherungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 329 II. Verkauf des Schiedsspruches . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 330 III. Post-Award-Vergleich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 331 IV. Diplomatischer Schutz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 332 V. Maßnahmen gegen die Reputation des Gaststaates . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 334 E. Fazit zu Kapitel 5 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 334 Schlussbetrachtung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 336 Literaturverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 339 Verzeichnis zitierter Rechtsprechung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 385 Verzeichnis zitierter Schiedssprüche . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 395 Stichwortverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 398

Einleitung I. Einführung in die Thematik Die Investitionsschiedsgerichtsbarkeit ist ein Streitschlichtungsmechanismus, welcher dazu geschaffen wurde, einem privaten Investor die Durchsetzung seiner Rechte gegenüber einem souveränen Staat vor einem neutralen Forum zu ermöglichen.1 Da aufgrund des Grundsatzes der souveränen Gleichheit der Staaten2 und des Prinzips „par in parem non habet imperium“3 grundsätzlich Staaten nicht übereinander zu Gericht sitzen4, stünde ohne die Investitionsschiedsgerichtsbarkeit ein privater Investor, abgesehen von oftmals nur schwer zu erlangendem diplomatischen Schutz, hilflos da, wenn er sich durch einen Gaststaat in seinen Rechten verletzt sieht. Der Zweck dieser Schiedsgerichte liegt also darin, Recht zu sprechen, wo keine Hilfe durch staatliche Gerichte erwartet werden kann. Die Investitionsschiedsgerichtsbarkeit gilt als Erfolgsgeschichte,5 gewährleistet sie doch offenbar die Waffengleichheit zwischen zwei ungleichen Parteien. Man könnte nun davon ausgehen, dass der Investor mit dem Erlass eines für ihn günstigen Schiedsspruchs sein Ziel erreicht hat, da er durch diesen eine Kompensation für sein erlittenes Unrecht erlangen kann. In den meisten Fällen akzeptieren unterlegene Staaten die gegen sie ergangenen Entscheidungen und kommen ihren Verpflichtungen nach.6 Laut einer Studie aus dem Jahr 2008 wurden etwa 90 % der gegen Staaten oder Staatsunternehmen ge-

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Vgl. Bjorklund, Am. Rev. Int’l Arb. 21 (2010), 211, 214. Vgl. Art. 2 Nr. 1 der Charta der Vereinten Nationen „Die Organisation beruht auf dem Grundsatz der souveränen Gleichheit aller ihrer Mitglieder.“ sowie die Präambel der „Erklärung über Grundsätze des Völkerrechts betreffend freundschaftliche Beziehungen und Zusammenarbeit zwischen den Staaten, A/RES/2625 (XXV) vom 24. 10. 1970. Ney, Sovereign Immunities of States: A German Perspective, 32, 33. 3 „Gleiches hat über Gleiches keine Macht“. 4 BVerfG, NJW 2007, 2605, 2607; Kelsen/R. W. Tucker, Principles of international law, S. 357; T. Stein/Buttlar/Kotzur, Völkerrecht, Rn. 525. 5 Weltweit wurden mittlerweile über 855 ISDS-Verfahren eingeleitet. Siehe United Nations Conference on Trade and Development, World Investment Report 2018 2018, xiii. 6 Saunders/Salomon, Arb. Int’l 2007, 467; van Harten/Loughlin, EJIL 2006, 121, 134; Blackaby et al., Redfern and Hunter on international arbitration, 11.07; Kröll, Enforcement of Awards, 1482, 1483; Blane, N.Y.U. J. Int’l L. & Pol. 41 (2009), 453, 497; Baltag, Am. Rev. Int. Arbitr. 19 (2008), 391, 391 und 403, mit Verweis auf die Studie „2008 Corporate Attitudes: Recognition and Enforcement of Foreign Awards“ abrufbar unter: http://www.arbitration.qmul. ac.uk/media/arbitration/docs/IAstudy_2008.pdf, 13. 2

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richteten Schiedssprüche freiwillig erfüllt.7 Diese große Akzeptanz wird bisweilen mit der Effektivität der Durchsetzungsmechanismen erklärt.8 Die Zahlen dürfen jedoch nicht darüber hinwegtäuschen, dass es immer wieder Fälle gibt, in denen unterlegene Staaten die Erfüllung ihrer Verpflichtungen verweigern. In diesen pathologischen Fällen9 fängt für den Investor im Anschluss an das Schiedsverfahren das prozessuale Drama erst an. Die Gründe hierfür liegen nicht nur in der fehlenden Akzeptanz für den Schiedsspruch auf Seiten des Schuldners, sondern teilweise auch in parteiexternen Faktoren, wenn beispielsweise die Europäische Kommission dem verklagten Staat die Erfüllung eines Schiedsspruches untersagt.10 Weigert sich der unterlegene Staat den Schiedsspruch anzuerkennen und zu erfüllen, beginnt für die obsiegende Partei oftmals eine Odyssee, bei welcher sie vor verschiedensten Gerichten unterschiedlicher Nationen die Durchsetzung der ihr zugesprochenen Rechte versuchen muss. Scheitert die Durchsetzung, so ist der erlangte Schiedsspruch wertlos.11 Staaten, die in der Vergangenheit die Erfüllung eines ISDS-Schiedsspruches verweigert haben, sind unter anderem12 Russland, Argentinien, Kasachstan, Kirgisistan, Thailand und Zimbabwe.13 Aus den Fällen mit Bezug zu Deutschland lassen sich die vielzitierten Fälle der „Sedelmayer-Saga“14 und des auch aus der Tageszeitung15 bekannten Verfahrens Walter Bau gegen Thailand16 nennen.

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Mistelis/Baltag, Am. Rev. Int. Arbitr. 19 (2008), 319, 357 ff., demnach mussten lediglich 19 % der Unternehmen, die ein Schiedsverfahren gegen einen Staat geführt hatten, eine gerichtliche Durchsetzung eines Schiedsspruches versuchen; hierauf verweisend auch Baltag, Am. Rev. Int. Arbitr. 19 (2008), 391, 405. 8 Reinisch, Enforcement of Investment Awards, 671, 697; van den Berg, Arb. Int’l 1989, 2. 9 Siehe für einige Fälle, in welchen Staaten die Erfüllung eines ISDS-Schiedsspruches verweigert haben Peterson, How Many States are not paying Awards under investment treaties?, https://www.iareporter.com/articles/how-many-states-are-not-paying-awards-under-investmenttreaties/. 10 So in dem noch zu behandelnden Verfahren Micula gegen Rumänien. 11 So wird von einem „hollow victory“ gesprochen, vgl. Bjorklund, Am. Rev. Int’l Arb. 21 (2010), 211 und von einer „teuer erkauften Rechtsansicht“, Langkeit, Staatenimmunität und Schiedsgerichtsbarkeit, S. 222. 12 Weitere Einzelfälle werden im Laufe der Arbeit vorgestellt. 13 Peterson, How Many States are not paying Awards under investment treaties?, https:// www.iareporter.com/articles/how-many-states-are-not-paying-awards-under-investment-trea ties/; siehe auch Joubin-Bret, The effectiveness of the ICSID mechanism regarding the enforcement of arbitral awards, 99, 102. 14 Sedelmayer ./. Russian Federation, SCC Award v. 07. 07. 1998, https://www.italaw.com/ cases/982. 15 Siehe nur Dorfer, Thai-Prinz kauft gepfändete Boeing frei, https://www.sueddeutsche. de/muenchen/freising/flughafen-muenchen-thai-prinz-kauft-gepfaendete-boeing-frei-1.112 6892; sowie Budras, Ende einer Posse: Der thailändische König und die deutsche Justiz, http:// www.faz.net/aktuell/wirtschaft/wirtschaftspolitik/ende-einer-posse-der-thailaendische-koenigund-die-deutsche-justiz-14568487.html; Sabinsky-Wolf, Streit mit Walter-Bau-Konzern: Thailand zahlt 45 Millionen, https://www.augsburger-allgemeine.de/bayern/Streit-mit-Walter-BauKonzern-Thailand-zahlt-45-Millionen-id40411592.html.

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In ersterem hatte der deutsche Unternehmer Franz Sedelmayer Schiedsklage gegen Russland aufgrund einer Enteignung seiner Investition erhoben. Sedelmayer wollte Anfang der 90er Jahre mit den Polizeibehörden in St. Petersburg (damals noch Leningrad) zusammenarbeiten und ihnen unter anderem Schulungen in sicherheitsrelevanten Fragen und polizeiliche Ausrüstung anbieten.17 Hierfür wurde mit einer staatlichen Behörde ein Joint-Venture gegründet, welches eine aufwändige Gebäuderenovierung auf einem von russischer Seite zur Verfügung gestellten Grundstück vornahm.18 Per Erlass wurde das Grundstück dem Joint-Venture im Anschluss an die Renovierungsarbeiten jedoch wieder von russischer Seite aus entzogen, um es als Teil der Residenz von Boris Yeltsin zu nutzen.19 Daraufhin erhob Sedelmayer Klage vor einem Investitionsschiedsgericht mit Sitz in Stockholm.20 Das Schiedsgericht sprach ihm im Jahr 1998 2,35 Millionen US-Dollar plus Zinsen als Entschädigung zu.21 Russland verweigerte jedoch die Erfüllung des Schiedsspruchs. Sedelmayer versuchte daraufhin seinen Anspruch – mit wenig Erfolg – unter anderem vor schwedischen22 und deutschen23 Gerichten durchzusetzen.24 Insgesamt soll er diesbezüglich über 16 Jahre hinweg mehr als 140 Prozesse geführt haben.25 Sedelmayer gab an, alleine in Deutschland habe er über 30 verschiedene Zwangsvollstreckungsverfahren eingeleitet.26 Unter anderem versuchte er Forderungen Russlands gegen die Deutsche Lufthansa AG für Überflugrechte zu pfänden, was jedoch vom BGH in letzter Instanz verweigert wurde.27 Erst im Jahr 2006 konnte er einen Teilsieg erringen, nachdem er einen Hinweis von Freunden beim russischen Geheimdienst auf einen Gebäudekomplex in Köln erhalten hatte, welcher früher für

16 Walter Bau AG ./. The Kingdom of Thailand, Award v. 01. 07. 2009, https://www.italaw. com/cases/123. 17 Siehe Sedelmayer ./. Russian Federation, SCC Award v. 07. 07. 1998, I. Factual Background; siehe auch KG Berlin, SchiedsVZ 2004, 109, 110. 18 Bungenberg, IPRax 2011, 356; Alexandrov/Laird, Compliance and Enforcement, 1171, 1182. 19 Bjorklund, State Immunity and the Enforcement of Investor-State Arbitral Awards, 302, 314. 20 Basierend auf dem „Vertrag vom 13. Juni 1989 der Bundesrepublik Deutschland und der Union der Sozialistischen Sowjetrepubliken über die Förderung und den gegenseitigen Schutz von Kapitalanlagen“, BGBl. 1990 II, 342; siehe BGH, NJW-RR 2006, 198. 21 Sedelmayer ./. Russian Federation, SCC Award v. 07. 07. 1998, VI. The Award. 22 Siehe dazu die englischsprachige Besprechung von Wrange, Am. J. Int. Law 106 (2012), 347. 23 Das KG erteilte ihm das Exequatur am 16. 02. 2001; KG Berlin, SchiedsVZ 2004, 109. 24 Siehe zu den einzelnen Verfahren die Auflistung unter https://www.italaw.com/cases/982. 25 Higgins, Beating Russia at its own long game, https://www.nytimes.com/2015/02/10/ world/europe/once-friendly-with-putin-german-goes-to-court-over-seized-assets.html. 26 Alexandrov/Laird, Compliance and Enforcement, 1171, 1183, Fn. 34. 27 BGH, NJW-RR 2006, 198.

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den KGB genutzt worden war und nun als Appartementkomplex diente.28 Zunächst wurden die Mieteinnahmen gepfändet.29 Später wurde der Komplex unter Zwangsverwaltung gestellt30 und schließlich zwangsversteigert.31 Im Februar 2012 machte Sedelmayer jedoch geltend, dass er bislang erst 1,2 Millionen US-Dollar erhalten habe.32 Aufgrund der Verfahrenskosten und Zinsen seien jedoch noch etwa 4,5 Millionen US-Dollar offen, weshalb die Sache, bei noch über 60 laufenden Verfahren, noch lange nicht als beendet gelten könne.33 Erst im Jahr 2014 soll der Großteil der Forderungen durch Zwangsversteigerungen erlangt worden sein.34 Im zweiten Fall hielt das deutsche Unternehmen Walter Bau Anteile an einer thailändischen Gesellschaft, welcher eine Konzession über ein Bauprojekt für eine Autobahn vom Bangkoker Stadtzentrum zum Flughafen Don Mueang von der thailändischen Regierung erteilt worden war. Aufgrund verschiedenster Maßnahmen Thailands, wie dem Bau von mautfreien Alternativrouten, Begrenzung der Mauthöhe und der partiellen Schließung des Flughafens, konnte das Unternehmen nicht die erwarteten Mauteinnahmen erwirtschaften. Infolgedessen zog Walter Bau auf Grundlage des BIT zwischen Deutschland und dem Königreich Thailand vor ein UNCITRAL-Investitionsschiedsgericht mit Sitz in Genf. Von diesem Schiedsgericht wurde Thailand zur Zahlung einer Schadensersatzleistung in Höhe von mehr als 29 Millionen Euro zuzüglich Zinsen verurteilt.35 Thailand erfüllte jedoch den Schiedsspruch nicht freiwillig. Zwischenzeitlich war die Walter Bau AG zahlungsunfähig geworden, weshalb der Insolvenzverwalter die Erteilung der Vollstreckbarerklärung des Schiedsspruchs beim OLG München beantragte.36 Nachdem sich das OLG für unzuständig erklärt hatte und den Rechtsstreit an das KG Berlin verwiesen hatte, erkannte dies seine Zuständigkeit an und erteilte das Exequatur,37 welches vom BGH – nachdem dieser die Entscheidung zunächst an das KG zurückverwiesen hatte38 – bestätigt wurde.39 Auf der Suche nach geeigneten Voll28

Bjorklund, State Immunity and the Enforcement of Investor-State Arbitral Awards, 302, 315; Baltag, Am. Rev. Int. Arbitr. 19 (2008), 391, 412. 29 AG Köln, Beschluss v. 22. 09. 2005 – 288 M 8259/05, nicht veröffentlicht. Der Inhalt wurde beim AG erfragt. 30 AG Köln, Beschluss v. 15. 02. 2006 – 93 L 12/06 (erhältlich in NRWE-Datenbank). 31 AG Köln, Beschluss v. 15. 02. 2006 – 93 K 29/06 (erhältlich in NRWE-Datenbank); siehe auch die teilweise erfolgreiche Drittwiderspruchsklage OLG Köln, Urt. v. 18. 03. 2008 – 22 U 98/07. 32 Kimer, How to Make Russia Pay its Debts: An Interview with Franz Sedelmayer, https:// robertamsterdam.com/how-to-make-russia-pay-its-debts-an-interview-with-franz-sedelmayer/. 33 Ebd. 34 Siehe A. Kemper, Franz Sedelmayer gegen Russland, https://www.zeit.de/zeit-magazin/2 014/47/enteignung-entschaedigung-franz-sedelmayer-russland. 35 Walter Bau AG ./. The Kingdom of Thailand, Award v. 01. 07. 2009, 17.1. 36 OLG München, IPRspr. 2011, 811. 37 KG Berlin, SchiedsVZ 2013, 112. 38 BGH, SchiedsVZ 2013, 110.

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streckungsgütern wurde der Insolvenzverwalter auf eine Boeing 737 aufmerksam, mit welcher der damalige Kronprinz und heutige König von Thailand, Maha Vajiralongkorn, für einen Deutschlandurlaub in München gelandet war. Der Insolvenzverwalter beantragte daraufhin den Obergerichtsvollzieher damit, das Flugzeug am Flughafen zu pfänden.40 Ob diese Festsetzung rechtmäßig war, konnte nicht höchstrichterlich entschieden werden, da das Königreich zwischenzeitlich eine Bankbürgschaft abgab und das Flugzeug daraufhin freigegeben wurde.41 Die vorliegende Arbeit soll der Frage nachgehen, ob der Durchsetzungsmechanismus für Investitionsschiedssprüche in der Realität tatsächlich effektiv ist oder ob sich, insbesondere im Zusammenhang mit den Entwicklungen auf Ebene der Europäischen Union, Probleme aufgetan haben, die eine Effektivität einschränken. Wäre dies der Fall, so könnten in Zukunft unterlegene Staaten vermehrt versuchen, ihren Verpflichtungen aus Schiedssprüchen auszuweichen. Da zudem die Anzahl an neuen ISDS-Verfahren stetig steigt und auch das Bewusstsein für Verteidigungsstrategien bei den Staaten wächst, ist zu erwarten, dass die Probleme im Zusammenhang mit der Durchsetzung von ISDS-Entscheidungen in Zukunft weit größere als nur akademische Bedeutung erlangen werden.42 Gaillard bezeichnet die Durchsetzung von Schiedssprüchen gar als „the single most important challenge [facing arbitration today]“.43

II. Definition der Grundbegriffe Bevor mit der eigentlichen Untersuchung begonnen werden kann, werden in Kürze einige wichtige verwendete Grundbegriffe definiert und abgegrenzt. 1. „Durchsetzung“ als Oberbegriff Für den Titel der vorliegenden Arbeit wurde die etwas untechnische Formulierung der „Durchsetzung“ von ISDS-Schiedssprüchen gewählt. Dem Gläubiger mag es zwar letzten Endes um die (Zwangs-)Vollstreckung eines nichterfüllten Schiedsspruchs gehen. Diese ist jedoch nur der letzte Schritt vor der Befriedigung des Gläubigers. Zuvor durchläuft der Schiedsspruch das Exequaturverfahren, mit seinen 39

BGH, SchiedsVZ 2018, 53. Siehe BGH, NJW-RR 2014, 64. 41 Sabinsky-Wolf, Streit mit Walter-Bau-Konzern: Thailand zahlt 45 Millionen, https:// www.augsburger-allgemeine.de/bayern/Streit-mit-Walter-Bau-Konzern-Thailand-zahlt-45-Mil lionen-id40411592.html. 42 Reed/Martinez, Treaty Obligation to Honor Arbitral Awards and Diplomatic Protection, 13, 14; Saunders/Salomon, Arb. Int’l 2007, 467. 43 Siehe den Bericht von Ryan, The enforcement challenge under the spotlight, https://glo balarbitrationreview.com/article/1175746/the-enforcement-challenge-under-the-spotlight. 40

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Teilaspekten der Anerkennung und der Vollstreckbarerklärung.44 Das Exequaturverfahren ist gerade kein Verfahren der Zwangsvollstreckung.45 Auch kann eine Befriedigung außerhalb eines gerichtlichen Verfahrens versucht werden, beispielsweise durch Vergleich, Aufrechnung oder Verwertung von Sicherheiten. Überdies kann die „Durchsetzung“ auch mit Hilfe diplomatischen Schutzes erwirkt werden. Der deutsche Gesetzgeber verwendet für das Exeqaturverfahren auch den Begriff „Vollstreckung“.46 Da dieser Begriff jedoch Assoziationen mit der Zwangsvollstreckung weckt47 und im deutschen Recht auch keine einheitliche Verwendung findet,48 wird er in dieser Arbeit vermieden. In der englischsprachigen Literatur werden in dieser postarbitralen Phase meist die Begriffe „Enforcement“, „Execution“ und „Recognition“ verwendet. Allerdings ist ihre Anwendung nicht durchgehend einheitlich.49 Das zeigt sich schon bei der Diskussion um ihre Verwendung in dem weiter unten behandelten ICSID-Übereinkommen.50 In der englischen Fassung51 dieses Abkommens werden in Art. 54 „enforcement“ und „execution“ synonym52 und in den französischen (exécution) und spanischen (ejecutar) Fassungen jeweils dasselbe Wort verwendet.53 Der Begriff „Recognition“ wird für die englische Fassung gar als reine „clause de style“ abgetan.54 In der deutschen Fassung55 wird interessanterweise auch lediglich das Wort „Vollstreckung“ verwendet und keine Abgrenzung beispielsweise zwischen der Vollstreckung als Verfahrensstadium und den konkreten Zwangsmaßnahmen vorgenommen. Auch das New Yorker Übereinkommen unterscheidet in der deutschen

44 Der genaue Gehalt dieser Begriffe wird im Verlauf der Arbeit ausführlich besprochen. An dieser Stelle soll nur auf die organisatorische und verfahrensmäßige Trennung und die sich daraus ergebende Notwendigkeit der sprachlichen Differenzierung hingewiesen werden. 45 M. K. Wolff, Vollstreckbarerklärung, 307, 324 Rn. 14. 46 Siehe nur § 1061 Abs. 1 S. 2 ZPO. 47 M. K. Wolff, Vollstreckbarerklärung, 307, 322, Rn. 9. 48 Siehe beispielhaft § 120 Abs. 1 FamFG; § 96 a Abs. 1 FamFG; § 90 Abs. 1 OWiG, wo mit Vollstreckung jeweils die Zwangsvollstreckung gemeint ist. 49 Vgl. Bjorklund, State Immunity and the Enforcement of Investor-State Arbitral Awards, 302, Fn. 4; Juratowich, AsianJIL 6 (2016), 199, 216 ff. 50 Siehe nur Schreuer, ICSID Convention, Art. 54, Rn. 64 ff.; Gerlich, Am. Rev. Int’l Arb. 2015, 47, 54 ff.; Bjorklund, State Immunity and the Enforcement of Investor-State Arbitral Awards, 302, 306; J. Martin Hunter/Olmedo, JWIT 12 (2011), 307, 310 f. 51 Die jeweiligen Sprachfassungen sind abrufbar unter https://icsid.worldbank.org/en/Pages/ icsiddocs/ICSID-Convention.aspx. 52 Schreuer, ICSID Convention, Art. 54, Rn. 65; Bjorklund, State Immunity and the Enforcement of Investor-State Arbitral Awards, 302, Fn. 4; Huseynli, Baku St. U.L. Rev. 3 (2017), 40, 47 f.; gegen eine synonyme Anwendung aber Broches, ICSID Rev. 1987, 287, 318. 53 Siehe auch J. Martin Hunter/Olmedo, JWIT 12 (2011), 307, 311. 54 van den Berg, The New York Arbitration Convention of 1958, S. 244. 55 BGBl. 1969 II, 388.

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Übersetzung56 nicht zwischen „Vollstreckung“57 und „Zulassung zur Vollstreckung“58, meint damit aber jeweils die „Vollstreckbarerklärung“.59 Der in der vorliegenden Arbeit verwendete Begriff der „Durchsetzung“ dient darum als Überbegriff der Vereinfachung und umfasst sämtliche der hier angesprochenen und später noch genauer zu behandelnden Begrifflichkeiten, insbesondere die ansonsten voneinander zu unterscheidenden Verfahren der Vollstreckbarerklärung und der Zwangsvollstreckung.60 2. ISDS Die ebenfalls im Titel verwendete Abkürzung ISDS steht für das Investor-State Dispute Settlement oder sinngemäß im Deutschen, die Investitionsschiedsgerichtsbarkeit. Sie ist die wohl wichtigste und effektivste Form der Beilegung von Investitionsstreitigkeiten.61 Durch ISDS wird es einem Investor62 ermöglicht, sich selbstständig gegenüber einem Staat, in welchem er investiert hat, vor einem neutralen Forum gegen Rechtsverletzungen zu wehren und gegebenenfalls eine Entschädigung zugesprochen zu bekommen.63 Diese Selbstständigkeit führt zu einer Entpolitisierung, da nunmehr in der Regel kein diplomatischer Schutz durch den eigenen Heimatstaat mehr benötigt wird.64 Vielmehr finden die Streitigkeiten losgelöst von nationalem Recht auf internationaler Ebene statt. Die Entnationalisierung wird dabei zu einem großen Teil durch das von dem jeweiligen Tribunal anzu56 Die (nicht-authentische) Übersetzung des NYÜ ins Deutsche ist abrufbar unter http:// www.newyorkconvention.org/11165/web/files/original/1/5/15457.pdf. 57 Z. B. Art. I Abs. 1 „Dieses Übereinkommen ist auf die Anerkennung und Vollstreckung von Schiedssprüchen anzuwenden, […]“; Art. V Abs. 1 „Die Anerkennung und Vollstreckung des Schiedsspruches darf auf Antrag der Partei, gegen die er geltend gemacht wird, nur versagt werden, wenn […].“. 58 Art. VI „so kann die Behörde, […], die Entscheidung über den Antrag, die Vollstreckung zuzulassen, aussetzen“. 59 Bubrowski, Internationale Investitionsschiedsverfahren und nationale Gerichte, 282. 60 Interessanterweise verwendet der Rat der Europäischen Union in seinen neuesten Dokumenten ebenfalls den Oberbegriff der Durchsetzung als Übersetzung von „Enforcement“. Vgl. Rat der Europäischen Union, 12981/17 ADD 1 – Verhandlungsrichtlinien für ein Übereinkommen zur Errichtung eines multilateralen Gerichtshofs für die Beilegung von Investitionsstreitigkeiten 2018, Ziffer 14. 61 Reinisch, § 18 Die Beilegung von Investitionsstreitigkeiten, 925, 930. 62 An dieser Stelle soll nicht der umfangreiche Meinungsstand dazu wiedergegeben werden, wann überhaupt eine Investition vorliegt. Siehe dazu nur: Bischoff/Happ, The Notion of Investment, 495, 459 ff.; Wehland, Investment Treaty Arbitration, 158, 163, Rn. 15 ff.; Tietje, Internationaler Investitionsschutz, 63, 87 f.; Escher et al., Investment Arbitration in Germany, 1013, Rn. 9 ff.; Schlemmer, Investment, Investor, Nationality, and Shareholders, 49, 51 ff.; McLachlan/Shore/Weiniger, International investment arbitration, Rn. 6.04 ff. 63 Vgl. Bjorklund, Am. Rev. Int’l Arb. 21 (2010), 211, 214. 64 Schreuer, Investment Protection and International Relations, 345, 346; Reinisch, § 18 Die Beilegung von Investitionsstreitigkeiten, 925, 933.

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wendende anationale Verfahrensrecht (beispielsweise die Regelungen des ICSIDÜbereinkommens oder der UNCITRAL-Schiedsregeln) erreicht.65 Im Verfahren der Durchsetzung des Schiedsspruches wird diese Entnationalisierung jedoch wieder aufgehoben, da nun staatliche Gerichte darüber entscheiden, ob die obsiegende Partei aus dem Schiedsspruch befriedigt wird. 3. BIT/IIA Die Abkürzung BIT bezeichnet die völkerrechtlichen bilateralen Investitionsabkommen (bilateral investment treaties), die zwischen Staaten abgeschlossen werden, um ihren Investoren in einem Gaststaat einen Mindestschutz für ihre Investitionen zu gewährleisten. In den meisten Fällen bilden sie die Basis für ein ISDSVerfahren, da sie oft Angebote der Vertragsstaaten enthalten, Streitigkeiten im Zusammenhang mit Investitionen vor einem neutralen ISDS-Schiedsgericht auszutragen. Diese Angebote sind in der Regel unwiderruflich und können vom Investor durch Verfahrenseinleitung angenommen werden.66 Aufgrund der zunehmenden multilateralen Abkommen mit Investitionsschutzklauseln bürgert sich weiter der Begriff Internationales Investitionsabkommen/International Investment Agreement (IIA) als Oberbegriff ein.67 Im Folgenden wird darum überwiegend auf die letztgenannte Abkürzung zurückgegriffen, welche auch BITs umfasst.68 Überdies können Schiedsklauseln auch in Investitionsverträgen zwischen einem Investor und einem Gaststaat (Investor-Staat-Verträge) vereinbart werden (sogenannte interne Stabilisierung als Unterschied zur externen Stabilisierung durch IIA)69.70

III. Gegenstand und Ziel der Untersuchung 1. Gegenstand Bei der internationalen Schiedsgerichtsbarkeit handelt es sich bislang noch um kein völlig autarkes System71. Vielmehr hängt die zwangsweise Durchsetzung von Schiedssprüchen weiterhin von den einzelnen nationalen Gerichten ab, die jedoch 65

Vgl. Reinisch, § 18 Die Beilegung von Investitionsstreitigkeiten, 925, 933. Grundlegend J. Paulsson, ICSID Rev. 10 (1995), 232 ff.; Hopp, ICSID Arbitration Rules, 1357, 1358, Rn. 5. 67 Wehland, Investment Treaty Arbitration, 158, 159, Rn. 1. 68 Siehe Bubrowski, Internationale Investitionsschiedsverfahren und nationale Gerichte, S. 3. 69 Griebel, Internationales Investitionsrecht, S. 27; Schöbener, Wirtschaft und Verwaltung 2009, 3. 70 Reinisch, § 8 Internationales Investitionsschutzrecht, 399, 407. 71 Duve/Wimalasena, „Echte“ Transnationalisierung des Exequaturverfahrens für Schiedssprüche durch Schaffung eines Internationalen Vollstreckungsgerichts?, 73, 75. 66

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nicht immer einheitliche Entscheidungen treffen. Da die vorliegende Thematik ihren Ausgangspunkt vor allem in völkerrechtlichen Fragen der Investitionsschiedsgerichtsbarkeit hat, wird bei ihrer Bearbeitung oft das nationale Recht vergessen, in dessen „,Niederungen‘ sich die manchmal in ätherischen Höhen schwebenden völkerrechtlichen Erwägungen zu bewähren haben“72. Dies wird unter anderem mit dem schlechten Zugang der internationalen Rechtsgemeinschaft zu Entscheidungen nationaler Gerichte begründet.73 Ohne die Mitwirkung staatlicher Gerichte kann eine zwangsweise Durchsetzung des zugesprochenen Anspruchs jedoch nicht erfolgen.74 Denn trotz aller Vorteile, die ein Schiedsgericht einer Partei bietet, ist es einem nationalen Gericht an einem wichtigen Punkt unterlegen. Einen vollstreckbaren Titel kann es nicht erteilen. Vielmehr benötigt es hierzu die Unterstützung des Staates, in dem vollstreckt werden soll sowie der jeweiligen Vollstreckungsorgane.75 Die Aufgabe der nationalen Gerichte erschöpft sich allerdings nicht in der Hilfe für die im Schiedsverfahren obsiegende Partei. Daneben üben sie eine Kontrollfunktion über die internationale Schiedsgerichtsbarkeit aus,76 um Schiedssprüchen, die fundamentalen Grundsätzen der nationalen (oder europäischen) Rechtsordnung widersprechen, die Durchsetzung zu versagen. Vor den deutschen Gerichten kann dabei ein Spannungsverhältnis zwischen Aspekten entstehen, die für eine Anerkennung und Vollstreckbarerklärung sprechen, sowie solchen, die gegen sie ins Feld geführt werden müssen. Verkompliziert wird die Situation dadurch, dass sich diese Aspekte aus verschiedensten Rechtsregimes, wie dem Schiedsverfahrensrecht, bi- und multilateralen Verträgen, Völkerrecht, Europarecht und nicht zuletzt nationalem (Verfassungs-) Recht, ergeben, die ihrerseits jeweils den Vorrang für sich beanspruchen. Aufgrund dessen lohnt eine Darstellung gerade dieser Schnittstelle von internationaler Streitbeilegung und einzelstaatlicher nationaler Durchsetzung der sich aus ihr ergebenden Entscheidungen. 2. Stand der Forschung Das Forschungsgebiet der vorliegenden Arbeit ergibt sich aus dem Zusammentreffen zweier Rechtsgebiete – das internationale Investitionsschutzrecht sowie das nationale (Zwangs-)Vollstreckungsrecht – die ihrerseits verbunden werden durch das Schiedsverfahrensrecht. 72 Walter, Immunität in der Zwangsvollstreckung im deutschen und schweizerischen Recht, 771, 772. 73 Canè, Am. Rev. Int. Arbitr. 15 (2004), 439 f. 74 Bubrowski, Internationale Investitionsschiedsverfahren und nationale Gerichte, S. 277. 75 Vgl. Bertheau, Das New Yorker Abkommen, S. 3. 76 Bubrowski, Internationale Investitionsschiedsverfahren und nationale Gerichte, S. 277.

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Das Feld der Schiedsgerichtsbarkeit im Allgemeinen ist in Deutschland sehr gut erschlossen.77 Auch das Recht der Durchsetzung von (internationalen) Schiedssprüchen ist, bereits aufgrund seiner Regelung in der ZPO, Gegenstand der geläufigen Kommentierungen78 und Besprechungen.79 Obwohl oder gerade weil es sich bei dem Internationalen Investitionsschutzrecht um ein sehr „junges“ Rechtsgebiet handelt, ist auch dieser Bereich beliebter Gegenstand zahlreicher Publikationen.80 Die Auswahl an umfassenden deutschsprachigen Darstellungen wird jedoch dünner, wenn es speziell um die Durchsetzung von Investitionsschiedssprüchen geht.81 Die vorhandene deutschsprachige Literatur beschränkt sich auf Einzelprobleme82 oder einen Überblick zu diesem Themenkomplex.83 Zwar gibt es in der angloamerikanischen Literatur entsprechende Darstellungen.84 Diese sind jedoch oft auf Einzelaspekte beschränkt oder lassen für den deutschen, beziehungsweise europäischen, Rechtsanwender einige Fragen offen. Mehr Aufmerksamkeit in der Literatur haben einzelne „populäre“ Fälle gefunden.85 Obgleich diese gerade in den letzten Jahren vermehrt aufgetretenen Fälle teilweise sehr ausführlich besprochen werden, fehlt es dabei an einer systematischen Einordnung der Probleme, gerade in das deutsche Verfahrensrecht. Zu anderen, in jüngerer Zeit aufgekommenen Problemen gibt es noch keine abschließende Rechtsprechung. Hinzu kommen die Probleme, die sich im Zusammenhang mit dem EU-Recht ergeben. Es gibt zwar, vor allem im Hinblick auf die Achmea-Entscheidung des 77 Siehe nur Schwab/Walter/Baumbach, Schiedsgerichtsbarkeit; Lachmann, Handbuch Schiedsgerichtspraxis; K. Lionnet/A. Lionnet, Handbuch der internationalen und nationalen Schiedsgerichtsbarkeit; Schlosser, Das Recht der internationalen privaten Schiedsgerichtsbarkeit; Torggler et al., Schiedsgerichtsbarkeit. 78 Siehe nur die Kommentarliteratur zu § 1061 ZPO. 79 Bspw. Haas, Anerkennung und Vollstreckung ausländischer und internationaler Schiedssprüche; G. Wagner, Grundfragen der Vollstreckbarerklärung von Schiedssprüchen, 1; Hammer, Überprüfung von Schiedsverfahren, Rn. 783 ff. 80 Eine Auflistung würde hier den Rahmen sprengen, weshalb auf die Nachweise an den betreffenden Stellen in der Arbeit verwiesen wird. Siehe grundlegend nur McLachlan/Shore/ Weiniger, International investment arbitration. 81 Dies wird beispielsweise beklagt in Raeschke-Kessler, Einfluss des Völkervertragsrechts, 57, 63, er verweist lediglich auf; Bubrowski, Internationale Investitionsschiedsverfahren und nationale Gerichte; sowie das englischsprachige Werk von Bungenberg u. a. (Hrsg.), International investment law 2015. 82 Um Redundanzen zu vermeiden wird auf die Nachweise bei den entsprechenden Problemen verwiesen. 83 Z.B. etwa 3 Seiten bei Torggler et al., Schiedsgerichtsbarkeit, S. 588; etwas ausführlicher mit etwa 20 Seiten Bubrowski, Internationale Investitionsschiedsverfahren und nationale Gerichte, S. 276 ff. 84 Bspw. Kröll, Enforcement of Awards, 1482; Joemrith, Enforcing arbitral awards against sovereign states, (mit starkem Fokus auf der Staatenimmunität); Baetens, Enforcement of Arbitral Awards, 211; Canè, Am. Rev. Int. Arbitr. 15 (2004), 439; Choi, N.Y.U. J. Int’l L. & Pol. 1996, 175; Reinisch, Enforcement of Investment Awards, 671. 85 Siehe nur Kreindler/Kulick, Germany, 239, 243 ff.

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EuGH86, sehr viel Literatur zur Frage der Vereinbarkeit von Intra-EU BITs mit EURecht.87 Die Frage der Durchsetzbarkeit von ISDS-Entscheidungen unter diesem Regime wird dabei jedoch meist88 nur am Rande gestreift oder von vorne herein ausgeklammert89. Problematisch ist hierbei auch, dass einige Autoren Lösungswege für spezielle Probleme entwickeln, ohne hierbei auf andere Vorschläge in der Literatur einzugehen. Auch zu der Frage, ob Entscheidungen eines multilateralen Investitionsgerichtshofs als Schiedssprüche durchsetzbar sind, gibt es verschiedene Meinungen,90 aber keine kritische Auseinandersetzung mit diesen, geschweige denn eine abschließende Lösung. Mithin fehlt es bislang an einer umfassenden und in die Tiefe gehenden Gesamtdarstellung der Durchsetzung von ISDS-Schiedssprüchen in Deutschland, bei welcher vor allem die aktuellen Probleme im Zusammenhang mit dem EU-Recht besprochen werden. Anspruch dieser Arbeit ist es, eine solche zu liefern. 3. Ziel Ziel der vorliegenden Arbeit ist die systematische Darstellung der Durchsetzung von ISDS-Schiedssprüchen in Deutschland. Dabei sollen diejenigen Probleme herausgearbeitet und besprochen werden, die sich speziell bei der Durchsetzung von ISDS-Schiedssprüchen im Vergleich zu „normalen“ Handelsschiedssprüchen ergeben.91 Insbesondere sollen Lösungen für aktuelle Probleme im Zusammenhang mit der Durchsetzung von ISDS-Entscheidungen innerhalb der Europäischen Union gefunden werden. Hierbei werden die Stadien des Exequatur-, bzw. Anerkennungsverfahrens sowie des Zwangsvollstreckungsverfahrens beleuchtet. Zudem wird auf mögliche Behelfe der Parteien im Anschluss an die nationalen Gerichtsverfahren eingegangen. Die Relevanz für diese Aufarbeitung folgt unter anderem daraus, dass noch immer nicht die Rangfrage zwischen Unionsrecht und dem Investitionsschutzregime entschieden ist. Als Exempel für diesen Konflikt dienen die sich aus dem EU-Beihilfenrecht ergebenden Probleme, die Frage nach der generellen Zulässigkeit von 86

EuGH, SchiedsVZ 2018, 186 – Slowakische Republik gegen Achmea. Statt vieler Basener, Investment protection in the European Union; Rösch, Intraeuropäisches Investitionsrecht; Tietje, KSzW 2011, 128; Wehland, SchiedsVZ 2008, 222, 225 ff.; Kriebaum, ELTE law journal 2015, 27 (die Argumente der Schiedsgerichte zusammenfassend). 88 Ausnahmen sind Tietje/Wackernagel, JWIT 2015, 205; Raeschke-Kessler, Einfluss des Völkervertragsrechts, 57; Wehland, JWIT 17 (2016), 942. 89 So beispielsweise bei Bubrowski, Internationale Investitionsschiedsverfahren und nationale Gerichte, S. 12. 90 Z. B. Reinisch, JIEL 2016, 761 und genau konträr hierzu: Markart/Wendler, SchiedsVZ 2017, 258. 91 Keine (erneute) Darstellung sollen diejenigen Probleme erfahren, die sich sowohl in der „klassischen“ Handelsschiedsgerichtsbarkeit, als auch in der ISDS-Schiedsgerichtsbarkeit stellen. 87

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BITs innerhalb der Europäischen Union, sowie die Rolle der Europäischen Union als Partei in ISDS-Verfahren, beziehungsweise in der hier behandelten postarbitralen Phase. Ergibt sich aus diesen Punkten, dass ein Schiedsspruch nicht durchgesetzt werden darf, so schließen sich Folgefragen dahingehend an, welche Alternativen dem Investor zur Verfügung stehen, ob sich hieraus ein Schadensersatzanspruch ergibt oder welche Maßnahmen der Investor im Hinblick auf die Durchsetzung im Vorfeld hätte unternehmen sollen. Die Arbeit beschränkt sich jedoch nicht nur auf die aus der aktuellen Rechtslage folgenden Probleme. Das Investitionsschutzrecht befindet sich in einem Umbruch. Es gibt Reformbestrebungen in Bezug auf einen multilateralen92 (oder auch europäischen93) Investitionsschiedsgerichtshof, Ideen für eine internationale Zwangsvollstreckungskonvention94 bis hin zur Errichtung eines internationalen Vollstreckungsfonds95. Die sich hieraus ergebenden Probleme im Bereich der Durchsetzung von Entscheidungen sind noch weitestgehend ungeklärt, weshalb in der vorliegenden Arbeit Lösungswege gesucht und aufgezeigt werden. Ziel der vorliegenden Arbeit ist es darum auch, die konfliktträchtigen Berührungspunkte von internationalem Investitionsschutzrecht auf der einen Seite und nationalem, beziehungsweise EU-Recht auf der anderen Seite im postarbitralen Stadium der Durchsetzung von ISDS-Schiedssprüchen aus rechtlicher Sicht herauszuarbeiten, zu analysieren, zu bewerten und dabei Lösungswege aufzuzeigen.

IV. Gang der Bearbeitung Um zunächst einen Zugang zu den einschlägigen Regelungswerken und deren Hintergrund zu erlangen, orientiert sich Kapitel 1 der Arbeit an einer vergleichenden und interpretierenden Darstellung der für die Durchsetzung von ISDS-Entscheidungen relevanten internationalen Abkommen. Die Bearbeitung erfolgt dabei dergestalt, dass zunächst sämtliche für die Durchsetzung von ISDS-Schiedssprüchen in Deutschland relevanten multilateralen und bilateralen Abkommen hinsichtlich ihrer durchsetzungsrelevanten Vorschriften untersucht werden. Hierbei wird der Wortlaut der verschiedenen Klauseln analysiert, um Rückschlüsse auf den Willen ihrer 92

Siehe Rat der Europäischen Union, 12981/17 ADD 1 – Verhandlungsrichtlinien für ein Übereinkommen zur Errichtung eines multilateralen Gerichtshofs für die Beilegung von Investitionsstreitigkeiten 2018. 93 Siehe das „Non-Paper“ von Österreich, Finnland, Frankreich, Deutschland und den Niederlanden zum Thema EU-interne Investitionsschutzabkommen (in englischer Sprache), ziff. 12, abrufbar unter https://www.bmwi.de/Redaktion/DE/Downloads/I/intra-eu-investmenttreaties.html. 94 Bjorklund, Am. Rev. Int’l Arb. 21 (2010), 211, 230. 95 Foster, AJICL 2008, 666, 726.

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Schöpfer ziehen zu können. Zudem werden an dieser Stelle Unterschiede und Diskrepanzen zwischen den einzelnen Vorschriften herausgearbeitet, um anschließend Wege zu deren Auflösung aufzuzeigen. Diese Darstellung bildet die Grundlage für die Bearbeitung konkreter Probleme in den späteren Kapiteln. Einen weiteren Schwerpunkt in diesem Kapitel bildet die Frage danach, wie Entscheidungen durchgesetzt werden, die auf Grundlage eines IIAs mit Beteiligung der EU ergangen sind, bevor in einem Exkurs die Möglichkeit der Durchsetzung von Entscheidungen eines noch zu schaffenden Multilateralen Investitionsgerichtshofs besprochen wird. Den Abschluss des Kapitels bildet eine knappe Darstellung der Durchsetzung von Entscheidungen basierend auf dem Energiecharta-Vertrag. In Kapitel 2 wird die Anwendung der zuvor dargestellten Abkommen im deutschen Zivilprozess besprochen. An dieser Schnittstelle zwischen internationalem und nationalem Recht erfolgt die Bearbeitung dergestalt, dass mögliche Reibungspunkte und Unklarheiten in der praktischen Anwendung aufgezeigt werden, und versucht wird, mit Hilfe einer wortlautorientierten Interpretation, gestützt durch den Telos der Durchsetzungsfreundlichkeit hinsichtlich ausländischer Schiedssprüche, Wege für eine sinnvolle Anwendung der Vorschriften im deutschen Prozessrecht zu finden. Hierbei werden vor allem die unterschiedlichen Ansätze in der Literatur herausgearbeitet, analysiert und mit der eigenen Ansicht verglichen. Kapitel 3 befasst sich mit den möglichen Gründen, die der Durchsetzung einer ISDS-Entscheidung entgegenstehen können. Das Kapitel ist insbesondere geprägt durch die Überschneidung unterschiedlichster Rechtsregimes und die sich daraus ergebenden Rechtskonflikte. Der Ansatz für die Bearbeitung ist hierbei, das Verhältnis der Regelungen zueinander zu beleuchten, ihre Rangverhältnisse darzustellen und somit Lösungen für bestehende Konflikte zu suchen. Die vorhandenen Probleme werden vor allem anhand der Darstellung aktueller Fälle aufgezeigt, für welche es mit Hilfe der Bewertung der jeweiligen Rechtsprechung und aktueller internationaler Literaturmeinungen gilt, brauchbare Lösungsansätze zu entwickeln. Von zentraler Bedeutung ist hierbei die Anwendung einer EU-freundlichen Norminterpretation durch nationale Gerichte im internationalen Kontext. Es wird dabei analysiert, inwieweit die deutschen Exequaturgerichte die Vorschriften unionsfreundlich anwenden können, ohne gleichzeitig gegen internationale Verpflichtungen der Bundesrepublik zu verstoßen. Kapitel 4 befasst sich mit der tatsächlichen Zwangsvollstreckung, also dem staatlichen Zugriff auf Vermögenswerte des Schuldners mittels hoheitlichen Zwangs. Schwerpunkt sind hierbei diejenigen Aspekte der Vollstreckungsimmunität, die insbesondere für die Handhabung von gegen Staaten und die EU gerichteten ISDS-Schiedssprüchen zu Problemen führen. Nach einer generellen Darstellung der Vollstreckungsimmunität wird dabei der Fokus auf die Auslegung von Staatsverträgen sowie Investor-Staat-Verträgen gelegt, um zu analysieren, in welchen Fällen ein Verzicht auf die Vollstreckungsimmunität angenommen werden kann.

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Kapitel 5 behandelt die Frage danach, welche Optionen den Parteien im Anschluss an die Entscheidungen der nationalen Gerichte verbleiben. Zum einen werden Möglichkeiten besprochen, mit welchen gegen die Entscheidungen der Gerichte selbst vorgegangen werden kann. Zum anderen werden Alternativen zur Befriedigung unmittelbar aus dem Schiedsspruch untersucht, mit welchen die im Schiedsverfahren obsiegende Partei, trotz einer Verweigerung der Durchsetzung des Schiedsspruches durch die nationalen Gerichte, ihre Rechte geltend machen kann. Methodisch erfolgt die Bearbeitung der einzelnen Problemfelder jeweils zunächst anhand einer bewertenden Darstellung der aktuellen Forschung und Rechtsprechung, wobei aus dieser eigene Lösungsmöglichkeiten für die umstrittenen und noch unbearbeiteten Punkte entwickelt werden. Dieser Ansatz hat, gegenüber dem Versuch einen allwirksamen Durchsetzungsmechanismus für sämtliche Entscheidungen im Zusammenhang mit ISDS-Verfahren vorzuschlagen, den Vorteil der Praktikabilität. Während ein „Allheilmittel“ für sämtliche Problemfelder bereits aufgrund der vielförmigen Rechtsregimes und Interessen kaum durchsetzbar ist, können pointierte Problemlösungen direkt umgesetzt werden und so zu einer verbesserten Durchsetzbarkeit von ISDS-Entscheidungen führen.

Kapitel 1

Die Anwendung internationaler Abkommen bei der Durchsetzung von ISDS-Entscheidungen Für die Durchsetzung von ISDS-Schiedssprüchen bedarf es der Kenntnis einer Vielzahl von unterschiedlichen Regelungswerken nationaler, bilateraler und multilateraler Art. Um dem Leser eine Einführung in den Rechtsrahmen zu bieten, werden im Folgenden die für die Bearbeitung einschlägigen Abkommen im gebotenen Rahmen dargestellt und zueinander in Kontext gebracht. Neben den multilateralen Abkommen können im Einzelfall auch die in der Literatur bisher wenig beachteten von Deutschland abgeschlossenen bilateralen Investitionsschutzabkommen (BIT) relevant werden. Diesen BITs soll hier in Bezug auf die in ihnen enthaltenen Regelungen zur Durchsetzung von Schiedssprüchen mehr Raum gegeben werden, da zu klären ist, wie sie systematisch in das Verfahren der Durchsetzung von ISDSSchiedssprüchen vor den nationalen Gerichten einzugliedern sind, ob ihre Regelungen durch andere Abkommen überlagert werden oder ob sie gar unabhängig von diesen anzuwenden sind. Überdies entwickelt sich gerade in der Europäische Union eine Tendenz hin zu von der EU ausgehandelten Freihandelsabkommen mit ISDS-Bestimmungen, die ihrerseits Regelungen für die Durchsetzung von ISDS-Schiedssprüchen vorsehen. Aufgrund dieser recht neuen Entwicklung sind die in ihnen enthaltenen Klauseln zur Durchsetzung der auf ihnen beruhenden Entscheidungen noch nicht abschließend besprochen, was eine Bearbeitung an dieser Stelle unabdingbar macht.

A. Multilaterale Abkommen I. Das New Yorker Übereinkommen 1. Hintergrund Das New Yorker Übereinkommen über die Anerkennung und Vollstreckung ausländischer Schiedssprüche (englisch Convention on the Recognition and Enforcement of Foreign Arbitral Awards) oder hier kurz „New Yorker Übereinkommen“1 (NYÜ) ist ein durch die Vereinten Nationen initiiertes Abkommen zur Ver1 Die Bezeichnungen und Abkürzungen variieren nicht nur im deutschsprachigen (UNKonvention, UNÜ, VNÜ, New Yorker Übereinkommen, NYK, …), sondern auch im eng-

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Kap. 1: Anwendung int. Abkommen bei Durchsetzung von ISDS-Entscheidungen

einheitlichung der gerichtlichen Durchsetzung von Schiedsgerichtsentscheidungen. Es wird als eines der erfolgreichsten internationalen Abkommen überhaupt bezeichnet.2 Die wohl größte Errungenschaft des NYÜ ist dabei die sich aus ihm ergebende Vereinheitlichung der materiellen Entscheidungsgrundlagen bei der Anerkennung ausländischer Schiedssprüche.3 Das Übereinkommen befasst sich nicht mit der Zwangsvollstreckung als solcher,4 sondern es stellt sicher, dass ein Schiedsspruch in jedem Vertragsstaat anerkannt und vollstreckbarerklärt wird, wenn der Gläubiger um gerichtliche Durchsetzung in einem anderen Staat als dem Erlassstaat ersucht.5 Dabei stellt das Übereinkommen eine abschließende Liste an Gründen auf, aus welchen die Vollstreckbarerklärung verweigert werden kann. Durch das NYÜ ist es gelungen bis dato 159 Vertragsstaaten, unter anderem alle Staaten der EU, zur Gewährleistung eines vollstreckungsrechtlichen Mindeststandards durch Ratifikation des Abkommens zu bewegen.6 Das NYÜ stellt kein geschlossenes Durchsetzungsregime dar, sondern bleibt durch die in Art. VII NYÜ kodifizierte Meistbegünstigungsklausel offen für durchsetzungsfreundlichere Regelungen in nationalen Vorschriften oder weiteren Abkommen mit entsprechendem Inhalt.7 Diese Meistbegünstigungsklausel verdrängt andere traditionelle völkerrechtliche Prinzipien wie die lex posterior derogate legi priori- und lex specialis derogate generali-Grundsätze um die maximale Effektivität der Durchsetzung zu gewährleisten.8 Aufgrund der Bedeutung des NYÜ bildet es auch die Ausgangslage für eine Untersuchung der Durchsetzung von ISDS-Schiedssprüchen. Die Bundesrepublik hat das NYÜ am 30. Juni 1961 mit Wirkung zum 28. September 1961 ratifiziert, lischsprachigen Raum (UN Convention, UNC, New York Convention, NYC, …). Im Folgenden wird die Bezeichnung New Yorker Übereinkommen oder die Abkürzung NYÜ verwendet. 2 Schulz, Auf dem Weg zu einem einheitlichen Vollstreckungstitel für Schiedssprüche?, 167; Solomon, International Commercial Arbitration, 45, 50, Rn. 1; J. E. Neuhaus, U. Miami Inter-Am. L. Rev. 2004, 23, 24, „the Convention is the most successful multilateral international legal instrument that man has devised“; Brinner/Hamilton, The Creation of an International Standard to ensure the Effectiveness of Arbitration Agreements and Foreign Arbitral Awards, 3, 19, „The New York Convention is often hailed as one of the great success stories of international commercial law – if not private international law in general.“; Schwab/Walter/Baumbach, Schiedsgerichtsbarkeit, Kap. 41, Rn. 3; Nagel/Gottwald, Internationales Zivilprozessrecht, § 18, Rn. 229; Kronke/Nacimiento/Otto/Port-Kronke, 5, „[…] which makes the New York Convention a lighthouse in the ever-so-rough sea of transnational commercial law in action.“; Kronke/Nacimiento/Otto/Port-Bagner, Art. I, S. 20. 3 Duve/Wimalasena, „Echte“ Transnationalisierung des Exequaturverfahrens für Schiedssprüche durch Schaffung eines Internationalen Vollstreckungsgerichts?, 73, 77 f. 4 Kröll, Enforcement of Awards, 1482, 1500. 5 Vgl. Kröll, Enforcement of Awards, 1482, 1489. 6 Eine vollständige Auflistung der Vertragsstaaten findet sich auf http://www.uncitral.org/un citral/en/uncitral_texts/arbitration/NYConvention_status.html. 7 MüKo ZPO-Adolphsen, Art. VII UNÜ, Rn. 4. 8 Gaillard, The Relationship of the New York Convention with other Treaties and with Domestic Law, 69, 71.

A. Multilaterale Abkommen

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weshalb es seitdem in Deutschland unmittelbar geltendes Recht ist.9 Durch das NYÜ sind einige bilaterale Vollstreckungsverträge10 bzw. der in ihnen enthaltene Verweis auf das Genfer Abkommen von 1927 obsolet geworden und darum für die weitere Untersuchung nicht mehr relevant. Dies umfasst das deutsch-schweizerische Anerkennungs- und Vollstreckungsabkommen11, das deutsch-italienische Anerkennungs- und Vollstreckungsabkommen12, den deutsch-österreichischen Anerkennungs- und Vollstreckungsvertrag13, den deutsch-niederländischen Anerkennungsund Vollstreckungsvertrag14, den deutsch-griechischen Anerkennungs- und Vollstreckungsvertrag15, den deutsch-norwegischen Anerkennungs- und Vollstreckungsvertrag16 und den deutsch-israelischen Anerkennungs- und Vollstreckungsvertrag17.18 Auch das Genfer Abkommen zur Vollstreckung ausländischer Schiedssprüche von 1927 hat gemäß Art. VII Abs. 2 NYÜ zwischen den Vertragsstaaten des NYÜ keine Geltungskraft mehr19 und somit kaum noch Relevanz.20 Im Zusammenhang mit ISDS-Verfahren findet das NYÜ zum Beispiel Anwendung auf Schiedssprüche von ad hoc-Schiedsgerichten nach den ursprünglich für Handelsstreitigkeiten geschaffenen21 Schiedsregeln der United Nations Commission on International Trade Law (UNCITRAL)22, des Internationalen Schiedsgerichtshofs der International Chamber of Commerce (ICC)23, des Schiedsgerichts der Stockholm Chamber of Commerce (SCC)24 oder der Deutschen Institution für Schiedsgerichtsbarkeit (DIS)25. Doch auch alle sonstigen Schiedsregeln26 können zu nach dem 9

BGBl. 1962 II, 102; vgl. Art. 59 Abs. 2 GG. Eine Auflistung der von Deutschland abgeschlossenen bilateralen Vollstreckungsverträge findet sich bei Schwab/Walter/Baumbach, Schiedsgerichtsbarkeit, Kap. 41, Rn. 9. 11 Wieczorek/Schütze-Schütze, § 1061, Rn. 155. 12 Wieczorek/Schütze-Schütze, § 1061, Rn. 157. 13 Wieczorek/Schütze-Schütze, § 1061, Rn. 172. 14 Wieczorek/Schütze-Schütze, § 1061, Rn. 174. 15 Wieczorek/Schütze-Schütze, § 1061, Rn. 180; Baur et al., Zwangsvollstreckungsrecht, § 58 Rn. 58.6. 16 Wieczorek/Schütze-Schütze, § 1061, Rn. 181. 17 Wieczorek/Schütze-Schütze, § 1061, Rn. 182. 18 Diese Abkommen werden darum im Folgenden nicht mehr im Einzelnen besprochen. 19 Stein/Jonas-Schlosser, Anh. § 1061, Rn. 504. 20 Vgl. Nagel/Gottwald, Internationales Zivilprozessrecht, § 18, Rn. 255; mittlerweile ist von den Vertragspartnern des Genfer Abkommens lediglich das britische Überseegebiet Anguilla nicht dem NYÜ beigetreten. 21 Böckstiegel, The Future of International Investment Law, 1863, Rn. 2. 22 http://www.uncitral.org/. 23 https://iccwbo.org/. 24 http://www.sccinstitute.com/. 25 http://www.disarb.org/. 26 Vgl. für einen Überblick über relevante Schiedsinstitutionen Nagel/Gottwald, Internationales Zivilprozessrecht, § 18, Rn. 77. 10

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Kap. 1: Anwendung int. Abkommen bei Durchsetzung von ISDS-Entscheidungen

NYÜ durchsetzbaren Schiedssprüchen führen, sofern sie nicht einem eigenständigen Durchsetzungsregime unterliegen. 2. Überblick über den Regelungsinhalt Für die Durchsetzung eines Schiedsspruches vor nationalen Gerichten sind vor allem die Artt. III, IV und V NYÜ von Bedeutung. Art. III NYÜ stellt zunächst die generelle Verpflichtung der Vertragsstaaten auf, einen Schiedsspruch anzuerkennen und nach seinem staatlichen Prozessrecht durchzusetzen. Art. IV regelt, welche Dokumente die Gläubigerpartei dem Vollstreckungsgericht als Nachweis vorlegen muss. Im deutschen Recht wird diese Vorschrift jedoch von § 1064 Abs. 3 ZPO abgeschwächt,27 weshalb sie hier keiner eigenständigen Erörterung bedarf. Die für diese Bearbeitung bedeutendste Vorschrift des NYÜ findet sich in seinem Art. V. Diese Norm stellt Gründe für die Versagung der Anerkennung bzw. Vollstreckbarerklärung des ausländischen Schiedsspruchs auf. Sie stellt auch die größte Errungenschaft des Übereinkommens dar, da die in ihr genannten Gründe abschließend sind.28 Kein Mitgliedstaat darf darüberhinausgehende Versagungsgründe anwenden. Die Norm bildet somit ein völkervertraglich abgesichertes Mindestmaß an Schutz für die obsiegende Partei eines Schiedsverfahrens. Der Sieger eines Schiedsverfahrens darf davon ausgehen, dass der Vollstreckbarerklärung seines Schiedsspruches in einem Mitgliedstaat des NYÜ keine Versagungsgründe entgegengehalten werden, die sich nicht im NYÜ finden. Auf die Einzelheiten der Prüfung des Art. V NYÜ durch das nationale Gericht wird weiter unten detailliert eingegangen.29 3. Anwendung des NYÜ auf Staaten Besondere Probleme bei der Durchsetzung von ISDS-Schiedssprüchen erwachsen aus dem Umstand, dass ein Staat als Streitpartei auftritt. Darum ist die Anwendbarkeit des NYÜ auf Staaten von besonderer Bedeutung. Zwar wird im NYÜ nicht speziell auf Staaten als Streitparteien eingegangen, jedoch ist es mittlerweile einhellige Meinung, dass es auch die Durchsetzung von Schiedssprüchen gegen Staaten ermöglichen soll.30 Dies ergibt sich schon aus den travaux préparatoires.31 27

MüKo ZPO-Adolphsen, Art. IV UNÜ, Rn. 3. van den Berg, The New York Arbitration Convention of 1958, S. 265; Lefebvre/Meulemeester, Journal of International Arbitration 35 (2018), 413, 426; Toope, Mixed international arbitration, S. 112. 29 Siehe unten S. 134 ff. 30 Contini, Am. J. Comp. Law 8 (1959), 283, 294; Cappelli-Perciballi, Int’l Law 12 (1978), 197, 198; Schreuer, State immunity, S. 86 f.; van den Berg, The New York Arbitration Convention of 1958, S. 279 m.w.N.; Rensmann, Anationale Schiedssprüche, S. 226 f.; Barra, TDM 2 (2005), 1, 2; Raeschke-Kessler, SchiedsVZ 2006, 48, 52; Barbosa, TDM 6 (2009), 1, 2; Kronke/Nacimiento/Otto/Port-Bagner, Article I, 26; Joemrith, Enforcing arbitral awards 28

A. Multilaterale Abkommen

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Auch ist die Anwendung des NYÜ unabhängig von einer Mitgliedschaft des betreffenden Staates im NYÜ.32 Durch das NYÜ werden lediglich zivilprozessuale Fragen der Anerkennung und Vollstreckbarerklärung behandelt und nicht in die Rechtspositionen eines Staates eingegriffen, weshalb auch kein unzulässiger Vertrag zu Lasten Dritter vorliegt.33 Zwar kann durch die Vollstreckbarerklärung in die Souveränität des Staates eingegriffen werden. Dies ist aber eine Frage der weiter unten behandelten Staatenimmunität, welche vom NYÜ nicht umfasst ist.

4. Anwendung des NYÜ auf ISDS-Verfahren Obgleich das NYÜ generell auch auf Schiedssprüche anwendbar ist, die gegen Staaten ergangen sind, muss geklärt werden, ob es auch speziell auf ISDSSchiedssprüche Anwendung findet. Dies könnte dann fraglich sein, wenn der Unterzeichnerstaat des NYÜ eine Erklärung nach Art. I Abs. 3 S. 2 NYÜ abgegeben hat, wonach das Übereinkommen nur auf Streitigkeiten aus solchen Rechtsverhältnissen angewendet wird, die nach seinem innerstaatlichen Recht als Handelssachen angesehen werden. Teilweise wurde argumentiert, dass das NYÜ dann keine Anwendung finden könne, wenn der Rechtsstreit aus einer hoheitlichen Tätigkeit (acta iure imperii) des Staates herrührt.34 Beispielsweise wird unter Verweis auf ein angebliches Circular des chinesischen Supreme Court von 1987 in der Literatur vorgetragen, dass die Schiedsgerichtsbarkeit zwischen einem Investor und dem Gaststaat nach Ansicht Chinas nicht vom NYÜ umfasst sei, da es sich nicht um eine kommerzielle Streitigkeit handele.35 Will man das NYÜ auf Staaten anwenden ist es jedoch vorzugswürdig, auch den wichtigen Bereich der hoheitlichen Handlungen mit zu erfassen.36 Dies zumindest dann, wenn die hoheitliche Handlung im Zusammenhang mit einer kommerziellen Tätigkeit eines Investors vorgenommen wurde. Selbst wenn der chinesische Supreme Court 1987 tatsächlich davon ausging, dass ISDS-Verfahren nicht vom NYÜ umfasst seien, ist dem zumindest heute nicht mehr against sovereign states, S. 126; Langkeit, Staatenimmunität und Schiedsgerichtsbarkeit, S. 83 f. m.w.N. 31 ECOSOC, UN Dok. E/2822 1956, Stellungsnahme Österreichs zu Art. 1; Langkeit, Staatenimmunität und Schiedsgerichtsbarkeit, S. 84; Cappelli-Perciballi, Int’l Law 12 (1978), 197, 198. 32 Langkeit, Staatenimmunität und Schiedsgerichtsbarkeit, S. 84 f. 33 Langkeit, Staatenimmunität und Schiedsgerichtsbarkeit, S. 85. 34 Cappelli-Perciballi, Int’l Law 12 (1978), 197, 199. 35 Hermann, Implementing Legislation, 135, 140; Fouchard/Gaillard/Goldman, On international commercial arbitration, S. 130; Fox/Webb, The Law of State Immunity, S. 390; Fox, State Immunity and the New York Convention, 829, 845; außer von Hermann wird das Circular auf 1967 datiert. Dies scheint jedoch ein Übertragungsfehler zu sein, da China erst 1987 dem NYÜ beigetreten ist. Siehe nur Kniprath, Die Schiedsgerichtsbarkeit der CIETAC, S. 24; Alford/Ku/Xiao, UCLA Pac. Basin L.J 33 (2016), 1; Reinstein, Int’l & Comp. L. Rev. 16 (2005), 37, 50 f. 36 Langkeit, Staatenimmunität und Schiedsgerichtsbarkeit, S. 85.

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Kap. 1: Anwendung int. Abkommen bei Durchsetzung von ISDS-Entscheidungen

zu folgen. Denn auch wenn ein Staat von der Ausnahmevorschrift in Art. I Abs. 3 NYÜ Gebrauch gemacht hat, führt dies nicht zu einer Unanwendbarkeit des Übereinkommens auf ISDS-Schiedssprüche, da ISDS-Streitigkeiten als Handelssachen anzusehen sind. Der Investor unternimmt eine Investition, um mit ihr im Gaststaat kommerziell tätig zu sein. Darum sind ausländische Investitionen als Handelssachen im Sinne des NYÜ zu behandeln. Dieses Ergebnis lässt sich mit dem Annex zu Art. 17 zum Übereinkommen der Vereinten Nationen über die Immunität der Staaten und ihres Vermögens von der Gerichtsbarkeit untermauern.37 Demnach werden vom Begriff des „privatwirtschaftlichen Rechtsgeschäfts“ auch Investitionsangelegenheiten umfasst.38 Dieses Übereinkommen hat auch die Volksrepublik China unterzeichnet,39 weshalb es widersinnig wäre, wenn sie ISDS-Streitigkeiten weiterhin nicht unter das kommerzielle Schiedsverfahren umfassende NYÜ subsumieren würde. Das UNCITRAL Model Law on International Commercial Arbitration versteht unter „commercial arbitration“ ebenfalls Streitigkeiten aus Investitionen, wie sich aus der Fußnote 2 zu Art. 1 des Model Law40 ergibt.41 „Handelssachen“ im Sinne von Art. 1 Abs. 3 S. 2 NYÜ sind auch nicht gleichbedeutend mit acta iure gestionis, weshalb nicht nur diese darunterfallen können.42 Fragen der staatlichen Souveränität können zudem besser auf Ebene der Gerichtsbarkeit über den Staat im jeweiligen Verfahren, also bei der Staatenimmunität, beachtet werden. Um sicher zu gehen, dass das NYÜ auch auf ISDS-Schiedssprüche Anwendung findet, wird regelmäßig in BITs eine Klausel aufgenommen, wonach es sich bei den von ihnen umfassten Streitigkeiten um solche aus einer kommerziellen Transaktion im Sinne des Art. I Abs. 3 NYÜ handele.43 Allerdings ist zu bemerken, dass eine solche Klausel lediglich in Bezug auf die Vertragsstaaten des jeweiligen BIT bindend ist. Dritte Staaten könnten darum weiterhin nach ihrem nationalen Recht entscheiden, ob sie ISDS-Verfahren als vom NYÜ umfasst ansehen. Da Deutschland von der Ausnahme in Art. I Abs. 3 NYÜ keinen Gebrauch mehr macht, ist dieser Punkt für die Durchsetzung in Deutschland jedoch nicht von Be37

Fox, State Immunity and the New York Convention, 829, 845; Fox/Webb, The Law of State Immunity, S. 391. 38 Der Text des Annex lautet: „Der Begriff ,privatwirtschaftliches Rechtsgeschäft‘ schliesst Investitionsangelegenheiten mit sich ein.“. 39 Fox/Webb, The Law of State Immunity, S. 291. 40 Der Text der Fußnote lautet: „The term ,commercial‘ should be given a wide interpretation so as to cover matters arising from all relationships of a commercial nature, whether contractual or not. Relationships of a commercial nature include, but are not limited to, the following transactions: […] investment; […].“. 41 Barbosa, TDM 6 (2009), 1, 4 f. 42 Vgl. Langkeit, Staatenimmunität und Schiedsgerichtsbarkeit, S. 86. 43 Barbosa, TDM 6 (2009), 1, 4.

A. Multilaterale Abkommen

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deutung. In Deutschland sind ISDS-Verfahren somit in jedem Fall vom Anwendungsbereich des NYÜ erfasst. 5. Exkurs: Die Theorie vom delokalisierten oder anationalen Schiedsspruch Teilweise besteht die Auffassung, manche Schiedssprüche seien keinem bestimmten Herkunftsstaat zuzuordnen, da sie alleine auf Völkerrecht, Parteiabsprachen und sonstigen, von nationalem Recht unabhängigen, Regelungen beruhten.44 Vielmehr müssten sie als „delokalisierte“, „denationalisierte“ oder „anationale“ Schiedssprüche45 angesehen werden.46 Auch für ISDS-Schiedssprüche wurde diskutiert, ob sie hier eingeordnet werden sollten.47 Dies folgt aus dem Streit über die Rechtsnatur der ISDS-Schiedsverfahren. Teilweise wurden sie als von den nationalen Rechtsordnungen abgekoppelte „genuin völkerrechtliche“ oder „transnationale“ Schiedsverfahren angesehen.48 Ob eine solche Kategorie tatsächlich besteht, ist bis heute noch nicht abschließend geklärt.49 Nichtsdestotrotz ist unabhängig von ihrer tatsächlichen Existenz fraglich, ob auf Schiedssprüche, die unter diese Kategorisierungen fallen sollen, das NYÜ Anwendung finden würde.50 Da Schieds44 van den Berg, The New York Arbitration Convention of 1958, S. 29; vgl. Rensmann, Anationale Schiedssprüche, S. 71. 45 Zu noch weiteren deutschsprachigen Bezeichnungen siehe nur Solomon, Die Verbindlichkeit von Schiedssprüchen, S. 449; sowie Rensmann, Anationale Schiedssprüche, S. 31 f; im Englischen auch „floating awards“, siehe Nagel/Gottwald, Internationales Zivilprozessrecht, § 18, Rn. 231; Schwab/Walter/Baumbach, Schiedsgerichtsbarkeit, Kap. 53, Rn. 2. 46 Vgl. Toope, Mixed international arbitration, S. 17 ff.; Reinisch, § 18 Die Beilegung von Investitionsstreitigkeiten, 925, 931; Schlosser, Das Recht der internationalen privaten Schiedsgerichtsbarkeit, Rn. 193 ff.; Haas, Anerkennung und Vollstreckung ausländischer und internationaler Schiedssprüche, S. 121 ff. 47 van den Berg, ICSID Rev. 1987, 439, 442; Haas, Anerkennung und Vollstreckung ausländischer und internationaler Schiedssprüche, S. 120; Solomon, Die Verbindlichkeit von Schiedssprüchen, S. 454; Stein/Jonas-Schlosser, Anh. § 1061, Rn. 14; Reinisch, § 18 Die Beilegung von Investitionsstreitigkeiten, 925, 931, m.w.N. 48 Siehe Reinisch, § 18 Die Beilegung von Investitionsstreitigkeiten, 925, 931, m.w.N., sowie der Verfahrensgang im Fall S. E.E.E. ./. Jugoslawien, ausführlich dargestellt in van den Berg, The New York Arbitration Convention of 1958, S. 41 ff. und in Haas, Anerkennung und Vollstreckung ausländischer und internationaler Schiedssprüche, S. 123 ff. 49 Für die Existenz z. B. Schwab/Walter/Baumbach, Schiedsgerichtsbarkeit, Kap. 53, Rn. 1; wohl auch van den Berg, The New York Arbitration Convention of 1958, S. 29 ff.; J. Berger, SchiedsVZ 2017, 282, 289; Rensmann, Anationale Schiedssprüche, S. 29; gegen die Existenz z. B. Solomon, Die Verbindlichkeit von Schiedssprüchen, S. 467 ff.; BeckOK ZPO-Wilske/ Markert, § 1061, Rn. 5; Zöller-Geimer, § 1061, Rn. 11; Ritlewski, SchiedsVZ 2007, 130, 133. 50 Dagegen: Schwab/Walter/Baumbach, Schiedsgerichtsbarkeit, Kap. 53, Rn. 2; van den Berg, ICSID Rev. 1987, 439, 456; van den Berg, The New York Arbitration Convention of 1958, S. 34 ff., der jedoch auf S. 40 bemerkt, dass die Anwendung nur dann verweigert werden kann, wenn ein Gericht am tatsächlichen Schiedsort feststellt, dass der Schiedsspruch nicht unter das Recht des Landes fällt. Dies wird aber nur selten der Fall sein, da ja bereits die Existenz von

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Kap. 1: Anwendung int. Abkommen bei Durchsetzung von ISDS-Entscheidungen

sprüche heute weit überwiegend51 als einem bestimmten Schiedsstaat zugehörig angesehen werden, hat diese Problematik jedoch keine wirkliche praktische Relevanz mehr.52 So ist auch in der ZPO das Konzept des „anationalen Schiedsspruchs“ nicht vorgesehen.53 Lediglich der Sitz des Schiedsgerichts muss bestimmbar sein um ihn einer Rechtsordnung zuzuordnen (vgl. § 1025 Abs. 2 ZPO).54 Solange das deutsche Recht lediglich auf dieses Kriterium abstellt, ist eine Kategorisierung unter den Begriff des „anationalen Schiedsspruchs“ zumindest für die Durchsetzbarkeit in Deutschland unerheblich.55 6. Anwendbarkeit des NYÜ auf die Europäische Union Mit dem Inkrafttreten des Vertrags von Lissabon zum 1. Dezember 2009 wurde der EU von ihren Mitgliedstaaten in Art. 207 Abs. 1 S. 1 AEUV die ausschließliche Kompetenz für den Bereich der ausländischen Direktinvestitionen übertragen.56 Seitdem tritt sie als neuer, bedeutender Akteur auf diesem Gebiet auf.57 In ihrer Kompetenzwahrnehmung ist die EU bestrebt, Freihandelsabkommen mit Drittstaaten abzuschließen, die ihrerseits auch ISDS-Mechanismen vorsehen.58 Im Hinblick auf die hierauf gestützten Entscheidungen59 ist auch das Verhältnis der EU zum NYÜ von Interesse, welches im Folgenden dargestellt wird.

anationalen Schiedssprüchen umstritten ist. Dafür: Herdegen, RIW 1989, 329, 336; Rensmann, Anationale Schiedssprüche, S. 221; Haas, Convention on the Recognition and Enforcement of Foreign Arbitral Awards, Rn. 24 ff.; Solomon, Die Verbindlichkeit von Schiedssprüchen, S. 456; Schreuer, ICSID Convention, Art. 54, Rn. 20; Solomon, International Commercial Arbitration, 45, 60, Rn. 35; Reinisch, Enforcement of Investment Awards, 671, 672 f., mit der Begründung, auch anationale Schiedssprüche seien „awards not considered as domestic awards“. 51 Zur Behandlung von ICSID-Schiedssprüchen siehe unten S. 46. 52 Reinisch, § 18 Die Beilegung von Investitionsstreitigkeiten, 925, 931. 53 MüKo ZPO-Münch, § 1061, Rn. 8; BeckOK ZPO-Wilske/Markert, § 1061, Rn. 5. 54 Böckstiegel, IPRax 1982, 137 f., bezugnehmend auf das dort im Anschluss abgedruckte Urt. des OLG Frankfurt a.M. vom 11. 03. 1981, 21 U 172/80; Nagel/Gottwald, Internationales Zivilprozessrecht, § 18, Rn. 231; oder es werden zwar anationale Schiedssprüche anerkannt, jedoch als nach der ZPO durchsetzbar angesehen. So Musielak/Voit-Voit, § 1061, Rn. 4; Ritlewski, SchiedsVZ 2007, 130, 134. 55 Vgl. Kröll, § 1061 – Foreign Awards, 443, Rn. 15. 56 Rovetta, Investment Arbitration in the EU After Lisbon, 221; Griebel, Die neue EUKompetenz für ausländische Direktinvestitionen, 211; Ratz, International and European law problems, S. 30. 57 Bungenberg/Griebel/Hindelang, Vorwort, 5. 58 Siehe hierzu im Detail unten S. 67 ff. 59 Es ist noch nicht abschließend geklärt, ob es sich bei diesen Entscheidungen um Schiedssprüche i.S.d. NYÜ handelt. Diese Frage wird unten ab S. 71 ff. ausführlich erörtert.

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a) Durchsetzung von Schiedssprüchen durch die Europäische Union Die EU ist dem NYÜ nicht beigetreten. Ein solcher Beitritt ist auch unwahrscheinlich, da nach Art. IX Abs. 1 i.V.m. Art. VIII Abs. 1 NYÜ nur Staaten dem Übereinkommen beitreten können.60 Die Europäische Union unterhält auch keine separaten Vollstreckungsgerichte. Schiedssprüchen kann also nicht durch eigene Gerichte der EU zur Durchsetzung verholfen werden. Da die gerichtliche Durchsetzung eines Schiedsspruchs jedoch sinnlogisch jeweils auf dem Gebiet eines Staates stattfindet, kann sich der Vollstreckungsgläubiger auf dem Gebiet der EU jeweils an die nationalen Gerichte wenden und diese für die Anerkennung seines Schiedsspruchs anrufen. Es besteht somit kein Bedarf für eine zusätzliche Durchsetzung durch die EU, weshalb es unter diesem Aspekt gleichgültig ist, ob diese dem NYÜ beitritt. b) Durchsetzung von Entscheidungen mit der Europäischen Union als Streitpartei Nicht ganz unproblematisch ist hingegen, ob das New Yorker Übereinkommen auch Schiedssprüche umfasst, bei denen ein Investor gegen die EU vorgegangen ist, die EU also Streitpartei ist.61 Die EU kann Streitpartei in einem Streitbeilegungsverfahren sein. Dies ergibt sich schon aus ihrer Fähigkeit völkerrechtliche Verträge abzuschließen.62 Die Konstellation, in der dies relevant werden würde, wäre diejenige, bei der die EU selbst ein Schiedsverfahren gewonnen hat und nun versucht den erlangten Schiedsspruch in einem Staat durchzusetzen, dieser aber der Meinung ist, er könnte die Durchsetzung auch aus anderen als den im NYÜ genannten Gründen verweigern. Unerheblich für die generelle Anwendung des NYÜ ist, dass die EU selbst nicht Mitglied des NYÜ ist. Das NYÜ verlangt nicht, dass die Streitparteien selbst das Übereinkommen abgeschlossen haben.63 Andernfalls müssten sämtliche private Schiedsparteien ebenfalls das NYÜ unterzeichnen, was jedoch nicht möglich ist. Die Mitgliedschaft als solche ist somit für eine Anwendung nicht ausschlaggebend. Losgelöst hiervon wird zudem die Frage aufgeworfen, ob das NYÜ überhaupt auf eine supranationale Organisation wie die EU Anwendung findet.64 Gemäß Art. I Abs. 1 ist das Übereinkommen anwendbar auf „[…] Rechtsstreitigkeiten zwischen natürlichen oder juristischen Personen […]“. Es wird teilweise in Frage gestellt, ob 60

Ahner, Investor-Staat-Schiedsverfahren nach Europäischem Unionsrecht, S. 248 f. Ratz, International and European law problems, S. 291 ff. 62 Hindelang, The Autonomy of the European Legal Order, 187, 188, Fn. 8. 63 Ratz, International and European law problems, S. 291. 64 Ratz, International and European law problems, S. 292; ohne genauere Begründung verneint in Stein/Jonas-Schlosser, Anh. § 1061, Rn. 13 für „Schiedssprüche zwischen der EG und einem aus dem Europäischen Entwicklungsfond begünstigten Staat“. 61

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es sich bei der EU um eine „Person“ im Sinne von Art. I Abs. 1 NYÜ handelt.65 Dass die EU aus Staaten besteht, die ihrerseits unter das NYÜ fallen, spricht dafür, dass auch die EU darunterfallen sollte.66 Überdies ist zu bemerken, dass in den bisher unter Mitwirkung der EU verhandelten Freihandelsabkommen mit ISDS-Mechanismus jeweils auch die Anwendbarkeit des NYÜ vorgesehen ist.67 Somit scheinen zumindest die Parteien dieser Abkommen davon auszugehen, dass die EU eine Person im Sinne des NYÜ ist. Es besteht auch kein Interesse für Drittstaaten der EU diesen Status zu verweigern, da sich die EU wohl kaum darauf berufen wird, dass sie nicht unter das NYÜ fällt, insbesondere da dies in besagter Konstellation für sie von Nachteil wäre. Andernfalls würde sich die EU zudem widersprüchlich verhalten im Hinblick auf die von ihr selbst ausgehandelten Abkommen. Zudem sind die Kriterien des NYÜ weit auszulegen, was für einen eher erläuternden Charakter der Begriffe der „natürlichen oder juristischen Personen“ spricht.68 Wenn man nun davon ausgeht, dass die Rechtsnatur der EU einer Anwendung des NYÜ nicht entgegensteht, bedeutet das noch nicht, dass sich die EU auch auf diese Anwendung berufen kann. Ein Argument gegen diese Möglichkeit ergibt sich aus Art. IX des NYÜ, wo es heißt „Ein Vertragsstaat darf sich gegenüber einem anderen Vertragsstaat nur insoweit auf dieses Übereinkommen berufen, als er selbst verpflichtet ist, es anzuwenden.“.69 Kein Staat kann demnach etwas verlangen, was er nicht selbst bereit ist zu gewähren.70 Das Übereinkommen spricht hier explizit von Staaten. Bei der EU handelt es sich aber zweifellos nicht um einen Staat. Somit kann argumentiert werden, dass sich die EU nicht auf ein eigenes Recht berufen kann, da sie als Nichtmitglied des NYÜ selbst nicht den Schutz gewähren kann, den sie möglicherweise in Anspruch nehmen will. Eine solche Auslegung würde freilich nicht bedeuten, dass gegen die EU gerichtete Schiedssprüche nicht nach dem NYÜ für vollstreckbarerklärt werden können. Aus Sicht des Vollstreckungsstaates kommt es für die Anwendbarkeit des NYÜ ja gerade nur auf das Vorliegen eines ausländischen Schiedsspruchs und die eventuell – in Deutschland nicht71 – geforderte Gegenseitigkeit an. Es geht lediglich darum, ob sich die EU darauf berufen kann, dass das NYÜ zu ihren Gunsten wirkt, wenn ein nationales Gericht einen über das NYÜ hinausgehenden Versagungsgrund anwenden möchte. Selbstverständlich können sich nicht nur Staaten auf das NYÜ berufen. Der weitaus größte Anwendungsbereich findet sich in der privaten Handelsschiedsgerichtsbarkeit, ohne die Beteiligung von staatlichen Akteuren. Dennoch wird vor65

Ratz, International and European law problems, S. 292. Ratz, International and European law problems, S. 292. 67 Siehe unten bei den Vollstreckungsklauseln in EU-Abkommen, S. 67 ff. sowie für den FTA mit Singapur Ratz, International and European law problems, S. 291. 68 Ratz, International and European law problems, S. 293. 69 Ratz, International and European law problems, S. 294. 70 Kronke/Nacimiento/Otto/Port-Nacimiento, 545. 71 Saenger-Saenger, § 1061, Rn. 1; Kühn, SchiedsVZ 2009, 53, 54. 66

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getragen, Art. XIV NYÜ normiere eine generelle Gegenseitigkeitsverpflichtung, die zwar zwischen zwei Staaten bestünde, von welcher jedoch auch private Parteien Rechte ableiten könnten.72 Die geforderte Gegenseitigkeit müsste sich dann für Dritte aus einer Praxis zwischen zwei Staaten ergeben. Fraglich ist aber, welcher Anknüpfungspunkt den Staat bestimmt, auf welchen sich Art. XIV NYÜ bezieht. Ein erster Anknüpfungspunkt könnte der Ort sein, an welchem der Schiedsspruch ergangen ist.73 Dann würde sich die Gegenseitigkeit danach richten, ob der Schiedsstaat die Gegenseitigkeit gewährt, also auch das NYÜ unterzeichnet hat. Die rechtliche Einordnung der EU wäre dann unerheblich, da es lediglich auf den Ort des Schiedsgerichts ankäme. Ein anderer Anknüpfungspunkt wäre hingegen die Nationalität derjenigen Partei, die sich auf das NYÜ beruft.74 Dann müsste deren Heimatstaat Mitglied des NYÜ sein, damit sie als Staatsangehörige in den Genuss des NYÜ kommt. Dies würde Sinn ergeben, sähe man Art. I Abs. 3 NYÜ als Voraussetzung für die generelle Anwendbarkeit des NYÜ durch die nationalen Gerichte und Art. XIVals Voraussetzung für das Recht, sich auf die einzelnen Bestimmungen des NYÜ zu berufen.75 In diesem Fall wäre jedoch ein abgeleitetes Recht der EU problematisch, da die EU-Staaten nicht als „Heimatstaat“ der EU anzusehen sind. Der EU wird zwar von ihren Mitgliedstaaten in Art. 47 EUV Rechtspersönlichkeit zuerkannt76 und auch gegenüber Nichtmitgliedern entfaltet sie Rechtsfähigkeit77. Dennoch kann sie nicht als „Staatsangehöriger“ eines Mitgliedstaats des NYÜ angesehen werden.78 Auch hat die EU keine Anteilseigner, deren Staatsangehörigkeit in sie einfließt.79 Darum könnte man aus einer rein formalistischen Betrachtungsweise annehmen, dass sich die EU nicht auf das NYÜ berufen kann. Neben den Ansichten, welche die Rechte der Schiedsparteien bei der Durchsetzung von Schiedssprüchen von Staaten ableiten, gibt es auch Meinungen, welche eine solche Verknüpfung ablehnen. Dies wird zum einen mit dem Wortlaut des Art. XIV NYÜ begründet, welcher ausdrücklich nur die Vertragsstaaten in Bezug nimmt.80 Damit seien lediglich die Partner des Abkommens gemeint und nicht diejenigen Personen, die sich auf das Abkommen im Rahmen der Durchsetzung eines 72

Born, International commercial arbitration, S. 2393 f. Vgl. van den Berg, The New York Arbitration Convention of 1958, 65 f., der die Nationalität für die Anwendbarkeit des NYÜ generell für unbeachtlich hält. 74 Born, International commercial arbitration, S. 2394. 75 Siehe Born, International commercial arbitration, S. 2394, der wenig Sinn darin sieht Art. XIV und Art. I Abs. 3 als Duplikate zu betrachten. 76 Vgl. Shaw, International law, S. 192. 77 Siehe nur Calliess/Ruffert-Ruffert, Art. 47 EUV, Rn. 6; Grabitz/Hilf/Nettesheim-Dörr, Art. 47 EUV, Rn. 23. 78 Ratz, International and European law problems, S. 296. 79 Vgl. Ratz, International and European law problems, S. 296. 80 Kronke/Nacimiento/Otto/Port-Nacimiento, 548. 73

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Schiedsspruches berufen. Zudem sei die Klausel systematisch am Ende des Übereinkommens zwischen anderen Klauseln zu völkerrechtlichen Aspekten eingefügt und habe keinen Bezug zu dem sonstigen Inhalt des Übereinkommens.81 Dieser Ansicht ist zu folgen. Es gibt innerhalb des NYÜ keinerlei Anhaltspunkte dafür, dass eine Streitpartei bestimmte Voraussetzungen erfüllen muss, um in den Genuss des NYÜ zu kommen. Das NYÜ ist geprägt durch eine durchsetzungsfreundliche Intention der Mitgliedstaaten. Das Exequatur soll gerade nur dann verweigert werden können, wenn einer der explizit in Art. V NYÜ genannten Versagungsgründe vorliegt. Eine Anknüpfung an die Nationalität ist nirgends vorgesehen. Zudem spricht Art. I Abs. 3 NYÜ für diese Ansicht. Darin ist festgelegt, dass ein Staat die Anwendung des NYÜ davon abhängig machen kann, ob der Staat, in welchem der Schiedsspruch erging, ebenfalls Mitglied des Übereinkommens ist. Hier wird also ausdrücklich der Schiedsort als Anknüpfungspunkt bezeichnet und gleichzeitig festgelegt unter welchen Bedingungen dieser herangezogen werden kann; nämlich nur dann, wenn der Vollstreckungsstaat hierauf nicht verzichtet. Wäre überdies die Nationalität einer Streitpartei ausschlaggebend, so hätte dies festgeschrieben werden können. In Staaten wie Deutschland, die auf den Gegenseitigkeitsvorbehalt in Art. I Abs. 3 NYÜ verzichtet haben,82 kann ein solcher somit auch kein Hindernis für die Durchsetzung eines zu Gunsten der EU ergangenen Schiedsspruches sein. Auch die deutsche Praxis spricht für diese Ansicht. Es ist nicht ersichtlich, dass in einem Verfahren der Vollstreckbarerklärung eines Schiedsspruchs jemals die Nationalität einer Schiedspartei für die Anwendung des NYÜ geprüft wurde.83 Ebenfalls wird in der ZPO nicht zwischen verschiedenen „Typen“ von juristischen Personen unterschieden. Zu dem Ergebnis der Anwendbarkeit zugunsten der EU kommt auch Ratz, indem er die ratio legis des NYÜ heranzieht und argumentiert, dass es sich bei Art. XIV NYÜ um eine reine Versicherung der Gegenseitigkeit handelt. Dadurch, dass alle EU-Mitgliedstaaten auch Mitglieder des NYÜ sind, sei auf dem Gebiet der EU die Gegenseitigkeit gewährleistet und die Gegenseitigkeit durch die EU sei darum schlicht nicht notwendig.84 Dieser Ansicht ist jedoch entgegenzuhalten, dass es sich dabei lediglich um eine Momentaufnahme handelt. Würde auch nur ein Staat der Europäischen Union die Gegenseitigkeit nicht mehr gewährleisten85, so wäre auch die Gegenseitigkeit durch die EU plötzlich nicht mehr gegeben. Darum ist der vorgenannten Argumentation zu folgen und die Anwendbarkeit an der fehlenden 81

Haas, IPRax 2000, 432, 433; Haas, Convention on the Recognition and Enforcement of Foreign Arbitral Awards, Rn. 45; Kronke/Nacimiento/Otto/Port-Nacimiento, 548. 82 Der „Vertragsstaatenvorbehalt“ wurde am 31. 08. 1998 zurückgenommen, BGBl. 1999 II, 7; siehe nur: Saenger-Saenger, § 1061, Rn. 1; Kühn, SchiedsVZ 2009, 53, 54. 83 Vgl. Stein/Jonas-Schlosser, § 1061, Rn. 26, wonach irgendwelche Eigenschaften der Schiedsvertragsparteien keine Rolle spielen. 84 Ratz, International and European law problems, S. 296. 85 Hierfür wäre nicht unbedingt ein Austritt aus dem NYÜ notwendig. Born nennt weitere Gründe, die für eine Verneinung der Gegenseitigkeit herangezogen werden könnten, wie z. B. eine abweichende Gerichtspraxis, Born, International commercial arbitration, S. 2394 ff.

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anderweitigen Regelung im NYÜ sowie dem Telos der generellen Durchsetzungsfreundlichkeit des NYÜ festzumachen. Klarzustellen ist, dass die soeben behandelte Frage nicht gleichbedeutend mit derjenigen ist, ob sich EU-Investoren auf den Schutz des NYÜ verlassen können. Diese lässt sich unproblematisch bejahen. Da alle EU-Mitgliedstaaten dem NYÜ beigetreten sind, können sich ihre Investoren auch dann weiter auf das NYÜ berufen, wenn der Vollstreckungsstaat an dem Gegenseitigkeitserfordernis festhält.86 7. Verhältnis des NYÜ zu anderen Abkommen Zwar verweist die ZPO in § 1061 Abs. 1 S. 1 zunächst nur auf das NYÜ, jedoch wird in S. 2 der Norm klargestellt, dass die Vorschriften in anderen Staatsverträgen über die Anerkennung und Vollstreckung von Schiedssprüchen unberührt bleiben.87 Die jeweils günstigeren Regelungen müssen von den nationalen Gerichten von Amts wegen angewendet werden.88 Dies entspricht auch der Vorgabe des Art. VII Abs. 1 NYÜ und dem Meistbegünstigungsgrundsatz.89 Hierbei ist zu beachten, dass jeweils nur ein Regelwerk zu Anwendung kommt. Es darf keine „Rosinenpickerei“ hinsichtlich einzelner Klauseln aus verschiedenen Regelwerken erfolgen.90

II. Das ICSID-Übereinkommen Zwar ist das soeben dargestellte NYÜ in Bezug auf die Gesamtzahl ausländischer Schiedssprüche das wohl bedeutendste Abkommen für die gerichtliche Durchsetzung von Schiedssprüchen.91 Jedoch nehmen die ISDS-Schiedssprüche, auf welche sich diese Arbeit fokussiert, bei dieser Gesamtzahl nur vergleichsweise wenig Raum

86 87 88

Rn. 6.

Ratz, International and European law problems, S. 295. BeckOK ZPO-Wilske/Markert, § 1061, Rn. 4. BGH, NJW-RR 2004, 1504; NJW 1984, 2763, 2764; Stein/Jonas-Schlosser, Anh. § 1061,

89 Schwab/Walter/Baumbach, Schiedsgerichtsbarkeit, Kap. 42, Rn. 24 ff.; MüKo ZPOMünch, § 1061, Rn. 19; Saenger-Saenger, § 1061, Rn. 5 90 Stein/Jonas-Schlosser, Anh. § 1061, Rn. 383; Walter/Wackenhuth, IPRax 1985, 200, 201; Haas, IPRax 1993, 382, 483; van den Berg, The New York Arbitration Convention of 1958, S. 85 f.; Schwab/Walter/Baumbach, Schiedsgerichtsbarkeit, Kap. 42, Rn. 25; Musielak/VoitVoit, § 1061, Rn. 7; BeckOK ZPO-Wilske/Markert, § 1061, Rn. 4; MüKo ZPO-Münch, § 1061, Rn. 20; Solomon, International Commercial Arbitration, 45, 53, Rn. 14; M. R. P. Paulsson, The 1958 New York Convention in action, S. 238; Lefebvre/Meulemeester, Journal of International Arbitration 35 (2018), 413, 432 ff., „cherry-picking“, m.w.N.; siehe auch Quinke, SchiedsVZ 2011, 169, 173; vgl. aber auch die a.A. aufgrund von „Wertungswidersprüchen innerhalb der ZPO“ von Kröll, ZZP 117 (2004), 453, 473 ff. 91 Wehland, Investment Treaty Arbitration, 158, 159, Rn. 3; Burgstaller, Legal issues of economic integration 39 (2012), 207, 212.

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ein.92 Nimmt man nur ISDS-Schiedssprüche in den Blick, so hat das Übereinkommen zur Beilegung von Investitionsstreitigkeiten vom 18. 03. 1965 (auch Weltbankabkommen, WBÜ93 und im Folgenden ICSID-Übereinkommen) einen mindestens genauso großen, wenn nicht sogar größeren Stellenwert. Es wird gar als das wichtigste Abkommen im Bereich der Investitionsschiedsgerichtsbarkeit bezeichnet.94 Etwa 60 % aller bekanntgewordenen ISDS-Verfahren finden oder fanden vor einem ICSID-Schiedsgericht statt.95 Das Internationale Zentrum zur Beilegung von Investitionsstreitigkeiten (englisch International Centre for Settlement of Investment Disputes – ICSID) ist eine der Weltbankgruppe zugehörige Schiedsinstitution mit Sitz bei der Weltbank in Washington, USA.96 Das ICSID-Übereinkommen bildet die Grundlage der ICSID-Schiedsgerichtsbarkeit. Während sich das NYÜ vornehmlich mit der Durchsetzung von Schiedssprüchen befasst, bietet das ICSID-Übereinkommen ein ganzheitliches System, welches sowohl das Schiedsverfahren, als auch Regelungen für das sich unter Umständen daran anschließende Aufhebungs- oder Durchsetzungsverfahren umfasst.97 Dabei werden die Verfahren nicht vom ICSID geführt, sondern von diesem lediglich auf administrativer Ebene betreut.98 In der ersten Hälfte des Jahres 2018 waren dies beispielsweise 279 Verfahren.99 Im Juni 2018 hatten 153 Staaten das Übereinkommen ratifiziert.100 Gemeinsam mit dem NYÜ bildet das ICSID-Übereinkommen die Grundlage für eine weitreichende internationale Gewährleistung der Durchsetzbarkeit von ISDSEntscheidungen,101 weshalb auch der Schwerpunkt dieser Bearbeitung auf diesen beiden Abkommen liegt. 1. Das Durchsetzungsregime des ICSID-Übereinkommens Eine für diese Arbeit wichtige Besonderheit ist das vom NYÜ unabhängige Durchsetzungsregime für die unter dem ICSID-Übereinkommen gefällten Schiedssprüche. Anders als bei den gängigen ad hoc-Schiedsverfahren bedürfen

92

Bis zum 30. Juni 2018 wurden 676 Verfahren beim ICSID registriert. Siehe International Centre for Settlement of Investment Disputes, 2018 Annual Report, S. 11. 93 Vgl. Stein/Jonas-Schlosser, Anh. § 1061, Rn. 454. 94 Burgstaller, JWIT 15 (2014), 551, 556. 95 Bungenberg et al., General Introduction to International Investment Law, 1, 2. 96 Vgl. Art. 2 ICSID. 97 Für einen Gesamtüberblick über die ICSID-Schiedsgerichtsbarkeit siehe Reed/ J. Paulsson/Blackaby, Guide to ICSID arbitration; Schreuer, ICSID Convention. 98 Hopp, ICSID Arbitration Rules, 1357, 1358, Rn. 3. 99 International Centre for Settlement of Investment Disputes, 2018 Annual Report, S. 10. 100 International Centre for Settlement of Investment Disputes, 2018 Annual Report, S. 11. 101 Etwa 75 % aller Staaten haben entweder das NYÜ, das ICSID-Übereinkommen oder beide ratifiziert, siehe: Baetens, Enforcement of Arbitral Awards, 211, 224.

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ICSID-Schiedssprüche für ihre Anerkennung nicht des NYÜ.102 Vielmehr stellt Art. 54 Abs. 1 ICSID klar: „Each Contracting State shall recognize an award rendered pursuant to this Convention as binding and enforce the pecuniary obligations imposed by that award within its territories as if it were a final judgment of a court in that state.“

Damit wird die Durchsetzbarkeit der Schiedssprüche ersichtlich vereinfacht. Versagungsgründe, wie sie im NYÜ aufgelistet sind, gibt es im ICSID-Übereinkommen für monetäre Ansprüche nicht.103 Lediglich bei (seltenen) nicht in Geld zu bemessenen Schiedssprüchen findet auch nach einem ICSID-Verfahren das NYÜ Anwendung.104 Mit dem „Gesetz zu dem Übereinkommen vom 18. März 1965 zur Beilegung von Investitionsstreitigkeiten zwischen Staaten und Angehörigen anderer Staaten“105 (InvStreiÜbkG) wurde das ICSID-Übereinkommen in das deutsche Recht implementiert. Dort heißt es in Art. 2 Abs. 2: „Die auf Grund des Übereinkommens ergangenen Schiedssprüche (Artikel 53 Abs. 2 des Übereinkommens) sind vollstreckbar, wenn die Zulässigkeit der Zwangsvollstreckung aus dem Schiedsspruch gerichtlich festgestellt worden ist. […]“

und in Abs. 4: „Der Antrag, die Zulässigkeit der Zwangsvollstreckung festzustellen, kann nur abgelehnt werden, wenn der Schiedsspruch in einem Verfahren nach Artikel 51 oder Artikel 52 des Übereinkommens aufgehoben worden ist.“

Das Gesetz verweist dabei auf das Verfahren nach den §§ 1062 – 1065 ZPO.106 Während sich Art. 54 ICSID an alle Vertragsstaaten des ICSID-Übereinkommens wendet, richtet sich Art. 53 ICSID an die Parteien des jeweiligen Schiedsverfahrens.107 Art. 53 Abs. 1 ICSID108 bezieht sich auch nicht auf die zwangsweise Durchsetzung eines ICSID-Schiedsspruches. Dieser Artikel stellt lediglich klar, dass die unterlegene Partei verpflichtet ist, den Schiedsspruch zu befolgen.109 Eine Nichtbefolgung stellt eine Vertragsverletzung dar und kann ihrerseits sanktioniert werden. 102

Hopp, ICSID Arbitration Rules, 1357, 1361, Rn. 14. Reed/J. Paulsson/Blackaby, Guide to ICSID arbitration, S. 180 f. 104 Barbosa, TDM 6 (2009), 1, 15 f.; Joemrith, Enforcing arbitral awards against sovereign states, S. 147. 105 BGBl. 1969 II, 369. 106 BeckOK ZPO-Wilske/Markert, § 1061, Rn. 3; vgl. auch OLG Frankfurt a.M., SchiedsVZ, 126, 128; MüKo ZPO-Münch, § 1061, Rn. 19a. 107 Alexandrov, Enforcement of ICSID Awards, 322, 323 f. 108 Der Wortlaut in der englischen Originalfassung lautet: „The award shall be binding on the parties and shall not be subject to any appeal or to any other remedy except those provided for in this Convention. Each party shall abide by and comply with the terms of the award except to the extent that enforcement shall have been stayed pursuant to the relevant provisions of this Convention.“. 109 Alexandrov, Enforcement of ICSID Awards, 322, 323 f.; Herdegen, Internationales Wirtschaftsrecht, § 23, Rn. 37. 103

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Zwischen dem NYÜ und dem ICSID-Übereinkommen besteht in der Praxis kein Konflikt, da sich ein Investor immer auf das ICSID-Übereinkommen berufen wird, sofern dies möglich ist, da das ICSID eine vereinfachte Durchsetzbarkeit garantiert.110 2. Durchsetzung von Schiedssprüchen nach den additional facility rules Neben dem herkömmlichen ICSID-Verfahren wurde 1978 die „Additional Facility for the Administration of Conciliation, Arbitration and Fact-Finding Proceedings“111 geschaffen. Nach diesen Regelungen können auch Schiedsverfahren eingeleitet werden, wenn der Gaststaat nicht Mitglied des ICSID-Übereinkommens ist. Auf die sich hieraus ergebenden Schiedssprüche findet jedoch nicht das aufgezeigte vereinfachte Durchsetzungsverfahren Anwendung, sondern es muss, wie bei anderen ad hoc-Schiedssprüchen, auf das NYÜ zurückgegriffen werden.112 3. Durchsetzung von ICSID-Schiedssprüchen in Nichtmitgliedstaaten Das spezielle Durchsetzungsregime für ICSID-Schiedssprüche gilt nur in Staaten, die Mitglieder des ICSID-Übereinkommens sind. Es wird jedoch allgemein angenommen, dass in Nichtmitgliedstaaten das NYÜ greift, sofern der entsprechende Staat dieses ratifiziert hat.113 Dem ist zuzustimmen, da es sich bei ICSID-Schiedssprüchen eben auch um Schiedssprüche handelt, für welche das NYÜ generell gelten soll. Darum kann es subsidiär herangezogen werden. Da Deutschland Mitglied des ICSID-Übereinkommens ist, ist die Frage für die Durchsetzung eines ICSIDSchiedsspruches in Deutschland jedoch nicht entscheidend. 4. Beitritt der EU zum ICSID-Übereinkommen Bis auf Polen sind alle EU-Staaten Mitglieder des ICSID-Übereinkommens.114 Die EU selbst ist hingegen nicht Mitglied des ICSID-Übereinkommens. Der Wortlaut von Art. 67 ICSID lässt auch lediglich den Beitritt von Staaten zu, nicht

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van den Berg, ICSID Rev. 1987, 439, 441. Abrufbar unter http://icsidfiles.worldbank.org/icsid/icsid/StaticFiles/facility/iii.htm. 112 Schreuer, ICSID Convention, Art. 54, Rn. 21; Reinisch, § 18 Die Beilegung von Investitionsstreitigkeiten, 925, 940; Subramanian, JWIT 14 (2013), 198, 201; Canè, Am. Rev. Int. Arbitr. 15 (2004), 439, 444; Dolzer/Schreuer, Principles of international investment law, S. 310. 113 Canè, Am. Rev. Int. Arbitr. 15 (2004), 439, 444; Baltag, Am. Rev. Int. Arbitr. 19 (2008), 391, 392; Bjorklund, State Immunity and the Enforcement of Investor-State Arbitral Awards, 302, 305; Schreuer, ICSID Convention, Art. 54, Rn. 5; zurückhaltender Uchkunova/Temnikov, ICSID Rev. 2014, 187, 192. 114 Für eine Auflistung aller Mitgliedstaaten siehe https://icsid.worldbank.org/en/Pages/ about/Database-of-Member-States.aspx. 111

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jedoch den Beitritt regionaler Zusammenschlüsse wie der EU.115 Nach allgemeiner Ansicht wäre darum eine kaum realisierbare116 Änderung des ICSID-Übereinkommens nötig, damit die EU ihm beitreten kann.117 Nach Art. 66 Abs. 1 S. 2 ICSID müssen für eine solche Änderung sämtliche Vertragsstaaten zustimmen und die Änderung gemäß der jeweiligen nationalen Vertragsabschlussverfahren ratifizieren.118 Erst dann könnte die EU Mitglied der Konvention werden. Die EU würde durch einen Beitritt zum ICSID-Übereinkommen eine günstigere Position als Wettbewerber um Investitionen erlangen, was nicht im Interesse aller ICSID-Mitgliedstaaten ist.119 Gleichwohl scheint die EU zumindest auszuloten, ob eine Beitrittsmöglichkeit für sie geschaffen werden kann.120 Bis zu einem solchen, unwahrscheinlichen Beitritt der EU kann das ICSID-Verfahren mit seinem vereinfachten Vollstreckungsregime jedoch nicht für Verfahren von Investoren gegen die EU vorgesehen werden. Sofern sich ein Drittstaat darauf einließe, wäre es dennoch möglich, das ICSID-Verfahren in EU-FTAs zumindest für EU-Investoren121 gegen die beteiligten Staaten vorzusehen.122 Für die Durchsetzung von ICSID-Schiedssprüchen innerhalb der EU gilt das oben zur Durchsetzung von Schiedssprüchen nach dem NYÜ geschriebene.

115 Europäische Kommission, Mitteilung der Kommission an den Rat, das Europäische Parlament, den Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss und den Ausschuss der Regionen, KOM(2010)343 endgültig, S. 11; T. Rudolf Braun, Für einen komplementären, europäischen Investitionsschutz, 191, 198; Ahner, Investor-Staat-Schiedsverfahren nach Europäischem Unionsrecht, S. 242; Griebel, Die neue EU-Kompetenz für ausländische Direktinvestitionen, 211, 216, Rn. 16; Burgstaller, JWIT 15 (2014), 551, 557; Burgstaller, The Future of Bilateral Investment Treaties of EU Member States, 55, 70; Burgstaller, Journal of International Arbitration 26 (2009), 181, 215; Burgstaller, Legal issues of economic integration 39 (2012), 207, 213; Tietje, ZEuS 2016, 421, 428. 116 Ahner, Investor-Staat-Schiedsverfahren nach Europäischem Unionsrecht, S. 243 ff.; Burgstaller, The Future of Bilateral Investment Treaties of EU Member States, 55, 70 f.; Burgstaller, Journal of International Arbitration 26 (2009), 181, 216; Burgstaller, Legal issues of economic integration 39 (2012), 207, 214; Griebel, The New EU Investment Policy Approach, 304, 322. 117 Vgl. Europäische Kommission, Mitteilung der Kommission an den Rat, das Europäische Parlament, den Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss und den Ausschuss der Regionen, KOM(2010)343 endgültig, S. 12; vgl. auch Hoffmeister/Ünüvar, From BITS and Pieces towards European Investment Agreements, 55, 77. 118 Ahner, Investor-Staat-Schiedsverfahren nach Europäischem Unionsrecht, S. 243. 119 Bungenberg, EYIEL 2010, 123, 149. 120 Siehe Europäische Kommission, Communication from the Commission to the Council, the European Parliament, the European Economic and Social Committee and the Committee of the Regions – Towards a Comprehensive European International Investment Policy – COM(2010)343 final 2010, S. 10; Lavranos, Designing an International Arbitration System After Opinion 1/09, 199, 215. 121 Abgesehen von Investoren aus Polen. 122 Burgstaller, Legal issues of economic integration 39 (2012), 207, 213.

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Kap. 1: Anwendung int. Abkommen bei Durchsetzung von ISDS-Entscheidungen

III. Das Europäische Übereinkommen über die internationale Handelsschiedsgerichtsbarkeit Das in Deutschland am 21. 01. 1965 in Kraft getretene123 Europäische Übereinkommen über die internationale Handelsschiedsgerichtsbarkeit vom 21. 04. 1961 (EuÜ) ist ein weiteres Abkommen, welches für die Durchsetzung von ISDSSchiedssprüchen relevant werden kann. Die durchsetzungsrelevante Klausel des Übereinkommens findet sich in Art. IX, welcher im Gegensatz zu Art. V NYÜ engere Voraussetzungen für die Versagung der Anerkennung und Vollstreckbarerklärung wegen einer Aufhebung im Ursprungsland normiert,124 und somit in seinem Anwendungsbereich vollstreckungsfreundlichere Regelungen vorsieht. Das Übereinkommen findet gemäß seinem Art. I Abs. 1 a) Anwendung auf „Schiedsvereinbarungen, die […] aus internationalen Handelsgeschäften zwischen natürlichen oder juristischen Personen geschlossen werden, sofern diese bei Abschluss der Vereinbarung ihren gewöhnlichen Aufenthalt oder ihren Sitz in verschiedenen Vertragsstaaten haben“. Diese Formulierung führt zu zwei Problemen bei der Frage, ob auch ISDSSchiedsvereinbarungen unter das EuÜ fallen. Zunächst ist nicht klar, ob auch ISDS-Schiedsvereinbarungen als aus „internationalen Handelsgeschäften“ stammend gesehen werden können. Der Begriff des internationalen Handelsgeschäfts ist in dem Übereinkommen nicht definiert125, jedoch vertragsautonom zu interpretieren,126 weshalb das deutsche Recht nicht herangezogen werden kann.127 Insbesondere richtet er sich nicht nach § 343 HGB.128 In der Literatur wird, ohne speziell auf die ISDS-Schiedsgerichtsbarkeit einzugehen, gefordert, dass mindestens ein Vertragspartner in beruflicher, satzungsmäßiger oder ähnlicher, nicht nur privater Funktion beteiligt ist.129 Ein Anhaltspunkt für eine 123

BGBl. 1965 II, 107. Siehe Solomon, Die Verbindlichkeit von Schiedssprüchen, S. 170; Moller, NZG 2000, 57, 71; Solomon, Interpretation and Application of the New York Convention in Germany, 329, 363; Toope, Mixed international arbitration, S. 113. 125 Solomon, Die Verbindlichkeit von Schiedssprüchen, S. 172. 126 Kaiser, Das europäische Übereinkommen über die internationale Handelsschiedsgerichtsbarkeit vom 21. April 1961, S. 57; B. von Hoffmann, Internationale Handelsschiedsgerichtsbarkeit, S. 52; Hülsen, Die Gültigkeit von internationalen Schiedsvereinbarungen, S. 34; Schlosser, Das Recht der internationalen privaten Schiedsgerichtsbarkeit, Rn. 89; Moller, NZG 2000, 57, 58; Schwab/Walter/Baumbach, Schiedsgerichtsbarkeit, Kap. 42, Rn. 14; Solomon, Die Verbindlichkeit von Schiedssprüchen, S. 172; vgl. auch Gentinetta, Die lex fori internationaler Handelsschiedsgerichte, S. 20 f.; sowie Mezger, RabelsZ 29 (1965), 231, 240. 127 Schwab/Walter/Baumbach, Schiedsgerichtsbarkeit, Kap. 42, Rn. 14. 128 MüKo ZPO-Adolphsen, Art. I EuÜ, Rn. 7. 129 Solomon, Die Verbindlichkeit von Schiedssprüchen, S. 173; Schwab/Walter/Baumbach, Schiedsgerichtsbarkeit, Kap. 42, Rn. 14; Schlosser, Das Recht der internationalen privaten Schiedsgerichtsbarkeit, Rn. 89. 124

A. Multilaterale Abkommen

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solche Auslegung ergibt sich auch aus dem UNCITRAL-Modellgesetz130, da dieses unter Handelsgeschäfte auch „Investitionen“ zählt.131 Der Investitionsschutz basiert gerade darauf, dass eine Partei in kommerzieller Funktion in einem anderen Staat tätig wird. Unerheblich ist darum, wie eine potentiell im Streit stehende regulatorische Maßnahme eines Staates einzuordnen ist. Es besteht kein ersichtlicher Grund, weshalb Investitionsschutzverfahren an dieser Stelle anders behandelt werden sollten als sonstige Verfahren im Zusammenhang mit Handelsgeschäften. Ein anderes Problem ergibt sich daraus, dass sich in ISDS-Verfahren jeweils eine Privatperson und ein Staat gegenüberstehen. Fraglich ist, ob ein Staat eine juristische Person mit gewöhnlichem Aufenthalt oder mit Sitz in einem Vertragsstaat im Sinne der Vorschrift ist. Art. II Abs. 1 EuÜ normiert die Fähigkeit zum Abschluss von Schiedsvereinbarungen für die „nach dem für sie maßgebenden Recht juristischen Personen des öffentlichen Rechts“. Staaten werden oftmals innerhalb ihrer eigenen Jurisdiktion als juristische Personen des öffentlichen Rechts angesehen.132 Dies hilft aber noch nicht darüber hinweg, dass sie keinen gewöhnlichen Aufenthalt oder Sitz in einem Vertragsstaat haben. Sie sind eben selbst der Vertragsstaat. Nach einer rein grammatikalischen Auslegung würden Staaten somit nicht unter das EuÜ fallen. Teilweise wird argumentiert, als „Sitz“ müsse der Ort bezeichnet werden, wo die juristische Person tätig wird.133 Der Begriff würde demnach losgelöst von einem „physischen“ Sitz aufgefasst werden.134 Dennoch scheint sich trotz dieser sprachlichen Ungenauigkeiten eine allgemeine Praxis dahingehend entwickelt zu haben, dass Art. I Abs. 1 a) EuÜ weit auszulegen ist und auch Staaten darunter fallen.135 Dieser Praxis ist zu folgen. Für die private Partei ist es oft nicht ersichtlich, ob ihr der Staat selbst oder eine von diesem separierte Untereinheit gegenübersteht. Das Übereinkommen soll gerade Schwierigkeiten beheben und für die Handelsschiedsgerichtsbarkeit generell Anwendung finden.136 Die Staaten würden sich zudem widersprüchlich verhalten, wenn sie einerseits Investitionen als vom UNCITRAL-Modellgesetz erfasst ansehen und damit die Möglichkeit, Partei eines

130

Vgl. auch Reinisch, Enforcement of Investment Awards, 671, 673; Bubrowski, Internationale Investitionsschiedsverfahren und nationale Gerichte, S. 283, die diese Argumentation für den Vorbehalt in Art. I Abs. 3 NYÜ verwenden. 131 So Fn. 2 zu Art. I UNCITRAL-Modellgesetz: „The term ,commercial‘ should be given a wide interpretation […] Relationships of a commercial nature include, but are not limited to, the following transactions: […] investment […]“. 132 So ist die Bundesrepublik Deutschland als Gebietskörperschaft in Deutschland auch juristische Person des öffentlichen Rechts. Siehe nur Musielak/Voit-Weth, § 50, Rn. 20; BeckOK VwGO-Kintz, § 61, Rn. 4. 133 Kaiser, Das europäische Übereinkommen über die internationale Handelsschiedsgerichtsbarkeit vom 21. April 1961, S. 52. 134 Hascher, YCA XX (1995), 1006, 1010 spricht von „economic concept instead of a legal construction“. 135 Hascher, YCA XX (1995), 1006, 1016; MüKo ZPO-Adolphsen, Art. II EuÜ, Rn. 1. 136 Siehe nur die Präambel des EuÜ.

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Kap. 1: Anwendung int. Abkommen bei Durchsetzung von ISDS-Entscheidungen

Schiedsverfahrens zu sein, akzeptieren, andererseits aber nicht unter das EuÜ fallen wollten. Die Relevanz des EuÜ scheint auf den ersten Blick, ob seiner geringen Mitgliederzahl137, begrenzt zu sein. Allerdings hat das OLG Dresden entschieden, dass es auch über Meistbegünstigungsklauseln zu Gunsten von Drittstaaten wirken kann.138 Dies erweitert seinen Anwendungsbereich erheblich.

B. Bilaterale Abkommen I. Bilaterale Vollstreckungsabkommen Wie bereits oben gezeigt, sind durch das Inkrafttreten des NYÜ aufgrund des lex posterior Prinzips die meisten bilaterale Vollstreckungsabkommen ersetzt bzw. im Bereich der Schiedsgerichtsbarkeit bedeutungslos geworden, nachdem das NYÜ sowohl von der Bundesrepublik als auch von dem entsprechenden Vertragspartner ratifiziert wurde.139 Dennoch gibt es auch bilaterale Abkommen, welche durchsetzungsfreundlichere Regelungen beinhalten und darum über das Meistbegünstigungsprinzip140 weiter Anwendung finden. 1. Deutsch-belgisches Anerkennungs- und Vollstreckungsabkommen Das „Abkommen zwischen der Bundesrepublik Deutschland und dem Königreich Belgien vom 30. Juni 1958 über die gegenseitige Anerkennung und Vollstreckung von gerichtlichen Entscheidungen, Schiedssprüchen und öffentlichen Urkunden in Zivil- und Handelssachen“141 hat seine Besonderheit in Art. 13 Abs. 1, wonach der Schiedsspruch in seinem Erlassstaat vollstreckbar sein muss, was eine Erschwerung im Vergleich zum NYÜ darstellt. Diese Vorgabe wird so interpretiert, dass eine konkrete Vollstreckbarerklärung im Erlassstaat erfolgen muss.142 Voraussetzung für die Anwendung des Abkommens ist sonst nur, dass der Schiedsspruch im Ho137 Das Übereinkommen wurde von 31 Staaten unterzeichnet (Albanien, Aserbeidschan, Belgien, Bosnien-Herzegowina, Bulgarien, Bundesrepublik Deutschland, Burkina Faso, Dänemark, Frankreich, Italien, (ehem.) Jugoslawien, Kasachstan, Kroatien, Kuba, Lettland, Luxemburg, Mazedonien, Moldau, Österreich, Polen, Rumänien, Russland, Serbien-Montenegro, Slowakei, Slowenien, Spanien, Tschechien, Türkei, Ukraine, Ungarn, Weißrussland). 138 OLG Dresden, SchiedsVZ 2007, 327. 139 Genaue Auflistung bei Wieczorek/Schütze-Schütze, § 1061, Rn. 155 ff.; Schütze, Schiedsgericht und Schiedsverfahren, Rn. 560 ff. 140 Vgl. Schwab/Walter/Baumbach, Schiedsgerichtsbarkeit, Kap. 30, Rn. 2. 141 BGBl. 1959 II, 765. 142 Vgl. BT-Drucks. III 919, Denkschrift zu Art. 13 und Bericht der Unterhändler zu Art. 13; Schlosser, Das Recht der internationalen privaten Schiedsgerichtsbarkeit, Rn. 11; Schwab/ Walter/Baumbach, Schiedsgerichtsbarkeit, Kap. 59, Rn. 19.

B. Bilaterale Abkommen

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heitsgebiet eines Vertragsteils ergangen ist.143 Eine Vereinfachung besteht darin, dass lediglich der ordre public als Versagungsgrund entgegengehalten werden kann.144 Da jedoch § 1061 ZPO auch auf in Belgien ergangene Schiedssprüche Anwendung findet, kann zwischen der Anwendung der Abkommen gewählt werden.145 Es darf allerdings keine Rosinenpickerei betrieben und jeweils nur die passende Norm der verschiedenen Abkommen herangezogen werden.146 Möchte man auf die Vollstreckbarerklärung in Belgien verzichten, so greifen dafür alle Versagungsgründe des Art. V NYÜ. 2. Deutsch-tunesischer Rechtshilfe-, Anerkennungs- und Vollstreckungsvertrag Der „Vertrag vom 19. Juli 1966 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Tunesischen Republik über Rechtsschutz und Rechtshilfe, die Anerkennung und Vollstreckung gerichtlicher Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen sowie über die Handelsschiedsgerichtsbarkeit“147 beinhaltet gegenüber dem NYÜ einige vollstreckungsrechtliche Sonderregelungen. Zwar wurde dieser Vertrag bereits vor dem Beitritt Tunesiens zum NYÜ abgeschlossen, jedoch erst danach ratifiziert. Darum gilt das NYÜ als lex posterior und über dies der in ihm vorgesehene Meistbegünstigungsgrundsatz.148 Von Vorteil ist hier Art. 52, welcher engere Gründe für die Versagung der Anerkennung und Vollstreckung vorsieht als das NYÜ. Insbesondere sind Verfahrensfehler keine Versagungsgründe.149 Zudem sind in Nr. 3 spezielle Präklusionsregelungen für den Fall einer fehlenden gültigen Schiedsvereinbarung vorgesehen.150

143

Stein/Jonas-Schlosser, Anh. § 1061, Rn. 498; Nagel/Gottwald, Internationales Zivilprozessrecht, § 18, Rn. 263. 144 BGH, NJW 1978, 1744; Baur et al., Zwangsvollstreckungsrecht, § 58 Rn. 58.6; Schwab/ Walter/Baumbach, Schiedsgerichtsbarkeit, Kap. 59, Rn. 20. 145 BGH, NJW 1978, 1744; vgl. Stein/Jonas-Schlosser, Anh. § 1061, Rn. 157. 146 van den Berg, The New York Arbitration Convention of 1958, S. 85 f.; Stein/JonasSchlosser, Anh. § 1061, Rn. 383; BeckOK ZPO-Wilske/Markert, § 1061, Rn. 4; Mallmann, SchiedsVZ 2004, 152, 159; MüKo ZPO-Adolphsen, Art. VII UNÜ, Rn. 4; M. R. P. Paulsson, The 1958 New York Convention in action, S. 238; Lefebvre/Meulemeester, Journal of International Arbitration 35 (2018), 413, 432 ff., „cherry-picking“, m.w.N.; vgl. auch die a.A. aufgrund von „Wertungswidersprüchen innerhalb der ZPO“ von Kröll, ZZP 117 (2004), 453, 473 ff. 147 BGBl. 1969 II, 889. 148 Schwab/Walter/Baumbach, Schiedsgerichtsbarkeit, Kap. 59, Rn. 29. 149 Schlosser, Das Recht der internationalen privaten Schiedsgerichtsbarkeit, Rn. 112. 150 Schlosser, Das Recht der internationalen privaten Schiedsgerichtsbarkeit, Rn. 112.

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Kap. 1: Anwendung int. Abkommen bei Durchsetzung von ISDS-Entscheidungen

3. Deutsch-amerikanischer Freundschafts-, Handels- und Schifffahrtsvertrag Nach dem Vertrag mit den USA vom 29. 10. 1954151 muss ein Schiedsspruch gemäß Art. VI Abs. 2 zunächst im Erlassstaat für vollstreckbar erklärt worden sein.152 Desweiteren darf lediglich geprüft werden, ob die Anerkennung des Schiedsspruchs gegen die guten Sitten oder die öffentliche Ordnung verstoßen würde. Signifikanter Unterschied zum NYÜ ist, dass der Vollstreckungsgläubiger die „Ordnungsmäßigkeit“ des Schiedsspruchs beweisen muss.153 Die Parteien können sich aber auch auf das NYÜ berufen.154 Der Vertrag findet jedoch nicht auf Schiedsabreden mit einem Staat Anwendung, da er explizit nur von „Staatsangehörigen oder Gesellschaften“ der Vertragsparteien spricht, weshalb der Vertrag bei der Durchsetzung von ISDS-Schiedssprüchen unerheblich ist.

II. Durchsetzungsklauseln in BITs Von besonderer Bedeutung im Zusammenhang mit dieser Arbeit sind selbstredend die Klauseln zur Durchsetzung von ISDS-Entscheidungen in BITs. Deutschland ist Vertragspartner von über 130 BITs155, von denen 89 ein ISDSVerfahren vorsehen.156 Damit ist Deutschland weltweit das Land mit den meisten abgeschlossenen BITs.157 Diese BITs sind in ihrer Gesamtheit bislang noch nicht in Bezug auf die in ihnen enthaltenen Klauseln zur Durchsetzung der auf ihnen basierenden Schiedssprüche besprochen worden.158 Im Folgenden werden darum zunächst der Deutsche Model151

BGBl. 1956 II, 487. Stein/Jonas-Schlosser, Anh. § 1061, Rn. 491; Wieczorek/Schütze-Schütze, § 1061, Rn. 184 f.; Nagel/Gottwald, Internationales Zivilprozessrecht, § 18, Rn. 272 ff. 153 Stein/Jonas-Schlosser, Anh. § 1061, Rn. 491. 154 Nagel/Gottwald, Internationales Zivilprozessrecht, § 18, Rn. 274. 155 Für eine genaue Auflistung (auch mit noch nicht in Kraft getretenen und Alt-BITs) siehe http://www.bmwi.de/Navigation/DE/Service/Investitionsschutzvertraege/investitionsschutzver traege.html. 156 Ebd.; vgl. auch für den Stand 31. 03. 2015 Deutscher Bundestag, BT-Drs. 18/4523 – Kleine Anfrage der FDP zum Freihandelsabkommen mit Vietnam, S. 8 f. Allerdings sind seitdem die BITs mit Indien (am 03. 07. 2017) und Indonesien (am 01. 06. 2017) außer Kraft getreten und der BIT mit Madagaskar (am 17. 10. 2015) hinzugekommen. Die Zahlen weichen überdies je nach Zählweise voneinander ab, da einige BITs noch nicht in Kraft getreten sind, aber schon wirken und andere BITs außer Kraft getreten sind, jedoch noch nachwirken. 157 Escher et al., Investment Arbitration in Germany, 1013, Rn. 27; Karl, ICSID Rev. 1996, 1, 5. 158 Stein/Jonas-Schlosser, Anh. § 1061, Rn. 473 greift sich lediglich beispielhaft das deutsch-indische „Abkommen über die Förderung und den Schutz von Kapitalanlagen“ vom 22. April 1998 heraus; Füracker, SchiedsVZ 2006, 236 bespricht zwar den Modelvertrag 2005, jedoch ohne ein Wort zur Durchsetzung der Entscheidung. 152

B. Bilaterale Abkommen

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BIT und anschließend die einzelnen von Deutschland abgeschlossenen BITs beleuchtet, die momentan in Kraft sind. Vorab ist zu bemerken, dass der EuGH in seiner Achmea-Entscheidung159 entschieden hat, dass Investitionsschutzklauseln „wie Art. 8 des Abkommens zwischen dem Königreich der Niederlande und der Tschechischen und Slowakischen Föderativen Republik über die Förderung und den gegenseitigen Schutz von Investitionen“ nicht mit dem EU-Recht vereinbar seien. Die Entscheidung hat eine Debatte über die generelle Wirksamkeit von ISDS-Klauseln in BITs zwischen zwei EU-Staaten (Intra-EU BITs)160 ausgelöst.161 Dies betrifft im Fall von Deutschland 14 BITs mit anderen EU-Staaten.162 Der BIT mit Polen wurde auf die Entscheidung des EuGH hin von Polen mit Verbalnote vom 17. 10. 2018 mit Wirkung zum 18. 10. 2019 gekündigt. Mit drei Erklärungen vom 15. und 16. Januar 2019 haben die Regierungen der EU-Mitgliedstaaten überdies bekanntgegeben, dass sie die Intra-EU BITs bis spätestens zum 06. 12. 2019 aufheben wollen.163 Da die BITs jedoch bislang noch nicht formell für unwirksam erklärt, respektive aufgekündigt, wurden,164 und auch noch nicht abschließend geklärt ist, ob die Entscheidung des EuGH tatsächlich alle Intra-EU BITs betrifft und wenn ja, welche Konsequenzen dies für bereits anhängige und beendete Verfahren hat,165 werden sie an dieser Stelle mitbehandelt. Überdies können BITs auch Klauseln vorsehen, die ab dem Zeitpunkt des Außerkrafttretens eines Abkommens für eine gewisse Zeit eine Nachwirkung des BIT festsetzen166 (vgl. nur Art. 13 Abs. 3 Deutscher Model BIT, wonach der Vertrag noch 20 Jahre nachwirkt).167 BITs mit Drittstaaten sind von der Entscheidung des EuGH nicht betroffen. Mit dem Vertrag von Lissabon ist die Kompetenz für den Abschluss völkerrechtlicher Verträge auf dem Gebiet ausländischer Direktinvestitionen zwar auf die EU übergegangen (Art. 207 AEUV).168 159

EuGH, SchiedsVZ 2018, 186 – Slowakische Republik gegen Achmea. Dolzer/Schreuer, Principles of international investment law, S. 12. 161 Siehe im Detail dazu unten ab S. 150. 162 Namentlich die BITs mit Bulgarien, Estland, Griechenland, Kroatien, Lettland, Litauen, Malta, Polen, Portugal, Rumänien, Slowakei, Slowenien, Tschechische Republik und Ungarn. 163 Die Erklärungen sind abrufbar unter https://ec.europa.eu/info/publications/190117-bilate ral-investment-treaties_en. 164 Siehe nur die Internetseite des Bundesministeriums für Energie und Wirtschaft, auf welcher die deutschen Intra-EU BITs Anfang 2019 noch als „in Kraft“ angegeben werden: http://www.bmwi.de/Navigation/DE/Service/Investitionsschutzvertraege/investitionsschutzver traege.html. 165 Diese Fragen werden unten in Kapitel 3 ausführlich besprochen. 166 Allerdings sind die Unterzeichnerstaaten der Erklärungen vom 15. Und 16. Januar 2019 der Ansicht, dass diese Klauseln aufgrund der EU-Widrigkeit des Investitionsschutzklauseln ebenfalls nichtig seien. 167 Pérez Nogales, The Role of the European Union in Intra-EU Investment Arbitration: The End of Private Dispute Resolution in Europe?, S. 40; vgl. außerdem Schöbener, Wirtschaft und Verwaltung 2009, 3, 9. 168 Griebel, Die neue EU-Kompetenz für ausländische Direktinvestitionen, 211; Terhechte, Art. 351 AEUV, das Loyalitätsgebot und die Zukunft mitgliedstaatlicher Investitionsschutzverträge, 139, 140. 160

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Kap. 1: Anwendung int. Abkommen bei Durchsetzung von ISDS-Entscheidungen

Allerdings regelt die Verordnung 1219/2012 zur Einführung einer Übergangsregelung für bilaterale Investitionsschutzabkommen zwischen den Mitgliedstaaten und Drittländern, die 2013 in Kraft trat,169 in ihren Artt. 2, 3, dass diejenigen BITs mit Drittländern weitergelten, die vor dem 01. 12. 2009 oder, wenn dies der spätere Zeitpunkt ist, vor dem Beitritt eines EU-Staates unterzeichnet wurden, sofern die Mitgliedstaaten die Kommission hierüber entsprechend dieser Regelungen notifiziert haben.170 Dies gilt solange, bis die EU entsprechende Abkommen mit demselben Drittstaat abgeschlossen hat. Zwar ist die Europäische Kommission bestrebt, auf lange Sicht weite Teile des Investitionsschutzes durch EU-Regelungen zu ersetzen171, allerdings ist nicht zu erwarten, dass diese Bestrebungen in naher Zukunft sämtliche BITs der Mitgliedstaaten obsolet machen. Dies scheint auch die Kommission so zu sehen.172 Der EU dürften schon die Ressourcen fehlen, um tatsächlich zeitnah mit jedem Drittstaat, mit welchem die EU-Mitgliedstaaten BITs abgeschlossen haben, in entsprechende Verhandlungen einzutreten.173 1. Deutscher Model-BIT Der deutsche Model BIT 2009174 (auch Mustervertrag) enthält in seinem Art. 10 Abs. 3 folgende Formulierung: „Der Schiedsspruch ist bindend und unterliegt keinen anderen Rechtsmitteln oder sonstigen Rechtsbehelfen als den im jeweiligen Übereinkommen oder den jeweiligen Schiedsregeln, die dem von dem Investor gewählten Schiedsverfahren jeweils zugrunde liegen, vorgesehenen. Der Schiedsspruch wird von den Vertragsstaaten wie ein rechtskräftiges Urteil vollstreckt.“

Diese an Art. 54 Abs. 1 ICSID-Übereinkommen angelehnte Formulierung ist untern den stärksten möglichen in Bezug auf die Durchsetzbarkeit von ISDSSchiedssprüchen. Nach ihr ist es nicht möglich, die Versagungsgründe des NYÜ gegen die Vollstreckbarerklärung vorzubringen.

169

ABl. 2012 Nr. L 351/40. Sämtliche EU Staaten haben diese Notifizierungen vorgenommen. Siehe ABl. 2016 Nr. C 149/1. 171 Europäische Kommission, Mitteilung der Kommission an den Rat, das Europäische Parlament, den Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss und den Ausschuss der Regionen, KOM(2010)343 endgültig, S. 6. 172 Europäische Kommission, Proposal for a Regulation of the European Parliament and of the Council, COM(2010)344 final 2010, S. 8 f., wo zum ersten Mal sowohl Regelungen zur Aufrechterhaltung von Alt-BITs, als auch zum Neuabschluss von BITs durch die Mitgliedstaaten vorgeschlagen wurden; Griebel, IPRax 2010, 414, 415. 173 Vgl. Griebel, The New EU Investment Policy Approach, 304, 311. 174 Abgedruckt in IPRax 2011, 206. 170

B. Bilaterale Abkommen

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Grundsätzlich soll der Mustervertrag eine gewisse Einheitlichkeit der Rechtsgewährleistung175 schaffen. Ob dies tatsächlich erreicht wird, ist jedoch gerade bei der Durchsetzung der Entscheidungen zweifelhaft. Zum einen gab es in der Vergangenheit Änderungen des Mustervertrages, so dass über die Jahre jeweils abweichende Grundlagen vorlagen.176 Zum anderen hat diese Klausel bislang noch in keinen BIT Deutschlands Einzug gefunden. Darum wird im Folgenden auf die tatsächlich wirksamen Bestimmungen in den einzelnen BITs im Detail eingegangen. 2. Einzelne Durchsetzungsklauseln Lediglich 12 der 89 von Deutschland abgeschlossenen und momentan in Kraft befindlichen BITs mit ISDS-Regelungen sehen keine speziellen Bestimmungen zur Durchsetzung der auf ihnen beruhenden Schiedssprüche vor. Die in den restlichen BITs vorhandenen Klauseln weichen in ihrem Wortlaut teilweise sehr weit voneinander ab. In den 77 hier einschlägigen BITs können mehr als 20 unterschiedlich lautende Formulierungen gefunden werden. Um dennoch eine übersichtliche Darstellung zu ermöglichen, werden die Klauseln im Folgenden in Gruppen zusammengefasst177, in denen eine Besprechung sinnvoll erfolgen kann. a) Die einfachen Durchsetzungsklauseln Die puristischste Version einer Durchsetzungsklausel verweist lediglich auf die innerstaatlichen Vollstreckungsmechanismen. 29 der von Deutschland abgeschlossenen BITs begnügen sich mit einer kurzen Feststellung: „Der Schiedsspruch [ist bindend und] wird nach [bzw. gemäß] innerstaatlichem Recht vollstreckt.“

Diese Klausel findet sich in den BITs mit Antigua und Barbuda178, Argentinien179, Armenien180, Aserbaidschan181, Barbados182, Brunei183, Chile184, Estland185, 175

Schöbener, Wirtschaft und Verwaltung 2009, 3, 9. Siehe Mustervertrag 2005, abgedruckt in englischer Sprache in SchiedsVZ 2006, 245; in deutscher Sprache in ArchVR 45 (2007), 276 ff.; Mustervertrag 1991, abgedruckt in englischer Sprache in ICSID Rev. 11 (1996), 221 ff. 177 Ähnlich die einzelnen Formulierungen in internationalen BITs in Bezug auf die Verpflichtung zur Befolgung des Schiedsspruchs durch den unterlegenen Staat besprechend und eine Kategorisierung in „General Undertakings“, „Intermediate Formulation“ und „Special Dispute Resolution Mechanism“ vornehmend: Reed/Martinez, Treaty Obligation to Honor Arbitral Awards and Diplomatic Protection, 13, 17 ff. 178 BGBl. 2000 II, 858. 179 BGBl. 1993 II, 1244. 180 BGBl. 2000 II, 46. 181 BGBl. 1998 II, 567. 176

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Kap. 1: Anwendung int. Abkommen bei Durchsetzung von ISDS-Entscheidungen

Ghana186, Guatemala187, dem Jemen188, Kambodscha189, Kap Verde190, Kirgistan191, Kuba192, Laos193, Lettland194, Libyen195, Litauen196, der Mongolei197, Oman198, Palästina199, Peru200, Sri Lanka201, Tadschikistan202, Thailand203, der Ukraine204, Usbekistan205 und Vietnam206. Hingegen beinhalten 38 der in Kraft befindlichen BITs eine erweiterte Klausel mit folgendem oder sehr ähnlichem Wortlaut: „Der Schiedsspruch ist bindend und unterliegt keinen anderen als den in dem genannten Übereinkommen vorgesehenen Rechtsmitteln oder sonstigen Rechtsbehelfen. Er wird nach innerstaatlichem Recht vollstreckt.“

Eine solche Formulierung beinhalten 28 der in Kraft getretenen Abkommen, die sowohl ein ICSID-Verfahren als auch ein ad hoc-Schiedsverfahren (gegebenenfalls nach vorheriger gesonderter Vereinbarung) ermöglichen; nämlich die Abkommen mit Äthiopien207, Bahrein208, Belarus209, Botsuana210, Costa Rica211, El Salvador212, 182 183 184 185 186 187 188 189 190 191 192 193 194 195 196 197 198 199 200 201 202 203 204 205 206 207 208 209 210

BGBl. 1997 II, 2047. BGBl. 2004 II, 40. BGBl. 1998 II, 1427. BGBl. 1996 II, 66. BGBl. 1997 II, 2055. BGBl. 2005 II, 725. BGBl. 2007 II, 87. BGBl. 2001 II, 487. BGBl. 1993 II, 947. BGBl. 2005 II, 699. BGBl. 1998 II, 746. BGBl. 1998 II, 1466. BGBl. 1996 II, 94. BGBl. 2009 II, 462. BGBl. 1997 II, 176. BGBl. 1996 II, 50. BGBl. 2008 II, 512. BGBl. 2005 II, 526. BGBl. 1997 II, 197. BGBl. 2002 II, 296. BGBl. 2005 II, 538. BGBl. 2004 II, 48. BGBl. 1996 II, 75. BGBl. 1997 II, 2106. BGBl. 1997 II, 2116. BGBl. 2005 II, 743. BGBl. 2008 II, 494. BGBl. 1996 II, 85. BGBl. 2002 II, 278.

B. Bilaterale Abkommen

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Gabun213, Guinea214, Guyana215, Jordanien216, Kasachstan217, Kenia218, Kroatien219, Kuweit220, dem Libanon221, Madagaskar222, Marokko223, Mazedonien224, Moldau225, Mosambik226, Namibia227, Nicaragua228, Nigeria229, Slowenien230, Swasiland231, Trinidad und Tobago232, Turkmenistan233, den Vereinigten Arabischen Emiraten234, sowie das außer Kraft getretenen Abkommen mit Südafrika235, das zwar unterzeichnete, aber noch nicht in Kraft getretenen Abkommen mit Timor-Leste236 und das neue Abkommen mit Pakistan237. Der BIT mit Hongkong238 spezifiziert, dass nach „einschlägigem“ innerstaatlichem Recht vollstreckt wird, wobei unklar ist, wann die Vollstreckung nach „nicht einschlägigem Recht“ versucht wird. Eine solche Klausel findet sich auch in 9 Abkommen, die ausschließlich ein Verfahren nach dem ICSID-Übereinkommen vorsehen, nämlich in denjenigen mit Afghanistan239, Ägypten240, Bosnien und Herzegowina241, Burkina Faso242, Hondu211

BGBl. 1997 II, 1830. BGBl. 2000 II, 673. 213 BGBl. 2001 II, 478. 214 BGBl. 2008 II, 487. 215 BGBl. 1993 II, 938. 216 BGBl. 2009 II, 469. 217 BGBl. 1994 II, 3730. 218 BGBl. 1998 II, 585. 219 BGBl. 2000 II, 653. 220 BGBl. 1997 II, 166. 221 BGBl. 1998 II, 1439. 222 BGBl. 2008 II, 478. 223 BGBl. 2004 II, 333. 224 BGBl. 2000 II, 646. 225 BGBl. 1997 II, 2073, BGBl. 2005 II, 524. 226 BGBl. 2004 II, 341. 227 BGBl. 1997 II, 186. 228 BGBl. 1998 II, 637. 229 BGBl. 2005 II, 716. 230 BGBL. 1997 II, 2088. 231 BGBl. 1993 II, 956. 232 BGBl. 2008 II, 503. 233 BGBl. 2000 II, 664. 234 BGBl. 1998 II, 1474. 235 BGBl. 1997 II, 2098. 236 BGBl. 2007 II, 109. 237 BGBl. 2011 II, 704 (der Vertrag wurde am 01. 12. 2009 unterzeichnet, ist jedoch noch nicht in Kraft. Bis dahin gilt der alte BIT, BGBl. 1961 II, 793). 238 BGBl. 1997 II, 1848. 239 BGBl. 2007 II, 101. 240 BGBl. 2007 II, 94. 212

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Kap. 1: Anwendung int. Abkommen bei Durchsetzung von ISDS-Entscheidungen

ras243, Jugoslawien244 (weiter wirksam für den Kosovo, Montenegro und Serbien), den Philippinen245, Saudi-Arabien246, St Lucia247 und dem seit dem 01. 06. 2017 außer Kraft getretenen Abkommen mit Indonesien248. Fraglich könnte sein, welches Recht das „innerstaatliche“ Recht im Sinne der Klausel ist. In Betracht kommt dem Wortlaut nach sowohl das Recht des Vollstreckungsstaates als auch das Recht des Staates, in welchem der Schiedsspruch ergangen ist. Allerdings ist nicht anzunehmen, dass, ohne darauf explizit hinzuweisen, ein Staat dazu bereit wäre es zuzulassen, dass die nationale Gesetzgebung eines anderen Staates auf das eigene Verfahren der Durchsetzung eines Schiedsspruches Auswirkung haben sollte. Vielmehr erscheint die Klausel zum Ausdruck bringen zu wollen, dass der BIT im Bereich der Durchsetzung gerade keinen direkten Einfluss haben soll. Darum ist der Verweis als sich auf das nationale Recht des Durchsetzungsstaates beziehend zu verstehen. Die Klauseln sprechen zudem lediglich von „Vollstreckung“ und weder von „Anerkennung“ noch von „Vollstreckbarerklärung“ oder „Zwangsvollstreckung“. Wie bereits oben aufgezeigt, unterscheidet der Gesetzgeber nicht immer genau zwischen den Begriffen. Zwar weckt die Formulierung auch hier zunächst Assoziationen mit der Zwangsvollstreckung, diese erfolgt aber jeweils nur aufgrund eines Titels. Dieser Titel besteht in der jeweiligen Vollstreckbarerklärung.249 Ist ein innerstaatlicher Titel vorhanden, so kann aus ihm (nur) nach innerstaatlichem Recht in diesem Land zwangsvollstreckt werden. Ein Verweis auf das innerstaatliche Zwangsvollstreckungsrecht wäre darum überflüssig. Dem Wortlaut nach ist in der Klausel also ein Verweis auf das Exequaturverfahren zu sehen. Gemeinsam haben die Regelungen somit zunächst, dass sie klarstellen, dass das eigentliche (Zwangs-)Vollstreckungsverfahren komplett aus dem Regelungsbereich ausgenommen und seine Gestaltung dem innerstaatlichen Recht überlassen wird. Dieser Befund deckt sich damit, dass die Klausel auch in Abkommen enthalten ist, die nur ein ICSID-Verfahren vorsehen. Zwar wäre ein Verweis auf ein Exequaturverfahren nach Maßstab des NYÜ widersprüchlich, da das ICSID-Übereinkommen gerade keine staatliche Überprüfung bei der Vollstreckbarerklärung zulässt. Andererseits erhalten auch ICSID-Schiedssprüche in den meisten Staaten ein Exequatur, 241 242 243 244 245 246 247 248 249

BGBl. 2004 II, 314. BGBl. 1998 II, 1457. BGBl. 1997 II, 2064. BGBl. 1990 II, 350. BGBl. 1998 II, 1448. BGBl. 1998 II, 593. BGBl. 1987 II, 13. BGBl. 2005 II, 514. Siehe dazu genauer unten S. 88 ff.

B. Bilaterale Abkommen

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wenngleich auch ohne Überprüfung im Sinne des NYÜ. Da das ICSID-Übereinkommen in seinen Mitgliedstaaten auch in das nationale Recht überführt ist, ist die Klausel somit, je nach anwendbaren Schiedsverfahrensregeln, als Verweis auf das NYÜ oder das ICSID-Übereinkommen zu interpretieren. Im Grunde erscheint die Klausel auf den ersten Blick somit redundant zu sein. So stellt sie doch nur erneut klar, was aufgrund des nationalen Rechts bereits gilt. Nimmt man zudem in den Blick, dass es auch 11 Abkommen gibt, in denen jeglicher Verweis auf das innerstaatliche Verfahren fehlt (Albanien250, Algerien251, Bangladesch252, Georgien253, Iran254, Jamaika255, Katar256, Nepal257, Panama258, Ungarn259 und Uruguay260, ebenso das am 13. 5. 2014 außer Kraft getretene Abkommen mit Bolivien261 und das noch nicht in Kraft getretene Abkommen mit Brasilien262), erscheint die Klausel umso überflüssiger. Der Zweck liegt somit vermutlich primär in der Klarstellungsfunktion dahingehend, dass der Vertragsstaat auch aktiv die Durchsetzbarkeit der Entscheidungen fördern und einschlägiges nationales Recht zur Durchsetzung bereitstellen muss. Unterlässt es der unterlegene Staat, so liegt hierin wieder eine eigenständige Vertragsverletzung. Teilweise wird in der Klausel auch ein Verzicht auf die Immunität für das Exequaturverfahren erblickt. Diese Frage wird unten im Rahmen der Staatenimmunität ausführlich behandelt.263 Die erweiterte Formulierung „[…] unterliegt keinen anderen als den in dem genannten Übereinkommen vorgesehenen Rechtsmitteln oder sonstigen Rechtsbehelfen.“ trifft eine zusätzliche Aussage dahingehend, dass sie klarstellt, dass der Schiedsspruch selbst nicht mehr durch innerstaatliche Gerichte abgeändert werden kann und die inhaltliche Gestaltung des Schiedsspruchs alleine von dem nach den jeweiligen Schiedsverfahrensregeln vorgesehenen Mechanismen und dem nach der Schiedsvereinbarung maßgeblichen materiellen Recht abhängig ist. Das „genannte 250 251 252 253 254 255 256 257 258 259 260 261 262 263

BGBl. 1994 II, 3720. BGBl. 2002 II, 286. BGBl. 1984 II, 838 BGBl. 1998 II, 576. BGBl. 2004 II, 55. BGBl. 1996 II, 58. BGBl. 1998 II, 628. BGBl. 1988 II, 262. BGBl. 1987 II, 2. BGBl. 1987 II, 438. BGBl. 1988 II, 272. BGBl. 1988 II, 254. BGBl. 1998 II, 602. Siehe unten ab S. 109.

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Kap. 1: Anwendung int. Abkommen bei Durchsetzung von ISDS-Entscheidungen

Abkommen“ ist jeweils das ICSID-Übereinkommen, welches in Verträgen mit dieser Formulierung standardmäßig vorgesehen ist, sofern durch die Streitparteien keine abweichende Vereinbarung getroffen wird. Auch diese Formulierung erscheint überflüssig, da sich bereits aus den jeweiligen Schiedsabreden ergibt, dass die nationalen Gerichte nicht zur Entscheidung in der Sache befugt sind. Da diese Formulierung allerdings auch in Abkommen zu finden ist, die auch ein Verfahren nach anderen Regelungen als denjenigen des ICSID-Übereinkommens ermöglichen, kann überlegt werden, ob beispielsweise auch UNCITRAL-Schiedssprüche von ihr umfasst sein sollen. Dies würde dazu führen, dass auch solche Schiedssprüche nicht mehr im Erlassstaat durch nationale Gerichte aufgehoben werden können. Die Gesetzesmaterialien bieten keinen Hinweis, wie diese Bestimmung genau zu interpretieren ist. Würde man jedoch die Aufhebung von UNCITRAL-Schiedssprüchen vor den Gerichten des Erlassstaates gänzlich ausschließen, so entstünden Schiedssprüche, die, gleich wie schwerwiegend die Fehler waren, die zu ihnen geführt haben, unaufhebbar wären. Das ICSID-Aufhebungsverfahren wäre auf sie nämlich auch nicht anwendbar. Zwar könnten nationale Gerichte die Vollstreckbarerklärung verweigern, jedoch sähe sich die unterlegene Partei potentiell Verfahren in einer Vielzahl an Ländern ausgesetzt, ohne jegliche Möglichkeit auf vollständige Beseitigung des fehlerhaften Schiedsspruches. Aus diesem Grund ist der Zusatz so zu verstehen, dass er sich nur auf Schiedssprüche bezieht, die auch nach „dem genannten Übereinkommen“ entstanden sind. b) Direkter Verweis auf das NYÜ In den BITs mit Polen264, der Sowjetunion (welcher für Russland weitergilt)265 und der Tschechischen und Slowakischen Republik266 (welcher für die Slowakei und die Tschechische Republik fort gilt), ist ein direkter Verweis auf das NYÜ enthalten. „Der Schiedsspruch wird anerkannt und vollstreckt nach Maßgabe des Übereinkommens vom 10. Juni 1958 über die Anerkennung und Vollstreckung ausländischer Schiedssprüche.“

Im Gegensatz zu den zuvor genannten Klauseln bezieht sich diese Formulierung eindeutig auf das Exequaturverfahren. Andernfalls würde der Bezug auf das NYÜ keinen Sinn ergeben. Zudem wird hier der Schiedsspruch nicht nur „vollstreckt“, sondern auch „anerkannt“. Im Grunde schreibt die Klausel fest, dass die Regelungen des NYÜ auch dann gelten würde, wenn einer der Staaten nicht Mitglied des NYÜ wäre. Durchsetzungsunfreundlicheres nationales Recht dürfte nicht angewendet werden. Da mittlerweile alle Staaten, mit welchen eine solche Formulierung gewählt 264

BGBl. 1990 II, 606; Änderungsprotokoll in BGBl. 2005 II, 535. Dieser Vertrag und das Änderungsprotokoll wurden von Polen mit Verbalnote vom 17. 10. 2018 gekündigt und werden mit Ablauf des 18. 10. 2019 außer Kraft treten. 265 BGBl. 1990 II, 342. 266 BGBl. 1992 II, 294.

B. Bilaterale Abkommen

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wurde, dem NYÜ beigetreten sind, hat diese Formulierung momentan auch nur klarstellende Relevanz. Jedoch könnte das NYÜ nach seinem Art. XIII gekündigt werden. In einem solchen Fall bestünde die Verpflichtung, das NYÜ weiterhin in Bezug auf Schiedssprüche aus dem BIT anzuwenden.267 Bei der Formulierung der Klausel mit der Sowjetunion war zudem von Relevanz, dass die Sowjetunion damals noch von einer absoluten Immunität der Staaten sowohl im Erkenntnis- wie auch im Zwangsvollstreckungsverfahren ausging, und die Sowjetunion ohne eine solche Klausel für sich absolute Immunität beansprucht hätte.268 c) An ICSID angelehnte Durchsetzungsklauseln Im BIT mit Venezuela269 heißt es in Art. 10 Abs. 5: „Der Schiedsspruch ist bindend und unterliegt keinen anderen als den in dem in Absatz 2 genannten Übereinkommen [ICSID-Übereinkommen] vorgesehenen Rechtsmitteln oder sonstigen Rechtsbehelfen. Die in Absatz 4 genannten finanziellen Verpflichtungen werden gemäß den Bestimmungen dieses Übereinkommens vollstreckt.“

Auch diese Formulierung verwendet das Wort „Vollstreckung“ im Sinne von „Vollstreckbarerklärung“. Das ICSID-Übereinkommen sieht in Art. 54 gerade keine Regelungen zur Zwangsvollstreckung vor, sondern nur zur Anerkennung und Vollstreckbarerklärung. Die Zwangsvollstreckung richtet sich darum wieder nach demjenigen nationalen Recht, das auf rechtskräftige Urteile Anwendung findet. Die Klausel könnte zunächst als reine Klarstellung betrachtet werden. Jedoch sieht der BIT vor, dass die Parteien nach ihrer Wahl auch ein Schiedsverfahren vor einem ad hoc-Schiedsgericht einleiten können (Art. 10 Abs. 2 des BIT). Entweder liegt hier ein Redaktionsfehler vor oder die Durchsetzung von ad hoc-Schiedssprüchen soll analog der ICSID-Regelungen erfolgen. Der BIT gilt nur zwischen den Vertragsparteien und den durch ihn begünstigten Investoren. Dritte Staaten sind in keinem Fall daran gebunden und müssen darum auf ihm beruhende ad hocSchiedssprüche nicht wie ICSID-Schiedssprüche durchsetzen. Ein Redaktionsversehen ist aber nicht anzunehmen. Die Formulierung weicht klar von der überwiegenden Mehrzahl der anderen von Deutschland abgeschlossenen BITs ab, weshalb zu vermuten ist, dass die Formulierung genau so gewollt ist, dass in den Vertragsstaaten jegliche Schiedssprüche gemäß Art. 54 Abs. 1 ICSID wie innerstaatliche Endurteile zu behandeln sind. Auch der Muster-BIT ist, wie gezeigt, auf eine Durchsetzung im Sinne des ICSIDÜbereinkommens ausgelegt, weshalb die Klausel hier einzuordnen wäre. Allerdings ist beachtlich, dass die Formulierung aus dem Muster-BIT („Der Schiedsspruch wird

267 268 269

BGH, SchiedsVZ 2006, 44, 47; NJW-RR 2006, 198, 201. Vgl. BGH, SchiedsVZ 2006, 44, 47; NJW-RR 2006, 198, 200 f. BGBl. 1998 II, 653.

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Kap. 1: Anwendung int. Abkommen bei Durchsetzung von ISDS-Entscheidungen

von den Vertragsstaaten wie ein rechtskräftiges Urteil vollstreckt.“) in keinen einzigen BIT der Bundesrepublik so Einzug gefunden hat. d) Nach Schiedsverfahren differenzierende Klausel Der BIT mit China270 enthält in seinem Art. 9 Abs. 4 eine Klausel, die zwischen einem ad hoc-Schiedsspruch und einem ICSID-Schiedsspruch unterscheidet: „Der Schiedsspruch eines Ad-hoc-Schiedsgerichts ist endgültig und bindend. Jeder Spruch nach dem Verfahren des genannten Übereinkommens [gemeint ist das ICSID-Übereinkommen] ist bindend und unterliegt nur den in dem Übereinkommen vorgesehenen Rechtsmitteln oder Rechtsbehelfen. Die Schiedssprüche werden nach innerstaatlichem Recht vollstreckt.“

Diese Klausel ist ebenso zu interpretieren wie die „einfachen Durchsetzungsklauseln“. Im Grunde ist lediglich die Klarstellungsfunktion genauer, da in ihr noch einmal die Unterschiede zwischen den beiden Arten von ISDS-Schiedssprüchen aufgezeigt werden. Ähnlich ist es im BIT mit Ecuador271, wo es heißt: „Der Schiedsspruch […] ist bindend und wird nach innerstaatlichem Recht vollstreckt. Ein Schiedsspruch, der nach dem Übereinkommen vom 18. März 1965 zur Beilegung von Investitionsstreitigkeiten zwischen Staaten und Angehörigen anderer Staaten ergangen ist, unterliegt keinen anderen als den in diesem Übereinkommen vorgesehenen Rechtsmitteln oder sonstigen Rechtsbehelfen.“

e) Wahlrecht des Investors In dem BIT mit Mexiko272 besteht für den Investor ein Wahlrecht. Die Formulierung in Art. 19 lautet: „(4) Jeder Vertragsstaat wird in seinem Hoheitsgebiet für die ordnungsgemäße Vollstreckung von Schiedssprüchen nach diesem Artikel Sorge tragen […]. (5) Der Staatsangehörige oder die Gesellschaft kann die Vollstreckung eines Schiedsspruchs nach dem ICSID-Übereinkommen oder dem New Yorker Übereinkommen beantragen.“

Die Klausel ist so auszulegen, dass auch ad hoc-Schiedssprüche wie ein rechtskräftiges Urteil behandelt werden können, also keiner Überprüfung nach Art. V NYÜ bedürfen. Bei dieser Formulierung ist der Gläubiger jeweils gut beraten, wenn er sich für die Durchsetzung nach dem ICSID-Übereinkommen entscheidet, um so die Versa-

270 271 272

BGBl. 2005 II, 732. BGBl. 1998 II, 610. BGBl. 2000 II, 866.

B. Bilaterale Abkommen

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gungsgründe des NYÜ zu vermeiden. Gleichwohl gilt diese Wahl lediglich in den Vertragsstaaten und nicht gegenüber Drittstaaten. f) Anwendung des Rechts des Gaststaates Starke Besonderheiten weisen die Klauseln in den BITs mit Angola273, Rumänien274, Simbabwe275 und dem seit dem 03. 06. 2017 außer Kraft getretenen BIT mit Indien276 auf. Sie alle beinhalten eine ähnliche Formulierung wie die folgende, aus dem BIT mit Rumänien entnommene: „Der Schiedsspruch ist bindend und wird nach innerstaatlichem Recht der Vertragspartei, auf deren Hoheitsgebiet die Kapitalanlage vorgenommen wurde, vollstreckt.“

Auch diese Formulierung bezieht sich, genau wie die einfachen Durchsetzungsklauseln, lediglich auf die Vollstreckbarerklärung und nicht auf das nachgelagerte Zwangsvollstreckungsverfahren. Dem Wortlaut nach müsste bei jeder Vollstreckbarerklärung, egal in welchem Staat, das Recht des Vertragsstaats, in welchem die Investition getätigt wurde, Anwendung finden. Obsiegt ein Deutscher Investor in einem Schiedsverfahren gegen Simbabwe und will er nun in Deutschland belegene Rechtsgüter pfänden, so müsste das Exequatur nach dem Recht Simbabwes erfolgen. Jedoch ist fraglich, ob die Vollstreckbarerklärung in Deutschland tatsächlich nach ausländischem Recht erfolgen muss. Schlosser meint, allerdings ohne Begründung, dass die Regelung in dem BIT mit Indien so gelesen werden kann, dass die Regelung die Vollstreckung in einem dritten Staat verbieten soll.277 Da explizit der Staat genannt wird, in welchem die Investition getätigt wurde, wäre nach dieser Auslegung nicht einmal eine Durchsetzung des Schiedsspruchs im Heimatstaat des Investors möglich. Allerdings ist fraglich, ob an diese Bestimmung dritte Staaten überhaupt gebunden sein können. Ergeht ein Schiedsspruch in einem Drittstaat, so wird dieser in der Regel auch nach dem dortigen nationalen Recht durchsetzbar sein. Aus Sicht eines anderen Drittstaates liegt lediglich ein ausländischer Schiedsspruch vor. Auch und gerade das NYÜ sieht mit seiner Meistbegünstigungsklausel vor, dass jeweils das durchsetzungsfreundlichste Recht anzuwenden ist. Drittstaaten wären sowohl nach dem NYÜ, als auch nach dem ICSID-Übereinkommen völkerrechtlich daran gebunden, den Schiedsspruch durchzusetzen. Auch sieht das ICSID-Übereinkommen keine Möglichkeit vor, die Durchsetzbarkeit von auf ihm beruhenden Schiedssprüchen zu beschränken. Würde ein Drittstaat nun unter Verweis auf den BIT 273 274 275 276 277

BGBl. 2005 II, 708. BGBl. 1998 II, 645. BGBl. 1997 II, 1839. BGBl. 1998 II, 619. Stein/Jonas-Schlosser, Anh. § 1061, Rn. 474.

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Kap. 1: Anwendung int. Abkommen bei Durchsetzung von ISDS-Entscheidungen

zwischen Deutschland und Indien die Durchsetzung verweigern, so würde sich der Drittstaat entgegen seiner völkerrechtlichen Verpflichtungen verhalten. Der Vertrag zwischen zwei Staaten kann, aufgrund des pacta tertiis-Grundsatzes, keinen Einfluss auf die völkerrechtliche Pflicht eines anderen Staates haben. Somit kann die Klausel allenfalls so gelesen werden, dass kein weniger günstiges Recht angewendet werden darf, als das Recht des Staates, in welchem die Investition getätigt wurde, es für Schiedssprüche vorsieht. g) Bewertung Größtenteils verweisen die Durchsetzungsklauseln in den von Deutschland abgeschlossenen BITs auf das bestehende nationale Recht. Jedenfalls werden in ihnen kaum günstigere Regelungen zum anwendbaren Recht aufgestellt. Verwunderlich ist, dass die doch sehr durchsetzungsfreundliche Klausel im Deutschen Muster BIT 2009 bislang in keinen einzigen BIT Einzug gefunden hat. Zwar werden Modellverträge in den seltensten Fällen von der anderen Partei bedingungslos akzeptiert,278 dennoch ist ihr Zweck zumindest der einer partiellen Übernahme eigener Standpunkte in den späteren Vertrag. Die fehlende Übernahme wird jedoch daran liegen, dass die BITs allesamt vor 2009 verhandelt wurden, weshalb der Mustervertrag noch keine Berücksichtigung finden konnte, und nicht an der fehlenden Bereitschaft etwaiger Vertragspartner zur Akzeptanz der Klausel. Bislang gab es auch keine entsprechenden Nachverhandlungen. Das Fehlen der Klausel wird in den meisten Fällen keine Auswirkungen haben, da der Großteil der BITs standardmäßig ein ICSIDVerfahren vorsieht und sich die Parteien auf andere Verfahren zunächst verständigen müssten. ICSID-Schiedssprüche müssen die ICSID-Vertragsstaaten aber ohnehin wie innerstaatliche Urteile durchsetzen. Außerdem würde die Klausel lediglich inter partes wirken. Drittstaaten wären an sie nicht gebunden, sondern würden weiterhin ihre nationalen Regelungen, beziehungsweise das NYÜ, anwenden. Dies würde wohl auch die meisten Durchsetzungsversuche betreffen, da der Investor nur in vergleichsweise wenigen Fällen in dem Land den Schiedsspruch durchzusetzen versucht, in dem er auch die Investition getätigt hat, da zu erwarten ist, dass ein sich verweigernder Staat auch Einfluss auf das Exequaturverfahren oder das Verfahren der Zwangsvollstreckung nehmen wird. Festzuhalten bleibt, dass das NYÜ weiterhin relevant bleibt bei der Frage nach der Durchsetzbarkeit von ISDS-Schiedssprüchen, die auf von Deutschland abgeschlossenen BITs basieren.

278

Füracker, SchiedsVZ 2006, 236, 240.

C. Investitionsschutzabkommen mit Beteiligung der EU

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C. Investitionsschutzabkommen mit Beteiligung der EU Mit dem Vertrag von Lissabon ist die Kompetenz für den Abschluss völkerrechtlicher Verträge auf dem Gebiet ausländischer Direktinvestitionen auf die EU übergegangen (Art. 207 AEUV).279 Seitdem ist auch die Europäische Kommission bestrebt, in ihre Freihandelsabkommen Investitionsschutzregeln zu implementieren, beziehungsweise parallele Investitionsschutzabkommen auszuhandeln. Obgleich die Abkommen mit ihren ISDS-Bestimmungen bislang noch nicht in Kraft getreten sind, und im Fall von CETA ein Verfahren vor dem EuGH bezüglich der Vereinbarkeit des Abkommens mit dem EU-Recht erst vor kurzem abgeschlossen wurde,280 stellt sich schon jetzt die Frage, ob und wie Entscheidungen der in ihnen vorgesehenen Streitbeilegungsmechanismen durchsetzbar sein werden. Gerade da der EuGH am 30. 04. 2019 für die Vereinbarkeit der ISDS-Klauseln in CETA mit dem EU-Recht entschieden hat, ist zu erwarten, dass mittelfristig immer mehr vergleichbare Abkommen mit entsprechenden Klauseln in Kraft treten werden. Dies lässt sich daraus schließen, dass die Europäische Kommission ein starkes Interesse daran hat, das ISDS-System innerhalb der EU zu reformieren.281 Die Europäische Kommission hat davon abgesehen, ein „Modell-Freihandelsabkommen“ zu kreieren,282 weshalb die ausgehandelten Texte auch Aufschluss über diese generellen Bestrebungen der Kommission bieten können.283 Die nachfolgenden Ausführungen verfolgen darum primär das Ziel, noch vorhandene Schwächen in den vorliegenden284 Vertragstexten285 aufzuzeigen, damit diese in künftigen Abkommen oder bei der Schaffung eines Multilateralen Investitionsgerichtshofs286 behoben werden können. 279 Griebel, Die neue EU-Kompetenz für ausländische Direktinvestitionen, 211; Terhechte, Art. 351 AEUV, das Loyalitätsgebot und die Zukunft mitgliedstaatlicher Investitionsschutzverträge, 139, 140. 280 EuGH, Antrag auf Gutachten, eingereicht vom Königreich Belgien nach Art. 218 Abs. 11 AEUV (Gutachten 1/17). Der EuGH hat am 30. 04. 2019 für eine Vereinbarkeit der ISDS-Bestimmungen in CETA mit dem EU-Recht entschieden. 281 Vgl. Malmström, Proposing an Investment Court System, https://ec.europa.eu/commis sion/commissioners/2014 – 2019/malmstrom/blog/proposing-investment-court-system_en. 282 Vgl. Europäische Kommission, Mitteilung der Kommission an den Rat, das Europäische Parlament, den Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss und den Ausschuss der Regionen, KOM(2010)343 endgültig, S. 7. 283 Vgl. Reinisch, The likely Content of Future Investment Agreements, 1884, 1885 ff. 284 Über die behandelten Abkommen hinaus befindet sich die EU mit weiteren Staaten in Verhandlungen über FTAs mit ISDS-Vorschriften, zu denen jedoch zum Zeitpunkt der Bearbeitung noch keine Texte öffentlich gemacht worden sind, weshalb hier nicht auf sie eingegangen werden kann. Vgl. zu den laufenden Verhandlungen der EU nur die Internetseite des deutschen Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie, www.bmwi.de/Redaktion/DE/ Artikel/Aussenwirtschaft/freihandelsabkommen-aktuelle-verhandlungen.html. 285 Eine Gegenüberstellung der einschlägigen Klauseln des Singapur-FTA, des CETA und des Vietnam-FTA findet sich bei Hindelang/Hagemeyer, Study In pursuit of an international investment court, S. 168 ff. 286 Siehe dazu den Exkurs unten ab S. 78.

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Kap. 1: Anwendung int. Abkommen bei Durchsetzung von ISDS-Entscheidungen

I. CETA Das „Umfassende Wirtschafts- und Handelsabkommen zwischen Kanada einerseits und der Europäischen Union und ihren Mitgliedstaaten andererseits“, oder Englisch „Comprehensive Economic and Trade Agreement“ (CETA)287 ist, neben dem unten behandelten TTIP, das momentan wohl meistdiskutierte Freihandelsabkommen, welches unter Beteiligung der EU ausgehandelt wurde.288 Es ist am 21. September 2017 vorläufig in Kraft getreten. Für das endgültige Inkrafttreten wird noch die Zustimmung der einzelnen EU-Staaten benötigt. Die bislang fehlende Zustimmung aller EU-Staaten mit CETA hängt mit dem erst vor Kurzem entschiedenen, von der belgischen Regierung initiierten, Gutachtenverfahren vor dem EuGH zusammen, in welchem die Vereinbarkeit des in CETA enthaltenen Investitionsschutzsystems mit dem EU-Recht geprüft wurde.289 Am 29. 01. 2019 hatte sich der zuständige Generalanwalt Bot in seinen Schlussanträgen290 bereits für eine Vereinbarkeit des Abkommens mit dem Unionsrecht ausgesprochen. Dem ist der EuGH nun am 30. 04. 2019 mit seinem Gutachten gefolgt.291 In Abkehr von dem bestehenden System aus ad hoc- beziehungsweise ICSIDSchiedsgerichten ist in dem Abkommen die Einführung eines sogenannten Investitionsgerichtssystems (Investment Court System, im Folgenden ICS) vorgesehen.292 Dieser neue Ansatz soll die anhaltende Kritik an ISDS entkräften und zu einem rechtsstaatlichen Verfahren führen.293 Im CETA-Text finden sich die Regelungen zu diesem ICS in Artikel 8.27. Nach Abs. 2 des Artikels besteht das Gericht in erster Instanz aus 15 öffentlich ernannten Richtern, die sich wiederum in Kammern zu jeweils drei Richtern zusammenfinden (Ab. 6). Zudem ist in Artikel 8.28 eine Rechtsbehelfsinstanz vorgesehen. Beachtlich ist, dass die Ernennung der für das jeweilige Verfahren zuständigen Kammer nach Artikel 8.27 Abs. 7 durch den Präsidenten des Gerichts im Wege eines Rotationsverfahrens vorgenommen wird. Dies stellt eine große Abweichung von dem bisherigen System dar, wonach die Parteien des Verfahrens die Schiedsrichter selbst bestimmen. Aufgrund dieser Regelungen ist es höchst fraglich, auf welchem Wege die Entscheidungen dieses Spruchkörpers durchgesetzt werden können. Zunächst regelt das CETA die Durchsetzung der Entscheidungen in seinem Art. 8.41: In Abs. 4 wird hier 287 Text in deutscher Sprache abrufbar unter http://ec.europa.eu/trade/policy/in-focus/ceta/ ceta-chapter-by-chapter/index_de.htm. 288 Vgl. Krajewski, Investitionsschutz in den neuen EU-Handelsabkommen am Beispiel des Comprehensive Economic and Trade Agreement (CETA), 117. 289 Siehe dazu auch Kübek, CETA’s Investment Court System and the Autonomy of EU Law: Insights from the Hearing in Opinion 1/17, https://doi.org/10.17176/20180704-163430-0. 290 Generalanwalt Bot, Schlussanträge v. 29. 01. 2019 – Gutachten 1/17 – CETA. 291 EuGH – Gutachten 1/17 zu CETA. 292 Zur Entwicklung der Idee eines Investment Court Systems siehe Reinisch, JIEL 2016, 761, 763. 293 Boysen, Außenhandel und europäischer ordre public, 85, 101.

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klargestellt: „Die Vollstreckung des Urteilsspruchs unterliegt den am Vollstreckungsort geltenden Rechtsvorschriften für die Vollstreckung von Urteilen oder Schiedssprüchen.“. In Abs. 5 wird konkretisiert, dass ein Urteilsspruch „als Schiedsspruch zur Regelung von aus einer Handelssache oder Transaktion im Sinne des Artikels 1 des New Yorker Übereinkommens entstandenen Ansprüchen“ gelte. Weiter wird in Abs. 6 klargestellt, dass ein nach den ICSID-Regelungen ergangener Schiedsspruch als Schiedsspruch im Sinne des Abschnitts 6 des ICSID-Übereinkommens zu verstehen sei. 1. Anwendung der ICSID-Regelungen Das CETA sieht in seinem Art. 8.23 Abs. 2 a) vor, dass der Investor ein Verfahren auf Grundlage des ICSID-Übereinkommens und der ICSID-Schiedsordnung einleiten kann. Dies korrespondiert mit dem eben genannten Art. 8.41 Abs. 6. Würden diese Regelungen tatsächlich Anwendung finden, so könnte die Durchsetzung anhand des durchsetzungsfreundlichen Art. 54 Abs. 1 ICSID erfolgen. Art. 8.23 Abs. 4 CETA möchte darum klarstellen, dass eine entsprechende Klage eines Investors den Anforderungen des Art. 25 Abs. 1 ICSID genügt. Allerdings ist höchst fraglich, ob diese Inbezugnahme des ICSID-Übereinkommens in CETA aus Sicht des ICSID überhaupt möglich ist.294 Das ICS weicht in wesentlichen Punkten von dem ICSIDRegime ab. So Schließt das ICSID eine Rechtsmittelinstanz in seinem Art. 53 Abs. 1 in jedem Fall aus.295 Zudem verstößt eine Berufungsinstanz gegen die Intention des Art. 54 Abs. 1 ICSID, wonach der Schiedsspruch sofort wie ein Endurteil zu behandeln ist.296 Hinzu kommt, dass die Parteien die Schiedsrichter nicht frei wählen dürfen, was jedoch im ICSID-System in den Artt. 37 – 40 ICSID gerade vorgesehen ist.297 Unklar ist auch, ob die EU, als Nichtmitglied des ICSID-Übereinkommens, dem ICSID die Mitwirkung an einem ICS überhaupt vorgeben kann.298 Dies ist nach hier vertretener Auffassung zu verneinen, da das ICSID speziell für die Betreuung 294

Vgl. Tietje, ZEuS 2016, 421, 428, Fn. 26. Ausführlich dazu Calamita, JWIT 2017, 585, 604 ff.; Calamita, ICSID Rev. 2017, 611, 613; Tams, Is There a Need for an ICSID Appellate Structure?, 223, 229; Schreuer, ICSID Convention, Art. 53, Rn. 19; Zarra, Studi sull’integrazione europea XIII (2018), 389, 407; siehe aber Reinisch, JIEL 2016, 761, 779 f., der eine solche Abweichung zumindest im inter seVerhältnis als unerheblich ansieht. 296 Zwar gab es in der Vergangenheit einen Vorschlag von Seiten des ICSID hinsichtlich der Schaffung eines Rechtsmittelmechanismus unter dem Dach des ICSID. Dieser sprach jedoch die Durchsetzbarkeit nicht an. Vgl. International Centre for Settlement of Investment Disputes, Possible Improvements of the Framework for ICSID Arbitration 2004, Annex. Überdies müsste dieser Mechanismus exklusiv sein. Vgl. ebd. S. 16. 297 Dickson-Smith, JWIT 17 (2016), 773, 804; Titi, TDM 14 (2017), 24; Calamita, JWIT 2017, 585, 615; Reinisch, JIEL 2016, 761, 777 ist hingegen der Ansicht, dass diese Abweichung weniger problematisch ist. 298 Vgl. Krajewski/R. Tamara Hoffmann, Der Vorschlag der EU-Kommission zum Investitionsschutz in TTIP, S. 13; Calamita, ICSID Rev. 2017, 611, 624, Fn. 69. 295

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von ICSID-Verfahren eingesetzt wurde, und nicht als Sekretariat für beliebige Verfahren.299 Das ICS wird sich darum nicht des ICSID bedienen können, weshalb die Regelungen wohl nicht die Intention ihrer Schaffer umsetzen werden. Um einen ICSID-Schiedsspruch handelt es sich aber nur, wenn auch das ICSID-Übereinkommen Anwendung findet.300 Möglich bliebe allerdings, dass das Verfahren entsprechend der ICSID-Regelungen durchgeführt wird, wobei die ICSID-Regelungen teilweise durch die Regelungen in CETA überschrieben werden.301 Die ICSID-Regelungen würden dann aber nur partiell und ohne Mitwirkung des ICSID Anwendung finden.302 Es kann von dritten Staaten jedoch nicht erwartet werden, dass sie solche Entscheidungen als ICSID-Schiedssprüche ansehen und durchsetzen, obwohl dessen Vorgaben nicht eingehalten wurden.303 Eine solche Forderung würde gegen den in Art. 34 WVK304 festgeschriebenen Völkerrechtsgrundsatz pacta tertiis nec nocent nec prosunt verstoßen,305 wonach Verträge keine Pflichten und Rechte für Drittstaaten begründen, die an diesen Verträgen nicht beteiligt sind.306 Drittstaaten wären also nicht gebunden, da die Bindung nur in Bezug auf „echte“ ICSIDSchiedssprüche gilt.307 Formal läge aber kein ICSID-Schiedsspruch vor, zu dessen Durchsetzung sich die ICSID-Mitgliedstaaten verpflichtet haben.308 Separate Abkommen mit Drittstaaten dahingehend, dass sie die Entscheidungen wie ICSIDSchiedssprüche behandeln,309 wären zwar möglich, jedoch höchst unpraktisch.310 Die CETA-Mitgliedstaaten könnten lediglich intern gemäß Art. 8.41 Abs. 6 CETA 299

Gleichwohl hat das ICSID in der Vergangenheit, ohne Beanstandung durch andere Staaten, in einigen nicht-ICSID-Verfahren administrative Unterstützung geleistet. Hierzu ist es aber nicht verpflichtet. Siehe Calamita, ICSID Rev. 2017, 611, 623 f.; Reed/J. Paulsson/ Blackaby, Guide to ICSID arbitration, S. 20. 300 Bernardini, ICSID Rev. 32 (2017), 38, 43, Fn. 36; ebenfalls gegen den Status als ICSIDSchiedsspruch Calamita, ICSID Rev. 2017, 611, 614. 301 Vgl. Dickson-Smith, JWIT 17 (2016), 773, 803. 302 Im Ergebnis gleich zu behandeln wäre es, wenn man eine Modifikation des ICSIDÜbereinkommens zwischen den EU-Staaten, der EU und Kanada inter se annehmen würde, da Drittstaaten auch an diese Modifikation nicht gebunden wären. Reinisch, JIEL 2016, 761, 771 ff. geht von einer solchen Modifikation aus; ablehnend dagegen Zarra, Studi sull’integrazione europea XIII (2018), 389, 407. 303 Vgl. Wuschka, ZEuS 2016, 153, 170; Reinisch, JIEL 2016, 761, 781 f. 304 „Ein Vertrag begründet für einen Drittstaat ohne dessen Zustimmung weder Pflichten noch Rechte.“. 305 Calamita, JWIT 2017, 585, 615. 306 Dörr/Schmalenbach-Proelß, Art. 34, Rn. 1; Vukas, Treaties, Third-party effect, Rn. 2. 307 Wuschka, ZEuS 2016, 153, 170; Titi, TDM 14 (2017), 27; wohl auch Tietje, ZEuS 2016, 421, 428, Fn. 26; Reinisch, JIEL 2016, 761, 782. 308 Calamita, JWIT 2017, 585, 615; Reinisch, JIEL 2016, 761, 782; vgl. Markart/Wendler, SchiedsVZ 2017, 258, 262, welche die Ansicht von Kriebaum wiedergeben. 309 Reinisch, JIEL 2016, 761, 782. 310 Calamita, JWIT 2017, 585, 616, Fn. 129.

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die Entscheidungen wie ICSID-Entscheidungen behandeln. Hierfür hätte jedoch auch eine Regelung genügt, wonach die Entscheidungen wie Endurteile durchzusetzen seien. 2. Anwendung des NYÜ Da Art. 8.41 Abs. 5 CETA alle Entscheidungen als Schiedssprüche im Sinne des NYÜ klassifizieren will, stellt sich die Frage, ob die Entscheidungen – auch bei Anwendung der ICSID-Verfahrensregeln – womöglich mit Hilfe des NYÜ durchgesetzt werden könnten. Problematisch ist aber, ob das NYÜ überhaupt Anwendung findet.311 Das NYÜ regelt lediglich die Durchsetzung von „Schiedssprüchen“. Es ist jedoch fraglich, ob es sich bei Entscheidungen des ICS um Schiedssprüche im Sinne des NYÜ handelt, oder vielmehr um vom NYÜ nicht erfasste Gerichtsentscheidungen. So wird vorgetragen, die EU verhülle ein richterliches Verfahren im Mantel der Schiedsgerichtsbarkeit.312 Das NYÜ selbst bietet keine Definition für den Begriff „Schiedsspruch“.313 Eine Ansicht meint, dass die reine Klassifizierung der Entscheidungen als Schiedsspruch in CETA nicht ausreichend für eine Behandlung als Schiedsspruch sei.314 Vielmehr müsste es sich tatsächlich um Schiedssprüche im Sinne des NYÜ handeln, damit das NYÜ Anwendung findet.315 Ein Hindernis für die Annahme eines Schiedsspruchs könnte die Tatsache sein, dass die jeweiligen Richter vom Präsidenten des Gerichts ausgewählt werden. Zwar ist hierbei ein Zufallsmodus vorgesehen, dennoch liegt die Wahl der Richter nicht mehr bei den Parteien. Eine solche Wahl wird jedoch teilweise als Voraussetzung für

311

Engel, SchiedsVZ 2017, 291, 294, sieht diese Problematik nicht. Vgl. Peterson, Europe’s Latest TTIP Investment Proposal Cloaks Arbitration in judicial Robe, tightens ethical screws (further), and thinks seriously about small claims, http://tinyurl.com/qdny5h4. 313 van den Berg, Why Are Some Awards Not Enforceable?, 291, 317; Wolff-Ehle, Art. I, Rn. 27; Solomon, International Commercial Arbitration, 45, 61, Rn. 38; Di Pietro, What Constitutes an Arbitral Award under the New York Convention?, 139; Kaufmann-Kohler/Potestà, The Mauritius Convention as a Model, S. 54, Rn. 147; MüKo ZPO-Adolphsen, Art. I UNÜ, Rn. 3. 314 Born, International commercial arbitration, S. 2351. 315 Wuschka, ZEuS 2016, 153, 170 f., mit Verweis auf den umgekehrten Fall, dass auch die fehlende Bezeichnung als Schiedsspruch nichts über das tatsächliche Vorliegen eines solchen aussagt; siehe dazu Blackwater Security et al v. Nordan, United States District Court, Eastern District of North Carolina, Northern Division, Order v. 21. 01. 2011 – 2:06-CV-49-F, 16 ff.; Publicis v. True North Communication, United States Court of Appeals for the Seventh Circuit, 206 F.3d, 725, Rn. 9; BGH, NJW-RR 2007, 1008; Wolff-Ehle, Art. I, Rn. 24 ff.; Di Pietro, What Constitutes an Arbitral Award under the New York Convention?, 139, 143, 151; F. Schmidt, SchiedsVZ 11 (2013), 32, 33, m.w.N. 312

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die Annahme eines Schiedsgerichts angesehen.316 Aus Sicht der Schaffer des NYÜ setzt die Annahme eines Schiedsspruches voraus, dass die Autorität der Schiedsrichter auf einer freiwilligen Ermächtigung durch die Verfahrensparteien basiert.317 Das lässt sich aus der Formulierung des Art. I Abs. 2 NYÜ ableiten, wonach Entscheidungen eines ständigen Schiedsgerichtes nur dann umfasst sind, wenn sich „die Parteien unterworfen haben“ (oder englisch: „[…] to which the parties have submitted“).318 Man könnte darum der Meinung sein, Art. I Abs. 2 NYÜ würde das ICS nicht erfassen, da sich die Norm nicht auf Spruchkörper bezieht, bei welchen die Richter ohne Mitwirkung der Parteien bestellt werden, da es sonst an der Freiwilligkeit fehlt.319 Eine andere Ansicht möchte hingegen die Entscheidungen weiterhin als Schiedssprüche ansehen, da die Verfahren jeweils nur nach Einwilligung beider Parteien eingeleitet werden können.320 Demnach würde es für das Element der Freiwilligkeit im Sinne einer „Unterwerfung“ genügen, wenn sich die Parteien auf einen Streitbeilegungsmechanismus geeinigt haben.321 Diese Ansicht ist jedoch für das ICS abzulehnen.322 Die Einwilligung wird durch die Staaten im Abkommen selbst und durch den Investor durch Einleitung des Verfahrens erteilt, weshalb für die Parteien praktisch kein Unterschied zu einem Gerichtsverfahren besteht, wenn nicht einmal die Richter selbstständig bestimmt werden können.323 Die Freiwilligkeit scheitert zumindest auf Seiten des Investors bereits daran, dass er keine wirkliche Alternative hätte. Zwar könnte er womöglich vor ein nationales Gericht des Gaststaates ziehen, er müsste aber hierbei eine mögliche Befangenheit befürchten. Sofern der Investor gegen eine Maßnahme der EU vorgehen wollte, wäre zudem fraglich, ob tatsächlich die Alternative der Beschreitung des nationalen Rechtsweges gegeben wäre. Der signifikante Unterschied 316 Solomon, International Commercial Arbitration, 45, 64, Rn. 50; Wuschka, ZEuS 2016, 153, 172; Tietje, Ein internationales Handels- und Investitionsgericht für CETA (und TTIP)?, S. 4, „aufgrund des dominierenden Parteiwillens“. 317 Wolff-Ehle, Art. 1, Rn. 28, m.w.N. 318 Wolff-Ehle, Art. 1, Rn. 29; Solomon, International Commercial Arbitration, 45, 63, Rn. 46. 319 Wuschka, ZEuS 2016, 153, 172 ff.; vgl. auch Markart/Wendler, SchiedsVZ 2017, 258, 262, welche die Ansicht von Kriebaum u. a. wiedergeben; ebenso Merrills, International dispute settlement, S. 86 f.; Bernardini, ICSID Rev. 32 (2017), 38, 48 f.; vgl. auch Haas, Convention on the Recognition and Enforcement of Foreign Arbitral Awards, Rn. 52 ff. 320 Hindelang/Hagemeyer, Study In pursuit of an international investment court, S. 24; Calamita, JWIT 2017, 585, 621. 321 Kaufmann-Kohler/Potestà, The Mauritius Convention as a Model, S. 56, Rn. 152; Reinisch, JIEL 2016, 761, 767. 322 So auch Nappert, Europ. Invest. Law and Arb. Rev. 1 (2016), 171, 179. 323 Zwar ist die „Arbitration without privity“, bei welcher der Staat bereits in einem BIT sein Einverständnis zum Schiedsverfahren gibt, im ISDS üblich. Dort ist jedoch zumindest die Mitwirkung des Investors bei der Bestellung der Schiedsrichter vorgesehen, weshalb dort von „Freiwilligkeit“ ausgegangen werden kann.

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zur staatlichen Gerichtsbarkeit liegt also in der freien Wahl der Schiedsrichter, weshalb der oben gezeigten Ansicht zu folgen ist.324 Ginge man aber davon aus, dass sich das Vorliegen eines Schiedsspruches nach dem nationalen Recht richtet,325 so würde es ausreichen, dass in CETA eine Norm vorhanden ist, wonach die Entscheidungen als „Schiedssprüche“ im Sinne des NYÜ zu qualifizieren sind. In diesem Fall würde durch die Inkorporation des Abkommens in die eigene Rechtsordnung den Entscheidungen der rechtliche Status eines Schiedsspruches im Sinne des nationalen Rechts gegeben werden. Die Staaten sind nicht daran gehindert, den Begriff des Schiedsspruchs autonom weit auszulegen.326 Allerdings hätte dies den Nachteil, dass lediglich die CETA-Mitglieder an diese Auslegung gebunden wären. § 1061 Abs.1 ZPO spricht tatsächlich lediglich von „ausländischen Schiedssprüchen“ und nicht von „ausländischen Schiedssprüchen im Sinne des NYÜ“. Somit kann angenommen werden, dass sich deutsche Exequaturgerichte, unabhängig von einer sonstigen Definition des Begriffs „Schiedsspruch“, an die Vorgaben des CETA halten würden und die Frage, ob die Parteien die Richter bestimmen dürfen, kann dort dahinstehen. Überdies hat das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie auf eine kleine Anfrage unter anderem der Fraktion DIE LINKE bereits zu erkennen gegeben, dass die Bundesregierung im Zuge des Ratifizierungsverfahrens von CETA prüfen wird, ob es gegebenenfalls ergänzender gesetzlicher Regelungen für die Zwangsvollstreckung bedarf.327 Dritte Staaten könnten sich allerdings weiterhin nach ihrem autonomen Recht, beziehungsweise der Auslegung nach dem NYÜ richten. Sie wären nicht notwendigerweise an eine Durchsetzung nach dem NYÜ gebunden.328 Zwar kann der Begriff des „Schiedsspruches“ auch dadurch geprägt werden, dass viele Staaten eine bestimmte Entscheidungsart als solchen ansehen,329 da das CETA jedoch lediglich von Kanada und den EU-Staaten sowie der EU ratifiziert werden soll, kann eine solche internationale Prägung hier (noch) nicht angenommen werden. Investoren können darum nicht sicher sein, ob die Gerichte in Drittstaaten die Entscheidungen tatsächlich für vollstreckbar erklären werden.330 Wuschka schlägt darum vor, zumindest in alle von der EU ausgehandelten FTAs eine Klausel aufzunehmen, welche die 324 Interessant ist, dass auch der wissenschaftliche Dienst des Europäischen Parlaments davon auszugehen scheint, dass es sich nicht um ein Schiedsgericht handelt. Vgl. Puccio/Harte, Von der Schiedsgerichtsbarkeit zur Investitionsgerichtsbarkeit, S. 1 ff. Gleichwohl wird dort auf S. 22 angenommen, dass das NYÜ Anwendung findet. 325 So Kröll, § 1061 – Foreign Awards, 443, 443, Rn. 10. 326 Solomon, International Commercial Arbitration, 45, 61, Rn. 39. 327 Bundesministerium für Wirtschaft und Energie, BT-Drs. 19/774 2018, Frage Nr. 39. 328 Wuschka, ZEuS 2016, 153, 171; Titi, TDM 14 (2017), 27; vgl. auch Solomon, International Commercial Arbitration, 45, 70, Rn. 70, der von einer generellen Möglichkeit der Ausweitung der Anwendbarkeit des NYÜ zwischen Vertragsstaaten spricht. 329 Solomon, International Commercial Arbitration, 45, 61, Rn. 39. 330 Vgl. Reinisch, JIEL 2016, 761, 783; Nappert, Europ. Invest. Law and Arb. Rev. 1 (2016), 171, 179; vgl. Zarra, Studi sull’integrazione europea XIII (2018), 389, 405.

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Durchsetzung von Entscheidungen eines auf einem anderen FTA der EU basierenden ICS ermöglicht.331 Durch eine solche Klausel würden sich die Durchsetzungsmöglichkeiten aber momentan nur minimal erweitern.332 Baetens bringt die Möglichkeit ins Spiel, mit Drittstaaten bilaterale Verträge zur Durchsetzung der Entscheidungen abzuschließen.333 Dies würde aber zum einen einen immensen Mehraufwand bedeuten, und zum anderen ist auch nicht klar, ob sich Drittstaaten überhaupt darauf einlassen würden. Dies vor allem dann, wenn sie dem ICS ohnehin skeptisch gegenüberstehen. Eine weitere in der Literatur334 angesprochene Frage ist, ob die Entscheidungen einer Rechtsmittelinstanz noch als Schiedsspruch betrachtet werden können. Dies dürfte jedoch zumindest dann zu bejahen sein, wenn die Parteien sich dem Verfahren freiwillig unterworfen haben und dabei auch die Schiedsrichter im Rechtsmittelverfahren selbst bestimmen durften. Die Tatsache alleine, dass eine zweite Instanz vorgesehen ist, ändert an dem Vorliegen eines Schiedsspruches nichts. Eine Verneinung des Vorliegens eines Schiedsspruches müsste also aus den bereits oben diskutierten Gründen resultieren und nicht aus den Spezifika einer Rechtsmittelinstanz. 3. Fazit Die Durchsetzungsmöglichkeiten für Entscheidungen nach dem in CETA vorgesehenen ICS erscheinen unzureichend. Zwar können die Abkommensparteien die Entscheidungen wie Schiedssprüche im Sinne des ICSID-Übereinkommens oder des NYÜ behandeln, hieran sind jedoch dritte Staaten nicht gebunden. Sofern die Exequaturgerichte in Drittstaaten das Vorliegen eines Schiedsspruches aufgrund der fehlenden Mitbestimmung der Streitparteien bei der Wahl der Schiedsrichter verneinen, sind die Entscheidungen des ICS – in Ermangelung entsprechender Durchsetzungsabkommen mit Drittstaaten – jenseits der EU und Kanada nicht durchsetzbar. Investoren müssen sich dann darauf verlassen, dass ein unterlegener Staat seine Verpflichtungen erfüllt, oder die Durchsetzung innerhalb des CETARaums versuchen. Dies ist vor allem für EU-Investoren unbefriedigend, die Kanada verklagen wollen, da hier die Suche nach geeigneten Vollstreckungsgütern innerhalb der EU schwierig sein dürfte.

331

Wuschka, ZEuS 2016, 153, 174. Nämlich auf diejenigen Staaten, mit denen FTAs bestehen oder neu ausgehandelt werden. 333 Baetens, Legal issues of economic integration 43 (2016), 367, 381 f. 334 Calamita, JWIT 2017, 585, 619 – 621. 332

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II. EU-Vietnam-Investment Protection Agreement Am 02. 12. 2015 wurde der Abschluss der Verhandlungen über das EU-Vietnam Freihandelsabkommen (Vietnam-FTA) verkündet.335 Da in Folge des Gutachtens 2/ 15 des EuGH zum Freihandelsabkommen mit Singapur das EU-Vietnam Investment Protection Agreement (Vietnam-IPA) aus dem FTA ausgegliedert wurde, lag der finale Text jedoch erst 2018 vor. Die Ratifizierung beider Abkommen steht allerdings noch aus.336 Das Investment Protection Agreement337 beinhaltet unter „Dispute Settlement“, Section B, Sub-Section 4 ebenso wie CETA, Regelungen für ein ICS.338 In einigen Punkten weichen die Regelungen des Vietnam-IPA hinsichtlich der Durchsetzung von Entscheidungen jedoch von denjenigen in CETA ab.339 So lauten Art. 3.57 Abs. 1 und 2 des Unterabschnitts: „1. Final awards issued pursuant to this Section: (a) shall be binding between the disputing Parties and in respect of that particular case; and (b) shall not be subject to appeal, review, set aside, annulment or any other remedy.“ „2. Each Party shall recognize an award rendered pursuant to this Agreement as binding and enforce the pecuniary obligation within its territory as if it were a final judgement of a court in that Party.“

Und Art. 3.57 Abs. 5 lautet: „5. The execution of the award shall be governed by the laws concerning the execution of judgments or awards in force where such execution is sought.“

Zunächst wird durch Abs. 1 verdeutlicht, dass Aufhebungs- und Exequaturverfahren vor nationalen Gerichten im Abkommen nicht vorgesehen sind.340 Der Wortlaut, insbesondere des Abs. 2, ähnelt demjenigen in Art. 54 Abs. 1 ICSID.341 Diese Regelungen ermöglichen zunächst die vereinfachte Durchsetzung von auf pekuniäre Ansprüche gerichteten ISDS-Schiedssprüchen analog zu den ICSIDRegelungen, auch für solche Entscheidungen, die aufgrund von ad hoc-Schiedsregeln ergangen sind. Da das Abkommen als gemischtes Abkommen mit sämtlichen EU-Staaten abgeschlossen wird, bedeutet dies gerade für Investoren aus Vietnam 335 Siehe Europäische Kommission, Press Statement by the President of the European Commission Jean-Claude Juncker, the President of the European Council Donald Tusk and the Prime Minister of Viet Nam Nguyen Tan Dung 2015. 336 Vgl. Deutscher Bundestag, BT-Drs. 19/3797 2018. 337 Der Text ist abrufbar unter: http://trade.ec.europa.eu/doclib/press/index.cfm?id=1437. Dort findet sich ebenfalls der Text zum Freihandelsabkommen mit Vietnam. 338 Hier wird es als „Investment Tribunal System“ bezeichnet. 339 Engel, SchiedsVZ 2017, 291, 295. 340 Engel, SchiedsVZ 2017, 291, 295. 341 Vgl. Hindelang/Hagemeyer, Study In pursuit of an international investment court, S. 166; Engel, SchiedsVZ 2017, 291, 295.

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eine erhebliche Erleichterung. Sämtliche EU-Staaten wären an diese Bestimmungen gebunden. Dies umfasst auch Polen, das nicht Mitglied des ICSID-Übereinkommens ist, sowie die EU selbst. Vor allem die EU dürfte der Grund für die Aufnahme der Regelung in das Abkommen gewesen sein. Wie bereits gezeigt, ist die EU nicht Mitglied des ICSID-Übereinkommens. Da die EU jedoch Partei des Vietnam-IPA ist, wird eine Möglichkeit geschaffen, auch gegen die EU ergangene Entscheidungen analog der ICSID-Bestimmungen durchzusetzen und ein in sich geschlossenes Verfahrenssystem zu nutzen.342 Diese Intention lässt sich damit belegen, dass das in Art. 54 Abs. 1 ICSID enthaltene Wort „State“ bei Übernahme des Artikels in „Party“ abgeändert wurde. Für Investoren aus Europa hingegen bietet diese Bestimmung keinen besonders großen Vorteil. Zwar scheint sie die Durchsetzung gegen Vietnam, das nicht Mitglied des ICSID-Übereinkommens ist, zu erleichtern. Sollte sich Vietnam aber bereits vertragsbrüchig zeigen, indem es sich weigert, eine Entscheidung des ICSSpruchkörpers zu erfüllen, wäre auch fraglich, ob sich ein Exequaturgericht in Vietnam an diese Regelung hält. Zum anderen soll die Regelung für Vietnam nach Abs. 3 i.V.m. Abs. 4 erst nach einer Übergangsfrist gelten. Bis dahin soll speziell für Vietnam das NYÜ gelten. In Anbetracht der oben diskutierten Frage, ob Entscheidungen eines ICS überhaupt als Schiedssprüche im Sinne des NYÜ anzusehen sind, können Investoren, die gegen Vietnam vorgehen, nicht sicher sein, dass die Entscheidungen in Drittstaaten durchsetzbar sind. Im Bereich der Durchsetzung der Entscheidungen beinhaltet das Abkommen darum für vietnamesische Investoren die weit günstigeren Vorschriften. Zu beachten ist überdies, dass die Bestimmungen in Art. 3.57 lediglich die Parteien des Abkommens binden. Es ist gerade nicht so, dass auch Drittstaaten die Entscheidungen wie Endurteile behandeln müssen. Drittstaaten müssten einer solchen Regelung erst zustimmen.343 Art. 3.57 Abs. 7 und 8 regeln auch hier, dass Entscheidungen wie ICSID-, respektive NYÜ-Schiedssprüche zu behandeln sind. Zur Einordnung dieser Regelungen kann jedoch auf die Ausführungen zu CETA verwiesen werden. Eine andere Möglichkeit wäre es, die Klauseln als Verzicht auf die Versagungsgründe des Art. V NYÜ vor drittstaatlichen Gerichten zu interpretieren.344 Ob diese einen solchen Verzicht anerkennen, dürfte aber – vor allem im Hinblick auf die Versagungsgründe des Art. V Abs. 2 NYÜ – zweifelhaft sein.345

342 343 344 345

Vgl. Engel, SchiedsVZ 2017, 291, 295. Wuschka, ZEuS 2016, 153, 170. Vgl. Calamita, JWIT 2017, 585, 621 f.; Calamita, ICSID Rev. 2017, 611, 615. Vgl. Calamita, JWIT 2017, 585, 622 f.

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III. TTIP Das Transatlantische Freihandelsabkommen (Transatlantic Trade and Investment Partnership, TTIP) wird bereits seit 2013 verhandelt, liegt jedoch seit Januar 2017 auf Eis.346 Es ist zwar fraglich, ob es jemals über das Verhandlungsstadium hinauskommen wird, dennoch soll hier in gebotener Kürze auf die im Vorschlag der EU für ein Investitionskapitel347 enthaltenen ISDS-Bestimmungen eingegangen werden. Wie die vorgenannten Abkommen beinhaltet das TTIP in seiner momentanen Fassung in Section 3, Sub-Section 4, Art. 9 ein ICS. Auch hier spricht der Text von „Judges“, von welchen 15 für das Tribunal bestellt werden sollen, und aus denen der Präsident auf Grundlage eines Rotationsverfahrens für jeden Fall drei Entscheidungsträger auswählt (Art. 9 Abs. 7). Anwendung finden sollen laut Art. 6 wiederum diverse ad hoc-Schiedsregeln sowie die ICSID-Regelungen. Zudem wird in Art. 10 eine Rechtsmittelinstanz vorgeschlagen. Das System entspricht also zunächst demjenigen in CETA. Ähnlich wie das Vietnam-IPA und im Gegensatz zu CETA stellt der Vorschlag in Art. 30 des Unterabschnitts jedoch weiter fest: 1. „Final awards […] shall not be subject to appeal, review, set aside, annulment or any other remedy. 2. Each Party shall recognize an award rendered pursuant to this Agreement as binding and enforce the pecuniary obligation within its territory as if it were a final judgement of a court in that Party. […]“

Im inter se-Verhältnis ist somit für pekuniäre Ansprüche ein an Art. 54 ICSID angelehnter Mechanismus wie im Vietnam-IPA vorgesehen. In Abs. 5 und 6 des Artikels wird wiederum die Anwendbarkeit der NYÜ- und ICSID-Regelungen festgeschrieben. Diese Absätze dürften wieder auf die Durchsetzung in Drittstaaten gerichtet sein. Auch bei Entscheidungen des TTIP-Spruchkörpers ist darum zumindest für die Durchsetzung in Drittstaaten fraglich, ob es sich bei ihnen um Schiedssprüche im Sinne des NYÜ handelt.348 Auch in Bezug auf die Anwendung des ICSID-Systems können dieselben Probleme wie bei CETA auftreten.

IV. EU-Singapore Investment Protection Agreement Am 18. 04. 2018 wurde der finale Text des EU-Singapur Investment Protection Agreement veröffentlicht.349 Ursprünglich war geplant gewesen, die dort enthaltenen Bestimmungen in das EU-Singapur-FTA aufzunehmen. Aufgrund kompetenz346 Siehe Bundesministerium für Wirtschaft und Energie, Transatlantische Handels- und Investitionspartnerschaft (TTIP), https://www.bmwi.de/Redaktion/DE/Dossier/ttip.html. 347 Text abrufbar unter http://trade.ec.europa.eu/doclib/docs/2015/november/tradoc_153 955.pdf. 348 Dickson-Smith, JWIT 17 (2016), 773, 806. 349 Text abrufbar unter http://trade.ec.europa.eu/doclib/press/index.cfm?id=961. Dort findet sich ebenfalls der Text zum Freihandelsabkommen mit Singapur.

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Kap. 1: Anwendung int. Abkommen bei Durchsetzung von ISDS-Entscheidungen

rechtlicher Fragen im Zusammenhang mit dem Investitionsschutz, auf die hier nicht näher eingegangen werden soll,350 wurde dieser jedoch – wie beim Vietnam-FTA – ausgeklammert und in ein eigenständiges Abkommen verlagert,351 weshalb nun zwei Abkommen zur Ratifizierung vorliegen. In Kapitel 3 des hier maßgeblichen Investment Protection Agreement findet sich ebenfalls ein ICS (Art. 3.9) mit Berufungsinstanz (Art. 3.10), jedoch mit zunächst nur 6 (Schieds-)Richtern. Die Vorschriften zur Durchsetzung der ICS-Entscheidungen finden sich in Art. 3.22 und halten sich mehr an das Vietnam-IPA als an CETA. So wird auch hier festgeschrieben, dass die Entscheidungen wie Endurteile zu behandeln sind und sie keiner Aufhebung oder Überprüfung unterliegen. Überdies finden sich in Abs. 5 und 6 wieder Verweise auf das NYÜ und das ICSID-Übereinkommen.

V. EU-Mexiko Abkommen Am 21. 04. 2018 veröffentlichte die Europäische Kommission einen vorläufigen Text für ein Freihandelsabkommen mit Mexiko (im Folgenden EU-Mexiko Entwurf).352 Auch dieser Text sieht einen Teil zum Investitionsschutz vor.353 In diesem ist unter Art. 11 ebenfalls ein ICS vorgesehen. Die durchsetzungsrelevanten Bestimmungen finden sich in Art. 31. In seinem Absatz 2 findet sich wieder eine an das ICSID-Übereinkommen angelehnte Klausel, wonach die pekuniären Ansprüche so durchgesetzt werden sollen, als handele es sich um ein rechtskräftiges Endurteil. In Absatz 3 wird explizit die Zwangsvollstreckung angesprochen. Diese erfolgt, wie auch im ICSID-Übereinkommen, anhand der jeweiligen nationalen Regelungen. Eine Besonderheit findet sich nur dahingehend, dass auch „international commitments“ zu beachten sind, die sich auf die Zwangsvollstreckung von Urteilen und Schiedssprüchen beziehen und an dem Ort in Kraft sind, an dem die Zwangsvollstreckung versucht wird. Im Grunde handelt es sich hierbei jedoch lediglich um eine deklaratorische Regelung, da internationale Verpflichtungen eines Staates in der Regel auch in sein nationales Recht inkorporiert sind. Zudem gibt es momentan, bis auf die Übereinkommen zur Staatenimmunität, keine internationalen Übereinkommen, die sich auf die Zwangsvollstreckung aus Schiedssprüchen beziehen. In Abs. 5 und 6 wird wieder klargestellt, dass die Entscheidungen nach diesem Abschnitt kommerzielle Schiedssprüche i.S.d. NYÜ bzw. des ICSID-Übereinkommens seien. 350

Siehe EuGH – Gutachten 2/15 zum Singapur-FTA, ECLI:EU:C:2017:376. Charlotin/Peterson, Analysis: Final Text of EU Investment Agreement with Singapore is unveiled offering clarity on protection and dispute settlement provisions, http://tinyurl.com/ ybnf3393. 352 Vorläufiger Text abrufbar unter http://trade.ec.europa.eu/doclib/press/index.cfm?id=1 833. 353 In der vorläufigen Reihung befindet sich der Teil unter 19 „Investment dispute resolution“. 351

C. Investitionsschutzabkommen mit Beteiligung der EU

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VI. Exkurs: Der geplante Multilaterale Investitionsgerichtshof Neben der Etablierung des soeben vorgestellten ICS ist die Europäische Kommission bereits seit einiger Zeit bestrebt, einen Multilateralen Investitionsgerichtshof zu schaffen, der zukünftig Streitigkeiten zwischen Investoren und Gaststaaten beilegen soll.354 So wurde die Kommission am 20. 03. 2018, also nur kurz nach der Achmea-Entscheidung des EuGH,355 durch den Rat der Europäischen Union mit den Verhandlungen bezüglich eines solchen Multilateralen Investitionsgerichtshofes beauftragt.356 Entsprechende Vorschläge gab es auch zuvor bereits in der Literatur357 und durch UNCITRAL358. Auf lange Sicht könnte ein solcher Mechanismus das bestehende System der Investitionsschiedsgerichtsbarkeit ablösen.359 Ein solcher Mechanismus ist dabei abzugrenzen von dem soeben vorgestellten ICS. Während das ICS auf einem Abkommen zwischen zwei Seiten aufbaut und in diesem erst geschaffen wird, geht die Idee des Investitionsgerichtshofs das Problem von einer anderen Seite an. Hiernach soll ein eigenständiges Investitions-(schieds-) Gericht geschaffen werden, welchem sich einzelne Staaten durch einen Beitritt unterwerfen können. Vorbild ist der Internationale Gerichtshof in Den Haag.360 Das in den aktuellen Abkommen der EU genutzte ICS stellt somit lediglich einen Übergangsbehelf der EU dar. Auf lange Sicht soll eine permanente, multilaterale Einrichtung zur Lösung von Investitionskonflikten etabliert werden.361 In den mo-

354 Vgl. Europäische Kommission, SWD(2017) 303 final – Recommendation for a Council Decision authorising the opening of negotiations for a Convention establishing a multilateral court for the settlement of investment disputes; Europäische Kommission, Concept Paper – Enhancing the right to regulate and moving from current ad hoc arbitration towards an Investment Court 2015, S. 11 f.; siehe auch die Rede von Malmström, A Multilateral Investment Court: a contribution to the conversation about reform of investment dispute settlement, http:// trade.ec.europa.eu/doclib/docs/2018/november/tradoc_157512.pdf; einen guten Gesamtüberblick bietet C. Brown, ICSID Rev. 32 (2017), 673. 355 Dazu ausführlich unten ab S. 150. 356 Siehe Rat der Europäischen Union, 12981/17 ADD 1 – Verhandlungsrichtlinien für ein Übereinkommen zur Errichtung eines multilateralen Gerichtshofs für die Beilegung von Investitionsstreitigkeiten 2018. 357 Griebel, Die neue EU-Kompetenz für ausländische Direktinvestitionen, 211, 216 ff.; Lavranos, L & P 9 (2010), 409, 439; Kleinheisterkamp, JIEL 15 (2012), 85, 103 (für einen „European Investment Court“). 358 United Nations Commission on international trade law, A/CN.9/917 – Possible future work in the field of dispute settlement: Reforms of investor-State dispute settlement (ISDS) 2017, S. 8. 359 Vgl. Balthasar, SchiedsVZ 2018, 227, 230. 360 Siehe Malmström, Proposing an Investment Court System, https://ec.europa.eu/commis sion/commissioners/2014 – 2019/malmstrom/blog/proposing-investment-court-system_en. 361 Erklärung der Kommission und des Rates zum Investitionsschutz und zum Investitionsgerichtshof, ABl.EU 2017, L 11/9, 20.

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Kap. 1: Anwendung int. Abkommen bei Durchsetzung von ISDS-Entscheidungen

mentan unter Mitwirkung der EU ausgehandelten Abkommen ist dies bereits angelegt.362 Völlig offen ist allerdings noch, wie die Durchsetzung der Entscheidungen eines solchen Gerichtshofs erfolgen soll. Die Verhandlungsrichtlinien363 sehen unter Punkt 14 lediglich vor: „Für Entscheidungen des multilateralen Gerichtshofs sollte es eine wirksame internationale Durchsetzungsregelung geben.“

Dass die Entscheidungen durchsetzbar sein sollten, versteht sich eigentlich von selbst. Dass dieser Satz in die Verhandlungsrichtlinien aufgenommen wurde, kann darum nur bedeuten, dass der Kommission bewusst ist, dass sich bei der Umsetzung Schwierigkeiten ergeben können. Je nach Ausgestaltung, können sich dieselben Probleme wie im Zusammenhang mit einem ICS ergeben. Im Gegensatz zum ICS liegen jedoch noch keine Vertragstexte vor. Ein Vertragsentwurf sollte diese Probleme von Beginn an vermeiden. Im Folgenden werden die problematischen Punkte, unter Verweis auf die Besprechung im Zusammenhang mit dem ICS, darum nur noch kurz aufgezeigt, um anschließend zu überlegen, welche Maßnahmen getroffen werden müssten, damit den Entscheidungen zur Durchsetzung verholfen werden kann. 1. Eingliederung in das ICSID-Regime Zunächst ist festzustellen, dass es sich auch bei den Entscheidungen des Multilateralen Investitionsgerichtshofs voraussichtlich nicht um ICSID-Entscheidungen handeln würde. Das ICSID wurde geschaffen, um die Verfahrensbeteiligten im jeweiligen ICSID-Verfahren administrativ zu unterstützen. Würden nun, wie es bereits aufgrund der Bezeichnung als „Gerichtshof“ absehbar ist, administrative Aufgaben innerhalb desselben gebündelt, so würde das ICSID seines Zweckes beraubt.364 Wirkt das ICSID aber nicht an dem Verfahren mit, kann es sich bereits nicht um ICSID-

362 Art. 8.29 CETA lautet beispielsweise: „Die Vertragsparteien streben für die Beilegung von Investitionsstreitigkeiten gemeinsam mit anderen Handelspartnern die Errichtung eines multilateralen Investitionsgerichtshofs mit Berufungsinstanz an. Bei Errichtung eines solchen multilateralen Mechanismus erlässt der Gemischte CETA-Ausschuss einen Beschluss, dem zufolge Entscheidungen in von diesem Abschnitt erfassten Investitionsstreitigkeiten in Anwendung des multilateralen Mechanismus getroffen werden, und legt geeignete Übergangsregelungen fest.“; ähnlich Art. 3.41 des Vietnam-IPA; Chapter II, Sub-Section 4, Art. 12 des TTIP-Proposals; Art. 3.12 EU-Singapur Investment Protection Agreements; Art. 14 des EUMexiko Entwurfs; siehe auch Titi, Procedural Multilateralism and Multilateral Investment Court, 149, 158. 363 Rat der Europäischen Union, 12981/17 ADD 1 – Verhandlungsrichtlinien für ein Übereinkommen zur Errichtung eines multilateralen Gerichtshofs für die Beilegung von Investitionsstreitigkeiten 2018. 364 Ähnlich Wuschka, ZEuS 2016, 153, 169.

C. Investitionsschutzabkommen mit Beteiligung der EU

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Schiedssprüche handeln.365 Sollten die Spruchkörper nicht durch die Parteien nominiert werden, wäre dies auch wieder eine Abweichung vom ICSID-System. Zudem ist aufgrund der vorgesehenen Berufungsinstanz nicht davon auszugehen, dass es sich – unabhängig von der administrativen Handhabung – bei den Entscheidungen tatsächlich um ICSID-Schiedssprüche handeln würde.366 Um Regelungen des ICSID anwenden zu können, wäre darum eine, kaum realistische,367 Änderung des ICSID-Übereinkommens notwendig.368 Die Folge einer solchen Änderung für die ICSID-Mitgliedstaaten wäre, dass sie Entscheidungen des Investitionsgerichtshofs ohne weitere Überprüfung nach den Artt. 53 ff. ICSID anerkennen und durchsetzen müssten, ohne dass sie selbst die Schaffung desselben befürworten oder sich gar seiner Gerichtsbarkeit unterworfen haben. Das ICSID selbst würde durch den Investitionsgerichtshof an Macht verlieren, wenn die Verfahren nicht mehr vollständig nach seinen Regeln ablaufen würden, weshalb es kein Interesse an der Etablierung eines solchen „Konkurrenten“ haben dürfte. Momentan besteht wohl auch kein internationaler Konsens für die Etablierung eines Investitionsgerichtshofs369 oder überhaupt für ein international-multilaterales Investitionsschutzsystem.370 Dass die ICSID-Konvention seit ihrem Inkrafttreten 1966 noch nie geändert wurde,371 spricht ebenfalls gegen ein realistisches Änderungsszenario. Die Durchsetzung der Entscheidungen wäre darum in Drittstaaten nicht nach den ICSIDRegelungen möglich. Zu überlegen wäre, dass die Parteien untereinander die Entscheidungen wie ICSID-Schiedssprüche behandeln könnten. Hierfür könnte eine Norm in das Vertragswerk aufgenommen werden, welche die Entscheidungen als ICSID-Schiedssprüche qualifiziert. Allerdings hätte eine solche Bezeichnung wieder lediglich Wirkung zwischen denjenigen Staaten, die dem Investitionsgerichtshof beigetreten

365

Vgl. Bernardini, ICSID Rev. 32 (2017), 38, 43, Fn. 36. Kaufmann-Kohler/Potestà, The Mauritius Convention as a Model, 72, Rn. 200, die außerdem vorbringen, Staaten könnten Art. 54 ICSID analog anwenden. Siehe auch die Ausführungen bereits oben zu CETA auf S. 69. 367 Siehe dazu bereits oben im Zusammenhang mit dem Beitritt der EU zum ICSIDÜbereinkommen S. 48. 368 Vgl. Kaufmann-Kohler/Potestà, The Mauritius Convention as a Model, 53, Rn. 141. 369 In den Verhandlungen für das EU-Japan-Freihandelsabkommen konnte sich beispielsweise noch nicht auf ein ICS geeinigt werden, weshalb der Investitionsschutz aus dem Abkommen zunächst ausgeklammert wurde. Siehe Hagelüken/Kirchner, Leinen los, https://www. sueddeutsche.de/wirtschaft/handelsabkommen-leinen-los-1.3784031. 370 United Nations, Report of the Multi-year Expert Meeting on Investment for Development on its first session 2009, S. 4, Ziff. 10; vgl. in Bezug auf die USA. auch Titi, Procedural Multilateralism and Multilateral Investment Court, 149, 164. 371 Discussion Paper des International Centre for Settlement of Investment Disputes, Possible Improvements of the Framework for ICSID Arbitration 2004, Rn. 3, abrufbar unter: https://icsid.worldbank.org/en/Documents/resources/Possible%20Improvements%20of%2 0the%20Framework%20of%20ICSID%20Arbitration.pdf. 366

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Kap. 1: Anwendung int. Abkommen bei Durchsetzung von ISDS-Entscheidungen

sind.372 In dritten Staaten wäre die Entscheidung unter Umständen wertlos. Dieses Ergebnis wäre aber auch ohne Inbezugnahme des ICSID-Übereinkommens durch eine rein an Art. 54 ICSID angelehnte Klausel machbar. 2. Schiedssprüche im Sinne des New Yorker Übereinkommens Die Regelungen zum Investitionsgerichtshof könnten vorsehen, dass die Entscheidungen, unabhängig von ihrer tatsächlichen rechtlichen Einordnung, als Schiedssprüche im Sinne des NYÜ anzusehen sind. Die Mitgliedstaaten des Investitionsgerichtshofs könnten dann bei der Durchsetzung das NYÜ anwenden.373 Den Vertragsparteien muss jedoch auch hier bewusst sein, dass eine Durchsetzung der Entscheidungen in einem Drittstaat gleichwohl Schwierigkeiten bereiten könnte. In Drittstaaten wäre die Anwendung des NYÜ – bei Behandlung des Investitionsgerichtshofs als „ständiges Schiedsgericht“ im Sinne des Art. I Abs. 2 NYÜ – nur dann möglich, wenn es sich tatsächlich um Schiedssprüche handeln würde.374 Dies ist allerdings zumindest dann fraglich, wenn die Schiedsrichter, ähnlich wie im ICS, nicht durch die Parteien bestimmt werden können. Zwar will es eine Ansicht auch hier genügen lassen, dass der Gerichtshof „freiwillig“ angerufen werden könnte und somit eine Alternative zu einem Gerichtsverfahren bieten würde,375 jedoch könnte sich, aufgrund gegenteiliger Auffassungen,376 nicht darauf verlassen werden, dass sämtliche Staaten dieser Ansicht sind. Die Probleme sind also analog derjenigen im Rahmen des ICS.377 Teilweise wird für den Charakter als Schiedsspruch überdies gefordert, dass es sich um einen „privaten“ Streitbeilegungsmechanismus handelt.378 Für den privatrechtlichen Charakter der Entscheidung würde es auf die genaue Ausgestaltung des Gerichtshofs ankommen. Während eine Anlehnung an das ICSID wohl eher als „privat“ betrachtet werden könnte, wäre eine Anlehnung beispielsweise an den 372

Kaufmann-Kohler/Potestà, The Mauritius Convention as a Model, S. 53, Rn. 141. Kaufmann-Kohler/Potestà, The Mauritius Convention as a Model, S. 53, Rn. 142. 374 Kaufmann-Kohler/Potestà, The Mauritius Convention as a Model, S. 53, Rn. 143; siehe auch M. R. P. Paulsson, Revisiting the Idea of ISDS Within the EU and an Arbitration Court, http://arbitrationblog.kluwerarbitration.com/2018/05/21/revisiting-idea-isds-within-eu-arbitrati on-court-effect-party-autonomy-main-pillar-arbitration-enforceability-arbitral-awards/?print= pdf. 375 Kaufmann-Kohler/Potestà, The Mauritius Convention as a Model, S. 55, Rn. 149 ff. 376 Siehe Bermann: „what emerges from the court will not be arbitration awards“, Zitat nach Ross, Achmea: through the looking glass, https://globalarbitrationreview.com/article/1168556/ achmea-through-the-looking-glass; M. R. P. Paulsson, The Eve of the New York Convention’s 60th Anniversay and the Birthday Party, http://arbitrationblog.kluwerarbitration.com/2018/ 06/21/eve-new-york-conventions-60th-anniversary-birthday-party-prepare-many-guests-tableil-ne-faut-pas-melanger-les-tables/. 377 Vgl. oben S. 71. 378 Kaufmann-Kohler/Potestà, The Mauritius Convention as a Model, S. 36, Rn. 89. 373

C. Investitionsschutzabkommen mit Beteiligung der EU

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EGMR wohl eher nicht als „privat“ anzusehen. Die freie Wahl der Schiedsrichter würde wiederum wohl eher für einen privaten Charakter sprechen.379 Letzten Endes ist es für den Gläubiger jedoch alleine ausschlaggebend, ob die Entscheidungen vor dem jeweiligen nationalen Gericht durchsetzbar sein würden. Andernfalls wären sie, unabhängig von ihrer Einordnung durch die Vertragsparteien selbst, oftmals wertlos. Um dieser Rechtsunsicherheit zu begegnen, sollte ein entsprechendes Abkommen darum unbedingt so ausgestaltet werden, dass die Entscheidungen auch von Drittstaaten als Schiedssprüche anerkannt werden. Hierfür ist es zu empfehlen, dass die Parteien die Schiedsrichter, zumindest bis zu einem gewissen Grad, selbst wählen dürfen. Die Wahlmöglichkeit könnte hierbei auch sehr eingeschränkt bleiben, indem die Parteien aus einem festen Pool an Schiedsrichtern auswählen müssen, welcher zuvor durch die Vertragsstaaten festgelegt wurde.380 3. Schaffung eines unabhängigen Durchsetzungsmechanismus Sofern nicht zumindest eine minimale Wahlmöglichkeit hinsichtlich der (Schieds-)Richter für die Parteien vorgesehen wird, bestehen für die Investoren erhebliche Rechtsunsicherheiten, welche das System unattraktiv machen würden. Es gäbe auch keinen anderen Mechanismus, der diese Lücke schließen könnte. Aus diesem Grund wären die Entscheidungen nur durchsetzbar, wenn entsprechende Durchsetzungsregelungen in dem den Gerichtshof konstituierenden Abkommen vorhanden wären. Hierfür könnte wiederum eine Klausel ähnlich Art. 54 ICSID in die Regelungen aufgenommen werden.381 Problematisch daran wäre, dass lediglich die Abkommenspartner an diesen Durchsetzungsmechanismus gebunden wären.382 Erst dann, wenn das Abkommen ähnlich viele Mitglieder wie momentan das ICSIDÜbereinkommen hätte, könnte man dem Mechanismus eine wirkliche Effektivität attestieren.

379

Vgl. Kaufmann-Kohler/Potestà, The Mauritius Convention as a Model, S. 37, Rn. 90. Vgl. auch Kaufmann-Kohler/Potestà, The Mauritius Convention as a Model, S. 41, Rn. 99, S. 62, Rn. 171; Kaufmann-Kohler/Potestà, The Composition of a Multilateral Investment Court, S. 95, Rn. 172. 381 Kaufmann-Kohler/Potestà, The Mauritius Convention as a Model, S. 52, Rn. 140; Burgstaller, Legal issues of economic integration 39 (2012), 207, 213 f.; United Nations Commission on international trade law, A/CN.9/917 – Possible future work in the field of dispute settlement: Reforms of investor-State dispute settlement (ISDS) 2017, 12, Rn. 47; C. Brown, ICSID Rev. 32 (2017), 673, 688 f. 382 Kaufmann-Kohler/Potestà, The Mauritius Convention as a Model, S. 52, Rn. 138; United Nations Commission on international trade law, A/CN.9/917 – Possible future work in the field of dispute settlement: Reforms of investor-State dispute settlement (ISDS) 2017, S. 12, Rn. 48. 380

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Kap. 1: Anwendung int. Abkommen bei Durchsetzung von ISDS-Entscheidungen

4. Fazit Unter durchsetzungsrechtlichen Gesichtspunkten empfiehlt es sich, den Gerichtshof von vornherein so auszuhandeln, dass es sich bei seinen Spruchkörpern tatsächlich um Schiedsgerichte handelt. Dies könnte durch minimale Wahlmöglichkeiten bei der Bestimmung der Entscheidungsträger durch die Parteien erreicht werden. Alternativ sollte der Gerichtshof erst dann mit seiner Arbeit beginnen, wenn zumindest so viele Staaten dem Abkommen beigetreten sind, dass Investoren sicher sein können, dass das in ihm enthaltene Durchsetzungsregime in einer hinreichenden Zahl an Staaten Anwendung findet.

D. Energiechartavertrag Der Vertrag über die Energiecharta vom 17. 12. 1994383 (ECT) wurde geschaffen zur „Förderung langfristiger Zusammenarbeit im Energiebereich auf der Grundlage der gegenseitigen Ergänzung und des gegenseitigen Nutzens im Einklang mit den Zielen und Grundsätzen der Charta“384 und ist momentan das einzige bindende Regelwerk für die zwischenstaatliche Zusammenarbeit im Bereich der Energiewirtschaft.385 Auch dieses Abkommen sieht zur Streitbeilegung zwischen einem Gaststaat und einem Investor in seinem Art. 26 Abs. 4 ein ISDS-Verfahren nach ICSID- oder verschiedenen ad hoc-Schiedsregeln vor.386 Alle Mitgliedstaaten der EU, bis auf Italien,387 sind auch dem Energiechartavertrag beigetreten.388 Auch die EU ist Vertragspartei der Energiecharta,389 weshalb es sich bei ihr um ein „gemischtes Abkommen“ handelt.390 Da die Charta sowohl von EU-Staaten und Nicht-EU-Staaten, als auch der EU jeweils einzeln ratifiziert wurde und dabei in allen Konstellationen gültig ist, lässt sie sich nur schwer einordnen, weshalb sie hier gesondert dargestellt wird. Zur Durchsetzung von Entscheidungen beinhaltet der Vertrag lediglich in Art. 26 Abs. 8 einen kurzen Hinweis:

383

ABl. L 380 vom 31. 12. 1994, S. 24. Art. 2 Energiechartavertrag. 385 Hobér, JIDS 1 (2010), 153, 155. 386 Liesen, Der Vertrag über die Energiecharta vom 17. Dezember 1994, S. 160 f. 387 Italien hat den Vertrag 2015 mit Wirkung zum 1. Januar 2016 gekündigt. Allerdings gilt eine Auslauffrist bis 2036. Siehe Fiorelli, Italy withdraws from Energy Charter Treaty, https:// globalarbitrationnews.com/italy-withdraws-from-energy-charter-treaty-20150507/. 388 Vgl. https://energycharter.org/who-we-are/members-observers/. 389 Grabitz/Hilf/Nettesheim-Weiß, Art. 207 AEUV Rn. 241. 390 Basener, Investment protection in the European Union, S. 296. 384

E. Fazit zu Kapitel 1

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„Jede Vertragspartei führt einen derartigen Schiedsspruch unverzüglich aus und veranlaßt die wirksame Vollstreckung der Schiedssprüche in ihrem Gebiet.“

Fraglich ist, was genau unter „wirksame Vollstreckung“ zu verstehen ist. Auf der einen Seite könnte hierin ein einfacher Verweis auf die nationalen Durchsetzungsregelungen verstanden werden391, wobei den Mitgliedern vorgegeben wird, tatsächlich solche Regelungen vorzuhalten. Andererseits könnte hierin aber auch eine durchsetzungsfreundlichere Regelung gesehen werden, ähnlich Art. 54 Abs. 1 ICSID.392 Dann wäre „wirksam“ als „ohne Prüfung durch nationale Gerichte“ zu verstehen. Aufschluss gibt hierbei Art. 26 Abs. 5 b), in welchem explizit Bezug genommen wird auf das NYÜ, um das Schiedsverfahren in einem NYÜ-Mitgliedstaat durchzuführen.393 Die Nennung gerade dieses Abkommens wäre nicht nötig, wenn die Energiecharta eine Durchsetzung ganz ohne Überprüfung des Schiedsspruchs durch nationale Gerichte angestrebt hätte. Der Sinn dieser Nennung ergibt sich daraus, dass der Investor so sicher gehen kann, dass das Gegenseitigkeitserfordernis gewahrt ist, wenn er um Durchsetzung nach dem NYÜ ersucht. Die Durchsetzung der Schiedssprüche erfolgt somit gemäß dem nationalen Recht, also je nach Wahl des Schiedsverfahrens anhand der Bestimmungen des NYÜ und des ICSID-Übereinkommens.394 Der besondere Wortlaut des Art. 26 Abs. 8 ist darum so zu verstehen, dass er dem Staat eine eigene, aus dem Energiechartavertrag resultierende Verpflichtung aufgibt, aktiv für die wirksame Durchsetzung verantwortlich zu sein. Die Verweigerung der Durchsetzung durch einen Mitgliedstaat stellt darum eine gesonderte Vertragsverletzung dar, welche wiederum über den Energiechartavertrag geltend gemacht werden kann.395

E. Fazit zu Kapitel 1 In Kapitel 1 wurden die für die weitere Bearbeitung maßgeblichen multilateralen und bilateralen Abkommen dargestellt, welche für die Durchsetzung von ISDSEntscheidungen in Deutschland – und somit auch hier für die weitere Bearbeitung – von Interesse sind. Dargestellt wurden das NYÜ, das ICSID-Übereinkommen, das EuÜ sowie am Ende des Kapitels der ECT. Es wurde gezeigt, dass das NYÜ sowohl auf gegen Staaten gerichtete Entscheidungen Anwendung findet, als auch speziell 391

Germelmann, Internationaler Investitionsschutz im Energierecht, Rn. 119, Fn. 3, meint, „bei etwaigen Vollstreckungsmaßnahmen sind die allgemeinen Grenzen des Völkerrechts zu wahren.“. 392 So wohl MüKo ZPO-Münch, § 1061, Rn. 19a. 393 A. E. L. Tucker, LJIL 1998, 513, 525. 394 So auch Wälde, Arb. Int’l 12 (1996), 429, 458 f. 395 Wälde, Arb. Int’l 12 (1996), 429, 459.

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Kap. 1: Anwendung int. Abkommen bei Durchsetzung von ISDS-Entscheidungen

auf ISDS-Schiedssprüche. Eine etwaige Einordnung der Entscheidungen als „anational“ ist zumindest für die Durchsetzung in Deutschland ohne Belang. Die Europäische Union kann weder dem NYÜ, noch dem ICSID-Übereinkommen beitreten. Bei der Durchsetzung von ad hoc-Schiedssprüchen gegen die EU ist dies jedoch gleichgültig, da diese jeweils vor nationalen Gerichten erfolgt, welche das Übereinkommen auch gegen die EU anwenden können. Doch auch die EU kann sich im Ergebnis auf die für sie vorteilhaften Regelungen des NYÜ berufen. Problematischer ist, dass die EU nicht Partei eines ICSID-Schiedsverfahrens sein kann, weshalb das im ICSID-Übereinkommen vorgesehene durchsetzungsfreundliche Verfahren keine Anwendung finden kann, sofern ein Investor gegen die EU vorgeht. Anschließend wurden die von Deutschland abgeschlossenen relevanten bilateralen Abkommen besprochen, wobei der Fokus auf den unter Beteiligung der BRD abgeschlossenen BITs lag. Hierbei wurden die verschiedenen in den BITs zu findenden und für die Durchsetzung von Schiedssprüchen entscheidenden Klauseln dargestellt und analysiert. Im Ergebnis kann festgehalten werden, dass die in den BITs enthaltenen Klauseln regelmäßig rein deklaratorischer Art sind und nur in wenigen Fällen die Durchsetzung der Schiedssprüche erleichtern. Des Weiteren wurde auf die unter Mitwirkung der Europäischen Union ausgehandelten Abkommen eingegangen, welche ein ISDS-System beinhalten. Hierbei wurde aufgezeigt, dass die Entscheidungen eines Investment Court Systems, in der Form, wie es von der Europäischen Kommission angestrebt wird, weder nach dem NYÜ, noch nach dem ICSID-Übereinkommen durchsetzbar wären. Zwar könnten die vorhandenen Regelungen vor den Gerichten der Vertragsparteien entsprechend herangezogen werden, um eine Durchsetzbarkeit zu erreichen. In Drittstaaten wäre die Durchsetzung jedoch höchst problematisch, da es sich bei den Entscheidungen zum einen nicht um Schiedssprüche im Sinne des NYÜ handeln würde und zum anderen das ICSID-Übereinkommen keine Anwendung finden würde. Diese Probleme könnten auch bei der Schaffung eines Multilateralen Investitionsgerichtshofs auftreten, sofern den Parteien dort nicht ein Mindestmaß an Mitbestimmungsrechten bei der Auswahl der (Schieds-)Richter zugestanden wird. Die Möglichkeit, mit Drittstaaten separate Abkommen zur Durchsetzung dieser Entscheidungen zu vereinbaren, erscheint unpraktikabel.

Kapitel 2

Das Exequaturverfahren und seine verfahrensrechtlichen Voraussetzungen Die Zwangsvollstreckung wird auch als „Verfahren zur Verwirklichung gerichtlich festgestellter oder förmlich dokumentierter Gläubigerrechte im Wege staatlichen Zwangs“1 definiert. Welche Anforderungen an diese Feststellung oder Dokumentation gestellt werden, bestimmt jeder Staat zunächst selbst.2 Aufgrund der vielen unterschiedlichen nationalen Rechtsordnungen besteht ein gewisses Misstrauen hinsichtlich ausländischer Rechtsprechung.3 Aus der Souveränität des Staates folgt darum, dass dieser einen ausländischen Schiedsspruch nicht ohne jegliche Kontrollmechanismen in seine Rechtsordnung eingliedern muss.4 Um einem gewissen Bedürfnis an Kontrolle nachzukommen, ist der Zwangsvollstreckung aus einem Schiedsspruch in Deutschland deswegen das sogenannte Exequaturverfahren vorgeschaltet. Die Entscheidung eines Schiedsgerichts selbst ist in Deutschland nicht vollstreckbar.5 Im Verfahren der Durchsetzung eines Schiedsspruchs muss daher zunächst zwischen dem Exequaturverfahren und dem darauffolgenden tatsächlichen Zugriff auf das Schuldnervermögen, dem eigentlichen (Zwangs-)Vollstreckungsverfahren, unterschieden werden (organisatorische Isolierung des Vollstreckungsverfahrens)6. Das Exequaturverfahren wird als Teil des Erkenntnisverfahrens7 oder „Erkenntnisverfahren eigener Art“8 behandelt, wobei sich aus dieser Unterscheidung keine Konsequenzen ergeben. Im folgenden Kapitel werden die Voraussetzungen für 1

L. Rosenberg et al., Zwangsvollstreckungsrecht, § 1, Rn. 1. Vgl. Haas, Anerkennung und Vollstreckung ausländischer und internationaler Schiedssprüche, S. 128; Bertheau, Das New Yorker Abkommen, S. 9. 3 M. K. Wolff, Vollstreckbarerklärung, 307, 322, Rn. 10; vgl. auch P. Heinrich Neuhaus, RabelsZ 20 (1955), 201, 222. 4 Steger, Die Präklusion von Versagungsgründen, S. 74; Haas, Anerkennung und Vollstreckung ausländischer und internationaler Schiedssprüche, S. 128. 5 BGH, SchiedsVZ 2012, 41, 42, Rn. 6; OLG München, NJW 2013, 3186. 6 R. Schmidt, Lehrbuch des deutschen Zivilprozessrechts, S. 877; Wach, Vorträge über die Reichs-Civilprozessordnung, S. 299. 7 OLG Köln, Beschluss v. 21. 03. 2014 – 11 U 223/12, Rn. 28; Zöller-Geimer, § 722, Rn. 31; MüKo ZPO-Münch, § 1060, Rn. 4, „kleines Erkenntnisverfahren“. 8 BGH, SchiedsVZ 2013, 110, 111; SchiedsVZ 2018, 53, 54; NJW-RR 2002, 933; OLG Naumburg, SchiedsVZ 2010, 277, 278; Lorz, Ausländische Staaten vor deutschen Zivilgerichten, S. 330; Hammer, Überprüfung von Schiedsverfahren, Rn. 774; Saenger-Saenger, § 1060, Rn. 3. 2

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Kap. 2: Exequaturverfahren und seine verfahrensrechtlichen Voraussetzungen

ein Exequaturverfahren in Bezug auf Entscheidungen besprochen, die aus ISDSVerfahren resultieren. Es würde für das Ergebnis der Arbeit keinen Mehrwert bieten, sämtliche Probleme zu besprechen, die sich nicht nur bei ISDS-Schiedssprüchen, sondern auch bei dem Exequatur sonstiger Schiedsentscheidungen ergeben können. Dass es dennoch zu Überschneidungen kommen kann, ist der überwiegenden Anwendbarkeit derselben Normen für sämtliche Arten von Schiedsverfahren geschuldet. Erklärtes Ziel ist es jedoch, diejenigen Aspekte aufzuarbeiten, die gerade für das Investitionsschutzrecht von besonderem Interesse sind.

A. Grundlagen I. Anerkennung und Exequatur Unter Exequatur wird die originäre Verleihung der Vollstreckbarkeit (Vollstreckbarerklärung oder Vollstreckbarkeitserklärung) im Vollstreckungsstaat verstanden.9 Die Vollstreckbarerklärung setzt ihrerseits notwendig die Anerkennung der Entscheidung im Vollstreckungsstaat voraus.10 Wird im Folgenden von „Exequaturverfahren“ gesprochen, so ist damit auch die Anerkennung als notwendiger Bestandteil der Vollstreckbarerklärung umfasst. Zweck der Anerkennung ist der defensive Schutz11 vor weiteren Entscheidungen in derselben Sache (ne bis in idem) beziehungsweise res judicata,12 während die Stoßrichtung der Vollstreckbarerklärung auf eine aktive Verwendung zur Ermöglichung von Zwangsmaßnahmen gegen den Schuldner gerichtet ist. Die beiden Elemente werden darum auch als „Schild“ (Anerkennung) und „Schwert“ (Vollstreckbarerklärung) des Exequaturs bezeichnet.13 Zusammen bilden sie den Schnittpunkt zwischen staatlicher und privater Gerichtsbarkeit.14 Während die Vollstreckbarerklärung förmlich erteilt wird (exekutorische Formenstrenge)15, wird die Anerkennung durch sie inzident festgestellt und benötigt kein gesondertes Verfahren.16 Sie tritt ipsu iure mit der Verbindlichkeit 9 M. K. Wolff, Vollstreckbarerklärung, 307, 322; BeckOK ZPO-Bach, § 722, Rn. 1; MüKo ZPO-Gottwald, § 722, Rn. 1 f. 10 M. K. Wolff, Vollstreckbarerklärung, 307, 323, Rn. 11; Haas, Anerkennung und Vollstreckung ausländischer und internationaler Schiedssprüche, S. 264. 11 Vgl. Steger, Die Präklusion von Versagungsgründen, S. 76; Blackaby et al., Redfern and Hunter on international arbitration, Rn. 11.20. 12 Vgl. Solomon, International Commercial Arbitration, 45, 96 Rn. 156; Blackaby et al., Redfern and Hunter on international arbitration, Rn. 11.20. 13 Blackaby et al., Redfern and Hunter on international arbitration, Rn. 11.23; Kronke/ Nacimiento/Otto/Port-Kronke, 7. 14 Haas, Anerkennung und Vollstreckung ausländischer und internationaler Schiedssprüche, S. 23. 15 MüKo ZPO-Münch, § 1061, Rn. 2. 16 MüKo ZPO-Münch, § 1061, Rn. 2 f.; Musielak/Voit-Voit, § 1061, Rn. 2; Kronke/Nacimiento/Otto/Port-Kronke, 8, sieht die Anerkennung als logische Voraussetzung für die Voll-

A. Grundlagen

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des Schiedsspruchs nach dem für ihn relevanten Recht ein.17 Dies ist nur dann nicht der Fall, wenn ein expliziter Versagungsgrund vorliegt. Nach der herrschenden Wirkungserstreckungsdoktrin, die von einer grundsätzlichen Gleichwertigkeit der Rechtsordnungen ausgeht,18 führt die Anerkennung im Vollstreckungsstaat zu einer territorialen Erstreckung derjenigen prozessualen Wirkungen, welche die Entscheidung im Erlassstaat innehat,19 sofern diese auch im Recht des Vollstreckungsstaates bekannt sind.20 Ausnahme hiervon ist wie gesagt die prozessuale Wirkung der Vollstreckbarkeit.21 Diese muss explizit im Vollstreckungsstaat festgestellt werden.22 Der Wert der Vollstreckbarerklärung ist es also, dass es sich bei ihr um einen vollstreckbaren Titel handelt.23 Ist die Vollstreckbarerklärung erteilt, so richtet sich ihre Wirkung alleine nach der lex fori.24 Zusammenfassend lässt sich sagen, dass das Exequaturverfahren zu einer „inländischen Beachtlichkeit“ der schiedsrichterlichen Entscheidung führt.25

II. Das deutsche Recht Ausgangspunkt für die Durchsetzung von ausländischen Schiedssprüchen ist in Deutschland § 1061 Abs. 1 ZPO i.V.m. dem NYÜ. Für inländische Schiedssprüche gilt § 1060 ZPO i.V.m. § 1059 Abs. 2 ZPO. Während sich das deutsche Schiedsstreckbarerklärung an; Schlosser, Das Recht der internationalen privaten Schiedsgerichtsbarkeit, Rn. 901; Geimer, Internationales Zivilprozessrecht, Rn. 3880; Hammer, Überprüfung von Schiedsverfahren, Rn. 796; Kröll, § 1061 – Foreign Awards, 443, 2. 17 Musielak/Voit-Voit, § 1061, Rn. 1; anders Saenger-Saenger, § 1061, Rn. 1, der zudem zwischen der Wirkung im Inland und der Anerkennung unterscheidet. Dies hat jedoch keine praktische Auswirkung. 18 Martiny, Anerkennung ausländischer Entscheidungen nach autonomem Recht, S. 362 ff. 19 Geimer, Internationales Zivilprozessrecht, Rn. 3879; Geimer, Zur Prüfung der Gerichtsbarkeit und der int. Zuständigkeit bei der Anerkennung ausl. Urt.e, S. 31 ff. 20 Geimer, Internationales Zivilprozessrecht, Rn. 2780; Haas, Anerkennung und Vollstreckung ausländischer und internationaler Schiedssprüche, S. 129; Martiny, Anerkennung ausländischer Entscheidungen nach autonomem Recht, Rn. 369. 21 M. K. Wolff, Vollstreckbarerklärung, 307, 323, Rn. 11; Haas, Anerkennung und Vollstreckung ausländischer und internationaler Schiedssprüche, S. 129 f.; Schlosser, Das Recht der internationalen privaten Schiedsgerichtsbarkeit, Rn. 886. 22 M. K. Wolff, Vollstreckbarerklärung, 307, 323 Rn. 11; Geimer, Zur Prüfung der Gerichtsbarkeit und der int. Zuständigkeit bei der Anerkennung ausl. Urt.e, S. 35. 23 Schwab/Walter/Baumbach, Schiedsgerichtsbarkeit, Kap. 30, Rn. 3; vgl. G. Wagner, Grundfragen der Vollstreckbarerklärung von Schiedssprüchen, 1, 8. 24 Schlosser, Das Recht der internationalen privaten Schiedsgerichtsbarkeit, Rn. 901; Steger, Die Präklusion von Versagungsgründen, S. 78. 25 MüKo ZPO-Münch, § 1061, Rn. 1; M. K. Wolff, Vollstreckbarerklärung, 307, 323, Rn. 11.

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Kap. 2: Exequaturverfahren und seine verfahrensrechtlichen Voraussetzungen

verfahrensrecht – mit sonst nur wenigen Abweichungen – 26 an dem Modellgesetz zur internationalen Handelsschiedsgerichtsbarkeit (ModellG) der Handelsrechtskommission der Vereinten Nationen (UNCITRAL)27 orientiert,28 wurden insbesondere die Regelungen der Vollstreckbarerklärung (in- und) ausländischer Schiedssprüche in den Artt. 35 f. ModellG nicht übernommen.29 Stattdessen findet sich in § 1061 Abs. 1 S. 1 ZPO ein Verweis auf das NYÜ30 und in § 1060 Abs. 2 ZPO ein Verweis auf die Regelungen über die Aufhebung von Schiedssprüchen nach § 1059 ZPO, welche wiederum aus dem NYÜ übernommen wurden31.32 Der deutsche Gesetzgeber hat somit keine explizite und gegenüber dem NYÜ günstigere Regelung zur Anerkennung und Vollstreckbarerklärung ausländischer Schiedssprüche in der ZPO vorgesehen, weshalb sich die nachfolgenden Ausführungen an den Regelungen des NYÜ orientieren können.33 Sofern sich Besonderheiten aus dem deutschen Recht ergeben, wird an der entsprechenden Stelle auf sie eingegangen. § 1061 Abs. 1 ZPO ist etwas missverständlich, weil dort von der „Anerkennung und Vollstreckung ausländischer Schiedssprüche“ gesprochen wird. Gemeint ist jedoch die „Anerkennung und Vollstreckbarerklärung“. Während inländische Schiedssprüche aufgehoben werden, sofern der Antrag auf Vollstreckbarerklärung abzulehnen ist, ist dies bei ausländischen Schiedssprüchen nicht der Fall. Bei ihnen wird lediglich festgestellt, dass die Anerkennung im Inland versagt wird.34 Deutschland hält bei ausländischen Schiedssprüchen nicht an einem Gegenseitigkeitserfordernis fest,35 wie es Art. I Abs. 3 NYÜ ermöglichen würde. Das be26

Siehe dazu R. Wolff, SchiedsVZ 2016, 293 ff. United Nations Commission on International Trade Law. 28 Deutscher Bundestag, BT-Drs. 13/9124 1997, S. 1; R. Wolff, SchiedsVZ 2016, 293, 294; Steger, Die Präklusion von Versagungsgründen, S. 99. 29 Deutscher Bundestag, BT-Drs. 13/5274 1996, S. 62; R. Wolff, SchiedsVZ 2016, 293, 295; BeckOK ZPO-Wilske/Markert, § 1061, Rn. 1; Prütting ZPO-Raeschke-Kessler, § 1061, Rn. 1. 30 Nelle, Anspruch, Titel und Vollstreckung im internationalen Rechtsverkehr, S. 537; Steger, Die Präklusion von Versagungsgründen, S. 135 f.; Geimer, Internationales Zivilprozessrecht, Rn. 3885. 31 Lediglich Art. V Abs. 1 e) NYÜ wurde nicht in § 1059 ZPO Abs. 2 ZPO übernommen. 32 Vgl. Deutscher Bundestag, BT-Drs. 13/5274 1996, S. 58 f.; Saenger-Saenger, § 1059, Rn. 1; BeckOK ZPO-Wilske/Markert, § 1059, Rn. 2; MüKo ZPO-Münch, § 1059, Rn. 3; Hammer, Überprüfung von Schiedsverfahren, Rn. 827. 33 Teilweise geht der BGH auch davon aus, dass als günstigere Vorschriften diejenigen für inländische Schiedssprüche Anwendung finden könnten. Siehe BGH, NJW-RR 2011, 569, Rn. 11; NJW 2011, 1290, Rn. 15. 34 MüKo ZPO-Münch, § 1061, Rn. 26. 35 Ursprünglich hatte Deutschland einen solchen Vorbehalt erklärt, jedoch dann am 31. 08. 1998 die Rücknahme des Vorbehalts gegenüber dem Generalsekretär der Vereinten Nationen erklärt, BGBL 1999 II S.7; BeckOK ZPO-Wilske/Markert, § 1061, Rn. 2; Saenger-Saenger, § 1061, Rn. 1; MüKo ZPO-Münch, § 1061, Rn. 1. 27

B. Maßgeblichkeit des Schiedsorts und des Orts der Durchsetzung

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deutet, dass in Deutschland alle ausländischen Schiedssprüche anerkannt werden, gleich ob der Schiedsstaat selbst dem NYÜ beigetreten ist oder nicht.36 Dies stellt einen großen Unterschied zu ausländischen Urteilen dar, bei denen es grundsätzlich nach § 328 Abs. 1 Nr. 5 ZPO auf eine Gegenseitigkeitsverbürgung ankommt.37 Für ICSID-Schiedssprüche gilt, wie bereits oben38 angesprochen, das InvStreiÜbkG. Gemäß Art. 2 Abs. 1 S. 1 InvStreiÜbkG wird die Zulässigkeit der Zwangsvollstreckung aus dem Schiedsspruch gerichtlich festgestellt. Für das Verfahren finden wiederum nach Abs. 2 des Artikels die Vorschriften über das Verfahren bei der Vollstreckbarerklärung ausländischer Schiedssprüche, also die §§ 1062 – 1065 ZPO, entsprechend Anwendung.39

B. Maßgeblichkeit des Schiedsorts und des Orts der Durchsetzung I. Inländische und ausländische Schiedssprüche Die Frage danach, ob der Schiedsspruch als „inländisch“ oder „ausländisch“ zu beurteilen ist, richtet sich für den deutschen Richter nach der deutschen lex fori.40 § 1025 Abs. 1 ZPO regelt, dass es dabei auf den Belegenheitsort des Schiedsverfahrens in Deutschland ankommt.41 Wo genau dieser Belegenheitsort liegt, richtet sich nach der Vereinbarung der Parteien, beziehungsweise subsidiär nach der Bestimmung durch das Schiedsgericht (vgl. § 1043 ZPO), und nicht nach dem effektiven Sitz der Verhandlungen (Tagungsort).42 Dies ist sinnvoll, da verschiedene Verfahrenstermine an verschiedenen Orten stattfinden können und die Verfahren gerade durch moderne Kommunikationsmittel immer weniger ortsgebunden ablaufen. Auch Schiedssprüche aus anderen EU-Staaten sind als „ausländische“ zu

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Schwab/Walter/Baumbach, Schiedsgerichtsbarkeit, Kap. 42, Rn. 8. Prütting ZPO-Raeschke-Kessler, § 1061, Rn. 3; Musielak/Voit-Voit, § 1061, Rn. 1. 38 Siehe oben S. 47. 39 OLG Frankfurt a.M., SchiedsVZ, 126, 128; BeckOK ZPO-Wilske/Markert, § 1061, Rn. 3; MüKo ZPO-Münch, § 1061, Rn. 19a. 40 Geimer, Internationales Zivilprozessrecht, Rn. 3895. 41 Geimer, Internationales Zivilprozessrecht, Rn. 3895; Kröll, § 1061 – Foreign Awards, 443, Rn. 15; United Nations Commission on international trade law, UNCITRAL Secretariat guide on the Convention on the Recognition and Enforcement of Foreign Arbitral Awards (New York, 1958), S. 20. 42 Hammer, Überprüfung von Schiedsverfahren, Rn. 29; MüKo ZPO-Münch, § 1043, Rn. 4; M. R. P. Paulsson, The 1958 New York Convention in action, S. 101; Musielak/Voit-Voit, § 1042, Rn. 1; Saenger-Saenger, § 1043, Rn. 5; K. Peter Berger, RIW 1998, 8, 10; a.A. Schütze, Schiedsgericht und Schiedsverfahren, Rn. 509, 533, 591. 37

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Kap. 2: Exequaturverfahren und seine verfahrensrechtlichen Voraussetzungen

qualifizieren. Eine eigene Kategorie der „binnenmarktrechtlichen Schiedssprüche“ gibt es nicht.43

II. ICSID-Schiedssprüche Teilweise wird ICSID-Schiedssprüchen weiterhin die Zugehörigkeit zu einer bestimmten Rechtsordnung abgesprochen, weshalb diese weder als inländisch noch als ausländisch bezeichnet werden könnten.44 In den meisten Fällen finden ICSID-Schiedsverfahren am Sitz des ICSID in Washington statt. Allerdings kann nach Art. 63 a) ICSID ein Abkommen mit einer privaten oder öffentlichen Einrichtung geschlossen werden, wonach auch ohne Einzelgenehmigung ICSID-Verfahren an deren Sitz durchgeführt werden können. Weltweit gibt es 19 solcher Abkommen45 – unter anderem mit der Deutschen Institution für Schiedsgerichtsbarkeit (DIS – weshalb auch ICSID-Verfahren im Frankfurt International Arbitration Center (FIAC) in Frankfurt am Main durchgeführt werden können.46 Da es jedoch, wie soeben gezeigt, nicht auf den effektiven Sitz des Schiedsgerichts ankommt, kann daraus nicht auch der Schiedsort abgeleitet werden. Ein faktischer Tagungsort spricht nicht notwendig gegen die Theorie des anationalen Schiedsspruchs.47 Allerdings ist die Zuordnung für ICSID-Entscheidungen von rein theoretischer Natur und in der Praxis zumindest aus deutscher Sicht unbeachtlich. Die Vollstreckbarerklärung richtet sich in Deutschland nämlich, unabhängig von dieser Klassifizierung, nach Art. 2 Abs. 2 InvStreiÜbkG i.V.m. den Vorschriften für das Verfahren bei der Vollstreckbarerklärung ausländischer Schiedssprüche.48 Der Schiedsort spielt hier also keine Rolle für die Wahl der anzuwendenden Normen.

III. Forum Shopping Auch bei der Durchsetzung eines Schiedsspruches kommt es regelmäßig zu einer Art des „Forum Shoppings“, also der Wahl eines bestimmten Gerichtsortes aufgrund 43

Zöller-Geimer, § 1061, Rn. 13; Wieczorek/Schütze-Schütze, § 1061, Rn. 27. Siehe Ahner, Investor-Staat-Schiedsverfahren nach Europäischem Unionsrecht, S. 39. 45 International Centre for Settlement of Investment Disputes, 2018 Annual Report, S. 10; Die komplette Liste findet sich auf https://icsid.worldbank.org/en/Pages/services/Other-Facili ties.aspx. 46 Siehe https://www.frankfurt-main.ihk.de/recht/themen/streitbeilegung/schiedsgericht/ icsid/; Escher et al., Investment Arbitration in Germany, 1013, Rn. 38; Böckstiegel/Kröll/ Nacimiento, General Overview, 3, Rn. 22. 47 Vgl. oben S. 37. 48 Die dahingehende Gesetzesänderung erfolgte in § 11 Schiedsverfahrens-Neuregelungsgesetz vom 22. 12. 1997, BGBl. I 3224, 3236. 44

C. Antragsgegner

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der Bedürfnisse des Antragsstellers. Vornehmlich richtet sich die Wahl des Vollstreckungsortes danach, wo der Gegner Rechtsgüter hat, in welche später zwangsvollstreckt werden soll. Hierfür kann oftmals sehr aufwändiges „asset-tracing“ (oder auch „asset-tracking“) vonnöten sein.49 Sofern keine Rechtsgüter des Gegners in einem Staat vorhanden sind, lohnt es sich dort auch nicht, ein aufwändiges Exequaturverfahren einzuleiten. Anders kann es nur sein, wenn absehbar ist, dass der Gegner in Zukunft Gegenstände in den Staat einbringt.50 In den wenigsten Fällen ist zu erwarten, dass in demjenigen Staat, in welchem das Schiedsverfahren stattfand, auch Rechtsgüter vorhanden sind. Der Schiedsort wird als neutrales Forum regelmäßig gerade so ausgewählt, dass die Streitparteien keine Verbindung zu diesem Staat haben.51 Sofern der Gläubiger in verschiedenen Staaten Rechtsgüter des Schuldners gefunden hat, können auch andere Faktoren eine Rolle bei der Auswahl des Exequaturstaates spielen. So ist vorab zu klären, ob der jeweilige Staat Mitglied des NYÜ, beziehungsweise des ICSID-Übereinkommens ist. Auch die Handhabung der Staatenimmunität52 und die generelle „Vollstreckungsfreudigkeit“ der Gerichte sind mit in Betracht zu ziehen.53 Doch auch praktische Erwägungen, wie die Gerichtssprache oder die räumliche Nähe zum eigenen Sitz, spielen eine Rolle. In jedem Fall sollte sich der Gläubiger vorab mit der jeweiligen Rechtsordnung vertraut machen.

C. Antragsgegner I. Staaten Primärer Antragsgegner bei dem Antrag auf Vollstreckbarerklärung sind, der Natur der Sache nach, die Gaststaaten, in welchen eine Investition getätigt wurde. Die ISDS-Verfahren bieten gerade den Rahmen dafür, dass ein Investor seine Rechte gegenüber einem Staat durchsetzen kann. Gleichwohl gingen die Schaffer des ICSID noch davon aus, dass in der Regel keine Vollstreckungsverfahren gegen Staaten nötig sein würden, da Staaten die gegen sie ergangenen Entscheidungen akzeptieren würden,54 um nicht ihre Reputation zu gefährden.55 Darum sei die Frage danach, ob 49 Blackaby et al., Redfern and Hunter on international arbitration, Rn. 11.28; Tonova/ Vasani, Enforcement of investment treaty awards, 83, 97. 50 Zur Frage des Rechtschutzbedürfnisses in diesen Fällen siehe unten S. 125. 51 Blackaby et al., Redfern and Hunter on international arbitration, Rn. 11.28. 52 Delaume, ICSID Rev. 1993, 29; Canè, Am. Rev. Int. Arbitr. 15 (2004), 439, 457; Nmehielle, Annual Survery of Int’l & Comp. Law 2001, 21, 47; Choi, N.Y.U. J. Int’l L. & Pol. 1996, 175, 213. 53 Vgl. Blackaby et al., Redfern and Hunter on international arbitration, Rn. 11.29. 54 Broches, ICSID Rev. 1987, 287, 303; Torggler et al., Schiedsgerichtsbarkeit, S. 587, Rn. 1709; Schreuer, ICSID Convention, Art. 54, Rn. 7.

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Kap. 2: Exequaturverfahren und seine verfahrensrechtlichen Voraussetzungen

der Staat einen solchen Schiedsspruch durchsetzen müsse, rein akademischer Natur.56 Dass dem nicht so ist, lässt sich mit den vielen streitigen Verfahren belegen, die bisher gegen Staaten geführt worden sind.57 Wie viele Schiedssprüche tatsächlich direkt akzeptiert und erfüllt werden, lässt sich kaum beurteilen, da beispielsweise postarbitrale Vergleiche meistens vertraulich bleiben.58

II. Investoren Wie bereits angesprochen waren die Vorschriften zur Durchsetzung von Schiedssprüchen im ICSID-Übereinkommen zunächst primär dafür gedacht, den Staaten gegen Investoren zu helfen, da diese nicht dieselbe Verankerung im Völkerrecht innehätten, wie die Staaten.59 Da die meisten ISDS-Verfahren allerdings von Investoren gegen Staaten initiiert werden, beschränkt sich der Großteil der von Staaten eingeleiteten Exequaturverfahren auf die Durchsetzung von Kostenerstattungsansprüchen gegen den im ISDS-Verfahren unterlegenen Investor. Die meisten IIAs gewähren ausschließlich den Investoren Rechte und nicht ihren Gaststaaten.60 Zudem mangelt es an einer Schiedsabrede zwischen den Parteien, sofern kein Investor-Staat-Vertrag vorliegt und der Investor nicht das Angebot auf Schiedsabrede in einem IIA annimmt.61 Nichtsdestotrotz können auch Staaten mit Klagen gegen Investoren obsiegen. Dies zeigt zum einen die Möglichkeit von Widerklagen vor ISDS-Schiedsgerichten.62 Zum anderen gibt es auch Bestrebungen, ein internationales Regelungswerk zur Haftung von Konzernen für Menschenrechtsverletzungen zu schaffen63. Es bleibt abzuwarten, ob hieraus in Zukunft vermehrt Klagen gegen Investoren auftreten können. 55

305. 56

Alexandrov, Enforcement of ICSID Awards, 322, 326 f.; Broches, ICSID Rev. 1987, 287,

Musa/Polasek, Origins and specificities of the ICSID enforcement mechanism, 13, 16 f. Eine Aufzählung wäre hier weder sinnvoll noch aus Platzgründen möglich, weshalb auf die Vielzahl der Verfahren verwiesen wird, die aufgrund ihrer Besonderheiten in dieser Arbeit ohnehin besprochen wird. 58 Parra, Enforcement of ICSID Arbitral Awards, 131, 136. 59 Musa/Polasek, Origins and specificities of the ICSID enforcement mechanism, 13, 16 f. 60 Bubrowski, KSzW 2011, 168. 61 Bubrowski, KSzW 2011, 168, 170. 62 Schreuer, ICSID Convention, Art. 46, Rn. 64 ff.; Bubrowski, KSzW 2011, 168, 170 f.; Kryvoi, Minn. J. Int. Law 21 (2012), 216. 63 Siehe United Nations, HRC Res. 26/9 – Elaboration of an international legally binding instrument on transnational corporations and other business enterprises with respect to human rights 2014; sowie die Website der „Open-ended intergovernmental working group on transnational corporations and other business enterprises with respect to human rights“: www. ohchr.org/EN/HRBodies/HRC/WGTransCorp/Pages/IGWGOnTNC.aspx. 57

C. Antragsgegner

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Es kommt jedoch auch immer wieder zu Fällen, in welchen der Investor die ihm auferlegten Kosten nicht freiwillig begleicht64 und der obsiegende Gaststaat sie gerichtlich durchsetzen muss.65 Da die Durchsetzung von gegen Unternehmen ergangenen ISDS-Schiedssprüchen allerdings kaum Besonderheiten gegenüber der Durchsetzung von herkömmlichen Handelsschiedssprüchen bereithält, fokussiert sich diese Arbeit auf die Durchsetzung gegenüber staatlichen Akteuren. Ein eher praktischer Umstand, der von obsiegenden Staaten kritisiert wird, sind Fälle, in welchen die Schiedsklagen durch speziell für das Verfahren geschaffene Gesellschaften eingeleitet werden, welche selbst nicht genug Haftungsmasse haben, um die eventuellen Kosten zu begleichen.66 Allerdings ist dieses Problem eher bei Fragen zur Klagebefugnis sowie zu einer möglichen Sicherheitsleistung vor Einleitung des Schiedsverfahrens anzusiedeln.

III. Die Europäische Union Aufgrund der Bestrebungen der Europäischen Union, in zukünftigen Freihandelsund Investitionsschutzabkommen als Partei beteiligt zu sein, drängt sich die Frage auf, ob die EU auch partei- und prozessfähig im Sinne der §§ 50, 51 ZPO in einem Verfahren auf Vollstreckbarerklärung vor deutschen Gerichten sein kann, damit gegen oder durch sie ein Verfahren zur Vollstreckbarerklärung eines Schiedsspruchs eingeleitet werden kann. Von dieser vollstreckungsrechtlichen Frage ist die hier nicht zu behandelnde Frage danach zu unterscheiden, ob gegen die EU überhaupt ein ISDS-Schiedsverfahren eingeleitet werden kann,67 aus welchem wiederum ein durchzusetzender Schiedsspruch resultiert.68 Gemäß Art. 335 S. 1 AEUV hat die EU eine „plurinationale“ Partei- und Prozessfähigkeit.69 Die EU kann darum sowohl Antragstellerin und Antragsgegnerin, als auch Klägerin und Beklagte vor einem deutschen Gericht sein und verfügt über alle 64

Joubin-Bret, The effectiveness of the ICSID mechanism regarding the enforcement of arbitral awards, 99, 111, mit einigen Beispielen. 65 Peterson, Analysis: Gov’ts have no success in forcing claimants to post security while treaty arbitrations are ongoing, http://tinyurl.com/p5qy8n9; siehe auch Peterson, In Rare Turn of Events, claimant makes good on costs owed in BIT Arbitration, http://tinyurl.com/pfoeqpx, wo die sofortige Begleichung der Kosten durch den Investor als „anomalous“ bezeichnet wird. 66 Siehe Peterson, Analysis: Gov’ts have no success in forcing claimants to post security while treaty arbitrations are ongoing, http://tinyurl.com/p5qy8n9; Peterson, In Rare Turn of Events, claimant makes good on costs owed in BIT Arbitration, http://tinyurl.com/pfoeqpx. 67 Zu dieser Frage und deren Bejahung siehe: Ahner, Investor-Staat-Schiedsverfahren nach Europäischem Unionsrecht, S. 241 ff.; Damm, Die Europäische Union im universellen Völkergewohnheitsrecht, S. 165 f. 68 Geht man davon aus, dass die EU der ICSID-Konvention nicht beitreten kann, so ist zumindest kein gegen die EU gerichteter ICSID-Schiedsspruch möglich. Siehe oben S. 48. 69 Grabitz/Hilf/Nettesheim-Athen/Dörr, Art. 335 AEUV, Rn. 41; Calliess/Ruffert-Ruffert, Art. 335 AEUV, Rn. 3.

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Kap. 2: Exequaturverfahren und seine verfahrensrechtlichen Voraussetzungen

verfahrensbezogenen Rechte und Pflichten, die auch inländische juristische Personen in dem entsprechenden Mitgliedstaat inne haben.70 Zwar gilt Art. 335 S. 1 AEUV nicht gegenüber Drittstaaten, sofern jedoch der Drittstaat das IPR eines Mitgliedstaats für anwendbar hält, greift Art. 335 AEUV mittelbar.71 Folglich kann die Union sowohl Gegner in einem Verfahren auf Vollstreckbarerklärung eines ISDSSchiedsspruchs sein, als auch selbstständig ein solches Verfahren vor nationalen Gerichten einleiten. Sie wird dabei durch die Europäische Kommission vertreten.72

D. Staatenimmunität Als Ausgangspunkt für die folgenden Ausführungen ist festzustellen, dass Staaten nach den allgemeinen Regeln des Völkerrechts grundsätzlich immun hinsichtlich der Hoheitsgewalt nationaler Gerichte sind.73 Das bedeutet, dass sie von der Gerichtsbarkeit anderer Staaten befreit sind.74 Diese Staatenimmunität ist ein Teilaspekt des gewohnheitsrechtlich anerkannten völkerrechtlichen Grundsatzes der souveränen Gleichheit der Staaten75 („par in parem non habet imperium76/judicium77/jurisdictionem78“)79.80 Sie bindet als Völkergewohnheitsrecht81 über Art. 25 GG die deut-

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Groeben/Schwarze/Hatje/Grill-Hatje, Art. 335 AEUV, Rn. 54; Grabitz/Hilf/NettesheimAthen/Dörr, Art. 335 AEUV, Rn. 41 f.; Vedder/Heintschel von Heinegg-Heintschel von Heinegg, Art. 335 AEUV, Rn. 8. 71 Calliess/Ruffert-Ruffert, Art. 335 AEUV, Rn. 3. 72 Streinz, EUV/AEUV-Kokott, Art. 335 AEUV, Rn. 13, 18; Groeben/Schwarze/Hatje/ Grill-Hatje, Art. 335 AEUV, Rn. 54. 73 Bjorklund, Am. Rev. Int’l Arb. 21 (2010), 211, 221; MüKo ZPO-Zimmermann, § 20 GVG, Rn. 9 74 Siehe nur Kelsen/R. W. Tucker, Principles of international law, S. 358; Langkeit, Staatenimmunität und Schiedsgerichtsbarkeit, S. 30; Bouchez, N.Y.I.L. 10 (1979), 3; Staehelin, Die gewohnheitsrechtliche Regelung der Gerichtsbarkeit über fremde Staaten im Völkerrecht, S. 17; Dahm, Völkerrechtliche Grenzen der inländischen Gerichtsbarkeit gegenüber ausländischen Staaten, 153, 154. 75 Vgl. Art. 2 Nr. 1 der Charta der Vereinten Nationen „Die Organisation beruht auf dem Grundsatz der souveränen Gleichheit aller ihrer Mitglieder.“ 76 Kelsen/R. W. Tucker, Principles of international law, S. 357; Sornarajah, ICLQ 1982, 661, 664; Kronke, IPRax 1991, 141; Dörr, Staatenimmunität als Anerkennungs- und Vollstreckungshindernis, 175, 177; Ney, Sovereign Immunities of States: A German Perspective, 32, 33; T. Stein/Buttlar/Kotzur, Völkerrecht, Rn. 714; Höfelmeier, Vollstreckungsimmunität der Staaten, S. 43. 77 Berber, Allgemeines Friedensrecht, S. 220; Weller, Rpfleger 2006, 364, 366. 78 T. Stein/Buttlar/Kotzur, Völkerrecht, Rn. 525; Habscheid, Die Staatenimmunität im Erkenntnis- und Vollstreckungsverfahren, 213, 215; Epping, § 5 Der Staat als die „Normalperson“ des Völkerrechts, 49, Rn. 255, 264. 79 Siehe aber auch zur Sinnveränderung der ursprünglichen Wendung Yang, State immunity, S. 51 ff.

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schen Gerichte.82 Unterschieden wird zwischen der Immunität für das Erkenntnisverfahren (Jurisdiktionsimmunität) und der Immunität für das Vollstreckungsverfahren (Vollstreckungsimmunität).83 Die Verpflichtung zur Beachtung der Staatenimmunität ergibt sich ebenfalls aus Art. 6 Abs. 1 des zwar noch nicht in Kraft getretenen, jedoch das allgemeine Völkerrecht repräsentierenden84 Übereinkommens der Vereinten Nationen über die Immunität der Staaten und ihres Vermögens von der Gerichtsbarkeit (UNStImmÜ).85 Auch das Exequaturverfahren setzt – wie jedes Gerichtsverfahren – die in jeder Lage des Verfahrens von Amts wegen zu prüfende Gerichtsbarkeit (facultas iurisdictionis)86 der Bundesrepublik Deutschland als allgemeine Prozessvoraussetzung87 voraus.88 Genießt ein Staat Immunität, so mangelt es jedoch an der Gerichtsbarkeit und der Antrag auf Vollstreckbarerklärung ist zurückzuweisen. Da grundsätzlich jeder Staat Staatenimmunität für sich beanspruchen kann und somit ein gegen Staaten gerichtetes Exequaturverfahren leerzulaufen scheint, ist in der Folge darzustellen, in welchen Fällen eine Ausnahme von dem eben genannten Grundsatz besteht. Für das Exequaturverfahren wird dabei die Ge80

Damian, Staatenimmunität und Gerichtszwang, S. 15; Höfelmeier, Vollstreckungsimmunität der Staaten, S. 13 f.; Epping, § 5 Der Staat als die „Normalperson“ des Völkerrechts, 49, Rn. 254. 81 Schaumann, Berichte der Deutschen Gesellschaft für Völkerrecht 1968, 1, 8; Yang, State immunity, S. 34 ff. 82 BVerfG, NJW 1978, 485, 486 f.; NJW 2014, 1723; NJW 2007, 2605, 2607; BGH, NJW 1979, 1101; OLG Frankfurt a.M., BeckRS 2011, 24412; Geimer, Internationales Zivilprozessrecht, Rn. 3929; Höfelmeier, Vollstreckungsimmunität der Staaten, S. 89; Dahlhoff, BB 1997, 321, 322; Bitter, Vollstreckbarerklärung und Zwangsvollstreckung, S. 198; Lorz, Ausländische Staaten vor deutschen Zivilgerichten, S. 33 f.; Epping, § 5 Der Staat als die „Normalperson“ des Völkerrechts, 49, Rn. 264; Dörr, Staatenimmunität als Anerkennungs- und Vollstreckungshindernis, 175, 177. 83 Wood, Immunity from Jurisdiction and Immunity from Measures of Constraint, 13 ff.; Stefano, Arb. Int’l 30 (2014), 59, 66; T. Stein/Buttlar/Kotzur, Völkerrecht, Rn. 716; Höfelmeier, Vollstreckungsimmunität der Staaten, S. 39; Schönfeld, NJW 1986, 2980, 2985. 84 BVerfG, NJW 2007, 2605, Rn. 45; OLG Frankfurt a.M., BeckRS 2011, 24412; Geimer, Internationales Zivilprozessrecht, Rn. 496, 571, 666; O’Keefe/Tams, General Introduction, xxxvii, xli; Nmehielle, Annual Survery of Int’l & Comp. Law 2001, 21, 34; Lorz, Ausländische Staaten vor deutschen Zivilgerichten, S. 28. 85 Nach Art. 30 Abs. 1 des Abkommens tritt es am dreißigsten Tag nach Hinterlegung der dreißigsten Ratifikations-, Annahme-, Genehmigungs- oder Beitrittsurkunde beim Generalsekretär der Vereinten Nationen in Kraft. Bislang haben es lediglich 28 Staaten unterzeichnet und 21 Staaten ratifiziert. Siehe https://treaties.un.org/pages/ViewDetails.aspx?src=TRE ATY&mtdsg_no=III-13&chapter=3&lang=en. 86 Pagenstecher, Zeitschrift für ausländisches und internationales Privatrecht 11 (1937), 337, 342; Geimer, Zur Prüfung der Gerichtsbarkeit und der int. Zuständigkeit bei der Anerkennung ausl. Urt.e, S. 67. 87 BGH, NJW 1953, 545; RGZ 157, 389, 394. 88 BVerfG, NJW 1978, 485, 486; BGH, NJW-RR 2003, 1218, 1219; Genius, jurisPRBGHZivilR 9 (2013), Anm. 3, 2; Geimer, Internationales Zivilprozessrecht, Rn. 843c ff.; Habscheid, Berichte der Deutschen Gesellschaft für Völkerrecht 1968, 159, 182; MüKo ZPOZimmermann, § 20 GVG, Rn. 8.

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Kap. 2: Exequaturverfahren und seine verfahrensrechtlichen Voraussetzungen

richtsbarkeit für das Erkenntnisverfahren benötigt (also das Fehlen der Jurisdiktionsimmunität) und nicht diejenige für das Zwangsvollstreckungsverfahren (also das Fehlen der Vollstreckungsimmunität).89

I. ICSID-Schiedssprüche Verhältnismäßig einfach gestaltet sich die Frage der Jurisdiktionsimmunität für das Exequaturverfahren bei ICSID-Schiedssprüchen. Hier ist nahezu unbestritten, dass dem Verfahren keine Immunität entgegengehalten werden kann.90 Dies wurde beispielsweise im Fall Benvenuti & Bonfant srl ./. Gouvernement de la République Populaire du Congo91 von einem französischen Gericht festgestellt. Dort hieß es: „These provisions lay down a simplified procedure for recognition and enforcement (exequatur simplifié) and restrict the function of the court designated for the purposes of the Convention by each Contracting State to ascertaining the authenticity of the award certified by the Secretariat General.“92 Nach herrschender Ansicht verzichtet der Staat durch Unterzeichnung des ICSIDÜbereinkommens auf seine Immunität im Exequaturverfahren.93 Dies wird insbesondere aus Art. 54 Abs. 1 ICSID gelesen94, wonach die Mitgliedstaaten verpflichtet sind, ICSID-Schiedssprüche anzuerkennen und zur Vollstreckung zuzulassen, als würde es sich bei ihnen um Endurteile handeln.95 Da ein Endurteil keines Exequaturs mehr bedarf, kann ein solches grundsätzlich auch nicht mehr für entsprechende Schiedssprüche verlangt werden. Das ICSIDÜbereinkommen überspringt das Exequaturverfahren, wenn es die Gleichwertigkeit mit einem Endurteil postuliert. Im Grunde könnte man auch sagen, dass der Staat hier 89

Geimer, Internationales Zivilprozessrecht, Rn. 3880. Langkeit, Staatenimmunität und Schiedsgerichtsbarkeit, S. 97; Delaume, Arb. J. 38 (1983), 34, 36; Delaume, Sovereign Immunity and transnational arbitration, 313, 317; Delaume, ICSID Rev. 1987, 403, 405 f. 91 Benvenuti & Bonfant ./. Congo, ICSID Reports 1993, 330. 92 Cour d’appel de Paris, ICSID Reports 1993, 368, 371, (englische Übersetzung); Delaume, Sovereign Immunity and transnational arbitration, 313, 317. 93 Cour de Cassation, Société SOABI v. Etat du Sénégal v. 11. 06. 1991 – 90-11282; United States District Court for the Southern District of New York, 650 F. Supp. 1986, 73, 76; Rensmann, Anationale Schiedssprüche, S. 271; Joemrith, Enforcing arbitral awards against sovereign states, S. 161; Juratowich, AsianJIL 6 (2016), 199, 230; vgl. Lorz, Ausländische Staaten vor deutschen Zivilgerichten, S. 143. 94 Schwab/Walter/Baumbach, Schiedsgerichtsbarkeit, Kap. 4, Rn. 12, Fn. 47; Kap. 41, Rn. 5; Choi, N.Y.U. J. Int’l L. & Pol. 1996, 175, 185; Langkeit, Staatenimmunität und Schiedsgerichtsbarkeit, S. 98; Nmehielle, Annual Survery of Int’l & Comp. Law 2001, 21, 30; Lorz, Ausländische Staaten vor deutschen Zivilgerichten, S. 143. 95 Art. 54 Abs. 1 ICSID „Each Contracting State shall recognize an award rendered pursuant to this Convention as binding and enforce the pecuniary obligations imposed by that award within its territories as if it were a final judgment of a court in that State. […]“. 90

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nicht auf seine Immunität verzichten muss, da es schon kein Verfahren geben darf, in welchem die Immunität Anwendung finden könnte.96 Faktisch findet vor den nationalen Gerichten oftmals (beispielsweise in Deutschland) dennoch weiterhin ein gerichtliches Verfahren statt, in welchem ein ICSID-Schiedsspruch für vollstreckbar erklärt wird.97 Dies ist dem Umstand geschuldet, dass den nationalen Gerichten zumindest ein Mindestmaß an Prüfkompetenz eingeräumt werden soll, damit sie überprüfen können, ob überhaupt ein ICSID-Schiedsspruch vorliegt. Zudem wird teilweise behauptet, es ergebe sich aus Art. 6 EMRK, dass ein vollständiger Verzicht auf eine Prüfung durch nationale Gerichte unzulässig sei, da zumindest eine „Eingangskontrolle“ auf Menschenrechtskonformität notwendig sei.98 Allerdings darf diese Prüfung nicht dazu führen, dass der Durchsetzung des Schiedsspruchs Hindernisse in den Weg gelegt werden, die das ICSID-Übereinkommen nicht vorsieht und die darum dem Zweck des ICSIDÜbereinkommens auf Schutz der Investoren entgegenlaufen. Die Staatenimmunität wäre ein solches Hindernis, da sie einseitig dem Staat ein Mittel an die Hand gibt, sich der Durchsetzung eines gegen ihn gerichteten Schiedsspruchs zu entziehen. Der Verweis auf die Staatenimmunität in Art. 55 ICSID bezieht sich explizit nur auf die Zwangsvollstreckung,99 weshalb auch dieser Artikel nicht für eine Beachtung der Staatenimmunität im Exequaturverfahren spricht. Würde man die Staatenimmunität dennoch prüfen, so würde also ein nachteiliges Element des Exequaturverfahrens Anwendung finden, obwohl das ICSID-Übereinkommen ein solches gerade umgehen soll. Akzeptierte man aber, dass die staatlichen Gerichte das oben aufgezeigte Mindestmaß an Prüfung vornehmen dürfen, so müsste man konsequenterweise für diese rudimentäre Prüfung aus Sicht des nationalen Gerichts dennoch auch einen gesonderten Immunitätsverzicht fordern. Auch wenn das Gericht kaum einen Spielraum bei seiner Entscheidung hat, würde ihm sonst die Gerichtsbarkeit fehlen, welche jedoch notwendige Voraussetzung für jegliches Verfahren ist. Da jedoch aus ICSIDSicht das staatliche Verfahren eigentlich unzulässig ist, muss die Prüfung auf das absolut notwendige beschränkt bleiben und als Minus zu dem Verzicht auf das Exequaturverfahren zumindest ein Immunitätsverzicht in Art. 54 Abs. 1 ICSID hineingelesen werden. Nur so kann dem Willen der Parteien entsprochen und das aufgezeigte vereinfachte Verfahren durchgeführt werden. Darum ist es nicht falsch,

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Ähnlich wohl auch Choi, N.Y.U. J. Int’l L. & Pol. 1996, 175, 185. Siehe nur Art. 2 InvStreiÜbkG, der wiederum auf das Verfahren für die Vollstreckbarerklärung ausländischer Schiedssprüche in der ZPO verweist. 98 Schulz, Auf dem Weg zu einem einheitlichen Vollstreckungstitel für Schiedssprüche?, 167, 180 f., mit Verweis auf EGMR, Urt. v. 20. 07. 2001 – Application no. 30882/96 – Pellegrini ./. Italy; Urt. v. 26. 06. 1992 – 12747/87 – Drozd and Janousek ./. France and Spain, vgl. auch Kohler, Von der EuGVVO zum Europäischen Vollstreckungstitel, 63, 77 f. (wohlgemerkt zum Europäischen Vollstreckungstitel, bei welchem das Exequaturverfahren entfällt). 99 Choi, N.Y.U. J. Int’l L. & Pol. 1996, 175, 186. 97

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Kap. 2: Exequaturverfahren und seine verfahrensrechtlichen Voraussetzungen

trotz des eigentlichen Ausschlusses des Exequaturverfahrens, von einem Immunitätsverzicht zu sprechen. Zu beachten ist allerdings, dass sich der Ausschluss in Art. 54 Abs. 1 ICSID alleine auf pekuniäre Ansprüche bezieht.100 Ansprüche, die nicht auf Geld gerichtet sind, fallen nicht unter das vereinfachte Verfahren, sondern müssen wie die im Folgenden behandelten, in ad hoc-Schiedssprüchen festgestellten, Ansprüche behandelt werden. Das ICSID schlägt zudem eine Klausel für einen Immunitätsverzicht durch den Gaststaat vor,101 welche jedoch für das Exequaturverfahren überflüssig ist.102 Art. 55 ICSID findet hier noch keine Anwendung, da das Exequaturverfahren keine Zwangsvollstreckungsmaßnahme darstellt.103

II. Ad hoc-Schiedssprüche Sofern ein Schiedsspruch nach einem ad hoc-Schiedsverfahren ergangen ist, gelten die allgemeinen Regeln zur Immunität im Erkenntnisverfahren. Das NYÜ steht der Anwendung der Immunitätsregeln nicht entgehen. Dies ergibt sich aus Art. III NYÜ, wonach die Verfahrensvorschriften des Hoheitsgebietes, in dem der Schiedsspruch geltend gemacht wird, Anwendung finden können.104 Die Frage nach der Gerichtsbarkeit ist Teil dieser Verfahrensvorschriften. Somit besteht zunächst keine Jurisdiktion nationaler Gerichte für das Verfahren der Anerkennung und Vollstreckbarerklärung. In einigen Fällen kann die Immunität indessen aufgehoben sein. 1. Fehlende Immunität aufgrund nichthoheitlichen Handelns Die Staatenimmunität soll den Staat grundsätzlich davor bewahren, dass die Gerichte anderer Staaten seine hoheitlichen Handlungen (acta iure imperii)105 be100 Uchkunova/Temnikov, ICSID Rev. 2014, 187; Canè, Am. Rev. Int. Arbitr. 15 (2004), 439, 441 f. 101 ICISD Model Clause 15: „The Host State hereby waives any right of sovereign immunity as to it and its property in respect of the enforcement and execution of any award rendered by an Arbitral Tribunal constituted pursuant to this agreement.“, abgedruckt in 5 ICSID Rev. 1993, 134, 146. 102 Zur Anwendung der Klausel für das Verfahren der Zwangsvollstreckung siehe unten S. 284. 103 Herdegen, Internationales Wirtschaftsrecht, § 23, Rn. 31. 104 Coop/Nistal/Volterra, Sovereign immunities and investor-state awards, 67, 72 f.; Kronke/Nacimiento/Otto/Port-Börner, Art. III, 125; nicht gefolgt werden kann darum der Ansicht, die Beachtung der Staatenimmunität sei eine unzulässige Erweiterung der Versagungsgründe i.S.d. Art. V NYÜ. So Happ, IBA Arbitration News 2013, 84, 86. 105 Zum Begriffspaar „hoheitlich“ und „nichthoheitlich“ und deren Abgrenzung siehe Schaumann, Berichte der Deutschen Gesellschaft für Völkerrecht 1968, 1, 79 ff.

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werten.106 Handelt ein Staat jedoch wie jede natürliche oder juristische Person es könnte, beispielsweise im kommerziellen Bereich (acta iure gestionis), also nicht in Ausübung hoheitlicher Aufgaben, so stellt sich die Frage, ob diese Privilegierung weiterhin gerechtfertigt ist.107 Überwiegend und zu Recht wird heutzutage108 nach der Lehre von der restriktiven Staatenimmunität davon ausgegangen, dass acta iure gestionis nicht der Staatenimmunität unterliegen.109 Es wird also zwischen Handlungen im hoheitlichen Aufgabenbereich und solchen privater, beziehungsweise kommerzieller Natur unterschieden.110 Dem ist auch das BVerfG gefolgt.111 Die nationalen Gerichte haben demnach für acta iure gestionis betreffende Erkenntnisverfahren – und darum auch für das Verfahren der Vollstreckbarerklärung – Gerichtsbarkeit. Der Streitgegenstand im Exequaturverfahren ist die Vollstreckbarkeit eines Schiedsspruches. Diese ist von sich aus neutral, weshalb darauf abzustellen ist, ob der Streitgegenstand des vorherigen Schiedsverfahrens hoheitlicher Natur war.112 Hierbei bereitet jedoch teilweise die nach der lex fori vorzunehmende113 Abgrenzung zwischen acta iure gestionis und acta iure imperii Schwierigkeiten.114 Dies ist nicht zuletzt der Tatsache geschuldet, dass auch wirtschaftlich tätige Staaten dies mit einem gewissen hoheitlichen Interesse tun.115 Sofern die Staatskasse mehr Einnahmen hat, ist auch der Spielraum für hoheitliches Tätigwerden größer. 106

T. Stein/Buttlar/Kotzur, Völkerrecht, Rn. 717. Vgl. Habscheid, Die Staatenimmunität im Erkenntnis- und Vollstreckungsverfahren, 213, 216. 108 Zur geschichtlichen Entwicklung der Theorie der restiktiven Staatenimmunität siehe mit weiteren Nachweisen Lorz, Ausländische Staaten vor deutschen Zivilgerichten, S. 11 ff.; Yang, State immunity, S. 11 ff.; sowie Joemrith, Enforcing arbitral awards against sovereign states, S. 79 ff.; Höfelmeier, Vollstreckungsimmunität der Staaten, S. 44 ff.; Fox/Webb, The Law of State Immunity, S. 131 ff. 109 BVerfG, NJW 1963, 1732, 1733 ff.; Dahm, Völkerrechtliche Grenzen der inländischen Gerichtsbarkeit gegenüber ausländischen Staaten, 153, 155; Greig, International Law, S. 273; Cappelli-Perciballi, Int’l Law 12 (1978), 197, 207; Walter, Immunität in der Zwangsvollstreckung im deutschen und schweizerischen Recht, 771, 773; Bitter, Vollstreckbarerklärung und Zwangsvollstreckung, S. 199; Yang, State immunity, S. 32; Escher et al., Investment Arbitration in Germany, 1013, Rn. 72; T. Stein/Buttlar/Kotzur, Völkerrecht, Rn. 718 – 719; Maunz/Dürig-Herdegen, Art. 25 GG, Rn. 52; Dörr, Staatenimmunität als Anerkennungs- und Vollstreckungshindernis, 175, 180; Höfelmeier, Vollstreckungsimmunität der Staaten, S. 16. 110 Fox/Webb, The Law of State Immunity, S. 4. 111 BVerfG, NJW 1963, 1732, 1733 ff.; siehe auch LG Frankfurt, NJW 1976, 1044, 1045. 112 Wieczorek/Schütze-Schütze, § 1061, Rn. 34. 113 BGH, NJW 1979, 1101; Maunz/Dürig-Herdegen, Art. 25 GG, Rn. 52; Staehelin, Die gewohnheitsrechtliche Regelung der Gerichtsbarkeit über fremde Staaten im Völkerrecht, S. 99; T. Stein/Buttlar/Kotzur, Völkerrecht, Rn. 720; Epping, § 5 Der Staat als die „Normalperson“ des Völkerrechts, 49, Rn. 266. 114 BVerfG, NJW 2007, 2605, 2607; vgl. Höfelmeier, Vollstreckungsimmunität der Staaten, S. 65 f.; Yang, State immunity, S. 75 ff. 115 BVerfG, NJW 1963, 1732, 1735; vgl. auch Yang, State immunity, 130. 107

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Kap. 2: Exequaturverfahren und seine verfahrensrechtlichen Voraussetzungen

Gleichwohl ist das Motiv oder der Zweck der Handlung für die Einordnung gleichgültig.116 Für die Frage, ob Staatenimmunität vorliegt, kommt es alleine auf die Art beziehungsweise Natur des Handelns an.117 Es stellt sich also lediglich die Frage, ob ein Privater dieselbe Handlung hätte vornehmen können. Die meisten Investitionsstreitigkeiten resultieren allerdings aus staatlichem Verhalten mit öffentlichem Charakter.118 Gerade staatliche Enteignungen geschehen durch hoheitlichen Zwang und sind darum acta iure imperii.119 Doch auch regulierende Maßnahmen, welche beispielsweise über den Fair and Equitable Treatment (FET-)Grundsatz moniert werden, sind regelmäßig hoheitlicher Natur.120 Ebenso verhält es sich, wenn ein Staat seinen Investoren Schutz verwehrt oder den Investor gegenüber innerstaatlichen Unternehmen diskriminiert. Zusammenfassend lässt sich sagen, dass die meisten ISDS-Streitigkeiten aus hoheitlichem Verhalten resultieren121 und darum nicht von der Staatenimmunität ausgenommen sind.122 Die nationalen Gerichte hätten somit zunächst keine Gerichtsbarkeit über einen unterlegenen Staat in einem Exequaturverfahren. 2. Verzicht auf die Jurisdiktionsimmunität Staaten können auf ihre Staatenimmunität wirksam verzichten.123 Als Alleininhaber des Rechts auf Staatenimmunität kann ein Staat dabei nur selbst darüber 116

BVerfG, NJW 1963, 1732, 1735; BGH, SchiedsVZ 2013, 110, 111; NJW 1979, 1101. BVerfG, NJW 1963, 1732, 1735; BGH, SchiedsVZ 2013, 110, 111; Habscheid, Die Staatenimmunität im Erkenntnis- und Vollstreckungsverfahren, 213, 216 f.; Hammer, Überprüfung von Schiedsverfahren, Rn. 48. 118 van Harten, ICLQ 2007, 371, 379; van Harten/Loughlin, EJIL 2006, 121, 127 f.; Blane, N.Y.U. J. Int’l L. & Pol. 41 (2009), 453, 488; Escher et al., Investment Arbitration in Germany, 1013, Rn. 92. 119 Raeschke-Kessler, Einfluss des Völkervertragsrechts, 57, 72; Yang, State immunity, 298; Schreuer, State immunity, S. 55; auch Sornarajah, ICLQ 1982, 661, 675 f. m.w.N. 120 Schönfeld, NJW 1986, 2980, 2984 meint, es stelle eine privatwirtschaftliche Handlung dar, wenn einem Unternehmen zunächst eine Konzession erteilt wird und anschließend eine Verstaatlichung vorgenommen wird, da mit ihr der Bruch eines privatwirtschaftlichen Vertrages einherginge. Dem ist jedoch nicht zu folgen, da schon die Vergabe einer Konzession als hoheitlich anzusehen ist und auch der Entzug regelmäßig durch hoheitlichen Akt erfolgt. 121 Blane, N.Y.U. J. Int’l L. & Pol. 41 (2009), 453, 488; van Harten/Loughlin, EJIL 2006, 121, 123; van Harten, ICLQ 2007, 371, 379; Escher et al., Investment Arbitration in Germany, 1013, Rn. 92. 122 Dies verkennend bejahte das KG Berlin im Fall Sedelmayer die Gerichtsbarkeit bereits deshalb, weil der Schiedsspruch auf Zahlung einer Geldsumme lautete; KG Berlin, SchiedsVZ 2004, 109, 111. 123 BVerfG, NJW 1978, 485, 494; NJW 2014, 1723, 1725; Dahm, Völkerrecht, S. 245; Höfelmeier, Vollstreckungsimmunität der Staaten, S. 129 f.; Damian, Staatenimmunität und Gerichtszwang, S. 34; Kelsen/R. W. Tucker, Principles of international law, S. 358; Schaumann, Berichte der Deutschen Gesellschaft für Völkerrecht 1968, 1, 27; Malina, Die völkerrechtliche Immunität ausländischer Staaten im zivilrechtlichen Erkenntnisverfahren, S. 57; Schönfeld, 117

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entscheiden, ob er auf seine Immunität verzichten will.124 Das Völkergewohnheitsrecht erkennt drei Möglichkeiten zum Verzicht an, die auch in Art. 2 EUStImmÜ125 und in Art. 7 UNStImmÜ festgeschrieben sind:126 durch internationale Vereinbarung, durch privatrechtlichen, schriftlichen Vertrag127 oder durch Erklärung gegenüber dem erkennenden Gericht in einem bereits anhängigen Rechtsstreit.128 Der letztgenannte Fall wird in der ISDS-Praxis kaum vorkommen.129 Sofern ein Staat bereit ist, nach Erlass des Schiedsspruchs auf seine Jurisdiktionsimmunität zu verzichten, wird in der Regel auch kein Verfahren der Anerkennung und Vollstreckbarerklärung mehr nötig sein, da der Staat dann auch dazu bereit sein dürfte, den Schiedsspruch freiwillig zu befolgen. Eine internationale Vereinbarung kann in den IIAs gesehen werden, wobei im Folgenden zu erörtern sein wird, ob hierfür eine spezielle Klausel vonnöten ist oder der Verzicht konkludent erfolgen kann. Die Privatabrede kann in einem Investitionsvertrag direkt zwischen einem Investor und einem Staat vereinbart werden. Allerdings muss hierbei der Investor eigenes Verhandlungsgeschick zeigen oder Anreize schaffen, um den Gaststaat zu einem Immunitätsverzicht zu bewegen. Die komfortabelste Lösung für den Investor würde also ein Verzicht des Gaststaates auf seine Immunität in einem IIA darstellen. a) Verzicht in der Schiedsabrede Ein Verzicht auf die Staatenimmunität wird teilweise bereits in dem Abschluss einer Schiedsabrede gesehen.130 Die wohl herrschende Meinung geht davon aus, dass ein solcher Verzicht zumindest für das Schiedsverfahren vorliegt.131 Andere sind der Meinung, es bedürfe hier keines Immunitätsverzichts und das gleiche Ergebnis NJW 1986, 2980, 2983; Seidl-Hohenveldern, Neue Entwicklungen im Recht der Staatenimmunität, 1081, 1100; Epping, § 5 Der Staat als die „Normalperson“ des Völkerrechts, 49, Rn. 272; Escher et al., Investment Arbitration in Germany, 1013, Rn. 99; Langkeit, Staatenimmunität und Schiedsgerichtsbarkeit, S. 42 f. m.w.N. 124 Langkeit, Staatenimmunität und Schiedsgerichtsbarkeit, S. 42. 125 Europäisches Übereinkommen vom 16. Mai 1972 über Staatenimmunität, BGBl II 1990, 34. 126 Lorz, Ausländische Staaten vor deutschen Zivilgerichten, S. 132. 127 Malina, Die völkerrechtliche Immunität ausländischer Staaten im zivilrechtlichen Erkenntnisverfahren, S. 59. 128 BVerfG, NJW 2014, 1723, 1725; Schönfeld, NJW 1986, 2980, 2983; Schaumann, Berichte der Deutschen Gesellschaft für Völkerrecht 1968, 1, 28. 129 Ähnlich Lorz, Ausländische Staaten vor deutschen Zivilgerichten, S. 136. 130 Schaumann, Berichte der Deutschen Gesellschaft für Völkerrecht 1968, 1, 30. 131 Siehe nur Schaumann, Berichte der Deutschen Gesellschaft für Völkerrecht 1968, 1, 54; Böckstiegel, NJW 1975, 1577, 1582; Geimer, Internationales Zivilprozessrecht, Rn. 521; Sucharitkul, UN Doc A/CN.4/376 and Add.1 and 2 – Sixth report on jurisdictional immunities of States and their property 1984, Rn. 255; Delaume, Arb. J. 38 (1983), 34, 36; Stefano, Arb. Int’l 30 (2014), 59, 62; Kronke, IPRax 1991, 141, 144; Delaume, ICSID Rev. 1987, 403; Schreuer, ICSID Convention, Art. 54, Rn. 48; Toope, Mixed international arbitration, S. 140.

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Kap. 2: Exequaturverfahren und seine verfahrensrechtlichen Voraussetzungen

müsse über den Grundsatz pacta sunt servanda132 hergeleitet werden, da private Schiedsgerichte nicht kraft staatlicher Souveränität entscheiden und somit auch nicht die Souveränität des Gaststaates einschränken.133 Allerdings muss auch dieser Ansicht folgend erkannt werden, dass der Grundsatz pacta sunt servanda dazu führt, dass sich der Staat gegenüber dem Schiedsgericht nicht auf seine Souveränität beruft. Ob man die Befugnis des Schiedsgerichts zur Entscheidung über einen Verzicht auf die Immunität oder über den Grundsatz pacta sunt servanda herleitet, kann darum dahinstehen. Letztlich kann das Schiedsgericht über den Staat rechtsprechen, was zu dem gewünschten Ergebnis führt. Es würde keinen Sinn ergeben, wenn ein Staat auf der einen Seite eine Schiedsvereinbarung abschließen würde, andererseits aber dem konstituierten Schiedsgericht seine Staatenimmunität entgegenhält. Nicht abschließend geklärt ist aber, ob sich dieser Verzicht auch auf das nachgelagerte Verfahren der Anerkennung und Vollstreckbarerklärung vor staatlichen Gerichten erstreckt.134 Die verschiedenen Ansichten hierzu werden im Folgenden dargestellt und bewertet. aa) Verzicht durch Abschluss der Schiedsabrede Da es sich sowohl bei dem Schiedsverfahren als auch bei dem Verfahren der Anerkennung und Vollstreckbarerklärung um eine Art des Erkenntnisverfahrens handelt, soll sich der Immunitätsverzicht nach einer Ansicht auf beide Verfahrensstadien erstrecken.135 Eine ähnliche Ansicht will in der Schiedsvereinbarung zusätzlich einen (konkludenten) Verzicht auf die Immunität für das Exequaturverfahren sehen.136 Jedenfalls soll bereits mit dem Abschluss der Schiedsvereinbarung ein

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Lorz, Ausländische Staaten vor deutschen Zivilgerichten, S. 140; K. Peter Berger, RIW 1989, 956, 957, Fn. 4, m.w.N. 133 Lorz, Ausländische Staaten vor deutschen Zivilgerichten, S. 140; Langkeit, Staatenimmunität und Schiedsgerichtsbarkeit, S. 67 f.; Nagel/Gottwald, Internationales Zivilprozessrecht, § 2, Rn. 26. 134 BGH, SchiedsVZ 2013, 110, 112; Lorz, Ausländische Staaten vor deutschen Zivilgerichten, S. 140 f.; Fox, State Immunity and the New York Convention, 829, 847 f.; Schwab/ Walter/Baumbach, Schiedsgerichtsbarkeit, Kap. 4, Rn. 12; bejahend etwa Lachmann, Handbuch Schiedsgerichtspraxis, Rn. 2748. 135 Zöller-Geimer, § 1061, Rn. 57; Herdegen, RIW 1989, 329, 336; Schaumann, Berichte der Deutschen Gesellschaft für Völkerrecht 1968, 1, 155; Niggemann, BB Beil. 2001, 11, 19; Delaume, Sovereign Immunity and transnational arbitration, 313, 317; United States District Court for the District of Columbia, 505 F. Supp. 1981, 141, 143, (obgleich es sich hierbei um einen ICSID-Schiedsspruch handelte); Escher et al., Investment Arbitration in Germany, 1013, Rn. 92; Toope, Mixed international arbitration, S. 146; Bernini/van den Berg, The enforcement of arbitral awards against a state, 359, 362. 136 Schwab/Walter/Baumbach, Schiedsgerichtsbarkeit, Kap. 4, Rn. 12; Wilske/Nettlau, LMK 2013, 345597; wohl auch Schack, Internationales Zivilverfahrensrecht, Rn. 191, der jedoch nur zwischen Immunität im Erkenntnisverfahren und der Vollstreckungsimmunität unterscheidet.

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Immunitätsverzicht einhergehen.137 Dies wird damit begründet, dass ein Staat an den Schiedsspruch gebunden sei und dies auch durch die Schiedsabrede akzeptiert worden sei.138 Schließlich könne ein Staat, der eine Schiedsvereinbarung treffe, auch vorhersehen, dass die private Partei die Anerkennung und Vollstreckbarerklärung des Schiedsspruchs versuchen werde.139 Die Gegenansicht verlangt einen separaten Verzicht auf Staatenimmunität für das Verfahren der Anerkennung und Vollstreckbarerklärung.140 Für einen konkludenten Immunitätsverzicht müsse sich aus der betreffenden Verhaltensweise ein eigener Unterwerfungswille ergeben.141 Andernfalls werde die Souveränität eines Staates zu leicht eingeschränkt. Dieser letzten Meinung ist zu folgen. Aus der reinen Tatsache, dass sich der Gaststaat bereiterklärt, sich auf ein Schiedsverfahren einzulassen, lässt sich nicht automatisch schließen, dass er sich auch der Gerichtsbarkeit und somit der Hoheitsgewalt eines fremden (dritten) Staates unterwerfen möchte.142 Der Staat akzeptiert damit zunächst nur, dass ein neutrales Gremium darüber entscheiden darf, ob eine Handlung des Staates entschädigungswürdig war. Die Durchsetzbarkeit der Entscheidung ist eine Folgefrage, die von der Frage der Rechtmäßigkeit der staatlichen Handlung zu trennen ist. Ziel des Schiedsverfahrens kann aus Sicht des Gaststaates sein, einen Rechtsstreit durch eine unabhängige Instanz überprüfen zu lassen. Diese Entscheidung kann dann von dem Gaststaat freiwillig befolgt werden, ohne dass es eines gerichtlichen Durchsetzungsverfahrens bedarf. Nur weil sich der Staat später möglicherweise nicht mehr an die einstmalige Intention erinnern mag – sei es aufgrund eines Regierungswechsels, veränderten wirtschaftlichen Umfelds oder weil die Europäische Kommission die Befolgung des Schiedsspruchs verbietet – muss dies nicht dazu führen, dass sich der Gaststaat automatisch seiner Souveränität begibt. Ein Verzicht schränkt die souveränen Rechte eines Staates stark ein, weshalb der Verzichtswille des Staates zweifelsfrei erkennbar sein muss.143 Ein Immuni137 van Harten/Loughlin, EJIL 2006, 121, 128; Bernini/van den Berg, The enforcement of arbitral awards against a state, 359, 360 ff.; Delaume, Arb. J. 38 (1983), 34, 37; Delaume, ICSID Rev. 1987, 403, 405; Malina, Die völkerrechtliche Immunität ausländischer Staaten im zivilrechtlichen Erkenntnisverfahren, S. 60; van den Berg, Arb. Int’l 1989, 2, 13; Langkeit, Staatenimmunität und Schiedsgerichtsbarkeit, S. 219 f.; Rensmann, Anationale Schiedssprüche, S. 245; K. Peter Berger, RIW 1989, 956, 957; Schreuer, ICSID Convention, Art. 54, Rn. 48; Canè, Am. Rev. Int. Arbitr. 15 (2004), 439, 446. 138 Langkeit, Staatenimmunität und Schiedsgerichtsbarkeit, S. 218 f. 139 Langkeit, Staatenimmunität und Schiedsgerichtsbarkeit, S. 219. 140 OLG Köln, SchiedsVZ 2004, 99, 102; Geimer, Internationales Zivilprozessrecht, Rn. 541; Stefano, Arb. Int’l 30 (2014), 59, 77; Damian, Staatenimmunität und Gerichtszwang, S. 54; Höfelmeier, Vollstreckungsimmunität der Staaten, S. 63 f. 141 BGH, BeckRS 2015, 20309, Rn. 2. 142 So auch Damian, Staatenimmunität und Gerichtszwang, S. 54; Höfelmeier, Vollstreckungsimmunität der Staaten, S. 63 f.; Lorz, Ausländische Staaten vor deutschen Zivilgerichten, S. 143; Stefano, Arb. Int’l 30 (2014), 59, 77. 143 BGH, BeckRS 2015, 20309; vgl. NJW 1979, 1101; Habscheid, Berichte der Deutschen Gesellschaft für Völkerrecht 1968, 159, 219; Malina, Die völkerrechtliche Immunität aus-

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tätsverzicht ist darum in jedem Fall sorgfältig zu prüfen.144 Sollten Bedenken hinsichtlich eines Willens zur tatsächlichen Befolgung eines Schiedsspruchs bestehen, so sollte ein eindeutiger Verzicht auf die Immunität in IIAs oder einem InvestorStaat-Vertrag ausgehandelt werden. Dem wird entgegengehalten, dass die Situation vergleichbar mit derjenigen sei, in der ein Staat einen Privaten vor einem staatlichen Gericht verklagt und der Private anschließend eine Widerklage erhebt. Dann könne sich der Staat auch nicht mehr auf seine Immunität berufen.145 Diese Situationen sind jedoch nicht vergleichbar. Während in dem einen Fall das Verfahren bereits vor der Widerklage vor einem staatlichen Gericht stattfand, soll durch das Exequaturverfahren der Schiedsspruch erst von der privaten auf eine staatliche Ebene gezogen werden. Hier soll also erstmalig die staatliche Gerichtsbarkeit vor den Gerichten eines fremden Staates begründet werden. Im Fall der gerichtlichen Widerklage hat sich der Staat durch die Wahl der Klage vor einem nationalen Gericht bereits auf diese Ebene begeben. Für einen solchen impliziten Verzicht auf Staatenimmunität kann auch nicht eine dahingehende Staatenpraxis ins Feld geführt werden, da die Anzahl der entsprechenden Fälle zu gering ist.146 Gegen eine solche Staatenpraxis spricht auch die Tatsache, dass der Wortlaut in den vielen weltweit abgeschlossenen IIAs gerade im Hinblick auf die Durchsetzbarkeit der Schiedsentscheidungen stark voneinander abweicht.147 Diese Abweichungen sprechen vielmehr dafür, dass sich die Parteien bei dem Entwurf der entsprechenden Verträge Gedanken darüber machen, welche Formulierung das für sie beste Ergebnis abwirft. Darum muss sich in der Schiedsabrede zumindest eine Andeutung auf einen gesonderten Verzichtswillen finden lassen, um einen Immunitätsverzicht anzunehmen. Im Ergebnis ist also festzuhalten, dass ein gesonderter Verzicht auf Staatenimmunität für das Verfahren der Anerkennung und Vollstreckbarerklärung notwendig ist. Fraglich ist, wann ein solcher Verzicht angenommen werden kann. Liegt ein Verzicht vor, so ist dieser unwiderruflich.148

ländischer Staaten im zivilrechtlichen Erkenntnisverfahren, S. 58 f.; Lorz, Ausländische Staaten vor deutschen Zivilgerichten, S. 137. 144 BGH, NJW 1979, 1101, 1102. 145 Langkeit, Staatenimmunität und Schiedsgerichtsbarkeit, S. 225. 146 Höfelmeier, Vollstreckungsimmunität der Staaten, S. 63. 147 Vgl. nur die oben dargestellten IIAs. 148 Siehe nur Langkeit, Staatenimmunität und Schiedsgerichtsbarkeit, S. 46 f.; Damian, Staatenimmunität und Gerichtszwang, S. 56; Seidl-Hohenveldern, Neue Entwicklungen im Recht der Staatenimmunität, 1081, 1100; Fox/Webb, The Law of State Immunity, S. 376 f.

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bb) Expliziter Verzicht in IIAs Explizite Verzichte auf die Jurisdiktionsimmunität sind in IIAs nicht verbreitet149 und es ist auch unwahrscheinlich, dass sich dies ändern wird.150 In keinem deutschen BIT findet sich eine solche Klausel. Lorz fordert, dass in einer Schiedsvereinbarung ein „Verzichtswille wegen der damit verbundenen Beschränkung der staatlichen Souveränität klar und deutlich zum Ausdruck kommen“151 muss.152 Im Zweifel sei für acta iure imperii Immunität anzunehmen. Zwar ist mit den oben genannten Argumenten zuzustimmen, dass sich aus der Schiedsvereinbarung ein Verzichtswille entnehmen lassen muss, allerdings erscheint es zu weitgehend, wenn hierfür eine explizite Klausel verlangt wird, welche die Staatenimmunität aufhebt. In kaum einem IIA ist momentan eine solche Klausel vorhanden und dennoch lässt sich aus einigen Formulierungen ableiten, dass der Staat bereit war, sich einem anschließenden Verfahren vor staatlichen Gerichten zu unterwerfen. Um die Durchsetzung von ISDS-Schiedssprüchen nicht über die Maßen zu erschweren, sollte es darum genügen, wenn sich die Bereitschaft für ein Verfahren vor staatlichen Gerichten zumindest in der Vereinbarung andeutet, sich eine Klausel also entsprechend auslegen lässt. Ohnehin ist „klar und deutlich“ auch interpretationsfähig. Malina153 lässt beispielsweise auch einen stillschweigenden Verzicht unter Umständen als „klar und deutlich“ gelten. Nach hier vertretener Ansicht wird somit kein „klarer und deutlicher“ Verzicht im Sinne einer eigenständigen und eindeutigen Verzichtsklausel verlangt. Dafür muss sich aber in der Schiedsabrede ein Verzicht dergestalt andeuten, dass sich ein entsprechender Wille zum Verzicht aufdrängt. Zweifel müssen dabei in dubio pro immunitate zu Lasten des Investors gehen. Es soll darum nun überlegt werden, in welchen Formulierungen sich ein solcher Verzicht andeutet. cc) Aus dem NYÜ abgeleiteter Verzicht Um das vorgenannte Problem der fehlenden separaten Einwilligung in ein Verfahren vor nationalen Gerichten zu umgehen, berufen sich einige Ansichten auf das NYÜ, um einen Verzicht zu begründen. Zwar beinhaltet das NYÜ keinen expliziten 149 Blane, N.Y.U. J. Int’l L. & Pol. 41 (2009), 453, 498; Langkeit, Staatenimmunität und Schiedsgerichtsbarkeit, S. 28, Fn. 15, mit Verweis auf; Delaume, Arb. J. 38 (1983), 34, 47; Delaume, ICSID Rev. 1987, 403, 412. 150 Vgl. Blane, N.Y.U. J. Int’l L. & Pol. 41 (2009), 453, 497. 151 Siehe auch bereits Schaumann, Berichte der Deutschen Gesellschaft für Völkerrecht 1968, 1, 30; Lorz, Ausländische Staaten vor deutschen Zivilgerichten, S. 143. 152 Lorz, verweist zudem auf BGH, BeckRS 2015, 20309, der jedoch auch einen konkludenten Immunitätsverzicht akzeptiert, sofern sich ein Unterwerfungswille eindeutig aus der Verhaltensweise ergibt. 153 Malina, Die völkerrechtliche Immunität ausländischer Staaten im zivilrechtlichen Erkenntnisverfahren, S. 58 f., mit Verweis auf französischsprachige Literatur.

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Hinweis auf die Staatenimmunität, dennoch wird teilweise für einen impliziten Verzicht argumentiert.154 Eine Argumentationslinie geht dahin, dass das Einverständnis zu einem Schiedsverfahren in einem Mitgliedstaat des NYÜ einen solchen impliziten Verzicht beinhalte, da der Schiedsspruch dann in jedem Fall vom NYÜ erfasst sei und der Staat darum auch bereit sei, dass der Schiedsspruch nach dem NYÜ für vollstreckbarerklärt werde.155 Eine andere Meinung sieht bereits im Beitritt zum NYÜ einen Verzicht auf die Staatenimmunität, da der Mitgliedstaat damit zu erkennen gebe, dass er sich auch auf ein Vollstreckbarerklärungsverfahren nach dem NYÜ einlasse.156 Beide Ansichten haben gemeinsam, dass sie sich lediglich auf die Regelungen des NYÜ beziehen. Sie übersehen dabei aber, dass es sich beim Verfahren der Anerkennung und Vollstreckbarerklärung nicht um ein losgelöstes Verfahren ohne jeglichen Bezug zu nationalen Rechtsordnungen handelt. Nimmt man an, dass ein Staat mit den Regelungen im NYÜ einverstanden ist, bedeutet das noch nicht, dass darin auch ein Einverständnis bezüglich der nationalen Prozessregeln von Drittstaaten gesehen werden muss. Der betreffende Staat könnte auch lediglich seine Akzeptanz hinsichtlich der Anwendung des NYÜ vor seinen eigenen Gerichten ausdrücken. Er muss dadurch noch nicht automatisch dazu bereit sein, beispielsweise Prozessvertreter in ein anderes Land zu senden, Verfahrenskosten vor fremden Gerichten zu tragen oder auch nur prozessleitenden Anordnungen eines fremden Gerichts zu folgen. Es mangelt hier an einer klaren und deutlichen Erklärung des Gaststaates. Darum ist in der Akzeptanz der NYÜ-Regelungen, gleich ob durch Einwilligung zu einem Schiedsverfahren in einem NYÜ-Vertragsstaat oder durch eigene Unterzeichnung des NYÜ, noch kein Immunitätsverzicht für ein Verfahren vor fremden Gerichten zu sehen. Etwas weiter geht Langkeit157, der davon ausgeht, das NYÜ gebiete es, den Abschluss eines Schiedsvertrages durch einen Staat als Verzicht auf die Immunität zu interpretieren. Er siedelt die Prüfung der Immunität in der ordre public-Prüfung des Art. V Abs. II b) NYÜ an. Da der ordre public restriktiv auszulegen sei, dürfe die Beschränkung der Immunität durch das NYÜ nur soweit reichen, wie es das Völ154 Siehe Bjorklund, State Immunity and the Enforcement of Investor-State Arbitral Awards, 302, 309. 155 Sharma, Lapland Law Review 1 (2011), 252, 258; McGowan, N.Y.L. Sch. J. Int’l & Comp. L. 5 (1984), 409, 421; siehe auch Bjorklund, State Immunity and the Enforcement of Investor-State Arbitral Awards, 302, 309. 156 O’Brien, Fordham Int’l L.J. 7 (1983), 321, 357; Meessen, State Immunity in the arbitral Process, 387, 394; siehe auch Bjorklund, State Immunity and the Enforcement of Investor-State Arbitral Awards, 302, 309; Schreuer, State immunity, S. 87; ebenso KG Berlin, SchiedsVZ 2004, 109, 111. 157 Langkeit, Staatenimmunität und Schiedsgerichtsbarkeit, 89 ff.; siehe auch Maniruzzaman, Sovereign Immunity and the Enforcement of Arbitral Awards Against State Entities, 335, 347.

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kerrecht erlaube.158 Acta iure gestionis dürften daher nicht von der Jurisdiktionsimmunität geschützt sein.159 Da es einem Staat zudem möglich sei, eine Schiedsabrede bereits als Verzicht auf die Immunität zu werten, gebiete es das NYÜ, dies generell so zu interpretieren. Das NYÜ enthalte also eine Auslegungsregel dahingehend, Schiedsvereinbarungen immer als Verzicht auf die Immunität zu verstehen.160 Diese Ansicht dient zwar der weitestgehenden Durchsetzbarkeit von Schiedssprüchen. Allerdings ist sie rein aus der Perspektive des Vollstreckungsstaates gedacht, dessen Gerichte die Auslegung der Schiedsklausel vornehmen müssen. Dabei wird missachtet, dass der Verzicht von demjenigen Staat ausgehen muss, der sonst Immunität für sich beanspruchen könnte. Dieser muss einen Willen zur Aufgabe der Immunität aber in irgendeiner Weise kundtun. Wird nun über das NYÜ bereits die Schiedsvereinbarung als Verzicht angesehen, gleich ob der Gaststaat Mitglied des NYÜ ist oder nicht,161 würde ein Verzichtswille des Gaststaates alleine dadurch fingiert, dass ein potentieller Vollstreckungsstaat das NYÜ ratifiziert hat. Dies wäre ein ungerechtfertigter Eingriff in die Souveränität eines Staates. Langkeit argumentiert zwar damit, dass das Völkerrecht einen stillschweigenden Immunitätsverzicht gestatte.162 Es besteht jedoch ein Unterschied zwischen einem stillschweigenden (konkludenten) und einem nicht vorhandenen Verzicht. Kann aber bereits ein konkludenter Verzichtswille in den Wortlaut der Schiedsklausel hineingelesen werden, so ist die Konstruktion über das NYÜ unnötig. Sieht man in einer Schiedsvereinbarung alleine keinen Verzicht, so kann ein solcher auch nicht über die Schiedsvereinbarung in Verbindung mit einer in das NYÜ hineingelesenen Auslegungsregel konstruiert werden. Für das Vorliegen eines Verzichtes muss weiterhin auf die Sicht des Staates abgestellt werden, der auf die Immunität verzichten will. Eine allein den Vollstreckungsstaat bindende Auslegungsregel kann nicht den Willen eines anderen Staates ersetzen. dd) Verzicht in Schiedsabreden mit bestimmtem Wortlaut Raeschke-Kessler sieht einen Verzicht auf die Jurisdiktionsimmunität bereits in der Formulierung „die Entscheidungen des Schiedsgerichts sind als ,bindend‘ anzuerkennen“.163 Diese Annahme führt zu einer sehr weitreichenden Durchsetzbarkeit solcher Entscheidungen.

158 159 160 161 162 163

Langkeit, Staatenimmunität und Schiedsgerichtsbarkeit, S. 91. Langkeit, Staatenimmunität und Schiedsgerichtsbarkeit, S. 91. Langkeit, Staatenimmunität und Schiedsgerichtsbarkeit, S. 92 f. Langkeit, Staatenimmunität und Schiedsgerichtsbarkeit, S. 93. Langkeit, Staatenimmunität und Schiedsgerichtsbarkeit, S. 94. Raeschke-Kessler, Einfluss des Völkervertragsrechts, 57, 66.

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Kap. 2: Exequaturverfahren und seine verfahrensrechtlichen Voraussetzungen

Wie oben gezeigt, haben die meisten IIAs eine Klausel, wonach die Entscheidungen des Schiedsgerichts als „bindend“ anzuerkennen sind.164 Die Verzichtserklärung wäre darum quasi immer gegeben. Allerdings scheint mit der Bindungsklausel eher ein Bezug auf ne bis in idem beziehungsweise res judicata beabsichtigt zu sein. Es soll sichergestellt werden, dass nicht noch weitere (Schieds-)Gerichte in derselben Sache entscheiden und insbesondere der Gaststaat den Schiedsspruch akzeptiert. Überdies bewirkt die Klausel, dass eine Weigerung der Begleichung des Schiedsspruchs einen eigenen Vertragsverstoß bedeutet.165 Der Gaststaat hat durch die Klausel also zwar eine Verpflichtung zur Begleichung des Schiedsspruchs, diese muss er aber grundsätzlich eigenständig erfüllen. Um andere Staaten die Erfüllung erzwingen zu lassen, muss eine gesonderte Vereinbarung vorliegen. Damit ein anderer Staat über den unterlegenen Gaststaat Recht sprechen kann, sollte darum für einen Immunitätsverzicht zumindest ein gewisser Bezug zur Durchsetzung des Schiedsspruchs gefordert werden. Mit der Bindungswirkung auch eine Einschränkung der staatlichen Souveränität anzunehmen wäre zu weitgehend. Nähme man dies an, so wäre auch die Formulierung, wonach „der Schiedsspruch nach innerstaatlichem Recht vollstreckt wird“ überflüssig. Der BGH lässt zwar offen, ob bereits der Abschluss der Schiedsabrede zu einem Immunitätsverzicht führt, er sieht aber zumindest in der Formulierung, dass „der Schiedsspruch nach innerstaatlichem Recht vollstreckt wird“ eine Unterwerfung unter seine Gerichtsbarkeit für ein Verfahren, das als Vorstufe einer späteren Zwangsvollstreckung notwendig ist.166 Dem BGH ist dahingehend zu folgen, dass diese Klausel für einen Verzicht ausreicht.167 Tatsächlich kann diese Formulierung den Anforderungen an einen hinreichend deutlichen Verzichtswillen genügen. In ihr wird klar, dass der Staat bereit ist, dass der Schiedsspruch auch Gegenstand eines staatlichen Verfahrens wird. Es wäre unlogisch, wenn zwar vereinbart würde, dass der Schiedsspruch „nach innerstaatlichem Recht“ vollstreckt wird, sich der Staat dann aber auf seine Immunität gerade für das Verfahren berufen würde, in welches er in der Vereinbarung eingewilligt hat. Ebenso wiederspräche es dem Sinn und Zweck dieser Formulierung, wenn die Durchsetzungsmöglichkeit, die durch sie vorgesehen wird, durch Berufung auf die Immunität von vorneherein verweigert werden könnte.168 Die meisten deutschen BITs beinhalteten eine solche oder ähnliche Formulierung,169 weshalb auf diese Weise auch den Interessen der Investoren genügt 164

Vgl. zu den Formulierungen der deutschen BITs ab S. 54. Zur Einleitung eines erneuten ISDS-Verfahrens aufgrund der Verweigerung der Erfüllung siehe unten S. 322. 166 BGH, SchiedsVZ 2013, 110, 112; SchiedsVZ 2018, 53, 54; so auch KG Berlin, SchiedsVZ 2004, 109, 111; Hammer, Überprüfung von Schiedsverfahren, Rn. 51. 167 Ähnlich wird es wohl auch gesehen von Zarth, EWIR 2013, 435, 436; Prütting ZPOSteinfatt, Art. 20 GVG, Rn. 4; Delaume, ICSID Rev. 1993, 29, 50; (für die Klausel „Any Award […] shall be enforceable […] in the courts of any nation in accordance with its laws“). 168 BGH, SchiedsVZ 2013, 110, 112. 169 Siehe oben die Besprechung der von Deutschland abgeschlossenen BITs, S. 54 ff. 165

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wird. Auch die Verfasser der BITs müssen diese Intention gehabt haben. Würde den Klauseln eine solche Verzichtswirkung nicht zugesprochen, so wären sie völlig überflüssig, da ihnen kein weiterer Gehalt zukäme. Ein rein deklaratorischer Verweis auf das ohnehin geltende nationale Verfahrensrecht bietet keinen wirklichen Mehrwert. Gleichzeitig gibt diese Lösung den Staaten weiterhin die Möglichkeit, eine dahingehende Einschränkung der eigenen Souveränität zu verweigern, indem diese Klausel nicht in den IIA aufgenommen wird. Nimmt ein IIA aber gerade Bezug auf die Durchsetzung nach innerstaatlichem Recht, so wäre es treuwidrig, wenn sich der Staat hier auf eine Immunität berufen könnte. Diese Formulierung ist somit hinreichend, um einen Verzicht für das Verfahren der Anerkennung und Vollstreckbarerklärung – auch in Drittstaaten – anzunehmen. ee) Verzicht durch Sachrechtsvereinbarung Die Sachrechtsvereinbarung in einer Schiedsabrede beinhaltet in keinem Fall einen Verzicht auf die Jurisdiktionsimmunität. Hierdurch wird alleine das für das Schiedsverfahren relevante materielle Recht vereinbart.170 Damit ist nicht das prozessuale Recht umfasst und erst recht nicht die Unterwerfung unter eine fremde Gerichtsbarkeit. Das Schiedsverfahren soll gerade ein von den staatlichen Gerichten abgelöstes Verfahren sein. Dies ergibt sich auch beispielsweise aus Art. 7 Abs. 2 des UN-Übereinkommens zur Staatenimmunität, wonach die Einwilligung zur Anwendung des Rechtes eines anderen Staates nicht als Zustimmung zur Ausübung der Gerichtsbarkeit durch die Gerichte eines anderen Staates ausgelegt werden kann.171 ff) An ICSID angelehnte Klauseln In einigen neueren BITs und auch im Deutschen Muster-BIT wird die an das ICSID-Übereinkommen angelehnte Formulierung verwendet, wonach „Der Schiedsspruch von den Vertragsstaaten wie ein rechtskräftiges Urteil vollstreckt wird“.172 Ebenso wie bei der Durchsetzung von ICSID-Schiedssprüchen muss hierin ein Verzicht auf die Jurisdiktionsimmunität für das Verfahren der Vollstreckbarerklärung gesehen werden. Die Streitparteien einigen sich gerade darauf, dass kein staatliches Gericht die Konditionen des Schiedsspruchs mehr überprüfen kann. Den Parteien geht es also darum, dass ein Titel geschaffen werden soll, der direkt durchgesetzt werden kann. Dies ist aber nur möglich, wenn tatsächlich keinerlei Überprüfungsmöglichkeiten durch die staatlichen Gerichte mehr bestehen. Im Einverständnis mit einer solchen Formulierung liegt somit auch ein Verzicht auf die

170 171 172

206.

Lorz, Ausländische Staaten vor deutschen Zivilgerichten, S. 144. Vgl. Lorz, Ausländische Staaten vor deutschen Zivilgerichten, S. 144. Siehe Art. 10 Abs. 3 S. 2 des Deutschen Muster-BIT 2009, abgedruckt in IPRax 2011,

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Kap. 2: Exequaturverfahren und seine verfahrensrechtlichen Voraussetzungen

Immunität für das Verfahren der Vollstreckbarerklärung.173 Die Schiedssprüche sollen aus Sicht der Parteien so zu behandeln sein, als wären sie vor einem ICSIDSchiedsgericht ergangen.174 Da sich bei ICSID-Schiedssprüchen aber nicht mehr auf die Staatenimmunität berufen werden kann, muss dies auf die daran angelehnten Klauseln übertragen werden. Ebenso kann ein Verzicht dann angenommen werden, wenn die Parteien vereinbaren, dass jedweder Rechtsbehelf ausgeschlossen ist, wie es beispielsweise die ICC Schiedsordnung in Art. 35 Nr. 6175 vorsieht.176 Zwar kann die Verpflichtung zur sofortigen Erfüllung des Schiedsspruchs nicht alleine als ein Verzicht auf die Staatenimmunität angesehen werden.177 Bei dem expliziten Verzicht auf jedwede Rechtsbehelfe ist ein solcher jedoch anzunehmen, da die Parteien hiermit signalisieren, dass gerade und vor allem vor fremden Gerichten keine Argumente vorgebracht werden sollen, die gegen die Durchsetzung eines Schiedsspruchs sprechen. Denn auch hier wird deutlich gemacht, dass sich der Investor darauf verlassen können soll, dass er die Entscheidung durchsetzen kann, ohne befürchten zu müssen, dass der Gaststaat hiergegen Verteidigungsmittel vorbringen kann. Im Verhältnis zu denjenigen Klauseln, die lediglich eine Vollstreckung nach innerstaatlichem Recht vorsehen, sind die an das ICSID-Übereinkommen angelehnten Klauseln dahingehend als stärker einzustufen, als dass sie auch ein Aufhebungsverfahren vor den Gerichten des Erlassstaates ausschließen. gg) Verzicht durch Individualabrede in Investitionsverträgen Sofern sich Investoren nicht alleine auf die ISDS-Mechaniken in den durch ihren Heimatstaat mit dem Gaststaat abgeschlossenen IIAs verlassen möchten oder solche Abkommen nicht vorhanden sind, kann der Investor selbst auf einen Investitions-

173 Vgl. Stefano, Arb. Int’l 30 (2014), 59, 81, der den Verzicht immer dann als gegeben ansieht, wenn die Parteien sich für eine Schiedsinstitution entscheiden, deren Regeln eine solche Verpflichtung zur Vollstreckung vorsehen. 174 Etwas anderes ist die Frage danach, ob dritte Staaten durch diese Klausel tatsächlich verpflichtet werden, den Schiedsspruch wie ein innerstaatliches Urteil zu behandeln. Aufgrund des pacta tertiis-Grundsatzes ist dies abzulehnen. Siehe hierzu im Detail unten S. 147. Ein Verzicht auf Jurisdiktionsimmunität stellt jedoch keine Verpflichtung für den Drittstaat auf, weshalb die Problematik hier nicht auftritt. 175 „[…] Durch Inanspruchnahme der Schiedsgerichtsbarkeit gemäß der Schiedsgerichtsordnung verpflichten sich die Parteien, jeden Schiedsspruch unverzüglich zu erfüllen; soweit rechtlich zulässig, gilt diese Inanspruchnahme als Verzicht der Parteien auf ihr Recht zur Geltendmachung jedweder Rechtsbehelfe.“. 176 Niggemann, BB Beil. 2001, 11, 19; Stefano, Arb. Int’l 30 (2014), 59, 82. 177 So aber Stefano, Arb. Int’l 30 (2014), 59, 82, mit Verweis unter anderem auf Art. 34 Abs. 2 UNCITRAL Arbitration Rules 2010 („[…] The parties shall carry out all awards without delay“).

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vertrag (oder auch Investor-Staat-Vertrag) mit dem Gaststaat hinwirken.178 In Deutschland kann ein solcher Vertrag sowohl mit dem Bund als auch mit einem Bundesland abgeschlossen werden.179 Auch in solchen Verträgen können ISDSMechaniken vereinbart werden.180 Damit der Staat sich im Anschluss an sich daraus möglicherweise ergebende Schiedssprüche nicht auf seine Immunität berufen kann, kann in solche Investitionsverträge auch ein Verzicht auf die Staatenimmunität aufgenommen werden.181 Auch lassen sich hierbei Unklarheiten in Bezug auf konkludente Verzichte,182 sowie die Frage, ob der Staat sich lediglich in Bezug auf acta iure gestionis deklaratorisch seiner Immunität begeben wollte,183 umgehen. Der Gaststaat wird zu entsprechenden Zugeständnissen bereit sein, wenn er sich aus einer bestimmten Investition besondere Vorteile erhofft, wie die Schaffung von Arbeitsplätzen, Steuereinnahmen oder die Unterstützung bei Infrastrukturmaßnahmen. Eine entsprechende Verzichtsklausel in einem Investitionsvertrag zwischen einem Investor und einem Gaststaat könnte lauten: „Der Gaststaat verzichtet auf seine Jurisdiktionsimmunität für ein Verfahren der Anerkennung und Vollstreckbarerklärung eines auf diesem Vertrag beruhenden Schiedsspruchs vor jedem von dem Investor oder dessen Rechtsnachfolger angerufenen nationalen Gericht. Dieser Verzicht umfasst sämtliche gerichtlichen Verfahren, mit denen ein Schiedsspruch derart in eine nationale Rechtsordnung inkorporiert wird, dass aus ihm die Zwangsvollstreckung in dem Staat betrieben werden kann. Dieser Verzicht umfasst nicht auch einen Verzicht auf die Vollstreckungsimmunität.“184

b) Das UN-Staatenimmunitätsübereinkommen und das Europäische Übereinkommen über Staatenimmunität Für Verfahren vor deutschen Gerichten sind zwei Abkommen zur Staatenimmunität von Relevanz. Das Übereinkommen der Vereinten Nationen über die Immunität der Staaten und ihres Vermögens von der Gerichtsbarkeit (UNStImmÜ) ist 178 Vgl. Sucharitkul, UN Doc A/CN.4/388 and Corr.1 (E only) & Corr.2 (F only) – Seventh report on jurisdictional immunities of States and their property 1985, 98 ff.; Escher et al., Investment Arbitration in Germany, 1013, Rn. 22; Waibel, Investment Arbitration: Jurisdiction and Admissibility, 1212, 1224 f., Rn. 45 ff. 179 Escher et al., Investment Arbitration in Germany, 1013, Rn. 23. 180 So beispielsweise in Walker International Holdings Limited vs. The Republic of Congo, United States Court of Appeals for the Fifth Circuit, 395 F.3d, 229; zur rechtlichen Einordnung solcher Verträge siehe nur: Marboe/Reinisch, Contracts between States and Foreign Private Law Persons. 181 Lörcher, SchiedsVZ 2005, 11, 21; Canè, Am. Rev. Int. Arbitr. 15 (2004), 439, 457; Broches, ICSID Rev. 1987, 287, 333. 182 Vgl. Lorz, Ausländische Staaten vor deutschen Zivilgerichten, S. 137. 183 Lorz, Ausländische Staaten vor deutschen Zivilgerichten, S. 139. 184 Die Formulierung ist angelehnt an einen Vorschlag zum Verzicht für ein Erkenntnisverfahren vor deutschen Gerichten in Lorz, Ausländische Staaten vor deutschen Zivilgerichten, S. 136 f.

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zwar bislang noch nicht in Kraft getreten, jedoch wird davon ausgegangen, dass in ihm das Völkergewohnheitsrecht zur Staatenimmunität festgehalten ist,185 weshalb es auch von deutschen Gerichten als Rechtserkenntnisquelle herangezogen werden kann.186 Das Europäische Übereinkommen über Staatenimmunität (EUStImmÜ)187 ist ebenfalls von deutschen Gerichten zu beachten. Da es jedoch nur zwischen seinen acht Mitgliedstaaten wirkt, ist es von untergeordneter Relevanz.188 Zwar haben beide Abkommen Vorschriften, welche sich auf Verfahren vor nationalen Gerichten im Zusammenhang mit Schiedsverfahren beziehen, allerdings ergibt sich aus ihnen keine zu den vorigen Ausführungen abweichende Behandlung der Immunität im Exequaturverfahren. Teilweise wird vorgebracht, das EuStImmÜ finde bereits deshalb keine Anwendung auf das Exequaturverfahren, weil Art. 12 zum einen auf handelsrechtliche Streitigkeiten beschränkt sei und zum anderen keine Anwendung auf Schiedsvereinbarungen zwischen Staaten finde.189 Dem könnte man ein weites Verständnis von dem Begriff der „handelsrechtlichen Streitigkeit“ entgegenhalten sowie die Tatsache, dass auch bei Investitionsstreitigkeiten eine Vereinbarung zwischen dem Staat und dem Investor vorliegt, und zwar dadurch, dass der Investor das Angebot des Gaststaats in dem IIA angenommen hat. Zwar beinhalten Investitionsschutzverträge regelmäßig Schiedsvereinbarungen zwischen Staaten, zusätzlich besteht jedoch üblicherweise auch ein Angebot zur Schiedsvereinbarung mit privaten Investoren. Dass das Abkommen im Exequaturverfahren keine Anwendung findet ergibt sich jedoch auch daraus, dass sich Art. 12 EuStImmÜ lediglich auf Hilfsmaßnahmen des nationalen Gerichts in Bezug auf das eigentliche Schiedsverfahren sowie die Aufhebung oder Bestätigung der Entscheidung vor einem Gericht des Sitzstaates bezieht.190 Das Exequaturverfahren ist nicht umfasst.191 Ebenso verhält es sich mit dem UN-Übereinkommen. Zwar wird hier im Annex zu Art. 17 klargestellt, dass der Begriff „privatwirtschaftliches Rechtsgeschäft“ auch Investitionsangelegenheiten 185

Vgl. International Court of Justice, Jurisdictional Immunities of the State (Germany v. Italy: Greece intervening), Rn. 56; OLG Frankfurt a.M., BeckRS 2011, 24412; O’Keefe/Tams, General Introduction, xxxvii, xxxvii, xli; Lorz, Ausländische Staaten vor deutschen Zivilgerichten, S. 28 f. 186 Schack, Internationales Zivilverfahrensrecht, Rn. 173. 187 BGBl. 1990 II, 35. 188 Unterzeichnet haben es bislang lediglich Belgien, Deutschland, Luxemburg, die Niederlande, Österreich, die Schweiz, das Vereinigte Königreich und Zypern. Siehe https://www. coe.int/de/web/conventions/full-list/-/conventions/treaty/074/signatures?p_auth=wqssSlaQ. 189 Lorz, Ausländische Staaten vor deutschen Zivilgerichten, S. 141. 190 Vgl. Stefano, Arb. Int’l 30 (2014), 59, 68. 191 Europarat, Explanatory Report to the European Convention on State Immunity 1972, Art. 12, Nr. 51; Lorz, Ausländische Staaten vor deutschen Zivilgerichten, S. 141 f.; Langkeit, Staatenimmunität und Schiedsgerichtsbarkeit, 107, 117; a.A. wohl Joemrith, Enforcing arbitral awards against sovereign states, S. 162.

D. Staatenimmunität

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einschließt,192 Art. 17 UNStImmÜ bezieht sich jedoch ebenso wie Art. 12 EuStImmÜ nicht auf das Exequaturverfahren.193 Beide Abkommen spielen darum keine Rolle für das Verfahren der Anerkennung und Vollstreckbarerklärung von ISDS-Schiedssprüchen. c) Adressat des Verzichts Bei dem Verzicht auf Staatenimmunität handelt es sich um eine völkerrechtliche Erklärung.194 Fraglich ist, wer Adressat dieser Erklärung ist. Teilweise wird angenommen, Adressat des Verzichts durch den Gaststaat in einem IIA sei der Heimatstaat des Investors.195 Dies würde jedoch bedeuten, dass der Verzicht lediglich bei einem Verfahren auf Anerkennung und Vollstreckbarerklärung im Heimatstaat des Investors wirken würde. Dies würde zu großen Rechtschutzlücken führen, da dem Investor das Exequatur in Drittstaaten versagt bliebe, sofern er nicht einen gesonderten Immunitätsverzicht für dieses Verfahren vorweisen könnte. Hätte der Gaststaat keine Rechtsgüter im Heimatstaat des Investors, so hätte der Investor kaum eine Chance, sein Recht durchzusetzen. Andere sehen in dem Verzicht einen unechten oder beschränkt völkerrechtlichen Vertrag, der durch die andere Seite, auch einen Privaten, angenommen werden könne.196 Diese Sicht hat den Nachteil, dass unklar ist, ob der Verzicht auch vor Gerichten eines Drittstaates greift, da die Vereinbarung möglicherweise nur inter partes wirkt. Andererseits kann man den Verzicht auch als einseitiges Gestaltungsrecht197 ansehen, bei dem es keiner Zustimmung durch die andere Partei bedarf.198 Teilweise wurde angenommen, die Erklärung müsse für ihre Wirksamkeit dem Gerichtsstaat 192

Vgl. Parlett, Article 17, 277, 281 f. Parlett, Article 17, 277, 284 f.; Fox, State Immunity and the New York Convention, 829, 853; Fox/Webb, The Law of State Immunity, S. 391; Stefano, Arb. Int’l 30 (2014), 59, 67; Lorz, Ausländische Staaten vor deutschen Zivilgerichten, S. 141 f.; a.A. Bjorklund, Am. Rev. Int’l Arb. 21 (2010), 211, 222, die meint, „enforcement measures“ seien auch umfasst; ebenso Happ, IBA Arbitration News 2013, 84, 85. 194 Damian, Staatenimmunität und Gerichtszwang, S. 52; Habscheid, Berichte der Deutschen Gesellschaft für Völkerrecht 1968, 159, 217. 195 Raeschke-Kessler, SchiedsVZ 2018, 1, 5; Raeschke-Kessler, Einfluss des Völkervertragsrechts, 57, 65 f. 196 Malina, Die völkerrechtliche Immunität ausländischer Staaten im zivilrechtlichen Erkenntnisverfahren, S. 59; Langkeit, Staatenimmunität und Schiedsgerichtsbarkeit, S. 46; vgl. Melander, Nordisk Tidsskrift for international Ret 1976, 22, 37 ff. 197 Damian, Staatenimmunität und Gerichtszwang, S. 34 f.; Habscheid, Berichte der Deutschen Gesellschaft für Völkerrecht 1968, 159, 218; vgl. auch Verdross/Simma, Universelles Völkerrecht, S. 668. 198 Damian, Staatenimmunität und Gerichtszwang, S. 51 f.; Geimer, Internationales Zivilprozessrecht, Rn. 519; Höfelmeier, Vollstreckungsimmunität der Staaten, S. 131. 193

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Kap. 2: Exequaturverfahren und seine verfahrensrechtlichen Voraussetzungen

zugehen,199 weshalb sie alleine gegenüber dem Privaten erklärt nicht ausreiche. Dies führt gerade bei einem Verzicht in einem Schiedsvertrag zu Problemen, da die in diesem enthaltenen Regelungen zumindest dann nicht gegenüber dem Gerichtsstaat erklärt werden, wenn es sich bei ihm nicht um eine Partei des Schiedsvertrags handelt. Darum ist der Meinung zu folgen, die den Verzicht als einseitig und nicht empfangsbedürftig erachtet.200 So kann dem Interesse an einer Durchsetzung in einem beliebigen Staat genüge getan werden.201 Der Verzicht kann dann weltweit gegenüber jedem beliebigen Gericht geltend gemacht werden, sofern er nicht explizite Ausnahmen enthält. 3. Zusammenfassung Zusammenfassend ist zu sagen, dass im Abschluss der Schiedsvereinbarung alleine kein Verzicht auf die Jurisdiktionsimmunität für das Verfahren der Anerkennung und Vollstreckbarerklärung von ausländischen Schiedssprüchen zu sehen ist. Zwar ist keine explizite Verzichtsklausel in einem IIA nötig, dennoch muss sich der Wille des Gaststaates zum Verzicht zumindest andeuten. Hierfür genügt weder der Bezug auf das NYÜ, noch die Klausel, dass der Schiedsspruch für die Parteien bindend ist. Ausreichend ist jedoch eine Klausel, wonach der Schiedsspruch nach innerstaatlichem Recht vollstreckbar ist. Auch eine an das ICSID-Übereinkommen angelehnte Klausel, welche sämtliche Einwendungen gegen den Schiedsspruch ausschließt, genügt für einen Immunitätsverzicht. Möchte ein Investor sicher gehen, so sollte er auf den Abschluss einer gesonderten Schiedsvereinbarung mit Verzicht des Gaststaates auf die Immunität für das Exequaturverfahren hinwirken.202 Eine solche kann insbesondere in einem Investitionsvertrag mit dem Gaststaat ausgehandelt werden. 4. Vorschlag für eine Verzichtsklausel Auch wenn sich, wie gerade gezeigt, bei vielen BITs aus der Formulierung ein Verzicht auf die Immunität im Exequaturverfahren ableiten lässt, wäre es für zukünftig abzuschließende Abkommen wünschenswert, eine explizite Klarstellung aufzunehmen. Als Vorschlag kann folgende, die Durchsetzungsklausel ergänzende Formulierung gebracht werden: 199

Habscheid, Berichte der Deutschen Gesellschaft für Völkerrecht 1968, 159, 222 f. Geimer, Internationales Zivilprozessrecht, S. 519; Höfelmeier, Vollstreckungsimmunität der Staaten, S. 131; Lorz, Ausländische Staaten vor deutschen Zivilgerichten, S. 132 (die dennoch in dem Verzicht zusätzlich eine privatrechtliche, annahmebedürftige Willenserklärung gegenüber dem Investor sieht). 201 Damian, Staatenimmunität und Gerichtszwang, S. 51 sieht zwar eine Empfangsbedürftigkeit, lässt jedoch auch einen Empfang durch den Privaten gelten. Dieser Weg führt zu demselben Ergebnis. 202 Siehe auch Schönfeld, NJW 1986, 2980, 2983 f. 200

D. Staatenimmunität

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„Die Parteien verzichten auf ihre Jurisdiktionsimmunität für ein Verfahren der Anerkennung und Vollstreckbarerklärung eines auf diesem Vertrag beruhenden Schiedsspruchs vor jedem von einem Investor im Sinne dieses Übereinkommens oder dessen Rechtsnachfolger angerufenen nationalen Gericht. Dieser Verzicht umfasst sämtliche gerichtlichen Verfahren, mit denen ein Schiedsspruch derart in eine nationale Rechtsordnung inkorporiert wird, dass aus ihm die Zwangsvollstreckung in dem Staat betrieben werden kann. Dieser Verzicht umfasst nicht auch einen Verzicht auf die Vollstreckungsimmunität.“203

5. Prüfung des Immunitätsverzichts durch nationale Gerichte Das Vorliegen oder Fehlen der Gerichtsbarkeit – und damit auch der Staatenimmunität – wird von dem im jeweiligen Verfahren zuständigen Gericht in eigener Zuständigkeit nach deutschem Recht von Amts wegen geprüft.204 Prüft nun das nationale Gericht die Immunität im Verfahren der Anerkennung und Vollstreckbarerklärung, so muss es zunächst die gerade behandelte Frage nach einem Verzicht klären, sofern es sich bei dem ursprünglichen Streitgegenstand nicht um acta iure gestionis gehandelt hat. Bejaht das Gericht dann entweder den Immunitätsverzicht durch gesonderte Abrede oder liegt ein eindeutiger Verzicht im betreffenden IIA vor, der auch von dem Exequaturgericht als solcher anerkannt wird, so muss der Verzicht auch auf den konkreten Fall Anwendung finden. Es stellt sich dabei vor allem die Frage nach dem Umfang der Prüfkompetenz über die Reichweite des Immunitätsverzichts durch das nationale Gericht. Es geht insbesondere darum, ob das Gericht die Kompetenz dazu hat zu prüfen, ob der Verzicht im betreffenden Fall einschlägig ist. Das Gericht könnte dabei der Ansicht sein, dass es an diesem Punkt überprüfen darf oder gar muss, ob sich das Schiedsverfahren im Rahmen des Schiedsvertrages bewegt hat, also ob lediglich von der Schiedsabrede tatsächlich umfasste Streitgegenstände behandelt wurden. Der Gedanke ist, dass der Staat zwar auf seine Jurisdiktionsimmunität verzichtet, jedoch nur soweit wie die Schiedsabrede greift. Für alle weiteren Fälle bleibt die Immunität erhalten. Problematisch daran ist, dass bereits das Schiedsgericht feststellen musste, ob das Verfahren von der Schiedsabrede erfasst ist. Andernfalls hätte es seine eigene Zuständigkeit nicht bejahen dürfen. Dies führt in der Konsequenz dazu, dass – bejaht man einen solchen zweiten Prüfschritt – die Frage nach dem Umfang der Schieds-

203

Die Formulierung ist angelehnt an einen Vorschlag zum Verzicht für ein Erkenntnisverfahren vor deutschen Gerichten in Lorz, Ausländische Staaten vor deutschen Zivilgerichten, S. 136 f. 204 BVerfG, NJW 1978, 485, 486; BGH, NJW-RR 2003, 1218, 1219; MüKo ZPO-Zimmermann, vor § 18 GVG, Rn. 4; § 20 GVG, Rn. 8; Musielak/Voit-Voit, § 1061, Rn. 23; Kühn, SchiedsVZ 2009, 53, 57; Baur et al., Zwangsvollstreckungsrecht, § 58, Rn. 58.3.

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abrede zweimal geprüft wird. Sowohl das Schiedsgericht als auch das nationale Gericht müssten dann dieselbe Frage beantworten. a) Die Entscheidungen des BGH im Fall Walter Bau Zu Kontroversen haben darum zwei Entscheidungen des BGH205 im Zusammenhang mit der bereits oben dargestellten Streitigkeit Walter-Bau gegen Thailand geführt. Der III. Zivilsenat und, dem folgend, später der I. Zivilsenat des BGH gingen davon aus, dass ein Immunitätsverzicht nur dann für das Verfahren vorliegt, wenn das Verfahren auch von der Schiedsabrede erfasst ist.206 Der BGH prüfte darum ausführlich, ob es sich um ein Schiedsverfahren im Sinne des hier einschlägigen deutsch-thailändischen Investitionsschutzvertrags 2002207 handelte.208 Der I. Zivilsenat entschied letzten Endes, nach umfangreicher Prüfung, dass das Schiedsverfahren von der Schiedsvereinbarung umfasst war und darum der Immunitätsverzicht greife. Dennoch erscheint es zirkelschlüssig, wenn man einerseits den (konkludenten) Immunitätsverzicht aus dem Wortlaut „der Schiedsspruch wird nach innerstaatlichem Recht vollstreckt“209 zieht, und andererseits die Kompetenz des Schiedsgerichts für eben jenen immunitätsbefreiten Schiedsspruch in Frage stellt. Ob ein Schiedsspruch tatsächlich vorliegt, der nach innerstaatlichem Recht zu vollstrecken ist, müsste dann nämlich erst noch einmal durch die Feststellung der Zuständigkeit des Schiedsgerichts bejaht werden. b) Die Ansicht von Raeschke-Kessler Man könnte aber auch entgegen dem BGH annehmen, dass das Schiedsgericht die sachliche Zuständigkeit alleine prüft und damit automatisch den Immunitätsverzicht auch für das Verfahren der Anerkennung und Vollstreckbarerklärung feststellt, sofern das IIA einen solchen enthält. So greift Raeschke-Kessler die Entscheidungen des BGH an, indem er eine grundsätzliche Unterscheidung des Verfahrens der Vollstreckbarerklärung für Handelsschiedsentscheidungen und Investitionsschiedsentscheidungen fordert.210 Er ist der Meinung, dass sich aus dem Völkervertragsrecht eine generelle Regelung ergebe, dass das ISDS-Schiedsgericht seine Zuständigkeit endgültig feststellt.211 Darum könne, abweichend von Art. V Abs. 1 c) NYÜ, die Zuständigkeit des Schiedsgerichts bei ISDS-Verfahren nicht mehr durch das Exequaturgericht überprüft werden. Die Regelung in einem Investitionsschutzabkom205 BGH Beschl. v. 30. 01. 2013 – III ZB 40/12, SchiedsVZ 2013, 110; BGH Beschl. v. 06. 10. 2016 – I ZB 13/15, SchiedsVZ 2018, 53. 206 So auch Escher et al., Investment Arbitration in Germany, 1013, Rn. 94. 207 BGBl. 2004 II 48. 208 BGH, SchiedsVZ 2018, 53, 54 f. 209 BGH, SchiedsVZ 2013, 110, 112. 210 Raeschke-Kessler, SchiedsVZ 2018, 1, 2. 211 Raeschke-Kessler, SchiedsVZ 2018, 1, 4.

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men, wonach die Entscheidungen eines Schiedsgerichts für jede Vertragspartei bindend sind, sei lex specialis zu § 1061 ZPO.212 c) Eigene Ansicht Gegen diese Ansicht spricht der Wortlaut des Art. VAbs. 1 c) NYÜ, nach dem das nationale Gericht überprüfen darf, ob „der Schiedsspruch eine Streitigkeit betrifft, die in der Schiedsabrede nicht erwähnt ist oder nicht unter die Bestimmungen der Schiedsklausel fällt, oder daß er Entscheidungen enthält, welche die Grenzen der Schiedsabrede oder der Schiedsklausel überschreiten“. Auch besteht gerade darin der Unterschied zwischen einem ICSID- und einem ad hoc-Schiedsverfahren, dass der ICSID-Schiedsspruch einer privilegierten Durchsetzbarkeit unterliegt, welche nicht einfach in jedweden IIA hineingelesen werden kann. Zudem würde die Lösung von Raeschke-Kessler nur dann greifen, wenn die obsiegende Partei die Durchsetzung in einem Vertragsstaat des IIA versucht. Dritte Staaten müssen nach dem NYÜ zwar den Schiedsspruch durchsetzen, wären jedoch aufgrund des pacta tertiisGrundsatzes nicht an etwaige lex specialis-Regelungen aus dem IIA gebunden. Regelungen in einem IIA gelten nur inter partes, sowie durch Annahme des Angebots zur Schiedsabrede unter Umständen für den Investor. Sie gelten jedoch nicht für jeden potentiellen Vollstreckungsstaat. Überdies bezweckt die Bindungsklausel, wie bereits oben bemerkt, lediglich eine Bindung im Sinne von ne bis in idem, beziehungsweise res judicata. Die Vermischung von Zuständigkeit des Gerichts und Staatenimmunität birgt auch die Gefahr in sich, dass Schiedsgerichte eher dazu geneigt sein könnten, ihre eigene Zuständigkeit zu bejahen und dass damit die Souveränität des Staates in weit mehr Fällen beschränkt werden könnte, als es seinem Willen bei Unterzeichnung des Investitionsschutzabkommens entsprach. Zu guter Letzt argumentiert Raeschke-Kessler selbst damit, dass in Folge des Walter Bau-Verfahrens der deutsche Muster-BIT geändert worden sei, damit eine Prüfung der Zuständigkeit des Schiedsgerichts durch das Exequaturgericht nun nicht mehr erfolgen könne.213 Wäre eine solche Prüfung aber bereits durch die Bindungsklausel ausgeschlossen, so wäre eine Änderung des Muster-BIT unnötig gewesen. Die Klausel, wonach ein Schiedsspruch als „bindend“ anzuerkennen ist, bewirkt keinen Verzicht auf die Prüfung der Zuständigkeit des Schiedsgerichts durch das Exequaturgericht und führt somit auch nicht zu einem Immunitätsverzicht.214 Betrachtet man jedoch Art. V Abs. 1 c) NYÜ genauer, so ist zu bemerken, dass auch die Argumentation des BGH kritisiert werden kann. Nach dieser Vorschrift kann die Vollstreckbarerklärung verweigert werden, wenn der Schiedsspruch eine Streitigkeit betrifft, die nicht unter die Schiedsabrede fällt. Art. V Abs. 1 c) NYÜ ist jedoch keine Norm, welche sich mit dem Verzicht auf die Staatenimmunität be212 213 214

Raeschke-Kessler, SchiedsVZ 2018, 1, 6. Raeschke-Kessler, SchiedsVZ 2018, 1, 5. Siehe bereits oben S. 109.

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Kap. 2: Exequaturverfahren und seine verfahrensrechtlichen Voraussetzungen

schäftigt. Vielmehr bietet sie alleine einen Grund dafür, die Anerkennung und Vollstreckbarerklärung zu verweigern, wenn die Zuständigkeit des Schiedsgerichts zu verneinen war. Um überhaupt erst in die Prüfung des Art. V Abs. 1 c) NYÜ eintreten zu dürfen, muss aber bereits die Gerichtsbarkeit und somit auch ein Immunitätsverzicht vorliegen.215 Dennoch prüft der BGH im Rahmen der Immunitätsprüfung, ob der Schiedsspruch von der Schiedsabrede umfasst ist. Der BGH vermischt hier die Zuständigkeit des Schiedsgerichts und seine eigene Gerichtsbarkeit.216 Zuständigkeit und Gerichtsbarkeit sind jedoch voneinander zu unterscheiden.217 Erst nach Bejahung eines Immunitätsausschlusses kann in die Prüfung der Zuständigkeit des Schiedsgerichts eingetreten werden. Bereits der Streit über die Zuständigkeit des Schiedsgerichts ist ein im Rahmen des Schiedsverfahrens zu entscheidender Streit. Andernfalls könnte ein Schiedsgericht regelmäßig nicht seine eigene Zuständigkeit feststellen und eine externe Instanz wäre hinzuzuziehen.218 Kann aber das Schiedsgericht hierüber entscheiden, so setzt dies voraus, dass keine Staatenimmunität entgegensteht. Ebenso verhält es sich vor den staatlichen Gerichten. Der BGH hätte also die Zuständigkeit des Schiedsgerichts auf einer anderen Ebene prüfen müssen, nämlich auf der Ebene der Versagungsgründe, nicht auf der Ebene der Gerichtsbarkeit. Auf der Ebene der Gerichtsbarkeit hätte das Gericht lediglich prüfen dürfen, ob in der Schiedsvereinbarung – sofern sie einschlägig ist – ein (konkludenter) Immunitätsverzicht zu sehen ist. Da das Gericht dies bejaht hat, hätte der Immunitätsverzicht bereits deshalb angenommen werden müssen. Das mag auf den ersten Blick nur ein unwesentlicher Unterschied sein, da dieselbe Prüfung dann augenscheinlich dennoch stattfindet – bloß an späterer Stelle. Die Bedeutung dieser Unterscheidung liegt jedoch darin, dass die Staatenimmunität von Amts wegen zu prüfen ist.219 Die Versagungsgründe des Art. V Abs. 1 NYÜ sind hingegen Einreden,220 die vom Schiedsbeklagten vorgebracht werden müssen221 und die möglicherweise präkludiert sind, wenn sie nicht rechtzeitig geltend gemacht werden.222 Hier kann insbesondere die Präklusionsregel des Art. V Abs. 2 EuÜ

215 In einer Parallelentscheidung vor dem United States Court of Appeals for the Second Circuit wurde darum die Immunität nicht einmal mehr angesprochen: United States Court of Appeals for the Second Circuit, 08. 08. 2012 – 11-1458-cv. 216 Zarth, EWIR 2013, 435, 436 scheint dies ebenfalls zu vermischen. 217 Vgl. Höfelmeier, Vollstreckungsimmunität der Staaten, S. 89 f. 218 Vgl. Waibel, Investment Arbitration: Jurisdiction and Admissibility, 1212, 1232, Rn. 76. 219 BVerfG, NJW 1978, 485, 486; BGH, NJW-RR 2003, 1218, 1219; MüKo ZPO-Zimmermann, vor § 18 GVG, Rn. 4; § 20 GVG, Rn. 8; Musielak/Voit-Voit, § 1061, Rn. 23; Kühn, SchiedsVZ 2009, 53, 57; Baur et al., Zwangsvollstreckungsrecht, § 58, Rn. 58.3. 220 Baur et al., Zwangsvollstreckungsrecht, § 58, Rn. 58.3. 221 BGH, NJW 1999, 2974, 2975; Kröll, § 1061 – Foreign Awards, 443, Rn. 58. 222 Mallmann, SchiedsVZ 2004, 152, 156.

D. Staatenimmunität

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einschlägig sein.223 Im Falle einer Präklusion aufgrund Nichtvorbringens im Schiedsverfahren wäre es dann auch vor den nationalen Gerichten unerheblich, ob die Zuständigkeit des Schiedsgerichts bestanden hatte oder nicht. Doch selbst wenn die Zuständigkeit vor dem Schiedsgericht gerügt worden ist und keine Präklusion vorliegt, muss die Partei die Einrede auch vor dem nationalen Gericht noch einmal selbstständig substantiiert vortragen. Andernfalls findet keine Prüfung durch das Exequaturgericht statt. Auch wäre das Vorgehen des BGH bei ICSID-Entscheidungen höchst fraglich, da hierdurch eine Prüfung der Zuständigkeit des Schiedsgerichts auf nationaler Ebene eingeführt werden könnte, obwohl das ICSID-Übereinkommen eine solche eigentlich untersagt.224 Als Ergebnis ist darum festzuhalten, dass das Exequaturgericht die Immunität des Gaststaates von Amts wegen zu prüfen hat. Dies geschieht durch die Feststellung, ob in der Schiedsvereinbarung oder in sonstiger Weise ein Verzicht erklärt wurde. Erst wenn die Gerichtsbarkeit festgestellt worden ist, können auf der nächsten Ebene die einzelnen Versagungsgründe des NYÜ, zu welchen die Unzuständigkeit des Schiedsgerichts zählt, geprüft werden.

III. Internationale Immunität der Europäischen Union Da auch die Europäische Union Streitpartei eines ISDS-Verfahrens sein kann, wie sich aus den durch die EU abgeschlossenen IIAs ergibt, ist es auch möglich, dass Entscheidungen gegen die EU ergehen, welche der obsiegende Investor vor nationalen Gerichten für vollstreckbar erklärt wissen möchte. Fraglich ist, ob sich die EU in einem solchen Verfahren auf Vollstreckbarerklärung auf eine Jurisdiktionsimmunität berufen kann.225 Im Zusammenhang mit der Immunität internationaler Organisationen226 wird statt von Staatenimmunität von internationaler Immunität gesprochen.227 Trotz ihrer Supranationalität und der damit verbundenen Besonderheiten wird auch die Europäische Union als internationale Organisation angesehen,228 weshalb diese Begrifflichkeit hier Verwendung findet. 223

Vgl. Mallmann, SchiedsVZ 2004, 152, 158. Siehe auch Happ, IBA Arbitration News 2013, 84, 86. 225 Ratz, International and European law problems, S. 303; Wessel, International Organizations Law Review 10 (2013), 395 ff., wonach die Frage noch kaum erforscht ist. 226 Allgemein zur Immunität internationaler Organisationen siehe Wenckstern, Handbuch des internationalen Zivilverfahrensrechts Band II/1. 227 Der Begriff wurde geprägt von, Jenks, International Immunities; siehe auch: Wenckstern, Handbuch des internationalen Zivilverfahrensrechts Band II/1, Rn. 29; Tauchmann, Immunität internationaler Organisationen gegenüber Zwangsvollstreckungsmaßnahmen, S. 33. 228 Vgl. Gehring, Die Europäische Union als komplexe internationale Organisation, S. 275 ff.; Rösch, Intraeuropäisches Investitionsrecht, S. 56 f.; Witte, EU law: is it international law?, 174, 179. 224

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Kap. 2: Exequaturverfahren und seine verfahrensrechtlichen Voraussetzungen

Aus Art. 274 AEUV ergibt sich die subsidiäre Gerichtsbarkeit der nationalen Gerichte der EU-Staaten für Streitigkeiten mit EU-Beteiligung. Daraus lässt sich folgern, dass die EU vor den Gerichten ihrer Mitgliedstaaten zumindest dann keine Jurisdiktionsimmunität innehat, wenn nicht die Zuständigkeit des EuGH gegeben ist.229 Da keine Zuständigkeit des EuGH für das Exequatur eines gegen die EU gerichteten Schiedsspruchs gegeben ist, greift somit grundsätzlich keine Jurisdiktionsimmunität vor den Gerichten der Mitgliedstaaten für die Anerkennung und Vollstreckbarerklärung eines ISDS-Schiedsspruches. Auch das Protokoll vom 08. 04. 1965 über die Vorrechte und Befreiungen der EU sieht keine erweiterte Jurisdiktionsimmunität der EU für ein Verfahren der Anerkennung und Vollstreckbarerklärung von Schiedssprüchen vor.230 Unklar ist, ob sich die EU vor nationalen Gerichten von Drittstaaten auf eine entsprechende Immunität berufen kann.231 Dahingehend ist keine explizite Regelung ersichtlich. Die EU ist kein Staat, weshalb auf sie der par in parem-Grundsatz nicht angewendet werden kann.232 Zudem gibt es kein allgemeines Völkergewohnheitsrecht, welches Drittstaaten zur Beachtung einer Immunität der EU verpflichten würde.233 Dennoch kommen der EU hoheitliche Aufgaben zu, bei denen das Erfordernis besteht, dass sie nicht durch den Einfluss fremder Staaten beeinträchtigt werden. Darum besteht grundsätzlich ein Bedürfnis, bei der EU, ähnlich wie bei Staaten, die Gerichtsbarkeit nationaler Gerichte einzuschränken, soweit es sich um acta iure imperii handelt. Teilweise wird aus der Notwendigkeit effektiver Erfüllung der übertragenen Aufgaben eine internationale Immunität internationaler Organisationen abgeleitet.234 Hiermit könnte auch eine Immunität der EU begründet werden. Gegen eine Immunität vor drittstaatlichen Gerichten wird eingewandt, internationale Organisationen könnten nur dann internationale Immunität für sich beanspruchen, wenn ihnen eine solche durch völkerrechtliche Vereinbarung gewährt werde235 oder ein allgemeiner Völkergewohnheitssatz gelte.236 Dies folge daraus, 229

Vgl. Vedder/Heintschel von Heinegg-Pache, Art. 274, Rn. 2; Grabitz/Hilf/NettesheimAthen/Dörr, Art. 335 AEUV, Rn. 41; Seidl-Hohenveldern/Loibl, Das Recht der internationalen Organisationen, Rn. 1912; Groeben/Schwarze/Hatje/Grill-Gaitanides, Art. 274, Rn. 8; Wessel, International Organizations Law Review 10 (2013), 395, 401 f.; Streinz EUV/AEUV-Ehricke, Art. 274 AEUV, Rn. 5; Lorz, Ausländische Staaten vor deutschen Zivilgerichten, S. 55. 230 Streinz EUV/AEUV-Steinle, Art. 343 AEUV, Rn. 14. 231 Ratz, International and European law problems, S. 303. 232 Vgl. E. Klein/Schmahl, Die Internationalen und die Supranationalen Organisationen, 247, Rn. 106; vgl. Fox/Webb, The Law of State Immunity, S. 571. 233 Vgl. Grabitz/Hilf/Nettesheim-Athen/Dörr, Art. 343 AEUV, Rn. 9. 234 E. Klein/Schmahl, Die Internationalen und die Supranationalen Organisationen, 247, Rn. 106; Wenckstern, Handbuch des internationalen Zivilverfahrensrechts Band II/1, Rn. 396 ff. 235 Grabitz/Hilf/Nettesheim-Dörr, Art. 47 EUV, Rn. 64; Jenks, International Immunities, S. 32 ff.

D. Staatenimmunität

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dass internationale Organisationen keine Immunität von sich aus beanspruchen können, da es sich bei ihnen nicht um einen Staat handele. Dem mag zwar hinsichtlich herkömmlicher internationaler Organisationen zuzustimmen sein. Bei der EU handelt es sich jedoch um eine supranationale Organisation, die hoheitliche Aufgaben wahrnimmt, die sonst durch ihre Mitgliedstaaten vorzunehmen wären. Die Mitgliedstaaten haben einen Teil ihrer Kompetenz auf die EU übertragen. Diese Übertragung in den zwischenstaatlichen Bereich erfolgte gerade zur Verfolgung gemeinsamer hoheitlicher Interessen, für welche die Mitgliedstaaten sonst Immunität in Anspruch nehmen könnten.237 Es besteht kein Grund, die Ausübung dieser Kompetenzen weniger zu schützen, nur weil sie in der EU gebündelt wurden.238 Darum kann auch für die EU eine von ihren Mitgliedstaaten abgeleitete internationale Immunität angenommen werden.239 Sollte hiergegen vorgebracht werden, die EU verzichte bereits vor Gerichten ihrer Mitgliedstaaten auf Immunität,240 kann dies nicht gegen eine Immunität im Verhältnis zu Drittstaaten vorgebracht werden. Zweck der Immunität ist gerade der Schutz davor, dass fremde Gerichte über einen Staat rechtsprechen. Die EU-Staaten sind aber für die EU keine fremden Gerichte in diesem Sinne. Nur weil ein Staat Klagen gegen sich vor seinen eigenen Gerichten zulässt, bedeutet dies nicht, dass er sich seiner Immunität auch gegenüber jedweden Gerichten von Drittstaaten begibt. Dies ist auch auf die EU so zu übertragen. Somit ist der EU grundsätzlich Jurisdiktionsimmunität zu gewähren.241 236 Vgl. Seidl-Hohenveldern/Loibl, Das Recht der internationalen Organisationen, Rn. 1905 ff. 237 Vgl. Schroer, Jahrbuch für Internationales Recht 1965, 207, 217, der dies allgemein für die Übertragung hoheitlicher Aufgaben auf internationale Einrichtungen feststellt. 238 Jenks hat schon sehr früh für internationale Organisationen, die aus Einzelstaaten bestehen, festgestellt: „The rights which it [die internationale Organisation] is entitled to claim may be less extensive than those which it is entitled to claim in relation to its own members, but the organisation cannot reasonably be regarded in relation to third States as a group of private persons with no legal status of any kind; at the lowest it is a group of States acting collectively; it appears […] that a group of governments so acting can create an international entity with an objective legal personality which will be recognized by international law; it is only one stage further in the argument to recognize that they can vest such an entity with the immunities recognized to be appropriate for such an entity by general international agreements.“, Jenks, International Immunities, S. 33 f. 239 Ähnlich zu einer abgeleiteten (subsidiären) Immunität von internationalen Organisationen siehe Wenckstern, Handbuch des internationalen Zivilverfahrensrechts Band II/1, Rn. 55 ff. und 403. 240 Tauchmann, Immunität internationaler Organisationen gegenüber Zwangsvollstreckungsmaßnahmen, S. 168 scheint beispielsweise für die EG unter dem ehemaligen Art. 140 EGV davon auszugehen, dass generell keine Immunität besteht, wenn sie ohne zu differenzieren schreibt „Die EG genießt keine Immunität im Erkenntnisverfahren“. 241 Grabitz/Hilf/Nettesheim (40. Erg.-Lfg.)-Simma/Vedder, Art. 281 EGV, Rn. 17 f.; Wenckstern, Handbuch des internationalen Zivilverfahrensrechts Band II/1, Rn. 402, 406, (für die EG); Fox/Webb, The Law of State Immunity, S. 575.

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Kap. 2: Exequaturverfahren und seine verfahrensrechtlichen Voraussetzungen

Teilweise wird angenommen, bei internationalen Organisationen und somit auch der EU sei keine Unterscheidung zwischen acta iure imperii und acta iure gestionis vorzunehmen.242 Da eine solche Organisation ausschließlich in Ausübung ihrer (hoheitlichen) Aufgaben tätig sei, müsse auch die Immunität allumfassend sein, sofern die Institution Handlungen im Rahmen ihrer Aufgaben vornehme.243 Dem ist für die EU nicht zu folgen. Auch die EU muss bisweilen die Dienste von Privaten annehmen, sei es beim Bau von Verwaltungsgebäuden oder bei der Belieferung einer Kantine. Es gibt keinen Grund, warum sie hierbei Immunität beanspruchen können sollte.244 Andernfalls wäre die Immunität weitreichender als diejenige für Staaten, von welchen sie ihre Immunität ableitet.245 Die Immunität ist also nur für acta iure imperii zu gewähren. Für Investoren, die im Rahmen der von der EU (mit-)unterzeichneten IIAs gegen die EU vorgehen, dürfte die internationale Immunität gleichwohl kein größeres Problem darstellen. Auch internationale Organisationen können auf ihre Immunität verzichten.246 Zwar führt nicht bereits der Abschluss einer Schiedsklausel zu einem Immunitätsverzicht einer internationalen Organisation,247 alle bislang unter Mitwirkung der EU ausgearbeiteten IIAs sehen jedoch Klauseln vor, die nach dem bereits oben Gesagten als Verzicht auf die Immunität zu verstehen sind. Es ist kein Grund ersichtlich, weshalb diese Klauseln alleine für Verfahren gegen die Mitgliedstaaten gelten sollten. Somit lassen sich vier Aussagen für die Gerichtsbarkeit nationaler Gerichte in einem gegen die EU gerichteten Verfahren auf Anerkennung und Vollstreckbarerklärung eines Schiedsspruchs festhalten: Wurde die EU aufgrund eines von ihr abgeschlossenen IIAs verurteilt, so kann das Exequatur vor den Gerichten aller EU-Staaten beantragt werden, ohne dass es eines gesonderten Immunitätsverzichts bedarf. Wird jedoch das Exequatur vor einem Gericht eines Nicht-EU-Staates beantragt, so genießt die EU Immunität, sofern Streitgegenstand des Schiedsverfahrens acta iure imperii waren und kein Immunitätsverzicht vorliegt. Ein Verzicht auf die internationale Immunität ist hier ebenso

242 Vgl. Wessel, International Organizations Law Review 10 (2013), 395, 413, der einen Fall gegen die Europäische Kommission vor einem Gericht in Israel darstellt; Wenckstern, Handbuch des internationalen Zivilverfahrensrechts Band II/1, Rn. 13 – 14; Muller, International organizations and their host states, S. 182. 243 Fox/Webb, The Law of State Immunity, S. 575; Dahm, Völkerrechtliche Grenzen der inländischen Gerichtsbarkeit gegenüber ausländischen Staaten, 153, 159 f. 244 So auch Grabitz/Hilf/Nettesheim (40. Erg.-Lfg.)-Simma/Vedder, Art. 281 EGV, Rn. 19; vgl. Schroer, Jahrbuch für Internationales Recht 1965, 207, 281 f.; ähnlich allgemein zu internationalen Organisationen Herdegen, Internationales Wirtschaftsrecht, § 7, Rn. 13. 245 Grabitz/Hilf/Nettesheim (40. Erg.-Lfg.)-Simma/Vedder, Art. 281 EGV, Rn. 19. 246 Muller, International organizations and their host states, S. 162 f. 247 Muller, International organizations and their host states, S. 170.

E. Rechtsschutzbedürfnis

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möglich wie ein Verzicht auf die Staatenimmunität durch einen Staat.248 In den von der EU ausgehandelten IIAs finden sich auch entsprechende Verzichtsklauseln, weshalb die internationale Immunität der EU im Exequaturverfahren ein untergeordnetes Problem darstellen sollte. Eine andere, hiervon zu unterscheidende und weiter unten249 zu behandelnde Frage ist, inwiefern in Vermögenswerte der EU zwangsvollstreckt werden kann.

E. Rechtsschutzbedürfnis I. Anwendbarkeit der deutschen Voraussetzung des Rechtsschutzbedürfnisses Das deutsche Verfahrensrecht fordert für die Beschreitung des Rechtswegs grundsätzlich als allgemeine Sachentscheidungsvoraussetzung250 ein entsprechendes Rechtsschutzbedürfnis251 oder auch Rechtsschutzinteresse252.253 Der Kläger muss demnach ein schutzwürdiges Interesse an der gerichtlichen Geltendmachung des einzuklagenden Rechts haben.254 Liegt ein solches nicht vor, so wird eine Klage wegen Unzulässigkeit als Prozessurteil abgewiesen.255 Ein Fehlen des Rechtsschutzbedürfnisses für einen Antrag auf Vollstreckbarerklärung wird teilweise angenommen, wenn der ausländische Schiedsspruch keinen Bezug zu Deutschland hat und auch nicht ersichtlich ist, dass in Deutschland belegenes Vollstreckungsgut vorhanden ist oder in nächster Zeit nach Deutschland verbracht wird.256 Hintergrund einer entsprechenden Entscheidung war ein Fall, in dem der Kläger einen Schiedsspruch im Zusammenhang mit einem Joint-Venture zur Ausbeutung von Ölfeldern gegen Litauen und ein privatisiertes Staatsunternehmen in 248

Jenks, International Immunities, S. 39; Tauchmann, Immunität internationaler Organisationen gegenüber Zwangsvollstreckungsmaßnahmen, S. 139 ff.; Fox/Webb, The Law of State Immunity, S. 576; vgl. Wenckstern, Handbuch des internationalen Zivilverfahrensrechts Band II/1, Rn. 416 ff. 249 Siehe unten S. 294. 250 Stephan, Das Rechtsschutzbedürfnis, S. 12. 251 BGH, NJW 1999, 1337, 1338. 252 BGH, NJW-RR 1989, 263, 264. 253 Schönke, AcP 150 (1949), 216, 218; BeckOK ZPO-Bacher, § 253, Rn. 28; Kröll, SchiedsVZ 2009, 40, 47. 254 Stephan, Das Rechtsschutzbedürfnis, S. 32 ff.; Saenger-Saenger, Vorbemerkung zu §§ 253 – 494a, Rn. 27; BeckOK ZPO-Bacher, § 253, Rn. 28; Musielak/Voit-Foerste, Vorbemerkung § 253 – § 299a, Rn. 7. 255 Schwab/Gottwald, Zivilprozessrecht, § 94, Rn. 5; Musielak/Voit, Grundkurs ZPO, Rn. 231. 256 KG Berlin, SchiedsVZ 2007, 108, 112; Escher/Reichert, SchiedsVZ 2007, 71, 76; Lachmann, Handbuch Schiedsgerichtspraxis, Rn. 2750.

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Kap. 2: Exequaturverfahren und seine verfahrensrechtlichen Voraussetzungen

Dänemark erlangt hatte und nun durchzusetzen versuchte. Das betroffene Staatsunternehmen hatte jedoch keinerlei Güter im deutschen Staatsgebiet, in welche hätte vollstreckt werden können. Auch war nicht abzusehen, dass sich hieran in naher Zukunft etwas ändern würde.257 Das Kammergericht verneinte darum das Rechtsschutzbedürfnis und stützte dies darauf, dass es unbillig sei, dem Gläubiger ein Exequatur in jedem Land zuzugestehen, ohne dass er es tatsächlich benötige, da dies unnötige Kosten verursache und ausschließlich der Schädigung des Gegners, also verfahrensfremden Zwecken,258 diene.259 Auch das sich aus § 226 BGB ergebende Schikaneverbot,260 wonach die Ausübung eines Rechts unzulässig ist, wenn alleiniger Zweck die Schädigung eines anderen ist, könne diese Sicht untermauern.261 Dem wird entgegengehalten, dass die Vollstreckbarerklärung nicht von der Existenz von Vollstreckungschancen in überschaubarer Zukunft abhängig sei.262 Die ZPO sehe eine solche Voraussetzung nicht vor und es müsse dem Gläubiger unbenommen bleiben, sich den Zugriff auf jedwede etwaig einzubringende Rechtsgüter zu sichern, um keinen Zeitverlust zu erleiden.263 Das Fehlen von Rechtsgütern solle demnach nicht das Fehlen eines Rechtsschutzbedürfnisses begründen. Das Vorliegen eines Interesses an der Vollstreckbarerklärung ist jedoch eine Voraussetzung für das Verfahren. Kann der Gläubiger keinen Grund vorbringen, wieso er gerade das Exequatur in Deutschland benötigt, so hat er kein legitimes Interesse daran, die Gegenpartei in ein weiteres Verfahren zu verwickeln. Dies ist beispielsweise der Fall, wenn nicht ersichtlich ist, dass der Titel jemals verwendet werden kann. Die ZPO sieht also durchaus einen Mechanismus vor, über welchen das Vorhandensein von Rechtsgütern im Inland als Voraussetzung des Verfahrens geprüft werden kann. Darum ist aus deutsch-prozessualer Sicht grundsätzlich der Ansicht des KG zu folgen.264 Fraglich ist jedoch, ob diese Prozessvoraussetzung auch bei der Vollstreckbarerklärung nach dem NYÜ aus internationaler Sicht zulässig ist. Art. V NYÜ stellt nämlich eine grundsätzlich abschließende Liste an Versagungsgründen auf.265 Ebenso lässt das ICSID-Übereinkommen keine nationalen Gründe für die Versagung 257

KG Berlin, SchiedsVZ 2007, 108, 112. Stephan, Das Rechtsschutzbedürfnis, S. 44 ff. 259 KG Berlin, SchiedsVZ 2007, 100, 112. 260 Vgl. MüKo ZPO-Becker-Eberhard, Vorbemerkung zu § 253, Rn. 12; Escher/Reichert, SchiedsVZ 2007, 71, 76. 261 Escher/Reichert, SchiedsVZ 2007, 71, 76. 262 Stein/Jonas-Schlosser, § 1061, Rn. 3. 263 Geimer, Internationales Zivilprozessrecht, Rn. 1245; Zöller-Geimer, § 722, Rn. 45. 264 Vgl. auch Solomon, AG 51 (2006), 832, 839, der allerdings allein das aktuelle Fehlen inländischen Schuldnervermögens als nicht ausreichend erachtet; wohl auch Musielak/VoitVoit, § 1062, Rn. 4. 265 Solomon, Interpretation and Application of the New York Convention in Germany, 329, 373. 258

E. Rechtsschutzbedürfnis

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der Anerkennung und Vollstreckbarerklärung zu.266 Das Rechtsschutzbedürfnis ist aber ein genuin deutsches Rechtsinstitut, welches sich weder im NYÜ noch im ICSID-Übereinkommen findet. Kröll meint darum, das NYÜ regele die Frage des „ob“ der Vollstreckbarerklärung abschließend und es dürften keine weiteren Gründe, wie beispielsweise das Rechtsschutzbedürfnis, gegen die Vollstreckbarerklärung vorgebracht werden.267 Es bestehe immer ein Rechtsschutzbedürfnis, da es sehr unsicher sei, wann vollstreckbare Güter vorhanden seien.268 Die Gegenansicht meint, eine solche Einschränkung sei zulässig, da es sich nicht um eine Entscheidung in der Sache, sondern um eine generelle Gerichtszugangsvoraussetzung handele.269 Zudem könne sonst kein Gericht aus prozessualen Gründen – wie beispielsweise der Zuständigkeit des Gerichts – einen Vollstreckbarkeitsantrag zurückweisen, was dazu führen würde, dass der Gläubiger beispielsweise frei zwischen den Gerichten wählen könnte.270 Das NYÜ überlasse aber die Regelungen der Prozessvoraussetzungen den zivilprozessualen Vorschriften des Exequaturstaates.271 Dieser letzten Auffassung ist, mit erweiterter Argumentation, zumindest für ad hoc-Schiedssprüche zu folgen. Ebenso wie im Fall der fehlenden Zuständigkeit des Gerichts272 ergeht bei fehlendem Rechtsschutzbedürfnis ein Prozessurteil.273 Dem Antragssteller wird die Vollstreckbarerklärung lediglich temporär versagt. Sobald er das Vorhandensein von Vollstreckungsgütern substantiiert aufzeigen kann, kann er, mit jetzt gegebenem Rechtsschutzbedürfnis, einen erneuten Antrag auf Vollstreckbarerklärung stellen.274 Die in Art. V NYÜ aufgelisteten Versagungsgründe sind hingegen auf eine endgültige Versagung der Vollstreckbarerklärung gerichtet. Wird der Antrag aufgrund des Art. V NYÜ rechtskräftig abgewiesen, so hat der Gläubiger in dem abweisenden Staat keine Möglichkeit mehr, den Schiedsspruch durchzusetzen. Darum ist die Situation nicht vergleichbar und die Forderung nach einem Rechtsschutzbedürfnis nicht unbillig. Das Interesse des Schuldners, nicht in jedem beliebigen Staat – zu dem er womöglich keinerlei Bezug hat – ein Verfahren führen

266

Escher et al., Investment Arbitration in Germany, 1013, Rn. 67. Kröll, SchiedsVZ 2009, 40, 48. 268 Kröll, SchiedsVZ 2009, 40, 48. 269 KG Berlin, SchiedsVZ 2007, 108, 112; Solomon, Interpretation and Application of the New York Convention in Germany, 329, 374; Solomon, International Commercial Arbitration, 45, 154, Rn. 337; vgl. auch Escher/Reichert, SchiedsVZ 2007, 71, 76; gegen eine Anwendung für ICSID-Schiedssprüche votiert Escher aber in Escher et al., Investment Arbitration in Germany, 1013, Rn. 67. 270 KG Berlin, SchiedsVZ 2007, 108, 112. 271 Escher/Reichert, SchiedsVZ 2007, 71, 76; Solomon, AG 51 (2006), 832, 839. 272 Sofern nicht nach § 281 ZPO an ein zuständiges Gericht verwiesen wird. 273 Saenger-Saenger, Vorbemerkung zu §§ 253 – 494a, Rn. 10. 274 OLG Brandenburg, NJW-RR 2000, 1735, 1736; Saenger-Saenger, Vorbemerkung zu §§ 253 – 494a, Rn. 10, § 322, Rn. 35; MüKo ZPO-Gottwald, § 322, Rn. 169. 267

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Kap. 2: Exequaturverfahren und seine verfahrensrechtlichen Voraussetzungen

zu müssen, überwiegt in diesem Fall.275 Kröll verweist zwar darauf, dass „in vielen Ländern die Einleitung eines Verfahrens zur Vollstreckbarerklärung nur innerhalb bestimmter Fristen möglich ist“276. Darum könne eine Versagung wegen temporären Fehlens des Rechtsschutzbedürfnisses die Durchsetzung unmöglich machen. Vorliegend geht es jedoch um das deutsche Institut des Rechtsschutzbedürfnisses. Die ZPO sieht solche Fristen nicht vor. Ob eine faktische Versagung durch das Zusammenspiel von Fristen und ähnlichen Prozessvoraussetzungen in anderen Ländern dem Zweck des NYÜ entgegensteht, ist für das Exequatur in Deutschland unerheblich und braucht darum hier nicht entschieden werden. Anders muss es jedoch für ICSID-Schiedssprüche gesehen werden. Das ICSID verbietet grundsätzlich ein Verfahren der Anerkennung und Vollstreckbarerklärung. Vielmehr muss den Schiedssprüchen sofort Titelfunktion zukommen. Zwar wird es geduldet, dass die nationalen Rechtsordnungen pro forma ein Verfahren vorsehen,277 dieses darf jedoch nicht dazu führen, dass dem Schiedsspruch die Titelfunktion aus Gründen versagt wird, die sich nicht aus dem ICSID-Übereinkommen selbst ergeben, unabhängig davon, ob diese Versagung nur temporär ist. Das InvStreiÜbkG geht insofern als lex specialis den allgemeinen Sachurteilsvoraussetzungen der ZPO vor. Die Überlegungen des Kammergerichts in Bezug auf inländisch belegenes Vermögen des Schuldners können also nicht für ICSID-Schiedssprüche gelten.278 Insofern ist dahingehend zu unterscheiden, dass das NYÜ nicht die Voraussetzung eines Rechtsschutzbedürfnisses im nationalen Recht untersagt, während das ICSIDÜbereinkommen einer solchen entgegensteht.

II. Fehlendes Rechtsschutzbedürfnis bei Mangel an nicht-immunen Rechtsgütern Gerade bei der Durchsetzung von ISDS-Schiedssprüchen kann die Frage nach dem Rechtsschutzbedürfnis auch relevant werden, wenn ein Vollstreckungsgut279 der Staatenimmunität unterliegt.280 Das KG Berlin hat in dem bereits oben beschriebenen Fall (für den Antrag gegen Litauen) entschieden, dass das Rechtsschutzbedürfnis zu bejahen sei, wenn das mögliche Vollstreckungsgut der Staatenimmunität unterliegt, 275

Man könnte auch argumentieren, dass der Schuldner den Verfahren in diesen Staaten fernbleiben könnte. Folge wäre dann womöglich ein Säumnisurteil, welches mangels Rechtsgütern nicht vollstreckt werden könnte. Allerdings hätte dies unter Umständen auch gegen ihn gerichtete Prozesskostenforderungen in dem betreffenden Staat zur Folge, was ebenfalls nicht zumutbar wäre. 276 Kröll, SchiedsVZ 2009, 40, 48. 277 Siehe näher dazu unten S. 145. 278 Im Ergebnis ebenso Escher et al., Investment Arbitration in Germany, 1013, Rn. 67. 279 Zur Vollstreckungsimmunität siehe ausführlich unten Kapitel 4. 280 Solomon, Interpretation and Application of the New York Convention in Germany, 329, 372 f.

F. Exkurs: Das Erfordernis der Binnenbeziehung in der Schweiz

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jedoch möglicherweise in der Zukunft wieder entwidmet werden könnte.281 Hintergrund war hier allerdings, dass ein Grundstück zunächst keinem öffentlichen Interesse gedient hatte, da es verkauft werden sollte, dann jedoch umgewidmet wurde und so wieder Staatenimmunität erlangte. Man könnte nun wie oben argumentieren und das Rechtsschutzbedürfnis ebenfalls verneinen, da faktisch kein Rechtsgut vorhanden ist, in welches vollstreckt werden könnte. Ob überhaupt keine Rechtsgüter vorhanden sind oder ob alle vorhandenen Rechtsgüter der Staatenimmunität unterliegen, scheint zunächst aus Gläubigersicht keinen Unterschied zu machen. Jedoch ist zu beachten, dass das Vorliegen von Staatenimmunität nur sehr schwer erkennbar ist und oftmals komplexer rechtlicher Erörterungen bedarf. So muss nicht nur vielfältige nationale Kasuistik282 zur Vollstreckungsimmunität283 herangezogen werden, sondern überdies unter Umständen die Reichweite eines Immunitätsverzichtes geprüft werden. Während das faktische Vorhandensein von Rechtsgütern, beispielsweise durch Einsicht in das Grundbuch oder eine (gerichtlich) erlangte Auskunft des Gläubigers, herausgefunden werden kann, ist die hoheitliche Nutzung alleine vom (inneren) Willen des Schuldnerstaates abhängig. Auch ist nicht klar, ob sich ein Staat überhaupt auf die Immunität in einem bestimmten Fall berufen wird. Zudem kann die Staatenimmunität auch „über Nacht“ stillschweigend aufgehoben werden, ohne dass dies nach Außen für den Gläubiger ersichtlich ist. Hat der Gläubiger einmal Vollstreckungsgüter ausgemacht, so muss es ihm möglich sein, die konkrete Zwangsvollstreckung zu versuchen. Das Rechtsschutzbedürfnis ergibt sich in dem Fall aus dem Interesse an einem späteren Vollstreckungsversuch. Dieser Unterschied rechtfertigt es, mit dem KG das Rechtsschutzbedürfnis in diesen Fällen zu bejahen.

F. Exkurs: Das Erfordernis der Binnenbeziehung in der Schweiz Das Schweizerische Bundesgericht hat mit Urteil vom 7. September 2018 entschieden, dass die amtliche Beschlagnahme von Vermögenswerten aufgrund eines gegen einen ausländischen Staat gerichteten, ausländischen Schiedsspruches nur dann zulässig ist, wenn der Schiedsspruch eine Verbindung zur Schweiz hat, also eine sogenannte Binnenbeziehung aufweist.284 Das Erfordernis der Binnenbeziehung sei eine Voraussetzung für die Annahme der Gerichtsbarkeit. Schweizerische Gerichte verlangen bereits seit 1918 eine solche Binnenbeziehung für die Bejahung ihrer

281

KG Berlin, SchiedsVZ 2007, 108, 111; bestätigt durch BGH, SchiedsVZ 2008, 196, 198. Siehe zur entsprechenden Kasuistik in Deutschland differenziert nach Art und Objekt ausführlich Lorz, Ausländische Staaten vor deutschen Zivilgerichten, S. 365 ff. 283 Siehe zur Immunität im Zwangsvollstreckungsverfahren ausführlich unten ab S. 255. 284 Schweizerisches Bundesgericht, Urt. v. 07. 09. 2018 – 5 A_942/2017. 282

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Kap. 2: Exequaturverfahren und seine verfahrensrechtlichen Voraussetzungen

Gerichtsbarkeit.285 Zudem hatte das Bundesgericht im Fall LIAMCO gegen Libyen entsprechend entschieden, wo es ebenfalls um die Durchsetzung eines Schiedsspruches gegen einen Staat ging.286 Allerdings war dort der Sitz des Schiedsgerichts in der Schweiz, weshalb das NYÜ keine Anwendung fand. Das vorliegende Urteil vom 07. 09. 2018 war jedoch das erste, in dem das Bundesgericht diese Binnenbeziehung für einen nach dem NYÜ durchzusetzenden ausländischen Schiedsspruch bestätigte, weshalb die Entscheidung als wegweisend bezeichnet wird.287 In der Literatur gibt es sowohl Ansichten die meinen, das Erfordernis der Binnenbeziehung verstoße gegen das NYÜ, da es einen zusätzlichen Versagungsgrund darstellt,288 als auch Ansichten, die das Erfordernis unter die ordre public-Ausnahme des Art. V Abs. 2 b)289 subsumieren wollen.290 Laut dem Bundesgericht schränkt das NYÜ das Erfordernis der Binnenbeziehung nicht ein, da es sich um eine verfahrensrechtliche Vorfrage im Sinne des Art. III NYÜ handele und es darum nicht um einen Verweigerungsgrund im Sinne des Art. V NYÜ gehe.291 In Deutschland wird eine solche Verknüpfung nicht gefordert. Im Zusammenhang mit dem NYÜ ist sie auch zu kritisieren. Das NYÜ will gerade die Durchsetzung von Schiedssprüchen ermöglichen, die in einem fremden Staat ergangen sind. Diese Möglichkeit wird durch das Erfordernis der Binnenbeziehung konterkariert. Der Gläubiger wird versuchen seinen Schiedsspruch in einem Land durchzusetzen, in welchem er Gegenstände des Schuldners ausfindig gemacht hat, in die er vollstrecken kann. Wenn er nun auch noch zusätzlich eine Verknüpfung des Rechtsstreits mit dem Exequaturstaat benötigt, wird dies die Durchsetzung in vielen Fällen faktisch unmöglich machen. Es ist davon auszugehen, dass diese Verbindung in der Schweiz vor allem deshalb gefordert wird, weil die Schweiz befürchtet, sonst ihre Attraktivität als Anlageplatz zu verlieren, wenn sie vermehrt Forum für die Durchsetzung von Schiedssprüchen

285

Viele Nachweise zur bisherigen Rechtsprechung in der Schweiz finden sich in diesem Urt. Siehe zudem Freyer, Attachment of Debts Owed to Sovereigns, 159, 173 ff.; Reinisch, EJIL 17 (2006), 803, 809 ff.; M. E. Schneider/Knoll, Enforcement of Foreign Arbitral Awards Against Sovereigns – Switzerland, 311, 338 ff. 286 Schweizerisches Bundesgericht, IPRax 1982, 155. 287 Monnier, Swiss Federal Supreme Court rules that arbitral awards against states can only be enforced in Switzerland if the underlying claim has a link to Switzerland, https://globalarbitra tionnews.com/swiss-federal-supreme-court-rules-that-arbitral-awards-against-states-can-onlybe-enforced-in-switzerland-if-the-underlying-claim-has-a-link-to-switzerland/. 288 M. E. Schneider/Knoll, Enforcement of Foreign Arbitral Awards Against Sovereigns – Switzerland, 311, 344 f. Allerdings wird dort vertreten, die Binnenbeziehung könne aufgrund von Art. 54 ICSID bei ICSID-Schiedssprüchen greifen. Dies verkennt jedoch, dass das Erfordernis der Binnenbeziehung für das Exequatur entwickelt wurde, wohingegen Art. 54 ICSID die diesem nachfolgende Zwangsvollstreckung behandelt. 289 Dazu ausführlich unten auf S. 136. 290 Gerlich, Am. Rev. Int’l Arb. 2015, 47, 79. 291 Schweizerisches Bundesgericht, Urt. v. 07. 09. 2018 – 5 A_942/2017, Rn. 6.4.2.

G. Fazit zu Kapitel 2

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wird.292 Die schweizerischen Gerichte versuchen diese Intention auch nicht zu verbergen. So stellte beispielsweise die Vorinstanz in dem aktuellen Verfahren fest, dass das „Erfordernis der Binnenbeziehung dem Gericht ,die Interessen der Schweiz‘ in die Abwägung mit einzubeziehen [erlaubt]“293. Das Erfordernis der Binnenbeziehung ist darum als schweizerische Besonderheit anzusehen, der nicht gefolgt werden sollte. Vielmehr ist in ihm ein Verstoß gegen das NYÜ zu sehen.

G. Fazit zu Kapitel 2 Das Exequaturverfahren weist beim Verfahren der Anerkennung und Vollstreckbarerklärung von gegen Staaten gerichteten Schiedssprüchen einige Besonderheiten im Vergleich zu dem Verfahren bei sonstigen ausländischen Schiedssprüchen auf. Nach der grundsätzlichen Einführung und der Besprechung der Maßgeblichkeit des Schiedsortes wurde zunächst auf die Besonderheit eingegangen, dass die gegnerische Partei des Verfahrens ein Staat oder – im Fall der Europäischen Union – eine supranationale Organisation sein kann. Daran anknüpfend wurde schwerpunktmäßig die im Rahmen der Gerichtsbarkeit zu prüfende Staatenimmunität für das Exequaturverfahren besprochen. Hierbei wurde auch speziell auf eine Immunität der EU eingegangen. ISDS-Streitigkeiten beruhen zumeist auf hoheitlichem Handeln des Gaststaates, weshalb die Theorie von der restriktiven Staatenimmunität nicht für die Gerichtsbarkeit eines ausländischen Exequaturgerichts herangezogen werden kann. Zwar können sich unterlegene Staaten bei der Vollstreckbarerklärung von ICSIDSchiedssprüchen – aufgrund des impliziten Immunitätsverzichts in Art. 54 Abs. 1 ICSID – nicht auf die Staatenimmunität berufen, bei sonstigen ad hoc-Schiedssprüchen ist die Situation jedoch nicht so einfach. Hier findet sich eine Vielzahl an Ansichten darüber, ob und wenn ja in welcher Formulierung ein Verzicht auf die Staatenimmunität erblickt werden kann. Im Ergebnis wurde festgestellt, dass zwar in vielen in BITs vorhandenen Schiedsklauseln ein Verzicht auf die Staatenimmunität für das Exequaturverfahren gefunden werden kann, der Kläger aber dennoch im Vorfeld versuchen sollte, beispielsweise durch Abschluss eines expliziten Immunitätsverzichts in einem Investor-Staat-Vertrag, auf eine Klärung der Rechtslage hinzuwirken. Aufgezeigt wurde auch, dass die Exequaturgerichte im Rahmen der Prüfung der Staatenimmunität nicht die Zuständigkeit des Schiedsgerichts prüfen dürfen, da diese Prüfung systematisch auf Ebene der Versagungsgründe erfolgen muss. 292

Siehe schon Schreuer, Zur Zulässigkeit von Vollstreckungsmaßnahmen in Bankkonten ausländischer Staaten, 521, 524; Schönfeld, NJW 1986, 2980, 2983 „letztlich wirtschaftspolitische Gründe“. 293 Schweizerisches Bundesgericht, Urt. v. 07. 09. 2018 – 5 A_942/2017, Rn. 3.

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Kap. 2: Exequaturverfahren und seine verfahrensrechtlichen Voraussetzungen

Auch das weniger offensichtliche Institut des Rechtsschutzbedürfnisses kann zu Fragen bei der Vollstreckbarerklärung von ISDS-Schiedssprüchen führen. Hier zeigt sich ebenfalls, dass das ICSID-Übereinkommen der obsiegenden Partei nicht zu unterschätzende Vorteile bietet. Während bei nach Maßgabe des NYÜ durchzusetzenden Schiedssprüchen generell ein Rechtsschutzbedürfnis verlangt werden kann – welches nicht gegeben ist, sofern keine vollstreckbaren Rechtsgüter im Forumstaat vorhanden sind – ist dies im Rahmen von ICSID-Schiedssprüchen abzulehnen. Für ein Fehlen des Rechtsschutzbedürfnisses genügt es allerdings nicht, dass die potentiellen Vollstreckungsgüter der Vollstreckungsimmunität unterliegen. In einem Exkurs wurde überdies erläutert, dass die schweizerische Besonderheit des Erfordernisses der „Binnenbeziehung“ gegen das NYÜ verstößt und nicht in das deutsche Recht zu übertragen ist. Insgesamt lässt sich feststellen, dass das ICSID-Übereinkommen dahingehend seinen erklärten Zweck erfüllt, als dass es der obsiegenden Partei ein mächtiges Instrument an die Hand gibt, um einen Schiedsspruch vor nationalen Gerichten in einen vollstreckbaren Titel zu transformieren. Bei ad hoc-Schiedssprüchen kann es hingegen bereits bei der Zulässigkeit eines Exequaturverfahrens zu nicht zu unterschätzenden Hürden kommen. Während dieses Kapitel die Zulässigkeit des Exequaturverfahrens behandelt hat, soll im nächsten Kapitel auf die Begründetheit, genauer gesagt auf die materiellen Gründe, die einer Vollstreckbarerklärung entgegengehalten werden können, eingegangen werden.

Kapitel 3

Versagung der Vollstreckbarerklärung Auch wenn die Voraussetzungen für ein Exequaturverfahren für einen ISDSSchiedsspruch vor einem deutschen Gericht gegeben sind, bedeutet dies noch nicht, dass die Vollstreckbarerklärung automatisch zu erteilen ist. Es existieren diverse Gründe, aus welchen das Gericht die Erteilung der Vollstreckbarerklärung verweigern kann. Im Folgenden werden diejenigen Versagungsgründe besprochen, die speziell bei Verfahren gegen Staaten im Rahmen von Investitionsschutzstreitigkeiten relevant werden können. Vor allem der Einfluss des EU-Rechts auf die Versagung der ISDS-Schiedssprüche ist hierbei von Interesse. Der Aufbau des Kapitels orientiert sich dabei nur grob an den Versagungsgründen des Art. V NYÜ, da dieser Artikel zum einen in ICSID-Verfahren keine Anwendung findet1 und zum anderen keine bloße Auflistung aller Versagungsgründe erfolgen soll. Der Fokus dieser Arbeit liegt bei den Problemen, die sich speziell bei ISDS-Schiedssprüchen ergeben, weshalb eine Bearbeitung sämtlicher Probleme im Zusammenhang mit Art. V NYÜ nicht angebracht ist.2 Gleichwohl werden zur Einführung in die Thematik zunächst die Grundlagen der entsprechenden Versagungsregimes dargestellt. Darauf aufbauend wird auf konkrete Probleme eingegangen.

A. Grundlagen zu den Versagungsgründen vor nationalen Gerichten Es erfolgt zunächst eine kurze Darstellung der Prüfungskompetenz deutscher Gerichte im Rahmen des Exequaturverfahrens. Dies soll einen generellen Überblick über die zu beachtenden Unterschiede zwischen dem Exequatur bei Schiedssprüchen, welche unter das NYÜ fallen, und solchen Schiedssprüchen, die im Rahmen 1

Siehe unten S. 144. Siehe zur allgemeinen Kommentierung nur Solomon, Interpretation and Application of the New York Convention in Germany, 329; Wolff-Borris/Hennecke, Art. V; van den Berg, The New York Arbitration Convention of 1958; van den Berg, The New York Convention of 1958: An Overview, 39; Contini, Am. J. Comp. Law 8 (1959), 283; Gaillard/Di Pietro (Hrsg.), Enforcement of arbitration agreements and international arbitral awards 2009; MüKo ZPOAdolphsen, Anhang 1. New Yorker UN-Übereinkommen über die Anerkennung und Vollstreckung ausländischer Schiedssprüche (UNÜ); Haas, Anerkennung und Vollstreckung ausländischer und internationaler Schiedssprüche; van den Berg, ICC ICArb. Bull 18 (2007), 15; M. R. P. Paulsson, The 1958 New York Convention in action, S. 157. 2

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Kap. 3: Versagung der Vollstreckbarerklärung

von institutionellen Schiedsverfahren wie dem ICSID-Übereinkommen erlassen worden sind, bieten.

I. Prüfung nach dem New Yorker Übereinkommen Anders als für inländische Schiedssprüche in § 1060 Abs. 1 S. 1 ZPO i.V.m. § 1059 Abs. 2 ZPO, stellt das deutsche Recht für ausländische Schiedssprüche nicht selbst die Gründe für die Versagung der Vollstreckbarerklärung derselben auf. Vielmehr wird in § 1061 Abs. 1 S. 1 ZPO auf das NYÜ verwiesen, weshalb auch hier im Rahmen der Bearbeitung von dem „Verfahren nach dem New Yorker Übereinkommen“ gesprochen wird. Maßgebend sind demnach die im NYÜ genannten Versagungsgründe. Die Ausführungen, die sich auf das NYÜ beziehen, sind darum auch nicht nur für Verfahren vor deutschen Gerichten von Relevanz, sondern gelten für alle Mitgliedstaaten des NYÜ. Eine Verweigerung der Vollstreckbarerklärung des ausländischen Schiedsspruchs allein wegen sachlicher Unrichtigkeit ist nicht möglich. Das Gericht ist an die tatsächlichen Feststellungen und die rechtliche Beurteilung durch das Schiedsgericht gebunden. Eine „révision au fond“ soll gerade nicht stattfinden.3 Die Formulierung des Art. VAbs. 1 NYÜ lautet in der authentischen4 englischen Fassung „Recognition and enforcement of the award may be refused, […] if […]“,5 was die Ansicht zulassen würde, dass das nationale Gericht ein Ermessen dahingehend hat, ob es bei Vorliegen eines der Versagungsgründe die Vollstreckbarerklärung verweigert.6 In Deutschland wird jedoch überwiegend vertreten, dass die Versagung zwingend ist.7 Dem Exequaturgericht steht also kein Ermessen zu, sofern ein Versagungsgrund gegeben ist.8 3

Thüringer Oberlandesgericht, SchiedsVZ 2008, 44, 45; van den Berg, The New York Arbitration Convention of 1958, S. 269 ff.; Geimer, Internationales Zivilprozessrecht, Rn. 3909; MüKo ZPO-Adolphsen, Art. V UNÜ, Rn. 5, 68; Schütze, SchiedsVZ 2009, 241, 244; Hammer, Überprüfung von Schiedsverfahren, Rn. 829; Blackaby et al., Redfern and Hunter on international arbitration, Rn. 1156; Raeschke-Kessler, Einfluss des Völkervertragsrechts, 57, § 1061, Rn. 36; Schütze, Schiedsgericht und Schiedsverfahren, Rn. 526. 4 Insgesamt gibt es fünf authentische Fassungen (Englisch, Französisch, Spanisch, Russisch und Chinesisch). Diese sind abrufbar unter http://www.newyorkconvention.org/new+york+con vention+texts. 5 Vgl. zu den verschiedenen Sprachfassungen und der Verwendung der Begriffe „poder“ (Spanisch) sowie „pouvoir“ (Französisch) beispielsweise Boor, Der aufgehobene ausländische Schiedsspruch als ,rechtliches nullum‘?, S. 108 f.; Nienaber, Die Anerkennung und Vollstreckung im Sitzstaat aufgehobener Schiedssprüche, S. 109 ff., der auch auf S. 115 auf das russische „mozhet byt“ und das chinesische „Ke yi“ eingeht; siehe auch J. Paulsson, Arb. Int’l 14 (1998), 227; M. R. P. Paulsson, The 1958 New York Convention in action, S. 158 ff. 6 Siehe zu den Argumenten m.w.N. Wolff-Borris/Hennecke, Art. V, Rn. 74 ff. 7 Denkschrift zum UNÜ, Deutscher Bundestag, BT-Drs. 3/2160, S. 26; Musielak/Voit-Voit, § 1061, Rn. 28; Schwab/Walter/Baumbach, Schiedsgerichtsbarkeit, Kap. 56, Fn. 3, mit Nachweisen hinsichtlich abweichender ausländischer Rechtsprechung; Schlosser, Das Recht der internationalen privaten Schiedsgerichtsbarkeit, Rn. 761; a.A. Solomon, Die Verbindlich-

A. Grundlagen zu den Versagungsgründen vor nationalen Gerichten

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1. Art. V Abs. 1 NYÜ Die in zwei Absätze gegliederte Vorschrift des Art. V NYÜ bietet in Absatz 1 Versagungsgründe, die durch die Gegenpartei im Wege der Einrede geltend gemacht werden müssen.9 Diese Einreden umfassen im Wesentlichen die Unwirksamkeit beziehungsweise das Fehlen der Schiedsvereinbarung, mangelndes richterliches Gehör, Kompetenzüberschreitung durch das Schiedsgericht, Fehler bei der Bildung des Schiedsgerichts und die fehlende Verbindlichkeit des Schiedsspruchs.10 Sofern die im Schiedsverfahren unterlegene Partei das Vorliegen eines solchen Versagungsgrundes geltend machen kann, hat das Exequaturgericht die Vollstreckbarerklärung zu versagen.11 Die Beweislast für das Vorliegen dieser Versagungsgründe liegt bei der im Schiedsverfahren unterlegenen Partei.12 Lediglich für den Nachweis, ob überhaupt eine Schiedsabrede vorliegt, ist die obsiegende Partei beweispflichtig.13 Zu beachten ist, dass die Versagungsgründe des Art. V Abs. 1 NYÜ mitunter präkludiert sind, wenn sie nicht bereits im Schiedsverfahren vorgebracht wurden.14 Beispielsweise muss die Ungültigkeit der Schiedsabrede bereits im Schiedsverfahren geltend gemacht werden, da sie sonst vor nationalen Gerichten präkludiert ist.15

keit von Schiedssprüchen, S. 163 ff.; Blackaby et al., Redfern and Hunter on international arbitration, Rn. 11.59; Barbosa, TDM 6 (2009), 1, 8; Kröll, § 1061 – Foreign Awards, 443, Rn. 58; Wolff-Borris/Hennecke, Art. V, Rn. 79. 8 Zu der spezielleren Problematik im Zusammenhang mit im Ausland aufgehobenen Schiedssprüchen siehe unten S. 235. 9 Baur et al., Zwangsvollstreckungsrecht, § 58, Rn. 58.3; MüKo ZPO-Adolphsen, Art. V UNÜ, Rn. 17; van den Berg, ICC ICArb. Bull 18 (2007), 15; Wolff-Borris/Hennecke, Art. V, Rn. 2. 10 Vgl. die Kategorisierung bei MüKo ZPO-Adolphsen, Art. V UNÜ, Rn. 17 ff. 11 Für eine generelle Kommentierung der Norm siehe nur van den Berg, The New York Arbitration Convention of 1958, S. 275 ff.; Solomon, Interpretation and Application of the New York Convention in Germany, 329, 342 ff.; Solomon, International Commercial Arbitration, 45, 108 ff.; MüKo ZPO-Adolphsen, Art. V UNÜ, Rn. 17 ff.; Musielak/Voit-Voit, § 1061, Rn. 13 ff.; BeckOK ZPO-Wilske/Markert, § 1061, Rn. 15 ff.; Kronke/Nacimiento/Otto/Port, die Kommentierungen ab S. 205; Contini, Am. J. Comp. Law 8 (1959), 283, 298 ff.; Kröll, § 1061 – Foreign Awards, 443, 462 ff. 12 Bertheau, Das New Yorker Abkommen, S. 56 f.; Saenger-Saenger, § 1061, Rn. 8; BeckOK ZPO-Wilske/Markert, § 106, Rn. 55; Stein/Jonas-Schlosser, § 1061, Rn. 149; Raeschke-Kessler, Einfluss des Völkervertragsrechts, 57, § 1061, Rn. 23. 13 OLG Rostock, BeckRS 2001, 17668, Rn. 56; OLG Celle, SchiedsVZ 2004, 165, 167; OLG München, BeckRS 2009, 5093; Musielak/Voit-Voit, § 1061, Rn. 14; Saenger-Saenger, § 1061, Rn. 9; BeckOK ZPO-Wilske/Markert, § 1061, Rn. 55 verlangt hingegen lediglich die Vorlage der Urschrift oder einer beglaubigten Abschrift der Schiedsvereinbarung als prima facie-Beweis. 14 Vgl. MüKo ZPO-Adolphsen, Art. V UNÜ, Rn. 6 ff. 15 MüKo ZPO-Adolphsen, Art. V UNÜ, Rn. 72.

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Kap. 3: Versagung der Vollstreckbarerklärung

2. Art. V Abs. 2 NYÜ Von größerem Interesse für die vorliegende Bearbeitung sind die Versagungsgründe des Art. V Abs. 2 NYÜ. Bevor auf die speziellen Probleme im Zusammenhang mit ISDS-Schiedssprüchen eingegangen wird, erfolgt darum zunächst eine generelle Einführung in den Regelungsgehalt der Norm. Entgegen der Versagungsgründe des Absatz 1 sind die beiden in Absatz 2 genannten Versagungsgründe, nämlich der Verstoß gegen den ordre public und die fehlende objektive Schiedsfähigkeit, von Amts wegen durch das Gericht zu berücksichtigen.16 a) Verstoß gegen den ordre public aa) Der Begriff des ordre public international Die Rechtsfigur des ordre public wird auch als „öffentliche Ordnung“ oder im Englischen „public policy“ bezeichnet.17 In § 1059 Abs. 2 Nr. 2 b) ZPO ist die Synonymie für das deutsche Recht sogar festgeschrieben.18 Die Rechtsprechung nutzt zudem die Formulierung „Grundlage des staatlichen oder wirtschaftlichen Lebens“.19 Gemeint ist jedoch stets dasselbe Konzept. Der genaue Maßstab des ordre public ist unklar.20 Er wird als „particularly fleeting concept“ beschrieben, „that borrows part of its majesty from the mystery by which it is surrounded“.21 Eine genaue Definition ist nicht zu finden.22 Stattdessen wird zumeist auf eine Vielzahl an Einzelfallentscheidungen verwiesen.23 Auch das NYÜ stellt für die Auslegung des ordre public keine verbindlichen Richtlinien auf. Vielmehr lässt sich aus Art. V Abs. 2 Nr. 2 b) NYÜ ablesen, dass in jedem Ver16 MüKo ZPO-Adolphsen, Art. 5 UNÜ, Rn. 29, 66; Stein/Jonas-Schlosser, § 1061, Rn. 151; Bertheau, Das New Yorker Abkommen, S. 57; Wolff-Borris/Hennecke, Art. V, Rn. 2; van den Berg, Why Are Some Awards Not Enforceable?, 291, 292. 17 Siehe auch van den Berg, The New York Arbitration Convention of 1958, S. 359. 18 Der Begriff wurde mit der Änderung der entsprechenden Paragraphen 1998 eingeführt. Es scheint eine Anpassung an den internationalen Sprachgebrauch gewollt gewesen sein, die jedoch keine Änderung der Rechtslage bewirken sollte. Siehe Lachmann, Handbuch Schiedsgerichtspraxis, Rn. 2300. Folglich kann auch die alte Rechtsprechung zur Auslegung herangezogen werden. 19 Vgl. BGH, NJW 1971, 986, 989; NJW 1990, 2199. 20 Duve/Wimalasena, „Echte“ Transnationalisierung des Exequaturverfahrens für Schiedssprüche durch Schaffung eines Internationalen Vollstreckungsgerichts?, 73, 88. 21 Nach Hanotiau/Caprasse, Public Policy in International Commercial Arbitration, 787, 788, welcher sich auf Ghestin, L’ordre public, notion à contenu variable en droit privé francais, in: PerelmanVvander Elst, Les notions à contenu variable en droit, 78, sowie Cohen, Arbitrage et société 98, LGDJ (1993), bezieht. 22 Kühn, SchiedsVZ 2009, 53, 58; J. Berger, SchiedsVZ 2017, 282, 288; Raeschke-Kessler, EuZW 1990, 145, 146. 23 Harbst, SchiedsVZ 2007, 22, 23 f.

A. Grundlagen zu den Versagungsgründen vor nationalen Gerichten

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tragsstaat ein anderer ordre public herrschen kann.24 Dies ergibt sich aus der Formulierung „dieses Landes“, womit der Vollstreckungsstaat gemeint ist. Aufgrund der damit verbundenen Unsicherheit für den Gläubiger, wird der ordre public auch als „Damoklesschwert“ bezeichnet, welches über dem Vollstreckungsverfahren schwebt.25 Es würde dem Zweck dieser Arbeit nicht dienen, an dieser Stelle sämtliche Fallgruppen aufzulisten,26 bei welchen ein ordre public-Verstoß bei Schiedssprüchen von deutschen Gerichten angenommen wurde, um den Charakter des ordre public zu definieren. Notwendig ist es jedoch, gewisse „Grundströmungen“ aufzuzeigen, die vor allem im internationalen Kontext von Bedeutung sind. Abzugrenzen ist der hier zu verwendende, durch nationale Gerichte gebrauchte ordre public zunächst von der sogenannten „transnational public policy“ oder auch dem „ordre public réellement international“. Der erstgenannte Begriff wird verwendet für ein Konzept „[…] that establishes universal principles, in various fields of international law and relations, to serve the higher interests of the world community, the common interests of mankind, above and sometimes even contrary to the interests of individual nations“27. Der zweitgenannte Begriff bezeichnet hingegen unter anderem die „general principles of morality accepted by what is referred to as ,civilized nations‘“28. Es handelt sich hierbei um weitgefasste und allgemein gehaltene Prinzipien, die einen gewissen internationalen Konsens in Bezug auf das internationale Rechtsempfinden wiederspiegeln sollen.29 Der im NYÜ verwendete Begriff bezeichnet jedoch ein rein nationales Institut, gerichtet auf internationale Sachverhalte.30 Es wird also kein Blick auf ein internationales Rechtsempfinden vorgenommen, sondern ein Konzept zur Frage der Vereinbarkeit von internationalen Entscheidungen mit dem nationalen Recht herangezogen.

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MüKo ZPO-Adolphsen, Art. V UNÜ, Rn. 70. Raeschke-Kessler, EuZW 1990, 145, 146. 26 Dies ist bereits an anderer Stelle erfolgt. Siehe für die deutsche Rechtsprechung nur MüKo ZPO-Adolphsen, Art. V UNÜ, Rn. 72 ff.; Stein/Jonas-Schlosser, Anh. § 1061 Rn. 326 ff. 27 Hanotiau/Caprasse, Public Policy in International Commercial Arbitration, 787, 794; mit Verweis auf Dolinger, Tex. Int. Law J. 17 (1982), 167, 172. 28 Lew, Applicable law in international commercial arbitration, Rn. 407; van den Berg, The New York Arbitration Convention of 1958, S. 361; vgl. auch Blackaby et al., Redfern and Hunter on international arbitration, Rn. 10.89. 29 Vgl. auch Lalive, Transnational (or truly international) public policy and international arbitration, 258. 30 Vgl. van den Berg, The New York Arbitration Convention of 1958, S. 360 f.; Solomon, International Commercial Arbitration, 45, 144, Rn. 307. 25

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Kap. 3: Versagung der Vollstreckbarerklärung

Die deutschen Gerichte verwenden im Rahmen des NYÜ den sogenannten ordre public international.31 Dieser Begriff ist anerkennungsfreundlicher als der „normale“ „ordre public interne“.32 Ein Verstoß gegen den ordre public international liegt danach vor, wenn die Durchsetzung eines ausländischen Schiedsspruchs eine Verletzung der fundamentalen Prinzipien des deutschen Rechts bedeuten würde, deren Missachtung von dem nationalen Gericht als schwerwiegender Verstoß angesehen wird.33 Der Verstoß muss im konkreten Fall zu den Grundgedanken der deutschen Regelungen und den in ihnen enthaltenen Gerechtigkeitsvorstellungen in so krassem Widerspruch stehen, dass er nach deutscher Vorstellung untragbar erscheint.34 Ein bloßer Verstoß gegen zwingendes Recht ist nicht ausreichend.35 Hat man nun diese Unterscheidung zwischen nationalem und internationalem ordre public herausgearbeitet, so folgt eine letzte Feineinteilung in den „materiellrechtlichen ordre public“ und den „verfahrensrechtlichen ordre public“.36 Der verfahrensrechtliche ordre public bezieht sich, wie der Name bereits andeutet, auf Fehler im Schiedsverfahren. Der BGH vertritt, dass eine Verletzung vorliege, „wenn die Entscheidung […] aufgrund eines Verfahrens ergangen sei, das von den Grundprinzipien des deutschen Verfahrensrechts in einem solchen Maße abweiche, dass sie nach der deutschen Rechtsordnung nicht als in einem geordneten rechtsstaatlichen Verfahren ergangen angesehen werden könne“.37 Doch selbst bei Verstößen gegen elementare Verfahrensgarantien durch das Schiedsgericht ist der verfahrensrechtliche ordre public nur dann verletzt, wenn sie das Ergebnis beeinflusst haben.38 Der materiell-rechtliche ordre public bezieht sich hingegen auf die materiellen Folgen des Exequaturs. Diese dürfen für die nationale Rechtsordnung nicht untragbar sein. Eine Verletzung des materiell-rechtlichen ordre public läge 31 BGH, Beschluss v. 02. 03. 2017 – I ZB 42/16, Rn. 21; NJW 1968, 354, 355; Urt. v. 04. 06. 1992 – IX ZR 149/91, Rn. 56; NJW 1986, 3027, 3028; MDR 1998, 917; OLG Karlsruhe, SchiedsVZ, 101, 104; OLG Stuttgart, BeckRS 2003, 18189, Rn. 178. 32 Die Unterscheidung wird teilweise aufgrund derselben Terminologie wie in § 1059 ZPO als wenig überzeugend kritisiert. Siehe Hammer, Überprüfung von Schiedsverfahren, Rn. 852; Geimer, Internationales Zivilprozessrecht, Rn. 3920; vgl. auch Lalive, Transnational (or truly international) public policy and international arbitration, 258, Rn. 97; Wolff-R. Wolff, Art. V, Rn. 497; Hanefeld, Germany, Rn. 7.273. 33 Vgl. BGH, NJW 1986, 3027, 3028. 34 BFH, Urt. v. 03. 11. 2010 – VII R 21/10; BGH, MDR 1998, 917; Urt. v. 04. 06. 1992 – IX ZR 149/91, Rn. 56; OLG Stuttgart, BeckRS 2003, 18189, Rn. 178. 35 BGH, NJW 1990, 2199; BFH, Urt. v. 03. 11. 2010 – VII R 21/10; OLG Celle, BeckRS 2007, 10067; BeckOK ZPO-Wilske/Markert, § 1061 ZPO Rn. 48; Zobel, WBL 2001, 300, 302; Bertheau, Das New Yorker Abkommen, S. 64. 36 Stein/Jonas-Schlosser, Anh. § 1061 Rn. 320; Harbst, SchiedsVZ 2007, 22, 23. 37 BGH, NJW 1986, 3027, 3028; NJW 1968, 354, 355; Beschluss v. 06. 04. 2017 – IX ZB 19/ 16, Rn. 8; vgl. auch Beschluss v. 02. 03. 2017 – I ZB 42/16, Rn. 21; zu Einzelfällen siehe BeckOK ZPO-Wilske/Markert, § 1061 ZPO, Rn. 49 ff.; Musielak/Voit-Voit, § 1061 ZPO, Rn. 24 ff.; Lachmann, Handbuch Schiedsgerichtspraxis, Rn. 2305 ff. 38 Kröll, § 1061 – Foreign Awards, 443, § 1061, Rn. 138.

A. Grundlagen zu den Versagungsgründen vor nationalen Gerichten

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beispielsweise vor, wenn der Schiedsspruch zu einer verbotenen Handlung verurteilen oder das Unterlassen einer solchen Handlung sanktionieren würde.39 bb) Prüfungsrahmen Da vor den nationalen Gerichten grundsätzlich das Verbot der révision au fond gilt,40 die staatlichen Gerichte also keine inhaltliche Prüfung des Schiedsspruchs vornehmen dürfen, steht der ordre public in einem Spannungsverhältnis zwischen diesem Grundsatz und dem Interesse des Staates, durch das Exequatur keine gegen elementare Rechtsgrundsätze verstoßenden Rechtsfolgen herbeizuführen. Das Exequaturgericht prüft gerade nicht, ob das Schiedsgericht einen ordre publicVerstoß begangen hat. Nicht jede sachliche Unrichtigkeit eines Schiedsspruchs aufgrund einer bloßen unrichtigen Anwendung des Rechts führt auch zu einem Verweigerungsgrund und somit zu einer Verweigerung der Vollstreckbarerklärung.41 Das Gericht prüft lediglich, ob die Vollstreckbarerklärung des Schiedsspruchs selbst eine Verletzung des ordre public darstellen würde42 und ob die in Deutschland schlechthin unabdingbaren Mindeststandards an Verfahrensgerechtigkeit eingehalten wurden.43 Daraus folgt, dass ein Schiedsspruch auch dann für vollstreckbar erklärt werden muss, wenn das ihm zugrunde liegende materielle Recht oder die Entscheidung selbst gegen die öffentliche Ordnung verstößt, solange die spätere Vollstreckungshandlung rechtlich neutral ist.44 Allerdings bedingen Fehler bei der Erstellung des Schiedsspruchs oftmals einen ordre public-Verstoß durch die Vollstreckbarerklärung. Ein Verstoß gegen die öffentliche Ordnung auf Ebene des Schiedsverfahrens kann also auch auf die Durchsetzung des Schiedsspruches durchschlagen, weshalb eine Abgrenzung oft nur schwer möglich ist. Überdies lässt sich ein ordre public-Verstoß alleine aus dem Tenor eines Schiedsspruchs kaum

39 Geimer, Internationales Zivilprozessrecht, Rn. 3921; Kröll, § 1061 – Foreign Awards, 443, Rn. 140. 40 Thüringer Oberlandesgericht, SchiedsVZ 2008, 44, 45; Lachmann, Handbuch Schiedsgerichtspraxis, Rn. 2147; Zöller-Geimer, § 1061, Rn. 40, 74; Geimer, Internationales Zivilprozessrecht, Rn. 3909; Blackaby et al., Redfern and Hunter on international arbitration, Rn. 11.56; Hammer, Überprüfung von Schiedsverfahren, Rn. 829. 41 Thüringer Oberlandesgericht, SchiedsVZ 2008, 44, 45; OLG Celle, Beschluss v. 06. 10. 2005 – 8 Sch 6/05. 42 BGH, NJW 1969, 978, 979; NJW 1993, 3269, 3272; NJW 1972, 2180, 2181; Kröll, § 1061 – Foreign Awards, 443, § 1061 Rn. 137 f.; Harbst, SchiedsVZ 2007, 22, 24; WolffR. Wolff, Art. V, Rn. 515; Musielak/Voit-Voit, § 1061, Rn. 23; Stein/Jonas-Schlosser, An. 1061, Rn. 321, m.w.N. 43 Geimer, Internationales Zivilprozessrecht, Rn. 3910; Schlosser, Das Recht der internationalen privaten Schiedsgerichtsbarkeit, Rn. 821. 44 Vgl. Stein/Jonas-Schlosser, Anh. § 1061, Rn. 324, der meint, die Zahlung einer Geldsumme verstoße als solche, von währungsrechtlichen Vorschriften abgesehen, niemals gegen den ordre public.

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Kap. 3: Versagung der Vollstreckbarerklärung

erkennen.45 Zu klären ist deshalb, bis zu welchem Grad die nationalen Gerichte im Rahmen des ordre public eine tatsächliche Überprüfung vornehmen dürfen. Nach dem Bundesgerichtshof gilt zumindest bei Handelsschiedssprüchen das Verbot der révision au fond bei der ordre public-Prüfung nicht.46 Dass zumindest die rechtliche Prüfung vollumfänglich erfolgen darf, ist auch in der Literatur anerkannt.47 Allerdings hat der BGH auch in diesen Entscheidungen jeweils darauf abgestellt, ob das Ergebnis des Schiedsspruches gegen die öffentliche Ordnung verstößt.48 Es ging also stets darum, ob gerade die Durchsetzung der Schiedssprüche gegen die öffentliche Ordnung verstoßen würde. So stellte er in einer der Entscheidungen darauf ab, ob der Verkauf von Kartoffeln in Berlin im Jahr 1952 zu einem bestimmten Preis von der Westberliner Regierung unter Strafe verboten worden war.49 Das Schiedsgericht hatte dem Verkäufer einen Betrag zugesprochen, von dem der Schiedsbeklagte behauptete, dass er gegen die Preisvorschriften verstoße. Es ging im Ergebnis nicht darum, ob das Schiedsgericht falsch entschieden hatte, sondern darum, ob die Vollstreckbarerklärung dazu führen würde, dass faktisch ein verbotener Preis gelten würde. Das Gericht musste demnach nicht prüfen, ob das Schiedsgericht die Preisvorschriften falsch angewandt hatte, sondern ob die Vollstreckbarerklärung die Vorschriften faktisch umlaufen würde. Auch in einer anderen Entscheidung hatte der BGH darauf abgestellt, ob die Anerkennung des Schiedsspruches gegen die öffentliche Ordnung verstoßen würde.50 Das Schiedsgericht hatte hier zu einer verbotenen Leistung verurteilt.51 Wäre dies durch das staatliche Gericht bestätigt worden, so hätte mit der Vollstreckbarerklärung ebenfalls ein Verstoß gegen die öffentliche Ordnung vorgelegen. In beiden Fällen kann somit gesagt werden, dass das Gericht keine tatsächliche révision au fond in dem Sinne vorgenommen hat, dass es die Entscheidung des Schiedsgerichts überprüfte. Es ging nämlich nicht darum, ob das Schiedsgericht richtig entschieden hatte, sondern darum, welche Auswirkungen eine Vollstreckbarerklärung haben würde. Die Entscheidungen verstießen somit nicht gegen das Verbot der révision au fond. Umstrittener ist, ob auch die durch das Schiedsgericht festgestellten Tatsachen noch einmal durch die nationalen Gerichte überprüft werden dürfen, wenn behauptet wird, dass diese fehlerhaft oder unvollständig seien.52 Dies hat der BGH grund45

Trappe, BB Beil. 55 (2000), 7. BGHZ 27, 249, Rn. 27 ff. – VII ZR 436/56; BGHZ 46, 365, Rn. 44 – KZR 7/65; NJW 1972, 2180, 2181; BGHZ 30, 89 – VII ZR 2/58. 47 Zöller-Geimer, § 1059 Rn. 49; Lachmann, Handbuch Schiedsgerichtspraxis, Rn. 2353. 48 BGHZ 27, 249, Rn. 27 – VII ZR 436/56. 49 BGHZ 27, 249 – VII ZR 436/56. 50 BGHZ 46, 365, Rn. 40, 43 – KZR 7/65. 51 BGHZ 46, 365, Rn. 40 ff. – KZR 7/65. 52 Harbst, SchiedsVZ 2007, 22, 24. 46

A. Grundlagen zu den Versagungsgründen vor nationalen Gerichten

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sätzlich für Schiedssprüche bejaht.53 Er ist der Meinung, dass er nur durch eine solche Prüfung seine Überwachungsaufgabe wahrnehmen könne und darum nicht an die Feststellungen des Schiedsgerichts gebunden sein dürfe.54 Geimer55 und sich ihm anschließende Autoren56 vertreten hingegen, dass eine Überprüfung nur dann stattfinden dürfe, wenn ein Verfahrensfehler gegeben ist. Andernfalls biete der ordre public ein Einfallstor für eine staatliche Prüfung, wo eine solche eigentlich vom Konzept der Schiedsgerichtsbarkeit her nicht gewollt sei.57 Dieser restriktiveren Ansicht folgen auch einige Instanzgerichte.58 Die Meinung, welche die Prüfung der Tatsachen durch das Exequaturgericht versagen möchte, verkennt, dass die Prüfung des ordre public die Durchsetzung sämtlicher Entscheidungen verhindern soll, die für die nationale Rechtsordnung untragbar sind. Es kommt dabei nicht darauf an, wie und auf welcher Grundlage das Schiedsgericht entschieden hat, da der Schiedsspruch als solcher in der Welt bleibt und von dem Exequaturgericht nicht aufgehoben wird. Es geht im Rahmen der Exequaturentscheidung alleine darum, die Durchsetzung dort zu verhindern, wo sie mit zwingendem Recht als unvereinbar angesehen wird. Eine solche Unvereinbarkeit kann jedoch nicht nur aus Rechtsfehlern resultieren, sondern ebenso aus einer fehlerhaften Ermittlung der Tatsachen. Es macht für das Ergebnis keinen Unterschied, ob das Schiedsgericht das Recht entgegen der öffentlichen Ordnung eines Landes angewandt hat oder ob es Tatsachen übersehen hat, deren Berücksichtigung die Entscheidung als untragbar erscheinen lassen. Nimmt man den Erfolg der Vollstreckbarerklärung in den Blick und nicht die (falsche) Frage nach der ordre public-Widrigkeit des Schiedsspruches, so kann keine Unterscheidung zwischen der rechtlichen Wertung und der Tatsachenermittlung gemacht werden. Demzufolge hat das Exequaturgericht auch die Tatsachen zu ermitteln, die einen Verstoß gegen den ordre public durch die Vollstreckbarerklärung begründen. Die Ansicht von Geimer könnte jedoch auch dadurch bedingt sein, dass er sie im Rahmen der Aufhebung eines Schiedsspruches nach § 1059 ZPO vorträgt.59 Dort gilt wie gezeigt der ordre public interne, während bei § 1061 ZPO der ordre public

53 BGH, WM 1983, 1207; NJW 1972, 2180, 2181; NJW 1973, 98, 100; Lachmann, Handbuch Schiedsgerichtspraxis, Rn. 2358; Wolff-R. Wolff, Art. V, Rn. 517. 54 BGHZ 30, 89 – VII ZR 2/58. 55 Zöller-Geimer, § 1059 ZPO, Rn. 53. 56 Siehe Harbst, SchiedsVZ 2007, 22, 26, der wie folgt argumentiert: „[beim ordre public] geht es in der Regel nicht um den Schutz unschuldiger Dritter vor den Auswüchsen des internationalen Drogen- oder Menschenhandels. In der Regel geht es darum, dass die unterlegene Partei versucht, ihre Verurteilung aus der Welt zu schaffen oder zumindest den Zahltag hinausschieben.“; Trappe, BB Beil. 55 (2000), 7, 8. 57 Zöller-Geimer, § 1059 ZPO, Rn. 53, 74. 58 Bayerisches Oberstes Landesgericht, Beschluss v. 20. 03. 2003 – 4Z Sch 23/02, DISDatenbank; wohl auch OLG Celle, BeckRS 2007, 10067. 59 Siehe Zöller-Geimer, § 1059 ZPO, Rn. 52 ff.

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Kap. 3: Versagung der Vollstreckbarerklärung

international greift. Diese sind aber nicht deckungsgleich.60 Obgleich die Formulierung in § 1059 Abs. 2 b) ZPO derjenigen in Art. VAbs. 2 b) NYÜ ähnelt, darf nicht vergessen werden, dass es sich jeweils um eine andere Form des ordre public handelt. Die Aufhebung eines Schiedsspruches hat zudem weitergehende Konsequenzen als die reine Versagung des Exequaturs. Das Korrektiv dahingehend, dass durch die Prüfung des Gerichts kein „Einfallstor zur materiellen Überprüfung des Schiedsspruchs“ geschaffen wird, muss in einer restriktiven Anwendung des ordre public gefunden werden. Weder eine bloße fehlerhafte Rechtsanwendung noch das reine fehlerhafte Ermitteln der Tatsachen begründen einen Verstoß gegen den ordre public. Nur wenn die Vollstreckbarerklärung für die deutsche Rechtsordnung absolut unerträglich ist, darf sie auf Grundlage des ordre public international verweigert werden.61 Die Verweigerung darf darum auch nicht dazu führen, dass fremdem Recht, das von dem nationalen Recht abweicht, generell die Anerkennung versagt wird.62 Zu beachten ist, dass auch Rechtsverletzungen, die bereits unter Art. V Abs. 1 NYÜ fallen, unter Umständen einen Verstoß gegen den ordre public darstellen können. In diesem Fall sind auch diese Verletzungen von Amts wegen zu beachten.63 cc) Völkerrechtliche Verpflichtungen als Grenzen der Anwendung des ordre public bei ISDS-Schiedssprüchen Mit einem Verweis auf Art. 27 der Wiener Vertragsrechtskonvention, wonach eine Vertragspartei sich nicht auf ihr innerstaatliches Recht berufen kann, um die Nichterfüllung eines Vertrags zu rechtfertigen, möchte Rensmann die Anwendung des Art. V Abs. 2 b) NYÜ teilweise eingeschränkt wissen, wenn es sich um „völkerrechtliche Schiedssprüche“ handelt.64 Unter diese Kategorie subsumiert er ICSID-Schiedssprüche65 und solche Schiedssprüche, die die Parteien im Rahmen ihrer Privatautonomie dem Völkerrecht unterstellen.66 Dieselbe Möglichkeit sieht er auch bei auf BITs fußenden Schiedsverfahren.67 Aber auch aus einer völkervertraglichen Verpflichtung zur Anerkennung eines Schiedsspruchs könne sich eine entsprechende Bindung ergeben.68 Als Beispiel bringt er, dass der Iran und die USA 60

van den Berg, The New York Convention of 1958: An Overview, 39, 63. Nicht zu Unrecht wird der ordre public darum auch als „safety valve“ bezeichnet. Siehe Reinisch, Enforcement of Investment Awards, 671, 680; Choi, N.Y.U. J. Int’l L. & Pol. 1996, 175, 197; Huseynli, Baku St. U.L. Rev. 3 (2017), 40, 61. 62 Raeschke-Kessler, EuZW 1990, 145, 146 f. 63 van den Berg, The New York Convention of 1958: An Overview, 39, 58; MüKo ZPOAdolphsen, Art. V UNÜ, Rn. 68; Kröll, § 1061 – Foreign Awards, 443, Rn. 58. 64 Rensmann, Anationale Schiedssprüche, S. 233. 65 Rensmann, Anationale Schiedssprüche, S. 145. 66 Rensmann, Anationale Schiedssprüche, S. 169. 67 Rensmann, Anationale Schiedssprüche, S. 243. 68 Rensmann, Anationale Schiedssprüche, S. 229. 61

A. Grundlagen zu den Versagungsgründen vor nationalen Gerichten

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die nach den Deklarationen von Algier im Rahmen des Iran-United States Claims Tribunal gegen ihre Staatsangehörigen ergangenen Schiedssprüche nach Art. IV Abs. 1 CSD69 als „endgültig und verbindlich“ anerkennen müssen.70 Ähnliche Formulierungen finden sich, wie oben gezeigt, auch in den von Deutschland abgeschlossenen BITs. Aus der sich aus der Bindung ergebenden völkerrechtlichen Verpflichtung leitet Rensmann ab, dass Art. V Abs. 2 b) NYÜ auf einen völkerrechtlichen ordre public begrenzt werden müsse. Andernfalls werde das nationale Recht benutzt, um sich völkerrechtlichen Verpflichtungen zu entziehen.71 Dieser Auffassung muss jedoch widersprochen werden. Auch bei der Verpflichtung aus dem NYÜ handelt es sich um eine völkerrechtliche Vereinbarung, die jedoch explizit Bezug nimmt auf die „öffentliche Ordnung dieses Landes“. Es ist im NYÜ dem Wortlaut nach gerade vorgesehen, dass jedes Land eine eigene öffentliche Ordnung hat, die bei der Vollstreckbarerklärung eines Schiedsspruches berücksichtigt werden kann. Andernfalls hätte sich die Formulierung auf einen internationalen Mindeststandard richten können. Auch kann nicht vorgebracht werden, die nachträglich abgeschlossenen BITs hätten durch ihre Formulierung eine Einschränkung des ordre public bewirken wollen. Dass ein Schiedsspruch als „endgültig und verbindlich“ angenommen werden muss, bedeutet, dass seine reine Existenz nicht mehr geleugnet werden kann und dass er keinen Abänderungen, vor allem durch nationale Gerichte, mehr unterliegt. Zudem wird dadurch der ne bis in idemGrundsatz untermauert. Es sagt aber nichts über das Verfahren der Durchsetzung dieses Schiedsspruches aus. Dies lässt sich auch damit belegen, dass viele BITs ausdrücklich im nächsten Satz darauf verweisen, dass die Vollstreckung „nach innerstaatlichem Recht“ erfolgen muss.72 Es ist darum nicht ersichtlich, woraus sich eine völkerrechtliche Verpflichtung dahingehend ergeben soll, bei ISDS-Schiedssprüchen einen liberaleren völkerrechtlichen ordre public anzuwenden als es bei sonstigen Schiedssprüchen sowieso bereits der Fall ist. b) Fehlende Schiedsfähigkeit Art. V Abs. 2 a) NYÜ bestimmt, dass die Vollstreckbarerklärung verweigert werden kann, sofern der Streitgegenstand nach dem Recht des Landes, in welchem die Vollstreckbarerklärung ersucht wird, nicht auf schiedsrichterlichem Wege geregelt werden kann. Maßstab für diese objektive Schiedsfähigkeit ist damit das

69 Declaration of the Government of the Democratic and Popular Republic of Algeria concerning the Settlement of Claims by the Government of the United States of America and the Government of the Islamic Republic of Iran (Claims Settlement Declaration) vom 19. Januar 1981. 70 Rensmann, Anationale Schiedssprüche, S. 229 f. 71 Rensmann, Anationale Schiedssprüche, S. 233. 72 Vgl. oben S. 54 ff.

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Kap. 3: Versagung der Vollstreckbarerklärung

nationale Recht des Vollstreckungsstaates. In Deutschland richtet sich die Schiedsfähigkeit nach § 1030 ZPO.73 Der fehlenden Schiedsfähigkeit wird teilweise nur wenig eigene Bedeutung zugemessen, da eine nicht-schiedsfähige Entscheidung auch eine Verletzung des ordre public darstellen solle.74 Dem ist jedoch nicht zu folgen.75 Wie bereits gezeigt knüpft der Verstoß gegen den ordre public an eine Verletzung gerade durch die Durchsetzung des Schiedsspruches an. Die fehlende Schiedsfähigkeit und damit die Verletzung der entsprechenden Bestimmungen sind jedoch bereits auf der Ebene des Schiedsverfahrens anzusiedeln. Verneinte man beispielsweise die Schiedsfähigkeit von Streitigkeiten aus Intra-EU BITs76 und spräche ein Schiedsgericht dennoch auf ihrer Grundlage einen Schadensersatzanspruch zu, so bedeutet dies nicht automatisch, dass die Erfüllung dieses Schiedsspruches eine Verletzung des ordre public darstellt. Die reine Auszahlung eines Geldbetrages ist beispielsweise rechtlich neutral und darum kein Verstoß gegen die öffentliche Ordnung.77

II. Prüfung nach dem ICSID-Übereinkommen 1. Grundsätzliche Unbedingtheit der Durchsetzung nach Art. 54 ICSID Der größte Unterschied bei der Durchsetzung von ICSID-Schiedssprüchen im Vergleich zu ad hoc-Schiedssprüchen besteht in Art. 54 Abs. 1 S. 1 ICSID-Übereinkommen78. Demnach sind ICSID-Schiedssprüche vor den Gerichten eines Vertragsstaates wie rechtskräftige Endurteile in dem jeweiligen Staat zu behandeln. Daraus folgt, dass ein staatliches Gericht den Schiedsspruch nicht mehr überprüfen darf, bevor es dem Schiedsspruch zur Durchsetzung verhilft.79 Insbesondere findet 73 Saenger-Saenger, § 1061 Rn. 14; Musielak/Voit-Voit, § 1061, Rn. 22; BeckOK ZPOWilske/Markert, § 1061, Rn. 46. 74 van den Berg, The New York Convention of 1958: An Overview, 39, 64; vgl. auch Bertheau, Das New Yorker Abkommen, S. 60. 75 Ebenso Wolff-Quinke, Art. V, Rn. 424; Arfazadeh, Arb. Int’l 17 (2001), 73, 86. 76 Siehe dazu unten S. 184. 77 Vgl. Stein/Jonas-Schlosser, Anh. § 1061 Rn. 324; ähnlich Broches bereits bei der Schaffung des ICSID-Übereinkommens: „he could not imagine how a decision that a party owed to the other party a certain sum of money could have anything to do with ordre public“, siehe International Centre for Settlement of Investment Disputes, History of the ICSID Convention 1968, S. 989. 78 Der englischsprachige Wortlaut ist: „Each Contracting State shall recognize an award rendered pursuant to this Convention as binding and enforce the pecuniary obligations imposed by that award within its territories as if it were a final judgment of a court in that State.“; vgl. auch Musa/Polasek, Origins and specificities of the ICSID enforcement mechanism, 13, 20. 79 Vgl. Musa/Polasek, Origins and specificities of the ICSID enforcement mechanism, 13, 14; Schreuer, ICSID Convention, Art. 54 ICSID, Rn. 81 ff.; Lörcher, SchiedsVZ 2005, 11, 20; Kröll, Enforcement of Awards, 1482, Rn. 43; Toope, Mixed international arbitration, 245 f.

A. Grundlagen zu den Versagungsgründen vor nationalen Gerichten

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auch Art. V NYÜ keine Anwendung.80 Eine Art. V NYÜ entsprechende Vorschrift findet sich im ICSID-Übereinkommen nicht. Etwaige Fehler beim Erlass des Schiedsspruches sind daher für das Exequaturgericht grundsätzlich unbeachtlich. Eine Abweichung von diesem Grundsatz besteht nur für nicht-pekuniäre Ansprüche.81 Bei solchen Ansprüchen findet auch nach einem ICSID-Verfahren das NYÜ Anwendung. Diese Regelung sollte vermeiden, dass ein Schiedsspruch eine Rechtsfolge ausspricht, die in der Rechtsordnung eines Staates nicht bekannt ist und deshalb nicht durchgesetzt werden kann.82 Gleichwohl müssen auch nicht-pekuniäre Ansprüche ohne Überprüfung anerkannt werden und gelten als res judicata.83 Da ein Endurteil in seinem Erlassstaat keines Exequaturs mehr bedarf, darf ein solches grundsätzlich auch nicht mehr für ICSID-Schiedssprüche gefordert werden. Nach dem Wortlaut des Übereinkommens müsste dem ICSID-Schiedsspruch bereits Titelfunktion zukommen.84 Dennoch erfolgt in einigen ICSID-Mitgliedstaaten ein gerichtliches Verfahren, mit welchem dem ICSID-Schiedsspruch die Titelfunktion zuerkannt wird.85 So verlangt der deutsche Gesetzgeber in Art. 2 Abs. 1 InvStreiÜbkG86, dass die Zulässigkeit der Zwangsvollstreckung aus dem Schiedsspruch gerichtlich festgestellt wird. Auch wenn dieses Erfordernis dem Wortlaut des ICSID-Übereinkommens entgegenläuft, gibt es keine Bedenken gegen eine solche Vollstreckbarerklärung durch die staatlichen Gerichte, sofern sie nicht dazu führt, dass dem Schiedsspruch, entgegen der Intention des ICSID-Übereinkommens, Verweigerungsgründe entgegengehalten werden können.87 Das nationale Gericht muss sich darum auf die Feststellung beschränken, ob überhaupt eine vom Generalsekretär des ICSID beglaubigte Abschrift eines ICSID-Schiedsspruchs vorliegt (Art. 54 Abs. 2 ICSID).88 80 OLG Frankfurt a.M., SchiedsVZ, 126, 128; Hopp, ICSID Arbitration Rules, 1357, 1361, Rn. 14. 81 Schreuer, ICSID Convention, Art. 54, Rn. 72 ff.; Canè, Am. Rev. Int. Arbitr. 15 (2004), 439, 441 f. 82 Schreuer, ICSID Convention, Art. 54, Rn. 74. 83 Schreuer, ICSID Convention, Art. 54, Rn. 46. 84 Duve/Wimalasena, „Echte“ Transnationalisierung des Exequaturverfahrens für Schiedssprüche durch Schaffung eines Internationalen Vollstreckungsgerichts?, 73, 89, Fn. 57, redet von einer „Systemwidrigkeit“. 85 Schreuer, ICSID Convention, Art. 54, Rn. 47; vgl. Delaume, Int’l Tax & Bus. Law 2 (1984), 58, 74. 86 Gesetz zu dem Übereinkommen vom 18. März 1965 zur Beilegung von Investitionsstreitigkeiten zwischen Staaten und Angehörigen anderer Staaten; BGBl. 1969 II, 369. 87 Vgl. International Centre for Settlement of Investment Disputes, Report of the executive Directors on the convention on the settlement of Investment Disputes between States and Nationals of other States, Rn. 42. 88 Vgl. Benvenuti & Bonfant v. Congo, Cour d’appel de Paris, ICSID Reports 1993, 368, 371, (englische Übersetzung); Delaume, Int’l Tax & Bus. Law 2 (1984), 58, 74; Lörcher, SchiedsVZ 2005, 11, 20.

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Kap. 3: Versagung der Vollstreckbarerklärung

Ob und in welchen Fällen dennoch die Vollstreckbarerklärung verweigert werden kann, wird in den nachfolgenden Abschnitten behandelt. Des Weiteren ist zu beachten, dass das ICSID-Übereinkommen nicht die Anwendung derjenigen Vorschriften des nationalen Rechts verbietet, die der Durchsetzung von Endurteilen entgegengehalten werden können.89 Unabhängig von der tatsächlichen Möglichkeit der Verweigerung der Vollstreckbarerklärung durch nationale Gerichte stellt die Nichtbefolgung des Schiedsspruches durch den unterlegenen Staat gleichwohl eine Verletzung des Art. 53 ICSID und somit seiner völkervertraglichen Pflichten dar.90 2. Auslegung des Art. 2 Abs. IV InvStreiÜbkG Während sich der Wortlaut des Art. 54 Abs. 1 ICSID lediglich auf eine unbedingte Vollstreckbarerklärung von Schiedssprüchen bezieht, die pekuniäre Ansprüche zusprechen, gibt der Wortlaut des Art. 2 Abs. IV InvStreiÜbkG Anlass zur Diskussion über eine vollstreckungsfreundlichere Regelung im deutschen Recht. Die Norm spricht davon, dass der Antrag, die Zulässigkeit der Zwangsvollstreckung festzustellen, nur abgelehnt werden kann, wenn der Schiedsspruch zuvor in einem Verfahren nach Art. 51 oder Art. 52 des ICSID-Übereinkommens aufgehoben wurde. Es findet also, entgegen des Wortlautes des Art. 54 Abs. 1 ICSID, keine Unterscheidung zwischen pekuniären und sonstigen ICSID-Schiedssprüchen statt.91 Fraglich ist, ob es sich bei diesem Wortlaut um ein Redaktionsversehen oder um eine absichtliche Besserstellung der ICSID-Schiedssprüche durch den Gesetzgeber handelt. In den meisten anderen Jurisdiktionen wird für nicht-pekuniäre Ansprüche das NYÜ herangezogen.92 Teilweise wird, jedoch ohne Begründung, angenommen, dass die Besserstellung im deutschen Recht gewollt ist.93 Betrachtet man die ursprünglichen Gesetzesmaterialien, so könnte man annehmen, dass der Wortlaut ein Versehen ist. In der Begründung zum „Entwurf eines Gesetzes zu dem Übereinkommen vom 18. März 1965 zur Beilegung von Investitionsstreitigkeiten zwischen Staaten und Angehörigen anderer Staaten“94 wird in der Begründung zu Artikel 2 keine Unterscheidung zwischen pekuniären und nichtpekuniären Ansprüchen vorgenommen. Vielmehr wird darauf hingewiesen, „Eine weitergehende Nachprüfung des Schiedsspruches verbietet sich im Hinblick auf 89 Baldwin/Kantor/Nolan, Journal of International Arbitration 2006, 1, 9; Foster, AJICL 2008, 666, 703; Baetens, Enforcement of Arbitral Awards, 211, 220. 90 Alexandrov, Enforcement of ICSID Awards, 322, 324 ff.; Parra, Enforcement of ICSID Arbitral Awards, 131, 134. 91 Siehe auch Escher et al., Investment Arbitration in Germany, 1013, Rn. 65. 92 Escher et al., Investment Arbitration in Germany, 1013, Rn. 65; vgl. zu der grundsätzlichen Möglichkeit auch Schreuer, ICSID Convention, Art. 54, Rn. 80. 93 Escher et al., Investment Arbitration in Germany, 1013, Rn. 65. 94 Deutscher Bundestag, BT-Drs. V/3246 1968, S. 3.

A. Grundlagen zu den Versagungsgründen vor nationalen Gerichten

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Artikel 54 Abs. 1 Satz 1 des Übereinkommens“. Diese Formulierung legt nahe, dass die Beschränkung auf pekuniäre Ansprüche im ICSID-Übereinkommen übersehen wurde. Zwar wurde der Vorbehalt bezüglich pekuniärer Ansprüche ursprünglich sogar gerade deshalb eingefügt, um die deutsche Delegation zufrieden zu stellen, welche für einen ordre public-Vorbehalt im ICSID-Übereinkommen plädierte.95 Deutschland ist auf diesen Punk später im Verfahren der Schaffung des Übereinkommens jedoch nicht mehr zurückgekommen.96 Zu beachten ist aber auch, dass das Gesetz seitdem nicht unverändert gelassen wurde. Vielmehr wurde durch das Schiedsverfahrens-Neuregelungsgesetz vom 22. 12. 199797 gerade Artikel 2 InvStreiÜbkG geändert. In der Begründung zu dieser Gesetzesänderung wird die Unterscheidung ebenfalls nicht angesprochen.98 Es ist jedoch nicht anzunehmen, dass die fehlende Unterscheidung in fast 30 Jahren des Bestehens der Vorschrift unbemerkt geblieben ist. Selbst wenn bei der ursprünglichen Formulierung der Norm ein Fehler unterlaufen ist, dürfte dieser mittlerweile unbeachtlich sein. Mit der Beibehaltung eines entsprechenden Wortlautes wurde vielmehr der Wille des Gesetzgebers dahingehend bestätigt, dass auch nicht-pekuniäre Ansprüche, die durch ICSID-Schiedssprüche zugesprochen wurden, in Deutschland dem vereinfachten Durchsetzungs-mechanismus unterliegen. Somit kann festgehalten werden, dass sich in Deutschland die Durchsetzung aller ICSIDSchiedssprüche nach dem InvStreiÜbkG und somit dem vereinfachten Verfahren richtet, während in anderen Ländern teilweise eine Unterscheidung zwischen pekuniären und nicht-pekuniären Ansprüchen gemacht werden muss, wobei sich die Durchsetzung letzterer nach den Vorschriften des NYÜ richtet.

III. An Art. 54 Abs. 1 ICSID angelehnte Klauseln in IIAs Wie soeben besprochen, ist das Exequaturgericht bei ad hoc-Schiedssprüchen befugt, die Verweigerungsgründe des NYÜ zu prüfen, wenn die Anerkennung und Vollstreckbarerklärung verlangt wird und der Gerichtsstaat Mitglied des NYÜ ist. Neuerdings finden sich jedoch in einigen IIAs99 Formulierungen, wonach die Entscheidungen des vorgesehenen Schiedsgerichts, genauso wie ICSID-Schiedssprüche, ohne Weiteres wie ein rechtskräftiges innerstaatliches Urteil zu vollstrecken sind. So lautet Art. 10 Abs. 3 S. 2 des deutschen Muster-BIT 2008100 : 95 Siehe International Centre for Settlement of Investment Disputes, History of the ICSID Convention 1968, S. 990 f.; Musa/Polasek, Origins and specificities of the ICSID enforcement mechanism, 13, 27. 96 Broches, ICSID Rev. 1987, 287, 316. 97 BGBl. I S. 3224. 98 Deutscher Bundestag, BT-Drs. 13/5274 1996, S. 68. 99 Vgl. auch den BIT Deutschland – Venezuela, Art. 10 Abs. 5, BGBl. 1998 II, 653. 100 Der Muster-BIT ist abgedruckt in IPRax 2011, 206, siehe auch oben S. 56.

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Kap. 3: Versagung der Vollstreckbarerklärung

„Der Schiedsspruch wird von den Vertragsstaaten wie ein rechtskräftiges innerstaatliches Urteil vollstreckt.“

Auf den ersten Blick scheint eine solche an Art. 54 Abs. 1 ICSID angelehnte Klausel dazu zu führen, dass ad hoc-Schiedssprüchen dieselbe Wirkung zukommt wie ICSID-Schiedssprüchen. Die Prüfung im Sinne des NYÜ, und somit auch beispielsweise die Prüfung der Zuständigkeit des Schiedsgerichts, würden darum entfallen.101 Allerdings ist zu beachten, dass das IIA nur inter partes wirkt. Nach dem in Art. 34 WVK102 festgeschriebenen Völkerrechtsgrundsatz pacta tertiis nec nocent nec prosunt begründen Verträge keine Pflichten und Rechte für Drittstaaten, die an diesen Verträgen nicht beteiligt sind.103 Somit sind Drittstaaten an den Inhalt eines IIA zwischen zwei oder mehreren anderen Staaten nicht gebunden. Auch die Vorgaben des ICSID-Übereinkommens gelten nur dann, wenn der Vollstreckungsstaat Mitglied des ICSID-Übereinkommens ist.104 Andernfalls kann bei ICSID-Schiedssprüchen das vereinfachte Vollstreckungsregime keine Anwendung finden und es gelten die Regelungen des NYÜ, sofern der Vollstreckungsstaat zumindest dieses ratifiziert hat.105 Erst recht kann darum eine Klausel in einem BIT zwischen zwei Staaten keine Wirkung für Drittstaaten haben. Aus Sicht eines dritten Vollstreckungsstaates liegt lediglich ein gewöhnlicher Schiedsspruch vor. Für diesen gelten wiederum ebenfalls die Regelungen des NYÜ. Man könnte argumentieren, dass sich der Gaststaat durch die Klausel in dem IIA, gegenüber dem Heimatstaat des Investors und durch die Schiedsabrede auch gegenüber dem Investor selbst, dazu verpflichtet, auf die Einreden im Sinne des Art. V NYÜ zu verzichten und sie nicht vor einem Gericht eines Drittstaates geltend zu machen. Diese Lösung würde – sofern man überhaupt die Möglichkeit eines frühzeitigen Verzichts auf die Versagungsgründe anerkennt106 – jedoch lediglich bei den Einreden des Art. V Abs. 1 NYÜ greifen. Die von Amts wegen zu beachtenden Regelungen des Art. V Abs. 2 NYÜ könnten, aufgrund des staatlichen Kontrollinteresses, nicht ausgeschlossen werden.107 Doch auch bei den Einreden des Art. V Abs. 1 NYÜ würde es darauf ankommen, ob der Vollstreckungsstaat einen Verzicht

101 102

sent.“ 103

Vgl. Raeschke-Kessler, SchiedsVZ 2018, 1, 5. „A treaty does not create either obligations or rights for a third State without its con-

Dörr/Schmalenbach-Proelß, Art. 34, Rn. 1; Vukas, Treaties, Third-party effect, Rn. 2. Allerdings hat das ICSID-Übereinkommen 150 Mitgliedstaaten, weshalb sich die pacta tertiis-Regel weniger stark auswirkt. 105 Siehe oben S. 48. 106 Gegen eine solche Möglichkeit Steger, Die Präklusion von Versagungsgründen, S. 260 ff.; Schwab/Walter/Baumbach, Schiedsgerichtsbarkeit, Kap. 24, Rn. 54; Kronke/Nacimiento/Otto/Port-Nacimiento, Art. V(1)(a), S. 216, m.w.N. 107 Kronke/Nacimiento/Otto/Port-Nacimiento, 216; Wolff-Borris/Hennecke, Art. V, Rn. 72; Steger, Die Präklusion von Versagungsgründen, S. 216 f.; Born, International commercial arbitration, § 26.04, Rn. 3441 f., der das Verbot noch auf weitere Punkte erweitert. 104

B. Intra-EU BITs

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auf sie anerkennt. Dies hängt wiederum von dem jeweiligen nationalen Recht im Vollstreckungsstaat ab.108 Zwar wird ein solcher Verzicht teilweise für möglich gehalten,109 vorzugswürdig erscheint es aber, einen Verzicht auf die Versagungsgründe des Abs. 1 NYÜ bereits vor Erlass des Schiedsspruchs ebenfalls abzulehnen, da dies den Rechtsschutz der unterlegenen Partei zu sehr beschränken würde.110 Ein etwaig intendierter Verzicht in einem IIA wäre darum als unwirksam zu betrachten. Somit ist zu differenzieren: Vor einem Gericht eines Vertragsstaates eines IIAs mit einer an Art. 54 Abs. 1 ICSID angelehnten Klausel kann der ad hoc-Schiedsspruch ähnliche Wirkungen wie ein ICSID-Schiedsspruch haben und der Vollstreckbarerklärung können dort keine Einwendungen entgegengehalten werden. Vor Gerichten eines Drittstaates sind die Entscheidungen jedoch regelmäßig wie herkömmliche ad hoc-Schiedssprüche zu behandeln. Im Ergebnis hat die Klausel darum kaum einen Effekt. Der Vertragsstaat ist ohnehin bereits vertraglich zur Erfüllung des Schiedsspruchs verpflichtet. Bei einem Staat, der sich dieser Pflicht widersetzt, ist es nicht unwahrscheinlich, dass er sich auch nicht an eine solche Vollstreckungsklausel hält. Mangels Wirkung in Bezug auf Drittstaaten dürfte sich der Vorteil der obsiegenden Partei darum in Grenzen halten.

B. Intra-EU BITs Sehr aktuelle Probleme im Zusammenhang mit der Durchsetzung von ISDSSchiedssprüchen ergeben sich aus der Frage nach der Vereinbarkeit von BITs zwischen zwei EU-Staaten (Intra-EU BITs) mit dem EU-Recht. Insbesondere stellt sich die Frage, inwiefern sich Parteien weiterhin zur Begründung einer gültigen Schiedsabrede auf sie berufen können. Die Ungültigkeit der Schiedsabrede stellt nämlich einen Versagungsgrund nach Art. V Abs. 1 a) NYÜ dar. Sofern eine Schiedsvereinbarung ungültig ist, ist darum die Vollstreckbarerklärung zu versagen.

108

Born, International commercial arbitration, § 26.04, 3441. Born, International commercial arbitration, § 26.04, 3441, er verlangt jedoch einen eindeutigen Verzicht. 110 Steger, Die Präklusion von Versagungsgründen, S. 260 ff.; Kronke/Nacimiento/Otto/ Port-Nacimiento, Art. V(1)(a), S. 216; Schwab/Walter/Baumbach, Schiedsgerichtsbarkeit, Kap. 24, Rn. 54; Wolff-Borris/Hennecke, Art. V, Rn. 71. 109

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Kap. 3: Versagung der Vollstreckbarerklärung

I. Unvereinbarkeit von Intra-EU BITs mit dem EU-Recht 1. Die Achmea-Entscheidung des EuGH Am 6. März 2018 ging ein Ruck durch die Welt des internationalen Investitionsschutzrechts, als der EuGH in seiner langerwarteten „Achmea-Entscheidung“ verkündete, dass Bestimmungen „[…] wie Art. 8 des Abkommens zwischen dem Königreich der Niederlande und der Tschechischen und Slowakischen Republik über die Förderung und den gegenseitigen Schutz von Investoren […]“ nicht mit dem EURecht vereinbar seien.111 Art. 8 des entsprechenden BITs zwischen den Niederlanden und der Slowakei sieht eine Streitbeilegung für Investitionsstreitigkeiten vor einem Schiedsgericht vor. Der Entscheidung lag folgender Sachverhalt zu Grunde: Nachdem die Slowakische Republik im Jahr 2004 Mitglied der EU geworden war, öffnete sie auch ihren Krankenversicherungsmarkt für private Krankenversicherungen. Daraufhin gründete das Unternehmen Eureko (später Achmea) eine Niederlassung und baute sein Geschäft in der Slowakei auf. Nach einem Regierungswechsel wurde der Krankenversicherungssektor allerdings bereits zwei Jahre später wieder beschränkt. Mit Gesetz vom 25. Oktober 2007 wurde die Ausschüttung der Gewinne verboten. Dieses Gesetz wurde später vom slowakischen Verfassungsgerichtshof im Jahr 2011 für verfassungswidrig erklärt. Eureko hatte jedoch bereits zuvor im Jahr 2008 ein Investitionsschiedsverfahren vor einem UNCITRAL-ad hoc-Schiedsgericht in Frankfurt am Main eingeleitet, da sie sich in ihren Rechten verletzt sah.112 Das angerufene Schiedsgericht stellte durch Zwischenentscheidung seine eigene Zuständigkeit fest, nachdem die Slowakische Republik diese bestritten hatte.113 Daraufhin beantragte die Slowakische Republik eine gerichtliche Zuständigkeitsentscheidung nach § 1040 Abs. 3 S. 2 ZPO vor dem OLG Frankfurt am Main. Das Oberlandesgericht bestätigte die Ansicht des Schiedsgerichts durch Beschluss vom 10. 05. 2012,114 woraufhin die Slowakische Republik Rechtsbeschwerde zum BGH einlegte. Die Rechtsbeschwerde wurde aufgrund fehlenden Rechtsschutzbedürfnisses abgewiesen, da zwischenzeitlich ein Endschiedsspruch des Schiedsgerichts ergangen war, dessen Aufhebung wiederum von der Slowakischen Republik vor dem OLG Frankfurt beantragt worden war.115 Doch auch im Aufhebungsverfahren nach § 1059 ZPO bestätigte das OLG Frankfurt die Zuständigkeit des Schiedsgerichts.116 111

EuGH, SchiedsVZ 2018, 186 – Slowakische Republik gegen Achmea. Siehe OLG Frankfurt a.M., BeckRS 2015, 6323, Rn. 19 ff. 113 Achmea B.V. ./. The Slovak Republic, UNCITRAL, Award on Jurisdiction, Arbitrability and Suspension v. 26. 10. 2010 – PCA Case No. 2008-13, Rn. 9, 20 ff. 114 OLG Frankfurt a.M., SchiedsVZ 2013, 119. 115 BGH, SchiedsVZ 2013, 333. 116 OLG Frankfurt a.M., BeckRS 2015, 6323. 112

B. Intra-EU BITs

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Der BGH ging zunächst ebenfalls von einer Wirksamkeit der Schiedsvereinbarung aus, da er den BIT als mit dem Unionsrecht vereinbar ansah. Dennoch sah er sich gezwungen, ein Vorabentscheidungsverfahren an den EuGH einzuleiten, da dieser bislang noch nicht über die Vereinbarkeit von Intra-EU BITs mit dem EU-Recht entschieden hatte.117 Die Vorlage beinhaltete die Frage nach der Vereinbarkeit der betreffenden Klausel mit den Artt. 267, 344 und 18 AEUV. Der EuGH entschied dann – in einem sehr knapp gehaltenen Urteil118 – in der oben beschriebenen Weise gegen die Vereinbarkeit der Schiedsklausel in dem BIT mit dem EU-Recht.119 Die Entscheidung des EuGH kam einigermaßen überraschend, da sich zuvor der Generalanwalt, auf einer Linie mit dem OLG Frankfurt und dem BGH, noch für eine Wirksamkeit der Klausel ausgesprochen hatte.120 Anders und im Einklang mit der Entscheidung des EuGH sah es die Europäische Kommission, welche bereits zuvor mehrmals für eine Unwirksamkeit entsprechender Schiedsklauseln in Intra-EU BITs plädiert hatte.121 Die Europäische Kommission argumentiert schon seit langem, dass mit dem Beitritt zur EU sämtliche BITs hinfällig geworden seien. Sie forderte darum auch bereits einige Staaten auf, ihre Intra-EU BITs aufzukündigen.122 Momentan bestehen über 170 Intra-EU BITs.123 Der Großteil dieser Abkommen wurde von den Staaten abgeschlossen, als zumindest einer der Abkommenspartner noch nicht Mitglied der EU war.124 Gerade im Zuge der letzten drei EU-Erweiterungsrunden am 01. 05. 2004,125 am 01. 05. 2007126 und am 01. 07. 2013127 vergrößerte 117 118

[…]“. 119

BGH, SchiedsVZ 2016, 328. Vgl. Nacimiento/Bauer, BB 73 (2018), 1347, „In nun geradezu beleidigender Kürze

EuGH, SchiedsVZ 2018, 186 – Slowakische Republik gegen Achmea. Generalanwalt Wathelet, Schlussantrag v. 19. 09. 2017 – C-284/16, BeckRS 2017, 125330 – Achmea. 121 Vgl. Rat der Europäischen Union, 2008 Annual EFC Report to the Commission and the Council on the Movement of Capital and the Freedom of Payments – ECOFIN 629 MDC 2008, Rn. 16; Rat der Europäischen Union, 2011 Annual EFC Report to the Commission and the Council on the Movement of Capital and the Freedom of Payments – ECOFIN 629 MDC 2011, Rn. 22. 122 Namentlich die Niederlande, Österreich, Rumänien, Schweden und die Slowakei; siehe Pressemitteilung Europäische Kommission, Kommission fordert Mitgliedstaaten zur Beendigung ihrer EU-internen bilateralen Investitionsschutzabkommen auf, http://europa.eu/rapid/ press-release_IP-15-5198_de.htm; vgl. Dahlquist/Lenk/Rönnelid, European Policy Analysis 2016, 1, 2, Fn. 7; Kleinheisterkamp, JIEL 15 (2012), 85, 99, m.w.N. 123 Die Zahlen schwanken aufgrund von Kündigungen von Alt-BITs und neuen Beitritten zur EU. Eine gelungene Aufstellung aus dem Jahr 2017 findet sich bei Rösch, Intraeuropäisches Investitionsrecht, S. 26 f. 124 Tietje, KSzW 2011, 128. 125 Abl. EU L 236 vom 23. 09. 2003 (Estland, Lettland, Litauen, Malta, Polen, Slowakei, Slowenien, Tschechische Republik, Ungarn und Zypern). 126 Abl. EU L 157 vom 21. 06. 2005 (Bulgarien, Rumänien). 127 Abl. EU L 112 vom 24. 04. 2012 (Kroatien). 120

152

Kap. 3: Versagung der Vollstreckbarerklärung

sich die EU durch den Beitritt von dreizehn Staaten, mit welchen zuvor viele BITs durch EU-Staaten abgeschlossen wurden.128 Eine Erhebung der United Nations Conference on Trade and Development (UNCTAD) zählte am 31. 07. 2018 174 ISDS-Verfahren, die von EU-Investoren gegen EU-Staaten geführt wurden oder werden.129 Dies macht etwa 20 % der 904 bekannten ISDS-Verfahren weltweit aus.130 Im Jahr 2014 waren es noch lediglich 88 gezähle Intra-EU-Verfahren, was das steigende Interesse der Investoren an diesem Streitbeilegungsmechanismus verdeutlicht.131 Zwar zeigen diese Zahlen, dass eine Unwirksamkeit von Intra-EU BITs nicht zu einem globalen Ende des ISDS führen würde, dennoch sind die Intra-EUStreitigkeiten nicht unbedeutend. Einige EU-Länder scheinen bereits die Gunst der Stunde zu nutzen und versuchen nun, die in der Öffentlichkeit unbeliebten BITs zu beenden. So haben die Niederlande angekündigt, aufgrund der Entscheidung des EuGH alle Intra-EU BITs zu beenden.132 Bereits vor der Entscheidung des EuGH hatten auch andere EU-Staaten vereinzelt BITs aufgekündigt.133 Problematisch hieran ist vor allem, dass viele Investoren im Vertrauen auf den Schutz durch BITs, gerade mit Ländern Osteuropas, ihre Investitionen getätigt haben. Fallen nun diese Investitionsschutzabkommen weg, so ist der Schutz entsprechender Investoren stark eingeschränkt. Bislang sind nach der Achmea-Entscheidung des EuGH – soweit ersichtlich – noch keine BITs tatsächlich aufgehoben134 worden.135 Allerdings haben die Regierungen der EU-Mitgliedstaaten mit drei Erklärungen vom 15. und 16. Januar 2019136 bekanntgegeben, dass sie bis spätestens zum 6. Dezember 2019 ihre Intra-EU BITs aufheben wollen, da sie der Ansicht sind, diese seien in ihrer Gesamtheit nicht mehr mit EU-Recht vereinbar. 128

Vgl. Rösch, Intraeuropäisches Investitionsrecht, S. 26. United Nations Conference on Trade and Development, Fact Sheet on Intra-European Union Investor-State Arbitration Cases 2018, S. 1, abrufbar unter https://investmentpolicyhub. unctad.org/Publications/Details/1193. 130 Ebd.; ab. S. 13 findet sich eine Auflistung aller bekannten Intra-EU-Verfahren. 131 United Nations Conference on Trade and Development, Investor-State Dispute Settlement: An Information Note on the United States and the European Union 2014, S. 6, abrufbar unter http://unctad.org/en/PublicationsLibrary/webdiaepcb2014d4_en.pdf. 132 Yong, Netherlands to terminate BIT with Slovakia in wake of Achmea, https://globalarbi trationreview.com/article/1168905/netherlands-to-terminate-bit-with-slovakia-in-wake-of-ach mea. 133 So kündigte beispielsweise Rumänien 2017 22 BITs mit dem Gesetz Nr. 18/2017, veröffentlicht im rumänischen Gesetzblatt Nummer 198/2017 vom 21. 03. 2017, zitiert nach Rösch, Intraeuropäisches Investitionsrecht, S. 27. 134 Allerdings gab es bereits Kündigungen, wie beispielsweise von Polen gegenüber Deutschland am 17. 10. 2018. Bis zum Ablauf der Kündigungsfrist im Oktober 2019 bleibt dieser BIT jedoch weiter bestehen. 135 Siehe auch Lavranos/Singla, SchiedsVZ 2018, 348, 350. 136 Die Erklärungen sind abrufbar unter https://ec.europa.eu/info/publications/190117-bilate ral-investment-treaties_en. 129

B. Intra-EU BITs

153

a) Unklarheiten als Konsequenz der Achmea-Entscheidung Der Aufschrei in der Literatur resultiert vor allem daraus, dass nun kontrovers diskutiert wird, ob entsprechende Schiedsklauseln in BITs zwischen EU-Staaten generell mit dem EU-Recht unvereinbar sind oder ob von dieser Entscheidung nur bestimmte Formulierungen in BITs betroffen sind.137 Aufgrund der Vielzahl an IntraEU BITs mit unterschiedlichen Schiedsklauseln und der doch verhältnismäßig geringen Anzahl an Fällen, ist nicht zu erwarten, dass eine endgültige Klärung der Rechtslage in naher Zukunft stattfinden wird.138 Die Entscheidung des EuGH wirft mehr Fragen auf als dass sie Antworten gibt.139 Teilweise wird in der Entscheidung auch lediglich eine „political proclamation of what EU institutions would like the reality to be“140 gesehen. Die Regierungen der EU-Staaten haben in ihren – leicht voneinander abweichenden – Erklärungen vom 15. und 16. Januar 2019 hingegen dafür plädiert, dass die BITs unwirksam seien, weshalb sie im Laufe des Jahres 2019 aufgeboben werden sollen. Allerdings sind diese Erklärungen nicht rechtlich bindend, weshalb bis zur endgültigen Aufhebung der BITs unklar ist, wie die nationalen Gerichte diese Frage beurteilen müssen. Auch an dieser Stelle kann keine abschließende Lösung zur Frage der Vereinbarkeit der Intra-EU BITs mit dem EU-Recht gefunden werden. Es würde den Schwerpunkt dieser Arbeit zu weit von dem eigentlichen Thema der Durchsetzbarkeit von ISDSSchiedssprüchen fortbewegen, würde an dieser Stelle die Richtigkeit der Entscheidung des EuGH in Frage gestellt werden. Die Entscheidung des EuGH ist für die vorliegende Arbeit darum ohne Bewertung hinzunehmen.141 Gleichwohl müssen einige Probleme dargestellt werden, die sich aus der Entscheidung ergeben, um zu zeigen, weshalb sie, unabhängig von ihrer sachlichen Richtigkeit, gerade für die Durchsetzung von ISDS-Schiedssprüchen von herausragender Bedeutung ist. Die 137

Vgl. zu den Unklarheiten auch Kläger, SchiedsVZ 2018, 191, 192. Der BGH scheint jedoch zu einer generellen Unvereinbarkeit von Intra-EU BITs zu tendieren, siehe BGH, Beschluss v. 31. 10. 2018 – I ZB 2/15, Rn. 31. 139 So auch Nacimiento/Bauer, BB 73 (2018), 1347; Lavranos/Singla, SchiedsVZ 2018, 348, 356; vgl. auch Taton/Croisant, Intra-EU Investment Arbitration Post-Achmea, http://arbi trationblog.kluwerarbitration.com/2018/05/19/intra-eu-investment-arbitration-post-achmea-alook-at-the-additional-remedies-offered-by-the-echr-and-eu-law/?print=pdf „[…] although its overall implications are far from clear.“. 140 Dragiev, A Procedural Perspective of Achmea: What Does Achmea Imply in Practice, http://arbitrationblog.kluwerarbitration.com/2018/06/10/procedural-perspective-achmea-ach mea-imply-practice/, A Procedural Perspective of Achmea: What Does Achmea Imply in Practice. 141 Zur Vereinbarkeit von Intra-EU BITs mit EU-Recht siehe nur Generalanwalt Wathelet, Schlussantrag v. 19. 09. 2017 – C-284/16, BeckRS 2017, 125330 – Achmea; Basener, Investment protection in the European Union; Thörle, Konflikt zwischen Investitionsschutzabkommen und dem Recht der EU, S. 161 ff.; Rösch, Intraeuropäisches Investitionsrecht; Tietje, KSzW 2011, 128; Wehland, SchiedsVZ 2008, 222, 225 ff.; Classen, EuR 47 (2012), 611; Zarra, Am. Rev. Int. Arbitr. 25 (2014), 573, 588; Kriebaum, ELTE law journal 2015, 27 (die Argumente der Schiedsgerichte zusammenfassend). 138

154

Kap. 3: Versagung der Vollstreckbarerklärung

nachfolgende Auflistung der Unklarheiten soll insbesondere aufzeigen, in welchen Fällen sich Probleme bei der Durchsetzbarkeit ergeben können und bei welchen dies noch unklar ist, bevor im Anschluss auf eben diese Probleme eingegangen wird. Die Frage nach der Vereinbarkeit der Schiedsklauseln in Intra-EU BITs mit dem EURecht ist dabei von der Frage zu unterscheiden, ob mit dem Beitritt zur EU eine Kündigung beziehungsweise Beendigung solcher BITs einherging. b) Spezifika der Schiedsklausel im Niederlande-Slowakei-BIT Die erste Problematik aus der Achmea-Entscheidung des EuGH resultiert daraus, dass der EuGH nicht Schiedsklauseln in BITs allgemein oder auch nur in Intra-EU BITs für mit dem EU-Recht unvereinbar erklärte. Obgleich durch die Europäische Kommission,142 die Presse143 und vor allem von Investitionsschutzgegnern144, aber auch in der juristischen Literatur145 die „Unvereinbarkeit von ISDS-Schiedsklauseln in Intra-EU BITs“ proklamiert wurde, sprach sich der EuGH lediglich hinsichtlich einer bestimmten Klausel aus.146 Dies mag zwar als eine Tendenz des EuGH gegen entsprechende Schiedsgerichte aufgefasst werden, die Entscheidung lässt dies aber zunächst offen. Im Tenor der Entscheidung werden „Klauseln wie Art. 8 des Abkommens […]“ für mit dem EU-Recht unvereinbar gehalten. Art. 8 des BIT befasst sich mit der Streitschlichtung vor einem ISDS-Schiedsgericht, weshalb man durch oberflächliche Lektüre zu dem Schluss kommen könnte, der EuGH sei generell mit dieser Art der Streitschlichtung nicht einverstanden. Liest man jedoch die Begründung, so muss auffallen, dass dem EuGH lediglich ein bestimmter Abschnitt der Klausel als unvereinbar mit EU-Recht erschien.147 Art. 8 Nr. 6 des BIT besagt: 142 Europäische Kommission, COM(2018) 547 final – Schutz EU-interner Investitionen 2018, S. 3 f. 143 Siehe Anger, Folgen für TTIP und CETA – EuGH erklärt private Schiedsgerichte für unzulässig, http://www.handelsblatt.com/my/politik/international/investitionsschutz-folgenfuer-ttip-und-ceta-eugh-erklaert-private-schiedsgerichte-fuer-unzulaessig/21039694.html?ti cket=ST-604900-rhfJBoTxPOUfFietWCOt-ap4; Feest, Wenn Staaten nachträglich die Förderung für Erneuerbare streichen, https://www.erneuerbareenergien.de/archiv/intra-eu-schiedsverfahren-vor-dem-ende-150-406-107531.html. 144 Siehe Frage 1 der Kleinen Anfrage der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN an die Bundesregierung, Deutscher Bundestag, BT-Drs. 19/2174 2018, S. 2. 145 Miller, EuZW 2018, 357, 362; Kläger, SchiedsVZ 2018, 191; Kapoor, Slovak Republic v. Achmea: When Politics Came Out to Play, http://arbitrationblog.kluwerarbitration.com/2018/ 07/01/slovak-republic-v-achmea-politics-came-play/; Lang, EuR 53 (2018), 525, 538; Simon/J. Müller, NJOZ 2018, 961. 146 Stöbener de Mora, EuZW 2018, 363, 366; Lavranos, A Rollercoaster: The First Half of the Year 2018 for BITs and ISDS, http://arbitrationblog.kluwerarbitration.com/2018/07/09/roller coaster-first-half-year-2018-bits-isds/. 147 Siehe EuGH, SchiedsVZ 2018, 186, Rn. 40 – Slowakische Republik gegen Achmea; so auch Lavranos/Singla, SchiedsVZ 2018, 348, 350.

B. Intra-EU BITs

155

„Das Schiedsgericht hat auf der Grundlage des Rechts zu entscheiden und dabei insbesondere, aber nicht ausschließlich zu berücksichtigen: – das geltende Recht der betroffenen Vertragspartei148 - […]“

Der EuGH sieht als Teil des geltenden Rechts der Mitgliedstaaten auch das EURecht an.149 Bei der Auslegung des EU-Rechts ist jedoch der EuGH letztentscheidungsberechtigt. Da es sich nach Ansicht des EuGH bei Schiedsgerichten nicht um vorlageberechtigte Gerichte im Sinne des Art. 267 AEUV handelt,150 würden ISDSSchiedsgerichte das EU-Recht – insbesondere im Hinblick auf die Grundfreiheiten – auslegen oder anwenden, ohne dass der EuGH ein Mitspracherecht hätte.151 In den Augen des EuGH würde dies seine Kompetenz in unzulässiger Weise beschränken, weshalb die Klausel nicht mit dem EU-Recht vereinbar ist. Zwar findet sich eine ähnliche Klausel mit Verweis auf innerstaatliches Recht nicht nur in dem streitgegenständlichen BIT, sondern auch vereinzelt in anderen BITs.152 Regelmäßig sehen BITs eine solche Klausel jedoch nicht vor.153 In Art. 8.31 Abs.2154 CETA wurde die Anwendung des nationalen und somit auch EU-Rechts sogar vorsorglich ausgeschlossen.155 Das Tribunal darf vielmehr lediglich anhand der explizit im Abkommen genannten Rechtsgrundlagen entscheiden.156 In diesen Fällen entscheidet das Schiedsgericht nicht auf Grundlage des EU-Rechts. Zwar wird EURecht gegebenenfalls, wie im CETA-Abkommen,157 als Tatsache herangezogen. Dies führt jedoch nicht dazu, dass das Schiedsgericht EU-Recht auslegt und damit dem EuGH seine Kompetenz streitig macht.158 Darum wäre eine Klausel, die keinen 148

Hervorhebung durch den Verfasser. EuGH, SchiedsVZ 2018, 186, Rn. 41 – Slowakische Republik gegen Achmea; vgl. auch Burgstaller, Journal of International Arbitration 26 (2009), 181, 192. 150 EuGH, SchiedsVZ 2018, 186, Rn. 45 – 49 – Slowakische Republik gegen Achmea. 151 EuGH, SchiedsVZ 2018, 186, Rn. 42 – Slowakische Republik gegen Achmea. 152 Tietje, KSzW 2011, 128, 129. 153 Vgl. Art. 5 des BIT zwischen Deutschland und Polen; Tietje, KSzW 2011, 128, 129; Wierzbowski/Gubrynowicz, Conflict of Norms Stemming from Intra-EU BITs and EU Legal Obligations, 544, 548; Lang, EuR 53 (2018), 525, 537; Lavranos/Singla, SchiedsVZ 2018, 348, 350. 154 „The Tribunal shall not have jurisdiction to determine the legality of a measure, alleged to constitute a breach of this Agreement, under the domestic law of the disputing Party. For greater certainty, in determining the consistency of a measure with this Agreement, the Tribunal may consider, as appropriate, the domestic law of the disputing Party as a matter of fact. In doing so, the Tribunal shall follow the prevailing interpretation given to the domestic law by the courts or authorities of that Party and any meaning given to domestic law by the Tribunal shall not be binding upon the courts or the authorities of that Party.“. 155 Stöbener de Mora, EuZW 2018, 363, 365; a.A. Lübke, GPR 2018, 149, 152. 156 Siehe Art. 8.18 CETA; Classen, EuR 53 (2018), 361, 364. 157 Siehe ebenfalls Art. 8.31 Abs. 2 CETA. 158 Classen, EuR 53 (2018), 361, 365; a.A. Lübke, GPR 2018, 149, 152. 149

156

Kap. 3: Versagung der Vollstreckbarerklärung

Bezug auf das EU-Recht nimmt oder die Anwendung desselben sogar ausschließt, nicht notwendigerweise unionsrechtswidrig.159 Da in der Achmea-Entscheidung eine Klarstellung fehlt, ist nicht ersichtlich, ob der EuGH lediglich BITs mit einer solchen Klausel oder sämtliche Intra-EU BITs insgesamt als unvereinbar mit dem EU-Recht ansieht.160 Da der EuGH sich aber explizit auf Klauseln „wie in dem Niederlande-Slowakei-BIT“ bezogen hat, sprechen gute Gründe dafür, abweichende Klauseln für wirksam zu erachten.161 Interessant ist, dass die Niederlande zwar zunächst angekündigt haben, ihre BITs aufzukündigen,162 am 16. 05. 2018 jedoch einen neuen Model-BIT veröffentlicht haben, der eine an Art. 8.31 CETA angelehnte Klausel beinhaltet.163 c) Ausweitung der Achmea-Entscheidung auf BITs mit Drittstaaten Würde man annehmen, dass die Entscheidung sich auf sämtliche Intra-EU BITs bezieht, könnte man auch weiter gehen und sämtliche BITs, welche durch EUStaaten abgeschlossen wurden, als mit dem EU-Recht unvereinbar ansehen.164 Insbesondere diejenigen BITs mit Drittstaaten, die eine Klausel ähnlich derjenigen im Niederlande-Slowakei-BIT beinhalten, könnten aus Sicht des EuGH mit EU-Recht unvereinbar sein. Allerdings ist der EuGH nicht befugt, völkerrechtliche Abkommen mit Drittstaaten für nichtig zu erklären. EU-Recht kann die Verpflichtungen gegenüber Drittstaaten nicht aushebeln.165 Der EuGH mag zwar innerhalb der EU die Auslegungshoheit über das EU-Recht haben, Drittstaaten sind jedoch nicht an seine Auffassung gebunden. Die Nichtbeachtung von BITs mit Drittstaaten würde einen Vertragsbruch bedeuten. Für eine weitere Gültigkeit der extra-EU BITs spricht zudem die Verordnung 1219/2012 zur Einführung einer Übergangsregelung für bilaterale Investitions159

So auch Kainer, EuZW 2018, 659 f. Klages, EuZW 2018, 217, 218; siehe auch Kläger, SchiedsVZ 2018, 191, 192 f., der jedoch für eine weitreichendere Interpretation stimmt. 161 So auch Stefan, Brace for Impact? Examing the reach of Achmea v Slovakia, http://arbi trationblog.kluwerarbitration.com/2018/06/24/brace-for-impact-examining-the-reach-of-ach mea-v-slovakia/. 162 Siehe das entsprechende Schreiben der niederländischen Ministerin für Außenhandel und Entwicklungszusammenarbeit Kaag, abrufbar (auf Niederländisch) unter www.rijksover heid.nl/documenten/kamerstukken/2018/04/26/kamerbrief-over-investeringsakkoorden-met-an dere-eu-lidstaten. 163 Vgl. Lee, Contemp. Asia Arb. J. 11 (2018), 137, 150 Fn. 45; Peterson, Analysis: The Netherlands unveils a vastly-revised draft investment treaty, does away with Double-Hatting, Party-Appointed Arbitrators and Protection for Mailbox Companies, http://tinyurl.com/ yd8hsvmc. 164 Für eine Unvereinbarkeit bspw. Lübke, GPR 2018, 149, 152; gegen eine Unvereinbarkeit bspw. Stöbener de Mora, EuZW 2018, 363, 368. 165 Vgl. Wölker, ICSID Rev. 2009, 434, 441; Thörle, Konflikt zwischen Investitionsschutzabkommen und dem Recht der EU, S. 282. 160

B. Intra-EU BITs

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schutzabkommen zwischen den Mitgliedstaaten und Drittländern, die 2013, also nach dem Vertrag von Lissabon, in Kraft trat.166 Nach Artt. 2, 3 der Verordnung bleiben diejenigen BITs mit Drittländern aufrechterhalten, die vor dem 01. 12. 2009 oder, wenn dies der spätere Zeitpunkt ist, vor dem Beitritt eines EU-Staates unterzeichnet wurden, sofern die Mitgliedstaaten die Kommission hierüber entsprechend dieser Regelungen notifiziert haben.167 Dies gilt solange, bis die EU selbst entsprechende Abkommen mit demselben Drittland abgeschlossen hat. d) Auswirkungen der Achmea-Entscheidung auf die Energiecharta Da die Energiecharta ebenfalls Streitbeilegung durch Schiedsgerichte vorsieht und auch zwischen EU-Staaten gültig ist, wird teilweise vertreten, dass auch diese Verfahren nach EU-Recht unzulässig seien.168 So argumentierte beispielsweise auch die deutsche Regierung im Atomstreit-Verfahren gegen Vattenfall (Vattenfall II)169.170 Mit dem Beitritt zur EU würden unter anderem171 die Bestimmungen der Energiecharta für die EU-Staaten durch das EU-Recht überlagert, weshalb ISDSVerfahren zwischen EU-Staaten auch nach der Energiecharta nicht mehr zulässig seien.172

166

ABl. 2012 Nr. L 351/40. Sämtliche EU Staaten haben diese Notifizierungen vorgenommen. Siehe ABl. 2016 Nr. C 149/1. 168 Europäische Kommission, State aid SA. 40348 (201 5 / NN) – Spain Support for electricity generation from renewable energy sources, cogeneration and waste, Rn. 163; Europäische Kommission, COM(2018) 547 final – Schutz EU-interner Investitionen 2018, S. 4; Miller, EuZW 2018, 357, 362; Hindelang, The Limited Immediate Effects of CJEU’s Achmea Judgement, https://verfassungsblog.de/the-limited-immediate-effects-of-cjeus-achmea-judge ment/; siehe auch Lang, EuR 53 (2018), 525, 541 ff., der den ECT zwar als mit dem Unionsrecht unvereinbar ansieht, jedoch eine einstweilige Fortgeltung aufgrund des Art. 351 AEUV beführwortet; siehe insgesamt zur Vereinbarkeit des ECT mit dem Unionsrecht Alvarez, ICSID Rev. 2018, 1 ff. 169 Vattenfall AB and others ./. Federal Republic of Germany, Decision on the Achmea Issue v. 31. 08. 2018 – ICSID Case No. ARB/12/12, S. 17 ff. 170 Deutscher Bundestag, BT-Drs. 19/2174 2018, Frage 7; Heller/Karagiannopoulos, Germany says Vattenfall has no grounds to seek arbitration over nuclear phase-out, https://www. reuters.com/article/vattenfall-nuclear-case/corrected-update-1-germany-says-vattenfall-has-nogrounds-to-seek-arbitration-over-nuclear-phase-out-idUSL8N1SF5TI?feedType=RSS&feedNa me=utilitiesSector. 171 Für die weiteren Argumente für und gegen eine Zulässigkeit von Intra-EU-Schiedsverfahren auf Grundlage des ECT siehe Rösch, Intraeuropäisches Investitionsrecht, S. 177 ff. 172 So die amicus curiae-Stellungname der Europäischen Kommission im Schiedsspruch Electrabel S.A. ./. Ungarn, Award v. 25. 11. 2015 – ICSID Case No. ARB/07/19, Rn. 5.9 ff.; und wohl auch AES Summit Generation Limited and AES-Tisza Erömü Kft. ./. Republic of Hungary, Award v. 23. 09. 2010 – ICSID Case No. ARB/07/22, Rn. 3.25, (wobei diese Stellungnahme nicht eingesehen werden kann). 167

158

Kap. 3: Versagung der Vollstreckbarerklärung

Die ersten mit dieser Frage nach der Achmea-Entscheidung befassten Schiedsgerichte entschieden jedoch für eine Anwendbarkeit des ECT.173 Mittlerweile hat auch das Tribunal im Verfahren Vattenfall gegen Deutschland in einer Zwischenentscheidung für seine Zuständigkeit entschieden.174 Es würde den Schwerpunkt dieser Arbeit zu sehr verschieben, wenn an dieser Stelle die Entscheidungen hinsichtlich ihrer Korrektheit analysiert würden, weshalb auf die Argumente der Parteien in den jeweiligen Verfahren verwiesen wird. Für eine Anwendbarkeit spricht jedoch, dass zum einen auch Drittstaaten Mitglieder des ECT sind und zum anderen, dass die EU selbst den Vertrag unterzeichnet hat.175 Die EU scheint den ECT selbst auch weiter zu befürworten.176 Es wäre treuwidrig auf der einen Seite einem Vertrag beizutreten, welchen man auf der anderen Seite für unvereinbar mit dem eigenen Recht ansieht. Überdies würde eine solche Ansicht zu einer Zweiklassengesellschaft innerhalb der Energiecharta führen.177 Investoren aus Drittstaaten könnten sich auf den Streitbeilegungsmechanismus berufen, während sich EU-Investoren an die Gerichte des Gaststaates wenden müssten. Im Gegensatz zu dem Niederlande-Slowakei-BIT hat ein auf Grundlage des ECT konstituiertes Schiedsgericht nach Art. 26 Abs. 6 ECT auch ausschließlich Völkerrecht und den Vertrag selbst zu berücksichtigen.178 Es gibt noch keine Entscheidung des EuGH zu dieser Frage, weshalb es für EU-Investoren momentan recht unsicher ist, sich auf die Energiecharta zu berufen. In der Achmea-Entscheidung hat der EuGH jedoch angedeutet, dass diese womöglich nicht für Abkommen gilt, an welchen die EU selbst beteiligt ist.179 Bis zum Achmea-Urteil haben selbst verklagte Staaten für eine Wirksamkeit des ECT plädiert.180 Allerdings hat nun Spanien ein Vorabentscheidungsverfahren zum EuGH

173

Masdar Solar & Wind Cooperatief U.A. ./. Kingdom of Spain, Award v. 16. 05. 2018 – ICSID Case No. ARB/14/1, Rn. 296 ff.; Greentech ./. Spain, Final Award v. 14. 11. 2018 – SCC Arbitration V (2015/150), Rn. 220; Bohmer, In Now-Public Masdar Award, Tribunal says Achmea Ruling has „no bearing“ upon ECT Dispute, finds that Spain reneged on specific commitments, but disagrees on appropriateness of discounted cash-flow method, http://tinyurl. com/yaa7aelr. 174 Vattenfall AB and others ./. Federal Republic of Germany, Decision on the Achmea Issue v. 31. 08. 2018 – ICSID Case No. ARB/12/12; Hepburn, Vattenfall Tribunal Issues Decision Rejecting Germany’s Post-Achmea Jurisdictional Objection, http://tinyurl.com/yaxgsx8d. 175 Stöbener de Mora, EuZW 2018, 363, 367; vgl. J. Berger, SchiedsVZ 2017, 282, 290; gleichwohl bedeutet der Beitritt der EU zum ECT nicht notwendig, dass die Schiedsklausel zwischen EU-Staaten unionsrechtmäßig ist. Vgl. Basener, Investment protection in the European Union, S. 296. 176 Vgl. Alvarez, ICSID Rev. 2018, 1, 10. 177 Stöbener de Mora, EuZW 2018, 363, 367. 178 Stöbener de Mora, EuZW 2018, 363, 367; vgl. auch Vattenfall AB and others ./. Federal Republic of Germany, Decision on the Achmea Issue v. 31. 08. 2018 – ICSID Case No. ARB/12/ 12, S. 52. 179 EuGH, SchiedsVZ 2018, 186, Rn. 57 f. – Slowakische Republik gegen Achmea. 180 Siehe Electrabel S.A. ./. Ungarn, Award v. 25. 11. 2015 – ICSID Case No. ARB/07/19, Rn. 5.26 ff.

B. Intra-EU BITs

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in dieser Frage angeregt.181 Insgesamt scheinen sich die einzelnen EU-Staaten in dieser Frage jedoch uneinig zu sein, weshalb die Erklärungen der Regierungen vom 15. und 16. Januar 2019 in diesem Punkt voneinander abweichen.182 e) Auswirkungen der Achmea-Entscheidung auf laufende Verfahren Der Achmea-Fall war nicht der erste Fall, in welchem EU-Investoren vor ISDSSchiedsgerichten gegen EU-Staaten vorgegangen sind. Die genaue Anzahl der Fälle ist nur schwer zu bestimmen, da viele Schiedsverfahren abseits der Öffentlichkeit stattfinden. Als Beispiele183 für die momentan laufenden Verfahren seien jedoch noch zu nennen: - Portigon (Deutschland) gegen Spanien auf Grundlage des ECT184, - Raiffeisen (Österreich) gegen Kroatien auf Grundlage des Österreich – Kroatien BIT185, - Rockhopper (Vereinigtes Königreich) gegen Italien auf Grundlage des ECT186, - Muszynianka (Polen) gegen die Slowakei auf Grundlage des Polen – Slowakei BIT187, - Bank of Cyprus (Zypern) gegen Griechenland auf Grundlage des Zypern – Griechenland BIT188, - A.M.F. Aircraftleasing (Deutschland) gegen die Tschechische Republik auf Grundlage des Deutschland – Tschechische Republik BIT189. Es ist momentan noch nicht abzusehen, welche Auswirkungen die AchmeaEntscheidung auf diese Fälle haben wird. Für die laufenden Verfahren liegt die 181 Charlotin, Post-Achmea Developments: Spain wants court to ask ECJ to rule on compatibility of Energy Charter Treaty with EU Law, http://tinyurl.com/yab6k4qm. 182 Vgl. Declaration of the Representatives of the Governments of the Member States, of 15 January 2019 on the Legal Consequenzes of the judgment of the court of justice in Achmea and on Investment Protection in the European Union, S. 4, Ziff. 9; Declaration of the Representatives of the Governments of the Member States, of 16 January on the Enforcement of the Judgment of the Court of Justice in Achmea and on Investment Protection in the European Union, S. 5, Ziff. 9; Declaration of the Representative of the Government of Hungary, of 16 January 2019 on the Legal Consequences of the Judgment of the Court of Justice in Achmea and on Investment Protection in the European Union, S. 3, Ziff. 9. 183 Diese (neueren) Beispiele sollen verdeutlichen, dass die Intra-EU-Verfahren keine Seltenheit sind und sind nicht abschließend. Eine Auflistung bekannter laufender Verfahren findet sich unter http://investmentpolicyhub.unctad.org/ISDS?status=5. 184 http://investmentpolicyhub.unctad.org/ISDS/Details/801. 185 http://investmentpolicyhub.unctad.org/ISDS/Details/847. 186 http://investmentpolicyhub.unctad.org/ISDS/Details/800. 187 http://investmentpolicyhub.unctad.org/ISDS/Details/761. 188 http://investmentpolicyhub.unctad.org/ISDS/Details/791. 189 http://investmentpolicyhub.unctad.org/ISDS/Details/764.

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Kap. 3: Versagung der Vollstreckbarerklärung

Entscheidung bei den Schiedsgerichten, ob sie ihre Zuständigkeit weiter bejahen oder die Schiedsverfahren als unzulässig abweisen.190 In einigen Verfahren wurde auch bereits vor Achmea die Berufung auf eine Unwirksamkeit des BITs von verklagten Staaten als Verteidigungsstrategie verwendet.191 Da auch Intra-EU-Schiedsverfahren häufig vor Schiedsgerichten in Drittstaaten verhandelt werden, ist jedoch eher davon auszugehen, dass die Schiedsgerichte ihre Zuständigkeit weiter annehmen192 und die noch laufenden Verfahren zu Ende führen werden.193 f) Auswirkungen auf Verfahren nach Investor-Staat-Verträgen Investoren können auch, abseits von durch ihren Heimatstaat ausgehandelten BITs, eigene Verträge mit einem Gaststaat schließen, um ihre Investition zu schützen. Diese Investitionsverträge können ebenfalls Schiedsvereinbarungen für aus der Investition resultierende Streitigkeiten enthalten. Der EuGH hat entschieden, dass es für die Zulässigkeit der Handelsschiedsgerichtsbarkeit genügt, wenn die Gerichte der Mitgliedstaaten Schiedssprüche nur in beschränktem Umfang überprüfen können.194 Schiedsverfahren aufgrund von Investor-Staat-Verträgen werden, ebenso wie Schiedsabreden in Handelssachen, individuell zwischen zwei Parteien ausgehandelt. Es wird nicht ein allgemeines Schiedssystem geschaffen, welches die Letztentscheidungsbefugnis des EuGH zu unterlaufen droht. Der entscheidende Punkt ist aber, dass die Schiedsabrede hier durch eine konkrete Absprache zwischen den Parteien erfolgt und das Angebot des Gaststaates nicht aus einem BIT resultiert, welcher als unionsrechtswidrig angesehen werden könnte. Selbst wenn man eine solche Absprache als unvereinbar mit dem EURecht ansehen würde, wäre sie faktisch existent. Ein Schiedsgericht in einem Drittstaat würde die Abrede auch nicht am Maßstab des EU-Rechts prüfen. Es würde die Abrede darum für gültig erklären. Somit sprechen die besseren Gründe dafür, 190

Vgl. Stöbener de Mora, EuZW 2018, 363, 366. Eastern Sugar B.V. ./. The Czech Republic, Partial Award v. 27. 03. 2007 – SCC Case No. 088/2004, Rn. 97; Rupert Joseph Binder ./. Czech Republic, UNCITRAL, Award on Jurisdiction v. 06. 06. 2007, Rn. 12 ff.; Jan Oostergetel and Theodora Laurentius ./. The Slovak Republic, UNCITRAL, Decision on Jurisdiction v. 30. 04. 2010, Rn. 65 ff.; Kriebaum, ELTE law journal 2015, 27, 28. 192 Siehe nur Marfin Investment Group u. a. ./. Republic of Cyprus, Award v. 26. 07. 2018 – ICSID Case No. ARB/13/27, Rn. 595 ff., wo das Tribunal feststellte: „It will be up to the courts at the enforcement stage to draw the necessary consequenzes from the Achmea judment and their national laws with respect to the enforceability of this award.“. 193 Stöbener de Mora, EuZW 2018, 363, 366; Hindelang, The Limited Immediate Effects of CJEU’s Achmea Judgement, https://verfassungsblog.de/the-limited-immediate-effects-of-cjeusachmea-judgement/. 194 EuGH, SchiedsVZ 2018, 186, Rn. 54 – Slowakische Republik gegen Achmea; EuZW 1999, 565 – Eco Swiss, Rn. 35; Mostaza Claro gegen Centro Móvil Milenium – Urt. v. 26. 10. 2006 – C-168/05, Rn. 34. 191

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dass die Achmea-Entscheidung keine Auswirkungen auf solche Schiedsvereinbarungen hat. 2. Die Prüfung der Schiedsvereinbarung durch das Exequaturgericht Nachdem nun aufgezeigt wurde, in welchen Fällen die Achmea-Entscheidung des EuGH relevant werden könnte, sollen nun die Auswirkungen bearbeitet werden, die sich für die Durchsetzbarkeit von Schiedssprüchen vor nationalen Gerichten aus ihr ergeben. Sofern die Parteien keine gesonderte Vereinbarung getroffen haben, entscheidet das Schiedsgericht über seine Zuständigkeit nach dem für die Zulässigkeit der Schiedsklage anwendbaren Recht.195 Während das anwendbare materielle Recht in den meisten BITs definiert ist, finden sich in der Regel keine Bestimmungen zum anwendbaren Recht für die Zulässigkeit der Schiedsklage.196 Darum bestimmt sich das hierzu anwendbare Recht nach der Rechtsnatur der Schiedsklausel.197 Da es sich bei BITs um völkerrechtliche Abkommen handelt, richtet sich vor dem Schiedsgericht das anwendbare Recht für die Zuständigkeit nach dem Völkerrecht.198 Die Achmea-Entscheidung des EuGH ist aber nicht Teil des Völkerrechts,199 weshalb ISDS-Schiedsgerichte nicht an sie gebunden sind.200 Solange der BIT noch nicht aufgekündigt wurde, könnten sich Investoren weiterhin auf ihn berufen und die Entscheidung des EuGH wäre von untergeordneter Bedeutung. Zwar besteht eine Debatte darüber, ob das EU-Recht im Fall der Intra-EU BITs als Teil des Völkerrechts gesehen werden muss und somit die BITs überschreiben könnte.201 In der Vergangenheit haben die Schiedsgerichte ihre Zuständigkeit jedoch immer angenommen, wenn die Frage der Vereinbarkeit mit EU-Recht aufkam.202 Ob sich dies in Zukunft ändern wird, bleibt abzuwarten. 195 Vgl. CMS ./. Argentinien, Decision of the Tribunal on Objections to Jurisdiction v. 17. 07. 2003 – ICSID Case No ARB/01/8, Rn. 88 f.; Saipem SpA ./. Bangladesh, Decision on jurisdiction v. 21. 03. 2007 – ICSID Case No ARB/05/07, Rn. 68 ff. 196 Kröll, SchiedsVZ 2018, 61, 63; Tietje, KSzW 2011, 128, 129. 197 Hindelang, Legal issues of economic integration 39 (2012), 179, 182. 198 Compañiá de Aguas del Aconquija S.A. and Vivendi Universal S.A. ./. Argentinien, Decision on Annulment v. 03. 07. 2002 – ICSID Case No. ARB/97/3, Rn. 96; Bayindir Insaat Turizm ./. Pakistan, Decision on Jurisdiction v. 14. 11. 2005 – ARB/03/29, Rn. 148; Tietje, KSzW 2011, 128, 129; Hindelang, Legal issues of economic integration 39 (2012), 179, 182. 199 Siehe BGH, Beschluss v. 31. 10. 2018 – I ZB 2/15, Rn. 67. 200 Vgl. Lee, Contemp. Asia Arb. J. 11 (2018), 137, 147. 201 Dafür Rösch, Intraeuropäisches Investitionsrecht, S. 53 ff., 53 ff.; dagegen Tietje, KSzW 2011, 128, 129 f. 202 Masdar Solar & Wind Cooperatief U.A. ./. Kingdom of Spain, Award v. 16. 05. 2018 – ICSID Case No. ARB/14/1, Rn. 340; Eastern Sugar B.V. ./. The Czech Republic, Partial Award v. 27. 03. 2007 – SCC Case No. 088/2004, Rn. 181; Achmea B.V. ./. The Slovak Republic, UNCITRAL, Award on Jurisdiction, Arbitrability and Suspension v. 26. 10. 2010 – PCA Case No. 2008 – 13, Rn. 231 ff.; Eiser Infrastructure Limited and Energia Solar Luxembourg S.À. R.I.

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Kap. 3: Versagung der Vollstreckbarerklärung

Unabhängig aber von der Frage danach, ob das Schiedsgericht das Bestehen einer Schiedsabrede und somit seine Zuständigkeit annimmt, ist die Frage danach zu behandeln, wie das nationale Exequaturgericht hierüber entscheidet. Die Relevanz für die vorliegende Arbeit und auch für das gesamte Investitionsschutzrecht ergibt sich daraus, dass im Falle einer tatsächlichen Unvereinbarkeit von ISDS-Schiedsklauseln in Intra-EU BITs die Möglichkeit besteht, dass entsprechende Schiedssprüche aufgrund von Art. V Abs. 1 a) NYÜ nicht mehr für vollstreckbar erklärt werden können und sie folglich ihre Durchsetzbarkeit verlieren.203 Im Gegensatz zur Prüfung der Zuständigkeit durch das Schiedsgericht selbst, erfolgt die Prüfung der Zuständigkeit des Schiedsgerichts durch das Exequaturgericht im Rahmen des Art. V Abs. 1 a) Alt. 2 NYÜ anhand des Rechts desjenigen Landes, in welchem der Schiedsspruch ergangen ist,204 dem lex loci arbitri, sofern keine gesonderte Rechtswahl besteht.205 Nimmt nun ein in der EU ansässiges ISDS-Schiedsgericht seine Zuständigkeit an und ergeht ein Schiedsspruch gegen einen Staat, so richtet sich die Frage nach der Wirksamkeit der Schiedsvereinbarung bei der Vollstreckbarerklärung nach dem Recht des Schiedsstaates206 und somit gegebenenfalls auch nach dem Recht der Europäischen Union. Dies gilt für die Vollstreckbarerklärung von Schiedssprüchen, die auf einem Intra-EU BIT beruhen genauso wie für Entscheidungen auf Grundlage des Energiechartavertrages. Zwar ist die Entscheidung des EuGH formell nur für das vorlegende Gericht sowie diejenigen Gerichte bindend, die in derselben Sache entscheiden.207 Dennoch entfalten Entscheidungen des EuGH zumindest eine präjudizielle Bindungswirkung hinsichtlich der Rechtslage gegenüber anderen Gerichten der EU-Staaten.208 Daraus folgt, dass die Prüfung der Zuständigkeit des Schiedsgerichts durch das Schiedsgericht selbst von derjenigen durch das nationale Gericht abweichen kann.209 ./. Spanien, Award v. 04. 05. 2017 – ICSID Case No. ARB/13/36, Rn. 486; Jürgen Wirtgen u. a. ./. Tschechien, Final Award v. 11. 11. 2017 – PCA Case No. 2014-03; Peterson, Analysis: Europe’s top Court concludes that investor-state dispute settlement in intra-EU BITs is incompatible with EU Law, http://tinyurl.com/y7c7e8cr. 203 Vgl. Wehland, JWIT 17 (2016), 942, 950 ff. 204 Dabei können auch ausländische Entscheidungen über die Wirksamkeit der Schiedsabrede gemäß § 328 ZPO zu beachten sein. Vgl. KG Berlin, SchiedsVZ 2007, 100. 205 OLG Düsseldorf, BeckRS 2012, 20548; Musielak/Voit-Voit, § 1061, Rn. 14; BeckOK ZPO-Wilske/Markert, § 1061, Rn. 17; Saenger-Saenger, § 1061, Rn. 9. 206 OLG München, SchiedsVZ 2014, 262, 264; MüKo ZPO-Adolphsen, Art. V UNÜ, Rn. 21, 24; Musielak/Voit-Voit, § 1061, Rn. 14; BeckOK ZPO-Wilske/Markert, § 1061, Rn. 17. 207 EuGH, BeckRS 1969, 106335, Rn. 3 – Milch-, Fett- u. Eierkontor; VG Münster, Beschluss v. 26. 06. 2006 – 10 L 361/06, Rn. 31; Calliess/Ruffert-Wegener, Art. 267 AEUV, Rn. 49; Grabitz/Hilf/Nettesheim-Karpenstein, Art. 267 AEUV, Rn. 102; Schoch/Schneider/ Bier-Marsch, Art. 267 AEUV, Rn. 60; Hakenberg, DRiZ 78 (2000), 345, 347. 208 VG Münster, Beschluss v. 26. 06. 2006 –10 L 361/06, Rn. 33; Schoch/Schneider/BierMarsch, Art. 267 AEUV, Rn. 61; Hakenberg, DRiZ 78 (2000), 345, 347. 209 Vgl. Rösch, Intraeuropäisches Investitionsrecht, S. 92.

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Die Achmea-Entscheidung ist von den nationalen Gerichten stärker zu berücksichtigen als von den ISDS-Schiedsgerichten, was zu unterschiedlichen Ergebnissen führen kann. Die Auswirkungen der Achmea-Entscheidung sind darum weniger auf der Ebene des Schiedsgerichts, als vielmehr auf der Ebene des Exequaturs zu spüren.210 Aus diesem Grund soll nun untersucht werden, welche Konsequenzen sich aus der Entscheidung im Verfahren der Anerkennung und Vollstreckbarerklärung ergeben. a) Gerichte der EU-Staaten aa) Wirksamkeit der Schiedsabrede trotz Unvereinbarkeit des BIT mit EU-Recht Sofern der Standpunkt vertreten wird, die Achmea-Entscheidung impliziere, dass Intra-EU-Schiedssprüchen schon deshalb nicht das Exequatur erteilt werden dürfe, weil sie nicht mit EU-Recht vereinbar seien211, greift dies zu kurz. Die bloße Unvereinbarkeit eines BIT mit EU-Recht stellt keinen Versagungsgrund für die Anerkennung und Vollstreckbarerklärung eines Schiedsspruches dar. Das Urteil des EuGH zwingt nicht dazu, internationale Abkommen wie das NYÜ oder das ICSIDÜbereinkommen zu verletzen.212 Es besagt lediglich, dass bestimmte Klauseln in BITs nicht mit dem Unionsrecht vereinbar sind.213 Die Versagung braucht jedoch auch eine Rechtsgrundlage und kann nicht im luftleeren Raum erfolgen. Eine solche Rechtsgrundlage könnte sich im Versagungsgrund des Art. V Abs. 1 a) Alt. 2 NYÜ finden lassen.214 Allerdings stellt dieser Artikel nicht darauf ab, ob ein Investitionsschutzvertrag wirksam ist oder nicht. Alleiniger Anknüpfungspunkt ist die Schiedsabrede, welche zwischen den Streitparteien abgeschlossen wurde, als „Einwilligung“ (consent) in das Schiedsverfahren.215 Investitionsschutzverträge beinhalten regelmäßig ein Angebot des Gaststaates zum Abschluss einer solchen 210

Je nach Ausgestaltung der jeweiligen nationalen Rechtsordnungen können sich dieselben Fragen auch im Aufhebungsverfahren stellen. So beinhaltet § 1059 Abs. 2 Nr. 1 a) Alt. 2 ZPO einen Aufhebungsgrund, der sich mit § 1061 Abs. 1 a) Alt. 2 ZPO deckt. 211 Szilágyi, The CJEU Strikes Again in Achmea, http://worldtradelaw.typepad.com/ielpb log/2018/03/guest-post-the-cjeu-strikes-again-in-achmea-is-this-the-end-of-investor-state-arbi tration-under-intr.html. 212 So aber Szilágyi ebd. 213 Selbst die Anwälte der Slowakei geben zu, dass der EuGH nichts dazu gesagt hat, ob aus der Unvereinbarkeit mit dem EU-Recht eine Unzuständigkeit des Schiedsgerichts folgt. Siehe Burgstaller/Pörnbacher, CJEU Judgement Changes Landscape for Investor-State Arbitration in the EU, https://www.lexology.com/library/detail.aspx?g=e66ca248-88b8-4231-9549-b0053 c8b5847: „The CJEU did not opine on the consequences of the incompatibility of the arbitration clause with E. U. law. In particular, the CJEU did not say whether it follows from that incompatibility that the arbitral tribunal was deprived of jurisdiction.“. 214 Vgl. Wehland, JWIT 17 (2016), 942, 952. 215 Markert, Streitschlichtungsklauseln in Investitionsschutzabkommen, S. 118.

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Kap. 3: Versagung der Vollstreckbarerklärung

Schiedsabrede, welches durch den Investor noch angenommen werden muss.216 Die Einwilligung des Gaststaates liegt also bereits vor dem Aufkommen der Streitigkeit vor und wird durch die Annahme durch den Investor verbindlich. Bei dieser „Arbitration without Privity“217 bestehen also bis dahin keine vertraglichen Beziehungen zwischen dem Gaststaat und dem Investor.218 Mittels der Annahme durch den Investor kommt jedoch ein Vertrag zwischen Investor und Gaststaat zustande.219 Die Annahme kann dabei konkludent durch Einleitung des Schiedsverfahrens erfolgen.220 Die Schiedsabrede ist darum abstrakt von dem ihr zugrundeliegenden IIA zu betrachten, weshalb die Ungültigkeit des Hauptvertrages nicht automatisch zu einer Ungültigkeit einer dahin enthaltenen Schiedsklausel führt (doctrine of separability).221 Die Rechtsbeziehung zwischen den Vertragsstaaten des BIT bildet also lediglich die Rechtsgrundlage für die Arbitration without Privity.222 Die Unvereinbarkeit eines Investitionsschutzvertrages mit dem EU-Recht muss aber nicht zwingend zur Folge haben, dass auch das Angebot auf Schiedsabrede nichtig ist.223 Eine bloße Rechtswidrigkeit des Angebots bedeutet nicht notwendig, dass es nicht mehr angenommen werden kann. 216

Escher et al., Investment Arbitration in Germany, 1013, Rn. 30; Schreuer, Consent to Arbitration, 830, 836; Schreuer, Denunciation of the ICSID Convention and Consent to Arbitration, 353, 357; Schreuer, ICSID Convention, Art. 25, Rn. 447 f.; Waibel, Investment Arbitration: Jurisdiction and Admissibility, 1212, 1226, Rn. 51; Blackaby, Investment Arbitration and Commercial Arbitration, 217, 219; für den BIT im Fall Achmea: BGH, SchiedsVZ 2016, 328, Rn. 17; Dolzer/Schreuer, Principles of international investment law, S. 257. 217 J. Paulsson, ICSID Rev. 10 (1995), 232 ff.; Waibel, Investment Arbitration: Jurisdiction and Admissibility, 1212, 1222 ff., Rn. 38 ff.; Markert, Streitschlichtungsklauseln in Investitionsschutzabkommen, S. 123 ff. 218 Waibel, Investment Arbitration: Jurisdiction and Admissibility, 1212, 1224, Rn. 43; J. Paulsson, ICSID Rev. 10 (1995), 232. 219 Amto ./. Ukraine, Final Award v. 26. 03. 2008 – SCC Case No. 080/2005, § 46; Markert, Streitschlichtungsklauseln in Investitionsschutzabkommen, S. 119 f.; Waibel, Investment Arbitration: Jurisdiction and Admissibility, 1212, 1226, Rn. 51. 220 Generation Ukraine, Inc. ./. Ukraine, Award v. 16. 09. 2003 – ICSID Case No. ARB/00/ 9, Rn. 12.2; BGH, SchiedsVZ 2016, 328, Rn. 17; Schreuer, Denunciation of the ICSID Convention and Consent to Arbitration, 353, 358; Schreuer, Consent to Arbitration, 830, 855; Schreuer, ICSID Convention, Art. 25, Rn. 448; Markert, Streitschlichtungsklauseln in Investitionsschutzabkommen, S. 120; Dolzer/Schreuer, Principles of international investment law, S. 258; Waibel, Investment Arbitration: Jurisdiction and Admissibility, 1212, 1226, Rn. 51, m.w.N. 221 BGH, BeckRS 2008, 26011, Rn. 5; OLG München, SchiedsVZ 2011, 337, 338; OLG Koblenz, SchiedsVZ 2005, 260, 261; Hanseatisches OLG Hamburg, BeckRS 1998, 6211, Rn. 72; BeckOK ZPO-Wilske/Markert, § 1061, Rn. 20; Balthasar, Best practice in international arbitration, 1, 12, Rn. 20; Balthasar, International Arbitration in Germany, 377, 382, Rn. 14; Zarra, Am. Rev. Int. Arbitr. 25 (2014), 573, 593 ff. 222 Markert, Streitschlichtungsklauseln in Investitionsschutzabkommen, S. 124. 223 So aber wohl BGH, SchiedsVZ 2016, 328, Rn. 82 f.; gestützt auf EuGH, Slg. 1988, 5589, Rn. 22 – Matteucci gegen Communauté française de Belgique u.a; Exportur SA / LOR SA u. a., Rn. 8; Europäische Kommission gegen die Bundesrepublik Deutschland, Rn. 44; GRUR 2010, 143 – American Bud II, Rn. 98; auch die EU-Staaten scheinen nun wohl dieser Ansicht zu sein.

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Diskutiert werden muss darum vielmehr, ob das EU-Recht dazu führt, dass das in einem Intra-EU BIT vorhandene Angebot auf Abschluss einer Schiedsabrede nichtig ist. Dann wäre nämlich möglicherweise auch die Schiedsabrede unwirksam und es könnte der Versagungsgrund des Art. V Abs. 1 a) NYÜ greifen. Teilweise wird auch eine Möglichkeit der Verweigerung der Vollstreckbarerklärung über den ordre public-Vorbehalt in Art. V Abs. 2 b) NYÜ224 gesehen und mancherorts damit abgelehnt, dass diese Fälle bereits von Art. VAbs. 1 a) abgedeckt seien.225 Zwar kann dieses Argument schon deshalb nicht bestehen, weil auch die Fälle des Abs. 1 unter Umständen unter Abs. 2 fallen können, wenn sie gleichzeitig einen Verstoß gegen den ordre public darstellen.226 Allerdings dürfte es für die Prüfung, bis auf eventuelle Fragen der Beweislast, keine Auswirkungen haben, da das Gericht, sofern es tatsächlich die Unwirksamkeit der Schiedsabrede annimmt, die Vollstreckbarerklärung bereits nach Art. V Abs. 1 a) NYÜ verweigern wird. Zu klären ist darum zunächst, welche Auswirkungen das Achmea-Urteil des EuGH auf das Angebot zur Schiedsvereinbarung hat. Die Frage nach der Unwirksamkeit stellt sich dabei in zwei Konstellationen. Zum einen gibt es Fälle, in denen ein Investor das Angebot auf Schiedsverfahren bereits vor dem Beitritt des Gaststaates zur EU angenommen hat. Zum anderen könnten Investoren auch nach dem Beitritt und insbesondere nach der Achmea-Entscheidung gewillt sein, das Angebot noch anzunehmen, bevor der BIT tatsächlich aufgehoben wird. bb) Schiedsabreden vor Beitritt zur EU Sobald ein Schiedsangebot des Gaststaates von dem Investor angenommen worden ist, wird es bindend und kann nicht mehr zurückgenommen werden.227 Dies ergibt sich aus dem Grundsatz pacta sunt servanda, welches als allgemeines internationales Rechtsprinzip auch nicht durch das EU-Recht überschrieben werden

Siehe nur Declaration of the Representatives of the Governments of the Member States, of 15 January 2019 on the Legal Consequenzes of the judgment of the court of justice in Achmea and on Investment Protection in the European Union, S. 1. 224 Vgl. Hindelang, Legal issues of economic integration 39 (2012), 179, 206; Lee, Contemp. Asia Arb. J. 11 (2018), 137, 148; Kröll, § 1061 – Foreign Awards, 443, Rn. 59. 225 Dragiev, A Procedural Perspective of Achmea: What Does Achmea Imply in Practice, http://arbitrationblog.kluwerarbitration.com/2018/06/10/procedural-perspective-achmea-ach mea-imply-practice/, A Procedural Perspective of Achmea: What Does Achmea Imply in Practice. 226 Vgl. van den Berg, The New York Convention of 1958: An Overview, 39, 58; WolffScherer, Art. V, Rn. 154. 227 Schreuer, Consent to Arbitration, 830, 856; Schreuer, Denunciation of the ICSID Convention and Consent to Arbitration, 353, 363; Waibel, Investment Arbitration: Jurisdiction and Admissibility, 1212, 1227, Rn. 55; Dolzer/Schreuer, Principles of international investment law, S. 259.

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Kap. 3: Versagung der Vollstreckbarerklärung

kann.228 Diejenigen BITs, die bereits vor Beitritt zur EU abgeschlossen worden sind, verstießen zumindest bis zum Beitritt zur EU nicht gegen EU-Recht. Vielmehr wurden die BITs gerade dazu abgeschlossen, um den späteren Beitritt zur EU zu vereinfachen229 – darum wurden sie von der EU auch explizit gefördert.230 Demnach war auch das Angebot auf Schiedsabrede bis zu diesem Zeitpunkt wirksam. Sofern also ein Schiedsverfahren bereits vor Beitritt des Gaststaates zur EU eingeleitet wurde, ist die Schiedsabrede wirksam und die Zuständigkeit des Schiedsgerichts aufgrund dieser Abrede ist gegeben.231 In diesen Fällen kann somit auch die Vollstreckbarerklärung nicht auf Grundlage des Art. V Abs. 1 a) NYÜ verweigert werden. Dies könnte vor allem noch relevant werden bei Schiedsverfahren, die gegen Beitrittskandidaten wie Serbien oder Albanien eingeleitet werden, die ihrerseits BITs mit EU-Staaten abgeschlossen haben.232 cc) Schiedsabreden nach Beitritt zur EU Schwieriger ist es, wenn das Schiedsverfahren erst nach Beitritt des Gaststaates zur EU initiiert wurde. In diesem Fall müsste geklärt werden, ob weiterhin ein Angebot durch den Gaststaat vorliegt, welches angenommen werden kann und dadurch bindend wird. Auf der einen Seite könnte man argumentieren, dass die Unvereinbarkeit mit EU-Recht dazu führt, dass das Angebot auf Schiedsabrede nichtig ist.233 Dann würde die Unionsrechtswidrigkeit des Vertrages zwischen den beiden am BIT beteiligten Staaten auch automatisch zu einer Nichtigkeit des (Schieds-)Vertrages zwischen Gaststaat und Investor führen. So schien es der BGH bereits in seiner Vorlagefrage zu sehen.234 Nicht einmal die Europäische Kommission geht jedoch davon aus, dass die Intra-EU BITs aufgrund der Unvereinbarkeit mit EU-Recht

228 Pérez Nogales, The Role of the European Union in Intra-EU Investment Arbitration: The End of Private Dispute Resolution in Europe?, S. 49. 229 Wehland, SchiedsVZ 2008, 222, 223. 230 „[…], the Commission is now fighting intra-EU BITs as a beast of its own creation.“; Lenk, European journal of legal studies 8 (2015), 6, 10, mit Verweis auf Artikel 74 Abs. 2 des Europa-Abkommens zwischen den Europäischen Gemeinschaften und ihren Mitgliedstaaten einerseits und Rumänien andererseits, abgedruckt im Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaft, 37, L 357 vom 31. 12. 1994. 231 Vgl. Pérez Nogales, The Role of the European Union in Intra-EU Investment Arbitration: The End of Private Dispute Resolution in Europe?, S. 49. 232 Newing/Alexander/Meredith, What Next for Intra-EU Investment Arbitration?, http://ar bitrationblog.kluwerarbitration.com/2018/04/21/what-next-for-intra-eu-investment-arbitrationthoughts-on-the-achmea-decision/, What Next for Intra-EU Investment Arbitration?. 233 So wohl Wehland, JWIT 17 (2016), 942, 952, der jedoch nicht zwischen Unwirksamkeit von BIT und Angebot auf Schiedsabrede unterscheidet. Ebenso sehen es auch die EU-Staaten in ihren Erklärungen vom 15. und 16. Januar 2019. 234 BGH, SchiedsVZ 2016, 328, 83; vgl. auch Burgstaller, Journal of International Arbitration 26 (2009), 181, 213.

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nichtig sind.235 Vielmehr fordert sie die Staaten auf, die BITs zu beenden und spricht lediglich von einer Unanwendbarkeit.236 Somit bestehen faktisch weiterhin (EU-rechtswidrige) Angebote auf Abschluss einer Schiedsabrede in Intra-EU BITs und somit auch Einwilligungen in ein Schiedsverfahren. Diese Angebote könnten grundsätzlich weiterhin von Investoren angenommen werden. Eine Nichtigkeit des hierdurch abgeschlossenen Schiedsvertrages wäre nur gegeben, wenn sich ein Nichtigkeitsgrund finden ließe. Fraglich ist also, ob die Unvereinbarkeit einer Streitbeilegungsklausel in einem BIT mit EU-Recht dazu führt, dass eine daraus resultierende Schiedsabrede nicht nur rechtswidrig, sondern auch nichtig ist. Um diese Frage beantworten zu können, muss geklärt werden, welche Auswirkung die Unvereinbarkeit einer Norm mit dem EU-Recht auf ihre Wirksamkeit hat und ob dies auf BITs übertragen werden kann. Stellt der EuGH in einem Auslegungsurteil nach Art. 267 AEUV fest, dass Normen des EU-Rechts so auszulegen sind, dass sie einer nationalen Rechtsvorschrift entgegenstehen, so sind die innerstaatlichen Gerichte verpflichtet, „die allgemeinen oder besonderen Maßnahmen zu ergreifen, die geeignet sind, die Beachtung des Unionsrechts zu sichern, indem sie insbesondere dafür sorgen, dass das nationale Recht so schnell wie möglich mit dem Unionsrecht in Einklang gebracht und den Rechten, die dem Bürger aus dem Unionsrecht erwachsen, die volle Wirksamkeit verschafft wird“.237 Daraus folgt jedoch noch nicht, dass die Gerichte die streitige Norm solange nicht anwenden müssen. Primär ist es Aufgabe der innerstaatlichen Stellen, die Konsequenzen aus der Entscheidung des EuGH zu ziehen.238 Die nationalen Gesetzgeber sind also gehalten, die entsprechende Regelung aufzuheben oder abzuändern. Bis dahin bleibt die Norm trotz ihrer Unionsrechtswidrigkeit bestehen.239 Dies folgt bereits daraus, dass selbst das zur Umsetzung oder Durchführung von (für ungültig erklärtem) Unionsrecht erlassene innerstaatliche

235 Vgl. Achmea B.V. ./. The Slovak Republic, UNCITRAL, Award on Jurisdiction, Arbitrability and Suspension v. 26. 10. 2010 – PCA Case No. 2008-13, Rn. 180; vgl. auch Brauneck, EuR 53 (2018), 429, 444 ff., der einen weitergehenden Vorrang des BIT über Art. 351 AEUV annimmt. 236 Pressemitteilung, Europäische Kommission, Kommission fordert Mitgliedstaaten zur Beendigung ihrer EU-internen bilateralen Investitionsschutzabkommen auf, http://europa.eu/ra pid/press-release_IP-15-5198_de.htm; vgl. Dahlquist/Lenk/Rönnelid, European Policy Analysis 2016, 1, 2, Fn. 7; Kleinheisterkamp, JIEL 15 (2012), 85, 99, m.w.N. 237 EuGH, NJW 2007, 3625 – Jonkman u.a. 238 EuGH, BeckRS 2004, 72456, Rn. 51 – Rey Soda gegen Cassa Conguaglio Zucchero; BeckRS 2007, 70770, Rn. 67 – Ikea Wholesale. 239 Grabitz/Hilf/Nettesheim-Nettesheim, Art. 1 AEUV, Rn. 80; Calliess/Ruffert-Ruffert, Art. 1 AEUV, Rn. 18; Jarass/Beljin, NVwZ 23 (2004), 1, 4; Beljin, EuR 37 (2002), 351, 352 f.

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Kap. 3: Versagung der Vollstreckbarerklärung

Recht solange gültig ist, bis es von den nationalen Organen aufgehoben wurde.240 Dem EuGH wurde nämlich keine Kassationsbefugnis übertragen.241 Dennoch werden in der Praxis unionsrechtswidrige Normen von nationalen Gerichten außer Anwendung gelassen.242 Dies wird auch vom EuGH als erforderlich gehalten243 und mit dem effet utile begründet.244 Einen ähnlichen Ansatz hat der EuGH auch in Bezug auf bilaterale Abkommen zwischen zwei EU-Staaten entschieden. So hat er 1988 festgestellt, dass „der EWG-Vertrag auf den von ihm geregelten Gebieten den vor seinem Inkrafttreten zwischen den Mitgliedstaaten geschlossenen Übereinkünften vorgeht“.245 Noch weitergehend hat er entschieden „daß ein nach dem 1. Januar 1958 von einem Mitgliedstaat mit einem anderen Staat geschlossenes Abkommen vom Zeitpunkt des Beitritts dieses zweiten Staates zur Gemeinschaft an im Verhältnis zwischen diesen Staaten keine Anwendung finden kann, wenn es dem EWG-Vertrag widerspricht“.246 Auch das BVerfG sieht eine solche Befugnis der nationalen Gerichte zur Nichtanwendung von Gesetzen.247 Die dahingehende Praxis wird kritisiert, weil sie zum einen das Verwerfungsmonopol des BVerfG nach Art. 100 Abs. 1 GG umgehe, und zum anderen die fachgerichtliche Bindung an Parlamentsgesetze nach Artt. 20 Abs. 3, 97 Abs. 1 GG missachte.248 Zudem entstehe durch diese Handhabung unzulässiges gesetzeskorrigierendes Richterrecht.249 Gleichwohl ist nicht zu erwarten, dass diesbezüglich eine Änderung der Rechtsprechung des EuGH, des BVerfG und der nationalen Gerichte eintreten wird, 240

Vgl. Grabitz/Hilf/Nettesheim-Karpenstein, Art. 267 AEUV, Rn. 109; vgl. auch die Stellungnahme der Europäischen Kommission in Achmea B.V. ./. The Slovak Republic, UNCITRAL, Award on Jurisdiction, Arbitrability and Suspension v. 26. 10. 2010 – PCA Case No. 2008-13, Rn. 180. 241 F. Kirchhof, NJW 2011, 3681, 3684; Everling, DVBl 1985, 1201, 1204. 242 Schulte Beerbühl, AL 2012, 50, 51; vgl. Beispiele bei Stadie, Der V. Senat des Bundesfinanzhofs und die Gewaltenteilung, 67, 75 ff. 243 EuGH, NJW 1978, 1741 – Simmental II; bestätigt durch NJW, 2271 – Factortame; Slg., I-5665, Rn. 44 – Melki und Abdeli; NJW 2013, 1415 – Åkerberg Fransson; Oppermann/ Classen/Nettesheim, Europarecht, § 10, Rn. 1, 9; Geiger/Khan/Kotzur-Geiger, Art. 4 EUV, Rn. 24; Herdegen, Europarecht, § 10, Rn. 1. 244 Karaosmanog˘ lu, Die Nichtanwendung deutscher unionsrechtswidriger Gesetze, S. 48. 245 EuGH, Slg. 1988, 5589, Rn. 22 – Matteucci gegen Communauté française de Belgique u. a.; ähnlich auch Urt. vom 27. 02. 1962, C-10/61 – Europäische Kommission / Regierung der Italienischen Republik. 246 EuGH, Rn. 8 – Exportur SA / LOR SA u. a.; siehe auch Urt. v. 30. 09. 2009, C-546/07 – Europäische Kommission gegen die Bundesrepublik Deutschland, Rn. 42 ff. 247 BVerfG, NJW 1971, 2122 – Milchpulver; Everling, DVBl 1985, 1201. 248 Karaosmanog˘ lu, Die Nichtanwendung deutscher unionsrechtswidriger Gesetze, S. 14, 152 ff. 249 Vgl. Stern, Das Staatsrecht der Bundesrepublik Deutschland Band II, S. 583 f.; Sachs/ Battis/Pagenkopf-Sachs, Art. 20, Rn. 119 f.; Karaosmanog˘ lu, Die Nichtanwendung deutscher unionsrechtswidriger Gesetze, S. 169.

B. Intra-EU BITs

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weshalb unionsrechtswidrige Gesetze und auch bilaterale Abkommen bereits ohne Aufhebung durch den Gesetzgeber, beziehungsweise die Vertragsstaaten, von den nationalen Gerichten nicht angewendet werden. Fraglich ist aber, ob dies auch dazu führt, dass dem Angebot auf Abschluss der Schiedsabrede die Wirksamkeit versagt werden muss. Bei einem BIT handelt es sich nicht um ein Gesetz, sondern um einen völkerrechtlichen Vertrag. Dennoch könnte aus dem effet utile-Grundsatz – entsprechend der vorgenannten Rechtsprechung des EuGH – hergeleitet werden, dass auch unionsrechtswidrige Klauseln in BITs zwischen zwei EU-Staaten unbeachtet bleiben müssen und die nationalen Gerichte sich entsprechend verhalten werden.250 Hierbei ist jedoch zu beachten, dass auch bei einer solchen Lösung weiterhin ein Angebot auf Abschluss einer Schiedsabrede vorliegt. Dieses Angebot ist weder ein Gesetz noch eine bloße Absprache zwischen zwei Staaten nach nationalem Recht.251 Vielmehr ist es eine einseitige Willenserklärung im Sinne einer offerta ad incertas personas.252 Es ist darauf gerichtet, dass es von jedem Investor im entsprechenden Gaststaat im Zusammenhang mit einer Investition angenommen werden kann. Solange ein Angebot aber faktisch besteht, kann es vom Adressaten auch angenommen werden. Anders wäre es nur, wenn es ein (Unions-)Gesetz geben würde, welches bereits dieses Angebot nichtig machen würde, da dieses dann wiederum vorgehen würde. Ein solches Gesetz ist jedoch nicht vorhanden. Verstößt nun das Angebot gegen geltendes (Unions-)Recht, so führt dies nicht zu einer Nichtigkeit des Vertrages. Trotz der völkerrechtlichen Einflüsse253 handelt es sich bei ihm um einen Vertrag zwischen einer juristischen Person des öffentlichen Rechts und einer Privatperson. Ob ein solcher Vertrag bereits deshalb nichtig ist, weil er gegen Unionsrecht verstößt, richtet sich dabei nach dem für den Vertragsschluss maßgeblichen Recht. Sofern hierzu, wie üblich, keine Parteivereinbarung besteht, richtet es sich also nach dem nationalen Recht des Schiedsortes254 und dort anhand des jeweils anzuwendenden allgemeinen Vertragsrechts. Wie bereits gezeigt, verlangt der EuGH die Nichtanwendung unionsrechtswidriger Normen sowie Verträgen zwischen zwei Unionsstaaten. Vorliegend geht es aber um eine vertragliche Absprache zwischen einem Gaststaat und einem Investor, also einem Privaten. Aus deutscher Sicht kann ein Vergleich mit § 59 Abs. 1 VwVfG herangezogen werden. Demnach ist ein öffentlich-rechtlicher Vertrag nichtig, wenn sich die Nichtigkeit aus der entsprechenden Anwendung von Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuches ergibt. In Betracht kommen dabei Nichtigkeitsgründe 250

Vgl. Wehland, SchiedsVZ 2008, 222, 227 f. Schreuer, Consent to Arbitration, 830, 865. 252 Vgl. Bjorklund, Chic. J. Int. Law 2 (2001), 183; Markert, Streitschlichtungsklauseln in Investitionsschutzabkommen, S. 122 f. 253 Vgl. Markert, Streitschlichtungsklauseln in Investitionsschutzabkommen, S. 120 f. 254 OLG München, SchiedsVZ 2014, 262, 264; MüKo ZPO-Adolphsen, Art. V UNÜ, Rn. 21, 24; Musielak/Voit-Voit, § 1061, Rn. 14; BeckOK ZPO-Wilske/Markert, § 1061, Rn. 17. 251

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Kap. 3: Versagung der Vollstreckbarerklärung

wie ein Verstoß gegen ein gesetzliches Verbot (§ 134 BGB)255 oder die Sittenwidrigkeit (§ 138 BGB).256 Da ein gesetzliches Verbot weder im nationalen, noch im EURecht ersichtlich ist und eine Schiedsabrede nicht per se sittenwidrig ist, scheinen diese Gründe nicht zu greifen. Sofern sich nicht in anderen Jurisdiktionen Nichtigkeitsgründe finden, sprechen darum die besseren Gründe dafür, dass die Schiedsabrede auch dann wirksam ist, wenn die ihr zugrundeliegende Schiedsklausel in einem BIT unionsrechtswidrig ist. Entgegen dieser hier vertretenen Ansicht hat der BGH jedoch mittlerweile entschieden, dass der Achmea-Schiedsspruch sowie die Entscheidung des OLG Frankfurt am Main aufgrund der Entscheidung des EuGH aufgehoben werden müssen.257 Er begründet dies damit, dass sich nach Art. 8 des BIT auch die Wirksamkeit der Schiedsabrede nach dem Recht der Vertragsparteien und somit dem EURecht richte.258 Da die Klausel gegen Unionsrecht verstoße, sei sie unanwendbar und keine der Vertragsparteien habe sich verpflichten können, einem Schiedsverfahren zuzustimmen.259 Dem ist jedoch mit den bereits dargestellten Argumenten nicht beizupflichten. Zwar kann dem BGH dahingehend gefolgt werden, dass im Falle einer Unionsrechtswidrigkeit die Verpflichtung zur Zustimmung als unwirksam angesehen werden kann. Daraus folgt aber noch nicht, dass auch die tatsächlich gegebene Zustimmung unwirksam sein muss. Auch wenn aufgrund der Unionsrechtswidrigkeit der Klausel in dem BIT keine Verpflichtung des Gaststaates vorlag, ein Angebot auf Schiedsabrede abzugeben, wurde dies dennoch gerade getan. Dass die Verpflichtung gegenüber dem anderen Staat und das Angebot gegenüber dem Investor in einer Klausel zusammenfallen, kann hieran aufgrund der Abstraktheit der Rechtsverhältnisse nichts ändern. Der Gaststaat hätte also zwar nicht dem Schiedsverfahren zustimmen müssen, faktisch hat er dies aber gerade getan, weshalb er sich aufgrund des pacta sunt servanda-Grundsatzes auch daran festhalten lassen muss. Aus hier vertretener Sicht fehlte es darum nicht an dem Angebot. Der BGH sah dies freilich anders und meinte, der BIT sei „untrennbar mit der Schiedsvereinbarung verbunden“260.

255

Anders könnte man es bei einer unionsrechtswidrigen Beihilfe sehen, da dort gerade ein gesetzliches Verbot besteht. 256 Ähnlich wohl auch die Argumentation von Achmea in BGH, Beschluss v. 31. 10. 2018 – I ZB 2/15, Rn. 37. 257 BGH, Beschluss v. 31. 10. 2018 – I ZB 2/15; siehe auch Peterson, In highly-anticipated verdict, German Supreme Court determines that Achmea v. Slovakia award must be set aside in light of the recent European Court of Justice findings on intra-EU BIT arbitration, http://tinyurl. com/y7vxcvdt. 258 BGH, Beschluss v. 31. 10. 2018 – I ZB 2/15, Rn. 18. 259 BGH, Beschluss v. 31. 10. 2018 – I ZB 2/15, Rn. 26. 260 BGH, Beschluss v. 31. 10. 2018 – I ZB 2/15, Rn. 28.

B. Intra-EU BITs

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Im Übrigen differenzierte der BGH nicht danach, ob die Schiedsklauseln das Recht des Gaststaates in Bezug nehmen,261 was sehr verwundert, da der EuGH nur für eine Klausel wie in dem betreffenden BIT entschieden hat. Zwar behandelte das Verfahren die Aufhebung eines Schiedsspruches, welcher in Deutschland erlassen wurde, und kein Verfahren der Anerkennung und Vollstreckbarerklärung. Es ist aber zu erwarten, dass der BGH seine Auffassung auch auf das Exequaturverfahren übertragen wird.262 Darum müssen Investoren davon ausgehen, dass ihnen in ähnlich gelagerten Fällen von deutschen Gerichten die Erteilung des Exequaturs verweigert wird, wenn der Schiedsort innerhalb der EU lag. Da der BGH seine Begründung nicht nur auf solche Klauseln erstreckte, welche die Schiedsgerichte „das Recht der betroffenen Vertragspartei“ anwenden lassen, ist eine Übertragung auf sämtliche Intra-EU BITs zu erwarten. Aufgrund der Erklärungen der Regierungen der EU-Staaten vom 15. und 16. Januar 2019, wonach bereits kein gültiges Angebot auf Schiedsabredet vorliege263, ist damit zu rechnen, dass andere Gerichte in den EU-Staaten sich der Ansicht des BGH anschließen werden. Anders ist es jedoch zu sehen, wenn der Schiedsort außerhalb der EU belegen war. Auch in diesem Fall richtet sich die Wirksamkeit der Schiedsabrede – in Ermangelung einer separaten Regelung durch die Parteien – nach dem allgemeinen Vertragsrecht des Schiedsortes.264 Außerhalb der EU dürfte jedoch die Auslegung der Schiedsklauseln durch den EuGH unbeachtlich sein. Der BGH scheint zwar Art. 8 Abs. 6 des Niederlande-Slowakei-BIT als Rechtswahlklausel auch im Hinblick auf das für die Wirksamkeit der Schiedsabrede maßgebliche Recht zu verstehen.265 Hierdurch gibt er aber auch zu erkennen, dass zumindest bei Fehlen einer solchen Klausel das Recht des Schiedsortes maßgeblich ist. Folglich muss auch ein Exequaturgericht innerhalb der EU die Wirksamkeit der Schiedsvereinbarung akzeptieren, wenn der Schiedsort außerhalb der EU lag, keine Klausel wie in dem betreffenden BIT vorlag und darum das Unionsrecht keine Anwendung auf die Schiedsabrede findet. Aus Sicht eines Gerichts außerhalb der EU dürfte dann nämlich ein Angebot auf eine Schiedsvereinbarung vorliegen. Es wird nicht aufgrund des europäischen effet utile-Grundsatzes einen faktisch bestehenden Vertrag unangewendet lassen.

261

Siehe BGH, Beschluss v. 31. 10. 2018 – I ZB 2/15, Rn. 31. Siehe auch Bohmer, Reasoning of German Federal Supreme Court on set aside of BIT award is clarified, http://tinyurl.com/y7tdhbxe. 263 Siehe nur die Declaration of the Representatives of the Governments of the Member States, of 15 January 2019 on the Legal Consequenzes of the judgment of the court of justice in Achmea and on Investment Protection in the European Union, S. 1. 264 Vgl. auch oben S. 162. 265 BGH, Beschluss v. 31. 10. 2018 – I ZB 2/15, Rn. 18, wobei wohl auch gut argumentiert werden könnte, dass sich diese Klausel alleine auf das anzuwendende materielle Recht bezieht, da das Schiedsgericht nur dann entsprechend der Klausel entscheiden kann, wenn es sich bereits wirksam konstituiert hat. 262

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Kap. 3: Versagung der Vollstreckbarerklärung

Um diese Wirkung zu verhindern, müssten die BITs förmlich aufgehoben werden.266 Sofern dies nicht geschehen ist, darf die Vollstreckbarerklärung nicht aus dem Versagungsgrund des Art. V Abs. 1 a) Alt. 2 NYÜ verweigert werden, wenn der Schiedsort außerhalb der EU belegen war. In Anbetracht dessen kann einem Schiedskläger nur geraten werden, in Zukunft einen Schiedsort außerhalb der EU zu wählen, auch und gerade dann, wenn später die Durchsetzung des Schiedsspruchs innerhalb der EU gesucht wird.267 dd) Auswirkungen auf ICSID-Schiedssprüche Die Achmea-Entscheidung des EuGH betraf ein Verfahren vor einem UNCITRAL ad hoc-Schiedsgericht. Darum besteht dort prinzipiell die Möglichkeit, dass eine Unvereinbarkeit der Schiedsklausel zu einer Versagung der Vollstreckbarerklärung nach dem NYÜ führt. Anders wäre es jedoch bei einem auf einem ICSIDSchiedsgericht basierenden Schiedsspruch.268 Mittlerweile gibt es bereits ICSIDEntscheidungen, bei welchen die Schiedsrichter die Achmea-Entscheidung des EuGH als für ICSID-Verfahren unerheblich ansahen,269 weshalb in Zukunft zu erwarten ist, dass versucht wird, solche Post-Achmea-ICSID-Schiedssprüche in EUStaaten durchzusehen. Die ICSID-Schiedsregeln sehen keine Prüfung des Schiedsspruches durch nationale Gerichte vor. Vielmehr verlangt Art. 54 Abs. 1 ICSID die unbedingte Anerkennung vor den nationalen Gerichten.270 Sofern ein ICSID-Tribunal seine Zuständigkeit bejaht hat, dürfte somit die Vollstreckbarerklärung nicht verweigert werden. Die Frage nach der Wirksamkeit der Schiedsabrede stellt sich also nicht mehr auf Ebene des Exequaturverfahrens, sobald das Schiedsgericht einmal über seine Zuständigkeit entschieden hat. Eine Möglichkeit für eine Prüfung entgegen dieser Regelung könnte sich aus den bereits oben im Rahmen der Staatenimmunität besprochenen Entscheidungen des BGH271 im Zusammenhang mit dem Verfahren Walter Bau gegen Thailand ergeben. 266 Dieses Ergebnis wird auch an anderer Stelle zumindest in den Raum gestellt, siehe Stöbener de Mora, EuZW 2018, 363, 366. 267 In der Achmea-Entscheidung war der Schiedsort in Deutschland, weshalb hier das deutsche Recht Anwendung finden würde; siehe auch Stöbener de Mora, EuZW 2018, 363, 366. 268 Vgl. Lee, Contemp. Asia Arb. J. 11 (2018), 137, 146. 269 Masdar Solar & Wind Cooperatief U.A. ./. Kingdom of Spain, Award v. 16. 05. 2018 – ICSID Case No. ARB/14/1, Rn. 678; Marfin Investment Group u. a. ./. Republic of Cyprus, Award v. 26. 07. 2018 – ICSID Case No. ARB/13/27; Vattenfall AB and others ./. Federal Republic of Germany, Decision on the Achmea Issue v. 31. 08. 2018 – ICSID Case No. ARB/12/ 12; UP and C.D Holding Internationale ./. Hungary, Award v. 09. 10. 2018 – ICSID Case No. ARB/13/35, Rn. 221; siehe auch Peterson, Analysis: In a striking new award, ICSID tribunal rules that Achmea judgment does not cast shadow over ICSID-based arbitration, http://tin yurl.com/y8b2gcoz. 270 Siehe bereits oben S. 144. 271 BGH, SchiedsVZ 2013, 110; SchiedsVZ 2018, 53.

B. Intra-EU BITs

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Zwar handelte es sich bei dem Schiedsspruch nicht um einen ICSID-Schiedsspruch, aufgrund der grundsätzlich fehlenden Prüfbefugnis bei ICSID-Schiedssprüchen hätte sie aber gerade hier Auswirkungen. Die beiden Senate prüften im Rahmen der Gerichtsbarkeit, ob der Streit unter die entsprechende Schiedsklausel fällt. Andernfalls würde Staatenimmunität vorliegen und die Gerichtsbarkeit wäre nicht gegeben.272 Von der Frage danach, ob ein Streit unter eine bestimmte Schiedsklausel fällt, zu derjenigen danach, ob eine wirksame Schiedsvereinbarung vorliegt, ist es nicht weit. Darum könnten die Entscheidungen so interpretiert werden, dass der BGH über die Gerichtsbarkeit ein Einfallstor zum Überprüfen der Schiedsabrede sehen würde. Gerade bei ICSID-Schiedssprüchen würde dies aber eine Prüfung bedeuten, die nach der Intention des ICSID-Übereinkommens nicht nur nicht im Rahmen der Gerichtsbarkeit, sondern überhaupt nicht durch ein nationales Gericht erfolgen darf. Zweck des Durchsetzungsregimes des Art. 54 Abs. 1 ICSID ist es gerade, die Überprüfung durch nationale Gerichte zu unterbinden. Folglich ist die Rechtsprechung des BGH im Verfahren Walter Bau gegen Thailand nicht entsprechend auf eine Überprüfung der Wirksamkeit der Schiedsabrede im Rahmen der Gerichtsbarkeit zu übertragen. Ein nationales Gericht darf das Bestehen einer gültigen Schiedsabrede nicht bei der Vollstreckbarerklärung eines ICSID-Schiedsspruches prüfen. Das ICSID selbst ist in dieser Frage bislang zurückhaltend und beruft sich auf seine Neutralität: „The ICSID secretariat needs to be impartial and that means not commenting on legal decisions. We are carefully watching the impact of the decision, and it is being raised by parties in a number of ICSID cases.“273 ee) Schiedsvereinbarungen in Investor-Staat-Verträgen Neben ISDS-Verfahren auf Grundlage von BITs können auch in Investitionsverträgen zwischen einem Investor und einem Gaststaat Schiedsabreden vereinbart werden. Auf solche Schiedsabreden dürfte die Entscheidung des EuGH keine Auswirkungen haben. Diese beschäftigt sich alleine mit einer Schiedsklausel in einem BIT zwischen zwei Staaten und nicht mit direkten Abreden zwischen einem Staat und einem Investor. Dementsprechend kann bei solchen Schiedssprüchen nicht die Einrede der fehlenden Schiedsabrede vorgebracht werden und sie können unproblematisch für vollstreckbar erklärt werden. Sofern die entsprechende Ver-

272

BGH, SchiedsVZ 2013, 110, 112; SchiedsVZ 2018, 53, 54 f., Rn. 15 ff. Secretary-General of the ICSID Meg Kinnear in Baltag, Interview with Meg Kinnear, Secretary General of the International Centre for Settlement of Investment Disputes, https://us 6.campaign-archive.com/?e=840704edda&u=752026a04d2007135a2ab4662&id=1c62a3cf58, Interview with Meg Kinnear, Secretary General of the International Centre for Settlement of Investment, Frage 9. 273

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Kap. 3: Versagung der Vollstreckbarerklärung

handlungsmacht vorliegt, sollte ein Investor sich darum in Zukunft bemühen, auf solche individuellen Investitionsverträge zurückzugreifen.274 b) Gerichte von Drittstaaten Gerichte von Drittstaaten sind an die Entscheidung des EuGH nicht gebunden. Bei einer Prüfung nach Art. V Abs. 1 a) NYÜ müssen sie allerdings auch das Recht des Schiedsortes anwenden, wenn es um die Vollstreckbarerklärung eines Schiedsspruches geht und keine entsprechende Rechtswahl der Parteien vorliegt. Wie bereits gezeigt, geht der Verfasser nicht davon aus, dass die Schiedsabreden aufgrund entgegenstehenden EU-Rechts nach nationalem Vertragsrecht nichtig sind. Sollte dies doch der Fall sein, so müssten dies auch die Gerichte der Drittstaaten beachten und sie könnten darum die Vollstreckbarerklärung verweigern. Sie müssten in diesem Fall nämlich auch das EU-Recht als Teil des Rechts des Schiedsortes beachten. Im Verfahren Novenergia gegen Spanien275 versucht die Klägerin beispielsweise die Durchsetzung des Schiedsspruchs in den USA,276 wobei der Schiedsort Stockholm war. Inwiefern die US-Gerichte die Achmea-Entscheidung beachten werden, bleibt abzuwarten. Insgesamt ist darum auch dann zu einem Schiedsort außerhalb der EU zu raten, wenn die Durchsetzung außerhalb der EU versucht werden soll.

II. Aufgekündigte BITs Der Versagungsgrund der Art. V Abs. 1 a) Alt. 2 NYÜ kann auch dann greifen, wenn ein BIT überhaupt nicht vorliegt, da es in diesem Fall bereits an einem Angebot auf Schiedsabrede durch den Gaststaat mangelt. Neben dem offensichtlichen Fall, in welchem nie ein IIA vorlag, springen dabei Konstellationen ins Auge, bei welchen ein IIA, beziehungsweise BIT, zunächst vorlag, dann aber durch eine der Parteien beendet bzw. aufgekündigt wurde. Während die Unvereinbarkeit einer Schiedsklausel mit Unionsrecht nur innerhalb der EU maßgeblich wäre, wäre eine Kündigung eines BIT auch für Schiedsverfahren in Drittstaaten von Relevanz, weshalb sie hier gesondert behandelt wird. Eine in diesem Zusammenhang anzusprechende Frage ist, ob mit dem Beitritt zur EU die BITs zwischen den Beitrittsstaaten beendet wurden.277 Der EuGH hat diese Frage in seiner Achmea-Entscheidung nicht behandeln müssen, da sie nicht Teil der Vorlagefrage war. Aus Sicht des Verfassers sprechen viele Gründe gegen eine solche 274 275

063).

Vgl. Kriebaum, ELTE law journal 2015, 27, 35. Novenergia ./. Spanien, Final Arbitral Award v. 15. 02. 2018 – SCC Arbitration (2015/

276 Dahlquist, Analysis: now that first EU court has set aside an intra-EU BIT award due to Achmea ruling, we look at the fate of three other awards, http://tinyurl.com/ybg7w7rn. 277 Dazu ausführlich Rösch, Intraeuropäisches Investitionsrecht, S. 41 ff., 58 ff.

B. Intra-EU BITs

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Kündigung. Da jedoch zu erwarten ist, dass diese Argumente auch in Exequaturverfahren zur Verteidigung vorgebracht werden, sind die Grundzüge der Argumentation hier aufzuzeigen. Festzuhalten ist vorab, dass eine Unvereinbarkeit mit dem EU-Recht nicht automatisch zu einer Kündigung führt, genauso wie eine Kündigung nicht auch auf eine Unvereinbarkeit mit EU-Recht schließen lässt. Zwar besteht die Kommission auf einer Kündigung der BITs, weil sie von einer Unvereinbarkeit mit EU-Recht ausgeht. Dies wäre jedoch nur eine aus der Unvereinbarkeit resultierende Verpflichtung und kein Grund für eine automatische Kündigung. Darum kann die (von der Rechtsfolgenseite her) „stärkere“ Kündigung im Anschluss an die Unvereinbarkeit mit dem EU-Recht besprochen werden. 1. Kündigungswirkung des Art. 59 WVK Begründet wird eine Beendigungswirkung unter anderem mit Art. 59 WVK278. Sofern diese Norm eingreifen würde, läge bereits kein Angebot des Gaststaates vor, welches durch den Investor angenommen werden könnte, und Art. VAbs. 1 a) NYÜ würde greifen.279 Staaten haben diese Argumentation als Verteidigungsstrategie vor Investitionsschiedsgerichten verwendet und wurden darin von der Europäischen Kommission unterstützt.280 Dem ist jedoch nicht zu folgen.281 Art. 59 WVK verlangt eine entsprechende Absicht der Parteien,282 sowie, dass der Wunsch nach Beendigung des früheren Vertrages durch eine Vertragspartei mitgeteilt wird.283 Keiner der 278 Der Wortlaut der Vorschrift lautet: (1) Ein Vertrag gilt als beendet, wenn alle Vertragsparteien später einen sich auf denselben Gegenstand beziehenden Vertrag schließen und a) aus dem späteren Vertrag hervorgeht oder anderweitig feststeht, dass die Vertragsparteien beabsichtigten, den Gegenstand durch den späteren Vertrag zu regeln, oder b) die Bestimmungen des späteren Vertrags mit denen des früheren Vertrags in solchem Masse unvereinbar sind, dass die beiden Verträge eine gleichzeitige Anwendung nicht zulassen. (2) Der frühere Vertrag gilt als nur suspendiert, wenn eine solche Absicht der Vertragsparteien aus dem späteren Vertrag hervorgeht oder anderweitig feststeht. 279 Wehland, JWIT 17 (2016), 942, 952. 280 Eastern Sugar B.V. ./. The Czech Republic, Partial Award v. 27. 03. 2007 – SCC Case No. 088/2004, Rn. 97; Achmea B.V. ./. The Slovak Republic, UNCITRAL, Award on Jurisdiction, Arbitrability and Suspension v. 26. 10. 2010 – PCA Case No. 2008-13, Rn. 231 ff.; Jürgen Wirtgen u. a. ./. Tschechien, Final Award v. 11. 11. 2017 – PCA Case No. 2014-03, Rn. 241; Reinisch, Die Zuständigkeitsentscheidungen in Eastern Sugar v. Czech Republic und Eureko v. Slovak Republic, 3, 6. 281 So auch Zarra, Am. Rev. Int. Arbitr. 25 (2014), 573, 579; Reinisch, Die Zuständigkeitsentscheidungen in Eastern Sugar v. Czech Republic und Eureko v. Slovak Republic, 3, 9 ff.; Thörle, Konflikt zwischen Investitionsschutzabkommen und dem Recht der EU, S. 151. 282 Wilting, Vertragskonkurrenz im Völkerrecht, S. 81; Tietje, KSzW 2011, 128, 132; Dörr/ Schmalenbach-Giegerich, Art. 59 WVK, Rn. 14; Rösch, Intraeuropäisches Investitionsrecht, S. 82. 283 Reinisch, Die Zuständigkeitsentscheidungen in Eastern Sugar v. Czech Republic und Eureko v. Slovak Republic, 3, 11; Reinisch, Legal issues of economic integration 2012, 164;

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Kap. 3: Versagung der Vollstreckbarerklärung

Staaten, die eine Beendigung als Verteidigung vor einem Schiedsgericht vorbrachten, hatte jedoch zuvor in irgendeiner Weise seinen dahingehenden Willen kundgetan.284 Auch finden sich in den EU-Beitrittsverträgen keine entsprechenden Bestimmungen.285 Zudem müssten die Intra-EU BITs und die Beitrittsverträge zur EU denselben Gegenstand betreffen, damit Art. 59 WVK Anwendung finden könnte. Zwar ähneln sich die Schutzstandards für Investoren in beiden Verträgen.286 Dennoch gibt es einige erhebliche Unterschiede, weshalb die Verträge nicht vergleichbar sind.287 Insbesondere sehen die EU-Verträge nicht vor, dass ein Investor einen Gaststaat vor einer unabhängigen Instanz direkt verklagen kann.288 Überdies hatte die EU vor Inkrafttreten des Vertrags von Lissabon noch keine Kompetenz für den Bereich der Auslandsinvestitionen, weshalb sie zum Zeitpunkt des Beitritts der jeweiligen Staaten diesen Gegenstand schon nicht regeln konnte.289 Art. 59 Abs. 1 b) WVK sieht jedoch als Kündigungsgrund auch die Unvereinbarkeit der Bestimmungen der beiden Verträge miteinander vor. Die Frage hiernach ähnelt derjenigen, die der EuGH in seiner Achmea-Entscheidung behandeln musste. Allerdings wurde dort lediglich die Unvereinbarkeit einer bestimmten Klausel mit dem EU-Recht festgestellt. Die Unvereinbarkeit einzelner Bestimmungen führt aber nicht zu einer Unvereinbarkeit des gesamten Vertrages.290 Eine Entscheidung darRösch, Intraeuropäisches Investitionsrecht, S. 59 f.; Thörle, Konflikt zwischen Investitionsschutzabkommen und dem Recht der EU, S. 150. 284 Rösch, Intraeuropäisches Investitionsrecht, S. 59; Escher et al., Investment Arbitration in Germany, 1013, Rn. 51; Kriebaum, ELTE law journal 2015, 27, 30; Wehland, SchiedsVZ 2008, 222, 226; vgl. Achmea B.V. ./. The Slovak Republic, UNCITRAL, Award on Jurisdiction, Arbitrability and Suspension v. 26. 10. 2010 – PCA Case No. 2008-13, Rn. 235; Zarra, Am. Rev. Int. Arbitr. 25 (2014), 573, 580; Reinisch, Die Zuständigkeitsentscheidungen in Eastern Sugar v. Czech Republic und Eureko v. Slovak Republic, 3, 11; Thörle, Konflikt zwischen Investitionsschutzabkommen und dem Recht der EU, S. 140 ff. 285 Rösch, Intraeuropäisches Investitionsrecht, S. 82 ff.; Reinisch, Die Zuständigkeitsentscheidungen in Eastern Sugar v. Czech Republic und Eureko v. Slovak Republic, 3, 18. 286 Eine ausführliche Besprechung der Gemeinsamkeiten und Unterschiede kann im Rahmen dieser Arbeit dahinstehen, da jedenfalls kein entsprechender Wille der Vertragsparteien vorhanden war und Art. 59 WVK somit nicht greift. Vgl. auch Rösch, Intraeuropäisches Investitionsrecht, S. 81. 287 Ausführlich dazu Rösch, Intraeuropäisches Investitionsrecht, S. 61 ff.; Jürgen Wirtgen u. a. ./. Tschechien, Final Award v. 11. 11. 2017 – PCA Case No. 2014-03, Rn. 253; Reinisch, Die Zuständigkeitsentscheidungen in Eastern Sugar v. Czech Republic und Eureko v. Slovak Republic, 3, 12 ff.; Reinisch, Legal issues of economic integration 2012, 167 ff.; Kleinheisterkamp, JIEL 15 (2012), 85, 95; für eine Vergleichbarkeit aber Wehland, SchiedsVZ 2008, 222, 226; Escher et al., Investment Arbitration in Germany, 1013, Rn. 50; Thörle, Konflikt zwischen Investitionsschutzabkommen und dem Recht der EU, S. 134 ff. 288 Rösch, Intraeuropäisches Investitionsrecht, S. 76; Stöbener de Mora, EuZW 2018, 363, 365; Zarra, Am. Rev. Int. Arbitr. 25 (2014), 573, 581. 289 European American Investment Bank AG (EURAM) ./. Slovak Republic, Award on Jurisdiction v. 22. 10. 2012 – PCA CASE NO. 2010-17, Rn. 183. 290 Vgl. Rösch, Intraeuropäisches Investitionsrecht, S. 87; Thörle, Konflikt zwischen Investitionsschutzabkommen und dem Recht der EU, S. 147 ff.

B. Intra-EU BITs

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über, ob Intra-EU BITs in ihrer Gesamtheit gegen EU-Recht verstoßen, würde den Schwerpunkt dieser Arbeit zu sehr verschieben und ist überdies bereits Bestandteil umfassender Ausführungen.291 Doch selbst wenn die Verträge inhaltlich nicht miteinander vereinbar wären, würde dies nicht zu einer Unmöglichkeit der gleichzeitigen Anwendung führen, was jedoch für die Anwendung von Art. 59 Abs. 1 b) WVK nötig wäre.292 Zudem ist wohl nicht einmal die Europäische Kommission, als eine der schärfsten Gegnerinnen von Intra-EU BITs,293 der Meinung, dass diese BITs mit dem Beitritt zur EU nichtig geworden sind.294 Vielmehr scheint sie der gegenteiligen Auffassung zu sein und keine implizite Kündigung durch einen Beitritt zur EU anzunehmen.295 So hat die Europäische Kommission im Achmea-Verfahren selbst festgestellt: Furthermore, in the EU legal system, national legislation of an EU Member State that is incompatible with EU law does not become ‘invalid’; it merely cannot be applied where it conflicts with EU law. The same applies in the Commission’s view, to existing intra-EU BITs that contain provisions that are incompatible with EU law: neither the BIT as such nor 291 Siehe nur Generalanwalt Wathelet, Schlussantrag v. 19. 09. 2017 – C-284/16, BeckRS 2017, 125330 – Achmea; Basener, Investment protection in the European Union; Rösch, Intraeuropäisches Investitionsrecht; Tietje, KSzW 2011, 128; Wehland, SchiedsVZ 2008, 222, 225 ff.; Classen, EuR 47 (2012), 611; Zarra, Am. Rev. Int. Arbitr. 25 (2014), 573, 588; Kriebaum, ELTE law journal 2015, 27, (die Argumente der Schiedsgerichte zusammenfassend). 292 Reinisch, Die Zuständigkeitsentscheidungen in Eastern Sugar v. Czech Republic und Eureko v. Slovak Republic, 3, 18 f.; Reinisch, Legal issues of economic integration 2012, 173. 293 „[the Commission] will pursue every appropriate legal avenue, including the submission of amicus curiae observations to the national courts entrusted with the task of recognising and enforcing the arbitral awards rendered in violation of the Union’s State aid control rules.“, zitiert nach Peterson, Revealed: A First Look at Arguments made by European Commission in its recent Bid to halt UNCITRAL Arbitration under Intra-EU BIT, http://tinyurl.com/no3uw4d; siehe zudem die amicus curiae-Stellungnahmen der Kommission in den Verfahren Eastern Sugar B.V. ./. The Czech Republic, Partial Award v. 27. 03. 2007 – SCC Case No. 088/2004, Rn. 119; Achmea B.V. ./. The Slovak Republic, UNCITRAL, Award on Jurisdiction, Arbitrability and Suspension v. 26. 10. 2010 – PCA Case No. 2008-13, Rn. 176; European American Investment Bank AG (EURAM) ./. Slovak Republic, Award on Jurisdiction v. 22. 10. 2012 – PCA CASE NO. 2010-17, Rn. 61; sowie die EFC Reports, beispielsweise Rat der Europäischen Union, 2008 Annual EFC Report to the Commission and the Council on the Movement of Capital and the Freedom of Payments – ECOFIN 629 MDC 2008, Rn. 16; Rat der Europäischen Union, 2011 Annual EFC Report to the Commission and the Council on the Movement of Capital and the Freedom of Payments – ECOFIN 629 MDC 2011, Rn. 22; Europäische Kommission, Commission Staff Working Document Capital Movements and Investments in the EU 2012, SWD(2012) 6 final, 3. 294 Kriebaum, ELTE law journal 2015, 27, 28; Wölker, ICSID Rev. 2009, 434, 439. 295 Vgl. Achmea B.V. ./. The Slovak Republic, UNCITRAL, Award on Jurisdiction, Arbitrability and Suspension v. 26. 10. 2010 – PCA Case No. 2008 – 13, Rn. 187; Reinisch, Die Zuständigkeitsentscheidungen in Eastern Sugar v. Czech Republic und Eureko v. Slovak Republic, 3, 8 f.; Pérez Nogales, The Role of the European Union in Intra-EU Investment Arbitration: The End of Private Dispute Resolution in Europe?, S. 27, 37 f.; Reinisch, Legal issues of economic integration 2012, 165.

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Kap. 3: Versagung der Vollstreckbarerklärung

the conflicting provisions become ‘invalid’; but they cannot be applied where they conflict with EU law.296

Andernfalls wäre es überdies auch widersprüchlich, dass sie die Mitgliedstaaten nun auffordert, ihre BITs aufzukündigen.297 Eine Kündigung wäre nämlich redundant, sofern bereits mit dem Beitritt zur EU eine Kündigung einhergehen würde. Auch die Schiedsgerichte waren in den betreffenden Fällen der Auffassung, dass die BITs nicht beendet seien, weshalb sie ihre Zuständigkeit jeweils annahmen.298 Bisweilen wird auch Art. 30 WVK herangezogen, um einen Anwendungsvorrang des EU-Rechts zu begründen.299 Im Gegensatz zu Art. 59 WVK bezieht sich diese Norm auf einzelne Klauseln in einem Vertrag.300 Der Hauptanwendungsfall liegt dabei bei materiell-rechtlichen Konflikten zwischen zwei Vertragswerken.301 Für die Frage der Wirksamkeit der Schiedsklausel in einem Intra-EU BIT sind solche potentiellen materiellen Unvereinbarkeiten jedoch nicht von Bedeutung. Allerdings könnte auch die Schiedsklausel selbst mit dem Unionsrecht kollidieren, wie es der EuGH in seiner Achmea-Entscheidung zumindest für eine bestimmte Formulierung festgestellt hat. Geht man von einer generellen Unvereinbarkeit der Klausel aus,302 so könnte tatsächlich über Art. 30 Abs. 3 WVK eine Unwirksamkeit der Schiedsklausel angenommen werden, wenn man EU-Recht als Völkerrecht ansieht und einen entsprechenden Willen der Parteien nachweisen könnte. Die Unwirksamkeit wäre aber 296

Zitat entnommen aus Achmea B.V. ./. The Slovak Republic, UNCITRAL, Award on Jurisdiction, Arbitrability and Suspension v. 26. 10. 2010 – PCA Case No. 2008-13, Rn. 180. 297 Siehe zur Aufforderung zur Beendigung als erste Stufe eines Vertragsverletzungsverfahrens nach Art. 258 AEUV Thörle, Konflikt zwischen Investitionsschutzabkommen und dem Recht der EU, S. 266 ff. 298 Eastern Sugar B.V. ./. The Czech Republic, Partial Award v. 27. 03. 2007 – SCC Case No. 088/2004, Rn. 181; Achmea B.V. ./. The Slovak Republic, UNCITRAL, Award on Jurisdiction, Arbitrability and Suspension v. 26. 10. 2010 – PCA Case No. 2008-13, Rn. 94. 299 Vgl. Rösch, Intraeuropäisches Investitionsrecht, S. 91; Wölker, ICSID Rev. 2009, 434, 440 f.; Kriebaum, ELTE law journal 2015, 27, 31 f.; Wehland, SchiedsVZ 2008, 222, 226 f.; Wehland, JWIT 17 (2016), 942, 951; Hindelang, Legal issues of economic integration 39 (2012), 179, 186 ff. 300 Rösch, Intraeuropäisches Investitionsrecht, S. 96 ff.; Hindelang, Legal issues of economic integration 39 (2012), 179, 186; Reinisch, Legal issues of economic integration 2012, 174. 301 Vgl. Achmea B.V. ./. The Slovak Republic, UNCITRAL, Award on Jurisdiction, Arbitrability and Suspension v. 26. 10. 2010 – PCA Case No. 2008-13, Rn. 272: „[…] it is difficult to see how Article 30 could deprive the Tribunal of jurisdiction […] even if there may be circumstances in which a true incompatibility between the BIT and EU law arises. Any such incompatibility would be a question of the effect of EU law as part of the applicable law and, as such, a matter for the merits and not jurisdiction“. 302 Gegen eine Vereinbarkeit mit dem EU-Recht: Wehland, SchiedsVZ 2008, 222, 234; J. Berger, SchiedsVZ 2017, 282, 291; für eine generelle Vereinbarkeit Generalanwalt Wathelet, Schlussantrag v. 19. 09. 2017 – C-284/16, BeckRS 2017, 125330 – Achmea; Rösch, Intraeuropäisches Investitionsrecht, S. 164; Escher et al., Investment Arbitration in Germany, 1013, Rn. 51; Eilmansberger, Common Mark. Law Rev. 2009, 383, 401; Engel, SchiedsVZ 2017, 291, 299.

B. Intra-EU BITs

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nur in dem Umfang gegeben, wie tatsächlich eine Unvereinbarkeit vorliegt. Dies führt jedoch nicht zu einer vollständigen Beendigung beziehungsweise Kündigung des BIT, sondern lediglich zur Unanwendbarkeit der entsprechenden Klausel. Die Folgen sind dann vielmehr mutatis mutandis diejenigen, die bei der Unvereinbarkeit mit dem EU-Recht entstehen, wie sie der EuGH in seiner Achmea-Entscheidung festgestellt hat.303 Das nationale Gericht müsste also bei der Vollstreckbarerklärung der Auffassung sein, dass das Angebot auf eine Schiedsvereinbarung aufgrund des Völkerrechts unwirksam war und dass darum keine Schiedsvereinbarung besteht. Hiergegen wird jedoch – ebenso wie gegen die Anwendung des Art. 59 WVK – vorgetragen, dass es sich jeweils nicht um denselben Gegenstand handele und darum bereits kein Normenkonflikt vorliege.304 Besonders problematisch wäre die Anwendung des Art. 59 WVK im Hinblick auf EU-Beitrittskandidaten. Diese haben teilweise mit EU-Staaten BITs abgeschlossen, gerade um den Beitritt zu erleichtern. Müssten nun die Investoren damit rechnen, dass mit dem Beitritt zur EU dieser Schutz wegfällt, wäre dies ein Grund, von einer Investition in diesen Ländern abzusehen. Dies kann jedoch nicht im Sinne der EU sein, da die Beitrittskandidaten durch Investitionen aus EU-Ländern gerade wirtschaftlich „aufholen“ sollen, damit der Beitritt zur EU ermöglicht wird. Teilweise wird die Anwendung der WVK sogar ganz abgelehnt, da es sich bei den EU-Verträgen nicht um Völkerrecht handele.305 Für die Wirksamkeit der Intra-EU BITs kann hingegen nicht die sogenannte „Grandfathering-Verordnung“306 ins Feld geführt werden, da diese nur im Hinblick auf Drittstaaten gilt. 2. Kündigung durch die Mitgliedstaaten Eine einseitige Rücknahme der Schiedsklausel in einem BIT durch einen der Staaten ist aufgrund des pacta sunt servanda-Grundsatzes zunächst ausgeschlossen.307 Gleichwohl können sich die Vertragsstaaten auch auf eine Beendigung eines IIAs einigen308 oder eine Möglichkeit zur Kündigung (oftmals verbunden mit einer 303

Siehe dazu oben S. 161. Eastern Sugar B.V. ./. The Czech Republic, Partial Award v. 27. 03. 2007 – SCC Case No. 088/2004, Rn. 178 ff.; Kriebaum, ELTE law journal 2015, 27, 31; Zarra, Am. Rev. Int. Arbitr. 25 (2014), 573, 583 f.; Reinisch, Die Zuständigkeitsentscheidungen in Eastern Sugar v. Czech Republic und Eureko v. Slovak Republic, 3, 20. 305 Tietje, KSzW 2011, 128, 131. 306 Verordnung (EU) Nr. 1219/2012 vom 12. Dezember 2012 zur Einführung einer Übergangsregelung für bilaterale Investitionsschutzabkommen zwischen den Mitgliedstaaten und Drittländern, abrufbar unter https://eur-lex.europa.eu/legal-content/DE/ALL/?uri=CELEX%3 A32012R1219. 307 Markert, Streitschlichtungsklauseln in Investitionsschutzabkommen, S. 130 f. 308 Markert, Streitschlichtungsklauseln in Investitionsschutzabkommen, S. 131. 304

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Kap. 3: Versagung der Vollstreckbarerklärung

Mindestlaufzeit309) in den BITs vereinbaren.310 Die Kommission fordert die Mitgliedstaaten dazu auf, ihre BITs so schnell wie möglich zu beenden. Die Einleitung eines „Administrativen Dialoges“311 zwischen der Europäischen Kommission und fünf der Mitgliedstaaten (namentlich den Niederlanden, Österreich, Rumänien, Schweden und der Slowakei) über die Beendigung ihrer Intra-EU BITs als Vorstufe eines Vertragsverletzungsverfahrens nach Art. 258 AEUV hatte zunächst keine größeren Wirkungen dahingehend gezeigt, dass EU-Staaten in großem Stil ihre BITs aufkündigten. Die Rückmeldungen der einzelnen Staaten auf ein gleichzeitig eingeleitetes „Pilotverfahren“ gegen die übrigen Mitgliedstaaten, mit welchem die Kommission um deren Stellungnahmen gebeten hat,312 waren ebenfalls durchwachsen.313 Mit den Erklärungen vom 15. und 16. Januar 2019314 haben die Regierungen der Mitgliedstaaten jedoch nun zu erkennen gegeben, dass sie ihre Intra-EU BITs im Laufe des Jahres aufheben wollen. Parallel dazu scheint die Europäische Kommission nun auch an einem multilateralen Vertragswerk zu arbeiten, welches die einvernehmliche Aufhebung der Intra-EU BITs bewirken soll.315 Überdies wurden bereits vereinzelt BITs von EU-Mitgliedstaaten aufgekündigt316 und spätestens mit der Schaffung eines Multilateralen Investitionsschiedsgerichtshofs317 ist dies auch in größerem Maße wahrscheinlich. Es bleibt abzuwarten, wie weitere Aufhebungen 309

Harrison, JWIT 13 (2012), 928, 933. Vgl. Schreuer, ICSID Convention, Art. 25, Rn. 450; Waibel, Investment Arbitration: Jurisdiction and Admissibility, 1212, 1229, Rn. 63. 311 Siehe Pressemitteilung IP/15/5198 der Europäischen Kommission vom 18. 06. 2015: Europäische Kommission, Kommission fordert Mitgliedstaaten zur Beendigung ihrer EU-internen bilateralen Investitionsschutzabkommen auf. 312 Ebd. 313 Siehe zu einzelnen Antworten Dahlquist, EU member-states table differing responses in face of Commission’s infringement proceedings related to intra-EU BITs, http://tinyurl.com/j3 ghy9k. 314 Declaration of the Representatives of the Governments of the Member States, of 15 January 2019 on the Legal Consequenzes of the judgment of the court of justice in Achmea and on Investment Protection in the European Union; Declaration of the Representatives of the Governments of the Member States, of 16 January on the Enforcement of the Judgment of the Court of Justice in Achmea and on Investment Protection in the European Union; Declaration of the Representative of the Government of Hungary, of 16 January 2019 on the Legal Consequences of the Judgment of the Court of Justice in Achmea and on Investment Protection in the European Union, alle abrufbar unter https://ec.europa.eu/info/publications/190117-bilateral-in vestment-treaties_en. 315 Dahlquist, European Commission’s push for termination of intra-EU investment treaties shifts to multilateral plane, but member-states at odds over scope of effort, http://tinyurl.com/ ybv7uvdw. 316 Siehe zu den von Italien, Irland, Dänemark und Tschechien einvernehmlich beendeten BITs detailiert Thörle, Konflikt zwischen Investitionsschutzabkommen und dem Recht der EU, S. 254; siehe zudem Davoise, Another One BIT the Dust, http://arbitrationblog.kluwerarbitrati on.com/2018/08/11/another-one-bit-dust-netherlands-termination-intra-eu-treaties-latest-sym ptom-backlash-investor-state-arbitration/. 317 Siehe oben S. 78 ff. 310

B. Intra-EU BITs

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letztlich tatsächlich umgesetzt werden. In der Folge sind die Konsequenzen darzustellen, die sich aus der Beendigung eines BIT für die Durchsetzung von ISDSSchiedssprüchen ergeben. 3. Wirkungen der Kündigung a) Wirkung der Kündigung auf laufende Verfahren Fraglich ist, welche Auswirkungen die Kündigung auf laufende Verfahren hat, bei welchen das Angebot durch den Investor bereits angenommen wurde. Wie bereits gezeigt, ist ein Angebot des Gaststaates bindend, sobald es von dem Investor angenommen worden ist und es kann ab diesem Zeitpunkt nicht mehr zurückgenommen werden.318 Aus dem Umkehrschluss ergibt sich, dass das Angebot bis zu diesem Zeitpunkt frei widerrufbar ist.319 Sofern eine Kündigung erfolgreich war, wird hierdurch – vorbehaltlich der sogleich zu behandelnden Sunset Clauses – das Angebot auf ein Schiedsverfahren ex nunc aufgehoben. In diesem Fall kann keine wirksame Schiedsvereinbarung mehr entstehen. Ist das Angebot aber einmal bindend geworden, so ändert auch die Beendigung des IIAs hieran nichts mehr.320 In diesen Fällen kann auch die Vollstreckbarerklärung nicht auf Grundlage des Art. V Abs. 1 a) NYÜ verweigert werden. Erst recht muss dies für bereits entschiedene Schiedsverfahren gelten. Investoren sollten sich bei Streitigkeiten mit dem Gaststaat darum bemühen, das Angebot anzunehmen, bevor ein entsprechendes IIA aufgekündigt wird.321

318

Schreuer, Consent to Arbitration, 830, 856; Schreuer, Denunciation of the ICSID Convention and Consent to Arbitration, 353, 363; Schreuer, ICSID Convention, Art. 25, Rn. 450. 319 Vgl. Waibel, Investment Arbitration: Jurisdiction and Admissibility, 1212, 1216, Rn. 12; zu der Mindermeinung des „jurisdictional estoppel“ und dem „principle of irrevocability of pending offers“ siehe Zarra, Am. Rev. Int. Arbitr. 25 (2014), 573, 598 f., dort insbesondere Fn. 96 und 97. 320 Pérez Nogales, The Role of the European Union in Intra-EU Investment Arbitration: The End of Private Dispute Resolution in Europe?, S. 50; Schreuer, Denunciation of the ICSID Convention and Consent to Arbitration, 353, 362. 321 Vgl. Schreuer, ICSID Convention, Art. 25, Rn. 450, mit Nachweisen zu Fällen, in denen die Einwilligung bereits vor Einleitung des eigentlichen Verfahrens erteilt wurde; Markert, Streitschlichtungsklauseln in Investitionsschutzabkommen, S. 131; Dolzer/Schreuer, Principles of international investment law, S. 259.

182

Kap. 3: Versagung der Vollstreckbarerklärung

b) Wirkung der Kündigung auf zukünftige Verfahren aa) Sunset Clauses/Survival Clauses Auch wenn EU-Staaten anfangen ihre BITs aufzukündigen, muss dies noch nicht das Ende für sämtliche ISDS-Schiedsverfahren aufgrund von Intra-EU BITs bedeuten. In vielen Fällen investieren Investoren gerade deshalb, weil sie auf den Schutz von BITs vertrauen, weshalb ihnen ein gewisser Vertrauensschutz zu gewähren ist. Ein Wegfall dieses Schutzes quasi „über Nacht“, ist ein unkalkulierbares Risiko, weshalb ein Bedürfnis besteht, den Investor für solche Fälle abzusichern. Doch auch wenn die BITs eine entsprechende Kündigungsklausel vorsehen, ist der Investor schutzbedürftig. Diesem Bedürfnis wird durch sogenannte Sunset Clauses oder auch Survival Clauses Rechnung getragen.322 In ihnen verpflichten sich Staaten, den Investitionsschutz und vor allem das Angebot auf eine Schiedsabrede auch nach Aufkündigung und Beendigung des Investitionsschutzvertrages noch für eine gewisse Dauer weiter zu gewähren. Für diese Übergangszeit könnte ein Investor somit weiter vor einem Schiedsgericht gegen einen Staat klagen. Einige der Intra-EU BITs sehen solche Sunset Clauses vor,323 weshalb die reine Kündigung der BITs den Konflikt nicht endgültig auflöst.324 Dies wurde auch bereits für den BIT zwischen Frankreich und Ungarn von einem Schiedsgericht nach der Achmea-Entscheidung festgestellt.325 In den Erklärungen der Regierungen der EUStaaten vom 15. und 16. Januar 2019 gehen die Mitgliedstaaten davon aus, dass auch die Sunset-Clauses in den Intra-EU BITs unwirksam seien.326 Allerdings begründen sie dies nicht weiter und auch der EuGH hat diese Frage nicht behandelt. 322 Lavopa/Barreiros/Bruno, JIEL 16 (2013), 869, 879 f.; Dahlquist/Lenk/Rönnelid, European Policy Analysis 2016, 1, 8; Waibel, Investment Arbitration: Jurisdiction and Admissibility, 1212, 1230, Rn. 67 ff.; Markert, Streitschlichtungsklauseln in Investitionsschutzabkommen, S. 129 f.; Harrison, JWIT 13 (2012), 928, 935. 323 Eine Auflistung der von Deutschland abgeschlossenen BITs mit ihrer jeweiligen Mindestgeltungsdauer und ihren Nachwirkungsfristen nach Außerkrafttreten findet sich in Deutscher Bundestag, BT-Drs. 18/4523 – Kleine Anfrage der FDP zum Freihandelsabkommen mit Vietnam, S. 4 ff. 324 Lavopa/Barreiros/Bruno, JIEL 16 (2013), 869, 878 ff.; Rösch, Intraeuropäisches Investitionsrecht, S. 290; Dahlquist/Lenk/Rönnelid, European Policy Analysis 2016, 1, 4; Yong, Netherlands to terminate BIT with Slovakia in wake of Achmea, https://globalarbitrationreview. com/article/1168905/netherlands-to-terminate-bit-with-slovakia-in-wake-of-achmea; Newing/ Alexander/Meredith, What Next for Intra-EU Investment Arbitration?, http://arbitrationblog.klu werarbitration.com/2018/04/21/what-next-for-intra-eu-investment-arbitration-thoughts-on-theachmea-decision/, What Next for Intra-EU Investment Arbitration? 325 UP and C.D Holding Internationale ./. Hungary, Award v. 09. 10. 2018 – ICSID Case No. ARB/13/35, Rn. 221, der maßgebliche BIT hat eine „survival clause“ für die Dauer von 20 Jahren. 326 Siehe nur Declaration of the Representatives of the Governments of the Member States, of 15 January 2019 on the Legal Consequenzes of the judgment of the court of justice in Achmea and on Investment Protection in the European Union, S. 1.

B. Intra-EU BITs

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Sunset Clauses können jedoch durch gesonderte Vereinbarung zwischen den Vertragsstaaten aufgehoben werden (Art. 54 b) WVK).327 Gleichwohl ist die Ansicht abzulehnen, welche Sunset Clauses bei einvernehmlicher Beendigung generell nicht anwenden will,328 da den Staaten selbst überlassen bleiben muss, inwiefern sie einen Vertrag beenden wollen. Sofern nur einer der Staaten bereit ist, den BIT aufzuheben, wirkt die Sunset Clause und eine sofortige Unwirksamkeit des BIT kann nicht eintreten.329 Dies dürfte selbst dann gelten, wenn man eine Kündigung der BITs über Art. 59 WVK inklusive des entsprechenden Willens annehmen würde. Auch wird argumentiert, dass das Recht der Investoren auf ein Schiedsverfahren nicht durch einvernehmliche Aufhebung durch die Staaten beseitigt werden könne, da sich ein Investor auf die einmal verliehenen Rechte verlassen können müsse.330 Eine solche Negierung des Vertrauensschutzes und des Rückwirkungsverbots könne sich die EU nicht leisten.331 Inwiefern diese Ansicht auf die materiellen Schutzstandards zutrifft, kann aber dahinstehen, da es hier lediglich um das Angebot auf eine Schiedsabrede geht. Das Angebot selbst ist kein Recht des Investors, sondern eine einseitige Willenserklärung des Gaststaates. Solange diese nicht angenommen wurde, ist sie nicht bindend, weshalb sie – vorbehaltlich der vertraglichen Verpflichtungen gegenüber anderen Vertragsstaaten des IIA – modifiziert oder sogar zurückgenommen werden kann. Allerdings ist höchst fraglich, ob die Staaten, ungeachtet ihrer rechtlichen Möglichkeiten, ein derartiges Signal senden möchten, dass sich Investoren bei ihnen nicht mehr auf den Vertrauensschutz verlassen können. Dies ist jedoch eine politische Entscheidung. bb) Beginn des Fristenlaufs Im Zusammenhang mit den Intra-EU BITs ist problematisch, ab welchem Zeitpunkt die Frist der Sunset Clauses zu laufen beginnt. In Betracht kommen mehrere Zeitpunkte. Zum einen könnte mit dem Beitritt zur EU der BIT aufgekündigt worden sein. Dann wäre dies auch der maßgebliche Zeitpunkt für den Beginn der Frist. Ebenso könnte für einen Fristbeginn mit der Achmea-Entscheidung des EuGH argumentiert werden. Erst ab diesem Zeitpunkt muss es den Staaten bewusst gewesen sein, dass entsprechende Klauseln in BITs mit dem EU-Recht unvereinbar sind.

327

Dahlquist/Lenk/Rönnelid, European Policy Analysis 2016, 1, 8 f.; Markert, Streitschlichtungsklauseln in Investitionsschutzabkommen, S. 131; Lavopa/Barreiros/Bruno, JIEL 16 (2013), 869, 882; Harrison, JWIT 13 (2012), 928, 941. 328 So beispielsweise Thörle, Konflikt zwischen Investitionsschutzabkommen und dem Recht der EU, S. 259. 329 Dahlquist/Lenk/Rönnelid, European Policy Analysis 2016, 1, 8; Thörle, Konflikt zwischen Investitionsschutzabkommen und dem Recht der EU, S. 258. 330 Waibel, Investment Arbitration: Jurisdiction and Admissibility, 1212, 1231, Rn. 74; Harrison, JWIT 13 (2012), 928, 942 ff.; Zarra, Am. Rev. Int. Arbitr. 25 (2014), 573, 585 ff. 331 Stöbener de Mora, EuZW 2018, 363, 366.

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Kap. 3: Versagung der Vollstreckbarerklärung

Gegen den Fristenlauf mit Beitritt zur EU spricht, dass für das Aufkündigen eines völkerrechtlichen Vertrages ein entsprechender Wille vorliegen muss.332 Die Frage nach der Vereinbarkeit von Schiedsklauseln in Intra-EU BITs mit dem EU-Recht kam jedoch erst in den letzten Jahren auf. Es ist nicht anzunehmen, dass die Staaten bei ihrem Beitritt zur EU ein Bewusstsein dahingehend hatten, dass sie hierdurch auch ihre BITs mit EU-Staaten aufkündigen würden. Gegen den Tag der Achmea-Entscheidung des EuGH als Fristbeginn spricht ebenfalls das Fehlen eines entsprechenden Willens. Der EuGH hat die Unvereinbarkeit und damit die Rechtslage aus seiner Sicht lediglich festgestellt, ohne dass hieran direkte Rechtsfolgen geknüpft sind. Als maßgeblicher Zeitpunkt kann somit nur derjenige gelten, zu welchem ein BIT formell beendet wird. Geschieht dies nicht, so fängt auch die Frist der Sunset Clauses nicht an zu laufen. Im Falle der Energiecharta beträgt die Frist der Sunset Clause in Art. 47 Abs. 3 ECT 20 Jahre. Darum wäre ein Schiedsverfahren selbst bei Aufkündigung des Energiechartavertrages noch 20 Jahre lang möglich, da nicht zu erwarten ist, dass alle Mitglieder der Energiecharta diese Sunset Clauses einvernehmlich aufheben werden.

III. Art. V Abs. 1 S. 1 EuÜ Der Vollständigkeit halber soll noch auf Art. V Abs. 1 S. 1 EuÜ hingewiesen werden. Im Anwendungsbereich dieser Norm ist die Einrede der fehlenden oder unwirksamen Schiedsabrede präkludiert, sofern sie nicht spätestens zeitgleich mit der Einlassung zur Hauptsache im schiedsrichterlichen Verfahren vorgetragen wurde.333 Da diese Einrede mittlerweile, gerade im Kontext der Intra-EU BITs, standartmäßig vorgetragen wird, ist diese Präklusionsvorschrift von untergeordneter Bedeutung.

IV. Verneinung der Schiedsfähigkeit Balthasar behauptet, die Europäische Kommission verneine die Schiedsfähigkeit bei Intra-EU BITs aufgrund von Artt. 12 und 344 AEUV.334 Dies führe zu einem Versagungsgrund für die Vollstreckbarerklärung nach Art. V Abs. 2 a) NYÜ. Allerdings gibt er hierfür keine Nachweise an. Doch auch vor Schiedsgerichten wurde das Argument der fehlenden Schiedsfähigkeit bereits als Verteidigung vorge-

332 333 334

Siehe oben S. 176. Hammer, Überprüfung von Schiedsverfahren, Rn. 842. Balthasar, International Arbitration in Germany, 377, 384.

B. Intra-EU BITs

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bracht.335 Bei dem Problem der Intra-EU BITs handelt es sich aber nicht um eine Frage über die generelle Schiedsfähigkeit, sondern darüber, ob eine Schiedsabrede vorliegt. Bejahte man das Vorliegen einer Schiedsabrede, so müsste erst in einem nachfolgenden Schritt die Schiedsfähigkeit geprüft werden. Die Europäische Kommission ist, wie oben gezeigt, der Ansicht, dass Intra-EU BITs nichtig seien. Dies führt dann aber nicht auch dazu, dass die Streitgegenstände, die von den in den BITs vorgesehenen Schiedsgerichten behandelt werden sollen, nicht schiedsfähig wären. Die Frage der Schiedsfähigkeit eines Streitgegenstands ist unabhängig von der Wirksamkeit der betreffenden Schiedsabrede zu sehen. Dass Investitionsschutzstreitigkeiten generell schiedsfähig sind, ergibt sich bereits daraus, dass die Staaten gerade das System der Schiedsgerichtsbarkeit in ihren BITs wählen, um diese Streitigkeiten zu lösen. Zusätzlich wird in den die Schiedsklauseln enthaltenden BITs in der Regel der Prüfrahmen des Schiedsgerichts festgeschrieben, wie beispielsweise der Schutz vor Enteignung. Es wäre treuwidrig, einerseits die Schutzstandards in den BITs festzuschreiben, um dann anschließend zu behaupten, sie seien nicht vor den in den BITs vorgesehenen Schiedsgerichten einklagbar. Dass diese Streitgegenstände nicht schiedsfähig sein sollen, ist zudem aufgrund der Vielzahl an bereits unbeanstandet durchgeführten ISDS-Schiedsverfahren nicht plausibel. Das Vorliegen der Schiedsfähigkeit wurde auch bereits von Schiedsgerichten bejaht, vor denen dieses Argument als Verteidigung vorgebracht wurde.336

V. Fazit Die Einrede der fehlenden oder ungültigen Schiedsvereinbarung ist momentan eine der am häufigsten vorgebrachten in ISDS-Verfahren. Als Versagungsgrund im Rahmen des NYÜ ist sie darum auch gerade im Exequaturverfahren von herausragender Bedeutung. Der Prüfungsmaßstab des Exequaturgerichts weicht von demjenigen des Schiedsgerichts ab, weshalb der Investor auch bei der Annahme einer gültigen Schiedsabrede durch das Schiedstribunal nicht sicher sein kann, ob auch das Exequaturgericht dieser Auffassung folgt. Gerade aufgrund der Entwicklungen im Zusammenhang mit dem EU-Recht entstehen erhebliche Unklarheiten. In den vorhergehenden Abschnitten wurde aufgezeigt, dass die besseren Argumente dafür sprechen, auch bei Intra-EU BITs zumindest solange eine gültige Schiedsabrede anzunehmen, bis die BITs entweder aufgekündigt oder formell aufgehoben wurden, und dass sich die Investoren selbst danach noch gegebenenfalls auf Sunset Clauses berufen können sollten.

335 Achmea B.V. ./. The Slovak Republic, UNCITRAL, Award on Jurisdiction, Arbitrability and Suspension v. 26. 10. 2010 – PCA Case No. 2008-13, Rn. 143. 336 Siehe nur Eastern Sugar B.V. ./. The Czech Republic, Partial Award v. 27. 03. 2007 – SCC Case No. 088/2004, Rn. 182 ff.; Achmea B.V. ./. The Slovak Republic, UNCITRAL, Award on Jurisdiction, Arbitrability and Suspension v. 26. 10. 2010 – PCA Case No. 2008-13, Rn. 284 f.

186

Kap. 3: Versagung der Vollstreckbarerklärung

Gleichwohl werden sich Investoren in Zukunft nicht mehr darauf verlassen können, dass die momentan noch bestehenden Intra-EU BITs sie auch in Zukunft noch schützen werden. Anderweitige Auffassungen der nationalen Gerichte sind auch miteinzukalkulieren. Spätestens seit der Aufhebungsentscheidung des BGH im Fall Achmea müssen Investoren davon ausgehen, dass ihre auf Intra-EU BITs basierenden Schiedssprüche in Deutschland möglicherweise undurchsetzbar sind. Um noch in den Genuss der Vollstreckbarkeit des zu erwartenden Schiedsspruchs zu kommen, ist Investoren darum zu raten, dass sie ihre Streitigkeiten eher früher als später vor Schiedsgerichte bringen und dann auf Grundlage des vorangegangenen Abschnitts vor den Exequaturgerichten für die Wirksamkeit der Schiedsabrede plädieren. Zudem sollte ein Schiedsort außerhalb der EU gewählt werden,337 damit bei der Prüfung der Schiedsabrede im Rahmen der Vollstreckbarerklärung nicht das Recht eines EU-Staates Anwendung findet.

C. Entgegenstehendes EU-Recht Das wohl nach der Achmea-Entscheidung aktuellste Thema im Zusammenhang mit der Durchsetzung von ISDS-Schiedssprüchen ist die Frage danach, ob einem Schiedsspruch die Vollstreckbarerklärung erteilt werden darf, wenn ihm materielles EU-Recht entgegensteht. Das Exequaturgericht muss dabei entscheiden, ob sich aus dem EU-Recht eine Verpflichtung ergibt, die Erteilung der Vollstreckbarerklärung zu verweigern. Bestünde eine solche Verpflichtung, so könnte die Durchsetzung des Schiedsspruchs durch das Gericht selbst EU-rechtswidrig sein und zu einem Vertragsverletzungsverfahren der Kommission gegen den Vollstreckungsstaat führen.338 Diese Problematik ist scharf abzugrenzen von der Frage danach, inwieweit ein ISDS-Schiedsgericht bei der Anwendung des materiellen Rechts das EU-Recht beachten muss.339 Hier geht es vielmehr um die sich an die Entscheidung des Schiedsgerichts anschließenden Fragen, die jedoch das grundsätzliche Bestehen des Schiedsspruches nicht anzweifeln. Es geht also um mögliche „spillover effects“340 des Investitionsschutzrechts direkt auf die nationalen Rechtsordnungen.

337

So auch Lee, Contemp. Asia Arb. J. 11 (2018), 137, 149. Burgstaller, Journal of International Arbitration 26 (2009), 181, 196. 339 Zu den Fragen der Anwendung von EU-Recht durch Schiedsgerichte siehe Ruzik, Die Anwendung von Europarecht durch Schiedsgerichte; Rösch, Intraeuropäisches Investitionsrecht, S. 217 ff. 340 Hindelang, Archiv des Völkerrechts 2015, 68, 76. 338

C. Entgegenstehendes EU-Recht

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I. Micula gegen Rumänien Ausgangspunkt der hier zu behandelnden Debatte ist der Fall Micula gegen Rumänien.341 Die schwedischen Unternehmerbrüder Micula hatten in den 90er Jahren vom rumänischen Staat steuerliche Vergünstigungen erhalten, um in der strukturschwachen Gegend S¸tei-Nucet-Dra˘ ga˘ nes¸ti zu investieren. Unterstützt durch diese Steuererleichterungen eröffneten sie drei Unternehmen im Lebensmittelsektor. Im Rahmen des Beitritts von Rumänien zur EU wurden jedoch durch Rumänien im Jahr 2004 diejenigen Gesetze aufgehoben, welche die Grundlage für diese Vergünstigungen waren. In der Folge wurden auch die entsprechenden Bescheide mit den Steuervergünstigungen weitestgehend aufgehoben. Daraufhin erhoben die Brüder im Jahr 2005 Klage vor einem ICSID-Schiedsgericht, da sie sich in ihren Rechten, insbesondere in ihren berechtigten Erwartungen, verletzt sahen. Das Tribunal gab der Klage statt und verurteilte Rumänien zu einer Schadensersatzzahlung in Höhe von 178 Millionen Euro. Nachdem der Schiedsspruch ergangen war, teilte die Europäische Kommission den rumänischen Behörden mit, dass eine Erfüllung des Schiedsspruchs eine gegen das materielle EU-Recht verstoßende staatliche Beihilfe bedeute. Durch die Auszahlung der Schadensersatzsumme würde Art. 107 AEUV unterlaufen werden. Darum sei die Erfüllung und somit die Durchsetzung des Schiedsspruchs zu verweigern.342 Im Jahr 2014 rechnete Rumänien mit Steuerforderungen in Höhe von etwa 76 Millionen Euro auf.343 Zudem erklärte ein Gericht in Bukarest den Schiedsspruch für vollstreckbar344 und es wurden etwa zehn Millionen Euro vom rumänischen Finanzministerium beschlagnahmt und an die Kläger ausgezahlt.345 Des Weiteren leitete Rumänien 2014 ein Aufhebungsverfahren nach den ICSID-Schiedsregeln ein und verlangte, dass die Durchsetzung des Schiedsspruches bis dahin ausgesetzt

341

Ioan Micula, Viorel Micula, S.C. European Food S.A, S.C. Starmill S.R.L. and S.C. Multipack S.R.L. ./. Rumänien, Final Award v. 11. 12. 2012 – ICSID Case No. ARB/05/20. 342 Europäische Kommission, C(2014) 6848 final vom 01. 10. 2014 2014; siehe auch das Verfahren vor dem EuG, ABl.EU – Micula gegen Europäische Kommission – Beschl. v. 29. 02. 2016 – T-646/14. 343 Europäische Kommission, C(2014) 6848 final vom 01. 10. 2014 2014, Rn. 3. 344 Europäische Kommission, C(2014) 6848 final vom 01. 10. 2014 2014, Rn. 21; Europäische Kommission, Beschluss (EU) 2015/1470 über die von Rumänien durchgeführte staatliche Beihilfe SA.38517 (2014/C) (ex 2014/NN) – Schiedsspruch vom 11. Dezember 2013 in der Sache Micula/Rumänien 2015, Rn. 32; Ioan Micula, Viorel Micula, S.C. European Food S.A, S.C. Starmill S.R.L. and S.C. Multipack S.R.L. ./. Rumänien, Decision on Annulment v. 26. 02. 2016 – ICSID Case No. ARB/05/20, Rn. 70. 345 Europäische Kommission, Beschluss (EU) 2015/1470 über die von Rumänien durchgeführte staatliche Beihilfe SA.38517 (2014/C) (ex 2014/NN) – Schiedsspruch vom 11. Dezember 2013 in der Sache Micula/Rumänien 2015, Rn. 11, 37.

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Kap. 3: Versagung der Vollstreckbarerklärung

werden sollte.346 Das mit dem Aufhebungsverfahren betraute Schiedsgericht verlangte die Garantie, dass Rumänien das Geld auszahlt, sofern dem Aufhebungsantrag nicht stattgegeben werden würde.347 Da Rumänien dieser Forderung nicht nachkommen wollte, wurde die Aussetzung aufgehoben348 und die Aufhebungsklage abgewiesen.349 Es folgten weitere Versuche der Durchsetzung des Schiedsspruchs in den USA, bei denen die Kommission wiederum durch Abgabe von amicus curiaeStellungnahmen die Entscheidung beeinflussen wollte.350 Im März 2015 entschied die Kommission, dass es sich bei der Auszahlung des Schadensersatzes um verbotene Beihilfen handele, weshalb angeordnet wurde, keine weiteren Zahlungen zu leisten und die bereits gezahlten Summen zurückzufordern.351 Die Kläger sollten die bereits erhaltenen Beträge zurückzahlen.352 Diese Entscheidung wurde von den Micula-Brüdern vor dem EuG angefochten.353 Da Rumänien bislang nicht den vollen Betrag zurückverlangt hat, wurde durch die Kommission überdies ein Vertragsverletzungsverfahren gegen Rumänien eingelei-

346 Ioan Micula, Viorel Micula, S.C. European Food S.A, S.C. Starmill S.R.L. and S.C. Multipack S.R.L. ./. Rumänien, Decision on Annulment v. 26. 02. 2016 – ICSID Case No. ARB/ 05/20, Rn. 21 ff.; Europäische Kommission, Beschluss (EU) 2015/1470 über die von Rumänien durchgeführte staatliche Beihilfe SA.38517 (2014/C) (ex 2014/NN) – Schiedsspruch vom 11. Dezember 2013 in der Sache Micula/Rumänien 2015, Rn. 28. 347 Ioan Micula, Viorel Micula, S.C. European Food S.A, S.C. Starmill S.R.L. and S.C. Multipack S.R.L. ./. Rumänien, Decision on Annulment v. 26. 02. 2016 – ICSID Case No. ARB/ 05/20, Rn. 36; Europäische Kommission, Beschluss (EU) 2015/1470 über die von Rumänien durchgeführte staatliche Beihilfe SA.38517 (2014/C) (ex 2014/NN) – Schiedsspruch vom 11. Dezember 2013 in der Sache Micula/Rumänien 2015, Rn. 28. 348 Ioan Micula, Viorel Micula, S.C. European Food S.A, S.C. Starmill S.R.L. and S.C. Multipack S.R.L. ./. Rumänien, Decision on Annulment v. 26. 02. 2016 – ICSID Case No. ARB/ 05/20, Rn. 37. 349 Ioan Micula, Viorel Micula, S.C. European Food S.A, S.C. Starmill S.R.L. and S.C. Multipack S.R.L. ./. Rumänien, Decision on Annulment v. 26. 02. 2016 – ICSID Case No. ARB/ 05/20, Rn. 355. 350 Vgl. Europäische Kommission, Beschluss (EU) 2015/1470 über die von Rumänien durchgeführte staatliche Beihilfe SA.38517 (2014/C) (ex 2014/NN) – Schiedsspruch vom 11. Dezember 2013 in der Sache Micula/Rumänien 2015, Rn. 38; die Europäische Kommission hat in einer Vielzahl von Fällen ähnliche Stellungnahmen abgegeben. Vgl. die Auflistung bei Dias Simões, Mich. St. Int’l L. Rev. 2017, 233, 257, Fn. 138. 351 Europäische Kommission, Beschluss (EU) 2015/1470 über die von Rumänien durchgeführte staatliche Beihilfe SA.38517 (2014/C) (ex 2014/NN) – Schiedsspruch vom 11. Dezember 2013 in der Sache Micula/Rumänien 2015, Artikel 2 Abs. 1. 352 Europäische Kommission, Beschluss (EU) 2015/1470 über die von Rumänien durchgeführte staatliche Beihilfe SA.38517 (2014/C) (ex 2014/NN) – Schiedsspruch vom 11. Dezember 2013 in der Sache Micula/Rumänien 2015, Artikel 2 Abs. 2. 353 Siehe im Einzelnen Micula v. Commission, Case No. T-694/14 (http://curia.europa.eu/ juris/liste.jsf?language=en&num=T-694/15); sowie Case No. T-704/15 (http://curia.europa.eu/ juris/liste.jsf?language=en&num=T-704/15).

C. Entgegenstehendes EU-Recht

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tet,354 welches von der Europäischen Kommission nach Art. 108 Abs. 2 AEUV vor den EuGH gebracht wird.355 Am 18. 06. 2019 entschied der EuG zu Gunsten der Micula-Brüder.356 Der EuG hob die Entscheidung der Kommission auf, begründete sein Urteil jedoch damit, dass die von der Kommission angegriffenen Maßnahmen Rumäniens zu einer Zeit getroffen wurden, als Rumänien noch nicht Teil der EU war, weshalb der Kommission vorliegend die Kompetenz gefehlt habe. Die Entscheidung kann noch vor dem EuGH angefochten werden. Da sich der EuG in seiner Entscheidung explizit auf den Zeitpunkt des Beitritts Rumäniens zur EU bezog, wurde durch das Urteil die für die vorliegende Arbeit maßgebliche Frage nicht geklärt. Kernpunkt der Problematik ist im Rahmen dieser Bearbeitung nämlich die Frage, welche Auswirkungen es hat, wenn materielles EU-Recht der Durchsetzung eines in einem ISDS-Schiedsspruch zugesprochenen Anspruchs entgegensteht. Er betrifft also Fälle, in welchen die Kommission theoretisch tatsächlich eine beihilferechtliche Kompetenz innehätte. Da genau diese Konstellation aber vorgelegen hätte, wenn der EuG eine Kompetenz der Kommission angenommen hätte, soll in der vorliegenden Bearbeitung weiterhin von der „Micula-Konstellation“ gesprochen werden. Für die vorliegende Arbeit ist insbesondere von Interesse, wie sich ein deutsches Exequaturgericht verhalten müsste, sofern um die Vollstreckbarerklärung für einen ähnlich gelagerten Schiedsspruch in Deutschland ersucht würde. Dass es sich bei der „Micula-Konstellation“ nicht lediglich um einen Einzelfall handelt, und dass das EU-Recht bei der Vollstreckbarerklärung potentiell jederzeit wieder mit ISDS-Schiedssprüchen in Konflikt geraten kann, wird im nächsten Abschnitt aufgezeigt.

II. Weitere Fallgruppen Neben dem viel zitierten Micula-Fall gibt es noch weitere Beispiele und Rechtsgebiete, in welchen EU-Recht möglicherweise der Durchsetzung eines Schiedsspruchs entgegensteht. Diese Fälle sind nicht zu verwechseln mit denjenigen, in denen entgegenstehendes Unionsrecht der Grund für ein Verhalten eines Gaststaates ist, welches in einer Verletzung der Rechte eines Investors resultiert.357 Diese Fallgruppen können sich jedoch überschneiden. Dennoch ist nicht jede Durchsetzung 354

Europäische Kommission, C(2014) 6848 final vom 01. 10. 2014 2014, 71 ff. Europäische Kommission, State aid: Commission refers Romania to Court for failure to recover illegal aid worth up to E92 million, Pressemitteilung vom 07. 12. 2018, http://europa.eu/ rapid/press-release_IP-18-6723_en.pdf. 356 EuG – Micula ./. Rumänien, Urt. v. 18. 06. 2019 – T-624/15, T-694/15 und T-704/15, Rn. 71 ff. 357 Zu den entsprechenden Fallgruppen siehe Basener, Investment protection in the European Union, S. 156 ff. 355

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Kap. 3: Versagung der Vollstreckbarerklärung

einer Schadensersatzforderung aufgrund eines mit EU-Recht begründeten Verhaltens eines Staates per se aus sich heraus ein Verstoß gegen EU-Recht. Ebenso kann ein Staat für sein Verhalten eine Motivation haben, die nicht im EU-Recht begründet ist, und die Durchsetzung des daraus resultierenden Schiedsspruchs gleichwohl EUrechtswidrig sein. Dies kann zum Beispiel der Fall sein, wenn der Staat eine Beihilfe aus der Motivation zurücknimmt, einen Konkurrenten des Investors stärken zu wollen, und der Investor die Beihilfe danach vor einem ISDS-Schiedsgericht einklagt. 1. Weitere beihilferechtliche Fälle Das EU-Beihilfenrecht kann nicht nur in der speziellen Micula-Konstellation der Durchsetzung eines ISDS-Schiedsspruches entgegenstehen. Aus der Fülle an potentiell streitigen Fällen werden im Folgenden einige spezielle Sachverhalte dargestellt, aus welchen aus Sicht des Verfassers in nächster Zeit Probleme bei der Durchsetzung erwachsen könnten.358 a) Die Solar-Awards Im Zuge verschiedenster Reformen, vor allem in den Jahren 2013 und 2014, wurde Spanien von einer Vielzahl von Investoren auf dem Gebiet der erneuerbaren Energie verklagt.359 Hintergrund war, dass Spanien zunächst Subventionen an Investoren bewilligte, später jedoch seine Subventionsregelungen änderte.360 Für die 358 Für weitere Beispiele aus Sicht eines Schiedsgerichts siehe Basener, Investment protection in the European Union, S. 158 ff. 359 Siehe nur Europäische Kommission, State aid SA. 40348 (201 5 / NN) – Spain Support for electricity generation from renewable energy sources, cogeneration and waste, Rn. 159; RREEF Infrastructure (G.P.) Limited u. a. ./. Spanien, Decision on Jurisdiction v. 06. 06. 2016 – ICSID Case No. ARB/13/30; Isolux Infrastructure Netherlands, B.V. ./. Spanien, Award v. 12. 07. 2016 – SCC V2013/153; Eiser Infrastructure Limited and Energia Solar Luxembourg S.À. R.I. ./. Spanien, Award v. 04. 05. 2017 – ICSID Case No. ARB/13/36; Novenergia ./. Spanien, Final Arbitral Award v. 15. 02. 2018 – SCC Arbitration (2015/063); Masdar Solar & Wind Cooperatief U.A. ./. Kingdom of Spain, Award v. 16. 05. 2018 – ICSID Case No. ARB/14/ 1; Greentech ./. Spain, Final Award v. 14. 11. 2018 – SCC Arbitration V (2015/150); NextEra Energy ./. Spanien, Award v. 31. 05. 2019 – ICSID Case No. ARB/14/11; siehe auch Peterson, Spain Suffers another nine figure loss, this time in Zuleta-Chaired Energy Charter Treaty Arbitration, http://tinyurl.com/yd6 l47xx; Peterson, Another loss for Spain, as arbitrators rule in favour of Abu Dhabi-owned Company, http://tinyurl.com/yazgcvby; ingesamt sind wohl etwa 30 Schiedsverfahren eingeleitet worden, siehe Power, Novenergia v. Kingdom of Spain, the ECT and the ECJ: Where to now for intra-EU ECT claims?, http://arbitrationblog.kluwerarbitra tion.com/2018/03/20/novenergia-v-kingdom-of-spain/?print=pdf; Bohmer, Another Danish Renewables Firm initiates arbitration against Spain, https://www.iareporter.com/articles/ano ther-danish-renewables-firm-initiates-ect-arbitration-against-spain/. 360 Siehe Behn/Fauchald/Letourneau-Tremblay, Eur. Bus. L. Rev. 2017, 217, 225 ff.; siehe auch United Nations Conference on Trade and Development, Fact Sheet on Intra-European Union Investor-State Arbitration Cases 2018, S. 3.

C. Entgegenstehendes EU-Recht

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Investoren waren die Investitionen in der Folge nicht mehr lukrativ, weshalb sie vor internationale Investitionsschiedsgerichte zogen – vornehmlich auf Grundlage des ECT. Während die meisten Verfahren noch anhängig sind, sind auch bereits Entscheidungen gegen Spanien ergangen.361 Der bislang jüngste Schiedsspruch stellte hierbei mit einer zugesprochenen Summe von über 290 Millionen Euro einen bisherigen Rekord auf.362 In einem Beschluss vom 10. 11. 2017 verbot die Europäische Kommission zwar nicht ausdrücklich die Begleichung dieser Schiedssprüche. Sie hat jedoch deutlich gemacht, dass es sich bei diesen um eine verbotene Beihilfe handelte.363 Da die Schiedsgerichte nicht befugt seien, eine solche Beihilfe zuzusprechen, sei auch der Schiedsspruch eine illegale Beihilfe, sofern er nicht von der Kommission genehmigt werden würde.364 In diesen Aussagen kann eine Drohung an Spanien verstanden werden, sich nicht entgegen der europäischen Beihilferegelungen zu verhalten. Dasselbe dürfte auch für nationale Exequaturgerichte der anderen EU-Staaten gelten. Somit stellen sich hier dieselben Fragen, wie auch im Fall Micula. Ähnliche Verfahren aufgrund der Umgestaltung des Energiesektors wurden auch gegen Tschechien,365 Italien366 und Ungarn367 eingeleitet. b) Nissan/Brexit Ein interessantes Problem hat Soltész im Zusammenhang mit dem geplanten Austritt Großbritanniens aus der EU (Brexit) vorgestellt.368 Aufgrund der BrexitVerhandlungen fürchten einige Unternehmen um ihren Zugang zum europäischen Binnenmarkt. Um Nissan, einem der größten Kfz-Hersteller in Großbritannien, den Verbleib im Vereinigten Königreich schmackhaft zu machen, sollen diesem von der britischen Regierung Versprechen dahingehend gemacht worden sein, dass Nissan

361 Siehe nur Eiser Infrastructure Limited and Energia Solar Luxembourg S.À. R.I. ./. Spanien, Award v. 04. 05. 2017 – ICSID Case No. ARB/13/36, Rn. 486. 362 NextEra Energy ./. Spanien, Award v. 31. 05. 2019 – ICSID Case No. ARB/14/11. 363 Europäische Kommission, State aid SA. 40348 (201 5 / NN) – Spain Support for electricity generation from renewable energy sources, cogeneration and waste, Rn. 165. 364 Europäische Kommission, State aid SA. 40348 (201 5 / NN) – Spain Support for electricity generation from renewable energy sources, cogeneration and waste, Rn. 165. 365 Siehe nur Antaris Solar GmbH u. a. ./. Tschechien, Award v. 02. 05. 2018 – PCA Case No. 2014-01; G.I.H.G. u. a. ./. Tschechien, UNCITRALPCA Case No. 2013-35; Natland Investment Group N.V. u. a. ./. Tschechien, UNCITRAL; Voltaic Network ./. Tschechien, Award v. 01. 07. 2009 – UNCITRAL; Jürgen Wirtgen u. a. ./. Tschechien, Final Award v. 11. 11. 2017 – PCA Case No. 2014-03; Abebe, ITN 9 (2018), 19 – 21, 20. 366 Blusun S.A., Jean-Pierre Lecorcier und Michael Stein ./. Italien, Final Award. 367 Electrabel S.A. ./. Ungarn, Award v. 25. 11. 2015 – ICSID Case No. ARB/07/19. 368 Soltész, EuZW 2016, 846.

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Kap. 3: Versagung der Vollstreckbarerklärung

auch nach dem Brexit ungehinderter Zugang zum Binnenmarkt gewährt wird.369 Später soll Toyota eine ähnliche Zusicherung erhalten haben.370 Es ist nicht absehbar, dass eine solche Zusage eingehalten werden kann, da kaum zu erwarten ist, dass sich die EU auf solche Deals einlassen wird. Das Problem liegt nun darin, dass – sofern eine solche Zusage tatsächlich stattfand – Nissan oder auch Toyota womöglich einen Haftungsanspruch gegen Großbritannien haben, wenn den Kfz-Herstellern nach einem Brexit kein weiterer Zugang zum Binnenmarkt gewährt wird.371 Durch solche „Politikerversprechen“ wären die finanziellen Risiken Nissans abgesichert. Der EuGH sieht bereits die potentielle Zahlungspflicht eines Staates aus einer solchen Garantie als Beihilfe an, ohne dass es tatsächlich zu einer Auszahlung kommen muss.372 Ein „hinreichend konkretes Risiko für den Staatshaushalt“ würde für eine beihilfebehaftete Garantie genügen.373 Diese wettbewerbsverzerrende Beihilfe würde sich auch bereits vor dem Brexit auswirken, da Nissan, im Gegensatz zu seinen Konkurrenten, schon jetzt den Vorteil der Garantie hätte.374 Sollte es nun zu einem Brexit kommen und Nissan keinen Zugang zum europäischen Binnenmarkt mehr haben, könnte Nissan vor ein ISDS-Schiedsgericht ziehen und Schadensersatz aufgrund der Verletzung berechtigter Erwartungen einklagen. Sollte Nissan nun versuchen, diesen Schiedsspruch in einem EU-Staat durchzusetzen, würde eine ähnliche Situation wie bei Micula vorliegen. Der Schiedsspruch würde Nissan so stellen, wie das Unternehmen durch eine EU-rechtswidrige Beihilfe stehen würde. Von besonderer Brisanz wäre dabei, dass ein EU-Gericht dabei helfen würde, die Folgen des Brexits für ein Unternehmen abzuschwächen, welches sich dafür entschieden hat, in Großbritannien zu bleiben. Damit würde mittelbar der Brexit unterstützt werden, was aber aus Sicht der verbleibenden EU-Staaten gerade nicht gewollt sein kann. In diesem Zusammenhang ist auch zu erwähnen, dass es sich nach einem Brexit bei BITs zwischen Großbritannien und EU-Staaten nicht mehr um „Intra-EU BITs“ handeln wird.375 Sollte Großbritannien tatsächlich solche Zusagen in einer Vielzahl

369 Soltész, EuZW 2016, 846, 847; Mason, UK seeking tariff-free EU deal for carmakers, Nissan told, https://www.theguardian.com/business/2016/oct/30/nissan-eu-tariff-free-brexit-sun derland? 370 Glinavos, Brexit and the High Cost of Promises, https://www.huffingtonpost.co.uk/dr-io annis-glinavos/brexit_b_17535404.html. 371 Soltész, EuZW 2016, 846, 847. 372 EuGH, EuZW 2013, 393 – Bouygues. 373 EuGH, EuZW 2013, 393, Rn. 89 ff., 137 ff. – Bouygues; Soltész, EuZW 2016, 846, 848. 374 Soltész, EuZW 2016, 846, 848; Soltész, Nach dem Brexit: UK umwirbt Konzerne, https://www.lto.de/recht/hintergruende/h/brexit-uk-umwirbt-unternehmen-comfort-letters-eubeihilfe-recht/; vgl. EuGH, BeckRS 2015, 80388, Rn. 86 – Pollmeier. 375 Newing/Alexander/Meredith, What Next for Intra-EU Investment Arbitration?, http://ar bitrationblog.kluwerarbitration.com/2018/04/21/what-next-for-intra-eu-investment-arbitrationthoughts-on-the-achmea-decision/, What Next for Intra-EU Investment Arbitration?.

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von Fällen machen, wären entsprechende Verfahren auch durch EU-Investoren und damit vor europäischen Gerichten sehr wahrscheinlich.376 c) IT-Unternehmen: Apple und Amazon In eine ähnliche Richtung könnten auch einige Beihilfeverfahren im IT-Bereich gehen. So forderte die Europäische Kommission 2016 vom Technologieunternehmen Apple die Rückzahlung von unzulässigerweise von Irland gewährten Steuervergünstigungen.377 Apple hat zwar angekündigt, die verlangte Summe zu begleichen.378 Allerdings soll der Betrag zunächst auf ein Treuhandkonto überwiesen werden, was dafür spricht, dass sich Apple die Rückforderung in (Schieds-)Verfahren vorbehält. Zwar unterhält Irland keinen IIA mit den USA,379 dennoch veranschaulicht dieser Fall, in welchen Bereichen ähnliche Konstellationen möglich sind. Ebenso hat die Europäische Kommission nun die Rückzahlung von rechtswidrigen Beihilfen an Luxemburg vom Onlineversandhändler Amazon verlangt.380 2. Wettbewerbsrecht Auch aus dem EU-Wettbewerbsrecht könnten sich Probleme bei der Durchsetzung von ISDS-Schiedssprüchen ergeben. Dies wäre der Fall, wenn durch die Durchsetzung des Schiedsspruches genau die Situation wiederhergestellt werden würde, die beispielsweise das EU-Kartellrecht gerade verhindern oder durch ein Bußgeld nach Art. 23 VO Nr. 1/2003 sanktionieren möchte. Die Situation wäre dabei aber eine andere als bei der viel zitierten Eco Swiss-Entscheidung.381 Während bei dieser fraglich war, ob die Kartellrechtswidrigkeit einer Schiedsvereinbarung durch das Exequaturgericht überprüft werden darf, würde es hier eher darum gehen, ob ein Investor, der auf Grundlage des Kartellrechts sanktioniert wurde, diesen Betrag über ein ISDS-Verfahren zurückfordern könnte.382 Durch die Auszahlung würde die Bußgeldentscheidung negiert werden. 376 Siehe dazu auch Glinavos, ISDS: The Brexit Lawsuits the UK Should Be Worried About, http://arbitrationblog.kluwerarbitration.com/2018/07/31/isds-brexit-lawsuits-uk-worried/; Glinavos, ICSID Rev. 33 (2018), 1 ff.; Schießl, Geschäftsmodell Brexit, http://www.spiegel.de/wirt schaft/soziales/grossbritannien-kanzleien-entdecken-das-geschaeft-mit-dem-brexit-a-1169304. html. 377 Europäische Kommission, Commission Decision on State Aid SA.38373 (2014/C) (ex 2014/NN) (ex 2014/CP) implemented by Ireland to Apple – C(2016) 5605 final 2016. 378 Theurer, Apple zahlt in Irland Milliarden Euro zurück, http://www.faz.net/aktuell/wirt schaft/apple-zahlt-in-irland-milliarden-euro-zurueck-15558134.html. 379 Vgl. http://investmentpolicyhub.unctad.org/IIA/CountryBits/100. 380 Europäische Kommission, Commission Decision on State Aid SA.38944 (2014/C) (ex 2014/NN) implemented by Luxembourg to Amazon – C (2017) 6740 final 2017. 381 EuGH, EuZW 1999, 565 – Eco Swiss. 382 Vgl. Basener, Investment protection in the European Union, S. 162.

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Kap. 3: Versagung der Vollstreckbarerklärung

Besonders mit EU-Recht in Konflikt geraten könnten auch Anordnungen der Kommission zu spezifischem Handeln. So wurde beispielsweise auf Grundlage des EU-Wettbewerbsrechts das Softwareunternehmen Microsoft dazu verpflichtet, in seinen Windows-Betriebssystemen die Wahl des Internet-Browsers dem Nutzer zu überlassen.383 Würde nun ein Schiedsgericht – mit den Argumenten des Verstoßes gegen den FET-Grundsatz oder einer indirekten Enteignung384 – den Staat dazu verurteilten, den Vertrieb des Betriebssystems ohne diese Wahlmöglichkeit zuzulassen, so stünde dies der Anordnung durch die Europäische Kommission entgegen. 3. Diskriminierungsverbot des Art. 18 AEUV In eine ähnliche Richtung könnte ein Verstoß gegen das Diskriminierungsverbot des Art. 18 AEUV gehen. Sofern ein Investor sich auf einen BIT berufen kann, ein anderer jedoch aufgrund einer anderen Staatszugehörigkeit nicht, könnte in der Durchsetzung eines Schiedsspruchs eine Diskriminierung liegen.385 Insbesondere polnische Investoren könnten bei der Durchsetzung auch deshalb diskriminiert werden, weil sie sich – im Gegensatz zu Investoren aus anderen EU-Staaten – nicht auf das Durchsetzungsregime des ICSID berufen können. Sofern ein EU-Staat sie gewährt könnte man zwar die Rechte aus einzelnen BITs auf alle EU-Investoren ausweiten, und somit eine Diskriminierung verhindern.386 Gewährt jedoch ein Drittstaat, mit welchem ein EU-Staat einen BIT abgeschlossen hat, solche Rechte, und fußt der Schiedsspruch darauf, so wäre die Diskriminierung nur dann aufgehoben, wenn der Drittstaat den anderen EU-Investoren dieselben Rechte gewährt, also alle Investoren unter den gleichen Bedingungen gegen den Drittstaat vor ein ISDS-Schiedsgericht ziehen könnten. Der Drittstaat wird jedoch nicht bereit sein, die den Investoren eines EU-Staates gewährten Rechte allen EUInvestoren zu gewähren, ohne dafür für seine eigenen Investoren den korrespon383 Europäische Kommission, Pressemitteilung: Kommission belegt Microsoft mit Geldbuße wegen Nichteinhaltung seiner Verpflichtung zur Gewährleistung einer freien Browserwahl, http://europa.eu/rapid/press-release_IP-13-196_de.htm. 384 Vgl. Basener, Investment protection in the European Union, S. 163. 385 Vgl. nur die amicus curiae-Stellungnahme der Europäische Kommission vom 13. 01. 2006, veröffentlicht in Eastern Sugar B.V. ./. The Czech Republic, Partial Award v. 27. 03. 2007 – SCC Case No. 088/2004, Rn. 119; Achmea B.V. ./. The Slovak Republic, UNCITRAL, Award on Jurisdiction, Arbitrability and Suspension v. 26. 10. 2010 – PCA Case No. 2008-13, Rn. 183 f.; European American Investment Bank AG (EURAM) ./. Slovak Republic, Award on Jurisdiction v. 22. 10. 2012 – PCA CASE NO. 2010-17, Rn. 268 ff.; BGH, SchiedsVZ 2016, 328, Rn. 72 ff.; Basener, Investment protection in the European Union, S. 168. 386 So die Stellungnahme des Klägersachverständigen Reinisch in European American Investment Bank AG (EURAM) ./. Slovak Republic, Award on Jurisdiction v. 22. 10. 2012 – PCA CASE NO. 2010-17, Rn. 271; siehe auch Eastern Sugar B.V. ./. The Czech Republic, Partial Award v. 27. 03. 2007 – SCC Case No. 088/2004, Rn. 170; Achmea B.V. ./. The Slovak Republic, UNCITRAL, Award on Jurisdiction, Arbitrability and Suspension v. 26. 10. 2010 – PCA Case No. 2008-13, Rn. 267.

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dierenden Schutz in der EU zu erlangen. Durch die Durchsetzung des Schiedsspruchs würde dann womöglich genau diese Diskriminierung aufrechterhalten. 4. Umweltrecht Ebenfalls einer Vollstreckbarerklärung entgegenstehend könnte das Umweltrecht der EU sein. Ein Investor könnte sich aufgrund einer umweltrechtlichen Maßnahme benachteiligt fühlen und daraufhin vor ein ISDS-Schiedsgericht ziehen. Möglich wäre beispielsweise, dass sich ein Investor gegen verschärfte Umweltauflagen für seine Betriebsstätte auf Grundlage einer EU-Richtlinie wehrt.387 Da die Schiedsgerichte nicht nur pekuniäre Ansprüche zusprechen dürfen,388 könnten sie den Staat auch dazu verurteilen, beispielsweise eine Maßnahme zu dulden, die gegen das europäische Umweltrecht verstößt. In diesem Fall würde durch die Durchsetzung des Schiedsspruches ein rechtswidriger Zustand geschaffen. Dies könnte vor allem dann der Fall sein, wenn der Staat vorher eine konkrete Zusicherung gemacht hat.389 Als Beispiel für dieses Szenario kann der gegen Deutschland geführte Vattenfall I-Fall390 vorgebracht werden.391 In diesem Fall hatte das schwedische Energieunternehmen Vattenfall im Jahr 2006 die Genehmigung für den Betrieb eines Kohlekraftwerks in Hamburg beantragt. Durch die Umweltbehörde wurde eine vorläufige Genehmigung nach dem Bundesimmissionsschutzgesetz und dem Wasserhaushaltsgesetz erteilt. 2008 wurde auch die endgültige Genehmigung erteilt, die allerdings einige zusätzliche umweltrechtliche Auflagen aufgrund der EU-Wasserrahmenrichtlinie392 enthielt.393 Neben einem nationalen Gerichtsverfahren leitete Vattenfall auch ein ICSID-Verfahren gegen Deutschland ein und berief sich dabei auf eine Verletzung des FETGrundsatzes sowie eine indirekte Enteignung.394 Das Schiedsverfahren wurde jedoch 2011 durch einen Vergleich in Form eines vereinbarten Schiedsspruches beendet.395

387

Kerkemeyer, EuZW 2016, 10, 15. Vgl. Schreuer, ICSID Convention, Art. 54, Rn. 79; Kerkemeyer, EuZW 2016, 10, 15 meint, dass die Entscheidung eines ISDS-Schiedsgerichts auf die Leistung von Schadensersatz beschränkt sei. Er führt aber weiter aus, dass durch die Verurteilung der effet utile leiden würde, da der obsiegende Investor einen Wettbewerbsvorteil erlangen würde. 389 Kerkemeyer, EuZW 2016, 10, 15. 390 Siehe Vattenfall ./. Deutschland, Award v. 11. 03. 2011 – ICSID Case No. ARB/09/6, abrufbar unter https://energycharter.org/fileadmin/DocumentsMedia/Disputes/ISDSC-024a.pdf. 391 Die Europäische Kommission schien hier ähnliche Bedenken gehabt zu haben. Siehe Peterson, Revealed: A First Look at Arguments made by European Commission in its recent Bid to halt UNCITRAL Arbitration under Intra-EU BIT, http://tinyurl.com/no3uw4d. 392 Richtlinie 2000/60/EG, http://data.europa.eu/eli/dir/2000/60/oj. 393 Siehe zu den Details Bernasconi-Osterwalder, Background paper on Vattenfall v. Germany arbitration, S. 1 f. 394 Krajewski, ZUR 2014, 396, 399. 388

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Kap. 3: Versagung der Vollstreckbarerklärung

Hätte aber das Schiedsgericht die Sache entscheiden müssen und wäre der Antrag auf Gewährung der Genehmigung ohne Auflagen gerichtet gewesen,396 so hätte es hier passieren können, dass das Schiedsgericht Deutschland zur Gewährung der unionsrechtswidrigen Genehmigung verurteilt. Ähnlich problematisch wäre auch beispielsweise ein Verbot des Herbizids Glyphosat,397 sofern ein Schiedsgericht den Staat dazu verpflichtet, die Nutzung zu erlauben. Aufgrund der in Deutschland gegebenen Unbedingtheit der Vollstreckbarerklärung auch von nicht-pekuniären Ansprüchen, die in ICSID-Schiedssprüchen zugesprochen wurden, wäre dann das Exequaturgericht zur Durchsetzung verpflichtet, obwohl dem das EU-Recht entgegenstünde.398 5. Vergaberecht Wird an einen Investor unrechtmäßigerweise ein öffentlicher Auftrag vergeben und wehrt sich hiergegen ein Konkurrent, könnte der Auftrag auf Grund der Richtlinien 2014/24/EU399 und 2014/25/EU400 wieder zurück genommen werden.401 Wenn nun hiergegen in einem ISDS-Verfahren vorgegangen wird und der Investor dieses gewinnt, so würde mit der Auszahlung des Schadensersatzes der Zweck des Vergaberechts, nämlich die gewissenhafte Verwendung öffentlicher Gelder, ebenso fehlgehen, wie die Gleichbehandlung der Wettbewerber.402 Auch hier könnte darum das EU-Recht der Durchsetzung entgegenstehen. 6. Durchsetzungsverbot für Intra-EU BITs Zu guter Letzt könnte man auch vertreten, dass die Durchsetzung von auf IntraEU BITs basierenden Schiedssprüchen per se unionsrechtswidrig ist und dass ein staatliches Gericht deshalb die Vollstreckbarerklärung eben derselben verweigern müsste. Zwar würde diese Auffassung voraussetzen, dass Intra-EU BITs tatsächlich

395 Vgl. Vattenfall ./. Deutschland, Award v. 11. 03. 2011 – ICSID Case No. ARB/09/6, Rn. 12. 396 Aufgrund der Vertraulichkeitsvereinbarung zwischen den Parteien ist unbekannt, was Vattenfall genau beantragt hatte. Bernasconi-Osterwalder, Background paper on Vattenfall v. Germany arbitration, S. 2. 397 Beispiel aus Basener, Investment protection in the European Union, S. 170. 398 In den meisten Fällen wird jedoch bereits aufgrund der einfacheren Durchsetzbarkeit ein Schadensersatzanspruch beantragt werden. Vgl. Basener, Investment protection in the European Union, S. 485. 399 http://data.europa.eu/eli/dir/2014/24/oj. 400 http://data.europa.eu/eli/dir/2014/25/oj. 401 Zum europäischen Vergaberecht siehe nur: Kilian/Wendt, Europäisches Wirtschaftsrecht, Rn. 484 ff. 402 Basener, Investment protection in the European Union, S. 165, 386.

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in ihrer Gesamtheit gegen EU-Recht verstoßen, was derweil noch nicht geklärt ist. Dennoch ist diese Möglichkeit im Hinterkopf zu behalten.

III. Relevanz der Problematik Aus der Intra-EU-Perspektive scheint die „Micula-Konstellation“ nach der Achmea-Entscheidung des EuGH403 etwas an Relevanz verloren zu haben, da zumindest aus Sicht der Europäischen Kommission keine Verfahren mehr von EUInvestoren gegen EU-Staaten eingeleitet werden können. Die sich aus der Micula-Konstellation ergebenden Probleme können jedoch sowohl Intra-EU BITs als auch extra-EU BITs betreffen.404 Auch nach Verfahren vor einem künftigen Multilateralen Investitionsgerichtshof könnte diese Problematik auftreten. Die entsprechenden Normen gelten sowohl für EU-Investoren, als auch für Investoren aus Drittländern, wenn sie in der EU investieren.405 Die Problematik tritt nämlich immer dann auf, wenn eine Entscheidung gegen einen EU-Staat ergeht und die Erfüllung der Verpflichtung gegen materielles EU-Recht verstößt. Die MiculaBrüder hätten ebenso gut aus Kanada stammen können. Gerade für Investoren aus Nicht-EU-Ländern sind darum die nachfolgenden Ausführungen von hoher Relevanz. Sie können sich momentan nicht darauf verlassen, dass die von ihnen erstrittenen Schiedssprüche in der EU durchsetzbar sind, sofern das EU-Recht dem entgegensteht. Dies ist eine höchst unbefriedigende Situation, da das ISDS-Regime gerade dafür gedacht ist, Investoren einen durchsetzbaren Titel zu verschaffen, sofern sie durch nationale Gesetzgebung in ihren Rechten verletzt werden. Dieser Zweck wird ausgehöhlt, wenn ihnen von den EU-Staaten das EU-Recht bei der Durchsetzung entgegengehalten werden kann. Auch ist aufgrund der Achmea-Entscheidung damit zu rechnen, dass EU-Investoren versuchen werden, ihre Investitionen dergestalt zu restrukturieren, dass sie über BITs mit Drittländern weiterhin in den Genuss des investitionsrechtlichen Mindeststandards kommen.406 Wie mit einer solchen Form des Forum-Shoppings umgegangen werden muss, ist noch völlig offen. Auch solche Investoren müssen damit rechnen, dass ihnen bei der Durchsetzung ihrer Titel das EU-Recht entgegengehalten wird. Die Tatsache alleine, dass der Vollstreckbarerklärung eines Schiedsspruchs EU-Recht entgegensteht, bedeutet für sich noch nicht, dass ein nationales Gericht die 403

EuGH, SchiedsVZ 2018, 186 – Slowakische Republik gegen Achmea. Lenk, European journal of legal studies 8 (2015), 6, 17; Basener, Investment protection in the European Union, S. 157. 405 Lenk, European journal of legal studies 8 (2015), 6, 17; vgl. auch Grabitz/Hilf/ Nettesheim-Jung, Art. 102 AEUV, Rn. 32; Kleinheisterkamp, JIEL 15 (2012), 85, 95. 406 Kriebaum, ELTE law journal 2015, 27, 35; vgl. Balthasar, SchiedsVZ 2018, 227, 229. 404

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Kap. 3: Versagung der Vollstreckbarerklärung

Vollstreckbarerklärung tatsächlich verweigern wird. Darum ist als nächstes zu prüfen, auf welcher Grundlage eine solche Verweigerung erfolgen könnte.

IV. Ad hoc-Schiedssprüche Es wird argumentiert, dass in einem Fall potentiell entgegenstehenden EURechts, den nationalen Gerichten jeweils die Möglichkeit offen stehe, den EuGH um eine Vorabentscheidung zu ersuchen, um zu klären, ob die Durchsetzung des Schiedsspruchs tatsächlich gegen EU-Recht verstößt.407 Eine solche Vorlage ist jedoch nur dann möglich, wenn die Frage entscheidungserheblich ist. Dies wäre sie aber nur dann, wenn es eine Norm gäbe, nach welcher das Gericht im Fall entgegenstehenden EU-Rechts eine Vollstreckbarerklärung verweigern könnte. In den folgenden beiden Abschnitten soll darum diskutiert werden, auf welcher Grundlage das Exequaturgericht die Vollstreckbarerklärung verweigern könnte. Die Situation kann dabei sowohl bei ICSID-Schiedssprüchen als auch bei sonstigen ad hoc-Schiedssprüchen auftreten. Da jedoch nur bei den letzteren das NYÜ Anwendung findet, unterscheidet sich die Prüfung durch das Exequaturgericht, weshalb eine getrennte Behandlung sinnvoll erscheint. Zunächst sollen darum die Möglichkeiten der Verweigerung der Vollstreckbarerklärung bei ad hoc-Schiedssprüchen dargestellt werden. 1. Lösungsansatz über den ordre public Das NYÜ enthält mit Art. VAbs. 2 b) eine Norm, die herangezogen werden kann, wenn sich aus der nationalen Rechtsordnung Vorbehalte hinsichtlich der Durchsetzung eines Schiedsspruches ergeben. Fraglich ist jedoch, unter welchen Umständen tatsächlich ein Konflikt mit dem EU-Recht besteht und inwiefern dieser Widerspruch einen Verstoß gegen den ordre public begründet. a) Anwendung der Eco Swiss-Rechtsprechung Von einigen Autoren408 und auch der Europäischen Kommission409 wird eine Lösung durch Inbezugnahme der Eco Swiss-Rechtsprechung des EuGH410 gesucht. 407

Eilmansberger, Common Mark. Law Rev. 2009, 383, 406. So z. B. Wehland, SchiedsVZ 2008, 222, 228; Wehland, JWIT 17 (2016), 942, 955; Eilmansberger, Common Mark. Law Rev. 2009, 383, 427; Tietje/Wackernagel, Outlawing compliance?, S. 9; Tietje/Wackernagel, JWIT 2015, 205, 224; Kleinheisterkamp, JIEL 15 (2012), 85, 92; Engel, SchiedsVZ 2017, 291, 298; Burgstaller, Journal of International Arbitration 26 (2009), 181, 196. 409 Europäische Kommission, Amicus Curiae Brief in PCA case No. 2013-6 – U.S. Steel Global Holdings I B.V. (The Netherlands) v. The Slovak Republic 2014, Rn. 74. 410 EuGH, EuZW 1999, 565 – Eco Swiss. 408

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In diesem Fall hatte die Benetton International NV (Benetton) ein Verfahren eingeleitet, um die Aussetzung der Vollstreckung eines Schiedsspruches zu erreichen, den das Unternehmen Eco Swiss China Time Ltd (Eco Swiss) gegen sie erstritten hatte. Sie begründete dies damit, dass der Lizenzvertrag, der die Schiedsabrede vorsah, gegen den damaligen Art. 85 EGV und somit europäisches Kartellrecht verstoße. Art. 1065 Abs. 1 e) der hier maßgeblichen niederländischen Zivilprozessordnung lässt die Aufhebung eines Schiedsspruches zu, wenn der Schiedsspruch oder die Art und Weise, in der er zustande gekommen ist, der öffentlichen Ordnung oder den guten Sitten widerspricht. Der Hoge Raad der Niederlande hat in diesem Verfahren dem EuGH folgende Vorlagefrage gestellt: „Muß das Gericht entgegen den unter 4.2 und 4.4 beschriebenen Vorschriften des niederländischen Verfahrensrechts [nach denen die Parteien die Aufhebung eines Schiedsspruchs nur bei Vorliegen bestimmter, zahlenmäßig beschränkter Gründe erwirken können, zu denen der Widerspruch gegen die öffentliche Ordnung zählt, wobei jedoch der Umstand allein, daß aufgrund des Inhalts oder der Vollstreckung des Schiedsspruchs eine Verbotsbestimmung des Wettbewerbsrechts unangewendet bleibt, grundsätzlich nicht als Widerspruch gegen die öffentliche Ordnung anzusehen ist] einer – im Übrigen den gesetzlichen Vorschriften genügenden – Klage auf Aufhebung eines Schiedsspruchs wegen Verstoßes des Schiedsspruchs gegen Artikel 85 EGVertrag stattgeben, wenn es der Auffassung ist, daß der geltend gemachte Verstoß tatsächlich vorliegt?“411

Daraufhin hat der EuGH entschieden: „[…]daß ein nationales Gericht, das mit einer Klage auf Aufhebung eines Schiedsspruchs befaßt ist, dieser Klage stattgeben muß, wenn es der Auffassung ist, daß der Schiedsspruch Artikel 85 EG-Vertrag (jetzt Artikel 81 EG) widerspricht, sofern es nach seinem nationalen Verfahrensrecht im Fall der Verletzung nationaler Rechtsvorschriften, die der öffentlichen Ordnung zuzurechnen sind, einer Aufhebungsklage stattzugeben hätte.“412

Aus dieser Entscheidung wird teilweise die Schlussfolgerung gezogen, dass eine Verletzung einer „grundlegenden Bestimmung des EU-Rechts“ auch automatisch zu einer Verletzung des nationalen ordre public führe und sie somit einer Vollstreckbarerklärung entgegengehalten werden könne.413 Allerdings ist die Eco Swiss-Rechtsprechung nicht so einfach auf die vorliegende Situation übertragbar. Zum einen ging es in Eco Swiss um ein Aufhebungsverfahren. Bei einem solchen findet jeweils der ordre public national Anwendung, der jedoch strenger ist als der ordre public international. Eine Verletzung des nationalen ordre public stellt nicht notwendigerweise auch eine Verletzung des internationalen ordre public dar.414 Außerdem sieht Art. 1065 Abs. 1 e) der niederländischen Zivilprozessordnung eine Aufhebung bereits für den Fall vor, dass der Schiedsspruch selbst 411

EuGH, EuZW 1999, 565, Rn. 30 – Eco Swiss. EuGH, EuZW 1999, 565, Rn. 41 – Eco Swiss. 413 Thüringer Oberlandesgericht, SchiedsVZ 2008, 44, 46; Wehland, JWIT 17 (2016), 942, 955; Tietje/Wackernagel, Outlawing compliance?, S. 9. 414 van den Berg, The New York Convention of 1958: An Overview, 39, 63. 412

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Kap. 3: Versagung der Vollstreckbarerklärung

gegen den ordre public verstößt oder in einer gegen den ordre public verstoßenden Weise ergangen ist. Es kommt nicht darauf an, ob das Exequatur gegen den ordre public verstößt. Im Grunde hat der EuGH in der Entscheidung lediglich festgestellt, dass das EU-Recht Teil der nationalen Rechtsordnung ist und für den Fall, dass es in dem Recht des Vollstreckungsstaates eine Norm gibt, welche die Aufhebung aufgrund eines Verstoßes gegen die öffentliche Ordnung zulässt, diese auch auf die Verletzung von EU-Recht Anwendung finden muss. Art. V Abs. 2 b) NYÜ verlangt jedoch, dass erst durch die Durchsetzung des Schiedsspruchs ein Verstoß gegen den ordre public stattfindet.415 Über die Rechtswidrigkeit des Schiedsspruches als solches lässt sich das NYÜ nicht aus. Auch spricht der EuGH in Eco Swiss von „grundlegenden Bestimmungen“, ohne genau zu präzisieren, was darunter zu verstehen ist.416 Die Bestimmung, welche Normen als grundlegend anzusehen sind, gestaltet sich aber als außerordentlich schwierig.417 Eine Auslegung sämtlicher EU-Vorschriften als „grundlegend“ wäre zu weitreichend und würde den Sinn des NYÜ, die nationale Rechtsordnung nur im begrenzten Maße als Hinderungsgrund zuzulassen, klar widersprechen. Bereits 1969 hat der BGH Art. 85 EWG als Teil der öffentlichen Ordnung angesehen und differenziert in seiner Urteilsbegründung festgestellt: „Die Normen des EWG-Vertrages sind zwar sog. Gemeinschaftsrecht, […]. Sie gehören daher […] zu der in der Bundesrepublik geltenden ,öffentlichen Ordnung‘. Mit dieser Frage nicht zu vermengen, sondern von ihr zu trennen ist die andere Frage, ob die zur öffentlichen Ordnung gehörenden Normen des EWG-Vertrages auch bei der Anerkennung oder Vollstreckbarerklärung von Schiedssprüchen durch das Gericht eines Mitgliedstaates zu beachten sind. Das ist keine Frage des Gemeinschaftsrechts, sondern eine Frage, in welchem Umfang der einzelne Staat seinen staatlichen Gerichten das Recht und die Pflicht zur Überprüfung von Schiedssprüchen gegeben hat. […] Ob andere Mitgliedstaaten in ihren die Überprüfung von Schiedssprüchen durch die staatlichen Gerichte betreffenden Vorschriften eine vergleichbare Vorschrift haben oder nicht und daß der EWG-Vertrag selbst eine solche Vorschrift nicht enthält, spielt keine Rolle“418

Hierin lässt sich das Verständnis des BGH dahingehend erkennen, dass ein Verstoß gegen EU-Recht kein Selbstläufer bei der Verweigerung der Vollstreckbarerklärung ist.419 Dennoch ist festzustellen, dass das EU-Recht Teil des nationalen Rechts und somit zumindest auch Teil des nationalen ordre public ist.420 Es ist aber weiterhin Sache des nationalen Rechts, Regelungen für die Vollstreckbarerklärung und ihre Verweigerung aufzustellen. Da dies durch die Imple415 416 417 418 419 420

Vgl. oben S. 139. Vgl. EuGH, EuZW 1999, 565, Rn. 36 – Eco Swiss. Vgl. Basedow, Journal of International Arbitration 2015, 367, 373. BGH, NJW 1969, 978, 980. Ähnlich Zobel, WBL 2001, 300, 302. Vgl. Raeschke-Kessler, EuZW 1990, 145, 147, m.w.N.

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mentierung des NYÜ in die deutsche Rechtsordnung geschehen ist, ist dieses Übereinkommen also Maßstab. Der Begriff des ordre public in Art. VAbs. 2 a) NYÜ ist dadurch geprägt, dass eine Abwägung durch die Gerichte dahingehend stattfindet, ob die Verletzung einer Norm für den Vollstreckungsstaat untragbar ist. Dass durch einen Schiedsspruch Bestimmungen des EU-Rechts verletzt werden, bedeutet also nicht zwingend, dass auch durch seine Vollstreckbarerklärung ein ordre public-Verstoß im Sinne des NYÜ eintritt.421 Es ist noch nicht einmal gesagt, dass ein Verstoß gegen zwingende Bestimmung mit einem ordre public-Verstoß gleichzusetzen ist.422 Dass ein Schiedsspruch den Vorstellungen eines Staates widersprechen kann, ist gerade bei der ISDS-Schiedsgerichtsbarkeit fast schon immanent. So soll sie doch den Investor gerade davor schützen, dass rechtliche Wertungen von staatlicher Seite zu einem Nachteil für ihn werden. Erst dann, wenn es wiederum dem Staat nicht mehr zumutbar ist, die Wertung durch das Schiedsgericht – die ja gerade das Verhalten eines Staates beurteilt – selbst durchzusetzen, greift der ordre public-Vorbehalt. Es wäre zirkelschlüssig, wenn der Gaststaat ein Verhalten aufgrund eines Arguments als unbedingt erforderlich ansähe, hierfür durch ein Schiedsgericht verurteilt würde und die Durchsetzung anschließend aufgrund desselben Arguments verweigern könnte. Wäre dies im NYÜ so vorgesehen, so hätte Art. V Abs. 2 b) NYÜ so formuliert werden müssen, dass die Anerkennung und Vollstreckbarerklärung dann verweigert werden könnte, wenn der Schiedsspruch gegen den ordre public verstößt, also das Schiedsgericht zwingendes nationales Recht nicht beachtet hat. Dies liefe aber wiederum auf eine inhaltliche Prüfung des Schiedsspruchs, also eine révision au fond, hinaus, welche gerade nicht gewollt ist. Über die Anwendung des maßgeblichen Rechts entscheidet alleine das Schiedsgericht, solange es hierzu vom Recht des Erlassstaates, beziehungsweise kraft der Privatautonomie, befugt ist.423 Sollte dies rechtspolitisch ungewollt sein, so müsste eine Änderung der Kompetenz auf Ebene des Schiedsverfahrens erfolgen. Das Exequaturverfahren ist weder bestimmt noch dazu geeignet die dem Schiedsgericht einmal verliehene Kompetenz wieder einzuschränken. Das nationale Gericht prüft lediglich, ob sich das Schiedsgericht im Rahmen seiner Kompetenz bewegt hat, und nur in Extremfällen, ob die Entscheidung für den Vollstreckungsstaat untragbar ist. Dies soll gerade bei einem Durchsetzungsverbot vor einem Gericht des unterlegenen Staates eine Voreingenommenheit des Gerichts (national bias) vermeiden.424 Aus Sicht eines drittstaatlichen Investors käme bei einem Durchsetzungsversuch vor einem Gericht eines EU-Staates zu dieser „national bias“ unter Umständen noch die Angst vor einer „european bias“ hinzu. 421

Vgl. OLG Celle, Beschluss v. 06. 10. 2005 – 8 Sch 6/05. Solomon, International Commercial Arbitration, 45, 145, Rn. 307, 149 Rn. 325 f. 423 Vgl. auch Kasolowsky, SchiedsVZ 2008, 72, 74 f., mit Verweis auf die Entscheidungen Thalès Air Defence v Euromissile sowie SNF SAS v Cytec Industries des Pariser Cour d’appel. 424 Duve/Wimalasena, „Echte“ Transnationalisierung des Exequaturverfahrens für Schiedssprüche durch Schaffung eines Internationalen Vollstreckungsgerichts?, 73, 80. 422

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Kap. 3: Versagung der Vollstreckbarerklärung

Darum muss es für das nationale Gericht zunächst auch gleichgültig sein, ob der Schiedsspruch auf einer falschen Bewertung des EU-Rechts basiert. Anders wäre es nur dann zu sehen, wenn die Entscheidung des nationalen Gerichts über das Exequatur selbst eine Verletzung des ordre public darstellen würde, da es dem Staat nicht zugemutet werden kann, durch eigenes Handeln gegen grundlegende Bestimmungen seiner eigenen Rechtsordnung zu verstoßen. Die Frage lautet darum, in welchen Fällen ein Verstoß des Schiedsgerichts gegen EU-Recht soweit durchschlägt, dass durch die Durchsetzung des daraus resultierenden Schiedsspruchs wiederum eine erneute Verletzung des EU-Rechts eintritt, die so schwerwiegend ist, dass sie einen Verstoß gegen den ordre public international darstellt. Dies kann nicht bei jeder Verletzung des EU-Rechts der Fall sein. Der ordre public-Vorbehalt soll dazu dienen, untragbare Entscheidungen zu verhindern und soll somit ein Korrektiv bilden, statt zu einer vollständigen Nachprüfung nach den nationalen Rechtsvorschriften zu führen. Sofern die Vollstreckbarerklärung jedoch tatsächlich unerträglich für die deutsche, beziehungsweise europäische, Rechtsordnung wäre, würde Art. V Abs. 2 b) NYÜ greifen. Dies könnte dann der Fall sein, wenn die Vollstreckbarerklärung als Substitut für eine Handlung des verurteilten Staates angesehen werden kann, die ihrerseits derart gegen grundlegende Bestimmungen des EU-Rechts verstößt, dass ihre Durchführung für die deutsche Rechtsordnung unerträglich wäre. Schlosser geht zwar davon aus, dass die Zahlung einer Geldsumme als solche – abgesehen von währungsrechtlichen Vorschriften – niemals gegen den ordre public verstoßen könne.425 Dem kann jedoch nur bedingt gefolgt werden. Zwar ist die Zahlung eines Geldbetrages rechtlich neutral einzustufen, weshalb auch Fehlentscheidungen eines Spruchkörpers hinzunehmen sind, sofern sie keiner Überprüfung unterliegen. Sobald aber durch die Zahlung eine Handlung ersetzt wird, die ihrerseits gegen den ordre public verstoßen würde, ist die Neutralität nicht mehr gegeben und die Möglichkeit eines weiteren ordre public-Verstoßes bestünde grundsätzlich. b) Ersetzung der unionswidrigen Handlung durch die Vollstreckbarerklärung Sofern also ein Exequaturgericht durch die Erteilung der Vollstreckbarerklärung die durch das EU-Recht verbotene Handlung des verurteilten Staates ersetzen würde, wäre die Möglichkeit der Anwendung des Art. V Abs. 2 Nr. 2 NYÜ eröffnet.

425

Stein/Jonas-Schlosser, Anh. § 1061, Rn. 324; ähnlich Broches bereits bei der Schaffung des ICSID-Übereinkommens: „he could not imagine how a decision that a party owed to the other party a certain sum of money could have anything to do with ordre public“, siehe International Centre for Settlement of Investment Disputes, History of the ICSID Convention 1968, S. 989.

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aa) Die Asteris-Rechtsprechung des EuGH oder das Kriterium der Freiwilligkeit Auf den ersten Blickt könnte argumentiert werden, dass in der Micula-Konstellation die Durchsetzung des Schiedsspruches genau die Situation eintreten lassen würde, die das EU-Beihilfenrecht verhindern will, weshalb auch die Durchsetzung als verbotene Beihilfe zu betrachten wäre.426 Der Investor würde so gestellt werden, als hätte er die illegale Beihilfe von seinem Gaststaat erhalten.427 Im Folgenden ist zu klären, ob hierin tatsächlich eine Auszahlung einer Beihilfe, lediglich „auf andere Weise“, gesehen werden kann. Ausgangspunkt ist hierbei die „Asteris-Entscheidung“ des EuGH.428 Hintergrund dieser Entscheidung war, dass der EuGH zuvor eine EU-Verordnung, mit welcher der zu gewährende Betrag einer Produktionsbeihilfe für Tomatenmark festgesetzt wurde, für nichtig erklärt hatte, da sie die Griechische Republik benachteiligte. Einige Produzenten von Tomatenmark erhoben danach vor einem griechischen Gericht Klage auf Feststellung, dass die Griechische Republik ihnen für einen bestimmten Zeitraum die Differenz zwischen der tatsächlich bezogenen Beihilfe und der Beihilfe zu zahlen habe, die sie ohne die durch den EuGH festgestellte Rechtswidrigkeit hätten beanspruchen können. Das griechische Gericht legte dem EuGH daraufhin (stark verkürzt) unter anderem die Frage vor, ob die Zahlung von Schadensersatz seitens der nationalen Behörden in diesem Fall die Einholung einer Zustimmung im Sinne des beihilferechtlichen Art. 93 EWG-Vertrags von den Gemeinschaftsorganen voraussetze.429 Es ging also im Kern darum, ob die Zahlung eines solchen Schadensersatzes eine Beihilfe im Sinne des Beihilfenrechts der EWG darstellt.430 Der EuGH entschied daraufhin: „Zahlungen, zu denen nationale Behörden zum Ersatz eines Schadens verurteilt werden, den sie Privatpersonen versursacht haben, stellen keine Beihilfen im Sinne der Artikel 92 und 93 EWG-Vertrag dar.“431

Im Urteil führte er weiter aus, dass sich Maßnahmen der öffentlichen Hand zur Begünstigung bestimmter Unternehmen oder bestimmter Erzeugnisse in ihrem 426 Vgl. Europäische Kommission, Amicus Curiae Brief in PCA case No. 2013-6 – U.S. Steel Global Holdings I B.V. (The Netherlands) v. The Slovak Republic 2014, Rn. 68 ff. 427 So Rumänien und die Europäische Kommission in Ioan Micula, Viorel Micula, S.C. European Food S.A, S.C. Starmill S.R.L. and S.C. Multipack S.R.L. ./. Rumänien, Final Award v. 11. 12. 2012 – ICSID Case No. ARB/05/20, Rn. 330; United States Court of Appeals for the Second Circuit, Brief for amicus curiae v. 04. 02. 2016 – 15-3109-cv, 16. 428 EuGH – Asteris u. a. gegen Griechenland – Urt. v. 27. 09. 1988 – 106 bis 120/87. 429 Vgl. EuGH – Asteris u. a. gegen Griechenland – Urt. v. 27. 09. 1988 – 106 bis 120/87, Rn. 10. 430 EuGH – Asteris u. a. gegen Griechenland – Urt. v. 27. 09. 1988 – 106 bis 120/87, Rn. 21. 431 EuGH – Asteris u. a. gegen Griechenland – Urt. v. 27. 09. 1988 – 106 bis 120/87, Tenor, Nr. 3.

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rechtlichen Charakter grundlegend von Zahlungen unterscheiden, zu denen nationale Behörden zur Kompensation eines Schadens verurteilt werden, den sie Privatpersonen verursacht haben.432 Ähnlich hat der EuGH auch zur Rückzahlung einer ungerechtfertigten Bereicherung durch einen Staat entschieden.433 Jedenfalls soll EURecht keinen nationalen Normen entgegenstehen, die einem Privaten Schadensersatz zusprechen, sofern dieser vom Staat in seinen Rechten verletzt wurde.434 Auch sonst wird argumentiert, dass einer Zahlung nur dann der Charakter einer Beihilfe zugesprochen werden kann, wenn es sich bei ihr um eine freiwillige Leistung handelt.435 Überträgt man dies auf die Micula-Konstellation436, so dürfte auch die gerichtliche Durchsetzung eines ISDS-Schiedsspruches, mit welchem eine zurückgenommene Beihilfe entschädigt wird, nicht als Beihilfe angesehen werden.437 Im Gegensatz zur Auszahlung einer Beihilfe stellt die Befolgung eines Schiedsspruchs nämlich keinen „freiwilligen“Akt im Sinne des Beihilferechts dar.438 Vielmehr ist der Staat dazu verpflichtet, sich entsprechend seiner völkerrechtlichen Vereinbarungen zu verhalten. Dass es sich bei dem BIT nicht um eine nationale Norm handelt, kann dem nicht entgegenstehen, da sich der Staat ebenso in einem Investitionsförderungsgesetz einseitig entsprechend verpflichten könnte.439 Anders könnte man es dann sehen, wenn ein Schiedsspruch nicht auf einer generellen Haftungsgrundlage basieren würde, die für jeden Marktteilnehmer gilt, und wenn die Entscheidung genutzt wird, um ein Beihilfeverbot zu umgehen (Kriterium der Selektivität)440. Wäre nämlich die Haftungsgrundlage bereits „freiwillig“ ge432 EuGH – Asteris u. a. gegen Griechenland – Urt. v. 27. 09. 1988 – 106 bis 120/87, Rn. 23; vgl. zudem Europäische Kommission, Entscheidung der Kommission über die staatliche Beihilfe C 36/A/06 (ex NN 38/06), die Italien ThyssenKrupp, Cementir und Nuova Terni Industrie Chimiche gewährt hat – 2008/408/EG 2007, Rn. 70, wonach eine für die Enteignung von Wirtschaftsgütern geleistete Entschädigung keine staatliche Beihilfe darstellt. 433 EuGH – Denkavit – Urt. v. 27. 03. 1980 – 61/79, Rn. 30 ff. 434 Tietje/Wackernagel, JWIT 2015, 205, 221. 435 Tietje/Wackernagel, Outlawing compliance?, S. 3; Tietje/Wackernagel, JWIT 2015, 205, 220. 436 Vgl. auch die Entscheidung des EuG – Micula ./. Rumänien, Urt. v. 18. 06. 2019 – T-624/ 15, T-694/15 und T-704/15, Rn. 96 ff., in welcher dieser Punkt ebenfalls kurz angesprochen wird. Allerdings scheint der EuG hier lediglich die Konstellation anzusprechen, in der Rumänien den Schiedsspruch freiwillig begleicht. Wie die Situation zu bewerten wäre, wenn die Durchsetzung in einem anderen Staat versucht wird, bleibt darum auch nach diesem Urteil offen. 437 Trotz gleichlaufender Argumentation hinsichtlich der Asteris-Rechtsprechung sehen Tietje/Wackernagel in der Micula-Konstellation dennoch einen Verstoß gegen den ordre public. Siehe Tietje/Wackernagel, Outlawing compliance?, 7 ff.; Tietje/Wackernagel, JWIT 2015, 205, 222 ff.; ihnen folgend Thörle, Konflikt zwischen Investitionsschutzabkommen und dem Recht der EU, S. 241 f. 438 Tietje/Wackernagel, Outlawing compliance?, S. 6. 439 Tietje/Wackernagel, JWIT 2015, 205, 221. 440 Europäische Kommission, Entscheidung der Kommission über die staatliche Beihilfe C 36/A/06 (ex NN 38/06), die Italien ThyssenKrupp, Cementir und Nuova Terni Industrie

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währt, so läge in der Auszahlung nur noch einmal die Bestätigung dieser freiwilligen Leistung. Man könnte argumentieren, dass der Schiedsspruch in der Micula-Konstellation gerade nicht auf einer generellen Haftungsgrundlage basiert, sondern auf einem IIA, also einem speziellen Mechanismus, der von dem jeweiligen Gaststaat freiwillig geschaffen wurde und nur bestimmte Personen betrifft, nämlich die Investoren des entsprechenden Vertragsstaates.441 Dass das IIA lediglich für bestimmte Investorengruppen wirkt, bedeutet jedoch nicht notwendigerweise, dass die Haftungsgrundlage als individuell angesehen werden muss. Es ist nicht so, dass IIAs konkrete Investoren benennen. Die Investoren müssen auch noch nicht zum Zeitpunkt des Abschlusses des IIAs existieren. Die Erstreckung des IIAs auf weitere Personen ist nicht für die Zukunft ausgeschlossen.442 Die Nationalität alleine individualisiert die Personen nicht, sondern stellt lediglich einen notwendigen Tatbestand für die Anwendbarkeit der Regelung dar.443 Auch ist der potentiell angesprochene Personenkreis nicht so klein, dass man sagen könnte, dass hierdurch „bestimmte Unternehmen“ einen Vorteil erlangen. Selbst wenn der IIA später nur von einer einzigen Person in Anspruch genommen wird, liegt noch keine individuelle Regelung vor.444 Überdies ist fraglich, ob das Kriterium der Selektivität überhaupt angewendet werden kann, wenn ein Drittstaat mit der Durchsetzung betraut ist. Bei diesem liegt bereits deshalb keine Freiwilligkeit vor, weil er das IIA nicht abgeschlossen hat, sondern lediglich an das NYÜ gebunden ist. Darum sind in den Regelungen eines IIAs generelle Haftungsgrundlagen zu sehen. Anders könnte man es allerdings sehen, wenn das Schiedsgericht auf Grundlage eines Investitionsvertrages zwischen Investor und Gaststaat konstituiert wurde. In diesem Fall liegt keine generelle Haftungsgrundlage vor, da der Gaststaat ein Individuum durch den Schiedsvertrag bevorteilt.

Chimiche gewährt hat – 2008/408/EG 2007, Rn. 97; Europäische Kommission, Amicus Curiae Brief in PCA case No. 2013-6 – U.S. Steel Global Holdings I B.V. (The Netherlands) v. The Slovak Republic 2014, Rn. 77; Generalanwalt Colomer, Dámaso Ruiz-Jarabo, Schlussanträge v. 28. 04. 2005 – C-346/03 und C-529/03, Rn. 198 – Giuseppe Atzeni u. a, Marco Scalas und Renato Lilliu gegen Regione autonoma della Sardegna; Europäische Kommission, Beschluss (EU) 2015/1470 über die von Rumänien durchgeführte staatliche Beihilfe SA.38517 (2014/C) (ex 2014/NN) – Schiedsspruch vom 11. Dezember 2013 in der Sache Micula/Rumänien 2015, Rn. 109 ff.; Basener, Investment protection in the European Union, S. 385. 441 Europäische Kommission, Beschluss (EU) 2015/1470 über die von Rumänien durchgeführte staatliche Beihilfe SA.38517 (2014/C) (ex 2014/NN) – Schiedsspruch vom 11. Dezember 2013 in der Sache Micula/Rumänien 2015, Rn. 109 ff.; Europäische Kommission, Amicus Curiae Brief in PCA case No. 2013-6 – U.S. Steel Global Holdings I B.V. (The Netherlands) v. The Slovak Republic 2014, Rn. 82; Basener, Investment protection in the European Union, Rn. 385. 442 Vgl. Maunz/Dürig-Remmert, Art. 19 GG, Rn. 39. 443 Anders aber Basener, Investment protection in the European Union, S. 385. 444 Vgl. Maunz/Dürig-Remmert, Art. 19 GG, Rn. 37.

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Doch auch hier ist weiterhin zu beachten, dass diese Individualabrede nicht notwendig von dem Vollstreckungsstaat abgeschlossen wurde. Aus dessen Sicht liegt auch hier keine Freiwilligkeit vor, da er an das NYÜ gebunden ist. Er kommt lediglich seiner völkerrechtlichen Verpflichtung nach.445 Gleichwohl wird teilweise – trotz Beachtung der Asteris-Rechtsprechung – in der Micula-Konstellation eine Umgehung der EU-Beihilferegelungen gesehen und gefordert, dass auch Drittstaaten die Vollstreckbarerklärung verweigern.446 Jedoch bedarf es zu einer Umgehung auch eines entsprechenden Umgehungswillens. Ein dritter Staat, der an das NYÜ gebunden ist, erteilt die Vollstreckbarerklärung alleine aus dem Grund, dass er hierzu durch das Übereinkommen verpflichtet ist, sofern kein Verstoß gegen eine der Regelungen in Art. V NYÜ vorliegt. Anders könnte dies nur zu werten sein, wenn der verurteilte Staat den Schiedsspruch selbst durchsetzt, da dieser genau die Handlung vornimmt, die ihm ursprünglich versagt war. Somit müsste in dieser Fallgruppe eine Unterscheidung zwischen der Durchsetzung im Gaststaat und einer Durchsetzung in einem Drittstaat gemacht werden. Nur bei einer Durchsetzung vor einem Gericht des Gaststaates könnte dann über das Kriterium der Selektivität eine Beihilfezahlung begründet werden. bb) Das Kriterium der Zurechenbarkeit Tietje/Wackernagel bringen unter Verweis auf das Verfahren Deutsche Bahn AG gegen die Kommission der Europäischen Gemeinschaften447 noch das Kriterium der Zurechenbarkeit zu einem Staat ins Spiel.448 Demnach liegt eine Beihilfe nur dann vor, wenn die Zahlung auch einem Staat zugerechnet werden kann.449 Sie argumentieren, dass der Vollstreckungsstaat gerade bei ICSID Schiedssprüchen durch die Artt. 53 und 54 ICSID zur Durchsetzung des Schiedsspruches gezwungen werde, weshalb sie ihm nicht zugerechnet werden könne.450 Sie weiten dies jedoch auch auf die Durchsetzung nach dem NYÜ aus und tragen vor, dass es möglich wäre auch hier keine Zurechnung zum Exequaturstaat vorzunehmen, da die Staaten hierbei nicht kraft ihrer Souveränität, sondern als Vertreter der internationalen Gemeinschaft 445 Dies übersieht Basener, Investment protection in the European Union, S. 386, wenn er damit argumentiert, dass die Staaten ihre IIAs nicht abändern oder aufkündigen um eine solche Situation zu verhinden und dadurch das EU-Recht verletzen. Die Exequaturstaaten haben aber in der Regel keinen Einfluss auf den IIA. 446 Tietje/Wackernagel, JWIT 2015, 205, 222; vgl. auch Basener, Investment protection in the European Union, S. 385, der meint, in der Micula-Konstellation würde der effet utile unterlaufen. 447 EuGH – Deutsche Bahn gegen Kommission der Europäischen Gemeinschaften – Urt. v. 05. 04. 2006 – T-351/02. 448 Tietje/Wackernagel, Outlawing compliance?, 6 f.; Tietje/Wackernagel, JWIT 2015, 205, 221. 449 EuGH – Deutsche Bahn gegen Kommission der Europäischen Gemeinschaften – Urt. v. 05. 04. 2006 – T-351/02, Rn. 101. 450 Tietje/Wackernagel, Outlawing compliance?, S. 6 f.

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handelten, da die Durchsetzung von Schiedssprüchen von herausragender Wichtigkeit sei.451 Dieser letzten Argumentation kann jedoch nicht gefolgt werden. Art. V Abs. 2 Nr. 2 NYÜ bietet den Staaten gerade die Möglichkeit, selbstbestimmt zu entscheiden, was mit ihrer nationalen Rechtsordnung noch vereinbar ist. Nähme man an, dass die Auszahlung einer unionsrechtswidrigen Beihilfe tatsächlich gegen den ordre public verstößt, wäre es zirkelschlüssig, wenn man das Vorliegen dieser Beihilfe damit verneint, dass diese nicht dem Staat zugerechnet werden kann. Entweder es liegt ein Verstoß gegen den ordre public vor und die Durchsetzung kann darum nach Art. VAbs. 2 NYÜ verweigert werden, oder es liegt kein Verstoß gegen den ordre public vor und es besteht darum eine Verpflichtung zur Vollstreckbarerklärung. Das Nichtvorliegen des ordre public-Verstoßes kann also nicht mit der Verpflichtung zur Anerkennung und Vollstreckbarerklärung begründet werden, da schon keine Verpflichtung besteht, wenn ein ordre public-Verstoß vorliegt. cc) Die Durchsetzung eines Aliuds Eindeutiger zu behandeln sind die Fälle, wo der Schiedsspruch zwar zwingendes EU-Recht missachtet hat, in der Erfüllung des Schiedsspruchs jedoch ein eindeutiges Aliud zu der unionsrechtlich verbotenen Handlung vorliegt. Hätte beispielsweise in Vattenfall I das Schiedsgericht lediglich Schadensersatz zugesprochen und nicht die Gewährung einer Genehmigung ohne Auflagen (modifizierte Genehmigung), so läge in der Durchsetzung des Schiedsspruches selbst keine Verletzung des unionsrechtlichen Umweltrechts. Die Auszahlung des Geldes wäre als rechtlich neutral zu sehen. dd) Die Fortsetzung der unionsrechtswidrigen Maßnahme durch die Vollstreckbarerklärung Diffiziler wird es hingegen in denjenigen Fällen, in denen die Durchsetzung die unionsrechtsmäßige Maßnahme fortführt oder sogar erweitert. Dies wäre beispielsweise anzunehmen, wenn man einen ordre public-Verstoß deshalb annehmen wollte, weil der Schiedsspruch auf einem nichtigen IIA basiert.452 Wenn man hierbei die Nichtigkeit des IIAs mit einer Diskriminierung von Investoren aus anderen Ländern begründet,453 so könnte auch in der Durchsetzung des Schiedsspruchs eine erneute Diskriminierung liegen, da sich die ursprüngliche Diskriminierung in der Durchsetzung fortsetzen würde.

451

Tietje/Wackernagel, Outlawing compliance?, S. 7. Vorausgesetzt eine solche Nichtigkeit wäre tatsächlich gegeben. 453 Vgl. nur Achmea B.V. ./. The Slovak Republic, UNCITRAL, Award on Jurisdiction, Arbitrability and Suspension v. 26. 10. 2010 – PCA Case No. 2008-13, Rn. 183; Rösch, Intraeuropäisches Investitionsrecht, S. 116 ff. 452

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Begründet man die Nichtigkeit hingegen damit, dass das Schiedsgericht kein Vorabentscheidungsverfahren zum EuGH anstrengen konnte,454 so passt dies hier nicht mehr für eine Begründung des ordre public-Verstoßes, da das nationale Exequaturgericht selbstverständlich ein Vorabentscheidungsverfahren einleiten könnte. Das Exequaturgericht müsste darum genau prüfen, ob und wenn ja welche Auswirkungen ein ordre public-Verstoß des Schiedsgerichts auf das Verfahren der Anerkennung und Vollstreckbarerklärung hat. c) Bestimmung einer EU-Norm als „grundlegend“ Selbst wenn festgestellt wurde, dass die Durchsetzung eines Schiedsspruches gegen EU-Recht verstößt, bedeutet dies noch nicht, dass hierin auch ein Verstoß gegen den ordre public liegt. In Beachtung der Eco Swiss-Rechtsprechung müsste es sich dabei um eine „grundlegende Bestimmung des EU-Rechts“455 handeln, gegen die verstoßen wird. Was genau unter diesen Begriff fällt, ist schwierig zu bestimmen.456 Man könnte nun überlegen, dass das Exequaturgericht die Frage danach, ob es sich bei einer Norm um eine „grundlegende Bestimmung des EU-Rechts“ handelt, dem EuGH im Rahmen eines Vorabentscheidungsverfahrens nach Art. 267 AEUV stellen könnte.457 Allerdings würde es nicht genügen, dass das vorlegende Gericht nach der Vereinbarkeit mit dem EU-Recht fragt. Vielmehr müsste es die Vorlagefrage konkret danach ausrichten, ob es sich um eine „grundlegende Bestimmung des EURechts“ handelt. Eine Vorlagefrage könnte wie folgt formuliert werden: Sind [fragliche EU-Vorschriften] so auszulegen, dass es sich bei ihnen um grundlegende Bestimmungen des EU-Rechts handelt und sie der Vollstreckbarerklärung eines Schiedsspruchs mit dem Inhalt […] entgegenstehen?

Nur wenn beide Teile der Frage vom EuGH bejaht werden, kann ein Verstoß gegen den ordre public angenommen werden. Die Kommission scheint die Artt. 107 und 108 AEUV als grundlegende Bestimmungen des EU-Rechts anzusehen.458

454

Vgl. nur Achmea B.V. ./. The Slovak Republic, UNCITRAL, Award on Jurisdiction, Arbitrability and Suspension v. 26. 10. 2010 – PCA Case No. 2008-13, Rn. 114; Generalanwalt Wathelet, Schlussantrag v. 19. 09. 2017 – C-284/16, BeckRS 2017, 125330, Rn. 84 ff. – Achmea; Rösch, Intraeuropäisches Investitionsrecht, S. 149 ff. 455 Vgl. EuGH, EuZW 1999, 565, Rn. 36 – Eco Swiss. 456 Basedow, Journal of International Arbitration 2015, 367, 373; Wehland, JWIT 17 (2016), 942, 954. 457 So J. Berger, SchiedsVZ 2017, 282, 288. 458 Peterson, Revealed: A First Look at Arguments made by European Commission in its recent Bid to halt UNCITRAL Arbitration under Intra-EU BIT, http://tinyurl.com/no3uw4d.

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d) Ordre public européen Um eine Lösung um den Konflikt entgegenstehendes EU-Recht bei der Durchsetzung von ISDS-Entscheidungen zu finden, wird in der Literatur, vor allem im Zusammenhang mit der Vollstreckung von Urteilen nach der EuGVVO, der Begriff eines „europäischen ordre public“ oder auch „ordre public européen“ vorgebracht.459 Teilweise wird auch von einem „regionalen ordre public“ gesprochen.460 Ein solcher Begriff soll einen Verstoß nicht mehr nur davon abhängig machen, ob er mit der nationalen Rechtsordnung unvereinbar ist, sondern auch die Unvereinbarkeit aus EU-Sicht zum Prüfmaßstab erheben. Die Unterscheidung zwischen ordre public interne und ordre public international beweist, dass es möglich ist, verschiedene Formen des ordre public anzuwenden. Folglich könnten die nationalen Gerichte auch einen speziellen europäischen ordre public anwenden. Ein solcher ordre public européen hätte womöglich den Vorteil der Rechtsvereinheitlichung. Die Parteien hätten zumindest eine etwas größere Rechtssicherheit bei der doch oftmals als sehr schwammig empfundenen Auslegung des ordre public in den einzelnen Staaten. Allerdings hat der BGH für die Anerkennung ausländischer Urteile bereits entschieden, dass sich die Auslegung des ordre public alleine nach nationalem Recht richtet und der EuGH nicht dazu berufen ist, den Begriff der öffentlichen Ordnung für die Mitgliedstaaten verbindlich zu definieren.461 Es gibt jedoch auch die Auffassung, dass die Bestimmung der öffentlichen Ordnung nicht alleine der Rechtsordnung eines Anerkennungsstaates überlassen werden dürfe, weshalb der EuGH auch darüber befinden können müsse, um eine einheitliche Anwendung zu gewährleisten.462 Allerdings stützt sich diese Ansicht auf die EuGVVO (beziehungsweise auf das vorhergehende EuGVÜ), also eine EUVerordnung. Bei einer solchen ist nachvollziehbar, dass die in ihr verwendeten Begriffe vom EuGH ausgelegt werden können. Das NYÜ ist hingegen keine unionsrechtliche Vorschrift, sondern ein internationales Abkommen, welches durch nationales Recht inkorporiert wurde. Auch ist fraglich, inwieweit durch eine Auslegungsbefugnis des EuGH in diesem Bereich tatsächlich eine Vereinheitlichung stattfinden kann. Zum einen können die Schiedssprüche genauso in Drittstaaten für 459

Vgl. Ewert, Die Überprüfung von Schiedssprüchen auf ihre Vereinbarkeit mit europäischem Kartellrecht im Anschluss an die Eco Swiss- Entscheidung des EuGH, S. 56; Martiny, Anerkennung nach multilateralen Staatsverträgen, 1, Rn. 92; R. Wolff, SchiedsVZ 2016, 293, 302; Bach, Grenzüberschreitende Vollstreckung in Europa, S. 107 f.; Blackaby et al., Redfern and Hunter on international arbitration, Rn. 10.86; Martiny, Die Zukunft des europäischen ordre public im Internationalen Privat- und Zivilverfahrensrecht, 523, m.w.N. 460 Harbst, SchiedsVZ 2007, 22, 23; siehe auch Lew, Applicable law in international commercial arbitration, S. 534, Rn. 406, der eine public policy der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft annimmt. 461 BGH, NJW 1980, 527, 528. 462 Martiny, Anerkennung nach multilateralen Staatsverträgen, 1, 50 Rn. 92.

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vollstreckbar erklärt werden, die nicht an die Auslegung des EuGH gebunden sind. Zum anderen genügt es für eine Vereinheitlichung nicht, den Begriff des ordre public einheitlich auszulegen, da überdies noch für eine Vielzahl von EU-Vorschriften jeweils im Einzelfall geprüft werden müsste, ob sie als „grundlegende Bestimmung“ anzusehen sind. Das wohl bedeutendste Argument gegen einen speziellen ordre public européen ist jedoch, dass er schlicht nicht notwendig ist.463 Die EU-Vorschriften sind Teil des jeweiligen nationalen Rechts.464 Ein Verstoß gegen sie ist darum auch gleichzeitig ein Verstoß gegen die nationale Rechtsordnung. Darum spielt das EU-Recht bereits ohne die Einführung eines speziellen ordre public européen bei der Auslegung des nationalen ordre public eine Rolle.465 Diese Auslegung hat dabei den Vorrang des Europarechts zu beachten.466 Es kommt hierbei aber weiterhin nur darauf an, ob die Durchsetzung selbst gegen EU-Recht verstößt, das Teil des ordre public ist. Hingegen wäre eine komplette materielle Überprüfung des Schiedsspruchs auf Vereinbarkeit mit dem EU-Recht unzulässig, da sie gegen das Verbot der révision au fond verstoßen würde.467 Auch hat der EuGH bereits entschieden, dass es nicht seine Aufgabe ist, den Inhalt der öffentlichen Ordnung eines Vertragsstaates zu definieren.468 Letztlich wäre unter dem Begriff des ordre public européen damit lediglich eine Sammlung derjenigen EU-Normen zu verstehen, deren Verletzung als unerträglich für die nationale Rechtsordnung anzusehen ist. Die einzig verbleibende Frage ist darum, wann eine EU-Norm als so fundamental angesehen wird, dass ein Verstoß gegen sie für die europäische und damit auch nationale Rechtsordnung untragbar ist. Dies kann auch, wie oben gezeigt, durch den EuGH entschieden werden, da es um die Auslegung von EU-Recht geht und gerade nicht um den ordre public als nationales Recht. Sofern man dennoch den Begriff des ordre public européen etablieren wollte, hätte dies zumindest für die vorliegende Problematik nur wenig Mehrwert.

463

Vgl. auch MüKo-BGB-Hein, Art. 6 EGBGB, Rn. 155. Vgl. Bach, Grenzüberschreitende Vollstreckung in Europa, S. 109, Fn. 128 am Ende: „Allerdings dürften die entsprechenden Wertungen in aller Regel ohnehin dem jeweiligen nationalen ordre public zu entnehmen sein.“; vgl. auch Giuliano/Lagarde, BT-Drs. 10/503, S. 70, Art. 16 EVÜ. 465 Vgl. EuGH, EuR 2000, 628, Rn. 22 ff. – Krombach gegen Bamberski; vgl. Martiny, Die Zukunft des europäischen ordre public im Internationalen Privat- und Zivilverfahrensrecht, 523, 532 f. 466 Martiny, Die Zukunft des europäischen ordre public im Internationalen Privat- und Zivilverfahrensrecht, 523, 533, 537. 467 Bach, Grenzüberschreitende Vollstreckung in Europa, S. 110. 468 EuGH, EuR 2000, 628, Rn. 23 – Krombach gegen Bamberski; EuZW 2012, 912, Rn. 49 – Trade Agency Ltd. gegen Seramico Investments; NJW 2009, 1938, Rn. 26 – Renault; BeckRS, 2009 – 70441, Rn. 56 – Apostolides/Orams. 464

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e) Auslegung des ordre public anhand der Ratio des EU-Rechts Schwierig bleiben diejenigen Fälle, in welchen die Durchsetzung zwar nicht gegen EU-rechtliche Bestimmungen verstößt, aber dennoch Ergebnisse entstehen, die mit den Zielen des EU-Rechts nicht vereinbar sind. Obwohl die Durchsetzung eines Schiedsspruches in der Micula-Konstellation nach hier vertretener Auffassung keine verbotene Beihilfe darstellt, führt sie zu einer Situation, die das EU-Recht gerade vermeiden will. Faktisch stünde der Investor genauso da, als wäre ihm die Beihilfe gewährt worden. Dieses Ergebnis kann jedoch aus den oben genannten Gründen nicht dadurch vermieden werden, dass die gesamte Durchsetzung als Beihilfe deklariert wird. Auch wenn die Einordnung als „grundlegende Bestimmungen“ schwierig sein kann, ist es unbestritten, dass es Normen gibt, deren ratio legis von so überragendem Interesse ist, dass es für das EU-Recht untragbar wäre, wenn sie keine Beachtung finden würden. Da es aber, wie an der Micula-Konstellation verdeutlicht, vorkommen kann, dass der Anwendungsbereich einer Norm zwar nicht eröffnet ist, dennoch aber gegen ihre Ratio verstoßen wird, muss eine andere Lösung gefunden werden, um einen ordre public-Verstoß zu begründen. Zunächst könnte die Konstellation einen Fall der „indirekten Kollision“469 darstellen, da die Bestimmungen einer unionsrechtlichen Regelung beeinträchtigt werden, ohne dass mit ihrem eigentlichen Regelungsausspruch kollidiert wird.470 Bei der der indirekten Kollision wird vom EuGH nach komplexer Abwägung471 eine Unanwendbarkeit der nationalen Norm angenommen, wenn „ein Vergleich des hypothetischen Zustands nach Anwendung der nationalen Norm mit jenem Zustand der Durchführung des Unionsrechts unter Außerachtlassen der staatlichen Norm Wirksamkeitsunterschiede aufzeigt, die unter dem Gesichtspunkt der einheitlichen Tragweite des Unionsrechts nicht mehr hinzunehmen sind.“.472 Die fragliche nationale Norm wäre vorliegend § 1061 Abs. 1 ZPO, da ihre Anwendung dazu führen würde, dass ein nach Unionsrecht ungewolltes, womöglich untragbares Ergebnis entsteht. Doch ist nicht klar, ob die völlige Nichtanwendung der Norm hier zu dem gewünschten Ergebnis führt. Sofern § 1061 Abs. 1 ZPO und somit auch das NYÜ einfach unangewendet gelassen wird, würde hierdurch eine völkervertragliche Verpflichtung verletzt werden. Es zeigt sich aber auch, dass die Figur der „indirekten Kollision“ hier nicht direkt passt. Das Unionsrecht wird ja gerade nicht verletzt, da der Anwendungsbereich der EU-Norm eben nicht eröffnet ist. Es soll nur ihrer Ratio Geltung verschafft werden. Besser wäre es darum, wenn es 469

Grabitz/Hilf/Nettesheim-Nettesheim, Art. 1 AEUV, Rn. 76; Calliess/Ruffert-Ruffert, Art. 1 AEUV, Rn. 22; Huthmacher, Der Vorrang des Gemeinschaftsrechts bei indirekten Kollisionen, S. 1 ff.; Jarass/Beljin, NVwZ 23 (2004), 1, 4; Tomasic, Effet utile, S. 43 f. 470 Vgl. Grabitz/Hilf/Nettesheim-Nettesheim, Art. 1 AEUV, Rn. 76. 471 Grabitz/Hilf/Nettesheim-Nettesheim, Art. 1 AEUV, Rn. 76. 472 Grabitz/Hilf/Nettesheim-Nettesheim, Art. 1 AEUV, Rn. 76.

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ein Korrektiv gäbe, welches die Auslegung der Norm so ermöglichen würde, dass dem Unionsrecht Geltung verschafft wird, ohne dass dabei die völkervertragliche Verpflichtung unterlaufen werden. Ein solches Korrektiv könnte über den effet utile gefunden werden. Dieser allgemeine „Verfassungsgrundsatz der Effektivität“473 soll dem Unionsrechts zur „praktischen Wirksamkeit“ verhelfen.474 Es sollen also die mit den EU-Bestimmungen verfolgten Ziele möglichst effektiv zur Geltung gebracht werden.475 Als Auslegungsregel476 benötigt der effet utile jedoch eine Regelung als Anknüpfungspunkt, an welcher er dem EU-Recht praktische Wirksamkeit verschafft. Hier käme eine erweiterte Auslegung des Begriffs der Beihilfe in Art. 107 AEUV dahingehend in Betracht, dass auch die Durchsetzung eines Schiedsspruchs durch einen Drittstaat von ihm umfasst sein kann. Diese Auslegung würde jedoch der Rechtsprechung des EuGH widersprechen, welche für die Annahme einer Beihilfe gerade Freiwilligkeit verlangt. Eine bessere Option ist es darum, den Begriff der öffentlichen Ordnung in Art. V Abs. 2 b) NYÜ so zu verstehen, dass er auch Fälle umfasst, in denen zwar nicht gegen eine spezielle EU-Norm verstoßen, jedoch der Zweck einer solchen unterlaufen wird. Diese Art der Auslegung ist auch mit der Intention des NYÜ vereinbar. Art. VAbs. 2 b) NYÜ will gerade untragbare Ergebnisse für die innerstaatliche Rechtsordnung vermeiden und setzt dabei nicht notwendigerweise die Verletzung von Normen voraus. Eine für die nationale Rechtsordnung untragbare Situation kann auch eintreten, ohne dass der Fall speziell normiert ist. Was unter der öffentlichen Ordnung zu verstehen ist, bestimmt jeder Staat für sich selbst. Den eindeutigen Willen des EUGesetzgebers zu unterlaufen könnte auch für den einzelnen Staat untragbar sein. Dies könnte alleine schon aufgrund der Gefahr eines Vertragsverletzungsverfahrens, mit seinen monetären Sanktionen und erheblichen Einbußen an Reputation gegenüber den anderen Mitgliedstaaten, zutreffen. Über eine solche Auslegung kann darum auch die ratio legis einzelner grundlegender Bestimmungen in den Begriff der öffentlichen Ordnung hineingelesen werden. Auf diese Weise könnte den Zielen der Beihilfebestimmungen Geltung verschafft werden, ohne dass sie direkt über eine Wortlautausdehnung Anwendung finden müssten. Zu fragen wäre also danach, welches Ergebnis die entsprechenden EU-Normen im jeweiligen Fall gerade verhindern wollen. 473

Vgl. Grabitz/Hilf/Nettesheim-F. C. Mayer, Art. 19 EUV, Rn. 58. Vgl. nur EuGH, BeckRS 2004, 7763, Rn. 24 – Schilling und Nehring; BeckRS 2004, 7790, Rn. 52 – HI; Calliess/Ruffert, Art. 19 EUV, Rn. 16; Vedder/Heintschel von HeineggPache, Art. 19 EUV, Rn. 20; Groeben/Schwarze/Hatje/Grill-Gaitanides, Art. 19 EUV, Rn. 45. 475 Calliess/Ruffert-Wegener, Art. 19 EUV, Rn. 16; ähnlich Grundmann, Die Auslegung des Gemeinschaftsrechts durch den Europäischen Gerichtshof, S. 371; Potacs, EuR 44 (2009), 465, 471, mit umfangreichen Nachweisen hinsichtlich entsprechender Urt.e des EuGH in Fn. 42. 476 Vgl. F. Müller/Christensen, Juristische Methodik Band II, S. 358; Tomasic, Effet utile, S. 26, bezeichnet den effet utile als „besonders charakteristische Form der teleologischen Auslegung“. 474

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Allerdings muss bei der Durchsetzung eines Schiedsspruches differenziert werden, welcher Teil des Schiedsspruches tatsächlich die ratio legis bestimmter Normen unterläuft. Die Durchsetzung des Schiedsspruches würde beispielsweise nicht immer in ihrer Gesamtheit das EU-Beihilfenrecht unterlaufen. So setzt sich in Micula der Schiedsspruch nicht nur aus dem positiven Interesse der Investoren, sondern auch und gerade aus den frustrierten Aufwendungen zusammen, die aufgrund der gemachten Zusicherungen aufgelaufen sind.477 Hat ein Investor im Vertrauen auf gemachte Zusicherungen in einem Land investiert, so wäre es unbillig, ihm mit bloßem Verweis auf die ratio legis des Beihilfenrechts auch den Ersatz derjenigen Schäden zu verweigern, die das negative Interesse umfassen. Anders wäre es hingegen mit Blick auf das positive Interesse zu sehen. Der erwartete Gewinn wäre direkte Folge einer verbotenen Beihilfe und ohne diese nicht zu erwarten gewesen. Es ist nicht unbillig, dem Investor die Durchsetzung eines Schiedsspruches in der Höhe zu verweigern, wie er Ausfluss einer rechtswidrigen Beihilfe wäre, sofern man das Beihilfeverbot als „grundlegende Bestimmung“ ansieht. Die Folge wäre dann, dass der zu zahlende Betrag nicht mehr deckungsgleich mit der verbotenen Beihilfe wäre.478 Gangbarer Mittelweg wäre darum, über den ordre public unter Verweis auf den Zweck des EU-Rechts die Durchsetzung eines Schiedsspruches auf das negative Interesse zu begrenzen,479 soweit sie andernfalls die ratio legis einer „grundlegenden Bestimmung“ des EU-Rechts unterlaufen würde. Diese Lösung hat den Vorteil, dass sie keine Konstruktion eines Verstoßes gegen das Beihilferecht durch den Vollstreckungsstaat benötigt. Vielmehr kann ein Ergebnis gefunden werden, bei welchem die Interessen der Parteien in einem Mindestmaß beachtet werden und somit dem EU-Recht praktische Wirksamkeit verschafft wird: Der Investor erhält das negative Interesse und muss somit nicht mit Verlusten aus der Investition belastet bleiben. Andererseits wird das Ziel des Beihilferechts erreicht, da der Investor keine Gewinne und somit auch keinen ungerechtfertigten Vorteil gegenüber seinen Konkurrenten erhält, welcher zu einer Verschiebung des Wettbewerbs führt. 2. Lösung über das Rangverhältnis von ISDS und EU-Recht Im Zusammenhang mit der Durchsetzung von ICSID-Schiedssprüchen wird eine Lösung auch über den Grundsatz des Vorrangs des Unionsrechts gesucht.480 Grundgedanke dabei ist, dass sich ICSID-Übereinkommen und EU-Recht diametral 477

Siehe Ioan Micula, Viorel Micula, S.C. European Food S.A, S.C. Starmill S.R.L. and S.C. Multipack S.R.L. ./. Rumänien, Final Award v. 11. 12. 2012 – ICSID Case No. ARB/05/20, Rn. 944 ff. 478 Vgl. Generalanwalt Colomer, Dámaso Ruiz-Jarabo, Schlussanträge v. 28. 04. 2005 – C346/03 und C-529/03, Rn. 198 – Giuseppe Atzeni u. a, Marco Scalas und Renato Lilliu gegen Regione autonoma della Sardegna. 479 Zur Möglichkeit der partiellen Versagung der Vollstreckbarerklärung siehe WolffR. Wolff, Art. V, Rn. 519 m.w.N. in Fn. 1217. 480 Siehe dazu unten S. 224.

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entgegenstehen, wobei der Konflikt über den Vorrang eines der beiden Regimes zu lösen versucht wird. Im Fall der Durchsetzung von ad hoc-Schiedssprüchen liegen jedoch nicht zwei Regelungssysteme vor, sondern drei. Dies sind namentlich das EURecht, der BIT mit seinen ISDS-Regelungen sowie das NYÜ. Das NYÜ steht aber weder in Konflikt mit dem EU-Recht, noch mit System des ISDS. Maßgeblich ist hier alleine, dass das NYÜ (vereinfacht) klarstellt, dass jeder Schiedsspruch für vollstreckbar erklärt werden soll, sofern nicht einer der Verweigerungsgründe des Art. V NYÜ vorliegt. Auf welcher Rechtsgrundlage der Schiedsspruch erging und ob diese mit dem Recht des Exequaturstaates vereinbar ist, ist zunächst aus Sicht des NYÜ gleichgültig. Selbst wenn nun das EU-Recht mit dem ISDS-System unvereinbar wäre, würde dies nichts an der grundsätzlichen Anwendbarkeit des NYÜ ändern. Aus dieser Perspektive läge lediglich ein Schiedsspruch vor. Freilich könnte nun die Vollstreckbarerklärung versagt werden, wenn der ordre public-Vorbehalt oder einer der anderen Versagungsgründe des NYÜ greifen würde. Dann wäre die Lösung jedoch unter Anwendung der Regelungen des NYÜ zu suchen. Ein alleiniges Berufen auf den Grundsatz des Vorrangs des EU-Rechts würde jedoch nicht ausreichen. 3. Lösung über die fehlende Schiedsfähigkeit Bislang war der Verweigerungsgrund der fehlenden Schiedsfähigkeit in Art. V Abs. 2 a) NYÜ vor deutschen Gerichten noch nicht von Belang.481 Dennoch könnte man auf die Idee kommen, eine Lösung der Problematik entgegenstehenden EURechts hierüber zu finden.482 Die Schiedsfähigkeit ist im öffentlich-rechtlichen Bereich dann nicht gegeben, wenn über den Streitgegenstand kein öffentlich-rechtlicher Vertrag abgeschlossen werden kann.483 Man könnte nun der Ansicht sein, dass beispielsweise über eine EUrechtswidrige Beihilfe kein öffentlich-rechtlicher Vertrag geschlossen werden könnte und darum die Schiedsfähigkeit hier abzulehnen wäre. Jedoch handelt es sich in den fraglichen Fällen um eine „investitionsschutzrechtliche“ Streitigkeit, gerichtet auf die Gewährung von Schadensersatz. Das Beihilfenrecht spielt zwar bei der Bewertung des Sachverhalts eine Rolle. Streitgegenstand ist jedoch die Verletzung eines materiellen Schutzstandards. Der Schiedsspruch wird weder auf Beihilfen- noch auf Umweltrecht, sondern beispielsweise auf den sich aus einem BIT ergebenden Schutz vor Enteignung oder den 481 Solomon, Interpretation and Application of the New York Convention in Germany, 329, 364; Bubrowski, Internationale Investitionsschiedsverfahren und nationale Gerichte, S. 253. 482 Diese Möglichkeit wird knapp erwähnt von Power, Novenergia v. Kingdom of Spain, the ECT and the ECJ: Where to now for intra-EU ECT claims?, http://arbitrationblog.kluwerarbitra tion.com/2018/03/20/novenergia-v-kingdom-of-spain/?print=pdf. 483 Deutscher Bundestag, BT-Drs. 13/5274 1996, S. 35; Hammer, Überprüfung von Schiedsverfahren, Rn. 194; Zöller-Geimer, § 1030, Rn. 23; Saenger-Saenger, § 1030, Rn. 4.

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FET-Grundsatz gestützt. Die Frage der Verletzung derselben ist aber unzweifelhaft schiedsfähig, da sonst der gesamte Zweck des BIT hinfällig wäre.484 Sofern ein Staat in seinen IIAs Schiedsverfahren für bestimmte Situationen vereinbart, kann er nicht vorbringen, dass diese Fälle nicht schiedsfähig sind. Eine Lösung über die fehlende Schiedsfähigkeit muss darum ausscheiden. 4. Zwischenfazit Zusammenfassend lässt sich festhalten, dass die Vollstreckbarerklärung eines ad hoc-Schiedsspruchs nach Art. V Abs. 2 b) NYÜ verweigert werden kann, wenn sie selbst einen Verstoß gegen „grundlegende Bestimmungen des EU-Rechts“ darstellen würde. Dies ist der Fall, wenn die Vollstreckbarerklärung eine Handlung ersetzen würde, die ihrerseits gegen solche „grundlegenden Bestimmungen“ verstößt. Welche Normen als „grundlegend“ anzusehen sind, kann durch den EuGH im Wege des Vorabentscheidungsverfahrens geklärt werden. Die nationalen Gerichte müssen im Rahmen des ordre public das EU-Recht mitbeachten und gegebenenfalls den EuGH im Wege des Vorabentscheidungsverfahrens konsultieren. Dies ist auch der Fall, wenn das Schiedsgericht seinen Sitz außerhalb der EU hatte und darum das EU-Recht selbst nicht zu prüfen hatte. Hierin ist auch keine révision au fond zu sehen, da mit der Prüfung gerade keine Fehler des Schiedsgerichts aufgedeckt werden sollen. Stattdessen soll sichergestellt werden, dass das Gericht durch die Vollstreckbarerklärung nicht seinerseits gegen den ordre public verstößt. Es kommt hier lediglich darauf an, ob die Durchsetzung des Schiedsspruchs gegen den ordre public verstößt, nicht darauf, ob der Schiedsspruch selbst zu Unrecht erging. Dieser erging womöglich vor einem außereuropäischen Schiedsgericht ordnungsgemäß ohne Anwendung des EU-Rechts. Die gerichtliche Durchsetzung eines Schiedsspruches stellt grundsätzlich keine Beihilfe im Sinne des EU-Rechts dar, da sie nicht freiwillig erfolgt. Darum ist sie auch kein Ersatz für eine rechtswidrige Beihilfe. Eine Verweigerung der Vollstreckbarerklärung ist aber auch dann möglich, wenn diese gegen die ratio legis einer grundlegenden Bestimmung des EU-Rechts verstoßen würde. Dem Unionsrecht wird praktische Wirksamkeit verschafft, indem der ordre public auch Fälle umfasst, in welchen das Ziel einer grundlegenden Bestimmung ansonsten unterlaufen würde. Der Begriff des ordre public européen ist hingegen unnötig, da das EU-Recht bereits Teil der nationalen Rechtsordnungen und somit auch des nationalen ordre public ist.

484

679.

Siehe im Detail unten S. 244 und vgl. Reinisch, Enforcement of Investment Awards, 671,

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V. ICSID-Schiedssprüche Zwar musste die Micula-Konstellation soeben zur Verdeutlichung der Problematik bei der Durchsetzung von Schiedssprüchen nach dem NYÜ dienen. In dem tatsächlichen Verfahren spielt das NYÜ jedoch keine Rolle, da das Schiedsgericht nach dem ICSID-Übereinkommen konstituiert war. Doch auch hier tritt das Problem auf, dass die staatlichen Gerichte in der Zwickmühle zwischen EU-Recht und der Verpflichtung zur Hilfe bei der Durchsetzung eines Schiedsspruches gefangen sind. Während es, wie soeben gezeigt, bei der Vollstreckbarerklärung nach dem NYÜ Möglichkeiten gibt, dem EU-Recht zumindest in extremen Fällen Geltung zu verschaffen, scheint dies bei ICSID-Schiedssprüchen problematischer zu sein. 1. Ausgangslage Grundsätzlich verlangt Art. 54 Abs. 1 ICSID die unbedingte Durchsetzung von pekuniären Ansprüchen.485 In Deutschland wurde dies sogar auf nicht-pekuniäre Ansprüche ausgeweitet.486 Das NYÜ und somit der in ihm enthaltene ordre publicVorbehalt finden also zunächst keine Anwendung. Gleichwohl gibt es eine Debatte darum, wie in Fällen wie der Micula-Konstellation zu verfahren sei. So wurde der Micula-Schiedsspruch beispielsweise in Belgien für nicht vollstreckbar angesehen.487 Doch auch in anderen Konstellationen könnte die Vollstreckbarerklärung eines ICSID-Schiedsspruches mit dem EU-Recht kollidieren. Problematisch ist dabei, dass sowohl EU-Recht als auch das ICSID-Regime für sich genommen Vorrang beanspruchen und sich somit zwei Systeme entgegenstehen, in welchen kein Zurückweichen vor einem anderen Institut vorgesehen ist.488 Es ist zu klären, ob trotz der eigentlichen Unbedingtheit der Durchsetzung von ICSID-Schiedssprüchen eine Möglichkeit der Verweigerung der Vollstreckbarerklärung durch das Exequaturgericht besteht. Hierfür gibt es verschiedene Ansatzpunkte, die in der Folge aufgezeigt werden. 2. Versagungsgrund aus Art. 54 Abs. 3 ICSID Eine Ansicht versteht Art. 54 Abs. 3 ICSID489 so, dass sich aus ihm eine Berechtigung zur Verweigerung der Vollstreckbarerklärung aus Gründen des nationalen 485

Siehe oben S. 144. Siehe oben S. 146. 487 United States Court of Appeals for the Second Circuit, Brief for amicus curiae v. 04. 02. 2016 – 15-3109-cv, 11, 16; Wehland, JWIT 17 (2016), 942, 959. 488 Vgl. Licková, EJIL 19 (2008), 463, 469. 489 Der authentische englische Wortlaut lautet: „Execution of the award shall be governed by the laws concerning the execution of judgments in force in the State in whose territories such execution is sought.“. 486

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Rechts ergibt.490 So trägt Wehland vor, dass die mit der Vollstreckung befassten Gerichte der Mitgliedstaaten Art. 54 Abs. 3 ICSID als Aufforderung zur Berücksichtigung des Gemeinschaftsrechts verstehen könnten.491 Ähnlich hat dies wohl auch der erste Vizepräsident des Pariser Tribunal de Grand Instance im Fall Benvenuti & Bonfant v. Congo492 gesehen, als er in seiner Entscheidung feststellte: „Attendu que ladite décision ne contient rien de contraire aux lois et à l’ordre public, disons que ladite décision sera exécutée selon ses formes et teneur, […]“493

Damit implizierte er, dass er sich grundsätzlich zu einer Prüfung des ordre public berechtigt ansah.494 Diese Ansicht verkennt jedoch, dass sich Art. 54 Abs. 3 ICSID lediglich auf die Zwangsvollstreckung bezieht und nicht auf die Vollstreckbarerklärung als Vorstufe derselben.495 Der Absatz dient lediglich der Sicherstellung, dass sich die Zwangsvollstreckung nach dem Recht des Vollstreckungsstaates richtet.496 Dies hat jedoch keinerlei Auswirkungen darauf, ob einem Schiedsspruch Titelqualität zugesprochen werden muss, was aber bereits Abs. 1 der Norm sicherstellt. Es wird hierbei auch nicht der Unterschied zwischen „enforcement“ und „execution“ beachtet, welche jeweils ein anderes Stadium der gerichtlichen Durchsetzung bezeichnen.497 Art. 54 Abs. 3 ICSID soll vornehmlich verhindern, dass von einem Staat eine Vollstreckungsart verlangt wird, welche in seiner Rechtsordnung nicht vorgesehen ist.498 Dennoch könnten auch andere Gerichte innerhalb der EU aufgrund des effet utile der Meinung sein, Art. 54 ICSID sei so auszulegen, dass er in diesen Fällen keine Anwendung findet. Allerdings darf eine Auslegung nicht den klaren Wortlaut missachten.499 Art. 54 ICSID ist dahingehend eindeutig, dass sämtliche ICSIDSchiedssprüche unbedingt für vollstreckbar erklärt werden müssen. Der Artikel bietet keinerlei Interpretationsspielraum. Überdies hätte diese Ansicht zur Folge, dass der EuGH immer im Wege eines Vorabentscheidungsverfahrens entscheiden könnte, ob ein ICSID-Schiedsspruch mit dem EU-Recht vereinbar ist oder nicht. 490

Pérez Nogales, The Role of the European Union in Intra-EU Investment Arbitration: The End of Private Dispute Resolution in Europe?, S. 51; Wehland, ICLQ 2009, 297, 301; Alfaro/ Lorenti, Argentina: The Enforcement Process Of The ICSID Awards: Procedural Issues And Domestic Public Policy, http://www.mondaq.com/Argentina/x/32803/Government+Contra cts+Procurement+PPP/The+Enforcement+Process+Of+The+ICSID+Awards+Procedur al+Issues+And+Domestic+Public+Policy. 491 Wehland, SchiedsVZ 2008, 222, 228. 492 Benvenuti & Bonfant ./. Congo, ICSID Reports 1993, 330. 493 Zitiert nach Broches, ICSID Rev. 1987, 287, 318. 494 Vgl. Alexandrov/Laird, Compliance and Enforcement, 1171, 1178. 495 Vgl. Broches, ICSID Rev. 1987, 287, 320 f. 496 Broches, ICSID Rev. 1987, 287, 328; Schreuer, ICSID Convention, Art. 54 ICSID, Rn. 113. 497 Vgl. Schreuer, ICSID Convention, Art. 54 ICSID, Rn. 114. 498 Broches, ICSID Rev. 1987, 287, 315. 499 Vgl. auch Beljin, EuR 37 (2002), 351, 361.

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Eine solche Überprüfungsmöglichkeit durch ein Gericht möchte das ICSID-Übereinkommen aber gerade verhindern. Art. 54 Abs. 3 ICSID sieht somit keine Prüfung des ordre public durch die nationalen Gerichte vor.500 3. Ordre public-Vorbehalt aus übergeordneten Erwägungen In der Literatur findet sich der Hinweis, dass Staaten, trotz des entgegenstehenden Wortlautes, für die Möglichkeit zur Überprüfung des Schiedsspruchs auf einen Verstoß gegen den ordre public durch das Exequaturgericht auch nach dem ICSIDÜbereinkommen plädieren könnten.501 Eine solche Auffassung würde jedoch nicht nur den Wortlaut des Art. 54 ICSID, sondern auch den Willen der Schöpfer des Abkommens missachten. Bei der Schaffung des ICSID-Übereinkommens wurde die Implementierung einer ordre public-Klausel nämlich intensiv debattiert und sie war sogar für Artikel 57 bereits geplant.502 So war unter anderem der deutsche Vertreter der Auffassung, es müsse eine ordre public-Ausnahme für die Vollstreckbarerklärung aufgenommen werden.503 Dennoch fand eine solche Klausel später keinen Einzug in das Übereinkommen, was zeigt, dass sich explizit gegen einen solchen Vorbehalt entschieden wurde.504 Der Begriff „final“ in Art. 54 Abs. 1 ICSID bedeutet, dass die Schiedssprüche keiner Überprüfung durch die staatlichen Gerichte mehr ausgesetzt sein sollen.505 Gleichwohl gibt es weitere Auffassungen, die für eine Überprüfung zumindest hinsichtlich des ordre public auch von ICSID-Schiedssprüchen sprechen könnten. a) Ordre public-Vorbehalt aufgrund Verfassungsrechts Schütze ist der Meinung, dass die Vereinbarkeit mit dem deutschen ordre public ein ungeschriebenes Erfordernis für die Vollstreckbarerklärung sei, auf welche aus

500 Schreuer, ICSID Convention, Art. 54 ICSID, Rn. 112; Bubrowski, Internationale Investitionsschiedsverfahren und nationale Gerichte, S. 298; Baur et al., Zwangsvollstreckungsrecht, § 58, Rn. 58.5; Rensmann, Anationale Schiedssprüche, S. 265; Herdegen, RIW 1989, 329, 337; Delaume, Int’l Tax & Bus. Law 2 (1984), 58, 71; Toope, Mixed international arbitration, S. 245; Dolzer/Schreuer, Principles of international investment law, S. 311. 501 Wieczorek/Schütze-Schütze, § 1061, Rn. 152; Baetens, Enforcement of Arbitral Awards, 211, 223; Baldwin/Kantor/Nolan, Journal of International Arbitration 2006, 1, 15 f. 502 Musa/Polasek, Origins and specificities of the ICSID enforcement mechanism, 13, 20. 503 International Centre for Settlement of Investment Disputes, History of the ICSID Convention 1968, S. 989; Broches, ICSID Rev. 1987, 287, 315. 504 Siehe dazu auch Musa/Polasek, Origins and specificities of the ICSID enforcement mechanism, 13, 25 f.; Schreuer, ICSID Convention, Art. 54, Rn. 85. 505 Baltag, Am. Rev. Int. Arbitr. 19 (2008), 391, 395.

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verfassungsrechtlichen Gründen nicht verzichtet werden könne.506 Der deutsche Staat könne „seinen Arm nicht für die Durchsetzung eines Schiedsspruchs zur Verfügung stellen, der mit den Grundprinzipien der deutschen Rechtsordnung nicht vereinbar ist“507. Welche verfassungsrechtlichen Gründe dies genau sind, lässt er offen. Schulz weist im Zusammenhang mit der Frage nach einem einheitlichen Vollstreckungstitel für Schiedssprüche in der EU auf ein Urteil des BVerfG508 hin.509 Ein solcher Vollstreckungstitel wäre, ähnlich wie ein ICSID-Schiedsspruch, unbedingt vollstreckbar, weshalb die Argumentation auch für das vorliegende Problem herangezogen werden könnte. Das BVerfG hat dort festgestellt: „Allerdings ist es dem Gesetzgeber im Lichte des Art. 19 IV 1 GG nicht in beliebigem Umfang gestattet, durch entsprechende Fassung des Tatbestandes der gesetzlichen Eingriffsgrundlage die Möglichkeit der gerichtlichen Überprüfung von in der Bundesrepublik Deutschland zu vollstreckenden ausländischen Titeln auf wenige, unter Umständen nur formelle Punkte zu beschränken und damit den wirklichen Gehalt der Entscheidung, soweit sie Rechte i. S. des Art. 19 IV 1 GG verletzen kann, richterlicher Überprüfung vorzuenthalten.“510

Daraus könnte man folgern, dass das BVerfG zumindest dann eine Überprüfungsmöglichkeit fordert, wenn Rechte im Sinne des Art. 19 Abs. 4 S. 1 GG verletzt sein könnten. In der Micula-Konstellation geht es darum, dass der Vollstreckbarerklärung EURecht entgegensteht. Dieses wird aber – seit seiner Solange II-Rechtsprechung511 – nicht mehr vom BVerfG geprüft.512 Zudem ist zu bemerken, dass das BVerfG in dem Urteil eine Einschränkung des Art. 19 Abs. 4 GG nicht völlig ausschließt. Es bringt vielmehr die „verfassungsrechtlich begründeten Interessen der Bundesrepublik Deutschland, nicht zuletzt im Hinblick auf die vielfältigen internationalen Beziehungen“ als Rechtfertigungs-

506

Wieczorek/Schütze-Schütze, § 1061, Rn. 152. Wieczorek/Schütze-Schütze, § 1061, Rn. 152. 508 BVerfG, NJW 1983, 2757. 509 Schulz, Auf dem Weg zu einem einheitlichen Vollstreckungstitel für Schiedssprüche?, 167, 179. 510 BVerfG, NJW 1983, 2757, 2761. 511 BVerfGE 73, 339 – Solange II. 512 Leitsatz 2 des Solange-II Beschlusses: „Solange die Europäischen Gemeinschaften, insbesondere die Rechtsprechung des Gerichtshofs der Gemeinschaften, einen wirksamen Schutz der Grundrechte gegenüber der Hoheitsgewalt der Gemeinschaften generell gewährleisten, der dem vom Grundgesetz als unabdingbar gebotenen Grundrechtsschutz im wesentlichen gleichzuachten ist, zumal den Wesensgehalt der Grundrechte generell verbürgt, wird das BVerfG seine Gerichtsbarkeit über die Anwendbarkeit von abgeleitetem Gemeinschaftsrecht, das als Rechtsgrundlage für ein Verhalten deutscher Gerichte oder Behörden im Hoheitsbereich der Bundesrepublik Deutschland in Anspruch genommen wird, nicht mehr ausüben und dieses Recht mithin nicht mehr am Maßstab der Grundrechte des Grundgesetzes überprüfen.“. 507

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Kap. 3: Versagung der Vollstreckbarerklärung

gründe ins Spiel.513 Die Ausgestaltung des Rechtsschutzes müsse aber zumindest gewissen Mindestanforderungen an Rechtsstaatlichkeit genügen. Hierzu zählt das BVerfG „die Möglichkeit des Rechtswegs vor unabhängige und unparteiische Gerichte, ein Mindestmaß an gehörigem Verfahren, insbesondere die Gewährleistung des rechtlichen Gehörs und rechtskundigen Beistands sowie eine hinreichende, dem Rechtsschutzbegehren angemessene Prüfungs- und Entscheidungsmacht der Gerichte über das Rechtsschutzbegehren“.514 Nur wo diese nicht gewährleistet erscheinen, bedarf es eines Vorbehalts der deutschen öffentlichen Ordnung.515 Ob diese Voraussetzungen im Falle eines ICSID-Schiedsspruches vorliegen, kann hier nicht abschließend behandelt werden. Jedenfalls ergibt sich aus der BVerfGEntscheidung nicht, dass in Regelungen, welche die Durchsetzung ausländischer Titel ermöglichen, automatisch ein ordre public-Vorbehalt hineingelesen werden muss. Es stellt lediglich die Rahmenbedingungen für ein verfassungsgemäßes System auf. Dies führt jedoch nicht dazu, dass eine Norm über den Wortlaut hinaus ausgelegt werden muss. Wäre das Exequaturgericht von der Verfassungswidrigkeit des InvStreiÜbkG überzeugt, so wäre eine konkrete Normenkontrolle nach Art. 100 Abs. 1 GG möglich.516 In diesem Verfahren müsste das InvStreiÜbkG auf seine Verfassungsmäßigkeit überprüft werden, wozu auch die Frage gehören würde, ob gegen Art. 19 Abs. 4 GG verstoßen wird. Sollte das BVerfG dann tatsächlich zu einer Verfassungswidrigkeit kommen, so wäre die entsprechende Norm des InvStreiÜbkG ex tunc nichtig517 und die Vollstreckbarerklärung zu versagen.518 Inwieweit dies zu einem Verstoß gegen das Völkerrecht durch die BRD führen würde, ist eine andere Frage.519 Für eine implizite Annahme eines ordre public-Vorbehaltes im deutschen520 Recht gibt es jedoch keine Anhaltspunkte.

513

BVerfG, NJW 1983, 2757, 2762. BVerfG, NJW 1983, 2757, 2762. 515 BVerfG, NJW 1983, 2757, 2762. 516 Siehe dazu nur Maunz/Dürig-Dederer, Art. 100 GG, Rn. 128; BeckOK GG-Morgenthaler, Art. 100 GG, Rn. 16; Gröpl/Windthorst/Coelln-Coelln, Art. 100 GG, Rn. 9; SchmidtBleibtreu/Hoffmann/Heneke-Müller-Terpitz, Art. 100 GG, Rn. 16. 517 Siehe nur Maunz/Dürig-Dederer, Art. 100 GG, Rn. 239; Schmidt-Bleibtreu/Hoffmann/ Heneke-Müller-Terpitz, Art. 100 GG, Rn. 26. 518 Überdies dürfte dann auch aus den bereits auf dieser Grundlage für vollstreckbar erklärten Schiedssprüchen nicht mehr vollstreckt werden. Vgl. §§ 82 Abs. 1, 79 Abs. 2 S. 2 BVerfGG. 519 Siehe zu Verstößen gegen die EMRK unten S. 320. 520 Siehe aber auch die von der venezolanischen Sala Constitucional vertretene Auffassung, wonach ICSID-Schiedssprüche in Venezuela nicht durchsetzbar sind, sofern sie gegen die Verfassung verstoßen „[…] según el cual los laudos extranjeros (incluyendo los laudos CIADI y de otra natur aleza) no serian ejecutables en Venezuela si violentan el orden público constitucional doméstico.“ Hernández-Bretón, Boletín de la Academia de Ciencias Políticas y Sociales 2009, 142, Rn. 52 mit Hinweis auf die entsprechende Entscheidung. 514

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b) Ordre public-Vorbehalt aus der EMRK Eine andere Argumentationslinie will einen ordre public-Vorbehalt über die EMRK begründen. Die zwangsweise Durchsetzung eines Schiedsspruchs sei hoheitliche Handlung und damit der EMRK unterworfen.521 Aus Art. 6 EMRK ließe sich demnach herleiten, dass auf eine Vollstreckbarerklärung ausländischer Entscheidungen, inklusive einer „Eingangskontrolle“ im Sinne einer verfahrensrechtlichen ordre public-Prüfung auf Menschenrechtskonformität, nicht verzichtet werden darf.522 Dies wird vor allem auf zwei Entscheidungen des EGMR gestützt.523 Lediglich dann, wenn bereits die Ursprungsbehörde an Art. 6 EMRK gebunden war, könne auf eine Prüfung durch das Exequaturgericht verzichtet werden.524 Das ICSID ist kein Mitglied der EMRK, weshalb es auch nicht an diese gebunden ist. Demnach müsste nach dieser Auffassung eine Überprüfungsmöglichkeit geschaffen werden. Faktisch besteht jedoch momentan für ICSID-Schiedssprüche keine solche Überprüfungsmöglichkeit. Auch wenn man davon ausgehen würde, dass eine solche von der EMRK gefordert wird, ändert dies nichts an der aktuellen Rechtslage, die keine Überprüfungsmöglichkeit vorsieht.525 Bis es hier zu einer Gesetzesänderung kommt, ist das momentane Durchsetzungsregime als Faktum hinzunehmen.526 Bis dahin ist lediglich nachträglicher Rechtschutz vor dem EGMR möglich, welcher in der Folge in Deutschland zu einer Restitutionsklage nach § 580 Nr. 8 ZPO führen kann.527 Überdies spricht diese Ansicht lediglich von einer Prüfungsmöglichkeit hinsichtlich der EMRK. Vorliegend geht es jedoch um entgegenstehendes EU-Recht, über welches die genannten Entscheidungen keine Aussage treffen.

521 Schulz, Auf dem Weg zu einem einheitlichen Vollstreckungstitel für Schiedssprüche?, 167, 180; vgl. auch Kohler, Von der EuGVVO zum Europäischen Vollstreckungstitel, 63, 69. 522 Schulz, Auf dem Weg zu einem einheitlichen Vollstreckungstitel für Schiedssprüche?, 167, 180 f.; Cabrera, From Washington to Luxembourg … Stopping Over at Strasbourg?, 49, 58 f. 523 EGMR, Urt. v. 20. 07. 2001 – Application no. 30882/96 – Pellegrini ./. Italy; Urt. v. 26. 06. 1992 – 12747/87 – Drozd and Janousek ./. France and Spain. 524 Schulz, Auf dem Weg zu einem einheitlichen Vollstreckungstitel für Schiedssprüche?, 167, 181; siehe auch R. Wagner, IPRax 22 (2002), 75, 87 f. 525 Siehe auch R. Wagner, IPRax 22 (2002), 75, 87, der beschreibt, dass es auch Situationen geben kann, in welchen Vollstreckungsorgane EMRK-widrige Entscheidungen sehenden Auges vollstrecken müssen. 526 Vgl. Schulz, Auf dem Weg zu einem einheitlichen Vollstreckungstitel für Schiedssprüche?, 167, 181, die diese Argumentation im Hinblick auf den Europäischen Vollstreckungstitel gebraucht. 527 Zu dieser Möglichkeit vor dem EGMR siehe unten S. 320.

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Kap. 3: Versagung der Vollstreckbarerklärung

4. Art. 30 WVK Unter der Annahme, dass es sich bei den EU-Verträgen um Völkerrecht handelt, wird eine Lösung des Konfliktes528 in der Literatur529 auch über Art. 30 WVK530 gesucht.531 Dieser Artikel stellt Konfliktregeln für den Fall auf, dass Vertragsparteien eines früheren Vertrages einen weiteren Vertrag abschließen, ohne zuvor den früheren Vertrag zu beenden.532 Zwar greift Abs. 2 der Norm schon nicht, da weder in den EU-Verträgen noch im ICSID-Übereinkommen eine Regelung für diesen Konflikt zu finden ist. In Betracht kommt jedoch eine Lösung über Abs. 3. Da nicht alle ICSID-Staaten der EU beigetreten sind, können dessen Regeln jedoch nur in Verbindung mit Abs. 4 a) Anwendung finden. Sofern die Staaten zunächst dem ICSID-Übereinkommen und erst danach der EU beigetreten sind, wie es bei vielen Staaten der Fall ist, mit denen Intra-EU BITs bestehen, würden nach dieser Konfliktregel die EU-Verträge vorgehen. Darum wäre das ICSID-Übereinkommen nur soweit anzuwenden, wie es nicht mit dem EU-Recht in Konflikt gerät.533 Stünde nun das EU-Recht der unbedingten Durchsetzbarkeit eines Schiedsspruches nach Art. 54 Abs. 1 ICSID entgegen, so könnte der Konflikt hierüber womöglich dadurch aufgelöst werden, dass die Vollstreckbarerklärung verweigert wird. Diesem Ergebnis könnte jedoch wiederum Art. 351 AEUV entgegenstehen.534 Diese Norm besagt:

528

Dies ist nicht zu verwechseln mit der ähnlichen Frage danach, ob bereits die Schiedsklausel aufgrund von Art. 30 WVK keine Anwendung mehr findet. Siehe dazu bereits S. 178. 529 Vgl. Tietje/Wackernagel, JWIT 2015, 205, 217 f.; Wehland, JWIT 17 (2016), 942, 960. 530 (1) Vorbehaltlich des Artikels 103 der Charta der Vereinten Nationen bestimmen sich die Rechte und Pflichten von Staaten, die Vertragsparteien aufeinander folgender Verträge über denselben Gegenstand sind, nach den folgenden Absätzen. (2) Bestimmt ein Vertrag, dass er einem früher oder später geschlossenen Vertrag untergeordnet ist oder nicht als mit diesem unvereinbar anzusehen ist, so hat der andere Vertrag Vorrang. (3) Sind alle Vertragsparteien eines früheren Vertrags zugleich Vertragsparteien eines späteren, ohne dass der frühere Vertrag beendet oder nach Artikel 59 suspendiert wird, so findet der frühere Vertrag nur insoweit Anwendung, als er mit dem späteren Vertrag vereinbar ist. (4) Gehören nicht alle Vertragsparteien des früheren Vertrags zu den Vertragsparteiendes späteren, a) so findet zwischen Staaten, die Vertragsparteien beider Verträge sind, Absatz 3 Anwendung; b) so regelt zwischen einem Staat, der Vertragspartei beider Verträge ist, und einem Staat, der Vertragspartei nur eines der beiden Verträge ist, der Vertrag, dem beide Staaten als Vertragsparteien angehören, ihre gegenseitigen Rechte und Pflichten. (5) […] 531 Ablehnend aufgrund der Verneinung der Völkerrechtsqualität Tietje, KSzW 2011, 128, 131. 532 Vgl. Wilting, Vertragskonkurrenz im Völkerrecht, S. 99. 533 Tietje/Wackernagel, JWIT 2015, 205, 119. 534 Tietje/Wackernagel, JWIT 2015, 205, 227.

C. Entgegenstehendes EU-Recht

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„die Rechte und Pflichten aus Übereinkünften, die […] im Falle später beigetretener Staaten, vor dem Zeitpunkt ihres Beitritts zwischen einem oder mehreren Mitgliedstaaten einerseits und einem oder mehreren dritten Ländern andererseits geschlossen wurden, werden durch die Verträge nicht berührt.

Der EuGH unterscheidet bei der Anwendung dieses Artikels zwischen bilateralen und multilateralen Erfüllungsstrukturen der betreffenden Vorschriften.535 Zunächst verleiht das ICSID-Übereinkommen sämtlichen ICSID-Mitgliedstaaten das Recht, dass ICSID-Schiedssprüche ihrer Investoren in einem Vertragsstaat bedingungslos für vollstreckbar erklärt werden. Man könnte argumentieren, dass diese Verpflichtung nur jeweils zwischen dem Gaststaat und dem Heimatstaat des Investors besteht und darum Art. 351 AEUV nicht greift, da die Rechte der Drittstaaten nicht berührt werden.536 Man würde dann eine bilaterale Erfüllungsstruktur des ICSID-Übereinkommens annehmen. Diese Ansicht verkennt jedoch, dass die unbedingte Durchsetzung von ICSID-Schiedssprüchen allen Vertragsstaaten gegenüber geschuldet ist537 und das Übereinkommen somit eine multilaterale Erfüllungsstruktur erga omnes partes aufweist. Die Vertragsstaaten wollen sich darauf verlassen können, dass in keinem Mitgliedstaat mehr eine Überprüfung von ICSID-Schiedssprüchen stattfindet. Würde man nun eine Prüfbefugnis aus dem EU-Recht ableiten, so würde dies die Regelung aufweichen. Die Rechtssicherheit von Investoren aus Drittstaaten wäre erheblich eingeschränkt, da sie nicht mehr darauf vertrauen könnten, dass sich die Vertragsstaaten auch in ihrem Fall an die Regelung in Art. 54 ICSID halten werden. Zudem würde ein solcher Lösungsweg nur in Bezug auf Schiedssprüche greifen, die auf Intra-EU BITs basieren. Fälle, in denen der Kläger aus einem Drittstaat stammt, wären von dieser Lösung nicht erfasst. Dass solche Fälle aber Realität werden können, lässt sich an der oben aufgezeigten Brexit-Problematik demonstrieren. Es kann auch nicht begründet werden, warum beispielsweise Drittstaaten weiterhin verpflichtet wären, einen gegen Rumänien gerichteten ICSIDSchiedsspruch durchzusetzen, wohingegen Deutschland die Vollstreckbarerklärung verweigern dürfte. Dies würde einigen Mitgliedstaaten des ICSID-Übereinkommens mehr abverlangen als anderen und somit zu einer Ungleichbehandlung führen. Es ist nicht einsehbar, warum sich ein Drittstaat den möglichen diplomatischen Verwicklungen aussetzen muss, während sich ein EU-Staat dem durch einen Verweis auf das EU-Recht entziehen könnte. Selbst wenn man in dem Grundsatz des Vorrangs des Unionsrechts eine implizite Konfliktregel sehen würde,538 könnte auch diese hier somit keine Anwendung über Art. 30 Abs. 4 b) WVK finden, da gleichzeitig die 535

Siehe zur Auslegung hinsichtlich der Erfüllungsstrukturen Generalanwalt Warner, JeanPierre, Schlussanträge v. 25. 10. 1979 – 34/79, Slg. 1979, 3818, 3833 – Henn und Darby; siehe auch EuGH, Slg. 1962, 7, 23 – Kommission der EWG / Italien; Slg. 1993, I-4300, Rn. 13 ff. – Levy; Klabbers, N.Y.I.L. 30 (1999), 45, 62 ff.; Lang, EuR 53 (2018), 525, 543 f. 536 So Tietje/Wackernagel, JWIT 2015, 205, 227 f. 537 So wohl die Argumentation der Micula-Brüder, vgl. Perry, After Achmea, all eyes on Micula, https://globalarbitrationreview.com/article/1168597/after-achmea-all-eyes-on-micula. 538 So Hindelang, Legal issues of economic integration 39 (2012), 179, 187; Wehland, JWIT 17 (2016), 942, 960 f.

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Kap. 3: Versagung der Vollstreckbarerklärung

anderen Vertragsstaaten des ICSID-Übereinkommens betroffen wären, für welche diese Konfliktregel aber nicht gilt. Die Anwendung einer solchen Konfliktregel würde die Rechte der anderen Mitgliedstaaten des ICSID-Übereinkommens verletzen.539 Es ist darum davon auszugehen, dass die Verpflichtungen aus dem ICSIDÜbereinkommen jeweils gegenüber allen Mitgliedstaaten gelten und somit Art. 30 WVK hier nicht als Konfliktnorm greift. 5. Grundsatz des Vorrangs des Unionsrechts Gleichwohl könnte sich aus Sicht der Gerichte der EU-Staaten ein Verweigerungsgrund aus dem Grundsatz des Vorrangs des Unionsrechts540 ergeben. Dieser besagt, dass sich bei einer Kollision zwischen Unionsrecht und nationalem Recht das Unionsrecht durchsetzt.541 Das Völkerrecht gilt aus Sicht der EU als integraler Bestandteil des Unionsrechts542 im normhierarchischen Rang zwischen Primär- und Sekundärrecht.543 Zumindest das EU-Primärrecht würde also aus dieser Perspektive auch dem Völkerrecht vorgehen. Der Grundsatz könnte die Gerichte der EU-Staaten darum dazu zwingen, die Bestimmungen der BITs und des ICSID-Übereinkommens, beziehungsweise der jeweiligen nationalen Umsetzungsnormen, unangewendet zu lassen, wenn ansonsten gegen grundlegende Bestimmungen des EU-Rechts verstoßen würde.544 Teilweise wird hierbei auch noch der Grundsatz der loyalen Zusammenarbeit nach Art. 4 Abs. 3 EUV angeführt.545 So meint Eilmansberger, dass zu erwarten sei, dass nationale Gerichte auch bei ICSID-Schiedssprüchen von sich aus eine Überprüfung des EU-Rechts vornehmen würden, da dies dem Interesse der Union entspreche.546

539

Vgl. Dörr/Schmalenbach, Art. 30, Rn. 28. Vgl. nur Vertrag von Lissabon, Anhang, ABl.EU 2008, Nr. C 115; EuGH, Slg. 1988, 5589, Rn. 22 – Matteucci gegen Communauté française de Belgique u.a; NJW 1971, 343 – Internationale Handelsgesellschaft; Rn. 8 – Exportur SA / LOR SA u.a; NJW 1964, 2371 – Costa/ENEL; Jarass/Beljin, NVwZ 23 (2004), 1, 3; Groeben/Schwarze/Hatje/Grill-Obwexer, Art. 4 EUV, Rn. 112 f.; Calliess/Ruffert-Ruffert, Art. 1 AEUV, Rn. 16 ff. 541 Grabitz/Hilf/Nettesheim-Nettesheim, Art. 1 AEUV, Rn. 72. 542 EuGH, Slg. 1974, 449, Rn. 5 – Haegemann gegen Belgischer Staat. 543 Peters, GYIL 40 (1997), 9, 38; Tietje, The Status of International Law in the European Legal Order, 55, 58. 544 Vgl. Reinisch, Die Zuständigkeitsentscheidungen in Eastern Sugar v. Czech Republic und Eureko v. Slovak Republic, 3, 8; Wehland, JWIT 17 (2016), 942, 958 ff.; vgl. auch Nettesheim, Der Grundsaz der einheitlichen Wirksamkeit des Gemeinschaftsrechts, 447, 460. 545 Hindelang, Legal issues of economic integration 39 (2012), 179, 197. 546 Eilmansberger, Common Mark. Law Rev. 2009, 383, 406, 428. 540

C. Entgegenstehendes EU-Recht

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Auch könnte die Europäische Kommission, gestützt auf diesen Grundsatz, die Umsetzung von EU-rechtswidrigen Schiedssprüchen womöglich verhindern, indem sie die Durchsetzung untersagt.547 So untersagte die Kommission Rumänien im Micula-Fall bereits die Auszahlung des zugesprochenen Betrages.548 Es wäre darum auch möglich, dass eine solche Anweisung gegenüber dem Staat erfolgt, in welchem die Durchsetzung versucht wird. Rechtsgrundlage für eine solche Weisung könnte Art. 108 Abs. 2 AEUV sein, sofern die Kommission eine rechtswidrige Beihilfe annimmt. Ein solches Verbot wäre grundsätzlich verbindlich, bis es vom EuGH für nichtig erklärt wird. Hiergegen könnten alle betroffenen Parteien, die unmittelbar und individuell von dem Beschluss betroffen sind, gemäß Art. 263 Abs. 2 AEUV Anfechtungsklage erheben.549 Dies ist neben dem betreffenden Mitgliedstaat auch derjenige potentielle Empfänger der Beihilfe, der durch den Beschluss unmittelbar und individuell betroffen ist.550 Bis zur Entscheidung des EuGH hätte das Exequaturgericht aus Sicht des EU-Rechts die Verpflichtung, die Vollstreckbarerklärung zu versagen oder zumindest das Verfahren auszusetzen. Die Situation ähnelt derjenigen im Alcan-Urteil551 des EuGH. In diesem Fall hat der EuGH entschieden, dass nationale Vorschriften des Verfahrensrechts552 zugunsten eines Beihilfenempfängers dann nicht angewendet werden dürfen, wenn sie die Rückforderung von gegen das Gemeinschaftsrecht verstoßenden staatlichen Beihilfen praktisch unmöglich machen würden. Möglicherweise könnte diese Rechtsprechung auch auf die hier problematisierte Konstellation Anwendung finden. Ein solches Vorgehen würde zudem dem Erfordernis gerecht, dass der EuGH unionsrechtliche Fragen in diesem Zusammenhang klären könnte.553 Dem ist jedoch entgegenzuhalten, dass das Verbot durch die Kommission und auch der Grundsatz des Vorrangs des Unionsrechts als solcher nicht die völkerrechtliche Verpflichtung eines Staates aussetzen, einen ICSID-Schiedsspruch durchzusetzen. Der Wortlaut des ICSID-Übereinkommens ist in dieser Hinsicht 547

Vgl. Europäische Kommission, Amicus Curiae Brief in PCA case No. 2013 – 6 – U.S. Steel Global Holdings I B.V. (The Netherlands) v. The Slovak Republic 2014, Rn. 74; Rösch, Intraeuropäisches Investitionsrecht, S. 162 f.; so auch Eilmansberger, Common Mark. Law Rev. 2009, 383, 406. 548 Europäische Kommission, Beschluss (EU) 2015/1470 über die von Rumänien durchgeführte staatliche Beihilfe SA.38517 (2014/C) (ex 2014/NN) – Schiedsspruch vom 11. Dezember 2013 in der Sache Micula/Rumänien 2015. 549 So die Brüder Micula im Verfahren T-646/14. Die Klage wurde jedoch zurückgenommen. Siehe EuG, ABl.EU – Micula gegen Europäische Kommission – Beschl. v. 29. 02. 2016 – T-646/14. 550 EuGH, NJW 1981, 1152, Rn. 5 – Philip Morris ./. Europäische Kommission; Slg. 1985, 809, Rn. 13 – Niederlande und Leeuwarder Papierwarenfabriek ./. Kommission; Slg. 1984, 3809, Rn. 5 – Intermills ./. Kommission. 551 EuGH, NJW 1998, 47 – Alcan. 552 Hier § 48 Abs. 4 S. 1 des Rheinland-Pfälzischen VwVfG. 553 Dies dürfte aus Sicht eines Drittstaates aber gerade nicht gewollt sein, da Zweck des ISDS-Verfahrens auch ist, nationalstaatliche Einflussnahme auf das Verfahren zu unterbinden.

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Kap. 3: Versagung der Vollstreckbarerklärung

nämlich eindeutig. Durch die Inkorporierung des ICSID-Übereinkommens in die nationale Rechtsordnung haben die Staaten diese Formulierung und damit auch den Grundgedanken der Nichtüberprüfbarkeit der ICSID-Entscheidungen akzeptiert. Stützt man die Anwendung des Grundsatzes des Vorrangs des Unionsrechts darauf, dass die EU-Staaten diese Konfliktregel vereinbart haben und sie aus diesem Grund auch in Bezug auf das ICSID-Übereinkommen gilt,554 löst dies nicht das Problem, wenn der Investor aus einem Drittstaat stammt. Es wären nämlich nur die Fälle umfasst, bei denen es sich um Intra-EU-Streitigkeiten handelt. In allen Fällen, in denen der Investor nicht aus der EU stammt, würde eine solche Vereinbarung über den Vorrang des EU-Rechts nicht bestehen. Dies würde dazu führen, dass Investoren aus Drittländern bessergestellt sind als EUInvestoren, da nur bei Letzteren das EU-Recht Vorrang genießt. Es ist kaum anzunehmen, dass die EU-Staaten eine solche Diskriminierung der eigenen Investoren konkludent vereinbaren wollten. Zu beachten ist aber auch Art. 27 WVK555. Nach dieser Norm kann sich ein Staat nicht auf innerstaatliches Recht berufen, um die Nichterfüllung eines Vertrags zu rechtfertigen. Die Nichtbefolgung einer internationalen Verpflichtung556 stellt ein völkerrechtswidriges Handeln dar, welches dem Staat entsprechend der Art. 4 ff. des ILC-Draft on Responsibility of States557 zuzurechnen ist.558 Da es sich bei dem EURecht aus Sicht eines Drittstaates um innerstaatliches Recht handelt,559 dürfte sich das Exequaturgericht nach dieser Vorschrift nicht darauf stützen, um die Vollstreckbarerklärung zu verweigern.560 Andernfalls würde es seine völkervertraglichen Pflichten verletzen. Allerdings ist zu beachten, dass das EU-Recht von der EU vorgegeben wird und nicht direkt von dem EU-Staat selbst geschaffen wurde.561 Art. 27 WVK will eigentlich verhindern, dass ein Staat sich einseitig seinen internationalen Verpflichtungen durch Verweis auf sein nationales Recht entzieht.562

554

So Wehland, JWIT 17 (2016), 942, 961. „Eine Vertragspartei kann sich nicht auf ihr innerstaatliches Recht berufen, um die Nichterfüllung eines Vertrags zu rechtfertigen. […]“. 556 Wie bereits oben auf S. 223 gezeigt, besteht die Verpflichtung nicht nur jeweils zwischen Gaststaat und Heimatstaat des Investors, sondern gegenüber allen Mitgliedern des ICSIDÜbereinkommens. Darum kann auch nicht der Ansicht von Wehland gefolgt werden, wonach der Vorrang des Unionsrechts dann gelte, wenn es sich um einen Intra-EU-Sachverhalt handelt, da immer auch Drittstaaten betroffen wären. Vgl. Wehland, JWIT 17 (2016), 942, 960. 557 Abgedruckt in International Law Commission, Yearbook of the International Law Commission 2001, 31 ff. 558 Bubrowski, Internationale Investitionsschiedsverfahren und nationale Gerichte, S. 299. 559 Licková, EJIL 19 (2008), 463, 470; Vgl. Dörr/Schmalenbach, Art. 27, Rn. 10. 560 Vgl. auch Tietje, KSzW 2011, 128, 131 in Bezug auf Intra-EU BITs. 561 Dazu ausführlich Tietje/Wackernagel, JWIT 2015, 205, 231 ff. 562 Dörr/Schmalenbach, Art. 27, Rn. 1. 555

C. Entgegenstehendes EU-Recht

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Es ist aber fraglich, ob dies auch gelten kann, wenn eine supranationale Organisation, welcher der Staat angehört, entsprechende Vorgaben macht. Man könnte meinen, die Versagung der Vollstreckbarerklärung stelle keinen völlig freiwilligen Akt des Staates dar, wenn sie vom EU-Recht auferlegt wird, weshalb die Ratio des Art. 27 WVK hier nicht greife.563 Aus Sicht eines Drittstaatlers wäre das Handeln der EU jedoch dem Staat zuzurechnen564 und es wäre gleichgültig, aus welchem Grund die Vollstreckbarerklärung verweigert wird. Für einen Drittstaat macht es keinen Unterschied, ob ein Staat einer Verpflichtung aus eigenem Anlass nicht nachkommt, oder weil er dies von einer supranationalen Organisation auferlegt bekommt, die er selbst (mit-)geschaffen oder der er zumindest aus freien Stücken entsprechende Kompetenzen übertragen hat. Sonst könnte ein Staat seinen internationalen Verpflichtungen alleine dadurch entfliehen, dass er gewisse Aufgabenbereiche auf eine supranationale Organisation überträgt.565 Die Verweigerung würde darum eine dem Staat zurechenbare unerlaubte Handlung darstellen. Bringt man nun diese beiden Perspektiven zusammen, so ist festzustellen, dass ein Dilemma dergestalt vorliegt, dass der Staat auf der einen Seite an den Grundsatz des Vorrangs des Unionsrechts gebunden ist, auf der anderen Seite aber seinen internationalen Verpflichtungen nachkommen muss.566 Im Ergebnis lässt sich dieser Konflikt wohl nicht durch Auslegung des Art. 27 WVK lösen.567 Der Exequaturstaat wird entweder gegen das ICSID-Übereinkommen oder gegen seine Verpflichtungen aus dem EU-Recht verstoßen, sofern sich nicht doch anderweitig eine Befugnis zur Prüfung des EU-Rechts auch nach völkerrechtlichen Gesichtspunkten ergibt. Sofern der Investor aus der EU stammt, könnte man annehmen, dass er ebenfalls an das EU-Recht gebunden sei, weshalb dieses den Rechten vorgeht, die er aus dem ICSID-Übereinkommen herleitet. Dem muss jedoch entgegnet werden, dass sich der Gaststaat spätestens mit Abschluss der Schiedsabrede gerade auch gegenüber dem Investor dem ICSID-Regime unterwirft. Es handelt sich bei der Schiedsvereinbarung immer noch um eine vertragliche Vereinbarung zwischen dem Investor und dem Gaststaat. Indem der Investor das Angebot auf das Schiedsverfahren annimmt, wird es mit dem Inhalt abgeschlossen, welcher sich aus dem IIA ergibt. Der Investor beruft sich ja gerade deshalb auf das ISDS-Verfahren, weil er sich nicht dem „nationalen“ Recht unterwerfen möchte. Würde man aber davon ausgehen, dass das EU-Recht 563

So Tietje/Wackernagel, JWIT 2015, 205, 234. Ähnlich zu der Sicht eines völkerrechtlichen Schiedsgerichts Tietje, § 15 Außenwirtschaftsrecht, 792, 824; vgl. auch Licková, EJIL 19 (2008), 463, 464. 565 A.A. Tietje/Wackernagel, JWIT 2015, 205, 233. 566 Vgl. Tietje, KSzW 2011, 128, 134. 567 Tietje/Wackernagel, JWIT 2015, 205, 234 meinen, dass die Anwendung des Art. 27 WVK aufgrund des dargestellten Dilemmas keinen Sinn ergibt, weshalb die Norm keine Anwendung finden sollte und schließen: „this leaves the situation without an established rule of conflict, unsurprisingly so since there is hardly an established rule of conflict for sui generis legal orders.“. 564

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Kap. 3: Versagung der Vollstreckbarerklärung

auch in solchen Fällen unbedingt zu beachten ist, würde das die Intention des ISDSVerfahrens konterkarieren. Sich erst auf ein solches Verfahren einzulassen um dann später zu behaupten, seine Regelungen könnten keine Geltung beanspruchen, verstößt gegen Treu und Glauben. Mit einem einfachen Verweis auf das EU-Recht kann darum die Versagung nicht begründet werden. Der Grundsatz des Vertrauensschutzes wäre in Bezug auf den Investor verletzt. Dieser Grundsatz ist aber auch Bestandteil der Unionsrechtsordnung.568 Auch wäre es seltsam, wenn man im Vollstreckbarerklärungsverfahren nach dem NYÜ das Europarecht nur im Rahmen des ordre public zu beachten hätte, bei dem eigentlich vollstreckungsfreundlicheren ICSID-Verfahren aber auf einmal das EURecht als über allem schwebend zu behandeln wäre. Das ICSID-Verfahren lebt gerade davon, dass seine Entscheidungen nicht mehr durch staatliche Gerichte (oder die Gerichte der EU) überprüft werden. Es wäre auch kaum mit der Rechtssicherheit vereinbar, wenn ein und dasselbe Abkommen durch die gleichen Gerichte unterschiedlich interpretiert werden würde, je nachdem aus welchem Staat der Investor stammt.569 Außerdem würde sich die EU widersprüchlich verhalten, wenn sie einen Vorrang des EU-Rechts vor dem ICSID-Übereinkommen verlangen würde. Mit dem Beitritt zur ECT hat die EU gerade signalisiert, dass sie das ICSID-System grundsätzlich befürwortet. Auch bei der Schaffung zukünftiger Investitionsschutzsysteme scheint die EU ein Durchsetzungsregime wie im ICSID-Übereinkommen zu befürworten.570 Würde sie dem EuGH hierbei dennoch „durch die Hintertür“ eine Prüfbefugnis zusprechen, so wäre dies eine klare Abweichung von dem, was sie nach außen gegenüber möglichen Partnern für IIAs kommuniziert. Indem die EU-Staaten weiterhin Mitglieder des ICSID-Übereinkommens bleiben und die EU selbst sogar die Anwendung von ICSID in ihren IIAs befürwortet,571 unterwerfen sie sich dem Durchsetzungsregime des ICSID-Übereinkommens.

568

EuGH, Slg. 1978, 1019 – Töpfer. Man stelle sich die Situation vor, bei der ein US-Investor über eine britische Limited in Frankreich investiert und nun in Deutschland zwangsvollstrecken möchte. Es wäre für den Rechtsanwender kaum nachvollziehbar, ob eine Prüfung durch den EuGH möglich wäre oder nicht. 570 Europäische Kommission, Communication from the Commission to the Council, the European Parliament, the European Economic and Social Committee and the Committee of the Regions – Towards a Comprehensive European International Investment Policy – COM(2010) 343 final 2010, S. 10; Lavranos, Designing an International Arbitration System After Opinion 1/09, 199, 215. 571 Siehe beispielsweise Art. 30 Nr. 6 Chapter II (Investment) des EU TTIP-Proposal. Der Volltext ist abrufbar unter http://trade.ec.europa.eu/doclib/docs/2015/november/tradoc_153955. pdf; sowie Art. 3.33 Abs. 2 a) Vietnam-IPA, http://trade.ec.europa.eu/doclib/docs/2018/septem ber/tradoc_157394.pdf; und Art. 8.23 Nr. 2 CETA, http://trade.ec.europa.eu/doclib/docs/2016/fe bruary/tradoc_154329.pdf. 569

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6. Übertragung der Solange-II und Bosphorus-Rechtsprechung Eine zunächst von der Europäischen Kommission im Fall Electrabel gegen Ungarn vorgebrachte572 und dann von Tietje/Wackernagel573 sowie Basener weiter ausgeführte574 Lösungsmöglichkeit für den Konflikt entgegenstehenden Europarechts auf Ebene des Schiedsgerichts basiert auf der Übertragung der Solange-IIEntscheidung des BVerfG und der Bosphorus-Rechtsprechung des EGMR auf ISDSStreitigkeiten.575 Im Solange-II-Beschluss des BVerfG576 hat dieses – seine Solange-I-Entscheidung577 revidierend – entschieden, dass der durch die Organe der Europäischen Gemeinschaften, beziehungsweise durch den EuGH, geschaffene Rechtsschutz den Maßstäben der deutschen Grundrechte genüge und das BVerfG darum im Regelfall auf eine eigene Prüfung verzichten könne.578 In der Entscheidung Bosphorus gegen Irland579 hat der EGMR diese Rechtsprechung aufgegriffen und weiterentwickelt.580 In diesem Fall war fraglich, ob der EGMR eine eigene Grundrechtsprüfung durchführen muss, wenn bereits der EuGH in der Sache entschieden hat. Der EGMR hat geurteilt, dass staatliches Handeln in Erfüllung einer sich aus seiner Mitgliedschaft in einer internationalen Organisation ergebenden zwingenden Verpflichtung dann gerechtfertigt sei, wenn die Organisation einen Grundrechtsschutz biete, der sowohl materiell als auch verfahrensrecht-

572

Electrabel S.A. ./. Ungarn, Decision on Jurisdiction, Applicable Law an Liability v. 30. 11. 2012 – ICSID Case No. ARB/07/19, Rn. 4.102 ff. 573 Tietje/Wackernagel, JWIT 2015, 205, 241 ff. 574 Basener, Investment protection in the European Union, S. 388 ff.; ähnlich, aber ablehnend Rösch, Intraeuropäisches Investitionsrecht, S. 232 ff. 575 Ebenfalls zur Thematik der Übertragbarkeit auf Konflikte mit IIAs Lang, Der Europäische Gerichtshof und die Investor-Staat-Streitbeilegung in TTIP und CETA, 20 ff.; Eilmansberger, Common Mark. Law Rev. 2009, 383, 418; Tietje, KSzW 2011, 128, 135. 576 BVerfGE 73, 339 – Solange II. 577 BVerfGE 37, 271 – Solange I. 578 Leitsatz 2 des Solange-II-Beschlusses: „Solange die Europäischen Gemeinschaften, insbesondere die Rechtsprechung des Gerichtshofs der Gemeinschaften einen wirksamen Schutz der Grundrechte gegenüber der Hoheitsgewalt der Gemeinschaften generell gewährleisten, der dem vom Grundgesetz als unabdingbar gebotenen Grundrechtsschutz im wesentlichen gleichzuachten ist, zumal den Wesensgehalt der Grundrechte generell verbürgt, wird das BVerfG seine Gerichtsbarkeit über die Anwendbarkeit von abgeleitetem Gemeinschaftsrecht, das als Rechtsgrundlage für ein Verhalten deutscher Gerichte oder Behörden im Hoheitsbereich der Bundesrepublik Deutschland in Anspruch genommen wird, nicht mehr ausüben und dieses Recht mithin nicht mehr am Maßstab der Grundrechte des Grundgesetzes überprüfen.“. 579 EGMR, Urt. v. 30. 06. 2005 – Beschwerde Nr. 45036/98, NJW, S. 197 – Bosphorus Hava Yollari Turizm ve Ticaret Anonim S¸irketi ./. Ireland. 580 Vgl. Haratsch, ZaöRV 2006, 927, 928 ff.

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Kap. 3: Versagung der Vollstreckbarerklärung

lich wenigstens „vergleichbar“ mit demjenigen der EMRK ist.581 Dies gelte solange, bis widerlegt wird, dass der gewährte Grundrechtsschutz noch diesem Niveau entspricht. Ebenso gelte dies nicht, wenn in einem bestimmten Fall anzunehmen sei, dass der Schutz von Konventionsrechten offensichtlich unzureichend ist.582 a) Einschränkung der Prüfung durch das ISDS-Tribunal Auch in der Micula-Konstellation ist ein Staat an die Vorgaben des EU-Rechts gebunden, wenn er beispielsweise eine versprochene Subvention zurücknehmen muss. Andererseits kann diese Handlung aus ISDS-Sicht eine Verletzung der Rechte des Investors darstellen und sie müsste darum grundsätzlich durch ein ISDS-Tribunal überprüft werden können. Potentiell stehen sich also EU-Recht und ISDS-Regelungen diametral entgegen. Dieser Konflikt kann unter Umständen dazu führen, dass die Anwendung des einen Regelwerkes eine Verletzung des anderen darstellt.583 Darum ist zu überlegen, ob die Ideen von Solange-II und Bosphorus hierauf übertragbar sind. Basener bietet eine Lösung auf Ebene des Schiedsverfahrens an, indem er im Wege einer systematic integration584 den Bosphorus-Gedanken in die materielle Prüfung durch das Schiedsgericht integrieren möchte. Würde diese Lösung greifen, so könnte das Problem der Micula-Konstellation elegant auf der Schiedsebene gelöst werden. Er sieht eine Entwicklung dahingehend, dass sich die Grundsätze der Bosphorus-Entscheidung zu einer Art „generellem Prinzip der Vertragsauslegung“ entwickeln können, welches die Gerichte anwenden müssen.585 Das Schiedsgericht müsse dann die Verpflichtungen eines EU-Gaststaates aus einem IIA im Lichte seiner Verpflichtungen aus den EU-Verträgen interpretieren.586 Dieses Vorgehen würde berücksichtigen, dass der Staat an die Vorgaben des EU-Rechts gebunden ist und die Verletzungen der Rechte des Investors darum nicht aus dem Verantwortungsbereich

581

EGMR, Urt. v. 30. 06. 2005 – Beschwerde Nr. 45036/98, NJW, S. 197, Rn. 155 – Bosphorus Hava Yollari Turizm ve Ticaret Anonim S¸irketi ./. Ireland; Licková, EJIL 19 (2008), 463, 481. 582 EGMR, Urt. v. 30. 06. 2005 – Beschwerde Nr. 45036/98, NJW, S. 197, Rn. 156 – Bosphorus Hava Yollari Turizm ve Ticaret Anonim S¸irketi ./. Ireland. 583 Basener, Investment protection in the European Union, S. 395. 584 Vgl. Basener, Investment protection in the European Union, S. 403. 585 Basener, Investment protection in the European Union, S. 403 und zitiert dabei EGMR, Urt. v. 30. 06. 2005 – Beschwerde Nr. 45036/98, NJW, S. 197 – Bosphorus Hava Yollari Turizm ve Ticaret Anonim S¸irketi ./. Ireland; Urt. v. 21. 06. 2016 – Application no 5809/08 – Al-Dulimi and Montana Management inc. ./. Switzerland; WTO Appellate Body, 12. 10. 1998 – WT/DS58/ AB/R; PCA, Award v. 12. 03. 2004 – 2000-2; Award v. 02. 07. 2003 – 2001-03; International Law Commission, A/CN.4/L.682 – Fragmentation of international law: Difficulties arising from the diversification and expansion of international law 2006, Rn. 430; Lavranos, ZaöRV 68 (2008), 575, 614 f.; vgl. auch Karpenstein/Mayer-F. C. Mayer, Rn. 126 ff. 586 Basener, Investment protection in the European Union, S. 405.

C. Entgegenstehendes EU-Recht

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des Gaststaates stammen.587 Aufgrund dieser Bindung sei der Gaststaat vom ISDSTribunal aus der Haftung zu entlassen. Andererseits sei in diesem Zusammenhang aber auch zu prüfen, inwiefern der Investor bewusst entgegen dem EU-Recht gehandelt hat oder mit der EU-Rechtswidrigkeit rechnen konnte.588 Das Schiedsgericht solle dabei – im Sinne der Bosphorus-Entscheidung – das EU-Recht auch dann mit in seine Abwägung einbeziehen, wenn es sich um ein Verfahren im Rahmen eines extraEU BIT handelt, der Investor also aus einem Land stammt, das nicht an die EUVerträge gebunden ist. Soweit die IIAs die Anwendung des nationalen Rechts durch die Schiedsgerichte vorgeben, habe das Schiedsgericht das EU-Recht ohnehin zu beachten.589 Für die Fälle, in denen eine solche Klausel jedoch nicht vorgegeben ist, das EU-Recht also grundsätzlich nicht zum Prüfregime des Tribunals gehört, solle die Integration durch eine Anwendung der Grundsätze der Bosphorus-Entscheidung über Art. 31 Abs. 3 c) WVK erfolgen.590 Basener stellt hierfür dar, dass aus seiner Sicht die materiellen und verfahrensrechtlichen Schutzstandards des ISDS-Systems und des EU-Rechts gleichwertig seien.591 Das Schiedsgericht müsse darum nur noch prüfen, ob der Staat durch EU-Recht bei einer Handlung gebunden gewesen sei, wobei ein Anscheinsbeweis zugunsten des Gaststaates bestehe.592 Der Investor könne diesen Anscheinsbeweis wiederlegen, indem er beweise, dass dem Gaststaat auch andere, weniger einschneidende Optionen geblieben wären.593 Gelingt dies nicht, so bleibe dem Investor nur, zu beweisen, dass der Schutzstandard des EU-Rechts abgesunken sei, dass das EU-Recht für den vorliegenden Fall ungenügend sei oder dass dem Investor der Rechtsschutz vor nationalen beziehungsweise EU-Gerichten verweigert wurde.594 Dieses Konzept mag zwar in der Theorie geeignet sein, um zumindest dem Schiedsgericht einen Anhaltspunkt für die Auflösung des Konfliktes zu bieten. Allerdings löst es nicht die praktische Problematik die sich ergibt, wenn ein ISDSTribunal diese systematic integration zwar durchführt, den Staat aber dennoch für eine Handlung verurteilt, zu welcher er durch das EU-Recht gezwungen war. Den Extremfall der pathologischen Entscheidung, wenn das ISDS-Tribunal die systematic integration falsch ausgeführt und den Gaststaat verurteilt hat, löst dieser 587

Basener, Investment protection in the European Union, S. 404. Tietje/Wackernagel, JWIT 2015, 205, 242 f. 589 Vgl. Basener, Investment protection in the European Union, S. 497. 590 Basener, Investment protection in the European Union, S. 397 ff. 591 Basener, Investment protection in the European Union, S. 408 ff.; ähnlich die Europäische Kommission in Electrabel S.A. ./. Ungarn, Award v. 25. 11. 2015 – ICSID Case No. ARB/07/19, Rn. 4.105; der entgegengesetzten Auffassung ist Rösch, Intraeuropäisches Investitionsrecht, S. 233 ff., später befürwortet er sogar eine Übernahme des Rechtsgedankens der Solange-I-Entscheidung des BVerfG, ebd. 292. 592 Basener, Investment protection in the European Union, S. 490. 593 Basener, Investment protection in the European Union, S. 490. 594 Basener, Investment protection in the European Union, S. 491 ff. 588

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Kap. 3: Versagung der Vollstreckbarerklärung

Ansatz auch nicht. Auch bietet die Ansicht keine Lösung für den Fall, in dem sich das Schiedsgericht nicht an die Interpretation im Sinne der Bosphorus-Rechtsprechung gehalten und das EU-Recht doch voll durchgeprüft hat. Selbst Basener muss zugestehen, dass die Lösung nur greift „if correctly applied by the arbitral tribunals“595. Ebenso verhält es sich, wenn ein Gaststaat eine den Investor verletzende Handlung zwar aus eigener Motivation begangen hat, nun jedoch die Durchsetzung eines entsprechenden Schiedsspruchs gegen EU-Recht verstößt. Zudem ist unwahrscheinlich, dass Staaten, die nicht Mitglied der EU sind, es akzeptieren würden, wenn das EU-Recht plötzlich direkte Auswirkungen auf die Schiedssprüche zulasten ihrer Investoren hätte und völlig ohne Prüfung „hingenommen“ werden müsste. Dies würde nämlich nur jeweils die EU-Gaststaaten begünstigen. Das EU-Recht bleibt aus Sicht eines Drittstaates aber nationales Recht des EU-Gaststaates.596 Dies sah auch der EuGH in seiner Achmea-Entscheidung.597 Das ISDS-System soll Investoren gerade davor bewahren, dass möglicherweise parteiisches nationales Recht für die Investitionsstreitigkeiten maßgeblich ist.598 Mit der Anwendung einer solchen systematic integration würde das Tribunal sich seiner genuinen Aufgabe entziehen. Zudem ist es unwahrscheinlich, dass der EuGH es akzeptieren würde, dass ein ISDSTribunal darüber entscheidet, ob eine EU-Maßnahme schadensersatzwürdig ist oder nicht, wenn die Durchsetzung der Entscheidung ihrerseits in einer Verletzung des EU-Rechts münden würde. Dies verlangt aber Basener, wenn er fordert, dass das Exequaturgericht seinen Prüfungsumfang beschränkt, sobald das ISDS-Tribunal die systematic integration korrekt angewendet hat.599 In einem solchen Fall könnte der EuGH jedoch immer noch auf Exequaturebene einer anderen Ansicht sein. Somit führt die Implementierung der Bosphorus-Rechtsprechung in den Rechtsfindungsprozess des ISDS-Tribunals zwar dann zu einer abschließenden Lösung, wenn die Entscheidung die Klage abweist, nicht jedoch dann, wenn ein EU-Staat für seine Handlungen verurteilt wird. Für die Ebene des Exequaturverfahrens ist durch diese Lösung somit nichts gewonnen. Vielmehr würde sich der vermeintlich aufgelöste Konflikt hier fortsetzen. Ist ein Schiedsspruch nämlich unter (fehlerhafter) Anwendung der systematic integration ergangen, so würde auch versucht werden, ihn durchzusetzen und dasselbe Dilemma fände sich eine Stufe weiter auf Exequaturebene wieder. b) Übertragung auf das Exequaturverfahren Denkt man diesen Ansatz jedoch weiter, so könnte man überlegen, den Bosphorus-Gedanken, statt im Schiedsverfahren, im sich daran anschließenden Exe595 596 597 598 599

Basener, Investment protection in the European Union, S. 495. Vgl. Dörr/Schmalenbach, Art. 27, Rn. 10; Licková, EJIL 19 (2008), 463, 470. EuGH, SchiedsVZ 2018, 186, Rn. 40 f. – Slowakische Republik gegen Achmea. Classen, EuR 53 (2018), 361, 367. Siehe Basener, Investment protection in the European Union, S. 496.

C. Entgegenstehendes EU-Recht

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quaturverfahren anzuwenden.600 Auch hier können, wie gezeigt, ISDS-Regime und EU-Recht das Exequaturgericht in eine Zwickmühle bringen. Fraglich ist jedoch, welches System „klein beigeben“ müsste oder überhaupt könnte, um eine Lösung im Sinne der Bosphorus-Rechtsprechung zu finden. aa) Ausnahme vom EU-Recht im Exequaturverfahren Auf der einen Seite könnte das staatliche Exequaturgericht dem ISDS-System generell Vorrang gewähren und in Fällen des Konfliktes von EU-Recht mit ISDSSchiedssprüchen eine Ausnahme dahingehend machen, dass der Schiedsspruch dennoch vollstreckt wird, solange das ISDS-Regime in seiner Gesamtheit nicht grundlegend unter einen gewissen Mindeststandard fällt. Wohlgemerkt ginge es dabei um die Frage, ob durch ISDS-Entscheidungen das EU-Recht insgesamt ausgehöhlt wird und nicht darum, ob eine spezielle Entscheidung gegen EU-Recht verstößt. Die Vollstreckbarerklärung wäre dann das „staatliche Handeln in Erfüllung der Verpflichtung [aus dem Recht des Investitionsschutzes]“. Zu dieser Option ist zu beachten, dass es sich, im Gegensatz zu den Entscheidungen des BVerfG und des EuGH, beim ISDS-Regime um kein homogenes, einheitliches Rechtsregime handelt,601 welches in seiner Gesamtheit überhaupt daran gemessen werden könnte, ob es einen notwendigen Mindestschutzstandard gewährt. Nicht nur finden unterschiedlichste Verfahrensordnungen Anwendung,602 auch die Zusammensetzung der Schiedsgerichte schwankt gravierend. Überdies kann auch keine allgemeingültige Aussage über das von den Schiedsgerichten anzuwendende materielle Recht getroffen werden.603 Je nachdem ob es sich um „treaty claims“ oder „contract claims“ handelt, findet anderes Recht Anwendung.604 Es mangelt also bereits an einer Umgrenzung desjenigen Rechts, dessen Anwendung nicht die Bestimmungen des nationalen Rechts aushebeln soll. Überdies ist nicht zu erwarten, dass die Europäische Kommission oder der EuGH sich derart einschränken lassen würden, dass – trotz einer Verletzung des EU-Rechts – ISDS-Entscheidungen grundsätzlich zu akzeptieren sind.

600

Vgl. Tietje/Wackernagel, JWIT 2015, 205, 243. Vgl. Lavranos, L & P 9 (2010), 409, 414. 602 Beispielsweise die Verfahrensordnungen des ICSID, des UNCITRAL, der ICC, der SCC oder des LCIA; vgl. weiter Nagel/Gottwald, Internationales Zivilprozessrecht, § 18, Rn. 77; Lavranos, L & P 9 (2010), 409, 415. 603 Lavranos, L & P 9 (2010), 409, 414. 604 Vgl. nur SGS Société Générale de Surveillance S.A. ./. Islamic Republic of Pakistan, Decision of the Tribunal on Objections to Jurisdiction v. 06. 08. 2003 – ICSID Case No. ARB/ 01/13, Rn. 146 ff.; Reinisch, § 18 Die Beilegung von Investitionsstreitigkeiten, 925, 932. 601

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Kap. 3: Versagung der Vollstreckbarerklärung

bb) Systematic Integration auf Exequaturebene Auf der anderen Seite könnte jedoch auch in das internationale Vollstreckungsrecht im Wege der „systematic integration“ eine Ausnahmeregelung dahingehend aufzunehmen sein, dass es seine Durchsetzung dann nicht forciert, wenn einer Vollstreckbarerklärung EU-Recht entgegensteht. Das Exequaturgericht könnte dann die Vollstreckbarerklärung verweigern, solange das EU-Recht einen mit dem ISDSRegime äquivalenten Mindeststandard gewährt. Die Verweigerung der Durchsetzung wäre dann das „staatliche Handeln in Erfüllung der Verpflichtung [aus dem EU-Recht]“. Diese zweite Option krankt daran, dass die EU-Staaten durch völkerrechtliche Bestimmungen wie das ICSID-Übereinkommen oder das NYÜ gerade ausdrücklich zur Durchsetzung eines bestehenden Schiedsspruchs verpflichtet sind. Eine Ausnahme zugunsten des EU-Rechts würde diese Verpflichtung ad absurdum führen. Zudem ist auch hier zu erwarten, dass Drittstaaten diese Lösung nicht akzeptieren würden. Durch sie würde das ISDS-System grundlegend ausgehöhlt, da ein nicht durchsetzbarer Schiedsspruch für den Investor wertlos ist. Auch wäre es unwahrscheinlich, dass ein Gericht eines EU-Staates jemals die Feststellung treffen würde, dass der Schutzstandard des EU-Rechts nicht mehr mit demjenigen des ISDS-Systems vergleichbar ist. Im Ergebnis würden darum viele ISDS-Verfahren gegen EUStaaten leerlaufen. Zusammenfassend lässt sich darum festhalten, dass der Konflikt entgegenstehenden EU-Rechts im ISDS-Verfahren auf der Ebene des Exequaturs nicht durch eine entsprechende Anwendung der Bosphorus-Entscheidung befriedigend aufgelöst werden kann. 7. Zwischenfazit Bei der Durchsetzung eines ICSID-Schiedsspruches gibt es momentan keine Lösung für den Fall, dass diese gegen EU-Recht verstößt. Weder kann ein ordre public-Vorbehalt in das ICSID-Übereinkommen hineingelesen werden, noch können völkerrechtliche Konfliktregeln für eine Auflösung des Problems sorgen. Auch eine Übertragung der Bosphorus-Rechtsprechung muss hier scheitern. Gleichwohl ist zu erwarten, dass die europäischen nationalen Gerichte tendenziell eher eine Verletzung des völkerrechtlichen Abkommens in Kauf nehmen werden, als sich gegen das EURecht zu stellen. Im Zweifel würden sie also die Vollstreckbarerklärung verweigern.605 Ohne eine Neuverhandlung oder Umgestaltung entsprechender Abkommen 605

Hiervon scheint auch die Europäische Kommission in der Anhörung zum CETA-Gutachten überzeugt zu sein. Vgl. Kübek, CETA’s Investment Court System and the Autonomy of EU Law: Insights from the Hearing in Opinion 1/17, https://doi.org/10.17176/20180704-16343 0-0: „As the meaning given to domestic law by the CETA tribunal is not binding on Union courts, the ECJ could still rule not to execute the award should it arrive at the conclusion that it

D. Folgen eines Aufhebungsverfahrens im Ausland

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scheint keine tragfähige Lösung für das Dilemma auffindbar. Ob sich jedoch Drittstaaten auf entsprechende Anpassungen der Regelungswerke für die Lösung des Problems einlassen würden, ist eine Frage des diplomatischen Verhandlungsgeschicks.

VI. Fazit Während bei ad hoc-Schiedssprüchen auch das Problem entgegenstehenden EURechts bei der Durchsetzung von ISDS-Schiedssprüchen gelöst werden kann, gibt es für ICSID-Schiedssprüche de lege lata keine befriedigende Lösung. Der Exequaturstaat verletzt entweder EU-Recht oder Völkerrecht, wobei zu erwarten ist, dass er sich im Zweifel für das EU-Recht entscheiden wird. Dies ist sowohl für Investoren als auch für Drittstaaten eine unbefriedigende Situation, die sich alleine durch Umgestaltung der momentanen Regelungen entspannen könnte. Fraglich ist, ob hierfür der politische Wille besteht oder ob sich die EU darauf verlassen wird, dass die Gerichte der EU-Staaten weiterhin in ihrem Interesse entscheiden, auch wenn sie dabei völkerrechtliche Verpflichtungen missachten und somit auch Vertrauen bei potentiellen Investoren verspielen. Es ist jedoch anzumerken, dass sich diese Problematik nur dann ergeben wird, wenn die Durchsetzung innerhalb der EU versucht wird. Außerhalb der EU sind die Exequaturgerichte weder im Rahmen ihres ordre public, noch in sonst einer Form an EU-Recht gebunden.606 Darum muss auch hier Investoren geraten werden, im Zweifel die Durchsetzung des Schiedsspruchs außerhalb der EU zu versuchen.607

D. Folgen eines Aufhebungsverfahrens im Ausland I. Im Ausland aufgehobene Schiedssprüche Art. V Abs. 1 e) NYÜ bietet dem Gericht die Möglichkeit, die Vollstreckbarerklärung zu verweigern, wenn der Schiedsspruch in seinem Herkunftsstaat aufgehoben wurde. Hierfür bedarf es nicht einmal einer Gegenseitigkeit dahingehend, dass auch Aufhebungsentscheidungen deutscher Gerichte im entsprechenden Drittstaat beachtet werden.608 Fraglich ist, ob das Exequaturgericht an die Aufhebungsentscheidung gebunden ist oder ob es die Vollstreckbarerklärung gleichwohl erteilen darf. Entscheidend is incompatible with EU law. The Member States would in such a scenario be bound by the primacy of EU law. The consequence would be retaliation by Canada.“. 606 Wehland, JWIT 17 (2016), 942, 956 f., 962 f. 607 Wehland, JWIT 17 (2016), 942, 963. 608 BGH, SchiedsVZ 2013, 229 f.; Geimer, Internationales Zivilprozessrecht, Rn. 3944.

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Kap. 3: Versagung der Vollstreckbarerklärung

dafür ist, ob man die Formulierung des Art. V Abs. 1 NYÜ (in der authentischen englischen Fassung „may be refused“) als Ermessensspielraum oder als zwingende Rechtsfolge ansieht.609 Während in Deutschland grundsätzlich in Richtung einer zwingenden Vorschrift tendiert wird,610 erscheint die Frage speziell in Bezug auf im Ausland aufgehobene Schiedssprüche noch nicht eindeutig geklärt.611 Insbesondere gibt es bislang keine letztinstanzliche Entscheidung eines deutschen Gerichts zu der Frage, ob das Exequaturgericht die Aufhebungsentscheidung prüfen darf.612 Die in Deutschland wohl überwiegende Meinung vertritt, dass die Aufhebung im Rahmen des § 1061 ZPO auch in diesem Zusammenhang einen absoluten Verweigerungsgrund darstellt,613 es sei denn, es greifen explizit günstigere Regelungen wie zum Beispiel Art. IX EuÜ.614 Eine Gegenansicht möchte die Vollstreckbarerklärung nur dann versagen, wenn eine Bindung des Exequaturgerichts an die Aufhebungsentscheidung nach entsprechenden Anerkennungsvorschriften wie § 328 ZPO besteht.615 Eine dritte Ansicht meint, dass jeder Staat die Handhabung unabhängig regeln kann und somit die Aufhebungsentscheidung nicht notwendigerweise für die Entscheidung des Exequaturgerichts von Relevanz sein muss.616 So ignorieren beispielsweise die französischen Gerichte die Aufhebungsentscheidung im Schieds609 Vgl. Boor, Der aufgehobene ausländische Schiedsspruch als ,rechtliches nullum‘?, S. 106 ff.; Nienaber, Die Anerkennung und Vollstreckung im Sitzstaat aufgehobener Schiedssprüche, S. 109 ff.; Bird, N.C.J. Int’l L. & Com. Reg. 2012, 1029. 610 Siehe bereits oben S. 134. 611 Harbst, SchiedsVZ 2007, 22, 28; vgl. auch BGH, SchiedsVZ 2013, 229, 230. 612 Vgl. Balthasar, International Arbitration in Germany, 377, 405, Rn. 92; entgegen MüKo ZPO-Adolphsen, Art. V NYÜ, Rn. 60 hat der BGH diese Frage in BGH, NJW 2008, 2718 gerade offen gelassen (vgl. Rn. 11); R. Wolff, LMK 2008, 265473. 613 BGH, NJW 2001, 1730, 1731; OLG Rostock, BB Beil. 2000, 20, Rn. 39; wohl auch OLG Dresden, SchiedsVZ 2007, 327, 329; Balthasar, International Arbitration in Germany, 377, 404; MüKo ZPO-Adolphsen, Art. V UNÜ, Rn. 60; Schwab/Walter/Baumbach, Schiedsgerichtsbarkeit, Kap. 30, Rn. 14; Kröll, ZZP 117 (2004), 453, 479; Musielak/Voit-Voit, § 1061, Rn. 18, 28; Kröll, § 1061 – Foreign Awards, 443, Rn. 127; viele weitere Nachweise bei Geimer, Internationales Zivilprozessrecht, Rn. 3944, Fn. 408, der jedoch für die Fälle „außerhalb des Anwendungsbereichs von Art. V (1) e) zweite Alternative NYÜ“ eine Prüfung der Aufhebungsentscheidung anhand von § 328 ZPO fordert. Er muss jedoch zugeben, dass solche Fälle wenig realistisch sind (Fn. 413); siehe auch van den Berg, ICC ICArb. Bull 9 (1998), 15 ff. 614 BGH, SchiedsVZ 2013, 229; Solomon, Interpretation and Application of the New York Convention in Germany, 329, 348; MüKo ZPO-Adolphsen, Art. V UNÜ, Rn. 62; Musielak/ Voit-Voit, § 1061, Rn. 18; Siehr, ZZP 115 (2002), 143, 151 mit Hinweis auf das Verfahren Radenska gegen Kajo in Österreich; Bülow, NJW 1971, 486, 489, Fn. 24. 615 Schlosser, Das Recht der internationalen privaten Schiedsgerichtsbarkeit, Rn. 791; Schütze, Die Bedeutung eines ausländischen Urt.s über die Wirksamkeit eines Schiedsspruchs für dessen Exequierung im Inland, 118, 121; Raeschke-Kessler, Einfluss des Völkervertragsrechts, 57, § 1061, Rn. 33; Schütze, Schiedsgericht und Schiedsverfahren, Rn. 555; Weinacht, Journal of International Arbitration 19 (2002), 313, 332 ff. 616 Zöller-Geimer, § 1061, Rn. 25; Geimer, Internationales Zivilprozessrecht, 3944c; Siehr, ZZP 115 (2002), 143, 154; Schack, Internationales Zivilverfahrensrecht, Rn. 1477; vgl. auch Gaillard, ICSID Rev. 1999, 31.

D. Folgen eines Aufhebungsverfahrens im Ausland

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staat.617 Dies ist jedoch wohl dem Umstand geschuldet, dass aus Sicht des französischen Rechts der Schiedsort irrelevant ist und der Schiedsspruch darum zunächst in die eigene Rechtsordnung eingegliedert wird.618 Auch wird, beispielsweise in den USA619, die Meinung vertreten, dass das Exequaturgericht überprüfen dürfe, ob der Richter des Ursprungsstaates sich an internationale Standards gehalten hat620 oder es wird eine Prüfung anhand des ordre public gefordert.621 Andere vertreten, dass die Aufhebung eines ISDS-Schiedsspruchs in einem Staat für die Vollstreckbarerklärung unbeachtlich sein sollte, da der Schiedsspruch anational622 und somit von jeglichem nationalen Recht losgelöst sei.623 Trotz dieser Vielzahl an – hier nur kurz zusammengefassten624 – Meinungsspektren, wird der Problematik teilweise aufgrund der geringen Fallzahl die Relevanz abgesprochen.625 Betrachtet man die Tendenz in der gezeigten deutschen Rechtsprechung sowie in der sie stützenden überwiegenden Meinung in der Literatur, könnte man tatsächlich davon ausgehen, dass die Debatte in Deutschland trotz der verschiedenen Auffassungen keine größeren Probleme mehr bereitet. Eine aktuelle Entscheidung des Hoge Raad der Niederlande vom 24. 11. 2017626 gibt dennoch Anlass, die Frage noch einmal zu beleuchten. Gegenstand des Vollstreckbarkeitsverfahrens in den Niederlanden war ein in Russland ergangener Schiedsspruch, welcher vom obersten russischen Gericht aufgehoben worden war. Der Schiedskläger wollte dennoch in den Niederlanden eine Vollstreckbarerklärung für diesen aufgehobenen Schiedsspruch erlangen. Im Ergebnis verweigerte der Hoge Raad das Exequatur, da er legitime Gründe für die Aufhebungsentscheidung annahm. Interessant ist jedoch, dass er das Vorliegen solcher Gründe prüfte und damit implizit 617

Siehe zum französischen Recht Siehr, ZZP 115 (2002), 143 ff.; Schlosser, Das Recht der internationalen privaten Schiedsgerichtsbarkeit, Rn. 789; Boor, Der aufgehobene ausländische Schiedsspruch als ,rechtliches nullum‘?, S. 54 ff.; Nienaber, Die Anerkennung und Vollstreckung im Sitzstaat aufgehobener Schiedssprüche, S. 45 ff.; Gaillard, ICSID Rev. 1999, 19 ff. 618 Vgl. van den Berg, ICC ICArb. Bull 9 (1998), 15, 16 f.; Boor, Der aufgehobene ausländische Schiedsspruch als ,rechtliches nullum‘?, S. 29; Gaillard, ICSID Rev. 1999, 30. 619 M. R. P. Paulsson, The 1958 New York Convention in action, S. 205 ff., mit entsprechenden Nachweisen. 620 Boor, Der aufgehobene ausländische Schiedsspruch als ,rechtliches nullum‘?, 29, 226, der dies vor allem mit den Grundrechten und der EMRK begründet; exemplarisch für die englischsprachige Literatur J. Paulsson, Asia Pacific Law Review 6 (1998), 1 ff.; J. Paulsson, Awards set aside at the place of arbitration, 24, 26. 621 Karrer, Judicial Review of International Arbitral Awards, 337, 345; Nienaber, Die Anerkennung und Vollstreckung im Sitzstaat aufgehobener Schiedssprüche, S. 218 f. 622 Siehe hierzu oben S. 37. 623 Vgl. Toope, Mixed international arbitration, S. 119 f. m.w.N. 624 Ausführlicher zusammengefasst bei Boor, Der aufgehobene ausländische Schiedsspruch als ,rechtliches nullum‘?, S. 36 ff. 625 van den Berg, The New York Arbitration Convention of 1958, S. 355; Harbst, SchiedsVZ 2007, 22, 28; Bird, N.C.J. Int’l L. & Com. Reg. 2012, 1015. 626 Hoge Raad, Urt. v. 24. 11. 2017 – 16/05686, ECLI:NL:HR:2017:2992.

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Kap. 3: Versagung der Vollstreckbarerklärung

feststellte, dass er trotz der Entscheidung des russischen Gerichts eine Vollstreckbarerklärung des aufgehobenen Schiedsspruches nicht ausschloss.627 Der Hoge Raad war der Meinung, dass ein Ermessensspielraum dahingehend bestehe, dass das Exequatur in Ausnahmefällen dennoch zu erteilen sei, wenn die Aufhebung auf Gründe gestützt sei, die weder mit den Gründen aus Art. V NYÜ korrespondieren, noch mit internationalen Standards vereinbar sind.628 Aus Art. 31 Abs. 3 b) WVK ergibt sich, dass solche Leitentscheidungen auch von den Gerichten anderer Vertragsstaaten des NYÜ beachtet werden müssen.629 Sollten sich darum der Ansicht des Hoge Raad noch weitere Gerichte anderer Mitgliedstaaten des NYÜ anschließen,630 könnte sich womöglich auch die herrschende Meinung in Deutschland ändern.631 Zumindest könnte dann die Debatte wieder mehr aufleben. Obwohl es sich bei dem Verfahren um ein solches zwischen zwei Privaten handelte, ist das Problem insbesondere für ISDS-Schiedssprüche von Interesse. Gerade hier besteht die Gefahr, dass Gerichte parteiisch sind, wenn ein Staat, womöglich der Gerichtsstaat selbst, in ein Verfahren verwickelt ist. Findet beispielsweise ein ISDS-Schiedsverfahren in dem Gaststaat selbst statt, sei es aufgrund einer entsprechenden Schiedsabrede oder aus Kostengründen, da sich der Investor ohnehin in dem Staat aufhält, so besteht die Gefahr, dass seine Gerichte den Schiedsspruch aus unbilligen Gründen aufheben. Insbesondere darf der politische Druck auf ein Gericht nicht unterschätzt werden, der größer sein dürfte, als im Fall einer gegen ein privates Unternehmen gerichteten Entscheidung. Sofern der Sitz des Gerichts in einem EU-Staat liegt und ein Schiedsspruch gegen einen anderen EUStaat ergeht, mag aus Sicht eines drittstaatlichen Investors auch die Gefahr bestehen, dass das Aufhebungsgericht geneigt ist zu Gunsten des anderen Staates zu entscheiden. Vor allem im Zusammenhang mit der Problematik entgegenstehenden EURechts mag dies gefährlich erscheinen. Ebenso kann in einigen Staaten die Gefahr bestehen, dass aufgrund diplomatischen Drucks ein entsprechendes Ergebnis „ge627 Ähnlich bereits England and Wales Court of Appeal – Civil Division, EWCA Civ 2012, 855 – Yukos Capital S.A.R.L. v. OJSC Rosneft Oil Company; United States Court of Appeals for the Second Circuit, Judgment v. 02. 08. 2016 – 13-4022 – Corporación Mexicana De Mantenimiento Integral,S. De R.L. De C. V. v. Pemex-Exploración y Producción. 628 Siehe dazu Raas/van Agteren, The Netherlands: Enforcement of Annulled Awards, https://globalarbitrationnews.com/the-netherlands-enforcement-of-annulled-awards/. 629 Dörr/Schmalenbach-Dörr, Art. 31, Rn. 78; Raas/van Agteren, The Netherlands: Enforcement of Annulled Awards, https://globalarbitrationnews.com/the-netherlands-enforce ment-of-annulled-awards/. 630 Siehe bezüglich weiterer internationaler Entscheidungen die ausführliche Zusammenstellung bei Nienaber, Die Anerkennung und Vollstreckung im Sitzstaat aufgehobener Schiedssprüche, S. 66 ff. 631 Boor, Der aufgehobene ausländische Schiedsspruch als ,rechtliches nullum‘?, S. 99 meint, dass die staatlichen Gerichte bislang keine einheitliche Linie bei der Vollstreckungspraxis gefunden hätten, weshalb eine solche noch nicht zur Interpretation hergangezogen werden könne; so auch schon Nienaber, Die Anerkennung und Vollstreckung im Sitzstaat aufgehobener Schiedssprüche, S. 102.

D. Folgen eines Aufhebungsverfahrens im Ausland

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fordert“ wird. Betrachtet man die Aktivität der Europäischen Kommission im Zusammenhang mit ISDS-Verfahren, so ist dies selbst innerhalb der EU nicht völlig abwegig. Würde beispielsweise der Schiedsspruch aufgehoben, weil er auf einem Intra-EU BIT beruht, so könnte dies aus Sicht eines Investors aus einem Drittstaat grob fehlerhaft sein. Für ihn wäre es darum begrüßenswert, wenn das Gericht die Vollstreckbarerklärung trotz Aufhebung des Schiedsspruchs erteilen könnte. Zumindest dann, wenn die Aufhebung im Ursprungsstaat aus unbilligen Gründen erfolgt ist, könnte so der obsiegenden Partei geholfen werden. Eine solche Befugnis würde einer Prüfung der Anerkennungsfähigkeit der Entscheidung des Aufhebungsgerichts i.S.d. § 328 ZPO zumindest sehr nahekommen. Eine entsprechende Prüfung sieht § 1061 Abs. 1 e) ZPO aber nicht vor. Nach dieser Vorschrift muss lediglich der Beweis erbracht werden, dass eine zuständige Behörde des Erlassstaates den Schiedsspruch aufgehoben hat. Wurde der Schiedsspruch aufgehoben, so ist er nicht mehr existent und kann nicht mehr Grundlage für eine Vollstreckbarerklärung sein.632 Er ist vielmehr ein rechtliches nullum.633 Hat eine Partei die Aufhebung des Schiedsspruches im Ursprungsstaat endgültig erreicht, so muss sie darauf vertrauen können, dass von ihm keine Wirkung mehr ausgeht. Andernfalls könnte die Durchsetzung des Schiedsspruches noch in einer Vielzahl von Ländern versucht werden und der Rechtsstreit würde nie beendet werden.634 Zudem haben sich die Parteien gerade auf einen bestimmten Schiedsstaat geeinigt und sich damit auch mit dem dort gegebenen Gerichtswesen abgefunden.635 Die Parteien sollten sich darum im Vorfeld auf einen Schiedsort verständigen, bei welchem sie davon ausgehen, dass die Gerichte unbefangen entscheiden. Es kann nicht Aufgabe der Exequaturgerichte sein, dieses Versäumnis dadurch auszubügeln, dass sie das Gerichtssystem eines anderen Staates als mangelhaft deklarieren. Das Exequaturgericht sollte darum an die Aufhebungsentscheidung gebunden sein.

632 MüKo ZPO-Münch, § 1061, Rn. 12; vgl. auch Stein/Jonas-Schlosser, Anh. § 1061, Rn. 130. 633 Bülow, NJW 1971, 486, 489; van den Berg, ICC ICArb. Bull 9 (1998), 15, 16 (ex nihilo nil fit). 634 Vgl. van den Berg, The New York Arbitration Convention of 1958, S. 355; Solomon, Die Verbindlichkeit von Schiedssprüchen, S. 550 f., mit Nachweisen hinsichtlich der Problematik des „Exequatur-Shoppings“ in Fn. 169; Boor, Der aufgehobene ausländische Schiedsspruch als ,rechtliches nullum‘?, S. 53; genau entgegengesetzt argumentiert Schütze, Die Bedeutung eines ausländischen Urt.s über die Wirksamkeit eines Schiedsspruchs für dessen Exequierung im Inland, 118, 121. 635 Darum geht auch die Überlegung von Schack, Internationales Zivilverfahrensrecht, Rn. 1477 fehl, wonach es „die Unabhängigkeit der internationalen privaten Schiedsgerichtsbarkeit gefährden würde, wenn man dem Ursprungsstaat erlaubte, eine weltweit bindende Entscheidung über die Existenz des Schiedsspruchs zu treffen.“. Die Schiedsgerichtsbarkeit ist immer nur insoweit unabhängig, wie es die für sie maßgebliche Rechtsordnung gestattet, für welche sich die Parteien entschieden haben; vgl. auch Gaillard, ICSID Rev. 1999, 43 f., der jedoch meint, die Parteien hätten keine dahingehende Intention.

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Kap. 3: Versagung der Vollstreckbarerklärung

Es ist zudem kaum vorstellbar, dass ein deutsches Gericht einen Schiedsspruch für vollstreckbar erklärt, welcher innerhalb der EU aufgehoben wurde, weil er gegen EU-Recht verstößt. Hiermit würde es nicht nur das Gerichtswesen eines anderen EUStaates kritisieren,636 sondern gleichfalls das EU-Recht missachten. Zwar mag es vereinzelt entgegengesetzte Entscheidungen in anderen Ländern geben. Diese nehmen aber zumindest momentan noch nicht einen solche Raum ein, als dass darin ein allgemeiner völkerrechtlicher Konsens zur Interpretation des Art. V Abs. 1 e) NYÜ gesehen werden könnte, welcher von den deutschen Gerichten beachtet werden müsste. Bei Streitigkeiten im Zusammenhang mit EU-Recht kann den Investoren darum auch hier nur geraten werden, den Schiedsort sorgfältig zu wählen.

II. Im Ausland bestätigte Schiedssprüche Entgegengesetzt zu der soeben behandelten Problematik der aufgehobenen Schiedssprüche ist die Frage danach, wie es sich auf das Exequaturverfahren auswirkt, wenn ein Schiedsspruch bereits in seinem Herkunftsland im Rahmen eines Aufhebungsverfahrens durch die dortigen Gerichte überprüft und nicht aufgehoben, sondern vielmehr bestätigt, der Aufhebungsantrag also abgelehnt wurde. Teilweise wird hierbei eine Bindungswirkung für die Exequaturgerichte hinsichtlich derjenigen Einwendungen angenommen, die bereits durch das Aufhebungsgericht geprüft worden sind, um eine Doppelkontrolle637 zu vermeiden.638 Hat ein Gericht im Erlassstaat beispielsweise die Zuständigkeit des Schiedsgerichts bejaht, so könnte auch das Gericht im Vollstreckungsstaat daran gebunden sein. Eine solche Bindungswirkung ist grundsätzlich zu begrüßen, da sie der Verfahrensökonomie dient und zudem verhindert, dass über dieselbe Frage zwei divergierende (rechtskräftige) Entscheidungen getroffen werden. Dieses Problem ist nicht zu verwechseln mit der Frage der Möglichkeit eines Doppelexequaturs, bei dem das nationale Gericht die Exequaturentscheidung eines ausländischen Vollstreckungsgerichts anerkennt. Der BGH hat die Möglichkeit eines solchen Doppelexequaturs, entgegen seiner früheren Rechtsprechung,639 verneint640 und dem wird auch überwiegend in der Literatur641 gefolgt. 636

Vgl. dazu House of Lords, A.C. 1976, 249, 277 f. „[The judge] may have inadequate understanding of the circumstances in which the legislation was passed. His refusal to recognise it may be embarrassing to the executive, whose function is so far as possible to maintain friendly relations with foreign states.“. 637 Siehe zur Definition der Doppelkontrolle Bernuth, Die Doppelkontrolle von Schiedssprüchen durch staatliche Gerichte, S. 153 f. 638 Solomon, Die Verbindlichkeit von Schiedssprüchen, S. 526; Harbst, SchiedsVZ 2007, 22, 30; Geimer, Internationales Zivilprozessrecht, Rn. 3949 ff.; Zöller-Geimer, Anh. § 1061 Rn. 7; Hammer, Überprüfung von Schiedsverfahren, Rn. 833; Musielak/Voit-Voit, § 1061, Rn. 20; dagegen Raeschke-Kessler, SchiedsVZ 2018, 1, 3. 639 BGH, NJW 1984, 2765.

D. Folgen eines Aufhebungsverfahrens im Ausland

241

Im NYÜ gibt es, im Gegensatz zum umgekehrten Fall des aufgehobenen Schiedsspruchs in Art. V Abs. 1 e) NYÜ, keine Regelung zu den Wirkungen einer Ablehnung der Aufhebung im Ursprungsland.642 Darum könnte man einer Beachtung solcher Entscheidungen kritisch gegenüberstehen.643 Da eine entsprechende Bindung jedoch für den Gläubiger vorteilhaft und somit vollstreckungsfreundlicher wäre, besteht kein Bedarf einer Regelung im NYÜ.644 Im Gegenteil, es sind nach der Systematik des Art. V NYÜ dort lediglich Versagungsgründe aufgelistet, wohingegen eine vereinfachte Durchsetzung in den Händen der Mitgliedstaaten liegt.645 Teilweise wird es als inkonsequent betrachtet, wenn der Aufhebungsentscheidung, wie im deutschen Recht,646 Bindungswirkung zugesprochen wird, nicht hingegen der Entscheidung über die Bestätigung.647 Für in Deutschland ergangene Schiedssprüche ordnet § 1060 Abs. 2 S.2 ZPO gerade an, dass diejenigen Aufhebungsgründe nicht mehr zu berücksichtigen sind, die im Rahmen eines auf sie gestützten Aufhebungsantrags rechtskräftig abgewiesen worden sind.648 Dennoch bedürfte eine solche Bindungswirkung hinsichtlich ausländischer Entscheidungen einer Rechtsgrundlage im Vollstreckungsstaat.649 Selbst wenn man § 1060 Abs. 2 S.2 ZPO als „anerkennungsfreundlicheres nationales Recht“ i.S.d. Art. VII Abs. 1 NYÜ sehen würde, bedeutete das nicht automatisch, dass über diese Norm auch ausländische Entscheidungen anerkannt werden.650 Im Geltungsbereich der EuGVVO wird die Anerkennung von gerichtlichen Entscheidungen von dieser abschließend geregelt.651 Die Schiedsgerichtsbarkeit

640 BGH, NJW 2009, 2826; Plaßmeier, SchiedsVZ 2010, 82; Solomon, Interpretation and Application of the New York Convention in Germany, 329, 336. 641 Plaßmeier, SchiedsVZ 2010, 82, 85; Weller, Aufstieg und Fall des Doppelexequaturs in der deutschen Rechtsprechung, 1087; MüKo ZPO-Münch, § 1061, Rn. 34; Musielak/Voit-Voit, § 1061, Rn. 6; Zöller-Geimer, § 1061, Rn. 8; Geimer, Internationales Zivilprozessrecht, Rn. 3891; Geimer, Exequaturverfahren, 489, 501; Nagel/Gottwald, Internationales Zivilprozessrecht, 18, Rn. 194, 227. 642 Harbst, SchiedsVZ 2007, 22, 27. 643 Solomon, International Commercial Arbitration, 45, 107, Rn. 199. 644 Solomon, Die Verbindlichkeit von Schiedssprüchen, 519 f. 645 Vgl. Solomon, Die Verbindlichkeit von Schiedssprüchen, 519 f. 646 Siehe bereits oben S. 236. 647 Solomon, Die Verbindlichkeit von Schiedssprüchen, S. 526; Mezger, RabelsZ 29 (1965), 231, 285, „man will den einheimischen Richter zwar an die negative Entscheidung des ausländischen Richters binden, aber nicht an die positive.“; Gaillard, ICSID Rev. 1999, 34, 41. 648 Solomon, Die Verbindlichkeit von Schiedssprüchen, S. 527. 649 Czernich, Anerkennung gerichtlicher Aufhebungsentscheidungen in Schiedssachen in Europa, 45, 48. 650 Musielak/Voit-Voit, § 1061, Rn. 20 geht jedoch ohne Bezug auf eine entsprechende Norm „regelmäßig“ von einer Präklusion aus. 651 BeckOK ZPO-Bach, § 328, Rn. 9a; Saenger-Dörner, § 328, Rn. 67; MüKo ZPO-Gottwald, § 328, Rn. 18; Musielak/Voit-Stadler, § 328, Rn. 1.

242

Kap. 3: Versagung der Vollstreckbarerklärung

wird in Art. 1 Abs. 2 d) EuGVVO zwar ausgenommen,652 jedoch ist nicht eindeutig geklärt, ob diese Ausnahme auch den Bereich der postarbitralen Phase umfasst.653 Dagegen spricht, dass das Aufhebungsverfahren erst nach Erlass des Schiedsspruchs vorgenommen wird, also nicht mehr Teil des eigentlichen Schiedsverfahrens ist.654 Dafür spricht aber Erwägungsgrund 12 zur EuGVVO, der da lautet: „Diese Verordnung sollte nicht […] für eine Klage oder eine Entscheidung in Bezug auf die Aufhebung, die Überprüfung, die Anfechtung, die Anerkennung oder die Vollstreckung eines Schiedsspruchs gelten.“.655 Ob die Bereichsausnahme tatsächlich greift, kann hier nicht abschließend bewertet werden. Ungeachtet dessen bringt Czernich656 einen Aspekt ins Spiel, der für eine Möglichkeit der Bindung auch unabhängig von der EuGVVO spricht. Neben der EuGVVO bestehen innerhalb der EU weiterhin einige bilaterale Anerkennungs- und Vollstreckungsabkommen, die gemäß Art. 70 Abs. 1 EuGVVO weiter Anwendung finden, soweit die Bereiche nicht von der EuGVVO umfasst sind. Stimmt man nun also für eine Einbeziehung des Aufhebungsverfahrens in die Bereichsausnahme der EuGVVO, so bedeutet dies, dass zumindest die einschlägigen bilateralen Vollstreckungsabkommen greifen können.657 Sofern kein bilaterales Abkommen greift, kann wiederum auf § 328 ZPO zurückgegriffen werden.658 Bestünde nun eine Bindung der deutschen Gerichte an die 652

Vgl. EuGH, NJW 1993, 189 – Marc Rich; Schlosser, Das Recht der internationalen privaten Schiedsgerichtsbarkeit, Rn. 114; Rensmann, Anationale Schiedssprüche, S. 256 f.; Hammer, Überprüfung von Schiedsverfahren, Rn. 835; Geimer, Exequaturverfahren, 489, 502. 653 Czernich, Anerkennung gerichtlicher Aufhebungsentscheidungen in Schiedssachen in Europa, 45, 50. 654 Vgl.Czernich, Anerkennung gerichtlicher Aufhebungsentscheidungen in Schiedssachen in Europa, 45, 51. 655 Czernich, Anerkennung gerichtlicher Aufhebungsentscheidungen in Schiedssachen in Europa, 45, 51. 656 Czernich, Anerkennung gerichtlicher Aufhebungsentscheidungen in Schiedssachen in Europa, 45, 53 ff. 657 Zu einer Besprechung der einzelnen Abkommen, die in Betracht kommen, siehe Czernich, Anerkennung gerichtlicher Aufhebungsentscheidungen in Schiedssachen in Europa, 45, 53 ff.; gegen eine Anwendung von Staatsverträgen über die Anerkennung und Vollstreckung von Urt.en aber Mezger, RabelsZ 29 (1965), 231, 286. 658 OLG München, SchiedsVZ 2010, 169, 171 f.; so wohl auch Thüringer Oberlandesgericht, SchiedsVZ 2008, 44 ff.; OLG Bremen, BB Beil. 2000, 18, 19; in OLG Naumburg, SchiedsVZ 2011, 228 hat das Gericht zu Unrecht trotz erfolglosem Aufhebungsverfahrend die Aufhebungsgründe überprüft, ohne eine etwaige Bindungswirkung zu prüfen; Stein/JonasSchlosser, § 1061, Rn. 15; Geimer, Internationales Zivilprozessrecht, Rn. 3949; Harbst, SchiedsVZ 2007, 22, 30; Hammer, Überprüfung von Schiedsverfahren, Rn. 834; MüKo ZPOMünch, § 1061, Rn. 12; Bernuth, Die Doppelkontrolle von Schiedssprüchen durch staatliche Gerichte, S. 68; nach BGH, NJW 2001, 1730 (zum alten Recht) „können Entsch. Berücksichtigung finden, die eine vorgreifliche Frage rechtskräftig klären, von deren Beantwortung das Ergebnis des zur Beurteilung stehenden Rechtsstreits abhängt.“; nicht anerkennungsfähig sind hingegen Prozessurteile über die Zuständigkeit eines Schiedsgerichts, OLG München, Urt. v. 10. 10. 2002 – U (K) 1651/02, Rn. 69.

D. Folgen eines Aufhebungsverfahrens im Ausland

243

Entscheidung der Ablehnung der Aufhebung durch ein Gericht eines Ursprungsstaates, so dürfte das Vollstreckungsgericht womöglich diejenigen Aspekte nicht mehr prüfen, die bereits Gegenstand des Aufhebungsverfahrens waren.659 Dies führt zu dem eigentlich an dieser Stelle zu behandelnden Problem. Czernich ist der Meinung, dass lediglich diejenigen Aspekte von der Bindungswirkung erfasst sind, bei denen die Prüfung durch das Aufhebungsgericht und das Vollstreckungsgericht identisch ist und es somit zu einer Doppelprüfung kommen würde.660 Folgerichtig nimmt er den ordre public von dieser Bindung aus, da dieser in jedem Staat ein anderer ist und es somit nicht zu einer Doppelprüfung kommen würde.661 Dies übersieht Harbst,662 wenn er auch beim ordre public eine generelle Bindungswirkung fordert. Es wird jeweils der ordre public des speziellen Staates geprüft und kein allgemeingültiger internationaler Maßstab für die öffentliche Ordnung.663 Ist der ordre public aber in jedem Staat ein anderer, so liegen auch unterschiedliche Streitgegenstände vor. Bejahte man nun aber den bereits oben angesprochenen europarechtlichen ordre public,664 beispielsweise um die Probleme im Zusammenhang mit dem entgegenstehenden EU-Recht zu lösen, könnte dies zu einem Problem führen: Erkennt man nämlich einen ordre public europeén an, der für alle EU-Staaten in Bezug auf europarechtliche Fragen den gleichen Gehalt hat, so müssten theoretisch sowohl das Aufhebungsgericht als auch das Vollstreckungsgericht, aber auch verschiedene Vollstreckungsgerichte in diesen Fragen zum selben Ergebnis kommen. Maßstab wären nun nicht mehr zwei verschiedene nationale ordre public, sondern eben dieser einheitliche europarechtliche. Es fände nun also doch eine Doppelprüfung statt. Die Bindungswirkung müsste sich, um diese Doppelprüfung zu vermeiden, also auch auf den europarechtlichen ordre public erstrecken. Dies hätte aber zur Folge, dass ein deutsches Gericht die Vollstreckbarerklärung dann nicht aufgrund des ordre public versagen dürfte, wenn bereits ein Aufhebungsverfahren stattgefunden hätte, bei welchem der europarechtliche ordre public Gegenstand der Prüfung war. Hätte nun das Aufhebungsgericht fälschlicherweise kein Vorabentscheidungsverfahren zum 659 So Czernich, Anerkennung gerichtlicher Aufhebungsentscheidungen in Schiedssachen in Europa, 45. 660 Czernich, Anerkennung gerichtlicher Aufhebungsentscheidungen in Schiedssachen in Europa, 45, 46 ff.; Stein/Jonas-Schlosser, Anh. § 1061, Rn. 152, verneint eine Bindungswirkung, da er hier zwei verschiedene Streitgegenstände sieht; ebenso Bernuth, Die Doppelkontrolle von Schiedssprüchen durch staatliche Gerichte, S. 68; dem wird zurecht entgegnet, dass es um ein und dieselbe Frage ginge und die Verfahrenseffizienz für die Bindung spräche, Harbst, SchiedsVZ 2007, 22, 30. 661 Czernich, Anerkennung gerichtlicher Aufhebungsentscheidungen in Schiedssachen in Europa, 45, 48; so auch Solomon, Interpretation and Application of the New York Convention in Germany, 329, 348; Geimer, Internationales Zivilprozessrecht, Rn. 3951; Bernuth, Die Doppelkontrolle von Schiedssprüchen durch staatliche Gerichte, S. 68. 662 Harbst, SchiedsVZ 2007, 22, 30. 663 Vgl. Style/Balthasar, Disp. Resol. Int’l 6 (2012), 3, 10. 664 Siehe oben S. 209.

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Kap. 3: Versagung der Vollstreckbarerklärung

EuGH eingeleitet und den ordre public-Verstoß zu Unrecht verneint, so wäre das deutsche Gericht womöglich an diese Entscheidung gebunden. Indem es nun die Vollstreckbarerklärung erteilen würde, würde es unionsrechtswidrig handeln. Es hätte aber aus Ermangelung einer Befugnisnorm keine Möglichkeit dies zu verhindern. Das Exequaturgericht könnte weder ein Vorabentscheidungsverfahren einleiten – da die Frage nicht mehr entscheidungserheblich wäre –, noch de novo entscheiden. Ein solches Ergebnis könnte in der Eco Swiss-Konstellation noch als „Kollateralschaden“ zugunsten der Beschleunigung des Verfahrens und der Rechtssicherheit hinnehmbar sein, wenn es sich um einen Rechtsstreit zwischen zwei Privatakteuren handelte. Ist die unterlegene Partei jedoch ein Staat, so sind die Auswirkungen ungleich höher. Das Exequaturgericht würde sehenden Auges eine Handlung durchführen, für welche der unterlegene Staat sich einer Verletzung der europäischen Verträge schuldig gemacht hätte. Dieser zugegebenermaßen sehr spezielle Fall bietet doch ein Argument gegen die Anerkennung eines europarechtlichen ordre public. Ein anderes Ergebnis findet man, wenn man den europarechtlichen ordre public ablehnt, jedoch in die Prüfung des nationalen ordre public jeweils die unionsrechtlichen Normen miteinbezieht. Dann würde sich die Prüfung im Anerkennungsund im Exequaturverfahren jeweils nach dem einzelstaatlichen ordre public richten. Da dieser aber nicht deckungsgleich ist, kann dann – unabhängig von einer sonstigen Bindung an bestätigende Entscheidungen – keine Bindungswirkung an die Entscheidung des Aufhebungsgerichts hinsichtlich des ordre public bestehen.

E. Fehlende Schiedsfähigkeit Art. V Abs. 2 a) NYÜ bietet einen Versagungsgrund für die Vollstreckbarerklärung für den Fall, dass der Gegenstand des Streites nach dem Recht des Vollstreckungsstaates nicht auf schiedsrichterlichem Wege geregelt werden kann, also die objektive Schiedsfähigkeit fehlt. Da Gegenstand von ISDS-Verfahren überwiegend hoheitliches Handeln ist, könnte man überlegen, ob dieses überhaupt schiedsfähig ist.665 Immerhin handelt es sich oftmals um Maßnahmen im öffentlichen Interesse. Im Verfahren LIAMCO gegen Libyen666 hat darum der U.S. District Court, District of Columbia, unter Verweis auf die „Act of State Doctrine“ die Vollstreckbarerklärung eines auf die Verstaatlichung des libyschen Ölsektors gestützten Schiedsspruches versagt.667 In einigen Staaten Lateinamerikas wird die Schiedsfähigkeit betreffend

665

Vgl. Reinisch, Enforcement of Investment Awards, 671, 678 f. Libyan American Oil Company (LIAMCO) ./. The Government of the Libyan Arab Republic, YCA 1981, 89. 667 LIAMCO v. Libya, United States District Court for the District of Columbia, 482 F. Supp. 1980, 1175, 1179. 666

E. Fehlende Schiedsfähigkeit

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hoheitlichen Handelns des Gaststaates generell verneint.668 Da, wie bereits gezeigt,669 die meisten ISDS-Schiedsverfahren hoheitliches Handeln betreffen, würde dies aber die ISDS-Schiedsgerichtsbarkeit ad absurdum führen. Die Staaten vereinbaren gerade das Schiedsverfahren für solche Streitigkeiten.670 Darum ist nicht anzunehmen, dass diese Ansicht in ihrer Pauschalität für BITs im europäischen Raum übernommen wird.671 Im deutschen Recht muss für die Frage der Schiedsfähigkeit auf § 1030 ZPO zurückgegriffen werden. Nach dieser Vorschrift können alle vermögensrechtlichen Ansprüche Gegenstand einer Schiedsvereinbarung sein, sofern nicht gesetzliche Vorschriften vorliegen, die etwas anderes bestimmen.672 In einigen Jurisdiktionen werden beispielsweise das Wettbewerbsrecht und das Verbraucherschutzrecht als nicht schiedsfähig angesehen.673 Auch dem Kartellrecht wurde zumindest früher die Schiedsfähigkeit abgesprochen.674 Es sind nun jedoch keine Vorschriften ersichtlich, welche diese Streitgegenstände im deutschen Recht der Schiedsgerichtsbarkeit entziehen. Auch öffentlich-rechtliche Sachverhalte sind grundsätzlich schiedsfähig, sofern über sie auch ein öffentlich-rechtlicher Vertrag geschlossen werden könnte.675 Selbst wenn man diesen Rechtsbereichen dennoch die generelle Schiedsfähigkeit versagen wollte, hätte dies keine Auswirkungen auf ISDS-Schiedssprüche. Bei den dort zu behandelnden Fällen handelt es sich um „investitionsschutzrechtliche“ Streitigkeiten, gerichtet auf die Gewährung von Schadensersatz oder Restitution. Zwar werden die oben genannten Rechtsgebiete bei der Bewertung des Rechtsstreits unter Umständen herangezogen. Allerdings ist Gegenstand der Rechtsstreitigkeit ein Schadensersatz- oder Restitutionsanspruch aufgrund der Verletzung eines materi668

Vgl. Bubrowski, Internationale Investitionsschiedsverfahren und nationale Gerichte, S. 254. 669 Siehe oben S. 102. 670 Vgl. Court of Appeal, EWCA Civ 2005, 1116, Rn. 37: „It concerns a Treaty intended by its signatories to give rise to rights in favour of private investors capable of enforcement, to an extent specified by the Treaty wording, in consensual arbitration against one or other of its signatory States. For the English Court to treat the extent of such rights as non-justiciable would appear to us to involve an extension, rather than an application, of existing doctrines developed in different contexts.“ 671 Bubrowski, Internationale Investitionsschiedsverfahren und nationale Gerichte, S. 254 bezeichnet dies als eine „Form der Wiederbelebung der Calvo-Doktrin“; siehe zu dieser nur Verdross/Simma, Universelles Völkerrecht, § 1301; vgl. auch Reinisch, Enforcement of Investment Awards, 671, 680. 672 Saenger-Saenger, § 1030, Rn. 2; MüKo ZPO-Münch, § 1030, Rn. 31; Musielak/VoitVoit, § 1030, Rn. 2. 673 Vgl. Reinisch, Enforcement of Investment Awards, 671, 678; Kronke/Nacimiento/Otto/ Port-Otto/Elwan, 355 f. 674 Siehe nur Ewert, Die Überprüfung von Schiedssprüchen auf ihre Vereinbarkeit mit europäischem Kartellrecht im Anschluss an die Eco Swiss- Entscheidung des EuGH, S. 61. 675 Deutscher Bundestag, BT-Drs. 13/5274 1996, S. 35; Hammer, Überprüfung von Schiedsverfahren, Rn. 194; Zöller-Geimer, § 1030, Rn. 23; Saenger-Saenger, § 1030, Rn. 4.

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Kap. 3: Versagung der Vollstreckbarerklärung

ellen Schutzstandards des Investors. Es geht nicht darum, ob ein öffentlich-rechtlicher Vertrag abgeschlossen werden konnte oder ob das innerstaatliche Kartellrecht beachtet wurde. Das Schiedsgericht trifft auch keine Entscheidung darüber, ob beispielsweise eine naturschutzrechtliche Auflage nach innerstaatlichem Recht rechtmäßig ist. Es entscheidet alleine darüber, ob die Auflage den Investor in seinen durch den IIA gewährten Rechten verletzt. Diese Frage ist aber nicht der Schiedsgerichtsbarkeit entzogen. Etwas anderes wäre mit dem System des ISDS auch nicht vereinbar. Die IIAs sehen Schiedsverfahren gerade deshalb vor, um dem Investor einen Schutzmechanismus gegen hoheitliches Handeln an die Hand zu geben. Würde man nun die Schiedsfähigkeit gerade solcher Streitgegenstände verneinen, so wäre das gesamte System hinfällig. Sofern ein Staat in seinen Abkommen ISDS-Schiedsverfahren vorsieht, akzeptiert er auch und gerade die Schiedsfähigkeit für die betreffenden Fälle. Ob der Schiedsspruch später dem innerstaatlichen Recht entgegenläuft ist dabei zunächst unbeachtlich. Da fast jeder Staat in irgendeiner Form sein Einverständnis für ISDS-Schiedsverfahren in BITs abgegeben hat, ist es auch unerheblich, dass der Vollstreckungsstaat, dessen Recht für die Frage der Schiedsfähigkeit maßgeblich ist, regelmäßig nicht Partner des Übereinkommens ist, auf welchem der durchzusetzende Schiedsspruch basiert. Bei der LIAMCO-Entscheidung handelt es sich zudem um einen Einzelfall.676 Abgesehen von dieser Entscheidung sind keine ISDS-Fälle ersichtlich, in welchen diese Einrede Erfolg hatte. Darum ist die Einrede des Art. V Abs. 2 a NYÜ für ISDS-Schiedssprüche nicht von Relevanz.

F. Anwendung des § 826 BGB Eine weitere Möglichkeit, die Vollstreckbarerklärung eines Schiedsspruches zu verhindern, könnte sich aus der Anwendung des § 826 BGB im Falle einer vorsätzlichen sittenwidrigen Schädigung ergeben. Die Rechtsprechung zieht diesen Paragraphen heran, um einen Anspruch auf Unterlassung der Zwangsvollstreckung aus einem rechtskräftigen Urteil sowie Herausgabe des Titels zu gewähren, sofern das Urteil materiell unrichtig ist und vom Titelgläubiger erschlichen wurde, oder von ihm arglistig ausgenutzt wird und besondere Umstände vorliegen, welche die Ausnutzung des Urteils als sittenwidrig erscheinen lassen.677 Fraglich ist, ob sich dies auf die Zwangsvollstreckung aus einem ausländischen Schiedsspruch übertragen lässt.

676

Die Entscheidung wurde später aufgehoben. Siehe LIAMCO v. Libya, United States Court of Appeals, District of Columbia, Judgment v. 06. 05. 1981 – 79-0059, 80-1207. 677 Siehe grundlegend hierzu statt aller nur MüKo ZPO-G. Wagner, § 826, Rn. 228, mit Nachweisen zur einschlägigen Rechtsprechung.

F. Anwendung des § 826 BGB

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Für inländische Schiedssprüche hat der BGH entschieden, dass eine analoge Anwendung möglich ist.678 Interessanterweise ging es in diesem Verfahren um ein Exequatur und gerade nicht um die Zwangsvollstreckung aus einem erteilten Titel, wofür § 826 BGB sonst angewandt wird. In dem Fall wurde § 826 BGB analog herangezogen, um einen Versagungsgrund gegen die Vollstreckbarerklärung zu begründen, obwohl keiner der in den §§ 1060 Abs. 2 i.V.m. 1059 Abs. 2 ZPO genannten Gründe anwendbar war.679 Dies stellte einen bis dahin neuen Fall der Anwendung des § 826 BGB dar. Fraglich ist, ob dies auch auf eine Versagung der Vollstreckbarerklärung nach § 1061 BGB übertragen werden kann. In einer Entscheidung bezüglich der Vollstreckbarerklärung eines amerikanischen Schiedsspruchs sprach der BGH § 826 BGB als Maßnahme gegen einen durch unwahre Angaben erschlichenen Titel an, differenzierte dabei jedoch insoweit, als im Exequaturverfahren lediglich die damaligen §§ 1041, 1044 BGB Anwendung fänden, um einen Verstoß gegen die guten Sitten zu prüfen.680 Die Entscheidung ist darum so zu verstehen, dass der BGH die Möglichkeit der Anwendung des § 826 BGB gegen ein durch vorsätzliche sittenwidrige Schädigung erlangtes Exequatur sah. Das KG Berlin sprach sich hingegen im Verfahren Walter Bau gegen Thailand für eine grundsätzliche Anwendung des § 826 BGB bereits im Exequaturverfahren aus, verkannte dabei jedoch, dass gerade noch kein deutscher Titel vorlag. Es prüfte das Vorliegen einer vorsätzlichen sittenwidrigen Schädigung entsprechend der herkömmlichen Anwendung gegen die Zwangsvollstreckung aus Urteilen.681 Präziser wurde § 826 BGB später vom BGH aufgegriffen.682 Dieser prüfte das Vorliegen der Voraussetzungen des § 826 BGB im Rahmen der ordre public-Prüfung des Art. V Abs. 2 b) NYÜ und nicht als danebenstehenden Versagungsgrund.683 Es wurde also gerade kein zusätzlicher Versagungsgrund neben der ordre public-Prüfung angenommen. Gegen eine Zulässigkeit der Prüfung von § 826 BGB als zusätzlichen Versagungsgrund dürfte zudem bereits der abschließende Charakter des Art. V NYÜ sprechen.684 Wilske/Markert lehnen die Anwendung des § 826 BGB auf ausländische Schiedssprüche ab, da am ausländischen Schiedsort deutsches Recht und somit § 826 BGB nicht anwendbar sei.685 Dagegen argumentiert Wagner, dass der Erfolg aus der unlauteren Handlung im Schiedsverfahren erst bei der Durchsetzung des Schiedsspruchs im Vollstre678 BGH, NJW 2001, 373; Lachmann, Handbuch Schiedsgerichtspraxis, Rn. 2342; Saenger-Saenger, § 1060, Rn. 7; siehe auch Musielak/Voit-Voit, § 1055, Rn. 12; siehe auch Schlosser, Schiedsgerichtsbarkeit und Wiederaufnahme, 679, 687 ff. 679 BGH, NJW 2001, 373, 374. 680 BGH, NJW 1961, 1067, 1069. 681 KG Berlin, SchiedsVZ 2013, 112, 118. 682 BGH, SchiedsVZ 2018, 53, Rn. 55 ff. 683 Siehe BGH, SchiedsVZ 2018, 53, Rn. 59 ff. 684 Kröll, NJW 2001, 1173, 1184; Geimer, Internationales Zivilprozessrecht, 2926b. 685 BeckOK ZPO-Wilske/Markert, § 1061, Rn. 54.

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Kap. 3: Versagung der Vollstreckbarerklärung

ckungsstaat eintrete,686 und Schlosser, dass § 826 BGB auch Verstöße gegen ausländisches Strafrecht sanktionieren könne.687 Letztlich kann die Frage der Anwendbarkeit des § 826 BGB aber wohl deshalb dahinstehen, da die Gründe, die zu einer Versagung der Durchsetzung nach § 826 BGB führen würden, auch bereits unter die ordre public-Ausnahme des Art. V Abs. 2 b) NYÜ fallen dürften.688 Somit ist § 826 BGB allenfalls heranzuziehen, um einen Verstoß gegen den ordre public zu begründen. Auf ICSID-Schiedssprüche kann § 826 BGB in diesem Stadium des Verfahrens schon deshalb nicht angewendet werden, weil diese bedingungslos anerkannt werden müssen und auch keiner ordre public-Prüfung unterliegen.

G. Weitere Versagungsgründe unter Anwendung der WVK Unter Verweis auf Art. 31 Abs. 3 c) WVK wird in der Literatur angemerkt, dass womöglich auch allgemeine Doktrinen des internationalen Rechts wie „Rechtsmissbrauch“, „Rechtsschutzverweigerung“ oder „Guter Glauben“ der Durchsetzung eines ICSID-Schiedsspruches durch Exequaturgerichte entgegengehalten werden könnten.689 Nach dieser Norm ist nämlich bei der Auslegung von internationalen Verträgen jeder in den Beziehungen zwischen den Vertragsparteien anwendbare einschlägige Rechtssatz zu berücksichtigen. Es ist darum nicht auszuschließen, dass von der unterlegenen Partei versucht werden wird, die Auslegung des ICSIDÜbereinkommens dahingehend zu fordern, dass diese Doktrinen bei der Durchsetzung von ICSID-Schiedssprüchen beachtet werden müssen.690 Doch auch politische und ökonomische Gründe könnten nach der Wiener Vertragsrechtskonvention womöglich gegen die Vollstreckbarerklärung vorgebracht werden.691 Hierfür könnte sich auf Art. 61 WVK (Nachträgliche Unmöglichkeit der Erfüllung) oder Art. 62 WVK (Grundlegende Änderung der Umstände) bezogen werden, wenn beispielsweise eine politische oder ökonomische Krise in dem verurteilten Staat auftritt.692 Allerdings würde bei der Anwendung dieser Normen verkannt, dass das ICSIDÜbereinkommen gerade jegliche Überprüfung von ICSID-Schiedssprüchen durch 686

G. Wagner, Grundfragen der Vollstreckbarerklärung von Schiedssprüchen, 1, 67. Stein/Jonas-Schlosser, Anh. § 1061, Rn. 150 (22. Aufl.); dem zustimmend G. Wagner, Grundfragen der Vollstreckbarerklärung von Schiedssprüchen, 1, 66. 688 So auch Geimer, Internationales Zivilprozessrecht, 3926b; G. Wagner, Grundfragen der Vollstreckbarerklärung von Schiedssprüchen, 1, 66. 689 Baldwin/Kantor/Nolan, Journal of International Arbitration 2006, 1, 18 f. 690 Vgl. Baldwin/Kantor/Nolan, Journal of International Arbitration 2006, 1, 20. 691 Baldwin/Kantor/Nolan, Journal of International Arbitration 2006, 1, 20. 692 Baldwin/Kantor/Nolan, Journal of International Arbitration 2006, 1, 20. 687

H. Fazit zu Kapitel 3

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nationale Gerichte unterbinden will693 und dass dies auch generelles Völkerrecht umfasst.694 Der Wortlaut des Art. 54 ICSID ist dahingehend eindeutig und bietet keinen Interpretationsspielraum. Es ist nicht ersichtlich, dass durch allgemeine Auslegungsregeln eine Hintertür verbleiben sollte. Gerade da die vorgenannten Begriffe teilweise sehr schwammig sind, würde dies sonst den Zweck des Art. 54 ICSID konterkarieren. Das ICSID-Übereinkommen ist also auch über die WVK nicht so auszulegen, dass es eine Überprüfungsmöglichkeit durch das Exequaturgericht zulassen würde. Zudem ist nicht ersichtlich, wann es für den Exequaturstaat jemals unmöglich sein sollte, die Vollstreckbarerklärung zu erteilen und den ICSIDSchiedsspruch wie ein innerstaatliches Urteil zu behandeln. Nicht mehr fordert aber das Abkommen. Ob später tatsächlich zwangsvollstreckt werden kann, also beispielsweise vollstreckbare Rechtsgüter vorhanden sind, ist dabei unbeachtlich. Ebenso wird Art. 62 WVK im Exequaturverfahren kaum jemals eine Rolle spielen. Die grundlegende Änderung der Umstände müsste ja im Exequaturstaat eingetreten sein, wenn dieser die Vollstreckbarerklärung über eine Anwendung des Art. 62 WVK verweigern wollte. Der Exequaturstaat ist aber in der Regel nicht der verurteilte Staat. Sollte tatsächlich eine wirtschaftliche Krise im Vollstreckungsstaat vorliegen, so hätte dies keine Auswirkungen hinsichtlich des verurteilten Drittstaates. Einzig wenn das Gerichtssystem im Exequaturstaat insoweit zusammengebrochen wäre, dass faktisch keine Vollstreckbarerklärung mehr erteilt werden könnte, würde womöglich eine grundlegende Änderung der Umstände vorliegen. In einem solchen Fall würde ein Gläubiger jedoch kaum die Durchsetzung des Schiedsspruches gerade in diesem Staat versuchen. Eine andere Frage ist es, ob die genannten Rechtsdoktrinen in dem Exequaturstaat gegen ein Endurteil vorgebracht werden könnten. In diesem Fall könnten sie womöglich auch gegen den für vollstreckbar erklärten Schiedsspruch wirken. Dies würde allerdings erst nach Erteilung des Exequaturs greifen.695

H. Fazit zu Kapitel 3 Obgleich die Vollstreckbarerklärung von ISDS-Schiedssprüchen keinen strengeren, sondern im Bereich der ICSID-Schiedssprüche sogar eher liberaleren Normen als die Vollstreckbarerklärung sonstiger (Handels)Schiedssprüche unterliegt, haben sich im Zusammenhang mit dem Recht der Europäischen Union Fragen aufgetan, die der Durchsetzung von ISDS-Schiedssprüchen in Deutschland und auch der gesamten 693

Schreuer, ICSID Convention, Art. 54, Rn. 42, 81; Kröll, Enforcement of Awards, 1482, 1497, Rn. 43. 694 Schreuer, ICSID Convention, Art. 54, Rn. 85. 695 Siehe beispielsweise zur Anwendung des § 826 BGB nach Erteilung des Exequaturs unten auf S. 315.

250

Kap. 3: Versagung der Vollstreckbarerklärung

EU Probleme bereiten können. Diese Probleme ergeben sich nicht primär aus der Anwendung der spezifischen Durchsetzungsnormen, sondern überwiegend aus den verschiedenen Rechtsebenen, die miteinander in Konflikt geraten können. Unterschiedliches nationales Recht, EU-Recht, allgemeines Völkerrecht, die EMRK, das ICSID-Übereinkommen und eine Vielzahl an bi- und multilateralen Investitionsschutzabkommen beanspruchen für sich den Vorrang, ohne dass es eine klare Auflösung gibt. Das vorgehende Kapitel kann nicht den Anspruch haben, all diese Konfliktlagen abschließend zu klären. Vielmehr wurde für die speziellen Probleme jeweils versucht, tragfähige Lösungen zu erarbeiten, an welchen sich zum einen die Exequaturgerichte orientieren könnten, die aber auch geeignet sind potentiellen Parteien eines ISDS-Verfahrens ein Gespür dafür zu geben, in welchen Bereichen das Erlangen eines Exequaturs problematisch werden kann. Zunächst wurde aufgezeigt, dass der Erfolg eines Antrags auf Vollstreckbarerklärung oftmals nicht so sehr von der Wahl des Exequaturstaates abhängt, sondern vielmehr von der Wahl des Sitzes des Schiedsgerichts. So richtet sich im Exequaturverfahren, vorbehaltlich einer anderweitigen Vereinbarung der Parteien, die Wirksamkeit der Schiedsvereinbarung nach dem Sitz des Schiedsgerichts, weshalb die Problematik der Intra-EU BITs durch die Wahl eines passenden Schiedsortes umgangen werden kann. Sofern der Schiedsort außerhalb der EU liegt, dürfte die viel zitierte Achmea-Entscheidung darum auch keine Auswirkungen auf die Durchsetzbarkeit der Entscheidungen selbst innerhalb der EU haben. Bei der Wahl des Exequaturstaates kann sich die obsiegende Partei also (überwiegend) daran orientieren, in welchem Staat die unterlegene Partei Rechtsgüter hat, in welche zwangsvollstreckt werden könnte. Dies dürfte die potentiellen Schiedskläger einigermaßen beruhigen, da die Wahl des Schiedsortes oftmals gut lenkbar ist. Vor der EU als Schiedsort muss dabei jedoch gewarnt werden. Zumindest bis auf absehbare Zeit birgt diese Wahl zu viele Gefahren für die spätere Durchsetzung, weshalb auf andere Orte ausgewichen werden sollte. Kaum hilfreich sind, zumindest momentan, die an Art. 54 ICSID angelehnten Klauseln in BITs. Aufgrund der fehlenden Bindung von Drittstaaten an diese Vereinbarungen hält sich ihr Anwendungsbereich sehr in Grenzen, weshalb hier regelmäßig der Rückgriff auf das NYÜ notwendig ist. Größere Unklarheiten birgt die Problematik einem Exequatur entgegenstehenden EU-Rechts. Zwar wurde aus Sicht des Verfassers auch hier eine tragfähige Lösung für ad hoc-Schiedssprüche dergestalt gefunden, dass im Rahmen des ordre public die ratio legis der EU-Normen Beachtung finden kann. Dabei ist jedoch noch völlig unklar, wie sich nationale Exequaturgerichte im „Ernstfall“ verhalten werden. Dies gilt gleichfalls für ICSID-Schiedssprüche, bei welchen die Vollstreckbarerklärung de lege lata nicht verweigert werden darf. Es scheint hier gut möglich, dass die Gerichte – im Bestreben einer EU-freundlichen Entscheidung – eine politische über die juristische Lösung stellen würden. Aus diesem Grund muss zumindest für

H. Fazit zu Kapitel 3

251

diese, wohlgemerkt sehr speziellen Fälle, geraten werden, entgegen dem vorgenannten Ergebnis die Durchsetzung von ISDS-Schiedssprüchen außerhalb der EU zu versuchen. Keine Lösung für diesen Konflikt kann durch die Übertragung der Bosphorus-Rechtsprechung oder die Heranziehung von im nationalen Verfassungsrecht oder der EMRK zu findenden übergeordneten Gesichtspunkten gefunden werden. Es bleibt darum abzuwarten, ob durch künftige Reformen oder zumindest Klarstellungen diese Unsicherheiten beseitigt werden können. Weitere Punkte in diesem Kapitel waren die Folgen, die sich aus einer im Ausland ergangenen Entscheidung im Aufhebungsverfahren ergeben. Die nationalen Exequaturgerichte haben im Ausland ergangene Aufhebungsentscheidungen zu beachten. Ihnen steht kein Ermessen dahingehend zu, dass sie einem im Ausland aufgehobenen Schiedsspruch gleichwohl das Exequatur erteilen dürfen. Zwar können ausländische Entscheidungen, die einen Schiedsspruch bestätigen, nicht über die EuGVVO anerkannt werden, stattdessen können jedoch bilaterale Anerkennungs- und Vollstreckungsabkommen sowie § 328 ZPO herangezogen werden, damit die Entscheidungen vor deutschen Gerichten Beachtung finden. Lediglich der ordre public muss jeweils gesondert geprüft werden, da sich dieser von Staat zu Staat unterscheidet. Gezeigt wurde auch, dass der Durchsetzung von ISDS-Entscheidungen nicht eine fehlende Schiedsfähigkeit des Streitgegenstands entgegengehalten werden kann, da die Staaten mit dem Abschluss ihrer IIAs gerade signalisieren, dass sie diese Streitigkeiten von Schiedsgerichten behandelt wissen wollen. § 826 BGB kann im Exequaturverfahren allenfalls im Rahmen des ordre public herangezogen werden. Ein gesonderter Versagungsgrund ist auf dieser Ebene abzulehnen. Für ICSID-Schiedssprüche können auch über die WVK keine zusätzlichen Versagungsgründe begründet werden, da dies der Intention der Schaffer des ICSIDÜbereinkommens entgegenstehen würde.

Kapitel 4

Das Zwangsvollstreckungsverfahren Ist einmal die Vollstreckbarerklärung erteilt, so kann der Titelgläubiger in das eigentliche Verfahren der Vollstreckung, das Zwangsvollstreckungsverfahren, eintreten. Zwangsvollstreckung im Sinne der ZPO ist das Verfahren zur Verwirklichung gerichtlich festgestellter oder förmlich dokumentierter Gläubigerrechte im Wege staatlichen Zwangs.1 Während im Erkenntnisverfahren grundsätzlich ein Verhalten eines anderen, hier eines ausländischen Staates, beurteilt wird, erfolgt bei der Zwangsvollstreckung ein direkter Zugriff auf Rechtspositionen der unterlegenen Partei.2 Der erlangte Titel wird nun genutzt, um durch Gerichtszwang Begleichung des im Schiedsspruch zugesprochenen Anspruchs aus dem Vermögen des renitenten Schuldners zu erlangen. Unter Gerichtszwang werden dabei jegliche Arten von Zwangsmaßnahmen gegen Vermögenswerte des Schuldners verstanden.3 Der Gläubiger kann also, mit Hilfe des Vollstreckungsstaates, erstmals direkt Zugriff auf Rechtsgüter des Schuldners nehmen. Das Zwangsvollstreckungsverfahren zeichnet sich darum auch gegenüber dem Erkenntnisverfahren in einer höheren Intensität des Eingriffs aus.4 In diesem Stadium zeigt sich, ob der Schiedsspruch tatsächlich zur Befriedigung des Gläubigers geeignet ist, sofern sich der Schuldner weigert, ihn freiwillig zu erfüllen. Die Bezeichnung als „das Vollstreckungsverfahren“ ist etwas ungenau, da es im Grunde nicht ein einzelnes Verfahren der Zwangsvollstreckung gibt.5 Aufgrund der Parteiherrschaft über Vollstreckungsart und Vollstreckungsgegenstand, hat der Gläubiger die freie Disposition darüber, auf welche Vermögensgegenstände er zugreifen möchte.6 Darum können mehrere Zwangsvollstreckungsverfahren aus demselben Titel parallel durchgeführt werden.7 Dennoch wird hier der

1

L. Rosenberg et al., Zwangsvollstreckungsrecht, § 1, Rn. 1; Stein/Jonas-Münzberg, Vor § 704, Rn. 1. 2 Lorz, Ausländische Staaten vor deutschen Zivilgerichten, S. 278. 3 Vgl. Schaumann, Berichte der Deutschen Gesellschaft für Völkerrecht 1968, 1, 129. 4 BVerfG, NJW 1978, 485, 487; NJW 2007, 2605, Rn. 38; Lorz, Ausländische Staaten vor deutschen Zivilgerichten, S. 279; Reinisch, EJIL 17 (2006), 803, 807; Damian, Staatenimmunität und Gerichtszwang, S. 115; Schönfeld, NJW 1986, 2980, 2985; Wefelscheid, Vollstreckungsimmunität fremder Staaten, S. 24 (intensiverer Eingriff); Gerlich, Am. Rev. Int’l Arb. 2015, 47, 62; siehe auch Dahlhoff, BB 1997, 321, 322. 5 Nelle, Anspruch, Titel und Vollstreckung im internationalen Rechtsverkehr, S. 10. 6 Stürner, ZZP 99 (1987), 291, 301. 7 Nelle, Anspruch, Titel und Vollstreckung im internationalen Rechtsverkehr, S. 10.

A. Vollstreckungssubjekte

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Begriff des Zwangsvollstreckungsverfahrens für die gesamte Phase der zwangsweisen Durchsetzung des Titels verwendet. Im folgenden Kapitel sollen mögliche Fallstricke aufgezeigt werden sowie Lösungswege für vorhandene Probleme im Zusammenhang mit der Zwangsvollstreckung aus ISDS-Schiedssprüchen gefunden werden. Neben den gegen Staaten eingeleiteten Zwangsvollstreckungsverfahren, gibt hierbei auch die Europäische Union, als neue Akteurin und potentielle Beklagte in einem ISDS-Verfahren, Anlass zu einer intensiven Beleuchtung.

A. Vollstreckungssubjekte I. Staaten Offensichtlichster Gegner in einem Zwangsvollstreckungsverfahren im Anschluss an ein ISDS-Verfahren sind selbstredend die Staaten, gegen welche ein ISDSSchiedsspruch ergangen ist. Auch Staaten haben Eigentum im Ausland, in welches potentiell vollstreckt werden kann. Problematisch ist hierbei jedoch oftmals, dass es für den obsiegenden Investor schwierig ist, dieses Eigentum ausfindig zu machen. Der oben dargestellte Sedelmayer-Fall illustriert dies deutlich.8 Aus diesem Grund gibt es spezialisierte Unternehmen, sogenannte Asset-TracingFirms, welche sich darauf spezialisiert haben, Rechtsgüter ausfindig zu machen, in welche vollstreckt werden kann.9 Schwierigkeiten kann es zudem bereiten, wenn Rechtsgüter selbstständigen juristischen Personen zugeordnet werden, die zwar unter der Kontrolle des Staates stehen, jedoch nicht mit diesem identisch sind.10 Dies kann beispielsweise Zentralbanken oder Staatsunternehmen betreffen.11 In diesem Fall kann es problematisch sein, ob eine Durchgriffshaftung gegen diese selbstständigen juristischen Personen möglich ist.12 Unter sehr engen Grenzen wurde eine solche Durchgriffshaftung beispielsweise in Frankreich und den USA anerkannt.13 8

Siehe oben S. 21. Die Rechtsgüter müssen sowohl als Rechtsgüter des Gaststaates angesehen werden, als auch nicht von der Vollstreckungsimmunität umfasst sein. Siehe Foster, AJICL 2008, 666, 671. 10 J. E. Viñuales/Bentolila, The use of alternative (non-judicial) means to enforce investment awards against states, 247, 255. 11 J. E. Viñuales/Bentolila, The use of alternative (non-judicial) means to enforce investment awards against states, 247, 255. 12 Siehe nur Gerlich, Am. Rev. Int’l Arb. 2015, 47, 79 ff.; Fox/Webb, The Law of State Immunity, S. 352 ff. 13 Siehe für die französische Rechtsprechung Reinisch, Enforcement of Investment Awards, 671, 682; Gaillard, Three Incompatible Principles, 179, 190 ff., jeweils m.w.N.; zuvor hatte die Cour d’appel de Paris auch schon anderweitig und gegen eine Durchgriffshaftung entschieden. Siehe nur Baltag, Am. Rev. Int. Arbitr. 19 (2008), 391, 410; zur Rechtsprechung in den USA siehe Dugan, Assets of State-owned Companies, 185, 220 ff. 9

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Kap. 4: Das Zwangsvollstreckungsverfahren

Begründet wird die Möglichkeit einer Durchgriffshaftung damit, dass ein Schuldnerstaat andernfalls Schiedssprüche undurchsetzbar machen könnte, indem er seine Rechtsgüter auf selbstständige juristische Personen verteilt, was einen Rechtsmissbrauch darstellen würde.14 Überwiegend scheinen die Gerichte in Bezug auf eine Durchgriffshaftung jedoch eher zurückhaltend zu sein.15 In föderalistischen Staaten wie der Bundesrepublik Deutschland kommt hinzu, dass die Rechtsgüter auch im Eigentum ihrer Untergliederungen, wie den Bundesländern oder Kommunen stehen können, was es für den ausländischen Investor nicht immer leicht macht, zu erkennen, wer genau Adressat für eine Zwangsvollstreckung ist.16 Für die folgende Untersuchung soll sich jedoch auf die Staaten als solche fokussiert werden, da sie auch die Vertragspartner der IIAs sind.

II. Die Europäische Union Obgleich die Europäische Union bislang noch nicht beklagte Partei eines ISDSVerfahrens war, ist es nicht auszuschließen, dass in Zukunft auf Grundlage der von der EU ausgehandelten IIAs auch Schiedssprüche gegen sie ergehen werden. Die Tatsache, dass die EU Beklagte eines solchen Verfahrens sein kann, impliziert auch, dass die Zwangsvollstreckung in Rechtsgüter der Union möglich sein muss. Allerdings ist fraglich, in welche Rechtsgüter der Union vollstreckt werden könnte. Während bei Staaten im Ausland belegenes Vermögen keine Seltenheit ist, scheint dies bei der EU problematischer zu sein. Zwar ist die EU für ihre Aufgaben durch ihre Mitgliedstaaten materiell, beispielsweise durch einen Anteil an der Mehrwertsteuer, ausgestattet, und sie hat auch eigene Einnahmen durch Zölle sowie Zuckerabgaben,17 problematisch ist jedoch, ob in dieses Vermögen vollstreckt werden kann, da es gerade für die Wahrnehmung der Aufgaben der Union gedacht ist.18 Während die EU-Mitgliedstaaten zudem aus ihrer Historie heraus Vermögenswerte wie Grundstücke oder Kunstschätze in ihrem Eigentum haben, ist dies bei der EU bereits aufgrund ihres vergleichsweise kurzen Bestehens weniger der Fall.19 Auch hat die

14

Tonova/Vasani, Enforcement of investment treaty awards, 83, 96. J. E. Viñuales/Bentolila, The use of alternative (non-judicial) means to enforce investment awards against states, 247, 256; Reinisch, Enforcement of Investment Awards, 671, 682, jeweils m.w.N. 16 Siehe zur Vollstreckungsimmunität staatlicher Untergliederungen nur Höfelmeier, Vollstreckungsimmunität der Staaten, S. 112 ff.; Fox/Webb, The Law of State Immunity, S. 349 ff. 17 Siehe nur http://ec.europa.eu/budget/explained/budg_system/financing/fin_de.cfm#own_ res. 18 Zur Frage der Vollstreckungsimmunität der EU siehe sogleich unten S. 294. 19 Dennoch kann die EU auch abseits der vorgesehenen Quellen Vermögen erlangen. Populäres Beispiel ist der mit damals 930.000 Euro dotierte Friedensnobelpreis, den die EU 2012 erhalten hat. Siehe https://www.nobelprize.org/prizes/peace/2012/summary/. Gleichwohl wurde 15

B. Vollstreckungsimmunität

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EU kein Fiskuserbrecht (vgl. § 1964 BGB), welches ihr Rechtsgüter zuordnen könnte. Insgesamt dürfte es darum für den Gläubiger schwieriger sein, erfolgreich eine Zwangsvollstreckung gegen die Europäische Union durchzuführen, als es gegen einen Staat der Fall wäre.

III. Investoren Sofern der Investor im Schiedsverfahren unterlegen ist, können dem obsiegenden Staat die Kosten des Verfahrens zugesprochen werden. Unter Umständen sind auch Widerklagen des Gaststaates gegen den Investor möglich, in welchen den Gaststaaten Schadensersatz zugesprochen werden kann.20 Einige Schiedsordnungen sehen eine Widerklagemöglichkeit explizit vor.21 Sollte sich der Investor weigern diese Schiedssprüche zu erfüllen, kann auch gegen ihn die Zwangsvollstreckung erfolgen. Da sich hierbei jedoch keine Besonderheiten im Vergleich zu einer Vollstreckung auf Grundlage eines Handelsschiedsspruches ergeben, erfolgt hierzu in dieser Arbeit keine tiefergehende Behandlung. Der Schwerpunkt liegt weiterhin auf gegen Staaten und die EU gerichteten Schiedssprüchen.

B. Vollstreckungsimmunität I. Grundlagen 1. Abgrenzung zur Jurisdiktionsimmunität Von der bereits behandelten Jurisdiktionsimmunität für das Verfahren der Anerkennung und Vollstreckbarerklärung22 zu unterscheiden ist die sogenannte Vollstreckungsimmunität, welche ebenfalls in jeder Lage des Verfahrens als allgemeine Verfahrensvoraussetzung von Amts wegen zu prüfen ist.23 Der Begriff der Staatenimmunität kann als Oberbegriff für diese beiden Immunitäten verstanden werden.24 Während bei Vorliegen der Jurisdiktionsimmunität die (deutsche) Gerichtsspeziell dieses Geld wiederum für Bildungsprojekte in Konfliktgebieten eingesetzt. Siehe https://europa.eu/european-union/about-eu/history/2010-today/2012/eu-nobel_de. 20 Bubrowski, KSzW 2011, 168, 171 ff. 21 So Art. 46 ICSID, Art. 21 Abs. 3 UNCITRAL Arbitration Rules 2010, Art. 5 Abs. 5 ICC Arbitration Rules, Art. 47 ICSID Additional Facility Rules. 22 Siehe oben S. 96. 23 BVerfG, NJW 1978, 485, 486; BGH, NJW-RR 2003, 1218, 1219; BeckRS 2016, 20152, Rn. 8; MüKo ZPO-Zimmermann, Vor § 18, Rn. 9; Weller, Rpfleger 2006, 364, 365. 24 Wefelscheid, Vollstreckungsimmunität fremder Staaten, S. 25; gleichwohl kann sich eine Vollstreckungsimmunität auch aus der neben der Staatenimmunität stehenden diplomatischen Immunität ergeben. Siehe dazu unten ab S. 261.

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Kap. 4: Das Zwangsvollstreckungsverfahren

barkeit über ein bestimmtes Subjekt nicht gegeben ist, bezieht sich die Vollstreckungsimmunität auf die fehlende Zugriffsmöglichkeit auf bestimmte Objekte, respektive Rechtsgüter. Bei Vorliegen der Vollstreckungsimmunität darf in die immunen Rechtsgüter keine Zwangsvollstreckung erfolgen. Die beiden Immunitäten sind darum streng voneinander abzugrenzen.25 Die Vollstreckungsimmunität wird erst dann relevant, wenn alle anderen Verfahrensstadien bereits durchlaufen wurden. Es muss also ein Schiedsspruch vorliegen, welcher schon in dem Vollstreckungsstaat anerkannt und für vollstreckbar erklärt wurde und somit bereits Titelqualität hat. Selbst wenn der Staat auf seine Immunität für das Schiedsverfahren und für das Verfahren der Anerkennung und Vollstreckbarerklärung verzichtet hat oder es sich um ein Verfahren über acta iure gestionis handelt, kann die Durchsetzung des Schiedsspruches noch an der Vollstreckungsimmunität scheitern. Darum wurde die Vollstreckungsimmunität auch als „the last bastion of State immunity“ bezeichnet.26 Dieser Umstand wird bisweilen stark kritisiert, da er, bei erfolgreicher Einwendung der Vollstreckungsimmunität, unter Umständen bewirkt, dass der Investor trotz Obsiegens vor dem Schiedsgericht ohne Kompensation verbleibt. Schreuer schreibt darum: „[A]llowing plaintiffs to proceed against foreign States and then to withhold from them the fruits of successful litigation through immunity from execution may put them into the doubly frustrating position of having been lured into expensive and seemingly successful lawsuits only to be left with an unenforceable judgment plus legal costs.“.27

Eine vollständige Darstellung der Vollstreckungsimmunität kann und will diese Arbeit nicht leisten. In der Literatur finden sich bereits umfassende Darstellungen dieser umfangreichen Rechtsmaterie.28 Für den angloamerikanischen Rechtskreis wurden zudem der U.S.-amerikanische Foreign Sovereign Immunities Act (FSIA) sowie der britische State Immunity Act (SIA) auch schon im Zusammenhang mit ISDS-Schiedssprüchen besprochen.29 Aus diesem Grund, und da sich die Ansichten 25

BVerfG, NJW 2007, 2605, 2607; BGH, NJW-RR 2006, 198, 200; vgl. Stefano, Arb. Int’l 30 (2014), 59, 66 f. m.w.N.; Langkeit, Staatenimmunität und Schiedsgerichtsbarkeit, S. 210; sowie Lorz, Ausländische Staaten vor deutschen Zivilgerichten, S. 278; Bucher, IPRax 1982, 161, 162; Höfelmeier, Vollstreckungsimmunität der Staaten, S. 76; van den Berg, ICSID Rev. 1987, 439, 448; Miles, Sovereign Immunity, 35, 42; Schönfeld, NJW 1986, 2980, 2985. 26 Zitiert nach der Kommentierung zu Art. 18 der ILC Draft Articles in International Law Commission, Yearbook of the International Law Commission 1991, S. 13, 56. 27 Schreuer, State immunity, S. 125. 28 Siehe zur Vollstreckungsimmunität im Allgemeinen darum nur Höfelmeier, Vollstreckungsimmunität der Staaten; Yang, State immunity, S. 347 ff.; Wefelscheid, Vollstreckungsimmunität fremder Staaten; Albert, Völkerrechtliche Immunität ausländischer Staaten gegen Gerichtszwang; Damian, Staatenimmunität und Gerichtszwang, S. 115 ff.; Fox/Webb, The Law of State Immunity, S. 479 ff. 29 Siehe beispielsweise die Arbeiten von Joemrith, Enforcing arbitral awards against sovereign states; sowie Paulenoff, VJ 18 (2014), 73, 82 ff.; Coop/Nistal/Volterra, Sovereign

B. Vollstreckungsimmunität

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zur Staatenimmunität von Staat zu Staat sehr unterscheiden,30 beschränkt sich die Bearbeitung, nach Darstellung der zum Gesamtverständnis notwendigen Grundlagen, auch hier auf diejenigen Punkte, die sich explizit aus dem Zusammenhang mit ISDS-Verfahren für die Zwangsvollstreckung in Deutschland ergeben. Der folgende Abschnitt geht darum der Frage nach, inwiefern tatsächlich das Risiko besteht, dass der Investor seinen Schiedsspruch aufgrund der Vollstreckungsimmunität nicht realisieren kann und welche Möglichkeiten ihm verbleiben um ein solches Risiko zu vermeiden. 2. Subjektbezogene und objektbezogene Vollstreckungsimmunität a) Abgrenzung der beiden Ansätze Teilweise wird im Verfahren der Zwangsvollstreckung noch einmal zwischen subjektbezogener (ratione personae, auch nicht-objektbezogener) und objektbezogener (ratione materiae) Immunität31 unterschieden.32 Die subjektbezogene Vollstreckungsimmunität soll dabei den Schuldnerstaat davor schützen, dass überhaupt gegen ihn als Subjekt die Zwangsvollstreckung eingeleitet werden kann. Kriterium ist hierbei wieder, aus welcher Art von Rechtsverhältnis der zu vollstreckende Anspruch stammt.33 Basierten die Ansprüche auf hoheitlichen Handlungen, wäre demnach auch bei der Zwangsvollstreckung wieder Immunität gegeben und das Verfahren wäre alleine schon deshalb unzulässig, weil keine Gerichtsbarkeit bestünde, sofern kein Verzicht vorliegt. Damit ähnelt diese Immunität der Jurisdiktionsimmunität oder stellt einen Unterfall derselben dar. Die objektbezogene Vollstreckungsimmunität bezieht sich hingegen auf die einzelnen Vollstreckungsgüter. Immun ist dabei also nicht der Staat, sondern ein ihm zugeordnetes Rechtsgut. Es wird nur noch danach gefragt, ob gerade dieses Rechtsgut dem Zugriff des Vollstreckungsstaates unterliegt. Die Immunitäten rati-

immunities and investor-state awards, 67, 75 ff. (mit zusätzlicher Besprechung der Rechtslage in Frankreich). 30 Reed/J. Paulsson/Blackaby, Guide to ICSID arbitration, S. 186. 31 Vgl. zu den lat. Begriffen Schaumann, Berichte der Deutschen Gesellschaft für Völkerrecht 1968, 1, 7. 32 Schaumann, Berichte der Deutschen Gesellschaft für Völkerrecht 1968, 1, 44; Damian, Staatenimmunität und Gerichtszwang, S. 30; Langkeit, Staatenimmunität und Schiedsgerichtsbarkeit, S. 36; 215 f.; Wefelscheid, Vollstreckungsimmunität fremder Staaten, S. 33; vgl. auch BVerfG, NJW 1978, 485, 487, wonach die Prüfung der Staatenpraxis ergebe, dass eine nicht unbedeutende Zahl von Staaten Zwangsvollstreckungsmaßnahmen gegen fremde Staaten nur unter bestimmten Voraussetzungen und Einschränkungen hinsichtlich der Rechtsnatur des dem Vollstreckungstitel zugrundeliegenden materiellen Rechts zulasse. 33 Albert, Völkerrechtliche Immunität ausländischer Staaten gegen Gerichtszwang, S. 243 ff.

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Kap. 4: Das Zwangsvollstreckungsverfahren

one personae und ratione materiae werden nach dieser Ansicht aufeinanderfolgend geprüft.34 Bislang hat sich keine einheitliche völkergewohnheitsrechtliche Regelung herauskristallisiert, ob eine solche Unterscheidung wirklich angebracht ist.35 Erschwerend tritt hinzu, dass im englischsprachigen Raum die Begriffe „recognition“, „enforcement“ und „execution“ teilweise unterschiedlich und missverständlich gebraucht werden, weshalb nicht immer ganz klar ist, auf welcher Ebene eine Staatenimmunität gerade geprüft wird.36 Im deutschsprachigen Raum sprechen vornehmlich die älteren Stimmen für eine solche Unterscheidung.37 Schaumann schreibt beispielsweise: „Während im Erkenntnisverfahren das Handeln, das Tätigwerden von Organen oder anderen Beauftragten des ausländischen Staates zur Beurteilung steht, ist im Vollstreckungsverfahren (zusätzlich) darauf abzustellen, ob der Vermögensgegenstand, in den vollstreckt werden soll, überhaupt Zwangsmaßnahmen unterliegen kann.“38. Beachtlich ist hierbei das eingeklammerte Wort „zusätzlich“ welches so zu verstehen ist, dass im Vollstreckungsverfahren beide Immunitäten geprüft werden sollen. Dies wird auch durch seine spätere Aussage gestützt, wonach „der Verzicht im Erkenntnisverfahren nicht die Geltendmachung der Immunität hinsichtlich des Vollstreckungsobjektes hindert“, im Übrigen man aber davon ausgehen müsse, „daß sich der Verzicht im Erkenntnisverfahren auch auf die Vollstreckung bezieht“.39 Darum soll nach dieser Auffassung auch in keiner Immunität unterliegendes Vermögen nicht vollstreckt werden dürfen, wenn die Handlung des Staates hoheitlich war und kein Verzicht vorliegt.40 Folgte man der Unterscheidung zwischen subjektbezogener und objektbezogener Vollstreckungsimmunität, kann sich insbesondere für ISDS-Schiedssprüche ein 34

Damian, Staatenimmunität und Gerichtszwang, S. 30. Vgl. Langkeit, Staatenimmunität und Schiedsgerichtsbarkeit, S. 216. 36 Siehe nur Sharma, Lapland Law Review 1 (2011), 252, 257 – 260, der von der Möglichkeit des Verzichts auf die Immunität im Exequaturverfahren zu schreiben scheint, dann jedoch eine Ausnahme für hoheitlich genutztes Vermögen sehen möchte; ebenfalls missverständlich McGowan, N.Y.L. Sch. J. Int’l & Comp. L. 5 (1984), 409, 433 ff. 37 Siehe Riedinger, RabelsZ 45 (1981), 448, 450 ff. „Es besteht jedoch völlige Einigkeit über den Fortbestand der völkerrechtlichen Regel, dass Staaten bezüglich ihrer hoheitlichen Akte (acta iure imperii) Immunität gegenüber der […] Zwangsvollstreckung […] anderer Staaten genießen.“. 38 Schaumann, Berichte der Deutschen Gesellschaft für Völkerrecht 1968, 1, 136. 39 Schaumann, Berichte der Deutschen Gesellschaft für Völkerrecht 1968, 1, 155; ähnlich auch Schreuer, Zur Zulässigkeit von Vollstreckungsmaßnahmen in Bankkonten ausländischer Staaten, 521, 526 f. 40 Riedinger, RabelsZ 45 (1981), 448, 451; Albert, Völkerrechtliche Immunität ausländischer Staaten gegen Gerichtszwang, S. 245; im Ergebnis auch Walter, Immunität in der Zwangsvollstreckung im deutschen und schweizerischen Recht, 771, 785 f.; vgl. auch Bouchez, N.Y.I.L. 10 (1979), 3, 24 f.; siehe zudem Baumbach et al., ZPO, § 20 GVG, Rn. 4, wo ebenfalls auf das nichthoheitliche Verhalten abgestellt wird. 35

B. Vollstreckungsimmunität

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Problem ergeben, da diese in der Regel gerade auf hoheitlichem Handeln basieren.41 Die Natur der anspruchsbegründenden Handlung wäre in diesem Fall ein regelmäßig gegebenes Hindernis, welches die Vollstreckung aus ISDS-Schiedssprüchen unmöglich machen würde, sofern kein gesonderter Verzicht vorliegt. In neuerer Literatur, gerade zur Vollstreckungsimmunität, wird die Unterscheidung zwischen subjektbezogener und objektbezogener Vollstreckungsimmunität teilweise überhaupt nicht mehr vorgenommen42 oder als veraltet verworfen.43 Vereinzelt wurde jedoch auch früher bereits die Zwangsvollstreckung gegen einen Staat dem Grunde nach befürwortet, sofern sie nicht in hoheitlich genutztes Vermögen erfolgen sollte.44 Abgestellt wird jedenfalls alleine auf den Gegenstand der Zwangsvollstreckung und die Frage ob dieser immun ist.45 Bemerkenswert ist, dass das BVerfG in seiner Entscheidung zur restriktiven Vollstreckungsimmunität46 zwar die restriktive Staatenimmunität in Bezug auf Vollstreckungsgüter feststellte,47 jedoch nicht klargestellt hat, ob eine Unterscheidung zwischen nicht-objektbezogener Immunität und objektbezogener Immunität nötig ist.48 Ausgangspunkt des Verfahrens war nämlich keine hoheitliche Tätigkeit, sondern die Anmietung von Büroräumen. Es kann darum nur spekuliert werden, wie es entschieden hätte, wenn der zu vollstreckende Anspruch auf einer hoheitlichen Tätigkeit des Schuldnerstaates basiert hätte.49 In der Literatur wurde aus der Entscheidung abgeleitet, dass die restriktive Vollstreckungsimmunät nur dann Anwendung finde, wenn die staatliche Maßnahme nichthoheitlich war.50 In späteren Entscheidungen des BGH wird dieses Problem nicht aufgegriffen und es scheint so, als würden die deutschen Gerichte jeweils nur eine objektbezogene Vollstreckungsimmunität prüfen.51 Das kann als Indiz dafür verstanden werden, dass sie keine Unterscheidung zwischen subjektiver und objektiver Vollstreckungsimmunität 41

Siehe oben S. 102. Siehe beispielsweise Höfelmeier, Vollstreckungsimmunität der Staaten, S. 129 ff.; Bitter, Vollstreckbarerklärung und Zwangsvollstreckung, S. 199 f. 43 So Lengelsen, Aktuelle Probleme der Staatenimmunität, S. 135, Fn. 585; Wefelscheid, Vollstreckungsimmunität fremder Staaten, S. 45 ff. 44 Dahm, Völkerrecht, S. 239; Seidl-Hohenveldern, Völkerrecht, 9. Aufl., Rn. 1481. 45 Strebel, RabelsZ 44 (1980), 66, 68; T. Stein/Buttlar/Kotzur, Völkerrecht, Rn. 722; Bitter, Vollstreckbarerklärung und Zwangsvollstreckung, S. 199 f. 46 BVerfG, NJW 1978, 485. 47 Dazu unten S. 262. 48 Siehe Albert, Völkerrechtliche Immunität ausländischer Staaten gegen Gerichtszwang, S. 192. 49 Langkeit, Staatenimmunität und Schiedsgerichtsbarkeit, S. 194. 50 Riedinger, RabelsZ 45 (1981), 448, 451; siehe auch Walter, Immunität in der Zwangsvollstreckung im deutschen und schweizerischen Recht, 771, 775, der meint, das BVerfG wolle darauf hindeuten, dass eine Prüfung des Urt.s im Zwangsvollstreckungsverfahren erfolgen könne, was ansonsten für das deutsche Recht völlig unüblich sei. 51 Siehe nur BGH, NJW-RR 2006, 198; BFH, BeckRS 2009, 86470, 13 ff.; OLG Köln, SchiedsVZ 2004, 99, 101; OLG Frankfurt a.M., BeckRS 2011, 24412. 42

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Kap. 4: Das Zwangsvollstreckungsverfahren

(mehr) vornehmen. Eine explizite Entscheidung, insbesondere unter Auseinandersetzung mit der vom BVerfG offen gelassenen Frage, ist jedoch nicht ersichtlich. Dass die Handlung des Staates hoheitlich war, spielte, soweit ersichtlich, nur in Exequaturverfahren eine Rolle, nicht jedoch in darauffolgenden Zwangsvollstreckungsverfahren. Der älteren Ansicht, die eine Unterscheidung vornimmt, soll auch hier nicht gefolgt werden. Es erscheint überflüssig, zum einen einen Ausschluss der Immunität für das Verfahren der Anerkennung und Vollstreckbarerklärung zu fordern, um dann in einem nächsten Schritt noch einmal einen Ausschluss der subjektbezogenen Immunität für das Zwangsvollstreckungsverfahren zu verlangen. Die Unterscheidung zwischen objektbezogener und nicht-objektbezogener Vollstreckungsimmunität verkompliziert das Verfahren der Durchsetzung eines Schiedsspruches unnötig. Der Gläubiger müsste unter Umständen alleine für das Verfahren der Zwangsvollstreckung zwei verschiedene Verzichte vorweisen. Auch könnte dies dazu führen, dass die subjektive Gerichtsbarkeit über den Schuldnerstaat für das Exequaturverfahren gegeben wäre, für das Zwangsvollstreckungsverfahren jedoch nicht. Die Gerichtsbarkeit kann aber nicht geteilt werden.52 Dass für die Zwangsvollstreckung noch einmal die Immunität der Vollstreckungsgüter geprüft wird kann damit begründet werden, dass ein anderer Bezugspunkt – das Vollstreckungsobjekt im Gegensatz zum Vollstreckungssubjekt – vorliegt. Einen solchen unterschiedlichen Anknüpfungspunkt gibt es hinsichtlich der subjektbezogenen Vollstreckungsimmunität jedoch gerade nicht. Mit der Eingliederung des Schiedsspruchs im Rahmen des Exequaturverfahrens wurde bereits festgestellt, dass im Vollstreckungsstaat grundsätzlich die Zwangsvollstreckung gegen den Gaststaat möglich ist. Die nicht-objektbezogene Vollstreckungsimmunität lässt sich auch kaum von der Jurisdiktionsimmunität für das Exequaturverfahren abgrenzen.53 Einem Staat mag zugestanden werden, dass eine Zwangsvollstreckung einen besonderen Eingriff in seine Souveränität darstellt. Dem wird aber bereits dadurch Rechnung getragen, dass bestimmte Rechtsgüter von der Zwangsvollstreckung ausgenommen werden, sofern kein gesonderter Immunitätsverzicht vorliegt. Sobald eine Vollstreckbarerklärung vorliegt, sollte damit die Zwangsvollstreckung dem Grunde nach zulässig sein und es sollte alleine ausschlaggebend sein, ob das Vollstreckungsgut immun ist. Eine subjektbezogene Vollstreckungsimmunität ist darum insgesamt abzulehnen. Sobald ein Titel vorhanden ist, geht es lediglich darum, ob auf ein bestimmtes Rechtsgut zugegriffen werden kann oder nicht. Abzustellen ist alleine auf die objektbezogene Vollstreckungsimmunität, bei welcher geprüft wird, ob ein bestimmtes 52

Habscheid, Berichte der Deutschen Gesellschaft für Völkerrecht 1968, 159, 254, 273. Insbesondere dann, wenn im Abschluss des Schiedsvertrages nicht nur der Verzicht auf die Immunität für das Exequaturverfahren, sondern auch auf die nicht-objektbezogene Vollstreckungsimmunität gesehen wird. Vgl. Langkeit, Staatenimmunität und Schiedsgerichtsbarkeit, S. 222. 53

B. Vollstreckungsimmunität

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Rechtsgut immun ist. Insbesondere im Kontext mit ISDS-Schiedssprüchen hat diese Ansicht den klaren Vorteil, dass sie die Zwangsvollstreckung zumindest dem Grunde nach ermöglicht. Andernfalls wären ISDS-Schiedssprüche generell der Zwangsvollstreckung entzogen, obwohl bereits ein Exequatur erteilt wurde. Dies würde den Rechtsschutz des Investors stark beschneiden. Selbst wenn man tatsächlich eine solche Unterscheidung vornehmen wollte, müsste man zumindest dann immer einen Verzicht auf die subjektbezogene Vollstreckungsimmunität annehmen, wenn ein Verzicht auf die Jurisdiktionsimmunität für das Exequaturverfahren vorliegt. Es ist weder Praxis noch sinnvoll, hier zwei gesonderte Verzichte zu fordern. Allerdings kann die Immunität ratione personae zumindest als Indiz dafür herangezogen werden, ob ein Gegenstand hoheitlich verwendet wird.54 b) Arten objektbezogener Vollstreckungsimmunität Die objektbezogene Immunität kann sich aus verschiedenen Grundlagen ergeben.55 Zunächst kann sie als Teil der Staatenimmunität vorliegen. Hier schützt sie den Staat als Souverän vor dem Zugriff auf sein Vermögen. Diese Immunität leitet sich wieder aus dem par in parem-Grundsatz56 ab. Zum anderen kann die objektbezogene Immunität als diplomatische, bzw. konsularische Immunität Ausfluss des Grundsatzes ne impediatur legatio sein.57 Dieser Grundsatz schließt Maßnahmen der Sicherung oder Zwangsvollstreckung in Gegenstände aus, die der diplomatischen Vertretung eines fremden Staates zur Wahrnehmung ihrer amtlichen Funktionen dienen, soweit durch solche Maßnahmen die Erfüllung diplomatischer Aufgaben beeinträchtigt werden könnte.58 Zweck ist vornehmlich die Aufrechterhaltung der Funktionsfähigkeit der diplomatischen Missionen und konsularischen Vertretungen.59 Hierbei greifen auch völkerrechtliche Sonderregeln,60 wie das Wiener Übereinkommen über diplomatische Beziehungen (WÜD) oder das Wiener Übereinkommen über konsularische Beziehungen (WÜK).61 Diese Immunität ist Teil des Gesandtschaftsvölkerrechts und steht neben

54

Wefelscheid, Vollstreckungsimmunität fremder Staaten, S. 37. Vgl. BVerfG, NJW 2007, 2605, 2606 ff.; KG Berlin, SchiedsVZ 2004, 103, 107. 56 Siehe bereits oben auf S. 96. 57 Siehe Damian, Staatenimmunität und Gerichtszwang, S. 75. 58 BVerfG, NJW 2007, 2605, Rn. 46; NJW 1978, 485, 493; BGH, SchiedsVZ 2006, 44, 46; NJW-RR 2007, 1498; Lorz, Ausländische Staaten vor deutschen Zivilgerichten, S. 285; vgl. auch Lengelsen, Aktuelle Probleme der Staatenimmunität, S. 155. 59 Vgl. BVerfG, NJW 2007, 2605; NJW 2012, 293, 295; Lorz, Ausländische Staaten vor deutschen Zivilgerichten, S. 285 f. 60 BVerfG, NJW 1978, 485, 493; BGH, NJW-RR 2003, 1218, 1219. 61 Vgl. nur MüKo ZPO-Zimmermann, Vor § 18 GVG, Rn. 7; Wefelscheid, Vollstreckungsimmunität fremder Staaten, S. 92 ff. 55

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Kap. 4: Das Zwangsvollstreckungsverfahren

der einfachen Staatenimmunität.62 Die beiden Immunitäten stellen zwei verschiedene Institute des Völkerrechts mit jeweils eigenen Regeln dar.63 Während die diplomatische Immunität also hauptsächlich dem Schutz der zwischenstaatlichen Beziehungen dient, schützt die Staatenimmunität den Staat selbst.64 Im Ergebnis ergeben sich aus der Unterscheidung hier jedoch, abgesehen von der unten behandelten Frage des Verzichts, kaum Konsequenzen. Insbesondere kann argumentiert werden, dass auch diplomatisch und konsularisch genutzte Gegenstände hoheitlich genutzt werden und darum von vorneherein ebenfalls der Staatenimmunität unterfallen.65 Aus diesem Grund kann eine vertiefte Besprechung hier dahinstehen.66 Sofern eine der Immunitäten besteht, kann jedenfalls auf das betreffende Rechtsgut kein Zugriff erfolgen. 3. Die Lehren von der absoluten und der relativen/restriktiven Vollstreckungsimmunität Ausgangspunkt für die Begründung der Vollstreckungsimmunität ist auch im Zwangsvollstreckungsverfahren wieder der Grundsatz par in parem non habet jurisdictionem,67 wonach grundsätzlich kein Staat über einen anderen Staat rechtsprechen kann. Aus diesem Grundsatz lässt sich die Lehre von der absoluten Staatenimmunität in Bezug auf das Vermögen eines Staates ableiten. Danach sind die Rechtsgüter eines Staates dem Zugriff eines anderen Staates grundsätzlich entzogen. Diese früher herrschende Lehre hatte zur Folge, dass zunächst sämtliche einem Staat zugehörigen Gegenstände Immunität besaßen und eine Zwangsvollstreckung in sie darum nicht möglich war, sofern der jeweilige Staat nicht auf seine Immunität verzichtet hatte. Da dieser Zustand vor allem dann unbefriedigend war, wenn sich der Staat am Markt wirtschaftlich wie ein Privater betätigte, wurde die Lehre von der relativen, beziehungsweise restriktiven Vollstreckungsimmunität entwickelt.68 Je nach Aus-

62

Vgl. Höfelmeier, Vollstreckungsimmunität der Staaten, S. 182. BVerfG, NJW 1998, 50, 53; Lengelsen, Aktuelle Probleme der Staatenimmunität, S. 155; Strebel, RabelsZ 44 (1980), 66, 70. 64 T. Stein/Buttlar/Kotzur, Völkerrecht, Rn. 713. 65 Lorz, Ausländische Staaten vor deutschen Zivilgerichten, S. 285; Wefelscheid, Vollstreckungsimmunität fremder Staaten, S. 95; Damian, Staatenimmunität und Gerichtszwang, S. 76, meint, die Unterscheidung zwischen dienstlichem und außerdienstlichem Verhalten stelle einen Spezialfall der Differenzierung zwischen acta iure imperii und acta iure gestionis dar. 66 Zum Verhältnis der Immunitäten zueinander siehe Wefelscheid, Vollstreckungsimmunität fremder Staaten, S. 93 ff. 67 Siehe bereits oben auf S. 96. 68 Siehe zu einigen frühen Verfechtern der restriktiven Vollstreckungsimmunität Damian, Staatenimmunität und Gerichtszwang, S. 161 ff. 63

B. Vollstreckungsimmunität

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prägung der Lehre darf in Gegenstände, die keine hoheitlichen Zwecke erfüllen,69 oder in Gegenstände, die kommerziellen Zwecken dienen,70 vollstreckt werden.71 Hierdurch soll bewirkt werden, dass der Staat nur dann Vollstreckungsimmunität beanspruchen kann, wenn er die Gegenstände benötigt, um seinen staatlichen Aufgaben nachzukommen. Höfelmeier meint, dass den genauen Formulierungen kein unterschiedlicher Bedeutungsgehalt beigemessen werden könne.72 Dem ist jedoch nicht zu folgen. Ob darauf abgestellt wird, ob eine Sache „nichtkommerziell“ oder „nichthoheitlich“ verwendet wird, hat Bedeutung dafür, wie eng die Immunitätsausnahme gezogen wird. Der Unterschied lässt sich anhand des Fiskuserbrechts (vgl. § 1936 BGB) verdeutlichen. Erbt der Staat ein Grundstück, so liegt zunächst keine hoheitliche Verwendungsabsicht vor und ein Zugriff wäre möglich, wenn darauf abgestellt wird, ob der Gegenstand hoheitlich verwendet wird. Da das Grundstück aber bis zu einer entsprechenden Widmung auch nicht gewerblich oder kaufmännisch genutzt wird, kann dann kein Zugriff erfolgen, wenn darauf abgestellt wird, ob der Gegenstand kommerziell genutzt wird. In der Regel dürfte diese Unterscheidung kaum ins Gewicht fallen und auch nur selten zu unterschiedlichen Ergebnissen führen. Dennoch sollte sie für diese seltenen Fälle im Hinterkopf behalten werden. Jedenfalls kommt es darauf an, wie der Verwendungszweck des Vermögenswertes zu sehen ist.73 Die Einordnung als hoheitlich oder kommerziell richtet sich dabei nach der lex fori.74 Heute wird von den Gerichten der meisten westlichen Staaten die Lehre von der relativen Vollstreckungsimmunität vertreten.75 Dennoch gibt es einige bedeutende Staaten, wie die Volksrepublik China oder die Russische Föderation,76 die noch an

69 Vgl. Art. 19 c) UNStImmÜ; sowie die Praxis in der Schweiz, siehe Freyer, Attachment of Debts Owed to Sovereigns, 159, 175; Fox/Webb, The Law of State Immunity, S. 158. 70 Vgl. Art. 26 EUStImmÜ; § 1610 U.S. FSIA; Section 13 Abs. 4 des britischen SIA. 71 Höfelmeier, Vollstreckungsimmunität der Staaten, S. 149. 72 Höfelmeier, Vollstreckungsimmunität der Staaten, S. 143 Fn. 78. 73 BGH, NJW-RR 2006, 198, 200; Schaumann, Berichte der Deutschen Gesellschaft für Völkerrecht 1968, 1, 143; Reinisch, EJIL 17 (2006), 803, 804. 74 BVerfG, NJW 1963, 1732, 1735; BGH, NJW-RR 2006, 198, 199; BFH, BeckRS 2009, 86470, Rn. 22; OLG Frankfurt a.M., BeckRS 1998, 12621, Rn. 31; OLG Köln, SchiedsVZ 2004, 99, 101; LG Frankfurt, NJW 1976, 1044, 1045; Weller, Rpfleger 2006, 364, 368; Dutta, IPRax 2007, 109, 110 f.; Hausmann, Ausländische Staaten als Darlehens- oder Anleiheschuldner, 289, 307; dies speziell für die Vollstreckungsimmunität offenlassend aber BVerfG, NJW 1978, 485, 492 f.; zurückhaltend auch NJW 1983, 2766, 2786; dagegen Geimer, SchiedsVZ 2004, 108, 109, da es so im Belieben der Staaten stünde, ob sie Immunität gewähren wollen oder nicht; siehe auch Geimer, Internationales Zivilprozessrecht, Rn. 582; Gramlich, NJW 1981, 2618, 2619, will ebenfalls auf die lex causae abstellen. 75 Siehe Wefelscheid, Vollstreckungsimmunität fremder Staaten, S. 53 ff. 76 Höfelmeier, Vollstreckungsimmunität der Staaten, S. 144 f.

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Kap. 4: Das Zwangsvollstreckungsverfahren

der absoluten Vollstreckungsimmunität festhalten.77 Auch innerhalb der Lehre von der restriktiven Vollstreckungsimmunität gibt es verschiedene Ausprägungen. Im Folgenden werden kurz verschiedenen Varianten dieser Lehre sowie ihre generelle Rezeption in Deutschland skizziert.78 a) Ausprägungen der relativen/restriktiven Vollstreckungsimmunität in der Literatur Über die genaue Ausgestaltung der relativen, beziehungsweise restriktiven Staatenimmunität gibt es eine Vielzahl an Formulierungen79 und Auffassungen, von denen hier einige exemplarisch vorgestellt werden sollen. Fox schlägt vor, die Frage nach der Immunität solle danach gestellt werden, woher die Gegenstände stammen, in die vollstreckt werden soll.80 Entscheidend wäre demnach die Qualifikation der Tätigkeit, die zur Entstehung beispielsweise eines Bankguthabens geführt hat.81 Allerdings ist hier sehr fraglich, wie dieser bisherige Zweck nachgewiesen werden soll. Insbesondere kann der Schuldnerstaat nicht dazu gezwungen werden offenzulegen, was er bislang mit bestimmten Geldern unternommen hat. Zudem wäre problematisch, wie mit Rechtsgütern zu verfahren wäre, die speziell für eine hoheitliche Tätigkeit angeschafft, diesem Zweck aber noch nicht zugeführt wurden. Bouchez meint hingegen, Vollstreckungsimmunität solle nur dann gewährt werden, wenn den entsprechenden Rechtsgütern expressis verbis in einem internationalen Abkommen Immunität zugesprochen wird.82 Zusätzlich sollen ausnahmsweise Rechtsgüter immun sein, die nach internationaler Ansicht hoheitlichen Zwecken „stricto sensu“ dienen. Zwar solle auch dann ein Zugriff möglich sein, wenn der Schuldnerstaat freiwillig in dem Forumstaat nichthoheitlich tätig war, diese Ausnahme greift aber für ISDS-Schiedssprüche nicht, da die maßgeblichen Handlungen in der Regel im Gaststaat selbst stattfinden. Nur in Zweifelsfällen soll auf das Recht des fremden Staates abgestellt werden.83 Dieser Ansicht ist nicht zu folgen, da sie impliziert, dass Vollstreckungsimmunität zunächst nur gewährt wird, wenn der Forumstaat einem internationalen Abkommen beigetreten ist. Es kann aber nicht 77

Gleichwohl haben beide Staaten das UNStImm unterzeichnet und sind darum wohl auch für eine Orientierung in Richtung der restriktiven Vollstreckungsimmunität offen. Vgl. Höfelmeier, Vollstreckungsimmunität der Staaten, S. 144 ff. 78 Zur Konzeption in anderen Staaten siehe nur Höfelmeier, Vollstreckungsimmunität der Staaten, S. 143 ff. 79 Siehe zu einzelnen Formulierungen auch Reinisch, EJIL 17 (2006), 803, 821. 80 Fox, ICLQ 34 (1985), 115, 139; siehe auch Schreuer, Zur Zulässigkeit von Vollstreckungsmaßnahmen in Bankkonten ausländischer Staaten, 521, 529, mit Nachweisen zu entsprechender Rechtsprechung französischer Gerichte in Fn. 35. 81 Das BVerfG lehnt dies explizit ab, siehe BVerfG, NJW 1983, 2766, 2768. 82 Bouchez, N.Y.I.L. 10 (1979), 3, 32. 83 Bouchez, N.Y.I.L. 10 (1979), 3, 32.

B. Vollstreckungsimmunität

265

begründet werden, wieso der Schutz der Souveränität eines Staates davon abhängig gemacht werden sollte, ob ein anderer Staat einem Abkommen beitritt. Zudem bleibt offen, in welchen Fällen nach internationaler Auffassung hoheitliche Zwecke „stricto sensu“ vorliegen sollen. Foster schlägt, am Beispiel einer Änderung des U.S.-amerikanischen FSIA, vor, dass staatliche Rechtsgüter grundsätzlich dem Zugriff der Gläubiger unterliegen sollten, sofern der Staat keine Gründe vorweisen kann, aus welchen eine Immunität abgeleitet werden kann.84 Hiernach müsste der Gläubiger also nicht nachweisen, dass ein Rechtsgut kommerziellen Zwecken dient.85 Diese Lösung bürdet dem Schuldnerstaat jedoch die volle Beweislast auf, was als unverhältnismäßiger Eingriff in seine Souveränität gesehen werden muss. b) Internationale Abkommen In der Vergangenheit gab es verschiedene Bestrebungen, die Staatenimmunität auf internationaler Ebene zu kodifizieren.86 Es soll darum im Folgenden aufgezeigt werden, ob und inwiefern sich die beiden aus deutscher Sicht relevanten Abkommen auf die Vollstreckungsimmunität im Zusammenhang mit ISDS-Schiedssprüchen auswirken. aa) Restriktive Vollstreckungsimmunität aus Art. 19 UNStImmÜ Die Vereinten Nationen haben am 2. Dezember 2004 das Übereinkommen der Vereinten Nationen über die Immunität der Staaten und ihres Vermögens von der Gerichtsbarkeit (UNStImmÜ) verabschiedet, welches seitdem zur Unterzeichnung ausliegt.87 Um wirksam zu werden, bedarf es der Ratifizierung durch 30 Staaten, was bisher noch nicht geschehen ist. Bislang haben lediglich 22 Staaten, nicht aber Deutschland, das Abkommen ratifiziert.88 Aufgrund dieser sehr schleppenden Annahme durch die Staatengemeinschaft erscheint es fraglich, ob es überhaupt jemals 84

Foster, AJICL 2008, 666, 724. Ähnlich auch mit dem Vorschlag eines UNCITRAL-Modellgesetzes Fox, Arb. Int’l 1996, 89, 93. 86 Siehe beispielsweise die „Draft Convention on State Immunity“ der International Law Association, von 1982, abgedruckt in ILM 22 (1983), 287, den 1932 durch die Harvard Law School vorgelegten Entwurf mit dem Titel „Competence of Courts in Regard to Foreign States“, abgedruckt in AJIL 26 (1932) Suppl., S. 451 ff., sowie die „Draft Articles on Jurisdictional Immunities of States and their Property“ der International Law Commission aus dem Jahr 1991, abgedruckt mit Kommentierung in Yearbook of the International Law Commission 1991, S. 13 ff. 87 Zur Entstehungsgeschichte des Übereinkommens siehe Lengelsen, Aktuelle Probleme der Staatenimmunität, S. 23 ff. 88 Stand Dezember 2018, siehe https://treaties.un.org/pages/ViewDetails.aspx?src=TRE ATY&mtdsg_no=III-13&chapter=3&lang=en. 85

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Kap. 4: Das Zwangsvollstreckungsverfahren

Wirksamkeit erlangen wird, was seine Nützlichkeit etwas in Frage stellt.89 Da das Abkommen jedoch das Völkergewohnheitsrecht widerspiegeln soll,90 kann es bereits jetzt als Erkenntnisquelle, auch in Nichtunterzeichnerstaaten, herangezogen werden.91 Art. 19 des UNStImmÜ sieht vor: „No post-judgment measures of constraint, such as attachment, arrest or execution, against property of a State may be taken in connection with a proceeding before a court of another State unless and except to the extent that: […] (c) it has been established that the property is specifically in use or intended for use by the State for other than government non-commercial purposes and is in the territory of the State of the forum, provided that post-judgment measures of constraint may only be taken against property that has a connection with the entity against which the proceeding was directed.“

Damit folgt dieses Abkommen dem Konzept der restriktiven Vollstreckungsimmunität.92 Abgrenzungskriterium ist hierbei, dass das betreffende Rechtsgut für andere als staatliche, nicht-kommerzielle Zwecke bestimmt ist. Hiermit liegt die Beweislast bei dem Kläger. Dieser muss widerlegen, dass das Rechtsgut für staatliche, nicht-kommerzielle Zwecke verwendet wird oder verwendet werden soll. Zudem wird eine Verknüpfung zwischen dem Rechtsgut und derjenigen Person verlangt, gegen welche das Verfahren geführt wurde. Dies dürfte im Falle von ISDSVerfahren dann kein Problem sein, wenn gegen eine staatliche Maßnahme vorgegangen wurde und sich das Rechtsgut im Eigentum des Schuldnerstaates befindet. Problematischer wäre es, wenn das Rechtsgut einem Staatsunternehmen oder einer staatlichen Untereinheit, wie einem Bundesland, zugeordnet ist. In Art. 21 des Abkommens wird überdies durch eine weitere doppelte Verneinung klargestellt, welche Rechtsgüter nicht als nicht für staatliche, nicht-kommerzielle Zwecke genutzt anzusehen sind. Hierunter fallen unter anderem Botschaftskonten, militärische Güter, Eigentum der Zentralbanken, Kulturschätze und Ausstellungsstücke von wissenschaftlichem, kulturellem oder geschichtlichem Interesse, welche jedoch nicht zum Verkauf stehen dürfen. Art. 19 spricht zwar nur von Zugriff auf das Vermögen im Zusammenhang mit einem „proceeding before a court“, hieraus lässt sich aber nicht ableiten, dass Schiedssprüche nicht umfasst wären. Vielmehr handelt es sich darum wohl um ein Redaktionsversehen und Schiedsverfahren sind ebenfalls umfasst.93 89

Vgl. Joemrith, Enforcing arbitral awards against sovereign states, S. 76. Vgl. International Court of Justice, Jurisdictional Immunities of the State (Germany v. Italy: Greece intervening), Rn. 56; siehe weiter nur Juratowich, AsianJIL 6 (2016), 199, 214 ff., m.w.N. 91 BGH, NJW-RR 2013, 1532, 1534; OLG Frankfurt a.M., BeckRS 2011, 24412; Lorz, Ausländische Staaten vor deutschen Zivilgerichten, S. 32; siehe auch O’Keefe/Tams, General Introduction, xxxvii, xliii; sowie Fox/Webb, The Law of State Immunity, S. 836; Schack, Internationales Zivilverfahrensrecht, Rn. 173. 92 Lorz, Ausländische Staaten vor deutschen Zivilgerichten, S. 299; Wefelscheid, Vollstreckungsimmunität fremder Staaten, S. 85 f. 93 C. Brown/O’Keefe, Article 19, 308, 317 f. 90

B. Vollstreckungsimmunität

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bb) Art. 23 EuStImmÜ Ein weiteres für Deutschland relevantes Abkommen ist das europäische Übereinkommen über die Staatenimmunität (EuStImmÜ).94 Da das Abkommen lediglich von Belgien, Deutschland, Luxemburg, den Niederlanden, Österreich, der Schweiz, dem Vereinigten Königreich und Zypern ratifiziert wurde,95 hat es nur begrenzte Relevanz und kann nicht als Ausdruck einer einheitlichen Staatenpraxis gesehen werden.96 Auch findet es lediglich inter partes Anwendung97 und somit nicht auf alle Titel, die in einem Unterzeichnerstaat durchgesetzt werden sollen. Das EuStImmÜ weicht in seiner Konzeption von derjenigen des UNStImmÜ ab. Art. 23 EuStImmÜ schließt die Zwangsvollstreckung gegen einen anderen Vertragsstaat zunächst vollständig aus, sofern der Staat nicht selbst ausdrücklich und in Schriftform zugestimmt hat: „In einem Vertragsstaat darf gegen das Vermögen eines anderen Vertragsstaats weder eine Zwangsvollstreckung durchgeführt noch eine Sicherungsmaßnahme getroffen werden, außer in dem Fall und in dem Ausmaß, in denen der Staat selbst ausdrücklich in Schriftform zugestimmt hat.“

Art. 23 EuStImmÜ wurde erheblich kritisiert, da es – trotz der Ausnahmeregelungen in Art. 26 EuStImmÜ – die Rechtslage hinsichtlich der absoluten Vollstreckungsimmunität zementiere, obwohl der völkerrechtliche Konsens sich hin zur restriktiven Staatenimmunität entwickelt habe.98 Liest man diesen Artikel alleine, so könnte man ihn so verstehen, dass auch die Durchsetzung von Schiedssprüchen versagt ist. Allerdings wurde in Ziff. 95 des „Explanatory Report to the European Convention on State Immunity“ des Europarats99 klargestellt, dass sich Art. 23 EuStImmÜ lediglich auf die Vollstreckung von Urteilen bezieht, die in Anwendung der Konvention erlassen wurden. Die Zwangsvollstreckung von Schiedssprüchen ist also nicht umfasst.100

94

BGBl. 1990 II, 35. https://www.coe.int/de/web/conventions/full-list/-/conventions/treaty/074/signatures?p_ auth=wqssSlaQ. 96 Langkeit, Staatenimmunität und Schiedsgerichtsbarkeit, S. 108. 97 Kronke, IPRax 1991, 141; Langkeit, Staatenimmunität und Schiedsgerichtsbarkeit, S. 108 m.w.N. 98 Karczewski, RabelsZ 1990, 533, 545; Schönfeld, NJW 1986, 2980, 2982; Lorz, Ausländische Staaten vor deutschen Zivilgerichten, S. 26 f.; siehe auch Kronke, IPRax 1991, 141, 145. 99 Europarat, Explanatory Report to the European Convention on State Immunity 1972. 100 Albert, Völkerrechtliche Immunität ausländischer Staaten gegen Gerichtszwang, S. 100; Rivkin/Tahbaz, Attachment and Execution on Commercial Assets, 139, 144. 95

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Kap. 4: Das Zwangsvollstreckungsverfahren

cc) Bewertung Weder das UNStImmÜ noch das EUStImmÜ haben direkten Einfluss auf die Zwangsvollstreckung aus ISDS-Schiedssprüchen in Deutschland. Das EUStImmÜ erhebt selbst nicht den Anspruch, die Immunität bei der Zwangsvollstreckung aus Schiedssprüchen zu regeln, weshalb es außer Acht gelassen werden kann. Das UNStImmÜ möchte die Staatenimmunität zwar auch im Bereich der Zwangsvollstreckung aus Schiedssprüchen regeln, aufgrund des schleppenden Ratifikationsprozesses ist jedoch nicht absehbar, dass es tatsächlich jemals unmittelbar Anwendung finden wird. Da es aber zumindest versucht, auch die Zwangsvollstreckung aus Schiedssprüchen zu umfassen, kann es als Rechtserkenntnisquelle herangezogen werden, wobei es als Indiz für die weitreichende Akzeptanz der restriktiven Vollstreckungsimmunität dienen kann. Dies zeigt sich beispielsweise dadurch, dass sowohl Russland als auch die Volksrepublik China das Abkommen unterzeichnet haben, obwohl sie ansonsten an der absoluten Vollstreckungsimmunität festhalten. c) Ansicht des BVerfG und Anwendung durch die deutschen Gerichte Auch wenn das Recht der Staatenimmunität Teil des Völkergewohnheitsrechts ist, findet seine Anwendung vor nationalen Gerichten statt.101 Der Erfolg eines Investors hängt darum nicht unerheblich davon ab, wie die nationale Praxis hinsichtlich der Vollstreckungsimmunität ist.102 Darum ist für die Frage danach, wie ISDSSchiedssprüche in Deutschland durchzusetzen sind, vor allem die Auffassung der deutschen Gerichte, insbesondere des BVerfG, von Bedeutung. Das BVerfG hat sich bereits 1977 in seiner Entscheidung zum philippinischen Botschaftskonto zur restriktiven Vollstreckungsimmunität bekannt.103 Hier stellte es fest, es bestehe eine allgemeine Regel des Völkerrechts, wonach die Zwangsvollstreckung durch den Gerichtsstaat aus einem gerichtlichen Vollstreckungstitel gegen einen fremden Staat, der über ein nichthoheitliches Verhalten (acta iure gestionis) dieses Staates ergangen ist, in Gegenstände dieses Staates, die sich im Hoheitsbereich des Gerichtsstaates befinden oder dort belegen sind, ohne Zustimmung des fremden Staates unzulässig ist, soweit diese Gegenstände zum Zeitpunkt des Beginns der Vollstreckungsmaßnahme hoheitlichen Zwecken des fremden Staates dienen.104 Diese Regel sei Bestandteil des Bundesrechts.105 Abgestellt wird also darauf, ob die Gegenstände hoheitlich verwendet werden und nicht darauf, ob sie kommerziell genutzt werden.106 Daraus folgt auch, dass Vermögenswerte, die keinem speziellen Zweck gewidmet 101

Fox/Webb, The Law of State Immunity, S. 1. Siehe auch Bjorklund, Am. Rev. Int’l Arb. 21 (2010), 211, 212 f. 103 BVerfG, NJW 1978, 485. 104 BVerfG, NJW 1978, 485, 486; NJW 1983, 2766, 2768. 105 BVerfG, NJW 1978, 485, 487. 106 BVerfG, NJW 1978, 485, 492; siehe auch bereits LG Frankfurt, NJW 1976, 1044, 1045, das jedoch eine zukünftige Verwendungsabsicht nicht gelten lassen will. 102

B. Vollstreckungsimmunität

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sind, nicht immun sind.107 Jedenfalls gibt diese Ansicht dem Schuldnerstaat die Verpflichtung auf, darzulegen, wie ein Rechtsgut genutzt wird. Formal liegt somit die Beweislast für den hoheitlichen Verwendungszweck des streitgegenständlichen Vermögensgegenstands zunächst beim Schuldnerstaat. Gleichwohl kann dies nicht bedeuten, dass der Staat die Nutzungsart tatsächlich beweisen muss. Dies würde einen zu großen Eingriff in seine Souveränität bedeuten. Der Schuldnerstaat darf nicht dazu gedrängt werden, hoheitliche Interna offenlegen zu müssen.108 Vielmehr muss es genügen, wenn der Schuldnerstaat glaubhaft macht, wie er das Vollstreckungsgut verwendet.109 Da jedoch die Glaubhaftmachung grundsätzlich eine nicht gänzlich unsubstantiierte und durch Beweis gestützte Darlegung fordert, könnte dies immer noch zu sehr in die Rechte des Schuldnerstaates eingreifen, weshalb auch das Maß für die Glaubhaftmachung herabgesetzt wird.110 Für Inhalt und Form dieser Glaubhaftmachung soll es darum genügen, wenn eine gehörige Versicherung durch ein zuständiges Organ des Entsendestaats dahingehend erfolgt, dass das Rechtsgut hoheitlichen Zwecken dient.111 Umstritten ist, ob der Gläubiger den Gegenbeweis für die Darlegung des Schuldnerstaates erbringen darf.112 Hier divergieren die Ansichten selbst innerhalb des BGH.113 Vorzugswürdig erscheint es jedoch, wenigstens diejenigen Gegenbeweise zuzulassen, welche kein Mitwirken des Schuldnerstaates erfordern.114 Liegen solche Beweise vor, so dürfte der Richter nicht mehr von der Darlegung des Schuldnerstaates überzeugt sein, was jedoch für die Glaubhaftmachung nötig ist. Es erscheint nicht unangemessen, dass der Schuldnerstaat in diesem Fall seine Behauptung weiter untermauern muss. Die Beweisführung dürfte für den Gläubiger allerdings regelmäßig schwierig sein, da er keinen Einblick in die Interna des Schuldnerstaates hat. Ist das Gericht davon überzeugt, dass das Vollstreckungsgut hoheitlich genutzt wird, so ist es von der Zwangsvollstreckung befreit, sofern kein Immunitätsverzicht vorliegt. Andernfalls unterliegt es dem vollen Zugriff durch die Vollstreckungsbehörden. Bleiben trotz dieser starken Herabsetzung des Beweismaßes Zweifel, ob ein Vollstreckungsgut hoheitlich genutzt wird, gilt der

107 Vgl. OLG Frankfurt a.M., BeckRS 1998, 12621, Rn. 32; Hausmann, Ausländische Staaten als Darlehens- oder Anleiheschuldner, 289, 310. 108 BGH, NJW-RR 2003, 1218, 1220; Weller, RIW 2010, 599, 600. 109 BVerfG, NJW 1978, 485, 494; BGH, NJW-RR 2003, 1218, 1220; SchiedsVZ 2006, 44, 46; Habscheid, Berichte der Deutschen Gesellschaft für Völkerrecht 1968, 159, 267. 110 Weller, RIW 2010, 599, 601. 111 BVerfG, NJW 1978, 485, 494; BGH, SchiedsVZ 2006, 44, 46; BFH, BeckRS 2009, 86470, 27 ff.; Schaumann, Berichte der Deutschen Gesellschaft für Völkerrecht 1968, 1, 145, will eine bloße „Bennennung“ des hoheitlichen Zwecks genügen lassen; dagegen Geimer, SchiedsVZ 2004, 108 f., der meint, es werde dem Missbrauch Tür und Tor geöffnet, sofern man allein die Auskunft des fremden Staates über die Mittelverwendung als maßgeblich ansähe. 112 Weller, RIW 2010, 599, 602. 113 Gegen die Möglichkeit des Gegenbeweises wohl der VII. Senat in BFH, BeckRS 2009, 86470, Rn. 30; für eine solche Möglichkeit der IXa. Senat in BGH, NJW-RR 2003, 1218, 1220. 114 Weller, RIW 2010, 599, 602.

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Kap. 4: Das Zwangsvollstreckungsverfahren

Grundsatz „in dubio pro iurisdictione, non pro immunitate“ und der Zugriff ist möglich.115 Jedenfalls hindert das Völkerrecht die staatlichen Gerichte nicht mehr, auf dem Gebiet der Bundesrepublik Vollstreckungsgewalt (facultas executionis) im Hinblick auf Gegenstände eines fremden Staates auszuüben.116 Einem Immunitätsverzicht wird darum auch nur deklaratorische Wirkung zugesprochen, soweit die Vollstreckung in Vermögen betroffen ist, das keinen hoheitlichen Zwecken zu dienen bestimmt ist.117 4. Eigener Standpunkt und Zwischenfazit Die auch vom BVerfG getragene Ansicht, wonach lediglich zu fragen ist, ob ein Rechtsgut hoheitlich genutzt wird, ist zu befürworten. Auf diese Weise wird der größtmögliche Zugriff auf Schuldnervermögen gewährleistet, ohne jedoch die Ausübung der hoheitlichen Aufgaben eines Staates zu gefährden. Würde man hingegen darauf abstellen, ob die Rechtsgüter kommerziell genutzt werden, würde dies zum einen Probleme dahingehend aufwerfen, welche Tätigkeit als kommerziell einzuordnen wäre, und zum anderen könnte in all diejenigen Rechtsgüter nicht vollstreckt werden, die weder hoheitlichen noch kommerziellen Zwecken dienen. Dass der Gläubiger nur eingeschränkt die Möglichkeit hat nachzuweisen wie staatliches Vermögen genutzt wird, ist der Souveränität der Staaten geschuldet und hinzunehmen. Sofern der Vollstreckungsstaat weder Gaststaat noch Heimatstaat des Investors ist, und seine einzige Verknüpfung zum Rechtsstreit diejenige ist, dass zufällig auf seinem Territorium Vermögensgüter des Schuldnerstaates belegen sind, ist es ihm auch nicht zumutbar, politische Verwicklungen in Kauf zu nehmen, indem er weiter in die Souveränität des Schuldnerstaates eingreift, als er dies durch Unterzeichnung von Abkommen wie dem NYÜ nach außen vereinbart und kommuniziert hat. Die Unterscheidung zwischen subjektbezogener und objektbezogener Vollstreckungsimmunität ist wie gezeigt abzulehnen. Sobald ein inländischer Titel vorliegt, spricht nichts mehr dagegen, ihn auch durchzusetzen. Indem der Forumstaat die Inkorporation des Schiedsspruches in seine eigene Rechtsordnung akzeptiert hat, gibt er zu erkennen, dass der Titel dem Grunde nach durchsetzbar ist. Sofern dem Schuldnerstaat als Subjekt Immunität gewährt wird, sollte dies bereits vor Erteilung 115

Hausmann, Ausländische Staaten als Darlehens- oder Anleiheschuldner, 289, 310. BVerfG, NJW 2007, 2605, 2607; BGH, NJW-RR 2003, 1218, 1219; OLG Köln, SchiedsVZ 2004, 99, 101; Lorz, Ausländische Staaten vor deutschen Zivilgerichten, S. 280; Schaumann, Berichte der Deutschen Gesellschaft für Völkerrecht 1968, 1, 131 ff.; Geimer, Internationales Zivilprozessrecht, Rn. 589; J. Lange, Pfändung von Steuerforderungen ausländischer Staaten, 853, 856; Hausmann, Ausländische Staaten als Darlehens- oder Anleiheschuldner, 289, 307. 117 BVerfG, NJW 2007, 2605, 2607. 116

B. Vollstreckungsimmunität

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des Exequaturs geschehen. Dem scheinen, wie gezeigt, auch die deutschen Gerichte zu folgen, ohne dies jedoch explizit festzustellen.

II. Vollstreckungsobjekte Grundsätzlich darf ein Staat nur innerhalb seines eigenen Territoriums die Zwangsvollstreckung in dort belegene Rechtsgüter betreiben.118 Dies folgt aus dem völkerrechtlichen Grundsatz der Territorialität der staatlichen Zwangsgewalt.119 Dabei richtet sich die Frage, ob ein Objekt immun ist, nicht danach, um was für eine Art von Objekt es sich handelt, sondern danach, welche Verwendungsart mit ihm bezweckt ist.120 Manche Rechtsgüter werden jedoch als so sensibel angesehen, dass sie als unter einem gesonderten Immunitätsschutz stehend angesehen werden.121 In welchen Fällen insbesondere die deutschen Gerichte im Einzelfall vom Vorliegen der Vollstreckungsimmunität ausgingen, beziehungsweise in welche Rechtsgüter die Zwangsvollstreckung bereits versucht wurde, ist Gegenstand umfassender Darstellungen in der Literatur.122 Der Vollständigkeit halber sollen hier darum nur kurz einige einschlägige Fälle aufgelistet werden, die im Zusammenhang mit ISDS-Schiedssprüchen von Bedeutung sein können. Problematisch gesehen werden teilweise Gegenstände mit gemischter Zweckbestimmung, wie beispielsweise Konten, die sowohl für hoheitliche Aufgaben, als auch für kommerzielle Angelegenheiten verwendet werden. Eine Erörterung dieses Problemfeldes würde an dieser Stelle jedoch zu weit führen.123 1. Diplomatisch genutztes Vermögen Bereits oben wurde die diplomatische Immunität als neben der Staatenimmunität stehend behandelt.124 Deshalb ist hier nur noch einmal festzuhalten, dass Gegenstände, die einem ausländischen Staat zur Wahrnehmung der amtlichen Funktionen seiner diplomatischen Mission oder seiner konsularischen Vertretung dienen, auf118 BGH, NJW-RR 2006, 198, 199; Damian, Staatenimmunität und Gerichtszwang, S. 173, Fn. 286. 119 Lorz, Ausländische Staaten vor deutschen Zivilgerichten, S. 311; siehe auch Geimer, Internationales Zivilprozessrecht, Rn. 407. 120 Vgl. oben S. 263. 121 Yang, State immunity, S. 404. 122 Beispielsweise bei Lorz, Ausländische Staaten vor deutschen Zivilgerichten, S. 366 ff.; Höfelmeier, Vollstreckungsimmunität der Staaten, S. 181 ff. 123 Siehe dazu nur Schreuer, Zur Zulässigkeit von Vollstreckungsmaßnahmen in Bankkonten ausländischer Staaten, 521, 531 ff.; Lorz, Ausländische Staaten vor deutschen Zivilgerichten, S. 350 ff.; Yang, State immunity, S. 418 ff.; Albert, Völkerrechtliche Immunität ausländischer Staaten gegen Gerichtszwang, S. 287 ff. 124 Siehe oben S. 261

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Kap. 4: Das Zwangsvollstreckungsverfahren

grund des ne impediatur legatio-Grundsatzes nicht der Zwangsvollstreckung unterliegen.125 Spezielle Regelungen finden sich im Wiener Übereinkommen über diplomatische Beziehungen126 und dem Wiener Übereinkommen über konsularische Beziehungen127.128 2. Militärisch genutzte Güter Auch militärisch genutzten Gütern wird regelmäßig Vollstreckungsimmunität gewährt.129 Art. 21 UNStImmÜ schreibt dies in Art. 21 Abs. 1 b) fest. Nach Art. 95 des Seerechtsübereinkommens der Vereinten Nationen130 wird insbesondere Kriegsschiffen131 auf Hoher See Immunität gewährt. Dennoch handelt es sich, anders als bei der diplomatischen Immunität, bei dieser Fallgruppe nicht um eine gesonderte Form der Immunität. Vielmehr fällt sie unter die allgemeine Vollstreckungsimmunität für hoheitlich genutztes Vermögen.132 Jedenfalls werden militärisch genutzte Güter in der Regel als immun angesehen. Ein anderes Ergebnis könnte zu größeren diplomatischen Verwicklungen führen, wie sich anschaulich am Fall Argentinien gegen Ghana133 belegen lässt, in welchem das Segelschulschiff „Ara Libertad“ der argentinischen Kriegsmarine im Jahr 2012 auf Betreiben des Hedgefonds NML Capital von ghanaischen Behörden festgesetzt wurde.134 In diesem Zusammenhang kann auch die Festsetzung des thailändischen Flugzeugs im oben behandelten Fall Walter Bau135 hinterfragt werden.136 Das OLG München ging hier in seinem Verweisungsbeschluss noch davon aus, dass das Flugzeug militärischen Zwecken diene, was man bereits aus der Beschriftung und 125 BVerfG, NJW 1978, 485, 493; BGH, NJW-RR 2003, 1218, 1219; NJW-RR 2007, 1498; SchiedsVZ 2006, 44, 45 f.; Höfelmeier, Vollstreckungsimmunität der Staaten, S. 188; Yang, State immunity, S. 404 f. 126 BGBl. 1964 II, 957. 127 BGBl. 1969 II, 1585. 128 Siehe dazu Lorz, Ausländische Staaten vor deutschen Zivilgerichten, S. 373. 129 Dazu ausführlich Höfelmeier, Vollstreckungsimmunität der Staaten, S. 189 ff. 130 BGBl. II 1994, 1798. 131 Vgl. zu diesen auch Höfelmeier, Vollstreckungsimmunität der Staaten, S. 192 f. 132 Höfelmeier, Vollstreckungsimmunität der Staaten, S. 191 f.; vgl. auch Yang, State immunity, S. 417 „Obviously, property in the possession or control of a military authority cannot be regarded as in use or intended for use for commercial purposes.“. 133 Siehe International Tribunal for the Law of the Sea, Order for Provisional Measures v. 15. 12. 2012 – Case No. 20. 134 International Tribunal for the Law of the Sea, Pressemitteilung des International Tribunal for the Law of the Sea vom 15. 12. 2012, „Tribunal orders Release of Argentine Frigate ,ARA LIBERTAD‘“, https://www.itlos.org/fileadmin/itlos/documents/press_releases_english/ PR_188_E.pdf. 135 Siehe oben S. 22. 136 Vgl. Lorz, Ausländische Staaten vor deutschen Zivilgerichten, S. 369.

B. Vollstreckungsimmunität

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Kodierung des Flugzeugs deuten könne.137 Das KG Kammergericht ordnete dagegen mit Beschluss vom 11. 07. 2011 die vorläufige Sicherungsvollstreckung gemäß § 1063 Abs. 3 ZPO an.138 3. Vermögen von Zentralbanken Das Vermögen von Zentralbanken wird ebenfalls regelmäßig gesondert als hoheitlich genutztes Vermögen qualifiziert, so auch in Art. 21 Abs. 1 c) UNStImmÜ. Doch auch unabhängig von dieser Norm gilt das Vermögen von Zentralbanken in der Regel als immun,139 obgleich es sich hierbei nicht um eine allgemein anerkannte Regel des Völkerrechts zu handeln scheint140 und es auch Stimmen gibt, welche die Immunität auf lediglich für hoheitliche Zwecke gehaltenes Vermögen erstrecken möchten.141 Die Immunität betrifft vor allem Bankkonten von Zentralbanken im Ausland. Dies kann für den Gläubiger frustrierend sein, da gerade diese Konten oftmals erhebliche Beträge aufweisen. Zweck der Immunität ist in diesem Fall, dass die Staaten nicht davor abgeschreckt werden sollen, Guthaben in ausländischen Währungen zu halten.142 4. Gegenstände, die der kulturellen Repräsentation dienen Teilweise wird Gegenständen, die der kulturellen Repräsentation eines Staates dienen, aus sich heraus ein Immunitätsschutz gewährt. Art. 21 Abs. 1 UNStImmÜ listet hier zwei Fallgruppen auf. Während Buchstabe d) Vermögen, das Bestandteil des kulturellen Erbes des Staates oder seiner Archive ist, umfasst, betrifft Buchstabe e) Vermögen, das Bestandteil einer Ausstellung von wissenschaftlich, kulturell oder historisch bedeutsamen Gegenständen ist, sofern diese nicht zum Verkauf stehen. Die genaue Abgrenzung ist hierbei nicht ganz eindeutig, jedenfalls ergibt sich aus den Vorschriften, dass Gegenstände, die der kulturellen Repräsentanz dienen, nicht der Zwangsvollstreckung unterliegen sollen.143 Dem liegt eine allgemeine völkerge137

OLG München, IPRspr. 2011, 811, 812. Vgl. KG Berlin, SchiedsVZ 2013, 112, 114, der Beschluss der Sicherungsanordnung selbst ist soweit ersichtlich nicht veröffentlicht worden. 139 BGH, NJW-RR 2013, 1532. 140 Siehe Wefelscheid, Vollstreckungsimmunität fremder Staaten, S. 85; Fox/Webb, The Law of State Immunity, S. 523. 141 Höfelmeier, Vollstreckungsimmunität der Staaten, S. 200 f.; Schreuer, Zur Zulässigkeit von Vollstreckungsmaßnahmen in Bankkonten ausländischer Staaten, 521, 541 f.; Schack, Internationales Zivilverfahrensrecht, Rn. 187. 142 Schreuer, Zur Zulässigkeit von Vollstreckungsmaßnahmen in Bankkonten ausländischer Staaten, 521, 541; Fox/Webb, The Law of State Immunity, S. 523; Schack, Internationales Zivilverfahrensrecht, Rn. 187. 143 Siehe auch KG Berlin, Beschluss v. 26. 06. 2002 – 9 W 176/02, Rn. 20; Beschluss v. 05. 03. 2010 – 18 W 2/10. 138

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Kap. 4: Das Zwangsvollstreckungsverfahren

wohnheitsrechtliche Regel zu Grunde, nach der diejenigen Kunstgegenstände und andere Kulturgüter dem Vollstreckungszugriff entzogen sind, denen ein hoheitlicher Verwendungszweck zukommt.144 Kunstgegenstände und andere Kulturgüter könnten sonst als Objekt der Zwangsvollstreckung aber gerade deshalb ins Auge fallen, da sie zum einen immense Geldwerte verkörpern und zum anderen durch den internationalen Leihverkehr zwischen Museen oft ins Ausland verbracht werden.145 Das KG Berlin verweigerte beispielsweise die Beschlagnahme von zwei Ausstellungsstücken, die das Nationalmuseum Syriens für eine Ausstellung im Landesmuseum Baden-Württemberg bereitgestellt hatte, da es davon ausging, dass die Gegenstände in ihrer Repräsentanz syrischen Kulturgutes hoheitlichen Zwecken dienten.146 Jedoch umfasst diese Fallgruppe nicht nur Kunstgegenstände, sondern sämtliche Rechtsgüter, die der kulturellen Repräsentation dienen. Vom BGH wurde so beispielsweise dem Russischen Haus in Berlin, als ausländischer Vertretung des russischen Zentrums für internationale, wissenschaftliche und kulturelle Zusammenarbeit bei dem Außenministerium der Russischen Föderation, welches die Förderung russischer Kultur in Deutschland verfolgte, Vollstreckungsimmunität gewährt.147 Letzen Endes lässt sich aber auch diese Fallgruppe wieder darauf herabbrechen, dass Gegenstände, die hoheitlichen Zwecken dienen, von der Vollstreckungsimmunität erfasst sind,148 obgleich die Feststellung des hoheitlichen Zweckes hier eines besonderen Begründungsaufwandes bedarf.149 Eine weitere Ausnahme ergibt sich aus den §§ 73 ff. Kulturgutschutzgesetz,150 wonach eine Rückgabezusage hinsichtlich Kunstleihgaben abgegeben werden kann. Die betreffenden Gegenstände unterliegen dann nicht dem Zugriff in der Zwangsvollstreckung.151 Hierbei ist es unerheblich, woher die Gegenstände ursprünglich stammen.152

144 Weller, IPRax 2011, 574, 576; Lorz, Ausländische Staaten vor deutschen Zivilgerichten, S. 371. 145 Wefelscheid, Vollstreckungsimmunität fremder Staaten, S. 113. 146 KG Berlin, Beschluss v. 05. 03. 2010 – 18 W 2/10. 147 BFH, BeckRS 2009, 86470, Rn. 19; Anmerkung dazu Weller, LMK 2010, 304719. 148 Höfelmeier, Vollstreckungsimmunität der Staaten, S. 205. 149 Siehe Weller, IPRax 2011, 574, 576, „das Neue dieser Regel besteht allenfalls darin, die Repräsentation und Präsentation der eigenen Kultur eines ausländischen Staates im Inland als hoheitlichen Zweck anzuerkennen“. 150 BGBl. I S. 1914. 151 Lorz, Ausländische Staaten vor deutschen Zivilgerichten, S. 372; Weller, Rpfleger 2006, 364, 370; sowie Wefelscheid, Vollstreckungsimmunität fremder Staaten, S. 115 f. (jedoch mit veralteten Normzitaten). 152 Beispielsweise ist dann auch Beutekunst befreit. Siehe Hirsch, NJW 2001, 1627.

B. Vollstreckungsimmunität

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5. Bewertung Obgleich einzelnen Arten von Rechtsgütern ein besonderer Charakter zugesprochen wird und für diese darum teilweise ein gesonderter Verzicht auf die Immunität verlangt wird, lässt sich bei sämtlichen der oben behandelten Fallgruppen als Hintergrund feststellen, dass die fraglichen Güter in irgendeiner Art staatlichen Aufgaben dienen. Bei diplomatischer und militärischer Tätigkeit ist dies auf den ersten Blick ersichtlich.153 Doch auch die kulturelle Repräsentation im Ausland dient letzten Endes dem Zweck, das Bild des Staates im Ausland zu beeinflussen und somit einer staatlichen Aufgabe. Bestehen Sonderregelungen, so gehen sie aber der „normalen“ Vollstreckungsimmunität als leges speciales vor.154 Dass sich die verschiedenen Fallgruppen herausgearbeitet haben zeigt, dass noch immer kein kohärentes Prüfschema besteht, nach welchem staatlichem Eigentum Immunität zugesprochen wird. Als „Case Law“ lassen sich die Fallgruppen jedoch für Praktiker zunutze machen, da sie die Subsumption unter den Begriff des hoheitlich genutzten Gegenstands vereinfachen.

III. Anwendung von NYÜ und ICSID-Übereinkommen Aufgrund der speziellen Durchsetzungsregimes für Schiedssprüche unter dem NYÜ und dem ICSID-Übereinkommen bedarf es einer gesonderten Erörterung, inwiefern die nationalen Vorstellungen zur Vollstreckungsimmunität auf die Zwangsvollstreckung aus (ISDS-)Schiedssprüchen Anwendung finden. Da diese Übereinkommen den Staaten spezielle Vorgaben bei der Durchsetzung von Schiedssprüchen machen, könnte dies nämlich auch Auswirkungen auf die Anwendung der Vollstreckungsimmunität haben.

1. Vollstreckungsimmunität und NYÜ Im Zusammenhang mit der Durchsetzung von ISDS-Schiedssprüchen wird zunächst debattiert, über welchen Weg die Vollstreckungsimmunität unter dem Regime des NYÜ Beachtung finden kann.155 Wie gezeigt bietet das NYÜ in seinem Art. V nur begrenzte Möglichkeiten, um die Durchsetzung eines Schiedsspruches zu verwei-

153 KG Berlin, BeckRS 2010, 15531, sieht den Betrieb einer Botschaft als „klassischen Fall einer hoheitlichen Zweckbestimmung“; Hausmann, Ausländische Staaten als Darlehens- oder Anleiheschuldner, 289, 308; vgl. auch Höfelmeier, Vollstreckungsimmunität der Staaten, 186 f. 154 Wefelscheid, Vollstreckungsimmunität fremder Staaten, S. 136. 155 Vgl. Bjorklund, State Immunity and the Enforcement of Investor-State Arbitral Awards, 302, 308.

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Kap. 4: Das Zwangsvollstreckungsverfahren

gern. Die Vollstreckungsimmunität wird im NYÜ jedoch nicht direkt angesprochen.156 Teilweise wird darum überlegt, die Vollstreckungsimmunität in die ordre publicAusnahme des Art. VAbs. 2 NYÜ einzugliedern.157 Begründet wird dies damit, dass es im öffentlichen Interesse eines Staates liege, die Vollstreckungsimmunität zu beachten, und nicht durch eine Zwangsvollstreckung in fremde sensible Politikangelegenheiten einzugreifen. Dies ergebe sich aus der Völkercourtoisie oder aus internen konstitutionellen Strukturen.158 Eine Gegenauffassung sieht die Einfallsmöglichkeit für die Vollstreckungsimmunität in Art. III NYÜ, wonach jeder Vertragsstaat Schiedssprüche als wirksam anerkennt und sie nach den Verfahrensvorschriften des Hoheitsgebietes, in dem der Schiedsspruch geltend gemacht wird, zur Vollstreckung zulässt.159 Eine weitere Auffassung wendet weder Art. III NYÜ noch Art. V NYÜ an, da sich das NYÜ auf das Verfahren der Vollstreckbarerklärung beschränke und es die Zwangsvollstreckung alleine in den Händen des Vollstreckungsstaates lasse.160 Dieser letzten Ansicht ist zu folgen. Das NYÜ beschäftigt sich alleine mit der Vollstreckbarerklärung eines Schiedsspruchs und möchte klarstellen, dass dem Schiedsspruch Titelqualität zukommt. Die eigentliche Zwangsvollstreckung wird von ihm nicht erfasst. Wurde das Exequatur einmal erteilt, so richtet sich die Zwangsvollstreckung nur noch nach dem nationalen Recht. Das NYÜ kann darum nicht in der Phase nach Erteilung des Exequaturs angewandt werden. Die ersten beiden Ansichten vermischen das Verfahren des Exequaturs mit demjenigen der Zwangsvollstreckung. Im Übrigen könnten die mit dem Zwangsvollstreckungsverfahren befassten Gerichte in Deutschland das NYÜ auch überhaupt nicht anwenden, da die Verweisung auf das NYÜ in § 1061 Abs. 1 ZPO das Verfahren der Anerkennung und Vollstreckbarerklärung betrifft und somit andere Zuständigkeiten bestehen. 2. Gleichlauf zwischen ICSID- und ad hoc-Schiedssprüchen In den vorherigen Kapiteln wurde viel Wert darauf gelegt, die Unterschiede zwischen ad hoc- und ICSID-Schiedssprüchen bei ihrer Durchsetzung herauszuar156

Rivkin/Tahbaz, Attachment and Execution on Commercial Assets, 139, 140; Toope, Mixed international arbitration, S. 140; Bjorklund, State Immunity and the Enforcement of Investor-State Arbitral Awards, 302, 308; Barbosa, TDM 6 (2009), 1, 21. 157 Toope, Mixed international arbitration, S. 140. 158 Toope, Mixed international arbitration, S. 140 f. m.w.N. 159 Barbosa, TDM 6 (2009), 1, 21; Weller, Rpfleger 2006, 364, 368; Bjorklund, State Immunity and the Enforcement of Investor-State Arbitral Awards, 302, 308 f.; so wohl auch BGH, NJW-RR 2006, 198, 200; Kröll, IPRax 2004, 223, 228. 160 OLG Köln, SchiedsVZ 2004, 99, 102; Gerlich, Am. Rev. Int’l Arb. 2015, 47, 61; Meessen, State Immunity in the arbitral Process, 387, 396.

B. Vollstreckungsimmunität

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beiten. Eine solche Unterscheidung ist in Bezug auf die Vollstreckungsimmunität jedoch nicht nötig. Während die ICSID-Regelungen sonst grundsätzlich für ein vereinfachtes Verfahren stehen, schränken sie in diesem entscheidenden Punkt die Rechte des Schuldnerstaates nicht ein.161 Vielmehr regelt Art. 55 ICSID explizit, dass auch bei ICSID-Schiedssprüchen die Regeln zur Staatenimmunität bei der Vollstreckung angewendet werden können. Dies stellt keine Abweichung vom sonstigen System des ICSID-Übereinkommens dar. Im Grunde stellt Art. 55 ICSID lediglich noch einmal klar, was Art. 54 Abs. 3 ICSID bereits normiert hat: bei der Vollstreckung gelten die jeweiligen Regelungen des Vollstreckungsstaates.162 Die Zwangsvollstreckung ist also durch das ICSID-Übereinkommen nicht vereinheitlicht, sondern unterliegt dem jeweiligen autonomen Recht. Als Grund für diesen „Schwachpunkt“ wird die Tatsache genannt, dass die verschiedenen Rechtssysteme der Mitgliedstaaten so unterschiedlich in ihrer Struktur und Rechtstradition seien, dass eine Vereinheitlichung kaum realisierbar gewesen wäre.163 Art. 55 ICSID wird auch als die „Achilles-Ferse“164 des ICSID-Übereinkommens bezeichnet. Obwohl die Staaten das Exequatur in jedem Fall erteilen müssen, kann die Vollstreckung immer noch an der Staatenimmunität scheitern, ohne dass der Vollstreckungsstaat165 seine Pflichten verletzt. Dieser Umstand wird stark kritisiert, da dem Investor mit der einen Hand etwas gegeben werde, was man ihm mit der anderen Hand wieder nehme.166 Da dieser Artikel jedoch lediglich keine Besserstellung gegenüber sonstigen Schiedssprüchen gewährt, wäre die Kritik weniger in Bezug auf das ICSID-Übereinkommen, sondern vielmehr auf die Zwangsvollstreckung aus Schiedssprüchen gegen Staaten allgemein angebracht, sofern hierdurch die Zwangsvollstreckung tatsächlich in größerem Maße verhindert würde.167

161 Delaume, Arb. J. 38 (1983), 34, 36; Toope, Mixed international arbitration, S. 246; Dolzer/Schreuer, Principles of international investment law, S. 311. 162 Canè, Am. Rev. Int. Arbitr. 15 (2004), 439, 452; J. Martin Hunter/Olmedo, JWIT 12 (2011), 307, 311; Joemrith, Enforcing arbitral awards against sovereign states, S. 125; Reed/ J. Paulsson/Blackaby, Guide to ICSID arbitration, S. 185; Rice, TDM 14 (2017), 4; Wefelscheid, Vollstreckungsimmunität fremder Staaten, S. 123; Gerlich, Am. Rev. Int’l Arb. 2015, 47, 60; Delaume, Sovereign Immunity and transnational arbitration, 313, 321. 163 International Bank for Reconstruction and Development, Report of the Executive Directors on the Convention, 35, Rn. 42; siehe auch Soley, Int’l Law 1985, 521, 539. 164 Schreuer, ICSID Convention, Art. 55, Rn. 8. 165 Allerdings verletzt der Schuldnerstaat seine Pflicht aus Art. 53 Abs. 1 ICSID, sofern er den Schiedsspruch nicht freiwillig befolgt. 166 Nmehielle, Annual Survery of Int’l & Comp. Law 2001, 21, 47: „Endorsement of sovereign immunity by the Convention amounts to giving a gift with one hand and taking it away with the other.“. 167 Vgl. Bjorklund, State Immunity and the Enforcement of Investor-State Arbitral Awards, 302, 321 „[…], it might well be the Achilles’ heel in the body of investor-State dispute settlement.“.

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Kap. 4: Das Zwangsvollstreckungsverfahren

3. Zwischenfazit Weder das NYÜ noch das ICSID-Übereinkommen wirken sich auf die Anwendung der Vollstreckungsimmunität im Zwangsvollstreckungsverfahren aus. Beide Übereinkommen beschränken sich bei der Regelung der Durchsetzung der ihnen unterliegenden Schiedssprüche auf das Exequaturverfahren, weshalb sie für das Zwangsvollstreckungsverfahren keine Relevanz besitzen.

IV. Verzicht auf die Vollstreckungsimmunität Wie auf die Jurisdiktionsimmunität, können Staaten auch auf ihre Vollstreckungsimmunität verzichten.168 Dies gilt auch dann, wenn ein Staat der Doktrin von der absoluten Vollstreckungsimmunität folgt.169 Nach EUStImmÜ und UNStImmÜ muss der Verzicht ausdrücklich170 erfolgen. Dennoch scheint es keinen allgemeinen internationalen Konsens dahingehend zu geben, dass der Verzicht ausdrücklich und schriftlich erfolgen müsse.171 Einig ist man sich aber, dass der Verzichtswille in irgendeiner Form klar und deutlich zum Ausdruck gebracht worden sein muss.172 Da im Falle von ISDS-Schiedsverfahren die Schiedsabrede in der Regel durch ein IIA oder einen Investor-Staat-Vertrag schriftlich vereinbart ist, wird sich ein entsprechender Verzichtswille – sofern vorhanden – aus diesem ergeben. Fraglich ist dann alleine, ob in der schriftlichen Abrede ein deutlicher Verzichtswille zum Ausdruck kommt. Die Auslegung der Erklärung erfolgt für die Zwangsvollstreckung in Deutschland anhand der §§ 133, 157 BGB.173 Kann man aber einen entsprechenden Willen aus der Abrede herauslesen, so erscheint es zu formalistisch, einen bestimmten Wortlaut zu fordern, der dann als „ausdrücklich“ gilt. Diejenigen Stimmen, die eine Unterscheidung zwischen objektbezogener und nicht-objektbezogener Vollstreckungsimmunität vornehmen wollen, sind sich wohl

168 BVerfG, NJW 1978, 485, 494; Dahm, Völkerrecht, S. 248; Schaumann, Berichte der Deutschen Gesellschaft für Völkerrecht 1968, 1, 154; Lorz, Ausländische Staaten vor deutschen Zivilgerichten, S. 300; Hobe/Griebel, ZLW 2006, 225, 231; Gerlich, Am. Rev. Int’l Arb. 2015, 47, 65; Reinisch, EJIL 17 (2006), 803, 817. 169 Reinisch, EJIL 17 (2006), 803, 817. 170 Vgl. Art. 23 EuStImmÜ; Art. 19 a) UNStImmÜ. 171 Für einen ausdrücklichen Verzicht Langkeit, Staatenimmunität und Schiedsgerichtsbarkeit, S. 44 f.; für einen stillschweigenden Verzicht Schaumann, Berichte der Deutschen Gesellschaft für Völkerrecht 1968, 1, 155; Lorz, Ausländische Staaten vor deutschen Zivilgerichten, S. 302 f.; Höfelmeier, Vollstreckungsimmunität der Staaten, S. 132 f. 172 BGH, NJW-RR 2013, 1532, 1534; Wefelscheid, Vollstreckungsimmunität fremder Staaten, S. 140; Lorz, Ausländische Staaten vor deutschen Zivilgerichten, S. 303; Höfelmeier, Vollstreckungsimmunität der Staaten, S. 134 (Gebot der Klarheit und Erkennbarkeit); Hobe/ Griebel, ZLW 2006, 225, 231 (es müssen hinreichende Anhaltspunkte vorhanden sein). 173 KG Berlin, IPRspr 2003, 364, Rn. 37; Weller, Rpfleger 2006, 364, 368.

B. Vollstreckungsimmunität

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einig, dass ein Verzicht auf die nicht-objektbezogene Vollstreckungsimmunität auch stillschweigend oder durch schlüssiges Verhalten erfolgen kann.174 Im Folgenden ist zu klären, in welchen Fällen im Zusammenhang mit ISDSVerfahren ein Verzicht des Gaststaates auf die objektbezogene Vollstreckungsimmunität tatsächlich vorliegt, beziehungsweise wann man eine Erklärung als deutlich zum Ausdruck gebrachten Verzicht interpretieren kann. Zum Adressaten des Verzichts gilt dasselbe wie zum Verzicht auf die Jurisdiktionsimmunität.175 1. Impliziter Verzicht in der Schiedsabrede a) Verzicht durch Abschluss der Schiedsabrede Teilweise wird angenommen, dass bereits in der Bereitschaft sich auf ein Schiedsverfahren einzulassen nicht nur ein Verzicht auf die Jurisdiktionsimmunität, sondern auch auf die Vollstreckungsimmunität liege.176 Zunächst ist festzuhalten, dass es keine eindeutige Vorschrift gibt, die dieses Ergebnis kodifiziert.177 Im Gegenteil besagt Art. 20 UNStImmÜ, dass die Zustimmung zur Ausübung der Gerichtsbarkeit im Erkenntnisverfahren die Zustimmung zur Ergreifung von Zwangsmaßnahmen nicht einschließt.178 Eine ähnliche Regelung findet sich in Art. 18 Abs. 2 der ILC Draft articles on Jurisdictional Immunities of States and Their Property.179 Darum ist fraglich, ob in der Bereitschaft für ein Schiedsverfahren dennoch ein impliziter, konkludenter Verzicht auf die Vollstreckungsimmunität gesehen werden kann. Bernini und van den Berg sind der Auffassung, dass es unlogisch sei, mit der Einwilligung zum Schiedsverfahren zwar einen Verzicht auf die Jurisdiktionsimmunität, jedoch nicht für die Vollstreckungsimmunität anzunehmen.180 Teilweise wird nicht einmal die Verknüpfung zum Verzicht auf die Jurisdiktionsimmunität herangezogen und mit dem Abschluss der Schiedsabrede direkt ein Ausschluss der Vollstreckungsimmunität gefordert.181

174

Vgl. Langkeit, Staatenimmunität und Schiedsgerichtsbarkeit, S. 44, m.w.N. Siehe oben S. 150. 176 Joemrith, Enforcing arbitral awards against sovereign states, S. 156; van den Berg, ICSID Rev. 1987, 439, 449 f.; van den Berg, Arb. Int’l 1989, 2, 13. 177 Joemrith, Enforcing arbitral awards against sovereign states, S. 157. 178 Lengelsen, Aktuelle Probleme der Staatenimmunität, S. 150; Reinisch, EJIL 17 (2006), 803, 817. 179 Reinisch, EJIL 17 (2006), 803, 817. 180 Bernini/van den Berg, The enforcement of arbitral awards against a state, 359, 360; siehe auch Bjorklund, State Immunity and the Enforcement of Investor-State Arbitral Awards, 302, 303. 181 Toope, Mixed international arbitration, S. 143. 175

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Kap. 4: Das Zwangsvollstreckungsverfahren

Auf einer Linie mit Bernini und van den Berg nahm die französische Cour d’Appel de Rouen in Société Bec Frères ./. Office des céréales de Tunisie an, dass bereits mit Abschluss der Schiedsvereinbarung ein Verzicht auf die Vollstreckungsimmunität bestehe.182 Ähnlich argumentierte auch das Unternehmen LIAMCO im Exequaturverfahren in der Schweiz gegen Libyen.183 Das Unternehmen vertrat hier, dass mit der Unterzeichnung einer Schiedsklausel auch ein Verzicht auf die Vollstreckungsimmunität einherginge.184 Das schweizerische Bundesgericht verweigerte das Exequatur bereits deshalb, weil es die dort nicht vorliegende „Binnenbeziehung“185 für die Erteilung des Exequaturs forderte,186 und prüfte den Verzicht nicht.187 Die wohl überwiegende Ansicht sieht jedoch alleine durch den Abschluss einer Schiedsabrede noch keinen Verzicht auf die (objektbezogene) Vollstreckungsimmunität.188 Das BVerfG ist der Auffassung, dass sich alleine von der Unterwerfung unter die Jurisdiktion eines Staates oder von einem entsprechenden Immunitätsverzicht im Erkenntnisverfahren nicht auf einen Immunitätsverzicht im Zwangsvollstreckungsverfahren schließen lässt.189 Dies muss dann erst recht für den Fall gelten, bei dem sich ein Staat einem Schiedsgericht unterworfen hat. Denn in der Entscheidung des BVerfG lag zumindest bereits eine Unterwerfung unter die Jurisdiktion eines Staates vor, was jedoch bei einem Schiedsverfahren nicht notwendigerweise der Fall sein muss.

182 Cour d’appel de Rouen, Rev. Arb. 1997, 263; Niggemann, BB Beil. 2001, 11, 19; Gaillard, Three Incompatible Principles, 179, 180. 183 Schweizerisches Bundesgericht, IPRax 1982, 155. 184 Schweizerisches Bundesgericht, IPRax 1982, 155, 157. 185 Siehe zum schweizerischen Erfordernis der Binnenbeziehung bereits oben S. 129. 186 Schweizerisches Bundesgericht, IPRax 1982, 155, 157. 187 Hierfür wird es stark kritisiert. Siehe Bucher, IPRax 1982, 161, 163. 188 BGH, SchiedsVZ 2006, 44, 46; SchiedsVZ 2013, 110, Rn. 14; NJW-RR 2013, 1532, Rn. 24; OLG Köln, SchiedsVZ 2004, 99, 102; Riedinger, RabelsZ 45 (1981), 448, 454; Schönfeld, NJW 1986, 2980, 2985; Walter, Immunität in der Zwangsvollstreckung im deutschen und schweizerischen Recht, 771, 779; Langkeit, Staatenimmunität und Schiedsgerichtsbarkeit, S. 218; Herdegen, RIW 1989, 329, 336; Rensmann, Anationale Schiedssprüche, S. 269 f.; Kröll, IPRax 2004, 223, 229; Weller, Rpfleger 2006, 364; Schreuer, ICSID Convention, Art. 55, Rn. 81; Lengelsen, Aktuelle Probleme der Staatenimmunität, S. 150 f.; Lorz, Ausländische Staaten vor deutschen Zivilgerichten, S. 306; Linke/Hau, Internationales Zivilverfahrensrecht, 3.25. 189 BVerfG, NJW 2007, 2605, 2607; so auch Lorz, Ausländische Staaten vor deutschen Zivilgerichten, S. 300; Schaumann, Berichte der Deutschen Gesellschaft für Völkerrecht 1968, 1, 155; Schack, Internationales Zivilverfahrensrecht, Rn. 190; Reinisch, EJIL 17 (2006), 803, 817 f.; Bouchez, N.Y.I.L. 10 (1979), 3, 23.

B. Vollstreckungsimmunität

281

Wenn man zudem, wie in dieser Arbeit vertreten,190 im Abschluss der Schiedsabrede (abgesehen von ICSID-Abreden) schon nicht automatisch einen Verzicht auf die Jurisdiktionsimmunität sieht, kann dies erst recht nicht für das einschneidendere Zwangsvollstreckungsverfahren gelten. b) Verzicht durch Inbezugnahme von speziellen Schiedsregeln Eine etwas differenziertere Auffassung sieht zwar noch nicht alleine im Abschluss einer Schiedsabrede einen Verzicht auf die Vollstreckungsimmunität, lässt jedoch bereits die Bezugnahme auf bestimmte Verfahrensregeln als einen impliziten Verzicht zu. Einen solchen impliziten Verzicht sah die französische Cour de Cassation im Fall Creighton ./. Qatar191 in der dort maßgeblichen Schiedsabrede.192 Begründet wurde dies damit, dass es für einen Verzicht auf die Vollstreckungsimmunität genüge, wenn die Schiedsvereinbarung ein Verfahren nach den Regeln der Internationalen Handelskammer vorsehe. Dies ergebe sich aus Art. 24 der Schiedsregeln193.194 Diese besagten, dass jede Partei sich dazu verpflichte, den aus dem Verfahren resultierenden Schiedsspruch anzuerkennen und zu erfüllen. Eine explizite Verzichtsklausel beinhalteten die Regeln nicht. Diese Entscheidung wurde stark kritisiert195 und ihr ist nicht zu folgen. Auch Art. 34 Abs. 2 der UNCITRAL-Arbitration Rules196 sieht eine ähnliche Regelung wie die ICC-Schiedsregeln vor.197 Die Verpflichtung zur sofortigen Erfüllung des Schiedsspruches impliziert jedoch nicht automatisch einen Willen zum Immunitätsverzicht.198 Eine solche Klausel soll sicherstellen, dass keine inhaltliche Über190

Siehe oben S. 104 ff. Cour de Cassation, Bulletin 2000, 135. 192 Kröll, IPRax 2002, 439, 440 f. 193 Der Text des damals einschlägigen Art. 24 lautet: 1. The arbitral award shall be final. 2. By submitting the dispute to arbitration by the international Chamber of Commerce, the parties shall be deemed to have undertaken to carry out the resulting award without delay and to have waived their right to any form of appeal insofar as such waiver can validly be made. In der seit dem 01. 01. 2014 gültigen Fassung der Schiedsregeln findet sich eine solche Klausel in Art. 25 Abs. 6. 194 Gaillard, Three Incompatible Principles, 179 f.; Rice, TDM 14 (2017), 6 f.; MeyerFabre, Int’l Arb. Rep 15 (2000), 1, 2. 195 Meyer-Fabre, Int’l Arb. Rep 15 (2000), 1, 3; Kröll, IPRax 2004, 223, 229; Lorz, Ausländische Staaten vor deutschen Zivilgerichten, S. 305; Gerlich, Am. Rev. Int’l Arb. 2015, 47, 68 f.; vgl. Gaillard, Three Incompatible Principles, 179, 181. 196 „All awards shall be made in writing and shall be final and binding on the parties. The parties shall carry out all awards without delay.“. 197 Vgl. Meyer-Fabre, Int’l Arb. Rep 15 (2000), 1, 3, Fn. 9. 198 Lorz, Ausländische Staaten vor deutschen Zivilgerichten, S. 305; Kröll, IPRax 2002, 439, 443; Meyer-Fabre, Int’l Arb. Rep 15 (2000), 1, 3. 191

282

Kap. 4: Das Zwangsvollstreckungsverfahren

prüfung des Schiedsspruchs durch staatliche Gerichte, beispielsweise in einem Aufhebungsverfahren, erfolgt,199 und noch einmal festschreiben, dass eine Nichtbefolgung des Schiedsspruchs eine Vertragsverletzung darstellt. In der Literatur wurde der Klausel sogar ein rein „psychological effect“ zugesprochen.200 Jedenfalls kann daraus, dass sich ein Staat bereiterklärt, sich auf ein Schiedsverfahren einzulassen und anschließend die Entscheidung freiwillig zu befolgen, nicht automatisch geschlossen werden, dass er auch einen Zugriff auf sein hoheitlich genutztes Vermögen akzeptieren möchte. c) Keine Erheblichkeit des Immunitätsverzichts für das Exequaturverfahren Auch der Immunitätsverzicht für das Exequaturverfahren verhindert nicht die Geltendmachung der Immunität hinsichtlich des Vollstreckungsobjektes.201 Die Unterwerfung unter die Jurisdiktion eines Staates impliziert nicht auch einen Verzicht für das Zwangsvollstreckungsverfahren.202 Van den Berg vertritt jedoch, dass der Verzicht auf die Jurisdiktionsimmunität auch einen Verzicht auf die Vollstreckungsimmunität impliziere.203 Dies ergebe sich aus dem Grundsatz pacta sunt servanda und der Tatsache, dass der Staat mit dem Abschluss der Schiedsabrede alle Konsequenzen akzeptiert habe.204 Canè hingegen nimmt zwar nicht an, dass sich der Verzicht nach aktuellem Rechtsstand auch auf das Vollstreckungsverfahren erstreckt, sie befürwortet aber, dass die nationalen Gerichte die Klausel dergestalt auslegen sollten.205 Eine solche Erstreckung des Verzichts findet jedoch weder Rückhalt in der Praxis der Gerichte, noch kann sie aus den einschlägigen Regelwerken entnommen werden. Bucher schreibt dazu: „Die Unterscheidung zwischen Jurisdiktions- und Exekutions-Immunität, wie sie hier postuliert wird, verbietet es, in die von den Parteien vereinbarte Schiedsklausel, bloß weil sie einen Verzicht auf die Jurisdiktionsimmunität beinhaltet, gewissermaßen aus begrifflichen Gründen (d. h. der Auffassung der Immunität bzw. des Immunitätsverzichts als eines für Jurisdiktion und Exekution einheitlichen Phänomens) automatisch einen Verzicht auf die Exekutions-Immunität hineinprojizieren.“.206

199

Kröll, IPRax 2002, 439, 443. Meyer-Fabre, Int’l Arb. Rep 15 (2000), 1, 3. 201 Hobe/Griebel, ZLW 2006, 225, 231; Wefelscheid, Vollstreckungsimmunität fremder Staaten, S. 140. 202 BVerfG, NJW 2007, 2605, Rn. 37; BGH, NJW-RR 2006, 198, 200; SchiedsVZ 2006, 44, Rn. 22; SchiedsVZ 2013, 110, 112; Dahm, Völkerrecht, S. 248; Gerlich, Am. Rev. Int’l Arb. 2015, 47, 67; Bjorklund, Am. Rev. Int’l Arb. 21 (2010), 211, 222. 203 van den Berg, Arb. Int’l 1989, 2, 13. 204 van den Berg, Arb. Int’l 1989, 2, 13. 205 Canè, Am. Rev. Int. Arbitr. 15 (2004), 439, 461 f. 206 Bucher, IPRax 1982, 161, 164. 200

B. Vollstreckungsimmunität

283

Auch sonst ist der Ansicht zu folgen, die einen separaten Verzicht auf die Vollstreckungsimmunität fordert. Würde man in der Einwilligung für das Exequaturverfahren automatisch einen Verzicht auf die Vollstreckungsimmunität sehen, so wäre die Unterscheidung der Immunitäten Makulatur. Ein Staat kann durchaus Interesse daran haben, dass in einem Schiedsverfahren die Rechtslage geklärt wird und er in Anerkenntnis des Schiedsspruches diesen freiwillig begleichen kann. Dies bedeutet nicht, dass er auch automatisch den zwangsweisen Zugriff auf alle seine Rechtsgüter akzeptieren will.207 Überdies ist festzustellen, dass der Verzicht auf die Jurisdiktionsimmunität für das Exequaturverfahren durchaus Sinn macht, ohne dass mit ihm ein Verzicht auf die Vollstreckungsimmunität einhergehen muss: Auch Staaten, welche der restriktiven Immunitätstheorie für das Exequaturverfahren folgen, würden ohne einen Verzicht das Exequatur für ISDS-Schiedssprüche nicht erteilen, da diese regelmäßig auf hoheitlichem Handeln basieren. Kann aber nach einem Verzicht das Exequatur erteilt werden, so ist zumindest der Zugriff auf das nichthoheitlich genutzte Vermögen des Gaststaates möglich, da es hier nicht darauf ankommt, welchem Rechtsgrund der Anspruch zugrunde liegt. Der Verzicht alleine auf die Jurisdiktionsimmunität für das Exequaturverfahren eröffnet also den Zugriff auf die nichthoheitlich genutzten Gegenstände, sofern der Vollstreckungsstaat der Lehre von der restriktiven Vollstreckungsimmunität folgt. Da die Mehrheit der Staaten heute der restriktiven Vollstreckungsimmunität folgt, würde sich der Verzicht auf die Vollstreckungsimmunität überdies sowieso nur auf diejenigen Gegenstände beziehen, die auch hiernach weiterhin der Staatenimmunität unterliegen.208 Erfasst wären also nur hoheitlich genutzte Güter und sonstige befreite Gegenstände. Gerade für diese Gegenstände will der Staat aber zumindest nicht konkludent einen Immunitätsverzicht erklären. Die Ansicht, die in der Zustimmung zum Erkenntnisverfahren auch einen Verzicht auf die Immunität für die Zwangsvollstreckung sieht, macht darum nur Sinn in Staaten, die weiterhin der absoluten Vollstreckungsimmunität folgen, um den Zugriff zumindest auf kommerziell genutzte Gegenstände zu ermöglichen. Doch auch dort ist nicht davon auszugehen, dass der Verzicht für sämtliche, also auch hoheitlich genutzte, Gegenstände gelten sollte. In Staaten wie Deutschland, die der restriktiven Vollstreckungsimmunität folgen, ist diese Ansicht damit nicht schlüssig und ein separater Verzicht zu fordern. d) Impliziter Verzicht auf die Vollstreckungsimmunität im ICSID-Übereinkommen Oben wurde bereits dargestellt, dass im Beitritt zum ICSID-Übereinkommen ein impliziter Verzicht auf die Immunität für das Verfahren der Anerkennung und

207

Vgl. auch Höfelmeier, Vollstreckungsimmunität der Staaten, S. 135. Vgl. Schreuer, ICSID Convention, Art. 55, Rn. 92, „Since most statutes provide for nonimmunity of commercial property anyway, provisions on waiver of immunity from execution make sense only if they extend to non-commercial property.“. 208

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Kap. 4: Das Zwangsvollstreckungsverfahren

Vollstreckbarerklärung liegt.209 Man könnte nun überlegen, ob dieser Verzicht erweitert und gleichfalls als Verzicht auf die Vollstreckungsimmunität gesehen werden müsste.210 Folgte man der Ansicht der Cour de Cassation im eben genannten Fall Creighton gegen Qatar, so müsste man auch in jeder ICSID-Abrede einen Verzicht auf die Vollstreckungsimmunität sehen,211 da auch das ICSID-Übereinkommen in seinem Art. 53 Abs. 1 zur unverzüglichen Erfüllung des Schiedsspruchs unter Verzicht auf jedwede außerhalb des Abkommens liegenden Rechtsbehelfe verpflichtet. Eine solche Ansicht widerspricht jedoch der klaren Aussage des Art. 55 ICSID, wonach die Vollstreckungsimmunität durch das Abkommen gerade nicht beeinträchtigt wird.212 Dieser Artikel würde keinen Sinn ergeben, wenn man gleichzeitig einen impliziten Verzicht aus dem Abkommen annehmen würde. Der Verzicht auf die Jurisdiktionsimmunität durch Einwilligung in ein ICSID-Schiedsverfahren führt nicht auch zu einem Verzicht auf die Vollstreckungsimmunität.213 Das ICSID schlägt eine Klausel vor, mit welcher ein Gaststaat in einem InvestorStaat-Vertrag auf seine Vollstreckungsimmunität verzichten könnte.214 Allerdings wird diese Klausel in der Praxis kaum verwendet.215 Dass das ICSID aber selbst eine solche Klausel vorschlägt kann nur bedeuten, dass es selbst der Auffassung ist, dass ein separater Verzicht auf die Vollstreckungsimmunität notwendig ist. Aus diesem Grund wird vorgeschlagen, das ICSID-Übereinkommen dahingehend abzuändern, dass ein Verzicht auf die Vollstreckungsimmunität aufgenommen wird.216 Eine solche Änderung erscheint jedoch als unrealistisch, da es kaum abzusehen ist, dass sich alle Mitgliedstaaten darauf einlassen und damit auch ihre hoheitlich genutzten Rechtsgüter gefährden würden.217 Alternativ wird ein Zusatzprotokoll zum ICSID-Übereinkommen vorgeschlagen, welchem optional beigetre-

209

Oben S. 98. Vgl. Soley, Int’l Law 1985, 521, 544, der einen impliziten Verzicht hinsichtlich kommerzieller Rechtsgüter befürwortet. Im Lichte der restriktiven Vollstreckungsimmunität ist ein solcher Verzicht jedoch unnötig. 211 So argumentiert Rice, TDM 14 (2017), 7 f. 212 Bjorklund, State Immunity and the Enforcement of Investor-State Arbitral Awards, 302, 306; vgl. auch Kröll, IPRax 2002, 439, 443; Lorz, Ausländische Staaten vor deutschen Zivilgerichten, S. 306; Hobe/Griebel, ZLW 2006, 225, 231 f. 213 J. Martin Hunter/Olmedo, JWIT 12 (2011), 307, 312; Wefelscheid, Vollstreckungsimmunität fremder Staaten, S. 125; Bjorklund, State Immunity and the Enforcement of InvestorState Arbitral Awards, 302, 304. 214 ICISD Model Clauses, Clause 15: „The Host State hereby waives any right of sovereign immunity as to it and its property in respect of the enforcement and execution of any award rendered by an Arbitral Tribunal constituted pursuant to this agreement.“, abgedruckt in 5 ICSID Rev. 1993, 134, 146. 215 Canè, Am. Rev. Int. Arbitr. 15 (2004), 439, 457. 216 J. Martin Hunter/Olmedo, JWIT 12 (2011), 307, 318. 217 J. Martin Hunter/Olmedo, JWIT 12 (2011), 307, 318. 210

B. Vollstreckungsimmunität

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ten werden könnte.218 Doch auch hier ist höchst fraglich, ob sich Gaststaaten darauf einlassen würden. Aufgrund der voranschreitenden Verbreitung der Lehre von der restriktiven Vollstreckungsimmunität würden beide Vorschläge nur bewirken, dass die Staaten auf die Immunität für diejenigen Rechtsgüter verzichten, die sie hoheitlich nutzen. Im Ergebnis gäbe es überhaupt keine Immunität mehr im Zusammenhang mit ICSID-Schiedsverfahren. Eine solche Lösung mag aus der Sicht eines Investors erfreulich sein, da er sich sonst oftmals einer nicht unerheblichen Hürde bei der Durchsetzung des Schiedsspruchs ausgesetzt sieht. Jedoch müssen auch die Interessen des Staates in Ausgleich gebracht werden. Staaten haben ein großes Interesse daran, dass nicht jedwede Rechtsgüter beschlagnahmt werden können. Andernfalls könnte, im schlimmsten Falle, Zugriff auf Güter genommen werden, die zur Durchführung der elementaren Aufgaben oder Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung des Staates benötigt werden. Indem das ICSID-Übereinkommen gerade keinen allumfassenden Immunitätsverzicht beinhaltet, bietet es die Möglichkeit, für den Einzelfall zu entscheiden, ob ein Gegenstand von der Vollstreckungsimmunität umfasst ist oder nicht. Barbosa behauptet, ICSID-Schiedssprüche haben gegenüber ad hoc-Schiedssprüchen einen Nachteil, da Art. 55 ICSID einen impliziten Immunitätsverzicht in der Schiedsabrede verbiete.219 Langkeit ist hingegen der Meinung, dass, sofern man bereits im Abschluss einer Schiedsvereinbarung einen Verzicht auf die Vollstreckungsimmunität erblickt, dies auch für ICSID-Schiedsvereinbarungen gelten müsse.220 Es komme alleine darauf an, wie der Vollstreckungsstaat die Schiedsabrede interpretiere um zu klären, ob in ihr ein Verzicht auf die Vollstreckungsimmunität gesehen werden kann.221 Langkeit ist dahingehend zuzustimmen, dass Art. 55 ICSID nicht dazu führt, dass in einer Schiedsabrede nie ein Verzicht auf die Vollstreckungsimmunität für einen ICSID-Schiedsspruch gesehen werden kann.222 Findet sich in dem der Schiedsabrede zugrundeliegenden IIA eine eigenständige Klausel, die als Verzicht auf die Vollstreckungsimmunität interpretiert werden kann, so gilt dieser Verzicht auch für einen ICSID-Schiedsspruch, sofern der Vollstreckungsstaat den Verzicht anerkennt. Doch auch ein impliziter Verzicht auf die Vollstreckungsimmunität wird durch Art. 55 ICSID nicht ausgeschlossen, da dieser Artikel lediglich regelt, dass sich die Möglichkeit eines Immunitätsverzichts nach den jeweiligen nationalen Regeln richtet.223 Erlauben diese aber einen impliziten Immunitätsverzicht, so gilt dies sowohl für ad hoc-, als auch für ICSID-Schiedssprüche. Entgegen Barbosa ist darum kein Vorteil von ad hoc- gegenüber ICSID-Schiedssprüchen zu 218

Canè, Am. Rev. Int. Arbitr. 15 (2004), 439, 460. Barbosa, TDM 6 (2009), 1, 24 f. 220 Langkeit, Staatenimmunität und Schiedsgerichtsbarkeit, S. 104. 221 So auch Wefelscheid, Vollstreckungsimmunität fremder Staaten, S. 125; Gerlich, Am. Rev. Int’l Arb. 2015, 47, 69; vgl. auch Soley, Int’l Law 1985, 521, 540. 222 Langkeit, Staatenimmunität und Schiedsgerichtsbarkeit, S. 104; so auch Bjorklund, Am. Rev. Int’l Arb. 21 (2010), 211, 223. 223 Vgl. Soley, Int’l Law 1985, 521, 540. 219

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Kap. 4: Das Zwangsvollstreckungsverfahren

sehen, da in beiden Fällen das nationale Recht darüber entscheidet, ob ein Verzicht anerkannt wird. Da jedoch in Deutschland nicht alleine im Abschluss der Schiedsabrede ein Verzicht auf die Vollstreckungsimmunität gesehen wird, muss hier auch für ICSID-Schiedssprüche ein expliziter Verzicht verlangt werden. Nicht zu folgen ist jedoch Langkeit bei seiner Annahme, die Gerichte müssten bei der Auslegung einer Schiedsvereinbarung zu einem Verzicht tendieren, da Art. 53 Abs. 1 ICSID eine Verpflichtung des Schuldnerstaates beinhalte, bei deren Verletzung der Exequaturstaat nicht helfen dürfe.224 Die Pflicht einen Schiedsspruch zu befolgen und die Pflicht einen solchen durchzusetzen sind zwei verschiedene Pflichten, die nicht miteinander vermengt werden dürfen. Nur weil sich ein Staat vertragsbrüchig zeigt, bedeutet dies nicht, dass ein anderer Staat dazu verpflichtet ist, dieses Fehlverhalten zu korrigieren. Im Ergebnis lässt sich darum feststellen, dass wieder ein Gleichlauf zwischen ad hoc-Schiedssprüchen und ICSID-Schiedssprüchen besteht: Sofern sich in einem IIA ein Verzicht auf die Vollstreckungsimmunität findet, bezieht sich dieser Verzicht auf alle Arten von Schiedssprüchen, die auf seiner Grundlage ergangen sind. Hingegen folgt nicht bereits aus dem reinen Beitritt zum ICSID-Übereinkommen ein Verzicht auf die Vollstreckungsimmunität. e) Impliziter Verzicht durch Verpflichtung zur Befolgung eines Schiedsspruches in IIAs Sofern man davon ausgeht, dass die Inbezugnahme von bestimmten Schiedsregeln, welche eine Verpflichtung zur Befolgung der Schiedssprüche festschreiben, keinen Verzicht auf die Vollstreckungsimmunität bedeutet, muss dies ebenfalls gelten, sofern eine solche Verpflichtung in einen IIA225 aufgenommen wird. Eine solche Klausel spiegelt lediglich den Grundsatz pacta sunt servanda wieder und erinnert den Vertragsstaat daran, seinen Verpflichtungen nachzukommen. Hierin liegt jedoch nicht auch ein Verzicht auf die Vollstreckungsimmunität.226 Der Vertragsstaat bestätigt hier lediglich seinen Willen, sich der Entscheidung des Schiedsgerichts zu unterwerfen, nicht jedoch einen Willen zur Aufgabe der Immunität in Bezug auf seine hoheitlich genutzten Rechtsgüter. f) Zwischenfazit In der Schiedsabrede alleine kann kein impliziter Verzicht auf die Vollstreckungsimmunität gesehen werden. Hierfür genügt weder eine Inbezugnahme von Schiedsregeln, welche die Parteien dazu verpflichten, den Schiedsspruch anzuer224

Langkeit, Staatenimmunität und Schiedsgerichtsbarkeit, S. 103. Siehe nur Art. 8.41 Abs. 2 CETA. 226 Vgl. aber Reed/Martinez, Treaty Obligation to Honor Arbitral Awards and Diplomatic Protection, 13, 22, welche die Möglichkeit in Betracht ziehen. 225

B. Vollstreckungsimmunität

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kennen und zu erfüllen, noch die Einigung auf ein Verfahren nach den ICSID-Regeln. Die Ansichten, die hierin einen impliziten Verzicht auf die Vollstreckungsimmunität annehmen, verkennen, dass die Regelungen jeweils andere Zwecke verfolgen und sich nicht auf ein Zwangsvollstreckungsverfahren beziehen. 2. Verzicht durch Inbezugnahme des NYÜ Auch ein Verweis in der Schiedsklausel darauf, dass der Schiedsspruch nach Maßgabe des NYÜ „anerkannt und vollstreckt“ wird,227 bedeutet keinen Verzicht auf die Vollstreckungsimmunität.228 Das NYÜ regelt lediglich die Voraussetzungen des Exequaturverfahrens, also die Verleihung der Titelqualität, nicht jedoch die nachgelagerte Zwangsvollstreckung.229 Da das NYÜ lediglich auf das nationale Verfahrensrecht für das Exequaturverfahren und gerade nicht auf dasjenige für das Zwangsvollstreckungsverfahren verweist, und somit auch keine Modifikationen desselben vornimmt, wird auch die Vollstreckungsimmunität von ihm nicht berührt. Das NYÜ hat für das Verfahren der Zwangsvollstreckung keinerlei Bedeutung.230 Um Verwirrungen zu vermeiden, sollte eine solche Klausel darum besser so formuliert werden, dass der Schiedsspruch nach Maßgabe des NYÜ „anerkannt und für vollstreckbar erklärt wird“. 3. Expliziter Verzicht in der Schiedsabrede Möglich bleibt, dass im Zusammenhang mit einer Schiedsabrede explizit auf die Vollstreckungsimmunität verzichtet wird. Dies kann sowohl in einem IIA, als auch in einem separaten Vertrag mit dem Investor ausgehandelt werden.231 a) Expliziter Verzicht in IIAs Zunächst wäre ein Immunitätsverzicht bereits in einem IIA möglich.232 Der Gaststaat könnte von vorne herein klarstellen, dass er sich bei der Durchsetzung von sich aus dem IIA ergebenden Schiedssprüchen nicht auf die Vollstreckungsimmunität berufen wird. Hierbei könnte sich auch auf bestimmte Arten von Vollstreckungsgütern beschränkt werden, die in der Vereinbarung genannt werden. Aller-

227

Siehe zu BITs mit dieser Formulierung bereits oben S. 62. BGH, NJW-RR 2006, 198, 200; SchiedsVZ 2006, 44, 46 f.; KG Berlin, SchiedsVZ 2004, 103, 106; Kröll, IPRax 2004, 223, 228. 229 Vgl. Lengelsen, Aktuelle Probleme der Staatenimmunität, S. 156 f. 230 Siehe bereits oben S. 276. 231 Blane, N.Y.U. J. Int’l L. & Pol. 41 (2009), 453, 496. 232 Shukla, VJ 16 (2012), 113, 120; Bjorklund, Am. Rev. Int’l Arb. 21 (2010), 211, 229. 228

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Kap. 4: Das Zwangsvollstreckungsverfahren

dings ist ein solcher Verzicht auf die Vollstreckungsimmunität in IIAs nicht üblich.233 Auch zukünftig ist nicht zu erwarten, dass entsprechende Verzichte in IIAs aufgenommen werden.234 Aufgrund der voranschreitenden Verbreitung der Lehre von der restriktiven Vollstreckungsimmunität, würden Staaten durch einen solchen Verzicht lediglich auf die Vollstreckungsimmunität für diejenigen Güter verzichten, die sie für ihre hoheitlichen Tätigkeiten benötigen. Dass sich ein Staat hierauf für unbestimmt viele Fälle einlassen wird, ist kaum zu erwarten. Vielmehr ist davon auszugehen, dass die Staaten, auch wenn sie eine Vollstreckung in kommerziell genutzte Gegenstände zulassen, bestrebt sind, zumindest ihre hoheitlich genutzten Güter zu schützen. b) Expliziter Verzicht in Investor-Staat-Verträgen Je nach Verhandlungsstärke des Investors könnte ein Verzicht auch in einem Investor-Staat-Vertrag oder in einer gesonderten Nebenabrede als Ergänzung zum IIA vereinbart werden.235 Allerdings sind die Staaten mit der Aufnahme eines solchen Verzichts in InvestorStaat-Verträge eher zurückhaltend.236 Es ist sehr unwahrscheinlich, dass sich ein Staat bereits bei der Begründung des Investitionsverhältnisses darauf einlassen wird oder überhaupt über einen Immunitätsverzicht verhandeln will.237 Allerdings wäre es, als Minus zu dem vollständigen Verzicht, auch möglich, dass der Gaststaat zumindest in einen Verzicht für bestimmte Güter einwilligt oder eine Liste aufstellt, in welcher kommerziell genutzte Güter aufgelistet sind, in welche potentiell vollstreckt werden könnte.238 Dieses sogenannte „earmarking“ könnte sowohl als Immunitätsverzicht gesehen werden, als auch eine Beweislastumkehr dahingehend begründen, dass die betreffenden Rechtsgüter kommerziell genutzt werden.

233 Schreuer, ICSID Convention, Art. 55, Rn. 99; Bjorklund, Am. Rev. Int’l Arb. 21 (2010), 211, 223; siehe auch Wefelscheid, Vollstreckungsimmunität fremder Staaten, S. 119; Joemrith, Enforcing arbitral awards against sovereign states, S. 110; Gerlich, Am. Rev. Int’l Arb. 2015, 47, 84. 234 Blane, N.Y.U. J. Int’l L. & Pol. 41 (2009), 453, 497. 235 Toope, Mixed international arbitration, S. 248; Canè, Am. Rev. Int. Arbitr. 15 (2004), 439, 457; J. Martin Hunter/Olmedo, JWIT 12 (2011), 307, 318; Pengelley, Journal of International Arbitration 2009, 859, 872; Shukla, VJ 16 (2012), 113, 120; Reed/J. Paulsson/Blackaby, Guide to ICSID arbitration, S. 189; Blane, N.Y.U. J. Int’l L. & Pol. 41 (2009), 453, 498; Foster, AJICL 2008, 666, 676; Delaume, Sovereign Immunity and transnational arbitration, 313, 322; Bjorklund, Am. Rev. Int’l Arb. 21 (2010), 211, 233. 236 Cadosi, Pepp. L. Rev. 41 (2013), 117, 128 f.; Reed/J. Paulsson/Blackaby, Guide to ICSID arbitration, S. 189; Delaume, ICSID Rev. 1987, 403, 412. 237 J. Martin Hunter/Olmedo, JWIT 12 (2011), 307, 318; vgl. Meessen, State Immunity in the arbitral Process, 387, 392; Bjorklund, Am. Rev. Int’l Arb. 21 (2010), 211, 234. 238 Bjorklund, Am. Rev. Int’l Arb. 21 (2010), 211, 230; Meessen, State Immunity in the arbitral Process, 387, 396 f.

B. Vollstreckungsimmunität

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4. Akzeptanz des Verzichts durch nationale Gerichte Selbst wenn sich der Gaststaat bereiterklärt hat, einen entsprechenden Verzicht zu erklären, verbleibt noch das Risiko, dass der Vollstreckungsstaat diesen Verzicht aufgrund seines nationalen Rechts nicht anerkennt.239 Inwieweit ein Staat einen Verzicht akzeptiert, richtet sich nämlich alleine nach dem Recht des Vollstreckungsstaates.240 So nahm ein U.S.-Gericht beispielsweise an, dass ein pauschaler Verzicht auf die Vollstreckungsimmunität lediglich die bereits nach U.S.-Recht vorgesehenen Ausnahmen von der Immunität auslösen würde.241 In Deutschland sind jedoch keine Fälle ersichtlich, in welchen ein Verzicht auf die Staatenimmunität als unwirksam angesehen wurde. 5. Sonderfall: Verzicht in Bezug auf diplomatisch genutzte Rechtsgüter Unabhängig davon, in welchen Fällen man einen Verzicht auf die Vollstreckungsimmunität annimmt, ist anzumerken, dass in Bezug auf diplomatisch genutztes Vermögen grundsätzlich eine ausdrückliche Nennung in einem beabsichtigten Verzicht verlangt wird.242 Dies ist mit der besonderen Brisanz zu erklären, die eine Zwangsvollstreckung in für diplomatische Zwecke genutzte Güter inne hätte, sowie mit der bereits dargestellten243 Tatsache, dass es sich bei der diplomatischen Immunität um eine eigene, neben der Staatenimmunität stehende, Form der Immunität handelt. Im Fall Noga ./. russische Föderation244 ließ die Cour d’Appel de Paris die Vollstreckung in Konten der russischen Botschaft und ständigen Vertretung bei der UNESCO nicht zu, obwohl eine Klausel245 vorlag, nach welcher die russische Föderation ausdrücklich auf die Vollstreckungsimmunität verzichtete und außerdem zusicherte, dass die entsprechende Transaktion alleine kommerziellen Zwecken 239

Cadosi, Pepp. L. Rev. 41 (2013), 117, 129 f.; Reed/J. Paulsson/Blackaby, Guide to ICSID arbitration, S. 189 f.; siehe auch Blane, N.Y.U. J. Int’l L. & Pol. 41 (2009), 453, 496 ff.; sowie Reinisch, EJIL 17 (2006), 803, 818 f. 240 Schreuer, ICSID Convention, Art. 55, Rn. 100; siehe auch Reed/J. Paulsson/Blackaby, Guide to ICSID arbitration, S. 189 f. 241 United States District Court for the Southern District of New York, 475 F.3d, 1080. 242 BVerfG, NJW 2007, 2605, 2610; KG Berlin, IPRspr 2003, 364, Rn. 36; Weller, Rpfleger 2006, 364, 368. 243 Oben S. 261. 244 Cour d’appel de Paris, 10. 08. 2000 (erhältlich in Legifrance.gouv.fr). 245 Der französische Text lautete: „(i) l’emprunteur est assujetti, relativement à ses obligations au titre du présent contrat au droit civil et commercial. (ii) les emprunts effectués par l’emprunteur au titre des présentes et l’exécution et la fourniture et le respect de ses obligations au titre du présent contrat par l’emprunteur constituent des actes de nature privée et commerciale (iii) l’emprunteur ne pourra se prévaloir ni pour lui-même, ni pour ses actifs ou revenus, d’aucune immunité de poursuite judiciaire, d’exécution forcée, de saisie ou d’autres procédures judiciaires en rapport avec ses obligations au titre de ce contrat.“.

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Kap. 4: Das Zwangsvollstreckungsverfahren

diene.246 Die Cour d’Appel de Paris begründete dies damit, dass die Konten unter diplomatischer Immunität stehen.247 Diese Entscheidung wurde kritisiert, da sie impliziere, ein Verzicht müsse jedes Rechtsgut gesondert auflisten, um wirksam zu sein.248 Nimmt man jedoch an, dass die diplomatische Immunität als Teil des Gesandtschaftsvölkerrechts neben der Vollstreckungsimmunität als Staatenimmunität steht,249 so kann der Cour d’Appel gefolgt werden. Bei den Immunitäten handelt es sich nämlich um zwei verschiedene Institute.250 Aufgrund der besonderen Bedeutung, gerade des diplomatisch genutzten Vermögens, wird man im Zweifel davon ausgehen müssen, dass sich ein Verzicht alleine auf die „normale“ Vollstreckungsimmunität in Form der Staatenimmunität bezieht und der Staat nicht auch auf die diplomatische Immunität verzichten wollte. Es ist darum nicht zu viel verlangt, für jedes Institut einen gesonderten Verzicht zu verlangen.251 Nur diese Lösung wird der gesonderten Stellung der diplomatischen Vertretungen gerecht. So entschied auch das BVerfG,252 dass eine pauschale Formulierung253 einer Verzichtsklausel nicht ausreiche, um einen Verzicht Argentiniens auch auf die diplomatische Immunität anzunehmen. Es ist darum der Ansicht zu folgen, wonach ein pauschaler Verzicht auf die Vollstreckungsimmunität nicht auch einen Verzicht auf die diplomatische Immunität umfasst.254 Ist tatsächlich auch ein Verzicht auf die diplomatische Immunität gewollt, so sollte er explizit festgeschrieben werden. Dies bedeutet aber nicht, dass für einen 246

Kröll, IPRax 2002, 439, 444. Siehe auch Wefelscheid, Vollstreckungsimmunität fremder Staaten, S. 15 ff.; MeyerFabre, Int’l Arb. Rep 15 (2000), 1, 4. 248 Kröll, IPRax 2002, 439, 444. 249 Vgl. Höfelmeier, Vollstreckungsimmunität der Staaten, S. 137. 250 BVerfG, NJW 1998, 50, 53; Lengelsen, Aktuelle Probleme der Staatenimmunität, S. 155. 251 Siehe auch Gerlich, Am. Rev. Int’l Arb. 2015, 47, 66. 252 BVerfG, NJW 2007, 2605. 253 Die Klauseln lauteten: § 12.(3) … Die Republik erkennt an, dass ein endgültiges Urteil in einem Rechtsstreit, gerichtlichen oder sonstigen Verfahren vor den oben genannten Gerichten bindend ist und in anderen Rechtsordnungen im Klageweg oder auf Grund eines anderen Rechtstitels vollstreckt werden kann. § 12.(4) In dem Ausmaß, in dem die Republik derzeit oder zukünftig Immunität (aus hoheitlichen oder sonstigen Gründen) von der Gerichtsbarkeit irgendeines Gerichts oder von irgendeinem rechtlichen Verfahren (ob bei Zustellung, Benachrichtigung, Pfändung, Vollstreckung oder in sonstigem Zusammenhang) in Bezug auf sich selbst oder ihre Einkünfte, ihr Vermögen oder Eigentum besitzt oder erwerben sollte, verzichtet die Republik hiermit unwiderruflich auf eine solche Immunität in Bezug auf ihre Verpflichtungen aus den Schuldverschreibungen in dem Umfang, in dem sie dazu gemäß anwendbarem Recht berechtigt ist. 254 BVerfG, NJW 2007, 2605, 2607 f., (mit Nachweisen hinsichtlich internationaler Praxis); BGH, NJW-RR 2007, 1498; KG Berlin, SchiedsVZ 2004, 103, 107; Strebel, RabelsZ 44 (1980), 66, 71; Schack, Internationales Zivilverfahrensrecht, Rn. 191; Höfelmeier, Vollstreckungsimmunität der Staaten, S. 137; Linke/Hau, Internationales Zivilverfahrensrecht, 3.25; Lorz, Ausländische Staaten vor deutschen Zivilgerichten, m.w.N. 247

B. Vollstreckungsimmunität

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Immunitätsverzicht immer jedes potentielle Vollstreckungsgut aufgelistet werden muss. Eine separate Verzichtserklärung kann nur dort gefordert werden, wo verschiedene Konzepte der Immunität greifen. Schreuer schlägt folgende Klausel vor: „The Host State hereby irrevocable waives any rights of sovereign immunity as to it and any of its property, regardless of the commercial or non-commercial nature of this property, in respect of the enforcement and execution of an award rendered by an Arbitral Tribunal constituted pursuant to this agreement. Such property includes any bank account belonging to the Host State whether held in the name of diplomatic mission or otherwise. This waiver extends to property, including bank accounts belonging to the Host State’s central bank or other monetary authority.“255

Diese Klausel ist aber sehr weitgehend, da sie jegliche Rechtsgüter umfassen soll, die von einem Staat in sämtlichen Funktionen gehalten werden. Es ist kaum anzunehmen, dass sich ein Staat hierauf einlassen würde, sofern er nicht derart in einer Notlage ist, dass er auf jegliche Investitionen aus dem Ausland angewiesen ist. Letzten Endes muss jedoch gefragt werden, ob ein so weitreichender Verzicht überhaupt notwendig ist, um den Investor zu befriedigen. Der Zugriff auf diplomatisch genutztes Vermögen erfolgt in der Regel aus der Verlegenheit des Gläubigers, dass er keine anderen Rechtsgüter im Ausland ausfindig machen konnte. In Botschaften finden sich offensichtlich Rechtsgüter des betreffenden Staates, weshalb sie oftmals die erste Anlaufstelle für Gläubiger sind. Beiden Seiten würde aber besser geholfen, wenn der Gaststaat nicht auf die Immunität für diplomatisch genutzte Gegenstände verzichtete, sondern vielmehr von vorne herein klarstellte, welche potentiellen Vollstreckungsgüter vorhanden sind. Dies kann beispielsweise mit dem bereits oben angesprochenen „earmarking“ passieren. Für den Investor hat dies den Vorteil, dass er nicht erst auf eine kostspielige Suche nach Rechtsgütern des Gaststaates im Ausland mit Hilfe von Asset-Tracing-Firms gehen muss.

V. Alternative Vorschläge zum Umgang mit der Vollstreckungsimmunität 1. Berücksichtigung der völkerrechtlichen Verpflichtung zur Erfüllung des Schiedsspruchs Raeschke-Kessler ist der Meinung, das Gericht müsse bei der Entscheidung, ob eine Sache oder Forderung, in welche vollstreckt werden soll, der Staatenimmunität unterliegt, auch beachten, dass der Gaststaat sich völkerrechtlich verpflichtet hat, einer rechtskräftigen Verurteilung zum Schadensersatz Folge zu leisten.256 Dies 255 256

48, 52.

Schreuer, ICSID Convention, Art. 55, Rn. 108. Prütting ZPO-Raeschke-Kessler, § 1061 Rn. 11; Raeschke-Kessler, SchiedsVZ 2006,

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Kap. 4: Das Zwangsvollstreckungsverfahren

könne als separater Grund gesehen werden, die Vollstreckungsimmunität enger zu ziehen.257 Während bei einem Verzicht die Staatenimmunität durch einen konkreten Willensakt aufgehoben wird, soll hier also das Gericht aus eigenem Antrieb eine Bewertung vornehmen, ob dem Staat in der jeweiligen Situation Vollstreckungsimmunität zu gewähren ist, ohne danach zu fragen, ob ein Verzicht, respektive ein Verzichtswille, vorliegt.258 Dies ist jedoch abzulehnen, da weder eine diesbezügliche Staatenpraxis, noch sonstige tragfähige Grundlagen hierfür vorliegen. Darum sollten aus der Verpflichtung zur Befolgung des Schiedsspruchs keine Rückschlüsse auf die Vollstreckungsimmunität gezogen werden. Die Vollstreckungsimmunität ist auch nicht abwägungsfähig.259 Das Gericht hat diesbezüglich keinen Spielraum; entweder besteht die Vollstreckungsimmunität oder sie besteht nicht. Zudem kennt die Vollstreckungsimmunität keine „qualitativ“ unterschiedlichen Forderungsgrundlagen.260 Alleine aus der Bereitschaft, sich einem ISDS-Verfahren zu unterwerfen, kann nicht gefolgert werden, dass der Grundsatz der Souveränität eines Staates in Bezug auf sein hoheitlich genutztes Vermögen eingeschränkt werden muss. Die Nichtbefolgung des Schiedsspruchs mag eine (weitere) Vertragsverletzung darstellen, die gegebenenfalls durch ein erneutes ISDS-Verfahren261 oder durch Inanspruchnahme diplomatischen Schutzes sanktioniert werden kann. Daraus folgt aber nicht, dass der Vollstreckungsstaat seinerseits weitergehend in die Souveränität des Schuldnerstaates eingreifen darf. 2. Abwägung zwischen staatlichen und privaten Interessen Einen anderen Ansatz schlägt Joemrith vor, der die nationalen Gerichte eine Abwägung zwischen dem Interesse des Staates an der Vollstreckungsimmunität und dem Interesse des Investors an einer Durchsetzung seines Schiedsspruchs vornehmen lassen möchte.262 Es würde dann anhand einer Verhältnismäßigkeitsprüfung abgewogen werden, welches Interesse im betreffenden Fall überwiegt. Nur sofern das Interesse des Staates an seiner Immunität überwiegt, wäre ihm im jeweiligen Fall Vollstreckungsimmunität zu gewähren. Dieser Vorschlag klärt jedoch nicht, in welchen Fällen welches Interesse überwiegen sollte. Folgt man der Theorie von der restriktiven Staatenimmunität, so wurde bereits eine Abwägung dahingehend vorgenommen, dass nicht-hoheitlich genutztes Vermögen dem Zugriff des Investors unterliegen soll, da der Staat dieses nicht für seine hoheitlichen Zwecke benötigt. Andererseits sind diejenigen Rechtsgüter geschützt, die unbedingt zum Aufrecht257

Raeschke-Kessler, SchiedsVZ 2006, 48, 52. Raeschke-Kessler, SchiedsVZ 2006, 48, 52. 259 Wefelscheid, Vollstreckungsimmunität fremder Staaten, S. 134. 260 Wefelscheid, Vollstreckungsimmunität fremder Staaten, S. 134. 261 Siehe unten S. 322. 262 Joemrith, Enforcing arbitral awards against sovereign states, S. 270 ff. (insbesondere S. 280). 258

B. Vollstreckungsimmunität

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erhalten der staatlichen Tätigkeiten benötigt werden. Natürlich kann dieser Schutz auch missbraucht werden, um dem Investor Zugriff auf sämtliches Vermögen zu verweigern, indem der Gaststaat vorgibt, es für hoheitliche Zwecke zu verwenden. Es ist jedoch nicht ersichtlich, wieso dies bei einer Abwägungslösung nicht möglich sein sollte. Auch hier könnte der Gaststaat Argumente vorbringen, wieso der Zugriff auf ein bestimmtes Rechtsgut unverhältnismäßig wäre, ohne dass dies tatsächlich vom Gericht überprüfbar wäre. Das Ergebnis wäre dann keine Besserstellung des Investors, sondern vielmehr eine größere Unsicherheit, da weder genau klar wäre, wann welches Interesse überwiegt, noch wie das Vollstreckungsgericht im jeweiligen Fall entscheiden würde. Auch wäre eine solche Abwägung mit einer erheblichen Aufblähung des Gerichtsverfahrens verbunden, wenn das Gericht im Einzelfall prüfen müsste, welches Interesse gerade überwiegt. Es bleibt darum vorzugswürdig, klare Regelungen aufzustellen, in welchen Fällen Rechtsgüter von der Vollstreckungsimmunität umfasst sind. Sollte dies dem Investor nicht ausreichen, kann immer noch der Weg über die Vereinbarung eines Verzichts versucht werden. In jedem Fall wäre die Rechtslage für ihn vorhersehbarer als bei einer Lösung über eine Verhältnismäßigkeitsprüfung.

VI. Zusammenfassung zur Vollstreckungsimmunität Die Vollstreckungsimmunität ist von der Immunität für das Erkenntnis- und somit auch für das Exequaturverfahren abzugrenzen. Vorzugswürdig ist es, innerhalb der Vollstreckungsimmunität nicht noch einmal zwischen subjektbezogener und objektbezogener Vollstreckungsimmunität zu unterscheiden. Zu unterscheiden sind hingegen die verschiedenen Institute der Vollstreckungsimmunität, einerseits abgeleitet aus der „einfachen“ Staatenimmunität und andererseits abgeleitet aus der diplomatischen Immunität. In Deutschland wird überwiegend und zurecht von der restriktiven Vollstreckungsimmunität ausgegangen, in der Ausprägung, wonach nur hoheitlich genutztes Vermögen immun ist. Abgesehen von der Immunität von zu diplomatischen Zwecken genutzten Gegenständen dienen die verschiedenen Fallgruppen (militärische Güter, Vermögen von Zentralbanken …) lediglich als Indiz für die hoheitliche Nutzung durch den Staat. NYÜ und ICSID-Übereinkommen spielen im Verfahren der Zwangsvollstreckung keine Rolle, da sie dieses den jeweiligen nationalen Regelungen überlassen. Ein Verzicht auf die Vollstreckungsimmunität kann nur dann angenommen werden, wenn ein Verzichtswille zum Ausdruck kommt, wobei dies auch konkludent erfolgen kann. Allerdings ist weder im bloßen Abschluss einer Schiedsabrede, noch in der Inbezugnahme von bestimmten Schiedsregeln oder einem Verzicht auf die Jurisdiktionsimmunität ein entsprechender Wille zu sehen. Unabhängig davon ist für die diplomatische Immunität ein gesonderter Verzicht notwendig.

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Kap. 4: Das Zwangsvollstreckungsverfahren

Im Zweifel ist einem Investor immer dazu zu raten, sich für die Erklärung eines eindeutigen Verzichts durch seinen Gaststaat einzusetzen.

C. Zwangsvollstreckung gegen die Europäische Union Wie bereits oben gezeigt, kann auch die Europäische Union mögliche Beklagte eines ISDS-Verfahrens sein. Daraus folgt, dass ein obsiegender Investor auch eine Zwangsvollstreckung gegen die EU aus einem dort erlangten Titel versuchen könnte. Fraglich ist jedoch, ob eine Zwangsvollstreckung in Vermögen der EU tatsächlich möglich ist, oder ob die EU von der Zwangsvollstreckung befreit ist.

I. Das Protokoll über Vorrechte und Befreiungen der Europäischen Union Die EU hat in ihrem aufgrund von Art. 343 AEUV erlassenen Protokoll über Vorrechte und Befreiungen der Europäischen Union (ProtVB)263 geregelt, inwiefern ihre Rechtsgüter einem Zugriff durch die Mitgliedstaaten unterliegen. Dieses Protokoll ist gem. Art. 343 S. 1 AEUV territorial auf das Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten beschränkt.264 Zunächst ist in Art. 1 S. 1 ProtVB festgeschrieben, dass die Räumlichkeiten und Gebäude der EU unverletzlich sind. Satz 2 besagt, dass diese weder durchsucht, beschlagnahmt, eingezogen noch enteignet werden dürfen. Dies bildet einen absoluten Schutzrahmen, welcher keine Ausnahmen zugunsten einer Zwangsvollstreckung zulässt. In Satz 3 des Artikels wird geregelt, dass Vermögensgegenstände und Guthaben der Union ohne Ermächtigung des Gerichtshofs nicht Gegenstand von Zwangsmaßnahmen durch Verwaltungsbehörden oder Gerichte sein dürfen.265 Art. 2 ProtVB stellt überdies die Unverletzlichkeit der Archive der Union fest.266 Somit besteht bereits die grundsätzliche Möglichkeit eines Zugriffs lediglich für die in Art. 1 S. 3 ProtVB genannten Rechtsgüter und nur in dem Fall, in dem der EuGH eine Ermächtigung erteilt hat. Ansonsten ist die EU weitestgehend vor Zwangsmaßnahmen ihrer Mitgliedstaaten geschützt.267 Der EuGH erteilt die Ermächtigung dann nicht, wenn er das ordnungsgemäße Funktionieren und die Un263

ABl.EU 2012, Nr. C 326/1. Petersen, Europäisierung der Diplomatie, S. 87; Grabitz/Hilf/Nettesheim-Athen/Dörr, Art. 343 AEUV, Rn. 16. 265 EuGH, Slg. 1989, 858, Rn. 2 – SA Général de Banque / Kommission; Slg. 1993, I-2184, 12 – Forafrique Burkinabé / Kommission. 266 Siehe Grabitz/Hilf/Nettesheim-Athen/Dörr, Art. 343 AEUV, Rn. 44. 267 Vgl. auch schon Wenckstern, Handbuch des internationalen Zivilverfahrensrechts Band II/1, Rn. 832. 264

C. Zwangsvollstreckung gegen die Europäische Union

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abhängigkeit der EU durch die Zwangsvollstreckung für beeinträchtigt ansieht.268 Im Fall Ufficio Imposte di Consumo di Ispra gegen die Kommission der Europäischen Gemeinschaften hat der EuGH konkretisiert, dass Zwangsmaßnahmen gegen Organe der EU zulässig sind, wenn sie nicht mit Nachteilen verbunden sind, welche die Tätigkeit, Unabhängigkeit oder Sicherheit der Einrichtung gefährden.269 Neben der Zustimmung durch den EuGH wird auch eine Zustimmung durch die Kommission, als Vertreterin der EU akzeptiert.270 Allerdings ist unwahrscheinlich, dass die Kommission einer Zwangsvollstreckung zustimmen wird, sofern sie den Schiedsspruch nicht freiwillig befolgen will und somit eine Zwangsvollstreckung überhaupt erst nötigt macht. Setzt sich ein Mitgliedstaat über die Vorgaben des ProtVB hinweg, so kann gegen ihn ein Vertragsverletzungsverfahren eingeleitet werden.271 Allerdings hat der EuGH keine Gerichtsgewalt zur inhaltlichen Überprüfung von Zwangsvollstreckungsmaßnahmen der Mitgliedstaaten.272

II. Vollstreckungsimmunität für Gegenstände der Europäischen Union Da das ProtVB lediglich für die EU-Mitgliedstaaten gilt,273 ist fraglich, ob die EU für die von ihr genutzten Rechtsgüter auch unabhängig von diesem Protokoll Vollstreckungsimmunität beanspruchen kann. Innerhalb der EU dürfte, wenn man der EU eine neben dem ProtVB stehende Vollstreckungsimmunität gewähren wollte, diese keine gesonderte Relevanz haben. Sofern eine Ermächtigung nach dem ProtVB vorliegt, dürfte diese auch als Verzicht auf eine etwaige Immunität zu verstehen sein. In den Fällen, in denen keine Ermächtigung vorliegt, ist die Zwangsvollstreckung bereits aus diesem Grund unzulässig. Somit wäre eine Vollstreckungsimmunität der EU nur bei der Zwangsvollstreckung in Drittstaaten von Bedeutung. Die EU ist kein 268

EuGH, Slg. 1988, 2808, Rn. 3 – Universe Tankship / Kommission; Slg. 1989, 858, Rn. 2 – SA Général de Banque / Kommission; NJW 2001, 3109, Rn. 9 – Cotecna Inspection S.A. / Kommission; Slg. 2003, I-02893, 12 – Antippas / Kommission; Slg. 2004, I-11933, 10 – TertirTerminais de Portugal SA / Kommission; vgl. auch Slg. 1990, I-4406, 11 – J. J. Zwartveld u. a. / Kommission; Grabitz/Hilf/Nettesheim-Athen/Dörr, Art. 343 AEUV, Rn. 2, 50; Pingel, Les immunités de l’Union européenne, 301, 304; Tauchmann, Immunität internationaler Organisationen gegenüber Zwangsvollstreckungsmaßnahmen, S. 169; vgl. Wenckstern, Handbuch des internationalen Zivilverfahrensrechts Band II/1, Rn. 924. 269 EuGH, Slg. 1968, 655 – Ufficio Imposte di Consumo di Ispra / Kommission (in dem Verfahren ging es um das Zutrittsrecht in Räumlichkeiten von Euratom gegen den Willen der Kommission); Muller, International organizations and their host states, S. 167 f. 270 Streinz EUV/AEUV-Kokott, Art. 335 AEUV, Rn. 17. 271 Calliess/Ruffert-Ruffert, Art. 343 AEUV, Rn. 6. 272 Tauchmann, Immunität internationaler Organisationen gegenüber Zwangsvollstreckungsmaßnahmen, S. 169. 273 Petersen, Europäisierung der Diplomatie, S. 89.

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Kap. 4: Das Zwangsvollstreckungsverfahren

Staat, weshalb zunächst auf die Handhabung der Immunitäten von internationalen Organisationen rekurriert wird.274 Internationalen Organisationen wird teilweise Kraft Völkergewohnheitsrechts Vollstreckungsimmunität gewährt, sofern dies zur Erfüllung ihrer Aufgaben erforderlich ist.275 Allerdings wird diese Immunität durch die Mitgliedstaaten der internationalen Organisation gewährt, weshalb ihr teilweise keine Wirkung gegenüber Drittstaaten zugesprochen werden kann.276 Folgte man dem, so hätte die EU gegenüber Nicht-Mitgliedstaaten keine Immunität und es wäre der volle Zugriff auf ihr Vermögen möglich. Allerdings ist, wie bereits bei der Jurisdiktionsimmunität,277 der besondere Charakter der EU als supranationale Organisation zu beachten. Die EU übernimmt hoheitliche Aufgaben, die sonst von ihren Mitgliedstaaten ausgeübt werden müssten. Aus Sicht eines Drittstaates besteht darum hinsichtlich der EU dasselbe Bedürfnis, die zur Ausübung ihrer hoheitlichen Aufgaben benötigten Gegenstände zu schützen, wie bei einem einzelnen Staat. Darum ist es vorzugswürdig, der EU im selben Maße Vollstreckungsimmunität zu gewähren, wie ihren Mitgliedstaaten. Das bedeutet, dass in denjenigen Staaten, die der restriktiven Vollstreckungsimmunität folgen, auch nur für diejenigen Rechtsgüter eine Immunität zu gewähren wäre, die für die Wahrnehmung der hoheitlichen Aufgaben der EU benötigt werden. Zwar wird teilweise für internationale Organisationen angenommen, dass die Vollstreckungsimmunität absolut ist.278 Dem ist jedoch zumindest für die EU nicht zu folgen. Leitet man die Immunität der EU daraus ab, dass sie hoheitliche Aufgaben wahrnimmt, die sonst ihre Mitgliedstaaten vornehmen würden – also genuin staatliche Aufgaben –, gibt es keinen Grund, wieso man der EU einen weitergehenden Schutz gewähren sollte, als ihren Mitgliedstaaten. Auch bei einer internationalen Organisation soll der Verzicht auf die Jurisdiktionsimmunität nicht zu einem Verzicht auf die Vollstreckungsimmunität führen.279 Erst recht soll darum auch nicht bereits eine Schiedsklausel zu einer Einwilligung in Zwangsmaßnahmen führen.280 Darum wäre auch für die EU ein zusätzlicher Verzicht auf die Vollstreckungsimmunität notwendig, sofern man ihr eine solche zuspricht. Für die Ausgestaltung des Verzichts würden dann dieselben Regeln gelten, wie bei einem Verzicht durch einen Staat. 274

Vgl. Petersen, Europäisierung der Diplomatie, S. 76. Damian, Staatenimmunität und Gerichtszwang, S. 85 f.; Muller, International organizations and their host states, S. 198; Epping, § 6 Internationale Organisationen, 197, Rn. 80 ff. 276 Herdegen, Völkerrecht, § 10, Rn. 22; Seidl-Hohenveldern/Loibl, Das Recht der internationalen Organisationen, Rn. 1907. 277 Siehe oben S. 121. 278 Tauchmann, Immunität internationaler Organisationen gegenüber Zwangsvollstreckungsmaßnahmen, S. 77. 279 Muller, International organizations and their host states, S. 166 f. 280 Wenckstern, Handbuch des internationalen Zivilverfahrensrechts Band II/1, Rn. 824; Muller, International organizations and their host states, S. 170. 275

C. Zwangsvollstreckung gegen die Europäische Union

297

Ob der EU in Drittstaaten tatsächlich Vollstreckungsimmunität gewährt wird, richtet sich jedoch nach dem Recht des jeweiligen Vollstreckungsstaates, da keine völkerrechtliche Praxis ersichtlich ist. Darum kann hier keine abschließende Aussage getroffen werden, inwiefern der EU im Einzelfall tatsächlich Vollstreckungsimmunität gewährt wird und es muss jeweils im konkreten Fall die Handhabung im jeweiligen Vollstreckungsstaat untersucht werden.

III. Bilaterale Abkommen der EU mit Drittstaaten Die EU hat mit einigen Staaten Abkommen abgeschlossen, welche auch die Einräumung von Vorrechten und Befreiungen der EU in Drittstaaten regeln.281 Aus diplomatischen Erwägungen werden diese Abkommen jedoch nicht veröffentlicht.282 Die Union hat zu diesem Zweck ein Musterabkommen entworfen,283 welches jedoch ebenfalls vertraulich behandelt wird.284 Das Musterabkommen soll die Gewährung von Rechten an die EU entsprechend der Regelungen des WÜD festschreiben, da dieses sonst nur für diplomatische Missionen von Staaten gilt. Im Grunde sollen hiermit die diplomatischen Tätigkeiten der EU in Drittstaaten geschützt werden. Teilweise wird hieraus bereits eine völkergewohnheitsrechtliche Verfestigung der dort der EU gewährten Privilegien angenommen.285 Zu beachten ist jedoch, dass diese Privilegien die EU allenfalls in einem Maß schützen, wie es auch für Staaten durch die diplomatische Immunität der Fall ist. Rechtsgüter, die nicht zu diplomatischen Zwecken verwendet werden, sind somit nicht erfasst.

IV. Einzelstaatliche Akte von Drittstaaten Daneben gewähren einzelne Drittstaaten der EU auch durch einzelstaatliche Akte Vorrechte und Befreiungen. So werden die Vertretungen der EU von den USA mit diplomatischen Vertretungen von Staaten gleichgesetzt.286 Ähnliche Rechte werden der EU auch in Kanada gewährt.287 Auch diese Regelungen sind jedoch auf die diplomatischen Tätigkeiten der EU begrenzt. 281 Genauer Petersen, Europäisierung der Diplomatie, S. 93; Grabitz/Hilf/NettesheimAthen/Dörr, Art. 343 AEUV, Rn. 17. 282 Petersen, Europäisierung der Diplomatie, S. 93; Grabitz/Hilf/Nettesheim-Athen/Dörr, Art. 343 AEUV, Rn. 17. 283 Petersen, Europäisierung der Diplomatie, S. 93. 284 Auszüge des Musterabkommens finden sich jedoch bei Petersen, Europäisierung der Diplomatie, S. 93 ff. 285 Siehe Petersen, Europäisierung der Diplomatie, S. 115 f. 286 Siehe Petersen, Europäisierung der Diplomatie, S. 99 ff.; Grabitz/Hilf/NettesheimAthen/Dörr, Art. 343 AEUV, Rn. 18. 287 Petersen, Europäisierung der Diplomatie, S. 103.

298

Kap. 4: Das Zwangsvollstreckungsverfahren

V. Bewertung Da sich die EU-Staaten an die Vorgaben des ProtVB als Teil des EU-rechtlichen Primärrechts288 halten müssen, führt dies zu einem faktischen Ausschluss der Zwangsvollstreckung gegen die Union innerhalb der Mitgliedstaaten, sofern die EU nicht mit ihr einverstanden ist, respektive der EuGH eine Beeinträchtigung ihres ordnungsgemäßen Funktionierens und ihrer Unabhängigkeit annimmt. In keinem der von der EU ausgehandelten IIAs wird dieser Umstand thematisiert. Daraus könnte man entweder schließen, dass die EU tatsächlich bereit ist, in jedem Fall eine gegen sie gerichtete Entscheidung zu befolgen und somit eine Zwangsvollstreckung bereits nicht notwendig zu machen. Andererseits kann hierin jedoch auch eine Hintertür der EU gesehen werden, mit der sie die Durchsetzung von für sie unliebsamen Entscheidungen verhindern könnte. Zweifellos würde ein solches Vorgehen der EU zu einem Eklat führen, wenn sie auf der einen Seite versuchte, das von ihr priorisierte ICS und auch die Schaffung eines Multilateralen Investitionsgerichtshofs voranzutreiben, andererseits aber die Durchsetzung der von diesen gefällten Entscheidungen verhinderte. Beachtlich ist, dass das ProtVB für eine Verweigerung der Ermächtigung nicht ausreichen lässt, dass ein Gegenstand für hoheitliche Zwecke verwendet wird. Erst die Beeinträchtigung des ordnungsgemäßen Funktionierens und der Unabhängigkeit der Union lassen eine Verweigerung der Ermächtigung zu. Somit kann das ProtVB für den Gläubiger auch weitaus vorteilhafter sein, als eine Anwendung der restriktiven Vollstreckungsimmunität, wie sie beispielsweise in Deutschland für Staaten gilt. Die Regelungen des ProtVB sind nicht mit denjenigen des NYÜ oder ICSIDÜbereinkommens unvereinbar. Da die Übereinkommen das Zwangsvollstreckungsverfahren gänzlich in den Händen der Einzelstaaten belassen, können die Staaten selbst entscheiden, in welchen Fällen sie Gegenstände von der Zwangsvollstreckung befreien wollen. Dies schließt auch eine Regelung durch EU-Recht ein. Da es bislang keine Investitionsschutzverfahren gegen die EU gegeben hat, bleibt abzuwarten, wie sich die EU letzten Endes verhalten wird. Es ist davon auszugehen, dass sie im Regelfall die gegen sie gerichteten Entscheidungen akzeptieren und befolgen wird. Dennoch ist nicht auszuschließen, dass es im Einzelfall zu Problemen kommen kann. Sofern die EU eine Zwangsvollstreckung tatsächlich aufgrund des ProtVB nicht zuließe, bliebe dem Investor nur noch die Möglichkeit, die Entscheidung außerhalb der EU durchzusetzen, da das ProtVB lediglich die Mitgliedstaaten bindet. In diesem Fall käme es für die Zwangsvollstreckung darauf an, inwieweit der Drittstaat der EU Vollstreckungsimmunität gewährt. Da der EU zudem weitgehende Befreiungen für ihre diplomatischen Missionen gewährt werden, dürfte es für einen Investor allerdings oftmals schwierig werden, in Drittstaaten überhaupt 288

Grabitz/Hilf/Nettesheim-Athen/Dörr, Art. 343 AEUV, Rn. 39.

D. (Analoge) Anwendung des § 882a ZPO

299

der EU zugeordnetes Vermögen zu lokalisieren, in welches er zwangsvollstrecken kann.

D. (Analoge) Anwendung des § 882a ZPO Fraglich ist, ob es weitere Normen gibt, welche der Durchsetzung eines gegen einen Staat gerichteten Titels aus einem ISDS-Verfahren entgegengehalten werden könnten. Da ICSID-Schiedssprüche so behandelt werden, wie rechtskräftige inländische Urteile, sind insbesondere solche Vorschriften von Interesse, die der Durchsetzung eines Urteils entgegengehalten werden können. In manchen Ländern ist selbst die Vollstreckung von Urteilen, die ihre eigenen Gerichte gegen sie fällen, nicht möglich,289 weshalb man dort sogar fragen könnte, ob nicht auch die Vollstreckung von ICSID-Schiedssprüchen gegen den Staat generell unzulässig ist. Eine Regelung, welche die Zwangsvollstreckung gegen den deutschen Staat aufgrund eines zivilrechtlichen Verfahrens290 vollständig ausschließt, kennt das deutsche Recht jedoch nicht. Allerdings gibt es auch in Deutschland, in § 882a ZPO, Besonderheiten, die bei einem Vorgehen gegen den Staat zu beachten sind, und die unter Umständen einer Zwangsvollstreckung aus ISDS-Schiedssprüchen entgegenstehen könnten. Fraglich ist, ob diese Norm auf ausländische Staaten entsprechend anzuwenden ist.291

I. (Analoge) Anwendung des § 882a Abs. 1 ZPO Zunächst könnte überlegt werden, die Vorschrift des § 882a Abs. 1 ZPO auf ausländische Staaten analog anzuwenden.292 Nach dieser Vorschrift darf die Zwangsvollstreckung gegen den Bund oder ein Land wegen einer Geldforderung, soweit nicht dingliche Rechte verfolgt werden, erst vier Wochen nach dem Zeitpunkt beginnen, in dem der Gläubiger seine Absicht, die Zwangsvollstreckung zu betreiben, der zur Vertretung des Schuldners berufenen Behörde angezeigt hat. Zweck dieser Vorschrift ist es, der zuständigen Behörde die Gelegenheit zu geben, die nötigen Mittel bereitzustellen oder Rechtsmittel einzulegen.293 Aufgrund der Verwaltungsstruktur und der Haushaltsgesetze könne der Staat nicht immer so schnell 289

Semler, SchiedsVZ 2003, 97, 102. Siehe aber §§ 1, 5 BVwVG i.V.m. § 255 AO. 291 Offen gelassen durch KG Berlin, SchiedsVZ 2004, 103, 108; vgl. auch BVerfG, NJW 1978, 485, 486. 292 Vorgeschlagen bspw. von Habscheid, Berichte der Deutschen Gesellschaft für Völkerrecht 1968, 159, 263. 293 Stein/Jonas-Bartels, § 882a ZPO, Rn. 2; BeckOK ZPO-Riedel, § 882a ZPO, Rn. 8; MüKo ZPO-Dörndorfer, § 882a, Rn. 1. 290

300

Kap. 4: Das Zwangsvollstreckungsverfahren

reagieren, wie es von einem Privaten erwartet wird, was eine Wartefrist erforderlich mache.294 Aus Abs. 1 der Vorschrift ergibt sich, dass sich die Regelung auf die Zwangsvollstreckung gegen den Bund oder ein Bundesland bezieht. Abs. 3 der Norm erweitert den Anwendungsbereich überdies auf Körperschaften, Anstalten und Stiftungen des öffentlichen Rechts, mit Ausnahme der öffentlich-rechtlichen Bank- und Kreditanstalten. Weller meint, dass von diesem Absatz auch ausländische Staaten umfasst seien, da sich die Vorschrift nicht spezifisch auf inländische Körperschaften beziehe, weshalb sie auf ausländische Körperschaften direkt angewandt werden könne.295 Diese Ansicht ist jedoch abzulehnen,296 da sich aus dem Gesamtzusammenhang der Norm ergibt, dass sie speziell inländische Körperschaften adressiert.297 Hätte der Gesetzgeber gewollt, dass auch fremde Staaten von der Norm umfasst sind, so hätte er in Absatz 1 nicht nur den Bund und die Länder aufnehmen, sondern die Regelung allgemein auf Staaten ausweiten können. Die Gesetzesmaterialien lassen einen dahingehenden Willen nicht erkennen.298 Dennoch ist fraglich, ob die Norm auf ausländische Staaten zumindest entsprechend angewendet werden könnte.299 Argumentiert wird, dass so dem Schuldnerstaat Gelegenheit geboten würde, sich unmittelbar gegenüber den Vollstreckungsorganen oder mittelbar über das Auswärtige Amt auf die Immunität zu berufen.300 Allerdings ist fraglich, ob hier tatsächlich ein Bedürfnis besteht, diese Regelung analog auf ausländische Staaten bei der Zwangsvollstreckung aus Schiedssprüchen anzuwenden. Schiedssprüche sind, anders als inländische Urteile, erst nach Erteilung des Exequaturs vollstreckbar. Leitet der Gläubiger aber ein Verfahren der Anerkennung und Vollstreckbarerklärung ein, so wird dem Schuldnerstaat auch verdeutlicht, dass der Gläubiger bestrebt ist die Zwangsvollstreckung zu betreiben. Im Grunde erfolgt durch dieses Verfahren bereits eine Notifikation des Schuldnerstaates. Da es sich bei § 882a Abs. 1 ZPO nicht um ein gerichtliches Verfahren handelt, sondern es lediglich um den Nachweis der Notifikation geht, ist auch nicht ersichtlich, wieso dem Schuldnerstaat hierdurch eine bessere Gelegenheit geboten werden würde, sich auf die Vollstreckungsimmunität zu berufen als innerhalb oder im Anschluss an das Exequaturverfahren. Noch einmal gesondert eine Mitteilung zu fordern erscheint als unnötige Formalie und ist darum abzulehnen. Auch ist eine zusätzliche Wartefrist, bei der oftmals sowieso schon sehr langen Verfahrensdauer, 294 Kindl/Meller-Hannich/Wolf-Bendtsen, § 882a, Rn. 1; vgl. Prütting ZPO-Zempel, § 882a ZPO, Rn. 1. 295 Weller, Rpfleger 2006, 364, 372. 296 BeckOK ZPO-Riedel, § 882a ZPO, Rn. 5. 297 Stein/Jonas-Bartels, § 882a ZPO, Rn. 5; Lorz, Ausländische Staaten vor deutschen Zivilgerichten, S. 333. 298 Siehe Deutscher Bundestag, BT-Drs. 1/3284 1952, S. 23 f. 299 Vgl. BVerfG, NJW 1978, 485, 486, welches meinte, dass Gute Gründe dafür sprechen. 300 Schaumann, Berichte der Deutschen Gesellschaft für Völkerrecht 1968, 1, 153.

D. (Analoge) Anwendung des § 882a ZPO

301

nicht angebracht.301 Zudem erscheint es auch nicht planwidrig, dass ausländische Staaten nicht von § 882a Abs. 1 ZPO erfasst sind. Im Gegenteil, die Regelungen zur Beteiligung eines ausländischen Staates an einem deutschen Zivilprozess sind bewusst überschaubar gehalten und weitgehend dem Völkerrecht überlassen.302 Dieses Ergebnis scheint auch deshalb schon nicht unbillig, weil es keine Regel des Völkergewohnheitsrechts gibt, welche die Vollstreckungsstaaten daran hindern würde, unmittelbar nach Ergehen des Vollstreckungstitels, Maßnahmen der Zwangsvollstreckung gegen den Schuldnerstaat einzuleiten.303

II. (Analoge) Anwendung des § 882a Abs. 2 ZPO Teilweise wird überlegt, für die Vollstreckung gegen ausländische Staaten § 882a Abs. 2 ZPO analog anzuwenden.304 Wie auch § 882a Abs. 1 ZPO bezieht sich diese Vorschrift alleine auf den Bund und die deutschen Bundesländer. Nach § 882a Abs. 2 ZPO ist es unzulässig, in Sachen, die für die Erfüllung öffentlicher Aufgaben des Schuldners unentbehrlich sind, oder deren Veräußerung ein öffentliches Interesse entgegensteht, die Zwangsvollstreckung zu betreiben. Sowohl das Kammergericht Berlin305, als auch das Landgericht Berlin306 waren bereits der Meinung, dass eine solche analoge Anwendung der Vorschrift angebracht sei. Fraglich ist jedoch, ob die Voraussetzungen für eine analoge Anwendung überhaupt vorliegen. Hierfür müsste bei der Zwangsvollstreckung gegen ausländische Staaten ein ähnliches Interesse bestehen, wie bei Verfahren gegen die Bundesrepublik oder ihre Länder. Sollte ein entsprechendes Interesse bestehen, so wäre für eine analoge Anwendung der Norm zusätzlich eine Regelungslücke notwendig, die überdies planwidrig sein müsste. Das Kriterium der Regelungslücke erscheint hier allerdings bereits fraglich.307 Das Interesse eines Staates daran, dass nicht in Gegenstände vollstreckt wird, die er für die Erfüllung seiner öffentlichen Aufgaben benötigt, wird bereits durch die (restriktive) Staatenimmunität geschützt. Zwar ist die Vollstreckungsimmunität nicht speziell in der ZPO normiert, jedoch wird sie, wie bereits gezeigt, in der ständigen 301

150. 302

Siehe auch Schaumann, Berichte der Deutschen Gesellschaft für Völkerrecht 1968, 1,

Lorz, Ausländische Staaten vor deutschen Zivilgerichten, S. 334. Schaumann, Berichte der Deutschen Gesellschaft für Völkerrecht 1968, 1, 150; Damian, Staatenimmunität und Gerichtszwang, S. 172; Geimer, Internationales Zivilprozessrecht, Rn. 603; Lorz, Ausländische Staaten vor deutschen Zivilgerichten, S. 332. 304 Siehe Schaumann, Berichte der Deutschen Gesellschaft für Völkerrecht 1968, 1, 153. 305 KG Berlin, Beschluss v. 26. 06. 2002 – 9 W 176/02, Rn. 29 f. 306 LG Berlin, Kunst und Recht 2010, 130, Rn. 7. 307 Vgl. Albert, Völkerrechtliche Immunität ausländischer Staaten gegen Gerichtszwang, S. 295 f. 303

302

Kap. 4: Das Zwangsvollstreckungsverfahren

Rechtsprechung als völkerrechtlicher Grundsatz angewendet. Auch dort wird geprüft, ob die Verwendung einer Sache für die Erfüllung öffentlicher Aufgaben des Schuldnerstaates oder für seine öffentlichen Interessen einer Zwangsvollstreckung entgegenstehen. Zusätzlich § 882a Abs. 2 ZPO anzuwenden, würde lediglich dieselbe Prüfung zweimal an unterschiedlicher Stelle bedeuten. Somit fehlt es bereits an einer Regelungslücke und die Norm bleibt alleine auf den Bund sowie die Bundesländer anwendbar.308

E. Antragsrecht politischer Behörden auf gerichtliche Prüfung Schaumann schlägt vor, als zusätzliche Sicherheit für die Beachtung der völkerrechtlichen Verpflichtungen des Gerichtsstaats, den politische Behörden wie dem Auswärtigen Amt oder dem Justizministerium das Recht einzuräumen, von sich aus oder auf Intervention des ausländischen Staates hin, eine Prüfung der Vollstreckungsimmunität zu beantragen.309 Diese Lösung erscheint jedoch bereits deshalb unpraktikabel, weil im Vorfeld nicht klar ist, in welche Rechtsgüter überhaupt zwangsvollstreckt werden soll. Die Sedelmayer-Saga zeigt deutlich, dass es im Interesse des Schuldnerstaates ist, dass dem Gläubiger nicht offengelegt werden muss, welche Vermögenswerte überhaupt im Vollstreckungsstaat vorhanden sind. Das Gericht kann aber nicht pauschal das Vorliegen von Vollstreckungsimmunität prüfen, wenn unklar ist, um welche Rechtsgüter es geht. Überdies wird die Vollstreckungsimmunität durch Erinnerung des Schuldnerstaates ohnehin bereits gerichtlich überprüft, wenn in ein bestimmtes Rechtsgut vollstreckt wird. Auch würde ein solches Antragsrecht die Effektivität des Zwangsvollstreckungsverfahrens unterlaufen, wenn erst ein aufwändiges Prüfverfahren eingeleitet werden müsste. In der Zwischenzeit könnte der Schuldnerstaat die Rechtsgüter nämlich entweder außer Landes schaffen oder schlicht für hoheitliche Zwecke umwidmen. Da fraglich wäre, ob zumindest einstweilige Maßnahmen hinsichtlich der Rechtsgüter für den Zeitraum des Verfahrens getroffen werden könnten, wenn noch unklar ist, ob ein Rechtsgut immun ist, stünde der Gläubiger womöglich völlig ohne Schutz da. Darum ist der Vorschlag von Schaumann abzulehnen.

308 309

Vgl. auch Lorz, Ausländische Staaten vor deutschen Zivilgerichten, S. 354 f. Schaumann, Berichte der Deutschen Gesellschaft für Völkerrecht 1968, 1, 153.

F. Zwangsvollstreckung aus unionsrechtswidrigen Schiedssprüchen

303

F. Zwangsvollstreckung aus unionsrechtswidrigen Schiedssprüchen Problematisch könnte sein, dass die EU eine Zwangsvollstreckung durch Gerichte der Mitgliedstaaten deshalb als rechtswidrig einstufen könnte, weil der durchzusetzende Titel nicht mit dem EU-Recht vereinbar ist. Zu denken wäre an einen Schiedsspruch, dem innerhalb der EU das Exequatur erteilt wurde, obwohl er aus Sicht der EU mit dem Unionsrecht unvereinbar ist. In diesem Fall könnte überlegt werden, ob auch die Zwangsvollstreckung aus dem Titel nicht mit dem EU-Recht vereinbar ist und ob sich der vollstreckende Staat aus Sicht der EU einer Vertragsverletzung schuldig macht.310 Dem könnte jedoch die Rechtskraft einer Exequaturentscheidung entgegenstehen. Das Institut der Rechtskraft ist auch zentraler Bestandteil der Gemeinschaftsrechtsordnung.311 Sobald der Beschluss des Exequaturgerichts über die Vollstreckbarerklärung rechtskräftig geworden ist,312 kann ihr also nicht mehr entgegengehalten werden, dass sie gegen EU-Recht verstößt. Auf der anderen Seite konfligiert die Rechtskraft mit dem Effektivitätsgrundsatz.313 Dennoch hat der EuGH bislang die Rechtskraft nicht offen infrage gestellt.314 Zwar intervenierte der EuGH im Fall Lucchini,315 als ein Gericht die Zuständigkeit der Kommission für das Beihilferecht nicht geprüft hatte. Hier entschied er jedoch lediglich, dass eine Präklusionsvorschrift im italienischen Codice Civile nicht derart ausgelegt werden dürfe, dass durch diese Vorschrift zwingendes Gemeinschaftsrecht in einem anderen Verfahren nicht mehr berücksichtigt werden könne.316 Dies kann jedoch nicht auf den Fall übertragen werden, dass ein unionsrechtswidriger Schiedsspruch verfahrensfehlerfrei für vollstreckbar erklärt wurde, wenn die Erteilung des Exequaturs selbst nicht unionsrechtswidrig ist. Vielmehr erscheint die Entscheidung im Fall Lucchini auf die dort vorgelegene besondere Konstellation beschränkt zu sein.317 Würde man tatsächlich annehmen, dass das EU-Recht aufgrund des Effektivitätsgrundsatzes unter bestimmten Umständen zu einer Durchbrechung der Rechtskraft führt, so kann dies allenfalls dann gelten, wenn die Entscheidung selbst gegen Unionsrecht verstößt. Hier wäre jedoch lediglich der Schiedsspruch unvereinbar, 310

Selbst Gerichtsentscheidungen sind nicht vom Vertragsverletzungsverfahren ausgeschlossen. Siehe nur Kremer, EuR 42 (2007), 470, 477 m.w.N. 311 EuGH, Slg. 2003, I-10290, 38 – Köbler; Slg. 2006, I-2605, 20 – Kapferer; siehe auch EuZW 1999, 565, Rn. 46 – Eco Swiss; EuZW 2014, 790, Rn. 59 – Impresa Pizzarotti; EuZW 2015, 917, Rn. 29 – Târs¸ia; Kremer, EuR 42 (2007), 470. 312 Zur Rechtskraftfähigkeit von Beschlüssen siehe nur Saenger-Kindl, § 705 ZPO, Rn. 2; Musielak/Voit-Lackmann, § 705 ZPO, Rn 2; BeckOK ZPO-Ulrici, § 705, Rn. 2; MüKo ZPOGötz, § 705 ZPO, Rn. 3. 313 Kremer, EuR 42 (2007), 470, 473. 314 Kremer, EuR 42 (2007), 470, 491. 315 EuGH, Slg. 2007, I-6228 – Lucchini. 316 EuGH, Slg. 2007, I-6228, Rn. 59 ff. – Lucchini; siehe Kremer, EuR 42 (2007), 470, 488. 317 Kremer, EuR 42 (2007), 470, 489.

304

Kap. 4: Das Zwangsvollstreckungsverfahren

nicht aber das Exequatur. Sofern aber das NYÜ und die entsprechenden Umsetzungsnormen im nationalen Recht als mit dem Unionsrecht vereinbar angesehen werden, ist die Erteilung des Exequaturs selbst nicht unionsrechtswidrig, wenn sie auf diesem basiert. Dem Vollstreckungsstaat kann dann nicht vorgeworfen werden, dass er an dem Institut der Rechtskraft festhält, welches gleichfalls vom EuGH postuliert wird. Überdies gewährleistet nur diese Herangehensweise dem Inhaber eines Schiedsspruches die nötige Rechtssicherheit. Darum erscheint es sinnvoller davon auszugehen, dass eine EU-Rechtswidrigkeit allenfalls auf der Ebene der Erteilung des Exequaturs zu thematisieren ist. Sobald die Vollstreckbarerklärung einmal in Rechtskraft erwachsen ist, kann die Zwangsvollstreckung nicht mehr aufgrund einer Unvereinbarkeit des Schiedsspruches mit dem Unionsrecht verhindert werden.

G. Vorschläge zur Verbesserung des Verfahrens der Zwangsvollstreckung Auch wenn in der Mehrzahl der Fälle grundsätzlich eine Zwangsvollstreckung zumindest in kommerziell genutztes Staatseigentum möglich ist, hat das momentane System aus Sicht eines Investors Verbesserungsbedarf. Insbesondere kann die Vollstreckungsimmunität zu einer nicht unerheblichen Hürde werden, sofern der Investor nicht genug Verhandlungsmacht hat, um beispielsweise einen Verzicht des Gaststaates auf die Vollstreckungsimmunität auszuhandeln, und lediglich hoheitlich genutzte Gegenstände auffindbar sind. Im Folgenden werden einige Vorschläge für eine mögliche Verbesserung dargestellt und bewertet.

I. Vorschlag einer Konvention zur Vollstreckung gegen Staaten Während das Exequaturverfahren durch das NYÜ weitestgehend vereinheitlicht ist, fehlt es für die Zwangsvollstreckung an einer einheitlichen internationalen Regelung. Ein Vorschlag zur Verbesserung des Systems wäre eine Konvention entsprechend dem NYÜ, welche die Zwangsvollstreckung einheitlich und verbindlich für ihre Mitgliedstaaten regelt.318 Darin könnte explizit festgeschrieben werden, in welchen Fällen und auf welche Art eine Zwangsvollstreckung aus ISDS-Entscheidungen durch die Mitgliedstaaten durchgeführt werden muss. Geregelt werden könnten unter anderem die Reichweite der Vollstreckungsimmunität, Wartefristen und die Anwendung von Zwangsmaßnahmen. Dies würde das Ende der Anwendung der nationalen Regelungen zur Zwangsvollstreckung bedeuten, zugunsten einer einheitlichen Regelung auf Basis eines internationalen Konsenses. 318

Bjorklund, Am. Rev. Int’l Arb. 21 (2010), 211, 230.

G. Vorschläge zur Verbesserung des Verfahrens der Zwangsvollstreckung

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Es ist jedoch kaum zu erwarten, dass es in nächster Zeit zu einer entsprechenden Konvention kommen wird oder auch nur ein verstärktes Interesse von Seiten der Staaten auszumachen sein wird. Hauptregelungspunkt einer Zwangsvollstreckungskonvention wäre die Vollstreckungsimmunität. Diese wurde allerdings bereits im UNStImmÜ behandelt, welches nur sehr verhalten Anklang in der Staatengemeinschaft gefunden hat. Wenn aber schon kein Interesse an der Implementierung eines Abkommens besteht, welches alleine die Staatenimmunität umfasst, erscheint es noch unwahrscheinlicher, auf ein entsprechendes Interesse für das gesamte Institut der Zwangsvollstreckung zu stoßen.319 Überdies zeigt sich gerade im NYÜ und dem ICSID-Übereinkommen, dass ihre Mitgliedstaaten bewusst keine einheitliche Regelung implementiert haben, sondern die Zwangsvollstreckung den individuellen Vorschriften der Einzelstaaten überlassen wollten.

II. Modellgesetz für die Vollstreckung aus ISDS-Entscheidungen Auch wenn eine Konvention zur Zwangsvollstreckung unwahrscheinlich erscheint, könnte eine Vereinheitlichung womöglich zumindest in Form eines Modellgesetzes erreicht werden.320 Mit dem UNCITRAL Model Law on International Commercial Arbitration321 könnte hier ein Vorbild vorliegen, welches auf ein Modellgesetz zur Zwangsvollstreckung übertragen werden könnte. Als Regelungsinhalt wären ähnliche Vorschriften wie für eine Vollstreckungskonvention möglich. Das Modellgesetz wäre in diesem Fall aber nicht bindend. Vielmehr müssten die Staaten die im Modellgesetz enthaltenen Regelungen noch durch ein nationales Gesetz umsetzen.322 Die Anwendung der Regelungen könnte hierbei auf diejenigen Entscheidungen beschränkt werden, die als Schiedssprüche unter dem NYÜ qualifiziert werden.323 Auch wenn die Schaffung eines solchen Modellgesetzes grundsätzlich möglich ist und zunächst keinen Hindernissen begegnet, erscheint die Implementierung in nationales Recht doch eher unwahrscheinlich. Auch hier wäre Hauptgegenstand der Regelungen die Vollstreckungsimmunität, deren Vereinheitlichung die Staaten bereits durch Ratifizierung des UNStImmÜ erreichen könnten. Die Staaten, die bereits die Doktrin der restriktiven Vollstreckungsimmunität anwenden, dürften kaum ein Bedürfnis für eine Implementierung eines internationalen Modellgesetzes sehen, da ein Modellgesetz wohl kaum weitergehende Zugriffsrechte begründen würde. 319 Vgl. Gerlich, Am. Rev. Int’l Arb. 2015, 47, 83, die ein einheitliches, die Vollstreckungsimmunität adressierendes System für unwahrscheinlich hält; Bjorklund, Am. Rev. Int’l Arb. 21 (2010), 211, 230. 320 Fox, Arb. Int’l 1996, 89, 93; Gerlich, Am. Rev. Int’l Arb. 2015, 47, 83. 321 http://www.uncitral.org/uncitral/en/uncitral_texts/arbitration/1985Model_arbitration. html. 322 Bjorklund, Am. Rev. Int’l Arb. 21 (2010), 211, 230. 323 Fox, Arb. Int’l 1996, 89, 93.

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Kap. 4: Das Zwangsvollstreckungsverfahren

Würde das Modellgesetz dennoch weitergehen und beispielsweise auch den Zugriff auf hoheitlich genutzte Güter zulassen, so hätte es einen erheblichen Nachteil zu einer Regelung in einem völkerrechtlichen Übereinkommen: Ein Modellgesetz würde einseitig in nationales Recht implementiert. Dies würde bedeuten, dass der inkorporierende Staat quasi über Nacht den Zugriff auf Rechtsgüter ausländischer Staaten zulassen würde, die zuvor immun waren, ohne dass hierfür eine Gegenseitigkeit als Rechtfertigung gegeben wäre, während andere Staaten an ihrem System festhalten. Dies könnte zu Verstimmungen bei den betroffenen Staaten führen, die ihrerseits weiter zumindest an der restriktiven Vollstreckungsimmunität festhalten. Sofern tatsächlich der politische Wille zu einer Vereinheitlichung des Zwangsvollstreckungsverfahrens gegeben wäre, wäre darum eine Konvention vorzuziehen.

III. Vorschlag eines internationalen Vollstreckungsfonds Foster schlägt vor, dass ein internationaler Fonds geschaffen werden sollte, welcher Gläubigern unter bestimmten Voraussetzungen Zahlungen auf einen ISDSSchiedsspruch leisten oder zumindest versichern könnte.324 Dieser Fonds könnte so gestaltet sein, dass alle seine Mitglieder eine gewisse Haftsumme einzahlen und sich außerdem verpflichten, im Falle einer Zahlung durch den Fonds, die Gelder diesem wieder zu ersetzen.325 Der Vorteil eines solchen Fonds wäre zunächst, dass Investoren mehr Sicherheit hätten, dass ihre Forderungen aus Schiedssprüchen tatsächlich erfüllt werden. Dies vor allem insofern, als von den anderen Mitgliedstaaten politischer Druck zur Leistung ausgehen würde.326 Dies würde zu einem besseren Investitionsklima gerade in denjenigen Staaten führen, die dafür bekannt sind, bei der Erfüllung von Schiedssprüchen eher widerwillig zu sein. Unklar ist jedoch, mit welcher Kapitalsumme ein solcher Fonds ausgestattet werden müsste. Nimmt man die allgemeine Tendenz zu immer höheren Schiedssprüchen327 in den Blick,328 so müsste die Haftsumme größer als das Bruttoinlandsprodukt von so manchem Staat sein.329 Diese

324

Foster, AJICL 2008, 666, 726. Foster, AJICL 2008, 666, 726 f. 326 Foster, AJICL 2008, 666, 727. 327 Prägnantestes Beispiel, in welchem dem Kläger über 50 Milliarden US-Dollar an Schadensersatz zugesprochen wurden, ist der Fall Yukos Universal Limited ./. Russische Föderation, Final Award v. 18. 07. 2014 – PCA Case No. AA 227, dort Rn. 1827. 328 Im Durchschnitt wurden in den zu Gunsten der Investoren entschiedenen Intra-EUVerfahren etwa 104 Millionen US-Dollar zugesprochen, wobei der Median bei 34 Millionen US-Dollar lag, siehe United Nations Conference on Trade and Development, Fact Sheet on Intra-European Union Investor-State Arbitration Cases 2018, S. 6. 329 Schätzungen des internationalen Währungsfonds zu den Bruttoinlandsprodukten lassen sich abrufen unter https://www.imf.org/external/pubs/ft/weo/2017/01/weodata/index.aspx. 325

G. Vorschläge zur Verbesserung des Verfahrens der Zwangsvollstreckung

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Summe auch nur anteilig aufzubringen dürfte manchen Staaten bereits Schwierigkeiten bereiten. Doch auch für diejenigen Staaten, die einen entsprechenden Beitrag grundsätzlich aufbringen könnten, hätte ein solcher Mechanismus den Nachteil, dass sie große Summen an Geldern binden müssten und nicht mehr für das Tagesgeschäft verwenden könnten, obgleich sie grundsätzlich zur Begleichung von Schiedssprüchen bereit wären. Auch ist unwahrscheinlich, dass gerade diejenigen Staaten, die eine Leistung auf Schiedssprüche verweigern, an einem solchen Mechanismus teilnehmen würden, weshalb er voraussichtlich die falschen Staaten binden würde.330 Staaten, welche Schiedssprüche nicht akzeptieren, hätten auch deshalb schon kein Interesse, da sie dadurch lediglich weiterem internationalen Druck ausgesetzt wären, den Schiedsspruch zumindest durch Rückzahlung an den Fonds zu erfüllen. Diejenigen Staaten, die auch sonst ihre Schiedssprüche freiwillig begleichen, hätten keinen Vorteil von dem Fonds. Ebenso könnten Staaten, die noch nie vor einem ISDS-Schiedsgericht standen, der Ansicht sein, dass der Fonds für sie unnötig sei.331 Es erscheint darum unwahrscheinlich, dass sich eine „kritische Masse“ an Staaten an einem solchen Projekt beteiligen würde, um eine ausreichende Haftsumme zu erlangen. Problematisch wäre es auch, wenn einzelne Staaten einer Vielzahl an Schiedssprüchen oder Schiedssprüchen von sehr großer Höhe ausgesetzt wären. Diese könnten das gesamte System überfordern, sofern keine Höchstgrenze an Leistungen für einen einzelnen Staat vereinbart worden wäre.332

IV. Bewertung der bisher erläuterten Vorschläge Die vorgestellten Vorschläge erscheinen in der Realität kaum umsetzbar. Sie würden entweder dazu führen, dass der Staat seine hergebrachte Auffassung von der Vollstreckungsimmunität aufgibt und eine Vollstreckung beispielsweise auch in diejenigen Gegenstände eines fremden Staates zulässt, welche dieser für seine elementaren hoheitlichen Aufgaben benötigt. Oder es wird von dem Staat verlangt, dass er immense Summen auf ein Konto einzahlt, auf welches er keinen Zugriff hat, gleich wie bereitwillig er in der Vergangenheit Schiedssprüche erfüllt hat. Wie man am UNStImmÜ sieht, besteht momentan wohl kein internationaler Konsens zur Ratifizierung von internationalen Abkommen, welche Eingriffe in die Souveränität von Staaten regeln. Hinzu kommt, dass diejenigen Staaten, die sich auf solche Rege330 Gerlich, Am. Rev. Int’l Arb. 2015, 47, 84, argumentiert genau entgegengesetzt, indem sie der Meinung ist, dass gerade diejenigen Staaten profitieren und darum teilnehmen würden, die bereits vor einem ISDS-Schiedsgericht unterlegen sind, während die anderen Staaten keine Notwendigkeit sehen würden. 331 Vgl. Gerlich, Am. Rev. Int’l Arb. 2015, 47, 84. 332 Foster, AJICL 2008, 666, 727.

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Kap. 4: Das Zwangsvollstreckungsverfahren

lungen einlassen würden, auch diejenigen Staaten sein dürften, welche die Schiedssprüche ohnehin freiwillig erfüllen würden. Der Mehrwert erscheint hier darum begrenzt. Höchstens für den Fall, dass der Staat nicht aus eigenem Anlass die Durchsetzung verweigert, sondern beispielsweise die EU die Durchsetzung untersagt, könnte durch einen Vollstreckungsfonds eine sinnvolle Befriedigungsmöglichkeit geschaffen werden. Allerdings ist es unrealistisch, dass EU-Staaten einen solchen Mechanismus schaffen würden, gerade um EU-Recht zu umgehen. Vielmehr wäre zu erwarten, dass das Unionsrecht auch einem solchen Mechanismus vorgehen würde. Letzten Endes dürfte auch der Nutzen solcher Regelungen unverhältnismäßig zu den Nachteilen für die Staaten sein, weshalb ein internationaler Konsens für solche Regelungen unwahrscheinlich ist. Auch wenn in den letzten Kapiteln einige potentielle Hürden bei der Durchsetzung von ISDS-Schiedssprüchen aufgezeigt wurden, muss doch in Erinnerung gebracht werden, dass es sich dabei um Einzelfälle handelt. Um diese potentiellen Hürden zu umgehen, bieten sich andere Möglichkeiten für den Investor an, welche mit weniger einschneidenden Konsequenzen für die Vollstreckungsstaaten verbunden sind. So können Immunitätsverzichte, Listen mit von der Immunität befreiten Gegenständen, Bankgarantien oder sonstige Sicherheiten bereits im Vorfeld der Investition ausgehandelt werden.333 Doch auch wenn die Verhandlungsmacht hierfür nicht ausreicht, so ist doch in den meisten Staaten mittlerweile zumindest der Zugriff auf nichthoheitlich genutztes Vermögen möglich.

V. Vorschlag einer mehrstufigen Sicherungsklausel Auch wenn die Vollstreckungsimmunität als „Achilles-Ferse“ der ISDS- (bzw. ICSID-)Schiedsgerichtsbarkeit bezeichnet wurde, kann dem nur mit Vorbehalten gefolgt werden. Zwar wurden in den vorgehenden Abschnitten einige Hürden, insbesondere im Zusammenhang mit der Staatenimmunität, aufgezeigt, die einer Zwangsvollstreckung entgegenstehen können. Aufgrund der weitgehenden Akzeptanz der Lehre von der restriktiven Vollstreckungsimmunität lässt sich die Problematik aber dahingehend eingrenzen, dass der Investor im Ausland belegenes Vermögen finden muss, welches von seinem Gaststaat nicht für hoheitliche Zwecke verwendet wird. Aus Sicht eines Investors mag es natürlich die beste Lösung sein, Zugriff auf sämtliches Vermögen des Gaststaates zu haben. Auf der anderen Seite steht aber, unabhängig davon, welche Versprechen die Regierung des Gaststaates einem Investor gemacht hat, die große Mehrheit an Steuerzahlern, welche erwartet und darauf angewiesen ist, dass der Staat seinen hoheitlichen Verpflichtungen nachkommt. In der Vergangenheit haben ISDS-Schiedsgerichte massive Kritik durch Vorwürfe erfahren, sie dienten alleine internationalen Konzernen, seien demokra333

Siehe Wefelscheid, Vollstreckungsimmunität fremder Staaten, S. 126 f.

G. Vorschläge zur Verbesserung des Verfahrens der Zwangsvollstreckung

309

tisch nicht legitimiert und würden den Staat in seiner Handlungsfreiheit beschränken. Würde man nun auch noch fordern, dass eben diese Konzerne auf sämtliche Rechtsgüter zugreifen könnten, gleich welchen Zwecken sie dienen, würde dies zu weiterer Kritik führen. Eine Lösung, die den Interessen des Investors dient, sollte darum auf anderem Weg gesucht werden. Statt der Aufnahme beispielsweise einer pauschalen Verzichtsklausel auf die Vollstreckungsimmunität in einen IIA, könnte eine mehrstufige Sicherungsklausel aufgenommen werden, welche zu einer den Investor absichernden Bankbürgschaft führt. Diese Klausel könnte so gestaltet werden, dass sich der Gaststaat dazu verpflichtet, auf erster Stufe eine Bürgschaft in dem Moment vorzulegen, in dem ein ISDS-Verfahren gegen ihn eingeleitet wird. Die Verpflichtung zur Beibringung der Bürgschaft könnte mit einem bedingten umfassenden Immunitätsverzicht verbunden werden, welcher dann greift, wenn der Verpflichtung nicht in angemessener Zeit nachgekommen wird. Da dem Gaststaat jedoch die Möglichkeit verbleiben muss, einen etwaigen Schiedsspruch freiwillig zu erfüllen, sollte die Bürgschaft nicht bereits mit Erlass des Schiedsspruches fällig werden. Als zusätzliche Voraussetzung der Fälligkeit könnte als zweite Stufe die Erteilung des Exequaturs in einem Drittstaat aufgenommen werden. Um zu vermeiden, dass es hierbei zu einem „Exequaturtourismus“ in Staaten kommt, welche das Exequatur ohne jegliche Prüfung der Legitimität des Schiedsverfahrens erteilen, könnten hierfür geeignete Exequaturstaaten aufgelistet werden. Nach Erteilung des Exequaturs sollte dem Gaststaat noch eine angemessene Frist eingeräumt werden, in welcher er den Schiedsspruch freiwillig erfüllen kann. Auch bei ICSID-Schiedssprüchen könnte hierbei auf die Verleihung der Titelqualität abgestellt werden, da hier die vorherige Prüfung in einem Aufhebungsverfahren möglich ist. Um Missbrauch zu vermeiden, könnte die Aktivierung der Klausel davon abhängig gemacht werden, dass der Investor seinerseits eine Sicherheit in Höhe der Bankgebühren leistet. Zwar würde dies weitere Kosten verursachen, dies ist jedoch gegenzurechnen mit den Kosten, die der Investor sonst durch die Beauftragung von Asset-Tracing-Firms, mehrere Durchsetzungsverfahren in verschiedenen Ländern und wegen der langen Zeitspanne bis zur tatsächlichen Befriedigung hätte. Zu überlegen wäre, ob die Multilateral Investment Guarantee Agency (MIGA),334 welche Teil der Weltbankgruppe ist, eine solche Sicherung anbieten könnte. Die MIGA versichert vornehmlich Risiken des Investors.335 Es sind jedoch keine Gründe ersichtlich, wieso sie nicht – gegen entsprechende Gebühren – auch Bürgschaften für die Erfüllung eines Schiedsspruches abgeben könnte. Zudem hätte die MIGA bereits politisch mehr Macht, den Gaststaat zur Rückzahlung der Garantie zu bewegen. Dem Investor wäre dadurch gedient, dass er sich sicher sein könnte, in akzeptabler Zeit seinen Schiedsspruch erfüllt zu bekommen. Für den Gaststaat hätte die Klausel den 334

http://www.miga.org. Zu den einzelnen Produkten der MIGA siehe https://www.miga.org/products; siehe auch Rubins/Kinsella, International investment, political risk and dispute resolution, S. 98 ff. 335

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Kap. 4: Das Zwangsvollstreckungsverfahren

Vorteil, dass er allgemein das Vertrauen in sich als Investitionsstandort stärken würde, er nicht – wie beim Vorschlag des Sicherungsfonds – dauerhaft Gelder binden müsste und er nicht der Gefahr ausgesetzt wäre, dass in sein hoheitlich genutztes Vermögen zwangsvollstreckt wird. Gewichtigster Punkt für diesen Vorschlag ist jedoch, dass die Bürgschaft nie greifen müsste, wenn die Vertragsparteien gewillt sind, ihre eingegangenen Verpflichtungen aus der Schiedsabrede tatsächlich zu erfüllen.

H. Fazit zu Kapitel 4 Im vorgehenden Kapitel wurde schwerpunktmäßig die Handhabung der Vollstreckungsimmunität in Deutschland unter dem Blickwinkel der Zwangsvollstreckung aus ISDS-Entscheidungen dargestellt. In Deutschland wird von den Gerichten die restriktive Vollstreckungsimmunität in der Form vertreten, dass hoheitlich genutzte Gegenstände eines Staates immun sind. Noch nicht abschließend geklärt ist, ob nichthoheitlich genutzte Gegenstände auch dann von der Immunität befreit sind, wenn der Titel aus einem hoheitlichen Handeln des Staates resultiert. Dies ist gerade für ISDS-Entscheidungen von Interesse. Die Praxis und die besseren Argumente scheinen dafür zu sprechen, dass die zugrundeliegende Handlung des Staates irrelevant ist. Ob dem Schiedsspruch ein ICSID-Verfahren oder ein Verfahren nach anderen, ein ad hoc-Schiedsgericht vorsehenden, Verfahrensregeln zugrunde liegt, ist auf Ebene der Zwangsvollstreckung unerheblich. Sowohl das ICSID-Übereinkommen, als auch das NYÜ überlassen das Zwangsvollstreckungsverfahren den jeweiligen nationalen Regelungen. Des Weiteren wurde dargestellt, in welchen Fällen ein Verzicht auf die Vollstreckungsimmunität vorliegt und welche Anforderungen an eine Verzichtsklausel gestellt werden. Klargestellt wurde, dass ein Verzichtswille ersichtlich sein muss, und dass das Vorliegen einer Schiedsabrede, gleich auf welche Verfahrensregeln in ihr Bezug genommen wird, nicht ausreichend ist. Für einen Verzicht auf die diplomatische Immunität wird in jedem Fall ein separater Verzicht gefordert. Da die EU immer mehr als Partei von Abkommen mit ISDS-Klauseln auftritt und darum auch gegen sie gerichtete ISDS-Verfahren immer wahrscheinlicher werden, wurde überdies die Befreiung der EU von der Zwangsvollstreckung behandelt. In den Mitgliedstaaten richtet sich die Befreiung der EU nach dem Protokoll über Vorrechte und Befreiungen der Europäischen Union. Außerhalb der EU muss für jeden Staat separat geprüft werden, ob der EU Vollstreckungsimmunität gewährt wird, wobei die besseren Argumente für eine derartige Gewährung sprechen. Anschließend wurde die Möglichkeit der analogen Anwendung des § 882a ZPO auf ausländische Staaten besprochen und verneint. Auch wurde gezeigt, dass, sobald das Exequatur einmal rechtskräftig erteilt wurde, die Zwangsvollstreckung nicht allein deshalb verweigert

H. Fazit zu Kapitel 4

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werden kann, weil der Schiedsspruch gegen Unionsrecht verstößt. Es findet keine Durchbrechung der Rechtskraft statt, sobald das Exequatur einmal erteilt worden ist. Abgerundet wurde das Kapitel durch eine Vorstellung verschiedener Reformvorschläge aus der Literatur, bevor mit der Idee einer mehrstufigen Sicherungsklausel ein eigener Vorschlag zur Absicherung von Investoren gemacht werden konnte.

Kapitel 5

Maßnahmen im Anschluss an die nationalen Verfahren Das letzte Kapitel befasst sich mit der Frage danach, welche Möglichkeiten einer Partei verbleiben, sobald im Rahmen der Durchsetzung des ISDS-Schiedsspruchs eine gerichtliche Entscheidung getroffen wurde. Zum einen wird darauf eingegangen, welche Möglichkeiten der unterlegenen Partei gegen ein erteiltes Exequatur verbleiben. Zum anderen werden auch diejenigen Optionen diskutiert, die einer Partei nach der Verweigerung der gerichtlichen Durchsetzung des Schiedsspruches offenstehen, um wirtschaftlich doch so gestellt zu werden, als wäre der Schiedsspruch erfüllt worden. Den Abschluss des Kapitels bildet ein Exkurs über außergerichtliche Alternativen zur hoheitlichen Titeldurchsetzung. Ausgeklammert werden materielle Selbsthilfemöglichkeiten wie die Aufrechnung, Zurückbehaltungsrechte oder die Einwendung der Erfüllung sowie die Möglichkeiten zu ihrer prozessualen Geltendmachung.1

A. Maßnahmen vor deutschen Gerichten I. Maßnahmen gegen die Exequaturentscheidung 1. Rechtsbeschwerde Rechtsmittel gegen die Erteilung des Exequaturs sind in Deutschland nur beschränkt gegeben.2 Namentlich steht der unterlegenen Partei gegen die Entscheidung des Exequaturgerichts der nationale Rechtsweg lediglich in Form der Rechtsbeschwerde zum BGH nach §§ 1065; 574 ZPO; 133 GVG offen.3 Die Rechtsbeschwerde behandelt ausschließlich Rechtsfragen (§ 576 Abs. 1 ZPO) und ist somit keine weitere Tatsacheninstanz.4 Dennoch können in das Verfahren ausländische 1

Siehe dazu nur G. Wagner, Grundfragen der Vollstreckbarerklärung von Schiedssprüchen, 1, 68 ff. 2 Schwab/Walter/Baumbach, Schiedsgerichtsbarkeit, Kap. 31, Rn. 19; Musielak/Voit-Voit, § 1065 ZPO, Rn. 1. 3 Siehe grundlegend zur Rechtsbeschwerde die Kommentierungen zu § 1065 ZPO, sowie beispielsweise Schwab/Walter/Baumbach, Schiedsgerichtsbarkeit, Kap. 31, Rn. 19 ff.; Schroeder/Wortmann, § 1065 – Legal Remedies, 543. 4 Siehe BGH, NJW 2001, 1730; Schwab/Walter/Baumbach, Schiedsgerichtsbarkeit, Kap. 31, Rn. 23.

A. Maßnahmen vor deutschen Gerichten

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Gerichtsentscheide, wie beispielsweise Aufhebungsentscheidungen, erstmalig eingeführt werden, sofern diese erst nach der Entscheidung des OLG erlassen wurden.5 Berücksichtigt werden zudem Tatsachen, welche von Amts wegen zu berücksichtigende Verfahrensmängel oder Änderungen der prozessualen Rechtslage während des Rechtsbeschwerdeverfahrens betreffen.6 Sofern der BGH die Rechtsbeschwerde für begründet erachtet, wird die angefochtene Entscheidung nach § 577 Abs. 4 S. 1 ZPO aufgehoben und zur erneuten Entscheidung zurückverwiesen, wenn nicht die Voraussetzungen des § 577 Abs. 5 S. 1 vorliegen und der BGH darum selbst entscheiden kann. 2. Wiederaufnahmeverfahren nach den §§ 578 ff. ZPO Ist das Exequatur rechtskräftig erteilt, ist fraglich, ob das deutsche Recht Möglichkeiten bereithält, über die das Exequatur dennoch angegriffen werden kann. In Betracht käme eine Wiederaufnahme des Verfahrens im Wege der Nichtigkeitsklage oder der Restitutionsklage nach den §§ 578 ff. ZPO. Diese Regelungen sind dem Wortlaut des § 578 ZPO nach lediglich zur Wiederaufnahme eines durch rechtskräftiges Urteil geschlossenen Verfahrens vorgesehen. Die Erteilung des Exequaturs erfolgt jedoch nach § 1063 Abs. 1 S. 1 ZPO durch Beschluss. Da Art. 2 Abs. 2 InvStreiÜbkG auf § 1063 Abs. 1 S. 1 ZPO verweist, erfolgt die Anerkennung eines ICSID-Schiedsspruchs gleichfalls durch Beschluss. Allerdings wird die Möglichkeit der Anwendung der §§ 578 ff. ZPO auf Beschlüsse angenommen, wenn es sich um „urteilsvertretende Beschlüsse im engeren Sinn“ handelt.7 Dies ist der Fall, wenn der Beschluss das Verfahren außerhalb eines Urteilsverfahrens abschließt und rechtskräftig werden lässt.8 Da die Erteilung oder Ablehnung der Vollstreckbarerklärung das Exequaturverfahren abschließend beendet, sind die Vorschriften auch hier entsprechend anwendbar.9 Jedoch sind Fälle der Wiederaufnahme sehr selten. Um gegen einen Beschluss im Exequaturverfahren vorzugehen, müsste sich der die Wiederaufnahme begründende Fehler überdies im Verfahren vor den deutschen Gerichten ereignet haben, weshalb der Schiedsspruch selbst nicht angegriffen werden kann. Für ICSID-Schiedssprüche sieht Art. 54 Abs. 1 ICSID jedoch vor, dass sie so durchgesetzt werden müssen, als handele es sich bei ihnen um rechtskräftige End-

5

BGH, NJW 2001, 1730. BeckOK ZPO-Wilske/Markert, § 1065, Rn. 14; Musielak/Voit-Voit, § 1065 ZPO, Rn. 2. 7 MüKo ZPO-J. Braun, Art. 578, Rn. 28; Wieczorek/Schütze-Büscher, § 578, Rn. 24; Schumann, Die Gegenvorstellung im Zivilprozeßrecht, 491, 497. 8 Saenger-R. Kemper, § 575, Rn. 3; BeckOK ZPO-Fleck, § 578, Rn. 14; Stein/Jonas-Jacobs, Vor §§ 578 – 591, Rn. 39. 9 Wieczorek/Schütze-Büscher, § 578, Rn. 26; Musielak/Voit-Musielak, § 578, Rn. 13; Kröll, § 1061 – Foreign Awards, 443, Rn. 174. 6

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Kap. 5: Maßnahmen im Anschluss an die nationalen Verfahren

urteile eines Gerichts des Vollstreckungsstaates.10 Baldwin, Kantor und Nolan haben darum die Idee vorgebracht, auf ICSID-Schiedssprüche auch solche Normen11 anzuwenden, die nach nationalem Recht ein Vorgehen gegen rechtskräftige Endurteile ermöglichen.12 Als konkrete Beispiele nennen sie dabei Rule 60(b) der Federal Rules of Civil Procedure der USA13, Art. 595 des französischen Code de procédure civile14, Artt. 365 ff. des kolumbianischen Civil Procedure Code15 und Art. 810 des chilenischen Civil Procedure Code16.17 Auch aus der Entstehungsgeschichte des ICSIDÜbereinkommens könnte ein solches Verständnis des Art. 54 Abs. 1 ICSID abgeleitet werden. So meinte Broches während des Entwurfs des Übereinkommens: „[…] treating awards in the same way as court judgments implied that exceptional grounds only could be invoked to prevent recognition and enforcement.“18. Hiermit wird impliziert, dass tatsächlich unter besonderen Umständen die Durchsetzung nach nationalem Recht verhindert werden könnte. Die österreichische Abgesandte Villgrattner schlug darum vor, den Teil des Artikels zu streichen, da sie meinte „even final judgments could be annulled in certain instances“, was von Broches damit quittiert wurde, dass „by making an award the equivalent of a final judgment one had reached the maximum obtainable“.19 In Deutschland sind Vorschriften, die ein Vorgehen gegen rechtskräftige Urteile ermöglichen, in § 579 ZPO (Nichtigkeitsklage) sowie § 580 ZPO (Restitutionsklage) zu finden. Sofern anwendbar, wären für ausländische Schiedssprüche hier insbesondere die Gründe für eine Restitutionsklage, wie beispielsweise die Verwendung einer fälschlich angefertigten oder verfälschten Urkunde für das Urteil (Nr. 2) oder die Erwirkung des Urteils durch eine Straftat (Nr. 4), von Interesse.20 10 Vgl. OLG Frankfurt a.M., SchiedsVZ, 126, 128; Kröll, Enforcement of Awards, 1482, 1497, Rn. 48. 11 Als konkretes Beispiel nennen sie Rule 60(b) der Federal Rules of Civil Procedure der USA. 12 Baldwin/Kantor/Nolan, Journal of International Arbitration 2006, 1, 9 ff.; sich dem anschließend Uchkunova/Temnikov, ICSID Rev. 2014, 187, 190 f.; Foster, AJICL 2008, 666, 703; Schreuer, ICSID Convention, Art. 54, Rn. 104; sowie Reinisch, Enforcement of Investment Awards, 671, 692. 13 Baldwin/Kantor/Nolan, Journal of International Arbitration 2006, 1, 9. 14 Baldwin/Kantor/Nolan, Journal of International Arbitration 2006, 1, 13. 15 Baldwin/Kantor/Nolan, Journal of International Arbitration 2006, 1, 14. 16 Baldwin/Kantor/Nolan, Journal of International Arbitration 2006, 1, 14. 17 Weitere Beispiele finden sich bei Baetens, Enforcement of Arbitral Awards, 211, 219. 18 Broches, ICSID Rev. 1987, 287, 312. 19 Broches, ICSID Rev. 1987, 287, 314; siehe dazu auch Uchkunova/Temnikov, ICSID Rev. 2014, 187, 191. 20 Es könnte überlegt werden, ob auf diesem Weg gegen einen unionsrechtswidrigen Schiedsspruch vorgegangen werden könnte. § 580 ZPO bietet jedoch keinen Restitutionsgrund der Unionsrechtswidrigkeit. Selbst eine Feststellung durch den EuGH begründet keinen Restitutionsgrund (siehe nur Kremer, EuR 42 (2007), 470, 487). Zwar bietet § 580 Nr. 8 ZPO einen Grund für den Fall, dass der EGMR einen Verstoß gegen die EMRK festgestellt hat. Die

A. Maßnahmen vor deutschen Gerichten

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Somit ist zu klären, ob über die §§ 578 ff. ZPO die Durchsetzung des Schiedsspruches selbst verhindert werden kann. Problematisch dabei ist, dass die §§ 578 ff. ZPO auf eine rückwirkende Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und eine Neuverhandlung abzielen.21 Würden die §§ 578 ff. ZPO lediglich die Zwangsvollstreckung aus dem Schiedsspruch aufgrund der dort aufgelisteten Gründe verhindern, den Titel jedoch selbst nicht antasten, so könnte tatsächlich für eine Anwendung der Normen argumentiert werden. So wird die Partei durch § 60(b) der Federal Rules of Civil Procedure lediglich von dem Urteil „entlastet“ (On motion and upon such terms as are just, the court may relieve a party […] from a final judgment […] for the following reasons: […]). Das deutsche Wiederaufnahmeverfahren greift hingegen den Titel selbst an. Nationale Regelungen können aber nicht das Schiedsgericht zur Wiederaufnahme des Schiedsverfahrens zwingen, da Art. 53 Abs. 1 ICSID explizit vorschreibt, dass der Schiedsspruch für die Staaten verbindlich und vor den nationalen Gerichten unanfechtbar ist.22 Es mag eine Sache sein, aufgrund nationaler Vorschriften die Zwangsvollstreckung aus einem Titel zu verweigern. Eine andere Sache ist es aber, den Titel zur Neuverhandlung an den Spruchkörper zurückzuverweisen. Es würde genau entgegen der Intention des ICSID-Übereinkommens sein, wenn man auf diesem Weg die Aufhebung des Schiedsspruches durch nationales Recht ermöglichte. Damit ist im Ergebnis festzustellen, dass weder die Nichtigkeitsklage, noch die Restitutionsklage der Durchsetzung eines ICSID-Schiedsspruchs entgegengehalten werden können, sofern sich der Fehler nicht aus dem Beschlussverfahren vor deutschen Gerichten ergibt. 3. § 826 BGB Oben23 wurde bereits dargelegt, dass eine vorsätzliche sittenwidrige Schädigung im Sinne des § 826 BGB der Vollstreckbarerklärung allenfalls im Rahmen der ordre public-Prüfung entgegengehalten werden kann. Der BGH hat zudem bereits entschieden, dass § 826 BGB gegen ein durch unwahre Angaben erschlichenes Exequatur Anwendung finden kann,24 weshalb anzunehmen ist, dass die Norm insgesamt gegen eine durch vorsätzliche sittenwidrige Schädigung erlangte Vollstreckbarerklärungen angewendet werden kann.25 Vorschrift ist jedoch nicht auf eine Entscheidung des EuGH übertragbar; Kremer, EuR 42 (2007), 470, 487; Musielak/Voit-Musielak, § 580 ZPO, Rn. 24, Fn. 115; A. Schneider, EuR 52 (2017), 433, 443 Somit besteht kein Restitutionsgrund aufgrund dem Schiedsspruch entgegenstehenden Unionsrechts. 21 Siehe nur Musielak/Voit-Musielak, § 578, Rn. 4; BeckOK ZPO-Fleck, § 578, Rn. 9. 22 So auch Gerlich, Am. Rev. Int’l Arb. 2015, 47, 51 f. 23 Oben S. 246. 24 BGH, NJW 1961, 1067, 1069. 25 So auch Kröll, § 1061 – Foreign Awards, 443, Rn. 173.

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Kap. 5: Maßnahmen im Anschluss an die nationalen Verfahren

Relevant könnte ein solcher Anspruch insbesondere für ICSID-Schiedssprüche sein, da bei diesen nicht die Möglichkeit der Beachtung einer sittenwidrigen Schädigung bereits im Rahmen des Verfahrens der Anerkennung und Vollstreckbarerklärung besteht. Der Anspruch aus § 826 BGB richtet sich nicht gegen den Bestand des Titels selbst, sondern soll als Leistungsklage nur dessen materiell-rechtliche Folgen beseitigen.26 Insbesondere soll die Unterlassung der Zwangsvollstreckung erwirkt werden.27 Damit besteht ein wichtiger Unterschied zu den §§ 578 ff. ZPO. Während eine entsprechende Anwendung dieser Vorschriften auf ICSID-Schiedssprüche ausscheidet, spricht die Entstehungsgeschichte des Art. 53 Abs. 1 ICSID28 zunächst dafür, § 826 BGB auch bei ICSID-Schiedssprüchen anzuwenden. Allerdings muss wiederum eine Einschränkung dahingehend gemacht werden, dass der „Titel“, aus welchem die Zwangsvollstreckung versagt werden soll, nicht der ICSID-Schiedsspruch selbst ist, sondern die Anerkenntnis nach Art. 2 Abs. 2 InvStreiÜbkG i.V.m. § 1063 Abs. 1 S. 1 ZPO. Somit muss, für eine Anwendung des § 826 BGB, die vorsätzliche sittenwidrige Schädigung auf dieses Anerkenntnis durchschlagen oder gerade bei diesem vorliegen. Würden auch solche vorsätzlichen sittenwidrigen Schädigungen Beachtung finden, die sich alleine auf die Entstehung des ICSIDSchiedsspruches ausgewirkt haben, so würde dies wieder eine inhaltliche Überprüfung bedeuten, welche von Art. 53 Abs. 1 ICSID aber verhindert werden soll. Dies würde dem Zweck dieses Artikels widersprechen. Somit kann § 826 BGB nur in begrenzten Fällen der Durchsetzung eines ICSID-Schiedsspruches entgegengehalten werden.

II. Schadensersatzanspruch gegen den deutschen Staat Wird einem Gläubiger die Durchsetzung seines Schiedsspruches versagt, ist fraglich, ob er unter Umständen einen Schadensersatzanspruch gegen die Bundesrepublik geltend machen kann. 1. Amtspflichtverletzung nach § 839 BGB i.V.m. Art. 34 GG Da es sich bei dem Vollstreckungsanspruch um ein subjektiv-öffentliches Recht handelt,29 kann ein Amtshaftungsanspruch nach § 839 BGB i.V.m. Art. 34 GG 26 BGH, NJW 1968, 1275, 1276; BeckOK BGB-Förster, § 826, Rn. 193; MüKo ZPOG. Wagner, § 826, Rn. 233. 27 BGH, NJW-RR 2012, 304, Rn. 15; OLG Düsseldorf, NJW-RR 1988, 939, 940; BeckOK BGB-Förster, § 826, Rn. 210; MüKo ZPO-G. Wagner, § 826, Rn. 228. 28 Siehe zuvor oben S. 314. 29 Siehe nur BGH, NZI 1999, 191, 193; L. Rosenberg et al., Zwangsvollstreckungsrecht, § 6, Rn. 1 ff.; Lorz, Ausländische Staaten vor deutschen Zivilgerichten, S. 434, m.w.N.; vgl.

A. Maßnahmen vor deutschen Gerichten

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entstehen, sofern das zuständige Organ die Durchsetzung eines Schiedsspruches zu Unrecht verweigert.30 Die Vollstreckungsorgane verletzen ihre Amtspflicht beispielsweise, wenn der Vollstreckungszugriff verzögert31 oder ein Vollstreckungsgegenstand pflichtwidrig freigegeben wird.32 Beide Fälle könnten dann eintreten, wenn das Vollstreckungsorgan fälschlicherweise von einer Immunität des Vollstreckungsgegenstands ausgeht.33 Jedoch ist eine objektiv unrichtige Rechtsanwendung einem Amtsträger dann nicht vorwerfbar, wenn sie eine Vorschrift betrifft, deren Inhalt zweifelhaft sein kann, noch nicht durch eine höchstrichterliche Rechtsprechung klargestellt ist und die Auslegung der Vorschrift noch vertretbar erscheint.34 Gerade bei Immunitätsfragen wird dies aufgrund der Vielzahl an verschiedenen Vollstreckungsgütern und noch offenen Rechtsfragen oftmals der Fall sein. Die Gerichtsvollzieher müssen bei potentiell von der deutschen Gerichtsbarkeit befreiten Personen gemäß § 3 Abs. 1 Nr. 2 c) GVGA den Auftrag zur Zwangsvollstreckung dem aufsichtsführenden Richter des Amtsgerichts als vorgesetzte Dienststelle35 vorlegen und auf Weisung warten.36 Auch die Rechtspfleger müssen nach § 5 Abs. 1 Nr. 1 RPflG den Antrag dem Richter vorlegen, wenn sich bei der Sachbearbeitung ergibt, dass eine Entscheidung des BVerfG einzuholen ist.37 Somit kann in Zweifelsfällen immer ein Richter entscheiden. Nur wenn das Vollstreckungsorgan dies übersieht oder übergeht, kommt daher ein Amtshaftungsanspruch in Betracht.38 In Bezug auf die Exequaturentscheidung ist zu bemerken, dass hier das Spruchrichterprivileg des § 839 Abs. 2 BGB gilt, auch wenn es sich nicht um ein Urteil, sondern einen Beschluss handelt, da sich das Privileg auf alle richterlichen Entscheidungen erstreckt, die „ihrem Wesen nach einem Urteil gleichzusetzen, also urteilsvertretende Erkenntnisse sind“,39 was für die Exequaturentscheidung bejaht werden kann. auch Pfeiffer, Der verfassungsrechtliche Anspruch auf Vollstreckung von Schiedssprüchen, 387, 390. 30 Habscheid, Berichte der Deutschen Gesellschaft für Völkerrecht 1968, 159, 260; L. Rosenberg et al., Zwangsvollstreckungsrecht, § 7 Rn. 7 ff. 31 RGZ 79, 241. 32 RG, JW 1936, 2096. 33 Vgl. Lorz, Ausländische Staaten vor deutschen Zivilgerichten, S. 433. 34 BGH, NJW-RR 1992, 919; Staudinger-Wurm, § 839, Rn. 655. 35 Siehe § 1 S. 3 der Gerichtsvollzieherordnung; Schuschke/Walker-Walker, Vor §§ 753 – 763, Rn. 11. 36 Weller, Rpfleger 2006, 364, 372; L. Rosenberg et al., Zwangsvollstreckungsrecht, § 25, Rn. 16, m.w.N. 37 Weller, Rpfleger 2006, 364, 372. 38 Weller, Rpfleger 2006, 364, 372. 39 BGH, NJW 1962, 1500, 1502; NJW 1966, 2307, 2308; NJW 1969 876, 876.

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Kap. 5: Maßnahmen im Anschluss an die nationalen Verfahren

2. Enteignungsgleicher Eingriff Möglicherweise besteht ein Anspruch auf Schadensersatz aus enteignungsgleichem Eingriff40, wenn die deutschen Gerichte eine Vollstreckung – beispielsweise um die guten zwischenstaatlichen Beziehungen zu wahren41 – verweigern, obwohl grundsätzlich eine völkerrechtliche Verpflichtung zur Durchsetzung besteht. Dieser Anspruch setzt einen rechtswidrigen42 unmittelbaren hoheitlichen Eingriff in das durch Art. 14 Abs. 1 S. 1 GG geschützte Eigentum voraus, wobei dem Betroffenen ein Sonderopfer im Interesse der Allgemeinheit aufgebürdet wird. Unter das geschützte Eigentum fallen auch Forderungen43 und damit auch auf Geld gerichtete Ansprüche gegen einen ausländischen Staat.44 Geschützt ist insbesondere auch solches Eigentum, das aufgrund einer fremden Rechtsordnung besteht, sofern diese Rechtsordnung nicht der deutschen öffentlichen Ordnung widerspricht.45 Zudem hat der BGH festgestellt, dass das Befriedigungsrecht des Gläubigers von der Eigentumsgarantie des Art. 14 Abs. 1 GG umfasst ist.46 Wird durch die Entscheidung des Gerichts oder Vollstreckungsorgans dem Vollstreckungsgläubiger die Realisierung seiner Ansprüche alleine deshalb versagt, weil der Schuldner ein ausländischer Staat ist, so wird ihm, durch qualifiziertes Unterlassen,47 ein Sonderopfer im Interesse der Allgemeinheit aufgebürdet.48 Das Allgemeininteresse liegt darin, dass die diplomatischen Beziehungen zu einem fremden Staat nicht belastet werden. Fraglich ist jedoch, ob der Anspruch des Vollstreckungsgläubigers hierdurch tatsächlich wertlos wird, was für einen enteignungsgleichen Eingriff aber notwendig wäre. Lorz bejaht dies für den Fall, dass ein Anspruch aufgrund entgegenstehender 40 Dieses Rechtsinstitut beruht auf dem allgemeinen Aufopferungsgedanken gemäß §§ 74, 75 der Einleitung zum Allgemeinen Landrecht für die Preußischen Staaten von 1794 und ist gewohnheitsrechtlich anerkannt. Siehe nur BGH, NJW 1952, 972; NJW 1984, 1169, 1171; Maunz/Dürig-Papier, Art. 34, Rn. 40. 41 Zu dieser Möglichkeit bereits Lorz, Ausländische Staaten vor deutschen Zivilgerichten, S. 436; vgl. auch Habscheid, Berichte der Deutschen Gesellschaft für Völkerrecht 1968, 159, 259 ff. 42 Siehe auch Leipold, Immunität versus Rechtsschutzgarantie, 353, 374, der bereits einen Schadensersatzanspruch über die Rechtsfigur des enteignenden Eingriffs gewähren möchte. Da es in seinem Beispiel um den Anspruch auf Räumung einer Wohnung geht, stellt sich bei ihm nicht die Frage der Durchsetzbarkeit des Anspruchs in anderen Staaten. 43 BVerfG, NJW 1977, 2024, 2027 f.; NJW 1986, 1603; NJW 1991, 1807; BGH, NJW 2004, 3770, 3771; Maunz/Dürig-Papier/Shirvani, Art. 14, Rn. 160. 44 Lorz, Ausländische Staaten vor deutschen Zivilgerichten, S. 437. 45 BVerfG, NJW 1977, 2024, 2026. 46 BGH, NJW 2004, 3770, 3771; NZM 2005, 192, 193; NJW 2005, 1859, 1860. 47 Lorz, Ausländische Staaten vor deutschen Zivilgerichten, S. 437. 48 Habscheid, Berichte der Deutschen Gesellschaft für Völkerrecht 1968, 159, 260; Leipold, Immunität versus Rechtsschutzgarantie, 353, 373 ff.; Lorz, Ausländische Staaten vor deutschen Zivilgerichten, S. 436.

A. Maßnahmen vor deutschen Gerichten

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Staatenimmunität nicht durchsetzbar ist.49 Sie begründet das damit, dass der Anspruch durch die fehlende Realisierbarkeit wertlos würde. Allerdings bezieht sie sich nicht speziell auf die Durchsetzung von titulierten Forderungen, sondern allgemein auf den Rechtsschutz gegen Staaten vor deutschen Gerichten, also insbesondere auch auf den Fall, in welchem bereits der Zugang zum Gericht im Erkenntnisverfahren verwehrt wird. Dies verkennt jedoch, dass insbesondere ein im Ausland – beispielsweise durch ein Schiedsgericht – festgestellter Anspruch nicht per se entwertet würde, wenn die Durchsetzung in Deutschland verweigert wird. Vielmehr wird zunächst nur die Durchsetzung in Deutschland, bei der Vollstreckungsimmunität womöglich sogar nur in Bezug auf bestimmte Rechtsgüter, unmöglich gemacht. ISDS-Schiedssprüche können nicht nur in einem Staat vollstreckt werden, weshalb die fehlende Vollstreckbarkeit in einer Jurisdiktion nicht zu einer völligen Entwertung des Schiedsspruchs führt.50 Der BGH hat jüngst festgestellt, dass nicht einmal die Aufhebung eines Schiedsspruches eine Entziehung von Vermögenspositionen darstellt, sofern dem Gläubiger die Möglichkeit verbleibt, seinen Anspruch vor nationalen Gerichten eines anderen Staates in einem erneuten Erkenntnisverfahren einzuklagen.51 Erst recht kann dann die Gewährung von Staatenimmunität keine Rechtspositionen entziehen, sofern die Durchsetzung in einem anderen Staat möglich bleibt.52 Der eigentliche Verlust des Vollstreckungsgläubigers ist der Verlust der Vollstreckungsmöglichkeit auch in Deutschland. Nur für den Fall, dass die Durchsetzung auch in keinem anderen Land möglich ist, also Deutschland das letzte Glied in der Kausalkette der fehlenden Realisierbarkeit gesetzt hat, würde eine Entwertung durch deutsche Gerichte vorliegen.53 Den hierfür nötigen Nachweis wird der beweisbelastete Vollstreckungsgläubiger kaum erbringen können. Zudem greift auch beim enteignungsgleichen Eingriff das Spruchrichterprivileg des § 839 Abs. 2 S. 1 BGB.54 Darum würde der Anspruch in den meisten Fällen bereits scheitern, wenn das Gericht durch Beschluss im Verfahren der Anerkennung und Vollstreckbarerklärung55 dem ausländischen Staat zu Unrecht Immunität gewährt.56

49

Lorz, Ausländische Staaten vor deutschen Zivilgerichten, S. 437. Kryvoi, ILM 49 (2010), 1181, 1182; vgl. auch Demirkol, ICSID Rev. 2015, 56, 75. 51 BGH, Beschluss v. 31. 10. 2018 – I ZB 2/15, Rn. 72. 52 Vgl. auch EGMR, Entscheidung v. 12. 12. 2002 – 59021/00, NJW, S. 273, 275 – Kalogeropoulou u. a. ./. Griechenland und Deutschland. 53 Ähnlich auch Kryvoi, ILM 49 (2010), 1181, 1183. 54 BGH, NJW 1968, 989, 990; Staudinger-Wurm, § 839, Rn. 315. 55 Zur Anwendung des Spruchrichterprivilegs auf Exequaturentscheidungen siehe bereits oben S. 317. 56 Vgl. Lorz, Ausländische Staaten vor deutschen Zivilgerichten, S. 438. 50

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Kap. 5: Maßnahmen im Anschluss an die nationalen Verfahren

B. Maßnahmen vor dem EGMR Sofern ein Schiedsspruch aufgrund von Defiziten im Gerichtssystem des Vollstreckungsstaates nicht durchgesetzt werden kann, beispielsweise weil ein Gericht unzulässigerweise die Zwangsvollstreckung gegen einen Staat verweigert,57 kommt ein Verfahren vor dem EGMR gegen den Vollstreckungsstaat in Form der Individualbeschwerde nach Artt. 34, 35 EMRK in Betracht.58 Im Erfolgsfall kann der Investor denjenigen Schaden ersetzt bekommen, der ihm durch die Verweigerung entstanden ist. Dieser Weg ist beispielsweise in der bereits oben zitierten „Sedelmayer-Saga“59 eingeschlagen worden.60 Hier wandte sich der Kläger gegen die von den deutschen Gerichten auf die Vollstreckungsimmunität gestützte Versagung der Pfändung und Überweisung von Umsatzsteuerrückerstattungsansprüchen der Russischen Föderation sowie von Forderungen aus der Gewährung von Überflugrechten an die Deutsche Lufthansa AG61. Als mögliche Begründung könnten sowohl eine Verletzung der Rechte aus Art. 1 Zusatzprotokoll EMRK62, als auch der Rechte auf effektiven Rechtsschutz aus Art. 6 Abs. 1 S. 1 EMRK63 vorgebracht werden.64 Schiedssprüche sind vom Eigentumsschutz des Art. 1 Zusatzprotokoll Nr. 1 EMRK umfasst.65 Zudem kann eine Ver57 Vgl. EGMR, Entscheidung v. 12. 12. 2002 – 59021/00, NJW, S. 273 – Kalogeropoulou u. a. ./. Griechenland und Deutschland. 58 Weller, Rpfleger 2006, 364, 372; Reed/Martinez, Treaty Obligation to Honor Arbitral Awards and Diplomatic Protection, 13, 24 f.; Gerlich, Am. Rev. Int’l Arb. 2015, 47, 87. 59 Siehe oben S. 21. 60 Siehe EGMR, Entscheidung über die Zulässigkeit der Individualbeschwerde v. 10. 11. 2009 – 30190/06 und 30216/06 – Sedelmayer. 61 EGMR, Entscheidung über die Zulässigkeit der Individualbeschwerde v. 10. 11. 2009 – 30190/06 und 30216/06, 2 f. – Sedelmayer. 62 „Jede natürliche oder juristische Person hat das Recht auf Achtung ihres Eigentums. Niemandem darf sein Eigentum entzogen werden, es sei denn, dass das öffentliche Interesse es verlangt, und nur unter den durch Gesetz und durch die allgemeinen Grundsätze des Völkerrechts vorgesehenen Bedingungen. Absatz 1 beeinträchtigt jedoch nicht das Recht des Staates, diejenigen Gesetze anzuwenden, die er für die Regelung der Benutzung des Eigentums im Einklang mit dem Allgemeininteresse oder zur Sicherung der Zahlung der Steuern oder sonstigen Abgaben oder von Geldstrafen für erforderlich hält.“. 63 Jede Person hat ein Recht darauf, daß über Streitigkeiten in bezug auf ihre zivilrechtlichen Ansprüche und Verpflichtungen oder über eine gegen sie erhobene strafrechtliche Anklage von einem unabhängigen und unparteiischen, auf Gesetz beruhenden Gericht in einem fairen Verfahren, öffentlich und innerhalb angemessener Frist verhandelt wird. 64 So beispielsweise in EGMR, Urt. v. 29. 09. 2008 – Application no. 773/03 – Regent Company ./. Ukraine; Reed/Martinez, Treaty Obligation to Honor Arbitral Awards and Diplomatic Protection, 13, 25; Cabrera, From Washington to Luxembourg… Stopping Over at Strasbourg?, 49, 51. 65 EGMR, Urt. v. 09. 12. 1994 – Application no. 13427/87, Rn. 62 – Stran Greek Refineries and Stratis Andreadis ./. Griechenland; Entscheidung über die Zulässigkeit der Individualbeschwerde v. 10. 11. 2009 – 30190/06 und 30216/06, 5 – Sedelmayer; Urt. v. 20. 04. 2010 –

B. Maßnahmen vor dem EGMR

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weigerung der Durchsetzung eines Schiedsspruches eine Rechtsschutzverweigerung nach Art. 6 Abs. 1 EMRK darstellen.66 Da, neben den Mitgliedstaaten, auch die Europäische Union selbst über Art. 6 Abs. 2 EUV und Art. 52 Abs. 3 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union, die in der EMRK festgelegten Rechte in ihre Rechtsordnung inkorporiert hat, sind diese in jedem Fall von den Gerichten der Mitgliedstaaten zu berücksichtigen und der Schutzstandard der EMRK darf nicht unterschritten werden.67 Sofern nun die Durchsetzung eines ISDS-Schiedsspruchs verweigert wird und darin eine Beeinträchtigung der durch die EMRK verbürgten Rechte vorliegt, müssen darum die Interessen, die gegen eine Durchsetzung sprechen, mit den Rechten aus der EMRK abgewogen werden.68 Eine Verletzung des Art. 1 Zusatzprotokoll EMRK dürfte bereits aus denselben Gründen ausscheiden, wie das Vorliegen eines enteignungsgleichen Eingriffs, sofern eine Durchsetzung des Schiedsspruches in anderen Staaten möglich bleibt. Nach der Rechtsprechung des EGMR ist Voraussetzung einer Enteignung, dass der Investor endgültig und vollständig seines Eigentums beraubt wird.69 Eine bloße Beschränkung der Rechte, welche nicht unumkehrbar ist, genügt nicht.70 Gleichwohl hat der EGMR im Sedelmayer-Verfahren die Verletzung des Eigentumsrechts erst nach einer Abwägung der Interessen verneint.71 Da zusätzlich eine Rechtsschutzverweigerung in Betracht kommen würde, müsste jedoch – sofern man wie hier einen Eingriff in Art. 1 Zusatzprotokoll EMRK ablehnt – spätestens dort eine Abwägung mit den legitimen Interessen des Vollstreckungsstaates vorgenommen werden.72 Ein legitimes Interesse kann die Vermeidung der Störung der Beziehungen zwischen zwei Staaten darstellen. Dieses Interesse wird mit der Gewährung von Staatenimmunität verfolgt.73 Da die EMRK im Einklang mit den anderen Grundsätzen des Völkerrechts Application no. 12312/05, Rn. 83 – Kin-Stib & Majkic ./. Serbien; Kryvoi, ILM 49 (2010), 1181, 1182; Cabrera, From Washington to Luxembourg… Stopping Over at Strasbourg?, 49, 51. 66 Kryvoi, ILM 49 (2010), 1181, 1182. 67 Siehe nur Generalanwalt Trstenjak, Verica, Schlussanträge v. 08. 09. 2011 – C-282/10, Rn. 85 – Dominguez ./. Centre informatique du Centre Ouest Atlantique; EuGH, Rn. 51 – Volker und Markus Schecke; Cabrera, From Washington to Luxembourg… Stopping Over at Strasbourg?, 49, 62 ff., m.w.N. 68 Cabrera, From Washington to Luxembourg… Stopping Over at Strasbourg?, 49, 56, 66. 69 Kryvoi, ILM 49 (2010), 1181, 1182. 70 Siehe nur Ruiz Fabri, N.Y.U. Envtl L.J. 11 (2002), 148, 156 m.w.N. 71 EGMR, Entscheidung über die Zulässigkeit der Individualbeschwerde v. 10. 11. 2009 – 30190/06 und 30216/06, 5 f. – Sedelmayer. 72 Kryvoi, ILM 49 (2010), 1181, 1182; vgl. Cabrera, From Washington to Luxembourg… Stopping Over at Strasbourg?, 49, 56. 73 EGMR, Judgment v. 21. 11. 2001 – Application no. 37112/97, Rn. 34 – Fogarty; Judgment v. 21. 11. 2001 – Application no. 35763/97, Rn. 54 – Al-Adsani ./. The United Kingdom; Entscheidung v. 12. 12. 2002 – 59021/00, NJW, S. 273, 275 – Kalogeropoulou u. a. ./. Grie-

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Kap. 5: Maßnahmen im Anschluss an die nationalen Verfahren

auszulegen ist, muss das Recht auf Zugang zu Gericht dann weichen, wenn die von der Völkergemeinschaft allgemein anerkannten und der Doktrin der Staatenimmunität zuzuordnenden Beschränkungen greifen.74 Aus dem Umkehrschluss ergibt sich, dass eine kompensationswürdige Verletzung des Rechts vorliegt, sofern die Staatenimmunität fälschlich angewandt wird. Außer der Staatenimmunität könnten der Durchsetzung eines Schiedsspruches auch andere Interessen, wie beispielsweise das EU-Beihilfenrecht,75 entgegengehalten werden. Auch in diesen Fällen müsste das Interesse im Einzelfall mit den durch die EMRK gewährten Rechten abgewogen werden.76 Nur wenn die Interessen der Union auch in diesen Fällen die Rechte des Investors überwiegen, steht dem Investor kein Anspruch auf Schadensersatz zu. Allerdings wird es schwierig sein, einen genauen Schaden des Investors zu beziffern, sofern die theoretische Möglichkeit der Durchsetzung in einem anderen Staat verbleibt. In diesen Fällen dürfte ein Schaden lediglich insoweit bestehen, als Aufwendungen für die Durchsetzung frustriert wurden.

C. Einleitung eines erneuten ISDS-Verfahrens Eine zusätzliche Option des Investors, wenn sein Schiedsspruch nicht durchgesetzt wird, könnte die Einleitung eines erneuten ISDS-Verfahrens sein. Zum einen kommt ein weiteres Schiedsverfahren gegen den Gaststaat, und zum anderen ein Verfahren gegen den Vollstreckungsstaat in Betracht.77

I. Erneutes Verfahren gegen den Gaststaat Aus naheliegenden Gründen erscheint es für den Investor zunächst am einfachsten, in dem Gaststaat selbst Rechtsgüter zu finden, die dieser nicht für hoheitliche Zwecke verwendet. Darum kann es für den Investor sinnvoll zu sein, die Durchsetzung eines Schiedsspruches vor den Gerichten des Gaststaates selbst zu versuchen.78 Sofern nun allerdings die nationalen Gerichte des Gaststaates die chenland und Deutschland; Entscheidung über die Zulässigkeit der Individualbeschwerde v. 10. 11. 2009 – 30190/06 und 30216/06, 5 f. – Sedelmayer. 74 EGMR, Judgment v. 21. 11. 2001 – Application no. 37112/97, Rn. 36 – Fogarty; Judgment v. 21. 11. 2001 – Application no. 35763/97, Rn. 55 f. – Al-Adsani ./. The United Kingdom; Entscheidung v. 12. 12. 2002 – 59021/00, NJW, S. 273, 274 – Kalogeropoulou u. a. ./. Griechenland und Deutschland. 75 So beispielsweise in der Micula-Konstellation. Siehe oben S. 187. 76 Cabrera, From Washington to Luxembourg… Stopping Over at Strasbourg?, 49, 68 f. 77 Douglas, The British yearbook of international law 74 (2003), 151, 235. 78 Foster, AJICL 2008, 666, 670.

C. Einleitung eines erneuten ISDS-Verfahrens

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Vollstreckbarerklärung oder Zwangsvollstreckung aus dem Schiedsspruch verweigern, könnte darin eine weitere79 Verletzung der Rechte des Investors vorliegen. Der Investor kann darum auf die Idee kommen, ein zweites ISDS-Verfahren gegen den Gaststaat einzuleiten.80 Auf den ersten Blick könnte man meinen, ein solches Vorgehen sei sinnlos, da der Investor wieder nur einen Schiedsspruch erlangen würde, dessen Erfüllung der Gaststaat wiederum verweigern könnte. Allerdings kann ein zweiter Schiedsspruch dann sinnvoll sein, wenn seine Durchsetzung einem vereinfachten Regime unterliegt.81 Dies ist beispielsweise der Fall, wenn zunächst ein UNCITRAL-Schiedsspruch erstritten wurde und der Investor nun versucht, einen ICSID-Schiedsspruch zu erlangen. Aufgrund der vereinfachten Durchsetzbarkeit von ICSID-Schiedssprüchen könnte dies die Chancen des Investors auf Befriedigung erhöhen. Überdies kann die Einleitung oder auch nur Androhung eines weiteren Verfahrens unter Umständen den Gaststaat dazu bewegen, den ursprünglichen Schiedsspruch doch zu erfüllen oder zumindest offener für einen Vergleich zu sein.82 Im Verfahren Saipem gegen Bangladesch83 ist der Investor diesen Weg gegangen. Hintergrund des Verfahrens war, dass Saipem, ein italienisches Unternehmen, einen ICC-Schiedsspruch gegen das im Eigentum von Bangladesch stehende Staatsunternehmen Petrobangla aufgrund der Verletzung eines Vertrages über die Verlegung von Erdgaspipelines vor einem Schiedsgericht in Dhaka erlangt hatte.84 Im durch Petrobangla initiierten Aufhebungsverfahren entschied der Supreme Court in Bangladesch, der Schiedsspruch sei nichtig, weshalb schon kein Schiedsspruch vorliegen würde, der aufgehoben oder durchgesetzt werden könnte.85 Saipem sah 79

Bereits die Verweigerung der Erfüllung eines Schiedsspruches durch den Gaststaat stellt eine (erneute) Verletzung der Rechte des Investors dar. Da sich diese Verletzung jedoch auf einer anderen Ebene, also nicht durch die Judikative, abspielt, wird dieser Aspekt vorliegend ausgeklammert. Siehe nur Maritime International Nominees Establishment ./. Republic of Guinea, Interim Order No. 1 v. 12. 08. 1988 – ICSID Case No. ARB/84/4, 4 ICSID Reports, 111, § 25; zitiert auch bei Baetens, Enforcement of Arbitral Awards, 211, 220; Nmehielle, Annual Survery of Int’l & Comp. Law 2001, 21, 40. 80 Bishop, Introduction: The Enforcement of Arbitral Awards against Sovereigns, 3, 6 f.; Reed/Martinez, Treaty Obligation to Honor Arbitral Awards and Diplomatic Protection, 13, 22; Foster, AJICL 2008, 666, 670 f. 81 Reed/Martinez, Treaty Obligation to Honor Arbitral Awards and Diplomatic Protection, 13, 22; J. E. Viñuales/Bentolila, The use of alternative (non-judicial) means to enforce investment awards against states, 247, 263; Foster, AJICL 2008, 666, 670 f. 82 J. E. Viñuales/Bentolila, The use of alternative (non-judicial) means to enforce investment awards against states, 247, 263. 83 Saipem SpA ./. Bangladesh, Decision on jurisdiction v. 21. 03. 2007 – ICSID Case No ARB/05/07; Award v. 30. 06. 2009 – ICSID Case No ARB/05/07. 84 Saipem SpA ./. Bangladesh, Decision on jurisdiction v. 21. 03. 2007 – ICSID Case No ARB/05/07, Rn. 1 ff.; siehe zu den Hintergründen auch Maurer, SchiedsVZ 2011, 75, 78 ff.; Mistelis, ICSID Rev. 2013, 64, 74. 85 Saipem SpA ./. Bangladesh, Decision on jurisdiction v. 21. 03. 2007 – ICSID Case No ARB/05/07, Rn. 36.

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Kap. 5: Maßnahmen im Anschluss an die nationalen Verfahren

darin eine ungerechtfertigte Enteignung seines Schiedsspruches und zog vor ein ICSID-Schiedsgericht auf Grundlage des BIT zwischen Italien und Bangladesch.86 Das ICSID-Schiedsgericht ließ bei der Frage nach seiner Zuständigkeit offen, ob ein Schiedsspruch selbst eine Investition darstellt.87 Es betrachtete nicht den Versuch der Durchsetzung isoliert, sondern bewertete die gesamte Unternehmung von Saipem in Bangladesch im Zusammenhang mit dem späteren Versuch der Durchsetzung des aus ihr resultierenden Schiedsspruchs.88 Die verletzten Rechte des Investors leiteten sich darum aus dem Vertrag über das Verlegen der Pipelines ab.89 Jedenfalls stellte nach Ansicht des Tribunals dieser Vertrag eine Investition im Sinne des Salini-Tests90 sowie des BIT dar und es begründete darauf seine Zuständigkeit.91 Man könnte auch sagen, der Schiedsspruch sei Teil der Investition.92 Das Schiedsgericht stellte fest, dass, neben dem Recht auf ein Schiedsverfahren, auch ein Schiedsspruch enteignet werden könne93 und die Maßnahmen der Gerichte in Bangladesch eine indirekte Enteignungen darstellten.94 Maßgeblich sei nicht alleine die Versagung der Durchsetzung des Schiedsspruches, sondern dass diese illegal gewesen sei. Im vorliegenden Fall liege ein Rechtsmissbrauch durch die Gerichte vor.95 Der Schadensersatz wurde in der Höhe zugesprochen, wie es bereits das ICC-Gericht getan hatte.96

86 Saipem SpA ./. Bangladesh, Decision on jurisdiction v. 21. 03. 2007 – ICSID Case No ARB/05/07, Rn. 40. 87 Saipem SpA ./. Bangladesh, Decision on jurisdiction v. 21. 03. 2007 – ICSID Case No ARB/05/07, Rn. 127; siehe auch ATA Contruction, Industrial and Trading Company ./. the Hashemite Kingdom of Jordan, Award v. 18. 05. 2010 – ICSID Case No. ARB/08/2, Rn. 113 ff.; Mistelis, ICSID Rev. 2013, 64, 75. 88 Saipem SpA ./. Bangladesh, Decision on jurisdiction v. 21. 03. 2007 – ICSID Case No ARB/05/07, Rn. 110, 114; mit derselben Argumentation auch White Industries Australia Limited ./. The Republic of India, Final Award v. 30. 11. 2011 – UNCITRAL, 7.6.10; so entschied auch das Tribunal in dem ähnlich gelagerten Fall ATA Contruction, Industrial and Trading Company ./. the Hashemite Kingdom of Jordan, Award v. 18. 05. 2010 – ICSID Case No. ARB/ 08/2, Rn. 113 ff.; siehe zu letzterem Fall nur Mistelis, ICSID Rev. 2013, 64, 76 ff.; Demirkol, ICSID Rev. 2015, 56, 62. 89 Saipem SpA ./. Bangladesh, Decision on jurisdiction v. 21. 03. 2007 – ICSID Case No ARB/05/07, Rn. 127. 90 Dazu gleich unten S. 328. 91 Saipem SpA ./. Bangladesh, Decision on jurisdiction v. 21. 03. 2007 – ICSID Case No ARB/05/07, Rn. 112 ff. 92 Siehe auch ATA Contruction, Industrial and Trading Company ./. the Hashemite Kingdom of Jordan, Award v. 18. 05. 2010 – ICSID Case No. ARB/08/2, Rn. 115; Romak S.A. ./. The Republic of Uzbekistan, Award v. 26. 11. 2009 – PCA Case No. AA280, Rn. 210 ff.; White Industries Australia Limited ./. The Republic of India, Final Award v. 30. 11. 2011 – UNCITRAL, 7.6.10; Mistelis, ICSID Rev. 2013, 64, 75 „the Award was just one piece of the puzzle“. 93 Saipem SpA ./. Bangladesh, Award v. 30. 06. 2009 – ICSID Case No ARB/05/07, Rn. 122. 94 Saipem SpA ./. Bangladesh, Award v. 30. 06. 2009 – ICSID Case No ARB/05/07, Rn. 129. 95 Saipem SpA ./. Bangladesh, Award v. 30. 06. 2009 – ICSID Case No ARB/05/07, Rn. 160 f. 96 Saipem SpA ./. Bangladesh, Award v. 30. 06. 2009 – ICSID Case No ARB/05/07, Rn. 204.

C. Einleitung eines erneuten ISDS-Verfahrens

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Folgt man dem ICSID-Gericht in diesem Fall, so lässt sich festhalten, dass die Verweigerung der Durchsetzung eines Schiedsspruches im Gaststaat selbst eine Verletzung der Schutzrechte des Investors durch die Gerichte des Gaststaates darstellen kann, aufgrund derer der Investor ein erneutes ISDS-Verfahren einleiten kann. Hierfür muss im Einzelfall geprüft werden, welche Schutzpflichten der Gaststaat gegenüber seinen Investoren gewährt, beziehungsweise worauf sich der maßgebliche IIA erstreckt.97 Darüber hinaus genügt nicht die reine Verweigerung der Durchsetzung, um eine Verletzung anzunehmen. Vielmehr muss diese Verweigerung mit den maßgeblichen Rechtsvorschriften unvereinbar sein.98 Verweigert der Vollstreckungsstaat die Durchsetzung beispielsweise aufgrund der Vollstreckungsimmunität, so kann ihm dies nicht vorgeworfen werden, wenn die Begründung der Immunität nachvollziehbar ist.99 Sofern die Anwendung dieses Instituts im Einklang mit den völkerrechtlichen Vorgaben geschieht, müsste folglich ein ISDS-Tribunal zu demselben Ergebnis kommen, wie der EGMR im Fall Sedelmayer.100 Selbst wenn man eine missbräuchliche Versagung der Durchsetzung durch die nationalen Gerichte annehmen würde, wäre jedoch fraglich, ob tatsächlich jeweils eine Enteignung vorliegt. Eine weitere Besonderheit in Saipem gegen Bangladesch lag darin, dass Petrobangla im Ausland keinerlei Vermögen hatte und die Durchsetzung des Schiedsspruches außerhalb von Bangladesch faktisch unmöglich war.101 Gerade bei beklagten Staaten ist es jedoch unwahrscheinlich, dass sie in keinem anderen Staat vollstreckbares Eigentum haben, weshalb dort vorgebracht werden könnte, dass die Durchsetzung des Schiedsspruches auch in einem anderen Staat versucht werden könnte und der Investor durch die Verweigerung der Durchsetzung des Schiedsspruches nicht all seiner Rechte beraubt wird.102 Übrig bliebe in diesen Fällen die Möglichkeit einer Verletzung des Rechts auf Fair and Equitable Treatment (FET). Eine missbräuchliche Rechtsanwendung durch die nationalen Gerichte könnte zur Folge haben, dass der Investor in Höhe der sinnlos aufgewendeten Kosten für das Exequatur- und Zwangsvollstreckungsverfahren geschädigt wird. Diese Kosten könnten in dem zweiten ISDS-Verfahren eingeklagt werden. Jedoch dürfte dies im Verhältnis zu dem Gesamtvolumen einer Investition oftmals nur ein vergleichsweise geringer Betrag sein. Beachtet werden muss auch, dass die Einleitung eines erneuten Schiedsverfahrens unter Umständen bewirkt, dass die Durchsetzung des ersten Schiedsspruches auf-

97 Siehe zur Frage, ob ein Verstoß gegen das NYÜ umfasst ist Demirkol, ICSID Rev. 2015, 56, 57 ff., und zu den weiteren möglichen verletzten Schutzpflichten dort auf S. 65. 98 Demirkol, ICSID Rev. 2015, 56, 69 f.; vgl. auch Mistelis, ICSID Rev. 2013, 64, 86. 99 Vgl. Gerlich, Am. Rev. Int’l Arb. 2015, 47, 89. 100 Gerlich, Am. Rev. Int’l Arb. 2015, 47, 89. 101 Siehe Maurer, SchiedsVZ 2011, 75, 78. 102 Ähnlich Demirkol, ICSID Rev. 2015, 56, 69 und 75.

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Kap. 5: Maßnahmen im Anschluss an die nationalen Verfahren

grund von Art. 26 ICSID (zeitweilig) nicht möglich ist.103 Nach dieser Vorschrift sind ICSID-Schiedsverfahren exklusiv. Dies bedeutet, dass keinerlei weitere Rechtsbehelfe parallel durchgeführt werden dürfen. Die Einleitung eines weiteren Verfahrens könnte darum parallele Versuche der Durchsetzung des ersten Schiedsspruches in anderen Ländern verhindern, was insgesamt die Befriedigung des Investors verzögern könnte. Im Verfahren MINE ./. Guinea104 lehnten beispielsweise sowohl belgische105, als auch schweizerische106 Gerichte aufgrund dieser Vorschrift die Durchsetzung des ursprünglich erstrittenen Schiedsspruches für die Dauer des später eingeleiteten ICSID-Verfahrens ab, und sie wurden dabei auch durch das ICSIDSchiedsgericht107 unterstützt.108 Im Ergebnis ist festzustellen, dass es für den Investor im Einzelfall sinnvoll sein kann, ein zweites ISDS-Verfahren gegen den Gaststaat einzuleiten, sofern die Durchsetzungsverweigerung als rechtsmissbräuchlich anzusehen ist. Jedoch muss er auch begründen können, wieso eine Durchsetzung des Schiedsspruches gerade nur im Gaststaat möglich ist. Dies wird für den Investor nur sehr schwer nachweisbar sein. Zudem sind die zusätzlichen Kosten eines erneuten Verfahrens und die Auswirkungen auf den ersten Schiedsspruch sehr genau mit den potentiell erhöhten Durchsetzungschancen abzuwägen.

II. Verfahren gegen den Vollstreckungsstaat Andererseits könnte überlegt werden, ein ISDS-Verfahren gegen einen dritten Vollstreckungsstaat einzuleiten. Dies würde voraussetzen, dass der Versuch der Durchsetzung eines Schiedsspruches selbst eine Investition darstellt. Die Verweigerung der Durchsetzung eines Schiedsspruches könnte einen Verstoß gegen den FET-Grundsatz sowie eine indirekte Enteignung darstellen. Die ICSID-Entscheidung in Saipem gegen Bangladesch kann jedoch nicht auf jeden Fall der Verweigerung der Durchsetzung eines Schiedsspruches übertragen werden. Maurer schreibt zwar, aus dem Fall ergebe sich, dass, sofern die Vollstreckung eines Schiedsspruches unter Verletzung des NYÜ verweigert werden würde, dem Investor die Möglichkeit zur Erzwingung über einen Investitionsschutzvertrag 103

J. E. Viñuales/Bentolila, The use of alternative (non-judicial) means to enforce investment awards against states, 247, 266. 104 Maritime International Nominees Establishment ./. Republic of Guinea, ICSID Case No. ARB/84/4. 105 Rechtbank van eerste aanlag Antwerp, ICSID Reports 1997, 32. 106 Siehe die Besprechung sowie die Entscheidungen der schweizerischen Gerichte in ICSID Reports 1997, 38 ff. 107 Maritime International Nominees Establishment ./. Republic of Guinea, YCA 1989, 82, 85. 108 J. E. Viñuales/Bentolila, The use of alternative (non-judicial) means to enforce investment awards against states, 247, 266 f.

C. Einleitung eines erneuten ISDS-Verfahrens

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verbliebe.109 Dies verkennt jedoch, dass die Verweigerung der Durchsetzung in Saipem gegen Bangladesch gerade nicht gegen das NYÜ verstieß. Es lag kein aus Sicht Bangladeschs ausländischer Schiedsspruch vor, da der Schiedsort Dhaka war. Der vom ICSID-Tribunal festgestellte Verstoß gegen das NYÜ110 lag in einem Verstoß gegen Art. II NYÜ, also in einer Verweigerung der Anerkennung einer Schiedsabrede. Für die Durchsetzung des ergangenen Schiedsspruches spielte das NYÜ überhaupt keine Rolle. Festgestellt wurde in der Verweigerung der Durchsetzung des Schiedsspruches vielmehr eine Verletzung des BIT zwischen Italien und Bangladesch. Die Besonderheit in diesem Fall war, dass Saipem den Schiedsspruch gerade in dem Staat durchsetzen wollte, in welchem das Unternehmen bereits eine Investition getätigt hatte. Gegen einen dritten Staat kann hingegen nicht die Investition in dem Gaststaat zur Begründung der Zuständigkeit eines ISDS-Tribunals herangezogen werden.111 Wollte man nun aber ein ISDS-Verfahren gegen einen Vollstreckungsstaat einleiten, welcher nicht gleichzeitig Gaststaat ist, wäre die erste Voraussetzung, dass überhaupt eine Investition, bzw. ein Teil einer Investition, im Sinne eines IIA zwischen dem Heimatstaat des Investors und dem Vollstreckungsstaat vorliegt.112 In der Regel dürfte kein Investor-Staat-Vertrag zwischen dem Investor und dem Vollstreckungsstaat vorliegen. Der Investor wäre also für die Begründung einer Schiedsabrede davon abhängig, ob sein Heimatstaat auch mit dem Vollstreckungsstaat einen IIA abgeschlossen hat, auf den er sich berufen kann. Um eine Investition anzunehmen, müsste der Versuch der Durchsetzung des Schiedsspruchs isoliert als Investition in dem Vollstreckungsstaat gesehen werden. Wie in Saipem gegen Bangladesch,113 entschied das ICC-Schiedsgericht im ähnlich gelagerten Fall GEA gegen die Ukraine, dass ein Schiedsspruch alleine keine Investition darstelle.114 Es stellte fest, der Schiedsspruch sei lediglich ein „legal instrument, which provides for the disposition of rights and obligations arising out of the […] Agreement […]“115.116Auch die UNCITRAL-Schiedsgerichte in den Fällen White Industries gegen Indien117 und Romak gegen Usbekistan118 entschieden, dass 109

Maurer, SchiedsVZ 2011, 75, 80. Saipem SpA ./. Bangladesh, Award v. 30. 06. 2009 – ICSID Case No ARB/05/07, Rn. 170. 111 Demirkol, ICSID Rev. 2015, 56, 76; Kaufmann-Kohler, Arb. Int’l 29 (2013), 153, 167. 112 Vgl. Douglas, The British yearbook of international law 74 (2003), 151, 235; Gerlich, Am. Rev. Int’l Arb. 2015, 47, 89. 113 So auch Saipem SpA ./. Bangladesh, Decision on jurisdiction v. 21. 03. 2007 – ICSID Case No ARB/05/07, Rn. 113. 114 GEA Group ./. Ukraine, Award v. 31. 03. 2011 – ICSID Case No. ARB/08/16, Rn. 161; eine Qualifikation eines Schiedsspruches als Investition zu befürworten scheint hingegen Telke, SchiedsVZ 2013, 94, 96. 115 GEA Group ./. Ukraine, Award v. 31. 03. 2011 – ICSID Case No. ARB/08/16, Rn. 161. 116 In diesem Fall prüfte das Tribunal auch nicht, ob der Schiedsspruch Teil des eigentlichen Investments war. Demirkol, ICSID Rev. 2015, 56, 61. 117 White Industries Australia Limited ./. The Republic of India, Final Award v. 30. 11. 2011 – UNCITRAL, Rn. 7.6.2 f. 110

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Kap. 5: Maßnahmen im Anschluss an die nationalen Verfahren

nicht der Schiedsspruch selbst eine Investition darstelle, er aber ein Teil der eigentlichen Investition sei. Die Betrachtung alleine des Schiedsspruches119 greift jedoch in der hier fraglichen Konstellation zu kurz. Sofern der Investor versucht, seinen Schiedsspruch in einem Drittstaat durchzusetzen, wird hierdurch eine neue Unternehmung gestartet. Danach zu fragen, ob der Schiedsspruch alleine eine Investition darstellt, wäre gleichzusetzen mit der Frage, ob das für ein Projekt vorgesehene Kapital bereits für sich gesehen eine Investition sein kann. Fraglich ist darum, ob der Versuch der Durchsetzung eines Schiedsspruches in einem Drittstaat eine Investition sein kann. Gemäß dem auf der Entscheidung Salini gegen Marokko120 beruhenden sogenannten „Salini-Test“ liegt eine Investition im Sinne des Art. 25 Abs. 1 ICSID vor, wenn die Unternehmung darin besteht, dass eigenes, substantielles Vermögen mit einem Risikofaktor und für eine gewisse Dauer in einen Gaststaat eingebracht wird und dabei ein Beitrag zur wirtschaftlichen Entwicklung des Aufnahmestaates121 geleistet wird.122 Bei der Initiierung von Versuchen, einen Schiedsspruch durchzusetzen, liegt weder ein auf Dauer angelegtes Projekt vor, da eine Zwangsvollstreckung im besten Fall in wenigen Monaten beendet sein kann, noch trägt das Verfahren zur wirtschaftlichen Entwicklung des Vollstreckungsstaates bei. Somit liegt mit dem bloßen Versuch der Durchsetzung eines Schiedsspruches noch keine Investition im Sinne des ICSID-Übereinkommens vor, aus welcher der Vollstreckungsgläubiger Rechte ableiten könnte, die durch eine Verweigerung durch die nationalen Gerichte verletzt werden könnten. Die Einleitung eines ISDS-Verfahrens gegen einen dritten Vollstreckungsstaat scheidet somit aus. Aus demselben Grund kann auch ein Zessionar, welcher einen Schiedsspruch beispielsweise im Rahmen eines Factorings aufgekauft hat, keine ISDS-Schiedsklage gegen den unterlegenen Gaststaat einleiten.123

118 Romak S.A. ./. The Republic of Uzbekistan, Award v. 26. 11. 2009 – PCA Case No. AA280, Rn. 211. 119 So z. B. Kaufmann-Kohler, Arb. Int’l 29 (2013), 153, 166 f. 120 Salini Costruttori S.P.A. and Italstrade S.P.A. ./. Kingdom of Morocco, Decision on Jurisdiction v. 23. 07. 2001 – ICSID Case No. ARB/00/4. 121 Das Kriterium des Beitrags zur Wirtschaft des Aufnahmestaates ist umstritten. Hierauf soll jedoch hier nicht weiter eingegangen werden. 122 Siehe statt vieler nur Schreuer, ICSID Convention, Art. 25, Rn. 154 ff.; McLachlan/ Shore/Weiniger, International investment arbitration, Rn. 6.09 ff.; Schlemmer, Investment, Investor, Nationality, and Shareholders, 49, 65 ff., m.w.N. 123 J. E. Viñuales/Bentolila, The use of alternative (non-judicial) means to enforce investment awards against states, 247, 265.

D. Exkurs: Alternativen zur Zwangsvollstreckung

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III. Fazit Die Einleitung eines erneuten Schiedsverfahrens aufgrund der Verweigerung der Durchsetzung eines Schiedsspruches durch nationale Gerichte wird nur in wenigen Fällen erfolgsversprechend sein. Zum einen müsste der Investor begründen, wieso der Schiedsspruch gerade nur in diesem Staat durchgesetzt werden könnte. Zum anderen ist der reine Versuch der Durchsetzung eines Schiedsspruches in einem Drittstaat nicht als Investition zu werten. Sinnvoll kann ein erneutes ISDS-Verfahren gegen den Gaststaat allerdings sein, um Druck auf ihn auszuüben oder um zumindest die Kosten für erfolglose Durchsetzungsversuche geltend zu machen. In jedem Fall sind die Kosten eines solchen erneuten Verfahrens genau mit den erwarteten Vorteilen abzuwägen.

D. Exkurs: Alternativen zur Zwangsvollstreckung Sofern ein Investor sich nicht in der Lage sieht, Rechtsgüter aufzufinden, in welche er die Zwangsvollstreckung betreiben kann, sollte er sich überlegen, welche Alternativen ihm zur Zwangsvollstreckung zur Verfügung stehen. Da es sich bei diesen Alternativen weniger um juristische, als vielmehr um wirtschaftliche Überlegungen handelt, werden sie hier nur kurz dargestellt.124

I. Investitionsversicherungen Eine Möglichkeit für den Investor ist es, bereits zu Beginn der Investition eine Investitionsversicherung abzuschließen.125 Der Investor kann sich dabei darauf beschränken, eine Ausfallversicherung abzuschließen, welche lediglich den Fall versichert, bei dem der Gaststaat einer Verpflichtung aus einem Schiedsspruch nicht nachkommt.126 Die Versicherung würde also erst im Anschluss an ein Schiedsverfahren greifen und nur dann, wenn der Gaststaat nicht freiwillig erfüllt. Eine solche Versicherung bietet beispielsweise die MIGA an.127 Der Vorteil einer solchen Ausfallversicherung ist, dass sie den Wert des Schiedsspruchs absichert, während beispielsweise staatliche Investitionssicherungen oftmals lediglich den Buchwert der

124 Siehe ausführlich auch J. E. Viñuales/Bentolila, The use of alternative (non-judicial) means to enforce investment awards against states, 247, 258 ff. 125 Siehe dazu Rubins/Kinsella, International investment, political risk and dispute resolution, S. 69 ff.; Bjorklund, Am. Rev. Int’l Arb. 21 (2010), 211, 234. 126 Rubins/Kinsella, International investment, political risk and dispute resolution, S. 81; Bjorklund, Am. Rev. Int’l Arb. 21 (2010), 211, 234; Gerlich, Am. Rev. Int’l Arb. 2015, 47, 85. 127 Siehe Multilateral Investment Guarantee Agency, World investment and political risk 2013, S. 41; Cadosi, Pepp. L. Rev. 41 (2013), 117, 149.

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Kap. 5: Maßnahmen im Anschluss an die nationalen Verfahren

Investition ersetzen.128 Zudem ist sie oftmals günstiger, da der Investor bereits eigenständig das ISDS-Verfahren durchgeführt haben muss.129 Allerdings greift eine solche Versicherung nur dann, wenn der Investor „all reasonable efforts“ unternommen hat, um den Schiedsspruch durchzusetzen.130 Es wird kritisiert, dass hierbei nicht ganz klar ist, welche Anstrengungen der Investor tatsächlich unternehmen muss.131 Oftmals kommen die Überlegungen für eine Versicherung jedoch erst dann, wenn der Staat bereits eine Enteignung oder eine andere den Investor schädigende Handlung vorgenommen hat. In diesem Fall kann sich der Investor nicht mehr nachträglich gegen dieses Risiko versichern lassen. Möglich bleibt aber, eine separate Versicherung vor Einleitung des ISDS-Verfahrens abzuschließen, welche dann greift, wenn der Gaststaat den aus diesem Verfahren resultierenden Schiedsspruch nicht erfüllt.

II. Verkauf des Schiedsspruches Sofern einem Investor die gerichtliche Durchsetzung eines Schiedsspruches zu aufwändig oder teuer ist, besteht auch die Möglichkeit, ihn an Dritte zu verkaufen.132 Dieses Vorgehen hat verschiedene Vorteile: der Investor muss kein aufwändiges asset-tracing betreiben, er erhält sofort einen Betrag und bleibt damit liquide und insbesondere muss er nicht den Ausgang eines zeit- und kostenintensiven Exequatur- bzw. Zwangsvollstreckungsverfahrens abwarten. Als Nachteil muss jedoch gesehen werden, dass der Verkauf eines Schiedsspruches meist nur mit erheblichen Abschlägen möglich sein wird, da der Factor das Risiko des Ausfalls sowie die nun von ihm zu erbringenden Aufwendungen bei der gerichtlichen Durchsetzung des Schiedsspruches einpreisen wird. In der Vergangenheit hat es Fälle gegeben, in denen Schiedssprüche für 25 – 50 % des zugesprochenen Wertes verkauft worden sind.133 Dennoch kann dies für den Investor sinnvoll sein, wenn er sich nicht in aufwändige nationale Gerichtsverfahren verwickeln will. Die

128 Siehe Rubins/Kinsella, International investment, political risk and dispute resolution, S. 76, bzgl. der OPIC. 129 Siehe Bjorklund, Am. Rev. Int’l Arb. 21 (2010), 211, 234, mit Verweis auf eine Präsentation von Mayer in Fn. 121, wonach solche Versicherungen etwa 30 % günstiger sind als Versicherungen gegen Enteignung. 130 Siehe Art. 6.1 des Beispielvertrags „Contract of Guarantee for Equity Investments“, abrufbar unter http://www.miga.org/guide/sample-contracts-guarantee. 131 Cadosi, Pepp. L. Rev. 41 (2013), 117, 149, Fn. 207. 132 Vgl. Mistelis/Baltag, Am. Rev. Int. Arbitr. 19 (2008), 319, 339, 358; J. E. Viñuales/ Bentolila, The use of alternative (non-judicial) means to enforce investment awards against states, 247, 259. 133 Mistelis/Baltag, Am. Rev. Int. Arbitr. 19 (2008), 319, 339.

D. Exkurs: Alternativen zur Zwangsvollstreckung

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Möglichkeit des Verkaufs des Schiedsspruches kann darum als „fall back mechanism“134 bezeichnet werden.135

III. Post-Award-Vergleich Eine weitere Option für den Investor, um schnell an Geld zu kommen, kann darin bestehen, mit dem Gaststaat nach Erlass des Schiedsspruches einen Vergleich abzuschließen. Hierbei gibt sich der Investor mit einer geringeren als der ihm zugesprochenen Summe zufrieden und erhält dafür prompte Zahlung durch den Gaststaat.136 Auch hier sind die Hauptbeweggründe, Kosten und Zeit zu sparen.137 Doch auch das Beibehalten freundschaftlicher Beziehungen zum Gaststaat und die Vermeidung der Notwendigkeit eines Verfahrens vor möglicherweise korrupten Gerichten spielen eine Rolle.138 Es ist zu kritisieren, dass der Gaststaat Mechanismen wie die Staatenimmunität als Druckmittel nutzen kann, um letzten Endes im Wege eines Vergleichs einen geringeren Betrag bezahlen zu müssen. Je schwieriger die Durchsetzung des Schiedsspruches erscheint, desto wahrscheinlicher ist der Investor zu einem Vergleich bereit.139 Der Investor wird sich, aus der Befürchtung heraus, andernfalls überhaupt keine Kompensation zu erfahren, auf einen viel geringeren Betrag einlassen. Überdies besteht das Problem, dass der Gaststaat auch die Erfüllung des Vergleichs verweigern kann und ihn lediglich nutzen könnte, um Zeit zu schinden. Aus diesem Grund sollte in einen solchen Vergleich eine Auflösungsklausel für den Fall der Nichtleistung aufgenommen werden oder der Vergleich unter der Bedingung der sofortigen Leistung durch den Schuldnerstaat geschlossen werden.140 Andernfalls muss der Investor womöglich ein erneutes Verfahren einleiten, nur um die Durchsetzung des Vergleichs zu erreichen.141 Je nach Verhandlungsstärke des Investors könnte überdies über eine Sicherung in Form einer Bürgschaft nachgedacht werden, welche die volle zugesprochene Summe abdeckt, für den Fall, dass die Vergleichssumme nicht in angemessener Zeit bezahlt wird. Zudem sollte in einen 134

J. E. Viñuales/Bentolila, The use of alternative (non-judicial) means to enforce investment awards against states, 247, 276. 135 Siehe KG Berlin, SchiedsVZ 2004, 109, 110. 136 Mistelis/Baltag, Am. Rev. Int. Arbitr. 19 (2008), 319, 339; Gerlich, Am. Rev. Int’l Arb. 2015, 47, 85. 137 Mistelis/Baltag, Am. Rev. Int. Arbitr. 19 (2008), 319, 340 f. 138 Mistelis/Baltag, Am. Rev. Int. Arbitr. 19 (2008), 319, 340 ff. 139 Vgl. J. E. Viñuales/Bentolila, The use of alternative (non-judicial) means to enforce investment awards against states, 247, 260. 140 Vgl. Foster, AJICL 2008, 666, 669. 141 Foster, AJICL 2008, 666, 669.

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Kap. 5: Maßnahmen im Anschluss an die nationalen Verfahren

Vergleich auch ein umfassender Immunitätsverzicht aufgenommen werden.142 Immerhin hat der Schuldnerstaat schon einmal bewiesen, dass er sich nicht in jedem Fall an Vereinbarungen hält. Die Verhandlungen für einen Vergleich können dabei durch die Regierung des Heimatstaates unterstützt werden (siehe Art. 27 Abs. 2 ICSID).143 Beim Vergleichsschluss ist darauf zu achten, dass der Vergleich für beide Parteien angemessen ausgestaltet ist und der Gaststaat beispielsweise nicht die Verweigerung der Erfüllung des Schiedsspruches dergestalt als Druckmittel verwendet, dass sich der Investor zu einem völlig unverhältnismäßigen Vergleich genötigt sieht. So akzeptierte der Investor in Desert Line Projects LLP gegen Jemen, aufgrund des ausgeübten Drucks,144 einen Vergleich in Höhe von 50 % des ursprünglichen Schiedsspruches.145 Nachdem Jemen auch diesen Vergleich nicht erfüllte, erhob der Investor erneut Schiedsklage, wobei das Schiedsgericht den Vergleich als ungültig ansah.146

IV. Diplomatischer Schutz Zudem steht einem Investor, wenn der Gaststaat einen erwirkten Schiedsspruch nicht erfüllen möchte, die Möglichkeit offen, seinen Heimatstaat um diplomatische Hilfe zu ersuchen. Dieser kann darum gebeten werden, politischen Druck auf den Gaststaat auszuüben.147 Politische Druckmittel können beispielsweise148 die Verweigerung finanzieller Hilfen an den Gaststaat oder der Entzug von Handelsvorteilen sein.149 Auch die Einleitung eines Verfahrens vor dem internationalen Gerichtshof ist nach Art. 64 ICSID möglich.150 Die Lösung über den diplomatischen Schutz muss als letzter Ausweg gesehen werden, da durch das ISDS-System gerade vermieden werden soll, dass Investitionsstreitigkeiten zwischen den Staaten ausgetragen werden. Dies zeigt sich an Art. 27 Abs. 1 ICSID. Diese Vorschrift verbietet es, dass ein 142

Foster, AJICL 2008, 666, 669. Siehe auch Foster, AJICL 2008, 666, 669. 144 Unter anderem kam es zu Festnahmen und Morddrohungen. Siehe nur Desert Line Projects LLC ./. The Republic of Yemen, Award v. 06. 02. 2008 – ICSID Case No. ARB/05/17, Rn. 185. 145 Siehe J. E. Viñuales/Bentolila, The use of alternative (non-judicial) means to enforce investment awards against states, 247, 261. 146 Desert Line Projects LLC ./. The Republic of Yemen, Award v. 06. 02. 2008 – ICSID Case No. ARB/05/17, Rn. 194. 147 C. B. Rosenberg, Geo. J. Int’l L 44 (2013), 503, 516. 148 Zu den einzelnen Mitteln und Möglichkeiten zur Ausübung diplomatischen Schutzes siehe nur den Überblick bei Lorz, Ausländische Staaten vor deutschen Zivilgerichten, S. 451 ff. 149 Foster, AJICL 2008, 666, 669, mit Verweis auf das „Helms Amendment“ der USA; Gerlich, Am. Rev. Int’l Arb. 2015, 47, 93 ff.; ausführlich zur Versagung von Handelsvorteilen C. B. Rosenberg, Geo. J. Int’l L 44 (2013), 503, 519 ff.; sowie Tonova/Vasani, Enforcement of investment treaty awards, 83, 90 ff. 150 Tonova/Vasani, Enforcement of investment treaty awards, 83, 91 f.; Schreuer, Investment Protection and International Relations, 345, 348. 143

D. Exkurs: Alternativen zur Zwangsvollstreckung

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Mitgliedstaat seinen Investoren diplomatischen Schutz gewährt, sofern eine ICSIDSchiedsabrede vorliegt.151 Allerdings lebt die Möglichkeit des diplomatischen Schutzes wieder auf, wenn sich der Gaststaat weigert, einen Schiedsspruch zu erfüllen152 und sie bleibt damit zumindest subsidiär verfügbar.153 Selbst wenn die Lösung über den diplomatischen Schutz grundsätzlich wieder möglich ist, bedeutet dies nicht, dass ein solcher auch gewährt wird.154 Der Heimatstaat des Investors kann es vorziehen, sich nicht in die Investitionsstreitigkeit einzumischen, damit es nicht zu diplomatischen Verwicklungen mit dem Gaststaat kommt. Das BVerfG hat zwar festgestellt, dass einem deutschen Bürger oder Unternehmen ein Anspruch auf Gewährung diplomatischen Schutzes grundsätzlich zusteht.155 Allerdings hat es diesen Anspruch relativiert, indem es feststellte, dass der nötige außenpolitische Handlungsspielraum der Bundesregierung unangetastet bleiben müsse, damit sie ihren nach Art. 32 Abs. 1 GG obliegenden Aufgaben nachkommen kann.156 Darum wird ein deutscher Investor nur dann diplomatischen Schutz in Anspruch nehmen können, wenn sich dies mit der Politik der Bundesregierung vereinbaren lässt. Dass ein Heimatstaat nicht uneingeschränkt hinter seinen eigenen Investoren steht, lässt sich anhand des Sedelmayer-Falles zeigen. Hier versuchte die deutsche Regierung auf Sedelmayer einzuwirken, damit er von der Pfändung von bei einer internationalen Flugschau in Deutschland eingesetzten Rechtsgütern Russlands abstand nehme, um einen diplomatischen Zwischenfall zu vermeiden.157 Letztlich wird es immer auf eine politische Abwägung hinauslaufen, ob es für die Regierung des Heimatstaates sinnvoller scheint, den eigenen Investor zu schützen 151

Siehe nur Schreuer, Investment Protection and International Relations, 345, 346 f.; Nmehielle, Annual Survery of Int’l & Comp. Law 2001, 21, 41. 152 Bishop, Introduction: The Enforcement of Arbitral Awards against Sovereigns, 3, 6; Canè, Am. Rev. Int. Arbitr. 15 (2004), 439, 458; Reed/Martinez, Treaty Obligation to Honor Arbitral Awards and Diplomatic Protection, 13, 26; Joubin-Bret, The effectiveness of the ICSID mechanism regarding the enforcement of arbitral awards, 99, 105 f. 153 Gundel, Archiv des Völkerrechts 51 (2013), 108, 134. 154 Vgl. J. E. Viñuales/Bentolila, The use of alternative (non-judicial) means to enforce investment awards against states, 247, 268; Schreuer, Investment Protection and International Relations, 345; Huseynli, Baku St. U.L. Rev. 3 (2017), 40, 65. 155 BVerfG, NJW 1957, 745, 746; NJW 1975, 2287, 2292; NJW 1976, 1491, 1496; NJW 1981, 1499; a.A. Doehring, Die Pflicht des Staates zur Gewährung diplomatischen Schutzes, S. 93, der meint, eine Bindung in Form eines subjektiven Rechts sei für den Staat unerträglich; vgl. auch Leipold, Immunität versus Rechtsschutzgarantie, 353, 372, der meint es bestünde ein Anspruch darauf, dass der Staat Maßnahmen (in diesem Fall die Erklärung eines Diplomaten zur persona non grata) jedenfalls in Erwägung zieht. 156 BVerfG, NJW 1957, 745, 746; NJW 1975, 2287, 2292; NJW 1981, 1499; Schöbener, Wirtschaft und Verwaltung 2009, 3, 7; Lorz, Ausländische Staaten vor deutschen Zivilgerichten, S. 453. 157 Peterson, How Many States are not paying Awards under investment treaties?, https:// www.iareporter.com/articles/how-many-states-are-not-paying-awards-under-investment-trea ties/.

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Kap. 5: Maßnahmen im Anschluss an die nationalen Verfahren

oder die freundschaftlichen Beziehungen mit dem Gaststaat aufrechtzuerhalten. Hierbei spielen viele Punkte eine Rolle, wie beispielsweise die Relevanz des Investors für den heimischen Arbeitsmarkt, der Einfluss des Gaststaates in der Weltgemeinschaft und die Signalwirkung an eigene Investoren, ob sie auf einen Schutz durch ihre Regierung vertrauen können.158 Generell scheinen die Staaten eher zurückhaltend bei der Ausübung des diplomatischen Schutzes zu sein und es vorzuziehen, die freundschaftlichen Beziehungen mit anderen Staaten nicht zu belasten.159

V. Maßnahmen gegen die Reputation des Gaststaates Neben diesen juristischen bzw. diplomatischen Wegen können Investoren auch auf kreativem Weg die Bereitschaft eines Gaststaates steigern, einen Schiedsspruch zu erfüllen. Im Fall Amco Asia ./. Indonesien160 startete der Investor beispielsweise in den lokalen Medien eine öffentliche Kampagne gegen Indonesien. Die indonesische Regierung versuchte daraufhin über einstweiligen Rechtsschutz den Investor daran zu hindern, weiter mit der Presse über den Fall zu reden, da die Informationen vertraulich seien.161 Allerdings entschied das ICSID-Schiedsgericht, dass es im ICSID-Übereinkommen keine Regelungen gäbe, das Verfahren vertraulich zu behandeln, weshalb es das Gesuch abwies.162 Eine solche gegen die Reputation des Gaststaates gerichtete Maßnahme kann das Kreditrisikorating eines Staates beeinflussen163 und diesen so womöglich zum Einlenken bewegen.

E. Fazit zu Kapitel 5 Abgesehen von der Rechtsbeschwerde gibt es vor deutschen Gerichten kaum Möglichkeiten, die einmal gefällte Exequaturentscheidung anzugreifen und somit beispielsweise die Zwangsvollstreckung abzuwenden. Ein Wiederaufnahmeverfahren wird nur dann erfolgreich sein, wenn sich ein Fehler im Exequaturverfahren ereignet hat. Der Schiedsspruch selbst kann hierdurch nicht angegriffen werden. Auch ein Anspruch aus § 826 BGB ist nur dann möglich, wenn sich eine sitten158

Vgl. auch Reed/Martinez, Treaty Obligation to Honor Arbitral Awards and Diplomatic Protection, 13, 33. 159 Nmehielle, Annual Survery of Int’l & Comp. Law 2001, 21, 41, Fn. 82; Canè, Am. Rev. Int. Arbitr. 15 (2004), 439, 458. 160 Amco Asia Corporation (Amco) u. a. ./. Indonesien, ICSID Case No. ARB/81/1. 161 Siehe die Decision on Request for provisional measures, Amco ./. Indonesien, ICSID Reports 1993, 410. 162 Siehe Bishop, Introduction: The Enforcement of Arbitral Awards against Sovereigns, 3, 7 f. 163 J. E. Viñuales/Bentolila, The use of alternative (non-judicial) means to enforce investment awards against states, 247, 262.

E. Fazit zu Kapitel 5

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widrige Schädigung auf das Exequaturverfahren ausgewirkt hat. Eine Überprüfung des Schiedsspruchs selbst ist lediglich im Rahmen des Art. V NYÜ statthaft. Auch Schadensersatzansprüche gegen den deutschen Staat aufgrund einer verweigerten Durchsetzung des Schiedsspruches werden in den meisten Fällen ausscheiden. Während bei Ansprüchen aus Amtshaftung regelmäßig das Spruchrichterprivileg greifen dürfte, wird ein Enteignungsgleicher Eingriff daran scheitern, dass der Investor in den wenigsten Fällen wird nachweisen können, dass die Durchsetzung des Schiedsspruches in keinem anderen Staat als Deutschland möglich ist. Aus diesem Grund dürfte auch regelmäßig ein Anspruch auf Schadensersatz auf Grundlage der EMRK scheitern. Selbst wenn man einen Entzug von Vermögenspositionen aufgrund der Verweigerung des Exequaturs oder der Zwangsvollstreckung annehmen würde, wäre ein Anspruch nur dann möglich, wenn die staatliche Maßnahme rechtswidrig gewesen ist. Dies ist nicht der Fall, wenn die Staatenimmunität im Einklang mit der anerkannten völkerrechtlichen Praxis und nicht rechtsmissbräuchlich angewendet worden ist. Auch die Einleitung eines erneuten ISDS-Verfahrens ist wenig erfolgsversprechend. Um eine Enteignung zu begründen, müsste wieder nachgewiesen werden, dass der Schiedsspruch in keinem anderen Staat durchsetzbar ist. Zudem stellt der reine Versuch der Durchsetzung eines Schiedsspruches keine Investition dar. Möglich bleibt, diejenigen Schäden – gestützt auf den FET-Grundsatz – gegen den Gaststaat geltend zu machen, die im Rahmen eines zu Unrecht verweigerten Durchsetzungsversuchs angefallen sind. Investoren sollten sich auch nicht auf den diplomatischen Schutz durch ihren Heimatstaat verlassen, da dieser davon abhängt, ob ihr Heimatstaat einen solchen gewähren will. Letztlich sollte ein Investor bereits vor der Begründung seiner Investition die Möglichkeit im Blick haben, dass im Falle eines ISDS-Verfahrens die Durchsetzung des daraus resultierenden Schiedsspruches schwierig sein kann. Darum sollte der Investor selbstständig vorsorgen. Dies kann, je nach Verhandlungsstärke, durch die Implementierung entsprechender Klauseln in einem InvestorStaat-Vertrag geschehen, beispielsweise um einen Immunitätsverzicht zu erwirken. Sinnvoll kann es überdies sein, eine Ausfallversicherung abzuschließen, für den Fall, dass der Gaststaat die Erfüllung eines Schiedsspruches verweigert. Dies kann gegebenenfalls noch nach einer Enteignung durch den Gaststaat, aber vor Einleitung eines Schiedsverfahrens geschehen. Für einen Investor kann es wirtschaftlich sinnvoll sein, nach einem gewonnenen Schiedsverfahren mit dem Gaststaat trotzdem eine gütliche Einigung mittels eines Vergleichs zu erreichen, wobei dieser Vergleich durch Bedingungen, Immunitätsverzichte oder Garantien gesichert werden sollte. Sofern dies nicht möglich ist, verbleibt die Möglichkeit, den Schiedsspruch, unter Inkaufnahme von Abschlägen, an Unternehmen zu verkaufen, die bereits Erfahrungen mit der Durchsetzung von Schiedssprüchen sammeln konnten oder denen mehr Möglichkeiten zur Erlangung von diplomatischem Schutz offenstehen.

Schlussbetrachtung Die vorhergehenden Kapitel haben gezeigt, dass das Erlangen eines ISDSSchiedsspruches für den Investor noch lange nicht bedeutet, dass er für die Verletzung seiner Rechte auch tatsächlich entschädigt werden wird. Oftmals beginnt erst mit Erlass des Schiedsspruchs die eigentliche Odyssee. Die vorliegende Arbeit hat versucht, die möglichen Problemfelder aufzuzeigen und zu ihrer Auflösung beizutragen. In der Schlussbetrachtung werden nun noch einmal die wesentlichen Punkte, die für die Durchsetzung von ISDS-Entscheidungen in Deutschland von Bedeutung sind, kurz zusammengefasst. 1. Zunächst muss der Investor sicherstellen, dass er einen Vollstreckungsstaat findet, in welchem ihm das Exequatur für seinen Schiedsspruch erteilt wird. Das NYÜ und insbesondere das ICSID-Übereinkommen scheinen hierbei vermeintlich zu einer schnellen Lösung zu führen. Das NYÜ bereitet jedoch dann Schwierigkeiten, wenn unklar ist, ob die Schiedsabrede überhaupt gültig war. Dies ist problematisch im Zusammenhang mit der Aufkündigung oder Unwirksamkeit von ISDS-Klauseln in internationalen Abkommen, den in ihnen vorhandenen SunsetClauses und kollidierenden Rechtssystemen. Doch auch die Aufhebung oder Bestätigung eines Schiedsspruches im Ausland kann zu Unsicherheiten führen, genauso wie eine fehlende Schiedsfähigkeit des Streitgegenstands. Gerade der Fall Micula zeigt zudem, dass selbst bei ICSID-Schiedssprüchen nicht sicher ist, dass sie in jedem Fall durchsetzbar sind, sofern ihnen EU-Recht entgegensteht. Hier versuchen das Unionsrecht und das ISDS-Regime jeweils für sich den Vorrang zu beanspruchen, ohne dass eine abschließende Lösung sicher wäre. Doch auch abseits dieser „Sonderkonstellation“ – welche aufgrund der Brexit-Entwicklungen auch in Zukunft vermehrt eine Rolle spielen könnte – kann es zu Schwierigkeiten im Zusammenhang mit der Jurisdiktionsimmunität, dem Rechtsschutzbedürfnis oder der Rolle der EU als Vollstreckungsgegnerin kommen. 2. Ist einmal die Hürde des Exequaturs genommen und ein Vollstreckungstitel erteilt, tut sich ein weiteres Problemfeld auf. Im Gegensatz zu den Rechtsgütern eines Privaten, muss sich bei der Zwangsvollstreckung gegen einen Staat mit der Vollstreckungsimmunität auseinandergesetzt werden. Oftmals ist es bereits schwierig, überhaupt verwertbare Rechtsgüter des Gaststaates in einem Drittstaat zu finden und sind sie aufgefunden, so bedeutet das noch nicht, dass auch die Zwangsvollstreckung in sie erfolgen kann. Zunächst muss geklärt werden, ob die Rechtsgüter einem hoheitlichen Zweck dienen. Doch auch wenn das Auffinden von nichtimmunen Vermögenswerten gelungen ist, bedarf es oftmals langwieriger Gerichtsverfahren bis zur tatsächlichen Befriedigung des Gläubigers. Selbst ein expliziter Verzicht des Gast-

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staates auf die Vollstreckungsimmunität in einem Investor-Staat-Vertrag bedeutet noch nicht, dass der Vollstreckungsstaat diesen auch akzeptieren wird. 3. Weigert sich der Vollstreckungsstaat zu Unrecht einen ISDS-Schiedsspruch durchzusetzen, so bleibt dem Investor unter Umständen lediglich der sehr unsichere Weg, auch diesen Vollstreckungsstaat in Haftung zu nehmen und aufgrund der unterlassenen Durchsetzung zu verklagen. Da hiermit jedoch ein erneutes aufwändiges Verfahren eingeleitet werden muss, und der Investor darum wieder einige Jahre auf die – gleichwohl nicht gesicherte – endgültige Befriedigung warten muss, und darüber hinaus ein Anspruch nur in den wenigsten Fällen gegeben sein dürfte, führt dies zu höchst unbefriedigenden Ergebnissen. 4. Die größten Unsicherheiten lassen sich im Zusammenhang mit der Europäischen Union ausmachen. Insbesondere erscheint der EuGH hinsichtlich seiner Vorgaben an die Mitgliedstaaten der EU als unberechenbar. Bis es, insbesondere für Intra-EU-Schiedssprüche, zu einer abschließenden Entscheidung des EuGH gekommen ist, muss den Investoren geraten werden, sofern möglich, ihre gegen EUStaaten ergangenen Intra-EU-Schiedssprüche außerhalb der EU durchzusetzen. 5. Auch die Durchsetzbarkeit von auf Grundlage des ICS ergangenen Entscheidungen ist mangels ihrer Qualifikation als Schiedssprüche im Sinne des NYÜ oder des ICSID-Übereinkommens problematisch. Hier muss – im Gegensatz zu Intra-EUSchiedssprüchen – in Zukunft gerade zu einer Durchsetzung innerhalb der EU, beziehungsweise in einem Partnerstaat des jeweiligen Abkommens, geraten werden. Spannend wird es, wie letzten Endes die Durchsetzung von Entscheidungen eines Multilateralen Investitionsgerichtshofs geregelt werden soll, sofern ein solcher tatsächlich ausgehandelt wird. 6. Trotz all dieser Hürden gibt es jedoch auch Lichtblicke für die Investoren, welche diese Arbeit aufzuzeigen versucht hat: Obgleich es eine Vielzahl an Punkten gibt, welche der Durchsetzung von ISDS-Entscheidungen entgegengehalten werden können, erscheinen diese – abgesehen von den Problemen im Zusammenhang mit den intra EU BITs – als tatsächliche Hindernisse doch eher die Ausnahme zu sein. Die Probleme sind oftmals so speziell, dass sie lediglich auf bestimmte Fallkonstellationen zutreffen und auch bei diesen jeweils gewichtige Argumente dafür sprechen, die Zwangsvollstreckung letzten Endes zuzulassen. Zwar kann die Vollstreckungsimmunität immernoch ein Problem darstellen, aufgrund der internationalen Tendenz hin zur restriktiven Vollstreckungsimmunität entwickelt sich aber auch dieses Problemfeld zu Gunsten der Investoren. Diese sind jedoch auch weiterhin gut darin beraten, sich von seinem Gaststaat vorab Rechtsgüter aufzeigen zu lassen, in welche potentiell zwangsvollstreckt werden kann, oder zumindest Immunitätsverzichte des Gaststaates auszuhandeln. 7. Insgesamt ist dennoch festzuhalten, dass die Durchsetzung von ISDS-Entscheidungen – aufgrund der vielen maßgeblichen Regelungen, der nur begrenzten Anzahl an höchstrichterlichen Entscheidungen und insbesondere aufgrund der konfusen Situation innerhalb der Europäischen Union – Gegenstand von hoher

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Schlussbetrachtung

Komplexität ist. Darum verbietet sich ein pauschaler Weg, der für jeden Schiedsspruch gilt. Vielmehr sind sämtliche Umstände jedes Einzelfalls zu berücksichtigen, will man für die im ISDS-Verfahren obsiegende Partei zu einer befriedigenden Lösung kommen.

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Bayerisches Oberstes Landesgericht Bayerisches Oberstes Landesgericht, Beschluss vom 20. 03. 2003, Aktenzeichen 4Z Sch 23/02.

Bundesfinanzhof (BFH) Bundesfinanzhof, Beschluss vom 01. 10. 2009, Aktenzeichen VII ZB 37/08. Bundesfinanzhof, Urteil vom 03. 11. 2010, Aktenzeichen VII R 21/10.

Bundesgerichtshof (BGH) Bundesgerichtshof, Beschluss vom 09. 06. 1952, Aktenzeichen GS Z 2/52. Bundesgerichtshof, Urteil vom 29. 01. 1953, Aktenzeichen IV ZR 201/51. Bundesgerichtshof, Urteil vom 12. 05. 1958, Aktenzeichen VII ZR 436/56. Bundesgerichtshof, Urteil vom 23. 04. 1959, Aktenzeichen VIII ZR 2/58. Bundesgerichtshof, Urteil vom 16. 02. 1961, Aktenzeichen VII ZR 191/59. Bundesgerichtshof, Urteil vom 19. 02. 1962, Aktenzeichen III ZR 23/60. Bundesgerichtshof, Urteil vom 16. 11. 1962, Aktenzeichen VI ZR 11/62. Bundesgerichtshof, Urteil vom 19. 09. 1966, Aktenzeichen III ZR 92/65. Bundesgerichtshof, Urteil vom 25. 10. 1966, Aktenzeichen KZR 7/65. Bundesgerichtshof, Urteil vom 18. 10. 1967, Aktenzeichen VIII ZR 145/66. Bundesgerichtshof, Urteil vom 11. 03. 1968, Aktenzeichen III ZR 72/65. Bundesgerichtshof, Urteil vom 27. 03. 1968, Aktenzeichen VIII ZR 141/65. Bundesgerichtshof, Urteil vom 10. 02. 1969, Aktenzeichen III ZR 35/68. Bundesgerichtshof, Urteil vom 27. 02. 1969, Aktenzeichen KZR 3/68. Bundesgerichtshof, Urteil vom 07. 01. 1971, Aktenzeichen VII ZR 160/69. Bundesgerichtshof, Urteil vom 31. 05. 1972, Aktenzeichen KZR 43/71. Bundesgerichtshof, Urteil vom 26. 10. 1972, Aktenzeichen VII ZR 232/71. Bundesgerichtshof, Urteil vom 09. 03. 1978, Aktenzeichen III ZR 78/76.

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Verzeichnis zitierter Rechtsprechung

Bundesgerichtshof, Urteil vom 26. 09. 1978, Aktenzeichen VI ZR 267/76. Bundesgerichtshof, Beschluss vom 26. 09. 1979, Aktenzeichen VIII ZB 10/79. Bundesgerichtshof, Urteil vom 29. 09. 1983, Aktenzeichen III ZR 231/82. Bundesgerichtshof, Urteil vom 26. 01. 1984, Aktenzeichen III ZR 216/82. Bundesgerichtshof, Urteil vom 27. 03. 1984, Aktenzeichen IX ZR 24/83. Bundesgerichtshof, Urteil vom 10. 05. 1984, Aktenzeichen III ZR 206/82. Bundesgerichtshof, Urteil vom 15. 05. 1986, Aktenzeichen III ZR 192/84. Bundesgerichtshof, Urteil vom 14. 12. 1988, Aktenzeichen VIII ZR 31/88. Bundesgerichtshof, Urteil vom 18. 01. 1990, Aktenzeichen III ZR 269/88. Bundesgerichtshof, Beschluss vom 19. 12. 1991, Aktenzeichen III ZR 9/91. Bundesgerichtshof, Urteil vom 04. 06. 1992, Aktenzeichen IX ZR 149/91. Bundesgerichtshof, Beschluss vom 16. 09. 1993, Aktenzeichen IX ZB 82/90. Bundesgerichtshof, Urteil vom 21. 04. 1998, Aktenzeichen XI ZR 377/97. Bundesgerichtshof, Urteil vom 21. 01. 1999, Aktenzeichen I ZR 135 – 96. Bundesgerichtshof, Urteil vom 25. 03. 1999, Aktenzeichen IX ZR 223/97. Bundesgerichtshof, Beschluss vom 15. 07. 1999, Aktenzeichen III ZB 21 – 98. Bundesgerichtshof, Beschluss vom 29. 06. 2000, Aktenzeichen IX ZB 23/97. Bundesgerichtshof, Beschluss vom 02. 11. 2000, Aktenzeichen III ZB 55/99. Bundesgerichtshof, Beschluss vom 22. 02. 2001, Aktenzeichen III ZB 71/99. Bundesgerichtshof, Beschluss vom 27. 03. 2002, Aktenzeichen III ZB 43/00. Bundesgerichtshof, Beschluss vom 28. 05. 2003, Aktenzeichen IXa ZB 19/03. Bundesgerichtshof, Beschluss vom 25. 09. 2003, Aktenzeichen III ZB 68/02. Bundesgerichtshof, Beschluss vom 25. 08. 2004, Aktenzeichen IXa ZB 271/03. Bundesgerichtshof, Beschluss vom 21. 12. 2004, Aktenzeichen IXa ZB 228/03. Bundesgerichtshof, Beschluss vom 04. 05. 2005, Aktenzeichen I ZB 10/05. Bundesgerichtshof, Beschluss vom 04. 10. 2005, Aktenzeichen VII ZB 08/05. Bundesgerichtshof, Beschluss vom 04. 10. 2005, Aktenzeichen VII ZB 9/05. Bundesgerichtshof, Beschluss vom 18. 01. 2007, Aktenzeichen III ZB 35/06. Bundesgerichtshof, Beschluss vom 04. 07. 2007, Aktenzeichen VII ZB 6/05. Bundesgerichtshof, Beschluss vom 17. 04. 2008, Aktenzeichen III ZB 97/06. Bundesgerichtshof, Beschluss vom 21. 05. 2008, Aktenzeichen III ZB 14/07. Bundesgerichtshof, Beschluss vom 27. 11. 2008, Aktenzeichen III ZB 59/07. Bundesgerichtshof, Urteil vom 02. 07. 2009, Aktenzeichen IX ZR 152/06. Bundesgerichtshof, Beschluss vom 30. 09. 2010, Aktenzeichen III ZB 69/09.

Verzeichnis zitierter Rechtsprechung

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Bundesgerichtshof, Beschluss vom 16. 12. 2010, Aktenzeichen III ZB 100/09. Bundesgerichtshof, Beschluss vom 16. 12. 2010, Aktenzeichen III ZB 100/09. Bundesgerichtshof, Beschluss vom 30. 11. 2011, Aktenzeichen III ZB 19/11. Bundesgerichtshof, Urteil vom 01. 12. 2011, Aktenzeichen IX ZR 56/11. Bundesgerichtshof, Beschluss vom 30. 01. 2013, Aktenzeichen III ZB 40/12. Bundesgerichtshof, Beschluss vom 23. 04. 2013, Aktenzeichen III ZB 59/12. Bundesgerichtshof, Beschluss vom 14. 05. 2013, Aktenzeichen III ZB 40/12. Bundesgerichtshof, Beschluss vom 04. 07. 2013, Aktenzeichen VII ZB 63/12. Bundesgerichtshof, Beschluss vom 19. 09. 2013, Aktenzeichen III ZB 37/12. Bundesgerichtshof, Beschluss vom 26. 11. 2015, Aktenzeichen III ZR 26/15. Bundesgerichtshof, Beschluss vom 03. 03. 2016, Aktenzeichen I ZB 2/15. Bundesgerichtshof, Beschluss vom 22. 09. 2016, Aktenzeichen V ZB 125/15. Bundesgerichtshof, Beschluss vom 06. 10. 2016, Aktenzeichen I ZB 13/15. Bundesgerichtshof, Beschluss vom 02. 03. 2017, Aktenzeichen I ZB 42/16. Bundesgerichtshof, Beschluss vom 06. 04. 2017, Aktenzeichen IX ZB 19/16. Bundesgerichtshof, Beschluss vom 31. 10. 2018, Aktenzeichen I ZB 2/15.

Bundesverfassungsgericht (BVerfG) Bundesverfassungsgericht, Beschluss vom 21. 03. 1957, Aktenzeichen 1 BvR 65/54. Bundesverfassungsgericht, Beschluss vom 30. 10. 1962, Aktenzeichen 2 BvM 1/60. Bundesverfassungsgericht, Beschluss vom 30. 04. 1963, Aktenzeichen 2 BvM 1/62. Bundesverfassungsgericht, Beschluss vom 09. 06. 1971, Aktenzeichen 2 BvR 225/69. Bundesverfassungsgericht, Beschluss vom 29. 05. 1974, Aktenzeichen 2 BvL 52/71. Bundesverfassungsgericht, Beschluss vom 07. 07. 1975, Aktenzeichen 1 BvR 274/72, 209/72, 195/73, 194/73, 184/73, 247/72. Bundesverfassungsgericht, Beschluss vom 13. 01. 1976, Aktenzeichen 1 BvR 631/69 und 24/ 70. Bundesverfassungsgericht, Beschluss vom 08. 06. 1977, Aktenzeichen 2 BvR 499/75, 1042/75. Bundesverfassungsgericht, Beschluss vom 13. 12. 1977, Aktenzeichen 2 BvM 1/76. Bundesverfassungsgericht, Beschluss vom 16. 12. 1980, Aktenzeichen 2 BvR 419/80. Bundesverfassungsgericht, Beschluss vom 22. 03. 1983, Aktenzeichen 2 BvR 475/78. Bundesverfassungsgericht, Beschluss vom 12. 04. 1983, Aktenzeichen 2 BvR 678/81, 2 BvR 679/81, 2 BvR 680/81, 2 BvR 681/81, 2 BvR 683/81. Bundesverfassungsgericht, Beschluss vom 08. 10. 1985, Aktenzeichen 1 BvL 17/83, 1 BvL 19/ 83 Bundesverfassungsgericht, Beschluss vom 22. 10. 1986, Aktenzeichen 2 BvR 197/83.

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Verzeichnis zitierter Rechtsprechung

Bundesverfassungsgericht, Beschluss vom 09. 01. 1991, Aktenzeichen 1 BvR 929/89. Bundesverfassungsgericht, Beschluss vom 10. 06. 1997, Aktenzeichen 2 BvR 1516/96. Bundesverfassungsgericht, Beschluss vom 30. 04. 2003, Aktenzeichen 1 PBvU 1/02. Bundesverfassungsgericht, Beschluss vom 06. 12. 2006, Aktenzeichen 2 BvM 9/03. Bundesverfassungsgericht, Beschluss vom 12. 10. 2011, Aktenzeichen 2 BvR 2984/09, 2 BvR 3057/09, 2 BvR 1842/10. Bundesverfassungsgericht, Beschluss vom 17. 03. 2014, Aktenzeichen 2 BvR 736/13.

Cour d’appel de Paris Cour d’appel de Paris, Urteil vom 06. 06. 1981. Cour d’appel de Paris, vom 26. 06. 1981. Cour d’appel de Paris, vom 10. 08. 2000.

Cour d’appel de Rouen Cour d’appel de Rouen, Urteil vom 20. 06. 1996.

Cour de Cassation Cour de Cassation, Société SOABI v. Etat du Sénégal vom 11. 06. 1991, Aktenzeichen 90 – 11282. Cour de Cassation, vom 06. 07. 2000, Aktenzeichen N8 de pourvoir: 98 – 19068.

Court of Appeal Court of Appeal, Judgment vom 09. 09. 2005, Aktenzeichen Case No: A3/2005/1121. England and Wales Court of Appeal – Civil Division, Judgment vom 27. 06. 2012, Case No: A3/ 2011/1790.

Europäischer Gerichtshof (EuGH) Europäischer Gerichtshof, Urteil vom 19. 12. 1961, Aktenzeichen 7/61. Europäischer Gerichtshof, Urteil vom 27. 02. 1962, Aktenzeichen C-10/61. Europäischer Gerichtshof, Urteil vom 27. 02. 1962, Aktenzeichen 10/61. Europäischer Gerichtshof, Urteil vom 15. 07. 1964, Aktenzeichen 6/64. Europäischer Gerichtshof, Beschluss vom 17. 12. 1968, Aktenzeichen 2 – 68. Europäischer Gerichtshof, Urteil vom 24. 06. 1969, Aktenzeichen C-29/68. Europäischer Gerichtshof, Urteil vom 17. 12. 1970, Aktenzeichen Rs. 11/70. Europäischer Gerichtshof, Urteil vom 30. 04. 1974, Aktenzeichen 181/73. Europäischer Gerichtshof, Urteil vom 30. 10. 1975, Aktenzeichen 23/75. Europäischer Gerichtshof, Urteil vom 09. 03. 1978, Aktenzeichen Rs 106/77. Europäischer Gerichtshof, Urteil vom 03. 05. 1978, Aktenzeichen 112 – 77.

Verzeichnis zitierter Rechtsprechung Europäischer Gerichtshof, Urteil vom 27. 03. 1980, Aktenzeichen 61/79. Europäischer Gerichtshof, Urteil vom 17. 09. 1980, Aktenzeichen Rs 730/79. Europäischer Gerichtshof, Urteil vom 14. 11. 1984, Aktenzeichen 323/82. Europäischer Gerichtshof, Urteil vom 13. 03. 1985, Aktenzeichen Rs. 296 und 318/82. Europäischer Gerichtshof, Beschluss vom 17. 06. 1987, Aktenzeichen 1/87 SA. Europäischer Gerichtshof, Urteil vom 27. 09. 1988, Aktenzeichen 106 bis 120/87. Europäischer Gerichtshof, Urteil vom 27. 09. 1988, Aktenzeichen 235/87. Europäischer Gerichtshof, Beschluss vom 11. 04. 1989, Aktenzeichen C-1/88-SA. Europäischer Gerichtshof, Urteil vom 19. 06. 1990, Aktenzeichen RS C 213/89. Europäischer Gerichtshof, Beschluss vom 06. 12. 1990, Aktenzeichen C-2/88-IMM. Europäischer Gerichtshof, Urteil vom 25. 07. 1991, Aktenzeichen Rs C-190/89. Europäischer Gerichtshof, Urteil vom 10. 11. 1992, Aktenzeichen C-3/91. Europäischer Gerichtshof, Urteil vom 29. 04. 1993, Aktenzeichen C-182/91. Europäischer Gerichtshof, Urteil vom 02. 08. 1993, Aktenzeichen C-158/91. Europäischer Gerichtshof, Beschluss vom 29. 09. 1995, Aktenzeichen C-2/94 SA. Europäischer Gerichtshof, Urteil vom 20. 03. 1997, Aktenzeichen Rs. C-24/95. Europäischer Gerichtshof, Urteil vom 01. 06. 1999, Aktenzeichen C-126/97. Europäischer Gerichtshof, Urteil vom 28. 03. 2000, Aktenzeichen C-7/98. Europäischer Gerichtshof, Beschluss vom 29. 05. 2001, Aktenzeichen C-1/00. Europäischer Gerichtshof, Urteil vom 16. 05. 2002, Aktenzeichen C-63/00. Europäischer Gerichtshof, Urteil vom 18. 06. 2002, Aktenzeichen C-92/00. Europäischer Gerichtshof, Beschluss vom 27. 03. 2003, Aktenzeichen C-1/02 SA. Europäischer Gerichtshof, Urteil vom 30. 09. 2003, Aktenzeichen C-224/01. Europäischer Gerichtshof, Beschluss vom 14. 12. 2004, Aktenzeichen C-1/04 SA. Europäischer Gerichtshof, Urteil vom 16. 03. 2006, Aktenzeichen C-234/04. Europäischer Gerichtshof, Urteil vom 05. 04. 2006, Aktenzeichen T-351/02. Europäischer Gerichtshof, Urteil vom 26. 10. 2006, Aktenzeichen C-168/05. Europäischer Gerichtshof, Urteil vom 21. 06. 2007, Aktenzeichen C-231/06 u. a. Europäischer Gerichtshof, Urteil vom 18. 07. 2007, Aktenzeichen C-119/05. Europäischer Gerichtshof, Urteil vom 27. 09. 2007, Aktenzeichen C-351/04. Europäischer Gerichtshof, Urteil vom 02. 04. 2009, Aktenzeichen C-394/07. Europäischer Gerichtshof, Urteil vom 28. 04. 2009, Aktenzeichen C-420/07. Europäischer Gerichtshof, Urteil vom 08. 09. 2009, Aktenzeichen C-478/07. Europäischer Gerichtshof, Urteil vom 30. 09. 2009, Aktenzeichen C-546/07.

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Europäischer Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) Europäischer Gerichtshof für Menschenrechte, Urteil vom 08. 07. 1986, Application no. 9006/ 80; 9262/81; 9263/81; 9265/81; 9266/81; 9313/81; 9405/81. Europäischer Gerichtshof für Menschenrechte, Urteil vom 26. 06. 1992, Application no. 12747/ 87. Europäischer Gerichtshof für Menschenrechte, Urteil vom 09. 12. 1994, Application no. 13427/ 87. Europäischer Gerichtshof für Menschenrechte, Urteil vom 20. 07. 2001, Application no 30882/ 96. Europäischer Gerichtshof für Menschenrechte, Judgment vom 21. 11. 2001, Application no. 35763/97. Europäischer Gerichtshof für Menschenrechte, Judgment vom 21. 11. 2001, Application no. 37112/97. Europäischer Gerichtshof für Menschenrechte, Entscheidung vom 12. 12. 2002, Application no. 59021/00. Europäischer Gerichtshof für Menschenrechte, Urteil vom 30. 06. 2005, Application no. 45036/ 98. Europäischer Gerichtshof für Menschenrechte, Urteil vom 29. 09. 2008, Application no. 773/ 03. Europäischer Gerichtshof für Menschenrechte, Entscheidung über die Zulässigkeit der Individualbeschwerde vom 10. 11. 2009, Application no 30190/06 und 30216/06. Europäischer Gerichtshof für Menschenrechte, Urteil vom 20. 04. 2010, Application no. 12312/ 05. Europäischer Gerichtshof für Menschenrechte, Urteil vom 21. 06. 2016, Application no 5809/ 08.

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Gericht der Europäischen Union (EuG) Gericht der Europäischen Union, Beschluss vom 29. 02. 2016, Aktenzeichen T-646/14. Gericht der Europäischen Union, Urteil vom 18. 06. 2019, Aktenzeichen T-624/15, T-694/15, T704/15.

Hanseatisches OLG Hamburg Hanseatisches OLG Hamburg, Urteil vom 12. 03. 1998, Aktenzeichen 6 U 110/97.

Hoge Raad Hoge Raad, Urteil vom 24. 11. 2017, Aktenzeichen 16/05686.

House of Lords House of Lords, Judgment vom 13. 12. 1973.

International Tribunal for the Law of the Sea International Tribunal for the Law of the Sea, Order for Provisional Measures vom 15. 12. 2012,

KG Berlin KG Berlin, Urteil vom 07. 03. 1995, Aktenzeichen 14 U 2979/93. KG Berlin, Beschluss vom 16. 02. 2001, Aktenzeichen 28 Sch 23/99. KG Berlin, Beschluss vom 26. 06. 2002, Aktenzeichen 9 W 176/02. KG Berlin, Beschluss vom 07. 11. 2003, Aktenzeichen 25 W 100/03. KG Berlin, Beschluss vom 03. 12. 2003, Aktenzeichen 25 W 15/03. KG Berlin, Beschluss vom 18. 05. 2006, Aktenzeichen 20 Sch 13/04. KG Berlin, Beschluss vom 10. 08. 2006, Aktenzeichen 20 Sch 7/04. KG Berlin, Beschluss vom 05. 03. 2010, Aktenzeichen 18 W 2/10. KG Berlin, Beschluss vom 14. 06. 2010, Aktenzeichen I W 276/09. KG Berlin, Beschluss vom 04. 06. 2012, Aktenzeichen 20 Sch 10/11.

LG Berlin LG Berlin, Beschluss vom 04. 02. 2010, Aktenzeichen 13 O 48/10.

LG Frankfurt LG Frankfurt, Urteil vom 02. 12. 1975, Aktenzeichen 3/8 O 186/75.

OLG Brandenburg OLG Brandenburg, Urteil vom 07. 07. 1999, Aktenzeichen 13 U 61/99.

OLG Bremen OLG Bremen, Beschluss vom 30. 09. 1999, Aktenzeichen (2) Sch 4/99.

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OLG Celle OLG Celle, Beschluss vom 03. 09. 2003, Aktenzeichen 8 Sch 11/02. OLG Celle, Beschluss vom 06. 10. 2005, Aktenzeichen 8 Sch 6/05. OLG Celle, Beschluss vom 31. 05. 2007, Aktenzeichen 8 Sch 6/06.

OLG Dresden OLG Dresden, Beschluss vom 31. 01. 2007, Aktenzeichen 11 Sch 18/05.

OLG Düsseldorf OLG Düsseldorf, Beschluss vom 09. 03. 1988, Aktenzeichen 24 W 3/88. OLG Düsseldorf, Beschluss vom 21. 07. 2004, Aktenzeichen VI-Sch (Kart) 1/02. OLG Düsseldorf, Urteil vom 07. 10. 2010, Aktenzeichen I-6 U 116/09.

OLG Frankfurt a.M. OLG Frankfurt a.M., Urteil vom 01. 10. 1998, Aktenzeichen 1 U 163/96. OLG Frankfurt a.M., Beschluss vom 24. 05. 2007, Aktenzeichen 26 W 51/07. OLG Frankfurt a.M., Beschluss vom 10. 05. 2012, Aktenzeichen 26 SchH 11/10. OLG Frankfurt a.M., Beschluss vom 20. 11. 2012, Aktenzeichen 18 W 59/12. OLG Frankfurt a.M., Beschluss vom 18. 12. 2014, Aktenzeichen 26 Sch 3/13. OLG Frankfurt a.M., Beschluss vom 25. 03. 2015, Aktenzeichen 26 SchH 7/12, 26 Sch 1/13.

OLG Hamm OLG Hamm, Urteil vom 02. 11. 1983, Aktenzeichen 20 U 57/83.

OLG Karlsruhe OLG Karlsruhe, Beschluss vom 04. 01. 2012, Aktenzeichen 9 Sch 02/09.

OLG Koblenz OLG Koblenz, Beschluss vom 28. 07. 2005, Aktenzeichen 2 Sch 4/05.

OLG Köln OLG Köln, Beschluss vom 06. 10. 2003, Aktenzeichen 16 W 35/02. OLG Köln, Urteil vom 18. 03. 2008, Aktenzeichen 22 U 98/07. OLG Köln, Beschluss vom 21. 03. 2014, Aktenzeichen 11 U 223/12.

OLG München OLG München, Urteil vom 10. 10. 2002, Aktenzeichen U (K) 1651/02. OLG München, Beschluss vom 19. 01. 2009, Aktenzeichen 34 Sch 004/08. OLG München, Beschluss vom 22. 06. 2009, Aktenzeichen 34 Sch 26/08.

Verzeichnis zitierter Rechtsprechung

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OLG München, Beschluss vom 04. 07. 2011, Aktenzeichen 34 Sch 20/11. OLG München, Beschluss vom 11. 07. 2011, Aktenzeichen 34 Sch 15/10. OLG München, Beschluss vom 30. 07. 2012, Aktenzeichen 34 Sch 18/10. OLG München, Beschluss vom 08. 08. 2013, Aktenzeichen 34 Sch 10/11. OLG München, Beschluss vom 07. 07. 2014, Aktenzeichen 34 SchH 18/13.

OLG Naumburg OLG Naumburg, Beschluss vom 08. 06. 2010, Aktenzeichen 10 Sch 2/10. OLG Naumburg, Beschluss vom 04. 03. 2012, Aktenzeichen 10 Sch 04/10.

OLG Rostock OLG Rostock, Beschluss vom 28. 10. 1999, Aktenzeichen 1 Sch 3/99. OLG Rostock, Beschluss vom 22. 11. 2001, Aktenzeichen 1 Sch 3/2000, 1 Sch 3/00.

OLG Stuttgart OLG Stuttgart, Beschluss vom 14. 10. 2003, Aktenzeichen 1 Sch 16/02, 1 Sch 6/03.

Rechtbank van eerste aanlag Antwerp Rechtbank van eerste aanlag Antwerp, vom 27. 09. 1985.

Reichsgericht (RG) Reichsgericht (RG), Urteil vom 17. 04. 1912, Aktenzeichen Rep. III. 441/11. Reichsgericht (RG), Urteil vom 28. 01. 1936, Aktenzeichen III 186/35. Reichsgericht (RG), Urteil vom 16. 06. 1938, Aktenzeichen I 232/37.

Schweizerisches Bundesgericht Schweizerisches Bundesgericht, Urteil vom 19. 06. 1980, Aktenzeichen BGE 106 I a 142 – 151. Schweizerisches Bundesgericht, Urteil vom 07. 09. 2018, Aktenzeichen 5 A_942/2017.

Thüringer Oberlandesgericht Thüringer Oberlandesgericht, Beschluss vom 08. 08. 2007, Aktenzeichen 4 Sch 03/06.

United States Court of Appeals for the Fifth Circuit United States Court of Appeals for the Fifth Circuit, vom 22. 12. 2004, Aktenzeichen 04 – 20301.

United States Court of Appeals for the Second Circuit United States Court of Appeals for the Second Circuit, vom 08. 08. 2012, Aktenzeichen 11 – 1458-cv. United States Court of Appeals for the Second Circuit, Brief for amicus curiae vom 04. 02. 2016, Aktenzeichen 15 – 3109-cv.

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Verzeichnis zitierter Rechtsprechung

United States Court of Appeals for the Second Circuit, Judgment vom 02. 08. 2016, Aktenzeichen 13 – 4022.

United States Court of Appeals for the Seventh Circuit United States Court of Appeals for the Seventh Circuit, Appeal Judgment vom 15. 03. 2000, Aktenzeichen 99 – 3424.

United States Court of Appeals, District of Columbia United States Court of Appeals, District of Columbia, Judgment vom 06. 05. 1981, Aktenzeichen 79 – 0059, 80 – 1207.

United States District Court for the District of Columbia United States District Court for the District of Columbia, Judgment vom 18. 01. 1980, Aktenzeichen Misc. No. 79 – 57. United States District Court for the District of Columbia, Maritime International Nominees Establishment v. The Republic of Guina vom 12. 01. 1981, Aktenzeichen 78 – 388.

United States District Court for the Southern District of New York United States District Court for the Southern District of New York, vom 12. 12. 1986, Aktenzeichen No. M-68. United States District Court for the Southern District of New York, Judgment vom 25. 01. 2007, Aktenzeichen No. 04 – 16387; 04 – 16388; 04 – 16788; 04 – 16810.

United States District Court, Eastern District of North Carolina, Northern Division United States District Court, Eastern District of North Carolina, Northern Division, Order vom 21. 01. 2011, Aktenzeichen 2:06-CV-49-F.

VG Münster VG Münster, Beschluss vom 26. 06. 2006, Aktenzeichen 10 L 361/06.

WTO Appellate Body WTO Appellate Body, vom 12. 10. 1998, Aktenzeichen WT/DS58/AB/R.

Verzeichnis zitierter Schiedssprüche Achmea B.V. ./. The Slovak Republic, UNCITRAL, Award on Jurisdiction, Arbitrability and Suspension vom 26. 10. 2010, PCA Case No. 2008 – 13. AES Summit Generation Limited and AES-Tisza Erömü Kft. ./. Republic of Hungary, Award vom 23. 09. 2010, ICSID Case No. ARB/07/22. Amco ./. Indonesien, Decision on Request for provisional measures vom 09. 12. 1983, ICSID Case No. ARB/81/1. In: ICSID Reports 1, S. 410. Amto ./. Ukraine, Final Award vom 26. 03. 2008, SCC Case No. 080/2005. Antaris Solar GmbH u. a. ./. Tschechien, Award vom 02. 05. 2018, PCA Case No. 2014 – 01. ATA Contruction, Industrial and Trading Company./. the Hashemite Kingdom of Jordan, Award vom 18. 05. 2010, ICSID Case No. ARB/08/2. Bayindir Insaat Turizm ./. Pakistan, Decision on Jurisdiction vom 14. 11. 2005, ICSID Case No. ARB/03/29. Benvenuti & Bonfant ./. Congo, Award vom 08. 08. 1980, ICSID Case No. ARB/77/2. Blusun S.A., Jean-Pierre Lecorcier und Michael Stein ./. Italien, Final Award. CMS ./. Argentinien, Decision of the Tribunal on Objections to Jurisdiction vom 17. 07. 2003, ICSID Case No. ARB/01/8. Compañiá de Aguas del Aconquija S.A. and Vivendi Universal S.A. ./. Argentinien, Decision on Annulment vom 03. 07. 2002, ICSID Case No. ARB/97/3. Desert Line Projects LLC ./. The Republic of Yemen, Award vom 06. 02. 2008, ICSID Case No. ARB/05/17. Eastern Sugar B.V. ./. The Czech Republic, Partial Award vom 27. 03. 2007, SCC Case No. 088/ 2004. Eiser Infrastructure Limited and Energia Solar Luxembourg S.À. R.I. ./. Spanien, Award vom 04. 05. 2017, ICSID Case No. ARB/13/36. Electrabel S.A. ./. Ungarn, Decision on Jurisdiction, Applicable Law an Liability vom 30. 11. 2012, ICSID Case No. ARB/07/19. Electrabel S.A. ./. Ungarn, Award vom 25. 11. 2015, ICSID Case No. ARB/07/19. European American Investment Bank AG (EURAM) ./. Slovak Republic, Award on Jurisdiction vom 22. 10. 2012, PCA CASE NO. 2010 – 17. G.I.H.G. u. a. ./. Tschechien, UNCITRAL, PCA Case No. 2013 – 35. GEA Group ./. Ukraine, Award vom 31. 03. 2011, ICSID Case No. ARB/08/16. Generation Ukraine, Inc. ./. Ukraine, Award vom 16. 09. 2003, ICSID Case No. ARB/00/9. Greentech ./. Spain, Final Award vom 14. 11. 2018, SCC Arbitration V (2015/150).

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Verzeichnis zitierter Schiedssprüche

Ioan Micula, Viorel Micula, S.C. European Food S.A, S.C. Starmill S.R.L. and S.C. Multipack S.R.L. ./. Rumänien, Final Award vom 11. 12. 2012, ICSID Case No. ARB/05/20. Ioan Micula, Viorel Micula, S.C. European Food S.A, S.C. Starmill S.R.L. and S.C. Multipack S.R.L. ./. Rumänien, Decision on Annulment vom 26. 02. 2016, ICSID Case No. ARB/05/20. Isolux Infrastructure Netherlands, B.V. ./. Spanien, Award vom 12. 07. 2016, SCC V2013/153. Jan Oostergetel and Theodora Laurentius ./. The Slovak Republic, UNCITRAL, Decision on Jurisdiction vom 30. 04. 2010. Jürgen Wirtgen u. a. ./. Tschechien, Final Award vom 11. 11. 2017, PCA Case No. 2014 – 03. Libyan American Oil Company (LIAMCO) ./. The Government of the Libyan Arab Republic, Award vom 12. 04. 1977. In: YCA, S. 89. Marfin Investment Group u. a. ./. Republic of Cyprus, Award vom 26. 07. 2018, ICSID Case No. ARB/13/27. Maritime International Nominees Establishment ./. Republic of Guinea, ICSID Case No. ARB/ 84/4. Maritime International Nominees Establishment ./. Republic of Guinea, Final Award vom 06. 01. 1988, ICSID Case No. ARB/84/4. Maritime International Nominees Establishment ./. Republic of Guinea, Interim Order No. 1 vom 12. 08. 1988, ICSID Case No. ARB/84/4. Masdar Solar & Wind Cooperatief U.A. ./. Kingdom of Spain, Award vom 16. 05. 2018, ICSID Case No. ARB/14/1. Natland Investment Group N.V. u. a. ./. Tschechien, UNCITRAL. NextEra Energy ./. Spanien, Award vom 31. 05. 2019, ICSID Case No. ARB/14/11. Novenergia ./. Spanien, Final Arbitral Award vom 15. 02. 2018, SCC Arbitration (2015/063). Romak S.A. ./. The Republic of Uzbekistan, Award vom 26. 11. 2009, PCA Case No. AA280. RREEF Infrastructure (G.P.) Limited u. a. ./. Spanien, Decision on Jurisdiction vom 06. 06. 2016, ICSID Case No. ARB/13/30. Rupert Joseph Binder ./. Czech Republic, UNCITRAL, Award on Jurisdiction vom 06. 06. 2007. Saipem SpA ./. Bangladesh, Decision on jurisdiction vom 21. 03. 2007, ICSID Case No ARB/ 05/07. Saipem SpA ./. Bangladesh, Award vom 30. 06. 2009, ICSID Case No ARB/05/07. Salini Costruttori S.P.A. and Italstrade S.P.A. ./. Kingdom of Morocco, Decision on Jurisdiction vom 23. 07. 2001, ICSID Case No. ARB/00/4. Sedelmayer ./. Russian Federation, SCC Award vom 07. 07. 1998. SGS Société Générale de Surveillance S.A. ./. Islamic Republic of Pakistan, Decision of the Tribunal on Objections to Jurisdiction vom 06. 08. 2003, ICSID Case No. ARB/01/13. UP and C.D Holding Internationale ./. Hungary, Award vom 09. 10. 2018, ICSID Case No. ARB/13/35. Vattenfall ./. Deutschland, Award vom 11. 03. 2011, ICSID Case No. ARB/09/6.

Verzeichnis zitierter Schiedssprüche

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Vattenfall AB and others ./. Federal Republic of Germany, Decision on the Achmea Issue vom 31. 08. 2018, ICSID Case No. ARB/12/12. Voltaic Network ./. Tschechien, Award vom 01. 07. 2009, UNCITRAL. Walter Bau AG ./. The Kingdom of Thailand, Award vom 01. 07. 2009. White Industries Australia Limited ./. The Republic of India, Final Award vom 30. 11. 2011, UNCITRAL. Yukos Universal Limited ./. Russische Föderation, Final Award vom 18. 07. 2014, PCA Case No. AA 227.

Stichwortverzeichnis Achmea 150 – Ausweitung 156 – Spezifika der Schiedsklausel 154 Act of State Doctrine 244 acta iure gestionis 101 acta iure imperii 100 Aliud 207 Amazon 193 Amtspflichtverletzung 316 anationale Schiedssprüche 39 Anerkennung 88 Apple 193 Asteris-Rechtsprechung 203 Aufhebungsverfahren – Bestätigung 240 – im Ausland 235 Bilaterale Abkommen 52 Bilaterale Vollstreckungsabkommen Binnenbeziehung 129 BIT 26 Bosphorus 229 Brexit 191

Eco Swiss 198 EGMR 320 EMRK 221 Energiechartavertrag 84 Enteignungsgleicher Eingriff 318 EU-Mexiko Abkommen 78 EU-Singapore Investment Protection Agreement 77 EU-Vietnam-Investment Protection Agreement 75 Europäische Union 40, 121, 254, 294 Europäisches Übereinkommen über die internationale Handelsschiedsgerichtsbarkeit 50 Europäisches Übereinkommen über Staatenimmunität 113 EuStImmÜ 267 Exequaturverfahren 87 52

CETA 68 – Gutachten 68 Comprehensive Economic and Trade Agreement siehe CETA delokalisierte Schiedssprüche 39 Deutsch-amerikanischer Freundschafts-, Handels- und Schifffahrtsvertrag 54 Deutsch-belgisches Anerkennungs- und Vollstreckungsabkommen 52 Deutsch-tunesischer Rechtshilfe-, Anerkennungs- und Vollstreckungsvertrag 53 Deutscher Model-BIT 56 Diplomatischer Schutz 332 Diskriminierungsverbot 194 Durchsetzungsklauseln 54

facultas iurisdictionis 97 Forum Shopping 92 ICSID-Übereinkommen 45 – additional facility rules 48 – Beitritt der EU zum 48 – Durchsetzungsregime 46 Internationale Immunität der Europäischen Union 121 Intra-EU BITs 149 Investitionsversicherungen 329 Investor-Staat-Vertrag 173 InvStreiÜbkG 145 f. ISDS 25 Jurisdiktionsimmunität 96 – Prüfung durch nationale Gerichte – Verzicht auf 102 – Verzichtsklausel 116 LIAMCO

280

117

Stichwortverzeichnis Micula 187 Modell-Freihandelsabkommen 67 Modellgesetz 305 Multilaterale Abkommen 33 Multilateraler Investitionsgerichtshof New Yorker Übereinkommen Nissan siehe Brexit

79

33

öffentliche Ordnung siehe ordre public ordre public 136 – interner 138 – materiell-rechtlicher 138 – Prüfungsrahmen 139 – transnational public policy 137 – verfahrensrechtlicher 138 ordre public européen 209 ordre public international 136, 138 ordre public réellement international 137 par in parem non habet imperium 19 Post-Award-Vergleich 331 Protokoll über Vorrechte und Befreiungen der Europäischen Union 294 public policy siehe ordre public Rechtsbeschwerde 312 Rechtsschutzbedürfnis 125 Reputation des Gaststaates 334 révision au fond 134, 139 Sachrechtsvereinbarung 111 Saipem gegen Bangladesch 323 Salini-Test 324 Schadensersatzanspruch 316 – gegen den deutschen Staat 316 Schiedsfähigkeit 143, 184, 214 – fehlende 244 Schiedsort 91 Sedelmayer 21 Sicherungsklausel 308 sittenwidrige Schädigung 316 Solange-II 229 Solar-Awards 190 Staatenimmunität – Abgrenzung 255 – im Exequaturverfahren 96 – Jurisdiktionsimmunität 97

399

– Vollstreckungsimmunität 255 Sunset Clauses 182 – Fristenlauf 183 Survival Clauses siehe Sunset Clauses Systematic Integration 234 Toyota siehe Brexit TTIP 77 Umweltrecht 195 UN-Staatenimmunitätsübereinkommen 113 Vattenfall I 195 Vattenfall II 157 Verfassungsrecht 218 Vergaberecht 196 Verkauf des Schiedsspruches 330 Vertrag von Lissabon 67 Vollstreckbarerklärung 149 – Prüfung nach dem ICSID-Übereinkommen 144 – Versagung 133 Vollstreckungsfonds 306 Vollstreckungsimmunität 255 – absolute 262 – Internationale Abkommen 265 – objektbezogene 257 – restriktive 262 – subjektbezogene 257 – Verzicht 278 – Vollstreckungskonvention 304 Vollstreckungsobjekte 271 – diplomatisch genutztes Vermögen 271 – kulturelle Repräsentation 273 – militärisch genutzte Güter 272 – Zentralbanken 273 Vollstreckungssubjekte 253 Vorrang des Unionsrechts 224 Walter Bau 22, 118 Wettbewerbsrecht 193 Wiederaufnahmeverfahren 313 Wiener Vertragsrechtskonvention 175, 222, 248 Zwangsvollstreckung, Alternativen 329 Zwangsvollstreckungsverfahren 252