Hercules in der Spätantike: Die Rolle des Heros im Spannungsfeld von Heidentum und Christentum 344710418X, 9783447104180

Alexandra Eppingers Monografie bietet den ersten umfassenden Überblick über die vielfältigen Erscheinungsformen des Hero

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German Pages 422 [437] Year 2015

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Vorwort
1 Warum „Hercules in der Spätantike“?
2 Definition der Epoche
2.1 Der Beginn der Spätantike
2.2 Das Ende der Spätantike
2.3 Der geographische Rahmen
3 „Heiden“ und „Christen“ in der Spätantike
3.1 Terminologische Eingrenzung
3.2 Eine Zweiteilung der spätantiken Gesellschaft? – Die Frage der religiösen Identität
4 Die Bedeutung der paideia für den Umgang mit heidnischen Mythen
A Hercules im Lebensumfeld
I Hercules im alltäglichen Umfeld der Menschen
I.1 Hercules im Haus
I.1.1 Mosaike
I.1.1.1 Hercules im dionysischen Kontext
I.1.1.2 Weitere Motive
I.1.1.3 Fazit: Hercules auf spätantiken Mosaiken
I.1.2 Skulptur
I.1.2.1 Statuen
I.1.2.2 Statuetten
I.1.3 Reliefs
I.1.3.1 Der Herculeszyklus von Chiragan
I.1.4 Geschirr
I.1.4.1 Silber
I.1.4.2 Keramik
I.1.4.3 Glas
I.1.5 Mobiliar
I.1.5.1 Tischfüße
I.1.5.2 Dekor von Einrichtungsgegenständen
I.1.6 Gebrauchsgegenstände
I.1.6.1 Lampen
I.1.6.2 Verschiedenes
I.1.7 Textilien und Schmuck
I.1.7.1 Kleidung und Wandbehänge
I.1.7.2 Schmuck
I.1.8 Hercules im Garten: die Hermengalerie von Welschbillig
I.2 Hercules im öffentlichen Raum
I.2.1 Hercules in den Bädern
I.2.2 Hercules im Hippodrom/Circus
I.2.3 Hercules auf der spätantiken Bühne: Pantomimen
I.2.4 Hercules an sonstigen öffentlichen Orten
I.2.4.1 Die basilica Herculis in Ravenna
I.2.4.2 Heidnische Bildwerke an öffentlichen Orten
I.2.5 Hercules im Grabkontext
I.2.5.1 Die Katakombe an der Via Latina
I.2.5.2 Grabplastik
I.2.5.3 Fazit: Hercules im Grabkontext
I.2.6 Hercules im Schulunterricht
I.2.6.1 Der Papyrus P. Oxy. XXII 2331
I.2.6.2 Hercules im Schulzimmer
I.3 Fazit: Hercules im täglichen Leben der spätantiken Menschen
II Hercules in der Gedankenwelt: Literatur und Philosophie
II.1 Vorbemerkungen
II.1.1 Die Unterscheidung in heidnische und christliche Autoren
II.1.2 Adressatenkreis, Verbreitung und Einfluß der literarischen Zeugnisse zu Hercules
II.2 Christliche Autoren: Die Schriften der Kirchenväter und Apologeten
II.2.1 Die Taten des Hercules
II.2.2 Hercules’ Sexualleben
II.2.3 Hercules bei Omphale
II.2.3.1 Hintergrund der Kritik an der Omphale-Episode
II.2.4 Hercules’ Tod und die Frage der Unsterblichkeit
II.3 Gründe für die Kritik an Hercules
II.4 Positive Äußerungen christlicher Autoren
II.4.1 Die spätantiken Herculesgedichte
II.4.1.1 Ausonius
II.4.1.2 Die Laus Herculis des Ps.-Claudian
II.4.1.3 Dracontius
II.4.2 Boëthius: De consolatione philosophiae
II.5 Fazit: Hercules in den Werken christlicher Autoren
II.6 Heidnische Autoren
II.6.1 Themen allgemein
II.6.2 Julian
II.7 Das gesammelte Wissen über Hercules: Macrobius’ Saturnalia
II.7.1 Hercules in den Saturnalia
II.8 Der Hercules der Philosophen
II.8.1 Hercules am Scheideweg
II.8.2 Hercules in allegorischer Deutung
II.9 Die umgangssprachliche und sprichwörtliche Verwendung des Hercules in der Spätantike
II.10 Überschneidungen zwischen heidnischen und christlichen Quellen
II.11 Fazit: Hercules in Literatur und Philosophie
B Hercules in der kaiserlichen Repräsentation
I Hercules im gallischen Sonderreich
I.1 Hercules in der Münzprägung des Postumus
I.1.1 Die DEVSONIENSIS- und MAGVSANVS-Prägungen
I.1.2 Die Dodekathlos-Emission von 268 n.Chr.
I.1.3 Weitere Motive und Legenden
I.1.4 Postumus im Kontext der Herrscherrepräsentation des 3. Jhs.n.Chr.
I.2 Fazit: Hercules und Postumus
II Hercules unter der Tetrarchie
II.1 Hercules und Maximianus Herculius
II.1.1 Das signum Herculius
II.1.2 Maximian und Hercules in den Panegyrici Latini
II.1.2.1 Panegyricus X (2)
II.1.2.2 Panegyricus XI (3)
II.1.2.3 Panegyricus VII (6)
II.1.3 Exkurs: Hercules und die konstantinische Dynastie in den Panegyrici Latini
II.1.3.1 Constantius I.
II.1.3.2 Konstantin I.
II.1.4 Fazit: Hercules in den tetrarchischen Panegyrici
II.1.5 Maximian und Hercules in der Münzprägung
II.1.5.1 Motive
II.1.5.2 Legenden
II.1.6 Hercules auf tetrarchischen Medaillons
II.1.7 Hercules auf Münzen der Mitkaiser
II.2 Hercules und Carausius
II.3 Weitere Zeugnisse zu Hercules aus tetrarchischer Zeit
II.3.1 Der Tempel des Jupiter in Spalatum
II.3.2 Der Galeriusbogen in Thessaloniki
II.3.3 Romuliana/Gamzigrad
II.3.4 Der Konstantinsbogen in Rom
II.3.5 Weitere Herculesdarstellungen aus tetrarchischer Zeit
II.3.5.1 Fibeln
II.4 Fazit: Hercules unter der Tetrarchie
III Hercules in nachtetrarchischer Zeit
III.1 Hercules und Julian
III.2 Hercules und Gratian
III.3 Hercules und Theodosius I.
III.3.1 Hercules und Theodosius I. in den Schriften des Themistios
III.3.2 Der Theodosiusbogen in Konstantinopel
III.3.3 Fazit: Hercules und Theodosius I.
III.4 Hercules unter Honorius
III.4.1 Hercules und Honorius
III.4.2 Hercules und Stilicho
III.4.3 Fazit: Hercules unter Honorius
III.5 Hercules und die Kaiser des 5. Jhs.n.Chr.
III.5.1 Hercules und Avitus
III.5.2 Hercules und Majorian
III.5.3 Hercules und Ricimer
III.5.4 Fazit: Hercules und die Kaiser des 5. Jhs.n.Chr
III.6 Hercules und Anastasios I.
III.7 Hercules in nicht-herrscherlicher Panegyrik
IV Fazit: Hercules als Vorbild der Herrschenden in der Spätantike
C Hercules im Spannungsfeld von Heidentum und Christentum
I Der Hercules-Kult in der Spätantike
I.1 Heidnische Kulte im 4. Jh.n.Chr.: Zerstörung oder Erneuerung?
I.1.1 Zerstörung von Tempeln und Götterbildern
I.1.2 Renovierung und Erhaltung von Tempeln und Götterbildern
I.1.3 Kulthandlungen
I.2 Der spätantike Herculeskult
I.2.1 Priesterschaften
I.2.2 Heiligtümer
I.2.2.1 Stadtrömische Heiligtümer
I.2.2.2 Herculesheiligtümer in den Provinzen
I.2.2.3 Das Herculesheiligtum von Deneuvre
I.2.3 Kultbilder
I.2.3.1 Der Hercules von Sufes
I.2.3.2 Weitere Kultbilder des Hercules
I.2.4 Kulthandlungen und Weihungen
I.2.4.1 Kulthandlungen
I.2.4.2 Weihungen
I.3 Fazit: Der Herculeskult in der Spätantike
II Die Rolle des Hercules in der „heidnischen Reaktion“ des 4. Jhs.n.Chr.
II.1 Die „heidnische Reaktion“: Vorbemerkungen
II.2 Hercules auf Kontorniaten
II.2.1 Die Gattung der Kontorniaten
II.2.2 Hercules auf Kontorniaten
II.2.2.1 Hercules auf Kontorniatrückseiten
II.2.2.2 Kontorniatvorderseiten
II.2.2.3 Hercules auf Kontorniatvorderseiten
II.2.3 Deutung der Rolle des Hercules auf Kontorniaten
II.3 Die Rolle des Hercules während der Usurpation des Eugenius
II.3.1 Die Usurpation des Eugenius
II.3.2 Die Hercules-Inschrift von Ostia
II.3.2.1 Der Text der Inschrift
II.3.2.2 Einzelaspekte der Inschrift
II.3.2.3 Die ursprüngliche Interpretation der Inschrift
II.3.2.4 Argumente gegen die Interpretation als Dokument einer „heidnischen Reaktion“
II.3.3 Die Schlacht am Frigidus
II.3.3.1 Das Feldzeichen des Eugenius
II.3.3.2 Hercules als Feldzeichen
II.4 Fazit: Hercules als Vorkämpfer der Heiden?
Schluß
Anhang
Die Motive der tetrarchischen Hercules-Prägungen und ihre Vorbilder
Bibliographie
I Quellen
I.1 Literarische Quellen
I.2 Inschriften
I.3 Münzen und Medaillons
I.4 Papyri
I.5 Gesetzessammlungen
I.6 Sonstiges
II Wörterbücher
III Literatur
Index Locorum
Personen- und Ortsregister
Tafeln
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Hercules in der Spätantike: Die Rolle des Heros im Spannungsfeld von Heidentum und Christentum
 344710418X, 9783447104180

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Alexandra Eppinger

Hercules in der Spätantike Die Rolle des Heros im Spannungsfeld von Heidentum und Christentum

PHILIPPIKA Altertumswissenschaftliche Abhandlungen Contributions to the Study of Ancient World Cultures 89

Harrassowitz Verlag

© 2015, Otto Harrassowitz GmbH & Co. KG, Wiesbaden ISBN Print: 9783447104180 — ISBN E-Book: 9783447193993

PHILIPPIKA Altertumswissenschaftliche Abhandlungen Contributions to the Study of Ancient World Cultures

Herausgegeben von /Edited by Joachim Hengstl, Elizabeth Irwin, Andrea Jördens, Torsten Mattern, Robert Rollinger, Kai Ruffing, Orell Witthuhn 89

2015

Harrassowitz Verlag . Wiesbaden

© 2015, Otto Harrassowitz GmbH & Co. KG, Wiesbaden ISBN Print: 9783447104180 — ISBN E-Book: 9783447193993

Alexandra Eppinger

Hercules in der Spätantike Die Rolle des Heros im Spannungsfeld von Heidentum und Christentum

2015

Harrassowitz Verlag . Wiesbaden

© 2015, Otto Harrassowitz GmbH & Co. KG, Wiesbaden ISBN Print: 9783447104180 — ISBN E-Book: 9783447193993

Bis Band 60: Philippika. Marburger altertumskundliche Abhandlungen.

Der Band wurde mit dem Philippika-Preis des Jahres 2013 ausgezeichnet.

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.dnb.de abrufbar. Bibliographic information published by the Deutsche Nationalbibliothek The Deutsche Nationalbibliothek lists this publication in the Deutsche Nationalbibliografie; detailed bibliographic data are available on the internet at http://dnb.dnb.de.

Informationen zum Verlagsprogramm finden Sie unter http://www.harrassowitz-verlag.de © Otto Harrassowitz GmbH & Co. KG, Wiesbaden 2015 Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlages unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen jeder Art, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und für die Einspeicherung in elektronische Systeme. Gedruckt auf alterungsbeständigem Papier. Druck und Verarbeitung: A Hubert & Co., Göttingen Printed in Germany ISSN 1613-5628 ISBN 978-3-447-10418-0 e-ISBN PDF 978-3-447-19399-3

© 2015, Otto Harrassowitz GmbH & Co. KG, Wiesbaden ISBN Print: 9783447104180 — ISBN E-Book: 9783447193993

Meiner Großmutter Anneliese Sütterlin 1920–2014

© 2015, Otto Harrassowitz GmbH & Co. KG, Wiesbaden ISBN Print: 9783447104180 — ISBN E-Book: 9783447193993

© 2015, Otto Harrassowitz GmbH & Co. KG, Wiesbaden ISBN Print: 9783447104180 — ISBN E-Book: 9783447193993

Inhalt Vorwort ........................................................................................................................... XIII 1 Warum „Hercules in der Spätantike“? .......................................................................... 2 Definition der Epoche................................................................................................... 2.1 Der Beginn der Spätantike ................................................................................... 2.2 Das Ende der Spätantike ...................................................................................... 2.3 Der geographische Rahmen ................................................................................. 3 „Heiden“ und „Christen“ in der Spätantike .................................................................. 3.1 Terminologische Eingrenzung ............................................................................. 3.2 Eine Zweiteilung der spätantiken Gesellschaft? – Die Frage der religiösen Identität ........................................................................ 4 Die Bedeutung der paideia für den Umgang mit heidnischen Mythen ........................

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A Hercules im Lebensumfeld ..........................................................................................

23

I Hercules im alltäglichen Umfeld der Menschen ........................................................... I.1 Hercules im Haus ................................................................................................. I.1.1 Mosaike........................................................................................................ I.1.1.1 Hercules im dionysischen Kontext............................................................ I.1.1.2 Weitere Motive ......................................................................................... I.1.1.3 Fazit: Hercules auf spätantiken Mosaiken ................................................ I.1.2 Skulptur........................................................................................................ I.1.2.1 Statuen ...................................................................................................... I.1.2.2 Statuetten .................................................................................................. I.1.3 Reliefs .......................................................................................................... I.1.3.1 Der Herculeszyklus von Chiragan ............................................................ I.1.4 Geschirr........................................................................................................ I.1.4.1 Silber ......................................................................................................... I.1.4.2 Keramik .................................................................................................... I.1.4.3 Glas ........................................................................................................... I.1.5 Mobiliar ....................................................................................................... I.1.5.1 Tischfüße .................................................................................................. I.1.5.2 Dekor von Einrichtungsgegenständen....................................................... I.1.6 Gebrauchsgegenstände ................................................................................. I.1.6.1 Lampen ..................................................................................................... I.1.6.2 Verschiedenes ........................................................................................... I.1.7 Textilien und Schmuck ................................................................................ I.1.7.1 Kleidung und Wandbehänge ..................................................................... I.1.7.2 Schmuck....................................................................................................

23 25 25 26 31 36 38 39 42 44 45 46 46 53 56 60 60 61 63 63 64 66 66 72

© 2015, Otto Harrassowitz GmbH & Co. KG, Wiesbaden ISBN Print: 9783447104180 — ISBN E-Book: 9783447193993

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VIII

Inhalt

I.1.8 Hercules im Garten: die Hermengalerie von Welschbillig ........................... I.2 Hercules im öffentlichen Raum ............................................................................ I.2.1 Hercules in den Bädern ................................................................................ I.2.2 Hercules im Hippodrom/Circus.................................................................... I.2.3 Hercules auf der spätantiken Bühne: Pantomimen ....................................... I.2.4 Hercules an sonstigen öffentlichen Orten ..................................................... I.2.4.1 Die basilica Herculis in Ravenna .............................................................. I.2.4.2 Heidnische Bildwerke an öffentlichen Orten ............................................ I.2.5 Hercules im Grabkontext.............................................................................. I.2.5.1 Die Katakombe an der Via Latina ............................................................. I.2.5.2 Grabplastik ................................................................................................ I.2.5.3 Fazit: Hercules im Grabkontext................................................................. I.2.6 Hercules im Schulunterricht ......................................................................... I.2.6.1 Der Papyrus P. Oxy. XXII 2331 ................................................................ I.2.6.2 Hercules im Schulzimmer ......................................................................... I.3 Fazit: Hercules im täglichen Leben der spätantiken Menschen ............................

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II Hercules in der Gedankenwelt: Literatur und Philosophie ........................................... II.1 Vorbemerkungen ................................................................................................. II.1.1 Die Unterscheidung in heidnische und christliche Autoren ........................ II.1.2 Adressatenkreis, Verbreitung und Einfluß der literarischen Zeugnisse zu Hercules ................................................................................................. II.2 Christliche Autoren: Die Schriften der Kirchenväter und Apologeten ................ II.2.1 Die Taten des Hercules ............................................................................... II.2.2 Hercules’ Sexualleben................................................................................. II.2.3 Hercules bei Omphale ................................................................................. II.2.3.1 Hintergrund der Kritik an der Omphale-Episode ..................................... II.2.4 Hercules’ Tod und die Frage der Unsterblichkeit ....................................... II.3 Gründe für die Kritik an Hercules ....................................................................... II.4 Positive Äußerungen christlicher Autoren ........................................................... II.4.1 Die spätantiken Herculesgedichte ............................................................... II.4.1.1 Ausonius .................................................................................................. II.4.1.2 Die Laus Herculis des Ps.-Claudian......................................................... II.4.1.3 Dracontius ................................................................................................ II.4.2 Boëthius: De consolatione philosophiae ..................................................... II.5 Fazit: Hercules in den Werken christlicher Autoren ............................................ II.6 Heidnische Autoren ............................................................................................. II.6.1 Themen allgemein ....................................................................................... II.6.2 Julian ........................................................................................................... II.7 Das gesammelte Wissen über Hercules: Macrobius’ Saturnalia ......................... II.7.1 Hercules in den Saturnalia .......................................................................... II.8 Der Hercules der Philosophen ............................................................................. II.8.1 Hercules am Scheideweg ............................................................................ II.8.2 Hercules in allegorischer Deutung ..............................................................

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Inhalt

IX

II.9 Die umgangssprachliche und sprichwörtliche Verwendung des Hercules in der Spätantike ................................................................................................. 152 II.10 Überschneidungen zwischen heidnischen und christlichen Quellen ................. 154 II.11 Fazit: Hercules in Literatur und Philosophie ..................................................... 156 B Hercules in der kaiserlichen Repräsentation ................................................................ 157 I Hercules im gallischen Sonderreich .............................................................................. I.1 Hercules in der Münzprägung des Postumus ........................................................ I.1.1 Die DEVSONIENSIS- und MAGVSANVS-Prägungen ............................. I.1.2 Die Dodekathlos-Emission von 268 n.Chr................................................... I.1.3 Weitere Motive und Legenden ..................................................................... I.1.4 Postumus im Kontext der Herrscherrepräsentation des 3. Jhs.n.Chr............ I.2 Fazit: Hercules und Postumus ..............................................................................

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II Hercules unter der Tetrarchie....................................................................................... II.1 Hercules und Maximianus Herculius .................................................................. II.1.1 Das signum Herculius ................................................................................. II.1.2 Maximian und Hercules in den Panegyrici Latini ...................................... II.1.2.1 Panegyricus X (2) .................................................................................... II.1.2.2 Panegyricus XI (3) ................................................................................... II.1.2.3 Panegyricus VII (6) ................................................................................. II.1.3 Exkurs: Hercules und die konstantinische Dynastie in den Panegyrici Latini........................................................................................ II.1.3.1 Constantius I. ........................................................................................... II.1.3.2 Konstantin I. ............................................................................................ II.1.4 Fazit: Hercules in den tetrarchischen Panegyrici ........................................ II.1.5 Maximian und Hercules in der Münzprägung ............................................ II.1.5.1 Motive...................................................................................................... II.1.5.2 Legenden ................................................................................................. II.1.6 Hercules auf tetrarchischen Medaillons ...................................................... II.1.7 Hercules auf Münzen der Mitkaiser............................................................ II.2 Hercules und Carausius ....................................................................................... II.3 Weitere Zeugnisse zu Hercules aus tetrarchischer Zeit ....................................... II.3.1 Der Tempel des Jupiter in Spalatum ........................................................... II.3.2 Der Galeriusbogen in Thessaloniki............................................................. II.3.3 Romuliana/Gamzigrad ................................................................................ II.3.4 Der Konstantinsbogen in Rom.................................................................... II.3.5 Weitere Herculesdarstellungen aus tetrarchischer Zeit ............................... II.3.5.1 Fibeln ....................................................................................................... II.4 Fazit: Hercules unter der Tetrarchie ....................................................................

180 179 179 186 186 191 194 196 196 197 198 199 200 201 210 212 217 222 223 224 225 226 227 228 229

III Hercules in nachtetrarchischer Zeit ............................................................................ III.1 Hercules und Julian ............................................................................................ III.2 Hercules und Gratian ......................................................................................... III.3 Hercules und Theodosius I.................................................................................

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Inhalt

III.3.1 Hercules und Theodosius I. in den Schriften des Themistios .................... III.3.2 Der Theodosiusbogen in Konstantinopel ................................................... III.3.3 Fazit: Hercules und Theodosius I. ............................................................. III.4 Hercules unter Honorius..................................................................................... III.4.1 Hercules und Honorius .............................................................................. III.4.2 Hercules und Stilicho................................................................................. III.4.3 Fazit: Hercules unter Honorius .................................................................. III.5 Hercules und die Kaiser des 5. Jhs.n.Chr. .......................................................... III.5.1 Hercules und Avitus .................................................................................. III.5.2 Hercules und Majorian .............................................................................. III.5.3 Hercules und Ricimer ................................................................................ III.5.4 Fazit: Hercules und die Kaiser des 5. Jhs.n.Chr......................................... III.6 Hercules und Anastasios I. ................................................................................. III.7 Hercules in nicht-herrscherlicher Panegyrik ......................................................

234 236 241 242 242 243 248 248 249 250 251 252 253 253

IV Fazit: Hercules als Vorbild der Herrschenden in der Spätantike ................................ 255 C Hercules im Spannungsfeld von Heidentum und Christentum..................................... 256 I Der Hercules-Kult in der Spätantike.............................................................................. I.1 Heidnische Kulte im 4. Jh.n.Chr.: Zerstörung oder Erneuerung? ......................... I.1.1 Zerstörung von Tempeln und Götterbildern ................................................. I.1.2 Renovierung und Erhaltung von Tempeln und Götterbildern ...................... I.1.3 Kulthandlungen ............................................................................................ I.2 Der spätantike Herculeskult .................................................................................. I.2.1 Priesterschaften ............................................................................................ I.2.2 Heiligtümer................................................................................................... I.2.2.1 Stadtrömische Heiligtümer ........................................................................ I.2.2.2 Herculesheiligtümer in den Provinzen ...................................................... I.2.2.3 Das Herculesheiligtum von Deneuvre ....................................................... I.2.3 Kultbilder ..................................................................................................... I.2.3.1 Der Hercules von Sufes ............................................................................. I.2.3.2 Weitere Kultbilder des Hercules ............................................................... I.2.4 Kulthandlungen und Weihungen .................................................................. I.2.4.1 Kulthandlungen ......................................................................................... I.2.4.2 Weihungen ................................................................................................ I.3 Fazit: Der Herculeskult in der Spätantike .............................................................

256 256 257 260 262 263 264 267 267 270 270 272 272 275 277 277 281 282

II Die Rolle des Hercules in der „heidnischen Reaktion“ des 4. Jhs.n.Chr. ..................... II.1 Die „heidnische Reaktion“: Vorbemerkungen..................................................... II.2 Hercules auf Kontorniaten ................................................................................... II.2.1 Die Gattung der Kontorniaten ..................................................................... II.2.2 Hercules auf Kontorniaten .......................................................................... II.2.2.1 Hercules auf Kontorniatrückseiten ........................................................... II.2.2.2 Kontorniatvorderseiten............................................................................. II.2.2.3 Hercules auf Kontorniatvorderseiten .......................................................

285 286 288 288 291 292 296 298

© 2015, Otto Harrassowitz GmbH & Co. KG, Wiesbaden ISBN Print: 9783447104180 — ISBN E-Book: 9783447193993

Inhalt

II.2.3 Deutung der Rolle des Hercules auf Kontorniaten ..................................... II.3 Die Rolle des Hercules während der Usurpation des Eugenius .......................... II.3.1 Die Usurpation des Eugenius...................................................................... II.3.2 Die Hercules-Inschrift von Ostia ................................................................ II.3.2.1 Der Text der Inschrift .............................................................................. II.3.2.2 Einzelaspekte der Inschrift ...................................................................... II.3.2.3 Die ursprüngliche Interpretation der Inschrift ......................................... II.3.2.4 Argumente gegen die Interpretation als Dokument einer „heidnischen Reaktion“ ........................................................................... II.3.3 Die Schlacht am Frigidus............................................................................ II.3.3.1 Das Feldzeichen des Eugenius................................................................. II.3.3.2 Hercules als Feldzeichen ......................................................................... II.4 Fazit: Hercules als Vorkämpfer der Heiden? ......................................................

XI 301 303 303 308 308 308 310 311 315 315 316 321

Schluß .............................................................................................................................. 323 Anhang ............................................................................................................................ 325 Die Motive der tetrarchischen Hercules-Prägungen und ihre Vorbilder .................... 325 Bibliographie ................................................................................................................... I Quellen .................................................................................................................... I.1 Literarische Quellen ............................................................................................. I.2 Inschriften ............................................................................................................. I.3 Münzen und Medaillons ....................................................................................... I.4 Papyri.................................................................................................................... I.5 Gesetzessammlungen............................................................................................ I.6 Sonstiges ............................................................................................................... II Wörterbücher.......................................................................................................... III Literatur ................................................................................................................

335 335 335 340 341 343 343 343 344 345

Index Locorum ................................................................................................................ 387 Personen- und Ortsregister .............................................................................................. 405 Tafeln .............................................................................................................................. 409

© 2015, Otto Harrassowitz GmbH & Co. KG, Wiesbaden ISBN Print: 9783447104180 — ISBN E-Book: 9783447193993

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Vorwort Das vorliegende Buch ist die überarbeitete und geringfügig veränderte Fassung meiner Dissertation, die im Wintersemester 2012/2013 von der Philosophischen Fakultät der Ruprecht Karls-Universität Heidelberg angenommen wurde. In der Zwischenzeit erschienene Literatur konnte nur in Einzelfällen berücksichtigt werden. Die Beschäftigung mit dem spätantiken Hercules geht zurück auf ein Referat, das ich im Wintersemester 2004/2005 in dem von Professor Dr. Tonio Hölscher geleiteten Hauptseminar „Herakles/Hercules“ in Heidelberg gehalten habe. Daraus entwickelte sich meine Magisterarbeit zum selben Thema, welche wiederum die Grundlage für die Dissertation bildete. Herrn Professor Hölscher, der beide Arbeiten betreut hat, danke ich für seine zahlreichen Hinweise und Anmerkungen. Mein Dank gebührt darüber hinaus Frau Professor Dr. Gabriele Wesch-Klein, die das Korreferat übernommen und ebenfalls wichtige Anregungen geliefert hat. Den Gutachtern des PHILIPPIKA Preises für herausragende interdisziplinäre altertumswissenschaftliche Dissertationen des Harrassowitz Verlags, den Herausgebern der Reihe PHILIPPIKA sowie dem Harrassowitz Verlag Wiesbaden als Stifter des Preises bin ich zu großem Dank verpflichtet für die Zuerkennung dieser Auszeichnung. Während der Entstehung der Dissertation standen mir Freunde und Kollegen mit Rat und Tat zur Seite. Dr. Douglas Boin (St. Louis) und Dr. Carlos Machado (St. Andrews) haben mir großzügigerweise Manuskripte von Monographien und Aufsätzen vor der Veröffentlichung zur Verfügung gestellt. Die konstruktiven Vorschläge von Dr. Filippo Carlà (Exeter) sind in die Kapitel „Repräsentation“ und „Kult“ eingeflossen. Wertvolle Hinweise zu einzelnen Aspekten des Themas kamen außerdem von Carlos Machado und Cary MacMahon (York). In der Endphase der Überarbeitung vor der Drucklegung war mir die aufmunternde Gesellschaft von Dr. Lucia Cecchet (Mainz) eine große Hilfe. Bei der Beschaffung von Abbildungen und Bildrechten waren Ruth Bowler (The Walters Art Museum, Baltimore), Ilse Jung (Kunsthistorisches Museum Wien), Dr. Ute Klatt (Römisch-Germanisches Zentralmuseum, Mainz), Joanna Kyffin (The Egypt Exploration Society, London), Lydia Mouysset (Musée Saint-Raymond, Toulouse), Nele Schröder, M.A. (Akademisches Kunstmuseum Bonn), Katja Vinther (Ny Carlsberg Glyptotek, Kopenhagen), Margaret Wilson (National Museums Scotland, Edinburgh) und Thomas Zühmer (Rheinisches Landesmuseum, Trier) behilflich. Die mühevolle Arbeit des sorgfältigen Korrekturlesens haben Karin Meese, M.A. (Neckargemünd), Karl Mohrenstein (Karlsruhe) und Nadin Wirth, M.A. (Karlsruhe) auf sich genommen. Stets geduldig und hilfsbereit bei allen Fragen der Drucklegung war Jens Fetkenheuer vom Harrassowitz Verlag; ihm sei an dieser Stelle auch für die Formatierung des Textes gedankt. Der Dank, den ich meiner Familie schulde, ist kaum angemessen in Worte zu fassen. Die Förderung meines Interesses an der Antike von Kindesbeinen an bestärkte mich in der

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XIV

Vorwort

Wahl meiner Studienfächer, und die kontinuierliche und in jeder Hinsicht großzügige Unterstützung durch meine Mutter, Bärbel Eppinger, meine Tante, Christa Sütterlin, und meine Großmutter ermöglichte mir eine sorgenfreie Promotionsphase. Leider durfte meine Großmutter, Anneliese Sütterlin, das Erscheinen der Dissertation nicht mehr erleben. Ihr sei dieses Buch in dankbarem Andenken gewidmet. Alexandra Eppinger

Mainz, im Juni 2015

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1 Warum „Hercules in der Spätantike“? Kaum eine Gestalt des antiken Mythos dürfte den modernen Menschen noch so geläufig sein wie Herakles/Hercules1, Sohn des Göttervaters Zeus und der Sterblichen Alkmene. Er begegnet uns im 21. Jh. im Namen eines englischen Fahrradherstellers, als Namensgeber von Fußballvereinen in verschiedenen Ländern und als Bezeichnung für ein besonders vielseitiges amerikanisches Transportflugzeug, um nur einige wenige Beispiele aufzuzählen2. Daß Hercules in der heutigen Welt nach wie vor so präsent ist, daß er überhaupt das Ende der Antike und den Untergang der heidnischen Kulte überleben konnte, ist ein Beleg für seine außerordentliche Anziehungskraft und Wandlungsfähigkeit. Jede Epoche, von der griechischen Archaik bis in die Neuzeit, machte sich ein eigenes Bild von dem Jupitersohn, modifizierte Überliefertes oder erfand gänzlich neue Aspekte, wie es beispielsweise mit der Rolle als Vorbild der Philosophenschulen der Stoiker und Kyniker geschah. Als besonders langlebig erwies sich die Funktion als exemplum virtutis, die den Heros über 1000 Jahre lang begleitete, und die für griechische Sportler, römische Kaiser und heidnische wie christliche Philosophen gleichermaßen bedeutsam war. Eine Schlüsselposition in der Entwicklung des Alkiden nimmt die Spätantike ein, als die Kulte der Götter und Heroen des griechisch-römischen Pantheons von dem aufstrebenden Christentum abgelöst und schließlich ganz verdrängt wurden – oder eben nicht ganz, wie das Beispiel des Hercules zeigt. Die Spätantike war eine Epoche des Übergangs, in der alte Motive in Kunst und Literatur – wenn auch in quantitativ geringerem Maße – weiterverwendet wurden und christliche Schriftsteller in Gedichten ihre Vertrautheit mit den Erzählungen der heidnischen Mythologie bewiesen, in der jedoch, beeinflußt durch die neue Religion, auch neue Perspektiven an Einfluß gewannen. Nie zuvor war Hercules mit so energischen Gegnern wie den Kirchenvätern und Apologeten konfrontiert worden, die jeden Aspekt seines Charakters auf polemische Weise verdammten. Die Tatsache, daß er trotz der entschiedenen Opposition von Tertullian, Lactanz, Augustinus und ihresgleichen als Tugendvorbild in das europäische Mittelalter übergehen konnte und bis heute fortlebt als der Inbegriff des mythischen Helden, ist ein Beleg für die außergewöhnliche Stellung, die der Jupitersohn im Kreis der Gestalten der antiken Mythologie einnahm. Umso überraschender mutet die Tatsache an, daß der Rolle des Hercules in der Spätantike in der For-

1 In der vorliegenden Arbeit wird der Einheitlichkeit halber und aufgrund der Überzahl von Quellen aus dem westlichen Teil des Römischen Reiches kontinuierlich die lateinische Namensform Hercules sowie, als Synonym, „Jupitersohn“ und „Alkide“ verwendet; eine Ausnahme bildet lediglich die Nennung in Verbindung mit einem griechischen Epitheton (z.B. Herakles Kallinikos) oder einer etablierten Phrase (Säulen des Herakles). Andere Figuren des Mythos werden, sofern es um inhaltliche Aspekte ihrer Mythen geht, mit ihrer griechischen Namensform bedacht. Ansonsten ist die Sprache der Quelle ausschlaggebend. Bei der Analyse römischer Münzen wird die lateinische Namensform von Göttern gewählt, entsprechend ihrer Verwendung in den Münzlegenden. Hercules wird als „Gott“ bezeichnet in Kontexten, die eindeutig auf seine religiöse Rolle bezogen sind; in anderen Zusammenhängen wird auf die Begriffe „Heros“ (wobei kein Bezug zu Heroenkulten beabsichtigt ist) beziehungsweise „Held“ zurückgegriffen (zur Ambiguität der Herculesfigur vgl. Stafford, Between Gods and Heroes, passim). 2 Stafford, Herakles, 242f.

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1 Warum „Hercules in der Spätantike“?

schung bislang nur sehr wenig Aufmerksamkeit zuteil wurde, sieht man einmal ab von Untersuchungen zu einzelnen Objekten oder Texten aus dieser Epoche. Eine Synthese, die die uns zur Verfügung stehenden, sehr disparaten Quellen – literarische Werke, archäologische Funde, Inschriften, Münzen, Papyri – auswertet und hinsichtlich ihrer Aussagekraft über das Fortleben der Herculesgestalt analysiert, fehlte jedoch bislang. Selbst E. Staffords aktuelles Handbuch zu Hercules, das eine exzellente Einführung in die Materie bietet, behandelt die Spätzeit nur kursorisch und begnügt sich mit einigen wenigen Hinweisen zu Hercules’ Rolle in der Tetrarchie und zum Umgang der Christen mit dem Alkiden: „Hercules’ popularity endured in the face of the growing appeal of Christianity, and even after Christianity became the official religion of the empire in the early fourth century, Hercules continues to be ubiquitous“3. Dieser Aussage ist durchaus zuzustimmen, doch sie bietet keine Erklärung für das beschriebene Phänomen. Es ist das Ziel der vorliegenden Arbeit, diese Lücke zu schließen und einen Überblick über die unterschiedlichen Rollen und Aufgaben des Hercules in der Spätantike zu geben, sowie der Frage nachzugehen, welche Faktoren dazu beitrugen, daß Hercules trotz des zunehmenden Einflusses des Christentums auf die Gesellschaft weiterhin in allen Lebensbereichen in Erscheinung treten konnte. Tatsächlich schuf das Christentum völlig neue Voraussetzungen für den Umgang mit dem Heros/Gott: für diejenigen, die zu dem neuen Glauben konvertierten, konnte er zum Dämon werden, zur Verkörperung der verdammenswerten Aspekte des Heidentums. Für diejenigen, die an den religiösen Bräuchen ihrer Vorfahren festhielten, blieb er die schützende Gottheit, der Bezwinger von Ungeheuern und Retter der Menschen, als der er, auch in allegorisch gedeuteten Erzählungen, seit Jahrhunderten aufgetreten war. Neben diesen beiden Extrempositionen gab es jedoch auch gemäßigte Christen, die häufig den gebildeteren Schichten der spätrömischen Gesellschaft angehörten, und denen es, nach den Zeugnissen zu schließen, die uns zur Verfügung stehen, gelang, den Glauben an den Christengott mit der Akzeptanz der heidnischen Überlieferung zu einer Haltung zu verbinden, die dieser grundsätzlich tolerant gegenüberstand. Die religiösen Aspekte des Gottes Hercules wurden ausgeblendet, so daß man in ihm nur noch die populärste Figur des Mythos sah, vielfältig verwendbar als tugendhaftes Vorbild, als Identifikationsfigur und als Protagonist einiger der bekanntesten mythologischen Geschichten überhaupt, die nach wie vor in der zeitgenössischen Kunst und Literatur ihren Ausdruck fanden. Die unterschiedlichen Herangehensweisen der spätantiken Menschen an den Heros, die zwar häufig, aber keineswegs ausschließlich von religiösen Überlegungen bestimmt waren, sind dementsprechend bei der Interpretation der Herculesfigur in der römischen Spätzeit stets im Auge zu behalten. Es ist zu analysieren, welche Deutungsmöglichkeiten der Herculesfigur sich in unterschiedlichen sozialen und religiösen Kontexten ergaben und wie der Jupitersohn in die allgemeinen politischen und kulturellen Entwicklungen der Epoche einzuordnen ist. Was bewog nach 300 Jahren scharfer Kritik durch die Kirchenschriftsteller den christlichen Philosophen Boëthius, dem Mittelalter ein gänzlich positives Herculesbild zu hinterlassen? Was führte dazu, daß Hercules nicht nur von den Tetrarchen als göttlicher Stammvater und Schutzherr ihrer Herrschaft betrachtet wurde, sondern daß der Alkide auch 3 Stafford, Herakles, 197; vgl. ebd., 155f. 202–204.

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dem imperator christianus Theodosius I. als nachahmenswertes Vorbild präsentiert werden konnte? Und weshalb entschloß sich ein Christ im Konstantinopel des 6. Jhs.n.Chr. dazu, eine Silberplatte mit einer Szene aus dem Herculesmythos zu erwerben? Im Folgenden sollen Antworten auf diese und weitere Fragen präsentiert und ein umfassendes Bild der Rolle des Hercules in allen Bereichen des spätantiken Lebens entworfen werden. Maßgeblich ist dabei eine Herangehensweise an die antiken Zeugnisse, die von der in der früheren Forschung gelegentlich zu einseitig religiös bestimmten Perspektive befreit ist4, um gerade die sehr stark ideologisch eingefärbten christlichen Quellen hinsichtlich ihrer Aussagekraft über die Zustände in der Spätantike zu hinterfragen. Die Arbeit gliedert sich in drei große Abschnitte. Abschnitt A befaßt sich mit der Funktion des Alkiden im alltäglichen Lebensumfeld der Menschen; in diesem Rahmen werden sowohl die eigentliche Umgebung einer Person, archäologisch zu fassen durch die materiellen Hinterlassenschaften, als auch der „geistige“ Raum, vertreten durch Literatur und Philosophie, betrachtet. Der zweite Abschnitt (B) beleuchtet die politischen Aspekte des spätantiken Hercules und zeigt auf, in welcher Form er von Herrschern und Panegyrikern zur Stütze und/oder Verherrlichung des spätantiken Kaisertums eingesetzt wurde. Abschnitt C befaßt sich mit der Existenz des Hercules im Spannungsfeld von Heidentum und Christentum im 4. Jh.n.Chr.; nach der Problematik des Weiterlebens seines Kultes wird seine Rolle in der sogenannten „heidnischen Reaktion“ thematisiert und untersucht, ob Hercules tatsächlich, wie gelegentlich postuliert, als Vorkämpfer der Heiden in einem angeblichen „Kulturkampf“ gegen das christliche Kaisertum instrumentalisiert wurde. Die Teilergebnisse sollen in ihrer Gesamtheit dokumentieren, welche Aspekte der Herculesfigur unter den politischen, religiösen und gesellschaftlichen Verhältnissen der Spätantike noch zum Tragen kamen.

2 Definition der Epoche Während eine Beschäftigung mit der Spätantike als einer selbständigen Epoche, die sich sowohl von der vorangegangenen Späten Kaiserzeit als auch vom nachfolgenden europäischen Mittelalter in signifikanter Weise unterscheidet, heute keiner Rechtfertigung mehr bedarf5, sind dennoch einige Anmerkungen bezüglich der zeitlichen Eingrenzung der Spätantike in der vorliegenden Arbeit angebracht6. Hinsichtlich des Anfangs- wie auch des Endpunktes der Spätantike gibt es in der Forschung verschiedene Bestimmungsansätze, die häufig an unterschiedlichen Daten der Ereignisgeschichte festgemacht werden und die auch von der jeweiligen Arbeitsweise und dem Erkenntnisziel des Forschers abhängig sind, der die Periodisierung vornimmt7. Dem4 Vgl. dazu beispielsweise die im Literaturverzeichnis aufgeführten Werke von J. Fink. 5 Vgl. Bowersock/Brown/Grabar, Introduction, ix: „[…] the time has come for scholars, students, and the educated public in general to treat the period between around 250 and 800 as a distinctive and quite decisive period of history that stands on its own.” 6 Für einen allgemeinen Überblick über die Behandlung chronologischer Fragen und die moderne Forschung zur Spätantike vgl. Rebenich, Modern Eyes, passim; Ward-Perkins, Making of Late Antiquity, passim. 7 S. Mitchell nimmt eine Unterscheidung vor zwischen der Beschäftigung mit der „Spätantike“ („late

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entsprechend können sich chronologische Grenzen mit der Entwicklung der Methoden und Fragestellungen in der historischen Wissenschaft verschieben8, was sich sehr deutlich am Beispiel der spätrömischen Zeit festmachen läßt. Der Beginn der Spätantike wird, gerade in Handbüchern und Überblickswerken, häufig mit dem Regierungsantritt Diocletians 284 n.Chr. angesetzt9, der mit der Tetrarchie ein neues Herrschaftssystem schuf und dessen Verwaltungs- und Steuerreformen einen deutlichen Einschnitt zwischen der römischen Kaiserzeit und den nachfolgenden Jahrhunderten bedeuten10. Es wurden jedoch ebenso sehr viel frühere11, wie auch deutlich spätere12 Zeitpunkte in Erwägung gezogen, mit mehr oder minder stichhaltigen Argumenten. 2.1 Der Beginn der Spätantike Der Rahmen der Untersuchung der Rolle des Hercules in der Spätantike bedarf aufgrund der Beschaffenheit des Quellenmaterials einer Definition der Epoche, die unabhängig von der Ereignisgeschichte und den verschiedentlich vorgeschlagenen „Epochenjahren“ ist. Die Tatsache, daß das Jahr 284 n.Chr. weder in der materiellen Kultur noch in der Geistesgeschichte und Mentalität einen Einschnitt bedeutete, läßt dieses Datum für die Beschäftigung mit dem spätantiken Hercules nahezu bedeutungslos werden – mit Ausnahme der Untersuchung seiner Rolle in der tetrarchischen Selbstdarstellung, die mit diesem Jahr ihren Anfang nahm. Doch auch diese ist im Kontext der Entwicklungen des 3. Jhs.n.Chr. zu betrachten, die in einem notwendigen Maß in die Untersuchung eingebunden werden, da sich, gerade in der Münzprägung, zahlreiche Kontinuitäten zwischen der Epoche der Soldatenkaiser und der Tetrarchie ergeben. Aufgrund der Relevanz christlicher apologetischer Literatur des 2. und 3. Jhs.n.Chr., die in einem Kontinuitätsspektrum mit späteren christlichen Autoren und ihrer Sicht der heidnischen Mythologie steht, ist der zeitliche Rahmen des entsprechenden Kapitels weiter gefaßt als die traditionelle Definition der Spätantike dies erlauben würde. Hinsichtlich von Erzeugnissen der bildenden Kunst ist ferner zu beachten, daß beispielsweise Skulpturen und Mosaikpavimente, die bereits im 2. oder 3. Jh.n.Chr. entstanden sind, sich vielfach in der Spätantike noch in situ befanden und demnach in die

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antiquity“), und der Auseinandersetzung mit dem „spätrömischen Reich“ („later Roman Empire“), wonach letztere Epoche meist ungefähr die Jahre zwischen 300 und 600 n.Chr. abdecke, und sich in erster Linie mit der politischen und der Ereignisgeschichte beschäftige. Die „Spätantike“ hingegen decke vor allem Studien im Bereich der Sozial-, Kultur- und Religionsgeschichte ab, mit einem Schwerpunkt auf dem östlichen Mittelmeerraum (Mitchell, Later Roman Empire, 5). In der vorliegenden Arbeit wird auf eine solche Unterscheidung verzichtet und die Begriffe „spätrömisch“ und „spätantik“ werden synonym verwendet. Vgl. Liebeschuetz, Birth of Late Antiquity, 253. Einen Überblick über die Entwicklung der Periodisierungsvorschläge zur Spätantike bietet Demandt, Der Fall Roms, 216–233. Vgl. beispielsweise Demandt, Spätantike, sowie das Standardwerk der Spätantikeforschung: Jones, Later Roman Empire (seinen historischen Überblick beginnt Jones allerdings bereits mit der frühen Kaiserzeit; Jones, Later Roman Empire Bd. 1, 3). Vgl. Lo Cascio, New State, 170–183. Für E. Gibbon erstreckt sich die Epoche von „Decline and Fall of the Roman Empire“ vom Zeitalter Trajans und der Antonine bis zur Eroberung Konstantinopels durch die Türken (Gibbon, Decline and Fall, vf.). O. Spengler sah das Ende der Antike mit der Schlacht von Actium gekommen (Rebenich, Modern Eyes, 88). J.B. Bury läßt sein „Later Roman Empire“ mit dem Tod Theodosius’ I. 395 n.Chr. beginnen (Bury, History). Denselben Startpunkt wählte Cameron, Mediterranean World.

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Untersuchung miteinbezogen werden in Bezug auf die Frage, wie man sie in späterer Zeit gedeutet haben könnte und weshalb man sie für erhaltenswert befand. Es bietet sich daher an, das Modell einer „langen Spätantike“ als ein Konzept, das sowohl die vorangegangenen als auch die nachfolgenden Jahrzehnte in einer der Fragestellung jeweils angemessenen Weise einbezieht – also von fließenden Übergängen und langsamen Transformationen an Stelle von durch die Ereignisgeschichte bestimmten Epochenjahren ausgeht13 –, anzuwenden, auch wenn, bedingt durch die Fragestellung und die Quellenlage, nicht der ganze darunter fallende Zeitraum, beginnend mit den Jahren zwischen 200 und 250 n.Chr., tatsächlich in gleichem Maße ausführlich behandelt werden kann und muß14. 2.2 Das Ende der Spätantike Auch in Bezug auf das chronologische Ende der römischen Spätzeit gibt es in der Forschung unterschiedliche Ansätze, die sich zwischen dem 4. und dem 15. Jh. bewegen, also wahlweise noch das frühe Mittelalter beziehungsweise die byzantinische Zeit bis zu ihrem Ende miteinbeziehen. Vorschläge wie die Niederlage der Römer gegen die Goten bei Adrianopel 378 n.Chr. oder der Tod Tod Theodosius’ I. 395 n.Chr. sind jedoch für die Beschäftigung mit dem spätantiken Hercules ebenso irrelevant wie die Absetzung des letzten weströmischen Kaisers Romulus „Augustulus“ durch Odoaker im Jahr 476 n.Chr.15. Dieses lange als kanonisch akzeptierte Datum16 kann inzwischen als obsolet gelten, denn die materielle und literarische Kultur in ihrer spezifisch antiken Ausprägung hielt sich zumindest in Italien noch ein gutes Jahrhundert länger, und auch die römischen Verwaltungsstrukturen wurden unter den ostgotischen Königen beibehalten, so daß sich für das Jahr 476 n.Chr. keinerlei wirkliche Zäsur feststellen läßt, mit Ausnahme des Untergangs des weströmischen Kaisertums17. Zeitweise wurde selbst die frühe islamische Welt des 8. und 9. Jhs. noch zur Epoche der Spätantike gezählt, mit der Begründung, sie sei in vielen Aspekten eine Fortführung der Kultur der Mittelmeerwelt, wie sie in der Spätantike Bestand gehabt habe18. In den letzten Jahrzehnten haben sich unter dem Einfluß von P. Brown in Überblickswerken zur Epoche häufig die Jahre zwischen 600 und 800 n.Chr. als Obergrenze der Spätantike durchgesetzt19. 13 Für einen kurzen Überblick über die Sichtweisen von Untergang versus Transformation s. WardPerkins, Making of Late Antiquity, 15f. 14 Ein Vorreiter der „langen Spätantike“ ist P. Brown, der seinen einflußreichen Überblick über die Epoche mit Marc Aurel beginnen und mit Mohammed enden läßt (Brown, World of Late Antiquity, passim). 15 Für eine Übersicht über die Vorschläge zum Übergang zwischen Antike und Mittelalter s. Demandt, Der Fall Roms, 216–224. 16 Das Jahr 476 n.Chr. wurde im 19. und 20. Jh. in der Forschung gegenüber allen anderen möglichen Endpunkten der Antike bevorzugt (Demandt, Der Fall Roms, 221). 17 Im übrigen kam diesem Jahr auch im Urteil der Zeitgenossen keine besondere Bedeutung zu (Cameron/Ward-Perkins/Whitby, Conclusion, 972). 18 Cameron, Long Late Antiquity, 168. Brown bezeichnet den Abbasiden-Kalifen Harun ar-Rashid als „the true heir to the end of the ancient world“ (Brown, World Revisited, 17). Bereits H. Pirenne hatte 1922 vorgeschlagen, die Spätantike erst mit Karl dem Großen im Westen beziehungsweise Mohammed im Osten enden zu lassen (Clover/Humphreys, Definition, 3). 19 Laut B. Ward-Perkins wird im Moment in der Forschung die zweite Hälfte des 8. Jhs. als Ende der

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In diese Zeit fällt im Rahmen einer Christianisierung der Kultur („the triumph of the Bible over Homer“ in J.H.W.G. Liebeschuetz’ Worten) die Ablösung der klassisch-antik – und damit in der Motivwahl heidnisch – geprägten Kunst durch eine Richtung, die sich auf christliche Themen konzentrierte und dafür auch eine neue Formensprache fand, die sich von antiken Vorbildern gelöst hatte20. Ebenso verschwanden die mythologischen Anspielungen aus der zeitgenössischen Literatur, die noch lange nach dem offiziellen Verbot der heidnischen Kulte ein fester Bestandteil literarischer Bildung gewesen waren21. Diese chronologische Obergrenze ist auch auf die vorliegende Arbeit anwendbar, denn eine genaue, hinsichtlich der Ereignisgeschichte erfolgte Festlegung auf ein bestimmtes Jahr ist für die Beschäftigung mit Hercules nicht praktikabel. Die Jahre um 600 n.Chr. können im Großen und Ganzen als sinnvoller Endpunkt der spätantiken Entwicklung des Hercules angesehen werden; die spätesten in ihrer Ikonographie noch eindeutig in der antiken Tradition verwurzelten künstlerischen und literarischen Darstellungen des Alkiden stammen aus dem 6. und frühen 7. Jh.n.Chr. Dementsprechend ist auch für den chronologischen Schlußpunkt der Untersuchung des spätantiken Hercules die Verwendung des Konzepts der „langen Spätantike“ der einzig richtige Weg. 2.3 Der geographische Rahmen Der geographische Raum, der in der vorliegenden Untersuchung abgedeckt wird, umfaßt das gesamte Römische Reich in seiner spätantiken Ausdehnung. Eine Beschränkung auf einen Teilbereich – bestimmte Provinzen oder jeweils nur das West- oder Oströmische Reich – ist bereits durch die komplexe Quellenlage ausgeschlossen. Die umfassende Fragestellung der Arbeit erfordert es nicht nur, Werke von Autoren auszuwerten, die aus sehr verschiedenen Regionen des Imperium stammen, sondern auch Fundstücke zu sichten, deren Herkunftsorte weit verstreut sind, sofern sie überhaupt bekannt sind. Dennoch ist bei einzelnen Themenkomplexen ein Übergewicht von Zeugnissen aus bestimmten Regionen beziehungsweise ausschließlich dem West- oder Ostreich gegeben.

Spätantike angesehen, wobei „Ende“ zu relativieren sei: tatsächlich sei die Spätantike ruhig und würdevoll in die karolingische und abbasidische Zeit übergegangen (Ward-Perkins, Making of Late Antiquity, 15f.). 20 Liebeschuetz, Mythology, 195. Für die spätantike Kunst ist eine Festlegung der Epochengrenze im 7. Jh. nachvollziehbar und sinnvoll; vgl. den Katalog zu der wegweisenden Ausstellung „The Age of Spirituality“ (Weitzmann (Hg.), Age of Spirituality). 21 Liebeschuetz, Mythology, 208.

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3 „Heiden“ und „Christen“ in der Spätantike „Pagans did not know they were pagans until the Christians told them they were“22 3.1 Terminologische Eingrenzung Bei jeder Beschäftigung mit der Epoche der Spätantike wird man früher oder später auf die allgemein gängige Unterscheidung zwischen „Heiden“ und „Christen“ und die immer noch gelegentlich unreflektierte Verwendung dieser Ausdrücke aufmerksam werden. Oberflächlich betrachtet scheint die Definition der Begriffe eindeutig: Christen sind Personen, die der christlichen Religion23 angehören und an einen Gott glauben, während man unter den Heiden die Anhänger der alten „polytheistischen“ Kulte versteht24. Auch die Christen selbst tendierten in der Spätantike dazu, die Dinge auf diese vereinfachende Art und Weise darzustellen, wie es beispielsweise Marius Victorinus in der Mitte des 4. Jhs.n.Chr. in De homoousio recipiendo formulierte: Graeci, quos (/Ellhnaj vel paganos vocant, multos deos dicunt, Iudaei vel Hebraei unum, nos, quia posterior veritas et gratia est, adversum paganos unum deum dicimus, adversum Iudaeos patrem et filium25. Eine Auseinandersetzung mit den Quellen ergibt jedoch, daß eine solch dualistische Sicht der Dinge den spätantiken Gegebenheiten nicht gerecht wird. Daher muß im Folgenden genauer auf die antike wie moderne religiöse Terminologie eingegangen werden, um den Gebrauch der Ausdrücke „Christen“ und „Heiden“ in der vorliegenden Arbeit zu erläutern. Eine genaue Differenzierung zwischen Christen und Anhängern der übrigen Religionen des Römischen Reiches ist tatsächlich nicht ganz so einfach, wie es vielleicht zunächst den Anschein hat. Dabei wirft grundsätzlich die Definition eines Christen weniger Probleme auf als die eines Heiden: Personen, die an Christus glauben, werden als Christen bezeichnet26. Weit schwieriger ist die Einschränkung des Kreises der Heiden, die negativ als diejenigen definiert werden, die nicht an Christus glauben27, wobei sehr häufig ein abwertender Unterton mitschwingt. Der Ausdruck „Heide“ läßt sich also nur als Gegensatz oder in Beziehung zu Christen und/oder Juden anwenden28, wie auch die antiken Begriffe für diesen Sachver22 H. Chadwick, zitiert nach Cameron, Last Pagans of Rome, 173. 23 Die Problematik, daß es keine Definition von „Religion“ gibt, die für alle damit zusammenhängenden Phänomene in den verschiedenen Kulturen und Epochen der Menschheitsgeschichte angewendet werden kann, muß hier außer acht gelassen werden (North, Pendulum, 128). 24 Frede, Monotheism, 41. 25 Mar. Victorin. homous. 1. 26 Rothaus, Christianization, 300. K. Piepenbrink nimmt, ausgehend vom Zeugnis des Augustinus, an dieser Stelle eine weitere Unterscheidung vor zwischen denjenigen, die der Meinung sind, Christus habe existiert, was auch auf Nicht-Christen zutreffen kann, und denjenigen, die an die Auferstehung Christi glauben – demnach sind nur letztere als echte Christen anzusehen (Piepenbrink, Identität und Assimilation, 127). 27 Rothaus, Christianization, 304. 28 Fredouille, Heiden, Sp. 1115. Die Zugehörigkeit zu einer bestimmten Religion kann jeweils nur in Relation zu einer anderen Religion definiert werden, weshalb für die Konstruktion einer religiösen Identität von vornherein eine gewisse Interaktion unterschiedlicher Religionen vorausgesetzt wird

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3 „Heiden“ und „Christen“ in der Spätantike

halt im Ausschlußverfahren von den Christen und Juden angewendet wurden29. Es existierte kein Terminus, der nicht-christliche/jüdische religiöse Praktiken umfassend umschrieb; ebensowenig gab es eine übergreifende Bezeichnung, die alle Anhänger der unterschiedlichen Kulte erfaßt hätte. Es handelt sich also bei den Heiden um eine künstlich geschaffene Kategorie, die darüber hinaus die Gefahr birgt, alle Anhänger nicht-christlicher antiker Religionen als eine religiöse Gemeinschaft anzusehen, was jedoch nicht der Realität entsprach30. Ein gewisses Bewußtsein ihrer Identität als einer von den Christen abgegrenzten religiösen Praxis bildete sich bei den Heiden erst langsam während der Konfrontation mit dem Christentum heraus31. Das „Heidentum“ als Bezeichnung einer religiösen Identität entwickelte sich also gewissermaßen erst mit und parallel zu dem Erstarken des Christentums in der Spätantike32. Das Konzept wurde dann jedoch unentbehrlich, da sich das Christentum in einem Ausschlußverfahren als „nicht-heidnisch“ zu einer Identität verhalf, die auf der Abgrenzung von einer anderen Gruppe beruhte; die Christen brauchten gewissermaßen einen Gegensatz – seien es nun Heiden, Häretiker oder später Hexen und Ketzer – um sich selbst zu definieren33. Ab dem 4. Jh.n.Chr. verwendeten die Christen im westlichen Teil des Reiches das ursprünglich aus der Umgangssprache34 stammende Substantiv paganus standardmäßig zur Kennzeichnung nicht-christlicher Personen35. Der Ausdruck, aus dem sich viele moderne Wörter für „Heide“ – pagan, païen, pagano – ableiten, war deutlich negativ konnotiert; durch die Verbindung mit der ursprünglichen Bedeutung von paganus als Bezeichnung für

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(Sandwell, Religious Identity, 3f.). Erschwerend stellt sich allerdings die Frage, inwiefern man „Heidentum“ überhaupt religiös definieren sollte; vgl. dazu Bonner, Extinction of Paganism, 342: „[…] paganism was not simply, or even primarily, a matter of religious commitment but of conformity with a particular tradition. We might call it a way of life or better still adopt Gilbert Murray’s expression […] the ‘Inherited Conglomerate’ – a set of beliefs and conventions, rather broadly based upon certain religious assumptions, generally accepted, and rejected only at the price of becoming a social outsider.“ Ghetta, Heidentum, 17. Zur jüdischen Haltung gegenüber den Anhängern nicht-jüdischer, „heidnischer“ Religionen s. Halbertal, Jews and Pagans, passim, bes. 161–165. McLynn, Pagans, 573. Lee, Religions, 164f. Diocletian verwendete beispielsweise als Bezeichnung für die nicht-christlichen Religionen vetus religio oder veteriores religiones (ebd., 164). Hedrick, History and Silence, 52. Dazu auch Cameron, Last Pagans of Rome, 26f. Hedrick, History and Silence, 53. Ghetta, Heidentum, 19. Al. Cameron weist darauf hin, daß viele christliche Autoren den Begriff paganus in ihren Schriften nicht oder nur unter Vorbehalt verwendeten, da die Vokabel scheinbar als umgangssprachlich oder vulgär empfunden wurde (Cameron, Last Pagans of Rome, 16). J.J. O’Donnell hebt hervor, daß christliche Autoren das Wort paganus bewußt dann nutzten, wenn sie einen Heiden verspotten wollten, es jedoch vermieden, wenn sie versuchten, ihn zur Konversion zum Christentum zu bewegen (O’Donnell, Paganus, 168). O’Donnell, Paganus, 167. Der erste Autor, der paganus in einem christlichen Sinn verwendete, war Tertullian (Tert. coron. 11, 5; Cameron übersetzt paganus an dieser Stelle allerdings, ohne religiöse Untertöne, als „Zivilist“, mit dem Hinweis, daß diese Bedeutung in der Kaiserzeit die dominierende gewesen sei: Cameron, Last Pagans of Rome, 14f.). Zu den frühesten Zeugnissen gehören daneben zwei christliche Grabinschriften des frühen 4. Jhs.n.Chr. (CIL VI 30463 = ILCV 1342; CIL X 7112 = ILCV 1549; vgl. Cameron, Last Pagans of Rome, 23f.). Cameron datiert die Verwendung des Begriffs mit der Bedeutung „Heide” in die Jahre ab 360 n.Chr. (Cameron, Last Pagans of Rome, 16).

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ein Mitglied der Landbevölkerung wurden die traditionellen religiösen Praktiken als „ländlich“, also rückständig und zivilisationsfern gebrandmarkt36. Im 5. Jh.n.Chr. wurde in christlichen literarischen und juristischen37 Quellen jeder Anhänger nicht-christlicher Religionen als paganus bezeichnet, wobei der negative Beigeschmack beabsichtigt war und der bewußten Herabsetzung der betreffenden Person diente: jeder Heide, der sich der Konversion verweigerte, wurde als paganus im Sinn der ursprünglichen Wortbedeutung „ländlich“ mit der Konnotation „unkultiviert“ verspottet38. Dementsprechend nannten sich die Anhänger der nicht-christlichen Religionen selbst äußerst selten pagani: es ist nur ein einziger Fall überliefert, in dem sich ein Heide freiwillig im christlichen – und damit für ihn ironischen – Sinne als paganus bezeichnete39. Daneben treten in den christlichen Quellen der Zeit als weitere Bezeichnungen für Nicht-Christen auch gentes und nationes auf, bis zum 4. Jh.n.Chr. die häufigsten Begriffe und auf die Übersetzung des biblischen e)/qnh zurückzuführen; die betreffenden Personen waren aus christlicher Perspektive „Fremde“ und somit implizit keine „Römer“40. Eindeutig negativ besetzt sind Ausdrücke wie impius, infidelis oder perfidus41. Im griechisch-sprachigen Osten des Imperium Romanum wurde im 4. Jh.n.Chr. e)/qnh42, das Gegenstück zum lateinischen gentes, im Sprachgebrauch der Apologeten von dem terminus technicus (/Ellhnej abgelöst43. Der Begriff war in seiner Mehrdeutigkeit proble-

36 Vgl. Jones, Pagan and Christian, 5f. Erst mit dem Gebrauch durch die spätantiken Christen erhielt das Wort diesen negativen Beigeschmack. Zunächst hatte es im klassischen Latein einfach ohne religiöse Anklänge Zivilisten oder Mitglieder der Landbevölkerung bezeichnet (OLD 1282 s.v. paganus). Die Christen verwendeten den Ausdruck paganus dann fast immer in einem feindlichen Sinn (McLynn, Pagans, 573). Zu paganus im Sinne eines Außenseiters vgl. Cameron, Last Pagans of Rome, 22f. Zur modernen Interpretation der verschiedenen antiken Bedeutungen von paganus vgl. O’Donnell, Paganus, 163f. 37 Vgl. Cod. Theod. 16, 5, 46 (409 n.Chr.): […] gentiles, quos vulgo paganos appellant […]. In der juristischen Literatur tritt paganus = Heide zum ersten Mal im Jahr 370 n.Chr. auf (Cod. Theod. 16, 2, 18), während das Wort in einem Gesetz von 353 n.Chr. noch als „Zivilist“ zu verstehen ist (Cod. Theod. 7, 21, 2; vgl. Cameron, Last Pagans of Rome, 20). In der juristischen Sprache findet sich paganus häufig als Attribut für Nomina wie superstitio, error, crimen und insania, was den negativen Beigeschmack des Wortes noch unterstreicht (Athanassiadi/Frede, Introduction, 4). 38 Brown, Pagan, 625; Kahlos, Debate, 25; O’Donnell, Paganus, 168. 39 Aug. epist. 234, 1. Bei dem Autor des Briefes handelt es sich um einen heidnischen Briefpartner des Augustinus (vgl. Fredouille, Heiden, Sp. 1115; Tornau, Heiden, 303). 40 Fredouille, Heiden, Sp. 1119–1120; Kahlos, Debate, 20. 24f. 41 Für weitere Bezeichnungen s. Fredouille, Heiden, Sp. 1120. 42 Brown, Pagan, 625. In der Septuaginta wird aus dem hebräischen gôyîm (alle Völker, die nicht dem Volk Israel angehören) taÜ e)/qnh, in der Vulgata des Hieronymus hingegen gentes (Schott, Christianity, 6). Der Begriff e)qniko/j, der sowohl im Neuen Testament als auch in der apologetischen Literatur verwendet wird, kann neben seiner Grundbedeutung „fremd, ausländisch“ auch die negativen Konnotationen von „bäu(e)risch“, „ungebildet“ haben, und ist in diesem Sinn ein Synonym für das lateinische paganus (Athanassiadi/Frede, Introduction, 5). 43 Die Bezeichnung „Hellene“ bzw. „Grieche“ wird bereits im Neuen Testament als Synonym für „Heide“, d.h. Nicht-Christ und Nicht-Jude verwendet (Fredouille, Heiden, Sp. 1118; vgl. Joh. 7, 35; Mk. 7, 26). Sie geht zurück auf die hellenistische Zeit, als die Juden mit den Seleukiden einem griechischen Feind gegenüberstanden; für sie waren die Griechen „Ungläubige“ (Cameron, Last Pagans of Rome, 16; Jones, Pagan and Christian, 2). Die griechisch-sprachigen Apologeten standardisierten den Ausdruck mit der Bedeutung „Heide“ (Athanassiadi/Frede, Introduction, 6).

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matisch, konnte er doch auch einfach klassisch gebildete Personen oder die ethnische Herkunft im eigentlichen Wortsinn bezeichnen44. Ferner kam der Ausdruck auch zum Einsatz, um Personen zu bezeichnen, die in den Augen des entsprechenden Autors nicht als „richtige“ Christen gelten konnten, da sie Anhänger von als Häresien betrachteten Strömungen wie des Montanismus waren. Ein „Hellene“ war also nicht notwendigerweise ein Anhänger der alten Kulte45. Anders als paganus wurde der mehrdeutige Terminus jedoch von Heiden für sich selbst angewandt und konnte neben der griechischen Kultur auch auf Zugehörigkeit zu heidnischen Kulten bezogen werden46, obwohl er auch dadurch negativ besetzt war, daß er implizierte, daß die Nicht-Christen nicht länger als Römer/ (Rwmai=oi angesehen wurden47. Kaiser Julian verwendete den Terminus in einem religiösen Sinn; für den letzten Heiden auf dem Kaiserthron war die Beschäftigung mit der antiken Literatur und Mythologie nur in Verbindung mit dem Glauben an die Götter vorstellbar und sinnvoll48. Ein Problem stellte die sprachliche Gleichstellung von „Grieche“ und „Heide“ für christliche Griechen dar, die offenbar nicht glücklich waren über die ambivalente Bedeutung /( llhnej49. Für diese Personengruppe war daher eine genaue Differenzierung zwischen von E griechischer Sprache, Philosophie und Literatur auf der einen Seite und den auf der griechischen Mythologie basierenden heidnischen Kulten auf der anderen Seite vonnöten50. Verschiedene andere Bezeichnungen für Nicht-Christen beinhalteten eine noch weit deutlichere Kritik an den Praktiken und dem Glauben der Heiden als es die Gleichsetzung mit der griechischen Kultur erlaubte, die als Grundlage der spätantiken Bildung zunächst als etwas Positives anzusehen war. So wurden die Anhänger der heidnischen Religionen beispielsweise auch als frevelhaft (a)sebh/j/dussebh/j) und gottlos (a)/qeoj) charakterisiert51. Eine deutliche Abgrenzung gegenüber den Heiden als dem „Anderen“ zeigen Begriffe in Verbindung mit e)kto/j, e)/cw, e)/cwqen52: die Nicht-Christen stehen außerhalb der Gemeinschaft. 44 Vgl. die unterschiedlichen Bedeutungen des Verbs e(llhni/zein: Das Verb kann „Griechisch sprechen“ bedeuten, aber auch „als ein Grieche leben“, d.h. im Sinne der griechischen Vorstellungen von Zivilisation (Bowersock, Hellenism, 10). Im christlichen Sinn kam dann die Bedeutung „ein Heide sein“ hinzu (ebd., 10; vgl. Sophocles, Greek Lexicon, 451 s.v. e(llhni/zein). Eine Neufindung des 4. Jhs.n.Chr. ist (Ellhnismo/j (Opelt, Bezeichnungen, 9). Der Begriff bezeichnet ganz allgemein die griechische Kultur, welche Sprache, Mythologie sowie Gedanken- und Bilderwelt umfaßt (Bowersock, Hellenism, 7). In der Spätantike nahm er dann die spezifische Bedeutung „Heidentum“ an, und macht damit deutlich, als wie eng die Verbindung zwischen griechischer Kultur und griechisch-römischem Heidentum empfunden wurde (ebd., 9; vgl. ThGL III Sp. 770: Theologi Gr. et Apostolorum posteri ¨EllhnismoÜn vocarunt thÜn (EllhnikhÜn paidei/an). In der Spätzeit konnte (Ellhnismo/j demnach je nach Kontext „Heidentum“ oder „griechische Kultur“ bedeuten (Bowersock, Hellenism, 9). Der Römer Marius Victorinus bildete nach dem Vorbild von (Ellhnismo/j die neue lateinische Vokabel paganismus (Cameron, Last Pagans of Rome, 17). 45 Jones, Pagan and Christian, 3. 46 Kahlos, Debate, 20f. 47 Chuvin, Last Pagans, 7. 48 Iul. epist. 61; vgl. Greg. Naz. or. 4, 5. 49 Bowersock, Hellenism, 11; vgl. dazu Greg. Naz. or. 4, 5. 50 Bowersock, Hellenism, 12; vgl. die Ermahnungen des Basilios von Caesarea zum Gebrauch heidnischer Literatur (Bas. ad iuv. 4). 51 Opelt, Bezeichnungen, 11. 52 Jones, Pagan and Christian, 4.

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Auch für das Heidentum als Gesamterscheinung prägten christliche Autoren unterschiedliche Fachausdrücke, die ebenfalls deutlich negativ konnotiert waren. Hierzu zählen ei)dwlolatri/a/idololatria, poluqei=a sowie superstitio53. Die religiöse Unduldsamkeit der Apologeten zeigt sich in Benennungen wie pla/nh, das die Inhalte des Heidentums im Gegensatz zur christlichen „Wahrheit“ beschreibt54. Dazu kommen noch zahlreiche weitere pejorative Bezeichnungen wie a)se/beia, perditio oder falsitas; für Caesarius von Arles sind die Heiden grex et exercitus diaboli55. 3.2 Eine Zweiteilung der spätantiken Gesellschaft? – Die Frage der religiösen Identität Aus der Spätantike sind keine Zeugnisse nicht-christlicher Autoren erhalten, die Aufschluß geben könnten über deren Sichtweise der Unterscheidung in „Heiden“ und „Christen“56. Es ist jedoch davon auszugehen, daß es sich bei dem spätantiken „Heidentum“ zu einem großen Teil um ein Konstrukt christlicher Autoren handelte, die dadurch alle Nicht-Christen im Reich mit Ausnahme der Juden – ungeachtet der Unterschiede in der Religionsausübung – zu einer vermeintlich einheitlichen Gruppe zusammenfaßten57, negativ definiert als diejenigen, die nicht an den Christengott glaubten. Die angebliche Unvereinbarkeit der Zugehörigkeit zu „Christentum“ und „Heidentum“ wurde von christlichen Autoren mit Hilfe polemischer Rhetorik und mit dem Ziel, das eigene Selbstverständnis zu stärken und eventuelle „Grenzüberschreitungen“ zu verurteilen, propagiert und hatte einen großen Einfluß auf die Forschung58. In der Realität sind weder die spätantiken Christen noch die Nicht-Christen als eine homogene Masse anzusehen; ebenso wie es viele Richtungen innerhalb der Kirche gab, die von ihren Gegnern als Häresien verurteilt wurden59, so existierte auch eine große Anzahl verschiedener Ausprägungen heidnischer Religionsausübung60, für die es im antiken Sprachgebrauch vor Aufkommen des Christentums keine allumfassende Klassifizierung gegeben hatte. Die zahlreichen mehr oder weniger unterschiedlichen Strömungen innerhalb von Christentum und Heidentum und deren spezifische Merkmale können durch die simplifizierende Zweiteilung in Heiden und Christen also nicht deutlich gemacht werden61. 53 Fredouille, Heiden, Sp. 1120; Opelt, Bezeichnungen, 13. 54 Opelt, Bezeichnungen, 12; vgl. beispielsweise Joh. Chrys. pan. Bab. 13: th=j

(Ellhnikh=j

deisidaimoni/aj h¨ pla/nh.

55 Opelt, Bezeichnungen, 22. 56 Aus der Epoche nach dem Sieg des Christentums sind überhaupt nur sehr wenige Zeugnisse nichtchristlicher Autoren erhalten geblieben (MacMullen, Christianity and Paganism, 3). 57 „Das Heidentum ist eine Erfindung des Christentums, oder besser gesagt: der jüdisch-christlichen Tradition“ (Leppin, Wandel des Heidentums, 62). 58 Vgl. Kahlos, Debate, 2. 26. 29. 55–75. 59 Vgl. beispielsweise die Konflikte um den Donatismus, Arianismus und Monophysitismus, die sich teilweise über Jahrhunderte hinzogen (dazu allgemein Demandt, Spätantike, 556–565). 60 O’Donnell, Paganism, 48; vgl. auch die Aufzählung bei Leppin, Wandel des Heidentums, 63. 61 Bei genauerem Hinsehen erweist sich auch die Definition von „Christ“ als nicht ganz einfach, zumal die Anhänger der verschiedenen (Glaubens-)Richtungen wie Monophysiten oder Arianer sich keineswegs mit einem Anhänger einer anderen „Sekte“ in eine Kategorie hätten einordnen lassen, wie gering die Unterschiede im religiösen Dogma objektiv betrachtet auch gewesen sein mögen (vgl. Rothaus, Christianization, 300). Daher war es durchaus möglich, daß ein Christ weitaus größere Schwierigkeiten mit solchen Abweichlern in den eigenen Reihen hatte, als mit jemandem, der eine heidnische Kultausübung praktizierte (vgl. Piepenbrink, Identität und Assimilation, 130).

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Außerdem schloß die Zugehörigkeit zu der einen Gruppe nicht zwangsläufig eine Nähe zu der anderen Gruppe aus. Überschneidungen sind gerade in der Sphäre des täglichen Lebens, der Traditionen und religiösen Bräuche wahrscheinlich, was eine genaue Abgrenzung von Christen und Heiden in vielen Fällen unmöglich beziehungsweise nicht praktikabel erscheinen läßt62, zumal beispielsweise ein Zusammenleben christlicher und heidnischer Mitglieder derselben Familie in einem Haushalt vielfach belegt ist63. Die Frage, inwiefern man sich in der Spätantike einer Trennung zwischen den traditionellen Religionen und dem neuen christlichen Glauben bewußt war, läßt sich nicht allgemeingültig beantworten64. Man kann wohl davon ausgehen, daß viele Menschen im Alltag zumindest Unterschiede zwischen den Religionen wahrnahmen65, doch das klärt nicht, ob sie davon ausgingen, daß diese sich gegenseitig ausschlossen66. Andererseits scheint es illusorisch, von der großen Menge ungebildeter Reichsbewohner zu erwarten, eine exakte Grenze zwischen den Riten des neuen christlichen Glaubens und den Praktiken der überkommenen heidnischen Kulte ziehen zu können. Gerade für diese Personengruppe ist eine gewisse Vermischung christlicher und nicht-christlicher Elemente im Alltagsleben wie auch der Religionsausübung nicht auszuschließen, sondern vielmehr sogar anzunehmen67. Es ist zu erwarten, daß die Tendenz, eine strikte Trennung anzunehmen, bei Mitgliedern des christlichen Klerus stärker ausgeprägt war als bei christlichen Laien, und daß auch die christlichen Kaiser auf eine Differenzierung zwischen Christen und Nicht-Christen Wert legten und möglichst keinerlei Überschneidungen duldeten68. Es liegt auch im Bereich des Möglichen, daß Nicht-Christen es durchaus für sinnvoll erachten konnten, Christus als eine von vielen Gottheiten dem heidnischen Pantheon einzu62 Vgl. dazu Rothaus, Christianization, 301. 307 Abb. 3. Vgl. Markus, End of Christianity, 28: „The image of a society neatly divided into ‘Christian’ and ‘pagan’ is the creation of late fourth-century Christians, and has been too readily taken at face value by modern historians“. 63 Vgl. beispielsweise die immer wieder gern zitierte, von Hieronymus überlieferte häusliche Szene, in der der alte pontifex Publilius Caeionius Caecina Albinus seine christliche Enkelin Paula auf dem Schoß hält und ihren Halleluja lauscht (Hier. epist. 107, 1). Hieronymus selbst relativiert dieses Bild an späterer Stelle in demselben Brief etwas, indem er einräumt, daß dieses Rufen Albinus vielleicht doch nicht uneingeschränkt gefiel (Hier. epist. 107, 4). 64 Was die Frage einer Grenzziehung zwischen Heidentum und Christentum in der Spätantike betrifft, so ist anzumerken, daß sich solche Grenzen im Lauf der Zeit auch verschieben konnten, also keineswegs statisch blieben, sondern sich äußeren Gegebenheiten anpaßten (vgl. Lieu, Identity, 99). 65 Ein Fluchtäfelchen des 4. Jhs.n.Chr. aus Bath enthält als Kategorie der unbekannten verfluchten Person seu gens seu ch[r]istianus; es handelt sich dabei um das erste Auftreten des Wortes christianus in der Epigraphik des römischen Britannien (Tomlin, Curse Tablets, 232–234, Nr. 98). Der vulgärlateinische Text belegt, daß zumindest Teile der einfachen Bevölkerung des Reiches sich durchaus einer Trennung zwischen den Anhängern des Christentums und der nicht-christlichen Religionen bewußt waren. Der Fundort des Täfelchens im Schrein der Minerva Sulis scheint darüber hinaus zu belegen, daß sowohl Christen als auch Heiden diesen frequentierten (MacMullen, Christianity and Paganism, 118). 66 In diesem Zusammenhang scheint auch die Überlegung von I. Sandwell berechtigt, inwiefern überhaupt davon ausgegangen werden kann, daß ein großer Teil der spätantiken Menschen in Kategorien religiöser Identität dachte. Sah man das Christentum und den Polytheismus griechisch-römischer Prägung als streng umgrenzte Kategorien an, die sich gegenseitig ausschlossen, oder konzentrierten sich viele Menschen nicht vielmehr auf Gemeinsamkeiten und mögliche Kompromisse (Sandwell, Religious Identity, 4)? 67 Vgl. Cameron, Last Pagans of Rome, 175; Markus, End of Christianity, 14. 68 Vgl. Rothaus, Christianization, 304; Sandwell, Religious Identity, 5–9.

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verleiben69 oder Christus anzurufen, da sie ihn als mächtig anerkannten, ohne deshalb jedoch gleich zum Christentum zu konvertieren70. Eine Konkurrenzsituation, wie sie die Christen künstlich schufen, ist von heidnischer Seite nicht gegeben; für die Heiden war eine friedliche Koexistenz mit anderen Kulten, gleichgültig, wie stark verbreitet sie waren, stets eine Möglichkeit71. Allein von Kaiser Julian ist von nicht-christlicher Seite überliefert, daß er einen unüberwindbaren Gegensatz zwischen den beiden Weltanschauungen sah, was sich jedoch durch die Besonderheit seiner Biographie erklärt: christlich erzogen, widmete er sich den heidnischen Kulten mit dem Eifer eines Konvertiten, der dennoch von seiner christlichen Bildung beeinflußt blieb und dadurch wohl unbewußt auch christliche Sichtweisen in seine Einstellung zu Heidentum und Christentum einfließen ließ72. Ferner muß er sich des Ausschließlichkeitsanspruchs des Christentums bewußt gewesen sein, was bei ihm zu dem Bewußtsein geführt haben mag, daß die eben nicht auf diesem Prinzip beruhenden heidnischen Kulte und das Christentum grundsätzlich inkompatibel waren. Ein großer Teil der Einwohner des spätrömischen Reiches sah offenbar keinen großen Widerspruch zwischen der Rückbesinnung auf die heidnisch-mythologische Vergangenheit, wie sie in Literatur und Kunst überliefert wurde und wie sie in der Spätantike zur Genüge belegt ist, und der Zugehörigkeit zur christlichen Kirche. Es gibt sogar Belege für Christen, die in Inschriften als Inhaber heidnischer Priesterämter identifiziert sind73. Der Versuch, die religiöse Identität einer spätantiken Persönlichkeit zu bestimmen, kann immer nur partiell erfolgreich sein, zumal jede Person neben ihrer religiösen auch andere Identitäten vorzuweisen hatte74, die sich beispielsweise in Form der Zugehörigkeit zu verschiedenen Bevölkerungsschichten, Berufsgruppen und sozialen Kreisen ausdrückten. So mochte sich ein christlicher Senator des 4. Jhs.n.Chr. in der Runde seiner Standesgenossen in der Curia in erster Linie als Senator definieren, beim Gottesdienst als Christ und im geselligen Beisammensein mit Freunden als klassisch gebildeter Mann mit literarischen Ambitionen, zu gleichen Teilen versiert in Philosophie und paganer Mythologie75. Dieser Um69 Vgl. Lane Fox, Pagans and Christians, 672. Die Historia Augusta überliefert, daß Severus Alexander eine Christusstatue neben Statuen heidnischer Götter eingereiht habe (SHA Alex. 29, 2), was allerdings aufgrund des geringen Wahrheitsgehalts der Vita dieses Kaisers nicht allzu ernst genommen werden sollte (vgl. Cameron, Last Pagans of Rome, 558). Die Verwendung des Bildes einer solchen Galerie von Göttern und quasi-heroischen Wundertätern an sich zeigt jedoch, daß der anonyme Autor der Historia Augusta sichtlich davon ausging, daß seine Leser von der Vorstellung dieses polytheistischen Miteinanders nicht überrascht sein würden (Sauer, Archaeology of Hatred, 45). 70 Vgl. Stuckrad, Christen, 202. 71 Bowersock, Hellenism, 6. Eine „prinzipielle religiöse Intoleranz“ ist hingegen ein Kennzeichen des Christentums (Brennecke, Absolutheitsanspruch, 386). 72 Bowersock, Hellenism, 6. 73 CIL VIII 450; 10516; vgl. O’Donnell, Paganism, 61f. 74 Die Identität einer Person besteht immer aus mehreren getrennten Einzelidentitäten, die sich durchaus auch widersprechen können (Miles, Introduction, 5). Dieser Sachverhalt ist selbstverständlich nicht zu verwechseln mit einer „gespaltenen“ oder „multiplen“ Persönlichkeit (vgl. Stuckrad, Christen, 186). Vielmehr ist von „Teilidentitäten“ auszugehen, die sich zu einem harmonischen Ganzen zusammenfinden, das die Persönlichkeit des Menschen ausmacht, und die je nach gesellschaftlichem Kontext zum Ausdruck kommen können. 75 Vgl. Eriksen, Ethnicity, 158: „People may be a bit of this and a bit of that. Empirically, social identities appear fluid, negotiable, situational and analogic (or gradualist) and segmentary“. J.M. Schott geht wohl zu Recht davon aus, daß ein antiker Mensch mehrere ethnische und kulturelle Identitäten hatte, die sich

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stand könnte auch erklären, warum dieselbe Person mal als Heide, mal als Christ bezeichnet werden konnte: sie wurde von unterschiedlichen Personen unterschiedlich wahrgenommen, je nach dem Kontext, in dem man sich begegnete76; wenn auch religiöse Aspekte grundsätzlich in alle Bereich des Lebens eindringen konnten, kann dennoch davon ausgegangen werden, daß es Bereiche im Leben einer spätantiken Person gab, die von ihrer religiösen Identität unberührt, gleichsam „neutral“ blieben. Diese einzelnen Identitäten kamen wiederum in unterschiedlichen Situationen in Berührung, ohne daß sich eine Verschmelzung ergeben mußte, jedoch auch ohne die Notwendigkeit einer strikten Trennung. So entstand eine Interaktion zwischen der religiösen Zugehörigkeit eines Menschen und den anderen Bereichen seines Lebens, die sich sicherlich im Alltagsleben auch in der materiellen Kultur niederschlug, was einen Erklärungsansatz liefern kann für den Fund heidnischer Motive in einem christlichen Kontext. Demzufolge konnten auch Personen, die innerhalb desselben Haushaltes lebten, Identitäten aufweisen, die sich nur in Bezug auf die Religionszugehörigkeit unterschieden. Im Abstand von mehr als 1500 Jahren die zu einem gegebenen Zeitpunkt jeweils gerade vorherrschende Identität eines spätantiken Menschen zu bestimmen, scheint – je nach Quellenlage – ein mehr oder minder aussichtloses Unterfangen. Gerade was die materielle Kultur betrifft, ist daher eine strikte Trennung in „heidnisch“ und „christlich“ in vielen Fällen nicht nur wenig sinnvoll, sondern, gerade im Fall des Hercules und seiner spätantiken Darstellungen, auch nicht erfolgversprechend, unterlag er doch als Heros (im Unterschied zu seiner Identität als Gott, dem Kulte gewidmet waren) sicherlich einer anderen Sichtweise als die olympischen Götter und die Götter der östlichen Mysterien- oder Erlösungsreligionen. In seiner nicht-religiösen Rolle als tugendhafter Held, der die Welt vom Übel befreit, und als philosophisches Leitbild stand er außerhalb der Religionen und konnte dementsprechend von Christen und Nicht-Christen in gleichem Maße dargestellt oder als Vorbild gewählt werden, in einer Weise, die nicht ohne weiteres auf seine „göttliche“ Seite als Empfänger kultischer Verehrung angewendet werden konnte. In gewissem Sinn ist der Versuch, eine absolute Definition von „Heiden“ und „Christen“, die streng voneinander abgegrenzt werden, zu finden, bereits im Ansatz als methodisch falsch anzusehen. Diese Begriffe haben eine Vielzahl unterschiedlicher und sogar widersprüchlicher Bedeutungen und sind somit im Kontext des spätantiken Imperium Romanum ebenso schwierig festzulegen wie „Römer“, „Grieche“ oder „Barbar“77. Ein grundlegendes Problem, das sich jeder Spätantikeforscher vor Augen führen muß, ist darüber hinaus, daß wir, bewußt oder unbewußt, in den allermeisten Fällen die religiösen und kulturellen Entwicklungen der Spätantike aus einer christlichen oder zumindest christlich beeinflußten Perspektive heraus betrachten78, was zu einem großen Teil darauf zurückjeweils aus dem e)/qnoj beziehungsweise ge/noj sowie der paidei/a ergaben (Schott, Accounts of Apostasy, 263). Anders als die ethnische Identität wurden die kulturellen Identitäten (zu denen auch die Religion zu zählen ist) häufig erst im Lauf eines Lebens nach und nach erworben (beispielsweise im Rahmen des Bildungsweges). 76 Den magister militum Bacurius, der 394 n.Chr. am Frigidus für Theodosius I. kämpfte, bezeichnet Rufinus als Christ, Libanios als Heide; beide Autoren waren persönlich mit ihm bekannt, was ein Urteil für die Forschung ungleich schwerer macht (Cameron, Last Pagans of Rome, 175). 77 Vgl. Miles, Introduction, 10. 78 Vgl. Rothaus, Christianization, 301 („christocentric viewpoint“). Ein besonders eklatantes Beispiel der

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zuführen ist, daß die literarische Überlieferung einseitig dem schlußendlich siegreichen Christentum das Hauptgewicht zuweist. Es wurden und werden häufig Maßstäbe angelegt, die aus der Sicht des spätantiken Menschen als anachronistisch anzusehen sind und die das Ergebnis einer intellektuellen Voreingenommenheit der Forschung sind, die pagane Motive in Kunst und Literatur lange automatisch als Ausdruck einer nicht-christlichen, also „heidnischen“ Gesinnung, wenn nicht gar eines militanten Anti-Christianismus interpretierte. Die für uns faßbaren Unterschiede zwischen einem Heiden und einem Christen derselben Zeit können sehr gering sein und sich allein auf die Religionsausübung beschränken79. Aus moderner Perspektive können weniger die tatsächlichen spätantiken Gesinnungen als das, was von ihnen in Form archäologischer und literarischer Zeugnisse übrig geblieben ist, erforscht werden80. Folglich ist für uns nur das Bild erkennbar, das, aus welchen Gründen auch immer, vermittelt werden sollte. Ein Urteil, inwiefern es sich bei einer antiken Persönlichkeit aus heutiger Sicht um einen überzeugten Christen oder vielleicht doch um einen semichristianus, der mit dem christlichen Glauben sympathisierte, diesem teilweise anhing, aber die Taufe ablehnte, handelte81, hängt daher häufig von der Einschätzung des jeweiligen Historikers ab, der festlegen muß, welcher Lebensstil und welche Kultur als „christlich“ gelten sollen und welche als „heidnisch“82. Jemand wie der Dichter Ausonius, der aufgrund seiner klassizistischen Dichtung in der Forschung lange als wenig überzeugter Christ porträtiert wurde83, hätte vermutlich die modernen Versuche, eine spezifisch christliche Kultur in der Spätantike zu identifizieren, nicht verstanden84. Auch nach dem Triumph des Christentums existierte zumindest noch eine Zeitlang nur eine gemeinsame Kultur, die auf der klassisch-antiken Überlieferung basierte, deshalb jedoch das Christentum nicht ausschloß: an dieser koiné hatten Christen und Heiden gemeinsam Anteil und unterschieden sich nur in ihrer persönlichen religiösen Überzeugung85.

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religiösen Beeinflussung wissenschaftlicher Forschung ist die Beurteilung Kaiser Julians „Apostata“, der bereits durch seinen von christlicher Seite verliehenen Beinamen abgewertet wird, und der durch die Jahrhunderte hindurch von durchweg christlichen Autoren verdammt wurde (vgl. dazu Hardy, Julian, 388–390). Vgl. Markus, End of Christianity, 27f. Vgl. Miles, Introduction, 10f. Daut, Halbe Christen, 172. Zur Kritik dieses Terminus s. Kahlos, Debate, 27f. Vgl. Markus, End of Christianity, 33. Cameron, Poetry, 343. Cameron erwähnt die „sneers and aspersions so many moderns have cast on his beliefs, calling him a lukewarm, nominal, or time-serving Christian“ (Cameron, Revival, 55). Hingegen nennt ihn R. Green in der Einführung seiner Ausoniusausgabe einen „devoted Christian“ (Green, Works of Ausonius, xix). Für G. Bonner wiederum ist er ein „semi-Christian“, der durchaus christliche Glaubensinhalte annehmen konnte, ohne seine pagane Religiosität ganz aufzugeben (Bonner, Extinction of Paganism, 351). Vgl. Markus, End of Christianity, 33; Salzman, Roman Time, 223: „Inhabitants of Rome would likely have found our modern categorization of iconography, politics, and legislation from the reign of Constantius into simply pagan or Christian slots of little relevance.“ Markus, End of Christianity, 12. Charakteristisch für diese Tatsache ist beispielsweise die Aussage des Sidonius Apollinaris über den Priester Mamertus Claudianus aus Vienne: vir siquidem fuit providus prudens, doctus eloquens, acer et hominum aevi loci populi sui ingeniosissimus quique indesinenter salva religione philosopharetur (…) a collegio tamen conplatonicorum solo habitu ac fide dissociabatur (Sidon. epist. 4, 11, 1). Im selben Brief wird die Grabinschrift des Priesters wiedergegeben, die ebenfalls zeigt, daß er ebenso der antiken Tradition wie der christlichen Religion verhaftet war (triplex

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Die eben dargelegten Punkte erklären auch zu einem großen Teil die positive Einstellung zahlreicher Christen gegenüber der heidnischen Überlieferung, die durch den Fund von Kunstwerken belegt ist, deren Ikonographie der klassischen Mythologie zuzuordnen ist, deren Kontext sie jedoch eindeutig einem christlichen Umfeld zuweist86. Anders als in den Augen vieler moderner Gelehrter gab es offensichtlich für gebildete spätantike Christen nicht zwangsläufig einen Widerspruch zwischen christlichem Glauben und der Wertschätzung klassisch-paganer Motive in der Kunst, was wiederum eine genaue Grenzziehung zwischen Heiden und Christen weiter erschwert87. Selbst kirchliche Würdenträger waren bisweilen deutlich mehr von ihrer heidnischen Herkunft und der klassischen, nicht-christlichen Bildungstradition geprägt als vom Studium der Bibel oder anderer christlicher Texte, wie das Beispiel des Synesios von Kyrene zeigt, eines Schülers der alexandrinischen Philosophin Hypatia, der im übrigen seine Herkunft auf Hercules zurückführte88. Auf dieser Gesellschaftsebene sollten also eine Vertrautheit und ein gelassener Umgang mit der paganen Mythologie in ihren unterschiedlichen Ausprägungen in Kunst und Literatur nicht überraschen. In diese Interpretation muß jedoch naturgemäß die durch die Quellen ebenfalls belegte Existenz vieler hoher christlicher Würdenträger miteinbezogen werden, die – als „professionelle Christen“ – alle heidnischen Aspekte der Alltagskultur entschieden ablehnten und mit polemischen Mitteln sowie vielfach auch physischer Gewalt gegen sie vorgingen89. Es ergibt sich also ein Bild, in dem sich (nach unserem Verständnis) tolerante Laien und Kleriker innerhalb des Christentums mit intoleranten, gänzlich von der ausschließlichen Richtigkeit des Christentums durchdrungenen Glaubensgenossen geistlichen wie auch weltlichen Standes konfrontiert sahen, was sich jeweils auch im Umgang mit der heidnischen Vergangenheit widerspiegelte90. Das Fehlen einer einheitlichen christlichen Einstellung gegenüber den nicht-religiösen Aspekten der heidnisch geprägten griechischrömischen Kultur zeigt wiederum, daß Verallgemeinerungen jeglicher Art in der Beschäftigung mit der Spätantike nur mit größter Vorsicht anzuwenden sind.

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bybliotheca [sic!] quo magistro, Romana, Attica, Christiana fulsit; quam totam monachus virente in aevo secreta bibit institutione, orator, dialecticus, poeta, tractator, geometra, musicusque; Sidon. epist. 4, 11, 6; vgl. dazu Mathisen, Bishops, 12f.). Cameron, Last Pagans (1999), 119. Vgl. Stirling, Statuary, 141f. Hagl, Synesios, 11 (zur Abkunft von Hercules s. Synes. Katast. 2, 5, 1: )/W moi Kurh/nhj, h(= ai( dhmo/siai ku/rbeij me/xrij e)mou kata/gousi taÜj a)f¡ (Hrakle/ouj diadoxa/j). Zur literarischen Bildung des Synesios s. Hagl, Synesios, 12. Synesios selbst war verheiratet, nicht getauft, und erklärte offen seine Bedenken gegenüber christlichen Lehrmeinungen; dennoch wurde dem gebildeten Heiden aufgrund seiner Qualifikationen zur Sicherung seiner Heimatprovinz das Bischofsamt übertragen, ohne daß er sein Heidentum jemals ganz abgelegt hätte (ebd., 15–17). So sah beispielsweise der ägyptische Abt Shenute von Atripe – ebenso wie seine ungebildeten Mönche – im 4. Jh.n.Chr. keinerlei Unterschied zwischen heidnischem Kult und heidnisch geprägter Kultur, was sein gewaltsames Vorgehen gegen wohlhabende Landbesitzer, die sich in ihren Villen mit mythologisch inspirierter Kunst umgaben, erklärt (Cameron, Poets, 39–41). Vgl. Stirling, Statuary, 143f. Die Weigerung, eine Unterscheidung vorzunehmen zwischen christlichen Laien, die heidnischer Kunst und Literatur tolerant bis begeistert begegneten, und christlichen Klerikern, die in der erhaltenen Literatur stark überrepräsentiert sind, wodurch man dazu neigt, ihre Ansichten als typisch für spätantike Christen anzusehen, bezeichnet Cameron als „the ecclesiastical fallacy“ (Cameron, Poetry, 343).

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3 „Heiden“ und „Christen“ in der Spätantike

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Die in der Forschung lange vertretene strenge Dichotomie „Heiden“ – „Christen“91 sollte idealerweise von einem neuen Modell abgelöst werden, das auch die zahlreichen Zwischenstufen einbezieht, die es zweifellos gab: zwischen einem christlichen Apologeten, der die Nicht-Christen mit polemischen Mitteln angriff, und einem Heiden, der in seiner Grabinschrift voller Stolz auf seine zahlreichen Priesterämter hinwies, bleibt genügend Platz für eine Reihe von Abstufungen. R.A. Markus spricht in diesem Zusammenhang von einem weiten „Niemandsland“ zwischen heidnischer Götterverehrung und kompromißloser Zurückweisung sämtlicher Aspekte der heidnischen Überlieferung durch Christen92. Da eine persönliche Nähe zum Heidentum bei gleichzeitig bestehendem christlichem Bekenntnis einzelner Personen weder registriert noch in irgendeiner Form geahndet wurde93, ist von einer großen Vielfalt individueller religiöser Praktiken auszugehen, die in dem zweigeteilten Weltbild von Heidentum einerseits und Christentum andererseits keinen Platz finden und die darüber hinaus in den allermeisten Fällen weder archäologisch noch anhand literarischer oder epigraphischer Quellen nachgewiesen werden können94. Ein weiterer problematischer Aspekt der Zweiteilung der spätrömischen Gesellschaft in Christen und Heiden ist die Tatsache, daß gerade in den gebildeten heidnischen Kreisen seit dem 4. Jh.n.Chr. eine deutliche monotheistische Tendenz auszumachen ist, die sich jedoch unabhängig vom Christentum herausgebildet hatte95. Der Begriff „polytheistisch“ als direktes Synonym für „heidnisch“ wird daher nur verwendet, wenn ein eindeutiger Bezug auf die traditionellen Gottheiten des griechisch-römischen Pantheons gegeben ist96. Im übrigen ist bei der Verwendung des Begriffes „Polytheismus“ auch deshalb Vorsicht geboten, da dieser in seiner antiken Form keineswegs wertfrei aufzufassen war. Der Ausdruck wurde angeblich von Philo von Alexandria zur Charakterisierung aller nicht-jüdischen Religionen geschaffen, die er damit auch gleichzeitig zu Irrtümern erklärte, ist also zunächst einmal aus einer jüdischen, später christlichen Perspektive heraus zu verstehen. Darüber hinaus wurde diese Bezeichnung auch in der Neuzeit noch in einem pejorativen Sinn gebraucht, bevor ihn seine Aneignung durch Anthropologen im 20. Jh. von jeglicher

91 Dieses Modell einer strengen Zweiteilung der spätantiken Gesellschaft in zwei gegnerische Parteien wird von J.J. O’Donnell sicher nicht ganz zu Unrecht als „simple-minded“ beurteilt (O’Donnell, Paganism, 48). Für ihn ist diese Sicht der Dinge eine „delusion“, die moderne Forscher mit den spätantiken Christen teilten (ebd., 83; vgl. dazu auch Rothaus, Christianization, 300). 92 Markus, End of Christianity, 33. 93 Leppin, Wandel des Heidentums, 70. 94 Statt der beiden Kategorien „Heiden“ und „Christen“ schlägt Cameron ein System von insgesamt fünf sich überschneidenden Kategorien vor, das sich von in jeder Hinsicht überzeugten Christen wie Augustinus und Ambrosius über Zwischenstufen bis zu überzeugten Heiden wie Vettius Agorius Praetextatus und Q. Aurelius Symmachus erstreckt (Cameron, Last Pagans of Rome, 176f.). Gegen ein solches Spektrum: Jones, Pagan and Christian, 7 mit Anm. 12. 95 Der Begriff „Monotheismus“ existierte in der Antike nicht, es handelt sich um ein modernes Hilfsmittel zur Klassifizierung von Religionen (Edwards, Monotheism, 212). Für einen Überblick über die Entwicklung monotheistischer Tendenzen in vorchristlichen Religionen s. West, Towards Monotheism, 21– 40. In der täglichen Praxis der spätantiken Heiden wurden nach wie vor die alten Kulte gepflegt und keineswegs von dem Kult einer einzigen Gottheit verdrängt (vgl. Liebeschuetz, Speech, 203f.). 96 Auch der gelegentlich verwendete Ausdruck „henotheistisch“ wird nicht herangezogen, zumal es keine allgemein anerkannte Definition des Begriffes gibt (Van Nuffelen, Pagan Monotheism, 18f.).

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3 „Heiden“ und „Christen“ in der Spätantike

inhärenten Wertung befreite97. Auf eine Verwendung von „altgläubig“ wird verzichtet, da dieses Adjektiv ebenfalls bereits eine Wertung beinhaltet98. Im Rahmen der vorliegenden Arbeit kann kein Versuch einer Entwicklung einer neuen Terminologie geleistet werden. Daher wird die Verwendung der Begriffe „heidnisch“ /„pagan“ und „christlich“ nur im Sinne der allgemein in der Forschung anerkannten Konventionen zum Tragen kommen99. Im Folgenden sind unter Heiden alle Personen zu verstehen, die weder dem Christentum noch dem Judentum, sondern statt dessen einer der zahlreichen antiken Religionen zuzuordnen sind, unabhängig davon, ob es sich um den Glauben an die Götter der griechisch-römischen Mythologie, den heidnischen Monotheismus des 4. Jhs.n.Chr., die Mysterienkulte oder die Verehrung einer orientalischen Erlösergottheit handelt. Das Unbehagen mancher Forscher hinsichtlich der Verwendung des Begriffs „Heide“/„pagan“, das sich aus der Tatsache ergibt, daß diese Kategorie erst durch die christlichen Apologeten geschaffen wurde und somit der Terminologie der Feinde der nicht-christlichen Religionen entstammt100, ist zwar nachvollziehbar, sollte jedoch in Ermangelung einer besseren Bezeichnung die weitere Verwendung von „Heiden“ in der allgemeinen Bedeutung von „Nicht-Christen“ im Gegensatz zu Christen (aller Glaubensrichtungen) nicht behindern. Daher wird hier mit aller gebotenen Vorsicht weiterhin „Heide“/„heidnisch“/„pagan“ verwendet, wie es auch allgemein in der modernen Forschung üblich ist101, im Bewußtsein, daß es sich dabei um ein antikes Konstrukt handelt, welches spezifisch dazu diente, Andersgläubige abwertend als „nicht dazugehörig“ zu definieren. Als Synonym wird auf die etwas sperrige Wortschöpfung „nicht-christlich“ zurückgegriffen. Wenn im Zusammenhang mit Bildwerken von „heidnisch“ oder „pagan“ gesprochen wird, so bezieht sich dies nur auf die Wahl des Motivs aus dem Bereich der antiken Mythologie. Unter den Sammelbegriff „Christen“ fallen, im Bewußtsein, daß es sich dabei um eine Vereinfachung der tatsächlichen Verhältnisse handelt, die Anhänger sämtlicher antiker Glaubensrichtungen innerhalb des Christentums102

97 Barnes, Monotheists, 142. Selbst in der heutigen Zeit kann es vorkommen, daß der Monotheismus dem Polytheismus als moralisch überlegen angesehen wird (vgl. Mitchell/Van Nuffelen, Introduction, 1). 98 Vgl. Leppin, Wandel des Heidentums, 62 Anm. 9. 99 Zur Haltung der modernen Forschung gegenüber den Begriffen „pagan“ und „paganism“ vgl. Ando, Apologetics, 175f. und Anm. 14. 100 Vgl. beispielsweise Fowden, Column, Anm. *. Kritisch zu dieser Haltung: Cameron, Last Pagans of Rome, 25f. 101 Vgl. dazu Trombley, Religion, x: […] „terms like ‘polytheism’, ‘henotheism’, and ‘pagan religion’ are rather risky ways of characterizing complex phenomena. Be that as it may, I have discovered no good reason to avoid using the word ‘pagan’ in contrast to ‘Christian’ (which itself probably needs sharper definition) as a synonym for ‘polytheistic’”. Vgl. Jones, Pagan and Christian, 6: „‘Paganism’ is potentially misleading, but less so than the alternatives that have been proposed“. 102 Dabei ist zu beachten, daß die spätantiken Christen auch unter sich den Status einer Person differenzierten und einen Unterschied machten zwischen Katechumenen und Getauften, welche allein als Christen im vollen Wortsinn galten (Jones, Pagan and Christian, 6).

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4 Die Bedeutung der paideia für den Umgang mit heidnischen Mythen

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4 Die Bedeutung der paideia für den Umgang mit heidnischen Mythen Für das Verständnis des spätantiken Umgangs mit Motiven der heidnischen Mythologie in Kunst und Literatur kann die Bedeutung der paideia (eruditio) gar nicht überschätzt werden. Erst die auf der klassischen griechischen und lateinischen Literatur aufbauende Bildung machte ein Weiterleben der Figuren des Mythos in weiten Bereichen des Alltagslebens der Menschen möglich, da sie die zum Verständnis mythologischer Motive notwendigen Kenntnisse vermittelte; religiöse Gesichtspunkte spielten dagegen häufig eine untergeordnete Rolle. Der auf die Spätantike anwendbare Bildungsbegriff umfaßt Kenntnisse der Literatur, der Philosophie, Geschichte und Mythologie; hinzu traten die Rechtswissenschaft sowie Fächer wie Geometrie und Astronomie. Der Erwerb von Wissen in diesen Bereichen gliederte sich in mehrere Stufen auf: Elementarschulen, die es fast überall gab, Grammatikerschulen, die oft staatlich oder städtisch gefördert wurden, sowie die Rhetorenschulen103. Wie weit ein Kind den Bildungsweg durchlief, war individuell unterschiedlich und sicherlich von Herkunft und finanziellen Möglichkeiten der Eltern bestimmt sowie dem Vorhandensein von Schulen oder Privatlehrern vor Ort; auch Mädchen konnten offenbar zumindest gelegentlich am Grammatikunterricht teilnehmen, der vor allem der Vermittlung der antiken Literatur gewidmet war104. Die umfassendste Bildung erhielten die männlichen Angehörigen der Oberschicht (hier verstanden als Reichsaristokratie und lokale Eliten) des Römischen Reiches. Generell ist dabei nicht automatisch von einer Unterscheidung nach religiösen Gesichtspunkten auszugehen, wie die zahlreich überlieferten Beispiele hochgebildeter, in allen Aspekten der heidnischen Überlieferung bewanderter Christen belegen105. Es ist anzunehmen, daß die meisten christlichen Eltern zumindest im 4. und 5. Jh.n.Chr. keinen Widerspruch darin sahen, ihren Kindern die von der Mythologie geprägte klassische Bildung zukommen zu lassen106; christlich-religiöse Inhalte wurden Kindern auf der Elementarschulebene außerhalb der Bildungseinrichtungen in der Familie und zunehmend in den vergleichsweise wenigen Klosterschulen, in denen pagane Inhalte durch christliches Material ersetzt wurde, vermittelt, während sich am weiteren Bildungsweg über den Grammatik- hin zum Rhetorikunterricht nichts änderte107. Den Schülern wurden durch die klassische Literatur auch die ethischen Wertvorstellungen vermittelt, von denen die Werke der großen Autoren der Vergangenheit durchdrungen waren. Es sollte sich durch diese moralische Bildung ein ganzer „way of life“ herauskristallisieren, der auf den Überlieferungen der heidnischen Autoren basierte108. Dieses Prinzip formuliert der Redner Eumenius in seinem Panegyricus von 297/298 n.Chr. aus: […] pro divina intellegentia mentis aeternae sentiat (sc. Constantius) litteras omnium fundamenta esse virtutum, utpote continentiae modestiae vigilantiae patientiae magistras109. 103 Klein, Stellenwert, 98. 104 Demandt, Spätantike, 471–473. Zum spätantiken Unterrichtswesen allgemein s. ebd., 471–486; Nimmo Smith, Guide to Culture, xvi–xxi. xxx–xxxvi. 105 Vgl. Demandt, Spätantike, 491. 106 Markus, Christianity and the Classics, 2. 107 Klein, Stellenwert, 98f. 109f.; Nimmo Smith, Guide to Culture, xvii. 108 Uytterhoeven, Classics, 323. 109 Paneg. IX (4) 8, 2.

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4 Die Bedeutung der paideia für den Umgang mit heidnischen Mythen

Zu einer Ausbildung, die zu einer Karriere im öffentlichen Raum führen sollte, gehörte neben der Literatur auch die Rhetorik; von Libanios wissen wir, daß die Redekunst ebenso wie die Literatur zur moralischen Bildung eines Schülers beitragen sollte, ihn xrhstoÜj deÜ kaiÜ me/trioj machen sollte110. Das Ziel einer umfassenden paideia war im Idealfall demnach nicht nur die Ansammlung von reinem Faktenwissen, sondern auch die Bildung des Charakters; ferner wurde erwartet, daß man sich nach dem Durchlaufen der schulischen literarischen Bildung weiterhin dieser widmete, so daß die Aneignung von Bildung bis ans Lebensende fortdauerte111. In diesem Zusammenhang ist jedoch einschränkend festzuhalten, daß man keine pauschalen, idealisierenden Aussagen hinsichtlich der Bildungsbeflissenheit von Angehörigen der Oberschicht treffen kann, die keineswegs alle die Literaturbegeisterung eines Q. Aurelius Symmachus teilten, sondern vermutlich vielfach die Beschäftigung mit den Klassikern mit Beendigung ihrer schulischen Ausbildung aufgaben112. Die paideia galt als Voraussetzung für eine erfolgreiche Karriere in der zivilen Verwaltung des Reiches, was auch den Söhnen aus weniger privilegierten Familien gewisse Aufstiegschancen bot und eine gemeinsame kulturelle Identität der über das gesamte Reichsgebiet verteilten Angehörigen der Oberschicht sowie insgesamt eine beträchtliche kulturelle Homogenität schuf113. Die Bildung war somit nicht Selbstzweck, sondern diente dazu, das notwendige Handwerkszeug für eine erfolgreiche Karriere sowie eine den traditionellen Wertvorstellungen entsprechende Lebensführung zu erwerben. Für gläubige Christen bedeutete dies auch, die notwendigen rhetorischen und philosophischen Fähigkeiten und Kenntnisse zu erwerben, um die christliche Botschaft effektiv vermitteln und gleichsam auf Augenhöhe mt ihren heidnischen Zeitgenossen verkehren zu können; die traditionelle paideia ebnete auch den Weg für eine kirchliche Karriere114. Die Mythologie, deren Inhalte in literarischer Form sowie durch die im öffentlichen und privaten Raum nach wie vor omnipräsenten Kunstwerke mit mythologischem Inhalt überliefert waren, stellte einen wichtigen Aspekt des gemeinsamen kulturellen Hintergrundes der spätantiken Menschen dar. Die Geschichten der Götter und Heroen waren Teil des klassischen Bildungsgutes und als solches für alle außer religiösen Hardlinern grundsätzlich 110 Cribiore, Value of Education, 239; vgl. Lib. epist. 1261, 4. 111 Gemeinhardt, Christentum und Bildung, 58f. Zum Bildungslob, das in Inschriften der Senatsaristokratie zum Ausdruck kommt, s. Niquet, Monumenta, 167–172. 112 So beschreibt Ammianus Marcellinus beispielsweise den praefectus urbi Memmius Vitrasius Orfitus als vir quidem prudens […], sed splendore liberalium doctrinarum minus quam nobilem decuerat institutus (Amm. 14, 6, 1) und kritisiert den in gehobenen Kreisen Roms angeblich verbreiteten Mangel an Bereitschaft, sich der Bildung in der Form ernsthafter Literatur zu widmen (quidam detestantes ut venena doctrinas Iuvenalem et Marium Maximum curatiore studio legunt, nulla volumina praeter haec in profundo otio contrectantes, quam ob causam non iudicioli est nostri; Amm. 28, 4, 14). 113 Brown, Power and Persuasion, 38–40. Der Grad der Bildung diente auch der Abgrenzung gegenüber den unteren Schichten der Gesellschaft, beziehungsweise der Definition einer bestimmten Gruppe, zu der der Zugang nach dem Bildungsstand festgelegt wurde (Gemeinhardt, Christentum und Bildung, 60; vgl. Sidon. epist. 8, 2, 2: nam iam remotis gradibus dignitatem, per quas solebat ultimo a quoque summus quisque discerni, solum erit posthac nobilitatis indicium litteras nosse). 114 Nimmo Smith, Guide to Culture, xix. Dies bedeutete nicht, daß sich in individuellen Fällen keine Gewissenskonflikte ergaben, wenn man beispielsweise den eigenen Glauben gefährdet sah durch eine „Kontamination“ durch zuviel paganes Gedankengut (vgl. ebd.).

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unproblematisch115. Sie bildeten, in ihrer literarischen Form, das Gerüst, auf dem die gesamte zeitgenössische Kultur aufbaute, zumal das spätantike Bildungswesen, zum Mißfallen mancher Christen, gänzlich pagan geprägt war, ohne daß die christliche Kirche ernsthaft versucht hätte, ein eigenes Schulsystem zu etablieren116. Tatsächlich wurde in der Spätantike von gebildeten Personen gleich welchen religiösen Hintergrundes erwartet, daß sie bewandert in der antiken Mythologie waren und somit in der Lage, mythologische Anspielungen zu verstehen beziehungsweise selbst in ihre Reden oder Schriften einfließen zu lassen117. Mit dem anerzogenen Interesse an der klassischen Literatur und ihren Inhalten ging sicherlich in vielen Fällen auch eine positive Haltung gegenüber künstlerischen Umsetzungen derselben einher118, beziehungsweise eine selbstverständliche Akzeptanz bei einer Konfrontation mit solchen. Daher sollte es nicht überraschen, daß in den Stadthäusern und Villen der Oberschicht, aber durchaus auch in den Unterkünften der restlichen Bevölkerung, mythologische Motive in vielen unterschiedlichen Erscheinungsformen anzutreffen waren, vom Dekor bescheidener Tonlampen bis hin zu kostbarem Geschirr, Mosaiken und Marmorskulpturen. Darin konnte ein Besucher einen direkten Verweis auf die Bildung oder zumindest den Bildungsanspruch des Besitzers solcher Objekte erkennen119, sowie auf den gesellschaftlichen Status, der in vielen Fällen mit der Bildung zusammenfiel, entweder als Voraussetzung für diese oder aber als Folge derselben, wenn jemand infolge seiner guten schulischen Bildung eine erfolgreiche Karriere und einen sozialen Aufstieg vorweisen konnte. Dabei bestand grundsätzlich auch für Christen die Möglichkeit, ihre echten oder angeblichen Kenntnisse der heidnischen Mythologie durch das Medium mythologisch inspirierter Kunst in ihrem persönlichen Umfeld nach außen zu zeigen. Daß auch die einfache Bevölkerung, der nicht die Bildungsmöglichkeiten der Wohlhabenderen offenstand, sich noch lange mit Alltagsgegenständen mit mythologischen Dar115 Auch unter gebildeten Christen wie Augustinus und Hieronymus stießen die heidnischen Inhalte der Bildung bisweilen auf starke Ablehnung, zumal man sie für unvereinbar mit dem neuen Glauben hielt (vgl. Klein, Stellenwert, 100–102; Markus, Christianity and the Classics, 6f.). Dennoch wurde von dieser Personengruppe zwar der Erwachsene verurteilt, der seine Zeit mit der Lektüre der Klassiker verbrachte, sie wurden aber trotzdem als unverzichtbarer Bestandteil des Unterrichts der Kinder betrachtet (Jones, Later Roman Empire Bd. 2, 1005). Dementsprechend setzte sich der fundamentalistische Standpunkt, nach dem christliche Lehrer die Werke heidnischer Autoren nicht unterrichten sollten, bis zum Ende der Antike nicht durch, was auch die Kritik an Kaiser Julians Gesetz, das Christen das Unterrichten der heidnischen Literatur untersagte, bezeugt (ebd., 1005f.). 116 Jones, Later Roman Empire Bd. 2, 1006f. R. Klein erwähnt, ohne Details zu nennen, christliche Schulen in den östlichen Randgebieten des Reiches wie Edessa und Nisibis als einzige Ausnahmen (Klein, Stellenwert, 97). Die Dauer des Bestehens einzelner Schulen ist abhängig von historischen Entwicklungen wie beispielsweise Barbareneinfällen; doch die Vermittlung des klassischen Unterrichtsstoffes kann selbst in den Nachfolgereichen des westlichen Imperiums noch im 7. Jh.n.Chr. vereinzelt nachgewiesen werden (vgl. Mathisen, Bishops, 7f. 10). 117 Vgl. Cameron, Last Pagans of Rome, 406; Jones, Later Roman Empire Bd. 2, 1006. 118 Stirling, Statuary, 142. 119 Der äußere Anschein mußte nicht unbedingt mit dem tatsächlichen Hintergrund einer Person übereinstimmen; es ist davon auszugehen, daß es sich bei einer durch Kunstwerke im Privatraum ausgedrückten Affinität zur klassischen Bildung auch um eine reine Attitüde des Besitzers handeln konnte, der damit seinen Anspruch auf Zugehörigkeit zu einer bestimmten gesellschaftlichen Gruppierung zum Ausdruck bringen wollte (vgl. Baratte, Culture et images, 281–283).

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4 Die Bedeutung der paideia für den Umgang mit heidnischen Mythen

stellungen wie beispielsweise Lampen umgab, zeigt im übrigen, daß es nicht notwendig war, über tiefe Kenntnisse der klassischen Literatur zu verfügen, um Szenen des Mythos wertzuschätzen. Wer nicht lesen und schreiben konnte, mochte den mythischen Heroen im Theater begegnen oder ihre Geschichten zu Hause von den (Groß-)Eltern nacherzählt bekommen120. Nicht zu unterschätzen ist dabei auch, daß der öffentliche Raum der Städte noch lange von mythologisch inspirierten Bildwerken angefüllt war, man den ihnen zugrundeliegenden Geschichten folglich auch begegnete, wenn man selbst nicht die finanziellen Möglichkeiten hatte, Silbergeschirr oder Statuetten mit mythologischen Motiven zu erwerben. In jedem Fall drückte ein mythologisches Motiv in der spätantiken Kunst keinesfalls aufgrund seiner Herkunft aus der heidnischen Vergangenheit automatisch eine pagane oder gar anti-christliche Haltung aus. In diesem Zusammenhang ist K. Shelton zuzustimmen, die in den Auftraggebern von Kunstwerken mit mythologischem Inhalt in erster Linie Römer, nicht Angehörige unterschiedlicher Religionsgemeinschaften sieht; nicht Werke der Kleinkunst oder in Privathäusern verlegte Mosaikpavimente dienten als Medien religiöser Auseinandersetzungen, sondern Rhetorik und Literatur121. In Anbetracht der genannten Aspekte sollte das Weiterleben paganer Motive in der in vielen Bereichen bereits christianisierten Spätantike keinen Anlaß für Verwunderung bieten, und auch die kontinuierlich in der Kunst und – in eingeschränktem Umfang – in der Literatur auftretende Herculesfigur ist vor dem Hintergrund der Bedeutung der paideia zu betrachten.

120 Vgl. Min. Fel. 23, 1. 121 Shelton, Roman Aristocrats, 106–8.

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A Hercules im Lebensumfeld

I Hercules im alltäglichen Umfeld der Menschen Die Anzahl von Kunstwerken mit Motiven aus dem Mythenkreis des Hercules nimmt in der Spätantike gegenüber früheren Epochen deutlich ab, was zur Folge hat, daß für die Untersuchung von Kunstgattungen und Motiven nur eine vergleichsweise geringe Materialbasis zur Verfügung steht. Ein weiteres Problem besteht darin, daß für viele Werke, die im allgemeinen der Spätantike zugerechnet werden, weder eine eindeutige Datierung noch ein archäologischer Kontext festzustellen ist, so daß für die Interpretation nur das jeweilige Einzelstück zu Verfügung steht, aus dem jedoch häufig keine oder nur geringe Rückschlüsse auf Herkunft, Aufstellungsort oder sozialen Kontext zu ziehen sind. Was allerdings die meisten Kunstgegenstände mit Herculesmotiven verbindet, ist, daß man sie aufgrund ihrer Funktion im weitesten Sinne dem Umfeld des spätantiken Wohnhauses als dem privaten Lebensumfeld der Menschen zuordnen kann. Hercules tritt in Erscheinung auf Fußbodenbelägen, auf Eß- und Prunkgeschirr, auf Wandbehängen, als Dekor von Gebrauchsgegenständen und Mobiliar, als Statuette, Statue oder Relief in den Villen der Oberschicht1, aber auch im funerären Bereich und an öffentlichen Orten. Bevor die „offizielle“ Funktion des Hercules im Rahmen des Selbstverständnisses von Kaisern und hohen Amtsträgern des spätantiken Staates behandelt wird, soll im Folgenden das Augenmerk auf den privaten Raum gerichtet und aufgezeigt werden, in welchen Bereichen des Alltagslebens ein spätantiker Mensch noch mit dem Bild des Alkiden konfrontiert werden konnte. Dabei ist in Bezug auf den religiösen Aspekt im Auge zu behalten, daß die Ausstattung eines spätantiken Wohnhauses in aller Regel keine Rückschlüsse auf die religiöse Haltung seiner Bewohner erlaubt, ebensowenig wie ein Gegenstand aufgrund seines Dekors selbstverständlich einem heidnischen oder christlichen Besitzer zugeordnet werden kann. Dementsprechend ist beispielsweise ein Haus, in dem eine statuarische Darstellung einer Figur der griechischen Mythologie gefunden wurde, nicht notwendigerweise als „heidnisch“ zu betrachten; umgekehrt ist nicht zwangsläufig davon auszugehen, daß christliche Symbole an oder in einem Gebäude eine Auskunft über die Religionszugehörigkeit der Bewohner geben2. Ein Kunstwerk kann zwar aufgrund des Motivs als „heidnisch“ eingestuft werden, jedoch sollte sich dieses Etikett nur auf die Themenwahl beziehen, nicht auf die Aufnahme, die ihm durch spätantike Menschen zuteil wurde: nur weil ein Kunsterzeugnis eine Gottheit 1 Die Häuser von Angehörigen der spätantiken Oberschicht sind archäologisch weit besser erschlossen als diejenigen von Personen aus den unteren Schichten der Gesellschaft (Uytterhoeven, Classics, 324). Dennoch kann man gelegentlich Rückschlüsse auf die Ausstattung schlichterer Häuser ziehen, wenn beispielsweise Objekte gefunden werden, bei denen es sich um Keramikimitationen von Silbergeschirr mit ähnlichen Motiven handelt (s. Kap. A I.1.4.2). 2 Brandt, Archaeological Record, 162f.; vgl. Uytterhoeven, Classics, 332.

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A Hercules im Lebensumfeld

oder eine Figur des Mythos darstellte, ist nicht automatisch von einem heidnischen Auftraggeber oder Besitzer auszugehen, ebensowenig wie von einer grundsätzlich ablehnenden Haltung einer christlichen Person, die mit dem betreffenden Objekt konfrontiert wurde3. Literarische und archäologische Zeugnisse belegen zur Genüge, daß auch in der in vielen Aspekten des Lebens bereits christlich geprägten oder zumindest beeinflußten Spätantike viele Kunstwerke und Gegenstände religiös als „neutral“ angesehen wurden und also für Heiden und Christen nicht nur akzeptabel waren, sondern schlicht einen integralen Bestandteil des täglichen Lebens bildeten, von der schulischen Erziehung anhand von Texten mit mythologischen Inhalten über den noch immer stark heidnisch geprägten Dekor der Häuser bis hin zur Ausstattung öffentlicher Orte wie Foren, Bäder und Circi mit Götterbildern. Dementsprechend soll hier am Beispiel des Hercules aufgezeigt werden, daß tatsächlich die heidnische Mythologie noch alle Lebensbereiche eines spätantiken Menschen durchdringen konnte. Sofern die entsprechende persönliche Neigung gegeben war, war es im 4. bis 6. Jh.n.Chr. und teilweise darüber hinaus nach wie vor möglich, sich mit Bildern des Alkiden zu umgeben, die in zahlreichen unterschiedlichen Medien und in allen Regionen des Reiches, wenn auch in geringer Quantität, belegt werden können. Zur Illustration dieser Tatsache werden hier archäologische Funde aus dem Imperium Romanum zusammengetragen und in die „physische“ Lebenswelt – im Gegensatz zur im nächsten Kapitel behandelten Gedankenwelt – eingeordnet. Für die unmittelbare Umgebung eines Menschen geschieht dies im Rahmen eines exemplarischen Hauses eines Mitgliedes der spätrömischen Oberschicht; für den Lebensbereich außerhalb des Privathauses werden im Anschluß daran die auch in der Spätantike noch bedeutenden Bereiche der Bäder, Hippodromoi/Circi und des Theaters untersucht, bevor der funeräre und der schulische Kontext angesprochen werden. Daraus ergibt sich ein idealtypisches Bild der Bereiche, in denen ein Mensch im Alltag mit Darstellungen des Hercules konfrontiert werden konnte4. Da generell von der Option inhaltlich ähnlicher oder übereinstimmender Motive auf Objekten unterschiedlicher Gattungen im Umfeld eines Hauses ausgegangen werden muß – es konnte beispielsweise eine bewußte Abstimmung zwischen den Darstellungen auf einem Mosaik im triclinium und

3 Vgl. beispielsweise Liebeschuetz, Mythology, 196: „[…] mythological representations are neither pagan nor Christian. They are simply a traditional form of art, employed over a wide range of uses of art: for ornament, or entertainment or instruction, or for a combination of uses. It would certainly be a mistake to deduce from the fact that an object is decorated with a mythological scene that its owner and/or maker must have been an upholder of the traditional religion, or at least a ‘fragile’ Christian.“ Dennoch sollte nicht grundsätzlich ausgeschlossen werden, daß ein mythologisches Motiv pagan-religiöse Assoziationen wecken sollte oder konnte, doch ist dies in Ermangelung ergänzender zeitgenössischer Zeugnisse sehr häufig nur schwer zu erkennen beziehungsweise eine Frage der Interpretation (vgl. ebd., 197f.). 4 An dieser Stelle kann zur Vorgehensweise D. Parrishs Hinweis zum Aufbau seines Artikel über die Rolle des dionysischen thiasos als Dekor in spätantiken triclinia zitiert werden: „Unfortunately, all of these elements [i.e. mosaics, tapestries, marble tables, silver vessels, glass objects, luxury garments] have never been found together in a single dwelling, and some had a secondary use in a funerary setting. However, with the aid of texts and images depicting the objects, we can reconstruct their original use and imagine a rich house equipped with several of these ornamental forms“ (Parrish, Mythological Theme, 308).

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I Hercules im alltäglichen Umfeld der Menschen

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denjenigen auf Eßgeschirr oder Wandbehängen vorliegen5 –, wird hier aufgezeigt, daß es in der Spätantike zumindest theoretisch möglich war, sich im Alltagsleben vollständig mit Bildern aus dem Herculesmythos zu umgeben.

I.1 Hercules im Haus An erster Stelle der Beschäftigung mit spätantiken Herculesdarstellungen soll hier der Bereich stehen, in dem ein Hausbesitzer Gäste empfing und ihnen gegenüber seinen Rang, seinen Reichtum und seine Bildung präsentierte, d.h. ganz allgemein Speise- und Empfangsräume, die meist besonders reich mit mobilen und nicht-mobilen Objekten geschmückt waren, zu denen Mosaikpavimente, Skulpturen, Reliefs, aber auch Mobiliar und Geschirr zählten. Im Anschluß daran wird das Augenmerk auf Objekte gerichtet, die überall im Alltag anzutreffen waren, also Gebrauchsgegenstände aller Art sowie Kleidung und Schmuck. I.1.1 Mosaike Besonders eindeutig spiegeln Bodenmosaike die reichsweite Popularität von Mythenbildern in der Spätantike wider6; sie bieten den prunkvollen Hintergrund für die Aufstellung von Skulpturen, Reliefs und wertvollen Kunstobjekten in den Häusern der Oberschicht. Aus der römischen Spätzeit sind Mosaike aus dem gesamten Reichsgebiet erhalten, die Themen aus dem Mythenkreis des Hercules wiedergeben; die meisten Mosaike mit Herculesmotiven stammen aus den hispanischen und nordafrikanischen Provinzen. Auch der Vordere Orient ist zahlenmäßig stark vertreten7, während aus den gallischen, germanischen und britannischen Provinzen außer den Exemplaren von Bramdean (s.u.), Vienne und Trier kein eindeutig spätantikes Mosaik mit Herculesmotiven erhalten ist, wie auch aus Italien nur das Beispiel von Piazza Armerina bekannt ist8. Angesichts der gerade auch in den gallischen Provinzen gepflegten Villenkultur mutet dieser Umstand erstaunlich an, zumal der unten behandelte Reliefzyklus von Chiragan belegt, daß die gallische Aristokratie Hercules als Dekormotiv einsetzte. Es muß daher davon ausgegangen werden, daß das Fehlen entsprechender Mosaike eher auf den Zufall der Überlieferung als auf eine tatsächliche Nichtexistenz von Herculesmotiven in diesem Medium im spätantiken Gallien zurückzuführen ist. Bei den – soweit der Befund hier ein Urteil zuläßt – allesamt im Kontext privater Wohnhäuser anzusiedelnden Mosaiken wird es sich um bildliche Umsetzungen der von den Auftraggebern beziehungsweise den Hausherren als besonders zentral erachteten Aspekte des Herculesmythos gehandelt haben. Eine Verbindung zum Herrscherkult, zur kaiserlichen Repräsentation oder auch zu der Funktion des Hercules als eine den Tod besiegende Erlö-

5 Vgl. Swift, Decorated Vessels, 399–405. 6 Muth, Umgang mit Mythenbildern, 95. 98–100. 7 Vgl. Muth, Raum, Kat.-Nr. A 15; A 25; A 28; A 29; LIMC IV, 1 n. 1600; LIMC V, 1 n. 1741, 1742, 1941, 2163=2226b, 3257, 3358, 3484. 8 Vgl. LIMC V, 1 n. 1743, 2061. Zu dem Trierer Mosaik s. Parlasca, Mosaiken, 59; zu Vienne vgl. Lancha, Vienne, 89–91.

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sergestalt, die Jenseitshoffnungen verkörperte, ist dabei schon aufgrund der Position der Mosaike auf dem Fußboden und oft in Speiseräumen kaum anzunehmen9. Neben den Taten des Dodekathlos liegt in der Motivwahl das Augenmerk vor allem auf dem dionysischen Bereich. Als angemessen für die Ausschmückung des Wohnraumes mit Mosaiken sah man sowohl den als exemplum virtutis agierenden Sieger über monströse Gegner, als auch den trunkenen Genußmenschen und Liebhaber an. Dabei ist Hercules in vielen Fällen nur einer von mehreren Protagonisten in einem großen Mosaik, das Szenen aus ganz unterschiedlichen antiken Mythen versammelt. Wie bei anderen Herculesdarstellungen in verschiedenen Kunstgattungen ist auch bei Mosaiken zum Teil davon auszugehen, daß sie in der Hohen oder Späten Kaiserzeit entstanden sind, sich jedoch in der Spätantike noch in situ befanden und nach wie vor als Dekor des entsprechenden Raumes dienten. Dementsprechend werden im Folgenden nicht nur spätantike Erzeugnisse der Mosaikkunst angesprochen, sondern überdies ältere, im 4. Jh.n.Chr. und teilweise darüber hinaus weiterhin sichtbare Pavimente aus dem Kontext der Häuser der spätrömischen Oberschicht. Generell ist zu beachten, daß die Deutung der spätantiken Herculesmosaike, wie auch der Abbildungen des Alkiden in anderen Medien, abhängig war von den jeweiligen Individuen und ihrem Hintergrundwissen10. Aus heutiger Sicht sind diese Aspekte aufgrund mangelnder Quellen jedoch nicht eindeutig zu beurteilen, zumal sicherlich Faktoren wie der momentane Gemütszustand, eigene Erlebnisse oder während der Betrachtung der Bilder geführte Gespräche in diesem Zusammenhang eine Rolle spielten. Verallgemeinerungen sollten daher in der Beurteilung der spätantiken Herculesdarstellungen vermieden werden. I.1.1.1 Hercules im dionysischen Kontext Mehrere Mosaike aus dem Vorderen Orient bilden den Trinkwettstreit zwischen Hercules und Dionysos ab, ein sonst eher seltenes Motiv, das vermutlich von römischen Künstlern eingeführt wurde11. Besonders ausführlich geschieht dies auf einem großen Mosaik aus Sepphoris (Galilaea), das den Boden des tricliniums des sogenannten „Hauses des Dionysos“ schmückte, welches möglicherweise einem wohlhabenden jüdischen Einwohner der Stadt gehörte12. In diesem Fall ergäbe sich ein religiöses Umfeld, in dem Figuren der anti9 Amedick, Herakles, 111. 10 Vgl. Muth, Überflutet von Bildern, 228f. 11 Talgam/Weiss, House of Dionysos, 50. In der Mosaikkunst ist das Motiv nur im syro-palästinischen Raum bezeugt (ebd., 50). Zu den wenigen Darstellungen des Motivs vgl. auch Levi, Mosaic Pavements Bd. 1, 21f. 12 Talgam/Weiss, House of Dionysos, 47f. 128; vgl. Bowersock, Mosaics, 39. Bei dem „Haus des Dionysos“ handelt es sich um das größte private Gebäude von Sepphoris, errichtet auf dem Gipfel der Akropolis der Stadt (Hachlili (Rez.), House of Dionysos, 248). G. Bowersock nennt Sepphoris eine „thoroughly Jewish city“ (Bowersock, Mosaics, 61). Die mythologischen Motive würden nicht notwendigerweise gegen einen jüdischen Hausherrn sprechen, was Z. Weiss anhand des Patriarchen Judah belegt, der nachweisbar positiv gegenüber der griechischen Kultur, Sprache, Literatur wie auch der griechisch-römischen Kunst eingestellt gewesen sei (Talgam/Weiss, House of Dionysos, 129). Laut R. Talgam könnte es sich bei dem Hausbesitzer jedoch auch um einen Heiden gehandelt haben, was sich mit angeblich religiösen Untertönen des Mosaiks in Einklang befinden würde; sie sieht Anklänge an die Dionysos-Mysterien (ebd., 125. 128. 130f.). Angesichts der Anbringung des Mosaiks im triclinium, für das die Motive thematisch angemessen sind, sollte hier allerdings keine religiöse Bedeutungsebene an-

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ken Mythologie in der Spätantike nicht nur in heidnischen und christlichen, sondern auch in jüdischen Haushalten belegt werden können, was wiederum die Universalität der Motive und der ihnen zugrundeliegenden Erzählungen und Bedeutungsinhalte bezeugen würde. Die Entstehung des Gebäudes und des Mosaiks wird in das späte 2. oder frühe 3. Jh.n.Chr. datiert; nach dem Erdbeben des Jahres 363 n.Chr., dem das Haus vermutlich zum Opfer fiel, wurde es nicht wiederaufgebaut. Münzen, die in dem Schutt gefunden wurden, der nach dem Erdbeben die Räume füllte, können den Kaisern Constans und Constantius II. zugewiesen werden, während deren Herrschaft das Gebäude also noch in Gebrauch und das Mosaik sichtbar war13. Das zentrale Feld des Mosaiks zeigt Hercules und Dionysos, identifiziert durch griechische Beischriften, in Gesellschaft mehrerer musizierender und tanzender Figuren des thiasos; der schon in die Knie gegangene Hercules führt ein Trinkgefäß an die Lippen, während der gelagerte Dionysos seinen eigenen, bereits leeren Skyphos in die Höhe hält, was die Thematik des Trinkwettbewerbes sichert. Dieses große Bildfeld wird an allen Seiten von kleineren Feldern mit unterschiedlichen Szenen aus dem dionysischen Umfeld eingerahmt, zu denen beispielsweise eine Prozession sowie insgesamt drei weitere Darstellungen des trunkenen Hercules gehören14. Die Motive des Mosaiks bieten somit durchaus einen passenden thematischen Hintergrund für eine Nutzung des Raumes für Gelage, wie überhaupt der Dionysos-Kreis ein beliebtes Dekorelement in spätantiken triclinia bildete15, zumal er positive Werte wie Gastfreundschaft, Geselligkeit und Lebensfreude vermittelte, die im gemeinsamen Gelage von Hausherr und Gästen ihren Ausdruck fanden16. Im übrigen dürften diese – religiös gänzlich neutralen – Aspekte für Heiden, Christen und Juden gleichermaßen akzeptabel gewesen sein. Während dem Wetttrinken keine mythologische Erzählung zugrunde liegt, paßt die gemeinsame Darstellung der beiden Götter sowohl zu ihren im Mythos begründeten Gemeinsamkeiten – unter anderem sind beide halb-göttlicher Abstammung und beide in Theben geboren – als auch und gerade zu dem oft zügellosen Verhalten des Hercules; beide wurden schon in der spätarchaischen und klassischen Epoche zusammen beim Gelage gezeigt17. genommen werden, für die es keinerlei Anhaltspunkte gibt (Hachlili (Rez.), House of Dionysos, 250). 13 Talgam/Weiss, House of Dionysos, 17. 29. 14 Für eine detaillierte Beschreibung der einzelnen Felder s. Talgam/Weiss, House of Dionysos, 48–73; vgl. ebd., Farbtaf. 1, Abb. A. 15 Der Wettkampf zwischen Hercules und Dionysos war beispielsweise auch das erste Bild, das ein Besucher beim Betreten des tricliniums in dem sog. „Atrium-Haus“ in Antiochia (2. Jh.n.Chr.) sehen konnte. Der Alkide, zu erkennen an dem um seine Beine geschlungenen Löwenfell, trinkt Wein aus einer Schale, während Dionysos die eigene bereits geleert hat. Wie in Sepphoris ist Dionysos entspannt in einer triumphalen Pose gelagert: der Sieg über Hercules ist ihm sicher (Kondoleon (Hg.), Antioch, 170 Kat.-Nr. 55). Ebenfalls aus dem triclinium eines Hauses in Antiochia stammt eine weitere Darstellung des Wetttrinkens aus dem frühen 3. Jh.n.Chr., das dem Gebäude auch seinen heute gebräuchlichen Namen „House of the Drinking Contest“ verliehen hat. Wiederum ist der elegant gelagerte, ein Rhyton hochhaltende Dionysos eindeutig der Sieger gegenüber dem betrunkenen Alkiden (Levi, Mosaic Pavements Bd. 1, 156f.). Zum dionysischen thiasos auf spätantikem Dekor in triclinia vgl. allgemein Parrish, Mythological Theme, 307–332. 16 Uytterhoeven, Classics, 332. 17 Vgl. Talgam/Weiss, House of Dionysos, 50 (s. Anm. 4 zu den Gemeinsamkeiten von Hercules und Dionysos).

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Das Verhalten des Hercules, wie es in drei weiteren Feldern gezeigt wird, ergänzt die Thematik des Trinkwettstreits; in einem der Rahmenfelder ist er bereits zu Boden gegangen, aufgefangen von einem Satyr und einer Mänade, wobei sein betrunkener Zustand durch die Beischrift MEQH verdeutlicht wird18. Die Absicht lag wohl darin, den Unterschied zwischen dem Gott Dionysos und dem zu diesem Zeitpunkt noch menschlichen Hercules zu veranschaulichen; als Gott des Weines ist er, anders als Hercules, gegen die Trunkenheit gefeit und dem Heros in dieser Hinsicht überlegen19. So wurde auch das Motiv eines weiteren Bildfeldes gedeutet, das Hercules zu Füßen des zwar trunkenen, aber dennoch aufrechten Dionysos zeigt; seine Keule hat der Heros hier als Zeichen seiner Zugehörigkeit zum thiasos des Weingottes gegen einen thyrsos-Stab eingetauscht20. Diese Szenen wurden dahingehend interpretiert, in dem betrunkenen Hercules ein Negativbeispiel und im Motiv des Trinkwettstreits einen Aufruf zur Mäßigung an die Betrachter zu sehen21. Anders als Hercules kann Dionysos in angemessener Weise mit seiner Trunkenheit umgehen, entsprechend den Vorgaben der richtigen, das heißt selbstbeherrschten Art des Trinkens, wie sie ein Mitglied der Oberschicht idealerweise an den Tag legen sollte22. Hercules dagegen versucht, von Satyrn aufrecht gehalten, in einem weiteren Rahmenfeld, Auge zu vergewaltigen, in einer Illustration seiner durch den Alkohol hervorgerufenen Enthemmung23. Dementsprechend könnte der Alkide in Sepphoris für die negativen Seiten des Weins

18 Talgam/Weiss, House of Dionysos, 51; Taf. II. A. Der betrunkene, von einem Satyr gestützte Hercules ist in derselben Region auch auf dem Mosaik von Sheikh Zouède im Norden der Sinai-Halbinsel dargestellt; begleitet wird er dort darüber hinaus von tanzenden und singenden Mitgliedern des thiasos (Mucznik/Ovadiah/Turnheim, Art in Israel, 149. 150 Abb. 6. 152 Abb. 8). Das Mosaik stammt vermutlich aus dem 5. oder 6. Jh.n.Chr. und läßt sich somit in eine Reihe mit anderen Darstellungen desselben Motivs bringen (zur Datierung s. Dunbabin, Mythology and Theatre, 239 Anm. 21). Dunbabin deutet die Inschrift TELETH („Einweihung in die Mysterien, religiöse Feier“) als Überschrift der gesamten Szene; eine pagan-religiöse Signifikanz des Motivs lehnt sie jedoch ab und sieht im dem Motiv eine neutrale Darstellung dionysischen Wohllebens (ebd., 241). Daß das Motiv des trunkenen Hercules nicht auf den Osten des Reiches beschränkt war, beweist das Mosaik von Torre de Palma in der Provinz Lusitania, das vermutlich ebenfalls im 4. Jh.n.Chr. entstanden ist und aus einem vielleicht als triclinium oder als Empfangsraum zu deutenden Raum stammt (Lancha, Mosaïque, 231; Muth, Raum, 446; zur Datierung s. Lancha, Mosaïque, 254) – wobei sich die beiden Funktionen nicht unbedingt ausschließen müssen, beziehungsweise auch chronologisch aufeinandergefolgt sein können. Das in Lanchas Katalog als Szene VII bezeichnete Bildfeld zeigt den betrunkenen Hercules, der ausnahmsweise von Hermes anstelle eines Satyrn gestützt wird. Bei dem Objekt zu Füßen des Heros handelt es sich wohl um ein Rhyton, das dieser achtlos fallenließ, nachdem er es – vermutlich wiederum im Wettstreit mit Dionysos – ausgetrunken hatte (Lancha, Mosaïque, 244). Ein Bodenmosaik aus Vienne (Frankreich), das im späten 2. oder frühen 3. Jh.n.Chr. entstanden ist, zeigt einen Hercules, der nur mit Mühe von einem Satyr und einer Mänade aufrecht gehalten wird. Er ist umgeben von weiteren Mitgliedern des thiasos (Lancha, Vienne, 89–91). 19 Vgl. Talgam/Weiss, House of Dionysos, 51. Dieses Motiv nimmt im späten 5. Jh.n.Chr. der Dichter Nonnos in seinen Dionysiaca wieder auf, wo er die überlegene Macht des Dionysos gegenüber den Taten des Hercules hervorhebt (ebd., 51f.; Nonn. Dion. 25, 174–252). 20 Talgam/Weiss, House of Dionysos, 53f. 21 Vgl. Kondoleon, Mosaics, 68. Kondoleon bezieht sich bei dieser Deutung nicht auf das Mosaik von Sepphoris, sondern das Mosaik aus dem „Atrium-Haus“ in Antiochia (Kondoleon (Hg.), Antioch, 170 Kat.-Nr. 55), welches ebenfalls das Motiv des Wetttrinkens enthält. 22 Talgam/Weiss, House of Dionysos, 53f. 125f. 23 Talgam/Weiss, House of Dionysos, 55 Abb. 40 (s. auch Taf. III. A). 57.

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stehen und damit als abschreckendes Beispiel für die in dem triclinium ihre Gelage abhaltenden Menschen dienen. Es ist jedoch mehr als fraglich, ob es der Zweck eines Bodenmosaiks gewesen sein kann, die Teilnehmer eines Gelages von den Gefahren übermäßigen Trinkens zu überzeugen. Vermutlich ist eine solche Deutung für die Antike als Anachronismus anzusehen und geht eher auf christlich geprägte, moralisierende neuzeitliche Vorstellungen zurück, zumal die Auge-Episode in der Antike insofern positiv besetzt war, als sie zur Zeugung des Telephos, des Gründungsheros von Pergamon, führte24. Naheliegend scheint vielmehr die Deutung, daß die Betrachter nicht zur Mäßigung angehalten werden sollten, sondern daß vielmehr die Trinkfestigkeit in geselliger Runde gepriesen wurde; die Botschaft des Mosaiks wäre also nicht als mahnend, sondern im Gegenteil als ermunternd anzusehen, und Hercules damit nicht als pathetischer Betrunkener, sondern als jemand, der sich in einem – für ihn selbst – angenehmen Zustand der Trunkenheit befindet, den die Betrachter ebenfalls anstrebten. Bei den Szenen des Wetttrinkens und der Trunkenheit des Hercules handelt es sich um eine Darstellung eines Gelages mit mythologischem Beiwerk, das das luxuriöse Wohlleben der Betrachter widerspiegelte; Trinkwettkämpfe fanden in der Realität ebenso statt wie in der Welt der Götter und Heroen25. Die Betrachter konnten sich mit den beiden Kontrahenten Dionysos und Hercules identifizieren; der Wettstreit war eine passende Illustration des eigenen Wetttrinkens und lieferte ein entsprechendes Gesprächsthema26. Dieser Hercules, der nach Vollbringung seiner Taten die Keule beiseite legen und sich dem wohlverdienten otium widmen kann, ist folglich eine Erscheinungsform des Heros, mit der man sich im Alltag sicherlich leichter identifizieren konnte als mit dem unbesiegbaren Übermenschen des Mythos – er ist hier gleichsam auf eine menschliche Ebene herabgestuft, gezeigt bei einer Tätigkeit, die, anders als das Töten von Ungeheuern, jedem offenstand.

24 Beachtenswert ist an dieser Stelle, daß Hercules in einem Fragment von Euripides’ Tragödie Auge die Vergewaltigung der Auge selbst als ein Unrecht bezeichnet, wenn er die Tat auf seine Trunkenheit schiebt (TrGF 272b: nu=n d’ oi)=noj e)ce/sthse/ m’! o(mologw= de/ seƒa)dikei=n, toÜ d’ a)di/khm’ e)ge/net’ ou)x e(kou/sion). E. Stafford deutet mehrere Darstellungen von Hercules und Auge aus dem 4. Jh.v.Chr. dahingehend, daß Auge die aktive Rolle einer Verführerin übernehme, während der betrunkene Hercules nicht in der Lage zu sein scheint, ihr entgegenzukommen. Dies sieht Stafford als eine bildliche Umsetzung der Interpretation des Auge-Mythos in zeitgenössischen Komödien (Stafford, Herakles, 114f.), in denen das eigentlich tragische Schicksal Auges wohl so umgekehrt wurde, daß es das Publikum zu Lachen brachte, wodurch wiederum Hercules schlimmstenfalls zur Zielscheibe von Spott geworden sein dürfte, jedoch nicht als Übeltäter gesehen wurde. Die Auge-Episode konnte folglich bereits in der klassischen Epoche durchaus ambivalent betrachtet werden. 25 Vgl. Talgam/Weiss, House of Dionysos, 50. 26 Bei der Rolle von Mythenbildern als Gesprächsstoff mehr oder minder gebildeter Hausbesitzer und Besucher handelt es sich nicht um eine spezifisch spätantike Entwicklung; bereits in der Kaiserzeit waren Unterhaltungen über im Haus aufgestellte Kunstwerke ein beliebter Zeitvertreib der Oberschicht (Zanker, Mythenbilder, 42f.). Der Dekor eines Raumes bildete demnach auch den Kontext und die Anregung für Diskurse über Mythologie, Literatur oder Philosophie, was die bedeutende Rolle von Mythenbildern in spätantiken Häusern hervorhebt: sie gaben nicht nur ihrem Besitzer, sondern auch seinen Gästen die Möglichkeit, ihren sozialen Status und ihre Kultiviertheit nach außen zu zeigen (vgl. Uytterhoeven, Classics, 324).

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Das Zusammentreffen von Hercules und Auge ist auf einem Mosaik aus Sarrîn (Osrhoene, südwestlich von Carrhae/Harran) thematisiert, das den nur mit dem Löwenfell bekleideten, weit ausschreitenden Heros zeigt, der sich auf die an einer Quelle kniende Auge stürzt, die voller Schrecken über die Schulter zu ihm zurückblickt27 (Abb. 1). Er überrascht, entsprechend der Schilderung des Mythos, die Priesterin beim Waschen des Peplos des Athena-Kultbildes, wobei er, anders als in Sepphoris, jedoch nicht betrunken zu sein scheint, und statt von Satyrn nur von einem fliegenden Eros begleitet wird28. Im Gegensatz zu vielen früheren Darstellungen dieser Episode ist Auge allein und vollständig bekleidet, während die Anordnung der Figuren, die erhobene Keule und die abwehrende Haltung der angsterfüllten Auge der Szene eine größere Dramatik als in anderen Umsetzungen des Themas verleihen29. Die Szene stammt aus einem vermutlich im 6. Jh.n.Chr. entstandenen Bodenmosaik, dessen andere Bildfelder weitere wohlbekannte Motive der griechischen Mythologie wiedergeben (den Raub der Europa, das Liebespaar Meleager und Atalante oder Aeneas und Dido, die in einer von Meereskentauren getragenen Muschel thronende Aphrodite, sowie, in zwei größeren, sich über die ganze Länge des Mosaiks erstreckenden Bildfeldern, den dionysischen thiasos mit der Hochzeit von Dionysos und Ariadne sowie eine Jagdszene, deren Mitte die auf einem erlegten Löwen stehende Artemis einnimmt)30. Hercules ist hier nicht direkt in den thiasos eingebunden, aber wiederum ist die Szene aus seinem Sagenkreis kombiniert mit dem dionysischen Umfeld, was insofern dem AugeMythos entspricht, als Hercules laut Überlieferung kräftig dem Wein zugesprochen hatte, bevor er die Königstocher überfiel. Die in den anderen Feldern dargestellten Paare verkörpern möglicherweise unterschiedliche Aspekte der Liebe, wobei am einen Ende des Spektrums Aphrodite als Verkörperung der erotischen Liebe steht31, am anderen Artemis als Vertreterin der Keuschheit, der sich die Athena-Priesterin Auge hinzugesellt. Diese allerdings war von ihrem Vater Aleos dem Dienst der Göttin geweiht worden, in dem vergeblichen Versuch, einem Orakelspruch entgegenzuwirken, nach dem ein Kind Auges den Tod ihrer Brüder hervorrufen würde32. Insofern könnte Hercules hier als derjenige gesehen werden, der dafür sorgte, daß sich das Orakel bewahrheitete und somit der Wille der Götter erfüllt wurde. Ebenfalls bietet sich eine Deutung an, die Hercules als eine Verkörperung männlicher Virilität sieht, in Übereinstimmung mit dem traditionellen römischen Verständnis von aggressiver, positiv besetzter Männlichkeit33; dazu würde die Körperhaltung des 27 Zu den Einzelheiten des Mythos s. zusammenfassend Foucher, Héraclès et Augé, 164. Für einen Überblick über die Darstellungen der Episode in der antiken Kunst s. ebd., 166–170. 28 Balty, Mosaïque, Taf. XXII–XXIII. 29 Die meisten Mosaiken, welche die Begegnung zwischen Hercules und Auge wiedergeben, zeigen Auge unbekleidet; das typische ikonographische Schema für diese Episode und die Abweichungen in Sarrîn werden von J. Balty beschrieben (Balty, Mosaïque, 53f.; vgl. Foucher, Héraclès et Augé, Taf. XCIX–CI). 30 Für die quadratische Anordnung der Bildfelder um ein nicht erhaltenes zentrales Feld s. den Plan in Balty, Mosaïque, gegenüber Taf. XLVI. Zur anhand stilistischer Kriterien durch Vergleiche mit anderen Mosaiken aus dem Vorderen Orient vorgenommenen Datierung s. ebd., 82f. 31 Dido und Aeneas könnten für eine Liebe stehen, die in ihrer Intensität zumindest für eine Zeitlang zu Pflichtvergessenheit führt (vgl. Verg. Aen. 4, 223–237; 265–276), jedoch dabei so obsessiv wird, daß sie in Haß umschlägt und der enttäusche Partner sich das Leben nimmt (vgl. Verg. Aen. 4, 1–5. 54f. 101. 382–387. 474–499. 642–665; Aug. conf. 1, 20: se [sc. Dido] occidit ob amore). 32 Stafford, Herakles, 94. 33 Vgl. dazu allgemein Williams, Homosexuality, 18. 179f. Für N. Loraux ist Hercules „the very type of

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Heros passen: wie sein ausgestreckter rechter Arm und genau parallel zu diesem ist sein Phallus wie eine Waffe auf Auge gerichtet. Hier mag man eine wörtliche Bedeutung der charakteristischen herculischen virtus als „Männlichkeit“ entsprechend der etymologischen Herkunft des Begriffs annehmen34. In diesem Zusammenhang ist zu beachten, daß christliche Autoren in der Spätantike Selbstbeherrschung und Enthaltsamkeit predigten und diese Eigenschaften dem traditionellen Bild des römischen Mannes als praktisch uneingeschränkt sexuell aktiv gegenüberstellten35. Der aggressiv-virile Hercules entsprach dieser neuen christlichen Keuschheit nicht; sein Verhalten gegenüber Auge wäre von vielen Christen nicht mehr positiv, sondern vielmehr als Sünde gedeutet worden. Über das Gebäude, welches das Mosaik beherbergte, ist nichts bekannt; auch der bauliche Kontext ist unsicher: sowohl K. Dunbabin als auch S. Muth gehen von einem Peristyl aus, das zum Wohnhaus eines Mitgliedes der städtischen Oberschicht gehört haben muß36. Die Wahl der Motive ist aufgrund der weiten Verbreitung mythologischer Themen in der spätantiken Kunst trotz der späten Entstehung nicht überraschend. Vor allem die dionysische Szene weist Parallelen zu früheren Darstellungen auf, die vielleicht Anklänge an Kultpraktiken enthielten, wie es unter Umständen bei dem Mosaik von Sepphoris der Fall war. Somit besteht die Möglichkeit, daß der Auftraggeber ein Heide war, zumal das vom Zentrum des Reiches weit entfernte Sarrîn im Einzugsbereich von Carrhae lag, wo sich heidnische Kultausübung noch weit über das Ende der Antike hinaus halten konnte37; ein christlicher Kontext bewegt sich jedoch ebenso im Bereich des Möglichen. Das HerculesAuge-Motiv illustriert in jedem Fall die Ambivalenz der Herculesfigur, die ganz unterschiedlich gedeutet werden konnte, je nach Kontext und Hintergrund des Betrachters. I.1.1.2 Weitere Motive Neben dem dionysischen Umfeld bilden die Taten des Hercules den zweiten Themenkomplex, aus dem auf spätantiken Mosaiken Darstellungen erhalten sind. Dabei überwiegen Einzelszenen gegenüber Darstellungen des vollständigen Dodekathlos38, wie er in der Villa von Cartima (Spanien) thematisiert ist, wobei allerdings der Fokus auf den besiegten Gegnern des Alkiden liegt, die, zumindest in den erhaltenen Feldern des Mosaiks, allein ohne diesen abgebildet sind. Ergänzt sind diese Szenen wiederum um den trunkenen, Auge verfolgenden Hercules39. Im Mosaik von Liria (Spanien), das wie dasjenige von Cartima wohl aus dem 3. Jh.n.Chr. stammt, rahmen die zwölf Taten des Helden ein zentrales Bildfeld, in welchem Hercules – in bodenlangen Gewändern und mit einem Spinnrocken in der Hand –

34 35 36 37 38

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the super-male“, der einer „assertion of the most virile sexuality“ Ausdruck gibt (Loraux, Herakles, 25). Seine zahlreichen Affären sind in der Überlieferung zur Genüge belegt. Zur Untrennbarkeit von Tugend und Männlichkeit vgl. Kuefler, Eunuch, 19f. Kuefler, Eunuch, 170–178. Dunbabin, Mosaics, 184; Muth, Umgang mit Mythenbildern, 106. Vgl. Balty, Mosaïque, 102; Dunbabin, Mosaics, 184. S. Muth führt insgesamt nur vier römische Mosaike mit einem vollständigen Dodekathlos an (Muth, Raum, 231). Eine ungewöhnliche Umsetzung des Dodekathlos aus dem mittleren 3. Jh.n.Chr. beschreibt N. Yalouris; das Mosaik aus Elis zeigt die kreisförmig angeordneten unterlegenen Gegner des Hercules, der selbst jedoch nicht abgebildet ist, sondern im Zentralmedaillon des Mosaiks durch seine Attribute Keule und Köcher zusammen mit einem Siegerkranz vertreten wird (Yalouris, Mosaiken, 427; Farbtaf. 1, Abb. 2; Taf. 92). Muth, Raum, Kat.-Nr. H 8 (Taf. 25, Abb. 1); LIMC V, 1 n. 1742.

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und die mit Löwenfell und Keule angetane Omphale gemeinsam dargestellt sind40. Das zentrale Thema scheint hier folglich der eklatante Gegensatz zwischen den heroischen Taten des Alkiden einerseits und seiner Unterwerfung unter die lydische Königin andererseits zu sein: ihn, den die schlimmsten Ungeheuer nicht hatten besiegen können, bezwingt eine Frau beziehungsweise bezwingt metaphorisch die Liebe, die ihn sogar dazu bringt, zeitweise in weibliches Rollenverhalten zu verfallen. Diese Episode wurde von christlichen Schriftstellern negativ dargestellt als der Sieg der Lust über den effeminierten, seiner Männlichkeit verlustig gegangenen und damit verächtlich gewordenen Helden41. Eine solche moralisierende christliche Sicht kann jedoch im Fall des Mosaikpaviments kaum beabsichtigt gewesen sein, zumal die Überlieferung deutlich macht, daß Hercules auch während seines Aufenthalts in Lydien Heldentaten vollbrachte; ferner galt Omphale bereits seit dem 2. Jh.n.Chr. als angemessenes Motiv für die Sarkophagkunst und auch verstorbene Frauen wurden in Gestalt der Königin porträtiert, was gegen eine allgemein verbreitete negative Lesart der Geschichte spricht42. Die Szene rief wahrscheinlich eher Amüsement als Ablehnung hervor und bot Anregung für Gesprächsstoff. Auch in der vermutlich im ersten Viertel des 4. Jhs.n.Chr. oder später erbauten Villa von Piazza Armerina liegt die Betonung auf den Gegnern des Heros, die das zentrale Bildfeld des als Speiseraum genutzten Triconchensaals einnehmen, und denen in der mittleren Apsis noch zusätzlich die Giganten beigegeben sind43. Sollte darüber hinaus die Szene in der linken (= nördlichen) Apsis als Initiation des Hercules in den thiasos richtig gedeutet sein44, so würde wiederum eine Verbindung zum dionysischen Umfeld vorliegen, und der Heros wäre in seinen beiden „Hauptrollen“ zu verstehen: als der meist betrunkene Genußmensch des thiasos und als der unbesiegbare Kämpfer gegen Ungeheuer, Retter der Götter und exemplum virtutis für die Menschen. Seine Taten hat er bereits vollbracht, wie die Darstellung seiner besiegten Gegner zeigt, und er selbst kann sich dementsprechend den Genüssen von Wein und Wohlleben hingeben45. Dementsprechend sollte der trunkene 40 41 42 43

Muth, Raum, Kat.-Nr. H 24 (Taf. 25, Abb. 4). S. Kap. A II.2.3. Vgl. Kampen, Omphale, 239–242. Zu ikonographischen Besonderheiten vgl. Amedick, Herakles, 107–109. Für eine Umzeichnung s. Gentili, Piazza Armerina Bd. 3, 189 Abb. 1. S. Muth sieht hier einen Bezug zu Mosaikdarstellungen von Gladiatorenkämpfen und venationes, die man überhöht habe, indem die konventionellen Gegner in solchen Szenen ersetzt wurden durch die monströsen Feinde, denen sich Hercules stellen mußte (Muth, Überflutet von Bildern, 236). Zur Datierung der Villa s. Sporn, Selbstdarstellung, 391; Wilson, Piazza Armerina, 34–39. Wie lange der Komplex in einer Form bewohnt war, für die die Erhaltung der Mosaike und Kunstwerke notwendig war, ist unklar. Bis etwa um das Jahr 800 scheinen noch Ansiedler, die nichts mehr mit den ursprünglichen Besitzern gemein hatten und sich ohne Rechtsanspruch dort niedergelassen hatten, den Komplex bewohnt zu haben, wobei allerdings der Dekor sicherlich längst verloren oder verfallen war (Wilson, Piazza Armerina, 41). 44 Amedick, Herakles, 115. Muth sieht Hercules in diesem Bild als Sieger im Trinkwettstreit (Muth, Überflutet von Bildern, 237). 45 Vgl. Amedick, Herakles, 117. 119. Man sollte an dieser Stelle nicht so kategorisch die Rolle als exemplum virtutis ausschließen und Hercules statt dessen als exemplum voluptatis deuten wie Amedick dies tut (ebd.). Dafür ist der Aspekt als tugendhaftes Vorbild, der sich aus seiner ältesten Aufgabe als Bereiniger der Welt von Übeln ergibt, als zu bekannt und weitverbreitet anzusehen: jeder Betrachter eines Mosaiks, das nicht nur Bezug auf die Trunkenheit des Heros, sondern auch auf seine Taten nimmt,

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Hercules in diesem Kontext durchaus in einem positiven Licht gesehen werden, zumal er sich die Muße zum Trinken durch seine außergewöhnlichen Taten redlich verdient hatte: er steht für den angemessenen Lohn harter Arbeit – ein Aspekt, der sich in den realen Gegebenheiten des Raumes widerspiegelte, wo sich hochrangige Römer in geselliger Runde entspannen konnten. Der Betrachter kann auch sich selbst in das Bild übertragen und die Rolle des siegreichen Hercules eingenommen haben46; dies würde durch den Umstand unterstützt, daß die für das Gelage benutzten stibadia in den spätrömischen triclinia generell in den Apsiden – sofern vorhanden – und häufig leicht erhöht gegenüber dem restlichen Raum lokalisiert waren, so daß jeder Speisende einen guten Blick, wenn auch aus jeweils unterschiedlichen Perspektiven, auf das zentrale Mosaik hatte47. Wenn der dominus der Villa in der zentralen Apsis lagerte, so befand sich unter seinen Füßen die Darstellung der besiegten Giganten, so daß er sich wie Hercules oder sogar Zeus selbst fühlen konnte48. Aus Madaba (Jordanien) ist ein Mosaikfeld erhalten, das den jugendlichen Hercules im Kampf mit dem nemeischen Löwen zeigt; während er das Untier mit dem linken Arm würgt, packt er es in einer stilisierten Geste mit der rechten Hand am Rücken. Die Identifizierung der Szene ist gegeben durch die Darstellung der Keule sowie die Buchstaben ERA, zu ergänzen zu seinem Namen. Der archäologische Kontext des Mosaiks ist unbekannt, so daß nur anhand stilistischer Kriterien eine Datierung in die erste Hälfte des 6.Jhs.n.Chr. vorgenommen werden kann49. Zu dieser Zeit war der Ort stark christianisiert, so daß wie bei den anderen mythologischen Motiven aus Madaba – es wurden beispielsweise Szenen aus dem Achilles- und Hippolytos-Mythos sowie eine dionysische Prozession gefunden, die nur teilweise bestimmten Gebäuden, wohl Wohnhäusern, zugewiesen werden können50 – religiös-pagane Konnotationen ausgeschlossen werden können51. Da auch andere Herculesmosaiken aus Wohnhäusern stammten, kann man denselben Kontext für diese Löwenkampfszene annehmen. Aus dem Bereich der Parerga kann ein Kampf zwischen Hercules und Antaios auf einem heute verlorenen Mosaik des 4. Jhs.n.Chr. aus einer großen Villa in Bramdean (Hampshire) nachgewiesen werden; die Szene wird von Gaia, der Mutter des Antaios, beobachtet, während bei der Wiedergabe dieser Episode ansonsten häufig Athena als Beschützerin des Hercules anwesend ist. Die Personifikationen der vier Jahreszeiten rahmen das achteckige zentrale Feld52. Dem Gemälde in Wasserfarben aus dem ersten Drittel des 19. Jhs., welches das Original wohl am zuverlässigsten wiedergibt, läßt sich entnehmen,

46 47 48 49 50 51 52

dürfte diese mit den Leistungen des Alkiden assoziiert haben. Sicherlich ist Amedick jedoch dahingehend zuzustimmen, daß die Bodenmosaiken in Wohnhäusern keine Bezüge zu Jenseitshoffnungen, wie man sie mit Hercules verbinden konnte, herstellen sollten, sondern in einem gegenwärtigen Sinn zu verstehen sind, der sich auf das Leben der Betrachter im Diesseits bezieht (ebd., 104f. 118f.). Muth, Überflutet von Bildern, 239. Vgl. Ellis, Late-antique Dining, 46. 51. Muth, Manko der Statuen, 349. Bowersock, Mosaics, 45; Piccirillo, Mosaics, 77. 80. Bowersock, Mosaics, 45–53; Piccirillo, Mosaics, 76f. Vgl. Dunbabin, Mythology and Theatre, 236f. Neal/Cosh, Mosaics of Britain, 167–169, Kat.-Nr. 308.2 (Abb. 116). Die Villa wird anhand von Münzfunden datiert, von denen die spätesten aus der Regierungszeit Constantins II. stammen (ebd., 165).

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daß Hercules und Antaios in einem gängigen Schema dargestellt waren, indem der Alkide den Riesen von hinten packt und in die Höhe stemmt; Keule, Köcher und Bogen hat er beiseite gelegt. Von dem Fundort des Mosaiks, einem mit einer Hypokaustanlage ausgestatteten Raum, wird angenommen, daß es sich um ein im Winter zu nutzendes Speisezimmer handelte53, was zur Verwendung des Hercules als Dekor in den triclinia spätantiker Villen aus anderen Provinzen des Reiches passen würde, mit dem Unterschied, daß hier kein inhaltlicher Zusammenhang zwischen dem Motiv und der Funktion des Raumes vorliegt, wie das bei den Trinkgelageszenen der Fall ist. Ebenfalls in einem spätantiken Paviment erhalten ist die früheste Tat des Heros: die Tötung der von Hera gesandten Schlangen durch das Kleinkind Hercules wurde in den Überresten einer Villa (sog. „House of the Evil Eye“) außerhalb von Antiochia entdeckt54. Dieses Motiv, das auf eine lange Tradition in der antiken Kunst und Literatur zurückblicken kann, ist vermutlich mit D. Levi als apotropäisches Zeichen zu deuten, was sich durch den Kontext des Bildfeldes ergibt55. Zwei weitere Mosaike aus derselben Anlage bilden zum einen eine bucklige, ithyphallische Gestalt ab, die scheinbar zwei Holzstäbe oder Zweige benutzt, um so das Böse zu vertreiben, zum anderen ein als Symbol für den Bösen Blick zu deutendes riesiges Auge, das von übelabwehrenden Objekten und Kreaturen (u.a. Schwert, Dreizack, Rabe) angegriffen wird, während sich ein weiteres ithyphallisches Wesen abwendet56. Eine Verwendung des Hercules als apotropäisches Zeichen ist bereits für frühere Jahrhunderte belegt, als man beispielsweise vielfach den Namen des Alkiden als Schutzzauber über den Türen von Wohnhäusern anbrachte; in der Spätantike ist darüber hinaus der Einsatz medizinischer Amulette mit dem Motiv des Löwenkampfes des Alkiden dokumentiert57. Ein äußerst seltenes Motiv, das in der Villa von Torre de Palma zutage kam und von dem im Corpus antiker Herculesdarstellungen nur drei Beispiele eindeutig zu identifizieren sind, ist der Kindsmord des Hercules58. Das Bodenmosaik in einem wahlweise als triclinium oder tablinum gedeuteten Raum besteht aus elf gut erhaltenen Bildfeldern mit mythologischen Szenen (unter anderem der trunkene Hercules, Apollon und Daphne, der Kampf des Theseus gegen den Minotaurus, der indische Triumph des Dionysos). Anhand der in der Villa gefundenen Münzen und Sigillata-Ware kann das Paviment grob in die Zeit zwischen dem Ende des 3. und dem Ende des 4. Jhs.n.Chr. datiert werden; die Villa selbst 53 54 55 56

Neal/Cosh, Mosaics of Britain, 165. 169. Levi, Mosaic Pavements Bd. 1, 28f.; ebd, Bd. 2, Taf. 4b. Levi, Mosaic Pavements Bd. 1, 29–32. Zu früheren Darstellungen der Episode s. Stafford, Herakles, 52f. Levi, Mosaic Pavements Bd. 2, Taf. IVa. c; ders., Mosaic Pavements Bd. 1, 32–34. Zu dem Motiv des „Bösen Auges“ s. allgemein Engemann, Magische Übelabwehr, 24–40. Zu den Waffen und Symbolen, die auf bildlichen Umsetzungen des Motivs das Auge angreifen, kann auch die Keule des Hercules gehören (ebd., 26. 31f.). 57 Zur apotropäischen Verwendung des Namens des Alkiden und zu medizinischen Amuletten s. unten Kap. C II.2.2.3; II.2.3. 58 J. Boardman identifiziert insgesamt sechs Darstellungen in der antiken Kunst als Umsetzungen des Kindsmordes (LIMC IV, 1 n. 1684–1689); in einem Fall handelt es sich jedoch um eine Bildbeschreibung des Philostratos, bei der die tatsächliche Existenz des Gemäldes ungeklärt ist. Ein weiteres, möglicherweise hellenistisches Gemälde des Künstlers Nearchos ist verloren. Bei einem Fragment eines Elfenbeinreliefs aus dem 3. oder 4. Jh.n.Chr. konnte K. Hesse die Deutung Boardmans als Kindsmord überzeugend widerlegen (Hesse, Kindsmord, 225).

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war vielleicht noch in nachtheodosianischer Zeit bewohnt und das Mosaik dabei wohl noch sichtbar59. Von Interesse ist hier vor allem das Motiv des rasenden Hercules, der in dem von J. Lancha mit der Nummer IX versehenen emblema eben im Begriff ist, seine Kinder zu ermorden, und insofern einen engen thematischen Bezug zu dem gegenübergestellten Kindsmord Medeas aufweist60. In Torre de Palma liegt die bis heute einzige Umsetzung der Thematik des Hercules furens im Medium der Mosaike vor, was auch angesichts der extremen Seltenheit des Motivs in der antiken Kunst die Bedeutung dieses Befundes hervorhebt. Die Umsetzung dieser tragischen Episode aus dem Leben des Helden kann als Bezug auf die von Pherekydes im 5. Jh.v.Chr. überlieferte Version der Geschichte interpretiert werden, der zufolge der mit Wahnsinn geschlagene Hercules seine Kinder dem Feuertod überantwortete – im vorliegenden Mosaik versinnbildlicht durch den Alkiden, der die in der rechten Bildecke kauernden, unverhältnismäßig klein dargestellten Kinder mit einer Fackel bedroht61. J. Lancha sieht in der Fackel hingegen einen Verweis auf die Rückkehr des Heros aus der Unterwelt, die am Beginn der Tragödie des Seneca steht62. Ausgehend von den übrigen Szenen des Mosaiks erkennt Lancha einen Bezug zum Theater und stellt auf überzeugende Weise eine Verbindung zu den Tragödien des Euripides und des Seneca her, die jeweils den von Hera ausgelösten Wahnsinn des Jupitersohnes thematisieren63. Auf das Theater verweisen auch die Musen in Bildfeld I sowie die Szenen aus dem dionysischen Umfeld (Mitglieder des thiasos, Silene, Mänaden und der indische Triumph des Dionysos). Ungeachtet der Frage, ob es sich bei dem architektonischen Kontext des Paviments um einen Speiseraum oder einen Empfangsraum handelte, so war das Mosaik doch in jedem Fall an einem Ort angebracht, an dem es von möglichst vielen Personen gesehen werden konnte, also nicht nur von Mitgliedern des Haushalts, sondern auch von Gästen. Dadurch war es in die Repräsentation des Hausherrn eingebunden, was die Annahme eines literarischen Bezugs stützt, da das Mosaik damit als eine bildliche Umsetzung des literarischen Interesses an antiken Mythen und der entsprechenden Kenntnisse des Auftraggebers bezie-

59 Lancha, Mosaïque, 231. 254f.; dies./André, Torre de Palma, 72f.; Muth, Raum, 446. Falls eine vor Ort gefundene Münze des Kaisers Justinian nicht einfach von jemandem auf der Durchreise verloren wurde, kann man diese als Beleg deuten, daß die Villa zumindest in Teilen noch im mittleren 6. Jh.n.Chr. bewohnt war (Lancha/André, Torre de Palma, 73). 60 Lancha, Mosaïque, 244–247. Abb. s. Muth, Raum, Taf. 39. 61 FGrH I 3 F 14. Vgl. dazu Hesse, Kindsmord, 199. 223. 62 Lancha/André, Torre de Palma, 196f. 63 Lancha, Mosaïque, 246f. 339. Auch in Szene VIII des Mosaiks, dem Mord der Medea an ihren Kindern, den diese, anders als Hercules, bewußt beging, sieht Lancha eindeutige Hinweise auf die Verbindung mit einem Theaterstück, zumal Medea im Kostüm eines römischen Tragöden dargestellt ist (ebd., 244; Lancha/André, Torre de Palma, 193–195). In diesem Zusammenhang ist zunächst zu beachten, daß zumindest die attischen Tragödien zur Zeit der Entstehung des Mosaiks kaum noch oder gar nicht mehr aufgeführt wurden (vgl. Easterling/Miles, Dramatic Identities, 96). Eine Vertrautheit mit ihren Themen konnte sich, neben eigener Lektüre (illustrierter Manuskripte, die eine Anregung für die Mosaikdarstellung gaben?; Lancha, Mosaïque, 339), jedoch aus dem Besuch der noch in der Spätantike sehr beliebten Pantomimen ergeben. Zumindest im 2. Jh.n.Chr. gehörte zum Repertoire eines Pantomimen auch Hercules suÜn toi=j a)/qloij au)tou= a(/pasin kai Üh( tw=n pai/dwn sfagh/ (Lukian. Salt. 41).

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hungsweise des Besitzers der Villa dienen konnte64, was den spätantiken Gepflogenheiten der Selbstdarstellung der Oberschicht entspricht. Darüber hinaus könnte eine solche Deutung auch erklären, weshalb derart brutale Episoden des Mythos wie die Morde an den eigenen Kindern durch Hercules und Medea einen Platz in einem Mosaik finden konnten, das ansonsten von dionysischen Motiven dominiert wird: der seit altersher bestehende Bezug des Dionysos zum Theater ist wohlbekannt. Der trunkene Hercules in Szene VII mag in diesem Zusammenhang, neben einer allgemeinen Versinnbildlichung von Genuß und Wohlleben, als ein Rückbezug auf den großen Trinker und Esser der attischen Komödie gedeutet werden65. Als dieser kann er durchaus positiv präsentiert worden sein, als jemand, der sich zwar durch sein Verhalten selbst dem Spott anderer preisgab, der aber dennoch grundsätzlich sympathisch blieb66, auch wenn er manchmal über die Stränge schlug, was den Zuschauern selbst verwehrt blieb. Auch der kindermordende Hercules ist in diesem Sinne keine eindeutig negative Figur, da er die Bluttat nicht aus freiem Willen beging, sondern dem Haß Heras zum Opfer fiel. Insofern konnte der Betrachter, der mit der literarischen Umsetzung dieser Episode aus dem Leben des Heros vertraut war, ihm mit Mitgefühl begegnen: indem der Wahnsinn des Hercules von Euripides zeitlich nach der Durchführung der zwölf Arbeiten für Eurystheus angesiedelt wurde, verdeutlichte er damit den tiefen Fall des Alkiden, der auf dem Gipfel des Triumphs zum Mord an den eigenen Kindern getrieben wurde67. I.1.1.3 Fazit: Hercules auf spätantiken Mosaiken Es hat sich gezeigt, daß Hercules in der Spätantike selbst in entlegenen Regionen des römischen Reiches wie dem syrischen Sarrîn als Dekor von Mosaiken gewählt wurde; auch die Datierungen solcher Pavimente, die sich teils noch lange nach dem offiziellen Verbot der heidnischen Kulte ansiedeln lassen, sprechen dafür, daß die Wahl des Alkiden als Motiv für die Ausgestaltung eines repräsentativen Raumes nicht von der religiösen Überzeugung der Auftraggeber abhängig war. Ein Christ konnte sich ebenso wie ein Heide für ein mythologisches Mosaik zur Ausschmückung seines Speiseraumes entscheiden. Ob die Besitzer ihren Mosaiken religiöse Signifikanz zuschrieben, kann nicht endgültig beurteilt werden; es sollte jedoch nicht kategorisch ausgeschlossen werden, daß Figuren aus dem Mythos auch im häuslichen Mosaikdekor von Einzelnen mit religiöser Bedeutung belegt werden konnten68. Ein gläubiger Christ mag bei einer Einladung in ein Haus, dessen Dekor mythologi64 Eine solche Assoziation kann auch die Darstellung der Musen in Feld I geweckt haben; mit ihren verschiedenen Zuständigkeitsbereichen konnten sie in idealisierter Form die musischen und literarischen Interessen des Hausherrn widerspiegeln (zu den Musen im Mosaik von Torre de Palma s. allgemein Lancha, Mosaïque, 232–236). 65 Vgl. dazu Stafford, Herakles, 105–117. 66 Vgl. Galinsky, Herakles Theme, 88 über den Hercules des Aristophanes: „Herakles is a monstrous glutton, bully, and nitwit, but it is just because of this exaggeration that he comes off as good-natured rather than terrifying“. 67 Vgl. Stafford, Herakles, 89. Euripides schildert Hercules in seiner Tragödie Herakles von Beginn an in einem positiven Licht (ebd., 89f.; Galinsky, Herakles Theme, 58–65). Zum Herculesbild in Senecas Hercules furens s. Galinsky, Herakles Theme, 168–173. 68 Zur Kritik an der Tendenz der Forschung, Motive des heidnischen Mythos auf Mosaiken stets als nichtreligiös zu deutende Relikte einer reichsweit verbreiteten, auf der Überlieferung der Vergangenheit basierenden Kultur zu betrachten s. Thébert, Private Life, 394–397.

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sche Darstellungen aufwies, selbst wenn diese schon seit langem Teil der Einrichtung gewesen sein sollten und inzwischen einem Christen gehörten, durchaus Anstoß an heidnischen Göttern und Heroen genommen haben und diese in einem religiösen Sinn gedeutet und somit abgelehnt haben, woraus sich dann ein Konfliktpotenzial ergeben hätte. Für einen Heiden, dem die Mythen nicht nur aus dem Schulunterricht oder dem Theater, sondern auch aus der Religion vertraut waren, ergab sich eine solche Spannungssituation nicht. Wo eine Villenkultur existierte, und sei es in der abgelegenen Provinz Britannien, war es sichtlich möglich, Herculesmotive auf Mosaiken in Auftrag zu geben, was bedeutet, daß die Werkstätten über entsprechende Vorlagen verfügten. Dabei ist signifikant, daß nicht nur Szenen aus dem Dodekathlos, sondern auch aus der Reihe der Parerga gewählt wurden: sichtlich wurde erwartet, daß die Betrachter über ausreichende Kenntnisse verfügten, um beispielsweise den Kampf gegen Antaios oder die Vergewaltigung Auges richtig identifizieren zu können. Einschränkend ist hier allerdings anzumerken, daß man sich heute nicht mehr sicher sein kann, wie ein spätantiker Betrachter solche Szenen tatsächlich gedeutet hat; man sollte nicht die Möglichkeit außer acht lassen, daß manche Mosaike auch rein aufgrund ihres ästhetischen Gehalts geschätzt wurden, wofür ein tieferes Verständnis des Inhalts nicht zwingend notwendig war. Auch wenn der Auftraggeber sicherlich eine bestimmte Deutung beabsichtigte, mußten andere Personen diese nicht unbedingt erfassen oder teilen. Ebenso ist zu bedenken, daß Mosaike über Generationen hinweg ein Haus schmücken konnten, und es unklar bleibt, ob spätere Besitzer diese noch auf dieselbe Art und Weise interpretierten wie von dem ursprünglichen Auftraggeber intendiert. Möglicherweise behielt man einen älteren Mosaikdekor auch einfach deshalb bei, weil er inzwischen zu einem festen Bestandteil des Hauses geworden war und eine Umdekorierung eine unnötige finanzielle Belastung bedeutet hätte, ohne ihm jedoch noch große Aufmerksamkeit zu schenken. Darüber hinaus konnten kunstvoll ausgeführte Mosaike, die immer im Kontext des übrigen, heute oft nicht mehr erhaltenen Dekors betrachtet wurden, auch als Repräsentation des Wohlstandes des Villenbesitzers dienen, und allein deshalb der Erhaltung für wert befunden werden. Hercules als Mitglied des dionysischen thiasos konnte Ausgelassenheit, Heiterkeit und die Lust am Feiern sowie das wohlverdiente otium verkörpern. In dieser Rolle bildete er einen Gegenentwurf zu den christlichen Moralvorstellungen, die im 4. Jh.n.Chr. zunehmend an Einfluß gewannen, stand zugleich jedoch in der griechisch-römischen Tradition und war insofern sichtlich ein gern gewähltes Element im Mosaikdekor reicher Häuser, zumal die mit den antiken Mythen vertrauten Betrachter einem Helden wie Hercules vielleicht durchaus zubilligten, etwas über die Stränge zu schlagen, also Dinge zu tun, die im Lebensalltag verurteilt worden wären, die jedoch für einen Heros, der nicht an menschlicher, und schon gar nicht christlicher Moral gemessen werden konnte, durchaus akzeptabel waren. Dabei steht der trunkene, feiernde Hercules zunächst im Kontrast zu seiner ansonsten weitverbreiteten Rolle als exemplum virtutis, denn die von ihm verkörperte männliche virtus tritt im dionysischen Umfeld vorübergehend in den Hintergrund. Die dionysischen Genüsse können jedoch als Lohn für die vorher vollbrachten Heldentaten des Alkiden gesehen werden; sowohl seinen Taten als auch dem Genuß des darauf folgenden

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otium widmet sich Hercules mit der für ihn typischen Intensität, so daß sich beide Aspekte in seiner Person vereinen69. Hier zeigt sich deutlich die Polyvalenz der Herculesgestalt: während der eine Betrachter den trunkenen Hercules als Mahnung und Aufforderung zur Selbstbeherrschung gedeutet haben mag, konnte ein anderer in einer solchen Szene den verdienten Lohn für getane Arbeit (und gegebenenfalls eine Aufforderung zum Mitfeiern) erkennen. I.1.2 Skulptur Mosaikböden wurden in den Häusern ergänzt durch grundsätzlich portable Objekte, zu denen auch Skulpturen und, mit Einschränkungen, in Wände eingelassene Reliefs zählten. Obwohl meist kein solcher Befund erhalten ist, kann man sich dementsprechend einen mosaikgeschmückten Raum als Kulisse für Kunstobjekte unterschiedlicher Gattungen vorstellen, in denen ebenfalls Herculesmotive überliefert sind. Zu den teuersten und anspruchvollsten Objekten gehörten Erzeugnisse der Bildhauerkunst. In der Forschung war man lange überzeugt, daß die Produktion mythologischer Skulptur spätestens im 3. Jh.n.Chr. ihr Ende fand70; diese Annahme ist durch zahlreiche, mehr oder minder sicher datierte Funde spätantiker Rund- und Reliefplastik mit mythologischem Thema inzwischen widerlegt71. Unter diesen befinden sich jedoch nur sehr wenige Darstellungen aus dem Herculesmythos, aus denen man Rückschlüsse ziehen kann über die Einbindung von Herculesstatuen, -statuetten und -reliefs in den spätantiken Lebensraum. Die entsprechenden Objekte stammen zwar aus spätantiken Fundzusammenhängen (waren also in der Spätzeit noch in irgendeiner Form sichtbar), können jedoch hinsichtlich ihrer Entstehungszeit häufig nicht oder nicht eindeutig festgelegt werden. Darüber hinaus ist hier die generell schlechte Überlieferungslage zu bedenken. So sind beispielsweise fast ausschließlich großplastische Werke aus Stein erhalten, nur sehr wenige aus Bronze72. Werke der Plastik führen ebenso wie Mosaike in das soziale Umfeld der Oberschicht, deren Stadthäuser und Villen in der Spätantike abgesehen von Thermenanlagen die bevorzugten Aufstellungsorte von Statuen mit mythologischen Motiven waren73. Dabei ist von vornherein festzuhalten, daß, wie auch im Fall der anderen hier noch zu behandelnden Gattungen, das Vorhandensein von Skulpturen mythologischen Inhalts nicht automatisch einen Rückschluß auf religiöse Überzeugungen des Besitzers erlaubt, daß es aber umge69 Vgl. Muth, Raum, 226f. 70 Cameron, Last Pagans of Rome, 703; Kranz, Kunstwert, 115–119; Willers, Idealstatue, 172f. 175. Zur Begrifflichkeit – Idealskulptur, mythologische Skulptur, mythological statuary – vgl. Hannestad, Skulpturenausstattung, 195. 71 Die Forschung zeigte sich lange Zeit beeinflußt von der literarischen Quellenlage, die ganz überwiegend die christliche Sichtweise wiedergibt; tatsächlich entspricht die Vorstellung von einer biblisch geprägten Bilderfeindlichkeit in der Spätantike nicht der Realität (Hannestad, Skulpturenausstattung, 197f.). 72 Hannestad, Skulpturenausstattung, 196. 73 Hannestad, Skulpturenausstattung, 195f. Es waren, soweit Befunde hier ein Urteil zulassen, nicht in allen Villen Statuen aufgestellt; dort jedoch, wo sie bezeugt sind, wurde auch ein reicher Dekor nachgewiesen, was eine Skulpturensammlung zu „one of the most prestigious markers of status even within the aristocracy“ machte (Stirling, Learned Collector, 70). Dabei ist der Umstand, daß mehr Skulpturen in Villen als in städtischen Kontexten gefunden wurden, auf Probleme der urbanen Archäologie wie spätere Überbauung zurückzuführen, nicht jedoch auf ein ursprüngliches Nichtvorhandensein von Statuen oder Statuetten in städtischen Wohnhäusern (vgl. ebd., 73).

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kehrt auch nicht möglich ist, eine religiöse Verehrung von Statuen heidnischer Gottheiten in Privathäusern durch die Bewohner auszuschließen74. Tatsächlich liegt die Annahme nah, daß die Mitglieder eines Haushalts durchaus unterschiedlich auf die Anwesenheit von mythologischen Motiven in der Skulpturenausstattung, die den Wünschen des dominus entsprechend gestaltet gewesen sein dürfte, reagierten, abhängig von ihrem Bildungsgrad, ihrem religiösen Hintergrund und nicht zuletzt dem persönlichen Geschmack75. I.1.2.1 Statuen Die Problematik der zeitlichen Einordnung (vermeintlich) spätantiker Plastik zeigt sich in besonderer Weise bei einer fragmentarischen Herculesstatue, die in Rom gefunden wurde und heute in Kopenhagen aufbewahrt wird. Bislang wurde in der Datierungsfrage keine alle Aspekte berücksichtigende Lösung gefunden, so daß keine eindeutige zeitliche Festlegung vorgenommen werden kann, wenn auch vieles für das 4. Jh.n.Chr. als Zeitpunkt der Entstehung spricht76. Der aus Kopf und Teilen des Oberkörpers bestehende Überrest einer Statue des Hercules aus der sogenannten „Esquilin-Gruppe“ wurde, zusammen mit vier weiteren Statuen – Satyr mit Dionysosknabe, Poseidon, Helios, sowie eine männliche Gottheit, bei der es sich vielleicht um Zeus handelt – im 19. Jh. auf dem Esquilin gefunden, als Spolien in einer spätantiken oder mittelalterlichen Mauer verbaut (Abb. 2); die Statuenbasen sind, einschließlich der Künstlersignaturen, ebenfalls erhalten77. Die Datierungsvorschläge anhand von stilistischen Merkmalen reichen von hadrianischer Zeit bis in das 4. Jh.n.Chr.78. Die Inschriften auf den dazugehörigen Basen jedoch stammen fraglos erst aus der Spätzeit; die Inschrift des Fl. Zenon aus Aphrodisias auf der Herculesbasis gibt dessen Rang mit diashmo/tatoj (= perfectissimus) an, ein Titel, der für provinziale Würdenträger erst ab konstantinischer Zeit belegt ist79. Demnach könnte es sich bei der Herculesstatue entweder 74 Tatsächlich liegen in einigen Fällen Belege vor, daß Statuetten heidnischer Götter im häuslichen Kontext kultisch verehrt wurden (Stirling, Learned Collector, 224f.). Für Kriterien, die eine religiöse Interpretation einer in einem spätantiken Haus aufgestellten Statue/Statuette erlauben, s. ebd., 22–28. 75 Vgl. dazu Stirling, Learned Collector, 22–28. In diesem Zusammenhang weist S. Muth auf die Polyvalenz von mythologischen Mosaiken hin, für deren Motive keine einzelne „richtige“ Interpretation existiert haben dürfte (Muth, Umgang mit Mythenbildern, 101f.; vgl. Cameron, Poets, 38). 76 Moltesen, Esquiline Group, 128f. M. Bergmann hält die Datierung in die Spätantike für gesichert (Bergmann, Chiragan, 17), ebenso wie N. Hannestad (Hannestad, Tradition, 111). 77 Moltesen, Esquiline Group, 112. 126. Unter Umständen gehörten noch weitere Skulpturen zu diesem Ensemble, zumal im Grabungsbericht zehn Statuenfragmente und -köpfe erwähnt werden; inzwischen wurden in dem Areal auch zusätzliche signierte Statuenbasen gefunden (Kiilerich/Torp, Mythological Sculpture, 307). 78 Kiilerich/Torp, Mythological Sculpture, 308f.; Moltesen, Esquiline Group, 124f. 79 Darüber hinaus wird Fl. Zenon auf Inschriften in seiner Heimatstadt Aphrodisias der Titel eines comes beigegeben, der erst in konstantinischer Zeit seine Exklusivität verloren hatte und eine weitere Verbreitung erlangte (Erim/Roueché, Sculptors from Aphrodisias, 103f. 106f.). D. Willers hält diese beiden Kriterien nicht für ausreichend für eine spätantike Datierung der Inschrift und geht ferner davon aus, daß Fl. Zenon nicht der Erschaffer der mit seinem Namen versehenen Skulpturen war, sondern vielmehr der Chef der Bildhauerwerkstatt, aus der sie stammten (Willers, Idealstatue, 182). Zu dieser Möglichkeit vgl. auch Kiilerich/Torp, Mythological Sculpture, 308, die vorschlagen, Zenon könne die mit seinem Namen versehenen Werke auch geweiht haben, wie er das offensichtlich in zwei Fällen in Aphrodisias getan hatte (Erim/Roueché, Sculptors from Aphrodisias, 103f.). Zu Fl. Zenon vgl. auch Kranz, Kunstwert, 121f. 131; Smith, Statue Life, 214f.

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um ein originales, von einem Künstler aus Aphrodisias in Rom geschaffenes Werk des 4. Jhs.n.Chr. handeln, oder um eine bereits viel früher entstandene Skulptur, die nachträglich mit einer neuen Inschrift ausgestattet wurde80. Auf der erhaltenen Basis der Statue ist neben den Füßen des Hercules der Rest der Spitze eines Tierschwanzes erhalten; da die Gestaltung der Schwanzspitze eher auf einen Löwen als auf einen Hund hindeutet, kann wohl davon ausgegangen werden, daß kein Bezug zur Zähmung des Kerberos besteht, sondern hier vielmehr das Fell des nemeischen Löwen zu sehen ist, entweder über die auf dem Boden aufgestellte Keule drapiert (die Basis ist nicht vollständig erhalten, so daß keine Spuren davon festgestellt werden können), oder aber so vom Arm des Helden herabhängend, daß der Schwanz bis zum Boden reichte81. Der Kopf des bärtigen Alkiden ist nach links unten geneigt. Unabhängig von der tatsächlichen Entstehungszeit der Esquilin-Gruppe erlaubt der Fundort der Statuen Rückschlüsse auf ihre spätantike Verwendung; da die einzelnen Skulpturfragmente eindeutig einem Ensemble zugeordnet werden können, wird davon ausgegangen, daß die als Spolien zweitverwendeten Statuen aus der näheren Umgebung der Mauer, in der sie verbaut wurden, stammten82. Der Esquilin war in der Spätantike das bevorzugte Wohngebiet der stadtrömischen Aristokratie – unter anderem besaßen der prominente Senator Vettius Agorius Praetextatus sowie Secundus und Proiecta, die Eigentümer des sogenannten „Schatzes vom Esquilin“, dort Häuser83 –, so daß die Annahme berechtigt erscheint, die Statuen könnten aus dem Haus eines Angehörigen dieser Personengruppe stammen. M. Moltesen nennt das spätantike Haus über den Sette Sale als Möglichkeit, von dem drei große Räume sowie Teile des opus sectile-Bodenbelages aus orientalischem Marmor erhalten sind, was auf ein prunkvoll und elegant eingerichtetes Wohnhaus hindeutet, in dem ein Statuenensemble wie dasjenige vom Esquilin einen angemessenen Platz hätte finden können84. Somit könnte mit dem Hercules der Esquilin-Gruppe der einzige Beleg für eine lebensgroße Statue des Alkiden im spätantiken Rom vorliegen, einzuordnen in den sozialen Kontext des Wohnraumes der städtischen Oberschicht.

80 Der Herstellungsort Rom ist gesichert, da der Marmor aller Statuen der Esquilin-Gruppe aus Carrara stammt, während alle Inschriften auf Künstler aus Aphrodisias verweisen (Moltesen, Esquiline Group, 121–123). Als problematisch für die Frage der Chronologie hat sich der Fund einer weiteren Statuenbasis mit einer Inschrift des Fl. Zenon in einer kleinen Thermenanlage in der Via Ariosto in Rom erwiesen, wo sie als Spolie im Fundament eingemauert war. Anhand von Ziegelstempeln wird dieses Gebäude in die Regierungszeit des Maxentius datiert, wodurch sich für die Schaffenszeit des Zenon eine frühere zeitliche Einordnung ergeben würde als bislang angenommen. Die Datierung der Esquilin-Gruppe hängt demnach zu einem großen Teil von zwei abweichenden epigraphischen Zeugnissen ab (Stirling, Learned Collector, 124). 81 Moltesen, Esquiline Group, 116. 82 Moltesen, Esquiline Group, 126; vgl. Kranz, Kunstwert, 140f. 83 Kiilerich/Torp, Mythological Sculpture, 314. 84 Moltesen, Esquiline Group, 128; dies., Aphrodisian Sculptures, 145f. Sollten die Statuen trotz aller dagegen sprechenden Indizien tatsächlich aus der Hohen Kaiserzeit stammen und bereits während spätantiker Baumaßnahmen im Lauf des 4. Jhs.n.Chr als Spolien verwendet worden sein, so wären die eindeutig spätantiken Inschriften vor der Entfernung der Statuen aus ihrem ursprünglichen Kontext im ersten Viertel des 4. Jhs.n.Chr. auf den Basen angebracht worden (vgl. ebd., 128f. Zur Problematik dieser Deutung s. Erim/Roueché, Sculptors from Aphrodisias, 110).

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Ähnlich schwierig gestaltet sich die zeitliche Einordnung von Skulpturenfunden aus der suburbanen Villa von Silahtarağa (heute ein Stadtteil von Istanbul am Nordwestufer des Goldenen Horns), zu denen auch ein unterlebensgroßer Kopf der Hercules zählt85. Gleichfalls an den lysippischen Typus angelehnt, ähnelt er stark dem Hercules aus der EsquilinGruppe, und könnte nach stilistischen Kriterien dem späteren 4. Jh.n.Chr., ebenso aber der antoninischen Epoche zugerechnet werden86. Die Forschung geht von einer mit der Esquilin-Gruppe ungefähr zeitgleichen Entstehung im Umfeld einer Werkstatt oder eines „Kunstkreises“ in Aphrodisias aus, deren Datierung wie erwähnt zwischen dem 2. und dem 4. Jh.n.Chr. schwankt87. Dabei sollte nach Abwägung der stilistischen Eigenheiten wie der epigraphischen Zeugnisse der späten Entstehung im 4. Jh.n.Chr. der Vorzug gegeben werden88. Selbst wenn die genannten Skulpturen doch bereits im 2. Jh.n.Chr. geschaffen worden sein sollten, so erweckt doch ihr Fundkontext den Anschein, daß sie in der Spätantike im Kontext von Wohnhäusern der Oberschicht zumindest zeitweise (vgl. die spätere Verwendung als Spolien bei der Esquilin-Gruppe) aufgestellt waren89. Die Herculesstatuen waren jeweils ein Teil eines Skulpturenensembles, dem auch andere Gottheiten angehörten, und das sicherlich an repräsentativer Stelle aufgestellt war und somit sowohl von den Bewohnern als auch von Besuchern des Hauses gesehen werden konnte. Der Besitz qualitätvoller Statuen, die klassische Motive abbildeten, kündete dabei gleichzeitig vom Reichtum wie auch dem Traditionsbewußtsein – zu dem wohl auch die überkommenen Werte der römischen Gesellschaft zählten – und der Bildung des Hausherrn90. Der Fall, daß aus einer spätantiken Villa sowohl Herculesmosaike als auch statuarische Darstellungen des Alkiden erhalten sind, liegt in Piazza Armerina vor. Ein in der Villa gefundener Torso wird von G. Gentili als Teil einer Sitzstatue des Hercules nach lysippischem Vorbild (Herakles Epitrapezios) gedeutet, die vielleicht im Triconchensaal aufgestellt war. Eine Hand, die einen Teil eines Geweihs hält, wird einer Skulptur des jugend-

85 Chaisemartin/Örgen, Silahtarağa, 33 Nr. 65. Des weiteren wurden Statuen von Helios, Artemis, Selene und einem nicht identifizierten männlichen Gott gefunden, die wie der Herculeskopf zur Skulpturenausstattung eines zu diesem Zweck mit Nischen ausgestatteten Saales und dessen Nebenraumes gehörten, der als Nymphäum gedeutet werden kann (ebd., 95; vgl. Bergmann, Chiragan, 17; Stirling, Learned Collector, 214). 86 Bergmann, Chiragan, 18–20; Chaisemartin/Örgen, Silahtarağa, 34. 90. 94; Kiilerich/Torp, Mythological Sculpture, 314–316; Taf. 58, Abb. 2. 87 Bergmann, Chiragan, 20; Moltesen, Esquiline Group, 125f.; vgl. Chaisemartin/Örgen, Silahtarağa, 90–94. 88 So auch Fleischer (Rez.), Silahtarağa, 64f. Eine Datierung in das spätere 4. Jh.n.Chr. hat jüngst auch P. Kranz befürwortet; er stützt sich dabei auf äußerst genaue Untersuchungen stilistischer Eigenheiten der Esquilingruppe, für die in der kaiserzeitlichen Plastik keinerlei Parallelen vorliegen (Kranz, Kunstwert, 121–131). 89 Generell schätzten die Römer alte Kunstwerke und stellten sie gerade auch ihres Alters wegen auf; daß bei Skulpturen das Alter an sich als Wert angesehen wurde, belegen sowohl literarische wie auch archäologische Zeugnisse (vgl. dazu Bartman, Sculptural Collecting, 75f.). Darüber hinaus scheint ein Markt für Kunstwerke existiert zu haben, die bewußt in Stil und Motivwahl an die kaiserzeitliche Kunst, vor allem des 2. Jhs.n.Chr., anknüpften (Kranz, Kunstwert, 134–140). 90 Aufgrund des hohen Wertes von Skulpturen und ihrer Rolle als Luxusgüter ist davon auszugehen, daß Statuen stets in repräsentativen Räumen aufgestellt waren, wo sich häufig auch Mosaik- oder Marmorböden, Wandgemälde und andere wertvolle Statusobjekte befanden (vgl. Stirling, Learned Collector, 21).

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lichen Hercules beim Einfangen der kerynitischen Hirschkuh zugewiesen91. Der herausragendste Fund ist jedoch ein kolossaler Kopf des jugendlichen Hercules, der zwar in der Nähe der Thermen gefunden wurde, jedoch aufgrund der Größenverhältnisse einen passenden Dekor für die Apsis an der Schmalseite der Basilika ergeben hätte, zumal die Rückseite des Kopfes nicht ausgearbeitet ist, was auf eine Aufstellung in einer Nische schließen läßt92. Es ist dabei nicht sicher, ob es sich ursprünglich um eine Kolossalstatue oder nur eine Büste des Heros handelte, wofür laut N. Hannestad die Gestaltung des Schulteransatzes sprechen würde, der nicht für einen Einsatzkopf geeignet sei93. Auch ohne ein eindeutiges Ergebnis in dieser Hinsicht ist jedoch offensichtlich, daß es sich bei dem 65 cm hohen Kopf um ein außergewöhnliches Stück des Villendekors handelte, das in Kombination mit den Herculesmosaiken im Triconchensaal möglicherweise auf eine persönliche Vorliebe des Hausherrn für den Alkiden hindeutet, zumal wenn die Statue/Büste tatsächlich an einer so prominenten und raumbeherrschenden Stelle wie der Apsis der Basilika aufgestellt war94. I.1.2.2 Statuetten Aus der Spätantike ist eine kleine Anzahl eindeutig in diese Epoche datierter Werke der Kleinplastik mit Motiven des Herculesmythos erhalten. Dies befindet sich in Übereinstimmung mit der Überlieferungslage, nach der sich nachweisen läßt, daß mythologische Themen in der Ausstattung zumindest der großen Villenkomplexe mit kleinformatigen Statuen in der römischen Spätzeit noch – gerade im Vergleich mit der Großplastik – verhältnismäßig stark vertreten waren95. Statuetten, die mythologische Szenen illustrieren, wurden beispielsweise in der Villa von Saint-Georges-de-Montagne in der Nähe von Bordeaux gefunden96. Der archäologische Befund wird gestützt durch die Äußerungen spätantiker Autoren; Ausonius, der dem sozialen Milieu der Besitzer solcher Villen entstammte, verfaßte Epigramme über berühmte antike Statuen wie die Knidia des Praxiteles sowie ein

91 Gentili, Piazza Armerina, 18f. Nr. 6 (Torso); 20 Nr. 8 (Hand); vgl. Stirling, Learned Collector, 174. 92 Gentili, Piazza Armerina, 23–25 Nr. 9 (Abb. 22); Stirling, Learned Collector, 21. 174; Wilson, Piazza Armerina, 33. 93 Hannestad, Mythological Sculpture, 288. Die stilistische Gestaltung läßt eindeutige Anklänge an tetrarchische Kaiserporträts erkennen (ebd., 289). 94 Muth hingegen geht davon aus, daß die Statue aufgrund der Ausmaße des Raumes und seines reichen Dekors trotz ihrer Größe an diesem Aufstellungsort keine große Wirkung auf den Betrachter habe entfalten können (Muth, Manko der Statuen, 350). Allerdings sollte nicht der Eindruck unterschätzt werden, den eine etwa 3m hohe Herculesstatue auf einem Sockel auf eine auf sie zugehende Person haben konnte, ungeachtet des restlichen Dekors des Raumes, der zudem von der Apsis gleichsam bekrönt wurde. 95 Vgl. Stirling, Statuary, 3–6. Vgl. dazu grundlegend Gazda, Marble Group, passim. Auf die Sitte, Wohnhäuser der Oberschicht mit Skulpturen zu schmücken, weisen auch die zahlreichen in Hauswänden gefundenen Nischen hin, die, wie man an ihrer oft geringen Größe sehen kann, offenbar für Statuetten konzipiert waren (Hannestad, Skulpturenausstattung, 197; vgl. Stirling, Learned Collector, 21). 96 Vgl. dazu Stirling, Divinities and Heroes, passim, bes. 128–131; dies., Statuary Collecting, 307–321, sowie allgemein dies., Learned Collector, passim. Funde aus anderen Gebieten des Reiches belegen, daß mythologische Kleinplastik keineswegs nur im spätantiken Gallien verbreitet war, auch wenn von dort besonders viele Exemplare der Gattung vorliegen (vgl. Stirling, Learned Collector, 165–219; s. ebd. für Überreste von Herculesdarstellungen aus unterschiedlichen Regionen des Imperiums).

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kurzes Gedicht über eine Statuette von Liber Pater in seiner eigenen Villa97. Einige Jahrzehnte nach dem Tod des gallischen Dichters drückte der Bischof Theodoret von Kyrrhos sein Mißfallen über die fortdauernde Fertigung mythologischer Skulptur und damit implizit auch ihre Verwendung in den Häusern der Wohlhabenden aus und spiegelt mit seiner harschen Kritik an diesen in seinen Augen unmoralischen und gotteslästerlichen Werken die typische Haltung christlicher Kleriker der Zeit wider98. Da in den Überresten von Häusern sehr häufig keine Spuren des ursprünglichen Dekors mehr erhalten sind, ist nicht festzustellen, ob das Fehlen von Statuetten, Statuen und Reliefs in Einzelfällen eine durch entsprechende Äußerungen in der christlichen Literatur beeinflußte Geisteshaltung widerspiegelt, oder ob die entsprechenden Objekte schlicht nicht bis heute überdauert haben. Neben Werken, deren Fertigung in die Spätantike fällt, sind aus verschiedenen Villenkomplexen auch Herculesstatuetten und -statuen bekannt, die aus früheren Jahrhunderten stammen, jedoch im 4. und 5. Jh.n.Chr. nach wie vor zum Dekor der entsprechenden Anlagen gehörten, dementsprechend also, was ihre Qualität und Ikonographie betrifft, sichtlich noch dem Geschmack der Besitzer entsprachen99. Statuetten, die einzelne Episoden aus dem Mythenkreis des Hercules abbilden und aus ebensolchen Villenkontexten stammen dürften, sind in verschiedenen Materialien sowie unterschiedlichen Erhaltungszuständen überliefert100. Eine um das Jahr 400 n.Chr. datierte 97 Stirling, Divinites and Heroes, 135f.; vgl. Auson. epigr. 32 (Green). 98 Theod. gr. aff. cur. 3, 79–84. Theodoret stellt die von ihm aufgezählten Götterbilder zwar als Idole dar, das heißt Statuen, denen kultische Verehrung zukam; das kann jedoch auch so gedeutet werden, daß der Bischof für sich, und damit für seine christlichen Leser, keine Unterscheidung zwischen Kultbildern und Statuen zulassen wollte, die zwar heidnische Motive aufgriffen, die jedoch nicht in einem religiösen Sinn verstanden, sondern vielmehr als Dekor dienen oder aber allegorisch interpretiert werden sollten. Vielleicht war es auch sein Ziel, durch seine polemische Gleichsetzung von Kultbildern und anderen mythologischen Statuen seinen Lesern Angst vor solchen Bildern einzujagen, zumal man sich Kultbilder als von Dämonen besessen vorstellte (s. unten Kap. C I.1.1). Mit seiner Kritik steht Theodoret in einer langen Tradition christlicher Autoren; bereits um 200 n.Chr. hatte Clemens von Alexandria die Ausschmückung von Häusern mit mythologischen Kunstwerken angeprangert, wobei, wie später bei Theodoret, die angebliche Unmoral dieser Bilder ein prominenter Angriffspunkt war (Clem. Al. protr. 4, 60, 1–2; 61, 1–3 mit Erwähnung von Herculesgemälden als Beispiel für solche moralisch anstößigen Werke). In diesem Zusammenhang ist jedoch festzuhalten, daß andere hochrangige Mitglieder des christlichen Klerus wie der philosophisch gebildete Synesios von Kyrene, die der klassisch geprägten Tradition und Bildung der spätrömischen Oberschicht verpflichtet waren, sicher eine positivere Haltung gegenüber mythologischen Motiven in der Kunst einnahmen. 99 Vgl. Stirling, Learned Collector, 176. S. beispielsweise Scagliarini Corlàita, Le sculture, 76 Nr. 13 (2. Jh.n.Chr.); 85 Nr. 17 (2. Jh.n.Chr.). Die Statuen scheinen während des Umbaus der Villa von Desenzano im zweiten Viertel des 4. Jhs.n.Chr. vergraben worden zu sein (ebd., 59). 100 Eine unterlebensgroße Statue des jungen Hercules wurde in einer Bildhauerwerkstatt in Aphrodisias gefunden, in der wohl nach einem Erdbeben im mittleren 4. Jh.n.Chr. die Arbeit nicht wiederaufgenommen wurde (Hannestad, Mythological Sculpture, 274; Moltesen, Esquiline Group, 117 Abb. 8); die Annahme, daß es sich dabei um ein Werk handelte, das als Dekor für ein Privathaus gedacht war, ist naheliegend. In eben dieser Werkstatt wurden im übrigen zwei Exemplare eines Satyrn mit Dionysosknaben gefunden, die mit dem Satyr der Esquilin-Gruppe praktisch identisch sind (Moltesen, Esquiline Group, 113f.). R.R.R. Smith wies darauf hin, daß der „Hercules“ aus Aphrodisias weder hinsichtlich des Körperbaus noch des Kopftyps Ähnlichkeiten zu anderen Herculesstatuen erkennen läßt, weshalb auch andere Identifizierungen wie diejenige als Hermes in Betracht gezogen werden sollten (Smith, Sculpture, 258).

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Marmorstatuette, die eine unter einem Baum kauernde Frau darstellt, wurde anhand einer Münze des Kaisers Valerian, die eben diese Szene wiedergibt, als eine künstlerische Umsetzung der Episode des Raubes der Hesperidenäpfel rekonstruiert, indem man auf der Basis der Statuette eine verlorene Herculesfigur ergänzte101. Eine Bergkristallstatuette, die aufgrund ihrer Fertigung aus einem nur selten benutzten Mineral vermutlich schon in der Antike als wertvolles Sammlerobjekt galt, stellt den noch jugendlichen Hercules mit dem erymanthischen Eber auf der Schulter dar (Abb. 3)102. Anhand stilistischer Kriterien – in erster Linie der Ähnlichkeit des Kopfes mit verschiedenen Kaiserporträts – wurde das Objekt in tetrarchische Zeit datiert und einer ägyptischen Werkstatt zugewiesen103. Der Fundkontext ist unbekannt, doch der Materialwert deutet auf einen wohlhabenden Haushalt hin; aufgrund der wahrscheinlichen Entstehung in der Epoche der Tetrarchie mag man spekulieren, ob der Auftraggeber möglicherweise bewußt ein Thema, das aus der kaiserlichen Ideologie und den Motiven von Münzen des Maximianus Herculius vertraut war, auch für die Ausstattung seines Hauses wählte, um seiner Loyalität gegenüber dem Kaiser Ausdruck zu verleihen. Die Tatsache, daß die Rückseite der Statuette voll ausgearbeitet ist, läßt darauf schließen, daß diese, anders als viele Statuen und Statuetten, nicht in einer Nische, wo sie aufgrund ihrer geringen Größe (7,5 cm hoch in beschädigtem Zustand) nicht ausreichend zur Geltung kommen würde, sondern eher auf einem freistehenden Sockel oder einem Möbelstück im Raum aufgestellt war, so daß sie umrundet und von allen Seiten bewundert werden konnte. Ausgehend von der Existenz von Herculesmotiven in anderen Medien wie Mosaiken, die ebenso weit verbreitet waren wie Statuetten, ist vielleicht anzunehmen, daß in der Spätantike mehr kleinformatige rundplastische Darstellungen des Alkiden existierten, als heute noch erhalten sind; nachweisen läßt sich dies jedoch nicht. I.1.3 Reliefs Aus verschiedenen Regionen des spätrömischen Reiches sind Reliefs überliefert, die Szenen aus dem Leben des Hercules abbilden, wobei sich die Motive weitgehend auf die bekannten Taten des Dodekathlos beschränken. Dabei ist wiederum anzumerken, daß es wohl dem Zufall der Überlieferung geschuldet ist, daß insgesamt nur wenige Werke der Reliefplastik mit Herculesmotiven erhalten sind: vermutlich haben nicht alle Monumente dieser Gattung, die in der Spätantike existierten, die Zeiten überdauert. So ist beispielsweise davon auszugehen, daß ein in Ravenna gefundenes Relief des 6. Jhs.n.Chr., das den Kampf mit der kerynitischen Hirschkuh darstellt (s.u.), zu einem heute verlorenen Zyklus gehörte, der auch die übrigen Taten des Dodekathlos beinhaltete104.

101 Bonfante/Carter, Herakles, 248–250 (Abb. 1; zur Datierung: ebd., 255). Bonfante und Carter gehen davon aus, daß sowohl die Münze als auch die Statuette eine verlorene Skulptur zum Vorbild hatten (ebd., 250); C.C. Vermeule hingegen war von einem Relief oder einem Gemälde ausgegangen (ebd., 250 Anm. 6). Durch die Ergänzung einer Herculesfigur erreicht die Statue eine Höhe, die sich in die Größenverhältnisse anderer spätantiker Statuetten mit mythologischen Themen einreiht (ebd., 252). 102 Segall, Statuette of Heracles, 113f. 103 Segall, Statuette of Heracles, 116. 104 Vgl. Deichmann, Ravenna, 78. 126.

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I.1.3.1 Der Herculeszyklus von Chiragan Fragmente eines einzigartigen spätantiken Reliefzyklus der zwölf kanonischen Taten des Hercules wurden bei Ausgrabungen auf dem Gebiet der Villa von Chiragan, etwa 50 km westlich von Toulouse am Ufer der Garonne gelegen, gefunden. Sie gehören zu dem bei weitem umfangreichsten Fund spätantiker Skulptur und gleichzeitig zu dem – abgesehen von der Villa Hadriana in Tivoli – größten noch erhaltenen „Ausstattungsensemble eines Wohnbaus in der römischen Welt“ überhaupt105. Während einige der Platten, die mit in Hochrelief gearbeiteten, leicht unterlebensgroßen Figuren ausgestattet sind, recht gut erhalten sind (Stall des Augias, Pferde des Diomedes, Geryoneus, erymanthischer Eber, stymphalische Vögel, sowie das Amazonen- und Hydra-Abenteuer), lassen sich andere nur noch anhand kleiner Bruchstücke identifizieren (nemeischer Löwe, kretischer Stier, Äpfel der Hesperiden)106. Hercules tritt dabei sowohl als bartloser junger Mann auf, als auch im lysippischen Typus des muskulösen, bärtigen Heros; diese Entwicklung entspricht der chronologischen Abfolge der Taten, wobei er bereits bei der Tötung der stymphalischen Vögel seine Jugend hinter sich gelassen hat. Was die Umsetzung der einzelnen Episoden angeht, so wurden auch seltene Varianten der Motive einbezogen; für die Art, wie Hercules den Eber dem in seinem Pithos versteckten Eurystheus präsentiert, gibt es beispielsweise nur eine einzige Parallele in der Gattung der Reliefs (Abb. 4)107. Das Herculesthema wurde, soweit die Überlieferungslage hier eine Aussage erlaubt, in Chiragan zwar nicht, wie in der Villa von Piazza Armerina, auf Bodenmosaiken wiederaufgenommen, doch gehören zu den Skulpturfunden auch Statuetten, die den Heros in der Haltung des Hercules Farnese wiedergeben108. Tatsächlich bilden Darstellungen des Hercules nach Bildern der dionysischen Sphäre die zweitgrößte Gruppe von Plastik in Chiragan109. Hinsichtlich der Datierung des Reliefzyklus gab es in der Forschung Kontroversen. Eine anhand von zwei in Chiragan gefundenen Porträts vorgenommene Einordnung in die Regierungszeit des gallischen Gegenkaisers Postumus (260–269 n.Chr.) schiene insofern verlockend, als dieser Kaiser Hercules stark in seine Münzpropaganda einband; der Besitzer der Villa hätte also mit der Wahl des Herculesmotivs seiner Loyalität zu Postumus Ausdruck verleihen können110. Durch die Einbeziehung weiterer, mit den Reliefs stilistisch 105 Bergmann, Porträts, 323; vgl. Hannestad, Mythological Sculpture, 294. Zur genauen Lage der Villa von Chiragan s. die Karten in Bergmann, Chiragan, 26f. 106 Bergmann, Chiragan, 32f. 107 Bergmann, Chiragan, 33 Anm. 4. 108 Stirling, Learned Collector, 60; vgl. Cazes, Musée Saint-Raymond, 110, mit Datierung in das 2.–3. Jh.n.Chr.; Espérandieu, Recueil, Nr. 893. 894. 109 Stirling, Learned Collector, 59 Anm. 6. Neben dem Dodekathlos-Relief war zumindest noch ein weiteres Relief mit einer Darstellung des Hercules in der Villa vorhanden, wobei jedoch unklar ist, ob dieses zu einem weiteren Tatenzyklus gehörte oder als Einzelmonument angesehen werden muß. Das stark beschädigte Relieffragment läßt auf eine ursprüngliche Figurengröße von circa 2 m schließen, was einen weit monumentaleren Maßstab als denjenigen der Dodekathlos-Platten erahnen läßt. Das Motiv bleibt unklar, Kopf und Oberkörper des Hercules lassen lediglich erkennen, daß er im Profil und nach unten gewandt dargestellt war (Bergmann, Chiragan, 33). 110 Bergmann, Chiragan, 40. Laut Bergmann war allerdings lange nicht geklärt, ob Chiragan tatsächlich im Einflußbereich des Postumus lag (ebd., 40 Anm. 241), wovon inzwischen ausgegangen werden kann (vgl. Eck, Sonderreich, 65f. 69). Zu Hercules und Postumus s. Kap. B I.

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verwandter Porträts gelang jedoch inzwischen J.-Ch. Balty eine überzeugende Datierung in das 4. Jh.n.Chr., was der Spätphase der Villa entspricht111. Es handelte sich also um spätantike Neuschöpfungen, nicht um ältere Werke, die weiter- oder wiederverwendet wurden. Der Dodekathloszyklus könnte in einem der Haupträume der Villa angebracht gewesen sein112; N. Hannestad nennt den „Audienzraum“ – also den Saal, in dem der Hausherr, sicher ein Mitglied der provinzialen Oberschicht, wahrscheinlich sogar der Reichsaristokratie, seine Gäste empfing – als angemessenen Anbringungsort für die Reliefs113. Ähnlich wie die Mosaike mit mythologischen Motiven kann der Herculeszyklus von Chiragan im Kontext der sonstigen Skulpturenausstattung der Villa dazu gedient haben, den Reichtum (man konnte sich qualitätvolle Bildhauerarbeiten leisten), die Bildung (man kannte und verstand die alten Mythen) und das Traditionsbewußtsein (mythologische Themen dienten seit Jahrhunderten als Dekor der Wohnräume der Oberschicht) des Hausherrn nach außen zu repräsentieren; all diese Aspekte waren identitätsbildend für die spätantike Aristokratie114. Darüber hinaus spielten sicherlich ästhetische Erwägungen eine Rolle; ebenso mag es dem Hausherrn durchaus auch darum gegangen sein, die Werte, die mythologische Heroen wie Hercules vertreten konnten, und deren Aufrechterhaltung in Form moralischer exempla in seinem Haushalt nach außen zu zeigen115. I.1.4 Geschirr I.1.4.1 Silber Ein spätantikes Wohnhaus bot, ungeachtet der Größe und der religiösen Überzeugung seiner Bewohner, grundsätzlich verschiedene Möglichkeiten für eine Ausstattung mit Bildwerken oder Gegenständen mit mythologischen Motiven, zu denen nicht nur festangebrachte Objekte wie Mosaike oder nur mühsam bewegbare Skulpturen gehörten, sondern auch transportable Dinge, die keinen festen Platz hatten und zu denen beispielsweise Ge111 Vgl. Bergmann, Chiragan, 40f. Münzfunde belegen, daß die Villa von julisch-claudischer Zeit bis mindestens in die Herrschaftszeit des Arcadius (383–408 n.Chr.) bewohnt war. Wann die Villa abbrannte (vgl. die bei den Grabungen überall gefundene Ascheschicht), ist daraus allerdings nicht eindeutig abzuleiten, da Aes-Münzen wie die in Chiragan gefundenen nur bis zur Regierungszeit des Arcadius geprägt wurden; auch wenn die Deutung, daß die Villenanlage dem Einfall der Vandalen, Sueben und Alanen in Gallien in den Jahren 406–410 n.Chr. zum Opfer fiel, naheliegt, könnten zumindest Teile des Komplexes auch noch im späteren 5. Jh.n.Chr. in Gebrauch gewesen sein (Bergmann, Chiragan, 26). 112 Keine einzige der Skulpturen von Chiragan wurde in situ gefunden; alle Objekte stammen aus mehreren Gruben auf dem Villengelände, wo sie aus unbekannten Gründen sichtlich bewußt vergraben worden waren (Bergmann, Chiragan, 27f.). 113 Bergmann, Chiragan 41; Hannestad, Skulpturenausstattung, 204. Auch eine Anbringung in der den Hof säumenden Porticus kommt in Frage (Stirling, Learned Collector, 61). Die Ausarbeitung der Reliefs deutet darauf hin, daß diese auf Fernsicht konzipiert waren (Bergmann, Chiragan, 36f.), so daß sie auch aus einiger Entfernung in einer Halle noch eine große Wirkung auf den Betrachter ausüben konnten. Zur ungeklärten Frage der Identität der Besitzer der Villa in ihren verschiedenen Phasen s. Bergmann, Chiragan, 42f. Ein Relieffragment, das einen Unterarm mit einer eine mappa haltenden Hand zeigt, läßt auf die Darstellung eines Spielgebers – vielleicht eines Konsuls, zumindest aber eines hohen Magistrats – schließen (ebd., 43; vgl. Stirling, Learned Collector, 61). 114 Vgl. z.B. Scott, Elites, 52f. 115 Vgl. Jacobs, Production to Destruction, 270.

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schirr und Einrichtungsgegenstände zählten. Was die Außenwirkung auf Gäste und das damit verbundene soziale Prestige der Besitzer betrifft, so ergaben sich Unterschiede, die im Falle des Hercules beispielsweise verdeutlicht werden können anhand des Gegensatzes zwischen Prunkgeschirr, das, oft aus massivem Silber gefertigt, eher als Ausstellungsobjekt denn als Haushaltsgegenstand wahrgenommen worden sein dürfte, und der im ganzen Mittelmeerraum verbreiteten Sigillata-Ware, die ihren praktischen Zweck als Eßgeschirr erfüllte. Aus beiden Gattungen liegen aus der Spätantike Einzelstücke mit Motiven des Herculesmythos vor, wobei die zeitliche Entwicklung vom 3. Jh.n.Chr. bis in frühbyzantinische Zeit (8. Jh.) reicht116. Gerade für die sehr spät datierten Stücke ist dabei von christlichen Besitzern auszugehen, auch wenn der ursprüngliche Kontext verloren ist. So scheint auch der Großteil des heute bekannten spätantiken Silbergeschirrs mit mythologischen Motiven einem christlichen Umfeld zuzuordnen zu sein, wie die Verwendung christlicher Symbolik auf einzelnen Gegenständen aus verschiedenen Schatzfunden (wie z.B. vom Esquilin, aus Mildenhall und Corbridge) nahelegt117. Der – offen zur Schau gestellte – Besitz von Silbergefäßen galt in der römischen Antike als ein Zeichen von Reichtum und Luxus, und die entsprechenden Gegenstände dienten in erster Linie der Repräsentation des Besitzers nach außen118. Gerade die großen, schweren und reich verzierten Silberplatten wie diejenigen aus Mildenhall oder Kaiseraugst (mit Motiven aus dem dionysischen Bereich beziehungsweise aus dem Leben des Achilles) dienten sicher nicht dem täglichen Gebrauch als Tafelgeschirr, sondern waren – auf Hochglanz poliert119 – als Wertgegenstände an gut sichtbaren Stellen eines Hauses aufgestellt120. 116 Eine genaue Datierung spätantiken Silbergeschirrs ist generell schwierig und beschränkt sich häufig auf die Eingrenzung des Jahrhunderts; ebenso ist der Fundort in sehr vielen Fällen unbekannt, weshalb der antike Kontext nicht oder zumindest nur andeutungsweise ermittelt werden kann (Toynbee/Painter, Picture Plates, 15). 117 Kiilerich, Classicism, 179 (für Silbergeschirr allgemein vgl. ebd., 160–186). Biblische Motive sind ebenso auf spätantiken Silbergegenständen belegt (s. beispielsweise ein Set mit neun Silberplatten aus dem frühen 7. Jh.n.Chr. mit einem Zyklus aus dem Leben Davids; Toynbee/Painter, Picture Plates, 21f.; Kat.-Nr. 68–76). Der am stärksten auf römischem Silber zwischen dem 1. Jh.n.Chr. und der frühbyzantinischen Zeit verbreitete Themenkomplex ist jedoch die dionysische Welt (Baratte, Silbergeschirr, 10). 118 Baratte, Silbergeschirr, 5; Leader-Newby, Silver and Society, 2f. Aufgrund des Materialwerts des Silbers wurden Funde römischer Silberobjekte gelegentlich eingeschmolzen und gingen so der Wissenschaft verloren (ebd., 3). Die Fundumstände führten darüber hinaus häufig dazu, daß die Silberobjekte in den Kunsthandel gelangten und der ursprüngliche Fundkontext nicht mehr rekonstruiert werden kann (ebd., 4). In diesem Zusammenhang ist auch die Tatsache zu berücksichtigen, daß kein einziger Silberschatzfund in einer Villa, die ein folgerichtiger Kontext für solche Objekte war, gemacht wurde, und nur in einem Fall in einem Haus (in Vienne), wobei die dort gefundenen Silbergegenstände wohl ursprünglich aus einem Heiligtum stammten (Painter, Silver Hoards, 95). Der große geographische Rahmen der entsprechenden Funde, von England bis ins heutige Rußland (vgl. Toynbee/Painter, Picture Plates, 22), bezeugt die Verbreitung von prunkvollem Silbergeschirr als Mittel der Selbstdarstellung der wohlhabenden Schichten nicht nur im Imperium Romanum, sondern weit darüber hinaus; einzelne Funde wurden im Kaukasus, im Ural und in der Region Perm in Sibirien gemacht (ebd., Kat.-Nr. 24–25; 37; 45; 53). Der am weitesten entfernte Fundorte eines spätantiken Silberobjektes – einer Kanne mit einer Darstellung von Paris und Helena – ist das Grab eines chinesischen Generals in Guyuan/Ningxia (China) (Mundell Mango, Silver Plate, 86 Abb. 4a). 119 Vgl. Sidon. epist. 1, 2, 6. 120 Toynbee/Painter, Picture Plates, 15. An einigen spätantiken Silberplatten sind Löcher erkennbar, die

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Dies schließt nicht aus, daß man sie zu besonderen Anlässen doch gelegentlich bei Tisch verwendete, wenn auch eher als dekorativen Tischschmuck und weniger, um darauf Speisen zu servieren121. Es besteht ebenfalls die Möglichkeit, daß große Silberplatten die Funktion von Tischplatten übernahmen, so daß bei einem spätantiken Gelage, bei dem die Liegen meist in einem Halbrund um einen Tisch angeordnet waren (stibadium), alle Gäste einen guten Zugriff und einen guten Blick – zumal wenn der Dekor nach außen orientiert war – auf das Prunkgeschirr hatten; die großen Platten wären dann in marmorne Tischoberflächen eingelassen worden, deren Ränder mit einem Dekor versehen waren, der demjenigen des Geschirrs ähnelte122. Der Repräsentationswert der Silberobjekte lag nicht nur im Material begründet, sondern bezog auch den Aspekt der Bildung mit ein: sowohl beim Besitzer als auch beim Gast, der die Gegenstände bewunderte, wurden zumindest Grundkenntnisse der heidnischen Mythologie vorausgesetzt, die eine angemessene Würdigung des Silbergeschirrs – gerne auch im Rahmen eines von der Betrachtung der Objekte angeregten Tischgespräches – erst ermöglichten123. Gelegentlich ist die Bildung selbst sogar das eigentliche Thema der Darstellung, wie im Fall der Achilles-Platte aus dem Schatz von Kaiseraugst, die in zehn Szenen die Jugend des Helden schildert, mit einem Schwerpunkt auf dessen Erziehung durch den weisen Kentauren Chiron124. Zahlreiche Funde bestätigen, daß man in der Spätantike weiter an den überlieferten mythologischen Motiven festhielt, zu denen auch Hercules zählt, wenn auch nicht viele Beispiele toreutischer Umsetzung seiner Taten bekannt sind125. Darüber hinaus ist er nicht

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darauf hindeuten, daß sie an Wänden aufgehängt waren (ebd.). Auch die Tatsache, daß viele Silberplatten mit Gold oder Niello eingelegt waren, spricht dagegen, daß sie als Gebrauchsgegenstände verwendet wurden (vgl. ebd., 16). Platten, die Porträts des Kaisers zeigten, wie beispielsweise das berühmte Theodosius-Missorium, dienten als prestigeträchtige kaiserliche Geschenke – largitiones – an hohe Würdenträger, und wurden dementsprechend als repräsentative Objekte ausgestellt, die das Renommee der Besitzer nach außen vermitteln sollten (vgl. ebd., 15f.; s. dazu auch Leader-Newby, Silver and Society, 11–59). Zur Frage der Besitzer von spätantikem Silbergeschirr im allgemeinen vgl. Cameron, Distribution, 178–185. Silbergeschirr diente ferner als Wertanlage, zumal man es jederzeit problemlos einschmelzen konnte (Baratte, Silbergeschirr, 4). In reichen Haushalten diente Silbergeschirr auch dem Alltagsgebrauch; es handelte sich dabei um Dinge wie Silberlöffel, Schalen, Kannen, u.ä. (vgl. Maguire, Good Life, 240). Im Dekor der Gegenstände läßt sich dabei eine Abstufung erkennen: bei einem mit Flüssigkeit gefüllten Gefäß ist auch reicher Dekor noch erkennbar, anders als beispielsweise bei Platten, wenn man diese mit Speisen aller Art belud, weshalb diese mit schlichterem Dekor versehen waren (Leader-Newby, Classicism, 69). Zur Verwendung mit Dekor versehener Silberteller im Alltag s. Mundell Mango, Sideboard to Table, 128f. Mundell Mango, Sideboard to Table, 129f. mit Abb. 14.6 d–e. Baratte, Silbergeschirr, 11f.; Elsner, Imperial Rome, 108f. Vgl. dazu auch die Parodie eines – gerade nicht gebildeten – Sammlers von Silber, der die einzelnen Mythen durcheinanderbringt, in Petronius’ Satyricon (Petron. 52, 1–3; vgl. Baratte, Silbergeschirr, 3f.). Vgl. dazu Leader-Newby, Silver and Society, 125–130. Aus der Zeit zwischen dem 3. und dem 8. Jh. werden im LIMC neun Beispiele aus dem Bereich der Toreutik aufgeführt. Eine zyklische Darstellung des kanonischen Dodekathlos ist auf dem Rand einer Silberschale erhalten, deren Datierung jedoch kontrovers diskutiert wird. In seiner Publikation des von ihm so bezeichneten „Schalen-Emblems“ schlägt G. Matthies eine Datierung in das 2. Jh.n.Chr. vor (Matthies, Schalen-Emblem, 119). K. Weitzmann hingegen schließt eine Entstehung im 3. oder 4. Jh.n.Chr. nicht aus, gibt für diese Einschätzung jedoch keine Erklärung (Weitzmann, Heracles Plaques, 9).

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immer das einzige oder auch nur das wichtigste Motiv; beispielsweise ist der Alkide auf der Mildenhall-Platte nur eine Gestalt unter vielen126. Er ist in den dionysischen thiasos integriert und tritt dabei als der bereits in früheren Epochen in der bildenden Kunst belegte, von Satyrn gestützte trunkene Hercules in Erscheinung127; der charakterliche Aspekt des zügellosen Trinkers und Essers war, wie bereits erwähnt, schon in der griechischen Klassik ein beliebtes Motiv der Komödie und wurde in der Spätantike zu einem Angriffspunkt christlicher Autoren128, was aber der Wertschätzung des Motivs durch christliche Laien keinen Abbruch getan haben muß und zum Kontext eines geselligen Gastmahles thematisch gut paßte129. Im vorliegenden Fall ist der Heros, ähnlich wie auf den oben angesprochenen Mosaiken, in einen Trinkwettstreit mit Dionysos verwickelt; während dieser, noch aufrecht stehend, triumphiert, unterliegt der Alkide und muß von zwei Satyrn aufgefangen werden, bevor er betrunken zu Boden geht und dabei auf seine mit dem Löwenfell drapierte Keule fällt130. Der Jupitersohn ist hier eingebunden in ein Motiv, das Luxus und Wohlleben im Diesseits suggeriert; es wurde auch vorgeschlagen, einen Verweis auf eine glückliche Existenz in einem immerwährenden dionysischen Reigen im Jenseits zu sehen131. Angesichts der Funktion des Silbergeschirrs im Rahmen von Gelagen oder Feierlichkeiten sollte man jedoch eher einen Bezug auf das tatsächliche Leben der Betrachter annehmen als eine eschatologische Bedeutung.

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Daß die Verwendung des Hercules im Dekor von Silberobjekten keine Innovation der Spätantike ist, belegt beispielsweise eine vermutlich in flavischer Zeit entstandene Schale aus Hermoupolis (Ägypten), die den Heros im Profil als jungen Mann zeigt, die Keule geschultert und das Löwenfell als Kopfbedeckung verwendend (Mielsch/Niemeyer, Römisches Silber, 7–9 mit Abb. 8–9). Auf der großen Achilllesplatte (4./5. Jh.n.Chr.) aus dem sogenannten Sevso-Schatz tritt Hercules als eine von sechs Gottheiten in Erscheinung, die bei der Geburt des Achilles anwesend sind (LeaderNewby, Silver and Society, 131f.). Er ist in keiner Weise gegenüber den anderen – unter anderem Zeus und Apollon – hervorgehoben; dementsprechend kommt ihm keine besondere Bedeutung zu, er ist vielmehr nur ein Teil des Götterapparates. Dargestellt ist er im vertrauten Schema des bärtigen muskulösen Helden, der sich auf seine Keule stützt und das Löwenfell über dem linken Arm trägt. Vgl. LIMC V,1 n. 3257–3268. Zur Oceanus-Platte von Mildenhall (sog. „Great Dish“; 4. Jh.n.Chr.) vgl. Leader-Newby, Silver and Society, 144; Toynbee/Painter, Picture Plates, 22 Nr. 1. S. unten Kap. A II.2.2-3.; vgl. Stafford, Herakles, 105–115. Vgl. Toynbee/Painter, Picture Plates, 21. Toynbee/Painter, Picture Plates, 16. Auf einer möglicherweise aus Konstantinopel stammenden Silberschale des 5. oder frühen 6. Jhs.n.Chr. ist Hercules ebenfalls in den thiasos eingebunden und muß, bereits stark angetrunken, gestützt werden, was ihn scheinbar jedoch nicht daran hindert, sich einer halb-bekleideten weiblichen Figur – eine Mänade oder Auge – zu nähern (Cross, Catalogue, Kat.-Nr. 6; Taf. VI–VII). Vgl. Toynbee/Painter, Picture Plates, 16f. J. Toynbee sieht in der Mildenhall-Platte deutliche religiöse Konnotationen, was auf einen ursprünglich heidnischen Besitzer hindeuten würde (ebd., 17). Zur Frage, ob mit paganen Motiven versehenes Silbergeschirr auch in einem religiösen Kontext (beispielsweise einem Kultmahl zu Ehren einer Gottheit) verwendet wurde, s. Painter, Silver Hoards, 97. Das dionysische Umfeld ist im Fall von Kunstgegenständen und Objekten, die dem Kontext des Hauses und dem alltäglichen Leben zuzuordnen sind, sicherlich viel eher auf das gegenwärtige Diesseits als auf Jenseitshoffnungen bezogen. An dieser Stelle sei verwiesen auf die berechtigte Kritik, die H. Brandenburg bereits 1968 an der Tendenz der Forschung, viel zu häufig einen Bezug auf Jenseitshoffnungen bei der Interpretation von antiker Kunst aus nicht-funerären Kontexten anzunehmen, äußerte (Brandenburg, Bellerophon, 52f.).

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Das Fragment einer Silberschale aus dem Schatzfund von Traprain Law (Schottland) bildet im zentralen Medaillon den im Profil dargestellten Kopf des bärtigen Alkiden ab, zu erkennen an der hinter ihm im Miniaturformat wiedergegebenen Keule (Abb. 5). Der auf der Außenseite umlaufende Fries zeigt drei Gruppen sich gegenseitig verfolgender wilder Tiere in einer Waldlandschaft sowie die Masken von Hermes und einer Frau; dies ist wohl am ehesten als ebenfalls im weitesten Sinne dem dionysischen Kontext zugehörig zu betrachten132. Stilistisch dem 4. Jh.n.Chr. zuzuordnen133, ist die Schale inhaltlich mit den mythologischen Motiven der Platten von Mildenhall und Kaiseraugst sowie anderer Silberobjekte dieser Epoche vergleichbar. Daneben beschränken sich die Motive auf spätantiken toreutischen Erzeugnissen größtenteils auf die auch in anderen Gattungen und Epochen gängigeren Taten des Herculesmythos134. Das prachtvollste und vermutlich auch berühmteste Beispiel einer spätantiken Metallarbeit mit einem Motiv des Herculesmythos ist eine heute in Paris aufbewahrte, ursprünglich vielleicht aus Konstantinopel stammende Silberplatte, die Hercules einmal mehr im Kampf mit dem nemeischen Löwen darstellt135. Der Alkide ist hier noch der jugendliche, bartlose Held, der am Anfang seiner Abenteuer steht und als der er in vielen antiken Darstellungen dieser ersten Episode des Dodekathlos abgebildet wurde. Entsprechend dem Mythos hat er seine Waffen beiseite gelegt – Keule, Bogen und Köcher sind im Vordergrund der Platte erkennbar – und tritt dem Löwen allein mit seiner Körperkraft gewappnet entgegen. In Ausfallhaltung nach rechts stehend136, umfängt er den Hals des Untiers; seine Hände sind von der Mähne fast vollständig verdeckt, während der auf den Hinterbeinen aufgerichtete Löwe seine Pranken um den linken Oberschenkel des Helden geschlungen hat. Dem Gesichtsausdruck des Löwen – die Zunge hängt ihm aus dem geöffneten Maul – läßt sich entnehmen, daß der Sieg des Hercules abzusehen ist. Die Platte wird im allgemeinen aufgrund stilistischer Überlegungen in das 6. Jh.n.Chr. datiert137 und bezeugt damit, daß in einer Epoche, die geprägt war durch die lange Regierungszeit Justinians I., der im Ostreich das Heidentum aktiv bekämpfte138, mythologische Motive im Rahmen repräsentativer Gegenstände, die eindeutig darauf ausgerichtet waren, vorgezeigt zu werden, nach wie vor gesellschaftlich akzeptabel waren139. Die Größe (Durchmesser: 40 cm), der Materialwert und die künstlerische Ausführung lassen den 132 Hartley et al. (Hgg.), Constantine, 237f., Kat.-Nr. 245. 133 Hartley et al. (Hgg.), Constantine, 238. 134 Dies sind der Kampf mit dem nemeischen Löwen (LIMC V, 1 n. 1967–1968), die Tötung der Hydra (LIMC V, 1 n. 2084) sowie die Zähmung des Kerberos, kombiniert mit dem Raub der Hesperidenäpfel (LIMC V, 1 n. 2665). Der Schwerpunkt scheint also auf der virtus des Heros und der als Lohn dafür erworbenen Unsterblichkeit zu liegen. 135 LIMC V, 1 n. 1967; Ensoli/La Rocca (Hgg.), Aurea Roma, 488 Kat.-Nr. 108 (Abb. 108); Weitzmann (Hg.), Age of Spirituality, 162 Kat.-Nr. 139. 136 Unklassisch ist hierbei der Wechsel der Ansicht: Kopf und Oberkörper des Alkiden sowie seine Beine sind im Profil wiedergegeben, der Unterleib hingegen frontal, was einer anatomisch unmöglichen Verdrehung des Körpers entspricht. 137 Weitzmann (Hg.), Age of Spirituality, 162f. Zu den Schwierigkeiten der Datierung (die Vorschläge bewegen sich zwischen dem 4. und dem 6. Jh.n.Chr.) vgl. Ensoli/La Rocca (Hgg.), Aurea Roma, 488. 138 Demandt, Spätantike, 238f. 139 Vgl. Leader-Newby, Silver and Society, 176f.

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Schluß zu, daß das Objekt dem Haushalt eines Mitgliedes der wohlhabenden Schichten des Ostreiches entstammt. Dabei könnte die Szene von individuellen Betrachtern auch allegorisch gedeutet worden sein, indem Hercules als Verköperung der virtus an sich verstanden wurde140. Möglicherweise gehörte die Platte ursprünglich zu einem Set, das noch weitere Objekte mit anderen Taten des Hercules enthielt141. Auf einer Silbersitula des frühen 7. Jhs.n.Chr. aus Kuczurmare (Ukraine) ist Hercules, dargestellt in einer auf den Hercules Farnese zurückgehenden Haltung, als eine von sechs Gottheiten ohne erkennbaren narrativen Kontext mit seiner göttlichen Beschützerin Athena abgebildet, ein Motiv, für das es in der Spätantike Parallelen in der Wandmalerei und auf Kontorniaten gibt (Abb. 6)142. Allerdings ist die Beziehung der beiden Gestalten zueinander eine andere: während auf dem Wandgemälde aus der Via Latina-Katakombe in Rom (s.u.) und auf den Kontorniaten (s.u.; beide 4. Jh.n.Chr.) Hercules und Athena sich die Hände reichen, stehen sie in diesem Fall einander gegenüber, ohne sich zu berühren. Die – stark beschädigte – Figur der Athena lehnt sich auf einen Pfeiler, das rechte Bein über das linke geschlagen, die linke Hand in die Hüfte gestützt; den neben ihr stehenden Hercules blickt sie nicht an. Vergleichbare Darstellungen aus früheren Epochen zeigen den Heros und seine göttliche Beschützerin hingegen einander zugewandt, während hier kein Bezug zwischen den beiden Figuren vorliegt. Die Verwendung mythologischer Themen in der frühbyzantinischen Kunst fügt sich in das intellektuelle Klima der Zeit ein: im 6. und 7. Jh.n.Chr. baute die Schulbildung im oströmischen Reich nach wie vor auf den Vorbildern der klassischen Antike auf und blieb außerhalb des Einflußbereiches der Kirche. Rhetorik- und Grammatikunterricht kamen 140 Zu einer Deutung von Hercules in seiner Rolle als Überwinder des Todes – repräsentiert durch ein mit Waffen unbezwingbares Monster – vgl. z.B. Toynbee/Painter, Picture Plates, 19. Darüber hinaus war der Kampf eines Helden gegen einen Löwen für die Christen aus der Erzählung von David vertraut, so daß christliche Betrachter der Herculesplatte bewußt oder unbewußt eine Verbindung zu einer heroischen Gestalt ihrer eigenen Religion hergestellt haben mochten (für das Motiv des Löwenkampfes Davids auf spätantiken Silberplatten s. Toynbee/Painter, Picture Plates, Kat.-Nr. 68; 77). 141 Vgl. Ensoli/La Rocca (Hgg.), Aurea Roma, 488. Da auf der Platte die in der Kunst am weitesten verbreitete Tat des Heros abgebildet ist, kann es sich durchaus auch um ein Einzelstück handeln: wollte man nur eine Herculestat abbilden, so bot sich der Löwenkampf aufgrund seines großen Bekanntheitsgrades dafür an. Von einem ganzen Zyklus, beispielsweise in Form eines Geschirrservices, kann man möglicherweise gerade dann ausgehen, wenn ein erhaltenes Stück eine weniger verbreitete Tat des Alkiden zeigt. 142 LIMC V, 1 n. 3195; Weitzmann (Hg.), Age of Spirituality, 140 Kat.-Nr. 118. Aufgrund der Stempelabdrücke auf dem Boden der Situla kann diese in die Jahre 613–629/30 n.Chr. während der Regierungszeit des Kaisers Herakleios datiert werden (Cruikshank Dodd, Silver Stamps, 174 Nr. 56). Die vier anderen, jeweils auch in Paaren angeordneten Figuren, sind als Artemis und Apollon sowie Aphrodite und Ares oder Adonis zu identifizieren (Ares: Weitzmann (Hg.), Age of Spirituality, 140; Ensoli/La Rocca (Hgg.), Aurea Roma, 486 Nr. 106; Adonis: Leader-Newby, Silver and Society, 173). Die Götterpaare illustrieren dabei unterschiedliche Beziehungen: während Artemis und Apollon Geschwister sind, sind Aphrodite und Ares/Adonis ein Liebespaar, Athena und Hercules Patronin und Schützling. Der Fundort im Grenzgebiet des Reiches, möglicherweise in der Umgebung einer Handelsroute (Weitzmann (Hg.), Age of Spirituality, 140) kann auf die Funktion des Gegenstandes als Handelsware hindeuten. Daß Hercules im Typus Farnese abgebildet ist, zeigt, daß dieses seit Jahrhunderten verbreitete Schema sozusagen als der „ultimative“ Darstellungstypus des Hercules noch immer geschätzt und erkannt wurde.

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ohne christliche Inhalte aus, und vermittelten die Kenntnisse der paganen Mythologie, die für eine Wertschätzung mythologischer Motive auf Kunstgegenständen notwendig waren, weshalb die Götterversammlung auf der Situla nicht überraschen sollte143. Vor diesem Hintergrund ist möglicherweise auch eine der ersten Hälfte des 8. Jhs. zugewiesene Bronzekanne aus Samos zu deuten144, die auf dem umlaufenden Fries mit der Tötung des nemeischen Löwen und der Bezwingung der Hirschkuh und des Stiers noch einmal drei berühmte Taten des Hercules vereinigt, wobei auch zu diesem späten Zeitpunkt die Anklänge an die klassischen Darstellungschemata der antiken Kunst in der Haltung des Heros und der von ihm bezwungenen Gegner deutlich sind. Erkennbar unklassisch ist jedoch die Umsetzung des Hercules in Form einer rundlichen, puttenartigen Figur, die vom Äußeren her nichts mehr mit dem Heros der antiken Kunst gemein hat; selbst das Löwenfell ist nicht mehr als solches zu erkennen145. Der Handwerker war also vermutlich mit den Grundzügen der Taten des Hercules soweit vertraut, daß er die aus früheren Zeiten bekannten Haltungsschemata der Figuren übernehmen konnte; ebenso ist davon auszugehen, daß die Zeitgenossen – oder zumindest die Person, die den Auftrag zur Herstellung der Kanne gegeben hatte – in der Lage waren, den Heros und seinen mythischen Hintergrund zu identifizieren. Daraus wiederum läßt sich schließen, daß es im oströmischen Reich der frühbyzantinischen Zeit noch Personen beziehungsweise Personengruppen mit dem notwendigen Hintergrundwissen gab, die entweder aus ihrer Lektüre oder aber aus der Vertrautheit mit noch erhaltenen antiken Kunstgegenständen mit Herculesmotiven – möglicherweise in Form von Familienerbstücken oder an öffentlichen Orten oder im privaten Umfeld vorhandenen Überresten entsprechender Werke – über die Kenntnisse verfügten, auch einen vollständig unklassisch dargestellten Alkiden als solchen zu erkennen. Es bleibt an dieser Stelle festzuhalten, daß Hercules bis in frühbyzantinische Zeit zum Motivschatz von Silbergeschirr gehörte, wie auch zahlreiche andere Gestalten des heidnischen Mythos. All diese Darstellungen sind im Kontext klassischer Bildung und der Wertschätzung traditioneller Motive der griechisch-römischen Überlieferung zu interpretieren, also losgelöst von eventuellen religiösen und damit anstößigen Inhalten, die in früheren Jahrhunderten noch zur Geltung gekommen sein mochten146. Dabei sind grundsätzlich tiefergehende Deutungen, wie zum Beispiel diejenige des dionysischen thiasos als Verweis auf Genuß und Wohlleben nicht ausgeschlossen, ebensowenig wie religiöse Interpretationen, zu denen sich Betrachter durchaus noch veranlaßt gesehen haben könnten. Faßbar sind solche Sichtweisen für uns allerdings nicht, da heute nicht mehr nachvollzogen werden kann, wie einzelne Individuen auf die Darstellungen auf Silbergeschirr reagierten. Der Auftraggeber beziehungsweise Besitzer kann durchaus Deutungen beabsichtigt haben, die nicht jedem Betrachter notwendigerweise ins Auge fielen; als kleinsten gemeinsamen Nenner kann man aber annehmen, daß jeder Betrachter zumindest einige traditionelle Rollen des Hercules – Sieger über Monster, Teilnehmer des thiasos, Verkörperung eines heroi143 Leader-Newby, Silver and Society, 180f. In dieselben Jahrzehnte wie die Situla wird aufgrund der Kontrollstempel auf der Unterseite auch eine Silberplatte mit einer Darstellung von Meleager und Atalante datiert (ebd., 140 Abb. 3.9); es handelt sich bei der „Götter-Situla“ also hinsichtlich der Verwendung paganer Motive im frühen 7. Jh.n.Chr. nicht um einen Einzelfall. 144 LIMC V,1 n. 2230; 2402; vgl. Buschor, Bronzekanne, 27; Taf. 1. 3. 145 Vgl. Buschor, Bronzekanne, 29–32. 146 Vgl. Mundell Mango, Silver Plate, 87–89.

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schen Ideals – identifizieren konnte. Falls ein Gast dazu wider Erwarten nicht in der Lage gewesen sein sollte, so konnte dieser zumindest erkennen, daß es sich bei dem ausgestellten Silber um wertvolle und kunstvoll gearbeitete Objekte mit ästhetisch ansprechenden Motiven handelte147. I.1.4.2 Keramik Personen, die sich keine silbernen Prunkgefäße leisten konnten – also der weitaus größte Teil der Reichsbevölkerung – konnten dennoch Anteil haben an den Motiven, die auf Silbergeschirr auftraten. Zum einen existierte Keramikgeschirr, das sowohl in der Form als auch im Dekor eindeutig als Imitation der teuren Silbergegenstände fungierte und das ebenso wie diese von den Besitzern als Wertgegenstand geschätzt und dementsprechend Besuchern vorgeführt wurde148. Zum anderen finden sich mythologische Motive auch auf der im ganzen Reich verbreiteten Sigillata-Gebrauchsware; diese entstand im Rahmen einer Massenproduktion, weshalb davon auszugehen ist, daß, anders als im Fall der Silberplatten, zahlreiche identische Exemplare mit jedem der heute bekannten Motive in der Antike existierten. Die Darstellungen, die sich auf der Keramik befinden, hatten einen dementsprechend hohen Verbreitungsgrad und spiegeln damit auch den Geschmack der Käufer wieder, nach welchem sich sicherlich das Angebot der Produktionsstätten richtete. Die spätantiken Sigillata-Schalen mit Szenen aus dem Herculesmythos bezeugen daher, mehr noch als die für die Wohlhabenden bestimmten Silberobjekte, eine verbreitete Wertschätzung des Alkiden bei der römischen Bevölkerung zumindest im 4. Jh.n.Chr149. Einige Schalen, die Szenen aus dem Kanon der Herculestaten abbilden, wurden in Nordafrika gefunden, wobei die genauen Fundorte und -umstände unbekannt sind; sie entstammen der lokalen Sigillata-Chiara-Produktion mit Reliefverzierung, die sich im 4. Jh.n.Chr. sowohl in Nordafrika als auch in anderen Regionen des Imperiums großer Beliebtheit erfreute150. Es ist gut vorstellbar, daß mehrere Schalen mit unterschiedlichen 147 Al. Cameron merkt an, daß ungebildete Christen, die die mythologischen Motive nicht identifizieren und deuten konnten, diese als skandalös empfunden haben dürften (vgl. Cameron, Last Pagans of Rome, 706: „While a classically educated Christian dignitary of ca. 400 would have smiled with satisfaction as he identified successive scenes in an Achilles or Hercules cycle in his host’s silverware, mosaic floors, or wall paintings, a peasant or an uneducated monk would have seen only nude bodies and pagan monsters“). 148 Maguire, Good Life, 243. Ein Beispiel hierfür ist ein nur fragmentarisch erhaltenes großes Keramiktablett aus Nordafrika, dessen umlaufendes Relief Szenen aus dem Leben des Achilles abbildet, die denjenigen auf der Platte von Kaiseraugst ähneln (ebd., Abb. 27). 149 Eine statistische Auswertung aller spätantiken Keramikerzeugnisse mit Herculesmotiven in Relation zur Gesamtzahl erhaltener Keramikobjekte wäre wünschenswert, kann jedoch an dieser Stelle nicht geleistet werden. 150 Beispielsweise Beck/Bol (Hgg.), Spätantike und Christentum, 580–582 (Kat.-Nr. 178–179). Zu Herkunft und Datierung vgl. ebd., 610. Die Terra-Sigillata-Chiara-A, -C und -D wird auch als „African Red Slip Ware” oder „Late RomanA/Late Roman-B“ und „Late Roman Red Ware“ bezeichnet (Hayes, Pottery, 13). Die SigillataChiara-C, aus der die Herculesmotive stammen, entspricht dabei „Late Roman A“ (ebd., 288). Die Sigillata-Produktion beschränkte sich in der Spätantike keineswegs auf Nordafrika, wie eine in Trier gefundene, nur fragmentarisch erhaltene Werkstattform für eine Schale belegt, die Szenen des Dodekathlos um einen Okeanos-Kopf im Zentrum gruppiert (Goethert, Keramikproduktion, 401. 402 Abb. 11; Demandt/Engemann (Hgg.), Konstantin, Kat.-Nr. I.13.45 = LIMC V, 1 1757; zu Ikono-

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Herculestaten zu Sets zusammengefügt werden konnten, die dadurch einen ganzen narrativen Zyklus ergaben151. Daß Herculesmotive auch auf anderen Gefäßformen zur Anwendung kamen, belegt eine Deckelschale von der Wende vom 3. zum 4. Jh.n.Chr. aus Tunesien, auf der, neben anderen Darstellungen, eine kleine Applik angebracht ist, die den Alkiden mit dem erymanthischen Eber zeigt152. Für den Betrachter war sicherlich die Art und Weise vertraut, wie die Taten des Alkiden dargestellt sind; so entspricht die Umsetzung des Kampfes gegen den nemeischen Löwen auf einer heute in Mainz aufbewahrten Sigillata-Schale (Abb. 7)153 ganz der klassischen Tradition und weist dementsprechend viele Paralleldarstellungen auf, nicht zuletzt die oben beschriebene Silberplatte aus dem 6. Jh.n.Chr. Der noch bartlose Heros hält mit beiden Armen den bereits wehrlosen und besiegten Löwen – seine Vorderbeine hängen schlaff herab, und die Anordnung des Löwen im Schalenrund erweckt den Eindruck, Hercules hebe diesen in die Höhe – in einem Würgegriff, die Unterarme und Hände in der üppigen Mähne verborgen; Bogen, Köcher und Keule liegen vor den Kämpfern auf dem Boden. Wie auf der Silberplatte ist die landschaftliche Umgebung durch einen Baum gekennzeichnet, der sich im Fall der Schale allerdings in der linken Bildhälfte befindet. Neben dieser und weiteren gängigen Taten aus dem kanonischen Dodekathlos (erymanthischer Eber, Kerberos, Raub der Hesperidenäpfel154) existiert auch eine Umsetzung der Augias-Episode, die allgemein nur selten dargestellt wurde, auf einer Tonschale. Hercules ist dabei jedoch verhältnismäßig klein und am Rand des Bildfeldes wiedergegeben, während ein (überproportional großer) Hase, ein Steinbock (?) sowie ein Löwe und drei Palmzweige den größten Teil des Platzes einnehmen155. Die Bedeutung dieser Zusammenstellung ist unklar; es mag sich bei den Tieren um einen Verweis auf die Jagd handeln. Die Anspielung auf die Reinigung der Ställe ist eindeutig, da Hercules statt seiner zur Seite geworfenen Keule eine Hacke auf der Schulter trägt, mit deren Hilfe er den Graben für die Umleitung des Flusses ausheben wird. Ungewöhnlich ist auch das Motiv des noch jugendlichen Helden, der, mit Fell und Keule ausgestattet, vor der thronenden Athena steht156. Gemeinsam mit Victoria tritt Hercules auf zwei weiteren Schalen auf, wobei ihm die Göttin jeweils den Siegerkranz entgegenstreckt; der Alkide selbst schreitet ihr im einen Fall mit erhobener Keule entgegen, scheint sie fast zu bedrohen, im anderen Fall wendet er sich, mit Fell und Waffen ausgegraphie und Funktion dieser Matrize vgl. ausführlich Boschert, Dodekathlos, 232–243). 151 La Baume/Salomonson, Römische Kleinkunst, 149. Episoden aus dem Herculesmythos erfreuten sich neben anderen Motiven der klassischen Mythologie sowie ersten christlichen Darstellungen auf der nordafrikanischen Sigillata-Ware des 4. Jhs.n.Chr. einer besonderen Beliebtheit (ebd., 15. 149). 152 Demandt/Engemann (Hgg.), Konstantin, Kat.-Nr. I.13.43; La Baume/Salomonson, Römische Kleinkunst, 146 Nr. 591; Taf. 58,3. 153 Ensoli/La Rocca (Hgg.), Aurea Roma, 489 Kat.-Nr. 109; Weitzmann (Hg.), Age of Spirituality, 163 Kat.-Nr. 140. 154 Die um den Hesperidenbaum geschlungene Schlange Ladon wird von K. Weidemann fälschlicherweise als Hydra bezeichnet (Weidemann, Spätantike Bilder, Nr. 19), obwohl auch aufgrund der Haltung des Hercules – er greift nach einer Frucht des Baumes – eine Verwechslung mit der HydraEpisode ausgeschlossen ist. 155 Weidemann, Spätantike Bilder, Nr. 18. 156 Weidemann, Spätantike Bilder, Nr. 21. Im LIMC finden sich für diese Art der Darstellung der Beziehung zwischen dem Helden und seiner Beschützerin keine Parallelen.

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rüstet, von ihr ab, in der ausgestreckten rechten Hand ein Objekt, das wohl als Patera zu identifizieren ist und ihn damit als Opfernden charakterisiert157. Nur selten in der antiken Kunst belegt ist die Episode des Kampfes zwischen Hercules und Ares um die Leiche des eben von dem Alkiden getöteten Kyknos in Anwesenheit von Athena, Hermes und einem nicht benennbaren jungen Mann158. Andere Darstellungen der Kyknos-Episode stammen fast ausschließlich aus der griechischen Archaik159; der Tod des Göttersohnes durch die Hand des Hercules ist jedoch möglicherweise auch auf zwei beinahe identischen Textilfragmenten des 6. Jhs.n.Chr. dargestellt160, was zumindest einen gewissen Bekanntheitsgrad dieser weniger gängigen Herculestat in der Spätantike erahnen lassen würde. Man kann hier spekulieren, ob möglicherweise noch literarische Texte wie das nur fragmentarisch erhaltene Werk des Stesichoros über Kyknos oder das als „Der Schild des Herakles“ bekannte archaische Gedicht im spätantiken Nordafrika gelesen wurden161. Die Darstellungen auf Sigillata-Schalen sind nicht immer auf eine einzelne Szene aus dem Mythenkreis des Hercules beschränkt; so zeigt eine in der Nekropole von Bolonia (Belo/Spanien) gefundene Schale mit dem Löwen- und dem Hydrakampf zwei der frühen Taten des Heros, voneinander getrennt durch Landschaftsmotive162. Es ist wiederum anzunehmen, daß entsprechende Schalen mit den restlichen Motiven des Dodekathlos existierten, die zu einem Set zusammengestellt werden konnten163, so daß offenbar in Haushalten des 4. Jhs.n.Chr. durchaus mit einem Geschirrservice gerechnet werden konnte, dessen Dekor sich aus Motiven des Herculeszyklus zusammensetzte. Die teilweise seltenen Motive auf den nordafrikanischen Reliefschalen deuten darauf hin, daß die Details des Herculesmythos auch der breiteren Bevölkerung im 4. Jh.n.Chr.164

157 Weidemann, Spätantike Bilder, Nr. 17; 20. Die Bekrönung des Hercules durch Victoria ist ein Motiv, das gelegentlich auf den Rückseiten tetrarchischer Münzen belegt ist (z.B. RIC V, 2 p. 273 n. 460– 462: hier allerdings im narrativen Kontext des Kampfes gegen den nemeischen Löwen; RIC V, 2 p. 512 n. 579: der in einem Tempel stehende Hercules wird von Victoria mit dem Kranz ausgezeichnet). Weit häufiger ist Victoria in diesem Kontext jedoch auf eine kleine Figur reduziert, die, oft auf einem Globus stehend, von dem siegreichen Hercules in der Hand gehalten wird (z.B. RIC V, 2 p. 239 n. 186; p. 248 n. 275). Für den opfernden Hercules auf Sigillata-Chiara Schalen existiert eine Parallele, die den Helden in praktisch identischem Aussehen und in derselben Haltung darstellt, den Opfervorgang selbst jedoch durch die Hinzufügung eines kleinen Altars noch verdeutlicht (Salomonson, Tonware, 35 Abb. 42). Eine ähnliche Anordnung der Figuren findet sich auf einem Mosaik aus dem sogenannten Haus des Industrius in Uthina (Oudna), das in das 3. Jh.n.Chr. datiert wird; auch in diesem Fall wendet sich Hercules von Victoria, die ihn von hinten kommend bekrönt, ab, wobei er statt einer Patera einen Kantharos in der rechten Hand hält (LIMC V, 1 n. 3484 mit Abb.). Der Kontext ist also nicht die Kulthandlung, sondern vielmehr das Gelage, vielleicht nach dem gerade errungenen Sieg, für den der Heros von der Göttin ausgezeichnet wird. 158 Beck/Bol (Hgg.), Spätantike und Christentum, 581 Kat.-Nr. 178, 2; Demandt/Engemann (Hgg.), Konstantin, Kat.-Nr. I.13.44. 159 Knauß, Herakles und Kyknos, 19. 160 Weitzmann (Hg.), Age of Spirituality, 159 Kat.-Nr. 136. 161 Knauß, Herakles und Kyknos, 186; vgl. Stafford, Herakles, 65f. 162 Salomonson, Tonware, 33–35 mit Abb. 40. 163 Salomonson, Tonware, 35. 164 Die Herstellung der reliefverzierten Sigillata-Chiara-Ware aus Nordafrika und damit der mit Herculesmotiven versehenen Gefäße fand ihr Ende um das Jahr 440 n.Chr. (Salomonson, Tonware, 85).

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zumindest noch so weit bekannt waren, daß sie auf Alltagsgegenständen wie Geschirr abgebildet werden konnten. I.1.4.3 Glas Wie das bereits behandelte Silbergeschirr konnten auch qualitätvolle Erzeugnisse spätantiker Glaskunst über einen hohen Prestigewert verfügen und im Rahmen eines Gelages die Funktion als Trinkgefäß ebenso wie diejenige der Repräsentation des Besitzers nach außen erfüllen165. Darüber hinaus dienten Glasobjekte als Grabbeigaben, wie beispielsweise Funde aus dem spätrömischen Gallien bezeugen; in diesen Fällen können Motive aus dem Herculesmythos sekundär im Kontext von Jenseitshoffnungen betrachtet werden166. So wurde eine kleine Kugelabschnittschale mit der Darstellung des Kampfes zwischen Hercules und Antaios, dem Athena in ihrer Rolle als göttliche Beschützerin des Heros beiwohnt, zusammen mit anderen Gefäßen aus Glas und Keramik im Sarkophag einer Person gefunden, die in der ersten Hälfte des 4. Jhs.n.Chr. in Trier bestattet wurde (Abb. 8)167. Die Szene, eindeutig identifizierbar anhand des Schemas, nach dem Hercules den Riesen in die Höhe hebt168, wird ergänzt durch eine eingeritzte Inschrift, die den auch auf anderen Glaserzeugnissen dieser Zeit auftretenden Trinkspruch GAVDIAS CVM TVIS PIE Z(eses) wiedergibt169. Dieser Spruch bezieht sich zunächst auf ein reales Gelage, in dessen Verlauf

165 In der Spätantike verwendete man als Trinkgefäße bevorzugt Glas, wie man aus dem Fehlen silberner Trinkgefäße im Zusammenhang von Schatzfunden mit Silbergeschirr schloß. Die Tatsache, daß Trinkgläser in vielen Gräbern gefunden wurden, belegt dabei, daß diese durchaus von breiten Bevölkerungsschichten genutzt wurden, und keineswegs der Oberschicht vorbehalten waren (Harter, Gläserne Gefäße, 39f.). Dabei gab es sicherlich Abstufungen bei Qualität und Ausführung; in einem ärmeren Haushalt ist auch mit schlichteren Gläsern zu rechnen. 166 Waurick (Hg.), Gallien in der Spätantike, 90. Für Funde im Grabkontext vgl. beispielsweise ebd., Kat.-Nr. 177–182; 184–187; 189; 196–197. 167 Waurick (Hg.), Gallien in der Spätantike, 90 Kat.-Nr. 102; vgl. 134 Kat.-Nr. 189. S. auch Demandt/Engemann (Hgg.), Konstantin, Kat.-Nr. I.14.22. Der Fund einer „fast prägefrischen“ Münze des Crispus deutet auf eine Einordnung der Bestattung in die mittleren bis späteren Regierungsjahre Konstantins hin. 168 Dieselbe Herculestat ist, in Verbindung mit einem Wagenlenker und einem Gladiatorenkampf, auf einem Glasbecher aus Trier dargestellt, der ebenfalls aus dem Grabkontext und, wie die genannte Schale, dem Gräberfeld von St. Matthias stammt; die Figuren sind mit der Legende ERCVLES ET ANTEVS versehen (Krüger, Glasbecher, 353–355; vgl. Gose, Grabfunde, 126. 127 Abb. 3). Krüger gibt als Entstehungszeitraum allerdings bereits die erste Hälfte des 3. Jhs.n.Chr. an (Krüger, Glasbecher, 367); E. Köhne hingegen spricht von einer Fertigung im späten 3. oder frühen 4. Jh.n.Chr. (Demandt/Engemann (Hgg.), Konstantin, 353). Unabhängig davon wird, da die anderen Motive auf dem Becher dem Bereich der Spiele in der Arena zuzuordnen sind, in diesem Fall davon ausgegangen, daß nicht der Kampf zwischen dem Heros und dem Riesen abgebildet ist, sondern vielmehr eine statuarische Darstellung desselben, die, da es sich um einen Ringkampf handelte, ebenfalls in das Umfeld der Arena paßt, oder aber ein Kampf zwischen zwei Ringern, die tatsächlich die Namen der großen mythologischen Kontrahenten trugen (vgl. Demandt/Engemann (Hgg.), Konstantin, 353; Fremersdorf, Gläser, 142; Gose, Grabfunde, 126). Eindeutig den Zweikampf zwischen Hercules und Antaios gibt hingegen ein Goldring mit Karneol des vermutlich früheren 3. Jhs.n.Chr. wieder, der in der Nähe von Trier gefunden wurde und auf eine gewisse Verbreitung gerade dieser Tat aus dem Bereich der Parerga im Rheinland hinzudeuten scheint (zu diesem Ring s. Krüger, Jahresbericht, 170f.; Taf. VII, 3). 169 Vgl. Waurick (Hg.), Gallien in der Spätantike, 72 Kat.-Nr. 65.

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solche Trinkgefäße zur Verwendung kamen; der Grund für die Auswahl als Grabbeigabe dürfte gewesen sein, daß der Spruch auch der Hoffnung auf ein glückliches Weiterleben nach dem Tod Ausdruck verleihen konnte: man wünschte sich im Jenseits eine ebenso angenehme Existenz, angefüllt mit den Freuden des Gelages, wie man sie vorher genossen hatte. Die christliche Variante ist ebenfalls auf gallischen Glasschalen bezeugt, wie ein Exemplar aus Köln belegt, das die Szene von Adam und Eva vor dem Baum der Erkenntnis mit der Umschrift GAVDIAS IN DEO PIE Z(eses) kombiniert170. Als Erklärung für die Verwendung des Antaioskampfes auf Gegenständen, die als Grabbeigaben dienten, schlug E. Gose vor, eine Verbindung zu dem Adjektiv a)ntai=oj herzustellen, das in seiner weiblichen Form als Epitheton der Hekate verwendet werden konnte171; zu den Bedeutungen dieser Vokabel gehören auch „widrig“, oder „feindselig“, was bezogen auf den Tod durchaus passen würde. Allerdings spricht zumindest im Fall der Trierer Schale die Herkunft gegen eine solche Interpretation, da generell in der Spätantike im Westteil des Reiches Kenntnisse des Griechischen weit weniger verbreitet waren, als dies in der Kaiserzeit der Fall gewesen war172, und nichts darauf hindeutet, daß es sich bei dem Besitzer des Grabes, in dem der Becher gefunden wurde, um ein Mitglied der gebildeten Schichten des Reiches handelte, von denen man solche Kenntnisse noch am ehesten hätte erwarten können. Eine auf der Bedeutung eines griechischen Wortes, das zufällig auch als Name eines Gegners des Hercules fungierte, basierende Erklärung ist im vorliegenden Kontext als zu abwegig zu betrachten. Die Herculesgestalt sollte vielmehr in einem allgemeineren Sinn als Verköperung der Tugend, in der sekundären Verwendung vielleicht direkt auf den Verstorbenen bezogen, sowie allgemein als sieghafter Held verstanden werden, als der der Heros theoretisch sowohl für einen Heiden als auch für einen Christen als Motiv einer Grabbeigabe akzeptabel war173. Die Antaios-Schale entstammt einer rheinischen Werkstatt, deren Erzeugnisse – aufgrund ihrer stilistischen und technischen Übereinstimmungen zu identifizieren – auch in Gallien und Britannien verbreitet waren174; zu den dort gemachten Funden gehören zwar keine Objekte mit Herculesmotiven, doch kann man durchaus annehmen, daß es sich bei der vorliegenden Trinkschale nicht um ein Einzelstück handelte und daß auch Gläser mit anderen Motiven des Herculesmythos im frühen 4. Jh.n.Chr. im Rheinland hergestellt und dann in andere Gebiete des Imperiums exportiert wurden. Möglicherweise ebenfalls aus dem Grabkontext stammt das Bodenmedaillon eines Goldglasbechers aus Rom, dessen Entstehungszeit durch die Nennung des Namens des Memmius Vitrasius Orfitus, praefectus urbi in den Jahren 353 bis 355 und 357 bis 359 n.Chr., recht genau eingegrenzt werden kann175. Das Medaillon zeigt das Porträt eines Ehe170 Waurick (Hg.), Gallien in der Spätantike, 115 Kat.-Nr. 138; vgl. allgemein Auth, Roman Motto Glasses, 103–112. Variationen der Formulierung sind auch aus dem jüdischen Kontext bekannt (ebd., 110); der Wunsch war also nicht religionsspezifisch, sondern konnte problemlos vielfältig angewandt werden. 171 Gose, Grabfunde, 126. Die von Gose ebd. angeführte Bedeutung des Namens „Antaios“ als „Gespenst“ ist nicht belegt. 172 Vgl. Demandt, Spätantike, 468. 173 Vgl. Ghetta, Heidentum, 189. 174 Goethert, Glasproduktion, 392. 175 PLRE I s.v. Orfitus 3, 651. Der Fundort des Goldglasbodens ist unbekannt (Cameron, Orfitus and

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paares, dessen Kleidung auf einen hohen sozialen Status hindeutet176; zwischen den beiden schwebt auf Schulterhöhe eine kleine Herculesgestalt, eindeutig zu identifizieren anhand der Keule und des Löwenfells, die in der linken Hand die Äpfel der Hesperiden hält (Abb. 9). Die umlaufende Inschrift hat die Form eines Trink- oder Segenspruchs: Orfitus et Costantia (sic!) in nomine Herculis Acerentino felices bibatis. Bei bibatis mag es sich um eine andere Schreibweise für vivatis handeln, wofür es zahlreiche Parallelen auf Trinkgläsern gibt; generell sind jedoch beide Ausdrücke im Zusammenhang mit einem Trinkgefäß als sinnvoll anzusehen, zumal zu Trinksprüchen häufig auch Wünsche für ein lange Leben hinzutraten177. Dargeboten wird der Segenswunsch an das dargestellte Paar im Namen der spezifischen Herculesinkarnation, für die in der kleinen Stadt Aceruntia/Acerentia, gelegen an der Grenze zwischen Lukanien und Apulien, ein Kult existierte. Das Goldglas könnte dementsprechend ein Geschenk der Stadt an ihren Patron Orfitus gewesen sein178, der es seinerseits weiterverschenkte, wie der – vermutliche – Fundort in den Katakomben nahelegt. Die Inschrift scheint bezüglich ihres Inhaltes vergleichbar mit derjenigen des ProiectaKastens, die dem neuvermählten Paar Secunde et Proiecta vivate in Christo wünscht und ebenfalls um die Mitte des 4. Jhs.n.Chr. in Rom entstanden ist: im Namen einer beliebten Gottheit, in diesem Falle Hercules, der als persönlicher Heilsbringer fungieren konnte, wird für jemanden ein glückliches Leben erbeten179. Ferner liegt ein Anklag auf den oben zitierten, ebenfalls von Glasgefäßen bekannten Wunsch GAVDIAS IN DEO PIE Z(eses) vor; in der Inschrift des Goldglasbodens nimmt Hercules die Position ein, die im christlichen Kontext Christus beziehungsweise Gott vorbehalten ist, was man dahingehend deuten kann, daß Hercules als die naheliegende heidnische Entsprechung im Rahmen von Segenssprüchen galt180. Auf spätantiken Goldgläsern konnten grundsätzlich sowohl christliche als auch heidnische Motive auftreten, wobei jedoch deutlich mehr Exemplare mit christlichen Darstellungen erhalten sind, was wohl darauf zurückzuführen ist, daß die Mehrheit der erhaltenen Glasböden in den Katakomben zur Kennzeichnung von Gräbern verwendet wurde181. Die Constantius, 299; vgl. auch Demandt/Engemann (Hgg.), Konstantin, Kat.-Nr. I.11.51). 176 Cameron, Orfitus and Constantius, 301. 177 Vgl. Cameron, Orfitus and Constantius, 298. 178 Das Adjektiv Acerentinus kann sich sowohl auf Hercules beziehen (in diesem Fall würde es sich bei der Form Acerentino in der Inschrift um einen Grammatikfehler handeln, der zu Acerentini korrigiert werden muß), als auch, wie von Mommsen angenommen, auf den in Acerentia angebauten Wein (Cameron, Orfitus and Constantius, 297f.). Die Lesung der Inschrift als „Hercules, Sieger über die Unterwelt“ (Acheron), kann als widerlegt gelten (ebd., 296f.). Die Hesperidenäpfel können mit Liebe, Ehe und Fruchtbarkeit assoziiert werden, was eine Deutung des Glases als Hochzeitsgeschenk an das dargestellte Paar ermöglicht (ebd., 298). 179 Zum Proiecta-Kasten s. Weitzmann (Hg.), Age of Spirituality, 330 Kat.-Nr. 310. 180 Es wurde vorgeschlagen, daß die seltene Formulierung in nomine Herculis in Anlehnung an die verbreitete christliche Formel in nomine Christi gebildet wurde (vgl. Cameron, Orfitus and Constantius, 299). Für Goldglasböden, auf denen eine kleine Christusfigur ein Ehepaar segnet, s. beispielsweise Ensoli/La Rocca (Hgg.), Aurea Roma, 511 Kat.-Nr. 136; Harden, Glas der Caesaren, 284 Kat.-Nr. 157. Die „segnende“, zwischen den porträtierten Personen angesiedelte Position kann auch von Hera, Concordia oder einem Eros eingenommen werden (Harden, Glas der Caesaren, 283f.) 181 Cameron, Orfitus and Constantius, 299. In der Gattung der Goldgläser könnte ausnahmsweise ein Fall vorliegen, in dem man zumindest bei vielen Stücken aus dem abgebildeten Motiv auf die religiöse Überzeugung der Besitzer schließen kann, zumal ein Christ vielleicht sein Grab nicht unbedingt

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Besitzer und Auftraggeber der Goldgläser dürften im allgemeinen keine Angehörigen der Führungsschicht gewesen sein; es handelte sich nicht um Gegenstände von großem Wert, zumal, anders als beispielsweise bei den kunstvollen Diatretgläsern, auch der Herstellungsprozeß nicht kompliziert und der Goldgehalt vernachlässigbar gering war182. Das vorliegende Goldglas diente sicherlich nicht als Grabmarkierung des vir clarissimus Orfitus, sondern wird sich im Besitz eines Klienten der Familie befunden haben, dessen Grab schließlich damit gekennzeichnet wurde183. Es existieren Überreste zweier weiterer Goldgläser mit Herculesmotiven, auf denen der Heros im Kontext seiner Taten abgebildet ist; seine Gegner sind dabei der erymanthische Eber und die Hirschkuh. Der Darstellung des den Eber auf den Schultern tragenden Heros ist die als Aufforderung an den Besitzer zu verstehende Inschrift ZHCATO beigegeben. Bei dem sehr kleinen Medaillon, das Hercules im Kampf mit der Hirschkuh darstellt, handelt es sich nicht um den Boden eines Glases, sondern um einen Aufsatz für den Gefäßkörper184. In diesem Fall mag man spekulieren, ob das entsprechende Glas noch mit weiteren Herculestaten in Medaillonform geschmückt war. Die Anbringung an der Außenseite von Gräbern war sicherlich eine Zweitverwendung, da es sich bei den Funden aus dem Sepulkralkontext nur um den Glasboden, das heißt ein Fragment des Glases handelte, und man vielfach auch Schäden an den Bildfeldern feststellen kann; die Gläser waren vor der Verwendung als Grabschmuck also häufig bereits beschädigt gewesen185. Im Alltag dienten Goldgläser hingegen als Trinkgefäße, was in vielen Fällen durch entsprechende Inschriften in Form von Trinksprüchen bestätigt wird186. Sie

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mit einem Herculesmotiv versehen hätte, da ja zur Genüge Goldgläser mit christlichen Abbildungen zur Verfügung standen. Beweisen läßt sich diese Annahme jedoch nicht. Zur Art und Weise, wie Goldglasböden in Gräberfassaden eingelassen waren, s. Pillinger, Zwischengoldgläser, Taf. 106–107, Abb. 237–240. Für verschiedene christliche Motive vgl. ebd., Taf. 87, Abb. 197–198; Taf. 98–100, Abb. 222–227. Generell wurden auch andere Gegenstände wie Lampen oder Schmuckstücke in die Wände von Gräbern in den Katakomben eingelassen, wobei gläserne Objekte sich besonderer Beliebtheit erfreuten; am weitesten verbreitet war diese Gewohnheit im späten 3. und 4. Jh.n.Chr. (Smith, Gold-glass Vessels, 164–166. 174). Zu der zahlenmäßigen Verteilung der Motive auf den ungefähr 500 erhaltenen spätantiken Goldgläsern s. Grig, Portraits, 204 Tabelle 1. Demnach bilden nur 3,5 % der Gläser mythologische Szenen ab, während die Hälfte Porträts mit christlichem Beiwerk (wie beispielsweise kleinen Christusfiguren) enthält; ebenfalls nur mit einem Anteil von 3,5 % an der Gesamtzahl der Darstellungen sind jüdische Motive vertreten. Cameron, Orfitus and Constantius, 299. Glas an sich war kein teures Material und wurde sowohl für Geschirr als auch für Vorratsgefäße verwendet; bei den Endprodukten handelte es sich vielfach um Massenware (Smith, Gold-glass Vessels, 180f.). Cameron, Orfitus and Constantius, 299. Smith, Gold-glass Vessels, 130f. Für diese beiden Glasobjekte s. Morey, Gold-glass Collection, Kat.Nr.12; 369 (Taf. II; XXXII). Ein Motiv, das als Hercules mit dem Stier der Pasiphae angeführt wird, gehört aufgrund der nicht zu dem Stierkampf passenden Ikonographie nicht in diese Reihe. Ein inzwischen verlorener Glasboden zeigte Hercules in Begleitung seiner Beschützerin Athena (Smith, Gold-glass Vessels, 132). Smith, Gold-glass Vessels, 175f. In Fällen, in denen intakte Gläser in Grabfassaden eingelassen wurden, beweisen Rückstände am Material, daß sie ursprünglich Flüssigkeiten enthalten hatten, also als Gefäße für Libationen oder Gelage dienten (ebd., 190). Die bei weitem häufigste Formulierung ist der latinisierte, ursprünglich griechische Spruch PIE

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sind demnach wie das Silber- und das Sigillata-Geschirr dem Kontext des Haushalts und des Gelages zuzuordnen187. Darüber hinaus können sie als Geschenke zu besonderen Anlässen wie dem Jahreswechsel fungiert haben und kamen vermutlich auch als Geschirr bei Totenmählern (refrigeria) in den Katakomben zum Einsatz188. Im funerären Bereich dienten sie somit als ein Bindeglied zwischen der Sphäre des Lebens, vertreten durch das Wohnhaus und seine Einrichtungsgegenstände, und der Sphäre des Todes und gaben dem Wunsch nach ewigem (Wohl-)leben, der durch Hercules symbolisiert werden konnte, Ausdruck189. I.1.5 Mobiliar I.1.5.1 Tischfüße Einzelfunde, die jedoch bezüglich ihrer genauen Datierung und ihres Kontextes nur schwer einzuordnen sind, belegen, daß Hercules in spätantiken Wohnhäusern auch auf Gegenständen vertreten war, die man im weitesten Sinne als Mobiliar bezeichnen kann. So zeigt beispielsweise ein unvollständig erhaltener Tischfuß (Trapezophor) aus dem 4. Jh.n.Chr. den offensichtlich im Rahmen eines Gelages ruhenden Alkiden, ein Trinkgefäß im linken Arm, die rechte Hand auf den angewinkelten Oberschenkel gestützt (Abb. 10)190. Seine Identität ergibt sich aus dem unter ihm ausgebreiteten Löwenfell sowie aus der überdimensionierten Keule im Hintergrund, die von einem Eros gestemmt wird, und wahrscheinlich in ihrer Größe der zusätzlichen Stabilisierung des Objektes diente; die Rückseite bildet ein Baumstamm, der aus dem Sockel des Tischfußes emporwächst. Von vier weiteren Eroten sind nur Reste – wie Teile von Beinen und Füßen – erhalten. Während Hercules dem Wein zuspricht, erlauben sich die Eroten ein Spiel mit seiner Keule, versuchen sie fortzutragen und klettern auf ihr und dem ruhenden Hercules herum. Der Alkide tritt hier also nicht als der unbesiegbare Held des Mythos auf, sondern zeigt als der Genußmensch der Komödie und Teilnehmer von dionysischen Feiern, als der er auch auf Mosaiken bezeugt ist, die andere Seite seines Charakters. Es wird hier ein Motiv wiederaufgenommen, für das es in der römischen Kunst verschiedene Parallelen gibt191; der Tischfuß ist jedoch das bislang späteste Objekt, das die Hercules neckenden Eroten abbildet.

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ZESES (Pillinger, Goldgläser, 12). Smith, Gold-glass Vessels, 181. Auth, Roman Motto Glasses, 110f.; Grig, Portraits, 205. Smith, Gold-glass Vessels, 194f. Beck/Bol (Hgg.), Spätantike und Christentum, 583 Kat.-Nr. 180. Vgl. beispielsweise ein Wandgemälde aus Pompeji (Casa del Forno di Ferro), ein möglicherweise späthellenistisches Relief und eine römische Bronzescheibe, die jeweils den trunkenen Hercules umgeben von Eroten zeigen, die sich mit seinen Waffen ihre Späße erlauben (Scharmer, Herakles, 21–25 mit Abb. 8–10). Für Gemmen mit diesem Motiv aus unterschiedlichen Epochen s. Furtwängler, Geschnittene Steine, n. 1326–1327; 4206–4210. Ein Trapezophor der ersten Hälfte des 3. Jhs.n.Chr. zeigt ebenfalls den gelagerten Heros; obwohl das Objekt nur unvollständig erhalten ist, ist davon auszugehen, daß dasselbe Motiv des von Eroten geneckten Hercules beim Gelage dargestellt war (Stefanidou-Tiveriou, Trapezophora, 42 Kat.-Nr. 4). Ein weiterer Tischfuß, der wahrscheinlich aus dem 3. Jh.n.Chr. stammt, zeigt einen urinierenden Eros, der sich nicht nur die Keule des Helden angeeignet hat, sondern darüber hinaus auch in einem Haltungsschema dargestellt ist, das ansonsten für Hercules mingens belegt ist (ebd., 46 Kat.-Nr. 5). Für eine Parallele aus Zypern, die möglicherweise

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Die fehlende Ausarbeitung der Rückseite des Tischfußes läßt vermuten, daß er, wie auch die von ihm getragene Tischplatte, ursprünglich direkt an einer Wand stand. Obwohl das genaue Aussehen solcher Tische und der Kontext ihrer Verwendung nicht endgültig geklärt sind, gelten Trapezophora wie das vorliegende Exemplar als „dekorative Kunst“, dienten also dem repräsentativen Schmuck eines (Wohn-)Raumes192. Aufgrund der Motivwahl könnte man von einem Raum ausgehen, in dem Gelage abgehalten wurden. Ein weiterer spätantiker Trapezophor, dem 4. oder 5. Jh.n.Chr. zugewiesen und nur fragmentarisch erhalten, zeigt Hercules frontal dem Betrachter zugewandt stehend; eindeutig zu identifizieren ist er anhand des über den linken Arm drapierten Löwenfells sowie der Äpfel, die er in der linken Hand hält193. Eine Darstellung von Taten des Heros findet sich in der Gattung nicht. Die Hercules-Trapezophora gehören zu einer Gattung, die vor allem aus dem 3. und 4. Jh.n.Chr. und fast ausschließlich aus dem Ostteil des Reiches belegt ist, wobei mythologische Sujets vorherrschen194. Hercules ist also nur eine von zahlreichen Gestalten – und bei weitem nicht die populärste – des heidnischen Mythos, die auf diese Art und Weise als Dekor in Häusern verwendet werden konnten. Biblische Themen wie Jonah und der Wal kamen ebenfalls vor195. Die Seltenheit christlicher Themen scheint jedoch, wie bei vielen anderen spätantiken Kunstgattungen, darauf hinzudeuten, daß generell Fragen des Glaubens bei der Auswahl der Einrichtung eines Hauses lange keine große Rolle spielten, daß man vielmehr in vielen Fällen die Motive der paganen Überlieferung vorzog196. I.1.5.2 Dekor von Einrichtungsgegenständen Ebenfalls im weitesten Sinne dem Bereich der Einrichtungsgegenstände – oder zumindest der Kategorie von Objekten, die einen bestimmten Zweck in einem Wohnhaus erfüllten – kann man hölzerne Truhen und andere Behältnisse zuordnen, die mit Elfenbeinreliefs geschmückt beziehungsweise aus Elfenbein gefertigt waren, und in erster Linie aus dem spätantiken Ägypten bekannt sind. In diesem Kontext ist zu beachten, daß Erzeugnisse aus

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in das mittlere 3. Jh.n.Chr. zu datieren ist, s. Michaelides, Trapezophoron, 151–155. Wie bei anderen zum Dekor eines Hauses gehörenden Gegenständen ist auch bei Tischfüßen damit zu rechnen, daß sie vielfach lange in Gebrauch waren, also in der Kaiserzeit entstandene Exemplare in der Spätantike noch zu sehen waren. Beck/Bol (Hgg.), Spätantike und Christentum, 584; Michaelides, Trapezophoron, 151. LIMC IV, 1 n. 526; Stefanidou-Tiveriou, Trapezophora, 38 Kat.-Nr. 3. Zwei weitere Trapezophora, die beide aus dem 3. Jh.n.Chr. stammen, zeigen ebenfalls den stehenden Alkiden, in einem Fall von einem Eros begleitet und wohl im Kontext der Auffindung des Telephos zu deuten, im anderen in der Haltung des lysippischen Hercules Farnese (ebd., 29 Kat.-Nr. 1; 34 Kat.-Nr. 2). Michaelides, Trapezophoron, 151f. Zahlreiche weitere Beispiele bei Stefanidou-Tiveriou, Trapezophora, passim. Michaelides, Trapezophoron, 152. Gelegentliche Fälle von Vandalismus gegenüber Darstellungen heidnischer Themen sind dennoch nicht ausgeschlossen, was die bewußte Verstümmelung des Tischfußes aus Nea Paphos – Gesichter und Genitalien von Hercules und den Eroten sind beschädigt – zeigt (vgl. Michaelides, Trapezophoron, 153f.) Die vor allem vom Klerus vertretene christliche Intoleranz gegenüber paganen Motiven traf also nicht nur öffentlich aufgestellte Objekte, sondern konnte sich offenbar selbst auf Einrichtungsgegenstände in Häusern erstrecken, wobei Tischfüße gegenüber Mosaiken und Silberobjekten eher zu den unauffälligeren Bildträgern gehörten.

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Elfenbein nicht zwangsläufig als Luxusobjekte zu gelten haben, sondern durchaus eine recht weite Verbreitung in der Bevölkerung genossen197. Aus Ägypten stammen vermutlich zwei Reliefs, die zwei frühe Stationen im Leben des Hercules darstellen (Abb. 11)198. Die nur 8 x 5 cm großen Schnitzereien zeigen den jugendlichen Heros zunächst beim Herstellen seiner Keule, ein Vorgang, der laut Apollodor in Nemea stattgefunden haben soll, und der nur äußerst selten in der antiken Kunst abgebildet ist199. Das zweite Täfelchen gibt, der Chronologie der Ereignisse folgend, den Kampf des Helden mit dem nemeischen Löwen wieder, wobei sich die Umsetzung dieses häufigsten aller Herculesmotive von vielen anderen dahingehend unterscheidet, daß Hercules seine Keule zum Schlag gegen den Löwen erhebt, was der Version des Mythos widerspricht, nach der das Untier durch Waffen nicht verletzt werden konnte und daher von dem Jupitersohn im Ringkampf besiegt werden mußte200. Es ist davon auszugehen, daß die Reliefs zu einem größeren Zyklus gehörten, der noch andere Episoden aus dem Leben des Hercules abbildete, und der als Dekor eines heute verlorenen hölzernen Gegenstandes – einer Truhe oder eines Möbelstücks – diente201. Ebenfalls als figürlicher Dekor eines Einrichtungsgegenstandes aus dem spätantiken Ägypten mag ein 11,5 cm hohes Fragment einer Elfenbeinrelieftafel gedient haben, das den bärtigen Alkiden stehend abbildet, die Keule über der rechten Schulter, während das Löwenfell vom angewinkelten linken Arm herabhängt, in einem Typus, der in allen Kunstgattungen vielfach belegt ist202. Auf einem Medizinkästchen aus dem 4. oder 5. Jh.n.Chr. tritt Hercules als eine von mehreren Gottheiten in Erscheinung; in dem Bildfeld der Rückseite nimmt Dionysos die zentrale Position ein, links flankiert von einer weiblichen Figur (Ariadne?), rechts von einem jugendlichen Hercules, zu erkennen an seinem Löwenfell203. Den inhaltlichen Zusammenhang zur Funktion kann man hier darin sehen, daß Hercules in seiner Rolle als Abwehrer allen Übels (alexikakos) und als Heilgottheit204, als die er gelegentlich verehrt wurde, zu deuten ist: sehr viele Elfenbein- oder Knochenschnitzereien aus dem spätantiken Ägypten dienten einerseits als Imitate qualitätvollerer Objekte aus Häusern

197 Cutler, Ivory, 454; Török, Transfigurations, 263. 198 Randall, Masterpieces, 72 Kat.-Nr. 83–84; Weitzmann (Hg.), Age of Spirituality, 229 Kat.-Nr. 206. 199 Apollod. 2, 71 (Dräger). Die bislang einzigen Parallelen für dieses Motiv finden sich auf einer römischen Gemme (Furtwängler, Geschnittene Steine, n. 6859 = LIMC IV, 1 n. 1595) sowie einem Papyrus des 3. Jhs.n.Chr. (Weitzmann (Hg.) Age of Spirituality, 228 Kat.-Nr. 205 = LIMC IV, 1 n. 1596; s. Kap. A I.2.7.1). 200 Bei den meisten Umsetzungen der Löwenkampfepisode ist die Keule am Boden liegend oder zumindest nicht als Waffe im Kampf eingesetzt wiedergegeben (vgl. Randall, Masterpieces, 72; Weitzmann (Hg.), Age of Spirituality, 230). 201 Randall, Masterpieces, 72; Weitzmann (Hg.), Age of Spirituality, 230. 202 Randall, Masterpieces, 88 Kat.-Nr. 129. Eine nicht ganz 20 cm hohe, mit buntem Metall eingelegte Bronzeplatte aus dem 4. Jh.n.Chr., die den Kampf des Hercules mit der Hydra darstellt, diente möglicherweise ebenfalls als Beschlag eines Einrichtungsgegenstandes unbekannter Art (Weitzmann (Hg.), Age of Spirituality, 160 Kat.-Nr. 137). Es kann vermutet werden, daß auch diese Platte Teil eines Sets mit dem vollständigen Dodekathlos war (ebd., 161). 203 Volbach, Elfenbeinarbeiten, 64 Kat.-Nr. 83. 204 S. dazu unten Kap. C I.2.2.3; II.2.2.3; II.2.3.

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der Elite – vergleichbar den Sigillata-Gefäßen, die Silbergeschir nachahmten –, andererseits sprach man ihnen aufgrund ihrer Motive glücksbringende Eigenschaften zu205. Das Vorkommen von mit Herculesmotiven geschmückten Einrichtungsgegenständen ist im Kontext der auch ansonsten im spätantiken Ägypten noch verbreiteten mythologischen Motive (s.u. zu den Textilien) nicht als überraschend zu werten. Sie zeigen, daß viele Menschen den Heros in ihrem Alltag als selbstverständlichen Bestandteil des Bildrepertoires akzeptierten. Ob man davon ausgehen kann, daß dem Dekor beispielsweise eines Möbelstücks notwendigerweise eine inhaltliche Bedeutung zugemessen wurde, ist unklar, sollte jedoch nicht ausgeschlossen werden, da die Wahl der Motive durch Käufer oder Auftraggeber aller Wahrscheinlichkeit nach durchaus bewußt geschah. I.1.6 Gebrauchsgegenstände I.1.6.1 Lampen Herculesdarstellungen fanden sich auch auf Objekten, die in Ermangelung eines besser passenden Oberbegriffs hier als Gebrauchsgegenstände bezeichnet werden sollen. Dazu zählen spätantike Öllampen, die häufig aus denselben Werkstätten wie die afrikanische Sigillata-Chiara-Ware stammen206. So ähnelt beispielsweise der in Rückansicht dargestellte, mit Keule und Fell ausgestattete und einen Bogen spannende Hercules auf einer heute in Rom aufbewahrten Lampe bis ins kleinste Detail einem Schalenfragment aus Karthago, was auf eine gemeinsame Herkunft der Objekte hindeutet, die beide die Jagd auf die stymphalischen Vögel abbilden207. Wie im Falle der Schalen kann man dementsprechend bei den Lampen annehmen, daß auch Exemplare mit den anderen Taten des Dodekathlos existierten, so daß man, ähnlich einem Geschirrservice, ein Lampenset mit zusammenhängenden Motiven aus dem Sagenkreis des Hercules erwerben konnte. Dies wird durch zahlreiche Funde bestätigt, die in vielen Fällen auf Werkstätten in Griechenland zurückgeführt werden können, von denen die attischen bis ins späte 5. Jh.n.Chr. in der Lampenherstellung die führende Rolle einnahmen208. Von den mythologischen Themen, die vom 3. bis teilweise ins 6. Jh.n.Chr. auf den Lampen nachgewiesen werden können, waren Eros sowie der Dodekathlos des Hercules die beliebtesten; andere populäre Figuren der heidnischen Überlieferung waren Athena und Poseidon209, wohl aufgrund ihrer mythisch begründeten Verbindung zum attischen Land. Die Lampen wurden sowohl in Heiligtümern und im Rahmen religiöser Feste als auch im Alltag verwendet210. Gerade im Vergleich zu anderen Gattungen mit mythologischen Motiven wie Skulptur oder Silbergeschirr handelte es sich bei den

205 Török, Transfigurations, 263f. L. Török nimmt an, daß es bei der Auswahl der Motive oft weniger um konkrete Kenntnisse der Mythologie ging als vielmehr um die glücksbringende Qualität, die man vielen Figuren beimaß. 206 Salomonson, Tonware, 73–75. 207 Salomonson, Tonware, 82 (vgl. 34 Abb. 41; 81 Abb. 115). 208 Karivieri, Mythological Subjects, 180. 209 Karivieri, Mythological Subjects, 182f. Eine statistische Untersuchung bezüglich der Anzahl und Verbreitung mythologischer Motive auf Lampen wäre wünschenswert, kann jedoch an dieser Stelle nicht geleistet werden. 210 Karivieri, Mythological Subjects, 185.

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Lampen um nicht allzu teure Gebrauchsgegenstände, die sich ein Großteil der Bevölkerung leisten konnte, und die im Fall eines Verlustes auch leicht ersetzt werden konnten211. Von den kanonischen zwölf Taten des Hercules sind bislang fünf auf griechischen Lampen nachgewiesen: die drei frühen Taten, Löwe, Hydra und Hirschkuh, sowie die beiden späten, Kerberos und die Äpfel der Hesperiden212. Für die Umsetzung der einzelnen Episoden finden sich dabei vielfach Parallelen in anderen Kunstgattungen wie Skulptur und Sarkophagreliefs; es handelt sich bei den Lampenmotiven also nicht um Neuschöpfungen der Handwerker213. Herculesdarstellungen auf Lampen hatten einen viel weiteren Rezipientenkreis als dies bei Statuen, Mosaiken oder wertvollem Geschirr der Fall war, da es sich bei den Bildträgern um Gebrauchsgegenstände handelte, die vermutlich in so gut wie jedem spätantiken Haushalt verwendet wurden; ferner waren sie billiger als die hier bereits behandelten Statusobjekte. Ob die Herculesmotive von jedem Benutzer richtig gedeutet werden konnten, läßt sich nicht mehr feststellen, doch zumindest für den Käufer dürften die Darstellungen eine Rolle gespielt haben, da er aus einem Repertoire von unterschiedlichen Motiven wählen konnte und sich somit vermutlich bewußt für Hercules als Dekor seiner neuen Lampe entschied. I.1.6.2 Verschiedenes Aus der Spätantike sind einzelne Objekte erhalten, die im weitesten Sinne ebenfalls dem Alltag der Menschen entstammen, jedoch in keine übergreifende Kategorie eingeordnet werden können. Dazu gehört beispielsweise ein bronzener rundplastischer Wagenaufsatz aus dem Militärlager von Divitia (Köln-Deutz) aus dem 4. Jh.n.Chr., der einen Kampf zwischen Hercules und einer reitenden Amazone darstellt214. Die beiden Kämpfer sind in dem Moment erfaßt, in dem der ansonsten unbewegt stehende Heros im Begriff ist, die Amazone von ihrem davongaloppierenden Pferd zu reißen; anstatt sie wirklich zu packen, legt er jedoch nur seine Hand auf ihren Kopf, was dahingehend gedeutet wird, daß ihm der Sieg ohne Mühe und praktisch kampflos zufällt215. Wie dieses Objekt zeigt, konnte Hercules 211 Vgl. Elsner, Imperial Rome, 107f. 212 Karivieri, Mythological Subjects, 185 (vgl. ebd., 188 Abb. 12–15; 189 Abb. 16–17). 213 Karivieri, Mythological Subjects, 185–188. Die Profildarstellung einer Figur mit einer turbanartigen Kopfbedeckung und einer Doppelaxt, die auf attischen Lampen zwischen dem 3. und dem 5. Jh.n.Chr. auftritt, wurde als eine Umsetzung der Omphale-Episode gedeutet (ebd., 189f. mit Abb. 18). Da anhand der Gesichtszüge das Geschlecht der abgebildeten Person nicht einwandfrei festgestellt werden kann – andere Deutungen nannten Mithras, Attis oder eine weibliche Gottheit – , ist diese Interpretation weder von der Hand zu weisen noch vorbehaltlos anzunehmen, ebensowenig wie der von P. Castrén vorgebrachte Vorschlag, es könnte sich um Omphale selbst handeln, die laut der Überlieferung eine Doppelaxt als Waffe führte (ebd., 190. Für die Deutung als Omphale s. Karivieri, Lamp Industry, 64). Allerdings wäre die Wahl dieses nicht eindeutig zu interpretierenden Motivs angesichts der anderen Herculesdarstellungen, die alle dem Dodekathlos zugeordnet werden können und darüber hinaus auf weitverbreiteten Darstellungsschemata beruhen, überraschend, zumal die Anhaltspunkte für eine Identifizierung der Omphale-Erzählung nicht ausreichend erscheinen, um sicherzustellen, daß ein potentieller Käufer der Lampe diese vornehmen konnte. 214 Im Zusammenhang von Funden von Überresten antiker Wagen treten häufig figürliche Bronzen auf einer halbrunden Standfläche auf (J. Dresken, in: Engemann/Rüger (Hgg.), Spätantike und Mittelalter, 314. Dazu ausführlich Röring, Reisewagen, 5–7). 215 Beck/Bol (Hgg.), Spätantike und Christentum, 586 Kat.-Nr. 182; Demandt/Engemann (Hgg.), Kon-

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also nicht nur im spätantiken Wohnhaus präsent sein, sondern auch mit auf Reisen genommen werden. Der Heros übernahm dabei eine apotropäische Rolle als Schutz des Wageninhabers vor den Gefahren des Weges; daß Hercules einen leichten Sieg gegen seine Gegnerin davonträgt, würde dann darauf verweisen, daß er mit ebensolcher Leichtigkeit den Reisenden beispielsweise vor Wegelagerern würde beschützen können. Das Exemplar aus Köln ist kein Einzelstück; als Wagenaufsatz wird auch die Darstellung eines gelagerten Hercules in St. Petersburg gedeutet, der vermutlich in Bulgarien gefunden wurde216. Angeblich in Nikomedia wurden fünf Bronzeappliken des 3. oder 4. Jhs.n.Chr. gefunden, die jeweils eine Tat des Dodekathlos wiedergeben und ebenfalls von einem Wagen stammen dürften217. Die Möglichkeiten der Anbringung am Wagen variierten; die Bronzefiguren konnten als Beschlag an verschiedenen Stellen dienen oder auch als Gurthalter (in welche Stricke eingehängt waren, die zur Aufhängung und damit Federung der Karosserie dienten) und als Giebelfigur218. In jedem Fall handelte es sich bei den mit figürlichen Appliken versehenen Wagen um prunkvolle Gefährte, mit denen wohlhabende Personen auf Reisen gingen. Waren, die ein spätantiker Händler nach dem Transport durch die Provinzen des Reiches in Empfang nahm, konnten, in Form von Bleiplomben, ebenfalls mit Motiven aus dem Herculesmythos versehen sein. Plomben dienten im allgemeinen dazu, verpackte oder verschlossene Gegenstände so zu versiegeln, daß eine Manipulation offensichtlich sein mußte, wenn das Siegel beschädigt wurde219. Zu den unterschiedlichen Motiven, mit denen solche Plomben versehen werden konnten, gehörten neben Porträts von Kaisern auch Figuren des heidnischen Pantheons, wie Exemplare mit Darstellungen von Zeus, Hermes, Sol, aber auch Victoria, Mithras (?) und eben Hercules bezeugen220. Gegenstände mit Herculesmotiven waren demnach nicht nur Handelsobjekte, die innerhalb des Reiches und sogar

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stantin, Kat.-Nr. I.13.41; Waurick (Hg.), Gallien in der Spätantike, 100 Kat.-Nr. 112. Für das Motiv des die Amazone vom Pferd reißenden Hercules existieren Parallelen unter anderem auf Textilien des 5. und 6. Jhs.n.Chr. (vgl. beispielsweise Papadopoulos/Dimitriadou (Hgg.), Hero Supreme, 53: zentrales Medaillon eines Besatzstückes aus Stoff). Außerhalb des Herculesmythos existiert ebenfalls das Motiv eines eine Amazone an den Haaren vom Pferd zerrenden Kriegers, der wohl als griechischer Soldat im Rahmen einer Amazonomachie zu verstehen ist (vgl. eine Zügelführung des 2. oder 3. Jhs.n.Chr.: Bianchi Bandinelli, Rom, 190 Abb. 182). Mercklin, Wagenschmuck, 85–87 mit Abb. 1. Auch Herculesbüsten sind als Appliken römischer Wagen bezeugt (Engemann/Rüger (Hgg.), Spätantike und Mittelalter, 314f.). Mercklin, Wagenschmuck, 141. 154–159 mit Abb. 82–87. 175. Ein alternativer Ort für die Anbringung der Appliken wäre laut v. Mercklin der Brustgurt eines Pferdes (ebd., 158). Hercules trat bereits in der Kaiserzeit als Schmuck von Reisewagen in Erscheinung, wie eine Büste des jugendlichen Heros mit zum Schlag erhobener Keule aus einem Fund aus dem Wardartal (Nordgriechenland) belegt, der dem späten 2. bis frühen 3. Jh.n.Chr. zugewiesen wird (Röring, Reisewagen, 79; Taf. 4, Abb. 2). Ungefähr in dieselbe Epoche scheint ein Wagenfund aus Mogilovo (Bulgarien) zu fallen, zu dem eine beinahe 30 cm hohe bronzene Büste gehört, die Hercules mit über den Kopf gezogenem Löwenfell zeigt, die Hesperidenäpfel in der linken Hand haltend und die Keule rechts geschultert (ebd., Taf. 19, Abb. 2). Vgl. Röring, Reisewagen, 14. 16. 27. 35; Taf. 16, Abb.1; Taf. 19, Abb. 2. Loscheider, Handel, 373. Demandt/Engemann (Hgg.), Konstantin, Kat.-Nr. I.15.85; I.15.83; I.15.86; I.15.87; I.15.88; I.15.78 (Gottheiten); I.4.36; I.4.37; I.4.40 (Kaiser). Seit konstantinischer Zeit sind christliche Motiv sowie das Christogramm auf Bleiplomben nachgewiesen (beispielsweise ebd., Kat.-Nr. I.13.112; I.13.113).

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über die Grenzen hinweg transportiert wurden, sondern ein Abbild des Hercules konnte auch dazu dienen, einem Händler oder Käufer zu versichern, daß seine Ware unbeschädigt war. In diesem Kontext ist möglicherweise wiederum ein apotropäischer Aspekt enthalten, indem der Heros den mit seinem Bild versiegelten Gegenstand schützte und eine sichere Ankunft beim Empfänger garantierte. I.1.7 Textilien und Schmuck I.1.7.1 Kleidung und Wandbehänge Ein Medium, aus dem fast nur aus der Spätantike Herculesdarstellungen erhalten sind, sind Textilien221: aus Ägypten sind recht viele Einzelstücke bekannt, die Szenen aus dem Leben des Alkiden abbilden222. In den meisten Fällen handelt es sich dabei um Episoden aus dem Dodekathlos, wobei sich sowohl Zeugnisse mit dem gesamten Zyklus der zwölf Taten als auch solche, die nur ein einzelnes Abenteuer abbilden, finden223. Allerdings sind die Motive aufgrund der Tendenz zu einer starken Stilisierung bisweilen nur schwer zu identifizieren224. Die erhaltenen Textilfragmente mit Herculesmotiven sind teilweise sehr spät datiert; 221 Dieser Umstand sollte nicht überbewertet werden, kann es sich dabei doch um einen Zufall der Überlieferung handeln; Stoff – und organisches Material im allgemeinen – kann sich nur unter bestimmten klimatischen Voraussetzungen halten, was wiederum dazu geführt haben kann, daß Textilerzeugnisse aus früheren Epochen, die Herculesszenen enthalten haben mögen, aufgrund der äußeren Verhältnisse die Jahrhunderte nicht überdauern konnten. Daraus ist nicht notwendigerweise zu schließen, daß im Hellenismus und in der römischen Kaiserzeit keine Textilien mit Herculesmotiven existierten. Ebenso ist die Tatsache, daß die meisten spätantiken Textilien aus Ägypten stammen, auf die günstigen natürlichen Gegebenheiten dort zurückzuführen, nicht darauf, daß es im Rest der spätrömischen Welt solche Objekte nicht gab (Maguire, Garments, 215; vgl. beispielsweise ders., Good Life, 242 für eine Seidentunika aus Mailand). Es ist vielmehr davon auszugehen, daß es sich bei vielen der in Ägypten gefundenen Textilien um Importe aus anderen Regionen des Reiches handelte (Trilling, Roman Heritage, 13). 222 Auf die in der Forschung sehr häufig belegte Verwendung des Begriffes „koptisch“ im Zusammenhang mit spätantiken Textilien wird an dieser Stelle bewußt verzichtet, zumal man ansonsten Gefahr läuft, automatisch eine Verbindung zu den ägyptischen Christen herzustellen oder aber zu den ursprünglichen, nicht-römischen und nicht-arabischen Einwohnern Ägyptens, was wiederum verzerrend auf die Deutung der Motive wirken kann (vgl. Trilling, Roman Heritage, 11. 16f.). Zur Problematik der Verwendung von „koptisch“ für Kunst, Literatur und Religion und im speziellen Textilien im spätantiken und frühbyzantinischen Ägypten vgl. auch Bagnall, Introduction, 4f. 8. 223 Zu beachten ist allerdings die Problematik der Überlieferung spätantiker Textilien, die häufig von ihren Entdeckern beziehungsweise von Händlern oder Sammlern zerschnitten wurden, was wiederum auch zu falschen Rekonstruktionen nicht zusammengehöriger Fragmente führte. Dadurch ist gerade bei Herculesdarstellungen, die in der antiken Kunst entweder als Einzelszenen oder im Rahmen mehrerer oder aller Taten des Dodekathlos dargestellt wurden, nicht in jedem Fall mit Sicherheit zu bestimmen, ob einzelne Textilstücke nicht ursprünglich einem Zyklus angehörten. Eine Zusammenstellung eines Großteils der im Jahr 1984 bekannten Textilfragmente mit Herculesmotiven findet sich in Nauerth, Vorarbeiten, passim. Das Ziel war dabei kein vollständiger Katalog, sondern ein Überblick über alle auf spätantiken Textilien vorkommenden Varianten von Herculesmotiven (ebd., 4). 224 Nauerth, Formen des Herakles, 149. Beispielsweise wird ein Besatzstück in Düsseldorf (Koptische Kunst, 319 Kat.-Nr. 302), das einen Löwenkampf zeigt, als „Herakles, eher Simson“ gedeutet (vgl. Nauerth, Formen des Herakles, 155); allerdings ist, aufgrund der deutlichen Parallelen zu früheren, aber auch zeitgenössischen spätantiken Darstellungen dieses Motivs (die Schritthaltung des Mannes, die Art, wie er den Löwen im Würgegriff hält und dabei die Unterarme in dessen Mähne vergräbt),

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sie stammen größtenteils aus der Zeit zwischen dem 5. und dem 8. Jh.225, als das Christentum längst fest etabliert war, was die mythologischen Motive auf spätantiken Stoffen einem vornehmlich wenn nicht gar ausschließlich christlichen Umfeld zuordnet226. Tatsächlich überwiegen jedoch nicht-christliche Motive beim Dekor spätantiker Textilien227; die Funktion solcher Motive, abgesehen vom praktischen Nutzen des Materials, der Wahl aufgrund rein ästhetischer Kriterien und der Verwendung als Statussymbol nach außen, erstreckte sich dabei bei christlichen wie mythologischen Darstellungen auch auf die Abwehr von Übeln beziehungsweise die Hoffnung auf Glück und Erfolg durch die den Motiven zugeschriebenen magischen Qualitäten228. Bei den erhaltenen Textilfragmenten handelte es sich ursprünglich oft um Besatzstücke für Gewänder, häufig in Form von Medaillons, die auf den clavi von Tuniken angebracht waren oder als fortlaufende Musterung langer Webstreifen dienten229; ebenso jedoch fungierten Textilien als Wandbehänge, Decken, Türvorhänge und Überzüge von Kissen oder Matratzen in Wohnhäusern230. Ein spätrömischer Christ scheute sich also keineswegs, den größten Helden des paganen Mythos als Dekoration seiner Kleidung oder seines Wohnbereiches zu verwenden; er hatte für die Christen, die solche Stoffobjekte besaßen, offensichtlich längst alle religiösen Konnotationen eingebüßt. Der heroische Kraftmensch der griechisch-römischen Literatur und Kunst, der die Menschheit von allerlei Untieren befreit

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hier eindeutig der Identifizierung als Hercules der Vorzug zu geben, zumal der Gegenstand unter dem erhobenen linken Hinterbein des Löwen als die beiseite gelegte Keule des Hercules gedeutet werden kann. Ein rundes Medaillon aus dem 6. Jh.n.Chr. wiederum zeigt, daß nicht notwendigerweise auf überlieferte Schemata zurückgegriffen wurde, wenn man Taten des Hercules darstellte. Der Heros ist auf einem Felsen sitzend wiedergegeben, die Keule in der rechten Armbeuge, während er einen unidentifizierbaren Gegenstand in der erhobenen linken Hand hält, nach dem eine große Raubkatze schnappt (ein Löwe? die Punkte im Fell könnten auf einen Leoparden/Panther hindeuten). Sollte hier der Kampf gegen den nemeischen Löwen gemeint sein, so handelte es sich um eine höchst ungewöhnliche Umsetzung des Motivs (Rutschowscaya, Fabrics, 90). Eine Tunika, auf deren Zierstreifen sich ein Medaillon mit dem Kampf des Hercules gegen den nemeischen Löwen findet, wird in das 7. bis 8. Jh. datiert (Stauffer, Wirkereien, 246 Kat.-Nr. 67a). Es muß an dieser Stelle jedoch einschränkend festgestellt werden, daß eine genaue Datierung von spätantiken Textilien sehr schwierig ist, weshalb oft nur ein Entstehungszeitraum angegeben werden kann, der ein bis zwei Jahrhunderte umfassen kann; von den vielen Tausend Textilfragmenten, die in Ägypten gefunden wurden, können nur zwei genau datiert werden (Rutschowscaya, Fabrics, 45f.). Es wurde geschätzt, daß die Heiden in Ägypten bereits um 400 n.Chr. nur noch eine kleine Minderheit waren (Jones, Pagan and Christian, 144). Innerhalb der spätantiken ägyptischen Kunst sind Herculesmotive im Vergleich zu anderen Themen der paganen Mythologie recht häufig vertreten; der Großteil der Szenen aus dem Mythenkreis des Hercules tritt dabei auf Textilien in Erscheinung (Nauerth, Vorarbeiten, 3). Maguire, Garments, 215f. Kostbares Material wie Seide konnte dabei durch Leinen imitiert werden, ähnlich wie im Fall von Keramiknachahmungen silberner Gefäße (ders., Good Life, 242). Nauerth, Formen des Herakles, 147f. 151. Zur spätantiken Kleidung und ihren Dekorationsschemata, wie sie anhand von Textilfunden rekonstruiert werden können, s. allgemein Rutschowscaya, Fabrics, 48–58. Stauffer, Wirkereien, 43. Bei einzelnen Besatzstücken ist es meist unmöglich festzustellen, ob sie von einem Kleidungsstück oder einem anderen Textilobjekt stammen (ebd., 43). Besonders Wandbehänge, die sehr groß sein konnten – ein Exemplar in Riggisberg wird zu einer Länge von 10 m rekonstruiert – waren in der Spätantike allgemein beliebt und dienten zum Dekor der Wände und zur Unterteilung des Wohnraums (Török, Transfigurations, 221f. 236).

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hatte, war gleichzeitig der Überwinder des Todes und ganz allgemein Sieger über das Böse, der sich durch seine Leistungen die Unsterblichkeit verdient hatte und in dieser Funktion durchaus mit dem christlichen Glauben vereinbar war. Aus der Tatsache, daß die Überwindung des Kerberos und der Diebstahl der Hesperidenäpfel, die beiden Taten, die am unmittelbarsten mit der Unsterblichkeit in Verbindung gebracht wurden231, auf einzelnen erhaltenen Textilien dargestellt sind (s.u.), kann man schließen, daß die Christen dadurch wohl nicht notwendigerweise eine Konkurrenz für die Christusfigur sahen, die ebenfalls für die Überwindung des Todes stand. Es ist allerdings möglich, daß die Deutung von Hercules als Todüberwinder in diesem Kontext zu weit geht und die Betrachter figürlich gestalteter Textilien nicht nach einem solchen tieferen Sinn suchten, sondern in Hercules ganz einfach den heldenhaften Monstertöter sahen, den sie aus der Literatur, aus noch erhaltenen älteren Kunstwerken oder aus mündlich tradierten Erzählungen kannten, daß die Textilien also einfach beliebte Geschichten illustrierten, die man nicht ausführlich zu interpretieren brauchte. Daneben waren Motive auf Textilien im Kontext wohlhabender oder aristokratischer Haushalte, vor allem die großen Wandbehänge, jedoch inhaltlich darauf ausgerichtet, die Tugenden und Verhaltensnormen der Besitzer widerzuspiegeln; beispielsweise werden Jagdszenen gedeutet als Symbole für Siege über die Natur. Diese Szenen versinnbildlichen somit Mut, Kraft und Tugend des Hausherrn232. In diesem Zusammenhang liegt die Wahl des exemplum virtutis Hercules als Motiv nah, gerade angesichts der Möglichkeit, ihn allegorisch als „die Tugend schlechthin“ zu deuten233; man könnte folglich zumindest einen Teil der Herculesdarstellungen auf Textilien als „articulation of elite self-image through its projection into the world of the myths“ sehen234. Ein vollständiger Dodekathlos hat sich auf zwei nahezu identischen quadratischen Besatzstücken, die heute in New York und St. Petersburg aufbewahrt werden, erhalten (Abb. 12)235. Die beschädigten Stellen an beiden Exemplaren lassen sich anhand des jeweiligen Gegenstücks leicht rekonstruieren. Bei den in das 5. oder 6. Jh.n.Chr. datierten Textilfragmenten könnte es sich um Teile eines Wandbehangs gehandelt haben, der sekundär als Leichentuch wiederverwendet wurde236.

231 Tatsächlich findet sich in der literarischen Überlieferung kein expliziter Hinweis, daß die Hesperidenäpfel Unsterblichkeit verleihen sollten; der Hesperidengarten wurde allerdings gelegentlich als eine Art Paradies imaginiert, und die ganze Episode wurde oft als ein Vorgriff auf die Vergöttlichung des Hercules gedeutet (Stafford, Herakles, 47). 232 Vgl. Török, Transfigurations, 221. 229f. 233 S. Kap. A II.8.2. 234 Török, Transfigurations, 235. 235 Weitzmann (Hg.), Age of Spirituality, 159 Kat.-Nr. 136 (Exemplar New York); Althaus/Sutcliffe (Hgg.), Road to Byzantium, 151 Kat.-Nr. 69 (Exemplar St. Petersburg). 236 Maguire, Good Life, 239; Uhlenbrock, Herakles Motif, 16; Kat.-Nr. 61. Tatsächlich stammt der Großteil spätantiker Textilien aus dem Grabkontext, da man die Toten nicht nur in Leichentücher wickelte, sondern sie auch in ihre besten Gewänder kleidete (Rutschowscaya, Fabrics, 14). Da diese jedoch ebenso im Alltag getragen wurden, sollten die Textilien mit Herculesmotiven nicht zwangsläufig aufgrund ihres Fundortes dem Sepulkralkontext zugeordnet und entsprechend interpretiert werden. Zur Datierung s. Althaus/Sutcliffe (Hgg.), Road to Byzantium, 151; Weitzmann (Hg.), Age of Spirituality, 159.

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Die ohne Abgrenzung ineinander übergehenden Taten des Hercules umrahmen jeweils ein zentrales Medaillon mit der Darstellung von Dionysos und Ariadne in einem von Panthern gezogenen Wagen, dem Hercules voranschreitet. Der Dodekathlos ist dabei nicht in seiner kanonischen Form wiedergegeben; so folgt beispielsweise auf den Löwen direkt die Hesperidenepisode237. Die Szenen sind stark abstrahiert; dennoch ist eine Identifizierung der einzelnen Episoden mit relativer Sicherheit möglich. Eine Ausnahme ist die auf den kretischen Stier folgende Szene rechts des Zentralmedaillons; es kann sich hierbei um den Kampf gegen Geryoneus, oder aber auch denjenigen gegen Antaios oder Kyknos handeln238. Anders als in den meisten spätantiken Herculesdarstellungen tritt der Heros mit Ausnahme des zentralen Medaillons und der Hesperidenepisode ohne sein Löwenfell in Erscheinung, und auch die Keule ist nicht in allen Fällen abgebildet, was allerdings den narrativen Anforderungen entspricht, da der Alkide seine charakteristische Waffe nicht bei jeder seiner Taten tatsächlich einsetzen konnte oder mußte. Doch auch ohne diese identifizierenden Merkmale ist davon auszugehen, daß der Besitzer der/s Objekte/s, zu dem die Besatzstücke ursprünglich gehörten, die Herculesfigur korrekt deuten und die dargestellten Szenen verstehen konnte, selbst das eher selten in der Kunst umgesetzte Motiv der Reinigung der Augiasställe. In der Gegenüberstellung der Taten und dem dionysischen Motiv im Zentralmedaillon mag man den Gegensatz zwischen otium und negotium gesehen haben: nach der erfolgreichen Durchführung seiner Taten kann sich der Heros dem verdienten Wohlleben im Rahmen des dionysischen thiasos widmen. Die Anbringung eines mit den beiden Dodekathlosmedaillons und vergleichbaren Motiven geschmückten Wandbehangs könnte man sich beispielsweise in einem Speiseraum vorstellen, zumal in wohlhabenden Häusern solche parapetasmata gerne als Dekor der triclinia eingesetzt wurden239, was, wie schon gezeigt, gerade bei Herculesmotiven ein auch in anderen Materialgattungen häufiger Aufstellungskontext mit garantiertem Publikumsverkehr war. Folgt man L. Töröks Deutung vieler Textilfunde der Epoche, so kann man die Bilderwelt des Medaillons direkt auf die reale Welt des Hauses, in dem es als Dekor diente, projizieren240; demnach wäre das Paar Dionysos – Ariadne als das mythische Pendant eines (aristokratischen?) Ehepaares zu deuten, während die Herculesszenen auf die virtus des Ehemannes verweisen. Auf die Verbindung von Hercules- und Dionysosmythos kann man wiederum die Auswahl des Objektes für eine sekundäre Verwendung im funerären Kontext zurückführen, da beide für die Hoffnung auf ein glückliches Jenseits beziehungsweise auf Wiedergeburt stehen241. 237 Weitzmann (Hg.), Age of Spirituality, 160. In dem Katalogeintrag sind die Szenen der Tötung der stymphalischen Vögel und der Reinigung der Ställe des Augias vertauscht (vgl. Nauerth, Vorarbeiten, 6 Anm. 1). 238 Geryoneus: Nauerth, Vorarbeiten, 6; Antaios: Nauerth, Formen des Herakles 151; Kyknos: Weitzmann (Hg.), Age of Spirituality, 160. Zum Problem der Deutung der einzelnen Szenen vgl. Althaus/Sutcliffe (Hgg.), Road to Byzantium, 151. 239 Parrish, Mythological Theme, 311f. Auch mit figürlich dekorierten Kissenbezügen und Tischdecken ist zu rechnen (vgl. Vroom, Dining Habits, 315–318. 325–332). 240 Vgl. Török, Transfigurations, 235. 241 Vgl. Rutschowscaya, Fabrics, 92. Bereits im hellenistischen Ägypten hatte Dionysos die Rolle des Osiris als Gott der Toten, aber auch der Auferstehung übernommen (ebd., 82).

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Ein unvollständiger Zyklus von Herculestaten ist auf dem Überrest eines farbigen Webstreifens zu erkennen, der ursprünglich möglicherweise den clavus einer Tunika bildete und dem 5. bis 6. Jh.n.Chr. zugeordnet wird; die noch erhaltenen Taten wurden von C. Nauerth als Löwe, Eber, Hesperidengarten, stymphalische Vögel und Hydra (ein Frauenkopf auf einem seltsam aufgeblähten Schlangenleib) identifiziert242; der „korrekten“ Abfolge innerhalb des Dokathlos wurde sichtlich keine Bedeutung beigemessen. Die Figuren sind sehr stark stilisiert, doch daß es sich um eine Wiedergabe von Episoden des Herculesmythos handelt, ist anhand der Gegner des Alkiden zu erkennen, die man, mit Ausnahme des vorletzten Medaillons243, trotz der stark vereinfachten Darstellung eindeutig identifizieren kann, zumal die Anordnung der Figuren teilweise klassischen Vorbildern folgt (vgl. der Löwenkampf, der Eber, die Hydra; eindeutig unklassisch und stilisiert hingegen sind das winzige Hesperidenbäumchen und der separat davon abgebildete Ladon); darüber hinaus ist auch das Löwenfell in den Bildfeldern deutlich erkennbar wiedergegeben. Aufgrund der Tatsache, daß der Streifen nur unvollständig erhalten ist, und daß es sich vermutlich um den clavus einer Tunika handelte, kann man davon ausgehen, daß es sich bei dem vorliegenden Stoffstück um einen Teil eines vollständigen Dodekathlos handelte, der ein Kleidungsstück schmückte; man könnte sich beispielsweise eine Anordnung von sechs Taten je clavus vorstellen. Da die Taten übereinander angeordnet sind, muß es sich um die beiden Streifen gehandelt haben, die von den Schultern zum unteren Saum des Kleidungsstückes führten. Weitere Fragmente ganz ähnlicher clavi, die ebenfalls mehrere Taten des Hercules in Einzelmedaillons abbilden244, zeigen, daß man den Tatenzyklus offenbar für ein geeignetes Motiv gerade eines solchen Dekors von Tuniken hielt. Nicht alle im Medium der Textilien erhaltenen Herculesmotive entstammen dem Dodekathlos oder sind notwendigerweise einer bestimmten Tat des Helden zuzuordnen; ein heute in Paris aufbewahrtes Besatzstück beispielsweise zeigt Hercules bei der Verfolgung einer fliehenden Frau. Es dürfte sich dabei um eine bildliche Umsetzung einer der zahlreichen Liebschaften des Jupitersohnes (vielleicht Auge) handeln, ein Aspekt des Mythos, der christlichen Autoren Anlaß zur Kritik gab, aber offensichtlich kein Hinderungsgrund war für eine Darstellung auf einem Kleidungsstück oder einem Wandbehang, Kissenüberzug oder ähnlichen Objekt, in Anlehnung an die zahlreichen anderen bildlichen Umsetzungen der amourösen Abenteuer des Alkiden in der griechisch-römischen Kunst245. Die Herculesszene ist in diesem Fall nur eine von vielen mythologischen Episoden, die auf mehrere Besatzstücke und clavi verteilt sind, welche vermutlich alle zu demselben Kleidungsstück gehörten. Falls die von M.-H. Rutschowscaya aufgrund stilistischer Kriterien

242 Nauerth, Textilien, 53 Kat.-Nr. 48. Die einköpfige Hydra ist seit der Archaik belegt, seit dem Hellenismus auch mit einem menschlichen Frauenkopf (Güntner, Herakles, 437 Anm. 5). 243 Nachdem sie zunächst von den stymphalischen Vögeln ausgegangen war, sah Nauerth hier später den Kerberos in der geöffneten Tür des Hades (Nauerth, Formen des Herakles, 148). 244 Ein Clavus-Fragment in Karlsruhe zeigt ebenfalls die Hydra und Ladon, ferner den kretischen Stier (Güntner, Herakles, 437f.). Für weitere Beispiele s. ebd., 438f. 245 Rutschowscaya, Ensemble, 323 Abb. 13. Möglich wäre auch eine Deutung im Kontext des dionysischen thiasos, mit einem eine Mänade verfolgenden Alkiden, wie Rutschowscaya für ein Stofffragment mit einer ähnlichen Darstellung vorschlägt (Rutschowscaya, Fabrics, 97–99). Zur Kritik christlicher Autoren s. Kap. A II.2.2.

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vorgenommene Datierung in das 3. Jh.n.Chr. korrekt ist246, so läge mit der Tunika ein Beispiel für ein nicht-spätantikes Textilobjekt mit Herculesdarstellung vor, welches möglicherweise in einer langen Reihe ähnlicher griechischer und römischer Erzeugnisse steht, die durch die Widrigkeiten der Überlieferung verloren gegangen sind. Ebenfalls außerhalb des Dodekathlos steht die Episode von Nessos und Deianeira, die auf einem Besatzstück des 4. bis 6. Jhs.n.Chr. wiedergegeben ist247. Auf diesem wird ein zentrales Medaillon, das möglicherweise Hercules und Hippolyte zeigt, von vier einzelnen Szenen gerahmt, die jeweils zweimal denselben Vorgang abbilden: die Entführung der Deianeira durch Nessos und die Tötung des Kentauren durch Hercules. Diese im Vergleich zu den kanonischen Taten des Helden eher unbekannte Episode vom Ende seines Lebens kann als ein Hinweis darauf gedeutet werden, daß zumindest manche Betrachter selbst die weniger geläufigen Aspekte der Herculesgestalt, die in der Kunst sehr viel seltener vertreten waren als die berühmten zwölf Taten248, noch identifizieren konnten, zumal die meisten Käufer sich vermutlich durchaus bewußt für bestimmte Motive entschieden249; hätte er nicht damit rechnen können, so hätte ein Handwerker ohne weiteres ein anderes, weiter verbreitetes Motiv aus dem Herculeszyklus auswählen können250. Textilien als Medium mythologischer Darstellungen in der Spätantike spielten sowohl im häuslichen als auch im funerären Kontext eine bedeutende Rolle. Sie dienten einerseits als Dekor von Kleidung und Alltagsgegenständen wie Vorhängen und Wandbehängen, durch die man, sofern es sich um wertvolle Materialien wie Seide handelte, gegenüber Anderen seinen Status ausdrücken konnte. Andererseits wurden durch die sekundäre Verwendung von Objekten mit entsprechend interpretierbaren Motiven im Grab Hoffnungen auf eine Wiederauferstehung und ein glückliches Leben im Jenseits zum Ausdruck gebracht. Ferner vermittelte man vielfach, ähnlich wie bei dem bereits behandelten Silbergeschirr, daß man über die notwendige Bildung verfügte, um Szenen des paganen Mythos verstehen zu können. Daneben dürfte auch der Aberglaube der Menschen eine gewisse Rolle gespielt haben; bestimmte Motive konnten als Talisman, als Abwehr gegen Übel und Krankheiten verwendet werden, andere die Rolle von Glücksbringern übernehmen251. In diesen Kontext fügt sich Hercules besonders gut ein: der Heros als alexikakos, als Sieger über Widrigkeiten und Unheil aller Art, blickte auf eine lange Tradition in der griechisch-römischen Welt zurück252. Und schließlich konnte die virtus des Hercules die moralischen Qualitäten des

246 Rutschowscaya, Ensemble, 319. 325. 247 Koptische Kunst, 318 Kat.-Nr. 299. 248 Die Nessos-Episode war zuvor vor allem in der archaischen Vasenmalerei sowie in römischen Wandgemälden vertreten (Stafford, Herakles, 77), beides Gattungen, mit denen ein spätantiker Betrachter in Ägypten kaum vertraut gewesen sein kann. 249 Vgl. Török, Transfigurations, 249. 250 Gänzlich unklar in der Deutung und ohne Vorbild ist ein Herculesmotiv auf einem unpublizierten farbigen Medaillon, das heute im Cooper Hewitt-Museum in New York aufbewahrt wird (Inv. 1902.1.73), und das neben dem stehenden Heros eine kauernde weibliche Figur (Auge beim Waschen des Peplos der Athena?) sowie, über den beiden schwebend, eine unidentifizierbare Gestalt zeigt, die halb Frau/halb Fisch zu sein scheint (für den Hinweis dankt die Verf. Cary MacMahon [York]). 251 Maguire, Garments, 215. 252 Vgl. dazu Kap. C II.2.3.

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Besitzers des Objekts reflektieren. In der Gattung der Textilien zeigt sich also wiederum die Polyvalenz der Herculesfigur, die in allen Lebensbereichen Anwendung finden konnte. Generell ist damit zu rechnen, daß sich breite Bevölkerungsschichten solche Textilien leisten konnten – zumindest was Kleidungsstücke betrifft: die großen Wandbehänge sind wohl höheren Gesellschaftsschichten zuzuordnen –253, was dementsprechend für eine weite Verbreitung der darauf abgebildeten mythologischen Sujets im spätantiken Ägypten und sicherlich darüber hinaus spricht. Daraus wiederum ergibt sich, daß auch Personen, die nicht mit den Feinheiten der heidnischen Überlieferung und ihrer Ikonographie vertraut waren, Textilien mit entsprechenden Motiven besitzen konnten. In diesen Fällen ist durchaus davon auszugehen, daß die Muster aufgrund rein ästhetischer Kriterien ausgewählt wurden, ohne den Inhalt der dargestellten Szenen in Betracht zu ziehen. In diesem Sinn ist dann, gerade für das 5. bis 8. Jh., auch anzunehmen, daß jegliche religiöse Bedeutungen längst verloren gegangen waren, also keinerlei anti-christliche Aussagen beabsichtigt waren. I.1.7.2 Schmuck Als Ergänzung zur Kleidung soll an dieser Stelle kurz auf Schmuck eingegangen werden, wobei allerdings aus diesem Bereich nur wenige spätantike Exemplare existieren, die ein Herculesmotiv aufweisen254. Ein unpublizierter goldener Ring aus Trier, der Wende vom 3. zum 4. Jh.n.Chr. zugewiesen, zeigt auf der Kopfplatte zwei einander gegenüberstehende nackte männliche Figuren, durch ihre Attribute möglicherweise zu identifizieren als Jupiter mit Blitzbündel (rechts) und Hercules mit Keule (links)255. Dieses Darstellungsschema des Göttervaters und seines heroischen Sohnes begegnet uns auch auf Münzen der Tetrarchen, entsprechend der Ideologie der Abstammung der Kaiser von diesen beiden Gottheiten256. Es ist bekannt, daß goldene Ringe als kaiserliche Geschenke dienten und als Auszeichnung sowie Zeichen der Loyalität getragen wurden; in Ermangelung von Inschriften können auch die Darstellungen zur Identifizierung solcher Ringe herangezogen werden257. Folglich mag man spekulieren, ob es sich bei dem vorliegenden Stück um ein solches kaiserliches Geschenk gehandelt haben mag; als Indiz kann der Fundort Trier gelten, da die gallische Stadt als Residenz der Kaiser Maximian und Constantius I. diente, der menschlichen Nachkommen des Hercules. Der Ring könnte einem Angehörigen des kaiserlichen Haushalts oder Hofes oder einem Offizier gehört haben. Ein Objekt, das ebenfalls aus dem Trier des 4. Jhs.n.Chr. stammt und als Schmuckstück gedient haben könnte, ist eine Gagatscheibe mit einer Reliefdarstellung des Kampfes zwischen Hercules und der kerynitischen Hirschkuh. Der Zustand der Unterseite der Scheibe 253 Vgl. Leader-Newby, Silver and Society, 198–200; Maguire, Garments, 215; Török, Transfigurations, 260. 254 Zu tetrarchischen Fibeln, die Inschriften mit dem theophoren Namen Herculius enthalten, s. Kap. B II.3.5.1. 255 Demandt/Engemann (Hgg.), Konstantin, Kat.-Nr. I.11.24. Ebenfalls dem 4. Jh.n.Chr. wird ein Goldring mit Einlage aus Nicolopaste zugewiesen, der in Köln gefunden wurde und Hercules im Kampf mit dem nemeischen Löwen zeigt (Henkel, Fingerringe, 41 Nr. 283; Taf. LXXVIII Nr. 344). 256 S. dazu Kap. B II.1.5. 257 Beyeler, Geschenke, 32.

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deutet darauf hin, daß diese ursprünglich eingelegt war, also ein Teil eines größeren Gegenstandes wie eines Schmuckstücks war258; man könnte sich beispielsweise ein Medaillon259 oder vielleicht auch einen – zugegebenermaßen mit einer der Scheibe entsprechenden Kopfplatte von 3,5 cm Durchmesser großen – Fingerring vorstellen. Gagat, auch Pechkohle oder Schwarzstein genannt, eine bitumenreiche Kohle, wurde in der Spätantike vorzugsweise zu Schmuck verarbeitet260; es könnte also mit dieser Reliefscheibe eine billigere Variante des oben beschriebenen Goldrings vorliegen, ein Schmuckstück mit einem Herculesmotiv. Aufgrund der Verbreitung der Gagatverarbeitung261 kann angenommen werden, daß es sich bei der vorliegenden Reliefscheibe keineswegs um ein Einzelstück handelte, sondern daß auch anderswo Schmuckstücke mit entsprechenden Herculesdarstellungen gefertigt und getragen wurden, die nicht erhalten sind. Aufbewahren konnte man seinen Schmuck beispielsweise in kleinen Kästchen, die wiederum häufig mit reliefierten metallenen Beschlagplättchen mit figürlichen Motiven verziert waren, ähnlich der Verwendung der oben behandelten Elfenbeinschnitzereien. Mehrere solche Beschlagbleche, die ursprünglich an heute nicht mehr erhaltenen Holzkästen angebracht waren, sind aus dem 4. und 5. Jh.n.Chr. überliefert262. Ein Exemplar des 4. Jhs.n.Chr., das vermutlich aus Andalusien stammt und in Zweitverwendung als Beschlag eines Pyxisdeckels diente, ist in vier Bildfelder unterteilt, von denen die beiden oberen zwei Szenen aus dem Alten Testament (die Opferung Isaaks und Adam und Eva nach dem Sündenfall), die beiden unteren mythologischen Motive enthalten263. Links unten ist Bellerophon bei der Tötung der Chimaira zu erkennen, während rechts unten der Kampf des Hercules mit der Hydra von Lerna wiedergegeben ist; zumindest theoretisch konnte also ein Hercules-Schmuckstück in einem mit Herculesmotiven geschmückten Behältnis aufbewahrt werden. I.1.8 Hercules im Garten: die Hermengalerie von Welschbillig Auch außerhalb der Wohnhäuser begegnete man Hercules, da in der Spätantike Statuen, Statuetten und/oder Hermen mit mythologischen Motiven häufig in den Gärten von Villen aufgestellt waren264. Durch den Fundkontext eindeutig belegt ist dies für eine Herculesherme aus der Villa von Welschbillig bei Trier, deren Besitzer im 4. Jh.n.Chr. eine 258 Demandt/Engemann (Hgg.), Konstantin, Kat.-Nr. I.13.42; s. auch Schwinden, Kleinkunst, 168 Nr. 65g. 259 Daß Gagatobjekte von ähnlicher Größe als Medaillons dienten, belegen entsprechende Funde (vgl. Hagen, Gagatarbeiten, Taf. 30–31); bei einigen dieser Objekte kann davon ausgegangen werden, daß sie, wie die Herculesscheibe, in eine Fassung eingelegt waren (ebd., 128 Nr. E 14; 129 Nr. 22). 260 Schwinden, Kleinkunst, 167. 261 Gagatobjekte sind besonders stark im Gebiet von Rhein und Mosel vertreten, aber auch in England, wo, vor allem in Yorkshire, der Rohstoff abgebaut wurde (Schwinden, Kleinkunst, 167). Für die Kaiserzeit sind entsprechende Funde auch aus Belgien, Frankreich, der Alpenregion, Ungarn, Bulgarien, Italien und Palästina bekannt (Hagen, Gagatarbeiten, 82f.). 262 Demandt/Engemann (Hgg.), Konstantin, Kat.-Nr. II.4.45; II.4.47; II.4.48; II.4.77. 263 Demandt/Engemann (Hgg.), Konstantin, Kat.-Nr. II.4.46; vgl. Wamser (Hg.), Welt von Byzanz, 262 Kat.-Nr. 397. Die Kombination von biblischen und mythologischen Motiven ist auf solchen Beschlagsblechen mehrfach belegt (ebd., 263). 264 Bereits im Hellenismus wurden Hermen in Gärten, und besonders an deren Begrenzungen, errichtet (Wrede, Hermengalerie, 139; vgl. ders., Die spätantike Herme, 123). Für die Aufstellung von Statuen und Statuetten in den Gärten von Villen vgl. Stirling, Learned Collector, 19. 79.

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Hermengalerie mit ungefähr 108 bis 112 Einzelstücken entlang eines Wasserbeckens von fast 60 m Länge errichten ließ, wobei die Hermen als Pfeiler der Balustrade des Beckens dienten265. Bei der Herculesherme handelt es sich zugleich um die bislang späteste Darstellung des Alkiden in dieser Gattung266. Hercules ist jedoch nur eine unter vielen Gestalten der griechisch-römischen Geschichte und der heidnischen Mythenwelt in dieser umfangreichsten Hermengalerie der Antike267; dargestellt sind unter anderem Ares, Aphrodite, Demosthenes und Vespasian268. Die Herculesherme, die den bärtigen älteren Helden in Anlehnung an den lysippischen Typus zeigt, nahm eine vergleichsweise prominente Stellung nahe der Mitte einer der beiden Langseiten der Balustrade ein269; flankiert wurde er von Dionysos oder Eros und einem nicht identifizierten Kopf. Anders als bei anderen Hermen ist für ihn kein Gegenstück erhalten; dennoch ist davon auszugehen, daß auch die Herculesherme ursprünglich einen Teil eines motivgleichen Paares bildete270. Eine thematische Ordnung ist nicht festzustellen, wenn auch gewisse Häufungen auftreten; so wurden beispielsweise Götterhermen überwiegend entlang des nordöstlichen Teils des Wasserbeckens gefunden271. Befunde aus anderen Teilen des Imperium Romanum bezeugen, daß Herculeshermen häufig als Bestandteile von Balustraden verwendet wurden272; sein Auftreten in Welschbillig ist daher nicht als Besonderheit zu werten. Hercules ist hier eingebettet in den Kontext des antiken Mythos wie auch der Geschichte; ihm selbst kommt dabei keine herausragende Stellung zu, er reiht sich unter die anderen Gestalten des heidnischen Pantheons und die Protagonisten der griechisch-römischen Kultur ein273. Eine Verbindung zu religiösen Praktiken ist nicht gegeben274. Wer im 4. Jh.n.Chr. die Balustrade der piscina im Garten der Villa von Welschbillig abschritt, begegnete also einer Abfolge kultureller Heroen, römischer Kaiser, mythologischer Figuren sowie Darstellungen von Angehörigen verschiedener nicht-römischer Völkerschaften wie Afrikanern und Orientalen275; die Anwesenheit des Alkiden überrascht in 265 Wrede, Hermengalerie, 1. 21. 23. 90f. (vgl. ebd., Taf. 43, Abb. 1). Für eine Rekonstruktion der Anlage der piscina mit Hermenbalustrade s. ebd., 29 Abb. 7. Zu weiteren Hermenbalustraden in der antiken Welt s. ebd., 121–133. H. Wrede deutet die Anlage als kaiserliche Sommerresidenz (ebd., 2. 28). M. Ghetta hingegen geht davon aus, daß es sich um den Sitz eines hohen Beamten der kaiserlichen Verwaltung handelte (Ghetta, Heidentum, 165). 266 Wrede, Herme, 25. Herculeshermen sind generell seit dem 4. Jh.v.Chr. belegt (ders., Die spätantike Herme, 119). 267 Wrede, Hermengalerie, 1. 268 Wrede, Hermengalerie, 48f. 56f. 80f. 269 Wrede, Hermengalerie, 37 Abb. 12, Nr. 61; ebd., 82. 270 Wrede, Hermengalerie, 37 Abb. 12. Die unweit voneinander aufgestellten Gegenstücke waren jeweils durch die Kopfhaltung aufeinander bezogen, wie die erhaltenen Hermenpaare belegen (ebd., 88). 271 Wrede, Hermengalerie, 88. 272 Wrede, Hermengalerie, 138. 128 F 5a–c. Eine Herculesherme diente beispielsweise als Schrankenstütze im Theater von Leptis Magna (ebd., 123 A1). 273 H. Wrede deutet die Motivauswahl durch den – vermeintlichen – Auftraggeber Gratian als „Abbild der antiken Welt” und „Ausdruck [des] kulturellen Erbes und Bildungsideals” dieses Kaisers, das er zu schützen und bewahren gedachte (Wrede, Hermengalerie, 89). 274 Vgl. Wrede, Die spätantike Herme, 123. 128f. 140f.; vgl. Ghetta, Heidentum, 165. 275 Zur Frage der dargestellten Völker s. Wrede, Hermengalerie, 67–80.

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diesem Kontext nicht, erlaubt es aber auch nicht, ihm eine besondere Rolle in der Reihe der Hermen zuzuschreiben. Er ist vermutlich einfach als der in Kunst und Literatur so häufig dargestellte siegreiche Heros zu deuten, und wurde von Besuchern der Villa dementsprechend wahrgenommen; darüber hinaus mag dem Betrachter noch die apotropäische Funktion des Herakles Alexikakos ins Gedächtnis gerufen worden sein276. Ein Spaziergang durch den Garten kann dann durch die vielen in Hermenform dargestellten historischen und mythologischen Persönlichkeiten als Anregung für Gespräche gedient haben, oder aber man sah die Hermen als rein dekorative Ausschmückung der Gartenanlage277, der man kaum einen zweiten Blick gönnte. Eine Aufstellung von Herculesstatuen oder -statuetten in Gärten ist für die Spätantike bislang nicht belegbar, kann jedoch nicht ausgeschlossen werden und wäre auch nicht überraschend angesichts der Tatsache, daß solche Objekte im Innern der Häuser vorhanden waren; man könnte sich eine entsprechende Gestaltung von Gärten beispielsweise in Chiragan vorstellen.

276 Vgl. Wrede, Hermengalerie, 153f. 277 Zur rein dekorativen Funktion von Hermenbalustraden s. Wrede, Hermengalerie, 138f.; ders., Die spätantike Herme, 139–141.

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I.2 Hercules im öffentlichen Raum Objekte jedweder Art mit Herculesdarstellungen, die dem Kontext des spätantiken Privathauses zugeordnet werden können – von Mosaikpavimenten über Skulpturen, Möbel und Geschirr – hatten einen kleineren Rezipientenkreis als Gegenstände, die sich an öffentlichen Orten außerhalb der Häuser befanden, zu denen der Zugang, wie im Falle der Thermen und Theater, generell jedem gestattet war. Wenn man aus einem idealtypischen Haus mit Kunstwerken mit Herculesmotiven, wie man es anhand der oben vorgestellten Objekte entwerfen kann, heraustrat, konnte man in den Städten bis ins 6. Jh.n.Chr. und teils weit darüber hinaus in ganz unterschiedlichen Kontexten auf Hercules treffen. I.2.1 Hercules in den Bädern Daß Statuen heidnischer Götter, und speziell Kultstatuen wie im Fall der Herculesstatue in den Thermen von Iol-Caesarea (Cherchel), von ihren ursprünglichen Aufstellungsorten in der Spätantike häufig in Bäder verbracht wurden, wird auch an anderer Stelle noch gezeigt278. Bei anderen Statuen wiederum ist nicht festzustellen, ob diese speziell für Bäder hergestellt wurden; daß Abbilder des Hercules in der spätrömischen Epoche in Thermenanlagen aufgestellt werden konnten, ist jedoch belegt durch Beispiele aus verschiedenen Regionen des Reiches. Bei einem Besuch der ursprünglich von Septimius Severus gestifteten Thermen des Zeuxippos in Konstantinopel etwa, die auf Anordnung Konstantins vor der Weihung der Stadt mit reichem Skulpturenschmuck ausgestattet worden waren279, stieß man dort neben zahlreichen Statuen, die Götter, Heroen und andere Gestalten des Mythos darstellten, auch auf eine Statue des Hercules. Dieser gehörte im vorliegenden Fall, wie es im späten 5. Jh.n.Chr. der Dichter Christodoros von Koptos in seiner unvollständig erhaltenen ekphrasis beschrieb, zu einer Gruppe, die ihn gemeinsam mit Auge, der Mutter seines Sohnes Telephos, zeigte280. Die Tatsache, daß Konstantin eine der größten und prachtvollsten Thermenanlagen seiner neuen Hauptstadt, die an zentraler Stelle zwischen Kaiserpalast und Hippodrom lag und dementsprechend mit einem starken und vielfältigen Publikumsverkehr zu rechnen hatte, mit heidnischen Statuen ausstatten ließ, sollte an dieser Stelle nicht überraschen, da sich der überlieferte Dekor in Übereinstimmung mit den Traditionen griechisch-römischer Bäder 278 S. Kap. C I.2.3.2. Vgl. Smith, Statue Life, 207. Generell war der Dekor sehr vieler Bäder noch im 6. Jh.n.Chr. pagan geprägt, während bis in das 5. Jh.n.Chr. – sehr zum Mißfallen christlicher Autoren – Kulthandlungen am Eingang von Bädern durchgeführt wurden (Saradi, The Byzantine City, 326. 330). 279 Vgl. dazu allgemein Bassett, Urban Image, 37–49. Zu den Zeuxippos-Thermen s. ebd., 51–58. 280 Anth. Gr. 2, 136–143. Christodoros zählt insgesamt 80 Skulpturen(-gruppen) auf, scheinbar in der Reihenfolge, in der sie sich in den Thermen dem Besucher präsentierten; vermutlich stützte er sich dabei auf einen tatsächlichen Besuch in der Anlage, bevor die von ihm beschriebenen Kunstwerke im Zuge des Nika-Aufstandes 532 n.Chr. zerstört wurden (vgl. Bassett, Urban Image, 51f.). Vgl. dazu Bassett, Sculpture, 491. 501. Zu den Skulpturen mit mythologischen Motiven s. allgemein ebd., 501–504. Bassett deutet das Motiv der Gruppe dahingehend, daß die laut Christodoros in einem Orantengestus dargestellte Auge Hercules um Hilfe bei der Suche nach dem gemeinsamen Sohn Telephos bittet (Bassett, Urban Image, 171 Kat.-Nr. 61).

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befindet281; religiöse Überlegungen spielten dabei keinerlei Rolle. Die Anwesenheit des Hercules, der, in seiner Funktion als Quellgottheit und somit Beschützer der Quellen282, mit Badeanlagen verbunden war, steht ebenfalls im Einklang mit der traditionellen Statuenausstattung von Thermen in der römischen Welt283. Statuen des Jupitersohnes wurden in mehreren kaiserzeitlichen Thermen gefunden, wobei die Anzahl jedoch deutlich hinter derjenigen von statuarischen Darstellungen anderer Gottheiten zurückbleibt284. Statuarische Darstellungen des Hercules können auch mit anderen in der Spätantike noch genutzten Bädern in Verbindung gebracht werden; so wurden beispielsweise in den stadtrömischen Thermen des Caracalla mindestens drei eindeutig als Hercules zu identifizierende Skulpturen in situ gefunden, darunter die berühmte Kopie des Hercules Farnese des Lysipp, was darauf hindeutet, daß diese dort aufgestellt waren, so lange die Anlage in Betrieb war285. Herculesstatuen gehörten nicht nur zur Ausstattung öffentlicher Thermen, sondern waren wohl auch in privaten Bädern aufgestellt; so scheint eine mittelbyzantinische Quelle mehrere Darstellungen des Alkiden im Bad des um 420 n.Chr. errichteten Palastes der Marina, der Tochter des Kaisers Arcadius, in Konstantinopel zu bezeugen. Die mythologischen Motive des Dekors der Anlage würden einmal mehr belegen, daß kein grundsätzlicher Widerspruch bestand zwischen der Wertschätzung von heidnisch inspirierter Kunst und überzeugtem Christentum, wie es für die fromme Marina belegt ist286. Die Skulpturensammlung 281 Vgl. Bassett, Sculpture, 505; dies., Urban Image, 52f. 56. 282 Manderscheid, Skulpturenausstattung, 31. 283 Zur statuarischen Ausstattung von Thermen im römischen Reich vgl. allgemein Manderscheid, Skulpturenausstattung, passim. 284 Manderscheid, Skulpturenausstattung, 33f. mit Tabelle Abb. 9. Manderscheid deutet die Funktion des Hercules in den Thermen in erster Linie als diejenige eines römischen „Staatsgottes“ – Hercules Invictus – mit direktem Bezug zum Kaiser (ebd.). 285 Manderscheid, Skulpturenausstattung, 74 Kat.-Nr. 51–53. Die Thermen wurden mindestens bis in die erste Hälfte des 6. Jhs.n.Chr. frequentiert, wie Inschriften auf Wasserrohren aus der Zeit des Theoderich belegen (CIL XV 1665, 3–4; 1669, 7; vgl. Piranomonte, Thermae Antoninianae, 43). Zur Statuenausstattung der stadtrömischen Kaiserthermen in der Spätantike s. Machado, Urban Space, 161–167. Die Verf. dankt an dieser Stelle C. Machado (St. Andrews), der ihr das Manuskript seiner Dissertation großzügigerweise schon vor der Drucklegung zur Verfügung stellte. Für weitere Herculesstatuen aus Thermen, die in der Spätantike noch in Betrieb waren, s. Manderscheid, Skulpturenausstattung, 84 Kat.-Nr. 141 (Argos); 110 Kat.-Nr. 347 (Thysdrus); 115 Kat.-Nr. 407 (Karthago). S. ferner Le Glay, Hercule en Afrique, 300f. Im Propylon des Vedius-Gymnasiums von Ephesos wurden Teile einer Herculesherme gefunden, die den Heros gänzlich in sein Fell gehüllt darstellte, und die zum Skulpturenensemble der spätantiken Phase der Anlage gehörte und noch bis ins 6. Jh.n.Chr. sichtbar blieb (Auinger/Rathmayr, Statuenausstattung, 246f. mit Abb. 4). Aus dem tepidarium der Thermen von Kremna in Pisidien stammt eine Reihe von Skulpturen, zu denen eine Herculesstatue gehört; die Statuen wurden während der Kaiserzeit von anderen Orten in die Thermen verbracht, blieben jedoch in der Spätantike offenbar noch eine Zeitlang an ihren Plätzen und waren folglich lange sichtbar (Jacobs, Production to Destruction, 272f.). 286 Bassett, Urban Image, 118; vgl. Saradi, The Byzantine City, 375. Gegen die Aufstellung von heidnischen Statuen mit Billigung der Marina sowie allgemein gegen die Identifizierung des Aufstellungsortes als ein von Marina errichtetes Gebäude: Bowra, Palladas, 3f. Zur quellenkundlichen Problematik, ob das betreffende spätantike Gedicht sich tatsächlich auf Marinas Palast bezieht vgl. Wilkinson, Palladas, 38.

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der Marina überlebte wohl bis in mittelbyzantinische Zeit und war auch nach Renovierung des Bades durch Kaiser Leo VI. (886–912) noch Bestandteil des Dekors287. I.2.2 Hercules im Hippodrom/Circus Eine weitere öffentliche Einrichtung, die neben den Bädern der Zerstreuung der Bevölkerung diente, war der Hippodrom beziehungsweise der Circus; in Konstantinopel ließen Konstantin und seine Nachfolger den Hippodrom, in Anlehnung an das in der römischen Welt übliche Skulpturenprogramm einer solchen Anlage288, mit Statuen aus dem ganzen Reichsgebiet schmücken, zu denen mindestens drei Darstellungen des Hercules in seiner Rolle als Patron der Spiele, Vorbild der Wettkämpfer und Garant des Sieges – Hercules Invictus – zählten289. Bei einer dieser Statuen soll es sich um den kolossalen Bronzehercules des Lysipp aus Tarent gehandelt haben, von dem sikyonischen Bildhauer ruhend, erschöpft von der Reinigung der Ställe des Augias dargestellt290. Dieses Werk war im 4. Jh.n.Chr. von Rom nach Konstantinopel gebracht und dort offenbar zunächst in der konstantinischen Basilika aufgestellt worden291, sicherlich im Zuge der Kampagne zur Verschönerung der neuen Hauptstadt durch die Aufstellung berühmter Kunstwerke aus dem Imperium. Der Statue des Lysipp, die unter der theodosianischen Dynastie in den Hippodrom versetzt worden war, wurden unter Kaiser Anastasios I. scheinbar sogar prophetische Kräfte nachgesagt292; heidnischen Statuen, die mit offizieller Billigung an öffentlichen

287 Saradi, The Byzantine City, 375. 288 Der Dekor des Hippodroms von Konstantinopel ist grundsätzlich typisch für Circusbauten im ganzen Reich, fällt aber durch seine außergewöhnliche Fülle und Vielfalt an Skulpturen und anderen Monumenten aus dem Rahmen (Bassett, Urban Image, 66f.). 289 Bassett, Hippodrome, 90; vgl. dies., Urban Image, 63. Bereits Vitruv hatte gefordert, den Herculeskult einer Stadt in der Nähe der Circus anzusiedeln, sofern keine Gymnasien oder Amphitheater vorhanden waren (Vitr. 1, 7). Laut Ovid stand ein Ende des Circus Maximus unter dem Schutz des Hercules, dessen Ara Maxima ganz in der Nähe lag (Ov. fast. 6, 209f.; vgl. Humphrey, Circuses, 63f.). Ein Mosaik des 4. Jhs.n.Chr. aus Spanien zeigt eine Statue des jugendlichen Hercules im Circus Maximus (ebd., 236f. mit Abb. 119). Die Verbindung zwischen Hercules und athletischen Erfolgen wurde bereits von Pindar in mehreren auf Sieger panhellenischer Spiele geschriebenen Oden ausgeführt, gehört also zu den ältesten Funktionen des Alkiden. Auch die Rolle des Hercules als Begründer der olympischen Spiele blickt auf eine lange Tradition in der antiken Überlieferung zurück (Stafford, Herakles, 121f. 160–163). 290 Bassett, Hippodrome, 87. 90. Neben den Bezügen zu den Taten des Hercules sieht Bassett in dem Werk des Lysipp auch die Möglichkeit der Assoziation mit der glorreichen Vergangenheit Roms, wo die Statue nach dem Sieg des Q. Fabius Maximus Cunctator über Tarent im Jahr 209 v.Chr. als Siegesbeute und Symbol des römischen Triumphs aufgestellt worden war (ebd., 93; vgl. dies., Urban Image, 73). Darüber hinaus war Hercules über den Gründungsmythos der Stadt mit Rom verbunden, wie Vergil und die Überlieferungen zur Einrichtung der Ara Maxima belegen (Verg. Aen. 8, 184– 305); dementsprechend könnten die Assoziationen, je nach Kenntnisstand des Betrachters, bis in die römische Frühzeit zurückreichen. 291 Bassett, Hippodrome, 90 Anm. 35; dies., Urban Image, 73. 152 Kat.-Nr. 21. 154. 292 Bassett, Urban Image, 85. 88; Saradi, The Byzantine City, 379. Die abergläubische Kaiserin Euphrosyne, Ehefrau von Alexios III. Angelos (1195–1203), ließ, ohne daß wir den Grund dafür kennen, die Statue auspeitschen (Mango, Statuary, 62), was zeigt, daß sich zumindest einzelne Betrachter noch im 12. Jh. mit dem Monument auseinandersetzten und es nicht als reinen Schmuck des Hippodroms ansahen.

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Plätzen aufgestellt waren, konnten also offenbar übersinnliche Fähigkeiten zugeschrieben werden, ohne daß dies zu einer Entfernung des betreffenden Werkes führen mußte. Eine weitere Herculesstatue, die später als eine Darstellung von Adam und Eva beschrieben wurde, sollte vermutlich als Wiedergabe einer der Taten des Hercules gedeutet werden, vielleicht des Raubes der Äpfel der Hesperiden293; eine dritte Statuengruppe, von dem mittelalterlichen Chronisten Niketas Choniates als ein Mann im Kampf mit einem Löwen beschrieben, ist sicherlich als die erste Tat des kanonischen Dodekathlos des Hercules zu interpretieren294. Der Hippodrom war noch im 12. Jh. in Gebrauch, und auch die Statuen des Hercules konnten offenbar in dieser Zeit nach wie vor betrachtet werden; ein Ende fanden die Veranstaltungen dort erst mit der Eroberung Konstantinopels durch die Kreuzritter im Jahr 1204, als im Zuge der Plünderung der Stadt laut Niketas Choniates neben anderen Bronzewerken auch eine Statue des Hercules eingeschmolzen wurde, vielleicht das oben erwähnte Werk des Lysipp295. Als exemplum virtutis verkörperte Hercules im Circus für Zuschauer wie Wettkämpfer sowohl die physische Stärke als Grundvoraussetzung für einen Sieg, als auch die mentale Stärke, die ihm den Triumph sicherte und die ihn zum philosophischen Vorbild hatte werden lassen; das Wettrennen im Circus konnten die Teilnehmer somit als eine Leistung ansehen, die den Taten des Alkiden vergleichbar war296. Die Darstellungen des Hercules im Hippodrom von Konstantinopel richteten sich an einen ungewöhnlich breitgefächerten Kreis an Betrachtern, der sämtliche Bevölkerungsschichten der Hauptstadt miteinschloß; dies ergibt sich aus der Rolle des Hippodroms als wichtigster Ort für kaiserliche Auftritte und Zeremonien aller Art, und aus der großen Bedeutung der Wagenrennen als Volksbelustigung in der Spätantike297. Die Aufnahme der dargestellten Motive dürfte jedoch je nach dem persönlichen Hintergrund der Besucher variiert haben. Es ist davon auszugehen, daß Mitglieder der Oberschicht, Angehörige des Adels und Hofbeamte zumindest noch für mehrere Jahrhunderte nach dem Ende der Antike über die nötige klassische Bildung verfügten, um zumindest einige der mythologisch inspi293 Bassett, Hippodrome, 91; dies., Urban Image, 218 Kat.-Nr. 134. Zur Frage, inwiefern mythologische und andere antike Motive im byzantinischen Mittelalter noch erkannt und verstanden wurden, vgl. James, Pagan Statues, 13. 15. 17. 294 Nik. Chon. de sig. 5; vgl. Bassett, Hippodrome, 90 Anm. 30.; dies., Bassett, Urban Image, 219 Kat.Nr. 135; Bauer, Stadt, 250. 295 Bauer, Stadt, 247. Bassett geht davon aus, daß auch die Gruppe von Hercules und dem nemeischen Löwen eingeschmolzen wurde (Bassett, Urban Image, 154. 219). Eine nicht näher bestimmbare Hercules-Statue war offenbar noch im 16. Jh. im Hippodrom zu sehen. Laut Al. Cameron handelte es sich dabei um die lysippische Kolossalstatue (Cameron, Porphyrius, 186). 296 Vgl. Bassett, Hippodrome, 91; dies., Urban Image, 63. 297 Zur Funktion des Hippodroms in der Spätantike und der byzantinischen Epoche vgl. Bassett, Hippodrome, 95; MacCormack, Art and Ceremony, 76f. 79–81. Zur Popularität der Wagenrennen und anderer in den Hippodromoi/Circi inszenierter Spektakel in der Spätantike vgl. z.B. Saradi, The Byzantine City, 294–298. Für den Dichter Corippus war der Hippodrom ein Abbild des Kosmos, mit den vier Farben der Rennställe als einer Analogie für die vier Jahreszeiten (Coripp. Iust. 1, 314–333). Zur Begegnung zwischen Volk und Kaiser im Hippodrom vgl. auch Coripp. Iust. 1, 345–348: huc omnes populi, pueri iuvenesque senesque/ …….dant agmina plausus/ ………vox omnibus una/mens eadem: nomen populis placet omnibus unum.

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rierten Kunstwerke deuten zu können, also einen Hercules auch als solchen zu erkennen. Daß jedoch ebenso falsche Deutungen vorkamen, zeigt die erwähnte Identifizierung einer Herculesstatue als Darstellung von Adam und Eva. Das Beispiel des Circus von Tyros belegt, daß Herculesstatuen auch in anderen Städten des Reiches zur Ausstattung der Rennbahnen gehörten; unter den Skulpturenfunden aus den Überresten der Anlage befindet sich die Darstellung eines jugendlichen Hercules mit Löwenfell298. Die antiken Quellen legen den Schluß nahe, daß sich in Tyros Wagenrennen vor allem in der spätrömischen und byzantinischen Epoche großer Beliebtheit erfreuten299; es ist wohl davon auszugehen, daß die im Circus gefundenen Statuen, und somit auch die beiden Herculesbilder, in dieser Zeit noch sichtbar waren. I.2.3 Hercules auf der spätantiken Bühne: Pantomimen Viele Römer der Spätzeit verdankten vermutlich ihre Kenntnisse über die Episoden und Figuren der antiken Mythologie zu einem Großteil den im Theater aufgeführten Mimen und Pantomimen; bestätigt wird diese Annahme durch das Zeugnis des Libanios300. Für Hercules ist dies insofern relevant, als es Erwähnungen spätantiker Autoren gibt, die belegen, daß der Heros in Pantomimen im Theater auftrat301. Eine Erwähnung bei Macrobius bezieht sich dabei nicht auf seine eigene Epoche der ersten Hälfte des 5. Jhs.n.Chr., sondern er berichtet von einem Pantomimen namens Pylades, der unter Augustus auftrat und zu dessen Rollen der Hercules furens zählte302; der Kontext ist ein Diskurs über geistreiche Äußerungen und Witze großer Männer der Vergangenheit wie Cicero und Augustus. Dem läßt sich nicht entnehmen, daß in der Spätantike der Hercules furens noch auf der Bühne gegeben wurde, aber es kann davon ausgegangen werden, daß der Hinweis darauf von den fiktiven Gesprächsteilnehmern und den Lesern verstanden wurde, was wiederum darauf hindeuten würde, daß ein Auftritt des Hercules, verkörpert durch einen Pantomimen, noch ein durchaus vertrautes Schauspiel im Theater war. Andere Quellen bestätigen, daß die Abenteuer des Alkiden in der Spätzeit tatsächlich in Form von Pantomimen auf die Bühne gebracht wurden. Der Apologet Lactanz führt das in seinen Augen unmoralische Verhalten von Heiden in Teilen darauf zurück, daß ihnen im Theater 298 Humphrey, Circuses, 475. Die Stadt Tyros verfügte über eine besondere Beziehung zu Hercules, der dort in seiner einheimischen Form als Melqart jahrhundertelang verehrt worden war (ebd.; vgl. Stafford, Herakles, 191–193). 299 Humphrey, Circuses, 477. Bezüglich der Errichtung des Circus von Tyros gibt es unterschiedliche Datierungsvorschläge, die zwischen dem 2. und dem 4. Jh.n.Chr. schwanken (ebd., 462). 300 Lib. or. 64, 112; vgl. Cameron, Mythography, 237; Kondoleon, Signs of Privilege, 110. Daß tatsächlich die gesamte Bevölkerung, einschließlich der Magistrate und Priester, ins Theater strömte, um den Darbietungen der Schauspieler und Tänzer zuzusehen, belegt für das 3. Jh.n.Chr. Arnobius, der dies aus seiner christlichen Perspektive ebenso kritisiert wie die Göttergeschichten, die nachgespielt wurden (Arnob. nat. 4, 35). Zur Aufnahme von Mimen und Pantomimen durch spätantike Autoren vgl. Saradi, The Byzantine City, 310–318. Zu Pantomimen vgl. allgemein Molloy, Libanius, 40–79. 301 Die griechischen Tragödien in ihrer klassischen Form hingegen, in denen Hercules gelegentlich als Protagonist in Erscheinung trat, scheinen spätestens ab dem 3. Jh.n.Chr. (im Westteil des Imperium Romanum bereits früher) nicht mehr aufgeführt worden zu sein. Offenbar wurden nur noch Auszüge aus einzelnen Tragödien dargeboten (Easterling/Miles, Dramatic Identities, 96). 302 Macr. Sat. 2, 7, 16f.

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die sexuellen Eskapaden ihrer Götter, darunter Hercules, präsentiert würden303. Kaiser Julian erwähnt, daß Hercules und Dionysos von Komödiendichtern im Theater karikiert würden, und bezieht sich dabei offensichtlich auf seine eigene Zeit304. In seiner wohl unter Julian verfaßten Rede für die Tänzer nennt Libanios einige Themen, die in Form von Pantomimen aufgeführt wurden, darunter die Geschichte von Hercules und Deianeira sowie offenbar den Kampf gegen Achelous und den Diebstahl der Hesperidenäpfel; auch er scheint sich dabei auf zeitgenössische Darbietungen zu beziehen305. Zwei Jahrzehnte später erwähnte Hieronymus Schauspieler, die durch unterschiedliche Masken in so verschiedene Rollen wie Hercules robustus, Venus und Cybele schlüpfen können, ebenso wie der Mensch sich hinter Masken verbergen kann; es wird dabei zwar nicht klar, welche Schauspielgattung dem Autor vorschwebte, aber er bezeugt dennoch die Aufführung von Stücken, in denen Hercules eine Rolle spielte306. Im frühen 6. Jh.n.Chr. überliefert Cassiodor einen Brief Theoderichs an den patricius Symmachus bezüglich dessen Renovierung des Pompeius-Theaters, wobei er, ganz ähnlich wie Hieronymus, von einem Schauspieler spricht, der die Rollen von Hercules und Venus übernehmen konnte; in diesem Fall macht der Kontext deutlich, daß es sich dabei um einen Pantomimen handelte307. Ein älterer Zeitgenosse Cassiodors, der Bischof Jakob von Sarugh, gibt die Meinung des christlichen Klerus zu den mythologischen Stücken im Theater wieder, indem er sie in eiferndem Tonfall als „heidnische Lügen“ verurteilt, mit denen Satan das Heidentum mit Hilfe von Theateraufführungen wieder etablieren wolle; in diesem Kontext erwähnt er Pantomimen mit Herculesthemen308. Angesichts der Popularität des Hercules im gesamten griechisch-römischen Kulturkreis überrascht es nicht, daß man die pantomimischen Umsetzungen seiner Abenteuer, die für frühere Epochen belegt sind309, auch in der Spätzeit weiterhin zur Aufführung brachte. Tat303 Quomodo libidines coercebunt qui Iovem, Herculem, Liberum, Apollinem ceterosque venerantur, quorum adulteria et stupra in mares ac feminas non tantum doctis nota sunt, sed exprimantur etiam in theatris atque cantantur, ut sint omnibus notiora? (Lact. inst. 5, 10, 16). Firmicus Maternus sieht im Theater den einzigen Ort, an dem die Götter und Heroen einen angemessenen Platz finden könnten ob der Lächerlichkeit und Verwerflichkeit ihrer Taten (Firm. err. 12, 9). Im vorangegangen Jahrhundert hatte Tertullian die Frage aufgeworfen, wie die Heiden es tolerieren konnten, daß ihre Götter, darunter Minerva und Hercules, von Personen dargestellt wurden, die aufgrund ihres Berufs als Schauspieler als impuri und effeminati galten (Tert. apol. 15, 3). 304 Iul. or. 7, 204 B. An dieser Stelle wird ein Vergleich angestellt, nach dem Julian dem kynischen Philosophen Herakleios, der seiner Meinung nach auf unangemessene Weise Mythen als Exempel verwendet hatte, ebenso unwillig zuhören mußte wie der Karikatur von Hercules im Theater. Ebenso äußert sich Julian in seinem satirischen Misopogon, indem er den Bewohnern von Antiochia vorwirft, ihn auf dieselbe Weise öffentlich zu verhöhnen, wie Komödianten dies auf der Bühne mit Hercules und Dionysos taten; seinem Wortlaut ist dabei zu entnehmen, daß er diesen Umgang mit den Gottheiten mißbilligte (Iul. mis. 366 C). 305 Lib. or. 64, 67. 70. Libanios selbst beschreibt an anderer Stelle in wenigen Zeilen, wie Hercules Deianeira im Wettkampf mit Achelous gewinnt (Lib. Narr. 1, 1). 306 Hier. epist. 43, 2. 307 Cassiod. var. 4, 51, 9: idem corpus Herculem designat et Venerem. 308 Vgl. die englische Übersetzung des syrischen Texts der Predigten 3 und 4 über das Theater in: Hall/Wyles (Hgg.), Pantomime, 413–416. 309 In seinem Katalog von Geschichten und Rollen, die ein Pantomimen-Tänzer kennen sollte, führt Lukian von Samosata im 2. Jh.n.Chr. Hercules suÜn toi=j a)/qloij au)tou= a(/pasin kai Üh( tw=n pai/dwn

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sächlich wäre es angesichts der fortgesetzten Darbietung von Pantomimen im spätantiken Theater eher überraschend, hätte man einen so beliebten Charakter wie Hercules, den viele Menschen darüber hinaus noch aus Abbildungen in unterschiedlichen Medien der bildenden Kunst kannten, aus dem Repertoire genommen. Vielleicht geht auch die vehemente Ablehnung der Herculesfigur durch die Kirchenväter310 zum Teil darauf zurück, daß die Abenteuer des Alkiden eben noch häufig zur Belustigung der Bevölkerung dargeboten wurden und dementsprechend die Gefahr gesehen wurde, daß christliche Werte durch „unmoralisches“ Verhalten des Hercules, wie man es im Theater beobachten konnte, beeinträchtigt würden. Es hat sich gezeigt, daß Hercules in der Spätantike wie bereits in der Kaiserzeit Thema von Pantomimen war, die scheinbar noch im ostgotischen Italien auf die Bühne gebracht wurden. Somit eröffnet sich den Menschen ein weiterer Ort, an dem sie in der Spätzeit mit der Herculesfigur in Berührung kommen konnten. Nach dem Verlassen des Theaters wiederum bestand theoretisch die Möglichkeit, sowohl auf öffentlichen Plätzen durch alte Statuen oder Reliefs als auch, vor dem Verbot der heidnischen Kulte, in Tempeln mit Hercules konfrontiert zu werden. Im eigenen oder im Haus eines Verwandten oder Freundes konnte man danach umgeben sein von Gebrauchsgegenständen und/oder Kunstwerken mit Motiven aus dem Herculesmythos. In Sepphoris konnten die Bewohner des gleich neben dem Theater liegenden „Hauses des Dionysos“ nach dem Besuch einer Pantomimenaufführung über Hercules beim Gelage vor dem Hintergrund des oben behandelten Mosaiks weiter die Taten des Helden diskutieren311. I.2.4 Hercules an sonstigen öffentlichen Orten Reliefplastik mit Motiven des Herculeskreises war in der Spätantike nicht auf Privathäuser wie die oben behandelte Villa von Chiragan beschränkt, sondern auch an öffentlichen Plätzen sichtbar; so ließ beispielsweise im 5. Jh.n.Chr. ein Mann namens Fl. Ampelius das Agora-Tor von Aphrodisias, an dem Reliefplatten mit einer Gigantomachie, einer Kentauromachie und einer Amazonomachie angebracht waren, so in einen Brunnen umbauen, daß die Reliefs als Dekor des Wasserbeckens nach wie vor sichtbar waren312. Zu den Amazonomachieplatten gehört auch ein Relieffragment, das den einherschreitenden Hercules, zu erkennen an dem über den Kopf gezogenen Löwenfell, zeigt; dadurch wird der dargestellte Kampf der Griechen gegen die Amazonen in den Kontext des Dodekathlos des Alkiden gestellt, wobei dieser ungewöhnlicherweise von Dionysos im Kampf unterstützt wird313. Der Stil, die technische Ausführung sowie die Ikonographie der Reliefs – die alle Kämpfe gegen in griechischen Augen widernatürliche Gegner beinhalten – legen eine Herstellung in antoninischer Zeit nahe314. Die Wiederverwendung in der zweiten Hälfte des 5. Jhs.n.Chr. ist vermutlich auf das Potential der Werke als Dekor zurückzuführen315; der eine

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sfagh/ an (Lukian. Salt. 41). S. Kap. A II.2–3. Vgl. dazu Dunbabin, Mythology and Theatre, passim. Linant de Bellefonds, Reliefs, 186. Linant de Bellefonds, Reliefs, 175f. mit Abb. 2. Linant de Bellefonds, Reliefs, 185. Linant de Bellefonds, Reliefs, 186. I. Jacobs geht davon aus, daß gerade Motive wie Amazonomachie, Gigantomachie und Kentauromachie, trotz der Tatsache, daß sie zahlreiche Götter

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oder andere Betrachter mag mit den Darstellungen der mythischen Schlachten auch militärische Erfolge der Kaiser gegen fremde und übermächtige Gegner assoziiert haben. Bis ins 5. Jh.n.Chr. hatten diese Platten wie erwähnt ein Tor geschmückt; für Hercules als Dekor eines Torbaus findet sich eine Parallele aus dem spätantiken Ephesos. Zu dem sogenannten Heraklidentor, in der Mitte des 5. Jhs.n.Chr. kurz vor der Einmündung der Kuretenstraße in den Staatsmarkt errichtet, gehörten zwei wiederverwendete Pfeiler mit Reliefdarstellungen des Hercules, deren Datierung unbekannt ist316. Dieser ist dabei jeweils in jugendlichem Alter dargestellt, das Löwenfell gleich einem Umhang um die Schultern gelegt, so daß der Kopf des Löwen mit der einen Hand vor den Körper gehalten wird, während die andere Hand über der Brust das Fell zusammenhält. Trotz der eher ungewöhnlichen Ikonographie ist davon auszugehen, daß viele Personen den Alkiden anhand seines charakteristischen Attributes des Löwenfells identifizieren konnten; die Aufstellung der beiden Herculespfeiler dürfte demnach in vollem Bewußtsein, daß es sich bei der dargestellten Person um einen heidnischen Heros handelte, erfolgt sein. In diesem Fall liegt die Annahme nahe, daß die Wahl auf zwei Herculespfeiler als Stützen des Tores fiel, weil man an die überlieferte Funktion des Jupitersohnes als Türhüter – Heros Propylaios – anknüpfen wollte, die schon in archaischer Zeit bezeugt ist317. In dieser apotropäischen Rolle war es seine Aufgabe, Feinde fernzuhalten und diejenigen zu beschützen, die hinter seinem Tor Zuflucht gesucht hatten318, wobei dieser Aspekt in Ephesos sicherlich als abgeschwächt zu betrachten ist, da sich das entsprechende Tor innerhalb des Stadtgebietes befand. I.2.4.1 Die basilica Herculis in Ravenna Aus Ravenna stammt ein Relief des 6. Jhs.n.Chr., das den Alkiden beim Niederringen der kerynitischen Hirschkuh zeigt319; die Herkunft aus einer Stadt, die als politisches Zentrum des weströmischen, später ostgotischen Reiches diente und die von katholischen Römern

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darstellten, von Christen deshalb akzeptiert wurden, weil die Figuren des Pantheons nicht in ihrer Funktion als Verehrung empfangende Gottheiten, sondern als Akteure innerhalb einer Handlung aufgefaßt wurden, die weniger mit religiösen Erwägungen als mit von Dichtern überlieferten Geschichten zusammenhing (Jacobs, Production to Destruction, 289). Bammer, Torbau, Sp. 93. 119–125 (vgl. 106 Abb. 14; 114 Abb. 22). Maier, Torgötter, 94f. Als Beispiel führt F. Maier das Stadttor von Thasos an, an dem ein Relief des knienden, seinen Bogen gegen von außen kommende Feinde spannenden Hercules sowie eine an ihn und an Dionysos gerichtete Inschrift erhalten ist, die den Alkiden zum po/lewj fu/lac erklärt (ebd., 95; IG XII, 8, 356). Auch für Kastri bei Alyzia ist Hercules als Torhüter der Stadt belegt (Maier, Torgötter, 99). Für das 3. Jh.n.Chr. könnte ein – allerdings vager – Hinweis auf die Verbindung des Hercules zu Toren/Türen in einer Inschrift aus Pisaurum vorliegen (CIL XI 6308 = ILS 583); sie ist an den Gott als Hercules Augustus consors domini nostri Aureliani invicti Augusti gerichtet und belegt insofern zunächst eine begleitende und beschützende Funktion für Kaiser Aurelian. Die Aufstellung des in der Nähe der Porta Fanensis gefundenen dazugehörigen Monuments, vielleicht einer Reiterstatue, wurde jedoch von einem praepositus muris besorgt, was M. Horster als einen Verweis auf einen Zusammenhang der Weihung mit Arbeiten an den Stadtmauern deutet (Horster, Bauinschriften, 146 Anm. 80). Maier, Torgötter, 102. Zu Hercules als Torhüter vgl. auch Löbker, Türmetaphorik, 319. Die Ikonographie mit dem auf dem Rücken der zu Boden gezwungenen Hirschkuh knienden und diese am Geweih packenden Hercules folgt dabei dem seit Jahrhunderten etablierten Schema. Zu stilistischen Besonderheiten vgl. Deichmann, Ravenna, 78f. S. ebd., Abb. 130.

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und später arianischen Ostgoten regiert wurde, bestätigt die Unverfänglichkeit des mythologischen Motivs. Über den ursprünglichen Aufstellungskontext des Reliefs ist nichts bekannt; ebenfalls ist nicht beweisbar, daß es einen Teil eines Zyklus bildete, der auch andere Herculestaten oder sogar den gesamten Dodekathlos beinhaltete, wenn diese Vermutung auch naheliegt320, gerade angesichts der Tatsache, daß die Existenz solcher Reliefzyklen in der Spätantike durch die Funde von Chiragan gesichert ist. Ferner wäre die Wahl gerade dieser Tat als einziges Motiv ungewöhnlich; der Löwenkampf steht in der Kunst sehr häufig alleine, das Einfangen der Hirschkuh hingegen war weniger verbreitet und konnte vielleicht zu diesem späten Zeitpunkt nicht immer ein Erkennen durch den Betrachter garantieren. Im Kontext der anderen Taten des Dodekathlos ist jedoch auch diese Episode unverwechselbar. Eine interessante Hypothese bezüglich eines möglichen Kontextes für das Herculesrelief bietet eine vieldiskutierte Stelle in einem von Cassiodor überlieferten Brief Theoderichs an den praefectus urbis Romae Fl. Agapitus aus den Jahren 507 bis 509 n.Chr. In diesem fordert der Gotenkönig den Praefekten auf, aus Rom marmorarii nach Ravenna zu schicken, die die Gestaltung einer basilica Herculis übernehmen sollten; dabei ist in diesem Zusammenhang besonders die explizite Erwähnung von buntem Marmordekor für diese ansonsten gänzlich unbekannte Basilika von Interesse321. Wenn crusta auch wohl eher im Sinne von Marmorinkrustationen o.ä. zu verstehen ist322, so kann doch nicht gänzlich ausgeschlossen werden, daß auch ein Bezug zu anderen Marmorarbeiten vorliegen könnte, wozu wiederum auch ein Zyklus von Herculestaten – inklusive des heute noch erhaltenen Kampfes mit der Hirschkuh – gehört haben kann. Für das Relief würde dies die Möglichkeit einer Aufstellung im öffentlichen Raum einer Basilika in der Hauptstadt des Ostgotenreiches eröffnen323; diese Vermutung läßt sich jedoch nicht beweisen. Für die Benennung der mysteriösen basilica Herculis wurden verschiedene Erklärungen angeführt: so könnte sie ihren Namen von einer in der Nähe aufgestellten Statue des Heros erhalten oder aber im Zusammenhang mit einer Kultstätte des Jupitersohnes gestanden haben324. Zu Lokalisierung und Gestaltung dieses Bauwerkes lassen sich jedoch keinerlei Angaben machen, da das einzige Zeugnis für dessen Existenz der Brief des Theoderich ist. Selbst die Frage, ob es sich um einen Neubau Theoderichs oder um Renovierungsarbeiten an einem älteren Gebäude handelte, läßt sich nicht eindeutig beantworten, wenn auch die Wortwahl eher auf ersteres hinzudeuten scheint325; dies bot reichlich Raum für Spekulatio320 Deichmann, Ravenna, 126. Deichmann geht davon aus, daß es sich bei dem ravennatischen Relief um das Erzeugnis einer Werkstatt aus Konstantinopel handelte, wofür er als Argument allerdings lediglich die hohe Qualität der Arbeit anführt (ebd., 79. 91). 321 Discolorea crusta marmorum gratissima picturam varietate texantur (Cassiod. var. 1, 6, 2). 322 Kennell, Basilica, 164. 323 Vgl. Deliyannis, Ravenna, 123. 324 Deichmann, Ravenna, 125. 325 Decet principem cura quae ad rem publicam spectat augendam, et vere dignum est regem aedificiis palatia decorare […] quapropter in Ravennati urbe basilicae Herculis amplum opus aggressi, cuius nomini antiquitas congrue tribuit (Cassiod. var. 1, 6, 1–2). In diesem Fall ist in Bezug auf die Formulierung antiquitas tribuit wohl von einer Verwendung von Spolien für den Neubau auszugehen, was der gängigen Praxis in der Spätantike entspräche (vgl. dazu auch Kennell, Basilica, 164). Für die Renovierung eines älteren Bauwerkes: Deichmann, Ravenna, 41. 125; ders., Kommentar, 28.

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nen. E. Dyggve berief sich auf inzwischen widerlegte Thesen zur ursprünglich dem Kaiser Maximian zugeschriebenen Villa von Piazza Armerina und sah eine Parallele zwischen dem dortigen Triconchensaal – den er als zu einer „Kultbasilika“ gehörig interpretierte – und der ravennatischen Basilika, was diese in seinen Augen zu einer „Palastbasilika mit glorifizierender Aufgabe“ machte326. Gegen diese Deutung spricht die Wortwahl des Briefes, da im 6. Jh.n.Chr. das Wort basilica fast nur für Kirchen verwendet wurde, während in den Variae Hallen, die mit Palästen in Zusammenhang zu bringen sind, stets als aulae bezeichnet werden327. Da es sich bei einem basilica Herculis genannten Bau schwerlich um eine Kirche gehandelt haben kann, ist davon auszugehen, daß im vorliegenden Fall einer Deutung als öffentlicher Bau in der Tradition römischen Basiliken der Vorzug zu geben ist328. Bezüglich der Lage der Basilika im Stadtgebiet liegen keinerlei Informationen vor; ein in der Vergangenheit mehrfach vorgenommener Versuch, eine Verbindung mit der von Agnellus im 9. Jh. erwähnten regio Herculana herzustellen, die ihren Namen angeblich wie die Basilika von einer Kolossalstatue des Hercules bezogen hätte, muß, wie alle anderen bislang in der Forschung vorgebrachten Deutungen, hypothetisch bleiben329. Das Herculesrelief kann also in Ravenna keinem bestimmten Bau zugewiesen werden, wenn auch die Vorstellung attraktiv ist, daß es, gemeinsam mit anderen Szenen aus dem Leben des Helden, in der nach diesem benannten Basilika ausgestellt gewesen sein könnte. Da über diese jedoch außer einer einzigen Erwähnung bei Cassiodor, die darüber hinaus nicht eindeutig formuliert ist, nichts bekannt ist, bleibt eine solche Annahme reine Spekulation, ebenso wie Theorien über die Lage der Basilika. Dennoch ist es auffallend, daß ein Nicht-Römer wie Theoderich, von dem keine weiteren Herculesbezüge bekannt sind, einen Bau mit dem Namen basilica Herculis renovierte oder überhaupt erst errichtete. Aufgrund seiner langen Geiselhaft in Konstantinopel während seiner Jugend – er erhielt dort die Ausbildung und den Unterricht eines typischen Mitgliedes der römischen Oberschicht330 –, ist es jedoch naheliegend, daß er sehr genau wußte, wer Hercules war und für welche Werte und Rollen er in der griechisch-römischen Welt stand. Ebenso dürften auch andere Goten mit der Figur des Hercules vertraut gewesen sein, zumal sich einzelne Gotenverbände bereits seit dem 4. Jh.n.Chr. an den Rändern des griechisch-römischen Kulturkreises bewegt

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Die Erwähnung von palatia führte zu einer Verbindung der Basilika mit einer Palastanlage (Deliyannis, Ravenna, 124). Dyggve, Basilica Herculis, 35–37. Dyggve spricht, ohne einen einzigen stichhaltigen Beweis für seine Theorie anzuführen, von einer „alten Tradition der Basilika des Herkules“ und von einer „Tradition, die sich von Herrscher zu Herrscher und von Palast zu Palast fortgeerbt hat“ (ebd., 36f.). Deliyannis, Ravenna, 124 mit Anm. 113. Auch Kennell spricht sich für einen räumlichen Zusammenhang mit dem Palast des Theoderich aus (Kennell, Basilica, 166), über den jedoch nur wenig bekannt ist (Johnson, Building Program, 81f.). Vgl. Deichmann, Kommentar, 28; Deliyannis, Ravenna, 124. Agn. Rav. lib. pont. 23. 76; vgl. Deichmann, Kommentar, 28, 36; Johnson, Building Program, 78; Kennell, Basilica, 163. Agnellus erklärt die Namensgebung auf traditionelle Weise, indem er ausführt, Hercules selbst habe das Gebiet in seinem Namen geweiht: ideo Herculana (sc. regio) dicitur, quia ab Hercule cunsecrata (sic!) fuit (Agn. Rav. lib. pont. 23). S. Kennell möchte die Basilika in der Nähe des Circus von Ravenna ansiedeln, dessen Existenz in der Spätantike jedoch nicht bewiesen ist (Kennell, Basilica, 171; vgl. Deliyannis, Ravenna 59f.). Ausbüttel, Theoderich, 20.

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und sich teilweise dort angesiedelt hatten und viele von ihnen in der Vergangenheit als Soldaten in römischen Diensten gekämpft hatten331. Manche Goten empfanden vielleicht auch eine Affinität mit einem gewaltigen Krieger wie Hercules, der selbst für einen „Barbaren“ als Vorbild dienen konnte. Ferner ist bezeugt, daß Mitglieder der gotischen Führungsschicht im Gefolge des Königshofes in Ravenna sich zumindest teilweise um eine Bildung nach römischem Vorbild bemühten332 und dementsprechend mit den zentralen Figuren der mythologisch inspirierten klassischen Literatur vertraut gewesen sein dürften. Die römischen Einwohner Ravennas kannten den Alkiden ohnehin. Dementsprechend waren sicher Angehörige beider Gruppen in der Lage, ein Relief wie das hier behandelte korrekt zu deuten, und auch die Existenz einer basilica Herculis im christlichen Ravenna dürfte sie weder erstaunt noch verwirrt haben. I.2.4.2 Heidnische Bildwerke an öffentlichen Orten An öffentlichen Orten in der Spätantike aufgestellte Bildwerke mit paganen Motiven sind vielfach in den Quellen belegt. Statuen galten noch im 4. und 5. Jh.n.Chr. als integraler Bestandteil des städtischen Lebens, was sowohl die Ausstattung der neuen Hauptstadt Konstantinopel mit Statuen mythologischen Inhalts als auch die Existenz des Amtes eines curator statuarum in Rom im 5. Jh.n.Chr. bezeugen333. Sofern ein Götterbild nicht durch die dazugehörige Inschrift in einen religiösen Kontext gesetzt wurde, konnte man dieses also auch auf öffentlichen Plätzen gleichsam als „Schmuck“ (ornatus, ornamentum, decor) betrachten334, der der Würde und dem Alter des Aufstellungsortes – häufig das Forum einer Stadt – angemessen war; die spätantiken Foren konnten daher einen „neutralen Raum“ bieten, der für Heiden wie Christen gleichermaßen nutzbar und akzeptabel war335. Eine Kontaminierung seines christlichen Glaubens durch Betrachtung solcher Werke mußte ein Betrachter also keineswegs automatisch befürchten336. Dies schließt nicht grundsätzlich aus, daß Einzelpersonen diese öffentlich aufgestellten Skulpturen entsprechend ihrer eigenen religiösen Überzeugung interpretierten; ein Heide des 4. oder 5. Jhs.n.Chr. konnte einer Götterstatue auf einem Forum durchaus noch mit Ehrerbietung begegnen337, ein der Tradition gegenüber weniger aufgeschlossener Christ hingegen mit der vielfach belegten Intoleranz gegenüber allen Überresten der paganen Religionen. Heidnische Statuen konnten aufgrund ästhetischer Erwägungen, als Verweis auf die große Vergangenheit oder auch aus Wertschätzung für die von den Werken transportierte 331 332 333 334

Vgl. Ausbüttel, Theoderich, 14f.; Demandt, Spätantike, 156. 381. Ausbüttel, Theoderich, 91. Kristensen, Display of Statues, 267. Für inschriftliche Belege für die Verwendung dieser Ausdrücke in Verbindung mit Statuen s. Witschel, Statuen auf Platzanlagen, 116 Anm. 18. 121; vgl. Smith, Statue Life, 207. 335 Witschel, Statuen auf Platzanlagen, 119–121. 127. Allgemein zum Umgang mit öffentlich aufgestellten (Götter-)Statuen in der Spätantike: ebd., 120–126. 336 Vgl. Bauer/Witschel, Statuen, 5; Machado, Antiquarianism, 332. 334. 354. Ebenfalls nicht außer acht lassen sollte man, daß vielleicht viele Menschen die heidnischen Statuen, ob Kultbild oder nicht, im Alltag gar nicht richtig wahrnahmen. Aufgrund der Tatsache, daß man an so vielen Orten von ihnen umgeben war, wurden die Statuen möglicherweise vielfach zu reiner Staffage (Jacobs, Production to Destruction, 290). 337 Es gibt einige Hinweise, daß Statuen heidnischer Gottheiten bis ins 5. Jh.n.Chr. an öffentlichen Orten noch kultische Ehren erwiesen wurden (Lavan, Pagan Statues, 443).

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Botschaft im städtischen Raum (selbst durch christliche Magistrate338) errichtet, renoviert oder von anderen Orten dorthin verbracht werden339. Ferner schrieb man solchen Bildwerken noch lange eine apotropäische Funktion zu340; dies würde gerade für den als alexikakos bekannten Hercules zutreffen, so daß man vermuten kann, daß sicherlich in der Spätantike mehr Darstellungen des Alkiden an öffentlichen Orten aufgestellt waren, als wir nachweisen können. Ebenso kann der Repräsentationswille der Person, die die Statue errichten oder versetzen ließ, eine Rolle gespielt haben: ohne jegliche religiöse Hintergedanken konnte man dadurch als Wohltäter auftreten, daß man sich um eine angemessene Ausstattung öffentlicher Plätze bemühte341. In diesem Zusammenhang ist ein außergewöhnliches Monument zu betrachten, das in Form einer in Hexametern verfaßten Inschrift auf einer in der Nähe des Aphroditetempels gefundenen Statuenbasis aus Rhodos erhalten ist; die heute verlorene Statue dürfte Hercules dargestellt haben. Errichtet wurde die Skulptur von einem Mann namens Anastasios, der ursprünglich als der oströmischen Kaiser dieses Namens (491–518 n.Chr.) identifiziert wurde; als möglicher Anlaß der Errichtung wurde ein Besuch dieses Herrschers auf der Insel genannt342. Wahrscheinlicher ist jedoch eine Identifizierung des Dedikanten des Monumentes mit einem Provinzgouverneur oder einem lokalen Würdenträger343. Dieser klutoÜj oi)kisth/r wird explizit als ein zweiter Hercules bezeichnet: h(mete/rh genehÜ te/ken (Hraklh=a344. Der Alkide wird in dem Text direkt angesprochen als aiÂma Dio/j sowie als qhrokto/noj; damit wird ein bereits früher für Hercules verwendetes Epitheton345 aufgegriffen sowie ein direkter Bezug zu seiner göttlichen Abstammung hergestellt. Auch das charakteristische Epitheton alexikakos kommt zum Einsatz346. Die Inschrift, die in sprachlicher Hinsicht anderen Ehreninschriften in Epigrammform aus der Spätantike ähnelt, stammt wohl aus dem 4. oder 5. Jh.n.Chr.347 und ist ein Zeugnis für die Aufstellung einer Herculesstatue an einem öffentlichen Ort, deren Zweck die Selbstdarstellung eines prominenten Einwohners der Stadt oder eines kaiserlichen Magistraten war. Dieser sah offensichtlich keinen Widerspruch zwischen seiner – vermutlich – christlichen Religionszugehörigkeit348 338 CIL VI 526; vgl. Lavan, Pagan Statues, 456f; Machado, Antiquarianism, 331f. 339 Lavan, Pagan Statues, 441–444. Als weitere Gründe nennt Lavan Konservatismus und „inertia“, also das Belassen der Werke an ihrem Ort aus Trägheit oder Desinteresse, sowie die Möglichkeit, daß man schlicht vergessen hatte, wen eine Statue darstellte. 340 Lavan, Pagan Statues, 448. 341 Vgl. Curran, Moving Statues, 55 342 Jacopi, Nuove epigrafi, 208 Nr. 45. 343 Deligiannakis, Attitudes, 145. S. ebd., 144 für eine englische Übersetzung der Inschrift. 344 Jacopi, Nuove epigrafi, 209 (Z. 3 der Inschrift). 345 Jacopi, Nuove epigrafi, 209 (Z. 1 der Inschrift); vgl. IG V, 2, 91. 346 Jacopi, Nuove epigrafi, 209 (Z. 2. der Inschrift). 347 Deligiannakis, Attitudes, 144f. 348 „Anastasios“ wird in diesem Zusammenhang als ein christlicher Name gedeutet; darüber hinaus ist aus Rhodos eine weitere Inschrift erhalten, die wohl von derselben Person errichtet wurde, und deren Text mit einem in den Stein gemeißelten Kreuz beginnt (Deligiannakis, Attitudes, 146f.). Das zu der Inschrift gehörige verlorene Relief stellte wohl Maron in Gestalt eines alten Silen – und damit ebenfalls ein mythologisches Thema – dar (ebd., 145–147). Dennoch sind die Indizien, die auf ein

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und einem Vergleich mit einem mythischen Helden, der nicht nur für seine Tugendhaftigkeit, den Sieg über Monster und die Abwehr von Übeln bekannt war, sondern der darüber hinaus ausdrücklich als ein Halbgott benannt wird. Anastasios hatte sich in der Stadt wohl als Euerget einen Namen gemacht349 und wählte als Motiv für sein Ehrenmonument diejenige Figur der antiken Mythologie aus, welche die meisten Betrachter erkannt haben dürften; ferner war Hercules als exemplum virtutis eine geeignete Folie für die Selbstdarstellung, implizierte seine Verwendung doch, daß der Stifter über dieselben Tugenden verfügte wie der Alkide. Daß es sich um einen ehrenden Vergleich mit einer lebenden Person handelte, konnte jedoch nur erkennen, wer die Inschrift mit dem Verweis auf den Wohltäter der Rhodier lesen konnte. Daraus folgt, daß es bei christlichen Betrachtern zu Mißverständnissen der Art kommen konnte, daß sie in der Statue ein Kultbild sahen; darauf deuten die nachträglich auf der Basis angebrachten Graffiti christlichen Inhalts hin, deren Zweck es war, das in ihren Augen anstößige Monument zu „christianisieren“350. Johannes Malalas bestätigt, daß in der ersten Hälfte des 6. Jhs.n.Chr. noch Stelen zu sehen waren, die angeblich die italischen Nachfahren des Hercules diesem in Gold und Porphyr errichtet hätten, und die wohl aus Respekt vor der Vergangenheit und vielleicht auch wegen der Achtung vor Hercules als nachahmenswertem exemplum virtutis für erhaltenswert erachtet wurden351. Auf ähnliche Weise ist vielleicht eine Statue zu deuten, die der corrector Venetiae et Histriae, Septimius Theodulus, in den Jahren kurz vor 361 n.Chr. auf dem Forum von Aquileia aufstellen ließ, und auf deren Basis man Einlaßspuren, die vermutlich als linker Fuß und Keule einer Bronzestatue des Hercules zu deuten sind, findet352. Der erhaltene Teil der Inschrift enthält die Widmung Herculi, während für den Vorgang der Errichtung der Statue – über deren Aussehen nichts bekannt ist – das Verb ornavit gewählt wurde353. Dadurch wird explizit Bezug genommen auf das Ziel, einen öffentlichen Ort mit einer Statue zu schmücken. Gleichzeitig wurde auch eine Statue der Concordia Aquileiensium et Concordiensium auf das Forum verbracht, was darauf hindeutet, daß Theodulus mit der Statuenumstellung beabsichtigte, auf dem Forum ein Ensemble zu präsentieren, das für die Identität der Stadt und ihrer Bewohner von zentraler Bedeutung war354.

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christliches Bekenntnis des Anastasios hinzudeuten scheinen, nicht eindeutig, und es kann nicht ganz ausgeschlossen werden, daß er doch ein Heide war (ebd,. 154f.). Welche Verdienste er sich um Rhodos erworben hatte, kann nicht mehr nachvollzogen werden; möglicherweise stiftete er Gebäude oder gewährte, falls er tatsächlich ein kaiserlicher Beamter war, bestimmte Privilegien (Deligiannakis, Attitudes, 148). Vgl. Deligiannakis, Attitudes, 144f. 153. Mal. 6, 16; vgl. Lavan, Pagan Statues, 442. Zaccaria, Trasformazione, 486f. AE 1996, 686 a–b. Das über der eigentlichen Inschrift stehende Wort Herculi gehörte vermutlich zu einem früheren Text, der entfernt wurde, um für die Widmung des Theodulus Platz zu schaffen. Die vom Text getrennte Stellung des Namens könnte dahingehend gedeutet werden, daß die Basis ursprünglich nicht zu einer Herculesstatue gehörte, sondern vielmehr zu einer Ehrenstatue für einen Mann mit dem signum Herculius (Witschel, Statuen auf Platzanlagen, 130). Witschel, Statuen auf Platzanlagen, 124.

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Identitätsstiftend für viele Städte waren auch ihre Gründerheroen. Es gibt Anzeichen dafür, daß in der Spätzeit noch Statuen solcher Heroen existierten355, weshalb man spekulieren mag, daß auch Hercules, der vielen Städten in der griechisch-römischen Welt als ihr Gründer galt356, mancherorts noch auf diese Weise öffentlich geehrt wurde. In den gennannten Fällen ist nicht von einem pagan-religiösen Hintergrund der Statuenaufstellung oder -erhaltung auszugehen, sondern vielmehr von einem Bezug zu den kulturellen Traditionen der Vergangenheit, die aufgrund ihres Alters und der sich daraus ergebenden Verehrungswürdigkeit noch immer geachtet wurden, ohne jedoch religiöse Inhalte zu vermitteln; bei den betreffenden Statuen handelte es sich nicht um Kultbilder. Dennoch mag für den einzelnen spätantiken Betrachter die Linie zwischen dem Gott Hercules und dem Heros verschwommen gewesen sein und unterschiedliche Reaktionen hervorgerufen haben; dementsprechend ist von vielen individuellen Anworten auf Herculesstatuen auszugehen, die nicht rekonstruiert werden können, aber von totaler Ablehnung am fundamentalistisch-christlichen Ende des Spektrums bis zu religiöser Ehrfurcht bei den verbliebenen Heiden gereicht haben dürften. Vor dem Hintergrund der Zeugnisse zum Umgang mit solchen Überresten der heidnischen Vergangenheit sollte jedoch angenommen werden, daß viele Menschen im Alltag diesen Bildern neutral wenn nicht gar gleichgültig begegneten. I.2.5 Hercules im Grabkontext Wie bereits oben anhand von aus Gräbern stammenden Gläsern sowie eines möglicherweise von einem Leichentuch stammenden Textilfragmentes mit Motiven aus dem Herculesmythos gezeigt wurde, war die Herculesfigur in der Spätantike noch gelegentlich im Grabkontext anzutreffen. Im Vergleich zu früheren Epochen liegt hier jedoch zunächst ein bedeutender Unterschied vor, da in der spätrömischen Zeit, soweit die Quellenlage in dieser Hinsicht ein Urteil erlaubt, keine Herculessarkophage mehr hergestellt wurden357. Allerdings ist das Ende der Fertigung von Sarkophagen mit Herculesmotiven im Kontext der allgemeinen Einstellung der Produktion von mythologischen Sarkophagen zu sehen; nach einer kurzen Blüte an der Wende vom 3. zum 4. Jh.n.Chr. sind aus nachkonstantinischer Zeit nur noch vereinzelte Stücke mit mythologischen Motiven bekannt358. Dies schließt zwar nicht aus, daß auch noch im 4. Jh.n.Chr. und darüber hinaus unter Umständen Tote in einem Sarkophag mit Herculesdarstellungen bestattet wurden, doch hätte es sich in diesen Fällen nicht um Neuanfertigungen gehandelt, sondern vielmehr um eine Wiederverwendung, analog zu der in der Spätantike weitverbreiteten Sitte, ältere Monumente oder Bauglieder als Spolien zu verwerten359. 355 Lavan, Pagan Statues, 453f. 356 Vgl. z.B. Amm. 15, 10, 9; 22, 8, 5; Anth. Pal. 7, 697. 357 Zanker, Ikonographie, 245 Abb. 1. Im Vergleich zu anderen Mythen waren Darstellungen aus dem Herculeszyklus auf römischen Sarkophagen ohnehin verhältnismäßig selten vertreten gewesen (Jongtse, Labours, 11). 358 Brandenburg, Sarkophagkunst, 37; Zanker, Ikonographie, 243. 247f. 359 Ein Fragment eines Säulensarkophags mit Szenen aus dem Leben des Hercules, der ins 2. Jh.n.Chr. datiert wird, wurde in einem Hypogaeum des 4. Jhs.n.Chr. bei İznik gefunden, dessen Fresken als eine Darstellung des christlichen Paradieses gedeutet wurden (Firatli, Hypogeum, 919f. 929. 931). Allerdings stammt das Sarkophagfragment, anders als M.J. Johnson impliziert (Johnson, Shared

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I.2.5.1 Die Katakombe an der Via Latina Für die Vorstellungen, die man im 4. Jh.n.Chr. im funerären Kontext mit Hercules verbinden konnte, ist die im Jahr 1955 unter der Via Latina in Rom gefundene Katakombe unsere wichtigste Quelle360; im Unterschied zu den bereits oben im funerären Kontext behandelten Objekten handelt es sich bei den Herculesmotiven der Katakombe um Neuschöpfungen, die spezifisch für die Verwendung am Grab geschaffen wurden. Das Bildprogramm dieser in die Mitte des 4. Jhs.n.Chr. datierten Grabanlage ist einzigartig aufgrund der Tatsache, daß neben christlichen Motiven in zwei Räumen Szenen des heidnischen Mythos in den Wandgemälden thematisiert sind361. Während in den anderen Kammern Erzählungen aus der Bibel – vorwiegend aus dem Alten Testament – bildlich umgesetzt sind362, sind die Räume E und N gänzlich mit mythologischen Motiven ausgemalt. Diese bestehen in Raum E aus Victoria-Figuren und einem Gorgoneion im Gewölbe, sowie einer weibliche Gestalt, die man lange für Kleopatra hielt, die jedoch mittlerweile als die Göttin Tellus interpretiert wird363. Darüber hinaus können die beiden weiblichen Figuren, die den Eingang zu Raum O säumen und jeweils mit Ährenbündeln dargestellt sind, vermutlich als Demeter und Persephone gedeutet werden364.

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Tombs, Anm. 104), nicht von einem wiederverwendeten Sarkophag, sondern diente dazu, die Tür des Hypogaeums zusätzlich von außen zu blockieren und wurde zu diesem Zweck wohl von der in der Nähe befindlichen Nekropole zu dem spätantiken Grab transportiert (Firatli, Hypogeum, 933). Die Anlage wird auch als „Katakombe an der Via Dino Compagni“ bezeichnet. Zu den Umständen der Entdeckung s. Ferrua, Katakomben, 33–38. Für einen Plan der Anlage s. Kötzsche-Breitenbruch, Katakombe, Anhang 1. In den 325 erforschten Gräbern waren circa 400 Personen bestattet (ebd., 154); einige sind namentlich bekannt durch die Inschriften auf den Verschlußplatten einzelner Gräber, deren Formulierung jeweils auf einen christlichen Hintergrund schließen läßt (ebd., 42–45. 50–54. 153f.). Vermutlich ist A. Ferrua zuzustimmen in seiner Annahme, die reich dekorierte und großzügig angelegte Katakombe sei von einem begrenzten Kreis von Familien mit relativ privilegiertem Hintergrund genutzt worden, nicht von einer christlichen Gemeinde, da die kirchliche Hierarchie die offensichtlich heidnischen Motive in der Grabanlage sicherlich nicht geduldet hätte (ebd., 156). Hinsichtlich des sozialen Hintergrundes der Personen muß differenziert werden zwischen den bescheidenen Bestattungen in loculi in den Gängen der Anlage, und den vergleichsweise wenigen Grablegen in den einzelnen Kammern. Die loculi waren vermutlich für Klienten oder anderweitig von den Inhabern der reicheren Gräber abhängige Personen bestimmt (Snyder, Pictures, 356). Der Ausgräber Ferrua datierte die Anlage aufgrund architektonischer, epigraphischer und stilistischer Merkmale in die erste Hälfte des 4. Jhs.n.Chr. (Ferrua, Pitture, 86f.; ders., Katakomben, 153f.). L. Kötzsche-Breitenbruch geht von einer Entstehung in den Jahren zwischen Konstantin I. und Theodosius I. aus (Kötzsche-Breitenbruch, Katakombe, 14). Für die zweite Jahrhunderthälfte spricht sich J. Fink aus (Fink, Christusbild, 133). Am überzeugendsten erscheint eine zeitliche Einordnung in die mittleren Jahrzehnte des 4. Jhs.n.Chr. (vgl. Kenfield, Samson, 179), wobei nicht von einer punktuellen Entstehung der Gesamtanlage, sondern vielmehr von einem sich über Jahre hinziehenden Prozeß auszugehen ist. Der im Rahmen der vorliegenden Arbeit besonders wichtige Raum N ist vermutlich im dritten Viertel des 4. Jhs.n.Chr. ausgemalt worden (Tronzo, Catacomb, 10–17; vgl. Zimmermann, Werkstattgruppen, 121). Die letzte Bestattung in der Katakombe fand im Jahr 410 n.Chr. statt (Snyder, Pictures, 355). Kötzsche-Breitenbruch, Katakombe, 15. Ferrua, Katakomben, 100–107; ders., Pitture, 59–61. Als weitere Deutung der Figur wurde inzwischen Isis vorgeschlagen (Johnson, Shared Tombs, 56). Tronzo, Catacomb, 65.

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In cubiculum N sind verschiedene Szenen aus dem Herculesmythos wiedergegeben; dazu zählen die Tötung der Hydra, der Raub der Hesperidenäpfel, eine Begegnung des Heros mit Athena, der Sieg über einen nicht eindeutig zu identifizierenden Gegner sowie der Tod des Admetos und die Rückholung der Alkestis aus der Unterwelt durch Hercules, hier kombiniert mit der Entführung des Kerberos durch den Alkiden365. Den zentralen Platz in den Lünetten der Arkosolien nehmen die beiden Motive aus dem Alkestis-Mythos ein. Diese Plazierung entspricht ihrer besonderen Bedeutung für den funerären Kontext, da keine andere Tat des Hercules, nicht einmal die Zähmung des Höllenhundes, einen solchen Bezug zum Themenfeld Tod und Auferstehung aufweist wie der Alkestis-Mythos. Das Motiv der Rückführung der Alkestis zu Admetos wird dabei an der rechten Seitenwand des Arkosoliums flankiert von dem Diebstahl der Hesperidenäpfel; an dieser Stelle der Kammer wird also das Motiv des Sieges über den Tod bezeihungsweise der bevorstehenden Apotheose besonders hervorgehoben. In allen Szenen, mit Ausnahme des Handschlages mit Athena, ist Hercules mit einem Gegner dargestellt: den zumindest menschenähnlichen, gefallenen Gegner in der Laibung des linken Arkosoliums hat er bereits besiegt366. Der Kerberos ist schon angekettet und sitzt 365 Ferrua, Katakomben, 134–144; ders., Catacombe, 114 Abb. 125; 115 Abb. 126; 117 Abb. 128; 118 Abb. 129; 119 Abb. 130. Aus ikonographischer Sicht liegen generell keine großen Neuerungen vor; die Art und Weise, wie Hercules in den einzelnen Szenen dargestellt ist, entspricht im großen und ganzen den gängigen antiken Schemata. Dem Heros ist jeweils als Attribut das Löwenfell, das jedoch wiederholt eher die Form eines fransigen Umhangs annimmt, beigegeben. Die Keule wird entweder direkt als Waffe verwendet oder dient als Stütze beziehungsweise ist geschultert; sie hat dabei nicht ihre quasi „kanonische“ Form, konisch sich zum Griff hin verjüngend und mit Astnarben ausgestattet, sondern ähnelt in ihrer Gestaltung vielmehr einer Art Streitkolben, mit einem deutlich verdickten, kugeligen Ende. Hercules tritt als älterer bärtiger Held auf, in drei Bildern mit einem Nimbus versehen. Entgegen der chronologischen Abfolge der Taten des Dodekathlos ist er beim Raub der Hesperidenäpfel als junger Mann dargestellt, was W.N. Schuhmacher dahingehend deutet, daß hier Hercules nach dem Verzehr der Äpfel und seiner Verjüngung dargestellt sei (Schumacher, Reparatio vitae, 131; tatsächlich ist in der antiken Überlieferung nirgends die Rede von einer verjüngenden oder unsterblich machenden Wirkung der Hesperidenäpfel: Stafford, Herakles, 47). Zu ikonographischen Besonderheiten in der Umsetzung der Taten und der Gestaltung der Herculesfigur vgl. Zimmermann, Werkstattgruppen, 101–103. Für ein Schema des Dekors s. Kötzsche-Breitenbruch, Katakombe, Anhang 10. 366 Der gefallene Gegner wurde unter anderem als Geryoneus, Antaios oder Cacus identifiziert. Ferrua läßt diese Frage offen; M. Simon möchte hier Geryoneus sehen, obgleich keine Dreileibigkeit gegeben ist (Simon, Remarques, 329). J. Fink spricht sich für Alcyoneus aus (Fink, Bildfrömmigkeit, 29f.), während J. Elsner als Interpretation Antaios und Cacus nennt, aber auch die Möglichkeit offenläßt, daß es sich um eine Personifikation des Todes selbst handeln könnte (Elsner, Art, 274), was wiederum die daneben dargestellte Szene aus dem Alkestis-Mythos – den Tod des Admetos – inhaltlich ergänzen würde, denn im Laufe seiner Rettung der Alkestis besiegte der Alkide Thanatos selbst im Ringkampf (vgl. Eur. Alc. 843–849. 1140–1142). Auch B. Berg plädiert für eine Benennung des Gegners als der personifizierte Tod, räumt jedoch ein, daß für ein solches Motiv keine ikonographischen Parallelen in der antiken Kunst vorliegen (Berg, Alcestis, 224f. mit Anm. 24; vgl. Stafford, Herakles, 120). Allerdings ist die Identität des Gegenspielers weniger wichtig als die Tatsache, daß der Jupitersohn sichtlich einen mühelosen Sieg davongetragen hat; möglicherweise wurde vielmehr dem Betrachter die Deutung der Szene überlassen, so daß der Gegner je nach Kenntnisstand der jeweiligen Person anders benannt worden wäre. Die Frage, ob in der Katakombe die einzige antike Darstellung des Kampfes zwischen Hercules und Thanatos vorliegt, kann nicht beantwortet werden; ganz

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zahm zu Füßen des Helden (wobei er den Anschein erweckt, den sitzenden Admetos anzubellen), der Sieg über die Hydra ist nur eine Frage der Zeit, und auch der um den Hesperidenbaum gewickelte Ladon wird Hercules dem Mythos entsprechend nicht Widerstand leisten können, wie die selbstsichere Haltung des Alkiden erahnen läßt. Das zugrundeliegende Thema ist dementsprechend zunächst die allumfassende Sieghaftigkeit des Hercules. Die Rolle der Athena kann dabei auf zweierlei Arten gedeutet werden; daß sie Hercules die Hand reicht, mag schlicht auf die Tatsache verweisen, daß die Göttin stets als seine Beschützerin auftrat und ihm ihren Schutz auch für die in der Kammer dargestellten Taten gewähren wird367. Andererseits wurde auch vorgeschlagen, hier den Empfang des Hercules im Olymp nach seinem Selbstmord zu sehen368; in diesem Fall wäre zusätzlich zu seinen Triumphen der Lohn für dieselben abgebildet, nämlich die Unsterblichkeit. Angesichts der Motivwahl kann kein Zweifel bestehen, daß Hercules in der Via LatinaKatakombe in seiner speziellen Rolle als Erretter der Menschen vor dem Tod zu deuten ist; als Thanatos ist nicht nur möglicherweise der unidentifizierte gefallene Gegner zu sehen, sondern auch die Hydra, eine monströse, todbringende Kreatur, kann als Metapher für den Tod betrachtet werden. Die Tatsache, daß in den anderen Räumen, mit Ausnahme der bereits genannten Kammer E, ausschließlich christliche Themen behandelt sind, erfordert jedoch an dieser Stelle noch weitergehende Überlegungen, vor allem hinsichtlich des in der Grabanlage bestatteten Personenkreises und der Interpretation der Darstellungen durch diese Personen und ihre Angehörigen. Dabei sei zunächst angemerkt, daß die Wandgemälde der Katakombe durchaus einer relativ großen Zahl von Menschen bekannt gewesen sein dürften; es entsprach den antiken Gepflogenheiten, die Gräber verstorbener Angehöriger zu besuchen, beispielsweise anläßlich ihres Todestages, um dort refrigeria – Totenmähler – abzuhalten369. Diese Sitte wurde in der Spätantike von Heiden wie von Christen aufrechterhalten370, so daß grundsätzlich Mitglieder beider Gruppen die Via Latina-Katakombe besuchen konnten, sofern dort Freunde und Angehörige bestattet waren. Hinsichtlich der Religionszugehörigkeit der Toten gibt es in der Forschung unterschiedliche Meinungen, die gerade von den paganen Darstellungen in der Katakombe abhängig sind; Hercules wurde in diesem Zusammenhang entweder in einem strikt heidnischen und dezidiert nicht-christlichen Sinn gedeutet, oder aber als Allegorie auf Christus in einer interpretatio Christiana der Herculesfigur, womit eine christliche Aneignung der Gestalt des Alkiden vorliegen würde371. Daraus folgte, daß man entweder von einer ausschließlich

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auszuschließen wäre dies jedoch nicht angesichts der Tatsache, daß es sich bei vielen der christlichen Bilder um innovative und vorher nie dagewesene Umsetzungen biblischer Geschichten handelt, was wiederum für experimentierfreudige Künstler sprechen könnte. Zur Beziehung zwischen dem Heros und der Göttin s. allgemein Deacy, Herakles and his Girl, passim. Simon, Remarques, 334. Ohne die Hilfe Athenas wäre es für Hercules nicht möglich gewesen, die Unsterblichkeit zu erlangen; umgekehrt ist er der einzige Heros, dem sie diese Wohltat je erwiesen hat (Deacy, Herakles and his Girl, 40). Snyder, Pictures, 357–360. Snyder, Pictures, 359. Zusammenfassend Zimmermann, Werkstattgruppen, 100. Zu einer interpretatio Christiana des Hercules s. vor allem die Schriften von J. Fink, der jedoch allzu oft kategorische Aussagen zur angeblichen Rolle des Hercules in der Spätantike im allgemeinen und in der Via Latina-Katakombe im

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christlichen Nutzung der Anlage ausging, oder aber von einem Nebeneinander von Heiden und Christen372. Die Annahme einer Christianisierung der Herculesgestalt führt an dieser Stelle zu weit373, zumal der Heros in den einzelnen Bildern entsprechend der ikonographischen Traditionen dargestellt ist, und sich in der Umsetzung der Szenen in Raum N keinerlei christliche Anklänge feststellen lassen. Statt dessen kann man außerhalb des Raumes einen Einfluß der Herculesikonographie auf die Abbildung des christlichen Heros Samson feststellen (Raum L), dessen Löwenkampf in der Körperhaltung der Kontrahenten eindeutig an den Kampf mit dem nemeischen Löwen erinnert, wie er auf vielen antiken Kunstwerken wiedergegeben war374. Dies erweckt den Eindruck, als sei derselbe Aspekt – der Sieg über einen Gegner in Löwengestalt – hier schlicht mit zwei unterschiedlichen Protagonisten künstlerisch umgesetzt worden, mit Hercules für die Heiden und Samson für die Christen375. Auch die Anwesenheit von Athena, die, anders als Hercules, nur als Gottheit interpretiert werden kann, läuft einer christlichen Interpretation der Gemälde in Raum N zuwider376. Dennoch ist für die Gesamtanlage nicht von einem Gegensatz, sondern von einem Miteinander der Religionen auszugehen, da, wie erwähnt, die heidnischen Darstellungen keineswegs auf nur einen Raum beschränkt sind; Elemente, die aus der heidnischen (Sepulkral-) Symbolik übernommen sind, wie Pfauen, Victorien und kleine Eroten, finden sich auch in den Kammern mit biblischen Szenen377, woraus wiederum folgt, daß weder die Auftraggeber, noch vermutlich die Personen, die sich zum Andenken an die Verstorbenen in der Katakombe versammelten, Anstoß an diesen Motiven nahmen. Gerade die Darstellung des Alkestis-

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besonderen macht, die nicht zu belegen sind, wobei er darüber hinaus aus einseitig christlicher Perspektive argumentiert (Fink, Herakles, 73–87; ders., Bildfrömmigkeit, passim; ders., Christusbild, passim). Zur Kritik an Finks Methodik und Deutung s. Engemann, Katakombenbilder, 145–150. Rein christliche Nutzung: Schumacher, Reparatio vitae, 150. Finks unbewiesene Behauptung von der Christianisierung der Herculesgestalt in der Katakombe (Fink, Christusbild, passim) veranlaßte ihn, die gesamte Anlange als rein christlich zu deuten. Heidnisch-christliches Nebeneinander: Ferrua, Katakomben, 159; Simon, Remarques, 333. L. Kötzsche-Breitenbruch läßt die Frage nach dem religiösen Bekenntnis der Nutzer der Grabanlage offen (Kötzsche-Breitenbruch, Katakombe, 12). Vgl. Engemann, Katakombenbilder, 142–144. Ferrua spricht in diesem Zusammenhang von einer „schwerwiegenden These“, die nicht untermauert werden kann (Ferrua, Katakomben, 159). Engemann vertritt die Ansicht, daß von den dargestellten Herculestaten nur die Errettung der Alkestis christlich-allegorisch gedeutet werden könne, nicht jedoch die anderen Taten des Heros (Engemann, Katakombenbilder, 143). Kenfield, Samson, 179–181; vgl. Kötzsche-Breitenbruch, Katakombe, 90. Sehr ähnlich wiedergegeben sind auch der Hesperidenbaum mit dem um ihn geschlungenen Ladon und der Baum der Erkenntnis, von dem herab die Schlange in der Darstellung des Sündenfalls mit Eva spricht (Raum A und M; vgl. Snyder, Pictures, 351f.). Vgl. Snyder, Pictures, 371f. Vgl. Schumacher, Katakombe, 336; Simon, Remarques, 334. Schumacher, Reparatio vitae, 146. 148; vgl. beispielsweise Ferrua, Katakomben, 82 Abb. 68 (Pfauen aus Raum B); 104 Abb. 92 (Eros aus Raum F); 106 Abb. 94 (Pfauen über alttestamentlicher Szene aus Raum F).

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Mythos fügt sich in eine lange Tradition römischer Sepulkralkunst ein, weshalb die Wahl dieses Motivs für eine Grabanlage grundsätzlich alles andere als überraschend ist378. Die Herculesszenen sollten nicht isoliert betrachtet werden, sondern vielmehr im Kontext des Dekors der ganzen Katakombe, besonders der Räume M bis O, zumal man M und N durchqueren mußte, um in Raum O zu gelangen, dessen Eingangsbogen wiederum mit den Darstellungen von zwei Frauen geschmückt ist, die als Demeter und Persephone gedeutet werden. Beide verkörpern die Hoffnung auf Wachstum und Fruchtbarkeit, sowie, im Falle Persephones, auf Rückkehr aus dem Totenreich379. Tatsächlich gehen die Räume N und O praktisch ineinander über; sie sind lediglich durch eine niedrige Schranke getrennt, so daß von einem „unified space“ gesprochen werden kann, zumal ein Großteil des Dekors von Raum O sichtbar ist, wenn man in der Mitte von N steht380. Ein Besucher wiederum, der gerade den Raum N betrat, wurde dort mit Hercules vor dem Hesperidenbaum konfrontiert, der in seiner Darstellung sehr stark an den Baum der Erkenntnis erinnert, den er gerade in Raum M gesehen hatte381. Die ursprüngliche These des Ausgräbers Ferrua bleibt nach Abwägung der Fakten die überzeugendste, nämlich, daß in der Katakombe Christen und Heiden gemeinsam bestattet waren, und jeder seine jeweilige Grabkammer entsprechend seiner religiösen Überzeugung ausschmücken ließ382. Für diese Deutung der ungewöhnlichen Mischung heidnischer und christlicher Motive in der Katakombe spricht im übrigen die Tatsache, daß es in der Spätantike keinerlei Gesetze – weder von staatlicher noch von kirchlicher Seite – gab, die eine Bestattung von Heiden und Christen in einer gemeinschaftlichen Grablege verboten hätten383. 378 Andreae, Grabkunst, 34–36 (zu den 16 bei Andreae ebd. genannten Alkestisdarstellungen aus dem funerären Kontext ergänzt Schumacher zwei weitere: Schumacher, Katakombe, 354). Schumacher, Katakombe, 339–342 verweist als Parallele für die Darstellung des Motivs in der Via Latina-Katakombe besonders auf das sogenannte Nasoniergrab, dessen Dekor in einer Reihe von Stichen des späten 17. Jhs. überliefert ist (zu dem Grab allgemein vgl. Andreae, Grabkunst, 88–130). 379 Vgl. Schumacher, Katakombe, 343. Die Mythen von Alkestis und Persephone waren auch gemeinsam in dem etwa anderthalb Jahrhunderte früher entstandenen Nasoniergrab dargestellt (ebd., 339). 380 Snyder, Pictures, 357. 381 Snyder, Pictures, 376. Die Übereinstimmung beschränkt sich allerdings auf die Ikonographie: während in der biblischen Szene die Schlange zum Diebstahl der Frucht auffordert, ist es die Aufgabe Ladons, die Äpfel der Hesperiden vor dem Diebstahl durch Hercules zu schützen. 382 Ferrua, Katakomben, 159. Mit dem Vibiahypogaeum existiert laut Ferrua ein Präzedenzfall für eine solche gemischt heidnisch-christliche Belegung einer privaten Grabanlage (Ferrua, Pitture, 94; die meisten Bestattungen dort stammen aus der zweiten Hälfte des 4.Jhs.n.Chr., sind also etwa gleichzeitig mit der Via Latina-Katakombe: Johnson, Shared Tombs, 55). Weitere Beispiele für die gemeinsame Bestattung von Heiden und Christen, zu denen auch die Nekropole unter dem Petersdom gehört, führt Johnson an (Johnson, Shared Tombs, 52–55). Darüber hinaus läßt sich nachweisen, daß viele christliche Katakomben sich aus ursprünglich heidnischen Grabstätten entwickelten, wobei der heidnische Dekor nicht notwendigerweise entfernt wurde (ebd., 50f.). M. Kahlos spricht sich dagegen aus, aus dem Dekor auf die Religionszugehörigkeit zu schließen (Kahlos, Debate, 32f. mit Anm. 89). 383 Die Entscheidung, wer in einer Grabanlage bestattet werden durfte, oblag grundsätzlich dem/den Besitzer(n) derselben; obwohl einige wenige Inschriften erhalten sind, die vorschreiben, daß nur Angehörige einer bestimmten Religion in einem bestimmten Grab bestattet werden durften, handelt es sich dabei um seltene Ausnahmefälle. Auch collegia, denen eine gemeinsame Grabstätte gehörte, konnten selbst entscheiden, wann und ob sie jemanden von dort ausschließen wollten (Johnson, Shared Tombs, 39–41). Während die christliche Kirche also vorschreiben konnte, wem Grabstellen in

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Aufgrund der Wahl des Alkestismythos als dominierendes Motiv in den beiden Arkosolien kann man annehmen, daß in Raum N ein Ehepaar bestattet war, das auf diese Weise seiner gegenseitigen Treue Ausdruck verleihen wollte384; daneben könnte auch die besondere Tugend einer verstorbenen Ehefrau hervorgehoben werden385. Das vorherrschende Thema jedoch, das der Alkestismythos ebenso impliziert wie die Szenen aus dem Herculeszyklus, ist der Sieg über den Tod, verkörpert durch die Gegner des Alkiden. Dessen Belohnung für die auf sich genommenen Mühen, die Aufnahme in den Olymp und damit das ewige Leben, sind vorweggenommen durch die Präsenz des Hesperidenbaums und vermutlich auch durch die gemeinsame Darstellung mit Athena als der ewigen Unterstützerin und Fürsprecherin des Helden. Vielleicht könnte man aus den Bildern sogar eine Aufforderung an Besucher der Grabkammer herauslesen, sich in ihrem Leben ähnlich helden- und tugendhaft wie Hercules zu erweisen, und sich auf diesem Weg ebenfalls die Aussicht auf ein ewiges Leben zu sichern386. Darüber hinaus kann auch nicht ausgeschlossen werden, daß die Betrachter aus den Herculesszenen, speziell dem Alkestis-Mythos, Trost gewinnen konnten, wurde ihnen doch hier aufgezeigt, daß der Tod nicht notwendigerweise das Ende bedeutete, daß es vielmehr Hoffnung auf eine Rettung aus der Unterwelt gab, durchaus vielleicht in Form der Errettung der Seele zu verstehen, nicht auch des Körpers wie bei Alkestis. Solche Lesungen können jedoch nur hypothetisch bleiben, sie waren dem antiken Betrachter vorbehalten und waren abhängig von dessen persönlichen Vorstellungen und seinem Wissen um die Hintergründe des Mythos. Daß die Wahl für den Dekor von Raum N gerade auf Szenen des Herculeszyklus fiel, hängt unter Umständen damit zusammen, daß man sich für das auch in anderen römischen Grabmonumenten verwendete Alkestismotiv entschied, und dann, da Hercules als ihr Retter in jedem Fall auftreten mußte, noch andere Szenen aus dem Leben des Alkiden hinzufügte, die im Sinn eines Sieges über mächtige, todbringende Gegner interpretiert werden konnten und damit die Botschaft der Grabanlagen in kirchlichem Besitz verkauft werden durften, nahm sie keinen Einfluß auf Bestattungen in Gräbern in Privatbesitz. Erst das Konzil von Paderborn im Jahr 785 schrieb für Christen ein Begräbnis auf einem christlichen Friedhof vor (ebd., 42. 44). 384 B. Berg möchte in der Darstellung des Alkestis-Mythos einen Verweis auf eheliche Treue und die Hoffnung der Ehepartner, im Jenseits wiedervereinigt zu werden, sehen, bezogen auf die bestattete(n) Person(en) (Berg, Alcestis, 220. 222. 224. 226. 231; vgl. Ferrua, Katakomben, 159). In diese Überlegungen jedoch die dextrarum iunctio zwischen Hercules und Athena einzubeziehen (Berg, Alcestis, 223), führt hier zu weit, da die Beziehung zwischen Hercules und seiner Schutzgöttin in keiner Weise derjenigen zwischen einem Ehepaar entspricht, wenn auch vorgeschlagen wurde, in der Art, wie Athena Hercules zum Olymp führt eine Parallele zu einem die Braut führenden Bräutigam zu sehen (Deacy, Herakles and his Girl, 41f.). Überhaupt kann Hercules kaum als ein gutes Vorbild für eheliche Treue gelten, wie seine ungezählten Affären sowie der Ausgang seiner Ehen (die erste endete mit der Ermordung von Ehefrau und Kindern, die letzte mit seiner Selbsttötung, zu der letztlich die begründete Eifersucht seiner Frau Deianeira führte) belegen. Eine Propagierung ehelicher Treue kann also höchstens in Bezug auf Alkestis und Admetos gesehen werden, jedoch nicht in Verbindung mit den übrigen Motiven in Raum N gebracht werden. 385 Vgl. Andreae, Grabkunst, 35 mit dem Hinweis auf griechische Grabinschriften, in denen verstorbene Frauen mit Alkestis verglichen werden. 386 B. Andreae deutet die Darstellung von Taten des Hercules auf römischen Sarkophagen so, daß dadurch gezeigt werde, welchen Lohn man zu erwarten habe, wenn man, wie Hercules, im Leben große Mühen auf sich nahm (Andreae, Grabkunst, 49–51. 56).

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Alkestisgeschichte unterstützten, nach der der Jupitersohn dem Tod sein Opfer wieder abringt. Eine Christianisierung der Herculesgestalt kann anhand antiker Quellen nicht belegt werden387, und liegt somit im Ermessen des Betrachters: es kann nicht ausgeschlossen werden, daß einzelne Besucher der Grabanlage gerade das Motiv der Rückführung der Alkestis in einem christlichen Sinne allegorisch interpretierten und Hercules damit die Rolle eines christlich gewordenen Heros – Hercules christianus – zuwiesen388; beweisen läßt sich dies jedoch nicht. Beim Durchschreiten der Gänge und Kammern der Katakombe wurde der Betrachter mit Bildern des Heidentums wie des Christentums konfrontiert. Gerade für einen Christen dürfte das eine vertraute Situation gewesen sein, war doch Rom in seinem Stadtbild auch in der zweiten Hälfte des 4. Jhs.n.Chr. noch geprägt von den Monumenten der heidnischen Vergangenheit, während in den Häusern gerade der wohlhabenderen Schichten, denen die hier bestatteten Personen vermutlich angehörten, mythologische Motive im Dekor vielfach allgegenwärtig waren; es setzte sich hier unterirdisch das fort, was die Menschen aus dem Alltagsleben kannten. Die Vermischung heidnischer und christlicher Motive stellt, wie es auch in Bezug auf spätantike Kunstwerke festgestellt werden kann, sicherlich für moderne Wissenschaftler ein größeres Problem dar als für Menschen der Spätantike (wobei Mitglieder der kirchlichen Hierarchie ausgenommen sind: ein christlicher Funktionsträger dürfte mit ziemlicher Sicherheit Anstoß genommen haben an den Herculesszenen in unmittelbarer Nachbarschaft zu biblischen Geschichten). Darüber hinaus kann davon ausgegangen werden, daß christliche Besucher der Katakombe zumindest mit den Grundlagen des Herculesmythos vertraut waren, die Darstellungen in Raum N also interpretieren konnten und vielleicht selbst Verbindungen zu Christus oder christlichen Heroen wie dem an anderer Stelle dargestellten Samson herstellten389. Auf diese Weise konnten Christen dann möglicherweise Gemeinsamkeiten mit den Heiden finden, die sich nicht nur auf die Wertschätzung von Kunst- und Alltagsgegenständen mit mythologischen Motiven in ihrer Lebenswelt erstreckten, sondern nun sogar den funerären Kontext einschlossen, wenn sie sahen, daß auch die Heiden über eine Figur verfügten, der die Errettung von Menschen vor dem Tod zugeschrieben wurde; eine Konfliktsituation konnte, mußte jedoch daraus nicht erwachsen390. Neu-konvertierte Christen im besonderen konnten sich vielleicht in der Katakombe 387 Vgl. Johnson, Shared Tombs, 58: „In all known Christian usages of pagan figures of this period (i.e. 4. Jh.n.Chr.), however, Hercules does not appear“. Dazu auch Huskinson, Mythological Figures, 81f. 388 Die prinzipielle Möglichkeit einer allegorischen Deutung zumindest einiger der heidnischen Motive mochte bereits J.M.C. Toynbee nicht ausschließen (Toynbee (Rez.), Pitture, 257). 389 Snyder hebt besonders die Dialogsituation zwischen den einzelnen Bildern hervor, mit denen sich die Betrachter konfrontiert sahen, und schließt daraus, daß Besucher beim Durchschreiten der Anlage selbst Verbindungen zwischen den Darstellungen herstellten (Snyder, Pictures, 351f.). 390 Vgl. Snyder, Pictures, 352. Die in der vorliegenden Arbeit propagierte Perspektive auf die Bilder der Via Latina-Katakombe fällt in die Kategorie „synkretistisch“, wie Snyder sie definiert: „Adherents of this view believe that a Christian presented with an image of Hercules might find within it an echo of a truth stated in scripture. On this view, both sets of images in Rooms N and O (and others throughout the catacomb) can be appreciated on their own terms, and no serious conflict results in the mind of the viewer. We simply have two different sets of symbols, each giving voice to fundamental human hopes and desires“ (ebd., 377f.). Dafür spricht, daß es unrealistisch ist anzunehmen, die Auftraggeber der Katakombe und ihres überwiegend christlichen Dekors hätten erlaubt, die Hercules-

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wohlfühlen. Während viele der biblischen Motive in der Katakombenmalerei bislang einzigartig sind391 und somit auch für damalige Verhältnisse sicher recht schwer verständlich waren, waren die Herculesszenen vertrautes Terrain, und vergleichsweise einfach zu deuten; theologisches Wissen setzten sie nicht voraus392. Die Via Latina-Katakombe kann somit als eine Art Spiegelbild der Gesellschaft des mittleren und späteren 4. Jh.n.Chr. angesehen werden, als das Christentum zwar langsam die Oberhand gewann, die heidnischen Elemente der römischen Kultur jedoch in vielen Bereichen wie der Erziehung und der Kunst noch immer vorherrschend waren. I.2.5.2 Grabplastik Darstellungen von Hercules aus einem funerären Kontext sind aus dem spätantiken Ägypten in Form von Figurenfriesen393 sowie von sogenannten „Nischendekorationen“, bekannt, ursprünglich farbig gefaßten Reliefs, die im Innern von Gräbern hoch oben an den Wänden angebracht waren394. Die im 4. und 5. Jh.n.Chr. geschaffenen Nischendekorationen stammen ursprünglich aus den Nekropolen größerer Städte; die Kosten für die Ausstattung von Grabanlagen mit Skulptur und Malerei deuten darauf hin, daß es sich bei den Auftraggebern um wohlhabende Personen gehandelt haben muß395. Die Motive dienten der Erinnerung an die Verstorbenen und gaben deren Jenseitsvorstellungen Ausdruck396; im Medium der Grabplastik sind generell sowohl christliche als auch heidnische Darstellungen überliefert, wobei die Tatsache, daß diese vielfach von denselben Fundorten stammen, darauf schließen läßt, daß in den Nekropolen des spätantiken Ägypten Heiden und Christen gemeinsam bestattet wurden397. Auf mythologischen Reliefs aus Gräbern des spätantiken Ägypten ist Hercules eine der häufigsten Figuren398; es liegen beispielsweise mehrere Exemplare vor, die den Kampf

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szenen hinzuzufügen, wenn man deshalb mit großen Konflikten unter den Besuchern der Grabanlage hätte rechnen müssen. Eine bewußte Schaffung von Konfliktpotenzial gerade in einem sepulkralen Kontext sollte daher ausgeschlossen werden; eine Haltung der gegenseitigen Toleranz von Heiden und Christen im Umfeld der Via Latina-Katakombe erscheint als die wahrscheinlichere Lösung – in jedem Fall wahrscheinlicher als Snyders These, nach der die Gegenüberstellung von Figuren wie Hercules und Jesus beim Betrachter auch „ironic amusement“ hervorrufen konnte und vielleicht auch sollte (ebd., 379), zumal nicht klar wird, weshalb man sich als Grabherr ein solches Ziel setzen sollte. Mit dem Bewahren der Erinnerung an den Toten als Primärziel einer Grabstätte kann Snyders Deutung schwerlich in Einklang gebracht werden. Kötzsche-Breitenbruch, Katakombe, 15. Es ist generell davon auszugehen, daß tiefergehende theologische Kenntnisse auch bei Christen aus gebildeten Schichten in der Spätantike nicht sehr verbreitet waren (vgl. Snyder, Pictures, 365. 377). Vgl. Thomas, Funerary Sculpture, 12f. Die Herkunft und damit der genaue archäologische Kontext der Einzelstücke ist in den meisten Fällen nur ungenügend dokumentiert oder unbekannt; viele spätantike Bauelemente wurden sekundär – beispielsweise in Klöstern – verbaut (ebd., 6–13). Thomas, Niche Decorations, 1. Zu den Nischendekorationen vgl. auch dies., Funerary Sculpture, 16–19. Aufgrund des fragmentarischen Befundes ist es nicht möglich, den vollständigen Dekor spätantiker ägyptischer Gräber zu rekonstruieren; auch wurde keine einzige Nischendekoration in situ gefunden (Thomas, Niche Decorations, 1f. 213). Thomas, Niche Decorations, 4f. 170f. Thomas, Niche Decorations, 1; vgl. Thomas, Funerary Sculpture, 5. Vgl. Torp, Leda Christiana, 107. Torp, Leda Christiana, 101. 109. Sechs Relieffriese mit Herculesmotiven aus dem Koptischen Mu-

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gegen und den Sieg über den nemeischen Löwen thematisieren399. Die Art und Weise, wie Hercules den Löwen tötet, orientiert sich dabei an der lange etablierten Ikonographie dieser ersten Tat des Dodekathlos, indem der Heros stehend den auf den Hinterbeinen aufgerichteten Löwen im Würgegriff hält400. Den siegreichen Hercules, der von zwei Victorien flankiert und bekrönt wird, zeigt ein weiterer Fries, der von E. Pascual und H. Torp als die Apotheose des Alkiden gedeutet wird, von T. Thomas als eine Darstellung seines Triumphes über den Löwen401, worauf die prominent im Vordergrund abgebildete Raubkatze hinweisen könnte (es ist allerdings nicht erkennbar, ob tatsächlich der Kadaver des Löwen oder nur dessen Fell gemeint ist). Eine inhaltliche Anbindung an eine bestimmte Tat ist jedoch hier nicht zwingend notwendig, es kann sich auch um eine allgemeine Wiedergabe der Sieghaftigkeit des Helden handeln, die im Grabkontext als Sieghaftigkeit über den Tod, verkörpert durch den monströsen Löwen, gedeutet werden kann402. Grundsätzlich ist auch ein Verweis auf die Rolle als exemplum virtutis denkbar, die dann dem Betrachter vermitteln konnte, daß der Verstorbene über herculesartige – geistige oder körperliche – Tugenden verfügte403; ebenso kann eine Aufforderung, dem Vorbild des Alkiden nachzueifern, impliziert sein. Ebenfalls der Sepulkralkunst ordnet L. Török ein Pilasterkapitell des späteren 4. Jhs.n.Chr. aus Mittelägypten zu, das Hercules mit einem Frauengewand bekleidet zeigt. Das Trinkgefäß und der ihn stützende Satyr deuten seinen trunkenen Zustand an404. Die beiden weiteren Figuren stellen Dionysos und eine Mänade dar; es liegt hier also eine Vermischung unterschiedlicher Elemente des Mythos vor: das Gewand stellt den Heros in den Kontext des Kleidertauschs mit Omphale, während er jedoch nicht am lydischen Königshof lokalisiert wird, sondern in den dionysischen thiasos eingebunden ist. Hier ist allgemein auf den Aspekt des Wohllebens und Genusses angespielt, der sich, wie gezeigt, auch in anderen Objektgattungen außerhalb der Grabkunst findet, und vielleicht ganz allgemein an das Leben des Verstorbenen erinnern soll; es wurde auch eine eschatologische Deutung vorgeschlagen, die Hercules und Dionysos mit Hoffnungen auf ein Weiterleben nach dem Tod in Verbindung bringt405.

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seum in Kairo sind bei Nauerth, Vorarbeiten, 57–61 aufgeführt; vgl. auch Pascual, Fragments, 146– 149. In der aufgrund ihrer festgelegten Position spezifischen Reliefgattung der Nischendekoration sind aus dem Tatenzyklus des Hercules fast ausschließlich Darstellungen des Kampfes gegen den nemeischen Löwen bekannt (Thomas, Niche Decorations, 247; vgl. z.B. dies., Funerary Sculpture, Abb. 78). Ein Exemplar zeigt Hercules und den erymanthischen Eber, ein weiteres einen Kampf mit einem Stier (Thomas, Niche Decorations, 247). Vgl. Thomas, Funerary Sculpture, Abb. 77; Torp, Leda Christiana, Taf. VII a (= Nauerth, Vorarbeiten, 57 Nr. 1). Pascual, Fragments, 148; Thomas, Funerary Sculpture, 61 (vgl. Abb. 78); Torp, Leda Christiana, 109. Vgl. C. Schneiders Deutung des Löwen als du/namij tou= qana/tou (Schneider, Todüberwinder, 665). T. Thomas stellt fest, daß männliche Gottheiten in Nischendekorationen allgemein idealisierte Charakteristiken des Verstorbenen repräsentierten (Thomas, Niche Decorations, 242), was zu einer solchen Deutung des Hercules als Versinnbildlichung der Tugenden des Toten passen würde. Török, After the Pharaos, 101f. Kat.-Nr. 47. Pascual, Fragments, 148f. Eine negative Deutung als effeminierter Hercules im Rückgriff auf entsprechende Darstellungen durch die Apologeten (s. Kap. A II.2.3) kann im Grabkontext kaum angenommen werden.

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Herculesdarstellungen im Grabkontext konnten dazu dienen, den Toten in einem bestimmten Umfeld zu symbolisieren; da er traditionell sowohl als älterer muskulöser Held als auch als junger Mann am Anfang seiner Abenteuer dargestellt wurde, bot sich die Möglichkeit, einen Bezug zum Gymnasium, das im spätantiken Ägypten für die männlichen Bürger noch eine wichtige Rolle spielte, herzustellen. Je nach Alter der verstorbenen Person kam entweder der ältere „Athlet“ Hercules oder der jugendliche Ephebe Hercules zum Einsatz406. In diesen Fällen lag dann ein im Vergleich zu den Katakomben-Malereien, Goldgläsern, Leichentüchern oder als Grabbeigabe verwendeten Trinkschalen engerer Bezug zwischen dem Toten und dem Heros vor. I.2.5.3 Fazit: Hercules im Grabkontext Es hat sich gezeigt, daß Hercules im spätantiken Grabdekor durchaus noch eine Rolle spielen konnte, wobei jedoch außerhalb Ägyptens die Materialbasis gering bleibt. Die ViaLatina-Katakombe muß in diesem Zusammenhang als ein exzeptioneller Fall betrachtet werden, für den jegliche Parallelen aus der Spätzeit bislang fehlen, was die Interpretation der Herculesmotive im Zusammenhang mit dem christlichen Dekor der restlichen Anlage ungleich schwerer macht. Wie auch außerhalb des funerären Bereiches vermittelte Hercules das seit Jahrhunderten vertraute Bild des tugendhaften Helden, der die Welt vom Übel, verkörpert durch verschiedene Ungeheuer, befreite. Dies konnte vermutlich auch auf den Grabinhaber bezogen werden, indem die virtus des Hercules als Versinnbildlichung der virtus des Toten verstanden werden sollte. Darüber hinaus stand die Herculesfigur im funerären Kontext wohl in erster Linie für die Überwindung des Todes – in Gestalt der mythischen Gegner des Helden – und verlieh somit der Hoffnung der Menschen auf ein Weiterleben im Jenseits Ausdruck. Inwiefern Christen eine solche Interpretation des paganen Heros verstehen und akzeptieren konnten, ist nicht mehr nachzuvollziehen. Aufgrund der Tatsache, daß die Herculesdarstellungen zumindest teilweise aus gemischt-religiösen Grabanlagen stammen, ist jedoch davon auszugehen, daß zumindest bei vielen Anhängern der neuen Religion eine grundsätzliche Akzeptanz solcher mythologischer Darstellungen vorhanden war. Wie bei den anderen hier bereits vorgestellten Aufstellungskontexten und Gattungen ist mit durchaus unterschiedlichen Reaktionen individueller Personen auf das Auftauchen des Hercules in Gräbern zu rechnen, von strikter Ablehnung bis zu vollständiger Akzeptanz, selbst im fast gänzlich christianisierten Umfeld des spätantiken und frühbyzantinischen Ägypten.

406 Thomas, Funerary Sculpture, 37f. 60; vgl. dazu die möglicherweise aus konstantinischer Zeit stammende Grabinschrift eines jung Verstorbenen: (Ella/doj ui(o/n toÜn sofoÜn e)n Mou/saij kaiÜ ne/on (Hrakle/a (Bernand, Inscriptions, Nr. 82; Hercules ist hier als der Gott der Palästra und des Gymnasions zu verstehen). Das Alter der bestatteten Person läßt sich zumindest annähernd einschätzen, wenn man im Grab eine Porträtstele des Verstorbenen findet. Auch wenn keine individuellen Züge vorliegen, so kann man zumindest die Zugehörigkeit zu einer bestimmten Altersgruppe feststellen (Thomas, Funerary Sculpture, 59f.).

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I.2.6 Hercules im Schulunterricht I.2.6.1 Der Papyrus P. Oxy. XXII 2331 Dem Alltagsleben der antiken Menschen ist schließlich auch der Bereich der Bildung und der Literatur zuzurechnen, obwohl hier natürlich eine Einschränkung bezüglich der Zielgruppe vorgenommen werden muß, was die Fähigkeit zu lesen und zu schreiben betrifft. Mit dem Umgang spätantiker Autoren mit der Herculesfigur befaßt sich das folgende Kapitel ausführlich; an dieser Stelle soll jedoch auf ein Fragment einer Buchrolle aus der ersten Hälfte des 3.Jhs.n.Chr. verwiesen werden, das ein Bild davon vermittelt, wie die Taten des Hercules in literarischer Form auch in späteren Jahren noch die Bevölkerung erreicht haben könnten. Der betreffende einzigartige Papyrus aus Oxyrhynchos enthält in zwei Kolumnen Teile eines in Dialogform abgefaßten Gedichtes über die Taten des Alkiden, sowie drei flüchtige, skizzenhafte Zeichnungen, die in den Text eingeschoben sind und die Abfolge der in dem Gedicht geschilderten Ereignisse illustrieren (Abb. 13)407. Die Einfachheit der Skizzen erschwert die Interpretation, aber die erste Szene zeigt vielleicht die Herstellung der Keule durch Hercules – ein sehr seltenes Motiv, wie bereits oben erwähnt –, bevor der Zeichner zur anhand der charakteristischen Haltung der beiden Kämpfer eindeutig identifizierbaren ersten Tat des Dodekathlos, der Tötung des nemeischen Löwen, übergeht408. In der letzten Szene, die wie die erste nicht eindeutig zu interpretieren ist, ist der siegreiche Heros entweder mit dem Fell des toten Löwen oder dem Kadaver zu erkennen, wobei, aufgrund der perspektivisch falschen Zeichnung, der Löwe beziehungsweise sein Fell vor Hercules waagrecht in der Luft zu schweben scheint409. Der Papyrus P. Oxy. XXII 2331 ist als ein Beispiel dafür anzusehen, welche Form, nicht nur in der Entstehungszeit dieses Exemplars im 3. Jh.n.Chr., sondern durchaus auch noch in den darauffolgenden Jahrhunderten, eine illustrierte narrative Darstellung des Dodekathlos annehmen konnte, und damit, auf welche Weise ein – wenn auch eher dem subliterarischen Genre zuzuordnendes410 – Werk über Hercules noch eine gewisse Verbreitung gefunden haben könnte. 407 P. Oxy. XXII 2331. Der kommentierte griechische Text findet sich bei Maas, Papyrus, 171–173. Für eine englische Übersetzung s. Nisbet, Graphic Novel, 30. Das Fragment gilt als eines der bedeutendsten Zeugnisse für die (farbige) Illustration griechischer Papyri (Weitzmann (Hg.), Age of Spirituality, 228f.). 408 Diese erste Szene deutet A. v. Salis nicht als Herstellung der Keule, sondern vielmehr als den ersten, vergeblichen Versuch des Hercules, den Löwen zu töten (Salis, Löwenkampf, 174). Tatsächlich ist es schwierig, die erste Szene eindeutig zu identifizieren; dennoch scheint es gerechtfertigt, mit M. Bell (s. Weitzmann (Hg.), Age of Spirituality, 229) in der ersten Skizze die Herstellung der charakteristischen Waffe des Alkiden zu sehen, zumal eine eindeutige Parallele herzustellen ist zu der Haltung, die der Heros auf dem bereits oben behandelten spätantiken Elfenbeintäfelchen einnimmt. Bei den Strichen rechts von der Herculesfigur dürfte es sich in diesem Fall um den Baum handeln, aus dessen Holz die Keule gefertigt wurde. Weitzmann und v. Salis hingegen möchten hier einen Verweis auf die Gebirgsregion sehen, in der sich die Handlung des Löwenkampfes abspielte (Salis, Löwenkampf, 174; Weitzmann in: The Oxyrhynchos Papyri XXII, 86). Eine gänzlich andere Episode sieht Nesbit; demnach handle es sich bei den Strichen rechts der Herculesfigur um die Überreste eines Vogels und somit um einen Verweis auf die Tötung der stymphalischen Vögel (Nesbit, Graphic Novel, 36). 409 Zur Problematik der Deutung dieser Szene vgl. Salis, Löwenkampf, 174; Weitzmann (Hg.), Age of Spirituality, 229. 410 G. Nisbet sieht in P. Oxy. XXII 2331 das einzige unumstrittene Zeugnis für die Gattung der grylloi, humorvolle Zeichnungen, die beispielsweise Szenen aus Komödien illustrierten und den Leser zum Lachen bringen sollten (Nisbet, Graphic Novel, 28). Laut Nisbet ist der Text als Komödie zu verste-

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Solche oder ähnliche Buchrollen können dann als eine Ergänzung der literarischen Überlieferung des Herculesmythos gedeutet werden, die sich vielleicht vorwiegend an eine weniger gebildete Bevölkerungsschicht wendete oder aber, was im vorliegenden Fall auch möglich ist, im Rahmen allgemeiner Leseübungen der Vermittlung antiker Mythen im Kontext des Schulunterrichts diente. Für eine ursprüngliche Verwendung der Buchrolle als Schulbuch sprechen unter Umständen die große Schrift und die Tatsache, daß, entgegen der bei Papyri vorherrschenden Gewohnheit, zwischen manchen Wörtern Zwischenräume gelassen wurden, die die Lektüre erleichtern. Die bunten Illustrationen könnten dabei besonders eine junge Leserschaft angesprochen haben411. I.2.6.2 Hercules im Schulzimmer Eindeutig in den Rahmen des Schulunterrichts gehört die Nennung des Hercules als Vorbild, dem die Schüler nacheifern sollten, in einem Dipinto aus einem zeitweise als Schulzimmer genutzten Raum eines Gebäudekomplexes des 4. Jhs.n.Chr. in Trimithis in der Oase Dachla (Ägypten), 350 km westlich des Niltals in der Libyschen Wüste gelegen. In Raum 15 wurden, aufgemalt auf die Ostwand, die Überreste von acht griechischen Epigrammen gefunden, die ein Lehrer in fast fehlerfreier Orthographie und in sorgfältiger Schrift inklusive Akzenten und Apostrophen angeschrieben hatte, vermutlich um mit ihrer Hilfe die Grundlagen der Komposition von Gedichten zu vermitteln, die man als gebildete hen, wozu die respektlose Ausdrucksweise des Dialogpartners des Hercules und die grylloi-Zeichnungen beitragen (ebd., 28–30). Die grylloi würden in diesem Kontext eine parallele (illustrierte) Erzählung bilden, die den Text, in dem Hercules selbst seine großen Taten schildert, konterkariert, entsprechend dem am Anfang des erhaltenen Texts beschriebenen Vorhaben des „disputing about the Labors by means of a mighty cartoon at every turn“ (ebd., 36; Übers. Nesbit). Auch die zweite Zeichnung, den Kampf gegen den nemeischen Löwen, deutet Nesbit als satirische Umdeutung der Tat, indem der Heros nicht etwas gegen einen lebendigen Löwen antrete, sondern vielmehr gegen die Statue eines Löwen, die auf einer Basis stehe (die zwei parallelen Linien unter dem Löwen; ebd., 38). In der dritten Zeichnung wäre dementsprechend nicht das abgezogene Fell des toten Löwen zu sehen, sondern, verdeutlicht anhand der grünen Farbe, ein Chamäleon, ein langsames und harmloses Tier, das zu töten der Alkide jedoch ebenfalls nicht in der Lage sei (ebd., 38f.). In Nesbits Interpretation wird Hercules durch die in den Text eingeschobenen Zeichnungen als Angeber entlarvt, der mit großartigen Taten prahlt, deren wahrer Hintergrund dem Leser gleichzeitig durch die Zeichnungen vor Augen geführt wird. 411 Cribiore, Gymnastics, 138f. Der Papyrus P.Oxy. XXII 2331 wird von J. Debut in ihrer Liste von „documents scolaires” unter der Rubrik poetische Texte für Schüler, die bereits die Rudimente der griechischen Schrift und Grammatik beherrschen, aufgeführt (Debut, Documents, 266 Nr. 301). Im Gegensatz zu den flüchtigen Zeichnungen und dem ungeschliffenen Stil sowie Versmaß – A. v. Salis sieht sich im „derben Ton [der] Sprache“ und im „lustigen Schmiß der Zeichnungen“ an „Max und Moritz“ erinnert – wurden die Buchstaben sorgfältig ausgeführt; dies könnte dafür sprechen, daß es sich ursprünglich um einen Text handelte, der zur Verwendung in einer Schule bestimmt war und auch die anderen Taten des Dodekathlos beschrieb (Salis, Löwenkampf, 174; Weitzmann in: The Oxyrhynchos Papyri XXII, 84f.). Gegen diese Deutung spricht sich Nesbit aus, der hier keineswegs einen subliterarischen Text für ungebildete Erwachsene oder einen Text für Kinder sehen will, sondern vielmehr eine anspruchsvolle Parodie für gebildete Leser, entsprechend der hohen Qualität des verwendeten Papyrus, des sorgfältigen Schriftbildes und des ungewöhnlichen Formats der ursprünglichen Buchrolle, einer sogenannten „pocket roll“, woraus sich wiederum ein hoher Preis für das fertige Buch ergeben hätte (Nesbit, Graphic Novel, 27. 39f.).

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Person beherrschen mußte412. Im vierten Epigramm werden die Schüler aufgefordert, hart zu arbeiten und damit dem Vorbild des Hercules zu folgen413; er tritt also hier einmal mehr als exemplum virtutis in Erscheinung und wird als solches den Kindern als Modell vor Augen gehalten. Die Ausgräber nehmen an, daß der Dipinto aus den Jahren zwischen 340 und 360 n.Chr. stammt414; neben der Vorbildrolle des Hercules im Schulunterricht bietet der Fund auch einen einzigartigen Einblick in ein spätantikes Klassenzimmer und die darin zum Tragen gekommenen Unterrichtsmethoden, und bezeugt darüber hinaus einmal mehr die Bedeutung, die die pagane Mythologie für die spätantike Bildung hatte, zumal ihre Kenntnisse hier wahrlich am Rande der zivilisierten Welt vermittelt wurden: selbst weit entfernt von den bedeutenden Städten des Reiches legte man Wert auf eine klassische Schulbildung, die dadurch auch für das Weiterleben der Mythologie sorgte. Sowohl der Papyrus P. Oxy. XXII 2331 als auch der Dipinto aus Trimithis stammen aus Ägypten, doch dabei handelt es sich um Zufälle der Überlieferung. Diese lassen gleichwohl erahnen, daß in den Zentren des Reiches das Bild in der Spätantike nicht viel anders ausgesehen haben dürfte: Hercules und seine Abenteuer als Unterrichtsinhalt und Hercules, dessen Vorbild die Schüler zu guten Leistungen anspornen sollte, sind sicherlich kein Phänomen, das sich auf das Niltal und die ägyptischen Oasen beschränkte. Dabei stützte man sich in erster Linie auf den Hercules der Philosophen, weniger auf den manchmal eher tumb dargestellten Kraftmenschen der zwölf Taten. Wie es bereits die Kyniker getan hatten und im frühen 6. Jh.n.Chr. Boëthius noch tun sollte415, scheint Hercules im Rahmen des Schulunterrichts als Figur präsentiert worden zu sein, dessen Tugenden und – geistige wie körperliche – Leistungen man sich zum Vorbild nehmen sollte. Auch Kinder, deren sozio-ökonomische Situation keinen Schulbesuch erlaubte, konnten sicherlich mit der Herculesfigur konfrontiert werden, und sei es nur in Form von mündlich weitergegebenen Erzählungen, vergleichbar modernen Märchen, die zumindest ein gewisses Grundwissen über den Helden vermittelten416. Hatte ein Kind dann von den Kämpfen gegen Ungeheuer gehört und erfahren, daß der Alkide stets nur mit Löwenfell und Keule ausgestattet seine Kämpfe bestritt, so war es kein weiter Weg mehr zum Wiedererkennen seiner Gestalt in öffentlich aufgestellten Monumenten wie Statuen oder Reliefs. Feinheiten wie seine philosophischen Aspekte spielten in diesem Zusammenhang jedoch wohl keine Rolle, das Wissen um Charakter und Geschichte des Helden bewegte sich auf einer anderen Ebene als die Kenntnisse, die den wohlhabenderen und gebildeteren Mitgliedern der Gesellschaft durch ihre Erziehung vermittelt worden waren.

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Cribiore/Davoli/Ratzan, Dipinto, 171. 178. 189. Cribiore/Davoli/Ratzan, Dipinto, 188. Cribiore/Davoli/Ratzan, Dipinto, 178. S. Kap. A II.4.2. Für die negative christliche Sicht dazu vgl. Min. Fel. 23, 1: has fabulas et errores et ab inperitis parentibus discimus et, quod est gravius, ipsi studiis et disciplinis elaboramus, carminibus praecipue poetarum, qui plurimum quantum veritati ipsi sua auctoritate nocuerunt.

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I.3 Fazit: Hercules im täglichen Leben der spätantiken Menschen Die hier zusammengestellten Beispiele von Herculesmotiven im Kontext des Alltagslebens der spätantiken Menschen fügen sich nahtlos ein in die Masse von Kunst- und Gebrauchsgegenständen aller Art, die mit Szenen der heidnischen Mythologie ausgestattet waren und die in allen Regionen des Reiches teilweise bis ins 8. Jh. nachgewiesen werden können. Im Vergleich zu früheren Epochen ist jedoch ein deutlicher Rückgang in der Quantität der Herculesdarstellungen zu konstatieren, was sicherlich mit den gesellschaftlichen und religiösen Umbrüchen der Jahrhunderte zwischen dem Regierungsantritt Diocletians und dem Untergang des weströmischen Reiches einerseits sowie der immer weiter zunehmenden Durchdringung der oströmischen Gesellschaft durch christliche Wertvorstellungen in frühbyzantinischer Zeit andererseits zusammenhängt. Im 4., 5. und 6. Jh.n.Chr. sowie teilweise noch darüber hinaus war es für einen Römer dennoch prinzipiell möglich – bei entsprechender Neigung und gemäß der ihm zur Verfügung stehenden finanziellen Mittel – sein Wohnhaus mit mehr oder minder wertvollen Objekten mit Herculesmotiven auszustatten. Diese waren häufig repräsentativer Natur, wie beispielsweise das Silbergeschirr oder die Mosaike zeigen, und dienten, neben ihrer ästhetischen Wirkung, auch der Vermittlung der Bildung des Besitzers in der Annahme, daß Besucher des Hauses im Rückgriff auf ihre eigene auf Werken der klassischen Literatur basierenden Bildung die mythologischen Szenen würden deuten können. Darüber hinaus ist davon auszugehen, daß die Betrachtung von Mythenbilden in der Spätantike noch ähnliche Reaktionen wie in früheren Epochen hervorrief, nämlich die Assoziation mit den eigenen Lebensumständen beziehungsweise besonderen Situationen, in denen man sich gerade befand; der Mythos konnte somit den Menschen Orientierung für ihr eigenes Leben liefern417. Auf dieser Ebene kann auch die Einbindung des Alkestismythos in den Dekor der spätantiken Katakombe in der Via Latina verstanden werden, indem die Angehörigen sich mit dem Bild der durch Hercules aus dem Totenreich geretteten Alkestis über den Verlust des Verstorbenen hinwegtrösteten. In diesem Sinne konnte ein Christ ebenso wie ein Heide die Bilder der Heroen und Götter interpretieren, zumal selbst die Kirchenväter in vielen Fällen von der tatsächlichen Existenz der Figuren des heidnischen Pantheons ausgingen, ihnen nur die göttliche Macht absprachen, nicht jedoch ihre Taten und Erlebnisse418. Die Verteilung der spätantiken Objekte mit Herculesdarstellungen zeigt, daß grundsätzlich in allen Gebieten des Reiches, selbst in abgelegenen Provinzen wie Britannien, noch zumindest mit Grundkenntnissen über diese zentrale Figur des antiken Mythos gerechnet werden konnte. Sofern Datierungen einzelner Objekte gesichert sind, läßt sich aus ihnen ableiten, daß Hercules auf repräsentativen Gegenständen bis mindestens in die erste Hälfte des 7. Jhs. als Motiv gewählt werden konnte. In anderen Medien wie Mosaiken und Plastik haben sich Herculesdarstellungen wohl teilweise über Jahrhunderte hinweg gerade in Privathäusern in situ gehalten, wenn auch ihre Deutung über die Generationen der Betrachter 417 Vgl. Zanker, Mythenbilder, 40f. Als Illustration dieser Sichtweise führt P. Zanker das von Plutarch überlieferte Leid Porcias an, die ihren Ehemann in den Krieg ziehen lassen mußte und die bei der regelmäßigen Betrachtung eines Wandgemäldes, das den Abschied Hektors von Andromache darstellte, jedesmal in Tränen ausbrach (ebd., 40; vgl. Plut. Brut. 23, 2–3). 418 S. Kap. A II.2.

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hinweg wahrscheinlich variierte. Es ist generell ein Nebeneinander älterer Kunstwerke, die noch in der Kaiserzeit entstanden waren und nicht nur im privaten, sondern teils auch im öffentlichen Raum die Christianisierung des Reiches überdauerten, und in der Spätantike neu geschaffener Objekte festzustellen. Es darf jedoch nicht außer acht gelassen werden, daß die Materialbasis gering ist, und mit der fortschreitenden Verdrängung des Heidentums schließlich auch die Figuren der heidnischen Mythologie in der bildenden Kunst seltener wurden: bei den spätesten noch der Antike zugehörigen Herculesdarstellungen handelt es sich beim derzeitigen Stand der Forschung um Einzelstücke. Wenn auch vielleicht ursprünglich im 4. bis 6. Jh.n.Chr. mehr Herculesmotive in den verschiedenen Kunstgattungen vorhanden waren, kann man annehmen, daß bei einer zahlenmäßig wirklich starken Verbreitung in der Spätzeit mehr Einzelobjekte erhalten geblieben wären. Generell läßt sich feststellen, daß die materielle Überlieferung ein anderes Bild des spätantiken Umgangs mit Hercules entwirft als die Literatur der Zeit, die zum Großteil aus Zeugnissen christlicher Autoren besteht. Die Vielfalt der Szenen aus dem Herculesmythos steht dabei im Kontrast zu der Meinung, die die Kirchenväter zu verbreiten suchten, indem sie den Alkiden als ein typisches Beispiel der moralischen Verkommenheit der heidnischen Götter präsentierten. Darüber hinaus ist zu beachten, daß spätantike Objekte mit Herculesmotiven einen weiteren Rezipientenkreis aufweisen konnten als die zeitgenössische Literatur, die den Jupitersohn fast ausschließlich verurteilte: arme Personen, die weder lesen noch schreiben konnten, waren vielleicht durchaus in der Lage, sich eine Öllampe mit einer Abbildung des Hercules zu leisten, und konnten diesen dann wohl auch identifizieren, selbst wenn sie das Aussehen der Herculesfigur in erster Linie aus Pantomimen im Theater oder von alten Statuen kannten. Es ist in diesem Zusammenhang zu bedenken, daß die Abenteuer des Helden sicher auch mündlich tradiert wurden, also beispielsweise Kinder sie von Eltern, Großeltern, Ammen oder Lehrern erzählt bekamen, so daß bereits ein Grundwissen vorhanden war, bevor man zum ersten Mal andernorts mit den Protagonisten der antiken Mythen konfrontiert wurde, was sicherlich für das Verständnis mythologisch inspirierter Kunst und Theateraufführungen unerläßlich war. Dabei half auch die Tatsache, daß generell in spätantiken Darstellungen auf ikonographische Schemata zurückgegriffen wurde, die auf eine lange Tradition in der griechisch-römischen Kunst zurückblicken konnten; es liegen zwar Variationen vor, jedoch keine Neufindungen, die eine Deutung der Herculesfigur unmöglich gemacht hätten. Sichtlich lag es in der Absicht der Künstler und Handwerker, daß ihre Werke von breiten Bevölkerungsschichten verstanden werden konnten. Dabei sind jedoch Pauschalisierungen zu vermeiden, da es sicherlich auch viele Personen gab, die durch ihre Bildung und ihre soziale Stellung eigentlich dazu prädestiniert gewesen wären, sich mit kostbaren Kunstwerken mit mythologischen Darstellungen zu umgeben, aufgrund ihrer religiösen Überzeugung jedoch darauf verzichteten – und in Extremfällen sogar auf ihren gesellschaftlichen Rang und den Großteil ihres Reichtums, wie im Falle der jüngeren Melania und ihres Mannes419. Der Umgang mit Herculesmotiven in der Spätantike ist also zu einem nicht unwesentlichen Teil von persönlichen Aspekten be419 Vgl. Demandt, Spätantike, 339. 553. Bevor sie sich aus der Welt zurückzog, lebte Melania in einem Haus, in welchem sie von Kunstwerken mit mythologischen Inhalten umgeben war (Jacobs, Production to Destruction, 270f.). Die Haltung gegenüber solcher Kunst konnte sich also unter dem Einfluß religiöser Ideen im Lauf des Lebens durchaus ändern.

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stimmt, die heute nicht mehr nachvollzogen werden können; daneben spielte jedoch die kulturelle Prägung durch die griechisch-römische Literatur und Tradition eine bedeutende Rolle und sicherte den Fortbestand mythologisch inspirierter Kunst bis über das Ende des Imperium Romanum hinaus.

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II Hercules in der Gedankenwelt: Literatur und Philosophie II.1 Vorbemerkungen Die Gestalt des Hercules findet bei zahlreichen spätantiken Autoren Erwähnung, die, abhängig von der Intention ihrer Texte, unterschiedliche Aspekte seines vielfältigen Charakters ins Blickfeld rückten. Viele Verweise erschöpfen sich dabei jedoch in kurzen Nennungen seines Namens, etwa im Rahmen einer Aufzählung verschiedener heidnischer Gottheiten. In diesen Fällen bietet sich wenig Raum für eine ausführliche Interpretation, zumal wenn Hercules nur als eines von mehreren mythologischen Exempeln angeführt wird, die eine bestimmte Beweisführung stützen sollen. Solche Stellen finden nur Erwähnung, sofern sie zur Illustration der Fragestellung einen Beitrag leisten können. Ebenso verhält es sich mit Nennungen des Jupitersohnes im Rahmen von sprachwissenschaftlichen oder grammatikalischen Ausführungen, wie sie beispielsweise von Martianus Capella überliefert sind1. Diese können meist kaum etwas zum spätantiken Verständnis der Herculesfigur beitragen. Das Ziel des vorliegenden Kapitels ist keine erschöpfende Auflistung aller Stellen in der spätantiken Literatur, die Hercules zum Inhalt haben; vielmehr sollen die großen Themen des Herculesmythos, die in der Spätzeit von heidnischen und christlichen Autoren für wichtig befunden wurden, aufgezeigt und in Hinsicht auf das Bild, das man sich von dem Alkiden machte, interpretiert werden. Was die politische Rolle des Hercules betrifft, so werden die relevanten Quellen an entsprechender Stelle der Arbeit angeführt, im Zusammenhang mit der Behandlung von Hercules’ Funktion als Herrschervorbild und angebliche Leitfigur des spätrömischen Heidentums2. Diese Bedeutungsebenen der Figur werden deshalb an dieser Stelle ausgeklammert. II.1.1 Die Unterscheidung in heidnische und christliche Autoren Bei der Behandlung der Thematik ist zunächst eine grundsätzliche Trennung zwischen christlichen und nicht-christlichen Autoren vorzunehmen, die sich dem Alkiden unter unterschiedlichen Gesichtspunkten sowie mit unterschiedlichen Grundeinstellungen widmeten. In den meisten Fällen ist dabei aufgrund der Identität der Schriftsteller eine eindeutige Einordnung in den christlichen beziehungsweise heidnischen Kontext leicht möglich. Zweifel hinsichtlich der Religionszugehörigkeit bestanden und bestehen jedoch bei Macrobius und dem im Kapitel zur kaiserlichen Selbstdarstellung behandelten Claudian. Macrobius widmete sich in den Saturnalia einem dezidiert heidnisch-religiösen Themenkomplex und legte seine Aussagen prominenten Heiden des ausgehenden 4. Jhs.n.Chr. in den Mund, während er selbst möglicherweise Christ war3. 1 Mart. Cap. 3, 301. 2 S. Kap. B II.1.2–3; B III.1-7; C II.3.3. 3 Macrobius als Heide: Cameron, Macrobius, 36; Döpp, Datierung, 620. Macrobius als Christ: Cameron, Last Pagans (1999), 116; Hedrick, History and Silence, 80. C. Jones widerlegt die Argumente, die R.

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Bei der Interpretation von Texten christlicher Autoren ist, anders als bei den nichtchristlichen, in sehr vielen – jedoch nicht allen – Fällen von einer grundsätzlichen Voreingenommenheit der Verfasser gegenüber der heidnischen Mythologie im allgemeinen und ihres populären Vertreters Hercules im besonderen auszugehen. Diese sich in der prinzipiellen Ablehnung der Götter und Heroen widerspiegelnde Grundhaltung läßt sich in erster Linie auf die christlichen Moralvorstellungen der entsprechenden Autoren zurückführen. Da insbesondere die Kirchenväter und Apologeten ihre ethischen Werte auf Figuren übertrugen, die einem nicht-christlichen Wertesystem entstammen, ist in ihren Schriften mit bewußten Übertreibungen, überspitzten Formulierungen und abwertenden Urteilen zu rechnen. Diese Autoren verfügten, gemäß ihrer sozialen Herkunft oder Stellung, in vielen Fällen über eine ihren nicht-christlichen Standesgenossen ebenbürtige klassische Bildung und besaßen dementsprechend die notwendigen Kenntnisse, um die heidnische Mythologie in ihrem Sinn zu interpretieren oder zu diffamieren beziehungsweise umzudeuten. Daß sie in den meisten Fällen sowohl mit der christlichen als auch der heidnischen Literatur zum Thema vertraut waren, ist ebenfalls vorauszusetzen4, ebenso wie der Einsatz im (Rhetorik-) Unterricht vermittelter literarischer und argumentativer Techniken, um den neuen Glauben zu verteidigen und gleichzeitig den Polytheismus griechisch-römischer Prägung zu verurteilen5. Dies drückt sich auch in der Verwendung von Originalzitaten aus den Werken früherer Autoren aus6, wobei diese im Sinne der eigenen Argumentation interpretiert wurden; bisweilen schlossen sich christliche Schriftsteller sogar den Ansichten ihrer nicht-christlichen Vorgänger an, sofern diese mit ihrer eigenen Weltanschauung konform waren7. Manche der frühen Kirchenlehrer wurden als Heiden geboren und erzogen und dürften demnach noch tiefere Einblicke in die religiösen Aspekte der Mythen gehabt haben als aus christlichen Familien stammende Autoren, was sie in ihrer späteren anti-heidnischen Überzeugungsarbeit einsetzen konnten8. Einschränkend muß an dieser Stelle angemerkt werden, daß es in der Spätantike durchaus auch christliche Autoren gab, die in der Lage waren, in der Herculesgestalt positive

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Kaster in seiner Saturnalia-Ausgabe für einen christlichen Macrobius anführt, und hält es für möglich, daß er ein heidnischer Neuplatoniker war (Jones, Pagan and Christian, 152–157). Die Frage nach Macrobius’ Religionszugehörigkeit scheint momentan unklärbar; am ehesten mag noch Camerons Deutung von einem im antiquarischen Sinne am Heidentum interessierten und gebildeten Christen überzeugen (Cameron, Last Pagans of Rome, 255. 257. 259. 265f.). Die für seine Epoche außergewöhnliche Kenntnis antiker Literatur wird im Falle Tertullians immer wieder hervorgehoben. Darin übertraf er wohl sogar die meisten seiner Zeitgenossen. (Dunn, Tertullian, 5; vgl. auch Steiner, Verhältnis, 95). Vgl. Barnes, Tertullian, 210. Vgl. beispielsweise zu den Zitaten bei Tertullian Steiner, Verhältnis, 93–130. Auch in den Divinae institutiones des Lactanz finden sich immer wieder Zitate bekannter griechischer und lateinischer Autoren früherer Jahrhunderte, gerade in den Passagen, die sich mit den heidnischen Göttern und ihren Verfehlungen auseinandersetzen (dazu allgemein Bowen/Garnsey, Divine Institutes, 14–21). So zitiert beispielsweise Lactanz in seinem Kapitel über Hercules aus Cic. Marcell. 8, um seine eigene Einschätzung des Hercules durch die Autorität des großen Redners zu stützen (Lact. inst. 1, 9, 3–4; vgl. auch Steiner, Verhältnis, 106). In einem extremen Fall ist nachgewiesen, daß Hieronymus den Heiden Porphyrios, Autor eines verlorenen anti-christlichen Werkes, mit nur kleinen Abänderungen zitierte (Cameron, Paganism and Literature, 30). Zu den als Heiden geborenen Apologeten gehören der Polemiker Tertullian (Dunn, Tertullian, 4) sowie Firmicus Maternus (Cameron, Paganism and Literature, 21).

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Eigenschaften zu entdecken, die sich selbst für Christen zur Nachahmung empfahlen, ungeachtet möglicherweise noch vorhandener heidnisch-religiöser Konnotationen. An erster Stelle sei hier Boëthius genannt, der am Ausgang der Antike Hercules noch einmal zum nachahmenswerten exemplum virtutis für alle Menschen erhob (s.u.). Aus der Beschäftigung mit mythologischen Themen muß sich nicht zwangsläufig ergeben, daß der entsprechende Schriftsteller kein überzeugter Christ war, wie es in der früheren Forschung häufig angenommen wurde9. Die von uns als „heidnisch“ erkannten Bilder und Vergleiche in der spätantiken Literatur, besonders der Dichtung und der Panegyrik, sind vielmehr als Standardtopoi anzunehmen, die ein gebildetes Publikum verlangte und die dementsprechend ein christlicher Schriftsteller auch in nicht-apologetischer Absicht verwenden konnte10. Daraus läßt sich jedoch nicht automatisch eine Sympathie gegenüber der heidnischen Götterwelt ableiten. Vielmehr könnte man die Haltung der entsprechenden Autoren vielleicht als religiös neutral bezeichnen: sie waren sich durchaus der früheren religiösen Bedeutung der mythologischen Figuren bewußt, verwendeten sie aber selbst in einem nichtreligiösen Sinn als seit Jahrhunderten bekannte, tatsächlich sogar unentbehrliche literarische Topoi; möglich war ferner eine allegorische Deutung der Erzählungen. Diese Einbindung mythologischer Motive in die christliche literarische Kultur endete erst in der Herrschaftszeit Justinians, infolge der immer intensiveren, auf alle Lebensbereiche ausgreifenden und bereits seit Generationen andauernden Christianisierung der Gesellschaft, kombiniert mit einer immer größeren Intoleranz gegenüber den Überresten des Heidentums11. II.1.2 Adressatenkreis, Verbreitung und Einfluß der literarischen Zeugnisse zu Hercules Bei der Auseinandersetzung mit spätantiken christlichen Quellen zu Hercules ist die Identität des Adressatenkreises der entsprechenden Schriften zu beachten, der einen nicht unerheblichen Einfluß auf Inhalt und Komposition eines literarischen Werkes hatte. Daraus ergibt sich zwangsläufig die Frage nach dem Einfluß, den die Äußerungen der Schriftsteller auf die Bevölkerung hatten und im speziellen auf das Bild, das man sich, basierend auf der zeitgenössischen Literatur, in der Spätantike von Hercules machte. Die Adressaten der frühen christlichen Apologeten waren der Kaiser, der Senat und das römische Volk, denen es die christliche Gedankenwelt nahezubringen galt beziehungsweise gegenüber denen man das Christentum verteidigen wollte12. Daraus folgt jedoch nicht, daß die Schriften von diesem Personenkreis wirklich rezipiert wurden13, eine Einschränkung, die auch für die spätrömische Zeit gilt. Tatsächlich ist vielmehr davon auszugehen, daß sich die Wirkung der apologetischen Schriften zumindest in den ersten Jahrhunderten des 9 Cameron, Poetry, 340. 10 Ein Beispiel ist das mythologische Epos Dionysiaca des Christen Nonnos von Panopolis (Cameron, Poetry, 341). Aus der Verwendung mythologischer Anspielungen in der Literatur ergibt sich auch die Notwendigkeit, die klassische Mythologie weiterhin als Unterrichtsstoff zu behandeln (vgl. ebd., 342). 11 Liebeschuetz, Decline and Fall, 240f. 12 Zilling, Tertullian, 94. Neben der defensiven Funktion apologetischer Schriften ist auch die aggressive Seite solcher Werke zu beachten, die in scharfem Tonfall das Heidentums in seinen unterschiedlichen Ausprägungen angreifen und seine Götter und Halbgötter verunglimpfen (vgl. dazu Schott, Christianity, 3). 13 Zilling, Tertullian, 94f.

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Christentums größtenteils auf die Angehörigen der christlichen Gemeinde beschränkte14, die man freilich mit einer angeblichen Adressierung an die höchsten Instanzen des Reiches zu beeindrucken suchte15. Es läßt sich allerdings nachweisen, daß auch einzelne heidnische Persönlichkeiten durchaus mit apologetischen Schriften vertraut waren; so hatte beispielsweise Celsus verschiedene Apologien gelesen16. Neben den Glaubensbrüdern war also zumindest theoretisch die nicht-christliche Umwelt angesprochen, und hier in erster Linie die pagane Oberschicht, der man sich mit rationaler Argumentation, gestützt auf den gemeinsamen Bildungshintergrund, anzunähern suchte17. Die Apologeten eigneten sich eine theologische Sprache und Terminologie an, die heidnischen Adressaten vertraut war, da sie ihrer eigenen Literatur entstammte18. So wendete sich Lactanz explizit neben den eigenen Glaubensgenossen an die gebildeten NichtChristen; ihm verdanken wir auch eine besonders emphatische Kritik der Herculesgestalt, gekleidet in das klassische Latein Ciceros, das die Akzeptanz der avisierten Leserschaft hätte finden können. Die Untersuchung des Kreises der Adressaten der frühen christlichen Literatur ist eng verbunden mit der Problematik der Verbreitung dieser Werke in der Bevölkerung. Diese ist schon deshalb schwer einzuschätzen, weil es nur wenige spätantike Zeugnisse über die Alphabetisierungsrate der Gesellschaft gibt19. Generell ist jedoch davon auszugehen, daß der Anteil der Menschen, die lesen und schreiben konnten, nie mehr als ein Fünftel der Gesamtbevölkerung betrug20. In den westlichen Provinzen des römischen Reiches scheint

14 So beklagt Tertullian, daß christliche Literatur nur von Personen gelesen werde, die bereits Christen waren (Tert. test. anim. 1, 4). J. Curran stellt fest, daß der Großteil der von Christen verfaßten Literatur in vor-konstantinischer Zeit an die eigenen Glaubensgenossen gerichtet war, während es keine Belege für einen extensiven Dialog mit Anhängern der heidnischen Religionen gibt (Curran, Conversion, 1; vgl. Ando, Apologetics, 184). Dennoch ist davon auszugehen, daß sich die Autoren zumindest eine heidnische Leserschaft wünschten (Gamble, Books and Readers, 113). 15 Zilling, Tertullian, 96. Bei der Adressierung an den Kaiser könnte es sich auch von vornherein um eine literarische Fiktion gehandelt haben. Die frühchristlichen Apologien sind vielleicht am ehesten als offene Briefe an den Kaiser zu verstehen, die gleichzeitig in den Gemeinden verbreitet wurden (Gamble, Books and Readers, 112). 16 Gamble, Books and Readers, 112. 17 Vgl. Bowen/Garnsey, Divine Institutes, 6; DePalma Digeser, Making of Empire, 9; Zilling, Tertullian, 97. 18 Liebeschuetz, Continuity and Change, 254f. 257. Lactanz kritisiert die Vorgehensweise seines Vorgängers Cyprian, der sich biblischer Argumente anstatt der Logik und der Zeugnisse früherer Historiker und Philosophen bedient habe, die für einen Heiden besser verständlich gewesen wären, der noch nicht bereit war für den christlichen Gott (Lact. inst. 5, 4, 4–6). Der Apologet hatte sichtlich erkannt, daß die Nicht-Christen, die er zu überzeugen suchte, nicht zugänglich sein würden für Argumente, die sich auf die von diesen nicht anerkannten biblischen Quellen stützen (Lact. inst. 1, 5, 1). Lactanz zog ganz bewußt pagane Zeugnisse zur Untermauerung seiner Thesen heran, die von ihm so bezeichneten divina testimonia, zu denen neben Dichtern und Philosophen auch die Sibyllinischen Orakel und das hermetische Corpus gehörten (z. B. Lact. inst. 1, 5, 1–2). Zum Umgang des Lactanz mit den heidnischen Zeugnissen s. Schott, Christianity, 3. 81–96. Zum Gebrauch philosophischer Sprache in der christlichen Apologetik vgl. allgemein Ando, Apologetics, 184–187. 19 Gamble, Books and Readers, 3. Auch die Problematik der Sprache ist dabei zu bedenken: eine Person mochte in der Lage sein, lateinische Texte zu lesen, nicht aber griechische (ebd., 3). 20 Gamble, Books and Readers, 4; Harris, Ancient Literacy, 327–331.

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der Anteil nicht einmal fünf bis zehn Prozent erreicht zu haben21. Allgemein ist festzustellen, daß in der Spätantike die Lese- und Schreibfähigkeit im Vergleich zu vorangegangenen Epochen zurückging, was sich nun auch bei Angehörigen höherstehender Schichten bemerkbar machte22. Innerhalb der christlichen Gemeinschaft dürfte die Alphabetisierungsrate nicht höher gelegen haben als in den restlichen Bevölkerungsgruppen23, woraus sich von vornherein ein sehr eingeschränkter potentieller Rezipientenkreis für die Werke spätantiker heidnischer wie christlicher Schriftsteller ergibt24. Das laute Vorlesen literarischer Werke war jedoch verbreitet, so daß diese prinzipiell auch einem weiteren Personenkreis offenstanden25; ob die Literatur von jedem, der sie selbst las oder sie vorgelesen bekam, im Sinne des Verfassers verstanden wurde, ist wiederum eine andere Frage, die hier nicht beantwortet werden kann26. Dennoch bleibt der Kreis der Personen, die sich den Vortrag eines literarischen Werkes anhören konnten, verhältnismäßig klein. Inwiefern in nicht erhaltenen Predigten oder anderen mündlichen Vorträgen die Figur des Hercules thematisiert wurde, kann nicht ermittelt werden. Insgesamt gesehen dürften die in der heidnischen und christlichen Literatur der Spätantike über Hercules vertretenen Ansichten folglich nur eine relativ geringe Verbreitung erreicht haben: neben christlichen Gemeinden hatten wohl nur die gebildete Oberschicht des Reiches Zugang zu den entsprechenden Werken. Diese wiederum hatten häufig wenig oder kein Interesse an Literatur dieser Art. Die Schriften christlicher Apologeten und Kleriker waren also, zumal sie auch nicht zum Schulstoff gehörten, hinsichtlich ihrer Rezeption sicherlich sehr eingeschränkt, was in diametralem Gegensatz zu ihrer Nachwirkung und der Bedeutung, die ihnen in der Forschung zugeschrieben wird, steht. Ausgehend von der kleinen Leser-/Hörerschaft der entsprechenden Literatur ist auch die Frage zu stellen, inwiefern die von ihr präsentierten Meinungen und Argumente Anklang fanden. Viele christliche Leser mußten nicht erst von der Verwerflichkeit und Schlechtigkeit der heidnischen Götter überzeugt werden; die Lektüre apologetischer und anti-heidnischer Werke dürfte die überzeugten Anhänger der neuen Religion nur in ihrer vorgefaßten Meinung und ihrem Glauben bestärkt haben. Da keine literarischen Zeugnisse überliefert sind, die einen Einblick in die Haltung der außerhalb der kirchlichen Hierarchie stehenden christlichen Bevölkerung gegenüber der heidnischen Religion und Kultur gewähren, müssen wir uns auf die Schriften der Kirchenväter stützen, in der Annahme, daß diese die Einstellung der christlichen Öffentlichkeit widerspiegeln, was sich jedoch nicht belegen läßt27. Anhand literarischer Quellen gemachte Aussagen zur Sicht der paganen Mythologie und der Figur des Hercules durch die frühen Christen müssen demnach bis zu einem gewissen Grad spekulativ bleiben. 21 Harris, Ancient Literacy, 272. 22 Harris, Ancient Literacy, 316. In der Spätzeit sind beispielsweise zunehmend Dekurionen belegt, die nicht lesen und schreiben konnten (ebd., 313–317). 23 Gamble, Books and Readers, 5. 24 In seiner Untersuchung der Verbreitung der Schreib- und Lesefähigkeit in der Antike merkt W. Harris an, daß „ecclesiastical writers usually did not write for a critical audience, indeed hardly write for an audience at all“ (Harris, Ancient Literacy, 306). 25 Gamble, Books and Readers, 3. 26 Vgl. Harris, Ancient Literacy, 304. 27 Contreras, Views of Paganism, 974.

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Die paganen Angehörigen der Oberschicht des 3. bis 5. Jhs.n.Chr. ließen sich vermutlich in weiten Teilen von den polemischen Äußerungen der christlichen Autoren – sofern sie sie überhaupt wahrnahmen – nicht weiter beeinflussen, zumal diesem Personenkreis die negativen Eigenschaften ihrer Götter und Heroen aus der klassischen Literatur vertraut waren und die anti-heidnische Polemik insofern nichts Neues enthielt28. Eine kritische Sicht auf die Mythologie hatte sich bereits an der Wende vom 6. zum 5. Jh.v.Chr. bei den griechischen Philosophen herausgebildet, die Anstoß an der Amoralität der Mythen nahmen29. Auch die allegorische Auslegung der Mythen war seit der griechischen Klassik verbreitet, und die gebildeteren Nicht-Christen der römischen Spätzeit bedurften nicht eines christlichen Autors, um sie darauf hinzuweisen, daß die Erzählungen nicht wörtlich zu verstehen waren. Im Umfeld der Gebildeten hatten allegorische und euhemeristische Interpretationen des Mythos bereits lange vor der Entstehung des Christentums an Einfluß gewonnen30. Dementsprechend ist der Einfluß apologetischer Schriften auf die wenigen Heiden, die sie gelesen haben dürften, als äußerst eingeschränkt einzuschätzen. Die tatsächliche Wirkung der hier untersuchten Quellen auf die Menschen der Spätantike darf folglich nicht überbewertet werden. Zu allen Zeiten waren die Texte stets nur einem kleinen Leser- beziehungsweise Zuhörerkreis vertraut, außerhalb dessen die Inhalte der Literatur keine oder nur eine sehr geringe Verbreitung fanden. Ferner ist zu bedenken, daß aufgrund der Überlieferungslage die Kirchenschriftsteller in der erhaltenen spätantiken Literatur weit besser repräsentiert sind als christliche Laien, die sich als Schriftsteller betätigten31, ganz zu schweigen von literarischen Werken von Heiden, die nicht überliefert wurden, die aber möglicherweise Erwiderungen auf die von den Kirchenvätern gegen das heidnische Pantheon erhobenen Vorwürfe geliefert hätten. Dementsprechend ist auch in dieser Hinsicht mit einer Verzerrung des tatsächlichen Quellenwertes der spätrömischen literarischen Zeugnisse über Hercules zu rechnen. Dennoch erlauben sie Einblicke in die Wahrnehmung des Hercules durch die führenden Vertreter der christlichen Literatur und in die unterschiedlichen Rollenbilder des Jupitersohnes, die sie dem Leser vermitteln wollten. Ein letzter Punkt, den es zu beachten gilt, ist die Tatsache, daß Hercules sowohl bei den Apologeten und Kirchenvätern als auch in den Werken anderer, heidnischer wie christlicher, Autoren fast nie als Hauptfigur fungierte. Vielmehr diente er in den meisten Fällen der Illustration einer bestimmten Ansicht, wie derjenigen von der Nichtswürdigkeit der 28 Hanson, Christian Attitude, 920. R. Hanson nennt neben der platonischen Schule unter anderem Cicero und Lukrez als Beispiel für heidnische Schriftsteller, die die Absurdität der antiken Mythen dargelegt beziehungsweise sogar die Existenz der Götter angezweifelt hätten. Dementsprechend geht Hanson davon aus, daß sich die Heiden von christlichen Angriffen auf ihre Mythen nicht weiter beeindrucken ließen (ebd., 921). 29 Fuhrmann, Mythen, 141f. 30 Fuhrmann, Mythen, 142–144. Als Alternative zur Allegorese existierte die historisierende Deutung, die besonders mit dem Werk des Euhemeros in Verbindung gebracht wurde, bereits in der klassischen Epoche. Beide Herangehensweisen entfernten die religiöse Komponente aus dem Mythos und beförderten das Weiterleben mythologischer Figuren im Mittelalter (ebd., 143f. 148). Sowohl heidnische (Celsus) als auch christliche (Tertullian) Autoren versuchten gelegentlich, der jeweils anderen Seite das Recht auf Anwendung der Allegorese abzusprechen: die Heiden sollten nicht die unmoralischen Aspekte ihrer Mythologie übertünchen, die Christen dieses Werkzeug nicht auf die Bibel anwenden. Dennoch deuteten auch viele Christen die paganen Mythen allegorisch (ebd., 149). 31 Cameron, Poetry, 343.

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heidnischen Götter, oder wurde in anderen Zusammenhängen gemeinsam mit anderen Figuren der Mythologie aufgezählt. Es liegt uns, mit wenigen Ausnahmen aus der Lyrik, kein einziges literarisches Werk der Spätantike vor, das den Alkiden in den Mittelpunkt gerückt hätte. Die Bemerkungen über ihn fallen häufig recht knapp aus und bieten insgesamt gesehen wenig Neues; auch die in der Patristik vielfach bezeugte Kritik an der Herculesgestalt ist grundsätzlich keine Innovation christlicher Autoren, sondern findet schon bei heidnischen Schriftstellern Vorläufer32.

II.2 Christliche Autoren: Die Schriften der Kirchenväter und Apologeten Die Werke der Kirchenväter und Apologeten, sofern sie sich auf den Themenkreis der heidnischen Kulte und ihrer Anhänger und deren Lebensweise beziehen, sollten mit aller gebotenen Vorsicht gelesen werden, stets in dem Bewußtsein, daß es ihnen nicht um eine Wiedergabe der tatsächlichen Verhältnisse und Deutungen des Hercules und der anderen Figuren des griechisch-römischen Götterhimmels, sondern um eine bewußte Beeinflussung des Lesers in einem christlichen Sinne ging. Die kritischsten Beurteilungen der Herculesgestalt finden sich erwartungsgemäß in den Werken der Apologeten, die den Heros/Gott wiederholt erwähnen. In polemischen Schriften griffen diese Autoren auf Hercules als Negativbeispiel zurück und versuchten, seine Leistungen herabzuwürdigen beziehungsweise von vornherein als gering einzustufen und den Menschen statt dessen seine zahlreichen Laster und Verfehlungen vor Augen zu führen. Tatsächlich gibt das Verhalten des Jupitersohnes in einer Anzahl von Mythen genug Anlaß, es aus christlicher – aber auch durchaus aus heidnischer – Perspektive als eines Gottes unwürdig zu verurteilen. Daß bereits die heidnische Überlieferung die in den Augen der Christen negativen Aspekte des Hercules-Mythos – seine zahlreichen Affären, seine Unbeherrschtheit, die ihn bis zum Mord an Unschuldigen treiben konnte, seine ambivalente Sexualität – bekanntlich nicht verschweigt und ihn teilweise selbst als unwürdige Gestalt beschreibt, läßt sich anhand verschiedener Beispiele der griechisch-römischen Literatur belegen33. Unter den Autoren der Spätzeit hebt etwa Arnobius diese Tatsache hervor und verteidigt damit seine eigene Kritik sowie die seiner christlichen Mitstreiter: sed poetis tantummodo licere voluistis indignas de dis fabulas et flagitiosa ludibria comminisci?34. Vermutlich sahen sich die christlichen Schriftsteller in ihrer Haltung zu Hercules bestätigt durch die kritischen Äußerungen, die sie in den Werken ihrer berühmten Vorläufer fanden, zumal zu betonen 32 Vgl. Galinsky, Herakles Theme, 189. 33 So präsentiert beispielsweise Sophokles den Alkiden in den Trachinierinnen (um 440 v.Chr.) als selbstsüchtig und gewalttätig, als einen Mann, der die Interessen anderer ohne Bedenken zum eigenen Nutzen mißachtet, weshalb die Sympathie der Zuschauer seinen Opfern gehören muß, darunter nicht zuletzt seiner leidgeprüften Gemahlin Deianeira, der eine Zweitfrau zugemutet wird, für die sie sogar noch Mitleid aufbringt (Soph. Trach. 459–467). Auch der sinnlose Mord an Iphitos wird thematisiert (Soph. Trach. 270–273). In der Alten Komödie wird er zu einem Lüstling und Säufer mit gewaltigem Appetit, einem mit nicht allzuviel Intelligenz gesegneten Kraftprotz, der wenig von einem Helden an sich hat (Effe, Heroische Größe, 17; Galinsky, Herakles Theme, 46f. 81–100). 34 Arnob. nat. 4, 35. Ähnlich äußerte sich Clemens von Alexandria (Clem. Al. protr. 2, 32f.).

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ist, daß die dichterische Ausgestaltung von als unwürdig angesehenen Elementen der Geschichten des Mythos – wie bereits im Kontext der Pantomimen kurz angesprochen – im Theater offenbar ein großes und illustres Publikum fand, das sich sichtlich an der von Christen so empfundenen Lächerlichkeit der dargestellten Figuren nicht störte35. Gerade die sexuellen Eskapaden des Hercules waren besonders geeignet, sie als moralisch verwerflich zu verurteilen, doch auch seine Taten wurden von den Kirchenvätern kritisiert, wie überhaupt sein Charakter und seine Leistungen in der patristischen Literatur fast durchgehend herabgewürdigt werden. Nur wenige christliche Stimmen der Spätzeit erwähnen die positiven Aspekte des Alkiden, von denen die prominenteste die des Boëthius gewesen sein dürfte. Die kritischen Beurteilungen überwiegen jedoch bei weitem. II.2.1 Die Taten des Hercules Ein Aspekt, den die frühen christlichen Schriftsteller wiederholt verurteilten, ist, daß Hercules die meisten seiner Aufgaben durch rohe Gewalt bewältigt und nur dadurch die Unsterblichkeit erworben habe. Besonders ausführlich geht Lactanz in den Divinae institutiones auf diesen Punkt ein, denn er will nicht akzeptieren, daß man allein durch Blutvergießen in den Himmel gelangen könne, womit er gleichzeitig frühere Schriftsteller wie Cicero kritisiert, die diese Meinung vertraten36. Er erkennt Hercules trotz seiner übermenschlichen Leistungen die Göttlichkeit ab, gesteht ihm nur noch physische Kraft beziehungsweise Tapferkeit zu37. Die verschiedenen Taten des Dodekathlos, die Lactanz aufzählt, mögen magna et mirabilia sein38, aber nur der ist ein tapferer Mann, der seine Leidenschaften besiegt – etwas, das Hercules nie gelang39. In der Weltsicht der Christen gehörte nicht viel dazu, Ungeheuer oder auch menschliche Gegner zu besiegen (wobei sichtlich bei dem Sieg christlicher Heiliger über „Dämonen“, die nur eine andere Art Ungeheuer sind, ein anderer Maßstab angelegt wurde)40. Die zahlreichen von Menschen errichteten Bilder des Hercules sind für den Apologeten dementsprechend Monumente für den Irrglauben, nach dem man durch die Tötung von Ungeheuern die Aufnahme in den Himmel erlangen könne – mit der Kritik an den Taten des Hercules verbindet er also gleich die Kritik an den Heiden in ihrer Gesamtheit, die diesem Irrglauben anhingen, und an deren Verehrung von Götterbildern41.

35 Unter den Zuschauern von Theaterstücken, die die heidnischen Götter der Lächerlichkeit preisgeben, nennt Arnobius unter anderem die Mitglieder der unterschiedlichen Priesterkollegien, den pontifex maximus und die Vestalinnen (Arnob. nat. 4, 35). 36 Lact. inst. 1, 18, 12–17. 37 Opera sunt ista fortis viri, hominis tamen (Lact. inst. 1, 9, 2). 38 Lact. inst. 1, 9, 2. 39 Animum vincere, iracundiam cohibere fortissimi est – quae ille (sc. Hercules) nec fecit umquam nec potuit (Lact. inst. 1, 9, 4). 40 Athanasios von Alexandria, der Gegner des Arius, stellte in De incarnatione der Vergöttlichung des Hercules aufgrund der Tötung von wilden Tieren und menschlichen Gegnern die Befreiung der Menschen von Krankheiten, Dämonen und dem Tod durch den Logos (= Christus) gegenüber (Ath. inc. 49, 3). 41 Hunc (sc. Herculem) a rogo, quo vivum se ipse combusserat, escendisse in caelum putaverunt eaque ipsa, quae stultissime sunt admirati, simulacris et imaginibus expressa et consecrata posuerunt, ut in perpetuum vanitatis illorum monumenta perstarent, qui ob necem bestiarum deos fieri credidissent (Lact. inst. 1, 18, 6).

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Lactanz sieht in Hercules eine Verkörperung des typisch heidnischen Irrtums, nach dem unter virtus nur fortitudo zu verstehen sei42, also eine Eigenschaft, über die sogar Tiere in größerem Maße als Menschen verfügen könnten43 und die, wenn auch nicht ausschließlich, als rein körperliche Qualität verstanden werden konnte44. Mit dieser fortitudo nun war Hercules in einem solchem Maße ausgestattet, daß man ihn der Unsterblichkeit für würdig befand: quae (sc. fortitudo) quoniam praecipua in Hercule fuit, immortalitem meruisse creditur45. Das ist gewissermaßen die Kernaussage der in Kapitel 1, 18 der Divinae institutiones geübten Kritik an der heidnischen Praxis, besonders tapfere oder körperlich starke Menschen zu Göttern zu erklären, wofür Hercules das beste Beispiel war. Für Lactanz waren solche Eigenschaften lediglich res levissimae46. Überhaupt tendieren viele christliche Autoren dazu, Hercules jegliche geistigen Fähigkeiten abzusprechen und ihn als einen reinen Kraftmenschen zu porträtieren, der für jede seiner Aufgaben nur hirnlose Gewaltanwendung als Lösung anbieten könne. Dies machte es möglich, alle seine Taten als im Grunde substanzlos darzustellen, als Manifestationen schlichter körperlicher Kraft47. Dadurch muß Hercules zwangsläufig hinter christlichen Märtyrern zurückfallen, die als Lohn für ein tugendhaftes Leben und Standhaftigkeit im Erleiden des Martyriums in das Himmelreich aufgenommen wurden, nicht durch die Tötung anderer. Für Augustinus steht der Heros weit zurück hinter der Hl. Agnes, die als Dreizehnjährige den Teufel besiegt habe, der wiederum seinerseits die Menschen überhaupt erst dazu gebracht habe, Hercules als Gottheit zu verehren48. In seiner Interpretation des Cacusmythos geht Augustinus so weit, diesen zwar als Ungeheuer, aber dennoch als mißverstandene Kreatur, die im Grunde genommen nur ihren Frieden wünsche und aus der Notwendigkeit des Überlebens heraus zum Schlächter geworden sei, zu porträtieren. Demnach sei Cacus vielleicht nur erfunden oder übertrieben bösartig dargestellt worden, um ihn 42 Virtutem esse dicunt quae hominem tollat in caelum, non illam de qua philosophi disserunt, quae posita est in bonis animi, sed hanc corporalem quae dicitur fortitudo (Lact. inst. 1, 18, 3). 43 Lact. inst. 1, 18, 4. Die fortitudo kann darüber hinaus, im Gegensatz zu der virtus als bonum animi, durch Alter verringert werden beziehungsweise durch eine Krankheit schwinden. Daß Hercules selbst seinem Leben ein Ende setzte, erklärt Lactanz dementsprechend mit seiner Angst, durch Alter oder Verletzung minor aut deformior zu erscheinen (Lact. inst. 1, 18, 5). Dies nun ist eine sehr menschliche Furcht, die einem göttlichen Wesen schlecht anstünde, und somit ein Beweis für die sterbliche Natur des Alkiden. 44 Vgl. OLD 726 s.v. fortitudo. 45 Lact. inst. 1, 18, 3. Beinahe anderthalb Jahrhunderte früher hatte schon Athenagoras die Körperkraft des Hercules als Grund für dessen Vergöttlichung angeführt (Athenag. leg. 30, 1). 46 Lact. inst. 1, 18, 8. 47 Diese Interpretation ist keineswegs eine christliche Innovation: bereits Seneca hatte den körperlichen Leistungen des Hercules die geistigen des jüngeren Cato gegenübergestellt (Sen. dial. 2, 2, 2–3; vgl. Galinsky, Herakles Theme, 174. 189). Auch Lukrez achtet die mit reiner Körperkraft vollbrachten Taten des Hercules gering, hat für seine Gegner nur Spott übrig, zumal die ganze Welt von ähnlichen Ungeheuern wimmle, und hebt die Überlegenheit des Mannes hervor, der seine Leidenschaften kontrollieren kann (Lucr. 5, 22–54; vgl. Galinsky, Herakles Theme, 130f.). Der Unterschied zu den Kirchenvätern besteht lediglich darin, daß diese dem Hercules, den sie grundsätzlich ablehnten, Märtyrer gegenüberstellten, während die heidnischen Autoren Philosophen als Folie wählten. 48 Vicit Cacum, vicit Hercules leonem, vicit Hercules canem Cerberum: vicit sanctus Fructuosus totum mundum. Compara virum viro. Agnes puella tredecim annorum, vicit diabolum. Eum puella ista vicit, qui de Hercule multos decepit (Aug. serm. 273, 6).

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zu einem würdigen Gegner des Hercules zu machen49. Dadurch wird dieser zu einem Störer des Friedens, der sich anmaßt, die Lebensweise anderer zu verurteilen50; auch die Annahme, Cacus sei monströser gezeichnet worden als er wirklich gewesen sei, um die Leistung des Hercules zu betonen, dient letztendlich dazu, diesen herabzuwürdigen51. Ein weiterer Angriffspunkt ist die – von den Christen als solche empfundene – Lächerlichkeit verschiedener heidnischer Mythen. Im Falle des Hercules bezieht sich diese Kritik auf die Tat der Reinigung der Augiasställe, die wiederholt als Beispiel für das unwürdige Verhalten von Göttern angeführt wird. In seinem Octavius nennt Minucius Felix die Reinigung der Ställe in einer Reihe mit den Diensten, die Apollo und Neptun sterblichen Menschen leisten mußten52. Bedingt durch die Art dieser Dienste werden auch die Personen, die solche Götter verehren, der Lächerlichkeit preisgegeben53. Dem weiteren Umfeld der Taten sind in gewissem Sinn auch diejenigen Charaktereigenschaften des Hercules zuzurechnen, die den Christen Angriffsfläche boten und im Laufe seines Lebens wiederholt zum Ausdruck kamen. Dazu zählt neben seinem übergroßen Appetit ganz allgemein seine zügellose Lebensweise und mangelnde Selbstbeherrschung. An dem Mord an seiner ersten Gemahlin Megara und den gemeinsamen Kindern kann Hercules nur eingeschränkt die Schuld gegeben werden, wurde er doch von der stets eifersüchtigen Hera in den Wahnsinn getrieben. Dennoch werfen ihm seine eifrigsten Kritiker, Tertullian und Lactanz, auch dies explizit als Verbrechen vor, wie die Wortwahl jeweils verdeutlicht: idem (sc. Hercules) postea instinctu furoris elatus parvos liberos et uxorem Megaram trucidavit54. Aristides von Athen verband bereits in der ersten Hälfte des 2. Jhs.n.Chr. in seiner Apologie – einem der frühesten Texte dieser Gattung überhaupt – die 49 Aug. civ. 19, 12. Im Herunterspielen der Gefährlichkeit des Cacus hatte Augustinus bereits einen Vorläufer in Properz, bei dem Cacus zwar drei Mäuler hat, aber ansonsten nicht als infernalische Kreatur geschildert wird, sondern schlicht als ein infidus hospes, incola und raptor; dementsprechend wird die Cacus-Episode in wenigen Versen abgehandelt (Prop. 4, 9, 7. 9f.; vgl. Galinsky, Herakles Theme, 153f.). 50 Vgl. dazu Nees, Tainted Mantle, 85–87. 208. Eine allegorische Deutung der Cacus-Episode liefert Fulgentius, der in dem Konflikt zwischen Hercules und Cacus den Kampf Gut gegen Böse versinnbildlicht sieht (Cacon enim Graece malum dicimus: Fulg. myth. 2, 3). 51 Commodian, dessen Lebenszeit entweder in das 3. oder das 5. Jh.n.Chr. fiel, zog die Cacus-Episode heran, um in euhemeristischer Weise zu illustrieren, daß die Heiden in ihrer rustica mens jemanden dafür zum Gott erhoben, daß er fortis in armis war (Comm. inst. 1, 15). Hercules ist dabei nur eine von mehreren Gottheiten, deren Göttlichkeit der Dichter zu widerlegen sucht; daneben werden unter anderem Jupiter, Neptun, Apollo und Bacchus behandelt (Comm. inst. 1, 5f. 10–12). 52 Alibi Hercules stercora egerit et Apollo Admeto pecus pascit; Laomedonti vero muros Neptunus instituit, nec mercedem operis infelix structor accipit (Min. Fel. 23, 5). 53 Für Lactanz sind die alten Gottheiten ein negatives Vorbild, die es ihren Anhängern wegen ihrer zahlreichen moralischen Verfehlungen unmöglich machen, die eigenen Triebe zu kontrollieren, zumal das Treiben der Götter ja durch das Theater allgemein bekannt war (Quomodo libidines coercebunt qui Iovem, Herculem, Liberum, Apollinem ceterosque venerantur, quorum adulteria et stupra in mares ac feminas non tantum doctis nota sunt, sed exprimuntur etiam in theatris atque cantantur, ut sint omnibus notiora?; Lact. inst. 5, 10, 16). 54 Lact. epit. 7, 4; vgl. OLD 1981 s.v. trucido 2. Sowohl Lactanz als auch Tertullian erwähnen zwar die Raserei des Heros (furor: Lact. epit. 7, 4; furiae: Tert. nat. 2, 14, 8), verschweigen jedoch, daß diese ihren Ursprung bei Hera hatte, nicht bei Hercules selbst, und erwecken dadurch den Eindruck, er habe aus reiner Mordlust gehandelt.

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Aspekte des Genußmenschen und des Mörders, indem er feststellte, ein rasender Kindermörder und Trunkenbold könne unmöglich ein Gott sein55. Als einen Gewaltmenschen, der das Gastrecht mißbrauchte, indem er seinen Gastgeber Iphitos grundlos erschlug, stellte Athenagoras in seiner – vor dem Hintergrund von Christenverfolgungen an Marc Aurel und Commodus gerichteten – Legatio pro Christianis unter Zuhilfenahme eines Homerzitates den Alkiden dar; die Autorität Homers sollte sichtlich die Validität dieses Kritikpunktes bezeugen56. Für diesen Vertreter der Apologetik ist nach einem solchen Leben der Wahnsinn des Hercules die natürliche Folge, ebenso wie der selbstgewählte Flammentod. Die (Schand-)taten des Hercules – wie auch der anderen Figuren des heidnischen Pantheons – hätten ferner zugleich als Vorbild und Rechtfertigung für diejenigen unter ihren Verehrern gedient, die ähnlich handelten: alienum aliqui desiderat et hoc cum morte domini conatur implere: videat ut Herculis occiso Geryone Hiberas abegerit boves57. Der eifrige Konvertit Firmicus Maternus schrieb hier in der Mitte des 4. Jhs.n.Chr. dem Alkiden und zugleich denen, die ihn als Vorbild wählten, niedere Beweggründe zu und erklärte außerdem pauschal alle Heiden zu Sündern; seine Formulierung kann stellvertretend für die Ansichten vieler seiner Glaubensgenossen stehen und erklärt zu einem gewissen Teil die rigorose Ablehnung der Figuren des Mythos durch die Apologetik und Patristik: semina paene omnium scelerum a diis suis peccantium turba collegit et, ut perditus animus impune facinus posset admittere, ex praecedentibus facinorum exemplis maiore se auctoritate defendit58. II.2.2 Hercules’ Sexualleben Die vielfach in der antiken Literatur bezeugten sexuellen Eskapaden des Hercules boten den christlichen Schriftstellern eine besonders große Angriffsfläche. Die Weichen für das spätere unmoralische Verhalten stellte dabei nach Lactanz bereits die Geburt des Hercules, der durch einen Ehebruch gezeugt wurde; der Apologet scheint davon auszugehen, daß die Ausschweifungen des Alkiden durch die Umstände seiner Geburt prädeterminiert gewesen seien59. Vorbestimmt durch seine uneheliche Abstammung, ist sein Weg gesäumt von den verschiedensten Untaten, deren Opfer Frauen wie Männer wurden. Schon dadurch disqualifiziert er sich als Gottheit: quid tandem potuit in eo esse divini, qui suis ipse vitiis 55 Arist. apol. 11, 9. Aristides erwähnt Hercules in einer Aufzählung verschiedener heidnischer Götter wie Hephaistos und Ares, wobei er jeweils den Zuständigkeitsbereich – bei Hercules ist es der Kampf gegen Unholde – nennt sowie Gründe, weshalb es sich bei der betreffenden Figur eben nicht um eine Gottheit gehandelt haben kann (Arist. apol. 10f.). Zu Aristides vgl. allgemein Altaner, Aristides, Sp. 652–654. Den Wahnsinn und die Trunksucht des Hercules führt auch Clemens von Alexandria zusammen an und bezieht sich als Quelle auf die Tragödien Hercules Furens und Alkestis von Euripides; dem Dichter hält er zugute, mit seinen Werken das wahre Wesen der Götter enthüllt zu haben (Clem. Al. protr. 7, 5). 56 Athenag. leg. 29, 1 (vgl. Hom. Od. 21, 28f.). Zum historischen Hintergrund vgl. Marcovich, Legatio pro Christianis, 1f. 57 Firm. err. 12, 5. Als weitere Negativvorbilder, an denen sich die Heiden bei entsprechender Neigung orientieren sollten, nennt Firmicus Maternus unter anderem Jupiter (Vatermord und Blutschande: Firm. err. 12, 4), Apollo (Folter: Firm. err. 12, 5) und Mars (Massenmord: Firm. err. 12, 5). 58 Firm. err. 12, 5. Vgl. beispielsweise auch Arist. apol. 9, 8; Iust. Mart. apol. 2, 12, 5. 59 Hercules […] nonne orbem terrae […] stupris adulteriis libidinibus inquinavit? Nec mirum cum esset adulterio genitus Alcimenae (Lact. inst. 1, 9, 1). Vgl. Lact. epit. 7, 3: hic ne natus quidem honeste traditur, sed Alcimenae adulterio genitus.

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mancipatus et mares et feminas contra omnes leges infamia flagitio dedecore adfecit?60. Für Lactanz wiegen diese Verfehlungen so schwer, daß sie alle eigentlich positiv einzustufenden Taten des Jupitersohnes aufheben61. Auch schreibt er die Wanderungen des Hercules, die ihn von einer Tat zur nächsten führten, nicht der Suche nach Ruhm zu, sondern gibt libido als Motiv an sowie den Wunsch, möglichst viele Kinder zu zeugen62 – er reduziert also gewissermaßen Hercules auf diesen einen (unbestreitbaren) Charakterzug, auf den er jedes von ihm als solches verstandene Fehlverhalten zurückführt, und würdigt gleichzeitig seine Taten im allgemeinen herab, die aus niederen Beweggründen vollbracht worden seien. Ein Jahrhundert zuvor hatte bereits Tertullian in Bezug auf die sexuellen Vorlieben des Alkiden hervorgehoben, daß die Gelüste des Hercules sowohl Jungfrauen als auch Ehefrauen einschlossen, und gebrauchte zur Bezeichnung der daraus folgenden Taten den Ausdruck stuprum63. Diese Vokabel, oft vereinfachend übersetzt mit „Schändung“ – tatsächlich bezeichnet stuprum allgemein sexuelle Praktiken, die die traditionellen römischen Standards des Anstands verletzten –, macht deutlich, daß es sich bei den sexuellen Eskapaden des Hercules im Sinne christlicher Moralvorstellungen um Verbrechen handelte; ein Unterton moralischer Verurteilung existierte im übrigen bereits in vorchristlicher Zeit64. Lactanz gebrauchte das Wort später in einer Aufzählung der Schandtaten des Alkiden: Hercules […] nonne orbem terrae […] stupris adulteriis libidinibus inquinavit?65. Auf die Zeugung des Hercules geht ferner Clemens von Alexandria ein, der die Zügellosigkeit des Zeus hervorhebt66. Auch hier mag man von einer impliziten Kritik an Hercules selbst ausgehen, der in seinen sexuellen Ausschweifungen dem Vorbild seines Vaters nacheiferte. Tatsächlich erwähnt Clemens bereits wenige Zeilen später die „Beziehungen“, die Hercules mit den 50 Töchtern des Thespios67 in einer Nacht pflegte. Schon durch seine Wortwahl penth/konta Qesti/ou qugate/raj diafqei/raj prangert er diese Tat des Jupitersohnes als Verbrechen an68. Die Tatsache, daß er mit den 50 Jungfrauen Ehebruch beging (moixo/j), reicht für Clemens aus, Hercules mit Homer als sxe/tlioj und ai)suloergo/j zu bezeichnen69. 60 Lact. inst. 1, 9, 1. Vgl. auch Lact. epit. 7, 3: et ipse vitiis genitoris addictus nec feminis umquam nec maribus abstinuit. 61 Lact. inst. 1, 9, 1. 62 […] orbemque totum non tam gloriae quam libidinis causa nec tantum ad necandas beluas quantum ad serendos liberos peragravit (Lact. epit. 7, 3). 63 […] stupra virginum, uxorum […] (Tert. nat. 2, 14, 7). 64 Zum Konzept des stuprum s. Williams, Homosexuality, 103–109. Zur juristischen Verwendung s. Papin. dig. 48, 5, 6, 1; Ulp. dig. 3, 1, 1, 6; 23, 2, 43, 1. Vgl. Williams, Homosexuality, 130–136. 65 Lact. inst. 1, 9, 1. 66 Clem. Al. protr. 2, 28. 67 Eine Verwechslung der Namen Thespios und Thestios tritt häufig in den mittelalterlichen Handschriften auf, und besonders christliche Autoren verwendeten regelmäßig den falschen Namen Thestios (Kurmann, Kommentar, 263). Von den im Folgenden zitierten Autoren ist dies bei Gregor von Nazianz, Theodoret und Clemens von Alexandria der Fall. 68 Clem. Al. protr. 2, 28. 69 Clem. Al. protr. 2, 28. Vgl. Hom. Il. 5, 403. Clemens übernimmt hier die Lesung von Aristarchos, der ai)suloergo/j anstelle des in modernen Editionen verwendeten o)brimoergo/j verwendet (vgl. Liddell/Scott, Greek-English Lexicon, 43 s.v. ai)suloergo/j). Sowohl sxe/tlioj als auch ai)suloergo/j/o)brimoergo/j bezeichnen als Adjektive jemanden, der schlechte Taten vollbringt, oft in

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Die Episode in Thespiai wurde auch von anderen christlichen Autoren aufgegriffen. Im vierten Buch seines Werkes Adversus nationes stellt Arnobius ebenfalls zunächst die Ähnlichkeit im Verhalten von Jupiter und Hercules heraus, bevor er als Beispiel die Töchter des Thespios nennt. Dabei deutet er an, daß Hercules in seinen Ausschweifungen sogar noch erfolgreicher gewesen sei als sein göttlicher Vater, der neun ganze Nächte für die Zeugung des Hercules benötigt habe, während es Hercules gelungen sei, in einer Nacht gleich mit 50 Frauen zu schlafen. Laut Arnobius brachte Hercules die Thespiostöchter nicht nur dazu, sich ihm hinzugeben, sondern schwängerte sie auch noch70. Wie Clemens Alexandrinus fand auch Tatian in der zweiten Hälfte des 2. Jhs.n.Chr. deutliche Worte, die die Tat des Hercules in Thespiai verurteilen: […] kaiÜ o( taÜj penth/konta parqe/nouj […] diakoreu/saj71. Ähnlich wie Clemens impliziert Tatian hier ein gewaltsames Vorgehen des Alkiden, wie es auch andere christlichen Autoren im Zusammenhang mit seinen Liebesabenteuern schildern. Die Thespios-Episode wurde ebenfalls von Gregor von Nazianz in seiner vierten, gegen den Kaiser Julian gerichteten Rede thematisiert72. Wie Clemens stellte auch er eine Verbindung zu der Zeugung des Helden her, deren Dauer er mit drei Nächten angibt73. Den Beischlaf mit den 50 Thespios-Töchtern erklärt Gregor zur 13. Tat des Helden74, wobei er, im Unterschied zu den bereits genannten christlichen Autoren, nicht von einer Reihe von Vergewaltigungen auszugehen scheint, sondern die „Leistung“ des Alkiden vielmehr mit einem Kraftakt seinerseits, bedingt durch das Vorbild seines Vaters, gleichsetzt – eine Leistung, die seine Vergöttlichung rechtfertigt. Diese Aussage Gregors ist allerdings nicht wörtlich zu nehmen, sondern vielmehr im Sinne einer sarkastischen Kritik an dem Glauben, große Zeugungskraft sei Zeichen eines starken Gottes75. Dieselbe Episode greift Gregor ein weite-

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Form eines Frevels gegen die Götter wie in der relevanten Passage Hom. Il. 5, 392–404, in der die Verletzungen geschildert werden, die Hera und Hades von den Pfeilen des Hercules davontrugen. Vermutlich wollte Clemens damit andeuten, daß es sich bei den Schändungen der 50 Jungfrauen durch Hercules um einen gottlosen Frevel handelte, allerdings natürlich nicht bezogen auf die olympischen Götter, sondern auf den Christengott. […] Hercules […] in rebus huiusmodi patris sui transiret exuperaretque virtutes. Ille (sc. Iuppiter) noctibus vix novem unam potuit prolem extundere concinnare conpingere, at Hercules sanctus deus gnatas quinquaginta de Thestio (sic) nocte una perdocuit et nomen virginitatis exponere et genetricum pondera sustinere (Arnob. nat. 4, 26). Tat. orat. 21, 3. Zu dieser Rede existiert ein Kommentar aus dem 6. Jh.n.Chr., der dem sogenannten Pseudo-Nonnos zugeschrieben wird, einem sonst unbekannten christlichen Autor aus dem Ostreich (Nimmo Smith, Guide to Culture, xxxvif.). Erklärt werden in diesem möglicherweise für den Schulgebrauch bestimmten Werk mythologische Anspielungen, Sprichwörter und Anekdoten aus mehreren Texten Gregors von Nazianz unter Zuhilfenahme der klassischen Literatur (Nimmo Smith, Guide to Culture, xxxix–xliv). In dem Kommentar findet sich im übrigen die erste literarische Erwähnung von Hercules’ Zusammentreffen mit den Kerkopen überhaupt, das ansonsten nur in der griechischen Kunst thematisiert wurde, sowie die einzige Erwähnung einer Tötung des Kerberos durch den Alkiden (ebd., xli. xliii; Ps.Nonnos 4, 39. 51. 76). Hercules wird zweimal als trie/speroj bezeichnet (Greg. Naz. or. 4, 77. 122; vgl. Ps.Iust. Mart. or. 3, 1: trie/speroj )Alkei/dhj). Vgl. dazu Ps.Nonnos 4, 42. 91. Für Herakles Trihesperos s. auch Mal. 1, 14. Greg. Naz. or. 4, 77. 122; vgl. Ps.Nonnos 4, 42. 91. Vgl. dazu Kurmann, Kommentar, 262f. Kurmann, Kommentar, 263.

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res Mal in seiner Invektive auf und erklärt sie wiederum zur 13. Heldentat76. Dieser zweite Bezug auf die sexuellen Abenteuer des Hercules in Gregors vierter Rede erfolgt im Rahmen einer Erläuterung der Dinge, die die heidnischen Gottheiten die Menschen lehren. Anhand von Beispielen aus dem Mythos versucht der Kirchenvater dann zu beweisen, daß die alten Gottheiten nicht als Lehrmeister moralischen Verhaltens dienen könnten77, wobei Zeus und sein Sohn Hercules angeblich als Lehrer von Mäßigung (swfrosu/nh) und Enthaltsamkeit (e))gkra/teia) angesehen wurden, in Wirklichkeit jedoch das genaue Gegenteil vertraten78. In diesem Zusammenhang werden weitere Beispiele der vermeintlichen Unbeherrschtheit der heidnischen Götter angeführt, wie die Trunksucht des Dionysos und auch der große Appetit des Hercules, illustriert anhand des Viehdiebstahles auf Rhodos (s.u.) und des Spottnamens Bouqoi/naj („Ochsenfresser“)79. Der Kontext ist in der vorliegenden Rede, die die Form einer polemischen Invektive hat, im übrigen kein apologetischer oder theologischer, sondern vielmehr ein politischer, denn Gregor verhöhnt den Alkiden in einem Werk, in dem er den verstorbenen Kaiser Julian auf das schärfste verurteilt, den andere Zeitgenossen in panegyrischer Absicht mit Hercules verglichen hatten80. Theodoret von Kyrrhos führt Hercules’ Affäre mit den Thespios-Töchtern im Rahmen einer ganzen Reihe anderer Verfehlungen des Alkiden in seinem apologetischen Werk Graecarum affectionum curatio auf81. Auch er spricht in diesem Zusammenhang von der 13. Tat des Helden. Der Bischof sieht darin eine ausreichende Illustration der proai/resij des Lebens des Hercules82 – Theodoret scheint also davon auszugehen, daß die Liebesnacht mit den Thespiostöchtern exemplarisch für alle anderen Taten des Hercules stehen kann, wodurch er diese aus christlicher Sicht für unwürdig erklärt. Im Anschluß thematisiert er die Untreue des Hercules gegenüber seiner Gemahlin Deianeira, die schließlich zu seinem Tod führte83 – nach christlichen Moralvorstellungen sicherlich verdientermaßen. Ein weiterer Kritikpunkt in Bezug auf die amourösen Abenteuer des Jupitersohnes, den christliche Autoren wiederholt anführen, ist die Tatsache, daß sich die sexuellen Ausschweifungen des Hercules nicht auf Frauen beschränkten, sondern, deutlich dem christ76 In seinem Kommentar bezeichnet A. Kurmann die Zählung dieser Episode zu den kanonischen Taten als einen „traditionellen Witz“, ohne jedoch hierfür Belege anzugeben (Kurmann, Kommentar, 413). 77 Gregor führt an dieser Stelle beispielsweise Kronos an, der den eigenen Vater kastrierte, und Zeus, der sich wiederum gegen Kronos erhob, so daß diese Mythen nicht dazu dienen konnten, Achtung und Liebe gegenüber den Eltern zu lehren (Greg. Naz. or. 4, 121). 78 Greg. Naz. or. 4, 122. 79 Greg. Naz. or. 4, 103. 122; vgl. or. 4, 77. Bei der Freßsucht des Hercules handelt es sich, wie oben bereits angesprochen, um einen Topos, der schon in der Alten Komödie auftauchte, wo der übermäßige Appetit des Heros als komisches Element präsentiert wurde (Galinsky, Heracles Theme, 84f.). Vgl. auch Ps.Nonnos 4, 41. Laut Eusebius wurde Hercules von einem noch stärkeren Gott besiegt, der Trunksucht (Eus. l. C. 7, 4). Die Tatsache, daß Hercules gerne dem Wein zusprach, berichtet Macrobius im 5. Jh.n.Chr. als Faktum, ohne jedoch eine moralische Wertung einfließen zu lassen (Macr. Sat. 5, 21, 16–17: Hercules ist ebrius und multibibus). 80 S. Kap. B III.1. Zur Intention des Werkes s. Nimmo Smith, Guide to Culture, xxv–xxvii. 81 Theod. gr. aff. cur. 8, 16. Die Passage über Hercules beginnt mit der Behauptung, Hercules sei ein Mensch gewesen, wobei Theodoret sich auf Platon bezieht, der Amphitryon, nicht Zeus zum Vater des Helden erklärt habe (Theod. gr. aff. cur. 8, 12). 82 Theod. gr. aff. cur. 8, 16. 83 Theod. gr. aff. cur. 8, 16f.

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lichen Verständnis von Moral entgegenlaufend, mit dem später von Nymphen geraubten Hylas auch einen Mann einschlossen84. Clemens spricht, im Anschluß an die Erwähnung der Thespios-Episode, ganz allgemein von pai/dwn […]fqora/j, bevor er Hylas namentlich erwähnt, wobei bereits die Wortwahl das Urteil des Kirchenvaters über dieses Verhalten beinhaltet85. Verschiedene andere christliche Autoren griffen in ihren Werken die HylasEpisode auf, um das in ihren Augen verwerfliche Handeln des Hercules zu illustrieren86. Verbunden wird die Kritik an dem homoerotischen Verhältnis mit Hylas dabei wiederholt mit der sich daraus ergebenden Verfehlung: um sich auf die Suche nach dem Geliebten machen zu können, verließ Hercules die Argo und seine Gefährten, die sich auf dem Weg nach Kolchis befanden. Der Alkide wird also zusätzlich der Treulosigkeit angeklagt87. Diese kombinierten Vorwürfe erhebt Tertullian, dessen Aufzählung sich bis hin zum Verhältnis mit Hylas und dem sich daraus ergebenden Verrat an den Gefährten steigert; die homoerotische Beziehung des Hercules wird demnach als die schlimmste seiner sexuellen Verfehlungen betrachtet88. Im späten 4. Jh.n.Chr. vergleicht Prudentius im ersten Buch seines Gedichts Contra Symmachum die Suche nach dem jungem Mann nach dessen Entführung durch die Nymphen mit der Suche nach einer verlorenen Ehefrau, und läßt somit keinen Zweifel über die Art der Beziehung zwischen Hercules und Hylas aufkommen, wobei er noch besonders hervorhebt, daß die beiden gemeinsam unter dem Löwenfell lagen, also dieses Zeichen der Heldenhaftigkeit als Deckmantel für ihr nach christlichem Verständnis unmoralisches Handeln mißbrauchten89.

84 Dieser Vorwurf wurde auch wiederholt gegen andere Götter erhoben, und der Fall des Hercules wird gelegentlich nur unter ihnen eingereiht, ohne daß näher auf die Hylas-Episode eingegangen wird. Vgl. dazu Clem. Al. protr. 2, 28; Firm. err. 12, 2. Beide Autoren nennen die Götterlieblinge Hylas, Hyacinthus, Pelops, Chrysippus und Ganymed, wobei Firmicus im Rahmen seiner Aufzählung von Negativexempeln, denen die Heiden angeblich folgten, Hercules und Jupiter zur Illustration der Knabenliebe verwendet (vgl. Iust. Mart. apol. 2, 12, 5: Zeus als Rechtfertigung für den Akt des a)ndrobatei=n). Auch bei Arnobius wird Hylas nur gemeinsam mit anderen Geliebten von Göttern genannt (Arnob. nat. 4, 26). Sichtlich gingen die Autoren davon aus, daß ihre Leser mit den entsprechenden Mythen vertraut waren, und konnten so teilweise auch auf die Nennung von Namen verzichten (Hercules wird nicht genannt bei Arnobius und Clemens, während Tertullian wiederum Hylas nicht namentlich erwähnt). 85 Clem. Al. protr. 2, 28. Fqora/ kann im allgemeinen Sinne als „Zerstörung“ übersetzt werden, wird aber auch speziell zur Bezeichnung einer Verführung oder Vergewaltigung verwendet (Liddell/Scott GreekEnglish Lexicon, 1930 s.v. fqora/). 86 Vgl. dazu allgemein Weber, Dracontius, 122–127. 87 Vgl. dazu bereits Theoc. Ep. 13, 73: Hercules wird von der Besatzung der Argo als λιποναύτης geschmäht, weil er für die Suche nach Hylas die Gefährten verlassen hat und zu Fuß nach Kolchis reisen muß. Theokrit scheint in Hercules jedoch eher ein Opfer des Eros zu sehen als einen treulosen Gefährten wie die christlichen Autoren (Theoc. Ep. 13, 1–6. 71). 88 Adicite potius titulis Herculanis stupra virginum, uxorum et fascias Omphales et ob decori pueri amissionem foede desertam militiam Argonautarum (Tert. nat. 2, 14, 7). S. dazu Weber, Dracontius, 126. 89 Nec maris erubuit Nemea sub pelle fovere/concubitus et Hilan pereuntem quaerere caelebs (Prud. c. Symm. 1, 118f.). Die Verwendung der beiden Vokabeln concubitus und caelebs unterstreicht die Tatsache, daß es sich nicht um eine reine Freundschaft handelte, sondern daß die Beziehung eindeutig eine sexuelle Komponente hatte. Das gewöhnlich nur im Zusammenhang mit Männern verwendete caelebs kann sowohl verwitwet als auch unverheiratet bedeuten (OLD 251 s.v. caelebs 1). Concubitus deutet ganz explizit auf einen sexuellen Akt hin (OLD 392 s.v. concumbo).

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II.2.3 Hercules bei Omphale90 Die Versklavung des Hercules durch Omphale ist ein weiterer beliebter Angriffspunkt christlicher Autoren91, wobei zurückgegriffen wurde auf den griechisch-römischen Stereotyp des effeminierten Mannes (mollis)92. Besonders kritisch äußerte sich zu Beginn des 3. Jhs.n.Chr. Tertullian in De pallio, seiner Verteidigung des palliums als dem angemessenen Kleidungsstück für einen Christen (anstelle der Toga), über die fragliche Episode des Mythos93. Diese führt er im Rahmen eines Abschnitts über die unangemessene Verwendung von Kleidung an, wobei er zuvor Achilles kritisiert, der sich in seiner Jugend als Mädchen verkleidete, sowie (quasi-)historische Figuren wie den assyrischen König Sardanapallus und den Boxer Kleomachos94. Als Beweggrund für die freiwillige Sklaverei des Hercules nennt er Wollust (libido)95. Das Verhältnis zwischen Hercules und Omphale ist für ihn nichts anderes als eine gegenseitige Prostitution: tantum Lydiae clanculariae licuit, ut Hercules in Omphale et Omphale in Hercule prostitueretur96. Seiner Ansicht nach sollten die Menschen sich eines solchen Verhaltens schämen und Hercules dafür nicht auch noch verehren97. 90 Zu diesem Punkt s. Eppinger, Hercules cinaedus, passim. 91 Die Beurteilung des Dienstes bei Omphale als Schande hat bereits einen Vorläufer in den Trachinierinnen des Sophokles, wo der Bote Lichas nur sehr zögerlich von der Versklavung seines Herrn spricht und den Kleidertausch zwischen Hercules und Omphale verschweigt (Cyrino, Heros in D(u)ress, 217f.; Soph. Trach. 248–257). Ovid legt in den Heroides Deianeira eine beißende Kritik am weibischen Verhalten ihres Mannes in den Mund, die sowohl den Transvestismus als auch die Erledigung weiblicher Arbeiten einschließt (Ov. epist. 9, 53–118). In den Fasti hingegen wird die CrossDressing-Episode als aition für die Nacktheit der luperci herangezogen, wobei der Ton humorvoll ist und keine moralische Verurteilung des Heros erkennbar wird (Ov. fast. 2, 303–358). In augusteischer Zeit war laut S. Ritter die mythische Erzählung politisiert worden, indem man sie benutzte, um das Verhältnis zwischen M. Antonius und Kleopatra zu charakterisieren und damit die Person des Antonius, der sich auf eine Herkunft von Hercules berief, zu diskreditieren (Ritter, Hercules, 81f. 84. 87). Gegen diese nur auf sehr wenigen Zeugnissen basierende Deutung spricht sich O. Hekster überzeugend aus (Hekster, Counter-Propaganda, 159–166). In der modernen Forschung wurde gelegentlich versucht, die Episode herunterzuspielen, indem man sie zu einer nachträglichen hellenistischen beziehungsweise römischen Erfindung erklärte, um die Männlichkeit des Heros nicht in Frage zu stellen. Sowohl in der Literatur als auch in der bildenden Kunst tritt allerdings der in Frauenkleider gewandete Hercules bereits im 5. Jh.v.Chr. auf (Cyrino, Heroes in D(u)ress, 214f. 218f.). Spätere nichtchristliche Autoren führten die Omphale-Episode ebenfalls an, verzichteten allerdings häufig auf den Aspekt des Kleidertausches (so beispielsweise Apollod. 2, 131–133 (Dräger) und Diod. 4, 31, 5–8, wo keinerlei Details über die Zeit der Knechtschaft genannt werden). Vgl. Cyrino, Heroes in D(u)ress, 219f. 92 S. dazu allgemein Williams, Homosexuality, 139–141; cf. TLL VIII Sp. 1378, 13–1379, 52 s.v. mollis; Sp. 1384, 22–76 s.v. mollitia. 93 Zur Problematik des Textes De pallio vgl. allgemein Hunink, Commentary, 12–24. 94 Tert. pall. 4, 2; 4–5. Tertullian hebt besonders hervor, daß Achilles zu dem Zeitpunkt, da er unter den Töchtern des Lykomedes auf Skyros lebte, kein Kind mehr war, bei dem man ein solches Verhalten toleriert hätte, sondern ein junger Mann, dem bereits der Bart wuchs, was die Verkleidung als Frau sichtlich in seinen Augen besonders schändlich macht (zum Transvestismus des Achilles vgl. Cyrino, Heroes in D(u)ress, 226–238). 95 Tert. pall. 4, 3. Das Motiv für das Ausstaffieren als Frau ist nicht wie bei Achilles die Fürsorge seiner Mutter, sondern vielmehr die eigene Lust, was den Fall des Hercules noch schwerwiegender macht als den des Achilles (Hunink, Commentary, 194). 96 Tert. pall. 4, 3. Der Rollentausch der beiden wird hier zusätzlich durch das Stilmittel des Chiasmus

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Tertullian betont besonders den Kontrast zwischen den früheren, doch immerhin männlichen Taten des Heros98 und dessen schändlichem Verhalten als freiwilliger Diener der Omphale, bevor er beschreibt, wie das Löwenfell gereinigt und gekämmt wird, um es für die Königin tragbar zu machen99. Der Apologet hebt die vollkommene Erniedrigung des Hercules hervor, indem er sein charakteristisches Attribut zu einem mit Balsam und Öl behandelten Frauenkleid macht. Die Beschreibung der Entweihung des Löwenfells durch diese Pflegemaßnahmen erweckt hier beinahe den Eindruck von Wehmut über die unangemessene Behandlung dieses Zeichens der Sieghaftigkeit, wobei zu beachten ist, daß Tertullian wie seine Glaubensgenossen die Siege des Hercules über monströse Gestalten nicht als verehrungswürdige Großtaten ansieht100 – die ganze Passage ist also in ironischem Licht zu lesen, zumal sie aus der Sicht des Löwenfells geschildert wird, das sich erniedrigt sieht101. Das Fell kann dabei pars pro toto für den Heros stehen: was Hercules in seiner Erniedrigung nicht selbst zum Ausdruck bringen kann, wird dem Löwenfell in den Mund gelegt. So wie das Fell weich gemacht wurde (mollitas102), so wurde auch Hercules selbst durch seine Selbsterniedrigung mollis, eine verachtenswerte, weibische Erscheinung. Auch den unwürdigen Umgang mit den charakteristischen Waffen des Hercules, der Keule und den Pfeilen, thematisiert Tertullian. Sie werden am lydischen Hof wie das Löwenfell einer schmachvollen Behandlung unterzogen. Die Keule, die doch nach den zerschmetterten Hirnen von Diomedes, Busiris und Geryoneus stinken sollte, wird gesalbt (und fühlt sich durch den Kontakt mit dem Parfum sichtlich beleidigt), und das angetrocknete Blut der Hydra und der Kentauren wird mit einem Bimsstein von den Pfeilen abgekratzt, um mit deren Hilfe dann einen Kranz zu flechten103. Am Ende der relevanten Passage aus De pallio hebt Tertullian noch einmal den Kleidertausch zwischen Hercules und Omphale hervor, indem er auf das lächerliche Bild hinweist, das die Königin im Löwenfell abgebe, woraus man auf das Aussehen des ihre seideveranschaulicht (Hunink, Commentary, 196). 97 Tametsi adoratur a vobis qui erubescendus est, ille scytalosagittipelliger, qui totam epitheti sui sortem cum muliebri compensavit (Tert. pall. 4, 3). Die interessante Wortschöpfung scytalosagittipelliger („Keulen,- Pfeil- und Fellträger“) ist als spöttisch gemeinter, pseudo-heroischer Spitzname zu verstehen. Es ist auffallend, daß Tertullian bei dieser ersten Erwähnung des Alkiden im Text dessen Namen nicht nennt; offensichtlich konnte er davon ausgehen, daß jeder Leser das Epitheton automatisch mit Hercules in Verbindung bringen würde. Hinsichtlich der Herkunft von scytalosagittipelliger, laut V. Hunink „one of the most remarkable words in this speech, and in Latin literature as a whole“, ist anzumerken, daß es wohl einem griechischen Wort entlehnt wurde, möglicherweise aus einem Werk der Dichtung. Eine Neuschöpfung durch Tertullian selbst hält Hunink für eher unwahrscheinlich (Hunink, Commentary, 194f.). 98 Er führt Diomedes, Busiris, Geryoneus, die Hydra und die Kentauren als Gegner an (Tert. pall. 4, 3). Eine Parallele für diese Gegenüberstellung der Taten mit der Schande des Helden findet sich in Ov. epist. 9, 69–72. 84–102. 99 Tert. pall. 4, 3. 100 Vgl. Tert. nat. 2, 14, 1–5. 101 Hunink, Commentary, 202. 102 Tert. pall. 4, 3. 103 Tert. pall. 4, 3. Die Vorstellung, daß die Pfeile des Hercules wie Nadeln dazu benützt werden konnten, einen Kranz herzustellen, scheint Tertullian selbst erfunden zu haben, möglicherweise um die Arbeit des Hercules am Spinnrad der Omphale noch weiter ins Lächerliche zu ziehen (Hunink, Commentary, 200).

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nen, körperbetonenden Kleider tragenden Hercules schließen könne104. Die Verwendung der Vokabel scortum statt pellis für das Fell stellt dabei in einem Wortspiel eine Verbindung zu dem oben zitierten prostituere her: das geschlechtsneutrale scortum ist neben dem weniger pejorativ verstandenen meretrix der häufigste Begriff für „Prostituierte, Hure“ und war seit Plautus sogar die Standardbezeichnung für männliche Prostituierte105. Folglich wird implizit die moralische Verwerflichkeit des Rollentausches betont, die die Verweiblichung des Helden durch seine sexuelle Unterordnung beinhaltet; männliche Prostituierte wurden ferner in erster Linie, wenn auch nicht ausschließlich, mit passiver Sexualität in Verbindung gebracht, was mit dem römischen Ideal von Männlichkeit nicht zu vereinbaren war106. Prostituierte waren immer Ziel von Schmähungen und Verachtung107; mit der Verurteilung des entsprechenden Sexualverhaltens bewegt sich Tertullian demnach in den traditionellen Bahnen römischer Diskurse der Sexualität. Die Omphale-Episode erwähnt Tertullian ein weiteres Mal, gemeinsam mit anderen sexuellen Verfehlungen des Hercules, in seinem Werk Ad nationes. Dabei beschränkt er sich ohne nähere Ausführungen auf die Nennung der fasciae Omphales108. Unter dem Begriff fascia ist in diesem Zusammenhang das von römischen Frauen für das Binden der Brust verwendete Stoffband zu verstehen, welches Hercules auch bei Properz trägt109. Der Apologet ging sichtlich davon aus, daß diese knappe Formulierung zur Verdeutlichung des Sachverhaltes ausreichte; wurde in De pallio das Löwenfell in ein Kleidungsstück für Frauen verwandelt, so wird die Erniedrigung des Hercules hier verdeutlicht durch seine Übernahme eines geschlechtsspezifischen, ausschließlich von Frauen verwendeten Artikels: in seinem weibischen Wesen scheute sich der Alkide nicht, die antike Version eines Büstenhalters anzulegen. Etwa zeitgleich mit Tertullian griff Pseudo-Justin kurz auf diese Episode aus dem Leben des Helden zurück; er lieferte im späteren 2. oder frühen 3. Jh.n.Chr. in der apologetischen Oratio ad Graecos eine Aufzählung einiger der wichtigsten Taten des Alkiden, darunter die Tötung des Löwen von Nemea und der lernäischen Hydra110; diese verwendet er jedoch nur, um den Kontrast zu den in seinen Augen verwerflichen Aspekten des Mythos zu verdeutlichen. Die Taten werden entwertet durch die Erniedrigung bei Omphale, die der Heros u(poÜ gunaikei/ou e)/rwtoj h(tthqei/j gerne akzeptiert habe111. Den in seinen Augen schändlichen und eines Helden wie eines Halbgottes unwürdigen Dienst für die lydische Königin verurteilte auch Origenes ganz entschieden. Im dritten Buch seines Werkes Contra Celsum erwähnt er neben nicht weiter ausgeführten „Zuchtlosigkeiten“ auch die „weibische Knechtschaft“ bei Omphale112. Origenes kombiniert 104 105 106 107 108 109 110 111 112

Tert. pall. 4, 3; vgl. Hunink, Commentary, 204. OLD 1709 s.v. scortum; vgl. Adams, Prostitute, 321f. 325f. Vgl. Williams, Homosexuality, 90f. Williams, Homosexuality, 40. 48. Tert. nat. 2, 14, 7. Prop. 4, 9, 49; vgl. OLD 677 s.v. fascia 2a; TLL VI, 1 Sp. 297 s.v. fascia. Ps.Iust. Mart. or. 3, 1–3. Ps.Iust. Mart. or. 3, 3. Orig. c. Cels. 3, 22. Diesen Punkt führt der Apologet auf Celsus’ Kritik hin an, daß die Christen Hercules, Asklepios, Dionysos und die Dioskuren nicht verehrten, die alle von Menschen zu Göttern geworden seien (ebenda macht er Dionysos das Tragen von Frauenkleidern zum Vorwurf, das Ter-

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später diesen Aspekt der a/)semnoj doulei/a noch zusätzlich mit dem Vorwurf des Viehdiebstahls von Rhodos und damit verbunden mit dem der Freßsucht, zumal er den gestohlenen Ochsen auch gleich verspeiste. Für ihn ist Hercules neben einem „weibischen“ Mann auch ein gemeiner Straßenräuber, der Bauern das Vieh stiehlt113. Sowohl seine Zeit als Sklave der Omphale als auch sein übermäßiger Appetit werden hier als Beweise für die generelle Unbeherrschtheit des Alkiden angeführt, der seine verschiedenen Triebe sichtlich nicht kontrollieren konnte. Ausführlicher widmet sich Lactanz der Knechtschaft bei Omphale und der daraus resultierenden Demütigung des Helden; er sieht darin eine detestabilis turpitudo114, handelt es sich bei dieser Unterordnung doch um die größtmögliche Schmach für einen Mann, die Hercules ja insofern willig auf sich nahm, als er zum Geliebten der Omphale wurde115. Beachtenswert erscheint in diesem Zusammenhang, daß turpitudo häufig in Verbindung mit Prostitution verwendet wurde, im Sinne von „indiscriminate sexual behaviour“ und der sich daraus ergebenden „social/sexual disgrace“116; es liegt hier gewissermaßen ein Echo der ein Jahrhundert zuvor von Tertullian explizit geäußerten Kritik am Verhältnis von Hercules und Omphale vor. Als Motiv für sein verachtenswertes Verhalten nennt Lactanz die voluptas des Helden117. Während der Apologet dem Dienst für Eurystheus – vermutlich im Hinblick auf die Beseitigung der zahlreichen Ungeheuer – immerhin noch eine gewisse Ehrenhaftigkeit abgewinnen kann, ist die Unterwerfung unter die Königin eine Schande118. Dieser Kritikpunkt ist nicht als spezifisch christlich anzusehen, sondern läßt die traditionelle römische Sicht auf ein solches Verhalten erkennen, wonach die freiwillige Unterwerfung eines Mannes gegenüber einer Frau, zumal einer orientalischen Frau, als schmachvoll und effeminiert galt119.

tullian an Hercules kritisiert hatte: Orig. c. Cels. 3, 23). 113 Zu dem Viehdiebstahl vgl. auch Greg. Naz. or. 4, 77. 122; Lact. inst. 1, 21, 32–35; Lact. epit. 18, 9. Mit der Aufzählung der Missetaten des Hercules in Orig. c. Cels. 7, 54 antwortet Origenes auf eine vorher zitierte Aufforderung des Celsus an die Christen, sie hätten sich, wenn sie schon eine neue Lehre einführen wollten, eine der Personen aussuchen sollen, die, anders als Christus, einen edlen Tod starben und über die es Mythen gibt, wie Hercules oder Asklepios (Orig. c. Cels. 7, 53). Leider kann heute nicht mehr nachvollzogen werden, inwiefern Hercules möglicherweise in anti-christlichen Schriften heidnischer Philosophen eine Rolle spielte, da solche Werke uns nicht erhalten sind (Frede, Against Celsus, 134f.). 114 Lact. inst. 1, 9, 7. 115 Die ursprüngliche Version des Mythos sah in dem Dienst für Omphale eine Strafe für den Mord an Iphitos (Apollod. 2, 131 [Dräger]; Diod. 4, 31, 3–6). Daß Hercules sich in Omphale verliebte und sich ihr freiwillig unterwarf, ist wohl eine Entwicklung der klassischen und hellenistischen Epoche, die die Römer übernahmen. Der Darstellung von Ovid, Seneca und Statius war ein Jahrhundert vor Lactanz schon Tertullian gefolgt, der sich damit also durchaus im Rahmen der römischen Tradition bewegte (Hunink, Commentary, 196). 116 McGinn, Prostitution, 132–134. 117 Lact. inst. 1, 9, 7. 118 Nam illud quidem nemo negavit, Herculem non Eurystheo tantum servisse regi, quod aliquatenus honestum videri potest, sed etiam impudicae mulieri Omphalae, quae illum vestibus suis indutum sedere ad pedes suos iubebat pensa facientem (Lact. inst. 1, 9, 7). 119 Williams, Homosexuality, 150f.

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Denselben Punkt greift Lactanz auch in der von ihm selbst verfaßten Epitome der Divinae institutiones auf. Dabei bringt er noch einen neuen Aspekt ein, indem er betont, daß Hercules trotz seiner Unbesiegbarkeit von Omphale unterworfen worden sei: cumque esset invictus, ab una tamen Omphale triumphatus est120 – was also Menschen und Göttern nicht gelang, das vollbrachte eine sterbliche Frau. Damit möchte der Apologet wohl andeuten, daß Hercules kein großer Held gewesen sein kann, wenn er doch so schmählich der Omphale und damit seinen eigenen Trieben unterlag. Auf den Kleidertausch geht Lactanz ebenfalls in der Epitome ein, indem er betont, daß der Alkide der Königin Keule und Fell übergab, bevor er, in ihren Kleidern ihr zu Füßen sitzend, das ihm zugeteilte Pensum an Wolle spinnen mußte121. Die Wortwahl beinhaltet hier bereits das eindeutige Urteil des Kirchenvaters über ein solches Verhalten; das Partizip abiectus, zumal in der parallelen Konstruktion mit indutus, impliziert die moralische Verworfenheit des Hercules als Folge des Kleidertauschs122. Im zehnten Buch seines Liber peristephanon sprach zwei Jahrhunderte später Prudentius in zwei Versen den Dienst des Hercules für Omphale an. Ohne auf die Frage des Kleidertausches einzugehen, beschränkt er sich auf das Bild des die Spindel drehenden Hercules123. Als Motiv für die Selbsterniedrigung durch das Leisten der typisch weiblichen Arbeit des Spinnens impliziert Prudentius, wie schon Tertullian vor ihm, Lust: cur, si Neaerae non fuit ludibrio?124 – er macht sich freiwillig zu einem Objekt des Spotts, was einmal mehr seine unmännliche Unterwerfung unter den (auch sexuellen) Willen einer Frau hervorhebt. Mit Neaera muß in diesem Fall Omphale gemeint sein125; sichtlich konnte Prudentius davon ausgehen, daß seine Leserschaft die Anspielung auf die lydische Königin verstehen würde. Mit seinem Verhalten reiht Hercules sich bei Prudentius unter die anderen heidnischen Götter ein: in der entsprechenden Passage überzieht der Dichter die Figuren des paganen Kultes wie auch die Kulthandlungen selbst mit Hohn und Spott, gibt sie der Lächerlichkeit preis und beklagt, daß Römer sich soweit erniedrigten, eine solche Religion zu praktizieren; gerade die sexuellen Eskapaden der Götter sind bei Prudentius ein Hauptangriffspunkt126. Daß auch andere Götter zeitweise versklavt wurden, bestärkte die christlichen Polemiker in ihrer Einschätzung dieser Ereignisse als Zeugnisse der Unwürdigkeit der heidnischen Gottheiten. Mit Hercules, Apollo und Neptun und den Diensten, die sie Sterblichen erwiesen, wählten Clemens von Alexandria und Minucius Felix dieselben Beispiele aus, um diesen Punkt zu veranschaulichen, wobei Clemens den Dienst für Omphale nennt,

120 Lact. epit. 7, 4. Dieses Motiv findet sich bereits in Ovids Heroides: epist. 9, 107f. 114. 121 Cui (sc. Omphalae) clava et spolio leonis tradito indutus ipse feminea veste atque ad pedes mulieris abiectus pensa quae faceret accepit (Lact. epit. 7, 4). 122 OLD 6 s.v. abiectus 3a. 123 Fusos rotantem cernimus Tirynthium (Prud. perist. 10, 239). 124 Prud. perist. 10, 240. 125 Mit dem Namen Neaera wird allgemein eine junge Geliebte bezeichnet; diese Verwendung findet sich bei Vergil (Verg. ecl. 3, 3) und Horaz (Hor. carm. 3, 14, 21), jedoch ohne den negativen Unterton, der bei Prudentius mitschwingt (vgl. Prud. c. Symm. 1, 139). 126 Prud. perist. 10, 146–265.

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Minucius Felix hingegen die Tat der Säuberung der Augiasställe, beides gleichermaßen unwürdige Tätigkeiten für einen Gott127. II.2.3.1 Hintergrund der Kritik an der Omphale-Episode In der Verurteilung der Omphale-Episode lassen sich deutliche Anklänge finden an die traditionelle Verachtung effeminierten Verhaltens, im Fall des Hercules zum Ausdruck gebracht durch das Tragen von Frauenkleidern und das Verrichten weiblicher Tätigkeiten sowie durch seine Unterwerfung unter den Willen einer Frau. In diesem Kontext kann das antike Konzept des cinaedus bemüht werden, des Mannes, der außerhalb der Kategorien sexueller Vorlieben in Bezug auf sein Gender-Empfinden und -Verhalten von der Norm abwich. Der cinaedus zeichnete sich aus durch mollitia, eine „weibische“ Weichheit, die sich in einer mangelnden Fähigkeit, seine Triebe zu kontrollieren, ausdrückte128, was Hercules, wie oben gezeigt, auch in anderen Zusammenhängen vorgeworfen wurde. Besonders seine zahllosen sexuellen Abenteuer passen zum an sich paradoxen Bild des weibischen Ehebrechers129. Entsprechende Erwähnungen in literarischen Zeugnissen zeigen, daß das Bild des effeminierten Mannes auch christlichen Autoren geläufig war und bis mindestens in das 5.Jh.n.Chr. Relevanz besaß130. In Bezug auf Hercules kann der Rückgriff auf diese traditionellen Diskurse dahingehend gedeutet werden, daß die christlichen Autoren sich bewußt waren, daß eine auf biblischen Verurteilungen von transvestitischem oder weibischem Verhalten basierende Argumentation ein heidnisches Publikum nicht überzeugen würde131, daß jedoch das „Schreckgespenst“ des verachteten effeminatus durchaus Überzeugungskraft haben mochte. Um das Publikum von der Verächtlichkeit des größten aller heidnischen Heroen, der als exemplum virtutis allenthalben geachtet wurde, zu überzeugen, bedurfte es daher eines Mittels um aufzuzeigen, daß sich der Held eben nicht durch virtus, sondern vielmehr durch einen weibischen Mangel an derselben auszeichnete. II.2.4 Hercules’ Tod und die Frage der Unsterblichkeit Die Umstände des Todes des Hercules wurden wiederholt von christlichen Autoren angesprochen, wobei ihre Argumentation auf den Beweis abzielte, daß Hercules keine Gottheit, sondern nur ein sterblicher Mensch war, der auf dem Berg Oita mit seinem Tod konfrontiert wurde, ohne die Möglichkeit einer Errettung in die Unsterblichkeit. Die Betonung liegt dabei in der Hauptsache auf seinem Flammentod und der Tatsache, daß er sich selbst auf den Scheiterhaufen stürzte132. Häufig wird allein diese Episode in Bezug auf Hercules genannt, was darauf schließen läßt, daß der Selbstmord des Alkiden und die spezielle Form durch Selbstverbrennung als besonders kritikwürdig angesehen wurden.

127 Clem. Al. protr. 2, 30; Min. Fel. 23, 5. Firmicus Maternus verzichtet auf das Beispiel des Hercules und nennt nur Apollo und Neptun (Firm. err. 12, 8). 128 Williams, Homosexuality, 139f. 145–148. 151–156.193–200. 232f. 129 Williams, Homosexuality, 157. 130 Z.B. Cael. Aur. chron. 4, 9, 131–7; Firm. err. 6, 7; Prud. ham. 282–295; Prud. perist. 14, 67–78. Vgl. dazu Kuefler, Eunuch, 214–221. 131 Biblische Verurteilung: Dt. 22, 5; 1. Kor. 6, 9; vgl. Tert. idol. 16, 2. Dazu Kuefler, Eunuch, 166f. 132 Vgl. Firm. err. 7, 6; 12, 8; Iust. Mart. apol. 1, 21, 2; Min. Fel. 22, 7; Ps.Iust.Mart. or. 3, 3; Tat. orat. 21, 3; Thphl. Ant. Autol. 1, 9.

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Wiederum ist es Lactanz, der im Rahmen seiner Herculeskritik verhältnismäßig ausführlich auf den Tod des Helden eingeht: postremo sumpta Deianirae coniugis veste, cum difflueret ulceribus, doloris impatiens rogum sibi in Oetaeo monte construxit eoque se vivum cremavit133. Man mag hier den impliziten Vorwurf eines Selbstmordes herauslesen: anders als Christus war Hercules nicht in der Lage, seine Schmerzen zu ertragen, und setzte seinem Leben selbst ein Ende134. Zumindest sieht der Apologet in der Selbstverbrennung den Beleg, daß Hercules keine Gottheit gewesen sein kann: sic efficitur ut, etiamsi ob virtutem deus credi non potuisset, ob haec tamen homo fuisse credatur135. Zur Untermauerung dieser These führt er das Zeugnis des Philoktet an, der der Selbstverbrennung beiwohnte: er habe beobachtet, wie der Körper des Hercules zu Asche wurde, und diese auf dem Berg bestattet – für Lactanz sichtlich ein eindeutiges Indiz für die sterbliche Natur des Jupitersohnes136. Mit seinem Ende eng verbunden ist die Problematik der Herkunft des Hercules, dessen göttliche Abstammung von den Kirchenvätern und Apologeten geleugnet wurde. Sie schlossen sich damit der euhemeristischen Deutung an, nach der die heidnischen Götter alle ursprünglich Menschen waren, denen man aufgrund außergewöhnlicher Leistungen oder Verdienste den Status eines Gottes zusprach137. Hercules wird häufig im Rahmen einer Aufzählung solcher Personen genannt, zu denen Aesculapius, Bacchus, Castor und Pollux zählen138. Im Rahmen seiner Erörterung über die Geburt der heidnischen Götter aus der Vereinigung von Mann und Frau nennt Lactanz beispielsweise Hercules gemeinsam mit Apollo, Bacchus, Mercur und Jupiter; wer auf diese menschliche Art und Weise gezeugt und geboren wurde, kann laut seiner Argumentation keine Gottheit sein139.

133 Lact. epit. 7, 5. 134 In der Bibel selbst findet sich an keiner Stelle eine Verurteilung des Selbstmordes (Hofmann, Suizid, 43). Tatsächlich war Lactanz der erste christliche Schriftsteller, der explizit die Selbsttötung als Verstoß gegen das fünfte Gebot und damit als Sünde im christlichen Sinne verurteilte (Lact. epit. 59, 5; inst. 3, 18, 6–7; vgl. Hofmann, Suizid, 50). Dementsprechend ist davon auszugehen, daß er den Selbstmord des Hercules in ebendiesem Kontext nach seinem religiösen Empfinden als verwerflich ansah. 135 Lact. epit. 7, 5. 136 Lact. inst. 1, 9, 11. In der heidnischen Überlieferung wird davon ausgegangen, daß nur der sterbliche Teil des Jupitersohnes auf dem Scheiterhaufen verbrannte und in den Hades einging, während seinem göttlichen Teil die Unsterblichkeit zuteil wurde (vgl. Hom. Od. 11, 601–604). 137 Im Falle des Hercules waren sich die meisten Autoren bereits vor Euhemeros einig, daß der mythische Hercules ursprünglich nur ein außergewöhnlicher Mensch gewesen war (Galinsky, Herakles Theme, 130). Die grundsätzlich neutrale euhemeristische Deutung wurde von den Apologeten jedoch häufig polemisch dahingehend verzerrt, daß die Götter nicht nur Menschen, sondern schlechte Menschen gewesen seien (Fuhrmann, Mythen, 148). 138 Vgl. Lact. inst. 1, 15, 5 (Zitat von Cic. nat. deor. 2, 62), Lact. inst. 1, 15, 23 (Zitat von Cic. leg. 2, 19), Lact. inst. 1, 15, 26 (Rückbezug auf Cicero). Durch den Bezug auf die Meinung Ciceros möchte Lactanz die Validität seiner eigenen Ansicht durch die Autorität des großen Redners unterstreichen. Vgl. auch Cypr. idol 1: deos non esse, quos colit vulgus, hinc notum est. reges olim fuerunt, qui ob regalem memoriam coli apud suos postmodum etiam in morte coeperunt. Cyprian führt als Beispiele unter anderem die Dioskuren, Aesculapius und Hercules an: […] Castores alternis moriuntur et vivant, Aesculapius ut in deum surgat, fulminatur, Hercules ut hominem exuat, Oetaeis ignibus concrematur (Cypr. idol. 2). 139 Lact. inst. 1, 8, 3–4.

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II.3 Gründe für die Kritik an Hercules Die ablehnende Haltung von Autoren wie Justin, Tertullian oder Lactanz ist im Kontext des Überlebenskampfes der frühen Kirche vor dem Toleranzedikt des Galerius (311 n.Chr.) zu betrachten; solche Autoren mußten in Hercules einen gefährlichen Konkurrenten ihrer eigenen Religion sehen. Als einer der entschiedensten Gegner des Hercules unter den frühchristlichen Schriftstellern kann der hier mehrfach zitierte Lactanz gelten, der als Zeitgenosse die diocletianischen Verfolgungen miterlebt hatte und somit keinen Grund gesehen haben dürfte, mit Hercules, der als Schutzgott des Maximianus Herculius besonders eng in die Ideologie der ersten Tetrarchie eingebunden war, milde umzugehen. Während er also in De mortibus persecutorum den Augustus Maximian auf das schärfste angegriffen hatte, widmete er sich in den Divinae Institutiones den zahlreichen Fehlern seines göttlichen Beschützers140. Neben der Beziehung der Tetrarchen zu Hercules141 mag den frühen Christen auch die allgemeine Verbundenheit mit dem Heros/Gott, die verschiedene frühere römische Kaiser auszeichnete, bedrohlich erschienen sein, waren doch die Kaiser und ihre Verwaltung in den ersten Jahrhunderten des Bestehens der christlichen Kirche den Anhängern des neuen Glaubens häufig nicht eben freundlich gesinnt. Ob allerdings die christlichen Schriftsteller sich dessen bewußt waren, daß beispielsweise Nero, der laut Tacitus die angeblich für den Brand Roms verantwortlichen Christen auf das Grausamste bestrafen ließ142, in der Literatur mehrfach mit Hercules in Verbindung gebracht wurde, sei dahingestellt143. Den optimus princeps Trajan, der dem Hercules Gaditanus verbunden war und der für die folgenden Jahrzehnte die Vorgabe für den Umgang des Staates mit den Christen lieferte, versuchte Orosius, vom Vorwurf, ein Christenverfolger zu sein, freizusprechen144. Hinzu tritt die offensichtliche Tatsache, daß es sich bei Hercules um eine heidnische Gottheit handelte, die schon allein dadurch für die Eiferer unter den frühen Christen unannehmbar war, die den ihrer Religion inhärenten Anspruch auf alleinige Gültigkeit mit aller Entschiedenheit vertraten und konsequenterweise keine anderen göttlichen oder gottähnlichen Gestalten neben ihrem Gott akzeptierten. Dieser Aspekt dürfte der für die nachkonstantinischen Autoren ausschlaggebende gewesen sein. Da Hercules zudem durch die zahlreichen Darstellungen in der überlieferten und zeitgenössischen Kunst auch im öffentlichen Raum überall präsent war und durch seine vielfältig interpretierbaren Abenteuer Eigenschaften aufwies, die ihn in den Augen vieler Menschen zu einer legitimen Alternative zu Christus machen konnten, ist es wenig überraschend, daß die Kirchenväter in ihren antiheidnischen Werken gerade den Jupitersohn regelmäßig zur Zielscheibe ihrer Polemik

140 Die Verbindung zwischen Maximian und Hercules gilt traditionell als der Grund für die besondere Ablehnung des Lactanz gegenüber dem Jupitersohn (Monat, Polémique, 575). 141 S. Kap. B II. 142 Tac. ann. 15, 44, 2–5. 143 Nero soll auf der Theaterbühne gerne die Rolle des rasenden Hercules gespielt und geplant haben, in der Verkleidung des Hercules einen Löwen zu töten (Suet. Nero 21, 3. 53). Tacitus stellt eine Parallele her zwischen der Kindheit des Nero und derjenigen des Hercules in der Begegnung mit den Schlangen (Tac. ann. 11, 11, 3). Vgl. dazu auch OKell, Hercules furens, 188. 144 Oros. hist. 7, 12, 3. Zum Umgang des Staates mit den Christen s. Plin. epist. 10, 97.

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machten145. Zwar wurden andere Figuren des heidnischen Pantheons ebenso verhöhnt und kritisiert wie der Alkide. Dieser jedoch bot durch seine vielfältige Persönlichkeit und die sehr zahlreichen Episoden seines Mythos besonders viel Angriffsmaterial für einen christlichen Autor. In seiner Biographie waren all die Aspekte anzutreffen, die einem Christen kritikwürdig erscheinen mußten: seine halb-göttliche Herkunft aus einem ehebrecherischen Verhältnis; seine zahlreichen sexuellen Abenteuer mit Frauen und Männern; seine Taten, für die weniger Intelligenz als Körperkraft notwendig war und die kaum als Voraussetzung für eine Vergöttlichung ausreichten; sein Dienst für Sterbliche; seine Unmoral, die sich ausdrückte durch einen zügellosen Lebensstil voller Ausschweifungen; schließlich sein Selbstmord. Die anderen Figuren der heidnischen Mythologie vertraten häufig einzelne dieser Aspekte, vereint sind sie jedoch nur in Hercules, der in seiner Person all das kombinierte, was den Kirchenvätern und Apologeten verabscheuungswürdig war. Darüber hinaus konnten diese erwarten, daß ein Leser oder Zuhörer Kritik an dem bekanntesten aller Helden auf jeden Fall verstehen würde, was vielleicht nicht bei allen heidnischen Götter und Heroen noch im selben Maß gegeben war. Daraus folgt, daß der Alkide geradezu ein ideales Angriffsziel für anti-heidnische Polemik bot, und dementsprechend häufig, wenn auch manchmal nur in einem einzigen Nebensatz, in den entsprechenden Werken der Apologetik und Patristik auftritt.

II.4 Positive Äußerungen christlicher Autoren Trotz aller selbst für einen Heiden nicht zu leugnenden negativen Charaktereigenschaften des Hercules gab es in der Spätantike durchaus einige christliche Autoren, die die positiven Seiten des Alkiden hervorhoben, wenn auch die kritischen Stimmen deutlich überwiegen. Selbst sein überzeugter Gegner Lactanz erwähnt zumindest kurz die Tatsache, daß Hercules die Sitte des Menschenopfers bei den Römern abgeschafft habe146. Denselben Punkt hebt auch Eusebius in der Praeparatio evangelica hervor147. Diese wenigen positiven Aspekte werden jedoch in den Augen der Kirchenväter deutlich überschattet von den Schandtaten und Verfehlungen, die sie dem Alkiden zur Last legten.

145 Zur angeblichen Rolle des Hercules als Rivale Christi vgl. Simon, Hercule, 127–160. 146 Verum id genus sacrificii ab Hercule, cum ex Hispania rediret, dicitur esse sublatum (Lact. inst. 1, 21, 8). Der Kontext dieser Stelle ist eine Verurteilung der Sitte des Menschenopfers an sich, die, obwohl längst abgeschafft, für christliche Apologeten stets ein beliebter Ausgangspunkt für Angriffe auf heidnische Kulte blieb (vgl. Nicholson, Hercules, 133f.). Lactanz ist der einzige antike Autor, der das Menschenopfer an Saturn am Pons Mulvius anstelle des Pons Sublicius lokalisiert, womit er möglicherweise einen Bezug zu einem Ereignis in tetrarchischer Zeit herstellen wollte (ebd., 134). O. Nicholson schlägt vor, daß Maximian nach seinem militärischen Erfolg in Spanien (296/297 n.Chr.) in Rom an dem Opfer an Saturn teilnahm, das Hercules dahingehend verändert hätte, daß Strohpuppen statt lebendiger Menschen in den Tiber geworfen wurden. Damit wäre er, wie Hercules selbst, von Spanien kommend nach Rom eingezogen und hätte denselben Ritus vollzogen wie sein göttlicher Beschützer; dennoch sei dieser Akt in beiden Fällen mit dem Makel des Menschenopfers behaftet gewesen (ebd., 140f.). 147 Eus. Pr. Ev. 4, 16, 18.

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II.4.1 Die spätantiken Herculesgedichte II.4.1.1 Ausonius In religiöser Hinsicht neutral behandeln vier Gedichte christlicher Autoren aus dem 4. beziehungsweise 5. Jh.n.Chr. das Leben des Alkiden, wobei die Betonung auf den Taten des Dodekathlos liegt. Bei dem frühesten dieser Gedichte handelt es sich um die 17. Ekloge des gallischen Dichters und Hofbeamten Decimus Magnus Ausonius, die mit dem Titel De aerumnis Herculis überschrieben ist148. Die zwölf Verse, die, wie die übrigen 24 Eklogen, zu einem nicht näher bestimmbaren Zeitpunkt vor dem Jahr 390 n.Chr. entstanden sind, entsprechen dabei den zwölf kanonischen Taten des Helden, die allerdings in leicht veränderter Reihenfolge wiedergegeben sind149. Die Kämpfe mit den diversen Gegnern sind auf konventionelle Weise kurz wiedergegeben, mit der Änderung, daß aus der Hirschkuh ein Hirsch wurde und der Löwe mit dem alternativen Epitheton Cleonaeus versehen wurde150. Auffallend ist lediglich, daß eine Parallele zu sportlichen Wettkämpfen gezogen wird, indem in den Versen 9 bis 11 die Vokabeln victoria, palma und triumphus verwendet werden, um die Erfolge des Heros zu charakterisieren. Der Sieg über den Kerberos, und damit symbolisch gesehen die Unsterblichkeit, wird als extremi suprema est meta laboris gekennzeichnet151. Sicherlich zu Recht wurde die Ebene, auf der sich der Dichter hier bewegt, als Schulwissen bezeichnet152: was über Hercules berichtet wird, dürfte dem allgemein verbreiteten Grundwissen über den Alkiden in etwa entsprochen haben. Jegliche religiösen Anspielungen fehlen, von dem Hohn und Spott der Kirchenschriftsteller läßt sich nichts entdecken; Ausonius gibt den Inhalt des Dodekathlos einprägsam und wertneutral wieder. II.4.1.2 Die Laus Herculis des Ps.-Claudian Der Urheber des Gedichtes Laus Herculis, das gemeinhin in Gesamtausgaben der Werke Claudians mit dem Hinweis auf zweifelhafte Urheberschaft als Teil der appendix Claudiana geführt wird, ist unbekannt153. Stilistische und inhaltliche Vergleiche haben eine Datierung in das 5. Jh.n.Chr. ergeben; terminus post quem ist die Schaffensperiode Claudians, der in dem Gedicht imitiert wird, während als terminus ante quem, wiederum aufgrund von Vergleichen mit anderen Texten, die Entstehung des Werkes des Dracontius (letztes Viertel des 5. Jhs.n.Chr.) ermittelt wurde154. Das 137 Verse umfassende Gedicht in 148 Zum religiösen Hintergrund des Ausonius s. Green, Works of Ausonius, xxviif. Der Rhetor aus Burdigala war, nach Ausweis seiner Schriften, ein typisches Mitglied der gebildeten provinzialen Oberschicht, der trotz seines christlichen Bekenntnisses der heidnischen Mythologie ohne Ablehnung begegnete. 149 Auf Löwe und Hydra folgen Eber und Hirschkuh, Vögel, Amazonen, Ställe des Augias, Stier, Pferde des Diomedes, Geryoneus, die Hesperidenäpfel und der Kerberos (Auson. ecl. 17). Zur Datierung s. Green, Works of Ausonius, 421. 150 Auson. ecl. 17, 1. 4. 151 Auson. ecl. 17, 12. Auch in der jeweiligen Bezeichnung der Tat mag man eine Steigerung entdecken: von aerumna über vis, discrimen, impensa laboris und adorea hin zu victoria (Auson. ecl. 17, 1. 3. 5. 7–9). Als kritischer Wendepunkt oder Punkt höchster Gefahr (OLD 552 s.v. discrimen 4. 5) wird die Tötung der stymphalischen Vögel dargestellt. 152 Liebermann, Ausonius, Sp. 334. 153 Zur Überlieferungsgeschichte s. Guex, Laus Herculis, 63f. 69f. 71–87. 154 Guex, Laus Herculis, 33f. 66–69. In seiner Rezension des Werkes von Guex schlägt F. Felgentreu das

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Form eines Enkomiums155 zeichnet den Lebensweg des Hercules anhand mehrerer Stationen nach, beginnend mit seiner – durch Juno verzögerten, aber nicht aufhaltbaren – Geburt und seiner ersten Tat, der Tötung der von Juno geschickten, sehr ausführlich beschriebenen Schlangen156. Bereits hier wird der direkt angesprochenen Juno mitgeteilt, daß sie keinen Gegner aussenden könne, der Hercules gewachsen sei, selbst als dieser noch ein Kleinkind war157. Darauf folgen einige Verse über die Erziehung des Knaben Hercules158, bevor er sich seiner ersten Tat, dem Kampf gegen den nemeischen Löwen, stellt. Danach werden nur zwei weitere Taten aus dem Dodekathlos angeführt, die Bezwingung des erymanthischen Ebers und des kretischen Stiers, die sehr ausführlich behandelt werden159. Die drei Gegner des Helden werden wortreich als besonders monströs dargestellt, wobei die Verwüstungen hervorgehoben werden, die diese drei Tiere anrichteten, um sie noch furchterregender aussehen zu lassen als dies sonst bei literarischen Umsetzungen der entsprechenden Episoden der Fall ist. Ganze Landstriche sind entvölkert, Menschen und Tiere werden abgeschlachtet, der Löwe von Nemea greift gar Städte an160. Auf Kreta verbrennen Wälder, trocknen Seen aus und vergehen Berge in den von dem Stier ausgespieenen Flammen; selbst der Berg Ida als Geburtsort des Jupiter wird verwüstet, ohne daß dieser etwas dagegen unternehmen könnte161. Diese Übertreibungen gegenüber anderen Wiedergaben des Mythos dienen allein dem Zweck, die außergewöhnliche Leistung des Alkiden hervorzuheben162; der unbesiegbare Held wird erfolgreich sein, wo nicht einmal sein Vater etwas hatte ausrichten können, was seinen eigenen Ruhm noch verstärkt. Darüber hinaus wird in dem Gedicht auch mehrfach ganz eindeutig seine Identität als Gottheit hervorgehoben sowie betont, daß er der Sohn Jupiters ist163. Erwähnenswert sind einige weitere Aspekte des Gedichts; so wird Alkmene ausführlich gerühmt: sie ist sancta, während Juno, obwohl die legitime Ehefrau Jupiters, als superba paelex geschmäht wird164. Überhaupt kommt Juno eine wichtige Rolle in dem Gedicht zu: sie versucht nicht nur, Hercules’ Geburt zu verhindern, und schickt die Schlangen, sondern verleiht darüber hinaus dem nemeischen Löwen noch größere Kräfte, späte 5. bis frühe 6. Jh.n.Chr. als Entstehungszeitraum vor (Felgentreu (Rez.), Laus Herculis, 623). 155 Guex, Laus Herculis, 13–18. Zu den literarischen Vorbildern des Autors s. ebd., 30–39. 156 Claud. carm. min. app. 2, 21–59. Der Beschreibung der beiden Schlangen allein sind sechs Verse (30–35) gewidmet. 157 Claud. carm. min. app. 2, 36–42. 158 Claud. carm. min. app. 2, 65–74. Die Ausbildung des Heros beschränkt sich auf Kraft, Ausdauer und den Umgang mit Waffen; er zieht im Wald umher, tötet Vögel mit Bogen oder Schleuder und schläft unter freiem Himmel. Hier mag man Anklänge an den schlichten Kraftmenschen der Apologeten sehen. 159 Claud. carm. min. app. 2, 75–102 (Löwe). 103–117 (Eber). 118–137 (Stier). 160 Vgl. besonders Claud. carm. min. app. 2, 75–83. 92–96. 103–111. 120–132. 161 Claud. carm. min. app. 2, 128–132. 162 Guex, Laus Herculis, 25–28. 163 Hercules wird explizit als divus und deus bezeichnet, und die Vaterschaft des Jupiter beziehungsweise die göttliche Identität des Alkiden wird wiederholt angesprochen (Claud. carm. min. app. 2, 10f. 15. 24f. 41f. 45. 49. 51. 54f. 66). Daneben wird darauf verwiesen, daß Hercules selbst den Gottheiten Apoll und Diana überlegen sei, zumal er bereits als Kleinkind zwei Schlangen getötet habe, jene jedoch nur mit vereinten Kräften den Python hatten töten können (Claud. carm. min. app. 2, 60– 64; vgl. Guex, Laus Herculis, 29). 164 Claud. carm. min. app. 2, 46–52.

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damit er ihren ungeliebten Stiefsohn – sie tritt wiederholt als noverca auf – besiegen kann165. Entgegen einer geläufigen Variante des Mythos ist der Grund für den Dienst des Hercules bei Eurystheus in dem vorliegenden Werk nicht etwa der zu sühnende Mord an seinen Kindern, sondern geht auf Fortuna zurück – nam te, quo cuncta levares,/imperium duri voluit sufferre tyranni/sic mundo Fortuna favens –166, die, wie die Formulierung andeutet, dabei sichtlich das Wohl der Welt vor Augen hat. Das Motiv für die Vollbringung der zwölf Taten wird dadurch ein deutlich nobleres und zeigt darüber hinaus, daß die Rolle als alexikakos dem Hercules vom Schicksal selbst bestimmt worden war. Von den geistigen oder philosophischen Leistungen wie Selbstbeherrschung oder der Wahl zwischen Tugend und Laster (s.u.), die den Alkiden zum Vorbild der Stoiker und Kyniker hatten werden lassen, ist in dem gesamten Gedicht nicht die Rede; es werden allein die durch Körperkraft errungenen Triumphe thematisiert, seine virtus ist also in einem eingeschränkten Sinne gedeutet als Grundlage seiner kämpferischen Fähigkeiten167. In diesem Sinne entspricht das pseudo-claudianische Bild des Alkiden dem der Patristik, doch, anders als in den Werken der Kirchenschriftsteller, ist hierin kein Vorwurf und keine Abwertung des Hercules enthalten, denn seine virtus wird dem bereits zu Lebzeiten als Gott apostrophierten Alkiden zur Unsterblichkeit verhelfen: o nullum virtus reticenda per aevum/ dignaque sidereos post membra intrare recessus,/posse mori quam vile putas168. Bei dem unbekannten Dichter der Laus Herculis ist, in Übereinstimmung mit der Gattung des Enkomiums, ein eindeutig positives Herculesbild festzustellen: er ist der unbesiegbare Held und Kämpfer gegen das Böse, als der er seit der griechischen Archaik in Kunst und Literatur aufgetreten war. Die Frage nach der Religionszugehörigkeit des Dichters muß unbeantwortet bleiben, wenn auch aufgrund der späten Entstehungszeit in der zweiten Hälfte des 5. Jhs.n.Chr. wohl davon ausgegangen werden kann, daß es sich um einen Christen handelte. Wenn dem so gewesen sein sollte, so dürfte es sich mit einiger Sicherheit um einen Angehörigen des Laienstandes gehandelt haben – kein Kleriker hätte wohl den Alkiden so offen als Gott bezeichnet –, der, wie andere christliche Autoren, die nicht dem Klerus angehörten, den Figuren des heidnischen Mythos grundsätzlich neutral begegnete. Moralische Urteile werden nicht gefällt – moralische Erwägungen spielen in dem Text keine Rolle – und der Jupitersohn wird auf konventionelle Art als kallinikos und alexikakos gezeichnet. II.4.1.3 Dracontius Von Blossius Aemilius Dracontius, einem Mitglied des Senatorenstandes, der in der zweiten Hälfte des 5. Jhs.n.Chr. im vandalisch beherrschten Karthago lebte, ist ein mit dem sperrigen Titel Verba Herculis cum videret Hydrae serpentis capita pullare post caedes überschriebenes Gedicht aus der Sammlung der Romulea erhalten, in welchem Hercules in einer Kampfpause gegenüber Jupiter sein Schicksal beklagt169. Es handelt sich dabei der 165 166 167 168 169

Claud. carm. min. app. 2, 75–79. Juno als noverca: Claud. carm. min. app. 2, 26. 56. 76. Claud. carm. min. app. 2, 84–86. Vgl. Guex, Laus Herculis, 23. Guex übersetzt dementsprechend virtus mit „bravoure“ (ebd.). Claud. carm. min. app. 2, 87–89. Zum Leben des Dichters s. Weber, Dracontius, 42–47. Das Hercules-Gedicht wird als Jugendwerk des Dracontius eingestuft und entstand somit vor der Kerkerhaft, die er für die Beleidigung des Vandalenkönigs Gunthamund (484–496 n.Chr.) in Form eines heute verlorenen Gedichtes abbüßen

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äußeren Form nach um eine rhetorische Übung in poetischer Gestaltung, wie sie im Unterricht eines grammaticus als Vorbereitung auf Debatten behandelt wurde170. Das Werk war für den Vortrag vor Publikum – vielleicht vor anderen Schülern – bestimmt und durch eine praefatio dem Lehrer des Dracontius, Felicianus, gewidmet171. In dem 53 Verse umfassenden Gedicht wendet sich Hercules direkt an seinen Vater Jupiter, während er sich damit konfrontiert sieht, daß die Köpfe der Hydra nachwachsen, sobald er sie abgeschlagen hat. Bereits die ersten beiden Verse lesen sich wie eine Anklage: Iuppiter omnipotens, celsi moderator Olympi,/cur mihi viperei fetus mala fata minantur?172 Er fährt ganz ähnlich fort und beklagt sein schweres Schicksal: paenitet, alme parens, vestra de stirpe creatum/Alciden, quia nullus honos et mille pericla173. Der Alkide präsentiert sich in dem vorliegenden Werk ungewohnt selbstmitleidig und sieht sich überall von Gegnern umgeben174, angefangen mit seiner noverca Juno, wobei er die von ihr geschickten Schlangen ähnlich beschreibt wie der Dichter der Laus Herculis175. Ebenfalls überrascht es den Leser, daß Hercules sich darüber beklagt, daß seine Siege nur dazu führen, daß sich ihm immer mehr und neue Gegner entgegenstellten176. Schließlich ruft er im Kampf gegen die Hydra seine „Schwester“ Minerva zu Hilfe, die ja bekanntermaßen als seine Beschützerin agierte177. Das Gedicht schließt mit einer wörtlichen Wiedergabe von Minervas Rat, wie die Hydra durch den Alkiden zu besiegen sei. Das Bild, das Dracontius von Hercules entwirft, erscheint ambivalent: einerseits ist er der unbesiegbare Held – er schildert selbst, wie er als Kleinkind ohne Schwierigkeiten die beiden Schlangen erwürgt hat178 –, andererseits lamentiert er über die Gefahren, denen er sich wird stellen müssen (und die er dennoch ohne Schwierigkeiten bestehen wird, wie jeder Zuhörer oder Leser wußte). Zur Beurteilung des Herculesbildes des Dichters kann jedoch noch ein weiteres Werk herangezogen werden, in dem der Alkide zwar nicht im Mittelpunkt steht, das jedoch dennoch eng mit seinem Mythos verbunden ist. Das Gedicht Romulea 2 behandelt die Entführung des Hylas, des Lieblings des Hercules, sowie ihren Anlaß; die Episode ist dabei aus ihrem eigentlichen Kontext, der Fahrt der Argonauten, herausgelöst. Der Text beginnt mit einem langen Zwiegespräch zwischen Venus und Cupido, in dessen Verlauf die Liebesgöttin, gekränkt durch den Spott der Nymphen über ihre von Sol enthüllte Affäre mit Mars, ihren Sohn dazu auffordert, dafür zu sorgen, daß sich die Nymphen in Hylas verlieben. Cupido mischt sich daraufhin, selbst in eine Nymphe ver-

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mußte (ebd., 46). Zu der zehn Einzelwerke enthaltenden Gedichtsammlung der Romulea vgl. ebd., 47–51. Dracontius ist der letzte lateinische Autor der Spätantike, der sich der epischen Form bediente, um mythologische Stoffe literarisch umzusetzen (Simons, Mythos, 1). Weber, Dracontius, 48; vgl. Bouquet, Œuvres, 49f. Weber, Dracontius, 38f. Drac. Romul. 4, 1f. Drac. Romul. 4, 9f. Nam quodcumque malum superas evincit in auras,/Herculis hostis erit (Drac. Romul. 4, 11f.). Hercules ist auch der Meinung, daß Jupiter für ihn eine Gefahr sei durch seine Ehe mit Juno (Genitor, te in nosmet pessima coniux/horrescit: misero semper tu causa pericli es: Drac. Romul. 4, 18f.). Drac. Romul. 4, 20–24. Saevos gladius mihi suggerit hostes,/non rapit ecce meus, sed proelia victa reformat (Drac. Romul. 4, 36f.). Drac. Romul. 4, 40–47. Drac. Romul. 4, 25.

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wandelt, unter diese179. Hercules und Hylas treten erst nach mehr als der Hälfte des Gedichts in Erscheinung; beide kehren gerade triumphierend von der Jagd auf den erymanthischen Eber zurück, wobei Hylas das für ihn eigentlich zu schwere Fell des Tieres trägt, froh darüber, dadurch einen Anteil an der Tat des Alkiden zu haben180. Von Cupidos Pfeilen getroffen entführen die Nymphen den jungen Mann und lassen einen furibundus Tirynthius zurück, clamans quaerebat Hylan181. Das Werk endet mit einer langen Klage des Hercules über den Verlust des Geliebten, in welcher er erkennen läßt, weshalb Hylas für ihn ein wichtiger Begleiter war: er war sein Publikum bei der Durchführung seiner Taten (Löwe und Antaios), und Hercules stellt die für ihn sichtlich drängendsten Fragen: quis mihi sudorem lasso post proelia terget?/quis comes alter erit, cum dat fera bella noverca?182 Ferner überlegt er, wie er der Mutter des Hylas ohne diesen gegenübertreten soll, und kommt zu dem Schluß, ihr zu sagen, ihr Sohn sei eine Gottheit geworden183. In Romulea 2 ist der Alkide nicht uneingeschränkt als positive Figur zu sehen, was sich an seiner Beziehung zu Hylas erkennen läßt. Dieser wird eingeführt als Hercules’ comes und solamen dulce malorum, welcher cui (sc. Herculi) iunctus ist184. In seiner Klage über den Verlust des Geliebten – die genaue Art ihrer Beziehung wird, anders als bei den Kirchenschriftstellern, nicht thematisiert185 – stellt er nicht etwa diesen in den Mittelpunkt, sondern betont in erster Linie die Nachteile, die ihm selbst aus der Situation entstehen186. Dadurch ergibt sich eine gewisse Parallele zu den Klagen des Hercules über sein Schicksal in dem kürzeren Gedicht Verba Herculis, was bei dem Leser den Eindruck eines für den Helden ungewöhnlichen Selbstmitleides und einer starken Ich-Bezogenheit erweckt, zumal kein direkter Bezug auf seine eigentlich Aufgabe, nämlich die Menschen von Übeln zu befreien, genommen wird. Allerdings finden sich keine explizit kritischen Äußerungen über Hercules; von einer Kritik in der Tradition der Patristik kann bei Dracontius keine Rede sein. Vielmehr kann man feststellen, daß der christliche Dichter eine andere Seite des Helden, die man ansonsten nicht häufig präsentiert bekommt, beleuchtet: in den Klagen des Alkiden kann man eine Vermenschlichung des Heros sehen187. Während die Laus Herculis ihn ohne Schwierigkeiten die monströsesten Gegner besiegen ließ und seine Göttlichkeit in den Mittepunkt rückte, präsentiert Dracontius einen Protagonisten, der unter der Schwere seiner Aufgaben leidet, sein durch seine göttliche Abkunft vorbestimmtes Schicksal beklagt und angesichts des Verlustes seines Gefährten in erster Linie an sich denkt. Damit kann er 179 Drac. Romul. 2, 53–70. 90–93. 180 Et licet invalidus haec pondera ferre laborat,/ipse tamen gaudet, quasi iam commune triumphum/gestet et Alcides non solus fuderit aprum (Drac. Romul. 2, 97–99). Das Motiv des eine Last für Hercules tragenden Hylas findet sich schon bei Valerius Flaccus, wo es sich allerdings um die Waffen des Heros handelt (Weber, Dracontius, 190). Zum Umgang des Dichters mit dem HylasMythos und seinen früheren literarischen Umsetzungen vgl. Weber, Dracontius, 215–222. 181 Drac. Romul. 2, 141f. 182 Drac. Romul. 2, 157f. 183 Drac. Romul. 2, 162f. 184 Drac. Romul. 2, 3. 95. 185 Zm Umgang früherer Dichter mit der Beziehung zwischen Hercules und Hylas s. Weber, Dracontius, 83–93. Zu Parallelen zwischen Dracontius und anderen Werken s. Mauerhofer, Hylas-Mythos, 335– 346. 368–379. 186 Vgl. Weber, Dracontius, 212. 187 Vgl. Mauerhofer, Hylas-Mythos, 332.

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für einen Leser zu einer Figur werden, mit der man sich leichter identifizieren kann als mit einem göttlichen, unbesiegbaren Helden, dessen Leistungen man nicht einmal annähernd würde erreichen können. Fest steht, daß der Christ Dracontius – zu seinen Werken zählen die Laudes Dei, die in drei Büchern Gott preisen188 – sich mit den Texten mythologischen Inhalts, die viele Anspielungen auf frühere Werke der lateinischen Literatur enthalten, an ein gebildetes Publikum richtete189, das sich ebenfalls aus Christen zusammengesetzt haben dürfte und das der heidnischen Mythologie sicher nicht grundsätzlich negativ gegenüberstand190, sie vielleicht ebenso wertschätzte wie der Dichter selbst. Christlich-religiöse Aspekte und christliche Moralvorstellungen spielten dabei keine Rolle191, was Dracontius wie auch Ausonius, den Autor der Laus Herculis und den im Folgenden zu behandelnden Boëthius auf eine deutlich andere Ebene der Auseinandersetzung mit der heidnischen Überlieferung als die Apologeten und Kirchenväter hebt. Der Adressatenkreis dieser Gruppe christlicher Autoren stimmt vermutlich überein mit der Schicht gebildeter und wohlhabender spätantiker Römer, die sich in ihren Häusern mit mythologisch inspirierter Kunst umgab und sich eben nicht die in der Patristik vertretenen Ansichten über Hercules und die anderen Mitglieder des heidnischen Pantheons zu eigen machte. Dieser Personenkreis ließ sich vermutlich gern von Gedichten wie den hier behandelten unterhalten. Etwas anders gelagert ist der Umgang mit dem heidnischen Mythos in den religiösen Werken des Dichters. In den Laudes Dei zieht Dracontius wiederholt pagane exempla heran, um einzelne Aspekte zu erläutern, wobei er die Figuren des heidnischen Pantheons euhemeristisch deutet: sie sind von Menschen erschaffen, endlich und machtlos, demnach nicht real, und konnten somit vom Christentum überwunden werden192. In diesem Zusammenhang beschreibt der Dichter Totenerscheinungen als eine „Umkehr von Hercules’ Abstieg in die Unterwelt“193 und stellt die Tötung des nemeischen Löwen unvorteilhaft der biblischen Erzählung von Daniel in der Löwengrube gegenüber, der sich waffenlos gleich zwei Löwen stellen mußte, aber durch sein Gottvertrauen gerettet wurde, nicht durch den Einsatz kämpferischer Fähigkeiten194. Wie bereits bei Lactanz wird folglich die virtus des Hercules als rein körperliche Kraft abgewertet. Der Abstieg des Hercules in die Unterwelt wird von Dracontius negativ bewertet: er nennt Herculeos furores und stellt den Vorgang

188 Simons, Mythos, 8. Zum in der Forschung teils als problematisch angesehenen Nebeneinander christlicher und inhaltlich paganer („profaner“) Werke s. ebd., 13–18. 189 Weber, Dracontius, 253. 190 Eine Deutung, nach der das Gedicht parodistisch gemeint gewesen sei und den Zuhörern oder Lesern nach Art der Apologetik die Lächerlichkeit der heidnischen Mythologie vermitteln sollte, hat B. Weber überzeugend widerlegt (Weber, Dracontius, 253–255). 191 Vgl. Simons, Mythos, 9; Weber, Dracontius, 255. 192 Simons, Mythos, 71–73. 93f. 193 Simons, Mythos, 66; vgl. Drac. laud. dei 1, 69–75. 194 Hercules ist zwar clarissimus ille Alcides, aber es gelingt ihm dennoch kaum, einen einzelnen Löwen zu töten (vix unum extinxit captum per colla leonem; Drac. laud. dei 3, 210f. 213). Die Wortwahl macht deutlich, daß es sich bei der Episode nur um Hörensagen handelt (ferunt; dictus est; locuta est: Drac. laud. dei 3, 211f. 214): der Ruhm des Alkiden ist nur eine Folge der fragwürdigen Überlieferung (Simons, Mythos, 96f.).

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als frevelhaft dar, da der Held damit die Grenze zwischen Leben und Tod überschritten hat195. Dracontius’ Ziel ist keine apologetische Hervorhebung der Verfehlungen der heidnischen Götter, sondern er preist auf ihre Kosten den Christengott und die inzwischen nach christlichen Geboten lebende Welt196. Der Umgang des Dichters mit Hercules ist folglich ambivalent und abhängig von der inhaltlichen Ausrichtung der entsprechenden Werke. In einem Werk mit christlich-religiösem Inhalt hat Hercules auch nach dem Triumph des Christentums keine positive Funktion; für ähnliche polemische Ausfälle gegen den Alkiden wie frühere christliche Autoren sah Dracontius jedoch sichtlich keinen Anlaß: Hercules als Löwentöter wird zunächst nicht grundsätzlich abgewertet197. Es sind vielmehr die „richtigen“ Götter, nicht Figuren wie Hercules, der als menschlicher Heros gedeutet werden kann, die kritisiert werden198. Ferner konnte er, wenn er mythologische exempla instrumentalisieren wollte, um die christliche Überlieferung als überlegen zu präsentieren, jene nicht gänzlich abwerten, da der Vergleich nur dann wirklich wirksam war, wenn der Vergleichspunkt nicht völlig negativ dargestellt war199. In seinen Werken mit nicht-religiösen Inhalten hingegen verwendete der Dichter die heidnische Mythologie in der Tradition der griechischrömischen Literatur ohne christlich-moralisierende Kritik an diesen. II.4.2 Boëthius: De consolatione philosophiae In seiner im Gefängnis entstandenen Schrift De consolatione philosophiae griff der Philosoph Boëthius am Ausgang der Antike auf die Figur des Alkiden als Vorbild für die Menschen, dem es zu folgen gelte, zurück200. In den in den Prosatext der Consolatio eingestreuten 39 Gedichten finden sich nur wenige mythologische Motive, von denen vier näher ausgeführt werden. Dazu gehören auch die Taten des Hercules201, was die wichtige Position, die er in Boëthius’ Beschäftigung mit der mythologischen Überlieferung einnimmt, betont. Im vierten Buch zählt er in Versform noch einmal die berühmtesten Taten des Heros auf, durch die er sich die Aufnahme in den Himmel verdient hatte, unter Auslassung jeglicher negativer Aspekte des Mythos202. Nach kurzen Ausführungen zu Agamemnon und 195 196 197 198 199 200

Drac. laud. dei 1, 73; Simons, Mythos, 110f. Simons, Mythos, 75. Simons, Mythos, 107. Zur negativen Darstellung heidnischer Gottheiten s. Simons, Mythos, 92f. Simons, Mythos, 106f. Zur zweifachen Funktion der Consolatio als Trostschrift und als Protreptikos s. Gruber, Kommentar, 29–32. Tatsächlich läßt sich die Consolatio, von der äußeren Form her eine menippeische Satire, nicht ohne weiteres einem spezifischen literarischen Genre zuordnen, sondern weist Aspekte zahlreicher unterschiedlicher Literaturgattungen auf (Crabbe, Literary Design, 238). 201 Eine Aufzählung findet sich bei O’Daly, Poetry, 178. 202 Aus dem Dodekathlos sind dies: der Löwenkampf, die Tötung der stymphalischen Vögel, der Raub der Hesperidenäpfel, die Entführung des Kerberos, die Zähmung der Pferde des Diomedes, die Beseitigung der Hydra sowie die Jagd auf den erymanthischen Eber. Daneben nennt er die Parerga der Kämpfe mit den Kentauren, mit Acheloos, Antaios und Cacus (die einzige „römische“ Tat). Als letzte Großtat fügt Boëthius an, daß Hercules den Himmel auf den Schultern getragen habe, bevor er selbst in diesen aufgenommen worden sei (Boeth. cons. 4, carm. 7, 29–31). Damit führt der Dichter im übrigen beide Versionen des Raubes der Hesperidenäpfel an, nach denen Hercules sie selbst erlangt

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Odysseus203 widmet er sich dem Alkiden, wobei die Betonung auf dem Mut, der Tatkraft und der Standhaftigkeit des Heros liegt. Anders als Lactanz versteht der Philosoph offenbar die Arbeiten des Helden nicht als allein durch physische Stärke vollbrachte Gewaltakte, sondern als den mühevollen Weg zum Ruhm und zur verdienten Unsterblichkeit204. Die Apotheose ist die logische Folge der vorangegangenen Taten und besonders der Leistung, selbst den Himmel auf den Schultern getragen zu haben: ultimus caelum labor inreflexo/sustulit collo pretiumque rursus/ultimi caelum meruit laboris205. Er empfiehlt sogar seinen Lesern, selbst in Nachfolge des Helden den Pfad der Tugend zu beschreiten206. Für Boëthius ist Hercules demnach der traditionelle Heros der griechisch-römischen Dichtung, wie er schon bei Homer geschildert wird, angereichert mit philosophisch inspirierter Allegorie207: Hercules ist ein Held in moralischer Hinsicht208, eine Sichtweise, der sich die Kirchenväter verweigert hatten. Beachtenswert erscheint, daß von den drei mythologischen Anspielungen, die sich im Prosatext der Consolatio finden209, allein zwei auf den Herculesmythos bezogen sind (die Köpfe der Hydra und die Tötung des Busiris), wobei die dritte, der Kampf der Götter gegen die Giganten210, zumindest indirekt ebenfalls dem Herculesmythos zuzuordnen ist. Busiris wird dabei im Zusammenhang mit den Ausführungen über Macht, Rang und Würden angeführt, als Exempel dafür, daß jedem das widerfahren könne, was er zuvor anderen angetan hatte: bekanntlich tötete Hercules den ägyptischen König, der es sich zur Angewohnheit gemacht hatte, Fremde dem Zeus zu opfern211. Sichtlich ging es Boëthius an dieser Stelle darum, zwei Fälle als Beispiele heranzuziehen, die weitläufig bekannt gewesen sein dürften. Das zweite Exempel entstammt der römischen Geschichte und schildert den Wandel des Schicksals, das aus dem Sieger M. Atilius Regulus einen Gefangenen der zunächst unterlegenen Karthager machte212. Hercules fungiert hier, wie schon in früheren Epochen, als ein Beseitiger von Unrecht, indem er einen Frevler seiner verdienten Strafe zuführt. Bei dem Verweis auf die nachwachsenden Köpfe der Hydra hingegen handelt es sich um einen sprichwörtlichen Vergleich, der in ähnlicher Form mehrere Male in der römischen Literatur auftritt213. Philosophia wendet ihn auf Zweifel an: […] una dubitatione succisa

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habe oder aber sie von Atlas holen ließ, während er diesen vertrat (vgl. Scheible, Gedichte, 154f.). Dem unkanonischen Dodekathlos in der Zusammenstellung des Boëthius war besonders in der Kunst der Renaissance ein großer Einfluß beschert, als man seiner Liste häufig den Vorzug gegenüber anderen antiken Auflistungen gab (Stafford, Herakles, 210). Boeth. cons. 4, carm. 7, 1–12. Herculem duri celebrant labores (Boeth. cons. 4, carm. 7, 13). Boeth. cons. 4, carm. 7, 29–31. Boeth. cons. 4, carm. 7, 32–35. O’Daly, Poetry, 232; vgl. Lerer, Boethius and Dialogue, 185. Wie die Gedichte über Orpheus (Boeth. cons. 3, carm. 12) und Odysseus (Boeth. cons. 4, carm. 3) hat auch das Herculesgedicht seine philosophischen Wurzeln in der platonischen und stoischen Allegorie. O’Daly, Poetry, 233. Angesichts der Bedeutung, die der Verwendung mythologischer Exempel in der griechisch-römischen Dichtung zukommt, überrascht die Sparsamkeit, mit der Boëthius dieses Mittel in seinem Werk einsetzt (O’Daly, Poetry, 178). Boeth. cons. 2, 6, 10; 3, 12, 24; 4, 6, 3. Boeth. cons. 2, 6, 9f. Boeth. cons. 2, 6, 11. Vgl. beispielsweise Amm. 29, 5, 22. Weitere Belege für die sprichwörtliche Verwendung von hydra

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innumerabiles aliae velut hydrae capita succrescant214. Die Durchsicht der Parallelen ergibt, daß das Bild der lernäischen Schlange als Metapher besonders in der Spätantike beliebt gewesen zu sein scheint, wo es sich beispielsweise auch bei Hieronymus und Ambrosius findet. Die mythische Wasserschlange diente allgemein dazu, die Zunahme und das Wachstum von Übeln – im Fall des Christentums häufig von Häresien – zu versinnbildlichen215. Im Aufbau der auf Hercules bezogenen Verse des Boëthius lassen sich im übrigen Anklänge an Senecas Beschreibungen des Helden finden: in Erwartung des Todes beschwor der Philosoph das stoische Bild des Jupitersohnes, wie ihn sein großer Vorgänger beinahe 500 Jahre zuvor geschildert hatte216, und hinterließ damit dem Mittelalter, auf das seine Schriften großen geistigen Einfluß ausübten217, ein durchweg positives Bild des Heros. Nach den Schmähungen, denen sich Hercules in der spätantiken christlichen Literatur ausgesetzt gesehen hatte, erhielt er am Ende des Altertums seine alte Rolle als kallinikos und alexikakos zurück. Offensichtlich konnte Boëthius in dem Rückgriff auf Hercules auch Trost für sich selbst gewinnen, dem Zweck einer consolatio entsprechend218, indem er betonte, daß es dem Alkiden aufgrund seiner Verdienste und seiner herausragenden virtus gelang, in den Himmel aufgenommen zu werden. Daraus mag der Philosoph im Kerker für sich den Schluß gezogen haben, daß ihm auf ganz ähnliche Weise der Weg in die zumindest metaphorische Unsterblichkeit offenstehe. In Übereinstimmung mit der rein philosophischen Ausrichtung des Werkes hat der klassisch gebildete Christ Boëthius hier also eine Gestalt des heidnischen Mythos und nicht etwa Christus als Vorbild herangezogen, was in seiner ausweglosen Situation ebenfalls naheliegend gewesen wäre219. Gleichzeitig kann bei Häussler (Hg.), Nachträge, 25. 58. 74. 105. 238. 274; Otto, Sprichwörter, 169. 214 Boeth. cons. 4, 6, 3. 215 Ambr. fid. 1, 6, 46; Hier. epist. 98, 9. 216 Boëthius kombiniert Aspekte aus den beiden Dramen Hercules furens und Agamemnon, um seine eigene Herculesfigur zu schaffen (Lerer, Boethius and Dialogue, 195–197). S. Lerer sieht in Hercules und auch Orpheus stoische Modelle entsprechend den Beschreibungen bei Seneca, die Boëthius als Folie verwendete, vor deren Hintergrund der Gefangene in der Consolatio zu beurteilen ist (Lerer, Boethius and Dialogue, 238). Mit dem Hercules-Gedicht cons. 4, carm. 7 finden die Bezüge auf die Stücke Senecas ihren Abschluß (ebd., 239). Fast könnte man meinen, Boëthius habe bewußt Hercules an den Schluß seiner Bezugnahmen auf den Stoiker gestellt, sozusagen als Kulminationspunkt aller vorherigen Rückbezüge. Mit Hercules wäre demnach der Gipfel und Abschluß in der Beziehung zwischen den beiden Philosophen zu sehen. Zu den Parallelen zu den Dramen Agamemnon, Phaedra, Hercules furens, Medea und Oedipus vgl. Zwierlein, Senecas Hercules, 57–60. Die Rückgriffe auf die Senecadramen sind teilweise wörtlich nachzuvollziehen. So ergibt sich beispielsweise der Vers stravit Antaeum Libycis harenis (Boeth. cons. 4, carm 7, 25) aus dem leicht veränderten stravit Ancaeum (Sen. Med. 643) sowie dem wörtlich übernommenen Libycis harenis (Sen. Med. 653; vgl. dazu auch Scheible, Gedichte, 154). Auch die ersten drei Wörter der Aufforderung, dem Helden Hercules auf dem Pfad der Tugend zu folgen, sind wörtlich bei Seneca nachzulesen (Sen. Med. 650: ite nunc fortes). 217 Chadwick, Introduction, 1. 218 Zu den für eine Trostschrift charakteristischen Topoi in der Consolatio philosophiae vgl. allgemein Gruber, Kommentar, 24–27. 219 Tatsächlich finden sich in der Consolatio keinerlei eindeutige Bezüge zum Christentum (Gruber, Kommentar, 38f.). Genausowenig steht der Inhalt jedoch in irgendeiner Weise im Widerspruch zum christlichen Weltbild der Epoche; die Consolatio enthält keine spezifisch heidnisch-religiösen Inhalte (vgl. Chadwick, Boethius, 249; O’Daly, Poetry, 25).

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Hercules für eine Auflehnung gegen das Schicksal stehen, die sich ebenfalls auf die reale Lage des seine Hinrichtung erwartenden Boëthius beziehen läßt220. Hercules tritt hier in einem ganz der Philosophie gewidmeten Werk auf, entsprechend der Bedeutung, die er für die Stoiker und Kyniker durch seinen Kampf um die virtus erlangt hatte221. Es ist dabei nicht Boëthius, sondern Philosophia selbst, die in carmen 7 die Taten und Tugenden des Alkiden aufzählt. Neben dem offensichtlichen Verweis auf seine Taten mag hier also implizit ein Anklang an die Bedeutung zu finden sein, die Hercules in den Weltbildern unterschiedlicher philosophischer Richtungen einnahm. Indem die personifizierte Philosophie den Leser auffordert, dem Beispiel des Hercules zu folgen, wird diesem Aufruf ein besonderes Gewicht verliehen, zeigt sich doch dadurch, daß Hercules als die vollkommene Verkörperung der Tugend gelten kann.

II.5 Fazit: Hercules in den Werken christlicher Autoren Es hat sich gezeigt, daß Hercules in der christlichen Literatur der späteren Kaiserzeit und der Spätantike in erster Linie als mythologisches Exempel für Fehlverhalten jeglicher Art herangezogen wurde. Seine Taten boten ausreichend Stoff, die unterschiedlichsten Vorwürfe gegen die heidnische Götterwelt und ihre Anhänger zu erheben, so beispielsweise die Vergöttlichung von Menschen für mit rein körperlicher Kraft vollbrachte Taten sowie die Verehrung einer Figur wie Hercules, den in den Augen der Kirchenväter Gewaltbereitschaft, Unbeherrschtheit und ungezügelte sexuelle Begierde auszeichneten. Für diese Autoren war Hercules ein typischer Exponent des Irrglaubens der Heiden, vereinte er doch alles in sich, was vom christlich-moralischen Standpunkt her als verwerflich galt: religiösen Frevel, Gattinnen- und Kindermord, unmännliches Verhalten in der Unterwerfung unter Schwächere, namentlich Eurystheus und vor allem Omphale, sowie Verächtlichkeit der Gegner, die ihm, im Gegensatz zu christlichen Märtyrern, nur einen körperlichen, keinen spirituellen Triumph ermöglicht hätten. Darüber hinaus erkannten jedoch auch christliche Autoren vereinzelt verschiedene positive Leistungen oder Eigenschaften des Heros an, wobei ein Unterschied besteht zwischen Apologeten wie Lactanz, denen es um die Verurteilung des Heidentums mit polemischen Mitteln ging und die deshalb, wenn überhaupt, nur wenige Aspekte der Herculesgestalt billigten, und dem der stadtrömischen Aristokratie entstammenden Boëthius, dessen Ziel ein von der genauen Kenntnis der mythologischen Überlieferung durchdrungenes philosophisches Werk war. Dieser lebte, wie auch Dracontius und vermutlich der Dichter der Laus Herculis, in einer Zeit, als das Christentum zur unangefochtenen Religion des Volkes geworden war, so daß eine nostalgische Erinnerung an die mythische Vergangenheit und die Inhalte der klassischen paganen Literatur zumindest von den meisten christlichen Laien nicht mehr als Angriff auf den christlichen Glauben gedeutet werden konnte222. Für Auto220 Gruber, Kommentar, 45. 221 Vgl. dazu allgemein Stafford, Herakles, 124–130. 222 Die deutlich pagan geprägte Philosophie des Boëthius (und die Popularität seines Werkes im Mittelalter) kann dahingehend gedeutet werden, daß sich christlicher Glaube und „heidnische“ Philosophie in den Augen der meisten seiner Zeitgenossen keineswegs ausschlossen (O’Donnell, Paganism, 86f.).

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ren wie Boëthius stellte offensichtlich die virtus des Hercules einen universalen Wert dar, der in keiner Weise durch die Herkunft des Heros aus dem heidnischen Mythos geschmälert wurde, eine Haltung, die von vielen seiner Zeitgenossen geteilt worden sein dürfte, wie die bereits oben angesprochene noch im 6. Jh.n.Chr. gelegentlich vorkommende künstlerische Umsetzung des Herculesmythos in anspruchsvollen Werken der bildenden Kunst zeigt.

II.6 Heidnische Autoren II.6.1 Themen allgemein Auch bei den nicht-christlichen Autoren der Spätantike tritt Hercules noch gelegentlich in Erscheinung, wobei, von wenigen Ausnahmen abgesehen, seine Rolle jedoch ebenfalls auf kurze Erwähnungen, häufig in Form von Exempeln, reduziert ist, er also nur eine sehr untergeordnete Rolle spielt. So beschränkt sich Rutilius Namatianus im frühen 5. Jh.n.Chr. auf eine beiläufige Nennung des Alkiden im Rahmen einer Aufzählung für die Stadt Rom wichtiger Götter. Dabei spricht er keine der noch allseits bekannten Taten an, sondern wählt zur Charakterisierung des Hercules die Tatsache seiner Apotheose, die ihm, wie bereits gezeigt, die Kirchenschriftsteller verwehrten: factus et Alcides nobilitate deus223. Der Dichter schließt sich den früheren Deutungen an, nach denen Hercules aufgrund seiner edlen Natur, bewiesen durch die freiwillig auf sich genommenen Mühen und Taten, die Vergöttlichung verdiente. Der Auffassung der Kirchenväter von Hercules als einem reinen Kraftmenschen, der nur durch Gewalt in der Lage gewesen sei, die ihm gestellten Aufgaben zu lösen, widerspricht der Vergilkommentator Servius, für den der Jupitersohn mente magis quam corpore fortis war224. Darin läßt sich ein Anklang an das Bild von Hercules als Leitfigur der Philosophen feststellen. Darüber hinaus hält Servius Hercules des Epithetons „der Große“ für würdiger als Theseus, den man so bezeichne: nam Herculem sine epitheto magnum intellegimus225. II.6.2 Julian Ein einzigartiges Verständnis des Hercules tritt in einer vielzitierten Stelle in der gegen den Kyniker Herakleios gerichteten siebten Rede des Kaisers Julian, der Nachwelt unter seinem vom Gregor von Nazianz geprägten und als Schmähung zu verstehenden Beinamen Apostata bekannt226, auf. Der christlich erzogene Kaiser, der sich als Erwachsener einem neuplatonisch geprägten, zum Mystizismus neigenden Heidentum zuwandte227, erwähnt den Jupitersohn mehrfach in seinen Schriften, meist in Verbindung mit Dionysos oder Helios, was sich im Einklang befindet mit der später von Macrobius in den Saturnalia

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Rut. Nam. 1, 76. Serv. Aen. 6, 395. Serv. Aen. 6, 123. Greg. Naz. or. 4, 1. Zur christlichen Erziehung Julians s. Bringmann, Julian, 25–29. Julian selbst datierte seine Konversion auf das Jahr 351 n.Chr. (Bowersock, Julian, 29). Julian war ein Anhänger der magischen Aspekte des Neuplatonismus (ebd., 28f.; zu seiner Wundergläubigkeit ebd., 17f.).

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thematisierten Sonnentheologie (s.u.). Daneben findet der Heros Beachtung in seiner alten Funktion als kallinikos und als Vorbild Alexanders des Großen sowie als para/deigma toÜ me/giston der Kyniker228. In der Rede gegen Herakleios nun beschreibt Julian in einer von ihm selbst vorgenommenen Umdeutung des ursprünglichen Mythos den Weg des Hercules zur Insel des Geryoneus. Der Alkide bedient sich dafür in Julians Version nicht des Bechers des Sonnengottes, sondern geht vielmehr selbst über das Wasser, in einer eindeutigen Angleichung an Christus229. Darüber hinaus erklärt der Kaiser in einem weiteren Bezug auf Christus Hercules zum swth/r, von seinem Vater erschaffen als Erlöser der Welt und von diesem diaÜ tou= kerauni/ou puro/j in den Himmel entrückt230. Für Julian nimmt Hercules hier die Form einer allmächtigen Erlösergestalt an (ti/ gaÜr a)/poron h)=n (Hraklei=), der er eine dhmiourgikhÜ kaiÜ telesiourgoÜj tou= a)xra/ntou kaiÜ kaqarou= nou= du/namij zuschreibt, der sogar die Elemente gehorchten231. Bei der Interpretation dieser Passage ist zu beachten, daß die Modifizierung des Mythos von Julian in genauer Kenntnis der christlichen Überlieferung vorgenommen wurde232. Er 228 Iul. or. 6, 187 C. Julian selbst möchte, anders als manche Anhänger dieser philosophischen Richtung, Hercules nicht als Begründer des Kynismus sehen, sondern vertritt die Meinung, es habe schon vor ihm kynische Philosophen sowohl unter den Griechen als auch unter den Barbaren gegeben (Iul. or. 6, 187 C–D); als konkreten Urheber des Kynismus nennt er Apollon (Iul. or. 6, 188 A). Damit entzieht er dem Alkiden zwar die Rolle als Gründerheros der kynischen Schule, schmälert aber nicht seine Rolle als ihr edelster Vertreter, eben als tou/tou tou= bi/ou para/deigma toÜ me/giston. Ferner scheint Julian, wie viele gebildete Griechen und Römer, die euhemeristische Deutung der Herculesfigur zu vertreten, nach der dieser ursprünglich ein – wenn auch außergewöhnlicher – Mensch war, bevor er für seine Leistungen unter die Götter erhoben wurde (Iul. or. 7, 219 B–C). In einem Brief an den Redner Themistios zitiert Julian eine Phrase Homers, die gewöhnlich auf Hercules bezogen wird: ÀOmhroj toÜn (Hrakle/a kalei=n ei)/wqen e)n t$= poih/sei “mega/lwn ¹epii/stora e)/rgwn” au)tourgo/taton a(pa/ntwn geno/menon (Iul. ad Them. 264 A) – für Julian ist der Alkide demnach der sprichwörtliche „Mann der Tat“. 229 Iul. or. 7, 219 D. Der Kaiser räumt jedoch ein, daß es sich bei den mythischen Erzählungen um Dionysos und Hercules um Allegorien gehandelt habe (Iul. or. 7, 219 B), und erklärt auf diese Weise das Bild des im goldenen Becher des Sonnengottes zu Geryoneus reisenden Hercules zu einer Allegorie dessen, was wirklich geschehen sei, nämlich, daß der Heros in Wirklichkeit über das Wasser gewandelt sei. In seiner Umdeutung bezieht er sich auf die entsprechenden Stellen in den Evangelien, die Christi Gang über das Wasser des Sees Genezareth beschreiben (Mt. 14, 25f.; Mk. 6, 48f.; Joh. 6, 19). Vgl. dazu Athanassiadi-Fowden, Julian, 132f.; Rose, Gospels, 121. 230 Iul. or. 7, 220 A. Die Bezeichnung von Hercules als swth/r ist allerdings nicht neu; schon bei Dion von Prusa wird der Heros als tw=n a)nqrw/pwn swth/r benannt (Dion Chrys. 1, 84). In Bezug auf die Himmelfahrt des Hercules stellt K. Rosen eine Verbindung her zur Entrückung des Propheten Elias, der in einem Feuerwagen in den Himmel fuhr und auch das Vorbild für die Himmelfahrt Christi wurde (Rosen, Julian, 318). Zur Aufnahme des Hercules unter die Götter, von Julian als Rückkehr zu seinem Vater gedeutet, was wiederum möglicherweise als ein Anklang an das Christentum zu deuten ist, vgl. Iul. or. 5, 167 A. 231 Iul. or. 7, 219 D–220 A. Julian geht ferner davon aus, daß frühere Generationen Hercules deshalb als Sohn des Zeus bezeichneten, weil sie in ihm eine edle Seele erkannten, was auf eine edle Herkunft hindeute sowie darauf, daß er darin seine – sterblichen – Eltern übertroffen habe (Iul. or. 2, 82 A–B). 232 Simon, Early Christianity, 398; vgl. Bowersock, Julian, 26. Mit seiner Kenntnis christlicher Texte habe Julian seine Aufseher in Macellum beschämt. Auch in dem bis auf Fragmente verlorenen Traktat Contra Galilaeos stellte Julian offenbar seine umfassenden Bibelkenntnisse unter Beweis

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versuchte demnach, im nachhinein zu beweisen, daß Hercules bereits lange vor Christus das Wunder vollbracht habe, über das Wasser zu gehen, und somit als die ältere und mächtigere Gottheit anzusehen sei233. Julians hier vorliegende Umdeutung des Mythos ist im Kontext seiner Bemühungen, dem Polytheismus griechisch-römischer Prägung zu einer neuen Blüte zu verhelfen, zu sehen234. Es überrascht nicht, daß er dabei den Versuch unternahm, die Leistungen des christlichen „Heros“ Jesus in einem Vergleich mit dem Jupitersohn zu schmälern, in einer Umkehrung der Taktik der Kirchenschriftsteller235. Daraus ist jedoch nicht abzuleiten, daß Julian eine besondere Beziehung zu Hercules unterhielt wie so viele seiner Vorgänger auf dem Kaiserthron, zumal er sich seiner in der kaiserlichen Repräsentation in keiner Weise bediente236. Vermutlich hatte er einfach erkannt, daß der Alkide, wie Christus halb-göttlicher Abstammung, der wahrscheinlichste Kandidat für eine solche Wundertat war, den die heidnische Mythologie aufzuweisen hatte. Von den anderen Großtaten des Heros war es nur noch ein kleiner Schritt bis zum Wandeln auf dem Wasser. Die Interpretation des Hercules als eines mächtigeren Vorläufers Christi237 hatte keinen erkennbaren Einfluß auf die Untertanen Julians während seiner kurzen Regierungszeit, und auch nach seinem Tod dürfte man die Behauptungen des Kaisers in dieser Hinsicht nicht sonderlich ernst genommen haben238. Sein Herculesbild war aller Wahrscheinlichkeit nach nur einem kleinen Kreis Gebildeter bekannt, die mit Julians Schriften vertraut waren239. Daß diese Personengruppe sich von der Umdeutung des Mythos überzeugen ließ, ist allerdings kaum anzunehmen, zumal die ursprüngliche Version der Geschichte allgemein bekannt und eine nachträgliche und anachronistische Deutung wie die Julians höchstens als eine intellektuelle Spielerei verstanden worden sein dürfte. Die Aussage des Kaisers über das Wandeln des Hercules über das Wasser ist demnach als eine auf das spezielle Heidentum und die christliche Erziehung des Kaisers zurückzuführende Kuriosität anzusehen, die aber nichtsdestotrotz einen Einblick in die vielfältigen Interpretationsmöglichkeiten der Herculesgestalt in der Spätantike erlaubt. Tatsächlich ist der Heide Julian paradoxerweise die einzige eindeutige Quelle für eine „Verchristlichung“ des Jupitersohnes (Hercules Christianus) in der Spätantike; nirgendwo sonst wird so explizit ein Aspekt christlicher Tradition auf den Alkiden übertragen wie in der Beschreibung

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(Bowersock, Julian, 102). In diesem Werk präsentierte er, soweit dies anhand erhaltener Stellen rekonstruiert werden kann, Asklepios als – mächtigeres – heidnisches Pendant zu Christus, zumal er selbst von seinen Anhängern mit dem Heilgott in Verbindung gebracht wurde (Athanassiadi-Fowden, Julian, 167f.). Vgl. Fink, Christusbild, 139f. Vgl. dazu allgemein Bowersock, Julian, 79–93. M. Fuhrmann spricht von der „Nachäffungstheorie“ der Apologeten, die versuchten, die heidnische Überlieferung als eine Nachahmung biblischer Ereignisse hinzustellen, was dann auch Ähnlichkeiten zwischen heidnischen und christlichen Erzählungen erklärte (Fuhrmann, Mythen, 147). S. Kap. B III.1. Aus christlicher Sicht hingegen handelte es sich bei Hercules um einen Nachahmer Christi, dessen Taten der Teufel verbreitete (Iust. Mart. dial. 69, 1. 3). Julians religionspolitische, d.h. pro-heidnische und anti-christliche Maßnahmen wurden nach seinem Tod sofort für nichtig erklärt (vgl. Rosen, Julian, 376f. 380f.). Vgl. dazu Rosens Bemerkung zur Aufnahme von Julians Hymne „Auf den König Helios“ durch einen kleinen Leserkreis, der er eine ratlose Masse heidnischer wie christlicher Leser gegenüberstellt (Rosen, Julian, 325).

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des Wandelns über das Wasser. Alle anderen Zeugnisse, die für eine angebliche Funktion des Heros als „heidnischer Christus“ in der römischen Spätzeit herangezogen wurden, wie die oben behandelte Via Latina-Katakombe, sind bestenfalls ambivalent.

II.7 Das gesammelte Wissen über Hercules: Macrobius’ Saturnalia In den vermutlich in den 30er Jahren des 5. Jhs.n.Chr. verfaßten Saturnalia240 läßt Macrobius den Aristokraten Vettius Agorius Praetextatus, als praefectus urbi bis zu seinem Tod 384 n.Chr. einer der führenden Köpfe des römischen Senats und als Inhaber zahlreicher Priesterämter als sacrorum omnium praesul bezeichnet241, als Wortführer auftreten. In seinem Haus haben sich am Vorabend des Saturnalienfestes des Jahres 382 oder 384 n.Chr.242 einige der bedeutendsten Römer der Zeit versammelt, um ein gelehrtes Tischgespräch zu führen; unter den Anwesenden befinden sich neben Q. Aurelius Symmachus auch Virius Nicomachus Flavianus, der pontifex Publilius Caeonius Caecina Albinus, sowie der noch junge Vergil-Kommentator Servius243. Im Diskurs der Charaktere werden neben zahlreichen anderen Themen noch einmal die alten Tugenden und Funktionen des Hercules beschworen, zu einer Zeit, als der religiöse Konflikt auf politischer Ebene faktisch bereits zu Gunsten des Christentums entschieden war. Bei den Aussagen des Praetextatus hinsichtlich des Hercules – wie auch allgemein zum religiösen und geistigen Leben in Rom – handelt es sich also (zumindest in großen Teilen) nicht um den Ist-Zustand, sondern um eine nostalgische Wiedergabe der Vergangenheit244, die im Einklang steht mit der Verklärung, mit der Macrobius seine Charaktere als letzte Vertreter einer untergegangenen Schicht hochgebildeter heidnischer Aristokraten agieren läßt, für die pagane Religion und klassi-

240 Cameron, Macrobius, 27. Gegen Camerons Datierung: Döpp, Datierung, 631 (hier wird von einer Veröffentlichung der Saturnalia bald nach 402 n.Chr. ausgegangen). 241 Macr. Sat. 1, 17, 1. Zu den Priesterämtern des Praetextatus vgl. seine Grabinschrift CIL VI 1779. In Macr. Sat. 1, 11, 1 tritt er als princeps religiosorum auf. 242 Es wurde angenommen, daß Macrobius vermutlich das dem Todestag der Hauptperson zeitlich am nächsten liegende Fest als Datum der Handlung ausgewählt habe, hier also die Saturnalien vom 17. bis 19. Dezember 384 n.Chr. (Cameron, Macrobius, 29). Ausgehend von neuen Überlegungen zu Praetextatus und den Vorgängen der 380er Jahre setzt Cameron das Datum jedoch nun zwei Jahre früher an, zu einem Zeitpunkt, als die Teilnehmer des Dialoges noch unbeschwert über heidnische Kulte und Bräuche debattieren konnten, da die Abschaffung der staatlichen Kultsubsidien durch Gratian noch nicht stattgefunden hatte, die schließlich das Ende des Heidentums in Rom einläutete (Cameron, Last Pagans of Rome, 244–246. 258). R.A. Kaster nennt in seiner Einführung in die neue englische Übersetzung der Saturnalia das Datum „December ca. 383“ (Kaster, Saturnalia Bd. 1, xxv). 243 Die prominenteren Mitwirkenden wurden gerne der in der Forschung als Symmachus-Kreis bezeichneten Gruppe römischer Aristokraten des späten 4. Jhs.n.Chr. zugerechnet, die lange Zeit als die Exponenten eines dezidiert anti-christlichen, paganen Widerstandes (sog. „heidnische Reaktion“) angesehen wurden (Cameron, Paganism and Literature, 1f.). Diese Sichtweise der entsprechenden Personen als überzeugte Verfechter klassischer Kultur, Literatur und Religion ist inzwischen von Cameron überzeugend widerlegt worden (Cameron, Paganism and Literature, passim). 244 Vgl. Cameron, Paganism and Literature, 16. 20. Zum Begriff „Nostalgie“ im Zusammenhang mit der in den Saturnalia reflektierten Geisteshaltung vgl. Hedrick, History and Silence, 82.

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sche Kultur nicht zu trennen waren245. Der Kommentator des Somnium Scipionis läßt eine Gruppe gefeierter Männer wiederauferstehen, ähnlich wie es Cicero Jahrhunderte vor ihm getan hatte246; der Zweck ist dabei in beiden Fällen nicht die Wiedergabe der tatsächlichen Meinungen und Interessen dieser Männer. Vielmehr bilden diese ein Vehikel für die Ausführung der Gedanken des Autors247, dessen Ziel es war, eine Brücke zwischen seiner eigenen Zeit und dem idealisierten saeculum Praetextati herzustellen248. Dementsprechend handelt es sich bei den Aussagen, die der Autor den Personen in den Mund legt, um das Ergebnis eigener Nachforschungen bei früheren Autoren, die Macrobius Jahrzehnte nach dem Tod seiner Protagonisten angestellt hatte249. Die Saturnalia des Macrobius waren folglich aller Wahrscheinlichkeit nach nicht als propagandistisches Werk konzipiert; die Auswahl der Teilnehmer an dem fiktiven Diskurs beruht nicht auf ihrem Heidentum, sondern auf ihrer literarischen Bildung. Die Aussagen über Hercules und andere Gestalten der Mythologie sind demnach nicht in einem polemischen, anti-christlichen Sinne zu verstehen250, sondern gehören in den Kontext des damals noch vorhandenen Wissens um heidnische Kultur und Überlieferung. Es besteht damit ein diametraler Gegensatz zu den oben untersuchten, eindeutig polemischen Schriften der Kirchenväter, die Hercules als ein negatives Exempel verwendeten, während er für Macrobius nur einer von vielen Charakteren eines Mythos ist, der nurmehr in literarischer Form fortlebte, während die dazugehörigen Kulte zumindest offiziell und im Einklang mit der kaiserlichen Gesetzgebung bereits untergegangen waren.

245 Vgl. dazu Cameron, Macrobius, 36–38; Matthews, Western Aristocracies, 370. Gegen diese Auffassung: Grünewald, Kampf des Heidentums, 484. M. Kahlos versteht die Saturnalia als eine „meditation on the past“, deren Augenmerk nicht in erster Linie auf dem heidnischen Pantheon liege, sondern vielmehr das kulturelle Erbe der Vergangenheit in den Mittelpunkt rücke (Kahlos, Praetextatus, 184). T. Barnes spricht im Zusammenhang mit den Saturnalia von einem „idealised, retrospective panegyric of a bygone age, not the depiction of a living ideal“ (Barnes, Religion and Society, 157). 246 Neque enim Cottae, Laelii, Scipiones amplissimis de rebus, quoad Romanae litterae erunt, in veterum libris disputabunt: Praetextatos vero, Flavianos, Albinos, Symmachos et Eustathios, quorum splendor similis et non inferior virtus est, eodem modo loqui aliquid licitum non erit (Macr. Sat. 1, 1, 4). 247 Cameron, Last Pagans of Rome, 390. 248 Vgl. Macr. Sat. 1, 1, 5; Matthews, Western Aristocracies, 371f. Dabei ging es Macrobius keineswegs darum, seine Leser zu einer Rückbesinnung auf die griechisch-römische Religion aufzufordern, sondern ihnen die überlieferten Traditionen nahezubringen. Der heidnische Glaube wird, ohne ideologische oder dogmatische Belastungen, einfach zu einem integralen Teil der traditionellen Kultur und der Epoche, in der Praetextatus und seine Zeitgenossen lebten (vgl. O’Donnell, Paganism, 85). 249 Vgl. Cameron, Last Pagans of Rome, 265–267. 250 Cameron, Paganism and Literature, 23. Um „heidnische Propaganda“ kann es sich schon deshalb nicht handeln, weil Macrobius das Christentum mit keinem Wort erwähnt (Döpp, Datierung, 620). C. Tornau merkt an, daß man von dem Kreis der Freunde des Praetextatus, wie er hier porträtiert wird, eigentlich einen „groß angelegten philosophisch-theologischen Gegenentwurf gegen das Christentum“ erwarten würde, der allerdings nicht erfolgt (Tornau, Heiden, 304). Hinsichtlich des Adressatenkreises der Saturnalia ist angesichts der zur Abfassungszeit vorherrschenden Bevölkerungsstruktur davon auszugehen, daß es sich größtenteils um Christen handelte (vgl. Cameron, Last Pagans of Rome, 271), was ebenfalls eine religiös motivierte, pro-pagane Grundaussage des Werkes ausschließt.

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Die Saturnalia sind also als ein literarisches Konstrukt anzusehen, als ein Werk der Symposienliteratur251, und somit die Informationen über Hercules und dessen Kult als eine Sammlung antiquarischen Materials, das aber zumindest einen Einblick erlaubt in die in der Spätantike noch vorhandenen Kenntnisse über den Alkiden. Hercules ist hier nicht mehr Adressat religiöser Verehrung, sondern ein Bestandteil des als Allgemeinbildung anzusehenden antiken Wissens252. II.7.1 Hercules in den Saturnalia Bei Macrobius tritt besonders die religiöse Funktion des Hercules in Rom in den Vordergrund, indem der Autor die verschiedensten Informationen zu Herkunft und Ausübung seines Kultes zusammenträgt. In einer langen Rede, die er Praetextatus in den Mund legt – von dem wir in seiner priesterlichen Funktion als curialis Herculis genaue Kenntnisse der Materie erwarten würden253 –, wird der Alkide, wie auch zahlreiche andere Götter neben ihm, zu einer Erscheinungsform des Sonnengottes erklärt254, was angeblich bereits anhand des Namens zu erkennen sei. In einem sicherlich falschen Erklärungsversuch des Namens Herakles/Hercules setzt er den griechischen Genitiv (/Hraj mit aeris gleich, und läßt den Jupitersohn somit zu (/Hraj kle/oj/aeris gloria werden255. Die dem Praetextatus hinsichtlich der Identität von Hercules und Sol in den Mund gelegten Aussagen über den Alkiden stimmen überein mit anderen zeitgenössischen Quellen, die belegen, daß die heidnische Oberschicht sich im 4. Jh.n.Chr. mehr und mehr einem paganen Monotheismus annäherte, der die bekannten Götter des griechisch-römischen Pantheons zu Erscheinungsformen einer einzigen, über allem stehenden Gottheit erklärte. Diese wurde, wie es auch hier der Fall ist, oft mit Sol gleichgesetzt256. Hercules steht nicht im Zentrum der von Praetextatus ausgeführten Sonnentheologie; der Senator widmet sich weit ausführlicher den ebenfalls mit Sol identifizierten Göttern Apollo und Liber. Im übrigen gibt es im Hinblick auf Hercules keine antike Tradition, die ihn im Speziellen mit dem Sonnengott in Verbindung brachte, im Gegensatz beispielsweise zu Apollo, so daß Macrobius in diesem Fall selbst versuchen mußte, die notwendigen Verbindungen herzustellen, was er unter anderem durch die Herleitung des Namens Herakles tat257. 251 Vgl. dazu Cameron, Last Pagans of Rome, 391–393; Kahlos, Praetextatus, 183. 252 Vgl. Tornau, Heiden, 310. 253 Vgl. O’Donnell, Paganism, 66. Allerdings gibt Cameron zu bedenken, daß im späten 4. Jh.n.Chr. die entsprechenden religiösen Texte bereits verloren waren, so daß man auch von einem augur, quindecimvir und curialis keine genauen Kenntnisse von Dingen wie den Sakralgesetzen mehr erwarten könne (Cameron, Last Pagans of Rome, 395). Zum Amt des curialis Herculis s. Kap. C I.2.1. 254 Mit Sol werden in den Saturnalia unter anderem Apollo, Liber, Mars, Mercur und Sarapis identifiziert. Die verschiedenen Kräfte der Sonne haben demnach zu verschiedenen göttlichen Inkarnationen derselben geführt: diversae virtutes solis nomina dis dederunt (Macr. Sat. 1, 17, 4). Vgl. dazu Liebeschuetz, Speech, 204. 255 Macr. Sat. 1, 20, 10. Die Ableitung des Namens von (/Hraj kle/oj findet sich beispielsweise bei Diodor, mit dem Hinweis, Hercules habe, indem er die von Hera geschickten Schlangen tötete, mit ihrer Hilfe Ruhm erworben (Diod. 4, 10, 1). Zur Frage der nach wie vor ungeklärten Etymologie des Namens s. Stafford, Herakles, 8f. 256 Liebeschuetz, Speech, 185f. Zu dieser Entwicklung vgl. allgemein ebd., 187–192. 257 Liebeschuetz, Speech, 195. Ein späteres Echo findet die Gleichsetzung Hercules/Sol in den

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Hercules als ein Teilaspekt der Sonne wird hier besonders als Bringer der virtus charakterisiert, deren Symbol er ist258; es wird also wieder einmal die traditionelle Funktion als exemplum virtutis aufgegriffen, mit der Ergänzung, daß der Jupitersohn die virtus nicht nur selbst besitzt, sondern sie auch anderen zuteil werden lassen kann. Er steht damit hier auch in der Tradition des Hercules als comes der Kaiser, denen er ebenfalls virtus zu verleihen vermochte. Macrobius folgt darüber hinaus einem traditionellen Topos, wenn er den allgemein verehrten Hercules nur als einen von mehreren Trägern dieses Namens darstellt259. Demnach wurde dem Sohn der Alkmene als Lohn für seine außergewöhnlichen Leistungen der Name der Gottheit verliehen, die als Schutzherr der Tugend galt260. Laut Macrobius konnte Hercules in der römischen Staatsreligion nicht nur mit Sol, sondern auch mit Mars gleichgesetzt werden261, sicherlich aufgrund der beiden Gottheiten eigenen kriegerischen virtus. Im vorliegenden Fall handelt es sich um eine Erklärung eines Vergilzitates, in welchem der Dichter angeblich durch die Zuordnung der salischen Priester an Hercules einen Fehler gemacht habe, da diese doch eigentlich dem Mars verpflichtet gewesen seien262. Dies ist eine von zahlreichen Stellen im Werk des Macrobius, an der er überliefertes Wissen über Hercules zusammenträgt und erläutert, wobei er sich eindeutig auf die religiösen Aspekte konzentriert, ohne allerdings Aussagen hinsichtlich des möglichen Fortdauerns des Hercules-Kultes in seiner eigenen Zeit zu machen. So nennt er beispielsweise Hercules als – zumindest indirekten – Urheber des Saturnalienfestes, begründet von einer Gruppe von Männern, die er in Italien zurückgelassen hatte, als Strafe für deren mangelnde Bewachung seiner Rinder oder aber als Beschützer seines neuen Altars und Tempels in Rom263. Ebenso schreibt Macrobius dem Alkiden eine Änderung im Ablauf des Festes zu, indem er, in einer interpretatio felicior264 des angeblich dazu auffordernden Orakelspruches, die Sitte des Menschenopfers abschaffte und statt dessen symbolisch Puppen opfern ließ265. Hiermit wurde Hercules nun auch in Rom seiner Rolle als Vermittler von Zivilisation und Begründer von Kulten gerecht, als der er bereits seit der Archaik aufgetreten war266.

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266

Dionysiaka des Nonnos, wo Dionysos einen Hymnus auf den tyrischen Hercules Astrochiton – der dem einheimischen Melqart entspricht – singt (Nonn. Dion. 40, 369–410; vgl. Liebeschuetz, Speech, 192). Zum Hercules Astrochiton des Nonnos s. Fauth, Helios Megistos, 165–183. Macr. Sat. 1, 20, 6. Vgl. Cic. nat. deor. 3, 16. Cicero unterscheidet zwischen sechs Heroen mit Namen Hercules, während Varro gar 43 aufzählt (Fontenrose, Python, 322). Macr. Sat. 1, 20, 6. Macr. Sat. 3, 12, 5. Der Autor stützt sich hierbei auf die Autorität Varros (Macr. Sat. 3, 12, 6). Macr. Sat. 3, 12, 1–4. Macr. Sat. 1, 7, 27. Zu dieser als zweite origo Saturnaliorum bezeichneten Episode s. Syska, Studien zur Theologie, 67–72. Macr. Sat. 1, 11, 48. Macr. Sat. 1, 7, 28. 31; vgl. Syska, Studien zur Theologie, 81. Die Abschaffung der Menschenopfer durch Hercules hatte bereits Lactanz erwähnt (Lact. inst. 1, 21, 8). Die Opferung von Abbildern seiner verlorenen Gefährten durch Hercules beschreibt Macrobius ebenfalls in Macr. Sat. 1, 11, 47. Vgl. Stafford, Herakles, 181f. 184. 187. 193.

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Es schließt sich eine Erklärung des Epithetons Victor an, wiederum eine Zusammenstellung antiquarischer Informationen, die sich auf verschiedene ältere Überlieferungen stützt267. Weitere Aussagen hinsichtlich des Herculeskultes in Rom beziehen sich auf die Gepflogenheiten beim Opfer, häufig mit Bezug auf eine Aussage bei Vergil. Die Tradition, nach der der Kult in der frühen Republik den Familien der Pinarii und Potidii oblag, wird ebenso angeführt wie die eigentlich den römischen Gepflogenheiten widersprechende Sitte, das Opfer für den Gott capite aperto durchzuführen268. Macrobius erwähnt auch kurz die Kulte des Hercules in anderen Ländern, namentlich in Tyros269 und in Ägypten, wobei er das besondere Alter des ägyptischen Kultes hervorhebt270. Die von Macrobius zusammengestellten Informationen bieten als eine Art Kompendium die umfangreichste spätantike Materialsammlung zum Thema des Herculeskultes, stützen sich jedoch ausschließlich auf Quellen aus früheren Zeiten, so daß sie weder Rückschlüsse auf den Zustand des Kultes in der Epoche des Praetextatus noch in der Zeit des Macrobius zulassen. Es ging Macrobius im Rahmen seiner antiquarischen Bemühungen sichtlich lediglich darum, eine Sammlung des noch vorhandenen Wissens zum Thema zu bieten, bevor dieses in Vergessenheit geraten konnte, nicht um eine Schilderung der gegenwärtigen Zustände271.

II.8 Der Hercules der Philosophen II.8.1 Hercules am Scheideweg Mit dem durch Xenophon überlieferten, Ende des 5. Jhs.v.Chr. von dem Sophisten Prodikos geschaffenen Gleichnis von „Hercules am Scheideweg“ setzte die Entwicklung des Alkiden hin zu einem Vorbild der Philosophen ein, was seinen weiteren Weg in der Antike entscheidend mitbestimmen sollte272. Vor die Wahl zwischen Tugend und Laster gestellt, ent267 Macr. Sat. 3, 6, 11f. 268 Macr. Sat. 1, 8, 2; 3, 6, 12. Zu den bei Macrobius erwähnten stadtrömischen Tempeln s. Kap. C I.2.2.1. 269 Macr. Sat. 1, 20, 7. Bei dem tyrischen Gott handelt es sich um die griechische Interpretation des einheimischen Melqart, ein Synkretismus, den bereits Cicero kennt (Cic. nat. deor. 3, 16; vgl. Stafford, Herakles, 191). 270 Macr. Sat. 1, 20, 7. Man mag daraus eine Zurückweisung christlicher Darstellungen herauslesen, nach denen Moses (und damit indirekt der christlichen Religion) ein höheres Alter als Hercules zugesprochen wurde (vgl. dazu beispielsweise Eus. Pr. Ev. 10, 9, 9; Tat. orat. 41, 2; Theod. gr. aff. cur. 2, 47). Zu dieser „Nachäffungstheorie“ der Apologeten vgl. Fuhrmann, Mythen, 146f. 271 Cameron nimmt an, daß Macrobius am spätantiken Heidentum gar nicht interessiert war, sondern lediglich an seiner Ausprägung, wie sie in den Werken Vergils kenntlich wird; demnach hätte der Autor auch nicht realisiert, daß das Heidentum des Praetextatus und seiner Zeitgenossen nicht mehr dasjenige Vergils war (Cameron, Last Pagans of Rome, 395). 272 X. Mem. 2, 1, 21–34. Dazu allgemein Kuntz, Choice of Herakles, passim. Angesichts der Verbreitung des Bildes von Hercules am Scheideweg mutet es erstaunlich an, daß aus der griechisch-römischen Antike keinerlei bildliche Umsetzungen des Motivs erhalten sind. Lediglich Philostratos erwähnt in seiner Lebensbeschreibung des Apollonios von Tyana Gemälde, die das Motiv des vor die

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scheidet sich der junge Hercules aus freiem Willen für den mühevollen Weg der Arete, deren Lohn schließlich die selbst erarbeitete eu)daimoni/a sein wird sowie die Gnade der Götter und die Bewunderung ganz Griechenlands273 – eine Entscheidung, die nur dem Jupitersohn gelingen konnte, nicht aber einem Menschen, der nur Vorbilder imitieren kann274. Diese Erzählung ließ Hercules zu einem Vorbild der Kyniker und Stoiker werden275, das Jahrhunderte später Seneca beschwören sollte und das noch in der Spätantike seine Wirkung entfalten konnte276. Zumindest im Zusammenhang mit der berühmten Parabel konnte der Alkide auch den frühen Christen als Vorbild dienen, wie uns die Überlieferung zeigt. Um die Mitte des 2. Jhs.n.Chr. führte der als Heide geborene Apologet Justin die alte Erzählung des Prodikos – die er jedoch Xenophon selbst zuschreibt – in dem Bewußtsein an, daß es sich dabei um eine auch für Christen lehrreiche Geschichte handele, und faßte die wesentlichen Aspekte – die Angebote, die Kakia und Arete dem Heros jeweils machen – kurz zusammen277. Daß die Parabel in das Gewand einer mythischen Erzählung gekleidet ist, scheint Justin in diesem Fall nicht gestört zu haben, er verzichtet auch auf eine Verurteilung des Hercules278. Sein Ziel ist einzig, den Wert der Tugend für ein gutes Leben aufzuzeigen. Basilios von Caesarea griff im 4. Jh.n.Chr. das Motiv von Hercules am Scheideweg von neuem auf, als er seinen Neffen den moralischen Wert heidnischer Literatur nahezubringen versuchte279. Wie Justin vor ihm erzählt er die Parabel kurz in eigenen Worten nach und präsentiert dabei den Protagonisten Hercules als seinen Adressaten ungefähr gleichaltrig, vielleicht um ihnen zumindest im narrativen Zusammenhang der Geschichte eine Identifizierung mit dem Alkiden leichtzumachen. Sowohl Justin als auch Basilios konnten sichtlich damit rechnen, daß ihre Adressaten mit der Herculesfigur vertraut waren, wenn auch vielleicht nicht mit seiner philosophischen Rolle; sein Einsatz im Rahmen der Parabel durch die beiden christlichen Autoren setzt ferner voraus, daß man sich, ungeachtet seiner religiösen Seite, den Alkiden als Tugendvorbild vorstellen konnte280. Der Hintergrund von Basilios’ Text war dabei die Bemühung, einen Mittelweg zu finden zwischen denjenigen

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Wahl gestellten Helden thematisierten (Philostr. Ap. 6, 10, 5). Popularität in der bildenden Kunst erlangte der vor die Wahl gestellte Hercules erst in der Renaissance, als sich unter anderem Lucas Cranach d. Ä. und Albrecht Dürer des Themas annahmen (Stafford, Vice or Virtue, 76). Zum Fortleben des Motivs in Renaissance und Neuzeit s. Hansen, Herakles am Scheideweg, 103f; Panofsky, Hercules am Scheidewege, 37–196. X. Mem. 2, 1, 28. 33. Vgl. dazu auch Cic. off. 1, 118. Neben Prodikos sind die Schriften des Antisthenes als richtungsweisend für die Interpretation des Helden als philosophisches Vorbild anzuführen (Vollkommer, Geburt eines Vorbildes, 11). Hos enim [sc. Ulixen et Herculem] stoici nostri sapientes pronuntiaverunt, invictos laboribus et contemptores voluptatis et victores omnium terrorum (Sen. dial. 2, 2, 2). Im 4. Jh.n.Chr. war Kaiser Julian mit dem Gleichnis vertraut (Iul. or. 2, 56 D). Iust. Mart. apol. 2, 11, 3–5. Dies tut er hingegen in Iust. Mart. dial. 69, 1. 3. Bas. ad iuv. 5; vgl. Stafford, Vice or Virtue, 74. G. Hansen legt dar, daß es in dem Gleichnis nicht um Hercules selbst gegangen sei, sondern um die menschliche Willensfreiheit und die Aufforderung an junge Menschen allgemein, die richtige Wahl zwischen Tugend und Laster zu treffen (Hansen, Herakles am Scheideweg, 107; vgl. Panofsky, Hercules am Scheidewege, 45). Wenn Hercules also nur als eine Art Platzhalter zu verstehen ist, läßt sich auch die Übernahme durch die Christen leichter verstehen.

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heidnischen Elementen, die auch für einen Christen wertvoll waren, namentlich ethische und philosophische Inhalte, und den unverzichtbaren christlichen Glaubensinhalten281. Indem sie an die ursprüngliche didaktische Funktion der Erzählung anknüpften282, instrumentalisierten die beiden christlichen Autoren jeweils mühelos eine Gestalt des heidnischen Mythos zu Erziehungszwecken, wobei sichtlich die Funktion des Hercules als Tugendheld diejenige als pagane Gottheit überstrahlte, so daß er zumindest in dieser allegorischen Rolle auch für Christen akzeptabel sein konnte. Basilios und Justin billigen ihm folglich, anders als beispielsweise Lactanz, in diesem besonderen Kontext einen philosophischen Charakter zu. Eine vollständige Ausformulierung fand das Gleichnis in der Spätantike bei dem heidnischen Philosophen und Redner Themistios, der 384 n.Chr. zum praefectus urbis Constantinopolitanae bestimmt wurde und als Erzieher des Theodosiussohnes Arcadius fungierte. In seiner 22. Rede „Über die Freundschaft“283 nahm er das Gleichnis des Prodikos auf und führte dabei die von Xenophon und Dion Chrysostomos überlieferten Versionen zu einer neuen Erzählung zusammen284. Im Gleichnis des Prodikos legen Arete und Kakia dem noch jungen Helden die Vorteile der unter ihrer Führung zu beschreitenden Wege dar285, während Dion in seiner an den Kaiser Trajan gerichteten Anleitung für einen guten Herrscher Hermes zum Führer macht und den Götterboten die Verkörperungen von Königsherrschaft und Tyrannis vorstellen läßt, die im Inneren von zwei Berggipfeln – basi/leioj a)/kra beziehungsweise die viel niedrigere turannikh/ a)/kra – zu finden seien286. Die Verkörperung von Basileía auf ihrem Thron ist umgeben von Dike, Eunomia, Eirene und Nomos287, ihr Gegenpart Tyrannis hingegen von Omotes, Hybris, Anomia, Stasis und Kolakeia288. Hercules entscheidet sich für Basileía, was Hermes Zeus berichtet, der daraufhin seinem Sohn die Herrschaft über die Menschheit verleiht. Dies führt dazu, daß Hercules die Tyrannei bekämpfen wird, wo auch immer er sie vorfindet, einen König jedoch ehren und schützen wird, wodurch er zum swth/r der Menschen wird sowie zum bohqoÜj kaiÜ fu/lac th=j a)rxh=j des Kaisers289. Das Ziel des Themistios ist es, seinen Zuhörern den Unterschied zwischen wahrer Freundschaft (fili/a), dem Thema des Werkes, und Schlechtigkeit (kakourgi/a), die durch

281 Klein, Stellenwert, 103. 282 Zur didaktischen Funktion der Erzählung vgl. Kuntz, Choice of Herakles, 164–166. 283 Die Rede bietet keine Anhaltspunkte für eine Datierung und kann somit nur der Schaffensperiode des Themistios zugewiesen werden, also der zweiten Hälfte des 4. Jhs.n.Chr. (Penella, Orations, 18). Die Identität der in Them. or. 22, 266 C–D direkt angesprochenen Person ist unklar; es könnte sich um einen hohen Beamten, aber auch um einen der Kaiser, zu denen er ein gutes Verhältnis pflegte, gehandelt haben (Penella, Orations, 17f.). Der ungenannten Persönlichkeit schreibt er eine große Sehnsucht nach Freundschaft zu und stellt fest, für ihn als jemanden, der die Verantwortung für viele Städte und ein großes Territorium trage, sei Freundschaft ein besonderer Segen. 284 Colpi, Paidei/a, 160. 285 X. Mem. 2, 1, 23–33. 286 Dion Chrys. 1, 66–84. Einen Bezug zwischen dem Gleichnis des Prodikos und dem Kaiser stellt auch Libanios in seiner zwölften Rede her, indem er bei der Erläuterung der Wahlmöglichkeiten Julians eine Anspielung auf die Entscheidung des Hercules am Scheideweg einfließen läßt (Lib. or. 12, 28). 287 Dion Chrys. 1, 74f. 288 Dion Chrys. 1, 82. 289 Dion Chrys. 1, 84.

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die Maske der Heuchelei verdeckt sein kann, zu demonstrieren290. Er läßt Hercules gleich zu Anfang Arete zu seiner Führerin wählen, die ihm die Berggipfel von Philia und Hypokrisis zeigt: er verbindet also die personifizierte Tugend, wie sie bei Prodikos aufgetreten war, mit dem Bild der zwei Gipfel in Dions Rede. Als weitere Begleiterin gibt er dem Helden Phronesis bei, die ihm erklären soll, was er sieht291. Der Unterschied zwischen den Berggipfeln und dem, wofür sie stehen, wird anhand der natürlichen Umgebung illustriert: das klare kalte Wasser, das aus dem Philia-Gipfel entspringt, wird kontrastiert mit dem bitteren, giftigen des Hypokrisis-Gipfels; Philia ist ein baumbewachsener Ort, beschattet von Zypressen und Lorbeerbäumen, während Hypokrisis die Heimat wilder und giftiger Tiere ist292. Auf den jeweiligen Berggipfeln trifft der Alkide auf Philia und Hypokrisis mit ihren Begleitern Aletheia, Eunoia und Eros beziehungsweise Apate, Epiboule, Dolos, Epihorkia und Kolakeia. Die Analyse der drei Ausformulierungen des Gleichnisses zeigt, daß jeweils dieselbe Grundstruktur vorliegt: der Protagonist ist ein noch junger Hercules, dem von einem Führer zwei Alternativen vorgestellt werden, zwischen denen er eine Wahl zu treffen hat. Diese sind abhängig von dem Zweck der Rede: entsprechend seinem Ziel, dem Kaiser Trajan das Ideal eines vollkommenen Herrschers aufzuzeigen293, präsentiert Dion unterschiedliche Herrschaftsformen und verleiht dem Gleichnis damit eine politische Dimension. Themistios hingegen geht es um den Wert der Freundschaft, weshalb er diese zur Wahl stellt. Der Schauplatz bei Dion und Themistios unterscheidet sich jedoch durch die Berggipfel, auf denen die Personifikationen angesiedelt sind, von dem einsamen Ort, an dem Prodikos den Helden Platz nehmen läßt und der als Scheideweg zu deuten ist294. Während Arete bei Prodikos das Ziel ist, wird sie bei Themistios zur Führerin des Helden; die Assoziation zwischen dem Heros und der Tugend ist beide Male eindeutig und wird nicht in Frage gestellt (bei Dion tritt sie nicht in Erscheinung). Auch die richtige Entscheidung des Alkiden für die nach Ansicht des Autors jeweils bessere Alternative ist in allen drei Erzählungen abzusehen und wird an keiner Stelle in Zweifel gezogen. Die Botschaft, die Themistios vermittelt, bleibt dieselbe, Hercules wird zum Ideal der Philosophen erklärt, in anderen Werken des Redners ferner zum Vorbild der gerechten Herrscher sowie zum para/deigma a)reth=j295, allerdings im weitgehend christlichen Umfeld des Senats und Kaiserhofes von Konstantinopel. II.8.2 Hercules in allegorischer Deutung Während andere christliche Autoren nur nebenbei in wenigen Worten oder Versen das Verhältnis des Hercules zu Omphale erwähnen, dafür aber umso deutlichere Worte der Verurteilung finden, ist bei Fulgentius Mythographus im frühen 6. Jh.n.Chr. eine ganze

290 291 292 293 294

Them. or. 22, 279 D. Them. or. 22, 280 A–282 B. Them. or. 22, 280 C–D. 282 A. Vgl. Vollkommer, Geburt eines Vorbildes, 16. Der sprichwörtlich gewordene Ausdruck findet sich noch nicht bei Xenophon; während Cicero bereits zwei Wege erwähnt (duas cerneret vias; Cic. off. 1, 118), nennt erst Justin explizit eine tri/odoj (Iust. Mart. apol. 2, 11, 3; vgl. Hansen, Herakles am Scheideweg, 103 Anm. 8). 295 Them. or. 20, 240 A.

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Fabula Herculis et Omfalae überliefert296. Der Großteil dieser kurzen fabula erklärt die Bedeutung des Namens Hercules und seiner Herkunft von Jupiter und Alkmene: seine Abstammung kann nur fortitudinis gloria hervorbringen. Umso schwerer wiegt die Tatsache, daß dieser Held von libido überwunden wurde. Die Verbindung zu Omphale wird hergestellt über onfalon (o)mfalo/j), indem Fulgentius erklärt, daß bei den Frauen die libido durch den Nabel über die Verbindung zur Gebärmutter bestimmte werde, was er durch ein biblisches Zitat zu belegen sucht297. Durch seine Ausführugen erläutert er, wie selbst die unübertroffene virtus des Hercules durch eine Frau als Verkörperung der Lust besiegt werden konnte (ostendit ergo quod libido quamvis etiam invictam possit superare virtutem)298, und betont wie andere Autoren vor ihm die damit einhergehende Erniedrigung, indem er schildert, wie der Held, von Omphale überredet, Wolle spann; der Kleidertausch wird jedoch nicht erwähnt. Ungeachtet der moralisierenden Kritik, daß Hercules schließlich besiegt wurde, gesteht der Autor ihm zu, hart gegen die libido angekämpft zu haben, trotz seines puerilis et muliebris sensus; wie er an anderer Stelle erklärt: Hercules ist virtus299. Seine Herculesversion ist im Zusammenhang der von Fulgentius angewendeten Methode der Allegorese zu betrachten, nicht vordergründig als polemische Kritik am Verhalten des Heros in der Tradition der Apologetik; in seiner Epoche war ein apologetisches Vorgehen gegen die Figuren des Mythos aufgrund der immer geringer werdenden Zahl der Heiden nicht mehr notwendig. Der Mythograph möchte vielmehr die Hintergründe der Mythen, also ihre wahre Bedeutung aufdecken, wobei er davon ausgeht, daß die Mythen, wie sie die Griechen überlieferten, „falsch“ seien, während er die Wahrheit über sie berichtet300. Bei der Gleichsetzung von Hercules mit virtus handelt es sich folglich um eine Deutung auf der Ebene der ethischen Allegorese, wie sie bereits von Prodikos in seiner Erzählung von „Hercules am Scheideweg“ angewandt worden war301. Wenn er Hercules in der fabula also als die von libido (Omphale) überwundene virtus beschreibt, bewegt er sich durchaus in den Bahnen der antiken Tradition allegorischer Mythenauslegung302. Die Wahl gerade dieses Helden und dieser Episode aus seinem Leben ist vermutlich aus der Tatsache zu erklären, daß es sich bei dem Alkiden um das exemplum virtutis par excellence handelte, was seine Überwindung durch eine Frau umso erstaunlicher macht. Folglich eignete sich keiner

296 Das als Mythologiae überlieferte Werk bietet 50 Zusammenfassungen mythologischer Erzählungen, die allegorisch interpretiert werden, oft auf Grundlage der Namen der Protagonisten (Whitbread, Fulgentius, 15–18). Der Text war bis in die Renaissance und darüber hinaus einflußreich, wie die zahlreichen Bezüge bei unterschiedlichen Autoren bis hin zu Petrarca und Boccaccio zeigen (ebd., 24–31), und mag somit auch spätere Deutungen des Hercules beeinflußt haben. 297 Lex divina dicit: „non est praecisus umbilicus tuus“, quasi si diceret: peccatum tuum non est amputatum (Fulg. myth. 2, 2; vgl. Ez. 16, 4). 298 In seiner Fabula Antei et Herculis (Fulg. myth. 2, 4) deutet Fulgentius den Kampf zwischen dem Heros und dem Riesen Antaios allegorisch als den Triumph über eine Form von Lust (modum libidinis), die sich wiederum durch eine Erklärung des Namens ergibt: antion (a)nti/on) stehe demnach für contrarium („feindlich, entgegengesetzt“). Er wird wiederum von der in Hercules personifizierten Tugend überwunden (a virtute gloriae quasi ab Hercule superatur). 299 Apollinem et Herculem sibi propitiat (sc. Admetus), id est sapientiam et virtutem (Fulg. myth. 1, 22). 300 Selent, Mythenerklärung, 50. 53. 281. 301 Vgl. Selent, Mythenerklärung, 32. 302 Zur Tradition allegorischer Deutungen s. allgemein Selent, Mythenerklärung, 25–36.

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so gut, die Gefahren der libido deutlich zu machen: eine eindrücklichere – und bekanntere – Verköperung der Tugend gab es in der Antike nicht. Anklänge an einen philosophischen Hercules finden sich auch in der christlichen Weltchronik des Johannes Malalas303, der eine allegorische Deutung der Hesperidenepisode liefert. Im Zusammenhang mit seiner Erklärung des Sternbildes Engonasin (heute „Hercules“) deutet er die drei Äpfel der Hesperiden als die Tugenden des Freiseins von Zorn, Habsucht und Sinneslust; diese wiederum konnten gewonnen werden, nachdem Hercules die Schlange (also Ladon) mit seiner Keule getötet hatte. Die Keule gilt Malalas als die Keule der Philosophie, welche die Schlange als Verkörperung der Lust besiegte. Gewappnet war Hercules zusätzlich mit dem Fell als dem maßhaltenden Verstand304. Ähnlich wie Fulgentius geht es Malalas folglich um den Konflikt zwischen der Lust und der Tugend beziehungsweise der Philosophie; seine Deutung führt er dabei auf Herodot zurück, wobei sich aber kaum Parallelen in den beiden Darstellungen finden305.

II.9 Die umgangssprachliche und sprichwörtliche Verwendung des Hercules in der Spätantike Christlichen wie heidnischen Quellen läßt sich entnehmen, daß die sprichwörtliche Verwendung der Herculesfigur sich in der Spätantike zumindest in der Literatur noch einiger Beliebtheit erfreute. Was die tatsächliche Alltagssprache der Menschen angeht, so läßt sich aufgrund fehlender Zeugnisse in dieser Hinsicht keine Aussage treffen, doch kann die sprichwörtliche und umgangssprachliche Verwendung des Hercules in Werken der Literatur in gewissem Maß als Spiegel des Vorkommens solcher Ausdrücke im alltäglichen Leben gewertet werden, so daß wohl anzunehmen ist, daß die spätantiken Menschen wenigstens noch gelegentlich den Namen des Alkiden im Mund führten. Zunächst ist die schon von frühen römischen Autoren bekannte Verwendung des Namens des Alkiden als Beteuerungsformel zu nennen306, meist in der Form me Hercule oder mehercule überliefert307. Macrobius läßt Rufius Albinus zweimal ein Hercules in seine Rede 303 Der Heros wird an einer Stelle direkt als „Herakles der Philosoph“ bezeichnet (Mal. 2, 8). Diese Benennung wird unter anderem auch für Christus verwendet, was E. Jeffreys auf Malalas’ mystischen Gnostizismus zurückführt. Der Begriff taucht auch auf für Wundertäter jeder Art und bezeichnet generell Personen, die „a chaste and sober life“ führen (Jeffreys, World View, 63–65). Die olympischen Götter erhalten einen Platz in seinem Geschichtswerk, indem er sie euhemeristisch deutet (ebd., 62). 304 Mal. 1, 15. 305 Thurn/Meier, Weltchronik, 52 Anm. 47. 306 K. Latte merkt dazu an, daß das lateinische mehercle oder hercle eine Bestätigung ausdrücke, das griechische (Hra/kleij hingegen eher verwendet worden sei, um Erstaunen zum Ausdruck zu bringen beziehungsweise um den Halbgott in seiner Funktion als Abwehrer von Übeln anzurufen (Latte, Religionsgeschichte, 221). 307 Bei Autoren der Republik und der Kaiserzeit finden sich zahlreiche Belege für die Verwendung der Formel me Hercule/mehercule, etwa bei Cicero, von dem die bei weitem meisten Exempel überliefert sind (beispielsweise Cic. Cael. 76; Cic. leg. 1, 12), Plinius d.J. (Plin. epist. 7, 6, 11) und Aulus Gellius (Gell. 12, 13, 19). Die alternative Version Hercle wurde, angefangen mit den Komödien des Plautus, ebenfalls häufig verwendet (z.B. Plaut. Amph. 397). Auf die unterschiedliche Schreibweise Hercule/Hercle geht Cassiodor an zwei Stellen ein (Cassiod. gramm. 1. 4). Auch bei Macrobius tritt

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einbauen308. Es kann also davon ausgegangen werden, daß diese Formulierung in der Spätantike noch Bestandteil der Alltagssprache war und daß Christen wie Nicht-Christen – bis in höchste Kreise, wie Macrobius bezeugt – sich der Floskel im Sinn einer Betonung oder Hervorhebung des Gesagten bedienten, wenn sie auch in den schriftlichen Quellen der Zeit nicht mehr allzu häufig vorkommt. Allerdings wurde die Phrase selbst bei förmlichen Anlässen noch gebraucht, wie die Verwendung in Panegyrici auf Konstantin und Theodosius I. belegt309. Vermutlich war die ursprüngliche Herkunft dieses Ausrufs, also die Verbindung mit dem in diesem Zusammenhang wohl als Schwurgottheit zu verstehenden Hercules, längst in Vergessenheit geraten oder doch so weit in den Hintergrund gedrängt worden, daß die Interjektion für die meisten Menschen zu einem Teil der Umgangssprache geworden war, die keine offenkundige Verbindung mehr mit der religiösen Funktion des Hercules hatte310. Wie so oft bilden der christliche Klerus und die Apologeten der neuen Religion hier eine Ausnahme: bereits im frühen 3. Jh.n.Chr. verurteilte der rigorose Tertullian die Verwendung dieser und anderer Schwurformeln, die mit heidnischen Göttern im Zusammenhang standen: ceterum consuetudinis vitium est Mehercule dicere, Medius Fidius, accedente ignorantia quorundam, qui ignorant iusiurandum esse per Herculem311. Weit entfernt davon, darin nur eine Beteuerungsformel zu sehen, interpretiert Tertullian den Ausspruch als einen tatsächlichen Schwur und sieht in seiner Verwendung bereits einen Abfall vom rechten Glauben312. Ebenso kritisch äußerte sich 150 Jahre später Hieronymus: absit, ut de ore Christiano sonet „Iuppiter omnipotens“ et „mehercule“ et „mecastor“, et cetera magis portenta quam numina313. Das kann als deutlicher Hinweis verstanden werden, daß eben doch viele Christen den Namen des Heros noch im Mund führten, in vielen Fällen sicher ohne genaue Kenntnis der ursprünglichen Bedeutung. Der Ausruf „beim Hercules“ ist in der Spätantike auch im griechischen Sprachraum belegt, so beispielsweise in den Schriften des Libanios314. In diesem Fall ist als Vorbild nicht der römische Sprachgebrauch anzunehmen, sondern die Verwendung des Namens des Alkiden im Sinne eines Ausrufes bei den frühen griechischen Dichtern315. Ein auf Vergil zurückgeführter Ausspruch, der die Keule, die charakteristische Waffe des Heros, ins Zentrum rückt, wird von Macrobius im Anschluß an eine Aufzählung von Versen, die Vergil von Homer übernommen habe, zitiert: quia cum tria haec ex aequo

308 309 310

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in einem Fall das alternative Hercle auf (Macr. Sat. 1, 24, 9). Weitere Fälle der Verwendung dieser Floskel s. Boeth. in Porph. comm. pr. 1, 8 p. 20, 3; 1, 16, p. 44, 6. Vgl. dazu allgemein Hofmann, Umgangssprache, 29f. Macr. Sat. 3, 15, 7; 17, 8. Die Interjektion wird in der Übersetzung von R.A. Kaster jeweils als „by god“ wiedergegeben. Paneg. XII (9) 16, 4; Paneg. II (12) 16, 4. Die Art der Verwendung dieser Interjektion läßt sich vielleicht mit dem englischen Archaismus „by Jove“ vergleichen („used for emphasis or to indicate surprise“; Concise Oxford English Dictionary, edd. A. Stevenson/M. Waite, Oxford 122011, 767 s.v. Jove). Tert. idol. 20, 5. Porro quid erit deieratio per eos quos eierasti quam praevaricatio fidei cum idololatria? Quis enim, per quos deierat, non honorat? (Tert. idol. 20, 5; vgl. 20, 1). Hier. epist. 21, 13. (Hra/kleij: Lib. or. 17, 12. Fatouris/Krischer/Portmann, Kaiserreden, 138 Anm. 12.

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impossibilia putentur, vel Iovi fulmen vel Herculi clavam vel versum Homero subtrahere […]316. Dem Jupitersohn seine Keule zu entreißen wird hier also als eine Unmöglichkeit dargestellt, mit der man andere nicht durchführbare Taten vergleichen kann (in diesem Fall den Raub eines Verses von Homer): alium tamen nullum deceret vel fulmen praeter Iovem iacere, vel certare praeter Herculem robore, vel canere quod cecinit Homerus317. Tatsächlich war es außer Omphale, die jedoch keine Gewalt dafür anwenden mußte, niemandem gelungen, Hercules seine Keule zu rauben318. Dieses Bild der Untrennbarkeit von Hercules und seiner Keule erfreute sich sichtlich in der römischen Spätzeit eines gewissen Bekanntheitsgrades, tritt es doch noch wiederholt auf, wobei die genaue Formulierung variiert, der Sinn aber derselbe bleibt. Auch der Vergleich, nach dem Homer und seine Verse ebenso eng verbunden sind wie Hercules und seine Keule, wird beibehalten. So führt Aelius Donatus im 4. Jh.n.Chr. ebendiesen Vergleich in seiner Vergil-Vita an: verum intellecturos facilius esse, Herculi clavam, quam Homero versum subripere319. Es wird also dem größten Heros der größte Dichter beigesellt; was dem einen die Keule, sind dem anderen die Verse. Auch in christlichen Quellen findet sich dieses Bild von der clava Herculis. Hieronymus wendet es ebenso an wie später Cassiodor, beide im Kontext eines dezidiert christlichen, auf die Bibel bezogenen Textes320. Im frühen 7. Jh.n.Chr. war diese Wendung noch dem Bischof Isidor von Sevilla bekannt, der sie in seine Etymologiae im Rahmen des 10. Buches De vocabulis aufnahm. Als Erklärung des Begriffes compilator zieht er den Fall des Vergil heran, den man des Plagiats an Homer beschuldigt habe, worauf der Dichter mit dem bekannten Zitat geantwortet habe: magnarum esse virium clavam Herculi extorquere de manu321. In der Spätantike ist Hercules sprichwörtlich geworden; dabei spielte es wohl auch keine Rolle mehr, ob sich die Menschen, die sich seines Namens in einem Ausruf bedienten, seiner früheren Rolle als Gottheit bewußt waren, da die Verwendung seines Namens oder Anspielungen auf seine Taten in der Alltagssprache auf einer ganz anderen, von allen religiösen Elementen befreiten Ebene anzusiedeln ist.

II.10 Überschneidungen zwischen heidnischen und christlichen Quellen Sowohl christliche als auch nicht-christliche Autoren der Spätantike erwähnen Hercules im Rahmen von Aufzählungen alten überlieferten Wissens. Dazu zählen die Nennungen von Städtegründungen durch Hercules sowie verschiedene aitiologische Mythen, die sich in der Erinnerung der Menschen sichtlich bis in die römische Spätzeit hielten. So gibt beispiels316 Macr. Sat. 5, 3, 16. Das Sprichwort führt Otto, Sprichwörter, 163 an. 317 Macr. Sat. 5, 3, 16. 318 Eine Ausnahme bilden hier lediglich Darstellungen in der bildenden Kunst, in denen (meistens) Eroten versuchen, dem betrunkenen Hercules seine Keule zu entwinden und sich damit davon zu machen (vgl. dazu Kap. A I.1.5.1). 319 Don. vita Verg. 46. 320 Cassiod. in psalm. praef. Z. 19: sed ut quidam de Homero ait: tale est de eius sensu aliquid subripere, quale Herculi clavam de manu tollere. Hier. quaest. hebr. in gen. Z. 9: quibus ille respondit magnarum esse virium clavam Herculi extorquere de manu. 321 Isid. orig. 10, 44.

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II Hercules in der Gedankenwelt: Literatur und Philosophie

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weise das Grabgedicht des christlichen Dichters Christodoros von Koptos für den Konsul Johannes aus dem späten 5. oder frühen 6. Jh.n.Chr. die Söhne des Hercules als Gründer von dessen Heimatstadt Epidamnos an322. Ammianus Marcellinus führt die Gründung von Herculis Monoeci portus (Monaco) ebenso auf den Heros zurück wie die Gründung und Namensgebung von Perinthus323; die Gründung Pompejis schreibt Martianus Capella dem Jupitersohn zu324. In der Weltchronik des Johannes Malalas taucht Hercules als Gründer von Herakleia, dem späteren Daphne, von Bosporus/Pantikapaion, und als Vorvater späterer Herrschergeschlechter auf325. Eine Erklärung der Herkunft der „Säulen des Herakles“ bietet der Kommentar des Pseudo-Nonnos zu Gregor von Nazianz im 6. Jh.n.Chr326. Im Rahmen einer längeren Abhandlung über verschiedene Arten von Trinkgefäßen bringt Macrobius den Alkiden mit dem Skyphos in Verbindung – scyphus Herculis poculum est – und erklärt dies aus der Meeresüberfahrt des Helden in einem solchen beziehungsweise mit seiner eigenen Deutung, nach der es sich bei dem Gefährt, welches der Alkide für die Überfahrt zu Geryoneus benutzt hatte, um eine Schiffsform gehandelt habe, die man als scyphus bezeichnete327. Isidor von Sevilla lieferte im frühen 7. Jh.n.Chr. in seinen Etymologiae in unterschiedlichen Wissensgebieten Bezüge zu Hercules; beispielsweise handele es sich bei dem Sternbild Löwe um den von dem Alkiden getöteten nemeischen Löwen328. Daß es keine Amazonen mehr gebe, führt er auf deren Vernichtung durch Hercules und Achilles zurück, was er als historische Tatsache präsentiert. Daraus läßt sich schließen, daß er die historische Existenz eines Helden Hercules durchaus anerkannte, ihm jedoch die Göttlichkeit absprach329. Solche Ausführungen sind grundsätzlich als religiös neutral anzusehen; sie bezeugen, daß das Wissen um Hercules sich nicht auf die weithin bekannten Taten des Dodekathlos und einiger Parerga beschränkte, sondern teils auch weniger gängige Überlieferungen miteinschloß, die als traditionelle Kenntnisse sicher auch auf lokaler Ebene weitergegeben wurden330. Das hinderte einzelne Autoren wie den Bischof Isidor nicht daran, in diesem Kontext die heidnische Überlieferung abzuwerten, wobei sich dies jedoch nicht mehr auf

322 Anth. Pal. 7, 697; vgl. Cameron, Poets, 32. 323 Amm. 15, 10, 9; 22, 8, 5. 324 Mart. Cap. 6, 642; vgl. Isid. orig. 15, 1, 51. Laut Martianus Capella wurde die Insel Sardinien nach dem Herculessohn Sardus benannt (Mart. Cap. 6, 645; vgl. Isid. orig. 14, 6, 39), während eine Insel im Nil, nach der darauf liegenden Siedlung, Heracleopolis hieß (Mart. Cap. 6, 676). 325 Mal. 6, 16. 18; 8, 19; 18, 14. 326 Ps.Nonnos 5, 35. 327 Macr. Sat. 5, 21, 16–21. Bei der Erklärung nach einer Schiffsform namens scyphus scheint es sich um eine Erfindung des Macrobius zu handeln (Kaster, Saturnalia, 468 Anm. 102). 328 Isid. orig. 3, 71, 27. Der Autor macht am Ende des Kapitels einschränkende Bemerkungen hinsichtlich der Tatsache, daß die Benennung der Sternbilder auf Aberglauben zurückgehe, die Sterne jedoch von Gott geschaffen worden seien (Isid. orig. 3, 71, 22. 37). Das Sternbild des nemeischen Löwen taucht im Kommentar des Pseudo-Nonnos auf (Ps.Nonnos 5, 1), das Sternbild „Gewand des Herakles“ bei Malalas (Mal. 1, 14). 329 Isid. orig. 9, 2, 64. Vgl. beispielsweise auch die Nennung von Theben als Geburtsort des Hercules (Hercules maior ille Thebanus: Isid. orig. 14, 4, 11). 330 So überliefert Isidor, daß Hercules der erste gewesen sei, der sich mit apium (Sellerie) bekränzt habe; auch Kränze aus Pappel- und Ölzweigen soll er getragen haben (Isid. orig. 17, 11, 1).

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A Hercules im Lebensumfeld

Hercules oder andere mythologische Figuren bezieht, sondern auf diejenigen, die an diese glaubten331.

II.11 Fazit: Hercules in Literatur und Philosophie Die Analyse des Vorkommens des Hercules in der spätantiken Literatur hat ergeben, daß die Verwendung und die Deutung des Alkiden sehr stark abhängen von der Gattung und damit dem Zweck der entsprechenden Werke sowie vom Tätigkeitsfeld der Autoren. Die Religion ist dabei nicht notwendigerweise der ausschlaggebende Faktor, wie die positive Sichtweise auf den Jupitersohn bei christlichen Schriftstellern wie Ausonius oder Boëthius zeigt. Vielmehr muß eine Unterscheidung zwischen Mitgliedern des Klerus beziehungsweise Apologeten, die sich berufen fühlten, das Heidentum anzugreifen, auch wenn sie keine offizielle Stellung in der kirchlichen Hierarchie bekleideten, und solchen Christen vorgenommen werden, die der heidnischen Mythologie unvoreingenommen als Teil des gemeinsamen Erbes und der antiken Bildungstradition begegneten. Gerade diese Gruppe dürfte der von ihren Glaubensgenossen polemisch vorgetragenen Kritik an den Protagonisten der Mythen wenig oder gar keine Beachtung geschenkt haben. Die Überlieferungslage hat dazu geführt, daß uns heute weit mehr Zeugnisse christlicher als heidnischer Autoren vorliegen, so daß die Bedeutung, die spätantike Heiden Hercules in der Literatur zukommen ließen, kaum beurteilt werden kann. Dennoch ist erkennbar, daß seine alte Rolle als exemplum virtutis – auch für die Philosophen – in der Spätzeit weiter Bestand hatte. Kein Werk der Apologetik ist ausschließlich Hercules gewidmet. Die ausführlichste Kritik an dem Alkiden liefert Lactanz, der alle wichtigen Aspekte seines Lebens aufgreift; andere Autoren erwähnen ihn oft nur flüchtig, wobei sie jedoch stets zentrale und nach christlichen Kriterien als besonders anstößig empfundene Episoden anführen. Dies erklärt auch die Wiederholungen der stets selben Elemente aus dem Herculesmythos bei den Apologeten, die darüber hinaus meist auch für einen Heiden nichts Neues beinhalteten. Bereits in früheren Jahrhunderten hatten heidnische Schriftsteller Götter und Heroen für ihr häufig nach menschlichen Maßstäben unwürdiges Verhalten getadelt. Zu betonen ist allerdings, daß in der christlichen Literatur nicht nur die Herculesfigur getadelt wurde, sondern daß der Jupitersohn instrumentalisiert wurde, um durch ihn die Heiden, die an ihn und die anderen als moralisch korrupt empfundenen Gottheiten und Heroen glaubten, anzugreifen und der Lächerlichkeit preiszugeben.

331 Vgl. beispielsweise Isid. orig. 3, 71, 22: hi (sc. pagani), qui sidera perviderunt, in numerum stellarum speciem corporis superstitiosa vanitate permoti finxerunt, ex causis quibusdam deorum suorum et imagines et nomina conformantes.

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B Hercules in der kaiserlichen Repräsentation Seit der Zeit Alexanders des Großen hatte Hercules einen festen Platz in der Selbstdarstellung von Königen, Feldherren und Kaisern eingenommen, wenn er die Rolle eines herrscherlichen Vorbildes auch nicht ohne Unterbrechungen ausfüllte1. Nachdem er unter Augustus nur indirekt in die offizielle Ideologie eingebunden worden war, begannen Augustus’ Nachfolger graduell, den Jupitersohn in ihre Selbstdarstellung zu integrieren2. Trajan war der erste Kaiser, der in größerem Umfang Münzen mit Motiven des Sagenkreises prägen ließ und Hercules voll in die kaiserliche Repräsentation einband3. Eine Ausstattung des Kaisers mit den Attributen des Alkiden (Löwenfell) findet sich dann in seltenen Fällen auf Münzen Hadrians4. Während der Herrschaft von Antoninus Pius und Marc Aurel spielte Hercules keine besondere Rolle in der offiziellen Ideologie der Herrscher, tauchte aber dennoch kontinuierlich auf Münzbildern auf5. Ihren vorläufigen Höhepunkt erlebte die kaiserliche Angleichung an den Heros unter Commodus, der sich selbst zum Hercules Romanus stilisierte und Rom in der Tradition des kti/sthj Hercules als Colonia Commodiana neu gründete6. Darüber hinaus ließ er sich in der Reichsprägung als erster Kaiser konsequent mit Hercules gleichsetzen und mit dem Löwenfell als Attribut auf Münzen abbilden7. 1 Bereits vor der umfassenden Aneignung der Herculesfigur durch Alexander beriefen sich verschiedene griechische Herrscherhäuser in ihrem Selbstverständnis auf Hercules (vgl. dazu allgemein Huttner, Politische Rolle). So sahen sich beispielsweise die Könige Spartas als Herakliden (ebd., 48). Für weitere Beispiele aus der griechischen Geschichte vgl. ebd., 325–330. Zu Herculesangleichungen Alexanders und republikanischer Feldherren s. auch Anderson, Heracles, passim. 2 Direkte Vergleiche zwischen Hercules und Augustus stellen nur Vergil und Horaz an, jeweils im Kontext der Vergöttlichung als Lohn für vollbrachte Leistungen. Dabei tritt Hercules nicht als die sieghafte Gottheit der römischen Republik, sondern in seiner noch älteren Rolle als mythischer Heros auf, dessen Leistungen von Augustus übertroffen wurden (Ritter, Hercules, 139–141; vgl. Huttner, Hercules und Augustus, passim). Von Caligula und Nero wird berichtet, sie seien öffentlich in der Verkleidung des Hercules aufgetreten, wobei unklar ist, ob dabei jeweils ein bewußtes politisches Programm der Selbstinszenierung durch Rückgriff auf die Herculesgestalt vorlag (Cass. Dio 59, 26, 6f.; Suet. Nero 53; vgl. Schulze, Vorbild, 361). 3 Dies mag darauf zurückzuführen sein, daß in dem nahe seiner Heimatstadt Italica gelegenen Gades der Hercules Gaditanus verehrt wurde (Vollkommer, Geburt eines Vorbildes, 16). Dazu allgemein Seelentag, Taten und Tugenden, 284–287. 405–408. 423–435. 486f. 4 Huttner, Politische Rolle, 321. 5 Schulze, Vorbild, 362; Vollkommer, Geburt eines Vorbildes, 16. 6 Kloft, Herakles, 36. Die Verehrung des Commodus für Hercules trieb teils recht bizarre Blüten, wie beispielsweise die Nachstellung der Gigantomachie mit Körperbehinderten in der Rolle der Giganten zeigt (Hekster, Propagating Power, 211f.; vgl. dazu Cass. Dio 73, 20, 3). Daß die Gleichsetzung mit Hercules sogar ihren Niederschlag in der Kaisertitulatur finden konnte, belegt beispielsweise die Inschrift AE 2004, 1892 aus Volubilis (192 n.Chr.), in der Commodus als L. Aelius Aurelius Commodus Pius Invictus Felix Hercules Romanus der Empfänger einer Weihung durch einen Centurio ist. Vgl. auch AE 2002, 1501. 7 Vollkommer, Geburt eines Vorbildes, 16. Statuen, die Commodus mit den Attributen des Hercules

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B Hercules in der kaiserlichen Repräsentation

Die Übernahme der Waffen und des Löwenfells des Hercules in den kaiserlichen Münzporträts findet sich auch unter den Severern und wird, nach einem zwischenzeitlichen Verschwinden dieses Porträttypus, unter Gallienus wieder aufgenommen8. Für die Epoche der Soldatenkaiser und der Tetrarchie bilden Münzen eine aufschlußreiche Quellengattung, die es erlaubt, die Rolle des Hercules in dieser Epoche nachzuvollziehen. Zu den Kaisern, die ihn in ihre Münzpropaganda einbanden, gehören unter anderem Gordian III., Gallienus sowie die Angehörigen der vier Tetrarchien9. Daneben griffen auch einige Usurpatoren, die in der zweiten Hälfte des 3. Jhs.n.Chr. größere Teile des Imperiums in ihre Gewalt brachten, auf die Gestalt des Hercules zurück. Den „legitimen“ Kaisern, vertreten durch den Augustus Maximianus Herculius, werden daher in der vorliegenden Arbeit der Gegenkaiser Postumus und seine Nachfolger in dem von ihm begründeten gallischen Sonderreich sowie der britannische Usurpator Carausius gegenübergestellt. Das besondere Augenmerk muß dabei auf Maximian liegen, der in Hercules nicht nur seinen persönlichen Schutzgott sah, sondern sich darüber hinaus auch durch eine direkte familiäre Bindung an den Jupitersohn legitimierte, den er zum Oberhaupt seiner Familie der Herculii stilisierte.

zeigten, erwähnt Cassius Dio (Cass. Dio 73, 15, 6). 8 Hedlund, Coinage, 218; vgl. Turcan, Le culte impérial, 1041. 9 In der vorliegenden Arbeit wird der Begriff „Propaganda“ als wertneutral behandelt; es sollen keine aus der neueren Geschichte resultierenden, politisch aufgeladenen negativen Konnotationen geweckt werden, die das Konzept der Propaganda mit der Lüge oder bewußten Verzerrung der Realität in Verbindung bringen und den Ausdruck vielfach zu einem „Unwort“ gemacht haben. Zu einer Ablehnung des Begriffes im Zusammenhang mit der römischen Münzprägung aufgrund ebendieser Konnotationen s. Weiser, Imago und Emblema, 242–245. Zur Anwendung des Begriffs in Bezug auf die Antike im allgemeinen und auf numismatische Fragestellungen im besonderen vgl. Carlà, Monete, 31–57. Heute wird „Propaganda“ häufig verstanden als „cosciente ed elaborata distorsione della realtà da parte di uno stato totalitario“ (ebd., 31); hingegen soll hier Propaganda als eine spezifische Kommunikationsform der Kaiser beziehungsweise der römischen Führungsschicht interpretiert werden, die sich unter anderem des Mediums der Münzen bediente und die den Adressaten bestimmte Inhalte vermitteln sollte, die mit dem Selbstverständnis der Herrscher zusammenhingen (vgl. ebd., 31f.). Das Konzept „Propaganda” ist demnach aufzufassen als „an attempt at targeted communication with an objective that has been established a priori, […] the deliberate attempt to influence public opinion through transmission of ideas and values for a specific purpose, not through violence and bribery” (Welch, Propaganda, 318). Als Ziel der Münzpropaganda der römischen Kaiser wird dementsprechend die Legitimation ihrer Macht angenommen (vgl. Carlà, Monete, 34). Die Frage, inwieweit jedoch die Münzbilder tatsächlich im gewünschten Sinn von den Adressaten rezipiert wurden, kann mangels entsprechender Quellen nicht beantwortet werden.

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I Hercules im gallischen Sonderreich Auf den Münzen des Usurpators M. Cassianius Latinius Postumus, dessen gallisches Sonderreich mit den Zentren Colonia Agrippinensis (Köln), Augusta Treverorum (Trier) und Mogontiacum (Mainz) unter ihm und seinen Nachfolgern von 260 bis 274 n.Chr. Bestand hatte, ist Hercules die am häufigsten auftretende Gestalt des Pantheons1. Prägungen des Postumus mit Herculesmotiven finden sich in allen Münzmetallen und weisen eine große Bandbreite an unterschiedlichen Motiven des Mythos auf2. Diese Münzen sind für uns das einzige greifbare Zeugnis für die Verbundenheit, die Postumus offenbar mit Hercules empfand3.

I.1 Hercules in der Münzprägung des Postumus Hercules tritt auf den Münzen des Postumus sowohl als Porträtbüste in Kombination mit derjenigen des Usurpators auf dem Avers auf, wie auch in unterschiedlichen Reversmotiven; eine Postumus/Hercules-Vorderseite kann dabei auch mit Rückseiten kombiniert sein, die nicht dem Herculesmythos entstammen4. Darüber hinaus finden sich indirekte Verweise auf den Alkiden durch die Darstellung seiner Waffen auf den Rückseiten, sowie durch die dem Kaiser beigegebenen Attribute Keule und Löwenfell; in diesen Fällen tritt er häufig nicht selbst figürlich auf5. Durch die gemeinsame Darstellung mit Hercules beziehungsweise den Rückgriff auf seine Attribute stellte sich Postumus ganz unmittelbar unter den Schutz des Gottes und berief sich in der Legitimation seiner Herrschaft auf ihn. Dies ist auch als ein Versuch zu sehen, sich gegen den „rechtmäßigen“ Herrscher Gallienus zu behaupten6, der ebenfalls Hercules in seine Münzprägung einbezog, wobei jedoch, im Gegensatz zu Postumus, Motive aus dem Zyklus der Taten größtenteils fehlen7. 1 Rees, Names, 223. 2 König, Usurpatoren, 118. Tatsächlich treten unter Postumus die meisten der kanonischen Taten des Hercules zum ersten Mal in der Reichsprägung in Erscheinung – in den Prägungen griechischer Städte im Osten des Reiches sind sie bereits früher belegt. Vor Postumus sind nur der Löwe, der Eber und die Hesperidenäpfel nachweisbar. Sechs der kanonischen Taten des Jupitersohnes sind in der römischen Reichsprägung sogar nur unter dem gallischen Kaiser belegt: die stymphalischen Vögel, der Stall des Augias, der kretische Stier, die Pferde des Diomedes, der Gürtel der Hippolyte sowie der Kampf gegen Geryoneus (Vollkommer, Reichsprägung, 313. 315–317). 3 Derichs, Vorbild, 94. 4 Vgl. z.B. RIC V, 2 p. 358 n. 260 (Rv.: Sol und Luna); RIC V, 2 p. 358 n. 263 (Rv.: Apollo und Diana). 5 Vgl. z. B. RIC V, 2 p. 359 n. 268. 278; p. 361 n. 291–292. Die Darstellung der Attribute des Helden ohne Hercules selbst ist bereits für Münzen des Commodus belegt (z.B. RIC III p. 395 n. 253). 6 Vgl. Hedlund, Coinage, 235. Gallienus begann kurz nach der Machtergreifung des Postumus, Hercules in seine Münzprägung einzubeziehen, so daß man durchaus von einer Reaktion auf dessen Verwendung des Jupitersohnes ausgehen kann; O. Hekster und E. Manders sprechen in diesem Zusammenhang von

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B Hercules in der kaiserlichen Repräsentation

Die Rückseiten der in den Münzstätten Köln, Lugdunum (Lyon) und Mediolanum (Mailand) geprägten Herculesmünzen des Postumus geben den Alkiden in unterschiedlichen Kontexten wieder; es findet sich sowohl der aus dem unmittelbaren Zusammenhang der Taten herausgelöste Hercules, als auch der Alkide bei der Vollbringung seiner Taten. Bei den ihm beigegebenen Attributen handelt es sich in den meisten Fällen um die Keule und das Löwenfell, jedoch treten gelegentlich auch Köcher und Bogen sowie ein auf die Rolle als Friedensbringer verweisender Ölzweig auf8. Die Auswahl der Taten beschränkt sich auf den kanonischen Zyklus, dem aus dem Kreis der Parerga lediglich die Antaios-Episode hinzugefügt wurde9. Die Ikonographie orientiert sich dabei weitgehend an den unter früheren Herrschern in der kaiserlichen Münzprägung etablierten Schemata für den Motivkreis des Hercules. I.1.1 Die DEVSONIENSIS- und MAGVSANVS-Prägungen Zusätzlich zu den von früheren Prägungen vertrauten Motiven tritt auf den Münzen des Postumus der mit den charakteristischen Attributen ausgestattete Hercules auf, versehen mit Varianten der Legenden HERCVLES DEVSONIENSIS (Abb. 14)10 und HERCVLES MAGVSANVS11. Die weite Verbreitung der DEVSONIENSIS- und MAGVSANVS-Prägungen, die in allen Münzmetallen nachweisbar sind und sich somit an alle Bevölkerungsgruppen richteten, deutet auf eine besondere Bedeutung dieser beiden Inkarnationen des Hercules für das Selbstverständnis des Postumus hin, die sich für keinen anderen römischen Kaiser belegen läßt. Tatsächlich existieren, abgesehen von den Prägungen des Postumus, auf denen diese Gottheit seit Beginn seiner Herrschaft eine wichtige Rolle spielte12, keine weiteren Zeugnisse für Hercules Deusoniensis, dessen Herkunft bis heute nicht eindeutig bestimmt werden kann. Es wurde angenommen, der römische Hercules sei hier einer lokalen Gottheit mit einem Heiligtum in einem Ort namens Deuso assimiliert worden13. Im Lauf der Jahre wurden

7

8 9 10 11 12 13

„Legitimationskonkurrenz“ (Hekster/Manders, Kaiser gegen Kaiser, 141). Generell bleibt die Anzahl von Herculesprägungen des Gallienus jedoch gering, so daß man diesem Aspekt des Konfliktes mit Postumus keine zu große Bedeutung zumessen sollte (ebd., 142). Zu der Frage, ob Postumus die Herrschaft über das Gesamtreich anstrebte und in diesem Sinne in Konkurrenz zu Gallienus trat, vgl. Drinkwater, Gallic Empire, 28. 166; König, Usurpatoren, 56f. In RIC sind nur wenige Münzen des Gallienus aufgeführt, die die Taten des Hercules darstellen beziehungsweise einen Verweis auf eine bestimmte Tat enthalten (vgl. z.B. RIC V, 1 p. 104 n. 454: Hercules mit den Äpfeln der Hesperiden. S. auch RIC V, 1 p. 148 n. 201: ein Löwe mit der Legende HERCVLI CONS AVG und RIC V, 1 p. 148 n. 202: ein Eber mit der Legende HERCVLI CONS AVG). Im allgemeinen ist Hercules ohne narrativen Kontext, stehend mit seinen Attributen abgebildet (vgl. z.B. RIC V, 1 p. 130 n. 5–6; p. 131 n. 16). Durch die Beanspruchung von Hercules als Verleiher der virtus, wie es auch Postumus tat, versuchte Gallienus, den Halbgott für sich zu vereinnahmen (Hekster/Manders, Kaiser gegen Kaiser, 141f.); dennoch befinden sich die Hercules-Münzen des Gallienus gegenüber denjenigen des Postumus deutlich in der Unterzahl. Vgl. z.B. RIC V, 2 p. 348 n. 133; p. 364 n. 333; p. 368 n. 389; p. 348 n. 135 (Ölzweig); p. 338 n. 21 (Bogen). RIC V, 2 p. 359 n. 273. Vgl. z.B. RIC V, 2 p. 338 n. 20–22; p. 342 n. 64. 66. Vgl. z.B. RIC V, 2 p. 342 n. 68; p. 349 n. 139. König, Usurpatoren, 118. Der Ort Deuso wird von Hieronymus im Gebiet der Franken lokalisiert (Hier. chron. 372).

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I Hercules im gallischen Sonderreich

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zahlreiche Versuche einer Identifizierung dieser antiken Ortschaft unternommen14. Ein Vorschlag für die Lokalisierung des Ortes ist Doesborgh an der Yssel; ein Versuch, das Heiligtum des Hercules Deusoniensis in Krefeld-Elfrath zu lokalisieren, gilt als nicht überzeugend15. Stellt man jedoch aus dem Namen Deuso eine Verbindung zu dem Fluß Dieze in den Niederlanden her, so ergibt sich eine neue Möglichkeit zumindest einer groben Lokalisierung des Herkunftsortes dieser Herculesinkarnation, die eher zu überzeugen vermag als frühere Vorschläge16. So ist der moderne Name der Ortschaft Diessen, zwanzig Kilometer nordwestlich von Eindhoven an einem Fluß gelegen, der heute als Reuzel oder Aa bekannt ist, der jedoch im Mittelalter als Dieze bezeichnet wurde17, möglicherweise abzuleiten von dem antiken Namen Deuso(ne)18. Diessen wurde dementsprechend als Ursprungsort des Hercules Deusoniensis identifiziert19. In Diessen selbst wurden allerdings kaum Funde aus römischer Zeit gemacht, und keine, die mit Hercules in Verbindung gebracht werden können20. Aus dem noch heute als Dieze bezeichneten kleinen Flußabschnitt kurz vor dessen Einmündung in die Maas hingegen stammt eine Anzahl von Münzen mit der DeusoniensisLegende21. Hier liegt eine Verbindung nahe zu dem nicht weit entfernten Heiligtum von Empel (heute ein Stadtteil von ‘s-Hertogenbosch), das aufgrund der dort gemachten Funde als ein Kultplatz für den ebenfalls auf den Postumus-Münzen auftretenden Hercules Magusanus identifiziert wurde22. An jenem Ort kamen unter anderem eine Bronzestatuette des Hercules sowie eine an Hercules Magusanus gerichtete Weihinschrift zutage23. N. Roymans und T. Derks gehen daher davon aus, daß es sich bei dem Deusoniensis und dem Magusanus um ein und dieselbe Gottheit handelte, die im Fall des Deusoniensis lediglich eine lokale Ausprägung des Hercules Magusanus darstellte, welcher an dem Fluß Dieze in einem Ort namens Deuso verehrt wurde, während der Magusanus auch noch an anderen Orten im niedergermanischen Raum anzutreffen war. Laut Roymans und Derks sind Orte, die nach einem Fluß benannt wurden, häufig an dessen Mündung zu finden, so daß man das Mündungsgebiet der Dieze in die Maas, wo die erwähnten Münzen gefunden wurden, relativ wahrscheinlich als die Stelle des antiken Deuso identifizieren könne24.

14 Frühere Identifizierungen setzten Deuso unter anderem mit Deutz und Duisburg gleich (Ihm, Deuso, Sp. 281). Insgesamt wurden mehr als 15 Orte als Deuso vorgeschlagen (Stolte, Religiöse Verhältnisse, 622). 15 König, Usurpatoren, 119; Spickermann, Germania Inferior, 110–112. 193 mit Anm. 303. 16 Roymans/Derks, Heiligdom, 33. 17 Stolte, Religiöse Verhältnisse, 625. 18 Im Frühmittelalter war Diessen bekannt als Deosne, Diesne oder Diosna. Hier ist laut Stolte eine deutliche lautgesetzliche Verwandtschaft zu sehen (Stolte, Religiöse Verhältnisse, 625). 19 Drinkwater, Gallic Empire, 162. 20 Roymans/Derks, Heiligdom, 33. 21 Roymans/Derks, Heiligdom, 33. 22 Das Heiligtum hat einen vorrömischen Ursprung; der Tempel, dessen Überreste inzwischen ausgegraben wurden, stammt hingegen vermutlich erst aus flavischer Zeit (Roymans/Derks, Heiligdom, 14. 19). Die auf Hercules hindeutenden Fundstücke schließen nicht aus, daß auch andere Gottheiten dort kultisch verehrt wurden, selbst wenn es dafür bislang nur wenige Anzeichen gibt (ebd., 26). 23 AE 1990, 740. Es handelt sich um die bislang einzige an Hercules Magusanus gerichtete Inschrift, die aus einem Heiligtum stammt (Roymans/Derks, Heiligdom, 32). 24 Roymans/Derks, Heiligdom, 33.

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B Hercules in der kaiserlichen Repräsentation

Das Epitheton Magusanus wurde lange von einem Ort Magusa abgeleitet, der jedoch nirgends belegt ist25. Die verschiedentlich vorgebrachte Identifizierung mit Mahusenem (Muyswinkel, südöstlich von Utrecht gelegen)26, wird inzwischen aus philologischen Gründen ausgeschlossen. Vielmehr scheint es sich bei Magusanus um den Namen einer ursprünglich einheimischen Gottheit zu handeln27, die dem Hercules angeglichen wurde beziehungsweise die schon vorher über ähnliche Eigenschaften und Attribute verfügte28. In den letzten Jahren wurden in den Heiligtümern von Empel und Elst in den Niederlanden Inschriften und Statuetten gefunden, die eine Verehrung von Hercules Magusanus an diesen Kultplätzen wahrscheinlich machen und möglicherweise auf eine Funktion des Gottes als Stammesgottheit der Bataver hinweisen29; die Größe der Heiligtumskomplexe von Empel und Elst legt nahe, daß es sich um Kultstätten mit überregionaler Bedeutung handelte30. Für eine Rolle als Stammesgottheit der Bataver spricht, daß Hercules Magusanus bislang die einzige männliche Gottheit ist, für die aus batavischem Siedlungsgebiet mehrere Inschriften bekannt sind31, und die einzige Gottheit, der Bataver außerhalb ihrer Heimat Weihungen darbrachten32. Die in Empel zahlreich zu Tage geförderten militärischen Aus25 Stolte, Religiöse Verhältnisse, 628. 26 Drinkwater, Gallic Empire, 162. 27 Die vorgeschlagenen Etymologien werden bei Wagner, Magusanus, 418–422 dargelegt. Wagner selbst möchte Hercules Magusanus mit dem germanischen Gott Donar gleichsetzen (ebd., 418). Die bislang überzeugendste Erklärung des Namens Magusanus beziehungsweise Magusenus, wie er in Inschriften auch vorkommt, geht von einem aus den beiden im Keltischen wie Germanischen vorkommenden Bestandteilen *magus und *senos zusammengesetzten Wort aus. Aus *magus haben sich sowohl in den keltischen Sprachen wie Walisisch, Bretonisch und Alt-Irisch als auch in den germanischen Sprachen (Gotisch, Angelsächsisch, Alt-Nordisch) Wörter entwickelt, die auf eine ursprüngliche Bedeutung von *magus als „jung“ oder „Jüngling“ hindeuten. Für *senos wiederum finden sich in keltischen und germanischen Sprachen spätere Wortformen, die auf eine Bedeutung als „alt“ (vgl. latein. senex) hindeuten. Die sich eigentlich widersprechende Anordnung dieser beiden Wörter könnte darauf hinweisen, daß der Name Magusanus zu verstehen ist im Sinne von „ein junger Mann mit der Lebenserfahrung eines älteren“ oder „der jung-gebliebene/vitale ältere Mann“ (Toorians, Magusanus, 108f.; vgl. auch Holder, Sprachschatz, Sp. 386 s.v. *magus ). Eine alternative Erklärung bietet W. Spickermann, der eine Beziehung zu *Maguz/s –naz = „der zur Kraft Gehörige“ in Betracht zieht (Spickermann, Germania Inferior, 230). Zur Bedeutung des Epithetons vgl. auch Genevrier, Culte, 372. 28 Roymans/Aarts, Coins, 344. Die Verehrung, die Hercules bei den Germanen genoß, erwähnt bereits Tacitus (Tac. Germ. 3, 1). Zu der mythischen Rolle des Hercules als Zivilisationsbringer im gallischgermanischen Grenzgebiet vgl. Roymans, Identity, 238–241. 29 Roymans, Hercules, 227. 231–233. Für Rekonstruktionen der Heiligtumskomplexe s. ebd., 223 Abb. 2; 225 Abb. 4. Einen Kultplatz für Hercules Magusanus ohne Umfriedung führt Spickermann darüber hinaus in Neerijnen im batavischen Siedlungsgebiet an (Spickermann, Germania Inferior, 155). Vgl. z.B. AE 2002, 1047 (Elst). Als das Hauptheiligtum der Bataver, in dem möglicherweise ebenfalls der Hercules Magusanus verehrt wurde, wird der Tempel von Lith-Kessel gedeutet (Spickermann, Germania Inferior, 115). 30 Spickermann, Germania Inferior, 114. Die Funde legen nahe, daß sowohl Soldaten als auch Zivilisten dem Hercules in Empel Votivgaben darbrachten (Roymans/Derks, Herculesheiligtum, 490), was die doppelte Rolle des Hercules als Kriegsgott und als Schutzgottheit für die in dieser Provinz wichtige Viehzucht unterstreicht (Spickermann, Germania Inferior, 58). Eine solche Deutung unterstützt auch die Tatsache, daß drei der Monumente für Hercules Magusanus aus Niedergermanien Darstellungen von Früchten, Blumen und, in einem Fall, einem Füllhorn enthalten (Genevrier, Culte, 374). 31 Vgl. z.B. CIL XIII 8705; 8771; 8777. 32 Roymans/Derks, Heiligdom, 32. Die aus dem Stamm der Bataver rekrutierten equites singulares dank-

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rüstungsgegenstände deuten darauf hin, daß die dort ansässigen Bataver in Hercules Magusanus einen Gott sahen, der für die Kriegsführung zuständig war und als Beschützer der zahlreich im römischen Heer dienenden batavischen Soldaten fungierte33. Die Funde stammen jedoch nicht aus der Regierungszeit des Postumus, sondern sind der frühen und hohen Kaiserzeit zuzuordnen. Das Heiligtum von Empel war zur Zeit des Postumus möglicherweise bereits seit mehreren Jahrzehnten nicht mehr frequentiert. Statt dessen hatte man den Kultort vermutlich in ein weiter westlich gelegenes Gebiet verlegt, an die Einmündung des Flusses Dieze in die Maas, wo man auch Münzen des Postumus mit der Deusoniensis-Legende gefunden hat34. Die Ruine des wohl um die Wende vom 2. zum 3. Jh.n.Chr. durch einen Brand zerstörten Tempels von Empel wurde wahrscheinlich im 4. Jh.n.Chr. abgerissen35. Anders als der Deusoniensis ist der seltener auf den Münzen des Postumus vorkommende Hercules Magusanus als Gottheit in mehreren Inschriften belegt, die seine Verehrung im niedergermanischen Raum (also nicht beschränkt auf das Siedlungsgebiet der Bataver) bezeugen36. Ein 1963 in Bonn gefundener, von einem Soldaten gestifteter Weihstein aus der Herrschaftszeit des Severus Alexander (226 n.Chr.) zeigt über einer Inschrift für Hercules Magusanus diesen in einer Tempelnische stehend, das Löwenfell über die linke Schulter geworfen und sich auf die Keule stützend; mit der linken Hand hält er die Leine des neben ihm sitzenden Kerberos37. Auch andere Weihungen an diese Gottheit stammen von Soldaten; so wurde ein weiterer in Bonn gefundener Stein von einem Centurio der legio I geweiht38. Es verehrten laut der epigraphischen Überlieferung Angehörige verschiedener germanischer Völker den Hercules Magusanus39; eine Häufung der Zeugnisse in diesem Gebiet läßt auf eine Herkunft des Gottes aus Niedergermanien schließen40. Sowohl die erhaltenen Reliefs als auch die Münzen des Postumus zeigen eine vollkommene bildliche Angleichung des einheimischen Gottes Magusanus an den Hercules der griechisch-römischen Mythologie: der Gott ist in der üblichen Art mit seinen Attributen

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ten mit der Errichtung eines Weihsteins im Jahr 219 n.Chr. in Rom dem Hercules Magusanus für die sichere Rückkehr des Kaisers Elagabal (CIL VI 31162). Vermutlich durch die Vermittlung des Militärs gelangte Hercules Magusanus auch in die römischen Donauprovinzen, wie der Fund von zwei Weihinschriften in Dakien zeigt (AE 1977, 702; 704; vgl. Schäfer, Götter, 260f.). Die Inschrift AE 1995, 1290 aus Apulum in Dakien ist an einen Deus Magusanus gerichtet, ohne Erwähnung des Hercules; dennoch ist nicht auszuschließen, daß auch in diesem Fall Hercules der Empfänger der Weihung war. Roymans/Derks, Herculesheiligtum, 484f.; ders./Aarts, Coins, 353. Roymans/Derks, Heiligdom, 33. Roymans/Derks, Herculesheiligtum, 482. Eine (nicht mehr aktuelle Auflistung) der relevanten Inschriften findet sich bei Stolte, Religiöse Verhältnisse, 599. Inzwischen sind mit AE 1990, 740; AE 1994, 1282; 1284 weitere Weihinschriften für Hercules Magusanus hinzugekommen; AE 1977, 539–540 wurden von Stolte zu Unrecht als „unbrauchbar“ abgetan (Stolte, Religiöse Verhältnisse, 626 Anm. 127). Horn, Weihung, 235 Abb. 1. CIL XIII 8010. Insgesamt stammen von den 17 Weihinschriften für Hercules Magusanus, bei denen wir den Dedikanten kennen, zehn von ehemaligen Soldaten (Roymans/Aarts, Coins, 353 Anm. 38). Horn, Weihung, 236. Ein Angehöriger der ala Tungrorum beispielsweise nahm eine Weihung am Antoninus-Wall in Schottland vor (RIB 2140 = CIL VII 1090). Zu weiteren Weihinschriften für Hercules Magusanus s. Horn, Weihung, 236f. und Spickermann, Germania Inferior, 230. Stolte, Religiöse Verhältnisse, 627. Von den insgesamt 21 bekannten Weihinschriften stammen 15 aus dem Niederrheingebiet (Roymans/Aarts, Coins, 344.

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ausgestattet und auf den erhaltenen Reliefs gelegentlich bei der Vollbringung seiner kanonischen Taten dargestellt41. Die Revers-Motive der Deusoniensis- und Magusanus-Münzen beschränken sich auf den stehenden Hercules, mit Keule, Fell und Bogen (Abb. 14)42, daneben Hercules, auf seine Keule gestützt, in einem tetrastylen Tempel stehend43, sowie die lorbeerbekränzte Büste des Gottes oder des Kaisers mit den Kennzeichen des Hercules44. Diese Rückseitenmotive sind jeweils kombiniert mit der Büste des Kaisers auf dem Avers, ausgestattet mit Lorbeerkranz oder Strahlenkrone45. Die Erklärung für die Verwendung dieser beiden Erscheinungsformen des Alkiden – wahrscheinlich als zwei Inkarnationen desselben Kriegsgottes zu verstehen – durch Postumus mag zu einem nicht geringen Teil mit der Herkunft des Gottes aus einem Rekrutierungsgebiet der Armee von Germania inferior zusammenhängen46. Als Usurpator war Postumus besonders auf die Unterstützung seiner Truppen angewiesen, denen er die Erhebung zum Kaiser überhaupt erst verdankte, und somit überrascht es nicht, daß er sich eine lokale Gottheit aneignete, um seine Verbundenheit mit denjenigen Soldaten seiner Armee, die aus der niederrheinischen Region stammten, zu demonstrieren47. Darauf weisen möglicherweise auch die lokalen Imitationen48 der Deusoniensis-Prägungen des Postumus hin, die auf der Vorderseite das Porträt des Kaisers, auf der Rückseite das Motiv des von den regulären Prägungen bekannten, im Tempel stehenden beziehungsweise nur mit seinen Attributen frontal stehend gezeigten Hercules aufweisen49; man mag spekulieren, ob der 41 Roymans, Hercules, 228. 42 Z.B. RIC V, 2 p. 338 n. 20–21; p. 342 n. 68. 43 RIC V, 2 p. 342 n. 66; p. 348 n.134. Es handelt sich hierbei nicht um eine Neuschöpfung der gallischen Münzprägung; das Motiv des in einem tetrastylen Tempel stehenden Hercules ist bereits bei früheren Kaisern belegt, so z.B. auf Aurei Hadrians (RIC II p. 347 n. 57). 44 RIC V, 2 p. 338 n. 22; p. 365 n. 343 (Büste des Hercules); p. 345 n. 99; p. 349 n. 137; p. 356 n. 247 (Büste des Postumus als Hercules). 45 Z.B. RIC V, 2 p. 349 n. 137 (Lorbeerkranz); p. 349 n. 139 (Strahlenkrone). 46 Drinkwater, Gallic Empire, 163. Im 3. Jh.n.Chr. beschränkte sich die Aushebung von Legionären größtenteils auf die Regionen, in denen die Einheiten auch stationiert waren (König, Usurpatoren, 89). Dies wiederum führte dann normalerweise zu einer stärkeren Bindung der Soldaten an dieses Gebiet sowie an ihren jeweiligen Befehlshaber, zum Nachteil des fernen Kaisers (vgl. Manders, Images of Power, 88). 47 König, Usurpatoren, 54. 75. 120f. Vgl. auch die Münzlegenden VIRTVS EXERCITVS (RIC V, 2 p. 340 n. 44), FIDES MILITVM (RIC V, 2 p. 342 n. 59; p. 346 n. 105; p. 348 n. 123–128; p. 353 n. 197; p. 356 n. 245), EXERCITVS AVG (RIC V, 2 p. 347 n. 116–117; p. 353 n. 192), FIDES EXERC/EXERCITVS (RIC V, 2 p. 353 n. 196; p. 356 n. 244; p. 359 n. 270), VIRTVS EQVITVM (RIC V, 2 p. 368 n. 387–389). Die Legende FIDES MILITVM wurde besonders häufig in den frühen Jahren der Regierungszeit eines Herrschers auf Münzen eingesetzt, in vielen Fällen jedoch dann während seiner gesamten Herrschaft weiterhin geprägt, um anzuzeigen, daß der Kaiser der Treue des Heeres kontinuierlich bedurfte, nicht nur, um an die Macht zu gelangen (Hedlund, Coinage, 100). 48 Die früher verwendete Bezeichnung „Barbarisierung“ für nicht-römische Nachahmungen römischer Münzen wurde inzwischen von den Begriffen „Nachprägung“ oder „Imitation“ ersetzt, da es sich nicht um Prägungen von außerhalb des Reiches handelt, sondern diese Münzen in den Nordwestprovinzen des Imperiums entstanden (Schulzki, Antoninianprägung, 32). 49 Schulzki Antoninianprägung, N 10a. 11. Es wurde auch ein HERC PACIFERO-Antoninian des Postumus nachgeprägt (ebd., N 13). Nachprägungen mit den Porträts von Tetricus I. und Victorinus greifen auf den sonst für diese Kaiser nicht belegten Hercules Deusoniensis des Postumus als Revers-Motiv zu-

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Tempel den tatsächlichen Kultort des Deusoniensis symbolisieren sollte. Die lokale Herstellung solcher Münzen könnte ein Indiz für die enge Verbundenheit von Postumus, Hercules Deusoniensis und den niedergermanischen beziehungsweise, je nach Herstellungsort50, ostgallischen Stämmen darstellen, in deren Gebiet die Imitationen geprägt wurden. Die stark auf den kriegerischen Aspekt ausgerichtete Vereinnahmung des einheimischen Hercules Deusoniensis/Magusanus entspricht ferner der gerade für einen Gegenkaiser bestehenden Notwendigkeit, sich in der Schlacht als siegreich zu erweisen51. Entsprechend häufig ließ sich Postumus in Panzer und paludamentum abbilden und wählte für viele seiner Münzen Motive aus dem Umfeld des Krieges, wie Victoria, Mars oder besiegte Feinde52. Signifikant ist dabei auch, daß Hercules sich in den allermeisten Fällen bei der Vollbringung seiner Taten allein auf die ihm innewohnende virtus verlassen konnte, nicht auf fremde Unterstützung; dies kann man insofern auf Postumus übertragen, als er sich, in Ermangelung einer anderen Legitimation, nur auf seine Verdienste, vor allem seine militärischen Erfolge, stützen konnte, bei denen ihm Hercules zur Seite gestanden hatte. Dies könnte man als eine Vorstufe der tetrarchischen Ideologie ansehen, nach der die Machtposition der Kaiser allein auf die Götter zurückging. Ein Zusammenhang zwischen der besonderen Neigung des Postumus zu Hercules Deusoniensis/Magusanus und einem bestimmten Ereignis wie der Erhebung zum Kaiser oder dem Sieg in einer entscheidenden Schlacht kann bei der gegenwärtigen Quellenlage nicht festgestellt werden53. Hingegen könnte der vermutlich selbst aus den gallischen Provinzen stammende54 Postumus bereits früher mit dem Gott in Berührung gekommen sein. Möglicherweise war der Gegenkaiser sogar batavischer Abstammung55, was eine enge Verbundenheit mit der vor allem von diesem Stamm verehrten Gottheit ebenfalls nahelegen würde. Sollte es sich bei Hercules Deusoniensis tatsächlich nur um eine lokale Ausprägung des im ganzen niederrheinischen Gebiet verbreiteten Hercules Magusanus gehandelt haben, so könnte die Tatsache, daß deutlich mehr Deusoniensis-Münzen als Magusanus-Münzen bekannt sind, darauf zurückzuführen sein, daß Postumus tatsächlich genau aus dem Gebiet rück (ebd., N 10b, N 12). 50 Vgl. Schulzki, Antoninianprägung, 35f. 51 Mit der Epoche der Soldatenkaiser erlangte die Legitimation in Form militärischer Erfolge eine neue Bedeutung, die auch die Anwesenheit des Kaisers auf dem Schlachtfeld einschloß (vgl. Hedlund, Coinage, 56. 68). 52 Drinkwater, Gallic Empire, 161. Z.B. RIC V, 2 p. 339 n. 34; p. 340 n. 41; p. 341 n. 56. Auch der Kaiser selbst kann in der Münzlegende als INVICTVS auftreten (RIC V, 2 p. 338 n. 25). Allerdings tritt der Kaiser ebenso als Wiederhersteller der Ordnung (restitutor Galliarum; z.B. RIC V, 2 p. 350 n. 157–159) und als Sicherer des Friedens in Erscheinung (HERC PACIFERO; z.B. RIC V, 2 p. 342 n. 67). 53 Derichs, Vorbild, 96f.; Drinkwater, Gallic Empire, 163. P. Bastien hat vorgeschlagen, in den MAGVSANVS-Prägungen, die alle einer einzigen Emission von 261 n.Chr. entstammen, eine spezielle Ehrung der batavischen Armeekontingente zu sehen, die in den militärischen Auseinandersetzungen der Jahre 260/261 n.Chr. eine besondere Rolle gespielt hätten (Bastien, Monnayage, 68). 54 König, Usurpatoren, 51f. Laut König handelt es sich bei dem sehr seltenen Gentilnamen des Postumus, Cassianius, um eine gallische Namensform (ebd., 52). 55 Roymans/Derks, Heiligdom, 33. So auch Stolte, Religiöse Verhältnisse, 626.

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stammte, in welchem der Deusoniensis verehrt wurde56. Die große Verbreitung der entsprechenden Typen scheint darauf hinzudeuten, daß Postumus davon ausging, daß diese Gottheit gerade den Soldaten bekannt war, die ihren Sold in diesen Münzen erhielten und die die wichtigsten Adressaten der durch sie vermittelten Botschaften waren. Mit dem Hercules Deusoniensis/Magusanus als bevorzugte Schutzgottheit sprach Postumus vermutlich auch die zivile Bevölkerung der diesen Gott verehrenden Regionen in Niedergermanien und Nordgallien an57; diesem Gebiet in Grenznähe präsentierte sich der gallische Kaiser durch die Angleichung an eine lokale Gottheit in besonderer Weise als Verteidiger und Beschützer58. Trotz der synkretistischen Annäherung an eine einheimische Gottheit blieb Hercules durch die klassische Darstellungsweise und die Einbeziehung der kanonischen Taten auf den Münzen auch für die römische beziehungsweise stark romanisierte Bevölkerung der Rheinprovinzen, Galliens und Britanniens vertraut; dementsprechend wendete sich Postumus mit seinen Hercules-Münzen an die gesamte Bevölkerung seines gallischen Sonderreiches. I.1.2 Die Dodekathlos-Emission von 268 n.Chr. Aus dem Jahr 268 n.Chr. stammt eine möglicherweise anläßlich der Decennalien des Postumus ausgegebene Goldemission der Münzstätte Köln, die den gesamten Dodekathlos sowie zusätzlich Hercules im Kampf gegen den Riesen Antaios abbildet59. Dabei handelt es sich, neben einer 146/147 n.Chr. unter Antoninus Pius in Alexandria zur Feier seines zehnjährigen Regierungsjubiläums geprägten Serie, um die einzige aus der Kaiserzeit bekannte Münzemission, die alle zwölf kanonischen Taten des Helden vereint60. Die Goldmünzen wurden vermutlich als Geschenke an das Gefolge des Kaisers verteilt und waren nicht in erster Linie für den regulären Umlauf bestimmt; einzelne Motive der Dodekathlos-Serie wurden jedoch auch in Silber und Billon geprägt, wobei diese folglich einen größeren

56 Eine Verbindung zwischen einem Kaiser und der in seiner Heimat verehrten Inkarnation des Hercules läßt sich für Trajan belegen, der auf seinen Münzen den Hercules Gaditanus propagierte, also den Hercules von Gades, einer nicht weit von Italica, dem Herkunftsort der Ulpii, entfernt gelegenen Stadt (RIC II p. 355 n. 125; vgl. Bastien, Buste Monétaire, 372). 57 Die epigraphische Überlieferung bezeugt die Verehrung des Hercules Magusanus auch durch zivile Funktionsträger (CIL XIII 8705; 8771). Für einen Gegenkaiser wie Postumus war die Unterstützung der Zivilbevölkerung von Bedeutung, weswegen er sie auf seine Seite zu ziehen suchte und sich dafür des Mediums der Münzen bediente (König, Usurpatoren, 56; vgl. Drinkwater, Gallic Empire, 163). Die literarische Überlieferung belegt die Akzeptanz, die die gallische Bevölkerung dem neuen Herrscher entgegenbrachte (vgl. König, Usurpatoren, 75). Zu möglichen Bestrebungen einzelner Gruppierungen oder Regionen innerhalb des gallischen Reiches, sich wieder Gallienus anzuschließen s. Eck, Sonderreich, 78–81. 58 Vgl. Jaczynowska, Remarques, 415. 59 König, Usurpatoren, 122. Die Datierung ist kontrovers, aber ein Zeitpunkt zu Beginn des Jahres 268 n.Chr. scheint am wahrscheinlichsten (Schulte, Goldprägung, 43f.). Ein Verzeichnis dieser Serie bietet Bastien, Travaux, 75–78. 60 König, Usurpatoren, 122 Anm. 62; vgl. Vogt, Münzen, 73f. Daß allerdings Postumus ebenfalls seine Decennalien für diese Emission wählte in einem bewußten Rückgriff auf die glücklicheren Verhältnisse der Antoninenzeit (vgl. König, Usurpatoren, 122 Anm. 62), scheint fraglich, zumal unklar ist, ob im Gallien des 3. Jhs.n.Chr. diese alten Münzen bekannt waren.

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Adressatenkreis aufwiesen61. Auf den Vorderseiten der Dodekathlos-Emission sind entweder der Kaiser und Hercules gemeinsam oder der Kaiser allein abgebildet. Alle Münzen der Dodekathlos-Serie verfügen über denselben Kanon von Avers-Motiven, wobei sich die Variationen auf die Blickrichtung der Büsten (rechts oder links) und die Bekleidung (nackt oder Brustpanzer) beschränken. Im Falle beider Büsten auf der Vorderseite lautet die Legende POSTVMVS PIVS FELIX AVG. Bei den Vorderseiten, die Postumus alleine abbilden, entweder im Profil (mit Lorbeeren, Fell, Keule und unbekleidet) oder in Dreiviertelansicht (mit Strahlenkrone, Mantel und Panzer), lautet die Legende POSTVMVS AVG62. Die Revers-Legenden der Serie bestehen zum Großteil aus geographischen Anspielungen; so wird Hercules als ARGIVVS (Tötung der Hydra), CRETENSIS (Einfangen des kretischen Stieres), ARCADIVS (Einfangen der Hirschkuh), ERVMANTINVS (Einfangen des Ebers), PISAEVS63 (Reinigung der Augias-Ställe), THRACIVS (Zähmung der Pferde des Diomedes), GADITANVS64 (Rinder des Geryoneus) und LIBYCVS (Tötung des Antaios) bezeichnet, wobei auf den Schauplatz der jeweiligen Tat Bezug genommen wird. Die Ortsbezeichnungen der Münzlegenden decken den damals bekannten Erdkreis zu einem großen Teil ab: zu Griechenland und der Ägäis als Zentrum der Welt des Hercules tritt mit Gades der äußerste Westen, wo gleichzeitig die Säulen des Herakles lokalisiert wurden, und der auch durch die Darstellung des Raubes der Hesperidenäpfel auf den Münzen versinnbildlicht wurde; das Cerberus-Motiv versinnbildlicht die Unterwelt. Dies kann man als Hinweis auf einen universellen Herrschaftsanspruch des Postumus deuten. Daneben treten die Epitheta AVGVSTVS (Tötung der stymphalischen Vögel), INVICTVS (Erbeutung des Gürtels der Hippolyte), ROMANVS (Raub der Äpfel der Hesperiden) und IMMORTALIS (Fesselung des Cerberus) auf. Im Falle des HERCVLES AVGVSTVS dürfte es sich um eine Assimilierung des Postumus an Hercules handeln, wie sie später auch Maximian vornehmen sollte65. Die Legende betont die Nähe des Kaisers zu Hercules noch stärker als andere Herculesprägungen, indem der Kaiser als eine Art irdische Inkarnation des Heros/Gottes dargestellt wird. In Ermangelung einer naheliegenden Ver61 Bastien, Travaux, 61. Nicht von allen Motiven sind Prägungen in Gold erhalten. Spätestens mit der Regierungszeit von Valerian und Gallienus wurden Aurei nicht mehr regulär ausgemünzt, sondern nur noch zu bestimmten Anlässen geprägt und vor allem als Donative für das Militär eingesetzt; sie wurden damit selbst zur Handelsware, dienten allerdings nach wie vor als Berechnungsgrundlage der römischen Währung (König, Usurpatoren, 84f.). I. König geht davon aus, daß die Aurei des Postumus vor allem für das Heer bestimmt waren, was anhand der Motive und Legenden zu erkennen sei (ebd., 85). Zur Problematik, daß eine Emission, die ein gemeinsames zusammenhängendes „Programm“ wie eben den Dodekathlos aufwies, dieses nicht effektiv vermitteln konnte, da die einzelnen Münzen im Umlauf sich sehr schnell unter denjenigen älterer Emissionen verlieren würden, vgl. Hedlund. Coinage, 37f. Bei einer als donativum oder congiarium verteilten Goldemission wie derjenigen des Postumus konnte zumindest der erste Empfänger das ganze Programm erkennen (ebd.). 62 Zu ikonographischen Vergleichen der Münzserie mit anderen antiken Bildmedien vgl. Voegtli, Heldenepen, 60–62. 63 Die Legende bezieht sich auf Pisa in Elis, das als „Hauptstadt“ des Augias galt (Bastien, Travaux, 65). 64 Der Diebstahl der Herde und der Kampf mit Geryoneus wurden mit der Stadt Gades in Verbindung gebracht (Bastien, Travaux, 67). Der Hercules Gaditanus ist auf Münzen Hadrians belegt und bezieht sich wohl auf die besondere Inkarnation des in Gades verehrten Hercules Melqart (Bastien, Buste Monétaire, 372; vgl. RIC II p. 355 n. 125). 65 Z.B. RIC V, 2 p. 359 n. 271; vgl. Bastien, Travaux, 65.

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bindung zwischen Vorderseitenmotiv und Legende kann die Kombination mit der Tötung der Vögel dabei als allgemeiner Hinweis auf die Sieghaftigkeit des Kaisers verstanden werden. Darüber hinaus verweisen die Legenden ROMANVS und AVGVSTVS auf den bislang noch nicht abgedeckten geographischen Rahmen Roms sowie des Imperium Romanum außerhalb Griechenlands und der Mittelmeergebiete. Ferner stellt die Bezeichnung HERCVLES ROMANVS möglicherweise einen Bezug her zu Commodus, der sich auf Münzen und Medaillons sowie in der Rundplastik als römische Inkarnation des Hercules feiern ließ und sich auch dessen Namen aneignete66. Das besondere Augenmerk könnte hierbei auf dem Versuch der Legitimation der eigenen – unrechtmäßig erworbenen – Herrschaft durch ideologische Anbindung an den letzten der Antonine liegen67. Darüber hinaus mag man in der besonderen Betonung der römischen Identität dieser Hercules-Inkarnation auch einfach einen Gegensatz zu dem auf anderen Münzen so oft vorkommenden einheimischen Hercules Deusoniensis/Magusanus gesehen haben, der sich in erster Linie an die Provinzialbevölkerung wendete, während der „römische“ Hercules auch außerhalb der Nord-West-Provinzen bekannt war und verstanden wurde. Dies wiederum deutet auf einen Machtanspruch des Postumus hin, der nicht auf die gallischen Provinzen beschränkt war68. In diesem Sinne könnte man auch die zahlreichen geographischen Beinamen, die Hercules in der Dodekathlos-Emission beigegeben sind, als einen Verweis auf die Ambitionen des Postumus deuten, da neben Gallien, Germanien und Rom auch Hispanien, Nordafrika und Griechenland in die imaginäre Geographie dieser Münzserie eingebunden sind und somit einen universellen Herrschaftsanspruch des Usurpators unterstreichen. Dadurch wiederum würde sich auch die Einbeziehung des Kampfes gegen Antaios in Afrika zusätzlich zu dem kanonischen Dodekathlos erklären69. Die Legende IMMORTALIS für die Darstellung des Cerberus-Abenteuers ist leicht nachvollziehbar, da es Hercules gelang, lebendig aus der Unterwelt zurückzukehren und somit den Tod zu besiegen. Die Propagierung der immortalitas in Bezug auf den Kaiser kann man darüber hinaus auch als Vorgriff auf eine nach dem Tod zu erfolgende Divinisierung verstehen, wenn Postumus als divus „unsterblich“ würde (wozu es nach seiner Ermordung dann jedoch nicht kam).

66 Vgl. Vermeule, Emperors as Hercules, 290f. Commodus nannte sich in Botschaften an den Senat selbst Hercules Romanus (Cass. Dio 73, 15, 5). Für das Jahr 191 n.Chr. berichtet Cassius Dio, Commodus habe, zusätzlich zu zahlreichen anderen Namen, denjenigen des Hercules angenommen. Als der Kaiser dann alle Monate umbenennen ließ, gab es dementsprechend einen Monat (Hra/kleioj (Cass. Dio 73, 15, 2–3). Auf Münzen des Commodus tritt die Legende HERCVLI ROMAN(O) AVG auf (RIC III p. 395 n. 250–254). 67 Vgl. König, Usurpatoren, 125. Die HERCVLES ROMANVS-Legende tritt auch auf Prägungen des Probus aus Lyon auf, der damit vielleicht noch nach dem Tod des Postumus dessen Herculesideologie zu konterkarieren suchte (Manders, Images of Power, 113; vgl. RIC V, 2 p. 20 n. 4). Darüber hinaus griff Probus auch auf die in Postumus’ Dodekathlos-Emission verwendeten Legenden HERCVLI ARCADIO, HERCVLI INMORTALI sowie HERCVLI ERYMANTHIO zurück (ebd., 113f.; vgl. RIC V, 2 p. 79 n. 585–588). 68 Vgl. dazu König, Usurpatoren, 124. 69 Bezüglich der Ausdehnung des Herrschaftsbereiches des Postumus auf das Gesamtreich vgl. auch die Münzlegende REST(itutor) ORBIS (RIC V, 2 p. 363 n. 324).

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Bei invictus schließlich handelt es sich um ein im römischen Kulturkreis sehr häufig für Hercules verwendetes Epitheton70, das seit Commodus auch in der offiziellen Kaisertitulatur auftrat und im 3. Jh.n.Chr. zum gängigen Element der Nomenklatur der Herrscher wurde71. Es ist bezeichnend, daß von dem Rückseitentyp des Amazonenkampfes72, der mit der INVICTVS-Legende versehen ist, mit insgesamt mindestens 20 Münzen mehr Exemplare erhalten sind als von allen anderen Typen dieser Emission. Daraus wurde geschlossen, daß man diesem Typ bewußt eine größere Verbreitung zugedacht habe als den Übrigen73, möglicherweise darum, da der Bezug auf Hercules als invictus oder victor einen besonderen Verweis auf die Unangreifbarkeit und Sieghaftigkeit des Kaisers darstellt74, was für einen Herrscher wie Postumus, der nicht rechtmäßig an die Macht gekommen war, sondern sich auf seine militärischen Erfolge und die Loyalität der Armee stützte, von besonderer Bedeutung war. Die mit der Legende gekoppelte Tat des Sieges über die Amazone mag darüber hinaus als ein weiterer Hinweis auf die geographische Ausdehnung des Wirkungsbereiches des Hercules und des Herrschaftsanspruchs des Postumus gedeutet werden, da die Amazonen im Mythos traditionell in Asien angesiedelt waren, einem Raum, den die anderen Legenden der Dodekathlos-Emission nicht explizit abdecken. Die Dodekathlos-Emission präsentiert Hercules in seiner seit alters her bekannten Rolle als Sieger über Ungeheuer und Bringer von Ordnung und Zivilisation. Damit verkörpert er also die Tugenden, auf die sich ein Kaiser zur Legitimation seiner Herrschaft stützte, was in diesem Fall wohl die Hauptbotschaft war, die Postumus mit dieser Sonderprägung zu seinem Herrschaftsjubiläum vermitteln wollte75. Daneben konnten die Taten des Jupitersohnes auch als Folie für die irdischen Leistungen des Postumus interpretiert werden: ausgestattet mit den Eigenschaften des Hercules konnte der Kaiser sein Reich vor äußeren Feinden schützen und somit den Frieden sichern76. I.1.3 Weitere Motive und Legenden Neben den bereits erwähnten Motiven aus dem Dodekathlos und den Deusoniensis- und Magusanus-Prägungen tritt Hercules auch in der von Münzen anderer Kaiser bekannten Rolle als comes des Herrschers auf77. Bei dem ersten von der Legende COMITI AVG begleiteten Rückseitenmotiv handelt es sich um die hintereinandergestaffelten lorbeer70 Imhof, Invictus, 212f.; vgl. Weinstock, Victor, 223. 71 Chastagnol, Formulaire, 30. Zur früheren Anwendung des Epithetons invictus auf den Kaiser, die sich zunächst auf die adulatorische Literatur sowie die östlichen Provinzen beschränkte s. Imhof, Invictus, 199. 208f.; Weinstock, Victor, 241f. 72 Laut Voegtli handelt es sich dabei nach dem Kampf mit dem nemeischen Löwen um das beliebteste Abenteuer des ganzen Sagenkreises (Voegtli, Heldenepen, 36), was auch zu der augenscheinlichen Popularität und der weiten Verbreitung der Postumus-Münzen mit diesem Motiv beigetragen haben könnte. 73 Schulte, Goldprägung, 42. 74 Von einer rein militärisch zu verstehenden Unbesiegbarkeit hatte sich diese Eigenschaft zu einer allgemeinen und ideellen Unbesiegbarkeit entwickelt, die alle Aspekte des Lebens und der Herrschaft tangierte und dem Kaiser dauerhaft beigegeben war (vgl. Imhof, Invictus, 199. 204). 75 Vgl. Drinkwater, Gallic Empire, 163. 76 Vgl. Schulte, Goldprägung, 42. 77 Der comes-Titel wurde von Postumus in seiner Münzprägung auch auf Neptun (RIC V, 2 p. 339 n. 30), Victoria (RIC V, 2 p. 355 n. 228) und Sarapis (RIC V, 2 p. 360 n. 282) übertragen.

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bekränzten Büsten des Kaisers und des Gottes, wobei der Kaiser im Vordergrund dargestellt ist78. Auf der Vorderseite findet sich das identische Motiv unter den Legenden POSTVMVS PIVS FELIX AVG beziehungsweise IMP C POSTVMVS P F AVG79. Das zweite von der comes-Legende begleitete Reversmotiv gibt eine Opferszene wieder: der Kaiser bringt capite velato dem Jupitersohn ein Opfer auf einem Dreifuß dar; ihm gegenüber steht der auf seine Keule gestützte Hercules, hinter dem vom links ein victimarius einen Opferstier heranführt80. Hier wird, ohne explizite Nennung dieser Eigenschaft, durch die Opferszene auch die pietas des Kaisers herausgestellt, seit Augustus eine der grundlegenden Tugenden, die ein Kaiser besitzen mußte81. Die Rolle eines comes wurde Hercules zum ersten Mal von Commodus zugewiesen82; auch Maximian reklamierte den Alkiden in dieser Funktion für sich83. Ebenso wie später im Falle Maximians kann man wohl davon ausgehen, daß hier eine besondere Nähe zwischen Gott und Kaiser propagiert werden sollte, die die anderen, konventionellen Münzmotive und -legenden des Hercules nicht wiedergeben konnten, und die wie die Übernahme der Attribute des Hercules durch den Kaiser darauf hinwies, daß Postumus unter dem besonderen Schutz des Gottes stand oder sogar als dessen irdische Verkörperung oder zumindest unmittelbarer Stellvertreter verstanden werden wollte. Die hintereinander angeordneten Köpfe von Postumus und Hercules, mit dem Kaiser jeweils im Vordergrund (die sich auch in Kombination mit anderen Legenden und auf dem Avers ebenso wie dem Revers finden können84), könnte man als eine bildliche Umsetzung dieses Zustandes deuten, indem Hercules im wörtlichen Sinne „hinter Postumus steht“85 und diesen (für andere Menschen im Alltag unsichtbar) begleitet86. Alternativ kann man diese Darstellungsweise dahingehend interpretieren, daß Postumus sich in einer Art Epiphanie den Menschen als „welt78 RIC V, 2 p. 358 n. 261. 79 Elmer, Münzprägung, n. 426. 80 Elmer, Münzprägung, n. 424; vgl. Gnecchi, Medaglioni II, p. 112 n. 2 (Taf. 116, 7–8). Bei dieser Prägung, einem Bronzemultiplum, handelt es sich laut G. Elmer um eine „Schaumünze“ aus einer Festemission, die also nicht für den regulären Geldumlauf bestimmt war. Elmer datiert dieses Stück in das Jahr 265 n.Chr., während P. Bastien das Entstehungsjahr 267 n.Chr. angibt (Bastien, Monnayage, p. 159 n. 133). Die Darstellung entspricht insofern nicht den kultischen Gepflogenheiten, als dem Hercules traditionell capite aperto geopfert wurde (Macr. Sat. 1, 8, 2). 81 Zu pietas als kaiserliche Kerntugend vgl. allgemein Noreña, Ideals, 71–77. Die große Bedeutung der pietas zeigt sich vor allem in der kaiserlichen Münzprägung, in der pietas einen hohen Prozentsatz der Typen ausmacht (ebd., 60 Tabelle 2.1–2.2). Eine Personifikation von pietas findet sich auf dem Revers eines undatierten Aureus des Postumus, der sie gemeinsam mit vier Kindern zeigt (RIC V, 2 p. 359 n. 279; vgl. die beiden Antoniniani RIC V, 2 p. 363 n. 320–321). 82 Nock, Divine comes, 102; vgl. RIC III p. 438 n. 634. 83 Mit Tetricus II. nahm auch einer der Nachfolger des Postumus in Gallien Hercules als comes in seine Münzprägung auf (RIC V, 2 p. 421 n. 230). 84 Zahlreiche Münzen zeigen auf dem Avers die Büsten des Postumus und des Hercules, auf dem Revers dagegen Szenen, die nicht mit Hercules zusammenhängen, sondern andere wichtige Aspekte der kaiserlichen Herrschaft beziehungsweise andere Gottheiten hervorheben (vgl. z.B. RIC V, 2 p. 358 n. 258. 262–264). 85 A.D. Nock stellt eine Verbindung zu einer Stelle in der an Konstantin gerichteten Lobrede Paneg. VI (7) 21, 5 her: vidisti teque in illius (i.e. Apollinis) specie recognovisti (Nock, Divine comes, 108 Anm. 56). Demnach wären der Gott und der Kaiser als eine Art Spiegelbild voneinander zu verstehen. 86 Vgl. Nock, Divine comes, 109. Hercules nimmt also die Funktion eines genius für Postumus ein (zur Beziehung zwischen genius beziehungsweise daimon und comes s. ebd., 109–111).

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liche“ Inkarnation der herculischen Tugenden und Eigenschaften präsentierte87. Hier scheint eine Vertrautheit impliziert, die über die selbstverständliche Nähe des Kaisers zu den Göttern hinausgeht, und die auch bei Maximian und Hercules auf dem Avers einiger Münzen thematisiert ist88. In jedem Fall wird jedoch auf die göttliche Herkunft der Tugenden und Eigenschaften des Postumus hingewiesen, für die zu einem großen Teil Hercules verantwortlich zeichnete, wie seine herausragende Stellung gegenüber allen anderen Göttern in der Münzprägung des Postumus zeigt89. Auf die von den Römern stets mit Hercules in Verbindung gebrachte virtus wird auf unterschiedlichen Prägungen des Postumus ebenfalls verwiesen. In Kombination mit der Legende VIRTVS POSTVMI AVG findet sich das Motiv des Niederringens der kerynitischen Hirschkuh90. Laut der Beischrift geht es hier weniger um die bereits vielfach bemühte Funktion des Hercules als exemplum virtutis, als vielmehr um die Tugenden des Kaisers selbst, die versinnbildlicht werden durch die Herculestat. Derselbe Fall tritt auch auf zwei Antoninianprägungen auf, die den stehenden, mit seinen Attributen und optional den Hesperidenäpfeln ausgestatteten Helden verbinden mit dem Verweis auf die Tugend des Postumus in der Legende VIRTVS AVG beziehungsweise VIRTVTI AVG91. Die Beschwörung der virtus des Kaisers fällt nicht in jedem Fall mit einem Herculesmotiv zusammen92, so daß die Kombination von Herculesmotiv und VIRTVS-Legende als eine Steigerung der herkömmlichen, jedem Kaiser zugesprochenen virtus betrachtet werden kann, indem mit Hercules nicht der Inhaber, sondern der göttliche Urheber der virtus abgebildet wird93. In diesem Zusammenhang mag auch auf die Verbindung von virtus mit victoria hingewiesen werden: die virtus des Kaisers sichert ihm die Unterstützung der Siegesgöttin94, was wiederum zur Stabilität des Reiches beiträgt. An das Heer schließlich richtete sich ein Antoninian mit der Legende VIRTVS EQVITVM, der auf dem Revers den stehenden Alkiden mit seinen Waffen abbildet95. Diese Prägung wird in die Jahre 267/268 n.Chr. datiert, als die Truppen des Postumus sich gegen Gallienus ebenso wie die Germanen bewährt hatten96. Zu dieser Zeit wurden in der Münzprägung besonders Frieden und Wohlstand im gallischen Sonderreich propagiert, was als Anzeichen gesehen wurde, daß damit tatsächlich existierende Probleme übertüncht werden sollten97. Dementsprechend mag man in der Beschwörung der virtus der (berittenen) Soldaten eine Maßnahme sehen, diese zu protegieren, um im Gegenzug auf ihre Loya87 Turcan, Le culte impérial, 1022. 88 RIC VI p. 186 n. 276; p. 199 n. 575. Auch ein Quinar des Probus zeigt auf dem Avers die Büste dieses Kaisers im Vordergrund, im Hintergrund diejenige des Hercules (RIC V, 2 p. 46 n. 282). 89 A. Wallace-Hadrill betont die Bedeutung, die die „von außen“ kommenden, d.h. nicht aus der menschlichen Natur entsprungenen Tugenden des Kaisers für die Sicherung der Herrschaft hatten (WallaceHadrill, Virtues, 298). 90 RIC V, 2 p. 356 n. 241; p. 357 n. 253. 91 RIC V, 2 p. 344 n. 92; p. 364 n. 333. 92 Vgl. z.B. RIC V, 2 p. 340 n. 45; p. 352 n. 181–185. 93 Andere göttliche Urheber der virtus sind Jupiter (RIC V, 2 p. 352 n. 178), Mars (RIC V, 2 p. 352 n. 179–180) und Minerva (RIC V, 2 p. 356 n. 238). 94 Vgl. Charlesworth, Virtues, 112. 95 RIC V, 2 p. 368 n. 389. 96 Vgl. Schulzki, Antoninianprägung, n. 112–113. 97 Drinkwater, Gallic Empire, 32.

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lität bei kommenden Konflikten zählen zu können98. Daß mit Hercules die bevorzugte Schutzgottheit des Kaisers auf diesen Münzen vorkam, kann man als einen Versuch deuten, die Soldaten dadurch noch enger an die Person des Postumus zu binden99 und/oder ihnen für erbrachte Leistungen zu danken beziehungsweise sie für die Zukunft zu verpflichten100. Gleichzeitig ist damit auch eine Warnung impliziert, daß die Macht des Herrschers ihren tatsächlichen Ursprung nicht im Heer, sondern vielmehr in Hercules hatte, wodurch Postumus, wie später die Tetrarchen, in einem gewissen Sinne unangreifbar wurde: gestützt auf seinen göttlichen comes, brauchte er keinen Aufstand mehr zu fürchten. Das Ideal einer ewig andauernden Herrschaft des Postumus propagiert ein Aureus, der auf dem Revers den Kaiser in Feldherrentracht und mit einem Speer bewaffnet zeigt, der von Hercules bekränzt wird; die Legende beschwört die aeternitas Augusti101. Panzer und paludamentum sowie Speer des Kaisers deuten darauf hin, daß Postumus die aeternitas seiner Herrschaft und damit auch des Reiches mit militärischen Erfolgen erlangt und gesichert hatte, zu denen ihn wiederum seine herculische virtus befähigt hatte. Das militärische Vermögen, speziell die Sieghaftigkeit des Postumus, bezeichnet ebenfalls die mit unterschiedlichen Rückseitenmotiven kombinierte Legende HERCVLI INVICTO. Die Kombination des Motivs des Löwenkampfes mit dieser Inschrift102 bezieht sich auf die Unangreifbarkeit des Kaisers durch die göttliche Herkunft seiner Machtstellung. Die Betonung liegt hier, wie auch auf den anderen mit dieser Legende versehenen Rückseitenmotiven – kretischer Stier und Amazonenkampf103 – auf der körperlichen Kraft des Hercules, und damit im übertragenen Sinne auf dem militärischen Vermögen des Herrschers104. Die Münzen bestätigen somit die Sicht, nach der Postumus seine Herrschaft allein auf militärischer Basis begründete105, wobei Hercules als eigentlicher Urheber und Stütze seines Kaisertums jedoch immer im Hintergrund präsent blieb. Wiederholt wird in der Münzprägung des Postumus auf die Rolle des Hercules als Friedensbringer verwiesen und damit ein direkter Bezug zu den politischen Ereignissen der 260er Jahre n.Chr. hergestellt. Als Hercules Pacifer wird er mit Keule und Löwenfell und – 98 Geprägt wurden diese Münzen in Mailand durch Postumus’ Feldherrn Aureolus, dessen Ziel es war, mit Hilfe der Kavallerieeinheiten Italien dem Sonderreich einzuverleiben (López Sánchez, Virtus Probi, 565). 99 Victorinus, der das Sonderreich von 269 bis 271 n.Chr. regierte, ließ Münzen prägen, die Hercules mit zwei Legionen seines Heeres in Verbindung brachten. Auf einem Aureus und einem Denarius des Victorinus ist Hercules jeweils mit einem Steinbock als dem „Wappentier“ der auch in der Legende genannten legio XXII Primigenia Pia Fidelis dargestellt (RIC V, 2 p. 389 n. 23; p. 395 n. 91). Hercules ist dabei jeweils stehend, mit Keule und Fell beziehungsweise Bogen abgebildet. Ein weiterer Aureus des Victorinus zeigt ihn ebenfalls stehend, mit Fell, Keule und Bogen und der legio II Traiana Pia Fidelis zugeordnet (RIC V, 2 p. 388 n. 13). Für beide Legionen ist im 1. und 2. Jh. n.Chr. die Verwendung des Hercules als Feldzeichen belegt (s. Tabelle bei Le Bohec, Feldzeichen, Sp. 461f.); die gallischen Kaiser konnten sich folglich auf die Tradition der Herculesnähe bei den beiden Legionen berufen. 100 Vgl. Schulte, Goldprägung, 57. Zur Rolle von Münzen als Kommunikationsmittel des Kaisers mit seiner Armee im 3. Jh.n.Chr. vgl. allgemein Manders, Images of Power, 63–94. 101 RIC V, 2 p. 338 n. 17. 102 RIC V, 2 p. 338 n. 23–24. 103 RIC V, 2 p. 349 n. 138; p. 362 n. 305; p. 365 n. 348. 104 Auch Postumus selbst wird als invictus bezeichnet (RIC V, 2 p. 338 n. 25: INVICTO AVG). 105 Vgl. König, Usurpatoren, 54.

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als direktem Verweis auf die Legende – mit einem Ölzweig dargestellt106. Die einzige datierbare unter diesen Münzen stammt aus dem Jahr 262 n.Chr., einer Zeit zahlreicher Auseinandersetzungen mit den Germanen107. Bereits vor seiner Erhebung zum Augustus durch die Rheinarmee war es Postumus, in seiner vermutlichen Funktion als Statthalter von Niedergermanien mit dem Schutz der Rheingrenze betraut, gelungen, nach den Germaneneinfällen von 260 n.Chr. Plünderer zu vernichten, deren Beute er unter seinen Soldaten verteilte. Sein Hauptziel während seiner Regierungszeit war der Schutz der gallischen Provinzen vor germanischen Überfällen und somit die Sicherung des von ihm auf Münzen immer wieder beschworenen Friedens in seinem Sonderreich108. Mit den Hercules Pacifer-Münzen sollten dementsprechend auch die anderen Prägungen des Postumus, die einen Hinweis auf den Frieden beziehungsweise einen Friedensbringer beinhalten, in Zusammenhang gebracht werden, auch wenn sie nicht zur selben Zeit entstanden sind. Auf den Legenden belegt sind sowohl PAX AVGVSTI (mit einer Darstellung der Friedensgöttin auf dem Revers)109, wobei in zwei Fällen auf der Vorderseite Hercules gemeinsam mit Postumus abgebildet ist110, als auch PACATOR ORBIS (strahlenbekrönte Büste des Sol auf dem Revers)111. Mit dem Frieden wurden also im Reich des Postumus neben Hercules auch Pax und Sol sowie Mercurius Pacifer112 in Verbindung gebracht, wobei die Pax-Prägungen zahlenmäßig dominieren. Darüber hinaus ist das Substantiv pacator auch in Verbindung mit Hercules belegt113, so daß manche Benutzer der Münzen durchaus auch die PACATOR ORBIS-Legende mit dem Alkiden in Zusammenhang gebracht haben mögen, trotz des abweichenden Rückseitenmotivs. Der Friede erweist sich also als ein zentrales Thema der Herrschaft des Postumus, der den Anspruch erhob, in seinem Reich nicht zuletzt mit Hilfe des Hercules für Frieden gesorgt zu haben. Die darauf verweisenden Münzprägungen ergänzen entsprechend der traditionellen römischen Vor106 RIC V, 2 p. 342 n. 67; p. 348 n. 135; p. 349 n. 136; p. 354 n. 203–204. 107 Drinkwater, Gallic Empire, 169f. Als pacifer tritt Hercules in späteren Jahren auch unter Probus (z.B. RIC V, 2 p. 58 n. 374–380) und Maximian (z.B. RIC V, 2 p. 264 n. 373–380) auf. 108 Drinkwater, Gallic Empire, 24f. 28. Vgl. die Münzlegenden, die Postumus als restitutor Galliarum bezeichnen (z.B. RIC V, 2 p. 350 n. 157–159) sowie den Verweis auf salus provinciarum (z. B. RIC V, 2 p. 340 n. 38). 109 Z.B. RIC V, 2 p. 343 n. 78–79. Die PAX AVGVSTI-Münzen datiert G. Elmer in die Jahre 261–262 sowie 266–267 n. Chr. Laut Schulte stammt zumindest RIC V, 2 p. 366 n. 359 (= Schulte, Goldprägung [Postumus], n. 156) aus dem Jahr 268 n.Chr. Somit lassen sich die Bezüge auf Pax während eines Großteils der Regierungszeit des Postumus verfolgen. 110 RIC V, 2 p. 366 n. 359. 361. 111 RIC V, 2 p. 362 n. 317 (von Elmer in das Jahr 258 n.Chr. datiert). 112 RIC V, 2 p. 350 n. 149. 113 Sen. benef. 1, 13, 3; Sil. 2, 482. Auch in der Zeit der Dyarchie wurde die pacator-Rolle des Hercules beschworen (Paneg. X (2) 11, 6). Ferner kann hier möglicherweise ein Rückbezug auf die Epoche der Severer festgestellt werden, aus der verschiedene Inschriften erhalten sind, die den Kaiser als pacator orbis bezeichnen (CIL II 1669–1671; CIL VIII 21613). In diesem Fall hätte sich Postumus der pacator-Legende auch in seinem Bemühen um Legitimation durch Anknüpfung an eine frühere Dynastie bemüht (König geht davon aus, daß Postumus ein Vorbild in der Herrschaft der Severer gesucht haben könnte; König, Usurpatoren, 80). Ein Hinweis darauf könnte auch die PACATOR ORBIS-Münze RIC V, 2 p. 362 n. 317 mit Sol auf dem Revers sein, für die eine Entsprechung aus der Zeit zwischen 206 und 210 n.Chr. existiert (RIC IV, 1 p. 235 n. 163).

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stellung der victoriis parta pax114 die Realität der militärischen Unternehmungen des Postumus, die nötig waren, um diesen Idealzustand zu erreichen beziehungsweise zu garantieren; dazu zählen beispielsweise wiederholte Feldzüge gegen die Germanen sowie die Auseinandersetzung mit Gallienus, der sich erst 265 n.Chr. aus Gallien zurückzog115. Obwohl die kriegerischen Auseinandersetzungen nicht abbrachen, propagierte Postumus also bis zu seiner Ermordung wiederholt den Frieden und seine eigene Rolle als dessen Garant in Nachfolge des Hercules116, der ebenfalls erst zahlreiche Gegner besiegen mußte, bevor er den Menschen den Frieden bringen und für sich die Vergöttlichung erreichen konnte. Ohne den Helden selbst abzubilden, wurde die Verbindung zu ihm durch die Darstellung seiner Waffen, die jeder Römer auch ohne Lektüre einer Legende sofort erkannt haben dürfte, hergestellt. Bei zwei Typen ist Postumus auf dem Avers mit Keule und Fell ausgestattet, also direkt an Hercules angeglichen117. Eine einzelne Prägung kombiniert das Motiv des stehenden, mit seiner Keule ausgestatteten Hercules mit der Legende MONET AVG118. Der Verweis auf moneta (= Münzprägestätte119) ist als eine Demonstration der kaiserlichen Zuständigkeit für diesen Aspekt des staatlichen Lebens zu verstehen120: der Kaiser garantiert den Wert des Geldes121, und führt im vorliegenden Fall gleichzeitig dem Betrachter nochmals seine ihn dabei unterstützende Schutzgottheit vor Augen. Die Stabilität der Währung und damit der Wirtschaft war für einen Gegenkaiser, der sich nicht nur mit der Bedrohung durch die Germanen, sondern auch durch den vom Großteil der Bevölkerung des Imperiums als rechtmäßig angesehenen Kaiser in Rom konfrontiert sah, von großer Bedeutung, zumal er zur Sicherung seiner Herrschaft auch und gerade als Zahlmeister seines Heeres aufzutreten hatte. I.1.4 Postumus im Kontext der Herrscherrepräsentation des 3. Jhs.n.Chr. Eine spezielle Vorliebe für Hercules ist keine Innovation des Postumus, auch wenn bei ihm mit dem Deusoniensis/Magusanus einzigartige Inkarnationen des Alkiden auftreten. Im 3. Jh.n.Chr. hatte der Heros/Gott bereits bei Aemilian einen verhältnismäßig großen Anteil an 114 R. Gest. div. Aug. 13; vgl. auch Verg. Aen. 6, 851–853. Dazu allgemein de Souza, Parta victoriis pax, passim. 115 Drinkwater, Gallic Empire, 30f. Zu einzelnen Aspekten der Auseinandersetzung zwischen Postumus und Gallienus vgl. allgemein Dietz, Kampf, passim. 116 Vgl. König, Usurpatoren, 81. 117 RIC V, 2 p. 361 n. 291–292; p. 362 n. 306–307. 118 RIC V, 2 p. 362 n. 314. 119 Zu den unterschiedlichen Bedeutungen von moneta s. OLD 1130 s.v. moneta. 120 Wallace-Hadrill, Virtues, 315. Die MONETA AVGVSTI-Prägungen des Postumus werden auch als Hinweis auf eine mobile Münzstätte angesehen, die den Kaiser auf seinen Feldzügen begleitet habe (Drinkwater, Gallic Empire, 143. 170). Die Legende MONETA AVGVSTI hat Vorläufer beispielsweise in Prägungen von Nerva (RIC II p. 223 n. 8), Hadrian (RIC II p. 369 n. 256), Antoninus Pius (RIC III p. 35 n. 76) und Septimius Severus (RIC IV, 1 p. 136 n. 350a). Neu ist hier lediglich die Kombination mit einem Herculesmotiv. Die Verwendung von Hercules wiederum kann darauf zurückzuführen sein, daß Postumus’ Gegner Gallienus ebenfalls MONETA-Prägungen herausgab, jedoch mit dem üblichen Motiv der personifizierten Moneta (z.B. RIC V, 1 p. 130 n. 2; p. 152 n. 243; p. 164 n. 381), so daß der gallische Kaiser es für nötig befand, dies mit einer Betonung der herculischen Verbindung zu kontern. 121 Zu den lange erfolgreichen Bemühungen des Postumus, die Silberwährung in seinem Reich stabil zu halten, vgl. König, Usurpatoren, 83f.

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der – aufgrund der nur 88 Tage dauernden Herrschaft dieses Kaisers geringen – Gesamtzahl unterschiedlicher Münztypen122. Als weiterer Vorläufer des Postumus in dieser Hinsicht kann Commodus genannt werden, der darüber hinaus der erste Herrscher war, der Hercules in besonders hervorgehobener Weise in seine Selbstdarstellung einbezog. Es ergibt sich insofern eine Kontinuität von der Antoninenzeit bis in die Epoche der Tetrarchie123, wobei der einheimischen Inkarnation des Hercules bei Postumus eine besondere Bedeutung zukommt, bevor der Bezug auf den Halbgott unter Maximianus Herculius auf eine ganz neue Ebene gehoben wurde. Für die beiden letztgenannten übernahm der Jupitersohn die Rolle des Begründers ihrer Macht, wodurch sie sich gegenüber der Armee (sowie im Falle des gallischen Kaisers gegenüber dem Herrscher des restlichen Imperiums) wie auch dem Senat legitimierten, dabei jedoch auch deren Rolle einschränkten: ihre Macht war durch Hercules verliehen und konnte von Sterblichen nicht angegriffen oder usurpiert werden. In der besonderen Hervorhebung einer einzelnen Gottheit in seiner Münzprägung fügt sich Postumus nahtlos in die Gepflogenheiten der Kaiser des 3. Jhs.n.Chr. – und speziell des dritten Viertels des Jahrhunderts – ein124. Die zentrale Rolle eines einzigen Gottes auf den Münztypen des Postumus stellt dabei eine Parallele für die Bedeutung dar, die später Aurelian und Probus dem Sonnengott Sol beimaßen125; die Wahl einer bestimmten göttlichen Figur als persönlicher Begleiter ist typisch für diese Epoche. Der Kontext ist eine zunehmende Sakralisierung des Kaisertums, die sich durch eine besonders starke Bezugnahme auf die Götter ausdrückte, die in der zeitgenössischen Münzprägung die Darstellung des Kaisers als Priester ablöste126. Für Aurelian und Probus erfüllte Sol ähnlich vielfältige Funktionen, wie es Hercules für Postumus (und später für Maximian) tat. Während bei beiden Kaisern Personifikationen wie Victoria und Fides viel Raum gegeben wurde, ist Sol die einzige Gottheit, die in unterschiedlichen Bereichen zum Einsatz kommt: er ist comes und conservator, er trägt wie Hercules das Epitheton invictus, er steht für die aeternitas der kaiserlichen Herrschaft, die Rückeroberung des Ostens und die Befriedung des Gesamtreiches127. Darüber hinaus über122 Vgl. Manders, Images of Power, 109 Abb. 20. Aemilian nimmt Bezug auf Hercules Victor (RIC IV, 3 p. 194 n. 3a–b; p. 200 n. 44) sowie auf die von dem Jupitersohn verliehene kaiserliche virtus (RIC IV, 3 p. 197 n. 26). 123 Während Aurelian nur wenige Herculesprägungen herstellen ließ (vgl. Manders, Images of Power, 109 Abb. 20), existiert aus seiner Herrschaft eine von einem ritterlichen Amtsträger errichtete Weihinschrift an den Alkiden, die diesen als consors domini nostri Aureliani invicti Augusti bezeichnet (CIL XI 6308 = ILS 583). 124 Allgemein spielen göttliche Assoziationen auf den kaiserlichen Münzen dieser Zeit eine fast kontinuierlich bedeutende Rolle, wobei nur die Identität der jeweils besonders hervorgehobenen Gottheiten schwankt (vgl. Manders, Images of Power, 100 Abb. 18). 125 Aurelian und Probus prägten die meisten Sol-Münzen. In der Münzprägung Aurelians nahmen die Solmotive ungefähr 25% der Gesamtheit aller Münztypen ein, bei Probus waren es noch ungefähr 12% (Manders, Images of Power, 124 Abb. 22; vgl. ebd., 150 mit Anm. 246). 126 Manders, Images of Power, 135–137. 143–145; vgl. 144 Abb. 24. Zur Sakralisierung des Kaisertums im 3. Jh.n.Chr. vgl. z.B. Herklotz, Kaiserkult, 943–945. 127 Sol als comes: z.B. RIC V, 2 p. 101 n. 773–778 (Probus). Sol als conservator: z.B. RIC V, 1 p. 305 n. 353 (Aurelian); RIC V, 2 p. 55 n. 349–354 (Probus). Sol Invictus: z.B. RIC V, 1 p. 274 n. 77–78 (Aurelian); RIC V, 2 p. 39 n. 200–208 (Probus). Aeternitas Augusti: z.B. RIC V, 1 p. 270 n. 44 (Aurelian); RIC V, 2 p. 22 n. 21–22 (Probus). Oriens Augusti: z.B. RIC V, 1 p. 272 n. 62–65 (Aurelian); RIC V, 2 p. 24 n. 44–45 (Probus).

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nimmt er für Aurelian die Rolle des Gottes, der dem Kaiser seine virtus verleiht, wie es Hercules für Postumus getan hatte128. Keine andere auf den Münzen des späteren 3. Jhs.n.Chr. dargestellte Gottheit ist so vielfältig einsetzbar wie Hercules und Sol; insofern ähneln sich der gallische Kaiser und seine beiden indirekten Amtsnachfolger in ihrer Konzentration auf eine spezifische Gottheit, mit der sie vermutlich durchaus auch eine persönliche Religiosität beziehungsweise ein besonderes Erlebnis wie eine Hilfestellung des Gottes in einer Schlacht verband129. Eine noch stärkere Ausprägung erhielt diese Bevorzugung einer beziehungsweise zweier Gottheiten dann unter den Tetrarchen sowie unter Konstantin, der sich wie Aurelian und Probus zunächst an Sol, dann an den Christengott band. Insofern sind auch diese Kaiser noch im Kontext der Entwicklungen des 3. Jhs.n.Chr. zu betrachten; was die Rolle des Hercules angeht, so führt durch die teilweise sehr ähnliche Ikonographie eine direkte Linie von Postumus zu dem Tetrarchen Maximianus Herculius. Eine enge persönliche Bindung an eine einzelne Gottheit hat im Imperium Romanum darüber hinaus eine sehr lange Tradition: schon der erste Kaiser Augustus hatte eine besondere Nähe zu seinem Schutzgott Apollo propagiert130. Dementsprechend liegt mit den Entwicklungen des späteren 3. Jhs.n.Chr. eine Weiterführung einer seit Begründung des Principats bestehenden Tradition vor. Auch in Bezug auf andere Motive und Legenden ist der gallische Kaiser ein Glied in einer kontinuierlichen Linie von Kaisern. So ist beispielsweise die Reverslegende FIDES MILITVM mit der personifizierten Fides131 vielfach für andere Kaiser des 3. Jhs.n.Chr. belegt, wie unter anderem für Valerian sowie für Probus132. Überhaupt scheint Probus den Versuch unternommen zu haben, sich in Gallien durch seine Münzprägung in der Nachfolge des Postumus zu präsentieren133, was die ungewöhnlich starke Position dieses Gegenkaisers in der Reihe der Herrscher des späteren 3. Jhs.n.Chr. zeigt (ein legitimer Kaiser orientierte sich hier an einem Usurpator). Insgesamt gesehen ergibt sich für Postumus anhand seiner Münzprägung das Bild eines typischen Princeps der Zeit, mit der einzigen Einschränkung, daß er lediglich über ein Teilreich herrschte, dieses jedoch gänzlich gemäß der römischen Tradition und Praxis verwaltete und sich ebenso nach außen repräsentierte.

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Sol als pacator: RIC V, 1 p. 265 n. 6–7 (Aurelian). Sol als restitutor: RIC V, 1 p. 306 n. 367 (Aurelian); RIC V, 2 p. 61 n. 404–405 (Probus). RIC V, 1 p. 300 n. 316–317. Eine kleine Anzahl von in Serdica geprägten Münzen trägt auf der Vorderseite ein Porträt des Sol (RIC V, 1 p. 301 n. 319–322). Während bei Postumus ebenfalls auf den Vorderseiten Hercules dargestellt sein konnte, so war dessen Porträt doch immer kombiniert mit demjenigen des Kaisers (z.B. RIC V, 2 p. 358 n. 260–264). Vgl. SHA Aur. 25, 4–6. Vgl. Ritter, Hercules, 129–131. 147. 163. RIC V, 2 p. 342 n. 59; p. 346 n. 105; p. 348 n. 123–128; p. 353 n. 197; p. 356 n. 245. Z.B. RIC V, 1 p. 41 n. 35 (Valerian); RIC V, 1 p. 80 n. 137 (Gallienus). Die entsprechenden Münzen des Probus wurden darüber hinaus unter anderem in Gallien geprägt (López Sánchez, Virtus Probi, 577; vgl. RIC V, 2 p. 23 n. 27–29; p. 27 n. 78–81), wo vermutlich noch die Münzen des Postumus mit derselben Legende in Umlauf waren. Ebenso findet sich diese Legende bei Claudius Gothicus (z.B. RIC V, 1 p. 214 n. 37–38), Aurelian (z.B. RIC V, 1 p. 268 n. 28), Tacitus (z.B. RIC V, 1 p. 335 n. 86–87), Carus (z.B. RIC V, 2 p. 143 n. 70–71a), Carinus (z.B. RIC V, 2 p. 168 n. 228) und den Tetrarchen (z. B. RIC V, 2 p. 242 n. 208). López Sánchez, Virtus Probi, 576f.

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I Hercules im gallischen Sonderreich

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I.2 Fazit: Hercules und Postumus Die Untersuchung der Hercules-Münzen des Postumus läßt keinen Zweifel zu, daß es sich bei dem Jupitersohn um den besonderen Beschützer und die bevorzugte Gottheit dieses Gegenkaisers handelte. Dies mag auch zu einem nicht geringen Teil auf seine Herkunft zurückzuführen sein, zumal Hercules nach Postumus’ Tod von einigen wenigen Ausnahmen abgesehen völlig aus der Münzprägung des gallischen Sonderreiches verschwindet134. Somit stellte Postumus sichtlich nicht sein Herrschaftsgebiet auf Dauer unter den Schutz des Alkiden, sondern es handelte sich hier primär um eine enge individuelle Bindung zwischen Kaiser und Gott, bei der heute nicht mehr nachvollziehbare persönliche Gründe eine Rolle gespielt haben dürften, über die die Nachfolger des Postumus in Gallien nicht mehr verfügten. Darüber hinaus ist die enge Einbindung der Herculesfigur in die römische Tradition und Überlieferung zu beachten, die der Herrschaft eines Usurpators den Anstrich der Legitimität verleihen konnte, indem eine Verbindung zur glorreichen Vergangenheit des Reiches und den Vorgängern auf dem Kaiserthron hergestellt wurde, die teilweise ebenfalls den Jupitersohn in ihre Münzprägung einbezogen hatten. Eine Rolle bei der Wahl des Hercules als Beschützer des Postumus könnte auch die Tatsache gespielt haben, daß Hercules durch Literatur, Kunst, Kult und Münzen weithin bekannt war und Motive aus seinem Sagenkreis vielen Bewohnern des gallischen Reiches dementsprechend vertraut gewesen sein dürften: jeder erkannte sein Abbild, und jeder konnte etwas damit verbinden. Darüber hinaus war kein Gott oder Heros so vielseitig – und vielseitig einsetzbar – wie Hercules; die ihm gestellten Aufgaben meisterte er aus eigener Kraft und bereiste dabei den ganzen Erdkreis einschließlich der Unterwelt, wofür er schließlich mit der Unsterblichkeit belohnt wurde. Diese Polyvalenz des Hercules zeigt sich einmal mehr in seiner Einbindung in die Münzpropaganda des Postumus. Er steht sowohl für militärische Erfolge, die Postumus durch seine herculischen Taten und durch die Unterstützung seines göttlichen Beschützers erringen konnte, als auch für den dadurch gesicherten Frieden, den der pacifer Hercules durch Vermittlung des Postumus dem gallischen Reich brachte. Die Einbindung des einheimischen Hercules Magusanus in die offizielle Münzprägung schließlich kann als ein Mittel angesehen werden, die Zivilbevölkerung der niederrheinischen Provinzen, in welchen diese Gottheit weit verbreitet war, und in besonderem Maße die aus einheimischen Stämmen rekrutierten Soldaten der Rheinarmee, die die Machtbasis des Postumus war, an sich zu binden. Die gänzlich griechisch-römische Darstellungsweise dieser Gottheit sowie der Rückgriff auf die vertrauten klassischen Episoden des Herculesmythos stellten sicher, daß nicht nur die Provinzbewohner Hercules erkannten und die von ihm vermittelten Botschaften verstanden, die auch die seit langem etablierten Tugenden eines römischen Kaisers umfaßten, sondern daß die über die Münzen vermittelte Ideologie auch als universeller Machtanspruch des Postumus verstanden werden konnte. Mit dem Hercules Deusoniensis/Magusanus stellte Postumus darüber hinaus seinem Gegner Gallienus, der Hercules ebenfalls in seine Münzprägung einbezog, wenn auch in viel geringerem Ausmaß, eine Version des Gottes entgegen, die in stärkerer Weise auf ihn 134 Drinkwater, Gallic Empire, 175; vgl. RIC V, 2 p. 393 n. 79 (Victorinus), RIC V, 2 p. 405 n. 44 (Tetricus I.) und RIC V, 2 p. 421 n. 230 (Tetricus II.).

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selbst und seinen Herrschaftsbereich bezogen war, als dies bei den Hercules-Typen des Gallienus, die vor allem die vergleichsweise abstrakte virtus Augusti propagierten, der Fall war. Auf der mythologischen Ebene, vermittelt durch die Münzen, ließen die beiden Kaiser also, parallel zu den Konfrontationen auf dem Schlachtfeld, verschiedene Inkarnationen des Hercules gegeneinander antreten.

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II Hercules unter der Tetrarchie Unter den Tetrarchen nahm Hercules, gemeinsam mit seinem Vater Jupiter, zum letzten Mal in der Antike eine herausragende Rolle in der Ideologie der Herrscher ein, was sich in erster Linie in der literarischen wie der numismatischen Überlieferung niederschlägt. Inschriftliche Zeugnisse, die die enge Verbindung zwischen der Kaiserdynastie und den beiden Göttern belegen, sind hingegen deutlich seltener, während sich die archäologischen Überreste der tetrarchischen Epoche in dieser Hinsicht als fast gänzlich unergiebig erweisen.

II.1 Hercules und Maximianus Herculius War Maximian mit seiner Inauguration als Caesar im Jahr 285 n.Chr. zunächst Diocletian in Rang und Befugnissen untergeordnet1, so standen seit dem Jahr 286 n.Chr. die beiden Augusti Diocletian und Maximian gemeinsam an der Spitze des Römischen Reiches und teilten sich in dem heute als Dyarchie bezeichneten Regierungssystem die Macht als zumindest nominell gleichberechtigte divini fratres2. Hercules trat seit dem Amtsantritt Maximians als Caesar auf dessen Münzen in Erscheinung, gelegentlich, wie auch auf Münzen Diocletians, in Verbindung mit dessen göttlichem Schutzpatron Jupiter. Nach außen hin wurde darüber hinaus die Verbindung zwischen der Herrscherdynastie und ihren Schutzgöttern durch ihre Beinamen verdeutlicht, die sowohl in den Schriftquellen als auch gelegentlich auf Medaillons und in Inschriften belegt sind. II.1.1 Das signum Herculius Im Rahmen der offiziellen kaiserlichen Ideologie nahm Maximian wahrscheinlich bereits 286 n.Chr. das signum Herculius an, um seinen Anspruch auf den besonderen Schutz durch Hercules und seine Abstammung von dem Gott zu dokumentieren3. 1 Es gibt in der Forschung eine Kontroverse, ob Maximian tatsächlich zunächst nur den Titel eines Caesar erhielt oder ob er nicht vielmehr gleich mit Beginn der Samtherrschaft zum Augustus erhoben wurde; dafür würde sprechen, daß es nur sehr wenige Belege für eine Titulatur Maximians gibt, die zwar nobilissimus Caesar, nicht aber gleichzeitig Augustus und die damit einhergehenden Epitheta wie invictus oder pius enthält (Leadbetter, Patrimonium indivisum, 216f.). Dennoch ergeben die von B. Leadbetter angestellten Überlegungen eindeutig, daß Maximian tatsächlich im Jahr 285 n.Chr. von Diocletian zunächst zum Caesar ernannt wurde (ebd., 219; vgl. dazu auch Kuhoff, Diokletian, 30f.). 2 Vgl. Rees, Diocletian, 6; vgl. dazu auch Paneg. X (2) 9, 3–4. 3 In Übereinstimmung mit dem spätantiken Modus der Namensgebung werden die Beinamen Iovius und Herculius hier entsprechend der wissenschaftlichen Praxis als signa bezeichnet (vgl. Rees, Names, 224; zu den spätantiken signa s. allgemein Salway, Onomastic Practice, 136f.), nicht als cognomina, wie sie der Autor von Panegyricus X (2) und Aurelius Victor benennen (Paneg. X (2) 13, 3; Aur.Vict. Caes. 39, 18). Für die offizielle Annahme des Namens Herculius durch Maximian gibt es unterschiedliche Datierungsvorschläge (vgl. dazu Rees, Names, 225). Dabei scheint Kolbs Ansatz am überzeugendsten. Er zitiert als

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Diocletian und Maximian sowie später ihre jeweiligen Caesares waren die einzigen römischen Kaiser, die sich solcher aus Götternamen gebildeter signa bedienten, und es sollte sich dabei um eine einmalige Episode in der herrscherlichen Selbstdarstellung handeln, die mit dem graduellen Zusammenbruch der Tetrarchie nach dem Rückzug Diocletians und Maximians von der Macht ihr Ende fand4. Auffallend ist in diesem Zusammenhang, daß die signa der Tetrarchen in den zeitgenössischen Quellen verhältnismäßig selten verwendet werden: in Papyri und juristischen Quellen kommen sie nicht vor, ebensowenig in der regulären Münzprägung5. Abgesehen von wenigen inschriftlichen Quellen sind die signa auch in der offiziellen Nomenklatur der Kaiser nicht belegt6. Eine Ausnahme bildet hier nur die literarische Überlieferung, in erster Linie die Panegyrici Latini, die ausführlich auf die Verbindung zwischen Maximian und seinem göttlichen Beschützer eingehen, weshalb auch das signum in das Zentrum gerückt wird, als ein Mittel, die Tugenden und Charaktereigenschaften der Kaiser direkt mit den Göttern, deren Namen sie trugen, in Verbindung zu bringen7. Eine deutlich negative Sicht der Anmaßung solcher theophorer signa bietet, wenig überraschend, der sowohl Maximian als auch Hercules feindlich gesinnte Lactanz in seiner polemischen Schrift De mortibus persecutorum8.

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terminus ante quem ein Bronzemedaillon, das anläßlich des Konsulatsantritts des Maximian am 1. Januar 287 n.Chr. geprägt wurde, und das die Legenden IOVIO ET HERCVLIO (Avers) und HERCVLIO MAXIMIANO AVGVSTO (Revers) trägt (Kolb, Diocletian, 63). Mitte des Jahres 286 n.Chr. erscheinen die ersten Hinweise auf die Iovius-Herculius-Ideologie in der Münzprägung (Kolb, Chronologie, 23). Vgl Rees, Names, 224f. 235. Rees, Names, 225. Die einzigen Ausnahmen bilden ein Follis des Maximinus Daia von 310 n.Chr. mit der Legende IOVIO PROPAGAT ORBIS TERRARVM (RIC VI p. 636 n. 134), sowie Aurei von Constantius und Galerius (RIC VI p. 173 n. 86; p. 174 n. 90). Auf Medaillons hingegen treten die signa vereinzelt auf. Zwei Bronzemedaillons nennen auf der Vorderseite jeweils IOVIVS MAXIMINVS NOB CAES (Gnecchi, Medaglioni II p. 132 n. 1–2; Taf. 129, 5–6). H. Cohen führt ein einzelnes Goldmedaillon an, welches auf Vorder- und Rückseite Diocletian und Maximian zeigt und auf dem Revers die Legende IOVIO ET HERCVLIO trägt (Cohen VI p. 480 n. 7 = Gnecchi, Medaglioni I, p. 12 n. 3). Ein Bronzemedaillon nennt auf der Rückseite HERCVLIO MAXIMIANO AVG (Cohen VI p. 429 n. 142 = Gnecchi, Medaglioni II, p. 124 n. 3; Taf. 124, 1; s. auch p. 124 n. 4). Zu diesen Medaillons vgl. auch Kuhoff, Diokletian, 46f. Die signa konnten kombiniert werden mit den kaiserlichen Titeln Augustus und Caesar (z.B. CIL VI 254–255 = ILS 621–622; ILS 634; CIL III 4413 = ILS 659). Mehrere Inschriften belegen, daß die signa auch ohne Angabe der Eigennahmen beziehungsweise der übrigen Bestandteile der üblichen Nomenklatur verwendet werden konnten (vgl. beispielsweise CIL III 3231 = ILS 623; AE 1903, 357). Im übrigen geht W. Kuhoff davon aus, daß ein großer Teil des epigraphischen Materials der tetrarchischen Epoche verlorenging, und die signa tatsächlich viel häufiger inschriftlich dokumentiert waren (Kuhoff, Diokletian, 50). Rees, Names, 227. 230; vgl. z.B. Paneg. X (2) 1, 3: principem illum [sc. Herculem] tui generis ac nominis; Paneg. XI (3) 2, 4: siquidem vos dis esse genitos et nominibus quidem vestris sed multo magis virtutibus approbatis. Ubi sunt modo magnifica illa et clara per gentes Ioviorum et Herculiorum cognomina, quae primum a Dioclete et Maximiano insolenter adsumpta ac postmodum ad successores eorum translata viguerunt? Nempe delevit ea dominus et erasit de terra (Lact. mort. pers. 52, 3). Zu den Ähnlichkeiten zwischen dem Maximian-Bild in De mortibus persecutorum und dem Hercules, wie ihn Lactanz in den Divinae institutiones charakterisiert – in erster Linie ein von Lüsternheit und Gewalttätigkeit geprägter Charakter –, vgl. Nicholson, Hercules, 137–140.

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II Hercules unter der Tetrarchie

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Die verhältnismäßig seltene Verwendung der göttlichen signa in den zeitgenössischen Quellen führte R. Rees zu der Annahme, diese hätten in der kaiserlichen Ideologie keine allzu große Bedeutung gehabt; möglicherweise habe man die signa als zu informell angesehen, oder sie nur in bestimmten Kreisen wie dem Militär verwendet9. Allerdings muß man davon ausgehen, daß die Beinamen doch über einen nicht geringen Bekanntheitsgrad verfügten, zumal noch lange nach dem Ende der Tetrarchie im späteren 4. Jh.n.Chr. verschiedene Autoren die Tetrarchen bei ihren signa nannten und also sichtlich davon ausgehen konnten, von ihren Lesern ohne eine zusätzliche Erläuterung verstanden zu werden10. Die Einführung der Beinamen Iovius und Herculius für die zwei, später vier Angehörigen der kaiserlichen (Adoptiv-)Familie, der domus divina11, bildete einen integralen Bestandteil der ideologischen Herrschaftsbegründung Diocletians. In ihnen drückt sich das Gottesgnadentum aus, das die Legitimation der Tetrarchie darstellte, sowie darüber hinaus die Teilhabe der Kaiser am Wesen der beiden Götter, wodurch den Herrschern auch die virtutes und numina von Hercules und Jupiter verliehen wurden12. Man ging davon aus, daß diese Eigenschaften den Tetrarchen von Geburt an innewohnten, jedoch erst am Tag ihrer Herrschaftsproklamation in Form einer Epiphanie offenbar wurden13. Diese Verflechtung der weltlichen Herrschaft mit dem Göttlichen, wie sie von Diocletian geschaffen wurde, hat bereits Libanios als die „perfekteste theokratische Begründung der kaiserlichen Herrschaft“, die je existierte, erkannt14. Dabei ist es wichtig festzuhalten, daß sich die Kaiser selbst höchstwahrscheinlich nicht als Götter betrachteten, sondern nur als deren Abkömmlinge15. In der Zeit der Tetrarchie wurden Jupiter und Hercules in der offiziellen Ideologie als die eigentlichen Herrscher des Imperium Romanum und damit der Welt angesehen, die sie durch ihre kaiserlichen Söhne und Mittler regierten16; dieses Herrschaftsverständnis wurde auf den Münzen der Tetrarchen stark propagiert. Die direkte familiäre Beziehung zwischen den Kaisern und den beiden Göttern deuten auch andere antike Quellen an. So bezeichnet der Panegyriker von 291 n.Chr. die Augusti als dis geniti17. Eine ganz ähnliche Formulierung findet sich auf einer Meilensteininschrift 9 Rees, Names, 225. Auf ein militärisches Umfeld der signa könnte die Tatsache hinweisen, daß diese gelegentlich auf Medaillons auftreten, die häufig als Geschenke für hochrangige Offiziere verwendet wurden (ebd., 236 Anm. 25; vgl. Kuhoff, Diokletian, 46; Rees, Diocletian, 56). Ein von Eusebius überlieferter Brief des Maximinus Daia, in dem dieser sich in der Anrede als Iovius Maximinus Augustus bezeichnet, scheint auf eine zumindest gelegentliche Verwendung auch in dem offiziellen Rahmen der kaiserlichen Korrespondenz hinzuweisen (Eus. HE 9, 9a, 1). 10 Vgl. z.B. Aur.Vict. Caes. 39, 18f. 21. 33. 46. 48; 40, 5. 21; Eutr. 9, 27; Origo Const. 2, 2; 3, 5. 6; 4, 10; Ps.Aur.Vict. epit. 39, 6. Beide signa kommen noch im Chronicon Paschale vor (Rees, Names, 236 Anm. 14). 11 Zum Aufbau der tetrarchischen domus divina s. Kolb, Diocletian, 93f. 12 Kolb, Herrscherideologie, 36. Maximian wird beispielsweise eine anima caelestis et sempiterna zugesprochen (Paneg. XI (3) 6, 4), sowie ein immortalis animus (Paneg. XI (3) 6, 5). 13 Kolb, Praesens Deus, 31. 14 Kolb, Herrscherideologie, 36; vgl. Lib. or. 61, 5. 15 Kolb, Diocletian, 88. S. auch Liebeschuetz, Religion, 393. 16 Vgl. Kolb, Praesens Deus, 31. 17 Paneg. XI (3) 2, 4. Zu der Formulierung dis genitus vgl. Chastagnol, Formulaire, 36f. Zu der Vater-SohnBeziehung gegenüber Jupiter und Hercules vgl. auch Paneg. XI (3) 3, 2–3: profecto enim non patitur hoc caelestis ille vestri generis conditor vel parens [sc. Iuppiter]. […] Denique praecipue vestri illi parentes, qui vobis et nomina et imperia tribuerunt, perpetuis maximorum operum actionibus occupantur.

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aus der Nähe von Dyrrhachium, die Diocletian und Maximian diis geniti et deorum creatores nennt18 – die von Jupiter und Hercules gezeugten19 Augusti haben ihrerseits die Göttlichkeit an ihre Adoptivsöhne Constantius I. und Galerius weitergegeben20. Da es sich bei Meilensteinen um offiziell vom Staat beziehungsweise seinen Amtsträgern errichtete Monumente handelte, ist anzunehmen, daß die Formulierung der Inschrift recht genau der Vorstellung der Kaiser von ihrer Selbstdarstellung nach außen folgte21. Ein Festredner in Anwesenheit des Kaisers hingegen äußerte genau das, von dem er vermuten konnte, es entspreche dem Selbstbild des Kaisers, beziehungsweise der gegenwärtigen kaiserlichen Ideologie22, wie sie auch in anderen Gattungen transportiert wurde, ohne daß es sich bei einer Lobrede jedoch um ein offizielles Dokument handelte. Ein wesentlicher Grund für die Stilisierung zu Gottessöhnen dürfte, neben der göttlichen Legitimation der Herrschaft, die Tatsache gewesen sein, daß eine solch enge Verbindung zu den Göttern die Kaiser praktisch unangreifbar machte: kein Usurpator hatte die Möglichkeit, in die domus divina aufgenommen zu werden, wie das unten behandelte Beispiel des Carausius zeigt. Die Auflehnung gegen die von den Göttern abstammenden Herrscher nahm vielmehr die Dimension eines Sakrilegs an, dessen sich jede außerhalb des Herrscherkollegiums stehende Person, also auch ein leiblicher Angehöriger der Kaiser, schuldig machte, die nach dem Purpur strebte23. Die von H. Mattingly vorgebrachte Hypothese, Diocletian habe mit der IoviusHerculius-Ideologie ein System schaffen wollen, das den Kaiserkult auch für Christen akzeptabel machte, indem er die Ähnlichkeiten der Beziehung Jupiter – Hercules und Gott-

18 CIL III 710 = ILS 629; vgl. dazu Huttner, Kaiser, 193–201. Auch die Angehörigen der zweiten Tetrarchie hielten an dieser göttlichen Abstammung fest (vgl. AE 1940, 182). 19 Laut der Epitome de Caesaribus behauptete Galerius, seine Mutter habe ihn, wie im Falle von Olympias und Alexander, durch die Vereinigung mit einer Schlange empfangen (Ps.Aur.Vict. epit. 40, 17). 20 Gegen diese Deutung spricht sich U. Huttner aus, der die Inschrift in die Dyarchie, also vor die Erhebung von Constantius und Galerius zu Caesares datiert (Huttner, Kaiser, 196). Er sieht in der Formel diis geniti et deorum creatores einen Rückgriff auf eine bereits in der Aeneis verwendete Vorstellung, die eine Person in eine Göttergenealogie einbindet, ohne notwendigerweise von göttlichen Vorfahren abzustammen oder göttliche Nachkommen zu zeugen (ebd., 196f.). In dieser Inschrift wäre dann kein Bezug auf die beiden persönlichen Schutzgötter Jupiter und Hercules zu sehen, sondern die Kaiser wären gekennzeichnet als die Endpunkte einer Genealogie von Göttern, die sie auch fortführen werden, wodurch die sakrale Kontinuität gesichert wäre gemäß der Pflicht eines Kaisers (ebd., 200). Dementsprechend wären Diocletian und Maximian in der Inschrift aus Dyrrhachium nicht als Söhne von Jupiter und Hercules, sondern als Nachkommen einer „anonymen Götterschar“ zu verstehen (ebd., 200). Dennoch kann man wohl davon ausgehen, daß zumindest ein Teil der Personen, die in der Lage waren, die Inschrift zu lesen, eine Verbindung zu der durch Münzen im ganzen Reich verbreiteten Ideologie von der Nähe der Augusti zu Jupiter und Hercules herstellten, und somit die Formulierung diis geniti als einen Hinweis auf die direkte Abstammung von diesen verstanden. 21 Vgl. Kolb, Praesens Deus, 30; ders., Diocletian, 91. 22 Es ist nicht nachweisbar, daß wirklich jedes Detail eines Panegyricus der kaiserlichen Ideologie entsprach, aber in den Fällen, in denen eine Überprüfung möglich ist, hat sich ergeben, daß der Inhalt einer Lobrede den Tendenzen der zeitgenössischen kaiserlichen Selbstdarstellung entsprach (Liebeschuetz, Religion, 389–391). 23 Kolb, Herrscherideologie, 37; vgl. auch ders., Gestalt des Kaisertums, 45. Laut Kolb konnte eine Unterminierung des tetrarchischen Systems nur von innerhalb desselben kommen, wenn die Söhne der Kaiser unrechtmäßig das Kaisertum anstrebten (ebd.).

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II Hercules unter der Tetrarchie

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vater – Christus hervorhob24, ist mittlerweile entkräftet, zumal für ein solches Konzept Diocletians, der die letzten Christenverfolgungen durchführte, keine schlüssigen Belege vorliegen. Es ist vielmehr davon auszugehen, daß das tetrarchische Herrschaftsverständnis in direkter Konkurrenz zum Christentum konzipiert wurde25, wenn dies auch sicherlich nicht Diocletians Hauptanliegen beim Aufbau der Dyarchie und später der Tetrarchie war. Durch ihre Natur sind die Tetrarchen allein den Göttern verpflichtet, die Billigung der Sterblichen, also des Senats, des Volkes und des Militärs, sind demgegenüber nebensächlich26. Damit mag im übrigen auch die Tatsache zusammenhängen, daß sich in der Kunst der Tetrarchenzeit, abgesehen von Staatsreliefs (s.u.), ganz im Gegensatz etwa zur augusteischen Epoche, praktisch keine Motive finden, die dazu dienten, die offizielle Ideologie zu verbreiten; es sind nicht einmal Jupiter- und Herculesmotive häufiger als in anderen Epochen nachzuweisen27. Eine Frage, bei der auch die signa eine signifikante Rolle spielen, ist die Problematik der Hierarchie innerhalb des Kaiserkollegiums. In der Forschung sind hierzu zwei Positionen zu unterscheiden: einerseits sah man eine deutliche Rangfolge nicht nur zwischen Augusti und Caesares, sondern auch unter den beiden Seniorkaisern, mit Diocletian an der Spitze28. Andererseits wurde vermutet, daß beide Augusti einen identischen Rang innehatten und demnach keiner Vorrang vor dem anderen beanspruchen konnte29. Tatsächlich liegt jedoch die Annahme nah, daß das Verhältnis zwischen dem obersten Gott Jupiter und seinem Sohn Hercules sich in der Beziehung zwischen dem rangälteren Diocletian und dem – wohl auch chronologisch – jüngeren Maximian widerspiegelte, und somit von einer Vorrangstellung Diocletians, ausgedrückt durch sein signum Iovius, ausgegangen werden kann. Für eine solche Deutung der Beinamen gibt es allerdings in den antiken Quellen keine Belege30. Der Hypothese von den signa als „Rangabzeichen“ entspricht die Annahme, daß die Beinamen auf unterschiedliche Betätigungsfelder beziehungsweise Aufgaben der beiden Augusti hinweisen sollten, mit Diocletianus Iovius in der Rolle des Herrschers und Maximianus Herculius in der Rolle des Helfers, der – wie Hercules für Jupiter – im Auftrag Diocletians in Form von Feldzügen für Ruhe und Stabilität im Reich sorgen sollte31. Dementsprechend ging man davon aus, daß die signa auf einen Vorrang Diocletians und des 24 Mattingly, Jovius and Herculius, 132. 25 Kolb, Praesens Deus, 33. Wer als Christ die theologische Legitimation der Tetrarchen anzweifelte, wurde automatisch zu einem Staatsfeind, wodurch die diocletianische Christenverfolgung zu einer logischen Folge der tetrarchischen Ideologie wurde (ebd., 33). 26 Vgl. MacCormack, Art and Ceremony, 169. 27 Sporn, Selbstdarstellung, 393. 396–398. 28 Vgl. Rees, Diocletian, 55. 29 Kolb, Diocletian, 95–97. 105f. 30 Rees, Diocletian, 95. 31 Vgl. z.B. Leadbetter, Patrimonium indivisum, 224; Seston, Dioclétien, 233. S. dazu auch Paneg. X (2) 4, 2: […] praecipitanti Romano nomini iuxta principem subisti eadem scilicet auxilii opportunitate qua tuus Hercules Iovem vestrum quondam Terrigenarum bello laborantem magna victoriae parte iuvit probavitque se non magis a dis accepisse caelum quam eisdem reddidisse. Für Diocletian als Urheber großer Taten und Maximian als ihr Vollender entsprechend der Rollenverteilung Jupiter – Hercules vgl. auch Paneg. X (2) 11, 6. Es ist allerdings zu beachten, daß der Text des Panegyricus an der entscheidenden Stelle korrupt ist, und die Interpretation also von dem Verständnis des jeweiligen Editors abhängt (Kolb, Diocletian, 96f.; Nixon/Rodgers, Praise of Emperors, 71 Anm. 40).

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ihm nachgeordneten Caesars Galerius gegenüber der Familie der Herculier, bestehend aus Maximian und dessen Caesar Constantius, hindeuten sollten. In der Forschung wurde die Kennzeichnung des Ranges innerhalb des Kaiserkollegiums sogar gelegentlich als Hauptzweck der signa angesehen32. Gegen diese Deutung der theophoren Beinamen spricht sich F. Kolb aus, der vielmehr davon ausgeht, daß Diocletian und Maximian als mit denselben Machtbefugnissen ausgestattete Brüder zu verstehen seien33. Tatsächlich findet sich in den Panegyrici wiederholt und in verschiedenen Zusammenhängen die Benennung der beiden Augusti als fratres34. Obwohl Diocletian als der Rangältere und Begründer des neuen Herrschaftssystems wahrscheinlich mit größerer auctoritas als Maximian ausgestattet war, sei dies nicht durch die Namen transportiert worden35; den Untertanen seien die Kaiser vielmehr als gleichrangige, einander familiär verbundene Göttersöhne präsentiert worden, wie auch die Urheber ihrer Herrschaft, Jupiter und Hercules, gemeinsam über allen anderen Göttern standen36. Dennoch kann die in der mythologischen Überlieferung fest etablierte Vorrangstellung des Vaters Jupiter gegenüber dem Sohn Hercules nicht ohne weiteres außer acht gelassen werden, weswegen die Annahme einer – auch durch die Beinamen ausgedrückten – höheren Rangstellung Diocletians gegenüber Maximian durchaus vertretbar ist37. In der Praxis hätte sich dieser Umstand durch die größere auctoritas des dienstälteren Augustus ausgedrückt, die aber nicht in offiziellen Dokumenten belegt ist, in denen die Kaiser stets in der Reihenfolge des Regierungsantritts genannt sind38. In diesem Zusammenhang ist ferner zu 32 Kolb, Diocletian, 95. Zu den Vertretern der These von der Hierarchisierung vgl. ebd., 95 Anm. 283. 96 Anm. 285. 33 Vgl. Kolb, Diocletian, 97. Allerdings kann Diocletian sehr wohl als der ältere von zwei Brüdern angesehen worden sein; in dieser Hinsicht ist die Tatsache relevant, daß Diocletians Name in kaiserlichen Erlassen wie beispielsweise dem Höchstpreisedikt stets an erster Stelle genannt wurde, wie es seiner Position als rangälterer Augustus entsprach (Leadbetter, Patrimonium indivisum, 222). 34 Vgl. z.B. Paneg. X (2) 4, 1; 9, 3–5; XI (3) 7, 4–6. S. dazu auch Brosch, Präsentation, 88. Als Brüder bezeichnet Lactanz die beiden Augusti (Lact. mort. pers. 8, 1). Die mittlerweile verlorene Bauinschrift der Diocletiansthermen in Rom stellt Diocletian und Maximian ebenfalls als Brüder dar (CIL VI 1130 = ILS 646). Die Verwandtschaft der Dyarchen ergab sich nicht durch echte Blutsverwandtschaft, und auch nicht durch Adoption, sondern durch die gemeinsame Teilhabe an den für einen Herrscher wichtigen Tugenden (Rees, Layers of Loyalty, 55; vgl. dazu besonders Paneg. X (2)). Im Gegensatz dazu gründet sich die Beziehung der Kaiser zu Jupiter und Hercules jeweils tatsächlich auf consanguinitas (Rees, Layers of Loyalty, 54f.). 35 Kolb, Diocletian, 96. 104. 36 Paneg. X (2) 11, 6; XI (3) 14, 4. Dazu Kolb, Diocletian, 97. 37 Zu beachten ist in diesem Zusammenhang, daß auf den Münzen Jupiter als der alleinige Urheber der Macht der Tetrarchen (auctor imperii) dargestellt wird; er verleiht also nicht nur den Iovii, sondern auch den Herculii ihre kaiserliche Stellung, woraus man auch auf eine Vorrangstellung des rangältesten Iovius, Diocletian, gegenüber seinen Mitherrschern schließen könnte (Kolb, Diocletian, 100f.). Julian spricht in seinem Panegyricus auf Constantius II. explizit davon, daß Diocletian seinen Mitherrschern Maximian und Constantius I. einen Anteil an der Herrschaft gewährt habe (Iul. or. 1, 7 A). Nur ein Ranghöherer kann andere in eine vergleichbare Position heben, wobei es nicht überraschend ist, wenn er sich selbst dabei die höchste Stellung vorbehält. 38 Kolb, Herrscherideologie, 33. Bereits Augustus hatte sich als Princeps zumindest offiziell nicht auf eine den übrigen Magistraten übergeordnete staatsrechtliche Position, sondern lediglich seine größere auctoritas berufen (vgl. R. Gest. div. Aug. 34, 3: post id tempus auctoritate omnibus praestiti, potestatis

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bedenken, daß Diocletian der Urheber des neuen Systems der Samtherrschaft war, was ebenfalls nahelegen würde, daß er für sich eine seinen Mitherrschern übergeordnete Sonderrolle reservierte, selbst wenn diese nicht explizit in offiziellen Dokumenten zum Ausdruck kam39. Dementsprechend wurden vielleicht gerade die signa auch für die Differenzierung des Ranges der beiden Augusti herangezogen, indem man durch die religiösen Konnotationen von Iovius und Herculius eine Abstufung ausdrückte, die in offiziellen Dokumenten wie Inschriften und Münzen so nicht thematisiert wurde40. Zumindest einen Hinweis auf die Wahrnehmung der Beziehung zwischen den Augusti durch die Untertanen bieten unter Umständen Papyri aus dem Archiv des Prokurators der Unteren Thebais, Aurelius Isidorus, in denen für Diocletian der Titel SebastoÜj presbu/teroj belegt ist41; dabei ist allerdings zu beachten, daß sich die Formulierung auch auf das höhere Dienstalter Diocletians beziehen kann, ohne damit notwendigerweise einen höheren Rang anzudeuten42. Die Quellenlage weist zumindest auf eine gewisse Abstufung der Ränge zwischen den fratres Diocletian und Maximian hin43, und auch die signa können ohne weiteres in diesem Sinne verstanden werden.

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42 43

autem nihilo amplius habui quam ceteri, qui mihi quoque in magistratus conlegae fuerunt). Eine ähnliche Konstellation der Machtverhältnisse mag man sich auch bei Diocletian und Maximian vorstellen, indem sie formell gleichgestellt waren, Diocletian jedoch faktisch die Vorherrschaft innehatte. Der Panegyriker von 289 n.Chr. spricht zwar von einer gemeinsamen Herrschaft der beiden Kaiser pari aetatis auctoritate (Paneg. X (2) 9, 5), doch mag es sich hierbei um eine panegyrische Überhöhung des eigentlichen Sachverhaltes handeln, zumal der Festredner in Anwesenheit Maximians vielleicht nicht auf eine untergeordnete Stellung gegenüber Diocletian hinweisen wollte. Vgl. Leadbetter, Best of Brothers, 259. Tatsächlich setzte sich Diocletian in mindestens zwei Fällen eindeutig gegenüber Maximian durch, indem er zunächst zwei Männer zu Caesares bestimmte, die nicht dem Umfeld Maximians entstammten, und indem er diesen im Jahr 305 n.Chr. zum Rücktritt zwang (Leadbetter, Patrimonium indivisum, 222). Diocletians höherer Rang gegenüber Maximian wurde auch ausgedrückt durch die Tatsache, daß Diocletian Maximians Iterationen von Konsulat und tribunicia potestas um jeweils eine übertraf; Maximian wurde im nachhinein eine weitere tribunicia potestas zugesprochen, so daß er Diocletian nur noch um eine Iteration nachstand (Kuhoff, Diokletian, 151). Vgl. Leadbetter, Best of Brothers, 260. Leadbetter, Best of Brothers, 259 Anm. 10; vgl. beispielsweise P. Panop. Beatty 1, Z. 54; Z. 111; Z. 168; P. Panop. Beatty 2, Z. 163; Z. 164; Z. 262. Hinsichtlich der Wahrnehmung einer Rangfolge zwischen den Augusti durch die Reichsbewohner ist möglicherweise auch eine Münze des britannischen Teilreiches von Interesse, die auf dem Avers die einzigartige Legende AVGVSTIS CVM DIOCLETIANO trägt, die von R.A.G. Carson dahingehend gedeutet wird, daß der Usurpator Carausius in dieser Prägung Diocletian als einzigen beim Namen nennen ließ, da er unter den Kaisern zweifellos derjenige mit der größten Seniorität gewesen sei (Carson, Carausius, 146). Die Komparativform presbu/teroj bedeutet im allgemeinen Sinn „älter“ (Liddell/Scott, Lexicon, 1462 s.v. presbu/teroj; vgl. Preisigke/Kießling, Wörterbuch, Sp. 357 s.v. presbu/teroj). Laut Lactanz ging die Anordnung der Christenverfolgung allein auf Diocletian zurück, der seine Mitherrscher also nicht konsultiert hätte, was wiederum auf eine in der Praxis die anderen übertreffende Machtstellung des ältesten Augustus hindeuten würde (Lact. mort. pers. 15, 6–7). Da Lactanz sonst keine Gelegenheit verstreichen ließ, Maximian und die übrigen Angehörigen der Tetrarchie zu kritisieren, kann davon ausgegangen werden, daß der Apologet mit seiner Darstellung in diesem Fall die Realität wiedergibt, indem er Diocletian als alleinigen Urheber dieser Anordnung und damit als seinen Mitherrschern übergeordnet darstellt.

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II.1.2 Maximian und Hercules in den Panegyrici Latini Für die Interpretation der Rolle des Hercules in der tetrarchischen Ideologie sind die Reden X (2) von 289 n.Chr. und XI (3) von 291 n.Chr. sowie in geringerem Maße VII (6) von 307 n.Chr. aus der Sammlung der Panegyrici Latini von besonderer Bedeutung44. In den beiden erstgenannten, die an Maximian gerichtet sind, wird die Theologie der Tetrarchenzeit, die der sakralen Legitimation der neuen Herrschaftsform zugrunde lag, ausführlich dargelegt45. Bei der Deutung der Lobreden ist zu beachten, daß es sich bei diesen Texten zwar nicht um unmittelbare Zeugnisse der kaiserlichen Repräsentation handelt, daß aber doch der Inhalt recht genau dem herrscherlichen Selbstbild entsprach, mit der Einschränkung, daß es sich bei dem Verfasser nicht um einen offiziellen Sprecher des Kaisers handelte46, und man gattungsbedingt mit subjektiven und einseitigen Urteilen rechnen muß, die gegebenenfalls die Heranziehung weiterer Quellen nötig machen. Ein weiterer Aspekt, der durch einen Pangyricus zum Ausdruck gebracht werden konnte, waren Erwartungen gegenüber dem Kaiser, die ein Lobredner entsprechend den Wünschen seiner Auftraggeber formulierte. Auf diese Weise konnte eine Bürgerschaft, oder ganz allgemein eine Gruppe von Untertanen, dem Herrscher ihre Anliegen, Wünsche oder Sorgen vortragen47. Eine Lobrede drückte also auch aus, welche Vorstellungen die Menschen von ihrem Kaiser hatten, nicht nur, wie dieser gesehen werden wollte, wobei eine gegenseitige Wechselwirkung dieser beiden Aspekte naheliegt. Insgesamt betrachtet geben die Panegyrici die Eigenschaften, Leistungen und Taten der Kaiser sowie die offizielle Ideologie so wieder, wie diese es wünschten, und bilden somit eine wichtige Ergänzung zu den Informationen, die man den Münzen hinsichtlich der Bedeutung des Hercules für das tetrarchische System entnehmen kann. II.1.2.1 Panegyricus X (2) Der erste von drei Maximian gewidmeten Panegyrici wurde am 21. April, dem Geburtstag Roms, vermutlich im Jahr 289 n.Chr. am Kaiserhof in Trier in Anwesenheit des Herrschers gehalten48. Der Autor, in einigen Manuskripten als Mamertinus identifiziert49, stellt in dieser Rede zahlreiche Verbindungen zwischen Maximian und seinem göttlichen Beschützer Hercules her. Gleich zu Beginn des Werkes wird die Bedeutung des Hercules für das Selbstverständnis der Römer betont, indem Erläuterungen zum Kult des Gottes an der Ara Maxima gege-

44 Dem allgemein üblichen Gebrauch folgend bezeichnet die römische Ziffer die Nummer des jeweiligen Textes innerhalb der mittelalterlichen Handschriften, die arabische Ziffer die davon abweichende chronologische Zählung der einzelnen Reden (vgl. Tabelle in Rees, Layers of Loyalty, 20). Die Forschung geht von einer Herkunft dieser in der Spätantike erstellten Sammlung von zwölf Lobreden, deren früheste der Panegyricus des jüngeren Plinius auf Trajan aus dem Jahr 100 n.Chr. ist, aus dem Umfeld der gallischen Rhetorikschulen aus (Nixon/Rodgers, Praise of Emperors, 6f.). 45 Vgl. Liebeschuetz, Religion, 392. 46 Vgl. Brosch, Präsentation, 85f. 47 Vgl. Rees, Layers of Loyalty, 7. 48 Nixon/Rodgers, Praise of Emperors, 42f. Zur Bedeutung der praesentia des Kaisers bei solchen Anlässen s. Rees, Layers of Loyalty, 7–17. 49 Nixon/Rodgers, Praise of Emperors, 41.

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ben werden, in Anlehnung an den bei Vergil überlieferten Gründungsmythos50. Darüber hinaus stellt der Festredner eine Verknüpfung her zwischen dem palatium, dem späteren Ort des Kaiserpalastes auf dem Palatin, und Hercules, der sich dort in der mythischen Vorzeit auf seinem Rückweg aus Spanien, wo er die Rinder des Geryoneus geraubt hatte, als Gast Euanders aufhielt51. Die Anwesenheit des Hercules auf dem Palatin nimmt in gewisser Weise die Position voraus, die sein „Sohn“ Maximian dort einnehmen wird (auch wenn Maximian nicht wirklich auf dem Palatin residierte52, so dürfte der Palast weiterhin eindeutig mit dem Kaiser assoziiert worden sein): futurae maiestatis dedisse primordia53. Wenn Hercules auch nicht direkt der Gründer Roms war – diese Ehre kommt hier Euander zu –, so hat er doch dem Ort, an dem er als Gast weilte, seine religiöse Weihe verliehen54. Dadurch wird eine Verbindung zwischen dem Akt der Gründung Roms, die durch Hercules erst religiös legitimiert ist, und dem Kaiser hergestellt, was wiederum die außergewöhnliche Stellung Maximians hervorhebt, der nun sogar in die Nähe des mythischen Ursprungs der Stadt Rom gerückt wird. Tatsächlich wird er gemeinsam mit Diocletian als conditor Romani imperii bezeichnet, was erklärt wird als restitutor, da man sich von den beiden Kaisern die Wiederherstellung der Ordnung und die Begründung einer neuen, besseren Zeit erhoffte55. So ergibt sich durch die Zeiten hindurch gewissermaßen eine physische Nähe zwischen Maximian und dem Jupitersohn56, wodurch am Anfang der Rede bereits der Tenor des ganzen Werkes vorausgenommen wird, das neben der Aufzählung der herausragenden Taten des Kaisers der Verherrlichung dieser besonderen Beziehung dient. Auf die Episode aus der Frühzeit Roms wird auch im weiteren Verlauf der Rede Bezug genommen, indem der Panegyriker den britannischen Usurpator Carausius aufgrund der Lokalisierung seines Herrschaftsbereichs im Westen des Reiches mit Geryoneus vergleicht. Dabei stellt er jenen, in einem Versuch, Maximians Leistung gegenüber derjenigen des Hercules hervorzuheben, als ein schlimmeres Ungeheuer als den dreileibigen Riesen dar57. Daß Maximian mit Hilfe seines göttlichen Beschützers über den „Piraten“58 Carausius triumphieren würde59, sollte der Verweis auf die Geschichte des Octavius Herennus andeuten, der, unterstützt durch den Gott, über Piraten siegte und als Dank den Tempel des Hercules Victor (auch Hercules Olivarius) auf dem Forum Boarium stiftete60. 50 51 52 53 54 55 56 57 58 59

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Paneg. X (2) 1, 3; vgl. Liv. 1, 7, 10–15; Verg. Aen. 8, 184–272. Vgl. Liv. 1, 7, 4–15; Verg. Aen. 8, 201–204. Zu den seltenen und kurzen Aufenthalten Maximians in Rom vgl. Rees, Diocletian, 28. 30. Paneg. X (2) 1, 3. Paneg. X (2) 1, 2. Paneg. X (2) 1, 5. Zu restitutor in Verbindung mit römischen Kaisern vgl. Nixon/Rodgers, Praise of Emperors, 54 Anm. 7 (dort der Verweis auf CIL III 22 = ILS 617: totius orbis restitutores). Vgl. Paneg. X (2) 2, 1: […] et in Palatino iugo venture tibi reliquerit vestigia. Paneg. X (2) 2, 1. Paneg. X (2) 12, 1. Vgl. Paneg. X (2) 13, 5. Die Tatsache, daß sich in dem Panegyricus XI (2) des Jahres 291 n.Chr. keine Erwähnung der Kampagne gegen Carausius findet, läßt darauf schließen, daß der Festredner hier, entsprechend der Anforderungen der Gattung, übermäßig optimistisch war. Tatsächlich gelang es Maximian nicht, den Usurpator zu besiegen (Casey, Carausius, 52). Paneg. X (2) 13, 5; vgl. Rees, Layers of Loyalty, 49f. Zu dieser Episode vgl. Macr. Sat. 3, 6, 11; Serv. Aen. 8, 363.

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Hier wie auch an anderen Stellen der Rede geht es dem Panegyriker darum, Bezüge zwischen der aktuellen Tagespolitik und den Taten des Hercules herzustellen, um dadurch dessen Verbindung zum Kaiser zu verdeutlichen und gleichzeitig die Leistungen des Maximian noch über die Taten des Jupitersohnes zu stellen. Die Schlacht zwischen den Göttern und den Giganten eignete sich dabei besonders gut, um den Kampf eines Herrschers für Recht und Ordnung gegen die Mächte des Chaos zu symbolisieren. War es in der mythischen Gigantomachie Hercules, ohne den für die Götter ein Sieg nicht möglich war, so eilte im Fall der Dyarchen Maximian gleich dem Alkiden dem Iovius Diocletian zur Hilfe, indem er im Jahr 285 n.Chr. der Bedrohung durch die Bagaudae in Gallien ein Ende setzte und Diocletians Herrschaft dort wiederherstellte. Dabei wird hervorgehoben, daß Hercules vielmehr den Göttern den Himmel zurückgegeben habe, als ihn selbst von diesen zu empfangen61. Indem er also die Herrschaft des Joviers Diocletian sicherte, machte sich Maximian, ähnlich wie Hercules im Fall der mythischen Gigantomachie, unentbehrlich für seinen „Bruder“ und Mitkaiser. Stets pflichtbewußt wie der Alkide lieh Maximian nach seinem Herrschaftsantritt seinem Kollegen seine Unterstützung, ohne die dieser die Ordnung im Reich nicht wieder hätte herstellen und seine eigene Herrschaft nicht hätte festigen können. Somit erscheint Maximian als alleiniger Retter des Reiches62, was jedoch dem Selbstverständnis der Terarchie mit ihrer Betonung der Kollegialität entgegenläuft; dementsprechend sieht man hier, wie der Redner die „offizielle“ kaiserliche Ideologie beiseite läßt, um einem einzelnen Mitglied des Herrscherkollegiums zu schmeicheln. Die Gigantomachie findet sich im übrigen als Motiv auch auf den Münzen der Tetrarchen, wo sie häufiger auftritt als jemals zuvor in der römischen Reichsprägung, wobei allerdings nur Jupiter im Kampf gegen einen Giganten dargestellt ist, während Hercules auf den Münzen in diesem Kontext nicht erscheint63. Ferner ist der Kampf der Götter gegen die Giganten im architektonischen Dekor des dem Jupiter geweihten Palasttempels in Diocletians Altersresidenz in Spalatum thematisiert (s.u.)64. Das Bild der Gigantomachie scheint also im tetrarchischen Selbstverständnis eine nicht unbedeutende Rolle eingenommen zu haben. Der Gigantenkampf, wie er in dem vorliegenden Panegyricus präsentiert wird, diente sichtlich dazu, die concordia zwischen den beiden Kaisern hervorzuheben65, da Maximian seinen wahrhaft „herculischen“ Pflichten stets bereitwillig nachkommt, dabei aber seine Machtstellung nicht ausnutzt, um Diocletian seine Position streitig zu machen. Der Panegyriker besetzt den Part des aktiven Kämpfers also mit Maximian, der ausgestattet ist mit der einem Herculier durch seine Herkunft innewohnenden virtus, während er Diocletian, ent61 Paneg. X (2) 4, 2f. 62 Vgl. Rees, Layers of Loyalty, 49. 63 Kolb, Diocletian, 104f.; vgl. z.B. RIC VI p. 165 n. 20; p. 170 n. 56–57. Münzen mit dem Gigantomachie-Motiv wurden von Diocletian, Maximian und Constantius geprägt. Die Gigantomachie wird auf den Münzrückseiten jeweils wiedergegeben durch den einen Blitz gegen einen Giganten schleudernden Jupiter Fulgerator (z.B. RIC V, 2 p. 234 n. 144). In Paneg. XI (3) 3, 4 wird zwar ebenfalls auf die Gigantomachie Bezug genommen, der Redner nennt jedoch in diesem Zusammenhang nur Diocletian, während Hercules nicht erwähnt wird, was angesichts der Tatsache, daß der Panegyricus XI (3) an Maximian adressiert ist, sowie der alles entscheidenden Rolle des Alkiden in der Gigantomachie seltsam anmutet. 64 Es handelt sich dabei um Schmuckkonsolen, die das Portalgesims des Tempels tragen (Wrede, Gigantomachie, 67–70; vgl. dazu auch McNally, Architectural Ornament, 49 Abb. 75. 79). 65 Rees, Layers of Loyalty, 49.

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sprechend seiner Rolle als Jovier, eine nicht aktiv in das Geschehen eingreifende, dabei aber alles lenkende Funktion zuweist66. Die „Arbeitsteilung“ der beiden Augusti, wie sie hier dargestellt wird, entspricht damit derjenigen ihrer göttlichen Vorfahren67. Mehrfach wird in der Lobrede auf die enge familiäre Beziehung zwischen dem Kaiser und Hercules angespielt. Gleich zu Beginn des Werkes wird Hercules als princeps ille tui generis ac nominis bezeichnet68, und die göttliche Herkunft der (Adoptiv-)Familie Maximians wird hervorgehoben: an divinam generis tui originem recensebo, quam tu non modo factis immortalibus sed etiam nominis successione testaris?69. Es reicht also nicht, nur den berühmten Namen zu tragen; Maximian hat sich seiner durch konkrete Leistungen, die an anderen Stellen des Werkes mit denjenigen des Hercules verglichen werden, als würdig erwiesen. Wiederholt wird Maximian als Angehöriger des herculischen Geschlechts (gens Herculea) bezeichnet70. Als solcher befindet er sich in illustrer Gesellschaft, wie der Festredner anführt: zur Nachkommenschaft des Alkiden gehören sowohl die Könige von Sparta, deren Doppelkönigtum mit der von concordia geprägten Samtherrschaft der Dyarchen kontrastiert wird71, als auch Alexander der Große, der im Vergleich zu den Dyarchen mit ihrer großen Anzahl von Klientelkönigen schlecht abschneidet, da er nur dem „indischen König“ (gemeint ist wohl Poros) sein Reich zurückgegeben habe72. Maximian erfüllt seine Bestimmung als Angehöriger des Herculeum genus: seine gegenwärtige Stellung verdankt er seinen eigenen Verdiensten (hier seiner virtus), die ihm den Sieg über die Feinde des Reiches ermöglichten73. Darüber hinaus könnte hier auch ein Verweis versteckt sein, daß Maximian, ebenso wie Diocletian, eben nicht „im Purpur geboren“ wurde, sondern durch seine eigenen Leistungen, die ihm die schon seit seiner Geburt innewohnende Wirkkraft des Hercules ermöglichte, in seinen kaiserlicher Rang aufstieg, wie auch Hercules alles durch die eigene Leistung und gegen großen Widerstand erreicht hatte. Durch seine Feldzüge gegen die ferae illae indomitaeque gentes74 stellte Maximian wie 66 Vgl. Rees, Layers of Loyalty, 47 und Paneg. X (2) 11, 6. Diese Stelle wird herangezogen, um eine gegenüber Diocletian untergeordnete Stellung Maximians zu belegen. Hier gemahnt Kolb jedoch, auch wegen der Verstümmelung des Satzes in der Überlieferung, zur Vorsicht, da man aus den Bezeichnungen als „Urheber“ und „Vollender“ nicht zwangsläufig auf eine Abstufung des Ranges schließen könne (Kolb, Diocletian, 96f.). Es kann in diesem Zusammenhang auch darauf verwiesen werden, daß es sich bei dem die Befehle seines Vaters Jupiter befolgenden Hercules scheinbar um einen Topos handelte, der gerne in Reden angeführt wurde (vgl. Men. Rh. 2, 389), so daß man nicht notwendigerweise von einer direkten Übertragbarkeit der geschilderten Verhältnisse auf die Wirklichkeit ausgehen kann. 67 W. Raeck sieht eine bildliche Umsetzung der Vorstellung von einem aktiv kämpfenden Caesar und einem als obersten Kriegsherr fungierenden Augustus im Reliefschmuck des Galeriusbogens in Thessaloniki, auf dem Diocletian und sein ihm zugeordneter Caesar Galerius gemeinsam dargestellt sind (Raeck, Reliefschmuck, 454. 456). 68 Paneg. X (2) 1, 3. 69 Paneg. X (2) 2, 3. 70 Paneg. X (2) 10, 2. 71 Paneg. X (2) 9, 4; vgl. Paneg. IV (10) 36, 2. Die Dyarchen sind den spartanischen Königen aus dem Geschlecht der Herakliden insofern überlegen, als sie sich freiwillig zur gemeinsamen Ausübung der Macht entschlossen haben (Paneg. X (2) 9, 5). 72 Paneg. X (2) 10, 2–3. Hier wird mit dem Vergleich mit dem Makedonenkönig ein weiterer beliebter Topos des Herrscherlobes eingeführt. 73 Paneg. X (2) 7, 6. 74 Paneg. X (2) 7, 6.

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sein göttlicher Vater die menschliche Ordnung wieder her, in diesem Fall in Germanien, und näherte sich damit in gewissem Sinne der zivilisatorischen Rolle des Hercules an. In diesen Zusammenhang gehört auch die Benennung des Hercules als pacator terrarum, dessen Funktion Maximian im Reich übernahm75, hierin liegt eine Übereinstimmung mit der Münzprägung, in der der Alkide verschiedentlich mit dem Epitheton pacifer versehen ist76. Im übrigen spricht der Redner an dieser Stelle den Kaiser direkt an und bezeichnet ihn dabei mit dem ebenfalls für Hercules typischen Epitheton invictus. In der Münzprägung findet sich zur gleichen Zeit wiederholt die Reverslegende HERCVLI INVICTO AVGG, also ein Hinweis auf den unbesiegten Hercules, der in besonders enger Beziehung zu beiden Kaisern steht, passend zu den zurückliegenden siegreichen militärischen Unternehmungen der Augusti77. In dem vorliegenden Panegyricus findet sich eine der wenigen Erwähnungen der signa in der literarischen Überlieferung; der Redner spricht Roma selbst an und fordert sie auf, die Beinamen der Kaiser ergänzend zu ihrem eigenen zu tragen, sich also Roma Iovia Herculia zu nennen78. Daran anschließend wird noch einmal die enge Verbindung zwischen den Kaisern und ihren Göttern hervorgehoben, indem beschrieben wird, wie sich am Geburtstag der Stadt Rom ihre Bürger bei den Tempeln von Jupiter Stator und Hercules Victor einfinden und zu diesen beten79. Dabei wird, unter Rückgriff auf die bereits angesprochene Geschichte des Octavius Herennus, das Alter dieser republikanischen Kulte betont, um dem Zuhörer noch einmal die große Bedeutung dieser beiden Götter für die römische Geschichte ins Gedächtnis zu rufen. Zu beachten ist in diesem Zusammenhang auch, daß die Inkarnationen Jupiter Stator und Hercules Victor besonders die militärische Rolle der Götter hervorheben, was man als einen Anklang an die militärischen Erfolge der Dyarchen werten kann. Dem Zuhörer dürfte hier noch die Nennung der signa wenige Sätze zuvor in den Ohren geklungen haben, so daß am Ende der Rede ein weiteres Mal die bereits vielfach beschworene Nähe zwischen den Göttern und den Kaisern in den Vordergrund tritt. Die Betonung liegt in Panegyricus X (2) in besonderer Weise auf den Leistungen Maximians, die durch die zahlreichen Verweise auf seinen Stammvater Hercules hervorgehoben werden, der in seiner seit langem vertrauten Rolle als exemplum virtutis auftritt. Hercules unterliegt bei den Vergleichen dabei regelmäßig Maximian, der also seinen göttlichen Vorfahren sogar noch übertrifft80. Die enge Verbindung zwischen Maximian und dem Begründer seiner Herrschaft wird dabei auch durch die sie jeweils charakterisierenden Epitheta und Adjektive deutlich: dem victor Hercules entspricht der imperator invictus

75 76 77 78 79

Paneg. X (2) 11, 6. Z.B. RIC V, 2 p. 263 n. 371–380. Z.B. RIC V, 2 p. 262 n. 363–370. Paneg. X (2) 13, 3. Paneg. X (2) 13, 4. B.S. Rodgers sieht in dieser Passage einen Hinweis darauf, daß der Festredner die Kaiser nicht als den Göttern untergeordnet verstanden wissen wolle, sondern vielmehr Jupiter und Hercules als Stellvertreter von Diocletian und Maximian ansehe: die Bürger von Rom beten zu Jupiter Stator und Hercules Victor in deren Tempel nur deshalb, weil Diocletian und Maximian nicht in der Stadt anwesend sind. In Trier hingegen konnten die Zuhörer der Rede tatsächlich den praesens deus Maximian bejubeln (Rodgers, Divine Insinuation, 77). 80 Vgl. Rodgers, Divine Insinuation, 77.

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Maximian, und der Kult des Gottes ist sacer wie der Kaiser sacratissimus81. In der Lobrede verwendete Epitheta wie invictus und conservator82 treten auch in der gleichzeitigen Münzprägung in den Reverslegenden in Verbindung mit Hercules auf (s.u.). Darüber hinaus wird der sakrale Aspekt der dyarchischen Herrschaft durch die häufige Erwähnung der beiden Schutzgötter sowie durch die Anbindung an die religiösen Traditionen Roms mehr als in den anderen aus dieser Epoche überlieferten Lobreden in das Zentrum der Aufmerksamkeit gerückt83. Schließlich steht auch die besondere Beziehung zwischen den kaiserlichen „Brüdern“ Diocletian und Maximian im Vordergrund, die im Verlauf der Rede wiederholt angesprochen wird, wobei das Hauptaugenmerk stets auf der außergewöhnlichen concordia der beiden liegt84, unter gleichzeitiger Hervorhebung ihrer theoretischen Gleichberechtigung als Samtherrscher des Reiches. II.1.2.2 Panegyricus XI (3) Bezüglich der Datierung und der Urheberschaft des Panegyricus XI (2), auch als Genethliacus bezeichnet, besteht aufgrund der mangelhaften Quellenlage beträchtliche Unsicherheit85. Der Anlaß der Rede, die wohl ebenfalls in Trier in Anwesenheit Maximians vorgetragen wurde, war dessen dies natalis86, wobei bereits hinsichtlich dieses Datums keine Einigkeit herrscht, da ein römischer Kaiser mehr als einen „Geburtstag“ feierte: den Tag der tatsächlichen Geburt und den Tag der Thronbesteigung87. Es wird im allgemeinen angenommen, daß es sich bei dem hier gefeierten Festtag um den echten Jahrestag der Geburt des Kaisers handelte, der wohl auf den 21. Juli fiel; man einigte sich auf das Jahr 291 n.Chr. als wahrscheinlichsten Zeitpunkt der Rede88. Das zentrale Thema der Festrede sind die kaiserlichen Tugenden der pietas89 und felici90 tas , während historische Ereignisse im Vergleich zu dem früheren Panegyricus X (2) in den Hintergrund rücken (obwohl deutlich wird, daß das Problem des britannischen Usurpators Carausius nach wie vor bestand, und es keineswegs zu einem schnellen Sieg kam, wie in Paneg. X (2) 12 angekündigt). Doch auch in dem vorliegenden Fall finden sich zahlreiche Anspielungen sowohl auf die concordia zwischen den Dyarchen91 als auch auf die besondere Beziehung zwischen Maximian und seinem Vorfahren Hercules.

81 Paneg. X (2) 1, 3–5. 82 Paneg. X (2) 13, 2. 83 Hercules und Jupiter werden in Paneg. X (2) häufiger genannt als in den anderen dyarchischen und tetrarchischen Lobreden (vgl. Brosch, Präsentation, 87). 84 Z.B. Paneg. X (2) 9, 3; 10, 1; 11, 1; 13, 2. 85 Es wurde vorgeschlagen, daß es sich bei dem Redner um denselben „Mamertinus” wie bei Paneg. X (2) handelte, doch dafür gibt es keinerlei Belege (Nixon/Rodgers, Praise of Emperors, 76). 86 Paneg. XI (3) 1, 1; vgl. Rees, Layers of Loyalty, 70. 87 Nixon/Rodgers, Praise of Emperors, 77. 88 Rees, Layers of Loyalty, 70. Dazu ausführlich Nixon, Epiphany, 157–166. 89 Laut Brosch ist in dem vorliegenden Fall pietas als „brüderliche Liebe“ zu verstehen (Brosch, Präsentation, 91), also die Tugend, die die Dyarchen besonders eng miteinander verband und dafür sorgte, daß ihre vielgepriesene concordia Bestand hatte. Ansonsten ist die kaiserliche pietas auf die Götter wie auch die Untertanen ausgerichtet (Kolb, Herrscherideologie, 55f.). 90 Vgl. dazu in erster Linie Paneg. XI (3) 6–8. 91 Z.B. Paneg. XI (3) 6, 3.

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Wiederum spielt die Abstammung Maximians von Hercules eine beträchtliche Rolle, zumal der Kaiser von dem Jupitersohn nicht nur seinen Namen herleitete, sondern auch die Tugenden, die ihn auszeichneten, und die es ihm ermöglichten, große Taten in der Nachfolge des Hercules zu vollbringen: siquidem vos dis esse genitos et nominibus quidem vestris sed multo magis virtutibus approbatis92. Der Redner spricht von motus und impetus, die Maximian aufgrund seiner Abstammung verliehen sind, und die ihn zu ausgedehnten Reisen durch den ganzen Erdkreis befähigen, sowie von virtus – Eigenschaften, die es dem Herculier sogar erlauben, im Winter die Alpen zu überqueren93. Es folgt ein Vergleich zwischen Jupiter und Hercules einerseits und Diocletian und Maximian andererseits; die Dyarchen kommen deshalb nie zur Ruhe, weil auch ihre göttlichen Beschützer stets mit großen Taten beschäftigt sind: denique praecipue vestri illi parentes, qui vobis et nomina et imperia tribuerunt, perpetuis maximorum operum actionibus occupantur94. Diocletian wird in Anlehnung an Jupiter als der Lenker des Reiches dargestellt, der auch in Friedenszeiten nie ruht, sondern stets bemüht ist, das Erreichte zu bewahren und die Einhaltung der Gesetze zu überwachen und zu garantieren95. Es folgt eine knappe Zusammenfassung des Lebens des Hercules in Form einer praeteritio96, in der seine Taten angesprochen werden, sein Sieg über die Unterwelt und damit den Tod, seine Rolle als Friedensbringer und seine Aufnahme unter die Götter. Obwohl er dies alles erreicht hat, ruht er nicht, sondern fördert die Tapferen und unterstützt den Kampf für Recht und Ordnung auf Erden97. Hierin wird er mit Maximian verglichen, der sich ebenfalls nicht auf seinen kriegerischen Erfolgen ausruht, sondern weiterhin für das Wohl des Imperium Romanum kämpft98. Die Siege des Hercules über die verschiedensten Ungeheuer sind dabei als Parallele zu den Erfolgen Maximians in Gallien anzusehen; die Befreiung der Menschen von schlechten Herrschern – urbes dominis crudelibus liberavit (sc. Hercules)99 – mag auf den Erfolg gegen Carinus hindeuten100. Die Verwandtschaft zu dem für seine Leistungen vergöttlichten Hercules spornt Maximian also dazu an, Taten zu vollbringen, die so großartig sind, daß sie nur denjenigen seines göttlichen Vorfahren vergleichbar sind, wobei auch die Leichtigkeit zu beachten ist, mit der diese Taten dank der Imitation der

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Paneg. XI (3) 2, 4. Paneg. XI (3) 2, 4. Paneg. XI (3) 3, 3. Paneg. XI (3) 3, 4–5. Vgl. dazu Rees, Layers of Loyalty, 87. Paneg. XI (3) 3, 6. Der allumfassende Einfluß Maximians ergibt sich aus der Hercules-Passage: die Taten des Hercules erstreckten sich auf alle Bereiche der menschlichen Welt (also unterschiedliche Weltregionen) ebenso wie das Totenreich und die göttliche Sphäre. Dabei wird Hercules nicht nur als Mann der Tat, sondern auch als Bringer und Garant des Friedens dargestellt; so sollte Maximian ebenfalls gesehen werden (vgl. Rees, Layers of Loyalty, 87). 99 Paneg. XI (3) 3, 6. 100 Nixon/Rodgers, Praise of Emperors, 85 Anm. 18. Nach dem Tod seines Vaters Carus und seines Bruders Numerian war Carinus 284 n.Chr. als einzig legitimer Augustus zurückgeblieben, als Diocletian vom Heer zum neuen Kaiser ausgerufen wurde (Kuhoff, Diokletian, 18f.). Nachdem Diocletian sich durchgesetzt hatte, wurde Carinus, der trotz eines Sieges über Diocletian 285 n.Chr ermordet wurde, in den Worten Kuhoffs von den antiken Autoren die Rolle des „Buhmanns“ zugewiesen (ebd., 23. 25).

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parentes dei vollbracht werden101. Was für Normalsterbliche kaum zu bewerkstelligen ist, vollbringen also die Dyarchen aufgrund ihrer besonderen Abstammung, wobei allerdings auch die Herkunft aus den Donauprovinzen ihren Teil dazu beigetragen hat, die göttlichen Anlagen Diocletians und Maximians zur Entfaltung zu bringen102. Der Panegyriker fährt fort, die Leistungen Maximians und Diocletians in den vergangenen Jahren zu rühmen, in deren Verlauf sie in allen Regionen des Imperiums tätig waren. Die Nennung der vielen Stationen, die Diocletian und Maximian dabei machten, ruft indirekt Hercules ins Gedächtnis, der bekanntermaßen bei der Bewältigung seiner Taten ebenfalls einen Großteil der bekannten Welt durchmessen hatte. Dazu tritt eine gewisse Rastlosigkeit, die sich ebenfalls mit dem Alkiden in Verbindung bringen läßt: quod quaecumque pulcherrima facitis continuo transitis et ad maiora properatis103. Hierin findet sich ein Echo der Jahre, die Hercules mit seinen kanonischen Taten wie auch den zahlreichen Parerga beschäftigt war, und während derer er kaum einmal zur Ruhe kam, sondern nach jeder vollbrachten Tat eine noch schwierigere und gefährlichere in Angriff nahm. In der Beschreibung des von Maximian durchreisten Gebietes kann der Festredner darüber hinaus passenderweise auf eine geographische Bezeichnung zurückgreifen, die Hercules in einem Abschnitt, in dem die Götter sonst nicht vorkommen, ins Gedächtnis ruft, indem er die summae arces Monoeci Herculis erwähnt, das heutige Monaco104. Es handelte sich dabei laut Mythos um eine Gründung des Hercules auf dessen Weg von Geryoneus nach Italien105. Durch die Wahl derselben Route durch die Seealpen wandelt Maximian also ganz direkt auf den Spuren des Hercules. Dieser Punkt wird in einem späteren Paragraph wiederaufgenommen, in dem die Alpenüberquerung im Winter, die die Kaiser unternahmen – wobei sie Hannibal übertrafen, der sein ganzes Heer dabei hatte, während die Dyarchen prope soli durch den Schnee zogen –, ebenfalls in die Nachfolge des Hercules gestellt wird, der mit den geraubten Rindern des Geryoneus über dieselben Pässe gezogen war106. Auch hier tritt Maximian nicht nur metaphorisch, sondern gewissermaßen direkt in die Fußstapfen seines göttlichen Erzeugers. Die nächste Erwähnung des Hercules impliziert eine Identität des Gottes und Maximians: non advena sed imperator Hercules adorari107. Der Einzug Maximians (und Diocletians) in Italien scheint die Menschen so geblendet zu haben, daß sie in dem Kaiser den ihm innewohnenden Gott sahen, und ihm dementsprechend huldigten108; Maximian ist hier also praesens deus. Die Gleichsetzung von Maximian und Hercules (sowie Diocletian und Jupiter) gipfelt in der direkten Anrede der Monarchen als sancte Iuppiter et Hercule

101 Paneg. XI (3) 3, 7–8. 102 Das Leben in den (nördlichen) Provinzen des Reiches (speziell Pannonien) bewirkte in den beiden Kaisern eine infatigabilis consuetudo laboris atque patientiae (Paneg. XI (3) 3, 9). Die Herkunft aus einer Grenzprovinz galt als besonders angemessen für einen Kaiser, der für seine militärischen Leistungen bekannt war und gerühmt wurde (vgl. Nixon/Rodgers, Praise of Emperors, 86 Anm. 23). 103 Paneg. XI (3) 4, 3. 104 Paneg. XI (3) 4, 2. 105 Vgl. Amm. 15, 10, 9; Verg. Aen. 6, 830. 106 Paneg. XI (3) 9, 4. 107 Paneg. XI (3) 10, 5. 108 Vgl. dazu Paneg. XI (3) 10, 5; 11, 1–3.

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bone109. Hier wurde also selbst die pro forma-Unterscheidung zwischen der Person des Kaisers und dem ihn erfüllenden göttlichen numen von Hercules beziehungsweise Jupiter aufgegeben110. Damit wird gleichzeitig die Einflußsphäre der Kaiser von der Welt der Menschen auf die Welt der Götter ausgedehnt, was den absoluten Machtanspruch der Dyarchen sowie ihre sakrale Legitimation zusätzlich unterstreicht111. Ausgehend von einem Vergilzitat112 entwickelt der Festredner das Bild von Jupiter als mit seinem Geist die ganze Welt durchdringend – numen tamen eius (i.e. Iovis) ac mentem toto infusam esse mundo113 –, was dann auf die Dyarchen ausgedehnt wird: ubicumque sitis, in unum licet palatium concesseritis, divinitatem vestram ubique versari, omnes terras omniaque maria plena esse vestri114. Während jedoch Vergil nur von Jupiter als die Welt erfüllend spricht, gesellt der Panegyriker ihm noch seinen Sohn Hercules hinzu, so daß die Anwesenheit Diocletians und Maximians als menschliche Inkarnationen der beiden Götter ebenfalls im gesamten Erdkreis wahrgenommen werden kann115 – ein Grund, weshalb niemand einen Aufstand wagte116. In Paneg. XI (3) findet sich wiederum die sakrale Legitimation der Dyarchie, die schon in Paneg. X (2) dargelegt worden war, indem explizit die Herkunft der kaiserlichen Macht von Jupiter und Hercules abgeleitet wird, wenn auch dieses Thema nicht in demselben Maße wie im Falle der früheren Rede im Mittelpunkt steht, sondern die Betonung besonders auf den Tugenden der Herrscher liegt. Signifikant ist die Rollenverteilung innerhalb des Kaiserkollegiums in Anlehnung an ihre göttlichen Vorväter: Diocletian ist der Lenker des Reiches, der über Recht und Ordnung wacht, während Maximian ruhelos wie Hercules umherzieht und auf die Einhaltung eben dieser Ordnung achtet. Diese Aufgabenteilung kann als Hinweis auf einen Rangunterschied der beiden Augusti gedeutet werden: dieser wird zwar nirgends ausgesprochen, ist aber implizit für die Zuhörer faßbar. II.1.2.3 Panegyricus VII (6) Bei dem dritten Panegyricus, in dem sich Verweise auf Hercules im Zusammenhang mit der Herrscherideologie finden, handelt es sich um eine Rede, die an Maximian und Konstantin gemeinsam gerichtet ist. Der Anlaß war die Hochzeit von Konstantin und Maximians Tochter Fausta sowie Konstantins Erhebung zum Augustus durch Maximian im Jahr 307 n.Chr117. Auch diese Rede scheint in Trier in Anwesenheit der Kaiser gehalten worden zu sein118. 109 Paneg. XI (3) 16, 2. Zu verschiedenen Stufen der Assoziierung eines Kaisers mit einem Gott vgl. Kolb, Praesens Deus, 29. 110 Die Identifikation der Herrscher mit ihren Schutzgöttern stellt einen neuen Schritt in der erhaltenen Panegyrik dar (Rees, Layers of Loyalty, 90). 111 Vgl. Rees, Layers of Loyalty, 88. 112 Itaque illud quod de vestro cecinit poeta Romanus Iove, Iovis omnia esse plena (Paneg. XI (3) 14, 2; vgl. Verg. ecl. 3, 60). 113 Paneg. XI (3) 14, 2. 114 Paneg. XI (3) 14, 3. 115 Quid enim mirum si, cum possit hic mundus Iovis esse plenus, possit et Herculis? (Paneg. XI (3) 14, 4). Vgl. Rees, Layers of Loyalty, 88f. 116 Paneg. XI (3) 14, 1. Die erfolgreiche Usurpation des Carausius wird an dieser Stelle wohlweislich verschwiegen. 117 Nixon/Rodgers, Praise of Emperors, 179f. Entgegen der Sitte des epithalamiums wird die Hochzeit

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Im Unterschied zu den vorangegangenen Panegyrici ist der Zweck der vorliegenden Rede jedoch nicht die sakrale Legitimation des dyarchischen, später tetrarchischen Systems; die Tetrarchie, wie sie Diocletian aufgebaut hatte, war zum Zeitpunkt der Rede faktisch bereits zusammengebrochen, so daß man viel eher davon sprechen kann, daß hier „the collapse of the Tetrarchy“ gepriesen wurde119. Dementsprechend sind die Hinweise auf die für die Tetrarchie so wichtige Iovius-Herculius-Ideologie rar. Die neuen Familienbande zwischen Maximian und Konstantin werden im zweiten Paragraphen der Rede deutlich, der die Institution der Familie preist; der Redner greift hier auf das signum zurück und spricht die beiden Kaiser als imperatores semper Herculii an120. Der ins Amt zurückgekehrte Maximian hat also sichtlich seine Designation aus der Zeit der Samtherrschaft mit Diocletian beibehalten, während Konstantin auf zweierlei Art die Aufnahme in die Dynastie der Herculier erlangt hat: als Schwiegersohn Maximians wie als leiblicher Sohn des Constantius, der als Caesar unter Maximian ebenfalls zur gens Herculia gehört hatte. Die Jovier hingegen spielen hier keine Rolle mehr, in der gesamten Rede fehlt jeder Hinweis auf sie121. Die Verwandtschaft Maximians mit Hercules wird noch einmal beschworen, indem der alte Kaiser als progenies Herculis bezeichnet wird, als der er selbst wiederum den Namen eines Herculiers an Konstantin weitergab122. Maximian tritt hier ein letztes Mal als ebenbürtiger Sohn des Alkiden in Erscheinung. Die besonderen Leistungen, die ihn in dieser Rolle bestätigten, werden im folgenden Abschnitt aufgezählt, ohne jedoch, wie im Fall des früheren Panegyricus X (2), ins Detail zu gehen123. Im Text folgt nun eine lange Rechtfertigung der Tatsache, daß Maximian entgegen der tetrarchischen Herrschaftsauffassung an die Macht zurückgekehrt ist, in deren Rahmen Roma selbst zu Wort kommt und zu Maximian spricht. Hier kommt in Form einer rhetorischen Frage die Sprache ein weiteres Mal auf Hercules, als Roma nach der Berechtigung fragt, mit der sich Maximian ins Privatleben zurückgezogen hatte: ideone te mihi ille, cuius tot aras tot templa tot nomina colo, Hercules dedit, ut tu in suburbano otiis cedens usum dicatae mihi virtutis amitteres?124. Neben der verwandtschaftlichen Beziehung Maximians zu seinem Schutzgott tritt Hercules hier im übrigen auch als eine in Rom nach wie vor bedeutende Gottheit auf, wie die Aufzählung der Altäre und Tempel sowie der zahlreichen Inkarnationen, in denen der Gott verehrt wurde, zeigt.

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als Anlaß jedoch marginalisiert, Fausta wird nur am Rande erwähnt, während der Schwerpunkt der Rede auf den politischen Implikationen der Eheschließung sowie den Entwicklungen der vorangegangenen Jahre liegt (vgl. MacCormack, Panegyrics, 164). Nixon/Rodgers, Praise of Emperors, 184. MacCormack, Panegyrics, 164. Daß jedoch tetrarchische Strategien der Legitimation noch immer gültig waren, sieht man an den Münzen aus dieser Epoche, die für Maxentius und auch Konstantin nach wie vor die Herculier-Ideologie transportierten (s. Kap. B II.1.7). Paneg. VII (6) 2, 5. Damit wird auch Galerius ignoriert, der zur Zeit der Rede der rangälteste Augustus war, und als Diocletians Caesar zur Familie der Jovier zählte (vgl. Nixon/Rodgers, Praise of Emperors, 186). Von der in den früheren tetrarchischen Panegyrici stets beschworenen concordia der Herrscher und damit auch der Reichsteile ist nichts mehr zu spüren. Paneg. VII (6) 8, 2. Paneg. VII (6) 8, 3–5. Paneg. VII (6) 11, 2.

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Der Rückbezug auf Hercules dient wiederum dazu, die Herrschaft Maximians zu legitimieren, mit dem entscheidenden Unterschied zu den früheren Panegyrici, daß im vorliegenden Fall diese Herrschaft nicht rechtmäßig zu Stande gekommen war, sondern durch die Rückkehr in eine Machtstellung, die zuvor aufgegeben worden war. Hercules mag daher dem Festredner als Garant dafür gedient haben, daß der göttliche Plan für Maximian ebendies vorsah, sein Rückzug ins Privatleben folglich entgegen dem Wunsch der Götter stattgefunden hatte. Wenn Hercules den Römern Maximian gegeben hat (dedit), so könnte diese Formulierung also dazu gedient haben zu beweisen, daß der Wiedereintritt in das Kaiserkollegium zu Hercules’ Planung für seinen irdischen Sohn gehörte. Darüber hinaus tritt Roma in dieser Rede sehr fordernd gegenüber Maximian auf, so daß ihre Nennung des Hercules die Form eines verhüllten Befehls annimmt: so wie Hercules Maximian zum Kaiser gemacht hatte, bestimmt er ihn nun dazu, dieses Amt ein weiteres Mal anzutreten, ohne Rücksicht auf den Schaden, den er dadurch der tetrarchischen Ordnung Diocletians zufügte. An dieser Stelle dient der Panegyricus als Rechtfertigung für die Rückkehr an die Macht, wie Maximian selbst sie gesehen haben könnte. Im weiteren Verlauf des Panegyricus tritt Hercules nicht mehr in Erscheinung, wie es sich hier überhaupt um seinen vorletzten Auftritt in einem Panegyricus tetrarchischer und konstantinischer Zeit handelt. II.1.3 Exkurs: Hercules und die konstantinische Dynastie in den Panegyrici Latini II.1.3.1 Constantius I. Entsprechend seiner Rolle als untergeordneter Caesar Maximians und der sich daraus ergebenden Zugehörigkeit zur Familie der Herculier wird auch Constantius I. in den Panegyrici mit dem göttlichen Begründer seiner Dynastie in Verbindung gebracht. Ein besonders interessanter Aspekt wird dabei in Paneg. IX (4)125 angesprochen, einer als Panegyricus formulierten Bitte des Rhetors und Rhetorikprofessors Eumenius an den Statthalter der Lugdunensis aus dem Jahr 297/98 n.Chr., in welcher er um die Wiedererrichtung der Schule von Augustodunum (Autun) bittet126. Eumenius betont in dieser Rede das Interesse des Caesars Constantius für die literarisch-rhetorisch Bildung (studium litterarum) und führt dies zurück auf die Abstammung des Kaisers von Hercules und Maximian127. Der Redner sieht dabei einen klaren Zusammenhang zwischen der Bildung und Hercules, den er anhand eines Beispiels aus der römischen Republik erläutert. Demnach hätten „große Menschen“ (magnis hominibus) das Bedürfnis, Monumente für Künste oder Neigungen, denen sie sich in besonderem Maß verbunden fühlten, zu errichten128. So habe der Feldherr M. Fulvius Nobilior einen Tempel für Hercules Musarum beim Circus Flaminius errichtet, wozu er durch seine Begeisterung für die Literatur, seine Freundschaft zu dem Dichter 125 An dieser Stelle wird die Benennung der Edition von R.A.B. Mynors übernommen, während R. Rees und andere die Rede als IX (5) führen (Rees, Layers of Loyalty, 20 Anm. 79). 126 Paneg. IX (4) ist die einzige Rede in der Sammlung der Panegyrici Latini, die nicht an einen Kaiser gerichtet war und auch nicht explizit zu seinen Ehren gehalten wurde (Nixon/Rodgers, Praise of Emperors, 146). Zur Frage des Adressaten s. ebd., 147f.; Rees, Layers of Loyalty, 135. Zu der Rede allgemein vgl. La Bua, Patronage, passim. 127 Paneg. IX (4) 8, 1: credi igitur, tali Caesar Herculius et avi Herculis et Herculii patris instinctu tanto studium litterarum favore prosequitur. Vgl. dazu La Bua, Patronage, 310. 128 Paneg. IX (4) 7, 2.

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Ennius und seine Begegnung mit dem Hercules Musagetes während seines Griechenlandfeldzuges veranlaßt worden sei129. In diesem Kontext verbindet Hercules und die Musen eine symbiotische Beziehung: (…) Musarum quies defensione Herculis et virtus Herculis voce Musarum130. Durch diese ungewohnte Verknüpfung von Hercules und Bildung erklärt sich dann die Begeisterung des Constantius für die Bildung – bene dicendi quam recte faciendi disciplinae131 –, in die Eumenius bei seiner Kampagne für die Wiedereröffnung der Schule seine Hoffnung setzt. Hier wird wiederum die dynastische Verbindung zwischen den Herculii und ihrem Stammvater betont, und darüber hinaus die Übernahme bestimmter Eigenschaften von dem Gott thematisiert. Anders als in den bisherigen Fällen handelt es sich dabei jedoch nicht um die charakteristische, vor allem kriegerische virtus des Hercules, sondern um dessen besondere Beziehung zu den Musen, also im übertragenen Sinne zur Bildung, die der Redner als fundamenta omnium virtutum bezeichnet132. In gewisser Weise instrumentalisiert Eumenius hier die tetrarchische Ideologie der sakralen Legitimation, um die Erfüllung seines Wunsches, die Restaurierung der Schule von Autun, von dem kaiserlichen Statthalter zu erreichen. Er tat dies vielleicht in der Annahme, daß dieser gegen ein solches Argument nichts würde einwenden können, zumal der Redner ergänzt, daß der Wiederaufbau ganz sicher dem Willen des Caesar Herculius entsprechen würde133. Der zweite Kontext, in dem Hercules in Paneg. IX (4) erwähnt wird, ist der Lobpreis der tetrarchischen Epoche als neues Goldenes Zeitalter, das unter den Auspizien von Jupiter und Hercules, und damit im übertragenen Sinne unter Diocletian und seinen Kollegen heraufgezogen ist134. II.1.3.2 Konstantin I. Ebenso wie sein Vater wurde auch Konstantin in panegyrischer Weise mit Hercules verglichen. In der im Jahr 321 n.Chr. gehaltenen Lobrede auf den Kaiser135 stellt der Redner Nazarius den Sieg des noch jungen Konstantin über saevissimi reges (gemeint sind die Frankenkönige Ascarius und Merogaisus136) der Tötung der Schlangen durch den Säugling Hercules gegenüber137. Bereits als kleines Kind deutete sich bei Hercules seine spätere Kraft an, ebenso wie die Ereignisse in der Anfangszeit der konstantinischen Herrschaft einen Vorgeschmack auf künftige Heldentaten des Kaisers darstellten.

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Paneg. IX (4) 7, 3. Paneg. IX (4) 7, 3. Paneg. IX (4) 8, 1. Paneg. IX (4) 8, 2. Paneg. IX (4) 8, 3. Der Redner greift bei der Nennung der Kaiser noch weitere Male auf die signa zurück (Paneg. IX (4) 8, 1; 10, 2; 16, 2; 21, 2). Paneg. IX (4) 18, 5. S. dazu Nixon/Rodgers, Praise of Emperors, 170 Anm. 74. Nixon/Rodgers, Praise of Emperors, 338. Der Anlaß der in Rom vorgetragenen Rede waren die Quinquennalia der Konstantinsöhne Crispus und Constantius (II.); der Kaiser selbst war vermutlich nicht anwesend. Nixon/Rodgers, Praise of Emperors, 361 Anm. 73; vgl. auch Paneg. VI (7) 10, 2; 11, 5. Paneg. IV (10) 16, 6. Obwohl Konstantin bereits über 30 Jahre alt war, als er an die Macht kam, befand er sich doch während der hier angedeuteten Ereignisse noch in ipsis imperii (…) cunabulis; Hercules stand also am Anfang seines Lebens, Konstantin am Anfang seiner Herrschaft, als die jeweiligen Gegner besiegt wurden.

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Ansonsten existieren jedoch in den ausschließlich an Konstantin gerichteten Panegyrici keine weiteren Vergleiche mit Hercules. Der Panegyricus des Jahres 310 n.Chr. enthält zwar einen Lobpreis seines Vaters Constantius, doch wird dabei keinerlei Bezug zur Ideologie der Herculier hergestellt. Vielmehr wird jede Erwähnung des Hercules vermieden, was wohl darauf zurückzuführen ist, daß zu den in der Rede gepriesenen Taten des Kaisers auch der Sieg über Maximian, der wiederholt entgegen den tetrarchischen Prinzipien den Kaiserthron bestiegen hatte, zählt138. In diesem Zusammenhang wäre es höchst unpassend gewesen, Hercules, den besonderen Beschützer Maximians, mit Konstantin in Verbindung zu bringen139. Die Rede, die die berühmte Vision des Kaisers im Apollo Grannus-Heiligtum bei Grand in den Vogesen überliefert, präsentiert statt dessen Apollo als Schutzgott Konstantins140. Die Panegyrici der Jahre 311/12 und 313 n.Chr. kommen ebenfalls gänzlich ohne Bezüge auf Hercules aus, was jedoch gerade bei der Rede des Jahres 313 n.Chr. nicht überrascht, ist sie doch in erster Linie dem Sieg des Konstantin über Maxentius 312 n.Chr. gewidmet141, der sich auf seinen Münzen auf Hercules als comes und conservator berufen hatte (s.u.). II.1.4 Fazit: Hercules in den tetrarchischen Panegyrici Die Untersuchung der dyarchischen und tetrarchischen Panegyrici hat die herausragende Rolle, die Jupiter und Hercules im Herrschaftsverständnis dieser Epoche spielten, bestätigt und aufgezeigt, wie die Beziehung zu diesen Gottheiten in Form einer eindeutigen Herrscherideologie ausformuliert wurde. Diocletian und Maximian sowie später ihre Caesares sind die Söhne beziehungsweise Enkel der beiden Götter und nehmen als solche eine den himmlischen Verhältnissen analoge Stellung auf Erden ein. Die Abstammung von Jupiter und Hercules hat darüber hinaus die Herrscher mit deren Tugenden und Eigenschaften ausgestattet, so daß es ihnen möglich ist, das Imperium Romanum auf bestmögliche Weise zu regieren und auf die unterschiedlichen äußeren und inneren Bedrohungen angemessen zu reagieren, was zur Unterwerfung fremder Völker und zur Befriedung aufständischer Gebiete des Reiches führte. Wiederholt werden die kriegerischen Leistungen Maximians mit den Taten seines mythischen Ahnherrn verglichen, wobei diejenigen des Kaisers als mindestens ebenbürtig angesehen werden, wenn nicht gar als denen des Hercules überlegen. Darüber hinaus wird immer wieder die concordia betont, die zwischen den Angehörigen des Kaiserkollegiums herrschte, und die ebenfalls auf die himmlischen Verhältnisse zurückzuführen war; diese war umso wichtiger, als die Kaiser 138 Paneg. VI (7) 15, 1–16, 2. 139 Anders verhält es sich im Fall des Panegyricus von 321 n.Chr., da Konstantin im Jahr 318 n.Chr. seinen verstorbenen Schwiegervater Maximian rehabilitiert und konsekriert hatte (Barnes, Constantine, 4; vgl. beispielsweise RIC VII p. 180 n. 200–207; p. 252 n. 174. 177; p. 311 n. 107. 110), was damit auch einen Rückbezug auf dessen Schutzgottheit wieder unproblematisch machte. 140 Paneg. VI (7) 31, 3–7. Möglicherweise sollte hier Bezug genommen werden auf eine bewußte Bemühung Konstantins, den tetrarchischen Hercules durch Apollo beziehungsweise Sol zu ersetzen (Nixon/Rodgers, Praise of Emperors, 248–250 mit Anm. 92). 141 Paneg. XII (9) 3, 4–4, 4; 14, 2–18, 3. Allein dem Ausruf mehercule des Redners in Bezug auf Maxentius’ Aufstellung seiner Soldaten für die Schlacht an der Milvischen Brücke mag man im nachhinein eine gewisse Ironie entnehmen (Paneg. XII (9) 16, 4).

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sich tatsächlich nur selten persönlich trafen, aber dennoch das Bild eines geschlossenen und geeinten Kollgiums präsentieren wollten142. Gelegentlich werden die Kaiser auch selbst als quasi-göttliche Wesen dargestellt, so daß die Grenzen zwischen ihrer menschlichen Natur und dem ihnen jeweils innewohnenden numen, das Jupiter oder Hercules ihnen bereits bei ihrer Geburt verliehen hatten, verschwimmen, und die Herrscher selbst zu praesentes dei werden können. II.1.5 Maximian und Hercules in der Münzprägung Mit dem Amtsantritt Maximians als Caesar im Jahr 285 n.Chr. tauchen die ersten Münzprägungen mit Herculesmotiven auf143. Innerhalb der folgenden zwei Jahre entwickelten sich Prägungen mit den entsprechenden Motiven zu den häufigsten aller Münztypen Maximians, obwohl er auch Jupiter und andere Gottheiten in seinen Emissionen berücksichtigte144. Herculesmotive treten sowohl auf den Vorder- als auch den Rückseiten der Münzen auf. In vielen Fällen beschränkt sich die Verbindung zu Hercules auf seine Attribute, die dem Kaiser beigegeben sind, während auf dem Revers andere Gottheiten abgebildet sind. Münzen mit Darstellungen des Hercules wurden während der gesamten Herrschaftszeit der ersten Tetrarchie geprägt, und treten auch noch in späteren Prägungen der Nachfolger bis hin zu Konstantin in Erscheinung. Die meisten dieser Münztypen sind auf die Dynastie der Herculier zurückzuführen, es sind allerdings auch zahlreiche Münzen der Jovier Diocletian, Galerius und Maximinus Daia sowie von Maxentius und Severus mit Motiven des 142 Vgl. Rees, Images, 182. 143 Rees, Diocletian, 54. Bereits bei den unmittelbaren Vorgängern der Tetrarchen läßt sich ein Anstieg der Anzahl von Herculesprägungen feststellen (Manders, Images of Power, 109 Abb. 20; vgl. ebd., 317); dies könnte einen Einfluß auf zumindest einzelne tetrarchische Prägungen gehabt haben, zumal viele der entsprechenden Rückseitenstempel bei Maximians Amtsantritt sicherlich in den Münzprägestätten noch vorhanden waren. Insofern kam der Auftritt des Hercules auf dyarchischen und tetrarchischen Münzen tatsächlich nicht „out of the blue“ (ebd., 110); allerdings ist aufgrund der überragenden und nie zuvor dagewesenen Bedeutung der Iovius-Herculius-Ideologie nicht davon auszugehen, daß die Tatsache, daß andere Kaiser des späteren 3. Jhs.n.Chr. den Alkiden verhältnismäßig stark in ihre Münzprägung eingebaut hatten, einen sonderlich großen Einfluß auf Diocletians und Maximians Umgang mit diesem hatte, sieht man einmal davon ab, daß Darstellungsschemata und ikonographische Details von älteren Prägungen übernommen und meist nur leicht abgewandelt wurden. Die Rolle des Hercules wurde durch Diocletian und seine Mitkaiser auf eine ganz neue Ebene gehoben, so daß die Verbindungen zu den Herculesprägungen der Vorgänger vermutlich weniger ideologischer als ikonographischer und praktischer (Wiederverwendung bereits vorhandener Stempel) Natur waren. Dies schließt nicht aus, daß Betrachter dennoch eine Kontinuität in der Münzprägung der Tetrarchen und ihrer Vorgänger feststellten, aber ein Versuch der Legitimation auf diese Weise kann nicht angenommen werden, zumal Diocletian und Maximian als direkte Vertreter von Jupiter und Hercules auf Erden sich nicht durch einen Rückbezug auf frühere Herrscher legitimieren mußten. Dies könnte höchstens in Gallien der Fall gewesen sein, wo man, bedroht durch die Bagaudae und das britannische Sonderreich, möglicherweise eine Erinnerung an den dort populären Postumus, der sein Gallisches Reich lange erfolgreich gegen verschiedene Gegner verteidigt hatte, und die Herculesideologie zu schätzen wußte. Tatsächlich ergibt eine Analyse der Prägestätten der Herculesmünzen von Diocletian und Maximian, daß die Münzstätte von Lyon die weitaus größte Zahl von Herculestypen hergestellt hat, gefolgt von Rom und Trier. Dementsprechend dürften solche Münzen im gallischen Raum besonders weit verbreitet gewesen sein. 144 Rees, Layers of Loyalty, 32.

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Herculesmythos erhalten. Hergestellt wurden die Münzen überwiegend in Prägestätten in den westlichen Provinzen des Reiches, wie Lyon, Trier, Rom und Ticinum (Pavia), die im Herrschaftsgebiet der Herculier lagen; auch im Osten, unter anderem in Antiochia, Nicomedia, Alexandria und Cyzicus, wurden jedoch, wenn auch in geringerem Umfang, Herculesmünzen der Tetrarchen geprägt. Herculesmotive treten in allen Münzmetallen auf, allerdings überwiegen die Antoninianprägungen bei weitem, gefolgt von Aurei und Folles. Daneben findet sich Hercules in selteneren Fällen auch auf Denarii und Quinarii, Asses und Semisses. Diese Verteilung stellte sicher, daß die dyarchische beziehungsweise tetrarchische Jupiter-Hercules-Ideologie alle Schichten gleichermaßen erreichte145. II.1.5.1 Motive Die Münztypen des Maximian umfassen die gängigen Motive des Herculesmythos, die bereits in früheren Epochen auf den Münzen römischer Kaiser abgebildet wurden. Dazu gehören verschiedene Taten aus dem kanonischen Dodekathlos – die jedoch im Falle Maximians und seiner Kollegen deutlich in der Unterzahl sind –, ebenso wie der weitaus häufiger auftretende, aufrecht stehende, mit seinen Attributen Keule und Fell ausgestattete Heros/Gott, der in den meisten Fällen ohne einen erkennbaren narrativen Kontext dargestellt ist146. In dieser Hinsicht ähneln die Hercules-Prägungen der Tetrarchen denen des Postumus; allerdings liegt keine Emission vor, die den kompletten Dodekathlos vereint und somit derjenigen des Postumus vergleichbar wäre. Ebenso sind nicht alle Taten des kanonischen Zyklus auf den Münzen vertreten. Aus dem Kreis des Dodekathlos treten auf den Prägungen Maximians die folgenden Taten auf: die Tötung des nemeischen Löwen als die bei weitem häufigste der kanonischen Taten147, die Tötung der Hydra148, das Niederringen der Hirschkuh149, das Einfangen des erymanthischen Ebers150, der Diebstahl der Hesperidenäpfel151 und die Zähmung des Cerberus152. Als einzige Taten aus der Reihe der Parerga sind der Ringkampf mit Antaios153 sowie der Kampf gegen einen Kentauren belegt154. Zusätzlich tritt Hercules gemeinsam mit seinem Vater Jupiter auf155, sowie den Bogen spannend und auf ein unsichtbares Ziel (die

145 Vgl. Smith, Coinage, 476. 146 Gelegentlich liegt ein Verweis auf eine spezifische Tat vor, wenn der Held zusätzlich zu seinen üblichen Attributen einen oder mehrere Äpfel in den Händen hält (vgl. z.B. RIC VI p. 167 n. 28–30). Das Löwenfell wird bei dieser Überlegung nicht bewertet, da es ein festes Attribut ist, das nicht unbedingt auf die Tötung des nemeischen Löwen hinweist. 147 Z.B. RIC V, 2 p. 271 n. 444–445; p. 272 n. 454–459. 148 Z.B. RIC VI p. 164 n. 9–10. 149 Z.B. RIC V, 2 p. 280 n. 530. 150 Z.B. RIC VI p. 165 n. 24–26. 151 Z.B. RIC V, 2 p. 285 n. 568–569. 152 RIC VI p. 169 n. 48. 153 Bastien, Lyon, p. 124 n. 47. Auf einem in Meaux gefundenen Aureus ist diese Tat des Hercules auch als Rückseitenmotiv für Diocletian belegt (Depeyrot, Monnaies, p. 41 n. 1A/1). Die anderen Mitglieder der Tetrarchie banden dieses Abenteuer des Alkiden nicht in ihre Münzprägung ein. 154 Calicó, Aureos, n. 4739–4741; Depeyrot, Monnaies, p. 82 n. 5B/8. 155 Z.B. RIC V, 2 p. 270 n. 432–436.

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stymphalischen Vögel?) schießend156. Außerhalb des mythischen Herculeszyklus ist ein Motiv einzuordnen, das Maximian und Hercules beim gemeinsamen Opfer an einem Altar zeigt157. Während Postumus durch sein Opfer an Hercules seine pietas propagiert hatte158, erscheinen Maximian und Hercules gleichrangig; hier kann man spekulieren, daß der Empfänger des Opfers der gemeinsame Ahnherr Jupiter ist. Die pietas wäre demnach nicht nur auf den Gott Jupiter, sondern, entsprechend dem Inhalt dieser zentralen Tugend, auch auf den Vater Jupiter ausgerichtet; der Sohn Hercules und dessen menschlicher Sohn Maximian sind dem obersten Gott untergeordnet – und damit vielleicht implizit dessen anderem Sohn Diocletian. Die Suche nach Vorbildern beziehungsweise Parallelen zu den tetrarchischen Herculesmünzen in der Prägung früherer römischer Kaiser ergibt, daß für alle bei Maximian belegten Herculesmotive Vorbilder in der kaiserzeitlichen Münzprägung vorliegen, die teilweise sogar noch bis in die Republik zurückverfolgt werden können (s. Anhang). Besonders eng ist die Anlehnung an die Münzprägung des Postumus. Selbst wenn ein Motiv in der Prägung anderer Kaiser nicht in derselben Form wie in der Tetrarchie nachgewiesen werden kann, so handelt es sich doch bei der Umsetzung bestimmter Szenen (wie beispielsweise Opferszenen oder die gemeinsame Darstellung der Kaiser und Götter) um Ergänzungen oder Umdeutungen bereits vorhandener ikonographischer Typen und Schemata, nicht um Neufindungen. Es läßt sich folglich feststellen, daß es unter den Dyarchen und Tetrarchen nicht zu Neuschöpfungen der Herculesikonographie in der Münzprägung kam, sondern daß seit langem vertraute Darstellungsweisen beziehungsweise Elemente derselben aufgenommen und teilweise in Details verändert wurden, was vermutlich auch auf den praktischen Aspekt der Wiederverwendung bereits vorhandener älterer Stempel in den Münzprägestätten zurückzuführen ist159. Neu sind demnach nicht die Motive, sondern lediglich ihre Anzahl und Vielfalt sowie die umfangreiche Weise ihrer Einbindung in die offizielle kaiserliche Ideologie der Jovier und Herculier. II.1.5.2 Legenden Die Legenden der Dodekathlos-Prägungen weisen einen mehr oder weniger engen Bezug zu den Motiven auf. Für alle diese Münztypen mit Ausnahme des Cerberus-Motivs ist die Legende VIRTVS AVGG beziehungsweise VIRTVTI AVGG belegt. Der Löwenkampf, das Einfangen des Ebers und der Hirschkuh sowie der Kampf gegen Antaios weisen allein diese Legenden auf, während im Fall der übrigen auf den Münzen überlieferten Taten gelegentlich auch andere Umschriften vorkommen. So ist der Kampf des Hercules gegen die Hydra neben dem Verweis auf die virtus160 auch kombiniert mit den Legenden HERCVLI DEBELLATORI und HERCVLI VICTORI161, die sich beide auf die Funktion des Hercules 156 157 158 159

RIC V, 2 p. 271 n. 450. RIC V, 2 p. 287 n. 577–580; p. 288 n. 581–582. Vgl. Elmer, Münzprägung, n. 424; Gnecchi, Medaglioni II, p. 112 n. 2. Zur Wiederverwendung und zur gemeinsamen Verwendung von Prägestempeln durch verschiedene Münzstätten vgl. allgemein Howgego, History from Coins, 28–31. 160 RIC VI p. 174 n. 91. 161 Z.B. RIC VI p. 164 n. 9–10; p. 456 n. 14. Die DEBELLATOR-Legende tritt nur in Verbindung mit der Hydra auf, während victor als Epitheton für Hercules auch auf zahlreichen anderen Prägungen

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als Sieger über gefährliche Monster beziehen und somit eine inhaltlich sinnvolle Ergänzung zu dem Motiv darstellen. Der Diebstahl der Hesperidenäpfel ist neben der vielseitig verwendbaren Legende VIRTVS AVGG162 auch mit der Umschrift HERCVLI AVGG163 ausgestattet, die keinen inhaltlichen Zusammenhang mit der dargestellten Tat des Hercules aufweist, sondern sich auf die besonders enge Beziehung zwischen Hercules und den beiden Augusti bezieht. Ein unmittelbarer Verweis auf die entsprechende Tat des Hercules ist die Legende der Cerberus-Prägung, HERCVLI INMORTALI164, welche den Jupitersohn als Überwinder des Todes darstellt, der den Höllenhund bezwungen hatte und aus dem Hades zurückgekehrt war. Es mag hier auch ein versteckter Hinweis enthalten sein, daß man dem Kaiser beziehungsweise seiner Herrschaft dieselbe immortalitas wünschte oder zuschrieb wie seinem göttlichen Ahnherrn, die seine unbegrenzte Herrschaft über das Imperium Romanum ermöglichen würde165. Alternativ könnte die zu erwartende Divinisierung des Kaisers nach seinem Tod vorweggenommen sein. Sowohl die Dodekathlos-Motive als auch die Legenden lassen sich ohne Schwierigkeiten auf Maximian übertragen, wenn man sie als bildliche Umsetzung seiner tatsächlichen Leistungen in den Konflikten der Tetrarchenzeit betrachtet. Die diversen Monster stehen demnach für die innen- und außenpolitischen Gegner, denen sich die Kaiser stellen mußten, und die sie – zumindest theoretisch – mit ähnlicher Leichtigkeit wie Hercules bezwangen. Die Legenden weisen dabei entweder direkt auf die kriegerische Rolle des Hercules und damit Maximians hin (victor, debellator) oder enthalten den indirekteren Hinweis auf die virtus der Kaiser, die von Hercules ausgeht. Die mit weitem Abstand häufigste Legende auf den Hercules-Münzen Maximians bezieht sich auf eben diese für alle römischen Kaiser so wichtige Eigenschaft und umfaßt immer beide Augusti in der Form VIRTVS AVGG/VIRTVTI AVGG166. Neben den bereits erwähnten Motiven aus dem Dodekathlos ist diese Umschrift meist kombiniert mit dem aus dem narrativen Kontext herausgelösten Heros, der stehend, mit Variationen in Körperhaltung – z.B. in die Hüfte gestützte Hand – und Attributen wiedergegeben ist. Gelegentlich kann eine weitere Figur hinzutreten, wie

vorkommt. RIC V, 2 p. 285 n. 568–569. Bastien, Lyon, p. 124 n. 48. RIC VI p. 169 n. 48. Die Vorstellung einer unbegrenzten Herrschaft stünde im Gegensatz zur offiziellen tetrarchischen Ideologie, die die Abdankung nach 20 Jahren vorsah. Es ist allerdings nicht auszuschließen, daß der Hoffnung auf eine unbegrenzte Herrschaft dennoch Ausdruck verliehen wurde, zumal der Gedanke einer freiwilligen Aufgabe der Regierungsgewalt nach einem festgelegten Zeitraum den Römern fremd war (zur in der römischen Geschichte einzigartigen und letztendlich gescheiterten Nachfolgeregelung Diocletians vgl. Kolb, Gestalt des Kaisertums, 37f.). Darüber hinaus ist in diesem Zusammenhang zu beachten, daß Diocletian und Maximian bei ihrem Rücktritt nicht etwa auf ihren Rang als Augusti verzichteten, sondern nur auf die Ausübung der damit verbundenen politischen Macht (Kolb, Diocletian, 151f.). Insofern kann sich ein auf Münzen ausgedrückter Ewigkeitsanspruch auf den Aspekt der Augustus-Würde und die auctoritas, nicht jedoch die tatsächliche Machtausübung als Herrscher beziehen. 166 Der direkte Bezug zwischen der kaiserlichen virtus und derjenigen des Hercules geht auf Gordian III. zurück (Manders, Images of Power, 111f.); generell spielte die virtus in der kaiserlichen Selbstdarstellung im 3. Jh.n.Chr. eine besonders hervorgehobene Rolle (ebd.). 162 163 164 165

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eine ihn bekrönende Victoria167, oder der ihm gegenüberstehende, ihm in manchen Fällen die Hand reichende Jupiter168. In nahezu allen Fällen169 ist Hercules das Löwenfell, das meist über einen Arm drapiert ist, beigegeben, sowie fast immer die Keule (alternativ hält oder spannt er einen Bogen170), die oft auf einem Felsen aufgesetzt ist und dem Alkiden als Stütze dient171. Die VIRTVS-AVGG-Prägungen Maximians mit Herculesmotiven sind erstmals sicher für das Jahr 286 n.Chr. nachgewiesen und ziehen sich vermutlich durch seine gesamte Regierungszeit172. Sie sind demnach nicht an bestimmte politische Entwicklungen gebunden und lassen auch keine Verweise auf spezifische Ereignisse erkennen173, sondern bezeichnen eine konstant vorhandene Eigenschaft der beiden Augusti, die von Hercules ausgeht und mit dessen eigener virtus vergleichbar ist174. Das Motiv des aufrecht stehenden, Waffen und Fell sowie gelegentlich zusätzliche Objekte haltenden Hercules, das bereits ab dem Jahr 285 n.Chr. in der Prägung Maximians in Erscheinung tritt, kann auch mit anderen Legenden verbunden werden, wie HERCVLI INVICTO AVGG175, HERCVLI VICTORI176 und HERCVLI PACIFERO177. Es handelt 167 RIC V, 2 p. 285 n. 565–567. 168 Z.B. Bastien, Lyon, p. 121 n. 34. Die Hände reichen sich die beiden Götter beispielsweise auf der Münze RIC V, 2 p. 270 n. 432. F. Kolb deutet diese Szene so, daß Jupiter hier sein Blitzbündel an Hercules weitergibt, damit dieser es als Waffe im Kampf gegen die Feinde des Reiches einsetzen kann (Kolb, Herrscherideologie, 146). 169 Ausnahmen bilden beispielsweise RIC V, 2 p. 281 n. 536; p. 289 n. 590. 170 Z.B. RIC V, 2 p. 271 n. 450. 171 In seltenen Fällen hält Hercules zusätzlich noch einen Zweig in der Hand (Bastien, Lyon, p. 210 n. 521). 172 Für RIC V, 2 p. 270 n. 432 wird das Jahr 285 n.Chr. angegeben; allerdings nahm Maximian den Augustus-Titel vermutlich erst 286 n.Chr an (vgl. Kienast, Kaisertabelle, 272). Die späteren VIRTVSMünzen können nicht immer auf ein genaues Jahr datiert werden, sondern nur in den Rahmen eines Jahrzehntes (vgl. z.B. RIC VI p. 173 n. 84a. 84b. 85, von den Herausgebern von RIC VI in die Zeit zwischen 295 und 305 n.Chr. eingeordnet), weshalb nicht festgestellt werden kann, ob die spätesten Münzen mit dieser Legende tatsächlich aus den letzten Regierungsjahren Maximians stammen. 173 Einen eindeutigen Bezug auf ein konkretes Ereignis bieten unter den Herculesmünzen nur zwei Antoninianprägungen aus Rom, die auf der Rückseite den stehenden bewaffneten Alkiden abbilden (RIC V, 2 p. 278 n. 511–512). Die Legende PRIMIS X MVLTIS XX bezieht sich auf die Decennalien der Dyarchen im Jahr 293 n.Chr. und vermittelt den Stadtrömern ein Ereignis, das weit entfernt stattgefunden hatte, da die Feierlichkeiten nicht in Rom abgehalten wurden (vgl. Bauer, Stadt ohne Kaiser, 5f.). 174 Eine einzelne Aureus-Prägung aus Cyzicus weist auf dem Revers die Legende VIRTVTI HERCVLIS auf, in Kombination mit dem Motiv des stehenden, Keule und Löwenfell haltenden Hercules (RIC V, 2 p. 291 n. 605). Hier ist demnach nicht Bezug genommen auf die durch Hercules an die Kaiser verliehene virtus, sondern auf die virtus des Alkiden selbst. 175 Z.B. RIC V, 2 p. 263 n. 364–370: Hercules hält neben Keule und Fell eine auf einem Globus stehende Victoria in der Hand, die das Siegesmotiv auch ohne Lesung der Legende verständlich macht. 176 RIC V, 2 p. 275 n. 489. Für die Hercules Victor-Legende ist auch das Motiv des sitzenden Alkiden belegt, der das Fell auf dem Schoß hält, während die Keule an seiner Seite lehnt (RIC VI p. 164 n. 13–14). 177 RIC V, 2 p. 264 n. 373–380. Hercules Pacifer hält in vielen Fällen einen Ölzweig in der Hand. Dieser Ölzweig mag wie die auf dem Globus stehende Victoria dazu gedient haben sicherzustellen, daß Menschen, die die Umschrift nicht lesen konnten, dennoch verstehen konnten, daß ein Bezug zu Frieden beziehungsweise Sieg hergestellt werden sollte. Das Porträt Maximians auf dem Avers ließ dann keinen Zweifel mehr, daß der Kaiser für diese Zustände verantwortlich war. In einem Fall wird der Ölzweig als Attribut eines Friedensbringers ergänzt durch eine nicht näher

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sich hierbei um Funktionen des Hercules, die bereits aus Emissionen früherer Kaiser bekannt sind. Hercules trat auch in der Münzprägung des Postumus als pacifer auf, ebenso wie als invictus. Beide Legenden sind für Maximian häufig belegt; HERCVLI PACIFERO ist die zweithäufigste Umschrift nach VIRTVS/VIRTVTI AVGG, den dritten Platz nimmt die conservator-Rolle, den vierten Platz unterschiedliche Varianten von HERCVLI INVICTO ein, während Hercules als victor an fünfter Stelle steht. Es ist also davon auszugehen, daß diese Funktionen des Alkiden in der Münzpropaganda Maximians die wichtigste Rolle spielten. Hercules tritt dabei als der unbesiegte Held des Mythos auf, dessen größte Taten auszugsweise auf einigen der VIRTVS AVGG Münzen dargestellt sind. Virtus und die Eigenschaft der Unbesiegbarkeit liegen eng beieinander178, die erstgenannte Tugend führt gewissermaßen zur zweiten, so daß man eine logische Verbindung zwischen diesen beiden Rückseitenlegenden erkennen kann. Nach dem Triumph des Sieges wiederum, der für einen invictus oder victor von vornherein nicht in Frage gestellt wird, muß dann die Ordnung im Reich wiederhergestellt werden, wofür Hercules in seiner Inkarnation des pacifer zuständig ist, wie er es schon während der Regierung des Postumus war. Hercules kann hier gedanklich durch den Namen Maximians ersetzt werden, dessen ererbte virtus ihn zum Sieger und gleichzeitig Bringer des Friedens in Nachfolge seines göttlichen Erzeugers machte179. An dritter Stelle in der Häufigkeit der Legenden steht Hercules als conservator der Augusti180. Diese Bezeichnung wurde mit unterschiedlichen Motiven kombiniert; neben dem bereits erwähnten stehenden, nur mit Attributen ausgestatteten Helden, tritt auch die Büste des Hercules als der „Retter“ oder „Beschützer“ des Kaisers auf181. Das Epitheton conservator ist hier wohl in einem allgemeinen Sinn zu verstehen, das auf die unterschiedlichsten Situationen angewendet werden konnte, zumal auch diese Legende während der gesamten Regierungszeit Maximians auf dessen Münzen nachweisbar ist182. Sowohl in

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bezeichnete Trophäe (Robertson, Roman Imperial Coins IV, p. 241 n. 17), die Hercules auch auf einigen victor-Prägungen in Händen hält (RIC V, 2 p. 277 n. 503). Hercules mit einer vergleichbaren Trophäe ist bereits in der Aureus-Prägung des Commodus belegt (RIC III p. 396 n. 254 b. d). Vgl. Hedlund, Coinage, 73. Maximian ließ auch Münzen prägen, auf deren Rückseiten die Göttin Pax abgebildet ist, die eine auf einem Globus stehende Victoria in der Hand hält (RIC V, 2 p. 267 n. 399). Eine enge Verbindung zu Hercules wird in diesem Fall hergestellt durch das Aversmotiv, das die Büste des strahlenbekränzten Maximian zeigt, der die Keule des Hercules in der rechten Hand hält, während das Löwenfell seine linke Schulter bedeckt. Hier ist Maximian selbst der pacifer, ohne daß dies explizit erwähnt werden müßte; die Attribute des Hercules waren Hinweis genug. Die Legende nimmt gewöhnlich die Form HERCVLI CONSERVAT an (z.B. RIC V, 2 p. 283 n. 544–551). Es handelt sich dabei nicht um eine tetrarchische Neufindung; als conservator des Kaisers wurde Hercules bereits von Gallienus propagiert (Manders, Images of Power, 287f.; vgl. RIC V, 1 p. 148 n. 201–202). RIC VI p. 169 n. 46–47. Die früheste conservator-Prägung stammt vermutlich aus der Zeit um den Amtsantritt Maximians als Augustus 286 n.Chr. RIC V, 2 gibt zwar als Prägedatum bei den frühesten Beispielen den Zeitraum von 285–288 n.Chr. an (z.B. RIC V, 2 p. 282 n. 543), doch das Jahr 285 n.Chr. kann wohl ausgeschlossen werden, da Maximian auf den Averslegenden durchgehend als Augustus bezeichnet wird, während er in dem genannten Jahr noch das Amt des Caesar innehatte (vgl. Kienast, Kaisertabelle, 272). Zu beachten ist in diesem Zusammenhang, daß auch Diocletian Münzen mit der Hercules conservator-Legende prägen ließ; in diesen Fällen kann eine Datierung in das Jahr 285 n.Chr. ohne

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Friedenszeiten als auch in den kriegerischen Phasen, beispielsweise während des Bagaudenaufstandes und der Usurpation des Carausius, war Hercules also als conservator zu Stelle. Dabei nahm er diese Funktion sowohl allein als auch gemeinsam mit Jupiter wahr, wie die Rückseiten zeigen, die beide Götter gemeinsam abbilden (IOVI ET HERCVLI CONS AVGG)183. Das zugehörige Motiv zeigt Jupiter und Hercules stehend, mit Szepter beziehungsweise Keule ausgestattet und begleitet von Victoria. Es läßt sich hier möglicherweise ein Zusammenhang mit einem erhofften militärischen Erfolg postulieren, zumal einige dieser Münzen in die Jahre 293–295 n.Chr. datiert werden184, als der britannische Aufstand unter Carausius und Allectus noch im Gange war185. Die gleichberechtigte Darstellung von Jupiter und Hercules kann dabei außerdem als ein Verweis auf die in den Panegyrici wie auch der Bildsprache186 der Zeit vielbeschworene concordia der Augusti gewertet werden. Ebenso kann man die Gegenüberstellung der einander die Hände reichenden Götter interpretieren, die mit der VIRTVS-Legende gekoppelt ist187. Jupiter allein tritt analog zu Hercules conservator auf Diocletians Münzen ebenfalls in dieser Rolle in Er-

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weiteres akzeptiert werden (z.B. RIC V, 2 p. 242 n. 212). Die spätesten Exemplare, die den conservator Hercules auf einer Prägung für Maximian nennen, tragen die Averslegende D N MAXIMIANO P F S AVG, wobei S AVG für senior Augustus steht, also den ins Privatleben zurückgekehrten früheren Kaiser; diese Münzen datieren dementsprechend in die Jahre 305 bis 307 n.Chr. (RIC VI p. 130 n. 91). Allerdings wurden die beiden seniores Augusti nach ihrem Rücktritt weiterhin in die kaiserliche Repräsentation eingebunden, wie unter anderem die numismatische Überlieferung belegt (vgl. Kuhoff, Diokletian, 322–326). Ihre Abdankung bedeutete ebenfalls nicht, daß sie der kaiserlichen auctoritas und des von den Göttern verliehenen imperiums verlustig gegangen wären (ebd., 822), noch der kaiserlichen Insignien (Kolb, Diocletian, 151). Als conservator des Kaisers tritt Hercules auch in einer zeitgenössischen Weihinschrift für den Gott aus Thamugadi (Timgad) in Erscheinung (CIL VIII 2346 = ILS 632). RIC V, 2 p. 288 n. 584. Münzen mit demselben Motiv zeigen Hercules als conservator der Caesares Constantius und Galerius (IOVI ET HERCVLI CONS CAES; z.B. RIC V, 2 p. 302 n. 673–674; p. 309 n. 719). Andere Prägungen mit demselben Reversmotiv und derselben Legende stammen aus den Jahren 285– 295 n.Chr. (RIC V, 2 p. 293 n. 622; p. 294 n. 624). In diesen Jahren kristallisierten sich Pläne für die Rückeroberung Britanniens heraus, die schließlich zum Feldzug des Herculiers Constantius I. und der Niederlage des Allectus im Jahr 296 n.Chr. führten (vgl. Kuhoff, Diokletian, 155–160). Im Anschluß an diese Unternehmung wurden Goldmedaillons geprägt, die auf dem Avers Constantius mit dem Löwenfell zeigen, auf dem Revers einen von Victoria bekrönten Kaiser und die kniende Britannia (RIC VI p. 167 n. 32; vgl. Kuhoff, Diokletian, 161). Ein weiterer Medaillontyp kombiniert den wiederum das Löwenfell tragenden Constantius mit Mars Victor (RIC VI p. 167 n. 31). Das Reversmotiv von Jupiter, Hercules und Victoria findet sich etwa zur selben Zeit ebenfalls für Constantius (RIC V, 2 p. 302 n. 673–674; zur Datierung s. Robertson, Imperial Coins IV p. 249 n. 3). Vgl. dazu die zeitgenössische Skulpturengruppen, die die vier Kaiser gemeinsam in enger körperlicher Nähe und mit nahezu identischem Aussehen wiedergeben. Das bekannteste Beispiel hierfür ist die Tetrarchengruppe aus Porphyr, die ursprünglich aus Konstantinopel stammt und als Spolie an der Südwestecke der Schatzkammer von S. Marco in Venedig verbaut ist (Rees, Images, 183f. 193). Bei dem Motiv der gegenseitigen Umarmung der Kaiser handelt es sich um eine Neuerung der tetrarchischen Zeit (die wenigen früheren Beispiele entstammen dem privaten Bereich, nicht der kaiserlichen Repräsentationskunst), die hervorheben sollte, daß die concordia zwischen den vier Kaisern die aller Vorgänger übertraf (vgl. Boschung, Botschaft, 358f.). Zu concordia auf den Münzen vgl. Rees, Diocletian, 75. Z.B. RIC V, 2 p. 270 n. 432.

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scheinung188; gegenüber den Prägungen, die beide Schutzgötter zeigen, überwiegen diejenigen deutlich, die entweder Hercules oder Jupiter als conservator darstellen und so, entsprechend den Vorderseitenporträts und -legenden, jeweils den Herculiern oder Joviern zugeordnet sein können, jedoch nicht müssen189. Jupiter Conservator tritt also durchaus auch auf Münzen Maximians in Erscheinung, was aufgrund seiner Rolle als Vater des Hercules und damit ranghöchster und mächtigster der von den Dyarchen und Tetrarchen verehrten Götter nicht überraschend ist190. Ebenso ist Hercules als conservator Diocletians nachweisbar191. Diese Tatsache zeigt, daß zwischen den Joviern und Herculiern keineswegs eine strikte Trennung hinsichtlich der jeweils verwendeten Motive und Legenden bestand192. Mit Einrichtung der Tetrarchie wurde die Beschützerrolle des Hercules auf die neuernannten Caesares ausgedehnt, wie man den Legenden der entsprechenden Prägungen – Hercules ist hier stehend mit Löwenfell und Keule, die Hesperidenäpfel haltend, dargestellt – entnehmen kann (HERCVLI CONSERVATORI AVGG ET CAESS NN193), wobei wiederum kein Unterschied zwischen Joviern und Herculiern festzustellen ist. Das Ziel der conservatio durch Hercules ist also der göttliche Schutz aller vier Kaiser vor Gefahren, die den Herrschern von innen oder außen drohen mochten. Münzen mit diesem Motiv wurden im übrigen nicht nur für Maximian, sondern auch für Diocletian und Constantius I. sowie später für Maximinus Daia und Severus geprägt194, was auf die große Bedeutung der transportierten Botschaft für die kaiserlichen Prägeherren hindeutet. Mit der conservator-Legende kann das oben erwähnte Motiv gekoppelt sein, das Maximian und seinen göttlichen Vorfahren beim gemeinsamen Opfer zeigt195; neben der Beschützerfunktion des Gottes wird hier die pietas des Kaisers hervorgehoben, die sich in diesem besonderen Fall aufgrund der Herculius-Ideologie nicht nur als pietas gegenüber den Göttern, sondern gleichzeitig auch als pietas gegenüber dem gemeinsamen Vater Jupiter ausdrückt. Indem Maximian beim Vollzug einer Kulthandlung als Mittler zwischen der Bevölkerung und den Göttern auftritt, erfüllt er zusätzlich den dritten Bestandteil der pietas, der für einen Kaiser ebenfalls von entscheidender Bedeutung war, nämlich die pietas gegenüber den Untertanen196. Die auch bei früheren Kaisern seit Commodus belegte Rolle des Hercules als comes des Herrschers spielt in der Münzprägung Maximians gerade gegenüber der sehr häufigen

188 Z.B. RIC V, 2 p. 233 n. 131–133. 189 Z.B. RIC V, 2 p. 247 n. 261–265 (CONSERVATOR AVGG); RIC V, 2 p. 248 n. 267–274 (IOVI CONSERVATORI). 190 Z.B. RIC V, 2 p. 276 n. 491–496. 191 Z.B. RIC V, 2 p. 242 n. 212–217. 192 Alle Kaiser prägten in ihren Reichsteilen auch Münzen für die anderen Mitglieder des Kaiserkollegiums als Zeichen ihrer Einheit und als Mittel, den Menschen, die im besten Fall nur den jeweils ihre Heimatprovinz beherrschenden Kaiser kannten, die Namen der übrigen Herrscher des Imperium zu vermitteln (Rees, Diocletian, 73). 193 RIC VI p. 167 n. 28–30. 194 RIC VI p. 168 n. 39 (Diocletian); p. 169 n. 41 (Constantius); p. 203 n. 621 (Daia); p. 203 n. 622–623 (Severus). 195 RIC V, 2 p. 287 n. 577–580; p. 288 n. 581–582. 196 Vgl. Kolb, Herrscherideologie, 55f; Noreña, Ideals, 73f.

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conservator-Funktion eine untergeordnete Rolle197. Es ist wiederum der aus dem narrativen Kontext der Taten gelöste Hercules, den diese Umschrift begleitet; er trägt wie üblich sein Fell und die Keule, zusätzlich können ihm ein Zweig oder Äpfel beigegeben sein198. Als comes Augustorum nostrorum ist er Maximian und Diocletian gleichermaßen zugeteilt, als comes Augustorum et Caesarum nostrorum begleitet er alle vier Tetrarchen199. Möglicherweise kann die kleine Anzahl von comes-Prägungen so verstanden werden, daß die Kaiser nur ein geringes Bedürfnis nach dieser Art göttlicher Begleiter hatten, zumal sie durch ihre direkte Abstammung von Jupiter und Hercules ohnehin bereits eine engere Beziehung zur göttlichen Sphäre hatten, als dies jemals zuvor in der kaiserlichen Ideologie der Fall gewesen war. Man mag einen gewissen Widerspruch in den Funktionen Vater und comes gesehen haben. Dementsprechend treten auch andere Götter nur äußerst selten als comites in Erscheinung; belegt sind Mars, Minerva und die Dioskuren200. Hercules ist als comes häufiger in der Münzprägung des Maxentius belegt als in der Prägung seines Vaters Maximian201, wenn er auch ansonsten keine vergleichbar bedeutende Rolle in der Münzprägung des Maxentius einnimmt; für Maxentius war, ausgehend von den Münzen, Mars die wichtigste Gottheit202. Möglicherweise hatte er, der kein Mitglied der tetrarchischen domus divina und damit kein Nachkomme des Hercules gewesen war, ein größeres Bedürfnis, seine usurpierte Macht durch einen göttlichen comes zu legitimieren, als dies die Angehörigen der ersten Tetrarchie gehabt hatten. In größerem Ausmaß griff jedoch erst wieder Konstantin mit Sol auf einen göttlichen comes zurück, der in den frühen Jahren seiner Herrschaft die dominierende Gottheit in der Münzprägung war203. Eine einzelne Aureusemission des Jahres 290 n.Chr. aus Antiochia bildet den stehenden, nach links blickenden und mit Fell und Keule ausgestatteten Heros unter der Legende HERCVLI VLTORI ab, also in einer Funktion, die man vor allem von Mars kennt, die aber nicht generell auf den Kriegsgott beschränkt war204. Für Hercules Ultor existiert jedoch keine bekannte Parallele in der römischen Reichsprägung. Im Fall dieser Emission, zu der auch IOVI VLTORI-Münzen gehören205, ist möglicherweise von einem direkten Bezug auf eine historische Begebenheit auszugehen, zumal sich Diocletian in der ersten Hälfte des Jahres 290 n.Chr. in Syrien aufhielt, wo er gegen die dort ansässigen sarazenischen Wüstenstämme ins Feld zog206. Man mag annehmen, daß der Kaiser damit Rache für einen vorangegangenen Einfall dieser Stämme ins Reichsgebiet nahm207. 197 J.H.W.G. Liebeschuetz weist darauf hin, daß es sich bei der Beziehung Kaiser – comes um eine „rather less unequal patron-client relationship“ handelt, als es bei Kaiser – conservator der Fall ist (Liebeschuetz, Continuity and Change, 242). 198 RIC VI p. 310 n. 3 (mit Zweig); p. 660 n. 3 (mit Äpfeln). 199 RIC VI p. 422 n. 3–5; vgl. CIL VIII S. 2, 18230: Iovi et Herculi | comitibus Impp | Diocletiani et | Maximiani Augg | Constanti et | Maximiani. Möglicherweise stammt auch CIL VI 305 (Hercules als comes et conservator dominorum nostrorum) aus tetrarchischer Zeit (Nock, Divine comes, 102). 200 Z.B. RIC V, 2 p. 262 n. 351 (Minerva); RIC VI p. 168 n. 37 (Mars); RIC VI p. 310 n. 1 (Dioskuren). 201 Z.B. RIC VI p. 368 n. 138–139. 147; p. 374 n. 181–184. 202 Cullhed, Conservator, 49. 78. 203 Z.B. RIC VI p. 135 n. 146–176. 204 Depeyrot, Monnaies, p. 138 n. 5/2. In der Aeneis beschreibt Euander gegenüber Aenas den Alkiden als maximus ultor (Verg. Aen. 8, 201). 205 RIC V, 2 p. 254 n. 312. 206 Vgl. Kuhoff, Diokletian, 97. Kuhoff geht jedoch davon aus, daß in der Numismatik keine Hinweise

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Bei den oben beschriebenen Münzbildern und -legenden, die Hercules zum Inhalt haben, handelt es sich um die am weitesten verbreiteten innerhalb des Corpus der Münzen Maximians. Der Alkide tritt jedoch darüber hinaus noch in anderen Formen auf, die es ebenfalls kurz zu behandeln gilt. Eine Angleichung des Kaisers an Hercules in Form der Übernahme seiner charakteristischen Attribute lag bereits bei Postumus vor208; auch Maximian bedient sich dieses Mittels, um die besondere Nähe zu Hercules hervorzuheben. So ist sein Porträt auf zahlreichen Münzvorderseiten209 in das Löwenfell des Helden gekleidet und mit einer Keule, die auf der Schulter ruht, ausgestattet. Das Fell kann dabei auch ohne die Keule als Hinweis auf die herculische Identität des Kaisers dienen210. Die zugehörigen Rückseiten tragen unterschiedliche Motive, die in den allermeisten Fällen keinen direkten Bezug zu Hercules aufweisen211, auch wenn man durchaus auf inhaltlicher Ebene gewisse Verbindungen zwischen Hercules und den jeweiligen Motiven herstellen könnte; dazu zählen Salus212, Minerva213, Pax214, Jupiter215, der Genius populi Romani216, Fortuna Redux217 und eine Opferszene218. Aufgrund des hohen Bekanntheitsgrades des Herculesmythos in der gesamten griechisch-römischen Welt kann davon ausgegangen werden, daß zumindest ein Großteil der Benutzer der Münzen die dem Kaiser beigegebenen Attribute mit dem Alkiden in Verbindung brachte. Löwenfell und Keule zeigen, daß Maximian über dieselben Tugenden und

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auf eine Einbindung dieses militärischen Erfolges in die kaiserliche Selbstdarstellung vorliegen (ebd.). Vgl. Barceló, Diocletian, 261. Ebenfalls denkbar wäre ein Bezug auf die Anfangszeit der Herrschaft Diocletians, als er sich als Rächer des angeblich von dem praefectus praetorio L. Flavius Aper ermordeten Kaisers Numerian präsentierte (vgl. Kolb, Herrscherideologie, 25). Mit Probus ist die Übernahme des Löwenfells als Attribut auch für einen zeitnahen Vorgänger der Tetrarchen belegt (RIC V, 2 p. 45 n. 264). Die Tradition der Angleichung des Kaisers an Hercules mittels der Attribute des Alkiden in größerem Umfang geht auf Commodus zurück (vgl. z.B. RIC III p. 395 n. 251. 253). Das an Hercules angeglichene Porträt Maximians kann sich jedoch auch auf dem Revers befinden. In diesen Fällen tragen dann sowohl die Vorder- als auch die Rückseite der Münze ein kaiserliches Porträt. Der Aureus RIC V, 2 p. 258 n. 334 zeigt auf der Vorderseite die lorbeerbekränzten Büsten Diocletians und Maximians, auf der Rückseite, mit der Legende IMP C MAXIMIANVS AVG, nur diejenige des Herculiers. Der Quinar Bastien, Lyon p. 123 n. 39 trägt auf dem Avers wie dem Revers die lorbeerbekränzte Büste Maximians, versehen mit derselben Legende IMP MAXIMIANVS AVG, wobei der Büste auf dem Revers zusätzlich Löwenfell und Keule beigegeben sind. Vgl. z.B. RIC V, 2 p. 260 n. 340; p. 276 n. 494. Auch Diocletian kann trotz seiner Rolle als Jovier mit der Keule des Hercules ausgestattet sein (RIC VI p. 250 n. 119). Ausnahmen sind beispielsweise RIC V, 2 p. 260 n. 343 (Rv: Hercules stehend mit Fell und Keule) und RIC VI p. 373 n. 170 (Rv: Hercules stehend mit Keule, Bogen und Fell). RIC V, 2 p. 260 n. 340–341. RIC V, 2 p. 262 n. 351. RIC V, 2 p. 267 n. 399. RIC V, 2 p. 276 n. 497. Z.B. RIC VI p. 182 n. 179. Das Rückseitenmotiv des Genius populi Romani wurde mit dem Jahr 293 n.Chr. zum einzigen Revers-Typus des Follis, also der gängigsten Münze (Kolb, Chronologie, 29; vgl. z.B. RIC VI p. 186 n. 264–p. 189 n. 377). Eine Ausnahme bildete hier lediglich die Prägestätte Karthago. Z.B. RIC VI p. 185 n. 246. RIC VI p. 279 n. 1.

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Eigenschaften wie sein göttlicher Vorfahr verfügte, so daß die beiden Personen für den Betrachter gewissermaßen zu einer verschmolzen, eben zu Maximianus Herculius. Eine eindeutige politische Botschaft verbreitete die Legende CONCORDI(ia) MILIT(um) FELIC(itas) ROMANOR(orum), in Kombination mit einem Motiv, das die verschleierte Concordia mit Hercules vereint, dem sie die Hand reicht219. Die Umschrift bezieht sich auf die concordia sowohl innerhalb des Heeres als auch die Eintracht, die idealerweise zwischen dem Heer und dem Kaiser herrschen sollte, und die die Grundvoraussetzung für eine stabile Herrschaft und damit die felicitas der Bevölkerung bildete220. Die Tatsache, daß es sich bei den beiden Prägungen mit diesem Motiv aus der Münzstätte Rom um Aurei handelt, weist darauf hin, daß hier eine Botschaft formuliert ist, die sich in erster Linie an die oberen Schichten inklusive der hochrangigen Offiziere richtete; gerade in Offizierskreisen, denen Usurpatoren traditionell häufig entstammten, war Maximian zumindest zu einem gewissen Grad auf die concordia angewiesen: seine Macht mochte auf Hercules zurückgehen und theoretisch keines anderen Schutzes bedürfen, aber dennoch waren bürgerkriegsähnliche Zustände durch Usurpationen nicht wünschenswert. Es ist allerdings zu beachten, daß der Aureus RIC VI p. 367 n. 134 in die Jahre 306–307 n.Chr. datiert, als sich Maximian, wenn auch zögerlich, ins Privatleben zurückgezogen hatte, was die Averslegende MAXIMIANVS SEN P F AVG bestätigt. Man könnte hier daher einerseits einen Rückbezug auf die Verhältnisse der Vergangenheit sehen, als Maximian mit seinen Truppen in Schlachten zog und Aufstände niederschlug, stets von der dafür notwendigen concordia unterstützt. Andererseits wäre es denkbar, daß es sich um eine Ankündigung für die Zukunft handelte; Maximian hatte sich angeblich nur gedrängt von Diocletian zum Rücktritt bewegen lassen221, und es kann nicht ganz ausgeschlossen werden, daß er bereits früh plante, an die Macht zurückzukehren222; dies wiederum würde die Unterstützung durch die Armee voraussetzen223. Die Tatsache, daß sein Sohn Maxentius sich zum Kaiser aufgeschwungen hatte, konnte bei solch einem Vorhaben nur hilfreich sein. Dementsprechend kann die hier propagierte concordia auch als die Harmonie und Eintracht zwischen Maximian und Maxentius gedeutet werden, die planten, den Staat gemeinsam zu regieren. Die zweite Prägung dieses Münztypus stammt aus dem Jahr 307 n.Chr. oder später und führt Maximian nach seiner Usurpation der kaiserlichen Macht mit den von früheren Emissionen bekannten Titulaturen IMP MAXIMIANVS P F AVG beziehungsweise MAXIMIANVS P F AVG224. In diesem Zusammenhang kann man das Motiv dahingehend 219 220 221 222

RIC VI p. 367 n. 134; p. 373 n. 175–176. Vgl. Noreña, Ideals, 132–134. Aur. Vict. Caes. 39, 48; Eutr. 9, 27, 2; Lact. mort. pers. 26, 7. Unsere Quellen deuten an, daß Maximian nach seinem Rückzug aus dem Kaiserkollegium häufig nach Rom kam in der Hoffnung auf eine Rückkehr an die Macht (Kuhoff, Diokletian, 809). Kuhoff deutet die Aureus-Prägungen RIC VI p. 367 n. 136 und p. 369 n. 145–146 aus der Münzstätte Rom aus den Jahren 306–307 n.Chr. dahingehend, daß der jeweils auf den Rückseitenlegenden gepriesene felix ingressus senioris Augusti als ein Hinweis auf die Bedeutung dieser Rückkehr in die Hauptstadt und den Wunsch Maximians, wieder in die aktive Politik einzusteigen, zu verstehen sei (ebd., 809). 223 Für Maximian wurden als senior Augustus auch Silbermünzen mit der Reverslegende VIRTVS MILITVM geprägt (RIC VI p. 370 n. 156–157; vgl. Kuhoff, Diokletian, 809), was diese Annahme unterstützt. 224 Zur kontroversen Interpretation der Rückkehr Maximians an die Macht durch die althistorische For-

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interpretieren, daß durch die concordia des Heeres – in Verbindung mit dem göttlichen Beschützer Hercules – die herculische Dynastie, zu der man gemäß seinen Münzbildern mit Herculesmotiven nun auch Maxentius zählen mußte, wieder an die Herrschaft gekommen war225. II.1.6 Hercules auf tetrarchischen Medaillons Bei Medaillons handelte es sich nicht um reguläres Geld, sondern um meist aus Bronze und Silber, seltener aus Gold gefertigte münzähnliche Gegenstände. Sofern sie aus Gold bestanden, waren sie ein Vielfaches eines Aureus wert und wurden als Donative an höchste militärische und zivile Würdenträger verteilt226. Anlässe für die Verteilung von Donativen waren im allgemeinen Regierungsantritte, -jubiläen sowie die Übernahme des Konsulats durch den Kaiser. Auch im Zusammenhang mit militärischen Unternehmungen oder Ereignissen wie dem Geburtstag des Kaisers war die Ausgabe von Donativen üblich227. Die Reversmotive können daher häufig mit spezifischen historischen Vorgängen in Verbindung gebracht werden228. Medaillons waren generell nicht für den Zahlungsverkehr bestimmt229. Die aus der tetrarchischen Epoche erhaltenen Medaillons sind nicht sonderlich zahlreich230, bieten jedoch ergänzende Informationen zur Bedeutung des Hercules für Maximian und seine Kollegen. Einige der Herculesmotive auf den Medaillons sind so oder ähnlich bereits von den Münzen bekannt. Beispielsweise entsprechen die Haltung des sitzenden Hercules, der auf dem Revers eines Bronzemedaillons gemeinsam mit dem sitzenden Maximian abgebildet ist, sowie die Position seiner Attribute denjenigen auf den Münzen, mit der Ausnahme, daß Hercules den links thronenden Kaiser anblickt, während er auf den Münzen den Kopf nach rechts wendet231. Hier kann davon ausgegangen werden, daß man für das Medaillon ein bereits aus der Münzprägung vertrautes Schema „sitzender Hercules“ verwendete, wie es von den Aurei mit dem entsprechenden Motiv bekannt ist. Auch die Tötung der Hydra durch Hercules tritt auf den regulären Münzen Maximians ebenso auf wie auf einem Bronzemedaillon des Kaisers232.

schung s. Kuhoff, Diokletian, 809 Anm. 1590. 225 Voraussetzung für diese Deutung ist jedoch eine Entstehung der betreffenden Münzen vor dem Zerwürfnis zwischen Maximian und Maxentius 307/308 n.Chr. (Cullhed, Conservator, 42–44; vgl. Kuhoff, Diokletian, 829f.). 226 Weiser, Tetrarchie, 205. 216. Zu Definition und Begrifflichkeit von „Medaillon“ allgemein s. Mittag, Medaillons, 13–21. 227 Beyeler, Geschenke, 28. 228 Kiernan, Representation, 31. Beispielsweise wurden zum Konsulatsantritt der beiden Augusti am 1. Januar 303 n.Chr. Goldmultipla geprägt, die auf der Vorderseite Diocletian und Maximian beim gemeinsamen Opfer mit der Legende FELICITAS TEMPORVM zeigen, auf der Rückseite Hercules stehend, die Hesperidenäpfel haltend und auf die Keule gestützt, mit der Beischrift HERCVLI CONSERVATORI AVGG ET CAESS NN (Beyeler, Geschenke, 85; vgl. Bastien/Metzger, Beaurains, p. 120 n. 310–311). Für die anläßlich der Vicennalien der Augusti 303 n.Chr. geprägten Multipla mit Jupiter beziehungsweise Hercules vgl. Beyeler, Geschenke, 86f. 229 Mittag, Medaillons, 17. 21. 230 Kuhoff, Diokletian, 46. 231 Gnecchi, Medaglioni II, p. 124 n. 3 (Taf. 124, 1). 232 Gnecchi, Medaglioni II, p. 128 n. 4 (Taf. 126, 5).

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Der stehende Hercules mit Attributen ist in seinen unterschiedlichen Varianten das häufigste Motiv der regulären Münzprägung und auf Medaillons ebenfalls belegt. Es liegen beispielsweise Goldmultipla aus dem Schatzfund von Beaurains/Arras vor, die auf dem Revers diese Darstellung zeigen233. Es sind Exemplare eines in das Jahr 287 n.Chr. zu datierenden Goldmultiplums zu fünf Aurei erhalten, das auf dem Revers eine Opferszene (Libation) zeigt, die die beiden Augusti Diocletian und Maximian durchführen, während im Hintergrund die kleineren, wohl als Statuen zu verstehenden Figuren von Jupiter und Hercules zu erkennen sind, begleitet von der Legende IOVIO ET HERCVLIO234. Die auf regulären Münzen vorkommenden Opferszenen mit Diocletian und Jupiter235 beziehungsweise Maximian und Hercules236 werden also gewissermaßen in einer Darstellung vereint. Offensichtlich ist hier ein gemeinsames Opfer der Kaiser an ihre Schutzgötter wiedergegeben, was sowohl die göttliche Abstammung als auch die brüderliche concordia zwischen ihnen und ihre kaiserliche pietas betont237. Da es sich bei der besonderen Verbundenheit der Herrscher zu den Göttern Jupiter und Hercules in Verbindung mit einem institutionalisierten Mehrkaisertum um eine Neuerung handelte, überrascht es nicht, daß für dieses Motiv in der numismatischen Überlieferung kein direkter Vorläufer gefunden werden kann. Insofern handelt es sich bei der Ikonographie dieser Medaillonprägung tatsächlich um eine Neuerung aus dyarchischer Zeit. Es ist aber zu beachten, daß es generell für ein Opfer von zwei Kaisern in Anwesenheit von zwei Göttern durchaus frühere Parallelen gibt, wie beispielsweise ein Bronzemedaillon von Maximinus und Maximus zeigt, die sich an einem Altar gegenüberstehen, jeweils ein Trankopfer aus einer Patera darbringend, und dabei von den hinter ihnen stehenden Gottheiten Hercules, der Maximinus bekränzt, und Apollo begleitet werden238; während allerdings Diocletian und Maximian die Kulthandlung vor den Statuen ihrer Schutzgötter vollziehen, sind die Götter auf dem früheren Medaillon sichtlich als tatsächlich körperlich anwesend zu interpretieren. Die Motive und Legenden der Medaillons aus dyarchischer und tetrarchischer Zeit entsprechen zu einem großen Teil der gleichzeitigen Münzprägung. Motive, die auf Münzen nicht belegbar sind, fügen sich dennoch nahtlos in das Gesamtbild der kaiserlichen Repräsentation ein. Der Unterschied liegt im engeren Adressatenkreis, der im Falle der (Gold-) Medaillons Angehörige der zivilen und militärischen Elite umfaßte.

233 RIC VI p. 167 n. 28 (= Bastien/Metzger, Beaurains, p. 120 n. 28); p. 167 n. 29 (= Bastien/Metzger, Beaurains, p. 120 n. 310); vgl. auch RIC VI p. 373 n. 170. 234 Ähnlich: Gnecchi, Medaglioni I, p. 12 n. 3; Cohen VI p. 480 n. 7; vgl. Kiernan, Representation, 41f. 235 RIC V, 2 p. 246 n. 259–260; p. 247 n. 261–265. 236 RIC V, 2 p. 287 n. 577–580; p. 288 n. 581–582 (Taf. XII, 4). Abb. s. auch Robertson, Roman Imperial Coins IV, Taf. 56, 49. 237 Auf einer weiteren Goldprägung sieht man die beiden Augusti, sitzend im Feldherrenornat, die von ihren sie flankierenden Schutzgöttern bekrönt werden; die Vorderseite des Medaillons zeigt Maximian mit dem über den Kopf gezogenen Löwenfell des Hercules (Gnecchi, Medaglioni I, p. 13 n. 6; Taf. 5, 7). Die Legende beschwört wiederum die concordia (PERPETVA CONCORDIA AVGG). Zu dem Medaillon vgl. Kolb, Herrscherideologie, 170f. 238 Gnecchi, Medaglioni II, p. 86 n. 2; Taf. 102, 7.

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II.1.7 Hercules auf Münzen der Mitkaiser Wie oben bereits kurz angesprochen, existierte innerhalb des Kaiserkollegiums keine strikte Trennung hinsichtlich der zu verwendenden Münzbilder; jeder Kaiser ließ Prägungen mit den Schutzgöttern seiner Mitherrscher anfertigen. Dementsprechend finden sich Herculesmotive nicht nur auf den Münzen Maximians und seines Caesars Constantius, sondern auch auf Emissionen des Diocletian, Galerius sowie der Mitglieder der zweiten Tetrarchie, Maximinus Daia und Severus, wobei diese Prägungen quantitativ hinter denjenigen des Senior-Herculiers Maximian zurückstehen239. Auch die unrechtmäßig außerhalb des tetrarchischen Systems an die Macht gekommenen Kaiser Maxentius und Konstantin banden Hercules in ihre jeweilige Münzprägung ein. Die Motive und Legenden entsprechen dabei jeweils den von den Herculiern verwendeten; in vielen Fällen wurde dieselbe Münze einfach mit unterschiedlichen Vorderseiten-Porträts und -legenden für die einzelnen Kaiser versehen, was bei der Entstehung in derselben Prägestätte sicherlich praktische Gründe hatte, da man dieselben Stempel verwenden konnte240. Die Beigabe der Attribute des Hercules beschränkt sich ebenfalls nicht auf die herculische Dynastie: auch Diocletian wird auf Münzen mit der Keule oder dem Fell des Hercules abgebildet, ebenso wie der nominell außerhalb der tetrarchischen Dynastie stehende und somit als Usurpator anzusehende Maxentius241, der sich allerdings durch seinen Vater Maximian wohl zumindest zeitweise ebenfalls als legitimes Mitglied der herculischen Dynastie betrachtete. Bei den übrigen tetrarchischen Prägungen liegt dieselbe Bandbreite an Motiven und Legenden vor wie bei den Münzen Maximians. Hercules wird sowohl bei der Vollbringung seiner Taten als auch aus dem narrativen Kontext gelöst dargestellt. Aus dem Kanon des Dodekathlos sind die Kämpfe mit dem nemeischen Löwen und der Hydra, das Niederringen der Hirschkuh sowie der Diebstahl der Hesperidenäpfel242 belegt. Der erymanthische Eber und der Cerberus, die auf den Rückseiten Maximians in einigen seltenen Fällen auftauchen, fehlen hingegen. Die überwiegende Mehrzahl der Herculesprägungen der Tetrarchen bildet jedoch, wie im Falle Maximians, den Gott lediglich stehend mit seinen Attributen ab, wobei diese variieren können (z.B. Bogen und Köcher als zusätzliche Attribute); darüber hinaus ist Hercules in mehreren Fällen Jupiter beigegeben, so daß beide als conservatores der Kaiser auftreten243. Hercules tritt daneben auch als comes des jeweiligen Prägeherrn in Erscheinung – tatsächlich übertreffen die comes-Prägungen der übrigen Tetrarchen und ihrer Nachfolger sogar quantitativ diejenigen Maximians, was, wie bereits

239 Eine tabellarische Auflistung der jeweiligen Anzahl von Hercules-Emissionen der Tetrarchen findet sich bei Smith, Coinage, 480. 240 Z.B. RIC VI p. 168 n. 39–40; p. 169 n. 41: dasselbe Rückseitenmotiv – CONSERVATORES AVGG ET CAESS NN – wurde in der Münzstätte Trier auf Aurei für Diocletian, Maximian und Constantius verwendet. 241 RIC VI p. 250 n. 119 (Diocletian); p. 326 n. 128 (Maxentius). 242 Z.B. RIC VI p. 378 n. 214 (Maxentius: Löwe); p. 457 n. 25 (Diocletian: Hydra); p. 173 n. 84a (Diocletian: Hirschkuh); RIC V, 2 p. 301 n. 670 (Constantius: Hesperidenäpfel). Der Verweis auf diese Tat durch die Darstellung von mehreren Äpfeln in der Hand des Hercules findet sich auch in den Prägungen der anderen Kaiser, so daß der Diebstahl der Hesperidenäpfel zwar selten explizit dargestellt ist, aber häufig als bereits vollbracht impliziert wird. 243 Z.B. RIC V, 2 p. 256 n. 323 (IOVI ET HERCV CONSER AVGG); RIC VI p. 169 n. 41 (CONSERVATORES AVGG ET CAESS NN).

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oben dargelegt, damit zusammenhängen könnte, daß die spezielle comes-Funktion für Maximian selbst als direkten Nachkommen des Hercules an Bedeutung verloren hatte244. In der Münzprägung des Maxentius ist Hercules auf diese beiden Rollen beschränkt: er ist entweder conservator oder comes des Kaisers. Mit einer Ausnahme handelt es sich bei dem dazugehörigen Motiv um Variationen des stehenden Hercules mit Löwenfell und Waffen245. Wie im Falle der Prägungen Maximians überwiegen auch bei den Herculesmünzen seiner Kollegen und Nachfolger diejenigen, die in der Rückseitenlegende auf die durch den Gott verliehene virtus (in den meisten Fällen virtus Augustorum) verweisen. Diese Legenden sind, abgesehen von einigen wenigen Fällen246, mit dem Motiv des stehenden Alkiden verbunden, dem das Löwenfell und die Keule sowie häufig zusätzlich ein Zweig, Äpfel, Bogen oder Köcher beigegeben sind; es können auch Jupiter und Victoria hinzutreten. Nicht nur Maximian ist also Empfänger der virtus von Hercules, sondern seine Kollegen erhalten ebenfalls ihren Anteil an dieser Eigenschaft. Ein Motiv, das nur für die beiden Caesares Constantius und Galerius belegt ist, verbindet auf Aurei aus Trier die Rückseitendarstellung des auf einem hoch ausschreitenden Pferd reitenden Kaisers mit der Legende VIRTVS HERCVLI CAESARIS, beziehungsweise im Falle von Galerius VIRTVS IOVI CAESARIS247. Hier scheint eine besonders enge Verbindung zwischen den Caesares und den Schutzgöttern ihrer jeweiligen Adoptivdynastie propagiert zu werden, zumal einer der seltenen Fälle vorliegt, in denen außerhalb der literarischen Überlieferung die signa Herculius und Iovius vorkommen. Hercules selbst tritt auf diesen Prägungen nicht in Erscheinung, weder durch eine bildliche Wiedergabe noch durch seine Attribute, er ist aber präsent durch die Legende in Gestalt des theophoren Beinamens des Constantius. In Verbindung mit der Darstellung des Kaisers hoch zu Roß ist wohl an eine Funktion des Hercules als Bringer oder Garant militärischer Erfolge zu denken. Eine bedeutende Rolle auf den tetrarchischen Herculesprägungen spielt auch die Inkarnation des Hercules Victor, als welcher der Alkide auf den Münzen Maximians, gemessen an den einzelnen Typen, insgesamt gesehen weit häufiger auftritt als auf denen seiner Mitkaiser beziehungsweise Nachfolger. Diese – ausgenommen Diocletian und Maxentius – propagieren jedoch ebenfalls diese Rolle des Hercules auf ihren Münzen, was die Bedeutung dieser speziellen Herculesinkarnation unterstreicht. Als Victor und – weit seltener – Invictus248 symbolisiert Hercules ganz allgemein die Sieghaftigkeit der Kaiser und zeigt, wem sie diese zu verdanken hatten. Neben den kriegerischen Aspekten wurde, wie bereits mehrfach angemerkt, auch die friedensstiftende Funktion des Jupitersohnes in der Münzprägung thematisiert und auf den jeweiligen Kaiser übertragen. Dementsprechend liegen Münzen Diocletians vor, die auf dem Revers Hercules Pacifer abbilden, wobei das Motiv den Prägungen Maximians entspricht, indem es den Alkiden stehend mit seinen Attributen und in fast allen Fällen einem 244 Am häufigsten tritt Hercules auf den Münzen des Maxentius als comes in Erscheinung (Z.B. RIC VI p. 374 n. 181–183). 245 RIC VI p. 378 n. 214 (Rv.: Hercules und der nemeische Löwe). 246 Z.B. RIC V, 2 p. 230 n. 100 (Rv.: Hercules im Kampf gegen den nemeischen Löwen); RIC VI p. 174 n. 92 (Rv.: Hercules im Kampf gegen die Hydra). 247 RIC VI p. 173 n. 86 (Constantius); p. 174 n. 90 (Galerius). 248 HERCVLES INVICTVS AVGG auf Antoniniani Diocletians (RIC V, 2 p. 223 n. 21–22).

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Ölzweig ausgestattet zeigt249. Die ausnahmslos in den Jahren der Dyarchie entstandenen pacifer-Prägungen Diocletians sind jedoch deutlich weniger zahlreich als die entsprechenden Typen Maximians. Als dem Seniormitglied des Kaiserkollegiums kommt die Rolle eines Friedensstifters jedenfalls auch dem Jovier Diocletian zu und entspricht seinen Bemühungen in dem von ihm regierten Reichsteil250. Selten sind auch die mit dem Kampf gegen die Hydra verbundenen HERCVLI DEBELLATORI-Prägungen, wobei dieses Motiv jedoch in der Prägung Maximians ebenfalls nicht häufig vorkommt. Belegt sind Münzen mit dieser Inkarnation des Hercules neben Maximian nur bei Diocletian und Constantius251. Konstantin ließ eine Münze prägen, die auf dem Revers den Löwenkampf des Hercules zeigt, kombiniert mit der auf tetrarchischen Münzen sonst nicht auftretenden Legende VIRTVS PERPETVA AVG, wobei es sich wohl einfach um eine Steigerung der vielfach belegten VIRTVS AVGG-Legende handelt, mit dem Unterschied, daß Konstantin die ihm für die Ewigkeit verliehene virtus nicht auf mehrere Kaiser bezieht, obwohl er zumindest formal einem Kollegium angehörte, sondern allein auf sich selbst252. Die Analyse der Hercules-Prägungen der Mitkaiser Maximians ergibt, daß auch dort die besondere Betonung auf der virtus liegt – im Falle Diocletians übertreffen die Münzen, die Hercules mit einer Legende, die die virtus der Augusti preist, kombinieren, zahlenmäßig alle übrigen Motive und Umschriften, die einen Bezug auf den Alkiden enthalten, deutlich. An zweiter Stelle in der Häufigkeit liegt bei Diocletian die Funktion des Gottes als conservator der Herrscher. Constantius hingegen legte offenbar besonders großen Wert auf die siegbringende Rolle seines göttlichen Beschützers, wie die Verbreitung der Legende HERCVLI VICTORI in seiner Münzprägung zeigt; dies mag damit zusammenhängen, daß der im Dienstalter hinter den beiden Augusti zurückstehende Constantius während seiner Herrschaft in sehr viele militärische Unternehmungen verwickelt war, zu denen auch die endgültige Niederschlagung des Allectus in Britannien gehörte. Dementsprechend wurde in seinem Fall die kriegerische Seite des Hercules besonders hervorgehoben. Die virtus-Legenden sind bei Constantius fast genauso häufig belegt und beziehen sich wohl in erster Linie auf den militärischen Aspekt dieser zentralen kaiserlichen Eigenschaft. Das militärische Element steht auch bei Maximinus Daia im Vordergrund, in dessen – als Jovier zwar vorhandener, aber nicht umfangreicher – Herculesprägung die Legende HERCVLI VICTORI alle übrigen Typen an Häufigkeit deutlich übertrifft. Bei ihm wie auch bei Severus sind im übrigen nur drei unterschiedliche Legendentypen und damit Herculesinkarnationen nachweisbar: victor, conservator und comes253. Sowohl bei Daia und Severus als 249 Vgl. z.B. Bastien, Lyon p. 138 n. 115 (Diocletian); p. 138 n. 116 (Maximian). 250 In der Hervorhebung der pacifer-Rolle des Hercules mag man einen Verweis sehen auf die inneren Bedrohungen, denen sich das Reich in den Jahren der Dyarchie ausgesetzt sah; in erster Linie handelte es sich dabei um die Usurpation des Carausius in Britannien und das Problem der Bagaudae in Gallien (vgl. Kuhoff, Diokletian, 36–39. 65–71). 251 RIC VI p. 457 n. 25 (Diocletian); p. 455 n. 3 (Constantius). 252 RIC VI p. 295 n. 99. 253 Maximinus Daia: z.B. RIC VI p. 203 n. 621 (conservator); p. 287 n. 54b (comes); p. 542 n. 77 (victor). Severus: z.B. RIC VI p. 203 n. 622 (conservator); p. 287 n. 54a (comes); p. 476 n. 177b (victor). Innerhalb der drei Grundtypen liegen in der Formulierung der Legende leichte Variationen vor: z.B. HERCVLI CONS CAES (RIC VI p. 623 n. 67) und HERCVLI CONSER AVGG et CAES

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auch bei dem Usurpator Maxentius fehlt der Verweis auf die virtus; auf den Münzen des Maxentius erscheint Hercules, wie bereits dargelegt, lediglich als conservator und comes254; wie andere Kaiser vor ihm empfand Maxentius sichtlich ein großes Bedürfnis nach einem göttlichen comes. Dies kann unter Umständen auf seine außerhalb des tetrarchischen Systems stehende Machtübernahme und die damit verbundene problematische Legitimierung seiner Herrschaft in Ermangelung einer anerkannten Zugehörigkeit zur domus divina zurückgeführt werden, ein Problem, mit dem sein Vater nicht konfrontiert gewesen war. Die Gegner Galerius und Konstantin beriefen sich in ihren Münzemissionen auf Hercules, wobei bei beiden der Bezug auf Hercules Victor im Vergleich zu den anderen Hercules-Prägungen am häufigsten aufzutreten scheint255. Darüber hinaus griffen sowohl Konstantin als auch Galerius in einigen seltenen Fällen auf Hercules als ihren comes zurück256. Für Galerius kann man wohl von einem Rückbezug auf die aus der ersten Tetrarchie vertrauten Motive ausgehen, die möglicherweise auch dazu dienen sollten, die Kontinuität zwischen diesem Herrscherkollegium, dem der Jovier Galerius als Caesar angehört hatte, und seiner Herrschaft als Augustus zu betonen, indem er wie sein Vorgänger Diocletian auf den Schutzgott der Herculier zurückgriff und diesen in geringem Maß in seine eigene Münzprägung einbezog. Darüber hinaus konnte er so gegenüber dem ursprünglich entgegen der tetrarchischen Ordnung an die Macht gekommenen Konstantin – der jedoch durch seine Heirat mit Maximians Tochter Fausta und die Annahme des Augustus-Titels von Maximian 307 n.Chr. in gewissem Sinne legitimiert wurde257 – seine eigene Legitimation betonen, da er, anders als der Sohn des Constantius, zur domus divina und damit der Dynastie der Jovier und Herculier gehört hatte. Während des Kampfes um die Macht im Westen berief sich Konstantin gelegentlich auf seine herculische Verbindung, wobei jedoch der Konflikt mit Maxentius eine untergeordnete Rolle spielte, zumal dieser nach dem Zerwürfnis mit Maximian kein Interesse mehr an herculischer Propaganda zeigte258. Mehrere Prägungen Konstantins aus den Jahren 312–313 n.Chr. stellen in einem Rückgriff auf die tetrarchische Ikonographie einen Bezug zu dem Alkiden her und dienten wohl dem Zweck, die Ansprüche des Kaisers auf eine herculische Abstammung Constantius’ I. zu verdeutlichen. Angesichts der Kriegssituation überrascht die Wahl der Legende HERCVLI VICTORI nicht; sowohl vor als auch nach der Schlacht an der Milvischen Brücke findet sich diese auf Folles Konstantins. Abgebildet ist dazu jeweils der frontal stehende Hercules mit Fell und Keule sowie in mehreren Fällen den

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NN (RIC VI p. 203 n. 620b), wobei sich der Bezugsrahmen der conservator-Funktion je nach dem genannten Personenkreis entsprechend ausdehnt. Z.B. RIC VI p. 294 n. 89 (HERCVLI COMITI AVGG NN); RIC VI p. 378 n. 214 (CONSERVATORI AVG N). Galerius ließ bereits unter der ersten Tetrarchie HERCVLI VICTORI-Münzen in seinem Namen prägen (z.B. RIC VI p. 169 n. 50), sowie später auch in den Jahren der zweiten Tetrarchie (z.B. RIC VI p. 476 n. 177a). Zwei Prägungen mit derselben Legende führt Cohen zusätzlich für Licinius an (Cohen VII p. 194 n. 59–60), doch diese sind nicht an anderer Stelle belegt und können somit außer acht gelassen werden. Z.B. RIC VI p. 280 n. 3 (Galerius); p. 294 n. 90 (Konstantin). Vgl. Kuhoff, Diokletian, 818f. Carlà, Monete, 86.

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Hesperidenäpfeln oder einer auf einem Globus stehenden Victoria259. Eine Solidusprägung aus dem Jahr 313 n.Chr. aus der Münzstätte Arelate (Arles) verzichtet auf die Darstellung des Alkiden selbst und bildet statt dessen einen den Betrachter anblickenden Löwen ab, über dem eine Keule schwebt – der herculische Bezug ist eindeutig260. Die Legende VIRTVS AVGVSTI wiederum stellt eine deutliche Anknüpfung an Maximians Herculesmünzen dar. Das Ziel Konstantins war vermutlich, den Anschein der Kontinuität zur tetrarchischen Ideologie zu wahren, auch angesichts der nach wie vor bestehenden Bedrohung durch Licinius im Osten, was er jedoch sehr bald aufgab261. Konstantin verwendete Hercules in seiner Münzprägung nur in Anlehnung an die Vergangenheit, indem er den Gott in seine Repräsentation einbezog, den schon sein leiblicher Vater Constantius und Maximian, durch die Adoption des Constantius quasi Großvater und zugleich Schwiegervater Konstantins, als ihren göttlichen Schutzherren instrumentalisiert hatten. Eine enge persönliche Bindung Konstantins an den Jupitersohn kann nicht belegt werden und ist auch nicht als wahrscheinlich anzusehen, wie die Tatsache zeigt, daß Konstantin Hercules nur in den ersten Jahren seiner Herrschaft überhaupt in seine Münzprägung einbezog, bevor Sol Invictus zur beherrschenden Gottheit der konstantinischen Münzprägung wurde262.

259 RIC VI p. 387 n. 298–302; p. 409 n. 79; p. 592 n. 89; p. 595 n. 108; p. 644 n. 170c. Vgl. dazu Carlà, Monete, 86. 260 RIC VII p. 234 n. 4–6. 261 Vgl. Carlà, Monete, 86. 262 Ein Kameo aus den frühen Jahren seiner Herrschaft zeigt Konstantin mit dem Löwenfell auf dem Kopf in Angleichung an den göttlichen Stammvater seiner Dynastie (Papadopoulos/Dimitriadou (Hgg.), Hero Supreme, 53). Die früher in der Forschung verbreitete Annahme, Hercules sei in den ersten Herrschaftsjahren für Konstantin in der Funktion als persönlicher Schutzgott aufgetreten, läßt sich anhand der antiken Zeugnisse jedoch nicht belegen (Grünewald, Constantinus, 29. 39f.).

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II.2 Hercules und Carausius Auch im britannischen Teilreich263 von Carausius und Allectus, das von 286 bis 296 n.Chr. Bestand hatte, wurden in verschiedenen Prägestätten264 Münzen mit Motiven aus dem Sagenkreis des Hercules geprägt265, in scheinbarer Anlehnung an die Selbstdarstellung der Dyarchen beziehungsweise Tetrarchen, in deren Herrschaftskollegium Carausius aufgenommen zu werden wünschte266. Allerdings ist zu beachten, daß Hercules in der Häufigkeit weit hinter anderen Gottheiten zurücksteht: er wird in der Anzahl der Darstellungen bei weitem übertroffen von Mars und Sol, während gerade Personifikationen eine herausragende Rolle zukommt. Der mit Abstand am weitesten verbreitete Rückseitentypus auf den Münzen des Carausius ist Pax267, und auch Salus, Laetitia und Providentia treten sehr zahlreich in Erscheinung268. Aus der Analyse der Münzprägung des Carausius ergibt sich 263 Zur Problematik der deutschen Terminologie s. Kuhoff, Diokletian, 68. 264 Es handelt sich dabei um London, vielleicht Camulodunum (Colchester) sowie vermutlich Rotomagus (Rouen). Zahlreiche Münzen des Carausius, darunter diejenigen mit den umstrittenen Legenden RSR und BRI, können keiner Münzstätte sicher zugewiesen werden (vgl. dazu die entsprechenden Listen in RIC V, 2; zu einer gänzlich anderen Interpretation der Buchstabenfolge RSR als Teil eines vergilischen Verses – Redeunt Saturnia Regna – s. Lyne, Coin Types, 150). Carausius ließ allerdings noch an anderen als den bereits genannten Orten Münzen prägen. Dabei besteht keineswegs Einigkeit, wie man die Buchstaben, die die Prägestätte bezeichnen, interpretieren sollte: während L für Londinium rasch akzeptiert wurde, gab und gibt es zahlreiche unterschiedliche Vorschläge für C, von denen keiner gänzlich überzeugt (z.B. Camulodunum, Clausentum, Glevum; s. dazu Williams, Carausius, 40–44). 265 Die Münzprägung des britannischen Teilreiches ist hinsichtlich der Reversmotive von außerordentlicher Vielfalt und Variation; eine Sichtung des im Jahr 1907 bekannten Materials ergab fast 1300 unterschiedliche Münztypen (Williams, Carausius, 71). Allerdings wird davon ausgegangen, daß nach wie vor Münztypen des Carausius unbekannt sind, da sie entweder noch nicht entdeckt, oder aber nicht überliefert sind (ebd., 74). 266 Ein Beleg dafür ist eine Antoninianprägung des Carausius, die auf dem Avers die Büsten Diocletians, Maximians und Carausius’ mit der Legende CARAVSIVS ET FRATRES SVI abbildet (RIC V, 2 p. 550 n. 1; zu den FRATRES SVI-Prägungen s. Shiel, Fratres, 7–11). P.J. Casey sieht in Darstellungen des Carausius als princeps iuventutis einen Hinweis darauf, daß er sich als „heir-apparent“ der beiden legitimen Augusti zu präsentieren suchte (Casey, Tradition, 222). 267 Pax erscheint auf mehr als der Hälfte aller Bronzeprägungen des Carausius (Williams, Carausius, 71). Dies ist vermutlich auf die besondere Situation des Carausius zurückzuführen, der sich von seinen Soldaten zum Kaiser hatte erheben lassen und sich daher von den Dyarchen beziehungsweise Tetrarchen bedroht sah. Aufgrund dieser schwierigen Lage, in der stets mit militärischen Unternehmungen gegen ihn zu rechnen war, ist es leicht nachvollziehbar, daß Carausius sich bemühte, der Bevölkerung Britanniens durch seine Pax-Münzen das Bild eines befriedeten und sicheren Reiches zu vermitteln (vgl. ebd., 73). 268 Vgl. Williams, Carausius, 71f. Auf Basis des in RIC V, 2 erfaßten Materials kann geschlossen werden, daß Mars der bei weitem häufigste traditionelle Gott (im Gegensatz zu Personifikationen wie Laetitia) ist. Es ergibt sich also einerseits eine Betonung des Friedens, den man sich zumindest wünschte, auch wenn die historische Realität dem nicht immer gerecht wurde, und andererseits eine Hervorhebung des Krieges, entsprechend den Bemühungen des Carausius, sein Reich gegenüber Maximian zu verteidigen. Allerdings übernimmt Mars für den Gegenkaiser auch die bei Maximian für Hercules überlieferte Rolle eines pacifer (z.B. RIC V, 2 p. 470 n. 90).

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daher, daß Hercules keine hervorgehobene Rolle in der durch die Münzen transportierten Ideologie des Usurpators spielte, zumal die entsprechenden Typen nur durch wenige Exemplare bekannt sind, was wiederum wohl darauf hinweist, daß nicht allzu viele dieser Münzen hergestellt wurden. Dennoch sind die wenigen Hercules-Prägungen des Carausius von Interesse, da sie dessen Beziehung zu den Angehörigen des Kaiserkollegiums beleuchten. In seinem Bemühen um die Legitimierung seiner Herrschaft über Britannien und Teile Nordgalliens – Gebiete, die zum Gallischen Sonderreich des Postumus gehört hatten, wo die durch Münzen vermittelte Herculesideologie demnach noch besonders vertraut gewesen sein dürfte – versuchte Carausius, der in den seinen Gegnern gewidmeten Panegyrici in einem gänzlich negativen Licht erscheint269, möglicherweise, durch eine Anknüpfung an die Herrscherideologie zu einem Teilhaber an der bisherigen Dyarchie zu werden. So griff er das Motiv des stehenden Hercules mit Waffen, Löwenfell sowie drei Äpfeln auf, für das auf zahlreichen Prägungen der Dyarchen beziehungsweise Tetrarchen Parallelen existieren. Auch die Legende dieser seltenen, in London geprägten Antoniniani270 enthält einen Rückgriff auf die für dieses Motiv bei Maximian belegte Legende, indem CONSERVAT AVGGG als begleitende Umschrift gewählt wurde, wobei Carausius als dritter Augustus einbezogen ist271. Daß Carausius hier eindeutig an die gleichzeitige Reichsprägung anknüpfen wollte, wird daraus ersichtlich, daß die Münzen – wie die Averslegenden zeigen – nicht in seinem Namen, sondern vielmehr in dem Diocletians oder Maximians herausgegeben wurden272, während der Usurpator selbst nur in dem dreifachen Plural AVGGG in Erscheinung tritt273. Dieselbe 269 So wird er beispielsweise als ille pirata bezeichnet (Paneg. X (2) 12, 1). 270 RIC V, 2 p. 551 n. 3. Noch seltener ist eine ebenfalls in London geprägte Emission von Aurei – Aurei waren vermutlich kein regulärer Bestandteil der britannischen Münzprägung und wurden nur zu besonderen Anlässen hergestellt (Shiel, Episode of Carausius, 145) –, die, begleitet von derselben Umschrift, den stehenden, mit seinen Attributen ausgestatteten Hercules zeigen, der sich auf sein Keule stützt und einen Bogen in der linken Hand hält (RIC V, 2 p. 463 n. 2). 271 Vgl. z.B. RIC VI p. 167 n. 30 (Aureus Maximians). Eine von W. Stukeley 1759 beschriebene Münze, angeblich ein Denarius, der die Reverslegende IOVI ET HERCVLI CONS AVGG tragen sollte, gilt als falsch identifiziert und gelesen (Shiel, Episode of Carausius, 137). Zur Vortäuschung der Anerkennung eines Usurpators durch den rechtmäßigen Kaiser s. Szidat, Usurpator tanti nominis, 41. 272 Dies war eine Geste, die von Maximian und Diocletian nicht erwidert wurde (Casey, Tradition, 224). Viele der Münzen mit AVGGG-Legenden werden von R. Lyne in die Zeit um 292 n.Chr. datiert, als es angeblich zu einer zeitweisen Anerkennung des Carausius durch Diocletian und Maximian kam (Lyne, Coin Types, 162f.), so daß es sich bei dieser Legende um eine offizielle Anzeige dieser neuen Legitimität des britannischen Kaisers gehandelt hätte. Diese Übereinkunft, so sie denn existierte, scheint jedoch nicht von langer Dauer gewesen zu sein, zumal es sich möglicherweise um ein durch einen gemeinsamen Feind, die Franken, veranlaßtes militärisches Zweckbündnis handelte, das nach Beseitigung der Gefahr rasch wieder beendet wurde (ebd., 163f.), wie die Tatsache zeigt, daß wohl in der ersten Hälfte des Jahre 293 n.Chr. die zum britannischen Teilreich gehörende Stadt Gesoriacum (Boulogne-sur-mer) nach einer Belagerung an Constantius fiel. Die Münzen mit der AVGGGLegende wurden allerdings auch dahingehend gedeutet, daß sie ein Zeichen eines diplomatischen Zugehens auf die Dyarchen gewesen seien, entstanden, als sich gegen Carausius gerichtete militärische Bewegungen in Gallien bemerkbar machten (Carson, Mints, 36). 273 Der Adressat der Münzen des Carausius war dabei stets nur die Bevölkerung seines Teilreiches, der er die angebliche fraternitas mit den legitimen Augusti zu präsentieren suchte (Shiel, Fratres, 10; vgl. dazu allgemein Szidat, Usurpator tanti nominis, 41. 284f.).

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Legende des conservator Hercules274, unter dessen Schutz er sich somit wie die anderen Kaiser stellte, verwendete Carausius jedoch, wiederum auf alle drei Augusti bezogen, auch im eigenen Namen275. Von den Prägungen Maximians vertraut ist darüber hinaus der Verweis auf die virtus, der sich in den Rückseitenlegenden verschiedener Münztypen des Carausius findet276. Beispielsweise scheint ein Antoninian des Carausius, der in die Jahre 287–289 n.Chr. datiert und auf dem Revers den Helden im Kampf mit dem nemeischen Löwen unter der Legende VIRTVTI AVG abbildet, eine deutliche Parallele zu entsprechenden Münzen Maximians zu bilden, die wenig früher geprägt wurden (286 n.Chr.)277; beide Münzen zeigen in dem für Münzen typischen Schema den nach rechts gewandten Hercules, der, das linke Bein vorgestellt, den Löwen umklammert hält, während die Keule links hinter ihm auf dem Boden liegt278. Man könnte hier einen Zusammenhang zwischen diesen Münztypen annehmen, indem Carausius sich nicht nur an die Münzbilder, sondern auch an die von ihnen transportierte Botschaft anlehnte. Allerdings ist damit nicht zwangsläufig die Aussage verbunden, daß Carausius speziell eine Aufnahme in die herculische Dynastie wünschte, zumal die britannischen Prägungen, die Jupiter auf dem Revers zeigen, mindestens ebenso häufig sind wie diejenigen mit Hercules – Carausius ging es also möglicherweise eher um eine Aufnahme in das Zweikaiserkollegium als tatsächlich um die Adoption in eine der beiden Dynastien279. Außerdem ist an dieser Stelle 274 Als conservator tritt neben Hercules auch Neptun in Erscheinung (RIC V, 2 p. 524 n. 709; p. 528 n. 764–765), was man als Hinweis auf die frühere Karriere des Carausius als Kommandant der römischen Flotte im Ärmelkanal deuten mag (Aufgabe des Carausius als Maximians Flottenkommandant war es gewesen, die Küste der Gallia Belgica vor Einfällen der Franken und Sachsen zu schützen; s. dazu Kuhoff, Diokletian, 65). 275 RIC V, 2 p. 463 n. 2; p. 482 n. 212. 276 Anders als die CONSERVAT AVGGG-Legenden, die Herculesmotiven beigegeben sind, scheint die virtus immer nur auf Carausius selbst bezogen zu sein (RIC V, 2 p. 501 n. 444; p. 522 n. 695; p. 545 n. 1056–1057), nicht zusätzlich auf die beiden rechtmäßigen Augusti, während im Gegensatz dazu in der Münzprägung Diocletians und Maximians die unterschiedlichen Varianten der VIRTVS-Legende stets auf das gesamte Kaiserkollegium, zumindest aber die zwei Augusti, bezogen sind. Hingegen tritt bei Carausius in Verbindung mit Mars, nicht aber Hercules, ebenfalls die Legende VIRTVS AVGG/AVGGG auf (RIC V, 2 p. 501 n. 442–443). Die Reverslegende von RIC V, 2 p. 547 n. 1074 ist beschädigt, so daß heute nur noch AVGG zu entziffern ist, über einem Motiv, das, wiederum an die Reichsprägung angelehnt, Jupiter zeigt, der Hercules einen Blitz reicht. N. Shiel ergänzt hier die Legende zu [VIRTVS] AVGG (Shiel, Episode of Carausius, 125). 277 RIC V, 2 p. 501 n. 444 (Abbildung s. Robertson, Roman Imperial Coins IV, Taf. 60 n. 151). Für eine Parallele unter Maximian vgl. z.B. Bastien, Lyon, p. 124 n. 45 (Abbildung s. Taf. 3). 278 Auffallend ist bei der britannischen Version lediglich die ungewöhnlich aufrechte Haltung des ringenden Hercules (er steht normalerweise leicht über den Löwen gebeugt), doch auch dafür lassen sich Parallelen in der gleichzeitigen dyarchischen Prägung (z.B. RIC V, 2 p. 272 n. 458) sowie von früheren Kaisern (z.B. ein Aes Gordians III., Abb. s. Stoll, Herakles auf Münzen, 41 Nr. 8) anführen. 279 In dieser Hinsicht sind Carsons Überlegungen von Interesse, der die bereits erwähnten FRATRES SVI-Prägungen dahingehend deutet, daß sich Carausius dadurch als gleichrangig mit seinen „Brüdern“, den legitimen Augusti Diocletian und Maximian, zu präsentieren suchte (Carson, Carausius, 146), was vielleicht dagegen sprechen könnte, daß er in eine der beiden Dynastien adoptiert werden wollte, da dies einen untergeordneten Rang unter den Adoptierenden impliziert hätte. Daß er sich zumindest als gleichrangig mit Maximian sah, könnte wiederum die Münzlegende AVGVSTIS CVM DIOCLETIANO andeuten, die den dienstältesten Augustus Diocletian namentlich nennt, nicht aber die offensichtlich als ebenbürtig angesehenen Carausius und Maximian (ebd., 146). Aufgrund der schlechten Quellenlage gibt es keinerlei Hinweise darauf, ob Carausius an die

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auch zu beachten, daß das Motiv des Hercules im Kampf mit dem nemeischen Löwen in der kaiserlichen Münzprägung seit langem verbreitet war, so daß es sich bei der Einbindung dieser Darstellung in die britannische Prägung einfach um die Übernahme dieses vertrauten Bildes mitsamt seiner Botschaft von göttlicher virtus, wie sie schon frühere Herrscher propagiert hatten, handeln könnte. Zwei Funktionen des Hercules, die Carausius aus der gleichzeitigen Prägung Maximians übernahm, sind diejenigen des invictus und des pacifer, zwei komplementäre Aspekte, die es gerade für einen unrechtmäßig, mit Hilfe des Militärs an die Macht gekommenen Herrscher zu betonen galt, wie schon die Hervorhebung dieser Motive auf den Münzen des Postumus gezeigt hatte280. Als invictus konnte sich Carausius als in seiner usurpierten Position unangreifbar präsentieren, während er als pacifer nicht nur in seinem Herrschaftsgebiet für Recht und Ordnung sorgte, sondern auch fortwährenden Frieden garantierte, trotz der Bemühungen Maximians, das britannische Teilreich wieder in das Imperium einzugliedern. Dies befindet sich im Einklang mit der schon angesprochenen Propagierung des Friedens als Hauptziel der Münzpropaganda des Carausius; der mit einem Ölzweig als Zeichen des Friedens ausgestattete Hercules Pacifer ist also direkt in dieses Konzept eingebunden, wenn auch, angesichts der Seltenheit dieses Münztypus im Vergleich zu den Pax-Emissionen, wohl in einer sehr untergeordneten Form. In der britannischen Prägung treten daneben zwei Motive auf, für die in der Reichsprägung keine Parallelen festgestellt werden können; so gibt es bei Maximian und seinen Mitkaisern keine Entsprechung für das Motiv der Hercules in einem Tempel krönenden Victoria281 oder des Hercules, der einer ein Füllhorn haltenden Frau über einen Altar hinweg die Hand reicht282. Ein einzelner, keiner Münzstätte zugewiesener Antoninian ist in der Münzprägung des Carausius einzigartig, weist er doch die ansonsten nur von Postumus überlieferte Legende HERC DEVSONIENSI auf283. Allerdings wurden im britannischen Reich häufig Münzen früherer Kaiser überprägt, so daß in diesem Fall möglicherweise ein älterer Hercules Deusoniensis-Antoninian des Postumus mit einem neuen Avers und einer neuen Legende für Carausius versehen wurde. Es ist auch belegt, daß die britannischen Münzschneider sich oft an bereits lange im Umlauf befindlichen Münzen des Postumus orientierten und deren Motive übernahmen284. Andererseits kann vielleicht nicht ganz ausgeschlossen werden, daß der gebürtige Menapier Carausius mit dem Hercules Deusoniensis eine Gottheit, die im

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Etablierung einer eigenen göttlichen Herkunft dachte, worauf vielleicht die relativ häufige Darstellung von Mars auf seinen Münzen hindeuten könnte. Vgl. z.B. RIC V, 2 p. 342 n. 67; p. 348 n. 135–136; p. 354 n. 203–204 (pacifer); RIC V, 2 p. 338 n. 23–24; p. 349 n. 138; p. 362 n. 305 (invictus). RIC V, 2 p. 512 n. 579. Dieser Münze ist die Legende ROME HERC beigegeben, deren Bedeutung ungeklärt ist. Eine Bekrönung durch Victoria deutet generell auf einen Bezug zur Sieghaftigkeit des Hercules hin. RIC V, 2 p. 522 n. 695. Ausgehend von dem Füllhorn kann es sich dabei um die personifizierte Pax handeln, die regelmäßig mit diesem Attribut dargestellt wurde (Noreña, Ideals, 128), wodurch hier wiederum der für Carausius so bedeutende Friede propagiert würde. RIC V, 2 p. 530 n. 800. Shiel, Episode of Carausius, 167. 195. Da Postumus auch in Britannien als Kaiser anerkannt war (Drinkwater, Gallic Empire, 27), kann davon ausgegangen werden, daß seine Münzen dort weithin in Umlauf waren.

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Umfeld des menapischen Siedlungsgebietes (im heutigen Grenzgebiet zwischen Belgien und den Niederlanden) verehrt wurde, in seine Münzprägung einbezog. In diesem Fall wäre jedoch wohl eine größere Verbreitung des entsprechenden Münztyps zu erwarten285. Dabei ist wiederum zu bedenken, daß Postumus bei der Bevölkerung seines Teilreiches sehr beliebt gewesen war286, so daß Carausius möglicherweise mit der Wiederverwendung einer seiner Münzen an die Zeit dieses immerhin über mehrere Jahre erfolgreichen Gegenkaisers anknüpfen wollte. Es kann jedoch nicht endgültig geklärt werden, ob der Verwendung des Hercules Deusoniensis ideologische Überlegungen zugrunde liegen, oder ob sie schlicht durch die pragmatische Überprägung einer älteren Münze durch einen Handwerker der Münzstätte zustande kam, was allerdings angesichts der Tatsache, daß es sich nur um eine einzige Münze handelt, wahrscheinlicher ist. Aufgrund der schlechten Quellenlage – die Panegyrici der Jahre 289, 297 und 310 n.Chr. sind die einzigen zeitgenössischen literarischen Zeugnisse, und sie stellen die Ereignisse in Britannien aus der Sicht der Sieger dar287 – gibt es, abgesehen von dem, was die Münzen uns vermitteln, keinerlei Erkenntnisse über die ideologischen Grundlagen der Herrschaft des britannischen Gegenkaisers. Dementsprechend muß hier der Schluß gezogen werden, daß die Übernahme des Hercules in die Münzprägung bestenfalls als Angleichung an Maximian als Vertreter der rechtmäßigen Herrscher des Imperium Romanum anzusehen ist288 – selbst dies kann jedoch durchaus in Zweifel gezogen werden aufgrund der geringen Menge und Seltenheit von Münzen mit Herculesmotiven aus der Zeit des Carausius und seines Nachfolgers Allectus289. Es könnte auch schlicht eine Anknüpfung an das seit langem verbreitete und von vielen Betrachtern verstandene Motiv des exemplum virtutis Hercules vorliegen.

285 M. Lyne bezeichnet den einzelnen HERC DEVSONIENSI-Typus des Carausius als „highly inappropriate (…) with its allusion to Postumus’ origins“ (Lyne, Coin Types, 152). 286 Vgl. SHA trig. tyr. 3, 6: si quidem nimius amor erga Postumum omnium erat in Gallicanorum mente populorum, quod summotis omnibus Germanicis gentibus Romanum in pristinam securitatem revocasset imperium. Unter Postumus und seinen Nachfolgern scheint auch ein unabhängiger gallischer Senat (oder zumindest eine Versammlung aristokratischer Landbesitzer) existiert zu haben (vgl. Drinkwater, Gallic Empire, 28f. 249), was auf die Unterstützung des gallischen Adels verweist. Diese Personengruppe durch einen Rückbezug auf Postumus an sich zu binden, könnte durchaus ein Ziel des Carausius gewesen sein. 287 Die einzigen literarischen Überlieferungen neben den Panegyrici Latini, die sich mit dem britannischen Teilreich und seinem Herrscher Carausius befassen, sind Passagen in den Geschichtswerken von Aurelius Victor, Eutrop und Orosius sowie verstreute, wenig verläßliche Erwähnungen bei mittelalterlichen Autoren. Eine Aufstellung der erhaltenen Quellen findet sich bei Shiel, Episode of Carausius, 1–38. 288 Darüber hinaus ist zu beachten, daß auf den von Carausius im Namen Maximians geprägten Münzen (RIC V, 2 p. 554 n. 32–p. 556 n. 49) Hercules nicht als Rückseitenmotiv auftritt, was wohl zu erwarten gewesen wäre, hätte Carausius ganz bewußt und in großem Stil den Versuch unternommen, sich mittels der Darstellung von Hercules an die herculische Dynastie zu binden. 289 Für Allectus sind nur zwei seltene Antoninianprägungen mit Herculesmotiven belegt, die beide die Legende VIRTVS AVG tragen (RIC V, 2 p. 563 n. 51–52). Hercules ist hier wohl nur als einer von vielen römischen Göttern anzusehen, deren Bild traditionell auf Münzen auftauchte. Eine weit bedeutendere Rolle auf den Münzen spielen auch für Allectus andere Götter und Personifikationen wie Pax, Salus, Providentia oder Victoria (s. dazu RIC V, 2 p. 558–570).

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In jedem Fall kann zumindest bei der derzeitigen Quellenlage nicht davon ausgegangen werden, daß Carausius, anders als vor ihm Postumus und Maximian, eine wie auch immer geartete persönliche Bindung zu Hercules pflegte oder eine solche als eigenständige Programmatik mittels der Münzpropaganda zu präsentieren suchte; in diesem Zusammenhang ist auch anzumerken, daß im Gegensatz zu Postumus und Maximian für Carausius kein Motiv belegt ist, das ihn mit den Attributen des Hercules zeigt. Die Zweitrangigkeit des Hercules gegenüber anderen Göttern und Personifikationen in der britannischen Münzprägung zeigt, daß eine Angleichung an die Selbstdarstellung des Herculiers Maximian mittels der Verwendung von Motiven aus dem Herculesmythos kein vorrangiges Ziel des Carausius war. Ebenso spricht die Seltenheit der Herculesmotive bei Carausius dagegen, daß der britannische Gegenkaiser den Alkiden in einer Art Propagandafeldzug gegen Maximian einsetzte; in diesem Fall würde man eine größere Verbreitung der entsprechenden Typen erwarten. Überlegungen hinsichtlich Angleichung an oder Widerstand gegen Maximian durch die Darstellung des Hercules können folglich durchaus eine gewisse Rolle gespielt haben, sollten jedoch, wenn überhaupt, nur als ein untergeordnetes Ziel der Münzprägung des britannischen Teilreiches betrachtet werden.

II.3 Weitere Zeugnisse zu Hercules aus tetrarchischer Zeit Die durch die Münzen transportierte Ideologie der Abstammung von und des Schutzes durch Hercules findet praktisch keinerlei Echo in der zeitgenössischen Kunst. Archäologische Überreste mit Bezügen auf Hercules, die mit den Kaisern in Verbindung gebracht werden können, sind äußerst selten, wie überhaupt nur wenige Werke der bildenden Kunst mit Herculesmotiven sicher in die Epoche der Tetrarchie datiert werden können. Es wurden, anders als in den vorangegangenen Jahrzehnten, keine Sarkophage mit Szenen aus dem Herculeszyklus mehr gefertigt, und auch im erhaltenen Dekor von Privathäusern finden sich keine Anklänge an die von den Kaisern favorisierten Gottheiten, die über schon früher in der Kunst verbreitete Hercules- und Jupitermotive hinausgehen290. Möglicherweise empfand man die in die tetrarchische Selbstdarstellung eingebundenen Motive, vielleicht wegen der zu deutlichen Überhöhung der Kaiser, als nicht geeignet für Kunst im privaten Rahmen. Das ist aber insofern nicht allzu überraschend, als bereits ab der Mittleren Kaiserzeit keine der augusteischen Zeit vergleichbare Einbindung politischer Symbole in Form von Mythenbildern im Umfeld von Privathäusern mehr feststellbar ist291. 290 Sporn, Selbstdarstellung, 388. 390–393. 291 Sporn, Selbstdarstellung, 398. Erwähnenswert ist in diesem Zusammenhang ferner der Umstand, daß Diocletian und Maximian als aus dem Soldatenstand hervorgegangene Herrscher gerade der stadtrömischen Oberschicht, die ein Urheber für durch die Herrscherideologie inspirierte Kunst hätte sein können, mit Distanz begegneten. Im Stadtbild Roms blieb kaum Platz für die Entfaltung des neuen Herrschaftssystems in Form entsprechender Monumente (vgl. Bauer, Stadt ohne Kaiser, 72f.). Ein Verweis auf Hercules und Jupiter fand sich in Rom meist in Form von Benennungen von renovierten Bauten (ebd., 71f.), nicht jedoch in großangelegten repräsentativen Monumenten. Dementsprechend mag eine verhältnismäßig geringe Sichtbarkeit der kaiserlichen Schutzgötter – sieht man einmal von Münzen ab – auch dazu beigetragen haben, daß diese in Kunstwerken im privaten Bereich keine Rolle spielten.

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Im Folgenden werden die bislang bekannten Fälle von Herculesikonographien, die außerhalb der tetrarchischen Münzprägung auftreten, aber dennoch dem Umfeld der Kaiser zugeordnet werden können, hinsichtlich ihrer Einbindung in die tetrarchische Selbstdarstellung kurz untersucht. II.3.1 Der Tempel des Jupiter in Spalatum Wie oben bereits kurz erwähnt, ist Hercules eingebunden in den architektonischen Dekor eines Tempels in der Palastanlage von Spalatum bei Salona, dem Alterssitz des Diocletian, der den Kern der modernen Stadt Split bildet. Die Konsolen, die das Gesims der Eingangstür des Tempels – der im allgemeinen als derjenige des Jupiter interpretiert wird292 – tragen, zeigen die Köpfe der Gottheiten Sol und Hercules, den Adler des Jupiter, sowie zwei Victorien auf den Eckkonsolen; die Darstellung von zwei Giganten auf den übrigen Konsolen, zu erkennen an ihren Schlangenleibern, sowie von zwei Masken älterer Giganten oder Titanen bestätigt, daß hier in stark vereinfachter Form der siegreiche Kampf der Götter gegen die Giganten thematisiert ist293. Im Dekor des Tempels wird demnach mit der Gigantomachie ein Motiv aufgegriffen, für das sowohl in der tetrarchischen Panegyrik als auch der Münzprägung Parallelen nachweisbar sind, und das die enge Verbundenheit von Jupiter und Hercules – ohne den der Sieg gegen die Mischwesen nicht möglich gewesen wäre – und ihren irdischen Ausdruck, die concordia der Kaiser, betont294. Insofern handelt es sich bei dem Konsolenfries um einen durchaus angemessenen Dekor eines Jupitertempels, selbst wenn der Gott nur durch sein „Wappentier“, den Adler, vertreten ist; falls der ganze Bau tatsächlich dem höchsten Gott geweiht gewesen sein sollte, so mag man diese Art der Darstellung für ausreichend befunden haben. Die entscheidende Figur der Gigantomachie war schließlich mit Hercules anwesend, dessen Bild den Tempel seines Vaters schmückte. Mit dem Tempeleingang befinden sich die reliefierten Konsolen zwar an prominenter Stelle, dabei sollte jedoch nicht außer acht gelassen werden, daß keine weiteren Zeugnisse aus dem Palastareal bekannt sind, die mit Hercules in Verbindung gebracht werden können, so daß die Bedeutung des Gigantomachiefrieses im Rahmen der Gesamtikonographie des Palastes nicht überbewertet werden darf. Hercules nimmt hier einfach die ihm traditionell zukommende Rolle im Kampf der Götter gegen die Giganten ein, was im Falle von Spalatum in der Forschung nur wegen seiner spezifischen Funktion in der tetrarchischen Ideologie besonders hervorgehoben wird. Der Alkide trägt also nur einen kleinen Teil bei zu der ikonographischen und architektonischen Ausstattung der Anlage. Es ist wohl davon auszugehen, daß im Palast des Maximian, der literarisch belegt, jedoch nicht archäologisch nachweisbar ist295, Hercules eine weit bedeutendere Rolle im Dekor übernahm; beweisen läßt sich diese Annahme jedoch nicht.

292 Wrede, Gigantomachie, 67. Als Gründe für diese Zuweisung werden die axiale Bezogenheit auf das Mausoleum des Joviers Diocletian und das ikonographische Programm des Baus genannt. 293 Wrede, Gigantomachie, 67. 69 (Abb. s. ebd., Taf. 2). 294 Vgl. Wrede, Gigantomachie, 70. 295 Srejović, Memorial Monuments, 44 mit Anm. 4.

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II.3.2 Der Galeriusbogen in Thessaloniki Der zu Ehren des Caesars Galerius um das Jahr 300 n.Chr. in Thessaloniki, Residenzstadt dieses Kaisers zwischen 299 und 303 n.Chr., als Teil einer Palastanlage errichtete achtsäulige Ehrenbogen wurde von F. Kolb als „ein in Stein gemeißeltes Pendant zu den Panegyrici“ gedeutet296. Auf dem sogenannten Tetrarchenrelief, das die thronenden Augusti Diocletian und Maximian flankiert von den Caesares Galerius und Constantius sowie verschiedenen Gottheiten und Personifikationen zeigt, fehlt Hercules auffallenderweise; ihn vertritt indirekt Virtus297. Der Jupitersohn tritt dafür in einer Opferszene auf, in welcher Galerius ihm und seinem göttlichen Vater in Anwesenheit Diocletians ein Opfer darbringt298, wobei Hercules und Jupiter allerdings nur in untergeordneter Position als Reliefs auf dem Opferaltar dargestellt sind. Die Szene zeigt also die pietas der Kaiser gegenüber den beiden Stammvätern der Iovii und Herculii sowie die Eintracht innerhalb des Herrscherkollegiums, verkörpert durch die hinter dem Altar stehende Homonoia299. Auf dem Opferaltar ist Hercules ebenso wie Jupiter in thronender Haltung dargestellt, wobei das zugrundeliegende Schema des Motivs durchaus vergleichbar ist mit der frontalen Sitzhaltung, die für Hercules auf den Rückseiten mehrerer tetrarchischer Aurei belegt ist300. Eine weitere Darstellung des Hercules findet sich auf dem Schild eines Soldaten in Szene B II 20, die eine Schlacht zwischen Römern und Persern wiedergibt, mit einem Zweikampf zwischen Galerius und dem Perserkönig Narses im Zentrum des Bildfeldes; der Jupitersohn tritt dabei wiederum nur als Dekor auf einem Gegenstand in Erscheinung301. Vermutlich ist er auf dem Schild in seiner Funktion als siegreicher Bezwinger gefährlicher Gegner (kallinikos) zu verstehen, und gleichzeitig als Beschützer desjenigen, der den Schild trägt, und von dem er als alexikakos Übel abwehrt. Es wurde vorgeschlagen, daß die verlorene Skulpturenausstattung des Monuments unter anderem eine Herculesstatue beinhaltet habe302, doch diese Frage kann mangels relevanter Zeugnisse nicht geklärt werden.

296 Kolb, Herrscherideologie, 158; vgl. Pond Rothman, Panel Reliefs, 427. Zeitpunkt des Baubeginns und der Weihung sind laut Kolb nicht genau festzulegen; als terminus ante quem ist aber wohl das Jahr 303 n.Chr. anzusehen, als Galerius seine Residenz von Thessaloniki nach Serdica verlegte (Kolb, Herrscherideologie, 158; vgl. ders., Diocletian, 160f.). 297 F. Kolb erklärt dieses Fehlen aus der symmetrischen Konstruktion des Reliefs, in dem es für jede dargestellte Gottheit oder Personifikation eine Entsprechung gibt (beispielsweise den ägyptischen Sarapis als östliches Pendant zu Jupiter); für Hercules existierte jedoch laut Kolb keine Entsprechung in der traditionellen Götterikonographie (Kolb, Herrscherideologie, 161; vgl. ders., Diocletian, 169). Kolb weist darauf hin, daß Hercules auch auf einem anderen bedeutenden Monument der Tetrarchenzeit fehlte, dem Fünfsäulenmonument auf dem Forum Romanum, während Jupiter abgebildet war; diese Tatsache deutet er dahingehend, daß die Anwesenheit des Hercules „überflüssig“ gewesen sei, da als Urheber der Tetrarchenherrschaft Jupiter allein betrachtet worden sei (Kolb, Diocletian, 170). 298 In dem von Laubscher erarbeiteten Schema trägt dieses Relief die Nummer B I 17 (Pfeiler B, Seite I, Szene 17; vgl. dazu Laubscher, Galeriusbogen, 26; Taf. 40, 2). 299 Boschung, Botschaft, 363. 300 S. Anhang. 301 Laubscher, Galeriusbogen, Taf. 56, 2. 302 Kiernan, Representation, 94.

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Festzuhalten ist, daß Hercules keine bedeutende Rolle im Reliefdekor des Galeriusbogens einnimmt; obwohl Galerius als Jovier sicher eine engere Beziehung zu Jupiter hatte, ist die geringe Einbeziehung der zweiten Hauptgottheit der Tetrarchie in ein derart prunkvolles Ehrenmonument durchaus auffallend. II.3.3 Romuliana/Gamzigrad Aus der Villa von Romuliana/Gamzigrad, möglicherweise Alterssitz des Galerius, stammen Überreste von Skulpturen, die zwei Statuen des Hercules zugewiesen wurden303. Es handelt sich dabei unter anderem um einen ungefähr 30 cm hohen Marmorkopf, der einen bärtigen Mann darstellt und aufgrund der Kopfhaltung als einer Statue zugehörig interpretiert wird, die den sich auf seine Keule stützenden Alkiden zeigte304. Da die Fragmente aus einem Tempel innerhalb der Anlage stammen305, wurde angenommen, es habe sich dabei um ein Heiligtum für Galerius und Hercules gehandelt306. Dieser Deutung wurde jedoch wohl korrekterweise bald widersprochen, mit dem Argument, daß Galerius nicht der Dynastie der Herculii, sondern derjenigen der Iovii angehörte, was eine Zuweisung des Tempels an Jupiter viel wahrscheinlicher macht, zumal vor dem Tempel auch Überreste einer Kolossalstatue des Jupiter gefunden wurden307. In der Palastanlage wurden auch eine fragmentierte Statuette von Asklepios entdeckt sowie ein Mosaik, das den gelagerten Dionysos darstellt308. Die Auswahl dieser Gottheiten mag, neben der offensichtlichen Bedeutung des Hercules für die tetrarchische Ideologie, 303 Srejović, Late Roman Temples, 58. Zu den unterschiedlichen Identifizierungen der Anlage in der Forschung vgl. Duval, Gamzigrad, 63–65. Anhand eines Inschriftenfundes wurde der Gebäudekomplex 1984 als Felix Romuliana, in der literarischen Überlieferung als Ort des Palastes und des Grabes des Kaisers Galerius erwähnt, identifiziert (ebd., 65; vgl. Ps.Aur.Vict. epit. 40, 16: ortus Dacia Ripensi ibique sepultus est [sc. Galerius]; quem locum Romulianum ex vocabulo Romulae matris appellarat; Prok. aed. 4, 4: (Rwmuli/ana). Die Anlage war lange als eine Villa des späten 3. Jhs.n.Chr. oder als Festung angesehen worden und man hatte dem Komplex wenig Beachtung geschenkt. Erst mit dem 1975 von D. Srejović formulierten Vorschlag, hier den Galerius-Palast zu lokalisieren, und mit dem Fund der Inschrift nahm das Interesse stetig zu. In den folgenden Jahren wurden die Ausgrabungsstätte und die Verbindung mit Galerius im Rahmen der Konstruktion einer serbischen Identität instrumentalisiert (Carlà, Tetrarchia, 71. 73. 75f.). Zu dem Problem, daß zwei Münzfunde der in der Forschung vertretenen Datierung der Bauphasen widersprechen s. ebd., 79. 304 Neben dem Kopf wurde die Plinthe einer Statue mit den Füßen einer männlichen Figur und einem von einem Löwenfell bedeckten Felsen gefunden (Srejović, Late Roman Temples, 58. 61 Abb. 6; 63 Abb. 7; vgl. ders. (Hg.), Towns and Palaces, 245 Kat.-Nr. 77). 305 Fragmente von Marmorskulpturen von Jupiter, Hercules und Minerva wurden entlang der Flanken und der Ostseite des sogenannten „großen Tempels“ gefunden (Vasić, Felix Romuliana, 46). 306 Srejović, Late Roman Temples, 59. W. Kuhoff hält die in dem größeren der beiden Tempel gefundenen Statuenfragmente für Kultbilder von Hercules, Jupiter sowie Mars oder eines Kaisers (Galerius), die in drei Nischen in der Cella-Wand gestanden hätten. Damit wäre der Tempel dem Kaiserkult zuzuweisen (Kuhoff, Altersresidenzen, 170). 307 Srejović (Hg.), Towns and Palaces, 243 Kat.-Nr. 76. B. Brenk weist darauf hin, daß der Fund von Fragmenten einer Kaiserstatue und einer Herculesstatue in der Nähe des größeren der beiden Tempel des Palastes nicht für eine sichere Zuweisung des Heiligtums an eine Gottheit ausreichen (Brenk, Residenzbau, 85). 308 Srejović/Vasić, Imperial Mausolea, 54; vgl. Srejović (Hg.), Towns and Palaces, 43. 245 Kat.-Nr. 77; 244 Kat.-Nr. 78; 266 Kat.-Nr. 92b.

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darauf zurückzuführen sein, daß es sich bei allen drei Göttern um die Nachkommen eines Gottes und einer sterblichen Frau handelte – ebenso wie Galerius sich als Sohn des Mars betrachtete; darüber hinaus wurden alle drei nach ihrem Tod in den Götterhimmel aufgenommen, wie auch der vergöttlichte Galerius309. II.3.4 Der Konstantinsbogen in Rom Ein weiteres öffentliches Monument, auf dem Hercules im Rahmen herrscherlicher Repräsentation eine – wenn auch nicht zentrale – Rolle spielte, ist der 315 n.Chr. vollendete, vom Senat für Konstantin errichtete Ehrenbogen in Rom, dessen Dekor zum größten Teil aus Spolien früherer kaiserlicher Monumente besteht. Zu diesen zählen acht Tondi hadrianischer Zeit mit Jagd- und Opferszenen, in denen die Köpfe in Poträts Konstantins sowie eines anderen Kaisers, vermutlich Licinius, umgearbeitet wurden; vermittelt werden sollten wohl die kaiserlichen Tugenden der virtus und pietas310. Ein Tondo an der der Stadt zugewandten und damit prestigeträchtigeren Seite zeigt ein Opfer für Hercules als Dank für die in dem benachbarten Tondo dargestellte erfolgreiche Löwenjagd; der opfernde Kaiser ist dabei als Licinius zu deuten311, nicht als Konstantin (der seinerseits die Opfer für Diana und vielleicht Silvanus auf der stadtabgewandten Seite durchführt312). Diese Entscheidung dürfte sich aus der Tatsache, daß Licinius zum Zeitpunkt der Weihung des Monuments als Konstantins Mitherrscher fungierte und somit die kaiserliche Eintracht propagiert wurde313, erklären. Zudem wollte Konstantin nach dem Tod von Maxentius und Maximian wohl nicht durch die Darstellung eines Opfers an den göttlichen Ahnherrn der untergegangenen Dynastie mit dem diskreditierten Herculier und seinem Sohn in Verbindung gebracht werden314. Diese Interpretation würde auch übereinstimmen mit der allegorischen Deutung der Jagdszenen, die allgemein die Sieghaftigkeit und virtus des Kaisers zum Ausdruck bringen, als Verweise auf den Sieg über den am Bogen nirgends abgebildeten oder namentlich benannten Maxentius315. Andererseits ist anzumerken, daß in dem vorangegangen Tondo der Löwenjagd Konstantin derjenige ist, der das Tier zur Strecke gebracht hat, in deutlicher Analogie zur Tötung des nemeischen Löwen316. Hercules spielt am Konstantinsbogen keine herausgehobene Rolle; er ist nur eine von mehreren Gottheiten, denen geopfert wird, und in seinem Fall ist der Dedikant nicht Konstantin, sondern der fern von Rom im Osten herrschende Licinius. Die besondere Bedeu309 Srejović/Vasić, Imperial Mausolea, 152–154. Zur Verbindung zwischen Galerius und Dionysos vgl. Vasić, Felix Romuliana, 52f. Zur göttlichen Abstammung des Galerius vgl. Lact. mort pers. 9, 9; Ps.Aur.Vict. epit. 40, 17. 310 Faust, Original und Spolie, 378. 386–389. Zur Anordnung vgl. das Schema in Prückner, Bilderbogen, 75. 311 Faust, Original und Spolie, 387. 389; Prückner, Bilderbogen, 68. 312 Dies wird von H. Prückner dahingehend gedeutet, daß Konstantin bewußt nicht den politisch bedeutenden Göttern Apollo und Hercules, sondern mit Diana und Silvanus zwei Gottheiten opferte, die dem einfacher Bürger als „gute Kräfte der Heimat“ näherstanden (Prückner, Bilderbogen, 69). 313 Faust, Original und Spolie, 390. 314 Prückner sieht in der Tatsache, daß die Opfer an Apollo und Hercules von Licinius durchgeführt werden, einen Hinweis darauf, daß Konstantin sich so „diskret und Provokationen vermeidend“ seinen „amtlichen religiösen Aufgaben“ entziehen konnte (Prückner, Bilderbogen, 69). 315 Faust, Original und Spolie, 390–392. 316 Faust, Original und Spolie, 392.

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tung, die dem Jupitersohn unter den Tetrarchen zugekommen war, hat er folglich eingebüßt, ebenso wie in der konstantinischen Münzprägung. Dennoch ist er nicht nur als Staatsgottheit gekennzeichent, sondern nach wie vor als Chiffre der Tugend an sich, als exemplum virtutis. Hercules ist damit auch insofern zu seiner vortetrarchischen Rolle in der kaiserlichen Selbstdarstellung zurückgekehrt, als er ein Gott ist, dem Opfer von seiten des Kaisers zustehen, jedoch nicht mehr der göttliche Ahnherr des Herrschers. II.3.5 Weitere Herculesdarstellungen aus tetrarchischer Zeit Wie bereits erwähnt, existieren nur wenige Bildwerke mit Motiven aus dem Herculesmythos, die sicher in die Epoche der Tetrarchie datiert werden können. Bei einigen von ihnen wurde aufgrund des Fundkontextes eine Verbindung zu den Kaisern Maximian und Maxentius angenommen. So wurde auf der Spina des Circus des Maxentius an der Via Appia ein wohl ursprünglich zu einer Herculesstatue gehöriger Kopf gefunden. Hier liegt die Annahme nah, daß ein bewußter Bezug zur Ideologie der Herculier gesucht wurde, die die unrechtmäßig erworbene Machtstellung des Maxentius legitimieren konnte317. Darüber hinaus war Hercules jedoch generell ein beliebtes Motiv in römischen Circi. Dementsprechend waren offenbar noch weitere Skulpturen des Alkiden im Maxentius-Circus aufgestellt, wie eine Statuenbasis im Bereich des euripus nahelegt, die gemeinsam mit einer Hand, welche einen Apfel hält, gefunden wurde. Dieser Fund wurde als Überrest einer Statue von Hercules mit den Äpfeln der Hesperiden interpretiert318. Die Herculesmotive können somit sowohl als traditioneller Dekor eines Rennplatzes wie auch als eindeutiger Bezug auf die zeitweise bestehende Herculius-Ideologie des Maxentius in Nachfolge seines Vaters Maximian gedeutet werden. Der Kopf und der Torso einer überlebensgroßen, als Abbild des Hercules identifizierten Statue wurde in der spätantiken Villa von Piazza Armerina auf Sizilien gefunden und lange in tetrarchische Zeit datiert, da der Baukomplex mit der Familie der Herculier, und besonders mit Maximian, in Verbindung gebracht wurde319, wodurch sich die Statue sowie die ebenfalls in der Villa gefundenen Bodenmosaiken mit Motiven des Dodekathlos in ein Programm der dynastischen Legitimation und Selbstdarstellung im Rahmen eines kaiserlichen Palastes eingefügt hätten. Neben der Ikonographie der Mosaike war der kolossale Herculeskopf ein Hauptargument für die Zuweisung der Villa an einen Kaiser der herculischen Dynastie, die jedoch eindeutig widerlegt wurde. Inzwischen geht man von einer Datierung des Villenkomplexes und des dazugehörigen Dekors in die Mitte des 4. Jhs. n.Chr. oder noch später aus320. Damit fallen einige der bislang wichtigsten Bildwerke mit Herculesmotiven aus tetrarchischer Zeit weg. Eine Inschrift aus Thubursicu Numidarum (Khamissa/Africa Proconsularis) scheint sich auf die Errichtung eines Herculesbildes zu Ehren der beiden Augusti Diocletian und Maximian zu beziehen, die auf Beschluß des Stadtrates und der Bevölkerung durchgeführt

317 Frazer, Iconography, 391f.; vgl. Humphrey, Circuses, 285. 318 Humphrey, Circuses, 284. 319 Wilson, Piazza Armerina, 86–92. Die Vermutung, die Villa sei für Maximian errichtet worden, wurde zuerst von H.P. L’Orange formuliert (ebd., 86); H. Kähler sprach sich später für Maxentius als Bauherrn aus (Kähler, Villa, 34f.). 320 Kähler, Villa, 35; Sporn, Selbstdarstellung, 391.

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wurde321. Der Alkide wird hier als Beschützer beider Kaiser angerufen; es ist anzunehmen, daß in tetrarchischer Zeit auch in anderen Städten des Reiches vergleichbare Bildwerke an öffentlichen Orten errichtet wurden, von denen jedoch Zeugnisse fehlen. Auf die Errichtung einer Porticus, die den Genien der Augusti geweiht war, und die sowohl als porticus Iovia als auch als porticus Herculia benannt wird, beziehen sich zwei Inschriften aus Rom, die als Bauherrn den praefectus urbi der Jahre 301–302 n.Chr., L. Aelius Helvius Dionysius, nennen. Die Fundorte der Inschriften lassen darauf schließen, daß es sich bei diesen Säulenhallen um zuvor wohl baufällig gewordene Portiken hinter dem Pompeius-Theater handelte, die man, wie die Formulierung der beiden Texte zeigt, den Genien von Iovius Augustus und Herculius Augustus weihte, wodurch der stadtrömischen Bevölkerung an einem belebten Ort die beiden wichtigsten Götter der Tetrarchen und deren Miteinander präsentiert wurden322. Eine Parallele für die Benennung von Bauwerken nach den Schutzgöttern von Diocletian und Maximian findet sich in Vienne, wo man zwei Stadttore in Porta Iovia und Porta Herculea umbenannte323. II.3.5.1 Fibeln Ebenso wie Medaillons konnten auch – meist aus Gold gefertigte – Fibeln als kaiserliche Geschenke dienen; bei den Empfängern handelte es sich oft um hochrangige Offiziere324. Einzelne Exemplare der Gattung der Zwiebelknopffibeln aus tetrarchischer Zeit sind im Kontext der Beschäftigung mit der Funktion des Hercules in der kaiserlichen Selbstdarstellung kurz zu betrachten325. Die Verbindung zu Jupiter und Hercules als Schutzgötter der Tetrarchen liegt in der Verwendung der theophoren Beinamen in den auf den Fibeln angebrachten Inschriften; es handelt sich dabei um einige der seltenen Zeugnisse für die Verwendung der signa außerhalb der literarischen Quellen. Eine in der Provinz Parma gefundene Bronzefibel läßt sich aufgrund der Pluralformen der signa (IOVIORVM EHRCVLORV [sic!]) der 1. Tetrarchie (293–305 n.Chr.), unter Umständen auch der 2. oder 3. Tetrarchie (305–306 beziehungsweise 306–307 n.Chr.) zuordnen und bezieht sich damit auf das gesamte Kaiserkollegium326. Ein goldenes, eben-

321 Herculem | [invi]ctum pro | [sal]ute [[Diocle]]| [[tiani et Maxi ]]| [[miani]] Augg(ustorum) | [or]do et popu|lus hoc loco | ponendum | censuit | curante | C(aio) Umbrio Ter | tullo e(gregio) v(iro) cur(atore) | r(ei) p(ublicae) (AE 1904, 5). 322 CIL VI 255–256; vgl. Bauer, Stadt ohne Kaiser, 30–32. 323 CIL XII 2229; vgl. Bauer, Stadt ohne Kaiser, 32 Anm. 105; Kuhoff, Diokletian, 638f. 324 Eine Identifikation eines Objektes als kaiserliches Geschenk ist grundsätzlich schwierig, da viele unterschiedliche Objektgattungen – wie Münzen, Medaillons, Schalen, Edelmetallbarren – als ein solches dienen konnten, solange das Kriterium des ideellen oder materiellen Wertes erfüllt war. Eine eindeutige Bestimmung als Geschenk ist nur durch eine entsprechende Inschrift oder bildliche Darstellung sowie gelegentlich durch den Fundzusammenhang möglich (Beyeler, Geschenke, 31–33). 325 Zu diesen sogenannten Kaiserfibeln s. allgemein die Zusammenstellung bei Noll, Kaiserfibel, 227– 238. 326 Beyeler, Geschenke, 248 Kat.-Nr. 5; Noll, Kaiserfibel, 230 Nr. B1. Noll geht an dieser Stelle von den Jahren 284–305 n.Chr. aus, ohne zu berücksichtigen, daß die Vierkaiserherrschaft erst im Jahre 293 n.Chr. eingeführt wurde; in der vorangegangenen Zeit der Dyarchie wäre eine Pluralnennung der Jovier und Herculier sinnlos gewesen, da nur ein Iovius und ein Herculius existierten. Als Erklärung der Genitivendung der signa ergänzt B. Deppert-Lippitz eine Formulierung wie victoria oder gloria (Deppert-Lippitz, Fibula, 47).

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falls aus Italien stammendes Exemplar spricht im Vokativ den Kaiser Maximian direkt an und formuliert den Wunsch seiner andauernden Sieghaftigkeit: HERCVLI AVGVSTE SEMPER VINCAS327. Denselben inschriftlich festgehaltenen Wunsch trägt eine sehr ähnliche Fibel aus den Jahren 306–307 n.Chr., die in Turin aufbewahrt wurde, heute jedoch verschollen ist. Auf ihr ist mit Herculius nicht der Senior-Herculier Maximian, sondern vielmehr der Caesar Konstantin gemeint: CONSTANTINE CAES VIVAS HERCVLI CAES VIVAS328; das geringe Zeitfenster für die Entstehung ergibt sich aus der Rangbezeichnung, da Konstantin nur in den Jahren 306–307 n.Chr. den Rangtitel Caesar ohne weitere Zusätze sowie das signum Herculius trug329. Die aufgrund der auf ihnen inschriftlich vorgenommenen Nennungen von Herrschern sogenannten Kaiserfibeln – nicht zu verwechseln mit den Schmuckstücken, die die Angehörigen der kaiserlichen Familie selbst am Gewand trugen – fanden in der Spätantike als Geschenke an hohe Würdenträger Verwendung, wobei besonders im militärischen Bereich goldene Fibeln als Rangabzeichen belegt sind330. Für das oben angeführte Bronzeexemplar mag man hingegen annehmen, daß es ein Geschenk für einen weniger illustren Empfänger war, möglicherweise aus den Reihen der militärischen Einheiten der Ioviani und Herculiani331. Diese Fibeln dienten als Geschenke und damit Auszeichnungen für ihre Träger; diese wiederum nutzten sie zur Selbstdarstellung, machte doch das Tragen der Objekte als Gewandspange Außenstehenden deutlich, daß sie für ihre Loyalität gegenüber den Herrschern oder auch für bestimmte Leistungen belohnt worden waren. Die Einbindung in den Kontext der kaiserlichen Selbstdarstellung ist in diesem Fall als mittelbar zu betrachten, indem die Besitzer der Fibeln Segenswünsche für die Kaiser präsentierten (die gleichwohl nur aus nächster Nähe erkennbar waren).

II.4 Fazit: Hercules unter der Tetrarchie Die Sichtung der numismatischen, literarischen, epigraphischen und archäologischen Hinterlassenschaften der tetrarchischen Epoche hat ergeben, daß die große Bedeutung des Hercules für die Angehörigen der herculischen Dynastie in erster Linie in der Münzprägung ihren Ausdruck fand. Die Münzen geben am genauesten das Selbstverständnis Maximians 327 Beyerler, Geschenke, 247 Kat.-Nr. 4; Deppert-Lippitz, Fibula, 48f.; Noll, Kaiserfibel, 232 Nr. B2. Als weiterer Kandidat für den Empfänger des Siegeswunsches wurde Konstantin angeführt (Weitzmann (Hg.), Age of Spirituality, 302f.). Der Bezug auf Maximian ist allerdings aufgrund der Verwendung des signum ohne den Eigennamen gegeben, ein Phänomen, das in anderen Medien für Maximian, nicht aber für Konstantin belegt ist. 328 Beyeler, Geschenke, 275 Kat.-Nr. 30; Noll, Kaiserfibel, 235 Nr. B4. 329 Beyeler, Geschenke, 276. Ab der zweiten Hälfte des Jahres 307 n.Chr. wurde Konstantin im Westteil des Reiches als Augustus geführt (Kienast, Kaisertabelle, 298). 330 Vgl. Beyerler, Geschenke, 32. Eine weitere Möglichkeit ist, daß es sich bei den Fibeln mit Kaisernamen um eine Loyalitätsbezeugung durch den Träger handelte, der das Objekt speziell für sich hatte anfertigen lassen; in einem solchen Fall könnte ein kaiserliches Donativ in Form eines Geldgeschenkes angenommen werden, das der Empfänger dazu benutzte, eine Fibel mit dem/den Namen des/der Kaiser/s zu erwerben (Deppert-Lippitz, Fibula, 52). 331 Noll, Kaiserfibel, 239. Zu diesen Einheiten des spätantiken Heeres s. unten Kap. C II.3.3.2.

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und seines Caesars Constantius I. hinsichtlich ihrer Verbindung zu dem göttlichen Begründer ihrer Dynastie wieder; bei den Lobreden handelt es sich hingegen um die Deutung des herrscherlichen Repräsentationsverhaltens durch einen Redner, und somit um keine unmittelbare Quelle zur Sicht auf Hercules durch die Mitglieder der Tetrarchie, wenn auch davon ausgegangen werden kann, daß die Panegyriker so genau wie möglich der Haltung und Meinung der Kaiser zu entsprechen wünschten. Die Panegyrici liefern uns somit ein Bild der Lage am kaiserlichen Hof und geben – mit Einschränkungen – wieder, wie die Kaiser ihren Untertanen, und hier vor allem den Mitgliedern der Oberschicht, die bei den Reden anwesend waren, präsentiert werden wollten; gleichzeitig formulierten sie jedoch auch Wünsche und Ansprüche an die Herrscher. Ebenso wie die Reden verfügten auch Darstellungen von Hercules an Monumenten wie dem Galeriusbogen oder in Diocletians Palast nur über ein eingeschränktes Publikum in den Personen, die in der Lage waren, diese Orte persönlich zu besuchen. Das eigentliche Transportmittel der tetrarchischen Iovius- und Herculius-Ideologie waren jedoch die Münzen als das einzige Medium, das zumindest theoretisch den Großteil der Reichsbevölkerung erreichen konnte und somit den größten Adressatenkreis aufwies. Anders als literarische Werke konnten Münzbilder auch von Menschen verstanden werden, die nicht lesen und schreiben konnten, und die große und bereits seit Jahrhunderten anhaltende Popularität von Hercules in der griechisch-römischen Welt stellte sicher, daß die Herculesikonographie der Münzen zumindest in ihren Grundzügen verstanden wurde. Die meisten Reichsbewohner dürften in der Lage gewesen sein, eine mit Löwenfell und Keule ausgestattete männliche Gestalt – die bei weitem häufigste Erscheinungsform des Alkiden auf den dyarchischen und tetrarchischen Münzen – als eine Abbildung des Hercules zu deuten. Die Kombination mit einem Kaiserporträt auf der Vorderseite (wobei die genaue Identifikation der Person, die durch die Angleichung der Porträtzüge der einzelnen Kaiser schwierig bis unmöglich geworden war, sofern man nicht imstande war, die Legende zu lesen, eine untergeordnete Rolle gespielt haben dürfte) vermittelte die gewünschte Botschaft der Protektion durch Hercules und der Legitimation der von dem göttlichen Stammvater der herculischen Dynastie verliehenen Macht. Weitere Bedeutungsebenen erschlossen sich darüber hinaus durch die Lektüre der Legenden, die erlaubten, die jeweils beabsichtigte spezifische Rolle des Hercules – wie beispielsweise conservator Augustorum – zu deuten. In der Verwendung von Herculesikonographien in ihrer Münzprägung führten die Kaiser der tetrarchischen Epoche die Traditionen des 3. Jhs.n.Chr. fort, wobei vor allem Anknüpfungspunkte zur Münzprägung des Postumus zu finden sind. Es liegen praktisch keine ikonographischen Neuerungen vor; teilweise wurden altbekannte Versatzstücke zu einem neuen Motiv kombiniert. Wenn auch die Herrschaftsform der Tetrarchie neu war, so stützte man sich in ihrer Darstellung nach außen auf Bilder, die teilweise eine lange Verwendung in der römischen Münzprägung aufweisen konnten und die dementsprechend von weiten Kreisen der Bevölkerung zumindest in ihren Grundlagen verstanden worden sein dürften. Die Münzbilder zeigten somit, daß die Tetrarchen einer genuin römischen Tradition der herrschaftlichen Selbstdarstellung entstammten. Allerdings wurde in der Betonung der göttlichen Herkunft der Herrschaft und der alleinigen Legitimation durch Jupiter und Hercules dieses seit Jahrhunderten etablierte Element herrscherlicher Repräsentation auf eine neue Ebene gehoben.

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III Hercules in nachtetrarchischer Zeit In nachtetrarchischer Zeit trat Hercules in der Münzprägung als einem Hauptmedium der kaiserlichen Selbstdarstellung mit Ausnahme einiger konstantinischer Prägungen aus den Anfangsjahren dieses Kaisers nicht mehr auf1. Als einziges Zeugnis der Staatskunst griff, in monumentaler Weise, der Theodosiusbogen in Konstantinopel zumindest indirekt auf den Alkiden zurück. Am häufigsten sind Auftritte des Jupitersohnes allerdings als Folie für das Herrscherlob in literarischen Quellen der nachkonstantinischen Zeit belegt, wobei Hercules sowohl für Kaiser als auch für nicht-kaiserliche Funktionsträger wie den Feldherrn Fl. Stilicho als rühmendes Vergleichsbeispiel herangezogen wurde.

III.1 Hercules und Julian In einem an Themistios gerichteten Brief reagiert Kaiser Julian auf einen Vergleich, den der Philosoph in einem früheren Schreiben zwischen ihm selbst und Hercules und Dionysos angestellt hatte, die jeweils König und Philosoph in einem gewesen seien und die Welt von Übeln befreit hätten2; ihrem Vorbild folgend, sollte Julian als Herrscher ebenfalls die kaiserliche Macht mit der Philosophie verbinden3. Julian erweckt in seiner Antwort jedoch den Eindruck, sich dem Vergleich mit solch großen Vorbildern, zu denen auch Solon und Lykurg zählen, nicht gewachsen zu fühlen, zumal er sein früheres Ziel, Alexander und Marc Aurel nachzueifern, bereits zugunsten eines angenehmen Lebens aufgegeben habe. Selbst wenn der schmeichelnde Vergleich von Themistios als Ermunterung und Aufforderung an den Kaiser zu verstehen gewesen sei – und als Hinweis auf die großen Belastungen, die ihm bevorstanden – würde ihn das entmutigen4. Themistios hatte, ebenso wie in seiner späteren, als Lobrede auf den Kaiser Theodosius I. konzipierten 34. Rede, ohne Scheu mit Hercules einen Vertreter der heidnischen Mytho-

1 Eine von H. Cohen in das Jahr 382 n.Chr. datierte und dem Kaiser Gratian zugeordnete Münze mit dem Motiv des mit seinen Attributen ausgestatteten Hercules (Cohen VIII p. 133 n. 61; vgl. Derichs, Vorbild, 115) ist sicher falsch zugewiesen; für den Hinweis dankt die Verf. F. Carlà (Exeter). 2 Iul. ad Them. 253 C. Der Brief des Themistios an Julian ist nicht erhalten, so daß Rückschlüsse über den Inhalt nur aus der Antwort Julians gezogen werden können. Der Philosoph verfaßte den Brief vermutlich als Protreptikos zum Anlaß von Julians Ernennung zum Caesar im Jahr 355 n.Chr. (Barnes/Vanderspoel, Julian and Themistius, 187f.). Darauf könnte auch die Tatsache hinweisen, daß Julian nicht mit Jupiter, sondern mit zwei Göttern, die im Pantheon eine untergeordnete Rolle spielten, verglichen wird (vgl. ebd., 188). Hinsichtlich der Datierung der Antwort Julians bestehen in der Forschung Kontroversen. Möglicherweise entstand der Großteil des Briefes bereits 356 n.Chr., wurde jedoch erst nach Julians Erhebung zum Augustus im Jahr 360 n.Chr. vervollständigt und abgeschickt (ebd., 189). 3 Vgl. Barnes/Vanderspoel, Julian and Themistius, 188. 4 Iul. ad Them. 253–254 C; vgl. Vanderspoel, Themistius, 120.

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logie verwendet, um einen schmeichelhaften Vergleich mit einer christlichen Persönlichkeit – die Julian zu diesem Zeitpunkt offiziell noch war – anzustellen. In seiner 15. Rede spricht Libanios den Kaiser als jemanden an, dem die Menschen beizeiten Altäre errichten würden wie für Hercules, da Julian ähnlich große Taten vollbringe wie der Alkide und dementsprechend dieselben Ehren verdiene5. Der Kontext sind der Perserfeldzug des Kaisers und die anfänglichen militärischen Erfolge in Mesopotamien, so daß diese die Grundlage für den Vergleich mit Hercules bilden; Libanios nimmt darüber hinaus mit seiner Formulierung eine Deifizierung Julians (in Nachfolge des Hercules) voraus, zu der es nach seinem frühen Tod nicht kommen sollte6. Der Redner aus Antiochia wendete das Herculesbild wiederholt auf den von ihm bewunderten Kaiser an; so hältt er beispielsweise in seinem Epitaphios die Kräfte eines Hercules vonnöten, um in Gallien erfolgreich zu sein, wohin der Caesar Julian von Constantius II. geschickt worden war7. Noch enger bringt er Kaiser und Held in einem späteren Paragraph derselben Rede in Verbindung, wenn er allein dem Namen Julian dieselbe Macht zuschreibt wie dem des Hercules: beide sollten in der Lage sein, Übel abzuzwehren, wenn sie laut ausgesprochen wurden, selbst wenn der so Angesprochene nicht anwesend war8. Für Libanios scheint die Vergöttlichung des toten Herrschers damit stattgefunden zu haben: er erklärt ihn in Nachfolge des Hercules zu einem neuen alexikakos, der überall im Reich und von jeder Person in einer Notlage angerufen werden konnte. Die Äußerungen des Themistios und Libanios sind Zeugnisse dafür, wie Julian von ihm wohlgesonnenen Zeitgenossen gesehen wurde, nicht jedoch für eine mögliche Verbundenheit mit Hercules, die von ihm selbst ausgegangen wäre. Als tugendhaftes Vorbild oder Mittel der Repräsentation nach außen spielte Hercules für Julian auch nach seiner Hinwendung zum Heidentum keine Rolle, wenn er ihn auch ganz allgemein als Vorbild für die Philosophen anerkannte9; in der Münzprägung des Kaisers tritt der Alkide nicht in Erscheinung.

III.2 Hercules und Gratian Noch bevor Hercules unter Theodosius I. ein letztes Mal zu einer gewissen Prominenz in der Staatskunst gelangte, wurde er in der 13. Rede des Themistios mit einem regierenden Kaiser in Verbindung gebracht10. Themistios möchte aufzeigen, daß die Taten Gratians 5 Lib. or. 15, 36. 6 Im Rahmen seiner Darstellung des Perserfeldzuges verwendet auch Ammianus Marcellinus einen Vergleich mit Hercules, indem er Personen, die Julian von seinen Kriegsplänen abhalten wollten (Christen?), mit Pygmäen gleichsetzt, die Hercules angriffen. Der Kaiser und der Alkide begegneten beidem mit Gleichmut: et haec diu multumque agitantes, frustra virum circumlatrabant immobilem occultus iniuriis, ut Pygmaei vel Thiodamas agrestis homo Lindius Herculem (Amm. 22, 12, 4). Thiodamas war der Besitzer des Ochsen, den Hercules schlachtete und verspeiste (vgl. Greg. Naz. or. 4, 77. 122; Lact. inst. 1, 21, 32–35). 7 Lib. or. 18, 32. 8 Lib. or. 18, 186. 9 S. Kap. A II.6.2. 10 Die Rede wird in das Jahr 376 n.Chr. datiert; sie wurde in Rom vor dem Senat gehalten, wohl nicht in Anwesenheit des Adressaten Gratian. Der Anlaß ist unbekannt (Vanderspoel, Themistius, 179f.).

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göttlicher Herkunft geschuldet sind und führt zu diesem Zweck verschiedene Vergleichsbeispiele an, zu denen neben Hektor und Alexander dem Großen auch Hercules zählt11. Auf die beiden erstgenannten geht der Redner nicht ausführlich ein; Hercules jedoch behandelt er in diesem Zusammenhang eingehender und verweist beispielsweise auf die Errettung von Menschen vor dem Tod, die Hercules vom Hades zurück auf die Welt geführt habe, womit er vermutlich auf die bekannte Rettung der Alkestis anspielt12. Für den Redner sind nicht die Siege über die verschiedenen Monster die wahrhaft großen Taten des Hercules, sondern die Bezwingung der Leidenschaft und niederen Gefühle (qumo/j, e)piqumi/a, qra/soj, a)ge/nneia, e)ne/dra13), die Hercules traditionell ebenfalls zugeschrieben wurde. Hier findet sich im übrigen ein Echo auf die Interpretation früherer Schriftsteller, beziehungsweise ein Gegensatz zur Interpretation der Herculesgestalt durch christliche Autoren, die ihm, wie bereits oben aufgezeigt, ebendiese Fähigkeit der Selbstbeherrschung gerne absprachen; der Hercules, mit dem Gratian von Themistios verglichen wird, ist demnach der Hercules der Philosophen und steht in diametralem Gegensatz zum Hercules-Bild der patristischen Literatur. Im Kontext seiner Rede erwähnt Themistios die Möglichkeit einer allegorischen Deutung der Taten des Helden, die jede der Leidenschaften einem der von ihm besiegten Monster zuordnet. Er hält zwar eine solche Vorgehensweise für „plump“ und eine Bemühung „bäuerischer Weisheit“ (Übers. Leppin/Portmann), weshalb er die Methode nicht für alle von Hercules überwundenen Leidenschaften anwenden will, bedient sich der allegorischen Methode aber dennoch für eine Episode, indem er die Schlangen, die Hercules als Kleinkind tötete, als Verkörperungen von Jugend und Ungebundenheit (neottei/a kaiÜ au)ta/rkeia) erklärt14; der Jupitersohn hätte demnach schon im Säuglingsalter gelernt, sich in Selbstbeherrschung zu üben, anstatt kindlich-impulsiv zu handeln. In der Beherrschung seiner Leidenschaften, die seinem jugendlichen Alter widerspricht, gleicht Gratian dem Alkiden. Der junge Kaiser kann seine Triebe also beherrschen, statt sie mithilfe seiner Macht durchzusetzen. Dabei werden ebendiese Leidenschaften durch die aus dem Herculesmythos bekannten Monster versinnbildlicht, so daß man sagen kann, auch Gratian besiege den Löwen, den Eber sowie pollaÜÜ kaiÜ poluke/fala qre/mmata15. Dies wiederum könnte laut Themistios auf eine – dem Hercules vergleichbare – göttliche Herkunft des Kaisers hinweisen. Hercules wird hier auf traditionelle Weise in seiner Rolle als exemplum virtutis von Themistios als Folie für das Lob eines Kaisers eingesetzt, wie es einige Jahre später auch bei Gratians Mitkaiser Theodosius I. geschehen sollte.

11 12 13 14 15

Them. or. 13, 169 A. Them. or. 13, 169 B. Them. or. 13, 169 D. Them. or. 13, 169 D. Them. or. 13, 169 C.

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III.3 Hercules und Theodosius I. In der offiziellen kaiserlichen Repräsentationskunst hatte Hercules seinen letzten Auftritt in der Regierungszeit Theodosius’ I., was aufgrund der vielfach belegbaren Intoleranz dieses Kaisers gegenüber dem Heidentum griechisch-römischer Prägung auf den ersten Blick verwundert. Unsere Kenntnisse über die Verbindung zwischen Theodosius und Hercules entstammen in erster Linie den Schriften des Themistios, der 384 n.Chr. das Amt des Stadtpräfekten von Konstantinopel innehatte und als Erzieher des Thronerben Arcadius dem engeren Kreis des Herrschers angehörte16. Nach einem Hiatus von mehreren Jahrzehnten, in deren Verlauf sich das Kaiserhaus, mit Ausnahme Julians, gänzlich von den heidnischen Göttern gelöst hatte, betonte er erneut die enge Beziehung, die in früheren Jahrhunderten zwischen dem römischen Kaiser und Hercules bestanden hatte, was im Theodosiusbogen in Konstantinopel bildlich umgesetzt wurde. III.3.1 Hercules und Theodosius I. in den Schriften des Themistios In den Reden des Themistios finden sich mehrere Stellen, die eine Verbindung zwischen Hercules und Theodosius herstellen. Es ist jedoch zu beachten, daß es sich dabei, anders als bei den Münzen der Tetrarchen, nicht um eine offizielle, vom Kaiser und seinem Umfeld direkt ausgehende Form der Selbstdarstellung handelt, sondern daß in diesen Schriften vielmehr die Interpretation des kaiserlichen Selbstverständnisses beziehungsweise das panegyrische Lob des Herrschers überliefert ist, wiewohl Themistios jedoch sicherlich nur Dinge äußerte, die sich im Einklang mit dem Selbstbild des Kaisers befanden17. In seiner 34. Rede, gehalten im Jahr 384/385 n.Chr. und wenigstens in Teilen als Panegyricus auf den regierenden Kaiser Theodosius konzipiert, bezeichnet Themistios diesen explizit in Anlehnung an Hercules als kallinikos und sich selbst als Iolaos, der sich als praefectus urbis Constantinopolitanae um die gemeinsame Heimat kümmerte18. Das traditionell für Hercules verwendete Epitheton bezieht sich auf den Kampfesruhm und charakterisiert den Heros ganz allgemein als Sieger gegen böse Kräfte. Der Beiname, der mit Ausnahme von Dionysos für keine andere Gottheit belegt ist19, nahm im Lauf der Zeit auch eine apotropäische Färbung an, die den kallinikos dem alexikakos annäherte20, so daß wohl auch Theodosius in beiden Funktionen verstanden werden konnte. In dieser Rolle als 16 Faedo, Teodosio, 324. Themistios hatte bereits unter den Kaisern Constantius II., Julian, Jovian und Valens eine wichtige Rolle in seiner Funktion als Redner und Mitglied des Senats von Konstantinopel gespielt, wobei seine heidnische Gesinnung sichtlich keinen Hinderungsgrund für sein politisches Vorankommen darstellte (Heather, Themistios, 125f.). Zur Rolle des Themistios unter den Vorgängern des Theodosius und zu seiner Haltung gegenüber diesen sowie seinem neutralen Standpunkt zwischen „heidenfeindlichen Christen“ und „christenfeindlichen Heiden“ vgl. auch Heather, Liar in Winter, 185– 213. 17 Ernesti, Princeps christianus, 445. 18 Them or. 34, 28. Den Vergleich seiner eigenen Person mit Iolaos benutzte Themistios gleichzeitig als Rechtfertigung seiner Übernahme der Stadtpräfektur, die als nicht angemessen für einen Philosophen angesehen wurde (vgl. Them. or. 34, 1). Zur Datierung der Rede s. Penella, Orations, 39. 19 Eur. Bacch. 1147. 20 Adler, Kallinikos, Sp. 1650–1652.

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übelabwehrender Kämpfer für das Gute ist die Herculesgestalt als unverfänglich anzusehen, da sie keine heidnisch-religiösen Untertöne beinhaltet21, was wiederum eine direkte Übertragung der herculischen Funktion des Siegers und Übelabwehrers auf den princeps christianus22 Theodosius ermöglicht. Auch für Konstantin ist im übrigen belegt, daß er in der Rolle des Kaisers, der dem Christentum letztendlich den Aufstieg ermöglicht hatte, mit dem Beinamen kallinikos versehen wurde23, so daß es durchaus im Bereich des Möglichen liegt, daß Theodosius auf diesem Weg eine Verbindung zu seinem Vorgänger herstellen konnte, auch wenn eine solche Assoziation vielleicht für den Heiden Themistios nicht so willkommen wie diejenige mit Hercules gewesen sein mag. Darüber hinaus ist kallinikos auch aus christlichen Texten als Epitheton von Märtyrern überliefert24; darauf bezog sich Themistios zwar sicherlich nicht, aber es belegt, daß es sich um einen Beinamen handelte, der ohne weiteres – und ohne herculischen Bezug – auch auf christliche Personen angewendet werden konnte, weshalb die Verwendung in einer Lobrede auf einen christlichen Kaiser nicht überraschen muß. Dementsprechend konnte die Benennung des Theodosius mit diesem traditionellen Epitheton des Hercules bei den Zuhörern seiner Rede und wohl auch beim Kaiser selbst unterschiedliche Assoziationen wecken, die sowohl auf den antiken Mythos wie auch auf christliche Elemente rekurrierten. Themistios führt ferner aus, was die Größe des Hercules ausmachte: er rettete die Menschen vor der Gesetzlosigkeit und sorgte dadurch dafür, daß die besseren, das heißt tugendhaften Seiten der menschlichen Natur zur Entfaltung kommen konnten25. Durch den anschließenden Verweis auf die Rolle des Theodosius als kallinikos macht der Philosoph also vermutlich deutlich, daß auch die zivilisatorische Tätigkeit des Alkiden auf den Kaiser übertragen werden konnte, ohne dies jedoch direkt auszusprechen. Die Beschwörung der kriegerischen Hercules-Inkarnation des kallinikos und die Versicherung des Themistios, in der Rolle des Iolaos für Konstantinopel zu sorgen, kann im Spiegel der historischen Entwicklungen der frühen 380er Jahre betrachtet werden. Die Rede entstand vor dem Hintergrund der 382/383 n.Chr. im Westteil des Reiches erfolgten Usurpation des Magnus Maximus, die zum Tod des Gratian führte, wie auch der latenten Bedrohung durch die Goten an der Donau und das Partherreich im Osten26. Obgleich es vorerst nicht zu einem offenen Ausbruch der Feindseligkeiten an diesen drei Fronten kam, mag 21 In früheren Jahrhunderten ist allerdings eine kultische Verehrung von Herakles Kallinikos belegt (vgl. z.B. Wagner, Herakles Kallinikos, 21–22; ders., Temple d’Herakles, 23–27). In einer kaiserzeitlichen Inschrift aus Kleinasien wird Herakles Kallinikos (gemeinsam mit Tyche) um eine sichere Reise gebeten (AE 2002, 1382). Mit einer Bitte um die fortdauernde Gesundheit des Augustus ist die Weihung einer Porticus im Namen von Herakles Kallinikos und anderen Göttern verbunden (AE 1999, 1530). Es existieren keine Zeugnisse über ein Weiterleben des Kultes in der Spätantike. 22 Ambr. obit. Theod. 51. 23 Eus. v. C. 1, 41, 2; vgl. Weinreich, Quaestiones, 49. Im 6. Jh.n.Chr. ist das Epitheton für Justinian belegt (vgl. dazu Preisigke/Kießling, Wörterbuch, Sp. 192 s.v. kalli/nikoj). 24 Weinreich, Quaestiones, 49f. Das von Weinreich angeführte inschriftliche Beispiel (CIG 8627) stammt aus den Jahren zwischen 499 und 514 n.Chr; allerdings belegt die Verwendung des Epithetons im Zusammenhang mit Märtyrern bei Methodius Olympius, daß kallinikos bereits in vorkonstantinischer Zeit in einem christlichen Sinn interpretiert werden konnte (Meth. res. 1, 56, 5; vgl. dazu Lampe, Patristic Greek Lexicon, 697 s.v. kalli/nikoj). 25 Them. or. 34, 28. 26 Vgl. dazu Leppin, Theodosius, 89–115.

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man hier dennoch eine Verbindung zu der Rede des Themistios sehen, der möglicherweise von der zögerlichen Persienpolitik des Kaisers enttäuscht war27, so daß man den Verweis auf das Epitheton kallinikos auch als einen Aufruf an Theodosius interpretieren könnte, sich entsprechend diesem Beinamen gegenüber den Gegnern des Imperium Romanum zu verhalten; der Kaiser würde diese Aufforderung dann durch das schmeichelhafte Epitheton nicht als Kritik an seiner Politik verstanden haben. Ebenso mag man hier einen Vorgriff auf künftige Ereignisse sehen, von deren Eintreffen Themistios in seiner Funktion als Panegyriker überzeugt war: Theodosius würde als kallinikos zweifellos über Maximus siegen und in einer Weiterführung dieser Rolle, gleichsam als pacifer, die Ordnung im Imperium wiederherstellen. Ferner wird Hercules von Themistios andernorts explizit als Sieger über grausame Tyrannen bezeichnet28, was man ebenfalls auf die Zeitumstände und den Konflikt mit dem Usurpator Maximus beziehen kann. Auf einer abstrakteren Ebene kann dann möglicherweise eine allgemeine Verbindung zwischen dem Inhalt der Rede, die sich neben der Selbstverteidigung des Themistios gegenüber seinen Kritikern dem Thema des „Philosophenkaisertums“ widmet29, und einer weiteren Inkarnation des Hercules hergestellt werden. Wie bereits erwähnt, diente Hercules seit klassischer Zeit auch als Vorbild und Held der Philosophen; für Themistios war er 30 para/deigma a)reth=j . Somit mag man in der 34. Rede zumindest eine lose Verknüpfung zwischen dem „philosophischen“ Hercules und dem – zumindest in Themistios’ idealisierter Sicht des Theodosius – durch die von Hercules vertretenen Werte beeinflußten Kaiser sehen. Durch den indirekten Bezug auf Hercules als Tugendheld übertrug der Redner dessen a)reth/ auf den Kaiser, ohne dies jedoch zu formulieren31. III.3.2 Der Theodosiusbogen in Konstantinopel Einen architektonischen Ausdruck fand die Bezugnahme des Kaisers auf Hercules in dem Anfang der 380er n.Chr. Jahre errichteten Theodosiusbogen, der als Zugangstor des Theodosiusforums, auch Forum Tauri oder Tau=roj genannt32, in Konstantinopel diente. Die ursprüngliche Gestaltung der Anlage wie auch ihre genaue Lokalisierung – es ist nicht endgültig gesichert, ob der Platz westlich oder östlich des Tores lag – können lediglich 27 Zum zögerlichen Verhalten des Theodosius gegenüber Maximus und den Persern vgl. Leppin, Theodosius, 95; Lunn-Rockliffe, Usurper, 319–321. 28 Them. or. 20, 240 A. 29 Vgl. Ernesti, Princeps christianus, 449. Zur Beziehung zwischen Philosophentum und öffentlichem Amt bei Themistios s. Heather, Themistios, 130–135. 30 Them. or. 20, 240 A. Bei der 20. Rede handelt es sich um einen Epitaphios für Themistios’ Vater Eugenios, der im Jahr 355 n.Chr. gehalten wurde; Hercules dient in diesem Fall nicht als Vergleichsbeispiel für den Herrscher, sondern für den Philosophen Eugenios, entsprechend der Empfehlung des Menander Rhetor bezüglich einer Grabrede (Men. Rh. 2, 421; Them. or. 20, 240 B; vgl. Penella, Orations, 12). Die von Themistios in or. 20, 240 A aufgezählten Taten des Dodekathlos – der erymanthische Eber, der nemeische Löwe, der Kerberos und die Hydra von Lerna – sind demnach allegorisch als das von Hercules besiegte moralische Übel in der Welt zu verstehen. 31 In der 34. Rede findet sich auch ein Verweis auf die Gigantomachie, wobei Themistios allerdings nicht Hercules als den Retter der Götter nennt, sondern vielmehr die Rolle von Apollon und Hermes betont (Them. or. 34, 23). 32 Die Bezeichnung als Tau=roj scheint in der Antike geläufiger als „Theodosiusforum“ gewesen zu sein (Bauer, Stadt, 187).

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anhand schriftlicher Quellen rekonstruiert werden, da nur wenige archäologische Überreste gefunden wurden33. Der Fund von zwei Sockeln, die in der Antike jeweils vier monumentale Säulen trugen, sowie von Fragmenten dieser Säulen und Überresten von zwei weiteren Sockeln erlaubt es allerdings, genauere Überlegungen hinsichtlich der Gestaltung des ursprünglich mit einer Statue des Theodosiussohnes Arcadius bekrönten (vermutlich) westlichen Eingangsbogens des Forums anzustellen34. Die aus Monolithen gefertigten, ungefähr zehn Meter hohen Säulenschäfte waren so gearbeitet, daß sie riesigen Keulen ähnelten, die unterhalb der korinthischen Kapitelle von einer Hand umfaßt wurden, was einen deutlichen Bezug zu Hercules herstellt35. Bei der Gestaltung einer Säule nach einem vegetabilen Vorbild handelt es sich im übrigen nicht um eine Neuerung der Baumeister des Theodosiusforums; in vereinfachter Form findet sich die Nachahmung eines Wacholderstammes beispielsweise in Doppelsäulen aus den römischen Thermen in Varna (Bulgarien)36. Zwei heute im Louvre aufbewahrte keulenförmige Säulen werden aus stilistischen Gründen in das 2. Jh.n.Chr. datiert und haben etwa ein Fünftel der Größe der Säulen des Theodosiusbogens37; vom Westabhang der Athener Akropolis ist ebenfalls eine keulenförmige Säule bekannt38. Auch das Motiv einer von einer Hand umfaßten Herculeskeule ist keine Innovation des 4. Jhs.n.Chr., sondern ist bereits in früheren Epochen in der Kunst gelegentlich belegt39. Dementsprechend ist nicht das Motiv an sich sondern vielmehr seine Verwendung in einem monumentalen architektonischen Rahmen und in einem von einem christlichen Kaiser errichteten Baukomplex als überraschend anzusehen. 33 Mayer, Rom, 131 (zu den Quellen s. ebd., 135f.). Zum Forum allgemein vgl. Naumann, Theodosiusbogen, passim. Rekonstruktion s. Mayer, Rom, 134 Abb. 49. 34 Mayer, Rom, 137. 35 Mayer, Rom, 131. Der den Astnarben eines Baumstammes nachgebildete Dekor der Säulen legt nahe, daß sie nach dem Vorbild einer bestimmten Wacholderart (Juniperus excelsa Bieb.), deren Verbreitungsgebiet von den Ägäischen Inseln bis nach Afghanistan reicht, gestaltet wurden (Kosswig, Vorbild, 261). An dem Aussehen der Stämme dieser Zypressenart sind vielfach die Modellierungen von Baumstümpfen und Keulen in der griechisch-römischen Plastik orientiert, so zum Beispiel im Fall des lysippischen Hercules Farnese (Keule) und einer Statue Konstantins aus Rom (Baumstumpf; s. Hartley et al. (Hgg.), Constantine, 19 Abb. 2). Auch andere Herculesdarstellungen legen nahe, daß seine Keule – entgegen der Überlieferung, die meist von einem Ölbaum ausgeht – zumindest in der Interpretation der Künstler aus dem Holz des Wacholderbaumes geschnitzt war. So zeigen beispielsweise die Keulen verschiedener Repliken der Statuentypen Hercules Lansdowne und Lenbach die für den Wacholder charakteristischen Astnarben (Abbildungen s. Kansteiner, Herakles, Abb. 4. 27. 35. 38). Auch Münzabbildungen der Keule seit der römischen Republik lassen in vielen Fällen eindeutig dieselben Astnarben wie an den Säulen des Theodosiusbogens erkennen (z.B. RRC p. 461 n. 444/1a–c; p. 472 n. 461/1). 36 Kosswig, Vorbild, 261 (Taf. 84, 2); vgl. dazu auch Lauter, Emblem, 51. 37 Faedo, Teodosio, 317 (Taf. 60, Abb. 2–3). L. Faedo nennt darüber hinaus verschiedene unpublizierte Fragmente von keulenförmigen Säulen, die aus Mittelitalien stammen (ebd., 319; Taf. 60, Abb. 1). 38 Lauter, Emblem, 51 (Taf. XI, Abb. 1–2). 39 Faedo nennt als Beispiel eine heute in Hannover aufbewahrte Glaspaste aus dem späten 1. Jh.v.Chr., auf der eine Hand abgebildet ist, die eine Keule senkrecht in die Höhe hält (Faedo, Teodosio, 320 Abb. 3). Die Verwendung der Keule ohne die sie umfassende Hand ist außerhalb der Plastik und der Münzen belegt für römische Ohrringe des 2. und 3. Jhs.n.Chr. (Uhlenbrock (Hg.), Herakles, 111 Kat.-Nr. 52; Taf. 52) sowie für an Ketten zu tragende Anhänger (Werner, Herkuleskeule, 176). Gelegentlich wurden auch die Griffe medizinischer Instrumente in Form von Herculeskeulen gestaltet (Künzl, Medizin, 102).

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Die Einbindung der monumentalen Herculeskeulen in die Platzanlage befindet sich durchaus im Einklang mit der dem Forumsbau zugrundeliegenden Ideologie. Als Zweck der Forumsanlage mit der architektonisch vermutlich an der Trajans- und der Marcussäule in Rom orientierten Theodosiussäule kann in erster Linie die Propagierung der Herrschaft und Erbfolgeregelung der theodosianischen Dynastie gelten40. In den Spiralreliefs der Säule wurde, wie die wenigen erhaltenen Reliefplatten belegen, unter anderem der Sieg des Kaisers über den Usurpator Magnus Maximus im Jahr 388 n.Chr. thematisiert41. Der Zusammenhang zwischen den politischen Ereignissen der Regierungszeit des Theodosius und Hercules ist dabei in den verschiedenen Funktionen zu sehen, die der Jupitersohn im Lauf der Jahrhunderte eingenommen hatte. Bereits in den ältesten Überlieferungen tritt der Heros als Sieger über todbringende Ungeheuer, Kämpfer gegen das Böse und Bringer von Ordnung und Zivilisation auf, ist kallinikos und alexikakos; für die Römer ist er ebenso victor/invictus wie pacifer. In der Rolle als Sieger und Friedensbringer findet sich der Berührungspunkt mit dem ersten Kaiser der theodosianischen Dynastie, der durch seinen Sieg gegen Maximus den Bürgerkrieg beendete und gleichzeitig das Reich gegen äußere Feinde verteidigte42. Theodosius ist also wie Hercules als siegreicher Friedensbringer zu verstehen, eben als der kallinikos, als der er bereits von Themistios bezeichnet worden war. Der Verweis auf Hercules in der architektonischen Gestaltung des Theodosiusbogens ist demnach zunächst auf dessen traditionelle Rolle als Kämpfer gegen das Chaos und Bringer von Ordnung und Sicherheit zurückzuführen. Darüber hinaus sollte jedoch auch die Funktion des alexikakos nicht außer acht gelassen werden, die im 4. Jh.n.Chr. wohl noch einige Beachtung genoß, wie die entsprechenden Verweise in der literarischen Überlieferung, aber auch die Funde von als übelabwehrende Amulette gedeuteten Anhängern in Keulenform sowie möglicherweise die mit Herculesmotiven versehenen Kontorniaten belegen43. Die Herculeskeulen mag man daher als einen Hinweis deuten, daß dieser der dynastischen Selbstdarstellung dienende Komplex unter dem Schutz des Hercules stand, der die Angehörigen der Herrscherfamilie, also die in Form von Statuen auf dem Platz bildlich anwesenden Theodosius, Honorius und Arcadius, vor Unheil bewahrte. Die Keulen flankieren den Eingangbogen des Forums, wodurch Hercules im übertragenen Sinne das Böse am Betreten der Anlage hinderte; der Jupitersohn fungiert hier als Beschützer von Toren wie im Fall des oben behandelten Tores in Ephesos. Des weiteren kann man die keulenförmigen Säulen möglicherweise mit H. Lauter als eine Wiedergabe der Säulen des Herakles deuten. Aufgrund ihrer Position am äußersten Westrand der damals bekannten Welt sind diese als Sinnbild für die Herrschaft über die

40 Vgl. Mayer, Rom, 137. 41 Ein Relieffragment bestätigt darüber hinaus die Aussage der Quellen, nach denen auch Kämpfe gegen Goten auf der Säule dargestellt waren. Anders als die beiden stadtrömischen Säulen feiert die Theodosiussäule, wie auch andere Monumente dieses Kaisers, sowohl Siege gegen innere als auch gegen äußere Feinde (Mayer, Rom, 139). 42 In diesem Kontext kann die Position der Herculeskeulen am Eingangsbogen der Platzanlage auch in einem allgemeinen Sinn als Warnung an sich nähernde Personen verstanden werden und als Hinweis auf die Wehrhaftigkeit der auf dem Forum gefeierten Kaiserdynastie: der Kaiser wird das Reich und das Kaiserhaus mit herculischer Kraft und dem entsprechenden Erfolg verteidigen. 43 Werner, Herkuleskeule, 176f. Zu den Kontorniaten s. Kap. C II.2.3.

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gesamte bewohnte Welt zu verstehen44. Im Fall des Theodosiusbogens könnten die Säulen also allegorisch als ein Verweis auf die Herrschaft des Theodosius über die Oikoumene interpretiert werden45, die es ständig gegen Feinde zu verteidigen galt, wie der Reliefschmuck der Theodosiussäule jedem Besucher des Platzes verdeutlichte. Daneben könnte man unter Umständen in den Säulen auch einen – allerdings sehr abstrakten – Hinweis auf eine der Taten des Hercules sehen, die zwar nicht dem Dodekathlos selbst, aber immerhin dessen Umfeld zuzurechnen ist: Hercules trug für eine kurze Zeit an Stelle des Titanen Atlas das Himmelszelt auf den Schultern und damit im übertragenen Sinne die Verantwortung für die gesamte Welt. Demnach wäre die Verantwortung des Theodosius für das Imperium Romanum in den den Bogen stützenden keulenförmigen Säulen versinnbildlicht46. Die Integration des Hercules in die Architektur des Forums wurde darüber hinaus als Anbindung an den von Theodosius verehrten, wie er ursprünglich aus Spanien stammenden Kaiser Trajan gedeutet, der als optimus princeps in dieser Epoche laut Eutrop jedem neuen Kaiser als nachahmenswert präsentiert wurde47. Auf diesen verwies Theodosius auch durch die Wiederaufnahme der architektonischen Form der Ehrensäule; Trajan wiederum zählte Hercules zu seinen Schutzgöttern und nahm in der Münzprägung Bezug auf den Hercules Gaditanus48. Die keulenförmigen Säulen könnten demnach auch als ein Mittel der Legitimierung der kaiserlichen Macht gedeutet werden, indem Theodosius durch den Bezug auf Hercules in die Nachfolge Trajans gestellt wurde49. Es gilt hier, die Tatsache festzuhalten, daß die besondere Hervorhebung des Hercules am Eingangsbogen des Theodosiusforums sicherlich keinerlei religiöse Konnotationen aufwies50; vielmehr ist Hercules hier in einem panegyrischen Sinn als Topos zu verstehen,

44 Lauter, Emblem, 51. 45 Vgl. Lauter, Emblem, 51. Das Verständnis von den Säulen des Herakles als westliche Grenze der bekannten Welt verfolgt Lauter bis in die frühe Klassik zurück (Pi. O. 3, 44; Pi. I. 4, 11f.) und bringt es mit den Eroberungszügen Alexanders in Verbindung (Curt. 10, 1, 17). 46 Lauter stellt einen solchen Bezug zwischen Hercules und Augustus her, der die Stütze der römischen Welt gewesen sei ebenso wie Hercules die Welt getragen habe (Lauter, Emblem, 52). 47 Eutrop überliefert den gegenüber jedem neuen Herrscher vorgebrachten Wunsch, er möge felicior Augusto, melior Traiano sein (Eutr. 8, 5, 3). 48 Croke, Constantinople, 259; vgl. Faedo, Teodosio, 321f. Zu Trajan und Hercules vgl. Plin. paneg. 14, 5. Bassett weist darauf hin, daß das Theodosiusforum in seiner architektonischen Form auf dem Modell des Trajansforums in Rom basiere (Bassett, Urban Image, 93f.). Inwiefern angenommen werden kann, daß zumindest manche Besucher mit dem Trajansforum vertraut waren, entweder aus eigener Anschauung oder aus Erzählungen von Zeitgenossen, und dementsprechend einen solchen Bezug erkennen und verstehen konnten, ist unklar. 49 Vgl. Faedo, Teodosio, 323. Einige Zeitgenossen verweisen ebenfalls auf diese Verbindung. Them. or. 16, 205 A: Trajan als pro/gonoj kaiÜ a)rxhge/thj des Theodosius; Them. or. 19, 229 C: Trajan, Marc Aurel und Antoninus Pius als poli/tai kaiÜ a)rxhge/tai; Ps.Aur.Vict. epit. 48,1: Theodosius […] originem a Traiano principe trahens. Zum propagandistischen Rückbezug auf die hispanischen Kaiser s. auch Claud. 8, 18–20; Oros. hist. 7, 34, 2. Pacatus legt den Zuhörern in seinem Panegyricus dar, daß Spanien die Heimat eines Gottes (= Theodosius: deum dedit Hispania quem videmus) sei, was unter anderem für Theben als mythischen Geburtsort des Hercules nicht gesichert sei (Paneg. II (12) 4, 5); in einem gewissen Sinne kann man Theodosius dann dem Alkiden als überlegen ansehen, denn die Herkunft des Kaisers war ja gesichert. 50 Vgl. Faedo, Teodosio, 324f.

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der dem traditionellen Fundus der antiken Mythologie entspringt, und in seiner Rolle als exemplum virtutis, kallinikos, pacifer oder alexikakos für den Christen Theodosius wohl keinerlei pagan-religiöse Signifikanz mehr besaß. Es wurde hier auf ein heroisches Vorbild beziehungsweise Vergleichsbeispiel zurückgegriffen, dessen sich bereits viele der Vorgänger des Theodosius auf dem Kaiserthron bedient hatten, so daß es Theodosius möglich war, sich in eine Reihe „guter“ und erfolgreicher Principes einzuordnen, indem er wie diese Hercules als eine Verkörperung kaiserlicher Tugenden instrumentalisierte; sein Schutzgott war der Alkide nicht. Bei diesen Interpretationsansätzen stellt sich die Frage, inwiefern man bei Planung und Bau des Forums davon ausgehen konnte, daß die Besucher der Anlage die Anspielung auf Hercules durch die Darstellung seiner Keule verstehen würden. Dabei spielt die weite Verbreitung und der nach wie vor große Bekanntheitsgrad der Herculesfigur, wie sie in den unterschiedlichen Quellengattungen belegt ist, eine entscheidende Rolle. Es ist daher anzunehmen, daß die meisten Zeitgenossen, ungeachtet ihrer religiösen Überzeugung, auch im späteren 4. Jh.n.Chr. die keulenförmigen Säulen des Theodosiusbogens noch als einen Bestandteil der traditionellen Ikonographie des größten aller mythologischen Helden identifizieren konnten, sofern sie die Gelegenheit hatten, dieses Monument zu besuchen. Daraus folgt, daß der Bauherr die entsprechenden Assoziationen der Betrachter erwartete, und nicht beispielsweise aus Rücksicht auf christliche Elemente in der Bevölkerung die Anspielung bewußt subtil gestaltete, zumal die Säulen in ihrer Größe und Form sicherlich sehr auffällig waren und keine andere gedankliche Verknüpfung als diejenige mit Hercules zuließen. Sichtlich ging man davon aus, daß die Gestaltung der Säulen die auch für viele Christen durchaus akzeptablen Eigenschaften des Alkiden als kallinikos und alexikakos als Anspielung auf die entsprechenden Leistungen und Eigenschaften des Kaisers auf angemessene Weise vermitteln konnte. An dieser Stelle ist auf die im Jahr 389 n.Chr. in Rom auf Theodosius in dessen Anwesenheit51 gehaltene Lobrede des Pacatus zu verweisen. Nach dem Sieg des Kaisers über Magnus Maximus rät der Panegyriker den Dichtern und Künstlern, ihre Aufmerksamkeit nicht den altbekannten Taten des Hercules, der Gigantomachie oder dem indischen Triumph des Dionysos zuzuwenden, sondern ihre Bemühungen vielmehr auf die zeitgenössischen Taten des Theodosius zu richten52. Hier liegt ein impliziter Vergleich zwischen den Leistungen der mythischen Helden und denen des Kaisers vor, wobei denjenigen des Kaisers klar der Vorzug gegeben wird, indem die Künstler auf diese verwiesen werden; die Leistungen der Heroen werden dabei durchaus positiv gewertet, nur sind diejenigen des Theodosius als noch höher einzustufen. Möglicherweise kann man diese Stelle auch dahingehend interpretieren, daß Theodosius selbst von übermenschlicher Herkunft sein mußte, da die von ihm übertroffenen Hercules und Dionysos bekanntermaßen beide Söhne eines Gottes und einer Sterblichen waren. Angesichts des vorangegangenen Lobes des Vaters des Kaisers, des comes Theodosius, der als pater divinus bezeichnet wird, scheint eine solche Deutung nicht allzu abwegig53. Pacatus mag angesichts der christlichen Überzeugung des Theodosius auf eine eindeutige Formulierung einer göttlichen Abkunft verzichtet haben, 51 Nixon, Panegyric, 9. 52 Paneg. II (12) 44, 5. 53 Paneg. II (12) 6, 1–2; 8, 3; vgl. Paneg. II (12) 7, 1 (forma divina).

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was jedoch nicht ausschließt, daß er seine Rede dennoch in diesem Sinne verstanden wissen wollte54. Wie andere Lobredner vor ihm greift auch Pacatus auf die Taten des Hercules als Folie zurück, vor denen die Taten des Kaisers beurteilt werden sollen; diese werden dabei regelmäßig als denjenigen des Jupitersohnes überlegen interpretiert. Die Tatsache, daß in der vorliegenden Rede nicht-christliche exempla verwendet werden, ist dabei keinesfalls in einem religiösen Sinn, d.h. als Zeichen einer anti-christlichen oder pro-paganen Einstellung des Redners zu deuten55. Vielmehr handelt es sich bei solchen Verweisen auf Figuren und Ereignisse des Mythos um einen typischen Bestandteil der Enkomiastik, der erst mit dem Aufkommen christlicher Panegyrik als spezifische Gattung aufgegeben wurde56. Zu den Voraussetzungen der Panegyrik gehört darüber hinaus, daß der Lobredner selbstverständlich nur Dinge äußerte, von denen er sicher sein konnte, daß sie von dem Empfänger der Rede wohlwollend zur Kenntnis genommen würden57. Demnach kann davon ausgegangen werden, daß auch der princeps christianus Theodosius, in Anlehnung an frühere Kaiser, Hercules gerne als mythisches Vergleichsbeispiel akzeptierte, was wiederum die Verwendung des Alkiden sowohl durch Themistios als auch im architektonischen Dekor des Theodosiusbogens zu einem Phänomen macht, daß nicht unter religiösen Gesichtspunkten betrachtet werden sollte. III.3.3 Fazit: Hercules und Theodosius I. Ungeachtet der hier angeführten Beispiele spielte Hercules für das Herrschaftsverständnis des Theodosius insgesamt gesehen eine geringe Rolle. Verweise auf den Jupitersohn beschränken sich auf einige wenige Reden, die vor Mitgliedern der Reichsaristokratie gehalten wurden und kaum weitere Kreise der Bevölkerung erreicht haben dürften, sowie auf ein einzelnes Monument in Konstantinopel, das nur eine verschwindend geringe Anzahl der Bewohner des Imperium Romanum je zu Gesicht bekam. Die Bedeutung des Hercules unter Theodosius I. ist für uns in erster Linie deshalb von Interesse, weil der Alkide in den Jahren zwischen Konstantin und Theodosius völlig aus dem Blickfeld des kaiserlichen Selbstverständnisses verschwunden war und nicht einmal unter dem Heiden Julian eine Position in der herrscherlichen Repräsentation eingenommen hatte. Das nicht vorhandene Interesse der Kaiser der konstantinischen Dynastie an der Herculesfigur kann möglicherweise darauf zurückgeführt werden, daß auch der Begründer der Familie, Konstantin, Hercules – abgesehen von einigen Münzemissionen aus der Anfangszeit seiner Herrschaft – 54 Die halbgöttliche Abstammung des Hercules dient Menander Rhetor als Beispiel dafür, wie man auf die göttliche Herkunft eines Kaisers in einer Lobrede hinweisen kann (Men. Rh. 2, 370). 55 Liebeschuetz identifiziert Pacatus als einen Christen (Liebeschuetz, Religion, 397; vgl. auch Cameron, Last Pagans of Rome, 228). Die sich aus der literarischen Konvention der Gattung ergebende Haltung der Panegyriker hinsichtlich der Religion beschreibt Liebeschuetz treffend als „neutral monotheism“. Daraus ergibt sich ein breiter Spielraum für Christen wie für Heiden, sich in Lobreden auf den Kaiser (wie auch sonstigen literarischen Genres) zu äußern (Liebeschuetz, Religion, 397). 56 Vgl. Nixon, Panegyric, 5. Die Lobrede des Panegyrikers wurde durch die Predigt des Bischofs ersetzt (Liebeschuetz, Religion, 398; vgl. beispielsweise Ambrosius’ De obitu Theodosii). Liebeschuetz illustriert die Entwicklung der Panegyrik fort von mythologischen Exempeln und hin zu rein christlichen Motiven anhand von drei Beispielen des 6. Jhs.n.Chr. (Liebeschuetz, Decline and Fall, 240). 57 Vgl. Men. Rh. 2, 368. In Bezug auf die Tapferkeit des Kaisers gehörte ein Vergleich mit Hercules scheinbar zum Standardrepertoire (Men. Rh. 2, 422).

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nicht in seine Selbstdarstellung einbezogen hatte. Darüber hinaus fehlt, anders als bei Theodosius, bei den Nachfolgern Konstantins auch die Anbindung an frühere Kaiser, die sich auf Hercules berufen hatten.

III.4 Hercules unter Honorius In den Gedichten des ägyptischen Dichters Claudius Claudianus58 finden sich immer wieder Verweise auf und Vergleiche mit Hercules; dabei sind in erster Linie die panegyrischen Gegenüberstellungen von Hercules und Honorius sowie Stilicho von Interesse. Wie sich bereits bei der vorangegangenen Behandlung anderer panegyrischer Werke erwiesen hat, so ist auch im Falle Claudians davon auszugehen, daß die Beschreibung einer Person durch den Dichter dem Selbstbild dieser Person beziehungsweise der Art und Weise, wie sie in der Öffentlichkeit dargestellt zu werden wünschte, weitestgehend entsprach59. III.4.1 Hercules und Honorius Die Funktion als rühmendes Vergleichsbeispiel erfüllt Hercules für den Theodosiussohn Honorius in Claudians Panegyricus auf den vierten Konsulat des jungen Westkaisers. Der erste – allerdings indirekte – Verweis auf Hercules beschränkt sich auf eine Erwähnung des Hesperidengartens, der dazu dient, die Feldzüge des Großvaters des Honorius, des comes Theodosius, zu rühmen, der im Zuge seiner Kampagnen an die äußersten Grenzen des Imperiums und darüber hinaus vorgestoßen war, unter anderem nach Nordafrika, wo der Garten der Hesperiden lokalisiert wurde60. Der ältere Theodosius befand sich damit also zumindest zeitweise auf den Spuren des Hercules, was auch auf seinen Enkel ein positives Licht werfen konnte. Der Dichter verherrlicht mit Honorius zugleich dessen „Herkunftsland“, Konstantinopel (te gaudet alumno/Bosphorus61); die östliche Hauptstadt und damit der Ostteil des Reiches selbst übertreffen durch ihren berühmten Sohn die Geburtsorte selbst der größten Helden des Mythos wie Kreta, Delos und Theben, das hier als Geburtsort des Hercules genannt wird62. Damit überragt im übertragenen Sinne auch der Kaiser die genannten Götter, zu denen Jupiter selbst ebenso gehört wie dessen Söhne. Nach der Herkunft wird die körperliche Leistungsfähigkeit des Honorius hervorgehoben, den man sich sichtlich als mit allen soldatischen Fähigkeiten ausgestattet vorstellen 58 Claudians Religionszugehörigkeit ist umstritten; nach Abwägung der antiken Aussagen und der Forschungsmeinungen ist die Identifikation als Heide vorzuziehen (Cameron, Claudian, 189–227; ders., Last Pagans of Rome, 206–208). Augustinus bezeichnet Claudian als einen Heiden (poeta Claudianus, quamvis a Christi nomine alienus; Aug. civ. 5, 26). Ebenso äußert sich Orosius (paganus pervicacissimus; Oros. hist. 7, 35, 21). G. Bonner sieht darin einen Beleg dafür, daß es sich bei Claudian um einen „semi-Christian“ handelte und damit, nach Bonners Definition, um eine Person, die der christlichen Doktrin und der Kirche selbst positiv gegenüberstand, jedoch pagane religiöse Ansichten beibehielt und eine Taufe verweigerte (Bonner, Extinction of Paganism, 348f. 351). 59 Vgl. Döpp, Zeitgeschichte, 17. 60 Claud. 8, 37f.; vgl. dazu Lehner, Poesie, 23. 61 Claud. 8, 128f. 62 Claud. 8, 132–137. Für einen ganz ähnlichen Vergleich in Bezug auf Spanien und Theodosius I. vgl. Paneg. II (12) 4, 5.

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sollte63; in Bezug auf seine Waffentaten steht Honorius dabei dem Hercules nicht nach. Der Jupitersohn wird hier ebenfalls als junger Mann vorgestellt, der sich zunächst mit Pfeil und Bogen an den Tieren des Waldes übte, bevor er seine Waffen gegen die Giganten zum Einsatz brachte und damit den Sieg der Götter und die Befriedung des Himmels ermöglichte64. Es ist wohl davon auszugehen, daß man sich von Honorius ähnliche Erfolge auf der Erde erhoffte, zumal es bislang während der Herrschaft des Kindkaisers keine bedeutenden militärischen Erfolge gegeben hatte und die Bedrohung durch Gildo in Nordafrika zum Zeitpunkt der Entstehung des Werkes ihren Höhepunkt erreicht hatte65. Ebenso wie der Anblick des Honorius in der Rüstung seines Vaters seine künftigen Siege vorausnahm, konnte man dem jungen Hercules, der sich in Theben im Ringkampf übte66, schon ansehen, daß er zu Großem berufen war. Durch seine frühen Taten machte Hercules seine Mutter Alkmene stolz67; daraus sollte der Leser vermutlich ableiten, daß der erst dreizehnjährige Kaiser seine (allerdings bereits verstorbene) Mutter Aelia Flaccilla ebenso stolz machen würde. Honorius wird hier als dem Hercules ebenbürtig dargestellt, nicht jedoch ihn übertreffend, wie dies sonst in Panegyrici auf Kaiser häufig der Fall ist. In gewisser Hinsicht dem Alkiden überlegen tritt Honorius dann in den Fescennia de nuptiis Honorii Augusti auf; nach der Herkunft und den kriegerischen Fähigkeiten wird nun zusätzlich die Erscheinung des jungen Mannes gelobt, durch die er mehr erreichen könne als Hercules durch Waffentaten: während es Hercules nicht gelang, mit Gewalt der Amazonenkönigin Hippolyte ihren Gürtel abzunehmen, hätte Honorius dies allein durch seine Schönheit (decor) erreichen können68. Das Aussehen des Kaisers als siegbringende Eigenschaft wird also hier über die kriegerischen Fähigkeiten des Hercules gestellt, was man heute unvorteilhaft so deuten könnte, daß dadurch der Mangel an tatsächlichen militärischen Leistungen übertüncht werden sollte; beabsichtig war ein solch negativer Beigeschmack sicher nicht. III.4.2 Hercules und Stilicho Claudian gilt gemeinhin als „Hofdichter“ des magister militum Fl. Stilicho, als der er die Aufgabe hatte, dessen Leistungen zu verherrlichen und in Form von mehr oder minder offizieller Propaganda seinen Lesern zu vermitteln69; daß er es verstand, sowohl dem Kaiser als auch dem die Politik beherrschenden Reichsfeldherrn zu gefallen, beweist die Ehrung durch eine Statue auf dem Trajansforum70.

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Claud. 8, 521–524. 527–529. Claud. 8, 533–536. Vgl. Lehner, Poesie, 97. Claud. 8, 532f. Claud. 8, 535f. Claud. 11, 34–39; vgl. 11, 5: quae digna formae laus erit igneae? Vgl. Döpp, Zeitgeschichte, 16–19. Zur Rolle des Claudian als Stilichos offizieller Propagandist s. besonders Cameron, Claudian, 42–45. Zur Verwendung des Begriffes „Propaganda” ist in diesem Zusammenhang mit Döpp einschränkend festzuhalten, daß den Werken Claudians der heute mit Propaganda im allgemeinen in Verbindung gebrachte Aspekt der schnellen und weiten Verbreitung fehlte (vgl. Döpp, Zeitgeschichte, 20). Die Leserschaft Claudians dürfte sich auf die Oberschicht beschränkt haben, die auch über die für das Verständnis seiner Dichtung notwendige Bildung verfügte (ebd., 40). 70 CIL VI 1710.

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In den Invektiven gegen Rufinus und Eutropius findet sich eine Verbindung von Hercules mit Elementen der Zeitgeschichte nicht nur in Form der Verherrlichung Stilichos; ein Rückgriff auf Taten des Alkiden taucht darüber hinaus auch im Zuge der Verunglimpfung von politischen Gegnern des vandalischen Heermeisters auf. Der erste Bezug auf Hercules in Claudians Gedicht In Rufinum führt dem Leser die Perfidie des Fl. Rufinus, des im Ostreich eine beherrschende Stellung einnehmenden magister officiorum und praefectus praetorio Orientis, der im Jahr 395 n.Chr. auf Betreiben Stilichos ermordet worden war, vor Augen, indem er als Zögling der Megaera dargestellt wird71. Die Furie ihrerseits habe selbst Hercules in Schrecken versetzt, da sie es war, die den Wahn verursachte, in dem der Alkide seine Frau Megara und die gemeinsamen Kinder tötete72. Dies kann im übertragenen Sinne so verstanden werden, daß Hercules der Furie zwar nicht gewachsen war, daß Stilicho, der Held des Gedichtes, sich aber nicht von ihr (und damit Rufinus) würde abschrecken lassen, und somit dem Jupitersohn bereits als überlegen anzusehen sei. Ebenso ist auch der Verweis auf zwei Taten des Hercules zu deuten, die Claudian geradezu als Kinderspiel darstellt im Vergleich zu dem Konflikt mit Rufinus: o mites Diomedis equi! Busiridis arae/clementes73! Wiederum wird hierbei die besondere Leistung Stilichos, der schließlich über Rufinus triumphierte, auf Kosten des Hercules hervorgehoben, dessen Gegner im Vergleich zu dem praefectus praetorio eine geringere, wenn auch noch immer beträchtliche, Herausforderung gewesen seien: die Verdienste des Hercules sind bereits als groß einzuschätzen, Stilichos jedoch als noch größer. Die Behauptung, Rufinus sei schlimmer als die Gegner des Hercules gewesen, wird einige Verse später erneut aufgegriffen und weiter ausgeführt; die Kämpfe des Jupitersohnes gegen die altbekannten Monster (den Löwen, den Eber, Antaios, den Stier, die Hydra, Geryoneus und den Cerberus) können nicht verglichen werden mit der Leistung Stilichos, zumal diese Ungeheuer jeweils ein lokal begrenztes Einflußgebiet hatten, während sich die Untaten des Rufinus auf das gesamte Reich auswirkten74. Einen entsprechend größeren geographischen Rahmen im Vergleich zu Hercules hatten die Unternehmungen Stilichos gegen seinen Feind. Daraus erklärt sich auch der vorangegangene Hinweis auf die große Verantwortung des Reichsfeldherrn, die sich auf das gesamte Imperium erstreckt, indem Bezug genommen wird auf die Übernahme des orbis terrarum von Atlas75. Das Bild eines wie Atlas (und zeitweise Hercules) die Welt auf den Schultern tragenden Stilicho wendet Claudian später auch in seinem Panegyricus zu dessen Konsulat im Jahr 400 n.Chr. an76. In Bezug auf die genannten Taten des Hercules fordert Claudian explizit, keine Vergleiche mehr zwischen den Leistungen des Jupitersohnes und denjenigen Stilichos anzustellen; was sich schon bei der Betrachtung anderer Panegyrici wiederholt gezeigt hat, nämlich daß die gelobte Person sehr häufig Hercules nicht nur gleichwertig ist, sondern ihn sogar über71 Claud. 3, 92f. 109f. Zu Rufinus vgl. Cameron, Claudian, 63–66. 72 Haec (sc. Megaera) terruit Herculis ora/et defensores terrarum polluit arcus (Claud. 3, 79). 73 Claud. 3, 254f. Die anderen Negativbeispiele, die im Vergleich mit Rufinus als geradezu harmlos dargestellt werden, sind sowohl dem Mythos (Sinis, Skiron), als auch der griechischen (Phalaris) und römischen Geschichte (Sulla, Cinna, Spartacus) entnommen (Claud. 3, 251–256). 74 Claud. 3, 285–296: hoc monstrum non una palus, non una tremebat/insula, sed Latia quidquid dicione subactum/vivit, et a primis Ganges horrebat Hiberis. 75 Claud. 3, 273f. 76 Claud. 21, 142f.

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trifft, wird hier ausformuliert: taceat superata vetustas,/Herculeos conferre tuis iam desinat actus77. Wird Stilicho von Claudian zum alles überragenden Helden stilisiert, so zieht der Dichter die Motive des Herculesmythos gleichzeitig heran, um den geschmähten Rufinus zu charakterisieren: er wird nicht nur als Schützling der Furien präsentiert, sondern übertrifft in seiner Bösartigkeit und Schlechtigkeit sogar die mythischen Monster, denen sich Hercules zu stellen hatte (und solche, mit denen er nie konfrontiert war): hoc neque Geryon triplex nec turbidus Orci/ianitor aequabit nec si concurrat in unum/vis hydrae Scyllaeque fames et flamma Chimaerae78. Rufinus ist schlimmer als alle mythischen Ungeheuer zusammen, weshalb es schon eines Stilicho bedurfte, um ihn zu besiegen; ein einfacher Heros wie Hercules hätte hier nicht ausgereicht79. Stilicho ist auch der Held des Bellum Geticum, das die kriegerischen Auseinandersetzungen mit den Westgoten in Italien in den Jahren 400/401–402 n.Chr. thematisiert, die mit der für die Römer siegreichen Schlacht von Pollentia endeten80. Eine erste, allerdings sehr indirekte Verbindung zum Mythos des Hercules in diesem Werk könnte dabei in der Gleichsetzung der in Italien einfallenden Goten mit den Giganten enthalten sein81. Obwohl dies in den entsprechenden Versen nicht ausformuliert wird, war doch allgemein bekannt, daß die Götter letztendlich nur mit Unterstützung des Hercules den Sieg davontragen konnten; ebenso war es Stilicho zu verdanken, daß die Westgoten besiegt und aus Italien vertrieben werden konnten. Dementsprechend möchte Claudian hier möglicherweise andeuten, daß sowohl der Jupitersohn als auch der Heermeister für den Ausgang des jeweiligen Konfliktes unentbehrlich waren82. Sehr viel expliziter ist die Gleichsetzung von 77 Claud. 3, 283f. 78 Claud. 3, 294–296; vgl. 3, 89: prodigium cunctis inmanius hydris. 79 Eine weitere führende Persönlichkeit des Ostreiches, die in einem negativen Sinne von Claudian mit den Taten des Hercules in Zusammenhang gebracht wurde, ist der Eunuch Eutropius, Konsul des Jahres 399 n.Chr., der von dem Dichter in den beiden Büchern der Invektive In Eutropium mit Schmähungen überzogen wird (s. dazu Cameron, Claudian, 124–134). Claudian behauptet darin, daß es eine weit geringere Schande wäre, sollte ein Frau den Konsulat bekleiden, als ein Eunuch, und führt Beispiele berühmter Göttinnen und Heroinen an, zu denen auch Hippolyte zählt, die sich niemandem außer Hercules ergab (Claud. 18, 320–337). An anderer Stelle desselben Werkes wird Busiris erwähnt, mit dem Eutropius indirekt verglichen wird, indem die Hintergründe der Taten des Mythos zu den realen Ereignissen um den Aufstieg des Eunuchen am östlichen Kaiserhof in Bezug gebracht werden (Claud. 18, 157–162). Den Zusammenhang sieht Claudian darin, daß der Seher, der Busiris dazu geraten hatte, Fremde zu opfern, um den Zorn des Jupiter zu besänftigen, das erste Opfer des Königs wurde; ebenso wurden diejenigen Personen, die den Aufstieg des Eutropius gefördert hatten, zu dessen Opfern, deren Vermögen er einzog und die er ins Exil schickte (Claud. 18, 167–170). Claudian macht hier also Eutropius zum einen zu einem blutrünstigen Menschenschlächter, und wertet ihn zum anderen im Vergleich mit mythischen Frauenfiguren deutlich ab, wobei jeweils ein Bezug zum Sagenkreis des Hercules gegeben ist. 80 Vgl. dazu Döpp, Zeitgeschichte, 202–209. 81 Claud. 26, 61–76. Die in dieser Passage namentlich genannten Gegner der Götter, Typhon, Otos und Ephialtes, kann man zu den Giganten zählen, auch wenn sie von ihrer mythischen Herkunft her anderen Gattungen von Urwesen zugeordnet werden können (s. dazu den Gigantenkatalog bei Waser, Giganten, Sp. 655–759, bes. Sp. 737; vgl. auch Hyg. fab. praef. 4). 82 Vgl. Claud 26, 432–434. Die Giganten als Gegner werden auch in Claudians Panegyricus auf den dritten Konsulat des Honorius bemüht, wobei sie wiederum als Folie für die Erfolge und Leistungen Stilichos dienen (Claud. 7, 159–162). Wenn Stilicho die Rolle des Hercules übernahm, so blieb für den Kaiser jeweils nur diejenige Jupiters, was zwar nicht ausgesprochen wird, was man jedoch zwischen

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Hercules und Stilicho an anderer Stelle des Bellum Geticum. So beschreibt Claudian die Szene, als sich Stilicho mit seinem Heer in Norditalien den Goten entgegenstellte. Der Dichter sieht in der Person des Heermeisters den Kaiser, Latium und Rom selbst verkörpert (inque uno princeps Latiumque et tota refulsit/Roma viro)83, und schildert seine Miene im Angesicht des Gegners als ähnlich derjenigen, die Hercules angesichts der Befehle des Eurystheus gezeigt haben dürfte84. Stilicho zeigte also denselben Mut und dieselbe Entschlossenheit, mit denen Hercules seine Taten anging, die schließlich alle gegen scheinbar unbesiegbare Gegner und mit geringer Erfolgschance vollbracht werden mußten; hier wird demnach die innere Stärke des Stilicho an derjenigen des Alkiden gemessen und für gleichwertig befunden. Der Heermeister wird des weiteren mit mythischen Wiederbelebungen Verstorbener in Verbindung gebracht, zu denen die Rettung der (hier nicht namentlich genannten) Alkestis durch Hercules ebenso zählt wie diejenige des Hippolytus durch Artemis und die des Minos-Sohnes Glaukos durch Polyidos85. Diese überlieferten Heldentaten wurden wiederum von Stilicho übertroffen, denn ihm gelang es, nicht nur eine Person ins Leben zurückzubringen, sondern, metaphorisch betrachtet, die Bevölkerung ganzer Städte, die er vor der Eroberung durch die Goten bewahrt hatte, wodurch er zum Retter Roms und ganz Italiens wurde86. Auch die Ehe Stilichos mit Theodosius’ Nichte und Adoptivtochter Serena wird von Claudian in einem herculischen Licht betrachtet; im Rahmen seines Gedichtes Laus Serenae vergleicht er die Eheschließung Stilichos mit Serena mit verschiedenen mythologischen Paaren – Pelops und Hippodameia, Hippomenes und Atalante – und den Wettkämpfen, in denen der jeweilige Heros seine Ehefrau gewonnen hatte87. Dabei wird Serena, die bereits am Anfang des Gedichtes als den großen Heroinen der Vergangenheit, darunter Alkestis, als überlegen geschildert wird, mit Deianeira gleichgesetzt, um die Hercules mit dem Flußgott Achelous kämpfte88. Zugleich wird wiederum deutlich, daß die betreffende Leistung, nämlich daß Stilicho Serenas Hand gewinnen konnte, diejenigen der mythischen Heroen weit überragt: te non Hesperidum pomis, non amne subacto/non socerum fallente rota, sed iudice dignus/Augusto variis Stilicho spectatus in armis/accipit et regni dotes virtute paravit89. Nicht der Sieg über einen Flußgott, nicht die Äpfel der Hesperiden, sondern allein die virtus Stilichos veranlaßten Theodosius, ihm seine Nichte und Adoptivtochter zur Frau zur geben; so überragt der Heermeister durch seine eigene virtus das exemplum virtutis Hercules. Neben den bereits erwähnten Persönlichkeiten der Zeitgeschichte brachte Claudian mit dem praefectus urbis Romae Florentinus noch eine weitere Person in Verbindung mit den Zeilen lesen kann. 83 Claud. 26, 374f. 84 Frons laeta parum, non tristior aequo,/non deiecta malis, mixta sed nobilis ira:/qualis in Herculeo, quotiens infanda iubebat/Eurystheus (Claud. 26, 375–378). 85 Claud. 26, 438–446. 86 Claud. 26, 447–449. 87 Claud. carm. min. 30, 166–170. 88 Claud. carm. min. 30, 12–14. 171–176; vgl. 30, 33: non tamen audebunt (sc. heroides) titulis certare Serenae. 89 Claud. carm. min. 30, 177–180.

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Hercules. Allerdings handelt es sich bei dem entsprechenden Gedicht, De raptu Proserpinae, nicht um ein politisch inspiriertes Werk wie die Panegyrici und Invektiven, sondern um eine Dichtung auf der Basis des Mythos vom Raub der Proserpina. In der praefatio zum zweiten Buch spricht der Dichter den Adressaten Florentinus ganz direkt als Tirynthius alter an, nachdem er ein dem Orpheus in den Mund gelegtes Lied über die Taten des Hercules wiedergegeben hat, das mit der Tötung der von Juno geschickten Schlangen durch den Säugling Hercules beginnt90. Es folgt eine Aufzählung einiger der berühmtesten Taten des Alkiden, wobei den kanonischen Taten auch bekannte Parerga wie die Kämpfe gegen Cacus (die schon mehrfach erwähnte „römischste“ Tat) und Antaios hinzugefügt sind91. Während eben diese Taten Orpheus zu seinem Lied inspirierten, sieht sich Claudian sichtlich seinerseits durch Florentinus inspiriert92, weswegen dieser für ihn zu einem „zweiten Hercules“ wird – die Inspiration des Dichters ist also die einzige für uns erkennbare Gemeinsamkeit zwischen dem Alkiden und Florentinus93. Anders als dies bei Stilicho und Honorius beziehungsweise bei den beiden Negativbeispielen Rufinus und Eutropius der Fall ist, läßt sich allerdings dem Gedicht nicht entnehmen, welchen Anlaß Florentinus zu dem schmeichelhaften Vergleich mit Hercules gab, der bei Claudian ansonsten dem Kaiser und seinem engsten Vertrauten vorbehalten war; die bislang vorgebrachten Erklärungsversuche bleiben unbefriedigend94. Feststellen läßt sich nur, daß Claudian sich durch 90 Claud. rapt. Pros. 2 praef. 49. Anders als in der Forschung lange angenommen, ist davon auszugehen, daß es sich bei der praefatio des zweiten Buches um einen integralen Bestandteil des Gedichts handelte, und nicht etwa um einen Text, der als vitiosum insertum zu gelten hat (Dutsch, Poem, 217f.). 91 Claud. rapt. Pros. 2 praef. 29–48. In dieser Aufzählung wird auch Hercules’ Auseinandersetzung mit den Kentauren auf dem Berg Pholoe in Arkadien angeführt (Claud. rapt. Pros. 2 praef. 44); darin könnte ein versteckter Hinweis auf den Sieg Stilichos über Alarich an demselben Ort im Jahr 397 n.Chr. enthalten sein (Gruzelier, De Raptu, xix. 159; gegen diese Deutung: Cameron, Claudian, 456). 92 Sed tu Tirynthius alter/Florentine, mihi: tu mea plectra moves/antraque Musarum longo torpentia somno/excutis et placidos ducis in orbe choros (Claud. rapt. Pros. 2 praef. 49–52). An dieser Stelle sieht G. Micunco einen Bezug zu Paneg. IX (4) 7, 3, wo Hercules als Musagetes auftritt und durch seine Rolle als Friedensbringer erst die Musarum quies ermöglicht, ebenso wie Orpheus erst wieder zu singen begann, nachdem Hercules in Thrakien die Pferde des Diomedes gezähmt hatte (Micunco, Lode di Ercole, 156; vgl. Claud. rapt. Pros. 2 praef. 9–16). 93 Die Forschung plädiert an dieser Stelle dagegen, nach Übereinstimmungen zwischen den Taten des Hercules und dem Leben des Adressaten Florentinus zu suchen; statt dessen sei nur von einem ganz allgemein gehaltenen, oberflächlichen Vergleich zwischen den beiden auszugehen (vgl. Dutsch, Poem, 218f.). 94 Die Theorie, daß es sich bei Florentinus um ein dem Stilicho verliehenes cognomen handelte, was den Dedikanten von De raptu Proserpinae also als den Heermeister selbst identifizieren würde (und somit auch eine Erklärung für die Gleichsetzung mit Hercules böte), gilt als widerlegt (s. dazu Cameron, Claudian, 453f.). Ebenso widerspricht Cameron der Theorie T. Birts, nach der der Zusammenhang zwischen Hercules und Florentinus darin zu sehen sei, daß der Stadtpräfekt die Getreideversorgung Roms, die eigentlich von Nordafrika abhing, sicherte, indem er während des Krieges gegen Gildo auf Lieferungen aus anderen Regionen zurückgriff; dies sei der Anlaß für die an Hercules gerichteten Verse te Libyci stupuere sinus, te maxima Tethys/horruit inposito cum premere polo gewesen (Claud. rapt. Pros. 2 praef. 45f.; dazu Cameron, Claudian, 454f.; Dutsch, Poem, 220). Die von Claudian in der Aufzählung als letzte angeführte Tat der Übernahme des Himmels von Atlas (Claud. rapt. Pros. 2 praef. 45–48), deutet Gruzelier dahingehend, daß es sich dabei um eine hyperbolische Darstellung der Verantwortung handelte, die der Stadtpräfekt Florentinus von Stilicho übernahm, wobei in diesem Bild Stilicho zu Atlas, Florentinus zu Hercules würde (Gruzelier, De Raptu, 159). Gleichzeitig läge damit ein – aller-

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Florentinus zur Fortführung der vorher eine Zeitlang unterbrochenen Arbeit an dem Gedicht veranlaßt sah95. III.4.3 Fazit: Hercules unter Honorius Es bleibt festzuhalten, daß Hercules von Claudian wiederholt als Folie für die Eigenschaften und Taten des Kaisers Honorius und des magister militum Stilicho, faktisch des mächtigsten Mannes des Westreiches, eingesetzt wurde. Dabei werden die Leistungen der zeitgenössischen Persönlichkeiten entweder denjenigen des Hercules als gleichwertig oder aber als deutlich überlegen dargestellt. Darüber hinaus dienen die Gegner, mit denen Hercules konfrontiert war, als Vergleichsbeispiele für die Schlechtigkeit und Bösartigkeit der Gegner Stilichos, wiederum in dem Bestreben, ihn und seine Taten zu preisen. Dennoch sollte nicht außer acht gelassen werden, daß Hercules in den panegyrischen Werken Claudians, gerade im Vergleich zu den 100 Jahre früher entstandenen tetrarchischen Lobreden, eine verhältnismäßig geringe Rolle zukam. Dies dürfte darauf zurückzuführen sein, daß weder für Honorius noch für Stilicho eine herculische Ideologie der Selbstdarstellung belegt werden kann, wie sie bei Maximian und, zu einem geringeren Grad, seinen Mitkaisern vorlag. Hercules tritt dementsprechend bei Claudian als traditioneller Topos des Herrscherlobes in Erscheinung, ohne daß ihm eine herausragende Funktion zugekommen wäre (die auch nicht in anderen zeitgenössischen Quellen nachgewiesen werden kann)96.

III.5 Hercules und die Kaiser des 5. Jhs.n.Chr. Noch in der Mitte des 5. Jhs.n.Chr. diente Hercules als Folie für die Eigenschaften und Taten verschiedener Kaiser, wie sich den Panegyrici des Sidonius Apollinaris entnehmen läßt. Der gallische Aristokrat wurde in der Forschung gerne als ein eher „lauer“ Christ angesehen; die literarischen Werke, die Sidonius vor seiner Ernennung zum Bischof um das Jahr 469/470 n.Chr. verfaßte, enthalten nur wenig christliches Gedankengut. Christliche Inhalte werden erst nach der Bischofwahl in seinen Briefen zahlreicher97. Mittlerweile hat sich die Sicht der Dinge dahingehend geändert, daß man Sidonius durchaus eine tiefe christliche Überzeugung zubilligt, obwohl er in Form und Inhalt seiner Werke der literarischen Tradition der klassischen (also heidnischen) Antike folgt98. Deshalb jedoch seinen

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dings nicht spezifizierter – Grund für die Widmung des Werkes an den sonst bei Claudian nirgends erwähnten Florentinus vor (ebd., 159f.). Micunco hingegen hält eine Verbindung der friedensbringenden Rolle des Hercules nach den Konflikten unter Theodosius mit der Behebung der Getreidekrise durch Florentinus für übertrieben (Micunco, Lode di Ercole, 156). In Betracht zu ziehen ist in diesem Zusammenhang auch das Zeugnis des Symmachus, der die Entlassung des Florentinus aus dem Amt des praefectus urbi auf dessen mangelhafte Amtsführung zurückführt (Symm. epist. 6, 64, 3; vgl. Gruzelier, De Raptu, xix), was schlecht mit einem Tirynthius alter vereinbar ist. Vgl. Cameron, Claudian, 463. Vgl. Cameron, Last Pagans of Rome, 455: „as he (sc. Hercules) appears in the comparisons in Claudian’s panegyrics Hercules is no more than a panegyrical commonplace“. Kaufmann, Studien zu Sidonius, 55. Zu dem in der älteren Literatur vertretenen lauen Christentum des Sidonius vgl. beispielsweise Stroheker, Adel, 69. Harries, Sidonius, 103; Watson, Representing the Past, 180.

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christlichen Glauben in Frage zu stellen, erlauben die sonstigen Zeugnisse über sein Leben nicht, die ihn seit etwa 469 n.Chr. als Bischof der Arverni in Augustonemetum (ClermontFerrand) belegen99. Wie bereits mehrfach herausgearbeitet wurde, schließen sich jedoch christlicher Glaube und Kenntnis der paganen Literatur und Mythologie sowie deren Umsetzung in eigenen Werken keineswegs aus100. Darüber hinaus erfordert gerade die Gattung des Panegyricus das Hinzuziehen mythologischer Elemente, so daß das Vergleichsbeispiel „Hercules“ in der Tradition früherer Werke dieses Genres steht. III.5.1 Hercules und Avitus In den beiden Panegyrici, die Sidonius auf Avitus und Anthemius verfaßt hat, sowie in einem Brief an Majorian tritt jeweils der Alkide, ebenso wie andere Figuren des antiken Mythos, in Erscheinung. Im Carmen 7, der Lobrede auf seinen Schwiegervater Avitus, die er zum Anlaß des Konsulats dieses Kaisers im Januar 456 n.Chr. in Rom hielt101, wird eine Episode aus dessen Jugend erzählt, nach welcher der Junge mit einem Stein eine jagende Wölfin erschlagen habe. Als mythologischer Vergleich für diese Heldentat wird anschließend der Kampf des Hercules mit dem nemeischen Löwen angeführt, dem der Heros ebenfalls ohne Waffen entgegentrat102. Wie der Kampf gegen den Löwen von Nemea die erste der großen Taten des Jupitersohnes war, so wird bei Sidonius die Tötung der Wölfin als erste aktive Leistung des Avitus genannt, die seine späteren Heldentaten vorausahnen ließ103. Die Episode aus dem Leben des jungen Avitus ist eingebettet in die Beschreibung seiner Kindheit und Erziehung und sollte sichtlich auf die ruhmreiche Bestimmung des späteren Kaisers hinweisen, die dessen Vater schon bei dem Säugling zu erkennen glaubte104 – schließlich ließ auch Hercules bereits als Kleinkind seine kommenden Großtaten erahnen, als er die von der Stiefmutter geschickten Schlangen tötete105. Das Motiv der Vorwegnahme künftiger Leistungen des Kaisers in Verbindung mit den Taten des jungen Hercules war im übrigen, wie oben gezeigt, bereits von dem Lobredner Nazarius auf Konstantin angewandt worden. In dem Panegyricus auf Avitus wird Hercules noch ein zweites Mal als Vergleichsbeispiel herangezogen, im Zusammenhang mit Avitus’ Erhebung zum Kaiser. Die Miene des neu ernannten Kaisers bei dieser Gelegenheit sei derjenigen des Hercules zu vergleichen, 99 Watson, Representing the Past, 180. 100 In den ersten Versen des an den Bischof Faustus gerichteten Carmen 16 jedoch stößt Sidonius explizit die Figuren der heidnischen Mythologie, die er ansonsten vielfach in seinen Werken verwendet, zugunsten biblischer Inhalte von sich (Sidon. carm. 16, 1–5), was allerdings wohl der Identität des Adressaten geschuldet ist. 101 Watson, Representing the Past, 179. In diesem Gedicht sind die heidnischen Gottheiten allgegenwärtig, den Rahmen bildet ein Götterrat, dem auch Hercules als Tirynthius hirtus angehört (Sidon. carm. 7, 29), und Avitus wird als von Jupiter zum Kaiseramt auserwählt präsentiert (Watson, Representing the Past, 184). Zu dem Panegyricus allgemein vgl. Kulikowski, Carmen VII, passim. 102 Sidon. carm. 7, 177–186. Im Rahmen der „Handlung“ des Gedichtes ist Jupiter an dieser Stelle der Erzähler und berichtet von den Taten seines Auserwählten, also des Kaisers. 103 Vor dieser Tat hatte er im Rahmen seiner Erziehung nur geistige Leistungen erbracht, indem ihm Geschichte und Literatur vermittelt wurden (Sidon. carm. 7, 174–177); ferner hatte er, von seinem Vater veranlaßt, gelernt, Kälte und Schnee zu trotzen, um sich abzuhärten (Sidon. carm. 7, 171–173). 104 Sidon. carm. 7, 167f. 105 Vgl. Sidon. carm. 15, 136–139.

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als er von Atlas die Last des Himmelsgewölbes übernahm106. Die Verantwortung, die der Kaiser damit auf sich genommen hatte, läßt sich bereits vorausahnen: wie Hercules das Firmament trug, so übernahm Avitus die Aufgabe, für das Imperium Romanum zu sorgen. Hercules dient hier also als Vorbild für das freiwillige Aufsichnehmen unmenschlicher Lasten, denen eigentlich nur ein (Halb-)Gott gerecht werden konnte. III.5.2 Hercules und Majorian Die engste Verbindung zwischen Hercules und einem Kaiser stellt Sidonius in seinem Carmen 13 her, einem wohl auf den Panegyricus auf Majorian nachfolgenden Brief in Gedichtform an diesen Kaiser, den er mit einer langen Aufzählung der Taten des Alkiden beginnen läßt107. Das nur 40 Verse umfassende Gedicht hat die Form einer Bittschrift an Majorian, der der Stadt Lyon hohe Steuern als Strafe für eine Rebellion auferlegt hatte; Sidonius bittet den Kaiser um Aufhebung dieser Steuern108. Bereits in den beiden ersten Versen greift er die Rolle des Hercules als universaler Helfer auf, der mit der Aufnahme in den Himmel belohnt wird109; hierin mag ein Hinweis darauf versteckt sein, daß auch Majorian für seine Leistungen, die im Folgenden mit denjenigen des Hercules in Verbindung gebracht werden, mit der Unsterblichkeit – zumindest im metaphorischen Sinne110 – belohnt werden würde. Daran schließt sich die Auflistung der kanonischen Taten des Dodekathlos (mit Ausnahme der Reinigung der Augiasställe) an, denen Sidonius die Begegnung mit Cacus sowie den Kampf gegen Antaios oder Kyknos (gigas) hinzufügt. Auffallend ist dabei, daß die Auseinandersetzung mit Geryoneus als die herausragendste Leistung des Hercules bezeichnet wird111. Die besondere Hervorhebung dieser Episode dürfte durch den Vergleich, den Sidonius zwischen den neu erlassenen Steuern und dem dreiköpfigem Monster anstellt, zu erklären sein. Die Dreizahl ist dabei möglicherweise als ein Hinweis auf die Höhe der von Majorian erhobenen Abgabe zu verstehen, die vielleicht verdreifacht wurde112. Der Dichter bittet den Kaiser, sich die Einwohner von Lyon in der Rolle des Eurystheus vorzustellen, für den Majorian dann, wie einst Hercules, das dreiköpfige Ungeheuer töten, also wohl die Steuern erlassen sollte113. Darü106 Haud alio quondam vultu Tirynthius heros/pondera suscepit caeli simul atque novercae/cum Libyca se rupe Gigas subduceret et cum/ tutior Herculeo sedisset machina dorso (Sidon. carm. 7, 581–583). 107 Dementsprechend stammt der Brief wohl wie der Panegyricus aus dem Jahr 458 n.Chr. (vgl. Kaufmann, Studien zu Sidonius, 47). 108 Anderson, Poems, 214 Anm. 1; vgl. Mathisen, Resistance, 610. 109 Amphitryoniadem perhibet veneranda vetustas/ dum relevat terras, promeruisse polos (Sidon. carm. 13, 1f.). 110 Vgl. Sidon. carm. 13, 32–34: quod si contuleris tuo poetae/mandem perpetuis legenda fastis/quaecumque egregiis geris triumphis. 111 Nulla tamen fuso prior est Geryone pugna/uni tergeminum cui tulit ille caput (Sidon. carm. 13, 13f.). 112 Anderson, Poems, 214 Anm.1. 113 Diese Gleichsetzung der Bürger von Lyon mit dem König von Mykene ist problematisch. Hercules diente diesem ja keineswegs aus eigenem Antrieb, was die Entscheidung, Majorian als Hercules als den unwilligen Befehlsempfänger des Volkes hinzustellen, nicht nachvollziehbar macht. Eurystheus gibt im Mythos keine rühmliche Figur ab, und ein Kaiser wollte wohl kaum als Befehlsempfänger einiger Stadtbewohner verstanden werden, selbst wenn er in die ruhmvolle Rolle des Hercules gedrängt wurde. Da es sich bei dem Gedicht um eine Bitte an den Kaiser handelt, scheint auch die Möglichkeit, Sidonius habe den Bürgern schmeicheln wollen, indem er ihnen ihren Kaiser als einen seine Befehle erwartenden Hercules beschreibt, wenig überzeugend. Der Autor folgt in dieser Passage offen-

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ber hinaus handelt es sich bei der Geryoneus-Tat auch um dasjenige Abenteuer des Heros, das dem Zug nach Italien voranging, und das die Voraussetzung schuf für die „römischste“ der Herculestaten, den Kampf gegen Cacus; diese – im Vergleich zu den anderen kanonischen Taten – enge Verbindung des Geryoneus-Kampfes zu den Römern mag ebenfalls ein Grund für die besondere Hervorhebung dieser Tat gewesen sein. Besonders signifikant ist hier jedoch die Tatsache, daß Sidonius den Kaiser ganz direkt als Tirynthius alter anspricht, wobei er Majorian im selben Satz magni maxima cura dei nennt114. Eine ähnliche Übertragung eines Beinamens des Hercules auf den Kaiser hatte bereits bei dem Epitheton kallinikos vorgelegen, das bereits von Themistios auf Theodosius angewendet worden war. Einen weiteren Bezug zwischen dem Alkiden und dem Kaiser stellen die Gegner dar, denen sich beide zu stellen hatten. Die Widersacher des Hercules wurden bereits in den Versen 4 bis 13 aufgezählt, und Sidonius enthüllt nun, daß Majorian ganz ähnliche Wesen selbst getötet habe, was ihn zu einem Heros machte, den man nur noch mit Hercules vergleichen konnte: […] princeps, magni maxima cura dei/quem draco, cervus aper paribus sensere sagittis/cum dens, cum virus, cum fuga nil valuit115. III.5.3 Hercules und Ricimer Im Panegyricus auf den Kaiser Anthemius, den Sidonius im Jahr 468 n.Chr. in Rom hielt116, wird Hercules im Zusammenhang mit der Hochzeit der Kaisertochter Alypia mit dem germanischen Heermeister Fl. Ricimer im Jahr 467 n.Chr. erwähnt. Sidonius zählt verschiedene Hochzeiten aus der griechischen Mythologie auf, zu denen auch diejenige von Hercules und Deianeira gehört, um die besondere Bedeutung der Eheschließung hervorzuheben, die alle mythischen Exempel an Bedeutung übertraf117; das Ziel war es wohl, den allmächtigen magister militum Ricimer dem aus dem Osten geschickten neuen Kaiser Anthemius gewogen zu stimmen118. Dabei wird jeweils die besondere Herausforderung oder Gefahr, die mit der Ehe der Heroen und Heroinen einherging, thematisiert. Im Falle von Hercules handelt es sich um den Ringkampf des Hercules mit dem Flußgott Achelous, den der Alkide erst besiegen mußte, bevor er die von Achelous begehrte Deianeira heiraten konnte119. Die mythische Szenerie ist allerdings schwer auf die historischen Ereignisse zu

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bar nicht den Prinzipien des Enkomiums, da er zwar den Erwartungen der Bürger an den Kaiser Ausdruck verleiht, diesen aber im Gegensatz trotz der Identifikation aufgrund des mythischen Kontextes nicht uneingeschränkt positiv darstellt. Sidon. carm. 13, 15f. Sidon. carm. 13, 16–18. Dabei sind jeweils hydra und draco, cerva und cervus, sowie monstrum ex Erymanthide silva und aper gegenüberzustellen. Sidonius stellt hier einen Rückbezug zu Carmen 5, dem Panegyrikus auf Majorian her, in welchem er die Fähigkeiten des Kaisers als Bogenschütze preist: tribus hunc tremuere sagittis/anguis, cervus, aper (Sidon. carm. 5, 153f.). Watson, Representing the Past, 180. Circumspice taedas/antiquas: par nulla tibi sic copula praesto est (Sidon. carm. 2, 487f.). Vgl. O’Flynn, Anthemius, 125. Sidon. carm. 2, 497–499. In Carmen 14 nimmt Sidonius im Rahmen des Vorwortes eines Epithalamiums auf dieselbe Episode aus dem Leben des Hercules Bezug (Sidon. carm. 14, 16–20). Auch in Hochzeitsgedichten diente Hercules dem gallischen Dichter also als mythisches Exempel, was die vielseitige Verwendbarkeit und verbreitete Akzeptanz der Herculesfigur unterstreicht (vgl. Sidon. carm. 10, 15; 15, 135–143).

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übertragen, da die Hochzeit Ricimers und Alypias keineswegs mit Kämpfen oder offenen Konflikten oder auch nur einem Rivalen um ihre Hand in Verbindung gebracht werden kann. Wiederum wird Hercules hier, wie so oft in der Panegyrik, von der gelobten Person übertroffen120, denn in keinem der angeführten mythologischen Exempel ist das Paar so „well-matched“121 wie es angeblich bei dem Generalissimus und der Kaisertochter der Fall war. III.5.4 Fazit: Hercules und die Kaiser des 5. Jhs.n.Chr. Es handelt sich bei den Texten des Sidonius einmal mehr um einen Beleg dafür, daß gerade für die Kreise klassisch gebildeter Literaten kein Widerspruch bestand zwischen der Verwendung des antiken Mythos und christlichen Elementen, daß aber andererseits auch hier davon ausgegangen werden kann, daß für Sidonius die Figur des Jupitersohnes ihre religiöse Funktion eingebüßt hatte122 und er nur mehr als das seit langem vertraute exemplum virtutis galt, nicht als Gottheit, die ihre schützende Hand über die Kaiser hält (wobei Hercules bei einzelnen Zuhörern diese Assoziation durchaus noch geweckt haben könnte). Die wiederholte Verwendung der Herculesfigur in den Panegyrici des Sidonius, die alle in der Mitte des 5. Jhs.n.Chr. entstanden, wie auch in Claudians Werken, bestätigt die Aussage von Liebeschuetz, wonach in der Gattung der Lobrede noch lange eine gewisse religiöse Neutralität vorherrschte123, die eine Einbindung der heidnischen Mythologie in das Herrscherlob nicht nur gestattete, sondern vermutlich erforderlich machte, zumal seit der griechischen Antike Vergleiche zwischen Herrschern und mythologischen Helden einen festen Topos in der Literatur darstellten. Dementsprechend konnten sich durch die Panegyrici Heiden wie Christen angesprochen fühlen124; die Religionszugehörigkeit des Autors selbst spielte dabei keine Rolle, wie das Beispiel des – vermutlichen – Heiden Claudian und des Christen Sidonius zeigt. Hercules läßt sich auch als der ideale Heros deuten, dem man zutrauen konnte, die chaotischen Zustände im Westreich und besonders in Gallien zu Sidonius’ Lebzeiten zu beheben125, war doch die Einrichtung beziehungsweise die Wiederherstellung von Ordnung und Zivilisation eine der frühesten Leistungen des Jupitersohnes gewesen. Diese Fähigkeit wurde dann im metaphorischen Sinne auf Avitus und Majorian – den Tirynthius alter – übertragen. Das Ziel der im Panegyricus auf Anthemius erwähnten Hochzeit von Ricimer und Alypia ist ebenfalls die Sicherung des Reiches126.

120 Vgl. Sidon. carm. 2, 501: transcendunt hic heroas, heroidas illa. 121 Zu dieser Übersetzung des von W.B. Anderson falsch verstandenen sic par s. Shackleton-Bailey, Notes, 243. 122 Ebenso ist die Verwendung des Götterapparates in der Dichtung des Sidonius zu verstehen, der eingesetzt wird, ohne damit pagane religiöse Elemente vermitteln zu wollen. Tatsächlich sind die „heidnischen“ Elemente seiner Dichtung so ausgeprägt, daß man meinen könnte, bei den von ihm gepriesenen Kaisern handle es sich selbst um Heiden (Cameron, Claudian, 193. 195). 123 Liebeschuetz, Continuity and Change, 301. 124 Liebeschuetz, Continuity and Change, 300. 125 Vgl. Watson, Representing the Past, 178–182. 126 Vgl. dazu Sidon. epist. 1, 5, 10: interveni etenim nuptiis patricii Ricimeris, cui filia perennis Augusti in spem publicae securitatis copulabatur.

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III Hercules in nachtetrarchischer Zeit

Wie im Falle Claudians bleibt jedoch festzuhalten, daß auch für die Werke des Sidonius keine herausragende Rolle des Hercules festgestellt werden kann; der Dichter greift lediglich auf die bereits seit Jahrhunderten vertrauten Episoden aus dem Leben des vielseitig einsetzbaren Helden zurück und wendet sie, ebenso wie es die Panegyriker vor ihm getan hatten, auf gänzlich konventionelle Weise als enkomiastische Topoi an. Dabei ist weder für Avitus, noch für Majorian oder Ricimer irgendein persönlicher oder in der offiziellen Repräsentation verankerter Bezug zu dem Jupitersohn festzustellen. Die Topik des Vergleiches mit Hercules jedoch wurde von den Zuhörern sicherlich verstanden und mag, je nach Kenntnisstand des Einzelnen, Assoziationen geweckt haben zu früheren Kaisern: Bezüge auf Hercules in der Herrscherpanegyrik waren seit langem vertraut, und beim Lesen oder Zuhören mögen nicht nur die Taten des Hercules, sondern auch diejenigen der großen Kaiser der Vergangenheit den Menschen ins Gedächtnis gerufen worden sein. Damit wäre es dem Panegyriker gelungen, über Hercules einen Bezug zur ruhmreichen Vergangenheit Roms herzustellen. .

III.6 Hercules und Anastasios I. In seinem in den ersten Jahren des 6. Jhs.n.Chr. verfaßten Panegyricus auf Anastasios I. (491–518 n.Chr.) greift der christliche Redner Prokop von Gaza anläßlich der Errichtung einer Statue des Kaisers in seiner Heimatstadt auf den Topos der göttlichen Abstammung des Herrschers zurück, indem er eine Abstammungslinie über Hercules zu Zeus herstellt127. Damit zeigt der Autor, daß selbst für einen christlichen Kaiser wie Anastasios noch eine Verbindung mit dem (Halb-)Gott Hercules und über diesen mit dem obersten Gott des heidnischen Pantheons geschaffen werden konnte. Lobende Vergleiche mußten sich also nicht auf die nicht-göttlichen Figuren der heidnischen Mythologie – beziehungsweise den noch nicht vergöttlichten Heros Hercules – beschränken. Daraus sind jedoch, wie bei den bereits besprochenen Texten, keinerlei pagan-religiöse Konnotationen abzuleiten; es handelt sich um den konventionellen Hercules-Topos der Panegyrik, mit der Einschränkung, daß Prokop und sein Publikum inklusive des Kaisers selbst sicherlich nicht, wie es noch bei den Tetrarchen der Fall gewesen war, im wörtlichen Sinne von einer Abstammung von heidnischen Göttern ausgingen. Es dürfte sich vielmehr um eine Hervorhebung der außergewöhnlichen Leistungen des Anastasios handeln, die, in Ermangelung einer christlichen panegyrischen Sprache, in traditionelle Bilder gekleidet wurde.

III.7 Hercules in nicht-herrscherlicher Panegyrik Die Verwendung der Herculesfigur in panegyrischer Absicht nahm nicht mit Sidonius und Prokop ihr Ende, wenn der Alkide auch, zumindest im Westreich, nicht mehr in Verbindung mit Kaisern gebracht wurde. Noch im späten 6. Jh.n.Chr. findet sich in den auf Papyri 127

ÃExeij deÜ kaiÜ Korinqi/wn toÜ ge/noj kaiÜ thÜn Spa/rthj filotimi/an kaiÜ pro/gonon (Hrakle/a kaiÜ diÈ e)kei/nou toÜn Di/a (Proc. Gaz. Pan. 2).

Zu Datierung und Anlaß s. Chauvot, Panegyriques, 95–98.

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B Hercules in der kaiserlichen Repräsentation

überlieferten Gedichten des Dioskoros von Aphrodito die Anrede „Herakles“ für die von ihm in Briefform angesprochenen Persönlichkeiten. Den dux der Thebais, Johannes, nennt Dioskoros in einem Enkomium von 574–576 n.Chr. pana/lkimoj (Hraklh=j; mit derselben Bezeichnung versieht er kurz nach 570 n.Chr. den dux Kallinikos128, dessen Name zufälligerweise mit dem bekannten Epitheton des Hercules übereinstimmt. Auffallend ist bei dieser Art der Anrede nicht allein die Tatsache, daß hier in frühbyzantinischer Zeit jeweils ein ägyptischer Funktionsträger mit dem Names eines Heros des paganen Mythos versehen wird, sondern auch die Verbindung mit dem Adjektiv pana/lkimoj, einem Wort mit derselben Bedeutung wie panalkh/j, einer Vokabel, die von christlichen Autoren verwendet wird, um Gott als „allmächtig“ zu bezeichnen129. Allerdings ist dieses Adjektiv hier vermutlich nicht auf Hercules selbst zu beziehen, sondern auf die Personen, die metaphorisch mit seinem Namen versehen werden, also Johannes und Kallinikos; ein christlicher Dichter dieser Epoche hätte wohl eine heidnische Gottheit beziehungsweise einen heidnischen Heros nicht im religiösen Sinn als „allmächtig“ angesehen, sondern allenfalls in Bezug auf seine überragenden Taten. Andere Figuren des Mythos, mit denen die angesprochenen Beamten verglichen werden, sind beispielsweise Achilles und Bellerophon, aber auch Dionysos und Ares130. Mythologische Anspielungen nehmen einen wichtigen Platz in den Werken des klassisch gebildeten Kopten Dioskoros ein, die sich damit einfügen in die Kultur des zeitgenössischen Ägypten, die von der Kenntnis der paganen Kultur und insbesondere Literatur der Vergangenheit ebenso geprägt war wie von der christlichen Gegenwart; die Kombination christlicher und heidnischer Elemente ist ein besonderes Kennzeichen der Texte des Dioskoros131. Ebenso wie bei Theodosius und späteren Kaisern wie Avitus kann auch hier davon ausgegangen werden, daß sich die angesprochenen Personen durch die Gleichsetzung mit Hercules und den Vergleich mit anderen Helden des Mythos entsprechend den Regeln der spätantiken Panegyrik geschmeichelt fühlten. Wie schon bei Claudian und Sidonius ist der Vergleich mit Hercules und anderen mythischen Helden in den Werken des Dioskoros ein literarischer Topos132.

128 MacCoull, Dioscorus, H 3 Z. 81; H 5 Z. 9. 129 Lampe, Patristic Greek Lexicon, 1001 s.v. panalkh/j. Bei MacCoull wird das Wort als „brave” beziehungsweise „all-brave” übersetzt; allerdings ist wohl in Bezug auf einen Amtsträger, von dem sich der Autor ein Entgegenkommen erhofft, und dem er durch die panegyrische Anredeform als Hercules zu schmeicheln sucht, weniger von Tapferkeit als von „Allmacht“ im Sinne politisch und juristisch begründeter Vollmachten auszugehen. 130 Z.B. MacCoull, Dioscorus, H 3 Z. 44. 48; H 5 Z. 24. 131 Vgl. dazu MacCoull, Dioscorus, 6. 9. 14f. 58. Dabei versteht es sich jedoch, daß jegliche ursprünglich religiösen Elemente der von Dioskoros in seine Literatur eingebundenen mythologischen Themen keinerlei Rolle mehr für den christlichen Autor spielten (vgl. Bagnall, Late Antiquity, 323; Bowersock, Hellenism, 66f.). 132 Vgl. Liebeschuetz, Decline and Fall, 230. An dieser Stelle wird auch auf eine Aussage Kaiser Julians verwiesen, nach der ein Gedicht ohne mythologische Anspielungen kein Gedicht sei (Iul. or. 7, 207 B). Liebeschuetz vermutet allerdings, daß die Verbindung von christlichen und heidnischen Inhalten, wie sie von Dioskoros praktiziert wurde, zu seiner Zeit schon anachronistisch gewesen sei, zumal in Konstantinopel bereits eine rein christlich geprägte Panegyrik existierte, und daß solche paganen Topoi 50 Jahre später nicht mehr akzeptabel gewesen seien (Liebeschuetz, Decline and Fall, 230f.; vgl. ders., Mythology, 203; Whitby, Ekphrasis, 218f.).

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III Hercules in nachtetrarchischer Zeit

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Durch die Einbindung mythologischer Elemente in die Dichtung des Dioskoros ergibt sich hier im übrigen ein interessanter Berührungspunkt zur gleichzeitigen ägyptischen Kunst, in der, zumal in der Webkunst, wie oben gezeigt, ebenfalls Motive des heidnischen Mythos, zu denen auch Hercules zählte, noch eine wichtige Rolle spielten. Sowohl die archäologische als auch die literarische Überlieferung belegen demnach, daß Hercules zumindest im Umfeld von mit der klassischen Kultur vertrauten Christen im Ägypten des 6. Jhs.n.Chr. nach wie vor eine geläufige Figur war.

IV Fazit: Hercules als Vorbild der Herrschenden in der Spätantike Hercules als Element der Selbstdarstellung römischer Kaiser läßt sich, wie die vorangegangene Untersuchung gezeigt hat, auf Münzen bis in die ersten Regierungsjahre Konstantins I. belegen; die literarische Überlieferung hingegen sieht ihn als exemplum virtutis der Herrscher in der Gattung des Panegyricus noch bis ins 6. Jh.n.Chr. In nachkonstantinischer Zeit geht die Verwendung des Hercules im Herrscherlob, anders als es vorher der Fall gewesen war, allerdings, wohl mit Ausnahme des Theodosiusbogens, nur noch von den Panegyrikern aus, nicht mehr vom Kaiser selbst. Dabei läßt sich jedoch ein eindeutiger qualitativer Unterschied zu der Verwendung des Hercules auf Münzen feststellen. Unter Postumus und vor allem in der Epoche der Tetrarchie trat der Jupitersohn noch in seiner alten Rolle als Gottheit in Erscheinung und diente besonders der herculischen Dynastie als göttlicher Stammvater, als dessen irdische Vertreter die Kaiser sich präsentierten. Dieser Aspekt wurde in der nachkonstantinischen Zeit ausgeblendet und die Herculesfigur wurde zu einem reinen Topos der Panegyrik, der von den Zuhörern erwartet oder zumindest verstanden wurde. In diesem Sinn diente der Alkide als traditionelles und allgemeines Vergleichsbeispiel, dem es nachzueifern beziehungsweise das es zu übertreffen galt, ohne daß die übermenschliche Herkunft und der religiöse Aspekt des Helden thematisiert wurden. Eine besondere Rolle spielte dabei die virtus des Alkiden, wie die Legenden tetrarchischer Münzen und die literarische Überlieferung zeigen; die virtus des Kaisers wurde direkt auf den Jupitersohn zurückgeführt und mit dessen eigener virtus verglichen, wobei die Kaiser den Heros durchaus übertreffen konnten. Auch wurden frühere Funktionen des Helden im 4. Jh.n.Chr. nochmals aufgegriffen, und der Kaiser in Anlehnung an gängige Epitheta des Hercules als kallinikos und alexikakos dargestellt. Hercules ist dabei stets als eine positiv besetzte Figur zu betrachten: die Vergleiche mit dem Kaiser sind immer in einem positiven Sinn zu verstehen. Nach dem Scheitern der Tetrarchie wurden keine neuen Methoden der Repräsentation durch den Alkiden gefunden; bereits unter der Tetrarchie bestehende Elemente wurden – mit Ausnahme des göttlichen Aspekts – weitergeführt und dem jeweiligen Kaiser angepaßt. Dem exemplum virtutis Hercules wurde der Übergang in eine neue christlich geprägte Epoche ermöglicht, indem die religösen Konnotationen ausgeblendet wurden; die Tatsache, daß der Jupitersohn auch christlichen Herrschern als Vorbild dienen konnte, zeigt, daß die ursprünglichen heidnisch-religiösen Aspekte der Figur nach Ende der Tetrarchie in den Hintergrund gedrängt wurden und wohl noch im 4. Jh.n.Chr. gänzlich verloren gingen.

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C Hercules im Spannungsfeld von Heidentum und Christentum

I Der Hercules-Kult in der Spätantike I.1 Heidnische Kulte im 4. Jh.n.Chr.: Zerstörung oder Erneuerung? Für die Beurteilung der Rolle des Hercules in der Spätantike und vor allem in dem religionsgeschichtlich so bedeutenden 4. Jh.n.Chr. ist die Untersuchung der Frage nach dem Fortbestehen des Kultes unerläßlich. Dabei sei jedoch vorweggenommen, daß nur wenige archäologische und literarische Quellen vorliegen, die zu dieser Thematik befragt werden können, so daß der Kontext des Weiterbestehens anderer paganer Kulte in die Analyse der Problematik einbezogen werden muß, insbesondere hinsichtlich des christlichen Umgangs mit Tempeln und Kultbildern heidnischer Gottheiten1. Bei der Lektüre christlicher Autoren ist jedoch stets die mangelnde Neutralität gegenüber nicht-christlichen Kulten und ihren Anhängern sowie die tendenziöse Darstellung des Heidentums an sich zu beachten, die dazu führen, daß man nur allzu leicht ein verzerrtes Bild der religiösen Gegebenheiten des 4. Jhs.n.Chr. im allgemeinen und des Umgangs mit den Relikten der paganen Vergangenheit im besonderen gewinnt, zumal die Werke heidnischer Autoren, die eine andere Perspektive bieten könnten, äußerst rar sind2. Es ist beispielsweise davon auszugehen, daß manche christlichen Quellen zeitgenössische pagane Kulte in bewußter Verfälschung der Tatsachen als noch lebendig beschreiben, um somit die Zerstörung der entsprechenden Heiligtümer als eine heroische Tat tugendhafter Christen rechtfertigen zu können3. Die Darstellung eines Kultes als gänzlich ausgelöscht, obwohl er in Wirklichkeit noch lebendig war, konnte hingegen den völligen und unwiderruflichen Triumph des Christentums betonen, selbst wenn in der Realität nach wie vor Kulthandlungen stattfanden. 1 Ein grundsätzliches Problem ist, daß sich dem archäologischen Befund in den allermeisten Fällen nicht entnehmen läßt, ob ein Heiligtum aus religiösen Gründen zerstört oder aber die Bauwerke aus Pragmatismus als Quelle für Baumaterial herangezogen wurden (Jacobs, Temples, 134). Zeugnisse, die klären könnten, unter welchen Umständen ein Kult sein Ende fand, wurden in beiden Fällen vernichtet. Die Quellenlage hinsichtlich von Kultstatuen ist ähnlich problematisch. Daher lassen sich aus Überresten von Statuen und Tempeln auch kaum chronologische Anhaltspunkte für Überlegungen zum genauen Zeitpunkt ihrer Zerstörung gewinnen (Ward-Perkins, End of Temples, 189–192). 2 Vgl. MacMullen, Christianity and Paganism, 3–5. 3 Emmel/Gotter/Hahn, Transformation, 11. Zu dem Phänomen, daß in der modernen Forschung häufig zu unkritisch mit christlichen Quellen umgegangen wird, und den damit verbundenen Gefahren vgl. Bagnall, Models and Evidence, 25–29. U. Gotter konnte aufzeigen, daß den Erzählungen von Zerstörungen heidnischer Kultplätze bei den Kirchenhistorikern tatsächlich nur eine marginale Rolle zukommt; quantitativ fallen sie weit hinter Schilderungen innerchristlicher Konflikte zurück und beschränken sich außerdem auf einen sehr begrenzten Kanon ständig wiederholter Geschichten (Gotter, Tempelzerstörungen, 45f.).

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I Der Hercules-Kult in der Spätantike

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I.1.1 Zerstörung von Tempeln und Götterbildern4 Beim Umgang mit Tempeln und Götterbildern ist generell eine gewisse Ambivalenz der christlichen Haltung gegenüber diesen Zeugen paganer Kultausübung feststellbar, die zwischen Erhaltung aufgrund ästhetischer Wertschätzung und Zerstörung als Zeugen heidnischen Götzendienstes schwankte, wobei die Ausprägung dieser unterschiedlichen Positionen jeweils kontextabhängig war5. So überrascht es nicht, daß Bischöfe des 4. Jhs.n.Chr. häufig aktiv die Zerstörung heidnischer Tempel und Statuen betrieben, während christliche Laien wie beispielsweise viele Angehörige der Senatsaristokratie sich für die Erhaltung dieser Relikte der römischen Tradition einsetzten6. Verschiedene Gesetze bezeugen die Bemühungen der Kaiser, heidnische Tempel vor der Zerstörung zu bewahren, sofern dort keine illegalen Kulthandlungen mehr stattfanden und keine Zeugnisse einer aktiven Weiterführung paganer religiöser Praktiken vorhanden waren. Andererseits wurden Architekturelemente von heidnischen Tempeln nicht nur als Spolien in christlichen Kirchen verbaut, sondern es wurden Kirchen gelegentlich direkt über den Überresten eines Heiligtums errichtet beziehungsweise Tempel wurden umgewandelt und umgeweiht7, wodurch sich dann an den entsprechenden Orten Kultkontinuitäten zwischen paganen Heiligtümern und christlichen Sakralbauten ergaben8. 4 Einen Überblick über die divergierenden Forschungsmeinungen zum Umgang mit Tempeln in der Spätantike bietet Lavan, End of Temples, xix–xxii. 5 Sobald vor den Götterbildern keine Kulthandlungen mehr durchgeführt wurden, erkannte auch ein dem Heidentum grundsätzlich feindlich gesinnter Autor wie Prudentius sie gerne als erhaltenswerte Kunstwerke an: Prud. c. Symm. 1, 501–505; perist. 2, 481–484. Zum christlichen Umgang mit heidnischen Bildwerken s. allgemein Kristensen, Breaking the Gods, passim. 6 Vgl. Machado, Antiquarianism, 351. Zu Tempelzerstörungen durch Bischöfe und/oder deren Anhänger s. Fowden, Bishops, 64–78. 7 Saradi-Mendelovici, Christian Attitudes, 52–54; vgl. dazu allgemein Meier, Alte Tempel, 363–376. Grundlegend noch immer Deichmann, Kirchen, passim. Die Umwandlung heidnischer Tempel in christliche Kirchen (sog. Chresis) beziehungsweise die Überbauung der Heiligtümer ist ein Phänomen, das sich hauptsächlich auf den Ostteil des Imperiums beschränkte, allerdings auch dort verhältnismäßig selten blieb; aus dem Westen gibt es dafür nur wenige Belege, die alle sehr spät zu datieren sind (der früheste, von Ennodius überlieferte Bericht stammt aus dem Jahr 500 n.Chr.; Ward-Perkins, Sacred Space, 286f.). Darüber hinaus fanden solche Umwidmungen von Sakralbauten in den meisten Fällen erst lange nach dem Ende der aktiven Kultausübung statt. Bei der Schilderung der Überführung eines noch aktiven heidnischen Tempels in eine Kirche handelt es sich um einen Topos hagiographischer Literatur, der vielfach nicht archäologisch belegt, allerdings durchaus in manchen Fällen widerlegt werden kann (Emmel/Gotter/Hahn, Transformation, 12). Ebenso verhält es sich, wenn angeblich sofort nach Zerstörung eines Heiligtums an derselben Stelle ein Kirchenbau errichtet wurde (z.B. Sulp. Sev. Mart. 13, 9: ubi fana destruxerat, statim ibi aut ecclesias aut monasteria construebat; vgl. dazu Ghetta, Heidentum, 223). Tatsächlich läßt sich in vielen Fällen feststellen, daß christliche Kirchen zwar in unmittelbarer Nähe von heidnischen Heiligtümern, jedoch außerhalb von deren rituellen Grenzen errichtet wurden, was darauf hinzudeuten scheint, daß man die Tempel und die in ihnen noch gegenwärtige Macht der alten Götter nach wie vor fürchtete, ihnen aber mit einer Kirche Konkurrenz machen wollte (Gregory, Survival of Paganism, 237). Bei einigen wenigen Tempeln im Ostteil des Reiches läßt sich nachweisen, daß sie einem profanen Nutzen zugeführt wurden, beispielsweise durch Einbeziehung in eine Befestigungsanlage (Jacobs, Temples, 137). 8 Z.B. die Kirchen S. Prisca und S. Clemente in Rom, das Kloster von Monte Cassino und die Kathedralen von Chartres, Speyer, Canterbury und Westminster (Demandt, Spätantike, 512). Zu Beispielen aus dem Ostreich s. Trombley, Religion, 123–147.

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C Hercules im Spannungsfeld von Heidentum und Christentum

Statuen heidnischer Götter sollten ebenfalls erhalten bleiben9, wobei zu beachten ist, daß viele Christen offenbar keinen Unterschied zwischen profanen Statuen und Kultbildern machten10. Andererseits herrschte jedoch ein weitverbreiteter christlicher Aberglaube, nach dem die Statuen paganer Gottheiten von Dämonen besessen seien, weshalb es galt, diese zu zerstören11 oder in einer Art Exorzismus durch das Einritzen eines Kreuzes zumindest den Dämon auszutreiben12. Ferner wurde vielfach angenommen, daß, selbst nach Aufhebung der jeweiligen Kulte, in den Heiligtümern Dämonen (d.h. die heidnischen Götter) hausten, die von christlichen Heiligen vertrieben werden konnten13. Die gewaltsame Zerstörung als gefährlich empfundener heidnischer Statuen diente dementsprechend auch dazu, den Menschen die Machtlosigkeit der Götter zu demonstrieren, die die Entweihung ihrer Abbilder nicht verhindern konnten14. Christliche Apologeten legten besonderen Wert darauf, heidnische Kultbilder als von Menschenhand geschaffen darzustellen15, gerne aus abstoßenden Materialien wie Knochen 9 Cod. Theod. 16, 10, 8. 15. 18. 10 Vgl. Caseau, Intolerance and Statuary, 480. 11 Machado, Antiquarianism, 351; vgl. Cod. Theod. 16, 10, 6; Hier. epist. 107, 2; Prud. perist. 10, 281– 290. Zu den heidnischen Götterbildern angeblich innewohnenden Dämonen vgl. Cypr. idol. 7; Min. Fel. 27, 1–3. Für die Heiden waren diese daimones wohlmeinende Wesen, die als Beschützer fungieren konnten (Saradi-Mendelovici, Christian Attitudes, 56; vgl. auch dies., The Byzantine City, 378f.). Zur christlichen Angst vor „Götzenbildern“ vgl. Caseau, Intolerance and Statuary, 481–483. 12 Das Einritzen eines Kreuzes kann unterschiedlich gedeutet werden: eine Statue konnte dadurch „getauft“ – und damit nach christlichem Verständnis „gerettet“ – werden, es konnte sich aber auch um eine destruktiv zu verstehende „Reinigung“, also einen Exorzismus des betreffenden Werkes handeln. Generell war die Sitte des Einritzens von Kreuzen allerdings wohl nicht sehr weit verbreitet, wie die verhältnismäßig geringe Anzahl derart verstümmelter Statuen zeigt, die noch erhalten sind (Kristensen, Miraculous Bodies, 36–38). Auch eine „Anpassung” der Statuen an christliche Moralvorstellungen durch Abmeißelung der Geschlechtsteile ist in einigen Fällen belegt (Kristensen, Breaking the Gods, 186–190. 225f.). Eine Statuengruppe aus den Faustina-Thermen in Milet zeigt einen Athleten, der sich an eine Herculesherme lehnt; sowohl die Herme als auch der Athlet wurden in der Spätantike „kastriert“ (Hannestad, Castration, 74; vgl. Manderscheid, Skulpturenausstattung, Kat.-Nr. 225, Taf. 32). 13 Vgl. dazu Saradi, Christianization, 125–128. 132. In einem Brief aus dem Jahr 601 n.Chr. an den fränkischen Abt Mellitus gibt Gregor der Große eine Anleitung für die „Befreiung“ heidnischer Heiligtümer (in diesem Fall in Britannien) von den Dämonen, wobei die Bauten selbst erhalten bleiben sollten (Greg. M. epist. 11, 56). 14 Sauer, End of Paganism, 37. Zu unterschiedlichen Methoden der gewaltsamen Zerstörung oder Schändung heidnischer Statuen vgl. allgemein Kristensen, Embodied Images, 224–250. 15 Z.B. Clem. Al. protr. 4, 56, 3–6; Prud. perist. 10, 267–270. Für Prudentius trägt die Kunst gar eine Mitschuld am Aberglauben der Menschen (ars seminandis efficax erroribus; Prud. perist. 10, 271), denn indem sie die Götterbilder mit großer Kunstfertigkeit sehr lebensecht gestalteten, trugen die Künstler dazu bei, daß die Menschen sich von diesen in Schrecken versetzen und zu ihrer Anbetung verführen ließen (Prud. perist. 10, 272–290). Der (von einem Künstler geschaffene) grimmige Gesichtsaudruck und die Keule des Hercules scheinen die Menschen zu verängstigen, weshalb sie ihn verehren, um der Bedrohung durch den – bekanntermaßen launenhaften – Jupitersohn zu entgehen (Prud. perist. 10, 283–285) Bereits in der griechischen Archaik ist auch unter den Heiden selbst die Existenz einer Sichtweise belegbar, die die Verehrung von Bildern, denen man übernatürliche Kräfte zuschrieb, und die Identifizierung von Göttern mit ihren Kultbildern ablehnte, was sich jedoch nicht auf weitere Bevölkerungskreise auswirkte (Scheer-Bauer, Götter aus Menschenknochen, 9; vgl. Kristensen, Breaking the Gods, 47. 65). Christliche Apologeten zitierten gern das Beispiel des in der Antike als Atheist verschrieenen Dichters Diagoras von Melos, der im 5. Jh.v.Chr. beschuldigt wurde, die eleusinischen Mysterien verraten zu haben, und der laut

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I Der Hercules-Kult in der Spätantike

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hergestellt, um aufzuzeigen, wie fehlgeleitet die Verehrung dieser Götzen sei16. Zudem versuchten die Apologeten, das Innere dieser Statuen als angefüllt mit Widerwärtigkeiten wie Schädeln von Toten zu präsentieren, während sich außerdem allerlei Getier auf den Götterbildern ansiedele17. Hinzu tritt noch die Behauptung, die Götterbilder seien mit Hilfe schwarzer Magie erschaffen worden und dienten als Versammlungsort von Magiern18. Die Praxis des christlichen Ikonoklasmus war zwar in der Spätantike nicht ganz so weit verbreitet, wie man vielleicht annehmen könnte19; auch war die Zerstörung heidnischer Bildwerke nicht von den Evangelien sanktioniert und selbst Augustinus vertrat zumindest gelegentlich die Ansicht, daß Christen nicht einfach von sich aus Götterstatuen zerstören sollten20. Allerdings liegen genügend Quellen vor, die die bewußte Zerstörung von Götterstatuen und/oder Heiligtümern durch christliche Eiferer im 4. und 5. Jh.n.Chr. belegen, wobei man sich auf die sowohl im Alten Testament als auch von Paulus deutlich formulierte Ablehnung von Götterbildern berufen konnte21. So wurden beispielsweise in der Zeit Gratians in einem Heiligtum bei Trier die Köpfe der Götterstatuen abgeschlagen – was,

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christlicher Quellen ein xoanon des Hercules zerschlug, um daraus Feuerholz zum Kochen zu machen, was wohl eine spätere Erfindung ist (Scheer-Bauer, Götter aus Menschenknochen, 11–14). Beispielsweise Arnob. nat. 1, 39, 1; vgl. Scheer, Vergangenheit und Gegenwart, 36–38; dies., Götter aus Menschenknochen, 14–16. Prudentius präsentiert die Götterstatuen als gefertigt aus eingeschmolzenem Geschirr (Prud. perist. 10, 296–300). Darüber hinaus wurde behauptet, es habe sich bei den Bildhauern, die die Statuen geschaffen hatten, um Menschen niederster Art gehandelt (z.B. inpuratus homo: Min. Fel. 24, 7), die als Modelle für ihre Werke auch noch häufig ihre Liebhaber/innen verwendet hätten (Scheer, Vergangenheit und Gegenwart, 38f.). Eus. v. C. 3, 57, 3; Min. Fel. 24, 9; vgl. Scheer, Vergangenheit und Gegenwart, 38. Vgl. Scheer, Vergangenheit und Gegenwart, 43f.; dies., Götter aus Menschenknochen, 26f. „Iconoclasm is the intentional damage or destruction of religious images arising out of intolerance“ (Sauer, End of Paganism, 37). Eine Verbindung zu späteren Entwicklungen wie dem byzantinischen Ikonoklasmus ist mit der Verwendung des Begriffs nicht beabsichtigt. Die Bilderstürmer rekrutierten sich laut der Überlieferung des – durchaus in dieser Hinsicht nicht als neutrale Quelle anzusehenden – Libanios im Ostteil des Reiches sehr häufig aus den Reihen der meist ungebildeten Mönche, wobei Bischöfe mit monastischem Hintergrund sich grundsätzlich in ikonoklastischen Aktivitäten stärker hervortaten als ihre nicht aus Klöstern kommenden Kollegen. Libanios stellt fest, daß die Mönche im Ostreich nicht nur eine Gefahr für Tempel und Kultbilder, sondern auch für heidnische Priester darstellten; diese konnten mit dem Tod bedroht werden, sofern sie es wagten, sich den Bilderstürmern entgegenzustellen (vgl. dazu Lib. or, 30, 8–12. 21). In hagiographischen Texten wurden Tempelzerstörungen zu einer Standardbeschäftigung christlicher Heiliger und wurden im nachhinein auch früheren Märtyrern zugeschrieben (Caseau, Sacred Landscapes, 33). Stewart, Destruction of Statues, 172f.; vgl. Ghetta, Heidentum, 253f.; Thornton, Destruction of Idols, 127. Bis zum Ende des 3. Jhs.n.Chr. scheinen selbst christliche Geistliche nicht zur Entweihung oder Zerstörung heidnischer Tempel aufgerufen zu haben, zumal solche Akte eben in den Evangelien nicht vorkommen (Thornton, Destruction of Idols, 122f.; vgl. Sauer, Archaeology of Hatred, 30f.). Ein deutlicher Wandel in der christlichen Haltung und eine Hinwendung zur gewaltsamen Zerstörung von Tempeln und Statuen läßt sich erst seit konstantinischer Zeit feststellen (Thornton, Destruction of Idols, 124f.), als man mit Straffreiheit rechnen konnte. Der erste eindeutige Aufruf zur Zerstörung von Statuen stammt von dem Konvertiten Firmicus Maternus (Firm. err. 28, 5; vgl. Caseau, Intolerance and Statuary, 487). Zur Aufforderung zur Gewalt gegen heidnische Monumente s. z.B. Ex. 34, 13; Dt. 7, 25; Aug. epist. 91, 3. Maßgeblich sind hier die ersten beiden Gebote (Ex. 20, 2–4) sowie der Brief des Paulus an die Römer (Röm. 1, 23–25; vgl. Jones, Pagan and Christian, 47. 49). Zu weiteren Gründen für die Statuenzerstörung durch Christen s. Kristensen, Breaking the Gods, 85–89.

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zumal wenn man die beschädigten Standbilder an Ort und Stelle beließ, die Machtlosigkeit der Götter und die Überlegenheit des Christentums demonstrieren sollte – und die Tempel in Wohngebäude umfunktioniert22. Das wohl berühmteste Beispiel der bewußten Zerstörung von Heiligtümern und Kultstatuen ist der Fall des Serapeums von Alexandria, das im Jahr 392 n.Chr. durch einen von Bischof Theophilos aufgehetzten christlichen Mob mitsamt dem Bild des Gottes in Schutt und Asche gelegt wurde23. Eine weitere Variante des spätantiken Umgangs mit heidnischen Statuen, die diese dem öffentlichen Auge entzog, war die Entfernung von ihrem ursprünglichen Standort und die Wiederverwendung als Spolien in Fundamenten und Mauern von Privathäusern und Befestigungsanlagen; diese Praxis läßt sich allerdings für Heiden ebenso wie für Christen nachweisen, ist also nicht notwendigerweise religiös begründet24. Es sind jedoch Fälle belegt, in denen die Verwendung als Spolie eindeutig religiös motiviert war; so setzte Bischof Porphyrios von Gaza Bauteile des Tempels des Gottes Marnas als Bodenbelag einer Straße mit dem Ziel ein, diese zu entweihen, da fortan Frauen – die von dem Kult ausgeschlossen waren –, Hunde, Schweine und andere Tiere darauf gehen konnten. Allerdings weigerten sich offenbar die meisten Heiden in Gaza, diese Steine zu betreten, so daß der Plan des Porphyrios nur eingeschränkt Erfolg hatte25. Die kaiserlichen Erlasse gegen heidnische Statuen zielten stets darauf ab, Kulthandlungen vor diesen zu verhindern beziehungsweise den Kult am jeweiligen Ort ganz abzuschaffen26. Statuen, die nicht aus einem Heiligtum stammten, beziehungsweise die nicht länger im Rahmen eines Götterkultes mit Opfern bedacht wurden, konnten hingegen um ihres ästhetischen Wertes willen erhalten bleiben27. In diesem Kontext ist zu bedenken, daß nicht unbedingt immer mit Sicherheit festgestellt werden kann, ob es sich bei einer in beschädigtem Zustand gefundenen antiken Götterstatue um ein Beispiel von religiös motiviertem Vandalismus in der Spätantike oder aber um zufällige Schäden etwa infolge natürlicher Prozesse wie Erosion oder Einsturz von Gebäuden handelt28. I.1.2 Renovierung und Erhaltung von Tempeln und Götterbildern Eine systematische Zerstörung heidnischer Heiligtümer war nie Bestandteil der kaiserlichen Politik29; es kann auch nicht festgestellt werden, daß die Kirche auf einem solchen Vorge22 Kristensen, Display of Statues, 272. 281; Stewart, Destruction of Statues, 175. Die meisten Fälle von Statuenzerstörungen fallen in das späte 4. Jh.n.Chr., als Theodosius I. auf juristischem Weg gegen die heidnischen Kulte vorging (Saradi-Mendelovici, Christian Attitudes, 47. 49). 23 Sokr. 5, 16; Theod. hist. eccl. 5, 22; vgl. Kristensen, Religious Conflict, 162–167. 24 Bauer/Witschel, Statuen, 7; vgl. dazu allgemein Coates-Stephens, Reuse of Statuary, passim. 25 Marc. Diac. v. Porph. 76; vgl. Sauer, End of Paganism, 37. 26 Vgl. Cod. Theod. 16, 10, 19; vgl. allgemein Kristensen, Breaking the Gods, 68–72. 27 Vgl. Rothaus, Corinth, 107f. Kultbilder fanden in der Spätantike auch ihren Weg in Privatsammlungen, wie das bekannte Beispiel des Lausos belegt, eines hohen christlichen Beamten in Konstantinopel, zu dessen im Jahr 475 n.Chr. durch ein Feuer vernichteten Sammlung laut der literarischen Überlieferung einige der berühmtesten Kultbilder der griechischen Antike gehörten, wie beispielsweise die chryselephantine Statue des Zeus aus Olympia und die knidische Aphrodite des Praxiteles (Bassett, Urban Image, 98–120). 28 Sauer, End of Paganism, 37. 29 Goddard, Evolution of Sanctuaries, 287. Zumindest läßt sich feststellen, daß im 4. Jh. n.Chr. die Kaiser selbst sich nur selten an Beschlagnahmungen oder Zerstörungen heidnischer Heiligtümer beteiligten;

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hen beharrt hätte30. Dementsprechend sollte es auch nicht überraschen, daß inmitten von Tempelverwüstungen wie in Alexandria auch Fälle von Renovierungen an Gebäuden mit heidnisch-religiöser Signifikanz dokumentiert sind31. Für Tempel ist wie für Statuen bezeugt, daß sie als ko/smoj ebenso wie als fulakh/ einer Stadt angesehen wurden32 und daher als erhaltenswert galten, vorausgesetzt der „Götzendienst“ hatte ein Ende gefunden33. Verfallende Tempel wirkten sich negativ auf das Gesamtbild einer Stadt aus, zumal sie oft an herausgehobenen Orten im Zentrum standen, weshalb es wünschenswert war, die Bauwerke in gutem Zustand zu halten34. Die letzte datierbare Renovierung eines heidnischen Tempels im Namen der Kaiser fand in den Jahren zwischen 375 und 378 n.Chr. in Portus durch den praefectus annonae Sempronius Faustus statt35. Der stadtrömische Senat ließ, wohl zwischen 360 und 380

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solche Vorgänge gingen fast immer von lokalen christlichen Gemeinden, Mönchen oder Bischöfen aus, während die Herrscher sogar die Rückgabe geraubter Tempelgüter oder Restaurierungen befahlen (Bonamente, Tempelgut, 70–74). Die endgültige Zerstörung aller heidnischen Kultstätten wurde erst im Jahr 435 n.Chr. von Theodosius II. und Valentinian III. befohlen (ebd., 83f.; vgl. Cod. Theod. 16, 10, 25). Generell ist die Zerstörung heidnischer Kultorte und -bilder insofern als unsystematisch anzusehen, als sie meist durch die Aufwiegelung einer Gruppe durch eine Einzelperson (beispielsweise einen Bischof oder Abt) bewirkt wurde, nicht durch eine reichsweit durchgesetzte Politik, die aufgrund des großen geographischen Rahmens und der Vielzahl heidnischer Monumente nicht erfolgversprechend gewesen wäre (Sauer, Archaeology of Hatred, 9). Sotinel, Holy Places, 14. Tatsächlich sind im Verhältnis zu der großen Zahl von Heiligtümern in der griechisch-römischen Welt nur sehr wenige Zerstörungen von Tempeln belegbar (Lavan, End of Temples, xxiv–xxvii). Die erhaltenen Zeugnisse legen nah, daß im 4. Jh.n.Chr. in Italien mehr heidnische Gebäude restauriert wurden als im 3. Jh.n.Chr.; in Nordafrika hingegen verhält es sich genau umgekehrt (Goddard, Evolution of Sanctuaries, 281f.). Lib. or. 11, 125; vgl. Eus. v. C. 3, 55, 2. Von christlicher Seite (besonders des Klerus) ist auch eine indifferente Haltung gegenüber Tempeln als erhaltenswerten Monumenten aufgrund ihres künstlerischen Wertes überliefert (Sotinel, Holy Places, 12). Gesetze aus vortheodosianischer Zeit hingegen hatten Vorkehrungen getroffen, extraurban gelegene Tempel zu bewahren, da sie der Bevölkerung als Orte der Unterhaltung, des Handels und allgemeiner sozialer Aktivitäten dienten (Saradi-Mendelovici, Christian Attitudes, 48f.). Majorian und Theoderich griffen später den Aspekt der heidnischen Tempel als öffentliche Gebäude wieder auf und sprachen sich für ihre Erhaltung aus (Novell. Maior. 4, 1–2; Cassiod. var. 3, 31, 4). Zur gezielten Erhaltung heidnischer Tempel s. allgemein Dally, Pflege und Erhaltung, passim. Vgl. Cod. Theod. 16, 10, 15 (399 n.Chr.): sicut sacrificia prohibemus, ita volumus publicorum operum ornamenta servari. S. dazu Goddard, Evolution of Sanctuaries, 286. Generell schrieb die kaiserliche Gesetzgebung die Beendigung von heidnischen Kulthandlungen in den Tempeln vor, nicht jedoch die systematische Zerstörung der Heiligtümer, zumal mit dieser eine Störung der öffentlichen Ordnung einhergehen konnte (Hahn, Gesetze, 208f.). Ferner wurde je nach Lage der Heiligtümer eine Unterscheidung vorgenommen: Cod. Theod. 16, 10, 3 beispielsweise nennt explizit extraurbane Tempel (aedes templorum, quae extra muros sunt positae; vgl. Cod. Theod. 16, 10, 16: si qua in agris templa sunt; 16, 10, 19). Zum ästhetischen Wert von Götterstatuen vgl. z.B. Lib. or. 30, 22 (zur Interpretation dieser an Theodosius I. gerichteten Rede, die sich mit rhetorischen Mitteln dem Thema der Tempelzerstörung widmet, vgl. Wiemer, Gewalt gegen Heiligtümer, 162–180). Jacobs, Temples, 134–136. 138f. Tempel, die beispielsweise durch Erdbeben oder Brände bereits beschädigt waren, wurden allerdings ab dem 4. Jh.n.Chr. nicht mehr renoviert (ebd., 136). Es handelte sich dabei um Tempel und Porticus der Isis (Cameron, Last Pagans of Rome, 49; vgl. Boin, Ostia, 208f. An dieser Stelle sei D.R. Boin [St. Louis] gedankt, der der Verf. großzügigerweise die relevanten Teile seiner Dissertation bereits vor der Drucklegung zur Verfügung stellte).

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n.Chr., den Tempel des Saturn auf dem Forum Romanum, der durch einen Brand beschädigt worden war, erneuern36. Allerdings kann die Renovierung eines Tempels nicht ohne weiteres mit einem Weiterbestehen der religiösen Riten gleichgesetzt werden; vielmehr ist davon auszugehen, daß die Bauherren eher aus antiquarischem Interesse beziehungsweise aus Respekt vor den Traditionen und der Vergangenheit wie auch ihrem ästhetischen Wert diese ehemals bedeutenden Bauten restaurieren ließen37. Das Alter der heidnischen Kulte und Bräuche machte sie zu einem identitätsstiftenden Aspekt im Leben der stadtrömischen Elite, die den Tempeln und Statuen daher neutral gegenübertreten konnte, ohne eine Kontaminierung ihres christlichen Glaubens befürchten zu müssen38. I.1.3 Kulthandlungen Generell existieren nicht viele Überlieferungen über heidnische Kultaktivitäten in der Spätantike, und viele unserer Quellen müssen darüber hinaus als unzuverlässig gelten, da sie mit tendenziöser Absicht von christlichen Autoren verfaßt wurden39. Aus einem Fehlen archäologischer Überreste, die die Durchführung kultischer Handlungen belegen könnten, sollte man dennoch nicht automatisch folgern, daß solche zu einem gegebenen Zeitpunkt nicht mehr stattfanden40. Vielmehr kann als gesichert gelten, daß pagane Kulthandlungen nicht zwangsläufig mit den theodosianischen Gesetzen ein Ende fanden, da in Ermangelung dafür zuständiger Institutionen die entsprechenden Maßnahmen nicht effektiv reichsweit durchgesetzt werden konnten41. Gerade wenn man sich bei Opferhandlungen auf unblutige Opfer beschränkte – 36 CIL VI 937; vgl. Machado, Antiquarianism, 347f. In den vorangegangenen zwei Jahrzehnten waren in Rom noch der Tempel des Apollo Sosianus, die Porticus der Dei Consentes sowie die Porticus des Tempels des Bonus Eventus durch Mitglieder des stadtrömischen Adels restauriert worden (Cameron, Last Pagans of Rome, 49). Das capitolium von Verona wurde am Ende des 4. Jh.n.Chr. unter der Aufsicht des consularis der Provinz Venetia et Histria noch einmal renoviert und erst in ostgotischer Zeit zerstört (Sotinel, Holy Places, 14). 37 Vgl. Goddard, Evolution of Sanctuaries, 282: „if the building of a sanctuary was a pagan act of piety, its restoration was certainly not“. Vgl. dazu auch Machado, Antiquarianism, 352. Rothaus merkt hingegen an, daß in manchen Tempeln, die im 4. und 5. Jh.n.Chr. nicht zerstört oder verlassen worden waren, teilweise noch bis ins 6. Jh.n.Chr. und sogar darüber hinaus Kulthandlungen, gerade in den ländlichen Gebieten, zumindest literarisch nachgewiesen seien (Rothaus, Corinth, 35f.). Zur Konversion ländlicher Regionen und dem gleichzeitigen Fortleben heidnischer Religiosität vgl. MacMullen, Christianity and Paganism, 66–70. 38 Vgl. Bauer/Witschel, Statuen, 5; Machado, Antiquarianism, 332. 334. 354. Ebenso kann der Repräsentationswille der Person, die die Statue errichten oder versetzen ließ, eine Rolle gespielt haben: ohne jegliche religiöse Hintergedanken konnte man dadurch als Wohltäter auftreten, der sich um eine angemessene Ausstattung öffentlicher Plätze bemühte (vgl. Curran, Moving Statues, 55). Ebenfalls nicht außer acht lassen sollte man, daß vielleicht viele Menschen die heidnischen Statuen, ob Kultbild oder nicht, im Alltag gar nicht richtig wahrnahmen. Aufgrund der Tatsache, daß man an so vielen Orten von ihnen umgeben war, wurden die Statuen möglicherweise vielfach zu reiner Staffage (Jacobs, Production to Destruction, 290). 39 Rothaus, Corinth, 36f. 40 Vgl. Sotinel, Holy Places, 9. 41 Dies belegt die Tatsache, daß auch in späteren Jahren wiederholt Gesetze erlassen wurden, die das Opferverbot bestätigen, das sichtlich in vielen Fällen nicht eingehalten wurde (Cod. Theod. 16, 10, 13. 16. 18. 19. 23. 25; vgl. dazu allgemein Harl, Sacrifice and Belief, 7f. 15).

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Tieropfer waren stets ein Hauptangriffspunkt der Gesetzgebung der christlichen Kaiser gewesen –, scheint dies auch nach 391/2 n.Chr. keinerlei Sanktionen nach sich gezogen zu haben, obwohl öffentliche wie auch private Opferhandlungen in jeder Form unter Strafe gestellt worden waren42. Für öffentlich durchgeführte Opfer gibt es zumindest bis in die zweite Hälfte des 4. Jhs.n.Chr. Zeugnisse. Das letzte datierte öffentliche Opfer wurde im Jahr 359 n.Chr. in Ostia durch den praefectus urbi Tertullus für Castor und Pollux durchgeführt43. Im Rahmen von Feierlichkeiten wurden in Rom im letzten Drittel des 4. Jhs.n.Chr. noch öffentlich pagane Riten vollzogen, wie die Einweihung einer von Valentinian I. in Auftrag gegebenen Brücke belegt, in deren Rahmen Statuen der Göttin Victoria errichtet wurden44. Auch vor der Victoriastatue in der Curia wurde bis zu ihrer Entfernung noch vor jeder Senatssitzung geopfert45. Für die darauffolgenden Jahrzehnte ist zu bedenken, daß im privaten Raum weiterhin Opferriten ausgeführt wurden46, denen jedoch ein anderer Stellenwert als den von römischen Beamten in der Öffentlichkeit abgehaltenen Zeremonien zukam, und die aufgrund ihres privaten Charakters häufig nicht dokumentiert sind oder nur anhand von Funden kleiner Altäre in den Überresten spätantiker Häuser erahnt werden können47. Gerade in ländlichen Gebieten ist auch nach dem 4. Jh.n.Chr. durchaus in größerem Maße mit der Fortführung heidnischer Kultpraktiken zu rechnen, die ohne den institutionellen Rahmen, den der römische Staat vor der Christianisierung geboten hatte, und ohne Tempel weiterexistierten, jedoch von der modernen Forschung lange als Ausdruck des Aberglaubens der rückständigen provinzialen Landbevölkerung marginalisiert wurden48.

I.2 Der spätantike Herculeskult Die Tatsache, daß heidnische Tempel und Kultstatuen im 4. und 5. Jh.n.Chr. nicht mehr notwendigerweise mit religiöser Signifikanz behaftet waren, erschwert die Beurteilung der Bedeutung und des Weiterbestehens des Herculeskultes in der Spätantike beträchtlich, 42 Cod. Theod. 16, 10, 10–12; vgl. Rothaus, Corinth, 38. Bereits vor dem Verbot hatte die Bedeutung von Tieropfern in den heidnischen Kulten abgenommen (Cameron, Poets, 27). 43 Cameron, Last Pagans of Rome, 66. 44 Machado, Antiquarianism, 345. 45 Vgl. Lavan, Pagan Statues, 445. 46 Das 392 n.Chr. von Theodosius I. erlassene Gesetz gegen Kulthandlungen in Privathäusern blieb ein Einzelfall und zeigte wenig Wirkung (Cod. Theod. 16, 10, 12; vgl. MacMullen, Christianity and Paganism, 61). Vgl. beispielsweise Aug. civ. 4, 1: […] deos falsos, quos vel palam colebant [sc. pagani] vel occulte adhuc colunt; Aug. cons. evang. 1, 27: nunc certe quaerunt [sc. pagani], ubi se abscondant, cum sacrificare volunt, vel ubi deos ipsos suos recludant, ne a Christianis inveniantur atque frangantur. 47 Vgl. MacMullen, Christianity and Paganism, 61f. Bei der Identifikation von archäologischen Überresten als Zeugnisse privater (paganer) Religionsausübung in der Spätantike ist allerdings Vorsicht geboten, zumal für einen Befund mehrere Interpretationen in Frage kommen können, wie beispielsweise im Fall eines angeblichen privaten Larariums des 5. Jhs.n.Chr. in Ostia, bei dem unklar ist, ob es weiterhin kultisch genutzt wurde oder nach einer Umgestaltung anderweitig Verwendung fand (Sotinel, Holy Places, 11). 48 Vgl. Harl, Sacrifice and Belief, 14f.; Riggs, Continuity of Paganism, 285f. Gregor der Große beispielsweise spricht von heidnischen Opfern auf Sardinien und in Gallien in den 590er Jahren n.Chr. (Greg. M. epist. 4, 29; 5, 38; 8, 4; 9, 209).

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zumal das zur Verfügung stehende Quellenmaterial nicht eben umfangreich ist. Daher kann nur versucht werden, aus den erhaltenen Quellen zumindest für einzelne Gebiete des Reiches punktuell ein Bild des spätantiken Herculeskultes und seines Endes zu rekonstruieren. I.2.1 Priesterschaften In den literarischen Quellen der Spätantike ist weit häufiger von Tempeln und Götterbildern als von heidnischen Priestern die Rede49, weshalb Ehren- und Grabinschriften unsere wichtigste Quelle für die Frage nach der weiteren Existenz von Herculespriesterschaften darstellen. Sie nennen neben politischen gelegentlich auch priesterliche Ämter der betreffenden Personen und erlauben normalerweise zumindest eine ungefähre zeitliche Einordnung des dazugehörigen Monumentes; oft sind Inschriften die letzten Zeugnisse eines sterbenden beziehungsweise bedeutungslos gewordenen Kultes50. Allerdings ist die Materialbasis hier recht schmal, denn die öffentlichen Ehrungen heidnischer Priester werden im 4. Jh.n.Chr. selten; so lassen sich nur 3,6 % der aus der Spätantike erhaltenen stadtrömischen Ehreninschriften paganen Priestern zuordnen51. Aus Grabinschriften sind Hinweise auf die religiöse Überzeugung und die Priesterämter des Verstorbenen im 4. Jh.n.Chr. verschwunden; die einzigen Ausnahmen bilden hier die Grabinschrift des Praetextatus und seiner Ehefrau sowie diejenige des Alfenius Ceionius Iulianus Kamenius52. Dies ist jedoch nicht auf ein Verschwinden der Priesterämter zurückzuführen; bereits seit konstantinischer Zeit fand das religiöse Bekenntnis römischer Senatoren keinen Ausdruck mehr in öffentlichen Ehrenmonumenten und blieb auf (wenige) Ehrungen im privaten Umfeld beschränkt53. Für Priesterschaften des Hercules existieren im 4. Jh.n.Chr. nur noch wenige Belege, die gleichwohl ausreichen, um ein Weiterbestehen des Kultes in Rom zumindest bis ins letzte Drittel des Jahrhunderts zu postulieren54. Aussagen, wie lebendig der Kult tatsächlich war, inwiefern es noch viele Anhänger in der Bevölkerung gab, und ob und wie Kulthandlungen abliefen, lassen sich jedoch aus den Inschriften nicht ableiten55.

49 Wardman, Pagan Priesthoods, 257f. 50 S. Cameron, Last Pagans of Rome, 134f. zu den inschriftlich nachgewiesenen letzten Saliern und Arvalbrüdern. 51 Machado, Urban Space, 137, Taf. 4.1. 52 CIL VI 1779; ILS 1264; vgl. Niquet, Monumenta, 180. 53 Niquet, Monumenta, 178–180. H. Niquet führt diesen Umstand auf das gewandelte religiös-politische Klima unter dem christianisierten Kaisertum zurück. Zu Bau- und Weihinschriften heidnischer Senatoren s. ebd., 182f. 54 Ein Weiterbestehen des Kultes des Hercules in Tyros bis in die erste Hälfte des 4. Jhs.n.Chr. scheint eine Notiz bei den Kirchenhistorikern Sokrates und Sozomenos zu bestätigen, die den Namen eines Herakleios überliefert, eines früheren Priesters des Hercules, der zum Diakon geweiht wurde, ein Akt, für welchen der verantwortliche Bischof Eleusios von Kyzikos auf dem Konzil von Konstantinopel 360 n.Chr. abgesetzt wurde (Sokr. 2, 42, 4; Soz. 4, 24, 10). Der betreffende Priester war wegen „Zauberei“ angeklagt gewesen, was sich vielleicht auf die Durchführung von Riten im Rahmen des tyrischen Herculeskultes bezieht; diese von Sozomenos und Sokrates überlieferte Nachricht deutet zumindest darauf hin, daß unter der konstantinischen Dynastie der Kult des Hercules-Melqart in Tyros noch existierte. 55 Auch lassen sich aus den in Inschriften aufgezählten heidnischen Priesterämtern nicht automatisch, wie das in der Forschung häufig angenommen wurde, Rückschlüsse auf ein spezifisches religiöses (antichristliches) Engagement der Inhaber ziehen (Cameron, Last Pagans of Rome, 141).

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Der Sockel einer Ehrenstatue aus Formiae bezeugt mit Iulius Aurelianus einen Inhaber des Amtes des pontifex dei Herculis für die konstantinische Epoche56. Sein Zeitgenosse C. Iulius Rufinianus Ablabius Tatianus wird von J. Rüpke zwischen 331 und 350 n.Chr. als Inhaber des Amtes des sacerdos Herculis geführt; als ein solcher tritt der Senator in der für ihn von den Bürgern von Abellinum in Verbindung mit einer Ehrenstatue errichteten Inschrift in Erscheinung, die in die Jahre nach Tod und consecratio Konstantins (337 n.Chr.) fällt57. Die Bezeichnung sacerdos Herculis scheint eine Neuschöpfung zu sein, sie ist vor dem 4. Jh.n.Chr. unbekannt58. Aufgrund paläographischer Merkmale wurde eine von dem vir clarissimus P. Egnatius ***s (das cognomen kann aufgrund des fragmentarischen Zustands der Inschrift nicht rekonstruiert werden) errichtete und heute verschollene Inschrift dem 4. Jh.n.Chr. zugeordnet59. Er tritt als pontifex Herculis et rector decuriae Herculeae in Erscheinung; weitere Aussagen zu seiner Person und Karriere können aufgrund fehlender Quellen nicht gemacht werden. Auffallend ist, daß in seinem Fall das Priesteramt mit der Aufsicht über eine decuria Herculea verbunden ist (aufgrund des Namens dieser decuria mag man hier vielleicht annehmen, daß diese beiden Ämter regelmäßig von derselben Person bekleidet wurden60). Inzwischen wurde bei Ausgrabungen im Areal des Palazzo della Cancelleria in Rom eine stark beschädigte Inschriftentafel zu Tage gefördert, die einen weiteren Inhaber dieser Ämter in der zweiten Hälfte des 4. Jhs.n.Chr. bezeugt61. Obwohl die Inschrift in großen Teilen nicht mehr lesbar ist, sind dennoch Name und Funktion des Dedikanten erhalten; demnach handelte es sich um einen anderweitig nicht bekannten vir clarissimus Plotius Faustus, der als pontifex et rector decuriae Herculeae bezeichnet wird und der verantwort-

56 AE 1969/70, 116. Zu Iulius Aurelianus s. Rüpke, Fasti sacerdotum Bd. 2, 1056 Nr. 1999. Die Inschrift aus Formiae wird in AE 1969/70 in konstantinische Zeit datiert anhand einer weiteren Ehreninschrift, die zu einem Reiterstandbild gehörte, welches derselbe Iulius Aurelianus in Puteoli für einen Caesar errichten ließ, dessen Name zwar eradiert wurde, der jedoch, nach einer ersten falschen Identifikation als der Konstantinsohn Constans (AE 1969/70, 108), inzwischen als Crispus gedeutet wird (AE 1983, 194). Dadurch ergibt sich für das in beiden Inschriften erwähnte Amt des consularis Campaniae ein Zeitraum zwischen 325 und 326 n.Chr. Sowohl Rüpke als auch PLRE I s.v. Aurelianus 7, 130 datieren die Amtszeit des Iulius Aurelianus als consularis Campaniae entweder auf 352/354 oder 392/394 n.Chr. 57 CIL X 1125; Rüpke, Fasti sacerdotum Bd. 1, 503–511. Zu Tatianus s. PLRE I s.v. Tatianus 4, 875f. 58 Cameron, Last Pagans of Rome, 137. 59 CIL VI 30893; Rüpke, Fasti sacerdotum Bd. 2, 954 Nr. 1513. Die Inschrift war auf einem Kapitell angebracht, das, vermutlich als Spolie wiederverwendet, im Fundament eines Privathauses an der Piazza Cairoli in Rom gefunden wurde (Di Stefano Manzella, Iscrizioni, 36). 60 Vgl. Rüpke, Fasti sacerdotum Bd. 2, 954 Nr. 1513. 61 Die Meißelspuren auf der Oberfläche des Inschriftenträgers deuten möglicherweise auf eine Bearbeitung für die Wiederverwendung als Spolie oder auf eine bewußte Beschädigung mit dem Ziel der Auslöschung des heidnischen Inhalts der Inschrift hin. Allerdings kann nicht ganz eindeutig festgestellt werden, an welcher Stelle die Rasur in Erosionsschäden übergeht (Di Stefano Manzella, Iscrizioni, 32). Der Inschriftenträger wurde sekundär als Bodenbelag der antiken Kirche San Lorenzo in Damaso verwendet (ebd., 32), die in der Renaissance zerstört und durch einen Neubau innerhalb des Palazzo della Cancelleria ersetzt wurde. Für Di Stefano Manzellas These, die Inschrift sei möglicherweise nach dem kurzfristigen Wiedererstarken des Heidentums unter Julian entstanden, gibt es keine Belege (Di Stefano Manzella, Iscrizioni, 37). Für den Hinweis auf die bislang in keinem Corpus erfaßte Inschrift ist die Verf. C. Machado zu Dank verpflichtet.

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lich war für die Renovierung eines heute nicht mehr bestimmbaren Monumentes und dazugehöriger Statuen62. Es handelte sich bei der Funktion eines rector decuriae Herculeae offenbar um ein Ehrenamt für Staatsbedienstete, das seine Benennung nach dem Alkiden zumindest noch bis zum letzten Viertel des 4. Jhs.n.Chr. beibehielt63. Hinsichtlich Zusammensetzung, Aufgaben oder Privilegien der decuria Herculea ist nichts bekannt64. Zu den Bezeichnungen pontifex und sacerdos für die Priester des Hercules tritt in einer der bekanntesten Inschriften des späteren 4. Jhs.n.Chr. noch der ungewöhnliche Titel eines curialis Herculis für eine der zahlreichen religiösen Funktionen, die der führende heidnische Senator Vettius Agorius Praetextatus ausfüllte, hinzu65. Die Unterschiede beziehungsweise Gemeinsamkeiten dieser drei verschiedenen (?) Ämter sind heute ebenso unklar wie zu G. Wissowas Zeiten66; laut Th. Mommsen sind der sacerdos und der curialis Herculis als identisch zu betrachten67. Mangels anderer Überlieferungen kann heute nicht mehr festgestellt werden, ob und inwiefern sich die Pflichten dieser drei inschriftlich genannten Hercules-Priesterämter des 4. Jhs.n.Chr. voneinander unterschieden, zumal auch die Fundorte der Inschriften hier keinen Rückschluß zulassen. Mit Praetextatus starb im Dezember 384 n.Chr. die letzte Person, die inschriftlich als ein Priester des Hercules bezeugt ist; ob der Posten noch einmal neu besetzt wurde, ist 62 Post ruinam signis ad+[---]| quaeq(ue) ad cultum vel ornatum d[---]runt [---]| et vetustis reddidit sacrisque moribus (Z. 6–8); vgl. Di Stefano Manzella, Iscrizioni, 35f. 63 Vgl. Cod. Theod. 8, 5, 46 (385 n.Chr.). 64 Di Stefano Manzella, Iscrizioni, 37. Generell ist nur gesichert, daß es sich bei einer decuria – neben anderen Bedeutungen – um pars ordinis, collegii sim. (TLL V Sp. 223 Z. 13 s.v. decuria) handelte, wobei sich diese Einteilung eben auch auf ein Priesterkollegium beziehen konnte (Belege s. ebd., Z. 27–30). 65 CIL VI 1779. In CIL VI 1778 wird unter den religiösen Funktionen des Praetextatus auch das Amt eines curialis genannt, bei dem es sich um die in CIL VI 1779 angeführte Herculespriesterschaft handeln dürfte, zumal für den Senator keine andere Amtsbezeichnung bekannt ist, die die Vokabel curialis enthält. Dies könnte darauf hindeuten, daß der Titel curialis zumindest dem Adressatenkreis dieser Inschriften so vertraut war, daß er auch ohne Hinzufügung des Götternamens verstanden wurde (Weihund Ehreninschriften römischer Aristokraten wurden im späteren 4. Jh.n.Chr. in erster Linie in Privathäusern errichtet, wo sie vor allem von dieser Personengruppe gesehen wurden; Cameron, Last Pagans of Rome, 132). 66 „Die im 4. Jhdt. vorkommende priesterliche Würde eines curialis Herculis […] oder pontifex Herculis et rector decuriae Herculeae […] ist noch nicht befriedigend erklärt.“ (Wissowa, Religion, 229 Anm. 6). 67 Vgl. Mommsens Kommentar zu CIL VI 30893. Ähnlich äußert sich H. Dessau in seinem Kommentar zu derselben Inschrift (videtur esse idem sacerdos qui in titulis et ipsis p. Chr. saeculi supra N. 1259 [= CIL VI 1779] dicitur curialis Herculis, N. 2942 [= CIL X 1125] sacerdos Herculis; ILS 3426 = CIL VI 30893). S. dazu auch Kahlos, Praetextatus, 69. Von Festus werden curiales flamines und curiarum sacerdotes synonym verwendet (Paul. Fest. s.v. curiales flamines p. 56 [Lindsay]). In jedem Fall ist curialis Herculis keine gebräuchliche Amtsbezeichnung und auch für Priesterschaften im allgemeinen ist curialis nur äußerst selten nachweisbar (vgl. TLL IV, Sp. 1488 Z. 30–33 s.v. curialis). Der Begriff sacerdos wurde von den Römern seit der Republik als Oberbegriff für ganz unterschiedliche Priesterämter verwendet, kann also sehr allgemein aufgefaßt werden (Beard, Priesthood, 46). Für die Kultgemeinschaften des Hercules existierten in Rom unterschiedliche Bezeichnungen; es sind sodalitas, collegium, cultores und Herculanei bezeugt (Jaczynowska, Culte d’Hercules, 641). R. Turcan geht davon aus, daß ein curialis ein Mitglied eines solchen collegiums war; dementsprechend schließt er sich Mommsens Gleichstellung der Titel sacerdos und curialis nicht an (Turcan, Corè-Libéra, 762f. mit Anm. 75). Es sind jedoch für Praetextatus zumindest bislang keine Kollegen in seiner Funktion als Herculespriester nachweisbar.

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unbekannt. In jedem Fall endete jedwede offizielle Rolle, die ein Herculespriester noch gespielt haben mochte, jedoch endgültig in den Jahren 391/392 n.Chr. mit den antiheidnischen Gesetzen des Theodosius I.68; unter dem angeblich heidenfreundlichen Usurpator Eugenius scheint sich in dieser Hinsicht nichts geändert zu haben69. Sollten Kulte des Hercules diese Jahre überdauert haben, so müssen ihre Riten im privaten Bereich durchgeführt worden sein, aus dem keine Überlieferungen vorliegen. Dementsprechend mag man Augustinus in seiner Aussage qui aliquando dictus est deus Hercules, Romae iam non est, zumindest was den öffentlichen Bereich der Staatsreligion in Rom angeht, durchaus zustimmen und kann diese Äußerung auch auf die anderen Gottheiten des römischen Pantheons übertragen70. Die wenigen Belege für Herculespriester im 4. Jh.n.Chr. sind beim derzeitigen Forschungsstand und der Quellenlage dahingehend zu interpretieren, daß dem öffentlichen Kult des Alkiden in Rom – zumindest insofern er von Inhabern dieser drei Priesterämter durchgeführt wurde – keine größere Bedeutung mehr zukam; hätte es sich bei sacerdos, pontifex oder curialis Herculis um besonders prestigeträchtige Priesterschaften gehandelt71, so wären mehr Inhaber dieser Funktionen zu erwarten. Die römische Aristokratie beschränkte sich jedoch in dieser Zeit in erster Linie auf die Bekleidung der besonders alten, angesehenen Priesterschaften der römischen Staatsreligion – zu welchen die pontifices, augures, XVviri sacris faciundis und septemviri epulonum (die Angehörigen der vier amplissima collegia) sowie die pontifices Solis zählten – sowie die Übernahme von Funktionen in verschiedenen Mysterienkulten72, denen also in diesen Kreisen offenbar eine größere Bedeutung als der Verehrung des Hercules zukam. I.2.2 Heiligtümer I.2.2.1 Stadtrömische Heiligtümer Was Tempel und Altäre des Hercules in Rom betrifft, so können diese teilweise nicht genau lokalisiert werden und sind manchmal nur aus Inschriften oder den Werken antiker Autoren bekannt, weshalb über ihre Bedeutung beziehungsweise möglicherweise fortdauernde Existenz in der römischen Spätzeit keine Aussagen gemacht werden können73. Die 68 Ein Gesetz des Jahres 396 n.Chr. verfügt darüber hinaus das Ende aller Privilegien, die den Priestern der heidnischen Kulte zugebilligt worden waren (Cod. Theod. 16, 10, 14). Damit wurde den entsprechenden Personen effektiv die Möglichkeit genommen, sich des Priesteramtes zur Steigerung des persönlichen Prestiges zu bedienen, wodurch auch das Interesse an solchen Ämtern größtenteils verschwunden sein dürfte. An der Wende zum 5. Jh.n.Chr. fanden die großen heidnischen Priesterämter ihr endgültiges Ende; so war der 402 n.Chr. verstorbene Q. Aurelius Symmachus der letzte pontifex, Praetextatus der letzte augur, und Coelia Concordia die letzte Vestalin (Cameron, Last Pagans of Rome, 165–167). 69 Zur Haltung des Eugenius s. Kap. C II.3.1. 70 Aug. serm. 24, 6. 71 So Cameron, Last Pagans of Rome, 137 zum curialis Herculis. 72 Vgl. Cameron, Last Pagans of Rome, 132–134. 142. 73 Zu diesen nur aus literarischen Zeugnissen oder einzelnen Inschriften bekannten Tempeln gehören diejenigen des Hercules Fundan(i)us (SHA Tac. 17, 2; CIL VI 311; vgl. Palombi, Hercules Fundan(i)us, 14f.) und des Hercules Custos am Circus Flaminius, von dem bis auf Nennungen in der Literatur nichts erhalten ist (ein Herculis signum an dem Ort, an dem sich der Tempel befunden haben soll, wird in SHA Comm. 16, 5 genannt; vgl. Viscogliosi, Hercules Custos, 13f.). Die Tatsache, daß diese beiden Heilig-

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Erwähnung mehrerer Kultstätten für den Alkiden durch Macrobius und Servius im 5. Jh.n.Chr. belegt zwar, daß die Gebäude selbst zu dieser Zeit noch intakt waren, beziehungsweise daß antiquarische Informationen über die Bauten und/oder Kulte verfügbar waren, geben allerdings keine Auskunft darüber, wie lange die kultische Verehrung des Gottes dort tatsächlich andauerte74. So nennt der Aeneis-Kommentar des Servius die von M. Fulvius Nobilior im 2. Jh.v.Chr. auf dem Marsfeld errichtete aedes Herculis Musarum, doch bezieht sich seine Äußerung auf Ereignisse, die sich gut 600 Jahre früher abspielten; lediglich die Präsensform des Verbs in der Formulierung unde aedes Herculis et Musarum appellatur zeigt, daß der Bau im 4. Jh.n.Chr. noch existiert haben könnte75. Ebenso verhält es sich mit der Information, die Macrobius über die Existenz zweier Tempel des Hercules Victor in Rom anbietet: Romae autem Victoris Herculis aedes duae sunt, una ad portam Trigeminam, altera in foro Boario76. Der berühmtere dieser beiden Kultorte war zweifellos derjenige auf dem Forum Boarium, der den Tempel des Hercules Victor und die Ara Maxima einschloß. Eine Reihe von Inschriften aus der zweiten Hälfte des 3. sowie der ersten Hälfte des 4. Jhs.n.Chr., die in unmittelbarer Nähe der Kultstätte gefunden wurden77, belegen, daß zu dieser Zeit der Kult des Hercules Invictus noch gepflegt wurde78. Es handelt sich jeweils um Weihungen, die durch den praetor urbanus, der seit der Neuordnung des Kultes im Jahr 312 v.Chr. für die alljährlich am dies natalis des Heiligtums (12. August) stattfindenden staatlichen Opfer zuständig war79, vorgenommen wurden; die späteste Inschrift kann auf den 20. September 321 n.Chr.80, das Jahr des zweiten gemeinsamen Konsulats der Caesares Crispus und Constantinus (II.), datiert werden. Der Empfänger der Widmungen ist Hercules Invictus beziehungsweise

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tümer dem um das Jahr 400 n.Chr. schreibenden Autor der Historia Augusta bekannt waren, kann, muß aber nicht darauf hindeuten, daß die Kultorte zu dieser Zeit noch existierten; ebensogut könnte man annehmen, daß der Autor die Informationen schlicht aus seinen eigenen Quellen übernommen hatte. In seinem Reisebericht beschreibt Rutilius Namatianus im Jahr 417 n.Chr. die heidnischen Tempel Roms noch als delubra micantia und Wohnsitze der Götter (Rut. Nam. 1, 95f.; vgl. 1, 50), während Hieronymus 403 n.Chr. über den Zustand der stadtrömischen Heiligtümer behauptet, daß auratum squalet Capitolium, fuligine et aranearum telis omnia Romae templa cooperta sunt, movetur urbs sedibus suis et inundans populus ante delubra semiruta currit ad martyrum tumulos […] Solitudinem patitur et in urbe gentilitas. Dii quondam nationum cum bubonibus et noctuis in solis culminibus remanserunt (Hier. epist. 107, 1–2). Angesichts der in den 390er Jahren n.Chr. ergangenen Gesetze dürfte sich im vorliegenden Fall jedoch Hieronymus näher an der Wahrheit bewegen als Rutilius, zumal die Durchsetzung anti-heidnischer Maßnahmen in Rom viel leichter zu kontrollieren war als in den Provinzen. Serv. Aen. 1, 8 (diese Passage stammt nicht von Servius selbst, sondern geht auf den im 4. Jh.n.Chr. tätigen Grammatiker Aelius Donatus zurück). Macr. Sat. 3, 6, 10. Unter dem Hercules Victor-Tempel auf dem Forum Boarium versteht Macrobius möglicherweise den runden Tempel, der als aedes Aemiliana bekannt ist (Palagia, Statues of Hercules, 53). Coarelli, Foro Boario, 66. CIL VI 314–317. 319; vgl. dazu Cameron, Last Pagans of Rome, 137; Machado, Antiquarianism, 341. Latte, Religionsgeschichte, 218; vgl. Stafford, Herakles, 195. Inschriftlich ist das Opfer durch den praetor urbanus seit der Herrschaft des Commodus belegt (Latte, Religionsgeschichte, 218; vgl. CIL VI 313). Laut E. Palmer war der 20. September der dies natalis des Hercules Invictus der Ara Maxima, während sich das Fest am 12. August auf einen von Pompeius errichteten Hercules Invictus-Tempel auf dem Forum Boarium, östlich der Ara Maxima ad Circum Maximum gelegen, bezog (Palmer, Cults, 236. 239). Zur vermutlichen Lage der Tempel auf dem Forum Boarium vgl. Palagia, Statues of Hercules, 52 Abb. 1.

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Deus Hercules; in zwei Fällen wird er als Alcides sacri generis decus beziehungsweise Argivus Victor im Vokativ direkt angesprochen. Für die nachkonstantinische Zeit sind keine epigraphischen Zeugnisse mehr vorhanden, die Rückschlüsse auf eine mögliche Weiterführung der Kulthandlungen an der Ara Maxima geben könnten81; die mit den Kultstätten des Forum Boarium in Verbindung stehenden Äußerungen des Macrobius sind rein antiquarisch zu verstehen, ohne Bezug auf die realen Zustände der Zeit82. Daß die Ara Maxima Ende des 4./Anfang des 5. Jhs.n.Chr. zumindest als Bau noch existierte, belegt jedoch auch Servius: ingens enim est ara Herculis, sicut videmus hodieque post ianuas circi Maximi83. Hinsichtlich des Hercules-Victor-Tempels auf dem Forum Boarium liegen aus der Spätzeit nurmehr literarische Zeugnisse vor; im 5. Jh.n.Chr. waren die Ursprünge des Kultes Macrobius aus seiner eigenen Lektüre vertraut, und auch der Aeneis-Kommentar weiß um seine angebliche Begründung durch Octavius Herennus84. Beide Autoren äußern sich zum zeitgenössischen Zustand des Kultortes; da sowohl Servius als auch Macrobius ihre Werke nach den theodosianischen Gesetzen verfaßten, ist jedoch mit Sicherheit zu sagen, daß zur Entstehungszeit der Saturnalia und des Aeneis-Kommentars keine offiziellen, also staatlich sanktionierten Kulthandlungen in den stadtrömischen Herculesheiligtümern mehr stattfanden85.

81 Vgl. McDonough, Ara Maxima, 656. 82 Macr. Sat. 3, 6, 12–16. Die Verwendung von Präsensformen bei der Beschreibung heidnischer Kultorte und -handlungen bei Macrobius sollte wohl ein Fortbestehen der Kulte zur Zeit des fiktiven Dialogs (also in den frühen 380er Jahren n.Chr.) suggerieren, um eine Kontinuität mit der heidnischen Vergangenheit herzustellen (vgl. Schmitzer, Raumkonkurrenz, 248). S. dazu auch Cameron, Last Pagans of Rome, 579f.: die Dialogpartner der Saturnalia treten zu einem Zeitpunkt auf, als die Kulte noch nicht offiziell verboten waren, so daß es nur natürlich war, im Präsens von ihnen zu sprechen. In diesem Sinne ist beispielsweise die Aussage des Macrobius über das Opfer des praetor urbanus an Hercules zu verstehen (videmus et in capite praetoris urbani lauream coronam, cum rem divinam Herculi facit; Macr. Sat. 3, 12, 2; vgl. Schmitzer, Raumkonkurrenz, 248). Ebenso sind die Ausführungen in der spätantiken Origo gentis Romanae auf die Ereignisse einer weit zurückliegenden Epoche zu beziehen und bezeugen lediglich, daß die mythischen Ursprünge des Kultes an der Ara Maxima noch bekannt waren (Ps.Aur.Vict. Orig. 6–8). 83 Serv. Aen. 8, 179. 271; vgl. Pellizzari, Servio, 118–125; Tischer, Servius und Rom, 222f. 84 Macr. Sat. 3, 6, 11; Serv. Aen. 8, 363 (diese Passage stammt nicht von Servius selbst, sondern geht wiederum auf Aelius Donatus zurück). Vgl. Paneg. X (2) 13, 5. Im Aeneis-Kommentar wird in diesem Zusammenhang angemerkt, daß runde Tempel besonders gut für die Kulte von Hercules und Vesta geeignet seien (Serv. Aen. 9, 406). Der Tempel des Hercules Olivarius findet sich, wie diejenigen des Hercules Cubans und Hercules Sullanus, auch in der konstantinischen Notitia regionum, was jedoch nur den Fortbestand des Gebäudes, nicht denjenigen des Kultes bestätigt (Not. Rom. V. XI. XIV). 85 In seiner 402/403 n.Chr. geschaffenen Schmähschrift Contra Symmachum stellt Prudentius den Kult an der Ara Maxima – hier nicht namentlich genannt, sondern nur durch den Bezug auf die Pinarii verdeutlicht – als nach wie vor lebendig dar (Prud. c. Symm. 1, 120f.). Aufgrund der Gesetzeslage zu diesem Zeitpunkt ist jedoch anzunehmen, daß der Dichter hier bewußt die Wahrheit verfälscht, indem er einen aktiven Ritus beschreibt, beispielsweise um auf angebliche anti-christliche Umtriebe hinzuweisen. Pellizzari hingegen zieht aus der betreffenden Passage in Verbindung mit der im Aeneis-Kommentar überlieferten Nennung von zwei Tempeln des Hercules Victor (Serv. Aen. 8, 363) den Schluß, daß an der Wende vom 4. zum 5. Jh.n.Chr. doch noch Kulthandlungen an der Ara Maxima stattgefunden hätten (Pellizzari, Servio, 122).

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I.2.2.2 Herculesheiligtümer in den Provinzen Hinsichtlich von außerhalb Roms und allgemein außerhalb der Städte gelegenen Heiligtümern läßt sich in Bezug auf die Spätantike feststellen, daß viele Kultstätten bereits vor Erstarken des Christentums aufgegeben worden waren, so daß keinesfalls automatisch davon ausgegangen werden darf, daß ländliche Heiligtümer christlichen Eiferern zum Opfer fielen86. Daß an die Stelle eines Herculesheiligtums in christlicher Zeit eine Kirche treten konnte, belegt der Herculestempel von Thasos. Dieser wurde zu einem nicht näher feststellbaren Zeitpunkt – möglicherweise durch Christen – zerstört, woraufhin eine Basilika genau über den Resten des Tempels errichtet wurde. Aufgrund fehlender Indizien läßt sich allerdings nicht sagen, ob dieser Vorgang in die Jahre des Verbots der heidnischen Kulte fiel oder bereits früher stattgefunden hatte87. F. Coarelli und A. La Regina gehen davon aus, daß das in republikanischer Zeit etablierte Herculesheiligtum bei Campochiaro, das nach dem Bundesgenossenkrieg seine Bedeutung größtenteils eingebüßt hatte, im 3. und 4. Jh.n.Chr. zumindest noch in bescheidenem Maß frequentiert wurde, wobei jedoch abgesehen von einem vagen Verweis auf archäologisches Material kein Beleg geliefert wird88. I.2.2.3 Das Herculesheiligtum von Deneuvre Einzelne Befunde lassen den Schluß zu, daß in der Spätantike der Herculeskult auch in den außeritalischen Provinzen noch verschiedentlich lebendig war. Das Herculesheiligtum von Deneuvre (Meurthe-et-Moselle/Lothringen) scheint im dritten Viertel des 4. Jhs.n.Chr. zerstört worden zu sein; Münzfunde ergeben als terminus post quem die Regierungszeit des Kaisers Valentinian I. Die Indizien sprechen dafür, daß das Heiligtum einer systematischen Zerstörung durch fanatische Christen zum Opfer fiel; das Ende des Kultortes bedeutete gleichzeitig das Ende der dazugehörigen gallo-römischen Siedlung89. Der numismatische Befund läßt darauf schließen, daß der Ort auch während der vorangegangenen Jahrzehnte frequentiert worden war90. Ein Indikator für die Bedeutung des Heiligtums ist unter anderem die Tatsache, daß, nachdem der Ort im letzten Viertel des 3. Jhs.n.Chr. zerstört worden war, wie ein Zerstörungshorizont im Befund klar erkennen läßt, die Kultaktivitäten unter Konstantin wiederaufgenommen wurden91. Auf eine Nutzung als Kultort im 4. Jh.n.Chr. deuten darüber hinaus verschiedene Funde hin; so werden beispielsweise zwei Stelen, die Hercules kampfbereit mit erhobener Keule beziehungsweise stehend zeigen, in diese Epoche da86 Vgl. Caseau, Rural Temples, 107. 87 Spieser, Christianisation, 311. Zur möglichen Zerstörung des Heiligtums durch fanatische Christen vgl. Launey, Sanctuaire, 227. Zum Heiligtum allgemein s. Bergquist, Herakles on Thasos, passim; Grandjean/Salviat, Guide de Thasos, 142–145; Stafford, Herakles, 187–190. 88 Coarelli/La Regina, Abruzzo Molise, 203f. 89 Bromwich, Roman Remains, 276. Die Reliefs wurden bewußt verstümmelt, was gegen einen Barbarenangriff und für christlichen Ikonoklasmus spricht (vgl. dazu Moitrieux, Hercules Salutaris, 202f.; ders., Hercules in Gallia, 202). Etwa gleichzeitig wurden auch andere heidnische Kultorte in Gallien zerstört (ebd.). 90 Vgl. die Tabelle in Moitrieux, Hercules Salutaris, 90 Abb. 23. 91 Moitrieux, Hercules Salutaris, 200–202.

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tiert92. Ferner bezeugen die zu verschiedenen Reliefdarstellungen gehörigen Weihinschriften einen aktiven Kult in dieser Zeit93. Zumindest aus der ersten Hälfte des 4. Jhs.n.Chr. sind außerdem diverse Keramikfunde sowie Fragmente von Terra-Sigillata-Gefäßen und einzelne Münzen der konstantinischen Dynastie erhalten, die ebenfalls einen gewissen, wenn auch im Vergleich zu früheren Epochen deutlich eingeschränkten Publikumsverkehr in dem Heiligtum vermuten lassen94. Der Alkide wurde in Deneuvre als Heilgott Hercules Salutaris verehrt95; die Funde zahlreicher sowohl in Stein als auch in Holz gefaßter Wasserbecken belegen die Funktion des Ortes als Quellheiligtum, in welchem sich die Menschen durch den Kontakt mit dem Wasser Heilung erhofften96. Auch ikonographisch ist er teilweise als Heilgott bezeichnet durch die Beigabe einer Schlange, die als Symbol für Fruchtbarkeit oder Unsterblichkeit gelten konnte und auch Aesculapius oder Salus als Attribut diente97. Hercules war eine der populärsten Gottheiten im römischen Gallien; allerdings trat er allgemein nur sehr selten als Hauptgott eines Quellheiligtums in Erscheinung98. Im gallo-römischen Raum wurde traditionell den Gewässern – Quellen, Flüssen, Seen –, in denen man einen Beweis für die Anwesenheit der Götter sah, eine besondere kultische Verehrung zuteil99. Dementsprechend sollte es nicht überraschen, daß das Herculesheiligtum von Deneuvre als Ort einer als heilig angesehenen Quelle noch in der Spätantike vergleichsweise lange Bestand hatte; auch die Lage mag eine Rolle gespielt haben, konnten sich doch im ländlichen Bereich die heidnischen Kulte generell länger halten als in den Städten100. Ferner ist die besondere Inkarnation des Hercules als Heilgottheit in Betracht zu 92 Moitrieux, Hercules Salutaris, 43f. (Nr. S.A.10; Taf. XI); 52 (Nr. S.A. 89; Taf. XVIII). Insgesamt stammen 15 der in Deneuvre gefundenen Skulpturfragmente, Altäre und Reliefstelen aus dem 4. Jh.n.Chr., wobei der Großteil unter Konstantin und seinen Nachfolgern entstand (ebd., 180–182). Bei den in Deneuvre zu Tage geförderten Steinskulpturen des 4. Jhs.n.Chr. scheint es sich um die am spätesten datierten Herculesbilder in ganz Gallien zu handeln (s. Tabelle XII in Moitrieux, Hercules in Gallia, 402–404). 93 Z.B. AE 1992, 1251: Deo Herculi e(x) vot(o) Ialus D […] (= Moitrieux, Hercules Salutaris, Nr. S.E. 253; Taf. XXII); AE 1980, 649: [D]eo Herc[uli] | Pinius Verus | ex voto (= Moitrieux, Hercules Salutaris, Nr. S.E. 286; Taf. XXIV). 94 Moitrieux, Hercules Salutaris, 93f. 202. 95 Die Benennung in Bezug auf Deneuvre ist modern; als Salutaris ist er dort nicht inschriftlich belegt, wohl aber in Rom (CIL VI 338–339). 96 Moitrieux, Hercules Salutaris, 23–32. 105. 109. Die Heilung sollte wohl nicht durch Bäder, sondern durch die Einnahme des Wassers beziehungsweise durch das Waschen oder Besprengen mit diesem vor sich gehen (ebd., 111; vgl. Moitrieux, Hercules in Gallia, 239–241). 97 Moitrieux, Hercules Salutaris, 42 Nr. S.A. 8 (Taf. XI). Nr. S.A. 241 (Taf. XXI; dieses Fragment stammt vielleicht aus dem 4. Jh.n.Chr.). Zur Schlange als Symbol s. ebd., 123f. 98 Moitrieux, Hercules Salutaris, 118. Weihungen an Hercules als eine von mehreren Gottheiten finden sich jedoch an zahlreichen mit Heilquellen in Verbindung stehenden Kultorten (ebd., 122. 125). Zu Hercules als Heilgott s. ebd., 124–127. Die Bedeutung des Heiligtums von Deneuvre läßt sich auch daran erkennen, daß ein Drittel aller Herculesdarstellungen aus Gallien von diesem Ort stammt (Bromwich, Roman Remains, 276). 99 Moitrieux, Hercules Salutaris, 108. 100 Hinsichtlich der Frage, wo sich die heidnischen Kulte am längsten gehalten haben, führt A. Demandt „verkehrsferne Heiligtümer im Osten und ländliche Kulte im Westen, sowie römische Senatoren und griechische Philosophen“ an (Demandt, Spätantike, 507). Zu den Verhältnissen in Gallien, wo teilweise noch im 5. Jh.n.Chr. Renovierungsarbeiten in Heiligtü-

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ziehen. Die Verbindung des ohnehin von jeher als Abwehrer von Übeln aller Art – alexikakos – verehrten Hercules mit dem menschlichen Wunsch nach Heilung von Krankheiten101 kann ebenfall dazu beigetragen haben, daß der Kult dort länger lebendig blieb als an anderen Orten, zumal dieser Hercules im täglichen Leben der Bevölkerung eine größere Relevanz besessen haben dürfte als andere Herculeserscheinungen wie der Invictus/Victor. So scheint tatsächlich kein anderer Kultort des Hercules in Gallien so lang überlebt zu haben wie das Quellheiligtum von Deneuvre102. I.2.3 Kultbilder Die letzten literarischen Erwähnungen von Kultbildern des Hercules in einem spezifisch religiösen Kontext finden sich Ende des 4./Anfang des 5. Jhs.n.Chr.; so führt Prudentius in seiner 402/403 n.Chr. vollendeten Schmähschrift gegen den prominenten Heiden Symmachus gemeinsam mit anderen Götterbildern eine nicht näher bestimmbare Bronzestatue des Hercules in Rom an, wobei allen Statuen jeweils ein kleiner Altar beigegeben sei, was deutliche kultische Assoziationen hervorruft103. Aufgrund der zum Zeitpunkt der Entstehung des Textes bereits ergangenen Gesetze zur Unterbindung heidnischer Kultpraktiken dürfte allerdings dort keine aktive Kultausübung mehr stattgefunden haben; inwiefern heidnische Betrachter dem Gott dennoch Ehrerbietung entgegengebracht haben mögen, bleibt spekulativ. I.2.3.1 Der Hercules von Sufes In einem Brief des Augustinus aus dem Jahr 399 n.Chr., der von Vorgängen in der Stadt Sufes (Colonia Aurelia Sufetana/Sbiba) in der nordafrikanischen Provinz Byzacena berichtet, schildert der Bischof von Hippo Regius, daß angeblich die Heiden der Stadt 60 Christen aus Zorn über die Zerstörung ihres Herculeskultbildes, vermutlich infolge des neu erlassenen kaiserlichen Gesetzes zur Schließung von Heiligtümern und Vernichtung von Kultbildern, ermordet hätten104. In dem an die führenden Bürger der Stadt adressierten, jedoch für

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mern vorgenommen wurden, s. Goodman, Temples in Gaul, passim. Gerade in abgelegenen Gebieten wie den Ardennen scheinen sich heidnische Kulte besonders lange behauptet zu haben und wurden in Form der Verehrung von Gewässern oder Bäumen und Steinen noch im frühen Mittelalter praktiziert (Ghetta, Heidentum, 276). Bereits in klassischer Zeit wurde Hercules um Heilung bei Krankheit angerufen; Belege dafür finden sich in Athen, aber auch in Zentralgriechenland (Stafford, Herakles, 178. 185). Moitrieux, Hercules in Gallia, 264f. Heilige Quellen überlebten im allgemeinen die Christianisierung Europas häufig um Jahrhunderte (Dowden, European Paganism, 41–43). Quellen ließen sich, anders als beispielsweise heilige Haine, auch durch christliche Eiferer nicht zerstören (MacMullen, Christianity and Paganism, 65). Die anrüchige heidnische Konnotation solcher Quellen konnte durch Heilige beseitigt werden, die beispielsweise dort Buße taten oder geheilt wurden, was zu einer „Christianisierung“ der Quelle führte, die von da an ohne Bedenken besucht werden konnte (Dowden, European Paganism, 49). Prud. c. Symm. 1, 226f. 236f.; vgl. Gnilka, Templum Romae, 73–77. Da der Dichter über Statuen in der Stadt Rom selbst schreibt und sich an einen dort ansässigen heidnischen Adressaten wendet, ist davon auszugehen, daß die Herculesstatue und ihr Altar auf jeden Fall existierten (vgl. ebd., 86); das Kultbild könnte, wie die übrigen von Prudentius aufgezählten Götterstatuen, aus dem Areal des Tempels von Venus und Roma an der Via sacra stammen (ebd., 76. 87). Aug. epist. 50; vgl. Cod. Theod. 16, 10, 16. 18. Daß es in Sufes tatsächlich einen Kult des Hercules gegeben hatte, belegt CIL VIII 262 = 11430; in der Inschrift wird zwölfte Tag vor den Kalenden des

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die Öffentlichkeit bestimmten und entsprechend verbreiteten Schreiben105 schüttet Augustinus, der als einzige – und ideologisch eingefärbte – Quelle die Ereignisse in Sufes überliefert und demnach mit Vorsicht behandelt werden sollte, Hohn und Spott über die Gottheit aus, indem er schildert, auf welche Weise den Menschen ihr Gott in Form einer Statue zurückgegeben werde – möglicherweise ein Hinweis, daß neue Kultbilder nach wie vor produziert werden konnten106. Er reduziert Hercules auf ein Götzenbild aus Stein und Farbe, eindeutig von Menschenhand gefertigt und eben gerade kein Gott107. Dabei wird wieder der bei den spätantiken Christen weitverbreitete Topos von heidnischen Kultbildern als Produkt von Handwerkern und irdischen Materialien aufgegriffen108. Des weiteren stellt Augustinus den Gott Hercules – und damit die heidnischen Götter im allgemeinen – als käuflich dar: nam si vestrum Herculem dixeritis, conlatis singulis nummis ab artifice vestro vobis emimus deum109; die Vorstellung, einen Gott mit Geld zu kaufen, sollte auf die christlichen Adressaten lächerlich wirken und die Hohlheit und Sinnentleertheit paganer Götterbilder enthüllen. Eindeutig ironisch ist sicherlich der Verweis auf die vota sacra der Menschen an Hercules zu verstehen, denn die an ein Götzenbild gerichteten Gebete konnten für einen christlichen Bischof keinesfalls als heiliger Akt gelten. Im Gegenzug für die Wiederherstellung der Herculesstatue fordert Augustinus dann die „Wiederherstellung“ der 60 toten Christen – eine Forderung, die nicht erfüllbar ist und somit die sicher nur scheinbare Bereitschaft, eine neue Statue zu beschaffen, erklärt110. Der Brief belegt einerseits, daß der Zerstörungswut christlicher Eiferer vermutlich zumindest ein Kultbild des Hercules zum Opfer gefallen ist, andererseits aber auch die offenbar nach wie vor lebendige Verehrung des Hercules als Gottheit in Sufes an der Wende vom 4. zum 5. Jh.n.Chr. (was wohl auch die Existenz einer Priesterschaft impliziert) – Augustinus spricht sicher nicht von ungefähr und nicht nur in Bezug auf die Tötung der Christen davon, daß man in Sufes die Macht und die Gesetze des Kaisers mißachte111.

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November als Geburtstag des Hercules in seiner Funktion als genius patriae der Stadt genannt (vgl. Riggs, Continuity of Paganism, 295). Zur allgemeinen religiösen Lage in Nordafrika um das Jahr 400 n.Chr. s. Ghetta, Heidentum, 255. Zu den Ereignissen in Sufes s. auch Kristensen, Breaking the Gods, 90–92. MacMullen, Christianity and Paganism, 51. Ghetta, Heidentum, 255f. Aug. epist. 50; vgl. Aug. serm. 24, 2. In dieser Predigt geht Augustinus soweit, die Nicht-Christen als lapides mortui zu bezeichnen, die Christen hingegen als lapides vivi, die gemeinsam den Tempel Gottes ausmachten. Er folgt also durchaus einer gewissen Logik, wenn er in epist. 50 die „steinerne Natur“ der von den Heiden angebeteten Götter hervorhebt, die darin ihren Verehrern ähneln (vgl. Ps. 115, 8). Die Heiden werden dadurch zu servi lapidum, wobei sie durch ihre steinernen Götter nicht einmal wahrgenommen würden (at vero lapides mortui, servi lapidum, deos suos attendunt, nec attenduntur, adorant nec agnoscuntur, sacrificia inferunt, et sacrificium ipsi diabolo fiunt; Aug. serm. 24, 2). Vgl. Ps. 115, 4–7. Ähnlich wie Augustinus äußert sich sein Zeitgenosse Maximus, Bischof von Turin, ebenfalls über ein Bild des Hercules: sed quoniam molam asinariam saxum esse constat, videamus si et paganorum talis est mola! Talis plane est; saxea enim mola est paganorum Iuppiter Herculesque lapideus, circa quos caecis oculis frequenti errore circumeunt (Max. Taur. serm. 48, 4). Wie so häufig wird gleichzeitig mit den Götterbildern auch der sie verehrende Gläubige verhöhnt. Aug. epist. 50. Aug. epist. 50. Apud vos Romanae sepultae sunt leges, iudiciorum rectorum calcatus est terror, imperatorum certe

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Gleichzeitig hätte der an einen größeren Adressatenkreis gerichtete Brief seine Wirkung eingebüßt, wenn der Bischof in ihm eindeutige Unwahrheiten hinsichtlich des Fortlebens des Kultes verbreitet hätte. Die Vorgeschichte zu den blutigen Unruhen in Sufes schildert Augustinus in Sermo 24, gehalten im Juni 401 n.Chr. in Karthago112. Wiederum nutzt er die Gelegenheit, heidnische Kultbilder und ihre Verehrung am Beispiel des Hercules zu verspotten, indem er die Leblosigkeit der Kultstatue und die Inhaltsleere der Inschrift über dem Tempeleingang – Herculi deo – hervorhebt113. Die Formulierung der Inschrift zeige demnach, daß der Mensch, der ihr glaubt, ein Narr ist, und beschäme ihn dadurch, denn die Inschrift an den Gott Hercules beziehe sich auf eine rein menschliche Erfindung114. Das Hauptaugenmerk in Bezug auf die Ereignisse in Sufes liegt jedoch auf der dortigen Kultstatue des Hercules, die sichtlich ungeachtet des Gesetzes von 399 n.Chr. bislang der Zerstörung entgangen war115. Die Priester des Gottes hätten demnach den Wunsch geäußert, den Bart des Götterbildes neu zu vergolden, was die Christen dazu veranlaßte, den Bart der Statue abzuschlagen, mit Billigung des Provinzgouverneurs116. Nach dieser Schändung des Kultbildes, laut Augustinus weitaus schmachvoller als das Abschlagen des ganzen Kopfes, vielleicht da es den Gott ganz eindeutig der Lächerlichkeit preisgab, sei die Statue entfernt worden – möglicherweise auf Veranlassung der Herculespriester selbst117. Augustinus wollte mit seiner Predigt belegen, daß der Christengott seinen Zorn über Götzendienst nicht an den entsprechenden Menschen auslasse, sondern vielmehr an den heidnischen Götterbildern selbst, wobei er sich der Christen von Sufes als Werkzeuge bediente118; der aktuelle Anlaß der Vorgänge in dieser Stadt bot sich als Illustration dieses Punktes an, auch wenn Augustinus wohl nicht mit so gewaltsamer Gegenwehr der Heiden gerechnet hatte, die den scheinbaren Sieg der Christen nicht hinnehmen wollten. Seine Bemerkungen fügen sich nahtlos in die in anderen Werken ausgedrückte Geringschätzung der Herculesgestalt durch den Bischof von Hippo Regius ein, die er, wie bereits aufgezeigt, mit zahlreichen anderen Kirchenvätern teilte, und sind gleichzeitig ein wichtiger Beleg dafür, daß sich die Heiden scheinbar zumindest in Einzelfällen gegen die Zerstörung

nulla veneratio nec timor (Aug. epist. 50). 112 Zur Datierung vgl. Hill, Works of Augustine, 78. S. ebd. für eine mögliche Rekonstruktion der Ereignisse, die schließlich zum Tod der 60 Christen geführt haben könnten. 113 Utrumque mutum, utrumque insensatum. Supra mendacium, infra figmentum (Aug. serm. 24, 3). 114 Titulus non commendans lapidem deum, sed indicans hominem stultum (Aug. serm. 24, 3). 115 Möglicherweise hatte der frühere Statthalter der Provinz nicht auf der Ausführung der Gesetze in Bezug auf heidnische Kultbilder bestanden, anders als der neuernannte proconsul (Hill, Works of Augustine, 78 Anm. 1). 116 Aug. serm. 24, 6. Augustinus behauptet an dieser Stelle, die Kraft des Hercules habe in seinem Bart gelegen (vgl. die Erzählung von dem biblischen Helden Samson), so daß ein bartloser auch ein kraft-, also machtloser Hercules sei (vgl. Kristensen, Breaking the Gods, 91). E. Hill schließt aus dieser Passage, daß man Hercules in Nordafrika, im Rückgriff auf einheimische vorrömische Vorstellungen, als Sonnengott verehrt habe (Hill, Works of Augustine, 81 Anm. 34). 117 Fratres, puto ignominiosus fuisse Herculi barbam radi, quam caput praecidi. Quod ergo positum est cum errore illorum, ablatum est cum dedecore illorum (Aug. serm. 24, 6; vgl. Hill, Works of Augustine, 81 Anm. 33). 118 Si non irascitur, unde Herculi barba rasa est? Fecit enim hoc per fideles suos, per christianos suos, per potestates a se ordinatas et Christi iugo iam subditas (Aug. serm. 24, 7).

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ihrer Kultbilder und die Verhöhnung ihrer Götter wehrten. Möglicherweise kann man, sofern man den Ausführungen des Augustinus Glauben schenkt, die Vorgänge in Sufes durchaus als exemplarisch ansehen für ähnliche Vorgänge in anderen Regionen des Reiches, die in Ermangelung von antikem Quellenmaterial jedoch heute nicht mehr rekonstruiert werden können. Über das Herculeskultbild von Sufes sind keine weiteren Zeugnisse erhalten; es muß davon ausgegangen werden, daß es nicht lange nach den von Augustinus überlieferten Unruhen endgültig zerstört wurde, wie es der Fall bei anderen Kultbildern war, die nicht rechzeitig gerettet (z.B. vergraben119) werden konnten. I.2.3.2 Weitere Kultbilder des Hercules Ebenso wie Statuen anderer Figuren des heidnischen Pantheons dürften auch Standbilder des Hercules den Zerstörungswillen religiöser Eiferer überstanden haben, da sie, jeglicher religiöser Funktion beraubt, vielfach zu Bestandteilen von Sammlungen in Privathäusern und -palästen oder Bädern wurden120. Inwiefern dies jedoch auch auf Kultbilder des Hercules zutrifft, kann in Ermangelung von entsprechendem Quellenmaterial nur schwer eruiert werden121. Auch sind nur wenige Hinweise auf Herculesstatuen erhalten, die auf rituelle Weise verstümmelt, entsorgt und/oder mit christlichen Zeichen wie Kreuzen versehen worden wären122. Ausgehend von der großen Anzahl von Kultbildern in der Antike kann man jedoch durchaus annehmen, daß auch Bilder des Alkiden auf diese Art und Weise 119 Vermutlich wurden vielfach Kultbilder von Anhängern oder Priestern einer Gottheit zum Schutz vor christlichen Eiferern vergraben, vielleicht in der Hoffnung, sie eines Tages wieder aufstellen zu können (Jacobs, Production to Destruction, 285). Ursprünglich hatte man angenommen, daß der überlebensgroße bronzene „Hercules Mastai“ (Vatikanische Museen/Museo Pio Clementino) zum Schutz vor christlichen Bilderstürmern in der Spätantike vergraben worden sei, zumal sich die Statue bei ihrer Auffindung in ungewöhnlich gutem Zustand befand und unter einer giebelförmigen Platte sorgfältig begraben worden war. Allerdings konnte die dazugehörige Inschrift FCS (fulgur conditum summanium) dahingehend gedeutet werden, daß die Statue nach einem Blitzeinschlag rituell bestattet worden war, demnach also keine Verbindung zu etwaigen christlichen Bilderstürmern besteht (Coates-Stephens, Reuse of Statuary, 175). 120 Vgl. Hannestad, Christianity, 183; Rothaus, Corinth, 110. Daß heidnische Bildwerke auch in Privathäusern nicht immer vor christlichen Bilderstürmern sicher waren, zeigt das Beispiel des ägyptischen Abtes Shenoute, der laut Überlieferung um die Wende vom 4. zum 5. Jh.n.Chr. eines Nachts mit zwei seiner Mönche in das Anwesen eines lokalen Aristokraten einbrach, dessen Statuen stahl und zerschlug (Kristensen, Breaking the Gods, 140f.). 121 Sofern keine entsprechende Inschrift beziehungsweise kein eindeutiger Fundkontext aus einem Heiligtum vorhanden ist, ist eine Unterscheidung zwischen Kultbildern und anderweitig gebrauchten Herculesstatuen sehr schwierig. So benennt beispielsweise M. Tomović eine Statuette des Hercules mit dem zu seinen Füßen kauernden Telephosknaben aus Viminacium (Kostolac) als Kultstatue, ohne für diese Deutung eine Begründung zu liefern (Tomović, Roman Sculpture, 257 Kat.-Nr. 91). Angesichts der Entstehungszeit der Statuette im späten 3. oder frühen 4. Jh. n.Chr. und der spätantiken Vorliebe für mythologische Statuetten als Dekor von Privathäusern sollte dieses Exemplar eher dem Kontext eines Wohnhauses zugeordnet werden. 122 Bei einer Herculesstatuette des Typs Farnese aus Tralles wurden drei Kreuze eingemeißelt: zwei auf der Brust sowie ein weiteres unterhalb des Nabels (Kristensen, Miraculous Bodies, 32–34). Für diese und andere Statuen, die am Körper mit Kreuzen gekennzeichnet wurden, schlägt Kristensen eine Deutung im Sinn einer Christianisierung des Bildwerkes vor, beispielweise im Kontext von Wundertaten von Heiligen oder Umdeutungen der Statuen als Porträts christlicher Kaiser (ebd., 40–44).

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beschädigt oder beseitigt wurden. In Messene kamen in Raum III an der Westseite des Gymnasiums der Stadt die Fragmente einer kolossalen Herculesstatue zu Tage, die in der Spätantike christlichen Bilderstürmern zum Opfer fiel; eine kaiserzeitliche Bauinschrift bezeugt, daß in Messene ein Tempel für Hercules und Hermes in ihrer Funktion als Beschützer des Gymnasiums existierte123. Die Ausgräber gehen davon aus, daß das Kultbild, das wohl auf das lysippische Urbild des Hercules Farnese zurückging, von Christen zerschlagen wurde, die sich in den Überresten des aufgegebenen Gymnasiums niedergelassen hatten124. Auf der literarischen Ebene scheint ein Gedicht des Heiden Palladas aus dem (vermutlich) 4. Jh.n.Chr. die Entsorgung eines bronzenen Kultbildes an einer Wegkreuzung zu bezeugen125. In dem Werk kommt Hercules, charakterisiert als der niemals besiegte und jetzt doch zu Boden gestreckte alexikakos, zu Wort und erklärt, selbst er als Gott habe gelernt, sich den Zeiten zu fügen126. Der Dichter spricht hier explizit von Hercules als einer Gottheit, an die früher Gebete gerichtet wurden, zu seiner Zeit jedoch nicht mehr127. Daraus läßt sich schließen, daß Hercules vor nicht allzu ferner Zeit tatsächlich, zumindest in Alexandria, der Stadt, auf die sich der Dichter bezieht128, noch als Gottheit verehrt wurde, daß dieser Kult jedoch auch dort wohl, wie an den meisten Orten, im Lauf des 4. oder frühen 5. Jhs.n.Chr. beendet wurde. Ein Beispiel für ein Kultbild des Hercules, das in der spätrömischen Epoche aus seinem Heiligtum entfernt wurde und damit seine kultische Bedeutung einbüßte, scheint eine Statuenbasis aus Cherchel zu liefern. Sie war mit dem ursprünglich dazugehörigen Bildwerk dem Hercules geweiht; in der Spätantike wurde der Inschriftentext um die Worte translata de sordentibus locis ergänzt129. Die Absicht war also anscheinend, die zu der 123 Themelis, Messene, 125. Die Inschrift war über dem Eingang zu Raum III des Gymnasiums angebracht, in dem die Statuenfragmente gefunden wurden; der Ausgräber P. Themelis interpretiert den Befund dahingehend, daß die Inschrift auf die Umwandlung des Raumes in ein Heiligtum für Hercules und Hermes hindeutet, deren Kultbilder von einem anderen Ort dorthin verbracht worden waren. Laut Themelis beziehen sich alle im Gymnasium gefundenen Ehren- und Weihinschriften auf Reparaturen am Tempel für Hercules und Hermes oder erwähnen sie zumindest, was auf eine herausgehobene Bedeutung der beiden Götter im Kontext der Anlage hindeutet, wo sie als Beschützer der städtischen Jugend fungierten (Themelis, Stadion, 69. 76). Auch die Überreste eines Altars für Hercules wurden in der Nähe des Gymnasiums von Messene gefunden (Touchais, Chronique, 1159f.). 124 Aufgrund einer Münze des Theodosius I., die in den Marmorfragmenten der zerstörten Statuen gefunden wurde, nimmt Themelis an, daß die Zerschlagung der Kultbilder gegen Ende des 4. Jhs.n.Chr. stattfand (Themelis, Messene, 125f.), vielleicht als unmittelbare Reaktion auf die neue Gesetzgebung. 125 Die Lebenszeit des Palladas ist umstritten; die Vorschläge reichen von konstantinischer Zeit bis in die erste Hälfte des 5. Jhs.n.Chr. (Wilkinson, Palladas, 37. 40). An einer Wegkreuzung konnte ein unerwünschtes Objekt abgelegt werden, von dem man hoffte, es würde die Welt der Menschen verlassen und in eine andere eintreten (Rothaus, Corinth, 115). 126 Anth. Pal. 9, 441 (dieses Bildnis ist als Statue oder Herme aufgeführt in LIMC IV, 1 n. 1277). Den dem Hercules in den Mund gelegten Ausspruch deutet C.M. Bowra als eine für Palladas typische Verhöhnung einer heidnischen Gottheit (Bowra, Palladas, 7). 127 Anth. Pal. 9, 441. 128 Kristensen, Display of Statues, 271. 129 CIL VIII 20963; vgl. dazu Lepelley, Musée, 10f. Eine fast identische Formulierung findet sich auf einer Inschrift aus Ostia aus dem späteren 4. Jh.n.Chr., die die Versetzung eines unbestimmten Objekts, vielleicht einer Statue, auf das Forum (ad ornatum fori) durch den praefectus annonae P. Attius Clementinus bezeugt (translatam ex sordentibus locis; CIL XIV S. 4721).

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Basis gehörende Statue einerseits – vielleicht aufgrund ihres künstlerischen Wertes – zu erhalten, sie andererseits aber ihrer offenkundigen religiösen Bedeutung zu berauben130. Bei dem neuen Standort handelte es sich um eine Thermenanlage, in der auch die Basen von drei weiteren Statuen gefunden wurden, die ebenfalls von sordentia loca stammten und sichtlich der Verschönerung der Anlage dienen sollten131; ob diesen Statuen noch kultische Verehrung zukam ist unbekannt. Daß jedoch noch im frühen 5. Jh.n.Chr. vor Statuen in Bädern Kulthandlungen vorgenommen wurden, belegt ein Gesetz, das dies zu unterbinden suchte132. I.2.4 Kulthandlungen und Weihungen I.2.4.1 Kulthandlungen Was die Durchführung von kultischen Handlungen für Hercules betrifft, so bezieht sich die spätantike Quelle, die am ausführlichsten darauf eingeht, die bereits oben behandelten Saturnalia des Macrobius, auf eine weit zurückliegende Epoche, wenn beispielsweise die Ereignisse an der Ara Maxima geschildert werden. Weder zur Zeit der Entstehung des Textes noch im Jahr der fiktiven Handlung wurden die Riten für Hercules durchgeführt, die Macrobius in seinem antiquarischen Text beschreibt133. Relevanter für die Verhältnisse des 130 In den Thermen von Cherchel wurden neben einer Statue des Hercules (die aber anscheinend nicht zu der zitierten Inschrift gehört) auch Darstellungen von Zeus, Asklepios, Apollon, Hermes, Aphrodite und Dionysos gefunden (Lepelley, Musée, 11). Für weitere inschriftliche Belege für den Transport heidnischer Statuen in Thermenanlagen s. Lepelley, Musée, 11. Für weitere Fälle, in denen Herculesstatuen in Thermen belegt sind, s. Le Glay, Hercule en Afrique, 300f. In diesem Zusammenhang ist anzumerken, daß die Entfernung von Götterbildern aus Heiligtümern nicht grundsätzlich mit dem Aufstieg des Christentums in Verbindung gebracht werden muß; Belege für solche Vorgänge finden sich bereits in der frühen Kaiserzeit wie auch in der Epoche der Tetrarchie (Machado, Urban Space, 154). 131 Lepelley deutet die Nennung von sordentia loca als Hinweis auf Lagerräume oder ähnliche Örtlichkeiten, wo die Statuen zwischengelagert wurden, nachdem man sie aus ihren Tempeln entfernt hatte (Lepelley, Musée, 11); allerdings macht es im Kontext des christlichen Umgangs mit heidnischen Kultplätzen mehr Sinn, diese Ortsangabe auf die Tempel selbst zu beziehen (vgl. Caseau, Intolerance and Statuary, 486). Der Grund für die ursprüngliche Versetzung der Statue aus ihrem Tempel kann im übrigen – ohne religiöse Überlegungen miteinzubeziehen – auch einfach darin gelegen haben, daß das Heiligtum bereits verfallen war und man zwar nicht das Gebäude, wohl aber die Statue retten wollte (Machado, Urban Space, 154). Die Aufstellung einer Statue an einem neuen Ort zwecks ihrer Erhaltung ist ein Phänomen, das in der Spätantike vielfach belegt ist (vgl. ebd., 152f.). Allerdings waren mythologische Statuen auch in den Bädern nicht sicher vor christlichem Vandalismus, wie das Beispiel von Scythopolis (Bet Shean) belegt, wo im späten 5. oder frühen 6. Jh.n.Chr. den in den östlichen Thermen aufgestellten heidnischen Statuen von christlichen Eiferern die Köpfe abgeschlagen beziehungsweise die Skulpturen anderweitig verstümmelt wurden; später wurden die Überreste zerschlagen, vergraben oder zu Kalk verbrannt (Saradi, The Byzantine City, 372). Einen Grund für dieses Vorgehen mag man darin sehen, daß durchaus auch in Thermen Kulthandlungen vorgenommen wurden, so daß möglicherweise dorthin verbrachte Kultstatuen nicht notwendigerweise ihre religiöse Signifikanz verlieren mußten (Curran, Moving Statues, 50f.), was wiederum bilderstürmende Christen provozieren konnte. 132 Cod. Theod. 16, 10, 20; vgl. Caseau, Intolerance and Statuary, 486. 133 Macr. Sat. 3, 11, 10 erwähnt die Opferung einer trächtigen Sau und die Darbringung von Brot und Honigwein für Hercules am 21. Dezember. Dieses Opfer ist ansonsten nicht belegt (Kaster,

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4. Jhs.n.Chr. ist daher der sogenannte „Codex-Kalender von 354“, ein von dem Kalligraphen Furius Dionysius Philocalus (auch Filocalus) für den christlichen Aristokraten Valentinus geschaffener, nur noch in Fragmenten erhaltener illustrierter Codex, der alle in Rom begangenen Feste und anderweitig bedeutenden Ereignisse des Jahres 354 n.Chr. auflistet134. Dabei ist zu beachten, daß es sich bei diesem Kalender zwar um eine Dokumentation der tatsächlichen Zustände zur Mitte des 4. Jhs.n.Chr. handelt, daß jedoch nur diejenigen heidnischen Feste und Kulte angeführt sind, die ein Bestandteil der römischen Staatsreligion waren und die staatlich finanziert wurden135. Zu diesen Kulten zählte in der Mitte des 4. Jhs.n.Chr. auch der Herculeskult, wie der Kalender bezeugt136. Das erste dem Hercules gewidmete Fest des Jahres war der offizielle „Geburtstag“ (natalis Herculis), also der Jahrestag der Weihung eines nicht näher identifizierten Tempels, am 1. Februar, der durch ein Opfer sowie 24 Wagenrennen im Circus gefeiert wurde, wobei die Tatsache, daß an diesem Tag zu Ehren der Gottheit ludi circenses stattfanden, als Hinweis auf die große Bedeutung des Kultes in der Stadt gewertet wird137. Ebenso wurden für Hercules Custos die sogenannten ludi in Minicia (sic!) – der Name bezieht sich auf die Porticus Minucia – am 4. Juni abgehalten; der Jupitersohn gehörte damit zu den Gottheiten, für die an mehreren Tagen im Jahr Circusspiele durchgeführt wurden138. Zu den anderen Göttern, die mit mehreren ludi scaenici oder circenses geehrt wurden, zählen Mars, Sol Invictus und Jupiter, also einige der wichtigsten römischen Gottheiten, was für eine ähnlich bedeutende Rolle des Hercules in dieser Zeit spricht139. In diesem Kontext ist möglicherweise von einer Differenzierung hinsichtlich des Adressatenkreises auszugehen. Während die Aristokratie anscheinend kein größeres Interesse mehr an Hercules-Priesterschaften hatte, wie die geringe Zahl überlieferter Priester aus dem 4. Jh.n.Chr. nahelegt, waren die für die gesamte Bevölkerung offenen Feste zu Ehren des Hercules sicherlich nach wie vor beliebt. Die circenses am 1. Februar tauchen auch noch in dem Kalender des Polemius Silvius auf, der 448/449 n.Chr. in Gallien entstand und dem Bischof von Lugdunum gewidmet war140. Es fehlt allerdings jeder Hinweis auf den Anlaß, der Name des Gottes erscheint (anders als beispielsweise bei den Floria) in dem christlichen Kalender nicht mehr. Ebenso verhält es sich mit den ludi für Hercules Custos am 4. Juni141. Offenbar wurden diese Feste

134 135 136 137 138

139 140 141

Saturnalia Bd. 2, 80 Anm. 88). Salzman, Roman Time, 3f. Salzman, Roman Time, 17. 33f. 117. Inscr. It. XIII, 2, p. 241; 249. Salzman, Roman Time, 120. 122. 127. Laut E. Palmer ist dieser dies natalis vor dem 4. Jh.n.Chr. nicht belegt und somit vielleicht eine spätantike Neuschöpfung (Palmer, Cults, 234). Salzman, Roman Time, 126. Der Tempel des Hercules Custos wird durch die literarische Überlieferung beim Circus Flaminius lokalisiert, in dessen Umgebung möglicherweise 110 v.Chr. die Porticus Minucia errichtet wurde. Die nach dieser benannten Spiele könnten in Verbindung mit dem benachbarten Kult des Hercules gestanden haben (Scullard, Festivals, 146). Vgl. dazu Viscogliosi, Hercules Custos, 13; SHA Comm. 16, 5: Herculis signum aeneum sudavit in Minucia per plures dies. Da die ludi kaum in der Porticus stattgefunden haben werden, käme der Circus Flaminius als Austragungsort in Betracht. Salzman, Roman Time, 126. 146. Zu diesem Kalender s. Salzman, Roman Time, 242–246. Zum lateinischen Text s. Inscr. It. XIII, 2, p. 265; 269.

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also auch Mitte des 5. Jhs. in Rom (und Gallien?) noch ausgerichtet142; zumindest der Verfasser des Kalenders möchte jedoch keine Verbindung mit Hercules und somit keine religiösen Elemente mehr erkennen lassen, während er die Bedeutung der entsprechenden Anlässe für die Bevölkerung anerkennt143. Dies schließt nicht aus, daß Teilnehmer an den Festen ihnen doch noch eine heidnisch-religiöse Signifikanz zuwiesen, die sich aber nicht belegen läßt und nicht mehr gesetzlich sanktioniert war; für viele Betrachter handelte es sich vermutlich in erster Linie um eine in der Tradition verankerte Festlichkeit, die zum städtischen Alltag gehörte144. Eine Verbindung des Hercules zu Agonen im östlichen Teil des Reiches, nämlich in Antiochia, scheint belegt zu sein durch eine Stelle in Palladius’ Lebensbeschreibung des Johannes Chrysostomos, in der der Autor behauptet, die in der syrischen Stadt traditionell durchgeführten Olympischen Spiele seien nicht mehr wie ursprünglich Zeus, sondern Hercules gewidmet gewesen145. Allerdings ist unbekannt, ob damit auch eine religiöse Bedeutung der Spiele verbunden war, ob also in ihrem Rahmen Opferriten in dieser Epoche durchgeführt wurden146. Einen Hinweis auf einen möglicherweise weiterhin lebendigen Kult für Hercules in Athen kann man im Enkomium des Asterios von Amasea finden, der die um 390/400 n.Chr. in Attika noch populären Gottheiten aufzählt und verspottet, in der Absicht, den Märtyrerkult der Christen gegen heidnische Anfeindungen zu verteidigen147. Asterios greift in diesem Zusammenhang bei seiner Erwähnung des Hercules auf einen Topos zurück, der bereits bei Lactanz belegt ist, indem er Hercules als einen sterblichen Mann schildert, der nur aufgrund seiner Körperkraft eine hervorragende Stellung eingenommen habe, und deshalb von den Heiden verehrt werde, als sei er ein Gott148. Damit sein Angriff auf die heidnischen Götter wirksam sein konnte, mußte er vermutlich Kulte angreifen, die in Athen zu seiner Zeit noch lebendig waren, weshalb davon auszugehen ist, daß tatsächlich an der 142 Auffallend ist, daß im Vergleich zum Kalender des Philocalus etwa 100 Tage an ludi scaenici und circenses sowie die Hälfte der heidnischen Feste weggefallen sind, was man dahingehend deuten kann, daß nur die bedeutendsten beibehalten wurden, was dann auch für die beiden dem Hercules geweihten Spiele gelten würde (vgl. Salzman, Roman Time, 243f.; zur Streichung der Namen einzelner Feste und dem Ziel der leichteren Verständlichkeit durch Auslassungen s. ebd., 242f.). 143 Vgl. Salzman, Roman Time, 244. 144 Heidnisch-religiöse Bestandteile öffentlicher Festlichkeiten waren zu diesem Zeitpunkt bereits verboten (Cod. Theod. 16, 10, 17); dennoch sind einzelne traditionelle Feste wie die Vulcanalia an manchen Orten noch bis ins 8. Jh. nachweisbar (MacMullen, Christianity and Paganism, 40f.). In diesen Kontext fällt auch die Empfehlung Gregors des Großen, den Menschen nicht ihre Feste zu rauben, sondern nur dezidiert heidnisch-religiöse Elemente wie den Göttern dargebrachte Tieropfer zu entfernen (Beda hist. eccl. 1, 30). In diesem Kontext ist auch der Bericht des Petrus Chrysologus zu deuten, nach dem die Menschen noch in der Mitte des 5. Jhs.n.Chr., angetan mit Masken von Göttern wie Hercules, Jupiter und Diana, an den Kalenden des Januar durch Ravenna zogen (Petr. Chrys. serm. 155, 1). 145 Pallad. Dial. 16, 102. 146 J. Hahn geht davon aus, daß die kultische Bedeutung der Veranstaltung bereits bei ihrer Wiedereinführung durch Commodus verloren gegangen war (Hahn, Gewalt, 134). Laut Liebeschuetz hingegen wurden die Riten im 4. Jh.n.Chr. noch regelmäßig durchgeführt; die Spiele seien im übrigen weiterhin Zeus geweiht gewesen (Liebeschuetz, Antioch, 231). 147 Trombley, Religion, 293. 148 Ast. Am. hom. 10, 9, 2.

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Wende vom 4. zum 5. Jh.n.Chr. noch eine kultische Verehrung des Alkiden dort existierte149. Ebenso wurde wohl den übrigen traditionellen Gottheiten noch Verehrung zuteil, wie überhaupt die Christianisierung der Gesellschaft in Athen zu dieser Zeit längst nicht so weit fortgeschritten war wie in Rom150. Auf Kulthandlungen im Kontext eines Privathauses deutet ein Befund aus Korinth hin151. Dort wurden auf dem sogenannten Panagia-Feld südöstlich des römischen Forums in einem Haus, das ungefähr vom späten 3. bis in die zweite Hälfte des 4. Jhs.n.Chr. in Gebrauch war152, in einem kleinen, aber zentral gelegenen Raum eine Reihe von größtenteils recht gut erhaltenen Marmorstatuetten gefunden, zu denen neben Roma, Asklepios, Dionysos und Artemis auch ein kleiner Hercules vom Typ Farnese gehört153. Anhand stilistischer Merkmale lassen sich die Statuetten jeweils in unterschiedliche Epochen datieren. So stammt die Herculesstatuette aus dem späteren 2. oder dem 3. Jh.n.Chr.154. Bei den Götterbildern könnte es sich um Kopien von lebensgroßen Kultbildern handeln, denen im Rahmen eines Privathauses kultische Verehrung zukam155; der gemalte Dekor des Raumes, in dem sie gefunden wurden, sowie die Tatsache, daß die Statuetten sichtlich bewußt nicht an einer repräsentativeren Stelle des Hauses aufgestellt worden waren, könnte auf eine Verwendung im Kontext eines privaten Schreins hindeuten156. Für solche Zusammenstellungen mythologischer Statuetten finden sich in der Spätantike Parallelen in anderen griechischen Städten; so wurde beispielsweise in einem Haus am Nordabhang des Areopag

149 Vgl. Trombley, Religion, 294f. 150 Vgl. Trombley, Religion, 292–295. Tatsächlich wurden in Athen bislang keine eindeutig christlichen Artefakte gefunden, die sicher in das 4. Jh.n.Chr. datiert werden können; die Anzeichen christlicher Präsenz in Athen in dieser Zeit sind ebenfalls rar, sieht man einmal ab von Aufenthalten berühmter christlicher Studenten wie Gregor von Nazianz oder Basilios von Caesarea (Castrén, Paganism and Christianity, 213). Als eine mögliche Erklärung für das Phänomen, daß heidnische Kulte in Griechenland vielfach länger überlebten als in anderen Regionen des Reiches, führt T. Gregory die verhältnismäßig isolierte Lage des spätantiken Griechenland an und spricht von „something of a cultural and economic backwater in which we might well expect to see the survival of old fashioned ideas and ideologies“ (Gregory, Survival of Paganism, 235). 151 B. Caseau weist darauf hin, daß es schwierig ist, anhand archäologischer Befunde aus Wohnhäusern den „crypto-paganism“ der Bewohner nachzuweisen (Caseau, Intolerance and Statuary, 490–492). 152 Eine Analyse der Keramik deutet auf eine Errichtung in tetrarchischer oder konstantinischer Zeit hin; ein vermutlich unmittelbar infolge eines Erdbebens ausgebrochener Brand zerstörte das Gebäude in den Jahren nach 360 n.Chr. (Stirling, Statuettes, 127–129). 153 Sanders, Evidence, 420–424; vgl. Stirling, Statuettes, 89. 92 (für einen Plan des Befundes s. 128 Abb. 27). Die Herculesstatuette ist nur unvollständig erhalten; es fehlen der Kopf, die Unterschenkel sowie Teile beider Arme. Die Keule und das Löwenfell sind stark beschädigt; der zu Füßen des Heros sitzenden Figur des Telephos fehlen Kopf, Arme und der Großteil des Oberkörpers. Der Hirschkuh, an die sich Telephos lehnt, fehlt ebenfalls der Oberkörper. Im Unterschied zum als Vorbild dienenden Hercules des Lysipp scheint dieser Hercules keine Äpfel in seiner hinter dem Rücken verborgenen Hand gehalten zu haben; der Fokus liegt also nicht auf der Hesperidenepisode, sondern auf der Auffindung des Telephos durch Hercules. Aus dem Zustand der erhaltenen Teile der Statuette läßt sich schließen, daß diese unvollendet geblieben war (Stirling, Statuettes, 106f. 107 Abb. 13). 154 Stirling, Statuettes, 107. 155 Sanders, Evidence, 424. 156 Stirling, Statuettes, 130.

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in Athen, das vom 4. bis ins 6. Jh.n.Chr. bewohnt war, neben bildlichen Darstellungen anderer Gottheiten auch eine Statuette des jugendlichen Hercules gefunden157. Der Befund der Panagia-domus gilt momentan als der späteste Beleg für eine aktive Verehrung heidnischer Gottheiten im spätantiken Korinth158; die Stadt war im späteren 4. Jh.n.Chr. religiös gespalten, was ebenfalls ein Grund dafür sein könnte, daß der Besitzer des Hauses die Götterbilder an einem bescheidenen Ort untergebracht hatte und nicht für alle Besucher sichtbar in einem repräsentativen Teil des Gebäudes159. I.2.4.2 Weihungen Aus Rom sind aus dem 3. Jh.n.Chr. noch mehrere Statuenbasen und Reliefs erhalten, deren Inschriften die Monumente als Weihgeschenk an Hercules ausweisen160. Ein Votivrelief, das den stehenden, auf seine Keule gestützten und in der linken Hand die Hesperidenäpfel haltenden Alkiden in der aus zahlreichen anderen Darstellungen – nicht zuletzt von tetrarchischen Münzen – bekannten Ruhepose abbildet, stammt möglicherweise aus tetrarchischer Zeit. Flankiert wird er dabei von dem den Hesperidenbaum umschlingenden Ladon und einem Stierkopf. Das einzige, jedoch problematische Datierungskriterium bildet die Inschrift, die das Relief als ein Geschenk eines Mannes namens Leontius an den Gott ausweist161. Dieses cognomen ist in den stadtrömischen Inschriften hauptsächlich für das 3. und 4. Jh.n.Chr. überliefert; dementsprechend mag das Weihgeschenk unter Vorbehalt um die Wende vom 3. zum 4. Jh.n.Chr. datiert werden162. Ein eindeutiger Beleg für einen aktiven Kult des Hercules in Italien in dieser Epoche ist die Weihinschrift des Hostilius Antipater, in Zweitverwendung auf einer Statuenbasis des früheren 3. Jhs.n.Chr. angebracht; das ins späte 3. beziehungsweise frühe 4. Jh.n.Chr. datierte Monument wurde auf dem Gelände des Herculestempels in Ostia gefunden163. Der Dedikant der an Hercules Invictus gerichteten Weihung ist der zu diesem Zeitpunkt noch ritterständische praefectus annonae. Es handelt sich hierbei um das letzte Zeugnis eines 157 Stirling, Statuettes , 134 (Abb. s. Frantz, Agora, Taf. 38c). Zu Beginn des 6. Jhs.n.Chr. wurden im Rahmen von Renovierungsarbeiten die meisten Statuetten in Brunnenschächte geworfen (Stirling, Statuettes, 134). Spätestens zu diesem Zeitpunkt hätte dann jegliche in einem privaten Kontext noch vorhandene kultische Funktion der Götterbilder ein Ende gefunden. 158 Sanders, Evidence, 441. 159 Stirling, Statuettes, 138. 160 Beispielsweise CIL VI 266 (226/244 n.Chr.), CIL VI 323 (221/222 n.Chr.). Eine ins späte 3. oder frühe 4. Jh.n.Chr. datierte, von einem ritterlichen Amtsträger errichtete, aber nur fragmentarisch erhaltene Statuenbasis, die zwischen dem Titusbogen und dem Atrium Vestae gefunden wurde, enthielt möglicherweise eine Weihung an Hercules: der Name der Gottheit ist verloren, aber das Epitheton invictus könnte auf den Alkiden – allerdings auch auf Mars oder Sol – hindeuten (AE 1996, 161). Für das spätere 3. Jh.n.Chr. ist ein Fortleben der kultischen Verehrung des Hercules inschriftlich auch im Osten des Reiches belegt (vgl. AE 1999, 1648 von 273/274 n.Chr.). 161 Deo Hoerculi (sic!) Leontius fec(it) (CIL VI 30897). 162 Giuliano, Museo Nazionale, 55f., Kat.-Nr. II. 36. 163 AE 1948, 126; vgl. Boin, Ostia, 137; Meiggs, Roman Ostia, 392f. Das genaue Datum der Weihung kann nicht bestimmt werden; sicher ist nur, daß die Inschrift zwischen 268 n.Chr. (Zeitpunkt der Weihung des Originalmonumentes unter Gallienus) und 328 n.Chr. (Übernahme der praefectura annonae durch senatorische Amtsträger) entstanden sein muß (PLRE I s.v. Antipater, 73). Zu der berühmten Inschrift, die angeblich die Renovierung des Herculestempels in den Jahren 393/394 n.Chr. belegt, s. Kap. C II.3.2.

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aktiven Kultes für Hercules in der Hafenstadt; auch dort nahm die religiöse Verehrung des Jupitersohnes – zumindest was den öffentlichen Raum betrifft – spätestens mit den theodosianischen Gesetzen ein Ende. Ein 1889 auf dem Esquilin gefundenes Inschriftenfragment belegt vermutich eine aktive Herculesverehrung in Rom in der Mitte des 4. Jhs.n.Chr.164. Das Fragment nennt als Dedikanten einer Weihung an den Alkiden den vir clarissimus Fl. Lollianus. Aufgrund des Namens und der Rangbezeichnung ist eine Identifikation mit dem praefectus urbi von 342 n.Chr., Q. Flavius Maesius Egnatius Lollianus signo Mavortius naheliegend165. Angesichts der unterschiedlichen praenomina ist nicht anzunehmen, daß der Dedikant mit dem obengenannten Herculespriester P. Egn(atius) ***s identisch ist. Akzeptiert man jedoch eine Identifikation des Dedikanten von CIL VI 30895 mit dem praefectus urbi von 342 n.Chr.166, so mag man spekulieren, ob es sich bei diesem heidnischen Amtsträger vielleicht um einen Verwandten des pontifex Herculis P. Egn(atius) ***s (Lollianus?) gehandelt haben könnte; somit wären innerhalb einer Familie zwei Anhänger des Herculeskultes und ein Weiterleben des Kultes in Rom in diesem Zeitraum nachweisbar167.

I.3 Fazit: Der Herculeskult in der Spätantike Die gesetzliche Unterbindung heidnischer Kultakte bedeutete keinesfalls, daß diese dadurch tatsächlich von heute auf morgen ein Ende fanden. Vielmehr lassen spätere kaiserliche Erlasse den Schluß zu, daß der an den heidnischen Religionen festhaltende Teil der Bevölkerung des Imperium Romanum, wenn auch nicht mehr in der Öffentlichkeit, so doch zumindest in einem Rahmen, in dem die staatlichen Autoritäten Kenntnisse von den Vorgängen erlangen konnten, nach wie vor Kulthandlungen vornahm168. Entsprechende Riten 164 AE 1889, 159 = CIL VI 30895: Herculi [---] | Fl. Lollianus v.c. praef (ectus) [---] | IIII. 165 Die Herausgeber der PIR merken an, daß Mavortius interdum brevius dicitur Fl. Lollianus (PIR2 III F 304). Zu diesem Senator s. PLRE I s.v. Q. Flavius Maesius Egnatius Lollianus signo Mavortius, 512; Rüpke, Fasti sacerdotum Bd. 2, 993 Nr. 1698. 166 So auch Haehling, Religionszugehörigkeit, 295. 167 Ein spätantikes Heiligtum auf dem Janiculum, vermutlich als Serapeum zu interpretieren, enthielt neben der Kultstatue (Serapis?) auch Statuetten von Osiris, Dionysos, Venus, Satyrn und einer Nymphe sowie eine Statuette, die Hercules als Kind darstellt. Die statuarische Ausstattung dieses Kultortes war Ende des 4.Jhs.n.Chr. von christlichen Bilderstürmern zerstört worden; die Ausgräber fanden fast nur Fragmente. Die Abbilder von Dionysos und Osiris entgingen der Vernichtung, da sie vorher vergraben beziehungsweise in dem Altar des Heiligtums eingeschlossen worden waren (Coates-Stephens, Reuse of Statuary, 174). Die Tatsache, daß dieses Heiligtum im späten 4. Jh.n.Chr. zerstört wurde, mag darauf hindeuten, daß tatsächlich in diesen Jahren dort noch Kulthandlungen vorgenommen worden waren, die den unmittelbaren Anlaß für die offenkundige Zerstörungswut der Christen lieferten. Turcan vermutet hier einen synkretistischen Kultort, an dem heimlich die inzwischen verbotenen Riten durchgeführt wurden und an den man Statuetten aus Privathäusern brachte und ihnen die Funktion von Kultbildern übertrug (Turcan, Cults, 192). Inwiefern religiöse Riten dort jedoch auch für Hercules und nicht nur für Serapis durchgeführt worden sein könnten, läßt sich heute aufgrund mangelnder Überlieferungen nicht mehr feststellen. Ob es sich bei der Herculesstatuette um ein Kultbild oder eine Weihgabe handelte, ist ungeklärt. 168 Novell. Theod. 3, 8; Cod. Theod. 16, 5, 63. Noch im 8. Jh. war es sichtlich aus christlicher Sicht notwendig, das Opferverbot zu wiederholen (Rothaus, Corinth, 54). W.E. Kaegi sieht in den zahlrei-

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konnten etwa in Hausschreinen oder in privaten Tempeln auf Landgütern, die der Kontrolle durch kaiserliche Beamte entzogen waren, durchgeführt werden. Gerade solche Tempel, die von einem heidnischen Patron abhängig waren, dürften auch nach 391/2 n.Chr. noch restauriert oder sogar neu errichtet und heidnische Feste gefeiert worden sein, zumal gegen solche Aktivitäten wohlhabender Landbesitzer nicht vorgegangen werden konnte169. Noch im 6. Jh.n.Chr. strengte Justinian I. im Ostreich mehrere Heidenverfolgungen an, in deren Verlauf Tempel zerstört wurden, in denen sichtlich Kulthandlungen stattgefunden hatten170. Darüber hinaus läßt sich nicht ausschließen, daß auch in zerstörten oder verlassenen Heiligtümern noch religiöse Rituale durchgeführt wurden, wobei solche Vorgänge archäologisch nur schwer beziehungsweise gar nicht nachgewiesen werden können171. Der Mangel an materiellen Hinterlassenschaften, die sich mit aktiver heidnischer Kultausübung in Zusammenhang bringen lassen, darf daher nicht zwangsläufig zu der Annahme führen, in der Spätantike hätten alle heidnischen Kulte ein Ende gefunden. Das Verschwinden heidnischer Priesterämter aus der inschriftlichen Überlieferung nach den theodosianischen Gesetzen ist nicht gleichbedeutend mit dem Verschwinden der Inhaber dieser Ämter und der religiösen Überzeugungen, die damit einhergehen konnten. Wiederum erlaubt die einseitig pro-christliche Überlieferungslage der zeitgenössischen Literatur in dieser Frage kein ausgewogenes Urteil; sicherlich hätten Kirchenhistoriker nicht ohne weiteres zugegeben, daß die Überzeugungskraft der von ihnen propagierten Religion – auch in Kombination mit den von christlichen Kaisern erlassenen Gesetzen – vielleicht doch nicht ausgereicht haben könnte, um die heidnischen Kulte auszumerzen. Warum sollte aber in Familien, die in der Vergangenheit Herculespriester gestellt hatten, jeglicher Glaube an die göttliche Wirkkraft des Jupitersohnes von heute auf morgen verloren gegangen sein? In diesem Sinne ist sicherlich der Beobachtung des Augustinus zuzustimmen, wenn er schreibt magis remanserunt idola in cordibus paganorum, quam in locis templorum172. Dementsprechend kann man mit einiger Berechtigung die Vermutung aufstellen, daß der Herculeskult durchaus auch nach Ende des 4. Jhs.n.Chr. noch Anhänger fand, die im Verborgenen im Namen des Alkiden religiöse Riten vollzogen. Gerade als Heilgott wie in Deneuvre und als übelabwehrender alexikakos kann er aufgrund seiner praktischen Bedeutung im Alltagsleben der Menschen lange überlebt haben. Belegen läßt sich diese Annahme jedoch nicht. Nachdem der Jupitersohn allerdings über ein Jahrtausend lang in der grie-

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chen christlichen Texten des 5. Jhs.n.Chr., die sich dezidiert anti-pagan äußern beziehungsweise auch kategorisch behaupten, das Heidentum sei vollständig verschwunden, einen Hinweis darauf, daß dem gerade nicht so war, daß man sich im Gegenteil noch immer von dem heidnisch gebliebenen Teil der Gesellschaft bedroht fühlte (Kaegi, Twilight of Paganism, 243–248). Diese Situation ist allerdings nur im Ostreich gegeben, im Westen scheint nach Augustinus und Orosius keine Notwendigkeit mehr bestanden zu haben, sich den Heiden auf literarischer Ebene entgegenzustellen (ebd., 273). Caseau, Rural Temples, 114f.; Ghetta, Heidentum, 230–238. Hinsichtlich des Hercules liegen in diesem Zusammenhang jedoch keine Quellen vor. MacMullen, Christianity and Paganism, 27. Auch die Kaiser Tiberius (578–582 n.Chr.) und Maurikios (582–602 n.Chr.) gingen gewaltsam gegen die heidnische Bevölkerung vor (ebd., 27–29). Zu einzelnen Enklaven des Heidentums, die sich bis ins 7. Jh.n.Chr. und darüber hinaus in verschiedenen Regionen des früheren Imperium Romanum halten konnten, vgl. auch Harl, Sacrifice and Belief, 22–27; Kaegi, Twilight of Paganism, 261–265. Rothaus, Corinth, 47f.; vgl. Ghetta, Heidentum, 277. Aug. in psalm. 98, 2.

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chisch-römischen Welt eine enorme Popularität genossen hatte, sowohl als kultisch verehrte Gottheit als auch als übelabwehrender Heros und antiker „Superheld“, der zum beliebtesten aller mythologischen Charaktere in der antiken Kunst avancierte, ist nicht zu erwarten, daß die Verehrung des Hercules, welche Form sie auch in der Spätantike noch gehabt haben mag, aufgrund einiger kaiserlicher Gesetze ein plötzliches Ende nahm. Die Tatsache, daß die Herculesfigur das Ende der Antike nicht nur überlebte, sondern bis weit in die Neuzeit hinein auch in der Kunst des christlichen Abendlandes in unterschiedlichen Formen, bis hin zum mythischen Stammvater von Herrscherdynastien, weiterlebte, zeigt, daß die Ablösung der griechisch-römischen Religion durch das Christentum es nicht vermochte, die Erinnerung an den Gott und Helden Hercules auszulöschen.

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II Die Rolle des Hercules in der „heidnischen Reaktion“ des 4. Jhs.n.Chr. Die Rollen und Funktionen, die Hercules in dem von religiösen und politischen Auseinandersetzungen geprägten 4. Jh.n.Chr. ausfüllte, sind mannigfaltig und in der modernen Forschung umstritten1. Man interpretierte den Heros einerseits als erbitterten Konkurrenten Christi, andererseits suchte man Anhaltspunkte für eine Aneignung der Herculesgestalt durch das frühe Christentum. Einen entscheidenden Anstoß zur Diskussion lieferte dabei die Entdeckung der bereits oben behandelten Katakombe unter der Via Latina. Die Tatsache, daß Raum N mit Szenen aus dem Hercules-Mythos ausgemalt ist, wurde herangezogen, um verschiedene Rückschlüsse über die Einstellung der Menschen dieser Epoche gegenüber dem Alkiden zu ziehen. Er wird in der einschlägigen Literatur gerne als eine Erlösergestalt in Konkurrenz zu Christus gesehen, hinter dessen Banner sich im 4. Jh.n.Chr. die hartnäckigen Anhänger der alten heidnischen Kulte, vor allem aus den Reihen der Senatsaristokratie, geschart hätten2. Diese Überlegungen gehören in den Kontext einer immer wieder propagierten, allgemein als „heidnische Reaktion“ oder „pagan revival“ bezeichneten Geisteshaltung der Angehörigen des weitgehend heidnisch gebliebenen stadtrömischen Adels, die sich laut so namhafter Forscher wie A. Alföldi und H. Bloch in der zweiten Hälfte des 4. Jhs.n.Chr. mit verschiedenen, in erster Linie propagandistischen Mitteln, erbittert gegen das immer mehr erstarkende Christentum zur Wehr gesetzt hätten. So wurden auch die Kontorniaten, eine zu dieser Zeit aufkommende Sonderform des Medaillons, die gelegentlich auch als Pseudomoneta bezeichnet wird3, lange als ein Medium dieses angeblichen „Glaubenskampfes“ angesehen4, der seinen Höhepunkt schließlich in der Usurpation des Eugenius gefunden hätte. Entsprechend interpretierte man die auf den Kontorniaten auftretenden Szenen aus dem Herculesmythos als Verweis auf die Funktion des Jupitersohnes als Hoffnungsträger der Heiden im ausgehenden 4. Jh.n.Chr.5. Andererseits wurde auch über eine christliche Vereinnahmung des Hercules, eine interpretatio Christiana, nachgedacht, in deren Rahmen Hercules in die christlichen Glaubensvorstellungen integriert worden sei6. Tatsächlich weist der Heros viele Züge auf, die sich durchaus mit christlichen Glaubensgrundsätzen vereinbaren lassen. An dieser Stelle sei die Überwindung des Todes und der Sieg über mörderische Ungeheuer genannt wie auch die Bezwingung der eigenen Natur, versinnbildlicht in der Wahl zwischen Tugend und Laster, vor die Prodikos Hercules schon 1 Zur Geschichte, den politischen und religiösen Entwicklungen des 4. Jhs.n.Chr. s. allgemein Demandt, Spätantike, 75–169. 493–578; Errington, Policy, passim; Jones, Later Roman Empire Bd. 1, 77–169. 2 Vgl. dazu Bloch, Zeugnis, 174–179; Bruggisser, Mémoire d’Hercule, 381. 3 Alföldi, Propagandamittel, 3. 4 Die überzeugendste Argumentation dafür lieferte Alföldi, Propagandamittel, passim (die relevanten Teile sind abgedruckt in Alföldi, Kontorniat-Medaillons, 25–63). 5 Vgl. dazu beispielsweise Fink, Christusbild, 138f. 6 Vgl. Fink, Christusbild, 141–146; ders, Herakles, 86f.

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im 5. Jh.v.Chr. gestellt hatte. Die Übereinstimmungen in der Lebensgeschichte von Hercules und Christus veranlaßten F. Pfister dazu, eine umfangreiche Liste von scheinbaren Parallelen in der Biographie der beiden Gottessöhne zu erstellen, um zu beweisen, daß die Erzählungen der Evangelien über Christus beeinflußt seien von einem früheren Werk über Hercules7. Die Annahme einer direkten Abhängigkeit der biblischen Geschichten von einer älteren Herculesbiographie wurde allerdings bereits sehr bald nach Erscheinen des betreffenden Artikels entkräftet8. Dennoch zeigt diese Forschungsdebatte, daß die inhärente Ambivalenz der Herculesfigur eine Vereinnahmung nicht nur von heidnischer, sondern auch von christlicher Seite grundsätzlich ermöglicht hätte. Tatsächlich ist davon auszugehen, daß prinzipiell beide Sichtweisen des Alkiden – die einer christusähnlichen Erlöserfigur einerseits und eines christenfeindlichen Symbols andererseits – durchaus gleichberechtigt hätten nebeneinander existieren können, gerade im 4. Jh.n.Chr., als die Grenze zwischen den Religionen vielfach innerhalb der Familien verlief – sofern man überhaupt von einer Grenze ausgehen kann und nicht vielmehr von einem Spektrum, das vielen unterschiedlichen Abstufungen zwischen den beiden „absoluten“ Gegenpolen „Christ“ und „Heide“ Raum ließ. Demnach sollte es nicht überraschen, wenn Christen unter dem Einfluß heidnischer Verwandter und/oder ihrer eigenen klassischen Erziehung die Herculesfigur in ihre eigenen Glaubensvorstellungen integriert hätten. Belege gibt es jedoch für solche Überlegungen nicht.

II.1 Die „heidnische Reaktion“: Vorbemerkungen Das Konzept einer „heidnischen Wiederbelebung“ („pagan revival“) nahm seinen Anfang mit einem im Jahr 1915 publizierten Aufsatz von D.N. Robinson, der auch bereits den stadtrömischen Senatsadel als den primären Exponenten dieser Geisteshaltung postulierte9. Die Theorie eines umfassenden Widerstandes, einer „Reaktion“, gegen das Christentum im 4. Jh.n.Chr. wurde ausführlich und mit zahlreichen Belegen aus den Quellen von A. Alföldi formuliert10, in dessen Nachfolge die Angehörigen der senatorischen Oberschicht als engagierte Anhänger der heidnischen Kulte und die Literatur und Kunst der Epoche als anti-christliche Propaganda interpretiert wurden. Darüber hinaus wurden die heidnischen Senatoren als Förderer der klassischen Literatur, die ebenfalls eng verflochten war mit der traditionellen griechisch-römischen Religion, gesehen11. In diesem Sinne wäre die angebliche heidnische Reaktion zu einem großen Teil als eine Bewegung zu verstehen, die sich durch eine gemeinsame Kultur auf Grundlage der Mythologie und der paganen Kulte definierte und die zum Kampf gegen das Christentum eben diese Kultur instrumentalisierte12. 7 8 9 10 11

Pfister, Herakles und Christus, 46–58. 60. Rose, Gospels, 113. 141. Robinson, Pagan Revival, passim, bes. 89. 101. Alföldi, Propagandamittel, passim. Alföldi, Propagandamittel, 71. Bloch spricht den Senatoren Symmachus, Praetextatus und Flavianus das Verdienst zu, die literarischen Werke der Vergangenheit vor dem Vergessen gerettet und durch ihre Abschriften und Korrekturen die Grundlage für die mittelalterliche Textüberlieferung geschaffen zu haben (Bloch, Zeugnis, 183). 12 Vgl. dazu das Edikt des Kaisers Julian vom 17. Juni 362 n.Chr., das es christlichen Professoren verbot,

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Die Übernahme der Lehrmeinung von der Existenz einer heidnischen Reaktion im 4. Jh.n.Chr. – Cameron spricht von einem „enduring myth“13 – führte in den letzten Jahrzehnten häufig dazu, daß pagane Motive in der spätantiken Kunst und Literatur automatisch als heidnische Propaganda und damit in einem religiösen Sinn interpretiert wurden14. Ebenso verhält es sich mit der Aufzählung heidnischer Priesterämter in spätantiken Grab- oder Ehreninschriften, aus denen wie selbstverständlich ein starkes Engagement der betreffenden Person für die „heidnische Sache“ und die Religion abgeleitet wurde15. Viele Forscher nahmen an, die heidnischen Persönlichkeiten des späteren 4. Jhs.n.Chr. seien auch als Patrone der Künste aufgetreten und hätten demnach Bildwerke mit heidnischen Motiven in Auftrag gegeben, die ihnen im Kampf gegen das Christentum gedient hätten16. In diesen Kontext eines „Kulturkampfes“ ordnete A. Alföldi die Kontorniaten ein17, auf denen Hercules die am häufigsten auftretende mythologische Gestalt ist. Seit dem Erscheinen der Beiträge Alföldis und Blochs hat sich, nachdem das Konzept der heidnischen Reaktion lange Jahre akzeptiert und verteidigt worden war (obwohl sich auch immer wieder Gegenstimmen zu Wort meldeten18), unter dem Einfluß der Studien P. Browns und Al. Camerons inzwischen größtenteils eine Sicht der Verhältnisse des 4. Jhs.n.Chr. durchgesetzt, die den Schwerpunkt nicht auf religiösen Konflikt, sondern auf Verständigung und langsame Transformation von Religion und Gesellschaft legt und somit von einer graduellen Assimilation der verbliebenen Heiden in die christliche Gemeinschaft ausgeht19. Tatsächlich waren wohl nur wenige Heiden so aktiv anti-christlich eingestellt wie der Kaiser Julian; nicht einmal für die Wortführer des stadtrömischen heidnischen Adels, vielleicht mit Ausnahme des Virius Nicomachus Flavianus (s.u.), läßt sich eine antichristliche Haltung nachweisen20, wobei christliche Autoren sicher nicht darauf verzichtet hätten, ein solche zu erwähnen. Eine große Zahl der Angehörigen dieser Personengruppe beteiligte sich nicht an wie auch immer gearteten Auseinandersetzungen religiöser Natur21, was praktisch ausschließt, daß diese Persönlichkeiten bewußt als Patrone der Kunst auftraten, um mit heidnischen Motiven ihre christlichen Zeitgenossen herauszufordern, wie Alföldi postuliert hatte. An dieser Stelle kann der bereits in der Einleitung vorgebrachte

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die klassische Literatur zu lehren, da sie deren Grundlage, die heidnische Götterwelt, ablehnten und daher unaufrichtig, d.h. unmoralisch seien (Amm. 22, 10, 7; 25, 4, 20; vgl. Rosen, Julian, 270–273). Cameron, Last Pagans of Rome, 4. Vgl. dazu Cameron, Last Pagans of Rome, 698–706. Cameron, Last Pagans (1999), 110 mit Anm. 19; vgl. Bloch, Pagan Revival, 202–204. Allerdings stellt Niquet fest, daß religiöse Funktionen heidnischer Adliger seit konstantinischer Zeit nicht mehr auf öffentlich errichteten Inschriften angeführt wurden, sondern sich auf Inschriften im privaten Kontext beschränkten (Niquet, Monumenta, 178–180), also in der Öffentlichkeit offenbar kaum noch eine Rolle spielten. Cameron, Revival, 48f. Alföldi spricht von „kulturpolitischen Bestrebungen der Großgrundbesitzer“ (Alföldi, Propagandamittel, 68). Alföldi, Propagandamittel, 68. Zum Einfluß dieser Interpretation auf die nachfolgenden Forschergenerationen vgl. Cameron, Forschungen, 68f.; Salzman, Roman Time, 213f. O’Donnell, Paganism, passim, besonders 78; Toynbee (Rez.), Propagandamittel, 119. Vgl. Brown, Christianization, passim; Salzman, Roman Time, 195f. 223–231. Für einen kurzen Überblick über die Entwicklung der Forschung zu diesen Punkten s. dies., Pagans and Christians, 192f. Hedrick, History and Silence, 59f. Vgl. Hedrick, History and Silence, 64.

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Einwand K. Sheltons wiederholt werden, wonach religiöse Auseinandersetzungen auf der Ebene von Literatur und Rhetorik ausgetragen wurden, nicht mittels Erzeugnissen der bildenden Kunst, wie beispielsweise der Streit um den Victoria-Altar sehr deutlich zeigt, der mit eben diesen literarischen und rhetorischen Mitteln ausgefochten wurde22. Wie auch anhand der Erscheinungsformen des Hercules in der spätantiken Kunst gezeigt, waren mythologische Motive nicht automatisch „heidnisch“ im Sinne von religiös konnotiert. Und gerade im Kontext der Kontorniaten ist auch die problematische Tendenz der Forschung zu berücksichtigen, kleinste Details überzuinterpretieren und ihnen damit eine Bedeutung beizumessen, die nicht bewiesen werden kann23.

II.2 Hercules auf Kontorniaten II.2.1 Die Gattung der Kontorniaten Die münzähnlichen, zum Großteil zwischen der Mitte und dem Ende des 4. Jhs.n.Chr. gefertigten sogenannten Kontorniaten24 bilden ein komplexes Forschungsgebiet, das hier nur insofern angesprochen werden soll, als es weitere Einblicke in die Interpretation der Herculesgestalt in der Spätantike bietet. Mehrere Interpretationen hinsichtlich des Verwendungszwecks der Kontorniaten wurden bereits im 18. und 19. Jh. vorgelegt, die in den Objekten beispielsweise Brettspielsteine oder Eintrittsmarken für den Circus sehen wollten, sich jedoch nicht allgemein durchsetzen konnten25. Die einflußreichste und lange Zeit in weiten Kreisen der Wissenschaft akzeptierte Deutung der Gattung der Kontorniaten legte A. Alföldi in mehreren grundlegenden Publikationen vor26. Er sah in den Pseudomoneta des 4. und 5. Jhs.n.Chr. ein – wenn auch im Vergleich zu anderen „Vehikeln des Kulturkampfes der senatorischen Aristokratie“ verhältnismäßig unbedeutendes27 – Propagandamittel der heidnischen stadtrömischen28 Senatsaristokratie in ihrem angeblichen Kampf gegen das erstarkende Christentum, wobei 22 Zur Auseinandersetzung um den Altar vgl. O’Donnell, Paganism, 73-76. 23 Vgl. Shelton, Roman Aristocrats, 106–108. Ebd., 107: „being possible is quite different from being probable“. 24 Mittag, Köpfe, 30–33. Es wurden allerdings noch bis in das dritte Viertel des 5. Jhs.n.Chr. Kontorniaten hergestellt. Die antike Bezeichnung dieser Objekte ist unbekannt. Der moderne Fachausdruck leitet sich ab von dem italienischen Wort contorno und bezieht sich auf den besonderen Rand, durch den sich die Kontorniaten von anderen antiken Medaillen und Münzen unterscheiden (ebd., 1). 25 Mittag, Köpfe, 1; vgl. auch Alföldi, Propagandamittel, 4–6. Zur Forschungsgeschichte allgemein s. Mittag, Köpfe, 227–238. 26 Alföldi, Propagandamittel, passim. Alföldi, Kontorniat-Medaillons, passim. Für weitere Publikationen s. Cameron, Forschungen, 64. 27 Alföldi, Propagandamittel, 68. Für P. Brown gehören die Kontorniaten zu den „least obvious sources“, denen man Hinweise auf die Haltung der heidnischen Senatoren gegenüber den christlichen Kaisern glaubte entnehmen zu können (Brown, Christianization, 3). J. Toynbee stellte bereits 1945 die berechtigte Frage „Was so elaborate and subtle a system as that envisaged by the author (sc. Alföldi) really probable or necessary?“ (Toynbee (Rez.), Propagandamittel, 118). 28 Mit einer Ausnahme, einem singulären Fund aus Israel, stammen alle bis heute gefundenen Kontorniaten aus dem Westteil des Reiches, mit einem deutlichen Schwerpunkt auf Rom. Daraus wurde gefolgert, daß der größte Teil der Kontorniaten mit einiger Wahrscheinlichkeit in Rom produziert wurde (Mittag, Köpfe, 36; für weitere Fundorte s. ebd., 34f.).

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er sich auf die größtenteils dem paganen Mythos und der Welt der Spiele entlehnten Motive stützte. Neben dem explizit nicht-christlichen Charakter der mythologischen Darstellungen und der Welt der vom christlichen Klerus abgelehnten Circusspiele führte er für seine Interpretation die Verwendung von Porträts von Kaisern an, die als Christenverfolger galten oder sogar wie Nero mit apokalyptischen Prophezeiungen in Verbindung gebracht wurden29, sowie Bildnisse von verschiedenen Dichtern, Schriftstellern und Philosophen, die ebenfalls als Exponenten eines dezidiert anti-christlichen Heidentums der Spätzeit interpretiert wurden30. Neben solchen offensichtlich der heidnischen Vergangenheit entlehnten Darstellungen fand Alföldi auf den Kontorniaten auch viele versteckte Anspielungen auf eine angeblich christenfeindliche Grundhaltung dieser Pseudomoneta, wie beispielsweise die Benennung eines Wagenlenkers als Eugenius, angeblich ein Verweis auf den als proheidnisch eingestuften gleichnamigen Usurpator31. Als Urheber glaubte Alföldi den praefectus urbi der Jahre 353–355 und 357–359 n.Chr., Memmius Vitrasius Orfitus, identifizieren zu können, der als überzeugter Heide die Kontorniaten in der römischen Münze in seiner Funktion als Stadtpräfekt quasi heimlich habe prägen lassen32. Dementsprechend hätte „die Kontorniatprägung nur dem eisernen Willen des absoluten Kaisertums Trotz bietend vorgenommen werden“ können33. Die These von der Urheberschaft des Präfekten kann inzwischen als widerlegt gelten, zumal die Herstellung und Verteilung „anti-christlicher Propaganda“, wie sie Alföldi skizzierte, kaum auf einen loyalen Beamten wie Orfitus, der von dem christlichen Kaiser Constantius II. protegiert wurde, zurückgehen kann34. Der Grad der Akzeptanz der Theorien Alföldis reichte von begeisterter Zustimmung über deutliche Skepsis bis zur Ablehnung seiner Thesen, wobei sich bereits kurz nach Erscheinen der ersten Veröffentlichung zum Thema Kritik regte, die auch in den folgenden Jahrzehnten weitere Anhänger fand35. Aufgrund von Alföldis Deutung der Kontorniaten wurden diese Objekte lange als ein wichtiges Zeugnis der heidnischen Reaktion angesehen und entsprechend als Argument für die verschiedenen damit zusammenhängenden Thesen herangezogen36; insgesamt gesehen beschränkt sich die Beschäftigung der Wissenschaft mit dieser Gattung größtenteils auf die 29 Alföldi, Propagandamittel, 60. Das Auftauchen von Bildnissen des Kaisers Julian nach 395 n.Chr. wurde von Alföldi ebenfalls als Ausdruck einer anti-christlichen Haltung der Herausgeber der Kontorniaten gedeutet (ebd., 62f.). 30 Alföldi, Propagandamittel, 73–78. Zu diesem Personenkreis heidnischer Geistesgrößen gehören unter anderem Homer, Solon, Pythagoras, Horaz und der Wundertäter Apollonios von Tyana. 31 Alföldi, Propagandamittel, 68. 32 Alföldi, Propagandamittel, 55; zu Orfitus s. PLRE I s.v. Orfitus 3, 651–653. 33 Alföldi, Propagandamittel, 48. Als konkreten Anlaß der Verteilung der Kontorniaten an die Bevölkerung identifizierte Alföldi das Neujahrsfest (Alföldi, Propagandamittel, 37f.). 34 Darüber hinaus hatte der praefectus urbis Romae keinen Zugriff auf die Münzprägestätte, die dem comes sacrarum largitionum unterstand (Cameron, Last Pagans of Rome, 693; vgl. ebd. zu weiteren Problemen der Identifikation des Urhebers der Kontorniaten mit Orfitus). 35 Toynbee (Rez.), Propagandamittel, passim; Zadoks-Josephus Jitta, Contorniates, 81. Zur Aufnahme von Alföldis These vgl. auch Metcalf (Rez.), Katalog, 406f.; Mittag, Köpfe, 234. Eine Zusammenfassung der Forschungsmeinungen nach Alföldi bietet Mittag, Köpfe, 234–238. 36 Vgl. Mittag, Köpfe, 2. Allerdings werden die Kontorniaten dabei meist nur am Rande als einer von mehreren Aspekten kurz erwähnt (z.B. Bloch, Pagan Revival, 202).

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Auseinandersetzung mit den Thesen Alföldis37. Diejenigen Forscher, die weniger von einem Konflikt zwischen Heiden und Christen als vielmehr von einer friedlichen Koexistenz ausgingen, lehnten entsprechend auch Alföldis Thesen ab38. Eine Funktion der Kontorniaten als „Propagandamittel“ des stadtrömischen Adels wird inzwischen als widerlegt betrachtet, da den Darstellungen tatsächlich kein eindeutig anti-christlicher Bedeutungsinhalt nachzuweisen ist39, wodurch sie sich einreihen in die Gruppe spätantiker Kunstgegenstände und handwerklicher Erzeugnisse, die zwar keinen christlichen Inhalt aufweisen, dadurch jedoch keineswegs als Zeugnis einer anti-christlichen Gesinnung gesehen werden können, sondern vielmehr die weitverbreitete kontinuierliche Wertschätzung oder auch ganz unbewußte Akzeptanz der Motive des heidnischen Mythos belegen. Als eine Funktion der Kontorniaten, die bereits in der älteren Literatur angesprochen wurde, die jedoch durch Alföldis Theorien in den Hintergrund gerückt wurde, ist statt dessen diejenige als glücksbringende Amulette anzusehen, die einen magischen, übelabwehrenden Charakter hatten40 und die vermutlich in Form von Geschenken (einzelner an einzelne oder beispielsweise im Rahmen der Circusspiele an Teile der Bevölkerung) zu unterschiedlichen Anlässen in Umlauf gebracht wurden41. Die Wahl der Motive wäre in diesem Fall in erster Linie auf den Geschmack und die Vorlieben der stadtrömischen Bevölkerung zurückzuführen, nicht auf eine militant-pagane Einstellung der Aristokratie42. Dies schließt die zahlreichen (ca. 40 % der Rückseiten43) Darstellungen aus der Welt der in der Spätantike sehr beliebten Spiele und des Circus mit ein, deren Protagonisten traditionell mit magischen Praktiken in Verbindung gebracht wurden44. Selbst Porträts griechischer und römischer Schriftsteller und Dichter, die sich auf Kontorniaten finden, können auf diese Weise magisch interpretiert werden45. Für eine tatsächliche Verwendung zumindest einzelner Kontorniaten als Amulette sprechen die vielen nachträglich angebrachten Durchbohrungen oder Ösen; diese müssen jedoch nicht notwendigerweise dem Ursprungszweck der Gattung entsprechen46. Tatsächlich sollte man nicht die Möglichkeit außer acht lassen, daß die Vergabe von Kontorniaten auf die Wertschätzung alter Münzen und Medaillons zurückgeht, die sichtlich einen immateriellen Wert hatten, die gesammelt und ver-

37 Vgl. Van der Vin, Kontorniat, Sp. 500. 38 Mittag, Köpfe, 2. 39 Van der Vin, Kontorniat, Sp. 507f. Hier ist Zadoks-Josephus Jitta zuzustimmen, die bereits wenige Jahre nach dem Erscheinen von Alföldis Abhandlung die Darstellungen auf den Kontorniaten als „not so much deliberately anti-Christian as unconsciously pagan“ interpretierte (Zadoks-Josephus Jitta, Contorniates, 82). Vgl. auch Gwynn, Senatorial Paganism, 149: „the mythical, literary and historical iconography […] would have been interpreted by most contemporaries as Roman rather than pagan”. 40 Sande, Bringers of Luck, 231. 41 Gwynn, Senatorial Paganism, 149; Mittag, Köpfe, 211f. 214. 42 Sande, Bringers of Luck, 231f. 43 Mittag, Köpfe, 92. 44 Mittag, Köpfe, 85f. 166f. 45 Sande, Bringers of Luck, 233f. 46 Mittag, Köpfe, 167. Eine Bevorzugung bestimmter Motive läßt sich bei den Durchbohrungen, die vielleicht teilweise erst aus nachantiker Zeit stammen, nicht feststellen (ebd., 168). Einzelne Kontorniaten können sicherlich auch einfach aufgrund ästhetischer Erwägungen für eine Zweitverwendung als Anhänger an einer Kette ausgewählt worden sein, ohne den Objekten dann einen tieferen Sinn als Amulette zuzuweisen.

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erbt werden konnten, und auch als Geschenke zu Anlässen wie Neujahr dienten; zumindest Goldmünzen wurden auch in der Spätantike verschenkt47. Den immateriellen Wert sieht P.F. Mittag im Vergangenheitsbezug; die frühen Kontorniaten waren tatsächlich Kopien alter Münzen, oft von Kaisern, die sich als Wohltäter der Stadtbevölkerung hervorgetan hatten48. Es scheint zumindest bedenkenswert, ob man den Kontorniaten darüber hinaus unbedingt eine bestimmte Funktion zuweisen muß, ob man sie nicht vielmehr als bezahlbare und in der römischen Tradition stehende Geschenke betrachten kann, die man zu unterschiedlichen Anlässen vergab (oder auch für sich selbst kaufte) und die den Vorteil hatten, daß man sie durch ihren Motivschatz auch als Amulette einsetzen konnte49. Es bleibt zu konstatieren, daß keineswegs auszuschließen ist, daß Betrachter einzelnen Motiven – wie dem Porträt Julians – tatsächlich eine christenfeindliche Botschaft entnahmen; der Hauptzweck der Kontorniaten scheint aber dennoch nicht der Kampf gegen das Christentum durch das Medium traditioneller Motive auf Objekten mit geringem materiellen Wert gewesen zu sein. Darüber hinaus sollte auch beachtet werden, daß man, anders als Alföldi dies tat, eine Unterscheidung vornehmen kann zwischen „propaganda in favor of the traditional cults (credible and potentially effective) and outright attacks on Christianity (not credible, and surely counterproductive)“50. Wie überhaupt die heidnischen Motive in der spätantiken Kunst als grundsätzlich religiös neutral zu gelten haben, sollte man diese Sicht auch auf die Kontorniaten anwenden51; der Umgang mit diesen und die Reaktion auf die Bilder hing vom jeweiligen Individuum ab. II.2.2 Hercules auf Kontorniaten Von allen Figuren der antiken Mythologie ist Hercules diejenige, die mit bislang elf verschiedenen eindeutig auf ihn bezogenen Stempeln auf den geprägten sowie weiteren sechs gesicherten Motiven auf den gegossenen Kontorniaten am häufigsten auf den Rückseiten dieser Objektgattung dargestellt ist52. Darüber hinaus sind auch drei unterschiedliche Vorderseiten mit gesicherten Herculesmotiven von eingetieften Kontorniaten erhalten. Nicht alle Darstellungen des Hercules sind eindeutig identifizierbar beziehungsweise interpretierbar. Neben Szenen aus dem Dodekathlos gibt es auch Motive, deren Deutung unklar bleibt. Ebenso kann eine kämpfende männliche Gestalt nicht in allen Fällen eindeutig als Hercules identifiziert werden, sofern die charakteristischen Attribute fehlen. Auch in Fällen, in denen das von einer abgebildeten Figur bekämpfte Untier nicht eindeutig zu erkennen ist, ist eine Zuordnung zum Herculesmythos umstritten (Kat.-Nr. 57153). Wenn die 47 Mittag, Köpfe, 206–214. Die Vorläufer der Kontorniaten, von Mittag als „Protokontorniaten“ bezeichnet, wurden durch das Aufhämmern des Randes von großen Bronzemünzen hergestellt; da alte Bronzemünzen jedoch im 4. Jh.n.Chr. selten wurden, habe man als Ersatz die Kontorniaten hergestellt (ebd., 214). 48 Mittag, Köpfe, 210. 49 Vgl. Mittag, Köpfe, 211. 214. Cameron nennt die Motive eine Galerie von „Graeco-Roman culture heroes“, deren Auswahl recht willkürlich war und auch mit der Verfügbarbkeit von Stempeln in der Prägestätte zusammenhing (Cameron, Last Pagans of Rome, 697). 50 Cameron, Last Pagans of Rome, 694. 51 Vgl. Cameron, Last Pagans of Rome, 697. Cameron spricht von dem „middle ground we now call secular“. 52 Vgl. Mittag, Köpfe, 94. 53 Die Katalog- und Tafelnummern beziehen sich auf Alföldi, Katalog.

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fehlenden Attribute des Kämpfers keine Identifikation zulassen, können allerdings aus der Ikonographie der Darstellung möglicherweise Rückschlüsse auf die Identität der Figuren gezogen werden, was jedoch erschwert wird, wenn an einem aus anderen Gattungen übernommenen vertrauten Schema erkennbare Veränderungen vorgenommen wurden54. Was die Untersuchung der Ikonographie der Herculesdarstellungen betrifft, so hat sich A. Alföldi große Verdienste erworben, weshalb auf eine ausführliche Analyse der Herkunft der Motive verzichtet und auf den entsprechenden Teil von Alföldis Untersuchung verwiesen werden kann. II.2.2.1 Hercules auf Kontorniatrückseiten Aus dem kanonischen Dodekathlos sind lediglich die Kämpfe mit dem nemeischen Löwen (Kat.-Nr. 562, 565) und mit der Hydra von Lerna (Kat.-Nr. 539, 594) sowie das Niederringen der kerynitischen Hirschkuh (Kat.-Nr. 210) auf den Kontorniaten abgebildet. Bei dem Motiv eines mit einem Stier kämpfenden Heros (Kat.-Nr. 282, 374, 409, 421) dürfte es sich um Hercules und den kretischen Stier handeln. Zwar kann diese Szene mangels Attributen nicht eindeutig als dem Tatenzyklus zugehörig identifiziert werden; allerdings war die Herculesikonographie den Betrachtern sicher vertrauter als die ebenfalls vorgeschlagene Deutung als Szene aus dem Theseus-Mythos55. In ikonographischer Hinsicht wurde in den meisten Fällen auf Neuschöpfungen verzichtet; statt dessen wurden bestehende Bildtraditionen übernommen. So können beispielsweise für den Kampf mit dem nemeischen Löwen (Kat.-Nr. 565) zahlreiche Parallelen aus unterschiedlichen Gattungen der bildenden Kunst angeführt werden, die den Kampf im selben Schema darstellen wie der Kontorniat56. Allerdings treten auch Umsetzungen vertrauter Motive auf, die in dieser Form bislang nicht bekannt waren, so im Falle eines Löwenkampfes, der nicht dem geläufigen Schema der Darstellung dieser Tat entspricht (Kat.Nr. 562; Taf. 99,7; 224,7) und eines Kampfes mit der Hydra, der ebenfalls keinem üblichen Typus folgt (Kat.-Nr. 539, 594)57. Der Heros ist auch losgelöst aus dem narrativen Kontext seiner Taten dargestellt, als ausschreitender Krieger (Kat.-Nr. 247, 522), bewaffnet mit Keule und Bogen. Die Kontorniaten der Kat.-Nr. 522 gehören zur Gruppe der gegossenen Kontorniaten; sie bilden den Heros nach links schreitend ab, und das Löwenfell ist bei allen erhaltenen Exemplaren eindeutig zu identifizieren, da der lange Schwanz des Löwen ähnlich einem dritten Bein des Heros bis auf den Boden reicht. Sowohl auf den geprägten als auch auf den

54 Beispielsweise ähnelt eine Löwenkampfdarstellung auf Kat.-Nr. 572 einem bekannten Schema, doch der Kämpfer kann nicht eindeutig identifiziert werden, da es sich bei seiner Waffe nicht um eine Keule handelt. Gegen eine Tierkampfszene aus dem Umfeld der Arena wiederum spricht, daß der Kämpfer unbekleidet dargestellt ist; es könnte sich um eine Herculesdarstellung handeln, sofern ein ikonographisches Schema aus Tierkampfszenen verwendet wurde (Alföldi, Kontorniat-Medaillons, 146). 55 Die Haltung der beiden kämpfenden Figuren auf dem Kontorniat hat Parallelen in der Ikonographie des Theseus (Alföldi, Kontorniat-Medaillons, 141f.). 56 Alföldi, Kontorniat-Medaillons, 145f. 57 Alföldi, Kontorniat-Medaillon, 145. Die Ikonographie dieses Kontorniaten geht auf kein bekanntes Kompositionsschema dieser Tat zurück (Alföldi, Kontorniat-Medaillons, 147f.); dennoch kann kein Zweifel an der Zugehörigkeit zum Herculesmythos bestehen, da sowohl die Keule des Heros als auch die Mehrzahl der Schlangenköpfe keinem anderen narrativen Kontext zugeordnet werden können.

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gegossenen Kontorniaten wird die Keule über der rechten Schulter in einem ausholenden Gestus gehalten, während der Bogen in der ausgestreckten linken Hand auf einen unsichtbaren Gegner zu zielen scheint. Das Schema des bewaffnet vorstürmenden Hercules ist in der antiken Kunst vielfach belegt, und es liegt nahe, daß die Hersteller der Kontorniaten mit dem Motiv vertraut waren58. Ungleich friedlicher tritt der Heros in Gemeinschaft mit seiner göttlichen Beschützerin Minerva auf (Kat.-Nr. 64, 283, 485), in einem Motiv, das in der antiken Kunst nicht allzu häufig belegt ist, für das es in der Spätzeit jedoch Parallelen in anderen Kunstgattungen gibt59. Die gerüstete und bewaffnete Göttin legt dabei dem Helden, der sich auf seine Keule stützt, jeweils eine Hand auf die Schulter, während Hercules seinerseits nach ihrem Handgelenk greift. Für dieses Motiv wurde bislang keine zufriedenstellende Deutung gefunden60. Zumindest scheint es sich bei der Verbindung von Hercules und Minerva jedoch um einen in der Entstehungszeit der Kontorniaten relativ bekannten Aspekt des Mythos gehandelt zu haben, zumal sich eine ähnliche Darstellung in cubiculum N der Katakombe an der Via Latina findet61. Es ist nicht auszuschließen, daß es sich hier schlicht auf der ganz offensichtlichen Ebene um eine Wiedergabe der Beziehung der beiden mythologischen Gestalten zueinander handelt, die nicht notwendigerweise einer weiterführenden Interpretation bedarf. Ein weiteres Motiv stellt den sich ausruhenden jugendlichen Hercules dar, auf einem Gegenstand sitzend, der einem umgedrehten Korb ähnelt, ein Gefäß in der linken und die auf dem Boden aufgestützte Keule in der rechten Hand (Kat.-Nr. 566). Die Sitzhaltung des Heros läßt sich auf den Typus des Herakles Epitrapezios zurückführen, auch wenn hier im Vergleich zu dem statuarischen Typ einige Veränderungen vorgenommen wurden62. Die stilisierte Darstellung eines Wasserlaufes legt eine Verbindung zur Reinigung der AugiasStälle nah. Anders als bei den anderen Motiven aus dem Dodekathlos ist Hercules in diesem Fall jedoch nicht bei der Vollbringung der Tat, sondern in der darauffolgenden Phase der Ruhe abgebildet, so daß in diesem Fall also nur ein Verweis auf die konkrete Tat vorliegt und das Augenmerk auf die Erschöpfung des Heros nach getaner Arbeit gelegt wird. Ebenso ist der dem Schema des Hercules Farnese folgende Kontorniat zu interpretieren (Kat.-Nr. 567), der den Heros in der vertrauten Pose des erschöpften älteren Helden zeigt, der gerade die Hesperidenäpfel an sich gebracht hat. Das am häufigsten und in mehreren Stempelvarianten vorkommende Motiv zeigt Hercules im Kampf gegen einen Kentauren (Kat.-Nr. 17, 18, 48, 66, 155, 155,2a, 353)63, für dessen Benennung unterschiedliche Möglichkeiten existieren: Mittag nennt Nessos, 58 Alföldi, Kontorniat-Medaillons, 124. 59 Vgl. Alföldi, Kontorniat-Medaillons, 123. J. Boardman listet nur zehn Beispiele aus der römischen Kunst auf (LIMC V, 1 n. 3191–3200) sowie zehn weitere auf attischen Vasen (LIMC V, 1 n. 3179– 3188), die Hercules und Minerva im Gestus der dextrarum iunctio zeigen. 60 Mittag, Köpfe, 106 Anm. 67. Alföldi, Kontorniat-Medaillons, 123 erwähnt die Möglichkeit, daß hier Hercules und Athena Ilia als mythische Ahnherren Roms verherrlicht wurden. 61 Darüber hinaus treten die beiden Gottheiten noch im 7. Jh.n.Chr. gemeinsam in der Kunst auf (vgl. oben Kap. A I.1.4.1). 62 Gewöhnlich wird Hercules auf einem Felsen sitzend, der mit dem Löwenfell bedeckt ist, dargestellt (Alföldi, Kontorniat-Medaillons, 148). 63 Zu Vorbildern und Parallelen s. Alföldi, Kontorniat-Medaillons, 142f.

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Keyx, Kyathos, Oreios, Phokos und Eurythion64. Da es sich bei den fünf letztgenannten jedoch um eher ungeläufige Figuren handelt, während der Kampf mit Nessos der bekannteste und verbreitetste Kentaurenkampf des Hercules ist, ist wohl anzunehmen, daß tatsächlich das Zusammentreffen mit dem verräterischen Nessos gemeint ist. Die Szene des Kentaurenkampfes nimmt Mittag als einen der Ausgangspunkte für seinen Interpretationsvorschlag ganz unterschiedlicher mythologischer Motive auf den Kontorniaten. Er sieht hier, im Unterschied zu Alföldis These von der Bedeutung der gesamten Objektgattung, keine Anklänge an die religiösen und gesellschaftlichen Vorgänge der Zeit, sondern geht von einem sehr viel engeren Bezugsrahmen aus. Für Hercules wie auch verschiedene mythologische Liebespaare, zu denen unter anderem Hero und Leander sowie Achilles und Penthesileia zählen, wird das Stichwort „menschlich-persönliche Anliegen“ gewählt65, das sich im Falle des Alkiden aus der Situation des Kampfes mit Nessos ergibt, der die Ehre seiner Ehefrau und damit das häusliche Glück des Helden bedroht. Entsprechend dieser Interpretation verweist Mittag den Jupitersohn hier in einen privaten Rahmen, der sich stark von den „politischen Aspekten“ des Herculesmythos – Folie für das Herrscherlob, Einbindung in die kaiserliche Repräsentation, exemplum virtutis – unterscheidet: der Heros tritt als liebender Ehemann auf66. Bestätigt sieht Mittag diese These durch die Parallelen des Motivs in der Kunst: demnach trete der Kentaurenkampf nicht auf Monumenten der Staatskunst, sondern auf Objekten des täglichen Lebens wie Lampen oder Gemmen auf67. Dazu ist allerdings anzumerken, daß der Kampf zwischen Hercules und einem Kentauren beispielsweise auf tetrarchischen Münzen erscheint68, was eine Beschränkung auf den „privaten“ Bereich der Menschen in der von Mittag vertretenen Art und Weise nicht zuläßt. Die Interpretation Mittags ist daher als zu eng gefaßt zu betrachten. Sicherlich konnten verschiedene Erzählungen des Herculesmythos auf diese Weise verstanden und auf die Alltagswelt der Menschen bezogen werden, was sich auch in Einklang bringen läßt mit der vermutlichen Verwendung von Kontorniaten als Festgaben und glücksbringende beziehungsweise übelabwehrende Amulette69. Dennoch sollte das Kentaurenkampfmotiv nicht auf diese Weise aus dem Kontext der anderen Herculesdarstellungen auf den Kontorniaten herausgelöst und separat interpretiert werden70, zumal sich familiäre Anklänge ansonsten nur in der Darstellung des den Hippodromos tragenden Heros sowie in der Kombination mit Rhome/Rea Silvia finden, die jedoch viel eher als Rückbezug auf die römische Frühzeit und die wichtige Rolle, die Hercules dabei spielte, zu beziehen ist. Diese beiden Motive sind einmalig und ohne erkennbare Vorbilder oder Parallelen in der Überlieferung, was ihre Interpretation unsicher macht. Der späteste datierte Kontorniat (Kat.-Nr. 482), von dem nur ein einziges Exemplar bekannt ist, stammt aus der Regierungszeit des Kaisers Anthemius 64 65 66 67 68

Mittag, Köpfe, 106. Mittag, Köpfe, 105. Mittag, Köpfe, 107. Mittag, Köpfe, 107. Z.B. Calicó, Aureos, n. 4739–4741; Depeyrot, Monnaies, 82, 5B/8; vgl. Alföldi, Kontorniat-Medaillons, 143. 69 Mittag, Köpfe, 214. 70 Mittag schließt eine Deutung aller anderen Herculesmotive auf den Kontorniaten aus und geht davon aus, daß nur der Kentaurenkampf „mit einiger Sicherheit interpretiert werden“ kann (Mittag, Köpfe, 106).

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(467–472 n.Chr.) und kombiniert das Porträt dieses Kaisers auf der Vorderseite mit dem Rückseitenbild des stehenden Hercules, der ein Kind auf dem linken Arm trägt, von dem zusätzlich das Löwenfell herunterhängt, während er sich mit der rechten Hand auf seine Keule stützt71. Die Legende (H)ipodromos Heracleos Andreas – die einzige mit einem Herculesmotiv kombinierte Legende auf den bislang bekannten Kontorniaten – identifiziert den Knaben als Hippodromos, der in der literarischen Überlieferung als Sohn des Hercules und der Anthippe, einer der 50 Töchter des Thespios, genannt wird72. Es gibt für diese Darstellung keine direkte Entsprechung in der antiken Kunst; allerdings besteht die Möglichkeit, daß hier ein Rückgriff auf eine Statue vorliegt, die in ähnlicher Weise Hercules mit dem kleinen Telephos auf dem Arm zeigte, und die auf kaiserzeitlichen kleinasiatischen Münzen gelegentlich abgebildet ist73. Es wurde vorgeschlagen, in dem einzigartigen Motiv einen Verweis auf die Verbindung zwischen Hercules und den Circusspielen herzustellen, versinnbildlicht durch den Namen des Sohnes Hippodromos. Der Name Andreas wurde entweder als siegreicher Athlet oder als Name des Schöpfers der angeblich abgebildeten Statue angesehen74. Die Bedeutung des Motivs bleibt unsicher. Ein weiterer Rückseitenstempel (Kat.-Nr. 67), für den es keinen bekannten ikonographischen Vorläufer gibt75, vereint den sitzenden, mit Keule und Fell ausgestatteten Hercules in Frontalansicht mit einer rechts neben ihm thronenden Frauengestalt, die ihm den rechten Arm um die Schultern legt. Den beiden Figuren zu Füßen sind drei sehr kleine Tiere dargestellt, die als zwei Rinder und ein Schwein identifiziert wurden. In Verbindung mit der Zuordnung der Rinder zur Herde des Geryoneus und der Rolle des Schweins als Opfertier wurde die weibliche Figur als Rhome, die Tochter Euanders, oder Rea Silvia interpretiert76. Offenbar ist hier eine Verbindung zur legendären Frühzeit Roms angestrebt, indem verwiesen wird auf die Begründung des Kultes an der Ara Maxima durch Hercules selbst77, sowie auf die Stadtgründer Romulus und Remus, die Söhne der Rea Silvia78, oder aber auf die Namensgebung der Stadt durch Rhome79. Des weiteren wird die Verbindung zur Stadt Rom 71 RIC X p. 421 n. 2907. 72 Apollod. 2, 162 (Dräger). 73 Alföldi, Kontorniat-Medaillons, 124. Laut Manganaro handelt es sich hingegen um eine Statue, die Anthemius den Stadtrömern geschenkt habe (Manganaro, Contorniato, 77). 74 Alföldi, Kontorniat-Medaillons, 124; Manganaro, Contorniato, 74. 77. Der Herausgeber von RIC X schlägt vor, daß es sich um eine Prägung anläßlich von nicht-konsularen Spielen gehandelt haben könnte. Die Rückseitenlegende wird dabei mit dem Hinweis auf die ungeklärte Bedeutung als „The Hippodrome of Heracles“ übersetzt (Kent in: RIC X, 198). 75 Alföldi, Kontorniat-Medaillons, 161. 76 Alföldi, Kontorniat-Medaillons, 160–162. 77 In LIMC V, 1 wird der Kontorniat gemeinsam mit einem Medaillon des Antoninus Pius der Kategorie Pinarii/Potidii zugeordnet, also dem Umfeld des Kultes an der Ara Maxima, der in der Frühzeit durch diese beiden Familien betreut wurde (LIMC V, 1 n. 3504). 78 Mit Rea Silvia hatte Hercules den Sohn Aventinus (Verg. Aen. 7, 655–664). 79 Mittag, Köpfe, 59 Anm. 28. Die Version der Verbindung zwischen Hercules und Rhome beziehungsweise der Gründung der Stadt durch deren Vater Euander war nachweislich noch im 5. Jh.n.Chr. bekannt (vgl. Aug. epist. 17, 2). Die Verbindung des Hercules zur Frühzeit Roms hebt auch Macrobius hervor (Macr. Sat. 1, 10, 12–13; 1, 11, 47; 1, 12, 28; 3, 1, 3; 3, 6, 10–17). Augustinus ist noch mit der Cacus-Geschichte vertraut (Aug. civ. 19, 12). Es wurde die Vermutung aufgestellt, daß die Kontorniaten mit dem betreffenden Motiv anläßlich des Geburtstages der Stadt Rom (Natalis Urbis) am 21. April geprägt und von den spielgebenden Ma-

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durch die Koppelung mit dem Kopf der Roma auf der Vorderseite betont80. Einzigartig ist auch das Motiv des die Biga der Aurora führenden Hercules (Kat.-Nr. 55, 292). Die Göttin steht, eine Fackel haltend, auf ihrem von einem Löwen und einem Eber gezogenen Wagen, der von dem durch seine Keule eindeutig identifizierten Hercules nach links geführt wird. Hierfür gibt es in der antiken Kunst keinerlei Entsprechung, und alle Deutungsversuche der Darstellungen blieben wenig überzeugend81. Die Szenen aus dem Tatenzyklus des Hercules sind im Sinn der traditionellen Deutung des Heros als Überwinder von Ungeheuern und Tugendheld zu sehen; bei einer Verwendung der entsprechenden Kontorniaten als Glücksbringer kann man hierin mythologische Beispiele für die Überwindung von Schwierigkeiten sehen, aus denen man für die eigene Situation Hoffnung schöpfen konnte82. Es muß hier konstatiert werden, daß heute für viele der auf den Kontorniaten vorkommenden Motive aus der Mythologie keine sinnvollen Deutungen mehr gefunden werden können; dies wirft die Frage auf, inwiefern solche seltenen, nicht auf den ersten Blick zu erschließenden Szenen von den zeitgenössischen Betrachtern verstanden wurden, bei denen es sich wohl überwiegend um Angehörige der unteren Gesellschaftsschichten handelte. Man würde annehmen, daß ein auf Ebene der Bilder geführter „Glaubenskampf“ allgemeinverständliche Darstellungen gewählt hätte, um den Zweck der Bilder erfüllen zu können. II.2.2.2 Kontorniatvorderseiten Die Herculesrückseiten sind mit unterschiedlichen Vorderseiten kombiniert, wobei am häufigsten die Porträts von Alexander dem Großen, Nero und Trajan auftreten. Dabei wird dasselbe Rückseitenmotiv mit unterschiedlichen Vorderseiten verbunden, wie beispielsweise im Fall der Rückseite „Hercules und Minerva“, auf deren Vorderseiten Olympias, Trajan oder ein Wagenlenker auftreten können. Eine inhaltliche Koppelung kann nur in den seltensten Fällen festgestellt werden83. Alexander der Große Die Kombination von Alexander dem Großen und Hercules in Form eines mit den Attributen des Helden beziehungsweise einem Diadem ausgestatteten Alexanderporträts auf der

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gistraten an die Bevölkerung verteilt worden seien, was sich jedoch nicht beweisen läßt (Chastagnol, Culte, 221). Stempelkopplungen mit anderen Vorderseiten sind bislang nicht bekannt (Alföldi, Kontorniat-Medaillons, 161). Alföldi, Kontorniat-Medaillons, 125. Die Interpretation der Darstellung als Verweis auf Eroberungen im Osten durch die jeweils auf den Vorderseiten abgebildeten Herrscher Alexander und Trajan (Alföldi, Kontorniat-Medaillons, 125; ders., Propagandamittel, 104f.) sieht P.F. Mittag wohl zu Recht als nicht haltbar an (Mittag, Köpfe, 106 Anm. 68). Vgl. Mittag, Köpfe, 211. Tatsächlich scheint bei den meisten Stempelkopplungen kein Bedürfnis nach einer „sinnvollen“ Kombination geherrscht zu haben (Mittag, Köpfe, 215). Einerseits kann demnach in Frage gestellt werden, ob es überhaupt ergiebig ist, nach klaren inhaltlichen Konzepten der Darstellungen auf den Kontorniaten zu suchen. Andererseits könnte es aber durchaus Absicht gewesen sein, daß man gänzlich unterschiedliche Darstellungen miteinander koppelte, um damit den Rahmen der möglichen Assoziationen zu erweitern (ebd., 217).

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Kontorniatvorderseite84 ist aufgrund der vielfach überlieferten engen Bindung des Makedonenkönigs an seinen mythischen Ahnherren an sich nicht weiter verwunderlich85. Bedingt durch den möglichen Verwendungszweck der Kontorniaten als Amulette und Geschenke mit übelabwehrender Wirkung ergibt sich jedoch auch eine allgemeine Verbindung zwischen Hercules und Alexander. Beide überwanden in ihrem Leben große Hindernisse und Probleme verschiedener Art86: der eine todbringende Ungeheuer, der andere scheinbar weit überlegene Gegner, wobei sich Alexander stets im Wettstreit mit seinem Vorfahren wähnte. Beiden wurden außerdem noch in der Spätantike apotropäische Eigenschaften zugeschrieben87. Trajan Trajan, der schon seinen Zeitgenossen als der optimus princeps galt und in der Achtung der Römer noch vor dem Begründer des Kaisertums, Augustus, rangierte, tritt auf der Vorderseite zahlreicher Kontorniaten auf. Seine fortgesetzte Beliebtheit in der Spätantike belegt die Tatsache, daß er in Akklamationen noch um das Jahr 500 n.Chr. als das Vorbild aller späteren Kaiser angeführt wurde88. Für ihn ist auch eine Verbundenheit mit Hercules belegt89; die Kombination mag in diesem Fall einfach den beliebtesten Kaiser mit dem beliebtesten Heros des heidnischen Mythos verbunden haben. Nero Die Wahl von Nero für die Kontorniatvorderseiten90 ist nicht so leicht zu erklären wie die Trajans, da er in der römischen Überlieferung nicht etwa als vorbildlicher Herrscher, sondern vielmehr als Tyrann galt91. Die Rolle Neros als erster Christenverfolger und als allgemeines Negativexemplum, das immer wieder in Verbindung mit anti-christlichen Maßnahmen früherer Kaiser wie auch mit nicht-orthodoxen christlichen Kaisern gebracht wurde, diente Alföldi als ein Beleg für seine Propagandamittel-These92, der schwer zu entkräften ist. Die christenfeindlichen Konnotationen der Nero-Gestalt sind nicht zu leugnen, und seine Darstellung auf den Kontorniaten ließe sich tatsächlich als eine gegen das Chris-

84 85 86 87

88 89 90 91 92

Z.B. Alföldi, Katalog, Kat.-Nr. 17–18 (Taf. 5, 6–8). S. dazu Huttner, Politische Rolle, 102–123. Vgl. dazu Mittag, Köpfe, 224. Johannes Chrysostomos beklagte die Verwendung von Münzen Alexanders als glücksbringende Amulette (Joh. Chrys. catech. 2, 5). Eine 1996 publizierte Alexandermünze, in die nachträglich ein Christogramm eingeschnitten wurde, scheint das Zeugnis des Chrysostomos zu bestätigen und beweist, daß solche vermutlich als Glücksbringer verwendeten Münzen von Christen genutzt wurden (Sande, Bringers of Luck, 230). Zu Alexander als Glücksbringer vgl. Alföldi, Kontorniat-Medaillons, 85. Alföldi, Propagandamittel, 58. Seelentag, Taten und Tugenden, 284–287. 405–408. 423–435. 486f. Tatsächlich sind Nero und Trajan die beiden häufigsten Kaiser auf den Vorderseiten (Cameron, Last Pagans of Rome, 695). Mittag, Köpfe, 129. Zu den wenigen positiven Beurteilungen Neros in der spätantiken Literatur s. ebd., 131–133. Alföldi, Propagandamittel, 60. Nero wurde als Helfer oder gar als Inkarnation des Antichristen angesehen (Mittag, Köpfe, 129f.). Zu seiner Rolle in der christlichen Apokalyptik vgl. Alföldi, Propagandamittel, 60f.

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tentum gerichtete Geste verstehen93. Allerdings ist wiederum zu bedenken, daß es keine Belege gibt für eine Instrumentalisierung Neros durch heidnische Autoren in der Auseinandersetzung mit Christen94; ferner hätte man, wenn man Christenverfolger darstellen wollte, schwerlich auf Diocletian verzichten können. Anders als dieser war hingegen Konstantins Mutter Helena auf einem gegossenen Kontorniaten dargestellt und Theodosius I. war ein beliebtes Motiv95. Für Nero sprach, neben der Tatsache, daß er öffentliche Bauten in Rom errichtet und das Reich vergößert hatte, seine Liebe zu den Spielen, die sich im Einklang befand mit der Leidenschaft, die viele Römer diesem Freizeitvergnügen entgegenbrachten, allerdings in den erhaltenen Quellen des 4. Jhs.n.Chr. nicht thematisiert wird, so daß unklar bleibt, inwiefern Neros Neigung noch bekannt war96. Es ist allerdings fraglich, inwiefern Neros Ruf als Patron der beim Volk so beliebten Circusspiele, die einen Großteil des Motivschatzes der Kontorniaten bildeten, ausschlaggebend war97. Es bleibt festzuhalten, daß die Einbeziehung Neros in den Bilderkanon der Kontorniaten einem spätantiken Betrachter die Assoziation mit Christenverfolgungen ermöglichte; ob dies beabsichtigt war, ist unklar. Unbestritten dürfte hingegen sein, daß die Darstellung Neros auf zahlreichen gegossenen Kontorniaten mit der Keule des Hercules als Attribut98 – wobei nicht zwangsläufig eine Kopplung an eine Herculesrückseite vorliegen muß – als Wiederaufnahme des klassischen Motivs der Angleichung des Kaisers an den Heros als exemplum virtutis der Herrscher zu verstehen ist. II.2.2.3 Hercules auf Kontorniatvorderseiten Hercules tritt auf den Vorderseiten von drei eingetieften Kontorniaten auf, wobei es sich in zwei Fällen um recht konventionelle Darstellungen handelt. Der nach links gerichtete Kopf des bärtigen Helden, mit einem Lorbeerkranz bekrönt und nach Art eines Athleten modelliert (Kat.-Nr. 672), ist auf der Rückseite kombiniert mit einer aufrecht in Schrittstellung nach rechts gewendeten männlichen Figur, die die rechte Hand in einem Wurfgestus über die Schulter erhebt, wobei jedoch keinerlei Waffen zu erkennen sind; es scheint sich nicht um Hercules zu handeln, da keines der charakteristischen Attribute beigefügt ist. Der lorbeerbekrönte Herculeskopf ist ein gängiges Motiv, das von Münzen und Gemmen bekannt ist und aufgrund dieser Tatsache auch auf diesem Kontorniaten identifiziert wurde. Eine Alternative, die in besserem Einklang mit der Rückseitendarstellung – möglicherweise ein

93 94 95 96

Vgl. Alföldi, Propagandamittel, 62. Mittag, Köpfe, 133. Cameron, Last Pagans of Rome, 696; Sande, Bringers of Luck, 232. Alföldi, Propagandamittel, 59; vgl. Mittag, Köpfe, 132f.; Sande, Bringers of Luck, 231. Nero trat auch selbst im Theater auf und soll sogar beabsichtig haben, in der Verkleidung des Hercules einen Löwen zu töten (Suet. Nero 53). S. Sande zitiert einen spätantiken Kameo, der Nero auf einer Quadriga mit der mappa des Spielgebers zeigt (Sande, Bringers of Luck, 231). Eine Parallele zu Neros Auftreten auf den Kontorniaten bietet der aufgrund seiner Bauten beim Volk, jedoch nicht bei der Oberschicht beliebte Caracalla (ebd., 232). 97 Cameron, Last Pagans of Rome, 695f.; Mittag, Köpfe, 133. 98 Alföldi, Kontorniat-Medaillons, 151.

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Athlet – stehen würde, wäre, hier tatsächlich nicht den Jupitersohn, sondern einen beliebigen Schwerathleten zu sehen99. Das zweite Beispiel zeigt den Alkiden, angetan mit Löwenfell und Keule, der im linken Arm als zusätzliches Attribut ein Füllhorn hält (Kat.-Nr. 671). Im Feld links der Figur kann man den Bogen des Helden erkennen, rechts den mit Pfeilen gefüllten Köcher. Das Füllhorn als Attribut des Alkiden ist bekannt von Reliefs und Statuen, und auch für die Körperhaltung gibt es in der antiken Kunst Parallelen, so daß wiederum davon ausgegangen werden kann, daß der Handwerker sich an bekannten Vorbildern orientierte100. Die Rückseite dieses Kontorniaten ist von erheblichem Interesse für die mögliche Verwendung der Pseudomoneta, da hier Hekate abgebildet ist, die in direktem Zusammenhang mit magischen Praktiken stand. Da alle erhaltenen Hekatedarstellungen auf Kontorniaten nachträglich eingraviert wurden101, kann also zumindest im Fall dieses einen Stückes von einer gesicherten, wenn auch vielleicht erst sekundären magischen Funktion möglicherweise als Talisman oder Glücksbringer ausgegangen werden, was zu dem auf der Vorderseite dargestellten Füllhorn passen würde. Demnach könnte bewußt eine entsprechende Abbildung von Hercules von dem Besitzer des Stückes ausgewählt worden sein, mit dem Ziel, seine inhärente Funktion als magisch wirkmächtiger Heros durch die Kombination mit Hekate noch zu verstärken102. Auf eine Verwendung des Kontorniaten als persönlicher Talisman scheint auch die vierfache Durchbohrung hinzudeuten, die die Befestigung am Körper mit Hilfe einer Kette oder Kordel ermöglichte103. Das dritte Beispiel eines eingetieften Kontorniaten mit Hercules auf der Vorderseite zeigt diesen, zu erkennen anhand seiner Keule, mit Salus. Gemeinsam flankieren sie Aesculapius, der an seinem schlangenumwundenen caduceus zu identifizieren ist; offenbar handelt es sich auch hier um eine nachträgliche Umarbeitung, bei der nach Entfernung des ursprünglichen Vorderseitenmotivs die drei genannten Götter angebracht wurden104. Die Rückseite, die einen von Hunden angegriffenen Stier zeigt, über dem Victoria schwebt, steht in keinem erkennbaren Zusammenhang. Der Kontorniat weist eine Durchbohrung im oberen Teil auf105, was auf eine Verwendung als Amulett hindeutet. Dies paßt zur Darstel-

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Alföldi, Kontorniat-Medaillons, 150. Alföldi, Kontorniat-Medaillons, 149. Mittag, Köpfe, 170; vgl. dazu auch Alföldi, Kontorniat-Medaillons, 149. A. Alföldi zitiert eine weitere Kombination aus einem Hercules- und einem Hekatemotiv auf einer Sparsionsmünze, die aufgrund ihrer Durchbohrung möglicherweise ebenfalls als Amulett verwendet wurde (Alföldi, Amulett-Medaillen, 6f.). Darüber hinaus findet sich die Kombination Hercules– Hekate auch auf einer magischen Gemme der Kaiserzeit (Delatte/Derchain, Les intailles magiques, 205 Nr. 280). 103 Alföldi, Amulett-Medaillen, 4. 104 Alföldi, Amulett-Medaillen, 4. Für das Motiv gibt es keine Parallelen in der antiken Überlieferung. Während Aesculapius und Salus oft gemeinsam dargestellt wurden, sind sie keine üblichen Begleiter des Hercules. Die Konstellation von Hercules mit zwei göttlichen Begleitern findet sich zwar in anderen Gattungen, es handelt sich dabei allerdings nicht um die beiden Heilgottheiten, sondern beispielsweise um Jupiter und Moneta oder Mercur und Fortuna (Alföldi, Kontorniat-Medaillons, 150). In seltenen Fällen wurde Hercules gemeinsam entweder mit Aesculapius (z.B. LIMC V, 1 n. 2941) oder mit Salus (auf der Namensvase des Meidias-Malers gesellt sie sich Hercules und den Hesperiden hinzu; s. Stafford, Vice or Virtue, 78) dargestellt. 105 Alföldi, Katalog, Kat-Nr. 670.

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lung der Vorderseite, die eine Verbindung zu magischen Praktiken des medizinischen Bereiches herstellt; die beiden Heilgottheiten stehen, ebenso wie der Alkide, der den Tod überwunden hatte und als alexikakos auch die ganz allgemeine Funktion als Beschützer vor Unheil aller Art haben konnte, für die Gesundheit und die Rettung des Lebens106. Daß Hercules noch in der Spätzeit als Beschützer vor Krankheiten bekannt war, belegt das Zeugnis des Arztes Alexander von Tralleis, der im 6. Jh.n.Chr. ein zwölfbändiges medizinisches Handbuch (Therapeutik) verfaßte. Darin nimmt er auch Bezug auf Heilmethoden, die eher dem magischen als dem medizinischen Bereich zuzuordnen sind; so empfiehlt er, als Mittel gegen eine Kolik das Bild des Hercules bei der Tötung des nemeischen Löwen in einen „medischen Stein“ zu schneiden und diesen, gefaßt in einen goldenen Ring, als Schmuck zu tragen107. Solche Gemmen, meist aus roten Steinen wie Jaspis gefertigt, mit Darstellungen des Hercules im Kampf mit dem nemeischen Löwen sind aus dem 3. Jh.n.Chr. erhalten und existierten offensichtlich auch noch in frühbyzantinischer Zeit108. Der Löwe galt als der Beherrscher des Magens, der sowohl Schmerzen als auch Heilung bringen konnte; seine Überwindung durch Hercules bedeutet also den Sieg über die Krankheit109. Die noch im 6. Jh.n.Chr. bekannte Funktion des Hercules als Erretter vor Krankheiten läßt den Rückschluß zu, daß man eine solche Verwendung der Herculesgestalt durchaus auch für das 4. Jh.n.Chr. annehmen kann, wie auch die bereits angesprochene Funktion als Heilgottheit im gallischen Deneuvre zeigt. Somit kann der vorliegende Kontorniat als medizinisches Amulett genutzt worden sein110, wobei die Kombination des Alkiden mit Aesculapius und Salus die krankheitsbekämpfende Wirkkraft in den Augen des Besitzers noch verstärkt haben dürfte.

106 Auch Hercules wurden bereits im 5. Jh. v.Chr. gelegentlich die Aufgaben eines Heilgottes zugesprochen; so soll er beispielsweise während des Peloponnesischen Krieges nach der Stiftung eines Heiligtums für Herakles Alexikakos der Pest in Athen ein Ende gesetzt haben (Huttner, Politische Rolle, 261f.). 107 Ei)j li/qon MhdikoÜn glu/yon (Hrakle/a o)rqoÜn pni/gonta le/onta kaiÜ e)gklei/saj ei)j daktuli/dion xrusou=n di/dou forei=n (Alex. Trall. 8, 2; vgl. Krug, Heilkunst, 216). 108 Eine Zusammenstellung solcher Gemmen findet sich in Delatte/Derchain, Les intailles magiques, 202–206, Nr. 272–280. In der zweiten Hälfte des 4. Jhs.n.Chr. wurden scheinbar relativ willkürlich Personen für den Besitz von Amuletten, die gegen Krankheiten wirken sollten, verurteilt (Amm. 19, 12, 14; vgl. Mittag, Köpfe, 242). Die Magiegläubigkeit der Menschen scheinen die Gesetze gegen verschiedene magische Praktiken aber keineswegs beeinträchtigt zu haben (ebd., 245). 109 Michel, Amulettgemmen, 382. Oft ist dieses Motiv mit der Inschrift KKK kombiniert, die für eine dreifache Wiederholung des Wortes KWLIKH stehen könnte, was die Aussage des Alexander von Tralleis bezüglich der Wirkung einer solchen Gemme bei Kolikbeschwerden entsprechen würde. Der Löwenkampf konnte auch mit der schematischen Darstellung eines weiblichen Uterus kombiniert werden, wodurch die Wirkkraft auf den Bereich der Geburtswehen und generell weiblicher Beschwerden ausgeweitet wurde (ebd., 382; 383 Abb. 11. Für Vergleichsexemplare s. Michel, Bunte Steine, 82f. Kat.-Nr. 86–88 mit weiterführender Literatur; dies., Magische Gemmen, 280f.). 110 Mittag, Köpfe, 155. Alföldi hingegen sieht, ohne diese Deutung zu begründen oder zu belegen, in den drei Gottheiten „Schutzgötter der alten Staatsreligion, keine eigentlichen Zauberwesen“ (Alföldi, Amulett-Medaillen, 4).

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II.2.3 Deutung der Rolle des Hercules auf Kontorniaten Hercules, zu dessen zahlreichen seit frühester Zeit belegten Eigenschaften die Befreiung der Menschen von allerlei Übeln gehörte, läßt sich in eben dieser Funktion in die Interpretation der Kontorniaten als Amulette einbinden. In einer apotropäischen Rolle als Herakles Alexikakos beziehungsweise als der in einem umfassenden Sinn siegreiche kallinikos ist der Heros bis in die Spätantike belegt, als sein Name beispielsweise an Türpfosten angeschrieben wurde, um Krankheiten und Unglück vom Haus fernzuhalten, wie es in christlichen Haushalten ein Kreuz oder eine Erwähnung Christi tat111. Formulierungen der Art „Hercules ist hier“112 sollten dabei sichtlich als eine Abschreckung für negative Kräfte dienen, die in das Haus eindringen wollten113. Zum zusätzlichen Schutz bewahrten Menschen vermutlich auch ein Abbild des Hercules in Form einer Statuette in ihren Häusern auf114. Ferner bezeugen Funde aus Gräbern der nördlichen sowie der Donauprovinzen die Verwendung der Keule des Hercules als übelabwehrendes Amulett, das an einer Kette um den Hals getragen wurde. Es handelt sich dabei um Anhänger aus Gold, Silber oder Goldblech, die aufgrund stilisierter Astnarben eindeutig als Herculeskeulen identifiziert werden können115. Die Datierung dieser Grabfunde in das 3. und 4. Jh.n.Chr. belegt darüber hinaus, daß die Verwendung dieses Attributes des Hercules als apotropäisches Zeichen zu der Zeit, in der die meisten Kontorniaten hergestellt wurden, noch durchaus verbreitet war. Auch ein Kontorniat mit einem Herculesmotiv könnte dementsprechend als Talisman gedeutet werden, den die Menschen mit sich führen konnten; dafür spricht die Tatsache,

111 MacMullen, Christianity and Paganism, 143. 112 Heracles hic habitat: Engemann, Magische Übelabwehr, 33. 43. 113 (O tou= DioÜj pai=j kalli/nikoj (Hraklh=j e)nqa/de katoikei=; mhdeÜn ei)si/tw kako/n. Belegt ist diese Formulierung vor allem in Kleinasien, aber sie findet sich auch – ebenfalls in Griechisch – auf einer Wand in einem Laden in Pompeji (Kaibel, Epigrammata, 1138; allgemein dazu Merkelbach, Feuerhölle, 41; vgl. auch Bücheler, Wandinschriften, 248). Der hohe Bekanntheitsgrad dieser langlebigen Formel ist belegt durch christliche Autoren, die sich, zu ganz unterschiedlichen Zeiten, abfällig darüber äußern (vgl. beispielsweise Theod. gr. aff. cur. 6, 20, wo die ironische Frage gestellt wird, wie der Hausherr ein solcherart geschütztes Haus noch betreten sollte; ebenso findet sich die Formel bei Clem. Al. strom. 7, 4, 26). Der Satz tritt in der literarischen Überlieferung zum ersten Mal in Zusammenhang mit dem Kyniker Diogenes auf, der die Schutzformel an einem Haus in Kyzikos gesehen haben soll (Diog. Laert. 6, 50). In der Verbreitung dieses Spruches mag die Annäherung des Epithetons kallinikos an das traditionell apotropäisch verstandene alexikakos begründet liegen, die dazu führte, daß die beiden Epitheta in ihrer Bedeutung fast identisch wurden (vgl. Weinreich, Quaestiones, 46f.). In christlicher Zeit schrieb man dann statt der ursprünglichen Formulierung häufig XristoÜj e)nqa/de katoikei= (Merkelbach, Feuerhölle, 43). Es fällt auf, daß Christus hier sichtlich als der logische Nachfolger des Alkiden in der Rolle des Beschützers des Hauses betrachtet wurde, denn in mehreren Fällen wurde die exakte Formulierung des Herculesspruches übernommen und nur der Name ausgetauscht – offenbar ging man davon aus, daß Hercules und Christus in diesem Fall über dieselben Fähigkeiten verfügten (I)hsou=j XristoÜj e)nqa/de katoikei=, mhdeÜn ei)si/tw kako/n; Engemann, Magische Übelabwehr, 43; vgl. Prentice, Magical Formulae, 140). 114 Merkelbach, Feuerhölle, 41. 115 Werner, Herkuleskeule, 176f. In einem Fall ist darüber hinaus auf einem Anhänger die Inschrift DEO HER erhalten, so daß über die Zuordnung zu Hercules kein Zweifel bestehen kann (ebd., 176f.).

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daß eine Anzahl Kontorniaten mit Bohrlöchern oder Ösen versehen sind, die auf eine Verwendung als Kettenanhänger schließen lassen116. Der religiöse Hintergrund der Besitzer solcher als Amulett genützter Kontorniaten konnte sowohl pagan als auch christlich geprägt sein, da der Besitz von Amuletten mit nicht-christlichen Motiven in dieser Zeit durchaus auch für Christen belegt ist117. Einen Hercules in seiner Funktion als alexikakos sahen also wohl zumindest die Besitzer solcher Hercules-Kontorniaten, die nachweislich als Amulette getragen wurden, positiv als Beschützer der Menschen. Dennoch kann nicht endgültig geklärt werden, ob die Deutung als Amulette nur für die nachträglich entsprechend bearbeiteten Kontorniaten, oder tatsächlich grundsätzlich für die Gattung zutrifft. Zumindest die eindeutig interpretierbaren Herculesmotive würden sich jedoch in eine solche Deutung einfügen; dennoch sollte nicht kategorisch ausgeschlossen werden, daß Christen in ihm und den anderen Figuren des Mythos, des Theaters und des Circus eine anti-christliche Botschaft finden konnten, auch wenn dies vielleicht nicht der intendierte Zweck der Objekte war.

116 Vgl. beispielsweise folgende Hercules-Kontorniaten: Alföldi, Katalog, Kat-Nr. 67.3 (Taf. 24, 3; mit Öse), Kat.-Nr. 292.1 (Taf. 121, 11), Kat.-Nr. 522.4 (Taf. 16, 4). 117 Vgl. dazu Eckstein/Waszink, Amulett, Sp. 407–410.

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II.3 Die Rolle des Hercules während der Usurpation des Eugenius II.3.1 Die Usurpation des Eugenius Über den Charakter der Usurpation des Eugenius, die im Jahr 394 n.Chr. mit der Schlacht am Frigidus ihr Ende fand, wird seit langem in der Forschung gestritten. Das Hauptaugenmerk lag dabei auf der Rolle der Religion118, zumal viele christliche Quellen in der Erhebung des Eugenius einen heidnischen Aufstand gegen das christliche Kaisertum sahen119. In der Folge wurde der Sieg des Theodosius in der Entscheidungsschlacht am Frigidus als endgültige Niederlage des spätantiken Heidentums interpretiert120. Dadurch wurde diese Konfrontation ebenso wie die vorangegangene Zeit der Usurpation des Eugenius in den Augen vieler Forscher zu einem Wendepunkt im Konflikt zwischen Heidentum und Christentum121, bei dem Hercules angeblich eine besondere Rolle zukam, eine Interpretation, die sich auf nur zwei Belege stützt, deren Validität es im Folgenden zu überprüfen gilt. Nach der Machtübernahme des vom fränkischen magister militum Arbogast zum Kaiser ausgerufenen ehemaligen Rhetoriklehrers und magister scrinii Fl. Eugenius122 in Lyon im August 392 n.Chr. blieben dessen Versuche, von Theodosius I. eine Anerkennung seiner Position zu erreichen, erfolglos123. Dennoch kam es vorerst nicht zu einem offenen Ausbruch der Feindseligkeiten. Anders als der Kaiser in Konstantinopel erkannte der stadtrömische Senat, angeblich auf Initiative seiner heidnischen Mitglieder, den Usurpator bereitwillig an124. Laut dem Zeugnis des Ambrosius hoffte man, dadurch die Privilegien, die den heidnischen Kulten entzogen worden waren, wiederzuerlangen125. Bei dem Konflikt zwischen dem Usurpator und dem rechtmäßigen Kaiser handelte es sich zunächst mit einiger Wahrscheinlichkeit um eine rein politische Auseinandersetzung126; akzeptiert man die Deutung, wonach es sich bei dem endgültigen Verbot jeglicher heidnischer Kultausübung im Jahr 392 n.Chr. in erster Linie um einen Versuch des Theodosius gehandelt habe, sich dadurch die Unterstützung der christlichen Reichsbevölkerung, und nicht zuletzt des Ambrosius, in der Auseinandersetzung mit Eugenius zu sichern,

118 Hedrick, History and Silence, 40. Als „aufsehenerregendste Renaissance des Heidentums nach der Herrschaft Julians“ bezeichnete 2004 A. Coşkun die zweijährige Herrschaft des Eugenius (Coşkun, Carmen contra paganos, 164). 119 Szidat, Usurpation, 488. 499. Beachtenswert ist in diesem Zusammenhang, daß die Kirchenhistoriker Sokrates und Philostorg bezüglich der entscheidenden Schlacht keinen christlich-paganen Konflikt erwähnen (Salzman, Ambrose, 216–218). 120 Grünewald, Kampf des Heidentums, 462. Grundlegend dazu Seeck/Veith, Schlacht, passim. 121 Szidat, Usurpation, 487. 122 Philostorg. 11, 2; Sokr. 5, 25, 1; Zos. 4, 54, 1. 123 Szidat, Usurpation, 492. Der zu diesem Zweck nach Konstantinopel geschickten Gesandtschaft gehörten auch Kleriker an, was bereits als erstes Zeichen zu werten ist, daß man Eugenius keine grundsätzlich christenfeindliche Haltung unterstellen kann (Rufin. hist. 11, 31; vgl. Ziegler, Gegenkaiser, 92). 124 Szidat, Usurpation, 496. 125 Vgl. Ambr. epist. extra coll. 10, 6. 126 Vgl. Salzman, Roman Time, 233.

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so hätte erst diese Politik der religiösen Intoleranz dem Konflikt eine religiöse Dimension verliehen127. Es scheint verfehlt, in dem Christen Eugenius prinzipiell einen Unterstützer des Heidentums zu sehen128, zumal er sich zur Festigung seiner Macht in Italien um die Hilfe des Ambrosius bemühte, die ihm der Bischof von Mailand wiederum aus politischen Erwägungen gewährte129. Und auch für den (mutmaßlichen) Heiden130 Arbogast ist keine eindeutig 127 Szidat, Usurpation, 493f. Für die entsprechenden Gesetze s. Cod. Theod. 16, 10, 10–12. Es ist zu beachten, daß Theodosius bereits zwölf Jahre zuvor ein Gesetz erlassen hatte, das die kultische Verehrung der alten Götter verbot (Cod. Theod. 16, 1, 2). Die Tatsache, daß der Kaiser es für nötig befand, weitere Gesetze dieses Inhaltes zu erlassen, deutet darauf hin, daß die kaiserliche Gesetzgebung hinsichtlich der Einschränkung heidnischer Kulttätigkeit nicht effektiv war. Insofern könnten die neuen Gesetze von 392 n.Chr. also auch ohne eine Provokation von seiten des Eugenius zustande gekommen sein, um die Beachtung bereits bestehender Verordnungen durchzusetzen. 128 An der Zugehörigkeit des Eugenius zum Christentum kann wohl kein Zweifel bestehen (Ziegler, Gegenkaiser, 89), trotz aller Bemühungen moderner Forscher, ihn zu einem Christen nur dem Namen nach zu erklären. Ein solcher hätte wohl kaum den Wunsch bekundet, in der Kirche beten zu wollen (Paul. Med. vita Ambr. 31; Paulinus hätte kaum verzichtet, ihn einen Heiden zu nennen, wenn es für eine solche Behauptung eine Grundlage gegeben hätte). Bloch bezeichnet ihn als Christ „dem Namen nach“, der seine wahren heidnischen Sympathien verborgen habe, jedoch ohne Belege für diese Behauptung anzuführen (Bloch, Zeugnis, 163; ders., Pagan Revival, 199). Darüber hinaus sieht er den auf den Münzbildnissen überlieferten Bart als eine Angleichung an Julian und damit als Zeichen der heidnischen Sympathien des Eugenius (ebd., 199; vgl. dazu bereits Seeck, Untergang, 244). Von den antiken Autoren nennt ihn Philostorg einen Heiden (Philostorg. 11, 2), während er für den Kirchenhistoriker Sozomenos „mit dem Glauben der Christen nichts zu tun haben wollte“ (Soz. 7, 22, 4). Diese Beschreibung des Eugenius läßt sich jedoch darauf zurückführen, daß diese christlichen Schriftsteller im nachhinein über eine gescheiterte Usurpation schrieben und über eine Herrschaft, die das Heidentum scheinbar förderte (Ziegler, Gegenkaiser, 90). 129 Ambrosius hatte Eugenius schließlich zögerlich als Kaiser anerkannt, nachdem er zuvor zwei Briefe unbeantwortet gelassen hatte (Bloch, Zeugnis, 164), vermied jedoch in der Folge einen persönlichen Kontakt mit dem Usurpator, um sich, im Falle einer Niederlage des Eugenius, nicht unnötig zu kompromittieren (vgl. dazu Liebeschuetz, Letters, 255f.). Als Eugenius nach Mailand zog, verließ der Bischof die Stadt, schrieb jedoch während seiner Reise einen Brief an Eugenius, in welchem er sein Verhalten mit der Behauptung, er habe vorausgesehen, daß er sich den Heiden gegenüber großzügig zeigen werde, rechtfertigte (Ambr. epist. extra coll. 10, 11; vgl. Groß-Albenhausen, Imperator christianissimus, 120). Ambrosius zeigt sich hier diplomatisch und läßt dementsprechend in seinem Schreiben keinen Zweifel an der Legitimität des Eugenius erkennen, sondern rückt im Gegenteil Eugenius in die Nähe der legitimen Kaiser Valentinian II. und Theodosius, gegenüber denen er sich ebenso verhalten habe wie gegenüber Eugenius selbst (Ambr. epist. extra coll. 10, 1–4). So verwendet er beispielsweise die dem Kaiser zustehende Anrede imperator, die Epitheta clementissimus und augustus, und bezeichnet ihn an einer Stelle als clementia tua (Ambr. epist. extra coll. 10, 1. 6–7; zur Verwendung der Anrede imperator für Usurpatoren vgl. Szidat, Usurpator tanti nominis, 42). Er erweist sich hier weniger als ein Kämpfer für die Sache des Christentums als vielmehr als ein Realpolitiker, der in Erwägung zog, Eugenius könne den Sieg davontragen, was den Bischof zwingen würde, sich mit ihm zu arrangieren (vgl. Groß-Albenhausen, Imperator christianissimus, 121 Anm. 10). Zum Verhalten der Kirche gegenüber einem Usurpator vgl. allgemein Szidat, Usurpator tanti nominis, 291–299. 130 Vgl. Paul. Med. vita Ambr. 26. 31. Der Heermeister wird in den einschlägigen Nachschlagewerken und Handbüchern (z.B. Demandt, Spätantike, 166; Johne, Arbogastes, Sp. 975; PLRE I s.v. Arbogastes, 96) als Heide bezeichnet. Für Cameron hingegen kann das Heidentum des Arbogast keineswegs als gesichert gelten (Cameron, Last Pagans of Rome, 85f.), während Hedrick in Arbogast einen Christen sieht und sich dabei auf dessen prominente Position am Kaiserhof stützt (Hedrick,

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pro-heidnische beziehungsweise anti-christliche Politik nachzuweisen131. Es ist vielmehr davon auszugehen, daß der unrechtmäßig zum Kaiser ernannte Eugenius bestrebt war, seine Herrschaft als von Gott legitimiert darzustellen, wie es Ambrosius in einem Schreiben an ihn formulierte132. Erst als es sich erwiesen hatte, daß eine Einigung mit Theodosius unmöglich war, suchte Eugenius die Nähe zu den heidnischen stadtrömischen Senatoren133. Man kann also vermutlich davon ausgehen, daß in erster Linie politisches Kalkül hinter der Annährung an die verbliebenen römischen Heiden stand. Um sich die Rückendeckung dieser noch immer einflußreichen Personengruppe zu sichern, stimmte Eugenius laut Paulinus von Mailand der Wiederaufstellung des Victoria-Altars in der Kurie zu134. Darüber hinaus stellte er laut Ambrosius führenden Heiden Mittel zu Verfügung, um die Wiederbelebung paganer Zeremonien zu finanzieren135, ohne jedoch die alten Kulte offiziell anzuerkennen136. Allerdings ist zu beachten, daß er bereits vorher zwei Gesandtschaften, die um eine erneute Anerkennung der Privilegien der heidnischen Kulte gebeten hatten, abgewiesen hatte137. Wahrscheinlicher ist es demnach, daß es sich bei den Geschenken an heidnische Aristokraten um eine Art „Trostpreis“ als Ausgleich für die Ablehnung ihrer Forderungen handelte138. Entsprechend kann man Eugenius kaum als einen überzeugten Unterstützer des Heidentums ansehen139, sondern viel eher als einen Christen, der die Religion hintanstellte und aus

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History and Silence, 49). Gegen dieses Argument spricht die Ernennung hoher heidnischer Funktionsträger durch Theodosius (vgl. Errington, Policy, 253). Szidat, Usurpation, 492. Eine militant anti-christliche Haltung des Arbogast scheint schon die Tatsache auszuschließen, daß der magister militum vor der Usurpation offenbar durchaus ein gutes Verhältnis zu Ambrosius hatte (Paul. Med. vita Ambr. 30; vgl. Ziegler, Gegenkaiser, 91). Sed qui vobis deferri vultis patimini, ut deferamus ei quem imperii vestri vultis auctorem probari (Ambr. epist. extra coll. 10, 12). Die Unterstützung der Kirche galt als Voraussetzung für den Erwerb und den Erhalt der Kaiserherrschaft, was es in nachkonstantinischer Zeit für einen Heiden wohl unmöglich machte, eine erfolgreiche Usurpation durchzuführen und sich in der Rolle des Kaisers zu behaupten (Szidat, Usurpator tanti nominis, 291f.). Julian bekannte sich erst nach der offiziellen Übernahme der Alleinherrschaft zum Heidentum. Szidat, Usurpation, 497. Paul. Med. vita Ambr. 26. Eine kritische Haltung bezüglich der Faktentreue des Paulinus nimmt Cameron ein (Cameron, Last Pagans of Rome, 80–83). Im Jahr 382 n.Chr. hatte Gratian den heidnischen Kulten die staatliche Unterstützung entzogen (Matthews, Western Aristocracies, 204). Im Jahr 387 n.Chr. hatte der Usurpator Magnus Maximus den Versuch unternommen, sich bei seinem Einmarsch in Italien die Heiden günstig zu stimmen, ohne gleichzeitig die Christen zu verprellen, indem er aus privaten Mitteln Geld für die Aufrechterhaltung der Kulte spendete (Barnes, Religion and Society, 162). Den Gesandten, die um die Wiederherstellung der Kultsubsidien baten, machte Eugenius laut Ambrosius Geldgeschenke, die diese dann nach ihrem eigenen Ermessen verwenden konnten (Liebeschuetz, Letters, 255; Ambr. epist. extra coll. 10, 6). Gegen diese Interpretation Cameron, Last Pagans of Rome, 78 mit dem Hinweis, daß die Staatskulte öffentlich finanziert werden mußten, so daß das Modell der „Geldwäsche“, wie von verschiedenen modernen Forschern vorgeschlagen, nicht funktioniert hätte. Als Hinweis darauf, daß sich Eugenius den heidnischen Senatoren nicht zu stark annähern wollte, kann man die Tatsache interpretieren, daß er nicht den Titel des pontifex maximus annahm (Szidat, Usurpation, 500). Ambr. epist. extra coll. 10, 6. Zu diesem Brief s. auch Cameron, Last Pagans of Rome, 75–79. Cameron, Last Pagans of Rome, 79. Die moderne Forschung richtet sich in ihrer Interpretation in erster Linie nach den Zeugnissen aus der späteren Zeit der Usurpation, als eine gewisse Annäherung an das Heidentum in Gestalt von Teilen

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politischer Berechnung handelte. Auch war er bemüht, das Gleichgewicht zwischen Heiden und Christen zu wahren, indem er die christliche Seite ebenfalls mit Geschenken bedachte, die diese jedoch, nach eigenem Bekunden, abgelehnt haben will140. J. Ziegler weist darauf hin, daß die Kirchenhistoriker, die nach der Niederlage des Eugenius über dessen Herrschaft schrieben, diesen dem christlichen Bild eines Tyrannen entsprechend darstellten; danach konnte ein Usurpator grundsätzlich kein gutes Verhältnis zum Christentum haben141. Dies entspricht der Gepflogenheit der Kirchengeschichtsschreiber, einen gescheiterten Usurpator nach seiner Niederlage in der Überlieferung als negative Figur zu diskreditieren, obwohl oder gerade weil er zunächst von der Kirche anerkannt worden war142. Es wurde angenommen, daß es Eugenius gelang, einige Angehörige des heidnischen Adels um sich zu scharen, deren prominentester Vertreter der praefectus praetorio Italiae et Illyrici Virius Nicomachus Flavianus, einer der Protagonisten der Saturnalia des Macrobius, war143. In ihm wird traditionell einer der überzeugtesten Vorkämpfer des Heidentums gesehen144, der angeblich einen großen Einfluß auf die Religionspolitik des Euge-

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der stadtrömischen Aristokratie opportun schien. Für den Anfang der Regierung des Eugenius lassen sich daraus jedoch keine Rückschlüsse bezüglich seiner religiösen Haltung ziehen (vgl. Ziegler, Gegenkaiser, 90). […] qui munera imperatoris, qui se sacrilegio miscuerat, ab ecclesia respuebantur […] (Paul. Med. vita Ambr. 31; vgl. Cameron, Last Pagans of Rome, 86; Szidat, Usurpation, 497). Ziegler, Gegenkaiser, 90. Nach dem Tod des Usurpators lassen sich auch in den Äußerungen des Ambrosius erwartungsgemäß keine Anklänge an seine vorherige ehrerbietige Haltung gegenüber Eugenius erkennen (vgl. Groß-Albenhausen, Imperator christianissimus, 122). Statt dessen bediente er sich nun des typischen Vokabulars, um einen unrechtmäßigen Herrscher und einen Heiden gleichermaßen zu beschreiben: infidelis et sacrilegus, peccator (Ambr. in psalm. 36, 25, 2), usurpator indignus (epist. extra coll. 2, 1), tyrannus (obit. Theod. 53). Zur Verwendung der Bezeichnungen usurpator und tyrannus für einen gescheiterten Usurpator vgl. Szidat, Usurpator tanti nominis, 27– 30. Vgl. dazu Szidat, Usurpator tanti nominis, 293f. Die Anzahl der heidnischen Unterstützer des Eugenius ist nicht bekannt, und einzig Flavianus und sein Sohn sind namentlich überliefert (Salzman, Roman Time, 234). Als Grund für diese Überlieferungslücke wurde angeführt, daß Theodosius nach seinem Sieg dafür gesorgt habe, daß keiner der Überlebenden des Konfliktes mit den von Eugenius erhaltenen Ämter renommieren konnte (Hedrick, History and Silence, 59). Tatsächlich gibt es aber keinerlei Belege dafür, daß heidnische Aristokraten sich um Eugenius geschart hätten (Cameron, Last Pagans of Rome, 6). An dieser Stelle wird bewußt auf eine Einbeziehung des sog. Carmen contra paganos (auch gelegentlich als Carmen adversus Flavianum bezeichnet) in die Argumentation verzichtet. Nachdem lange nicht endgültig geklärt werden konnte, auf wen sich diese christliche Schmähschrift bezieht, konnte inzwischen überzeugend belegt werden, daß der in der Invektive geschmähte Präfekt als Praetextatus zu identifizieren ist (Cameron, Last Pagans of Rome, 273–309). Dieser war zur Zeit der Herrschaft des Eugenius bereits verstorben, wodurch die Quelle jede Relevanz für die Zeit der Usurpation verliert. Ungeachtet dessen ist dieses vieldiskutierte Gedicht für die Rolle des Hercules in den religiösen Entwicklungen des 4. Jhs.n.Chr. unerheblich, da sich unter den vielen erwähnten Göttern der Jupitersohn nicht findet. Allenfalls im Sinne eines negativen Argumentes kann man das Fehlen des Hercules im Carmen contra paganos dahingehend deuten, daß seine Einbeziehung in den Text vielleicht zu erwarten gewesen wäre, wenn er eine allgemein bekannte, herausgehobene Rolle für die Heiden dieser Zeit gespielt hätte.

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II Die Rolle des Hercules in der „heidnischen Reaktion“ des 4. Jhs.n.Chr.

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nius ausübte145. Daß es auf Flavianus zurückging, daß der Konflikt religiöse Untertöne annahm, während Eugenius und Arbogast ursprünglich keineswegs im Sinn gehabt hatten, ihrer Regierung den Anschein einer heidnischen Auflehnung gegen Theodosius zu geben, ist allerdings nicht beweisbar und scheint eher unwahrscheinlich146. Nach der Erhebung des erst neunjährigen Honorius zum Augustus des Westens durch Theodosius im Frühjahr 393 n.Chr. – ein eindeutiges Zeichen, daß Theodosius den Usurpator niemals als rechtmäßigen Kollegen anerkennen würde – marschierte Eugenius in Italien ein, wo nun, laut Bloch, die „letzte eigenständige Erhebung des Heidentums“ unter Flavianus begann147. Gestützt auf nur wenige antike Zeugnisse wurde Hercules in der Forschung lange Zeit als eine wichtige Symbolfigur in dieser angeblich letzten Auflehnung des Heidentums gegen die Christen interpretiert148. Tatsächlich lassen sich die Argumente, die sich neben einer fragmentarischen Inschrift aus Ostia auf das Zeugnis des Kirchenhistorikers 145 Paul. Med. vita Ambr. 26: Qui ubi imperare coepit [sc. Eugenius], non multo post, petentibus Flaviano tunc praefecto et Arbogaste comite, aram Victoriae et sumptus caerimoniarum […] oblitus fidei suae concessit. Vgl. dazu auch Rufin. hist. 11, 33. Wenn Rufinus Flavianus allerdings eine „abergläubische“ Handlungsweise vorwirft (superstitiosius: Rufin. hist. 11, 33), so ist dies als die Sicht eines Kirchenhistorikers auf alles Heidnische zu sehen (Salzman, Ambrose, 201). Tatsächlich bewegten sich die Flavianus vorgehaltenen Rituale – Opfer und Eingeweideschau – in den Bahnen traditioneller paganer Akte und sind aus der Perspektive seiner Zeit nicht als Zeichen exzessiver Frömmigkeit zu betrachten (ebd., 202). Die angeblich von Flavianus ausgestoßene Drohung, er werde die Kirche des Ambrosius in einen Pferdestall verwandeln und Kleriker zum Militärdienst einziehen (Paul. Med. vita Ambr. 31), deutet Salzman weniger als anti-christliche Maßnahmen, sondern vielmehr als Zeichen von Flavianus’ Ärger angesichts der Weigerung des Ambrosius, sich mit Eugenius zu treffen (Salzman, Ambrose, 202). N. McLynn sieht den Grund für den Seitenwechsel des Flavianus, der ein loyaler Beamter der christlichen Kaiser gewesen war, in Überlegungen, die auf Realpolitik basierten, nicht auf einer Ablehnung der aktiv-prochristlichen Maßnahmen des Theodosius. Demnach sei der Anschluß an den Usurpator gegenüber einer ablehnenden Haltung, einer Flucht in den Ostteil des Reiches oder gar einem Rückzug aus dem politischen Leben vorzuziehen gewesen (McLynn, Ambrose, 344). Von einer politisch motivierten Parteinahme für Eugenius geht auch Salzman aus (Salzman, Ambrose, 198–204). 146 Vgl. Matthews, Western Aristocracies, 241; vgl. auch Soz. 7, 22, 5. Zu Flavianus’ Rolle s. Szidat, Usurpation, 499f. Die Stilisierung des Konflikts zu einem „Religionskrieg“ (Geffcken, Ausgang des Heidentums, 159; vgl. auch Szidat, Usurpation, 486) führt deutlich zu weit; hier ist die einseitig christlich geprägte Überlieferung kritisch zu betrachten. Für die stadtrömischen heidnischen Senatoren spielten offenbar politische Überlegungen eine größere Rolle für den Anschluß an Eugenius als religiöse (Szidat, Usurpation, 501). Für Flavianus selbst ist, anders als beispielsweise für Praetextatus, nur ein einziges Priesteramt überliefert, und auch seine Korrespondenz mit Symmachus läßt kein gesteigertes religiöses Engagement erkennen (Salzman, Ambrose, 203). Beachtenswert ist in diesem Zusammenhang ferner, daß Theodosius nach seinem Sieg die Anhänger des Eugenius unter den heidnischen Senatoren nicht bestrafte (ebd., 204–206). 147 Bloch, Zeugnis, 166. Flavianus erneuerte angeblich eine ganze Reihe heidnischer Kulte in Rom, zu denen jedoch der des Hercules nicht gehörte (Bloch, Pagan Revival, 200). 148 Schon Bloch spricht hinsichtlich der Quellenlage zur angeblichen Erhebung des Heidentums unter Eugenius von der „sporadischen und einseitigen literarischen Tradition, mit der wir uns begnügen müssen“ (Bloch, Zeugnis, 174). Eine typische Beschreibung der Ereignisse, die sich so oder ähnlich in zahlreichen modernen Publikationen findet, bietet Hedrick, History and Silence, 45f. Auch bei lediglich kursorischen Erwähnungen der Entwicklungen der Jahre 393–394 n.Chr. wird gerne die angeblich so wichtige Rolle des Hercules in diesem „letzten Kampf des Heidentums“ zumindest kurz erwähnt (vgl. beispielsweise Zwierlein, Senecas Hercules, 5f.).

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Theodoret stützten, den man kaum als eine neutrale Quelle ansehen kann, entkräften, so daß von einer Vorkämpferrolle des Hercules in einem angeblichen Religionskonflikt im späteren 4. Jh.n.Chr. nicht mehr die Rede sein kann. II.3.2 Die Hercules-Inschrift von Ostia II.3.2.1 Der Text der Inschrift Eine 1938 in Ostia in fragmentarischem Zustand gefundene Inschrift, die offenbar Auskunft gibt über die Renovierung des Hercules-Tempels durch den praefectus annonae Numerius Proiectus und die aufgrund der Nennung der drei Kaiser Eugenius, Theodosius und Arcadius in die Jahre 393/394 n.Chr. datiert wurde, galt seit der einflußreichen Studie von H. Bloch als eines der Schlüsselzeugnisse für die Rolle des Hercules in dieser Zeit149. Die in der Via degli Horrea Epagathiana gefundenen zwölf Fragmente150 wurden gemeinhin folgendermaßen rekonstruiert: [Domini]s n[ostris Th]eodosio Arca[di]o et Eu[genio] [pi]is felicibus [toto] orbe victoribus semper [Aug(ustibus)] […] Numerius Proiect[us v(ir) c(larissimus) pra]ef(ectus) ann(onae) cellam Herc[ulis restituit]. II.3.2.2 Einzelaspekte der Inschrift Die Ergänzung der Inschrift hinsichtlich der drei genannten Kaiser ist als gesichert anzusehen. Das Fragment EODOSIO · ARC kann nichts anderes als die Nennung des Theodosius und seines Sohnes Arcadius darstellen, die seit 383 n.Chr. das Ostreich regierten. Für ihre gemeinsame Nennung mit dem Usurpator Eugenius gibt es in der inschriftlichen Überlieferung mehrere Parallelen, was die Ergänzung des nur in Form des ersten Buchstabens E sowie einer Bruchkante, die die Meißelfurche des V nachzuzeichnen scheint, erhaltenen Namens des Eugenius plausibel macht151. Die Aufzählung der beiden rechtmäßigen Kaiser gemeinsam mit dem Usurpator, gemäß ihrem Rang als dienstältere Augusti als erste genannt, sollte in diesem Zusammenhang nicht überraschen, da Eugenius, wie bereits oben angesprochen, keineswegs eine Alleinherrschaft anstrebte, sondern als Mitglied eines Herrscherkollegiums anerkannt werden wollte152. Es handelt sich also bei der Formulierung 149 AE 1948, 127; Bloch, Zeugnis, passim. 150 Die Größe der gesamten Inschrift wird auf etwa 31 x 190 cm ergänzt (Bloch, Zeugnis, 132). 151 CIL X 1693 = ILS 791; CIL XIII 8262 = ILS 790 = AE 1953, 271 = AE 1990, 738. Auf der aus Köln stammenden Bauinschrift CIL XIII 8262 sind neben den letzten drei Buchstaben des Namens des Theodosius die Namen von Arcadius und Eugenius vollständig erhalten. Diese Inschrift ist auch deswegen bemerkenswert, weil es sich bei ihr um das einzige epigraphische Zeugnis zum Wirken des magister militum Arbogast handelt (Grünewald, Arbogast und Eugenius, 243). 152 Der Präzedenzfall des Usurpators Magnus Maximus in den Anfangsjahren der Herrschaft des Theodosius mag Eugenius und Arbogast zu der Hoffnung veranlaßt haben, auch in ihrem Fall sei eine Anerkennung als Mitherrscher möglich (Grünewald, Arbogast und Eugenius, 246). Der im Frühjahr 383 n.Chr. in Britannien zum Kaiser erhobene Magnus Maximus war 386 n.Chr. zeitweise vom Ostkaiser Theodosius als Mitregent anerkannt worden (vgl. dazu Lunn-Rockliffe, Usurper, 320f.). Barnes sieht hierin eine primär familiär motivierte Anerkennung – Maximus war ein Verwandter des Theodosius, und darüber hinaus katholisch wie dieser –, was einen Vergleich mit der Usurpation des Eugenius erschwert (Barnes, Religion and Society, 162). Allerdings liegt mit der Inschrift CIL VIII

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II Die Rolle des Hercules in der „heidnischen Reaktion“ des 4. Jhs.n.Chr.

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nicht um eine Herausforderung des Theodosius, sondern vielmehr um eine Loyalitätsbekundung153. Dies wird auch belegt durch die Münzprägung des Eugenius, in der er die Herrscher des Ostreiches miteinbezog, indem er in ihren Namen Münzen prägte beziehungsweise auf den Rückseiten seiner eigenen Münzen durch die Legende AVGGG auf seine beiden Kollegen verwies154, wie es bereits unter der Tetrarchie der britannische Usurpator Carausius getan hatte. Bezüglich der Rangtitel der genannten Personen entspricht die Inschrift den Gepflogenheiten der spätantiken lateinischen Epigraphik155. Für toto orbe victores liegt eine Parallele in einer Inschrift für Theodosius und Arcadius vor (CIL III 19 = 6587 = ILS 1273). Die Betonung des Ewigkeitsaspekts durch die Formulierung semper Augustus findet sich seit der Tetrarchie in der epigraphischen Überlieferung156. An der Datierung in die Zeit zwischen dem 22. August 392 (Erhebung des Eugenius zum Kaiser) und dem 6. September 394 (Tod des Eugenius nach der verlorenen Schlacht am Frigidus) kann kein Zweifel bestehen. Weiter eingrenzen kann man das Entstehungsdatum der Inschrift aus Ostia durch die Berücksichtigung der Tatsache, daß nach der Ernennung des Honorius zum Westkaiser und dem darauffolgenden Einmarsch der Truppen des Eugenius in Italien im Januar 393 n.Chr. wohl die Anstrengungen, eine Anerkennung durch Theodosius zu erreichen, sehr bald eingestellt wurden, und damit auch der Brauch, alle drei Kaiser namentlich aufzuführen. Die Inschrift aus Ostia kann somit in den Herbst/Winter 392 oder die ersten Monate des Jahres 393 n.Chr. datiert werden157.

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27 = ILS 787 ein Zeugnis vor, in dem, wie bei der Inschrift aus Ostia, ein Usurpator, hier Maximus, gemeinsam mit den legitimen Kaisern genannt wurde, zu interpretieren als eine zumindest lokale Anerkennung des Maximus als Mitglied des Kaiserkollegiums (vgl. Lunn-Rockliffe, Usurper, 320f.). Grünewald, Arbogast und Eugenius, 246. RIC IX p. 33 n. 101. 103; p. 34 n. 107d. 108; p. 52 n. 45; p. 53 n. 47a; p. 70 n. 30–31; p. 82 n. 28–29; p. 83 n. 33b; vgl. allgemein Pearce, Eugenius, passim. Auch die Tatsache, daß Eugenius während seiner Herrschaft jeweils nur einen Konsulposten für einen eigenen Kandidaten beanspruchte und die Ernennung des zweiten Konsuls dem Theodosius überließ, belegt, daß er an einer gemeinsamen Herrschaft interessiert war (Grünewald, Arbogast und Eugenius, 246). Im Jahr 393 n.Chr. trat Eugenius dementsprechend als neuernannter Kaiser den Konsulat an und benannte Theodosius als seinen Kollegen (Leppin, Theodosius, 208) – ein weiteres Zeichen, daß er sich um Einvernehmen mit dem Ostkaiser bemühte (vgl. dazu die Konsuldatierungen christlicher Inschriften des Jahres 393 n.Chr., z.B. ICVR I, 410–411. 414–416). Theodosius ging jedoch nicht auf diese Geste ein, sondern ernannte als seinen Mitkonsul den Offizier Abundantius (Leppin, Theodosius, 184). Zur spätantiken Kaisertitulatur s. Chastagnol, Formulaire, 12–14. 16f. Chastagnol, Formulaire, 15. Eine vagen terminus ante quem kann möglicherweise eine Grabinschrift aus Capua bilden, die auf den 25. Oktober 393 n.Chr. datiert wird und Eugenius als alleinigen Konsul benennt, ohne den von ihm erwählten Kollegen Theodosius (CIL X 4492). Hierin könnte das Ende der Bemühungen um eine Samtherrschaft mit dem Ostkaiser erkannt werden, wobei allerdings zu beachten ist, daß Eugenius auch im folgenden Jahr mit Nicomachus Flavianus nur einen Konsul berief, also weiterhin dem Osten die Möglichkeit einer eigenen Ernennung zugestand, worauf Theodosius aber nicht einging und statt dessen seine beiden Söhne Arcadius und Honorius zu Konsuln machte (Leppin, Theodosius, 208). Darüber hinaus ist zu erwähnen, daß die Inschrift CIL X 4492 nicht von einem Amtsträger, sondern einem Privatmann gestiftet wurde, und somit nicht unbedingt die offizielle Position des Eugenius wiedergeben muß.

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II.3.2.3 Die ursprüngliche Interpretation der Inschrift Die Inschrift AE 1948, 127 aus Ostia wurde von H. Bloch und anderen Forschern in seiner Nachfolge als Beleg für eine weitverbreitete Wiederbelebung der heidnischen Kulte zumindest in den Kreisen der Senatsaristokratie angesehen158. Die Verbindung ergibt sich durch die Position des Stifters Numerius Proiectus, der als praefectus annonae dem praefectus urbi in Rom unterstellt war; zur Zeit der Entstehung der Inschrift wurde dieses Amt von Flavianus dem Jüngeren, dem Sohn des älteren Flavianus, bekleidet159. Dementsprechend wurde die Inschrift als ein wichtiges Zeugnis der Religionspolitik des Flavianus und seiner Anhänger interpretiert160, während die Tatsache, daß es sich bei der Gottheit, der der Tempel geweiht war, um Hercules handelte, mit der Verwendung eines Herculesbildes in der Schlacht am Frigidus in Verbindung gebracht wurde (s.u.). Die angebliche Restaurierung des Tempels wurde ferner dahingehend interpretiert, daß in den 390er Jahren n.Chr. der Kult des Jupitersohnes in Ostia noch lebendig genug war161, um eine Erneuerung des Heiligtums zu rechtfertigen, eine Behauptung, für die allerdings keinerlei archäologische Indizien vorliegen162. Einen Grund für das angebliche Interesse des heidnischen stadtrömischen Adels an dem Hercules-Tempel von Ostia, ausgedrückt durch die Renovierung, sah man darin, daß es sich bei dem Hercules von Ostia offenbar um eine Orakelgottheit handelte163, und daß die Heiden dieser Epoche ein großes Interesse an der Deutung der Zukunft gehabt hätten164. Dementsprechend wurde die Inschrift aus Ostia als eines der wenigen Zeugnisse von heidnischer Seite für die Ereignisse der Jahre 392 bis 394 n.Chr. gesehen und ihr somit eine Bedeutung im Rahmen der „heidnischen Reaktion“ zugewiesen, die ihr nicht zusteht. Durch eine neue Untersuchung des spätantiken Ostia und seiner Monumente konnte inzwischen überzeugend nachgewiesen werden, daß die Inschrift sich nicht als Beleg für eine wie auch immer geartete Wiederbelebung des Herculeskultes und damit einer besonderen Bedeutung des Hercules während der Usurpation des Eugenius eignet165.

158 Vgl. beispielsweise Guey, Nicomaque, 82f. Trotz der Neubewertung des Konzeptes von der heidnischen Reaktion wurden das Zeugnis der Inschrift aus Ostia und ihr Bezug zum Kult des Hercules nie in Frage gestellt (Boin, Hall for Hercules, 254. An dieser Stelle sei D.R. Boin gedankt, der der Verf. freundlicherweise das Manuskript des Artikels bereits vor der Veröffentlichung zur Verfügung stellte). 159 Bloch, Pagan Revival, 200. In dem jüngeren Flavianus sieht Bloch einen Unterstützer der Politik seines Vaters in allen Belangen (ebd., 199). 160 Bloch, Pagan Revival, 200; ders., Zeugnis, 174. 161 Als spätester eindeutiger Hinweis auf eine aktive Kultausübung im Hercules-Tempel von Ostia hatte bis zu diesem Zeitpunkt die Dedikationsinschrift des Altars, der auf dem Tempelpodium angeblich in situ gefunden wurde und vom Ende des 3. Jhs.n.Chr. oder Anfang des 4. Jhs.n.Chr. stammt, gegolten (AE 1948, 126; Meiggs, Roman Ostia, 392f.). 162 Als einzigen Beleg für die Restaurierung des Baus zitiert R. Meiggs die von Bloch untersuchte Inschrift (Meiggs, Roman Ostia, 402). T. Heres meinte, diesen Arbeiten, die sie ohne Begründung als „re-erection of the cella-walls“ identifiziert, eine Wand zuordnen zu können, führt jedoch keinerlei Argumente für ihre Hypothese an (Heres, Paries, 128f. 422–424). 163 Boos, Heiligtümer, 48f. 233. 164 Vgl. Bloch, Zeugnis, 172f. 175. 165 Boin, Hall for Hercules, passim. Vgl. auch ders., Ostia, 133f.

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II Die Rolle des Hercules in der „heidnischen Reaktion“ des 4. Jhs.n.Chr.

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II.3.2.4 Argumente gegen die Interpretation als Dokument einer „heidnischen Reaktion“ Der Inhalt der Inschrift selbst bietet deutliche Anhaltspunkte, daß Blochs Hypothesen bezüglich der Bedeutung des Textes für die Interpretation der „heidnischen Reaktion“ nicht haltbar sind166. Die Vorstellung von einem Magistraten, der auf direkte oder indirekte Anweisung des Flavianus den Herculestempel von Ostia restaurieren ließ, ist abhängig von der Bedeutung der Formulierung cella Herculis. Bloch sah in cella ein Synonym für templum, und belegte dies mit einem einzigen Vergleichsbeispiel, einem Auszug der Acta Arvalium von 213 n. Chr. (ante cellam Iunonis reg(inae))167 – in der epigraphischen Überlieferung Ostias gibt es keinen Beleg für eine entsprechende Verwendung von cella168. J.J. O’Donnell hingegen sieht die Möglichkeit, cellam Herc[uleam] zu lesen, was seiner Meinung nach auch einen Getreidespeicher aus der Zeit des Maximianus Herculius benennen könnte, zumal der Fundort, die Via degli Horrea Epagathiana, eine Gegend mit vielen Speichergebäuden war169. Eine andere Interpretation von cella, die sich ebenfalls auf einen Profanbau bezieht, und die weit besser in den Kontext des spätantiken Ostia paßt, bietet D. Boin mit Verweis auf eine weitere Inschrift aus Ostia, deren Fragmente 1776 in der Nähe der Porta MarinaThermen zu Tage kamen. Es handelt sich dabei um eine Bauinschrift, die Restaurierungen und einen Anbau an die Thermenanlage in der Zeit der Kaiser Valens, Gratian und Valentinian I. anführt. Die Inschrift CIL XIV 137 = ILS 5694 erwähnt Instandsetzungsarbeiten an thermae maritimae (thermas maritimas intresecus refectione cellarum, foris soli adiectione), womit aller Wahrscheinlichkeit nach die Thermen außerhalb der Porta Marina, auch Thermen der Marciana genannt, gemeint sind170. Diese Inschrift ist in die Jahre 375– 378 n.Chr. datiert und nennt als Initiator der Arbeiten den praefectus annonae Proculus Gregorius. Der Begriff cella bezeichnet in diesem Fall eindeutig keinen sakralen Raum, sondern vielmehr einen Versammlungsraum oder vielleicht einen Lagerraum171. Für eine solche Bedeutung des Begriffes im Sinn eines profanen Raumes in einer Badeanlage gibt es verschiedene Parallelen in der antiken Überlieferung. So benennt beispielsweise der jüngere 166 Boins These, nach der es sich bei dem als Herculestempel identifizierten Bau möglicherweise um einen Tempel für einen anderen Gott (Vulcanus?) gehandelt habe und die Existenz eines Kultes für Hercules in Ostia nicht nachgewiesen sei (Boin, Hall for Hercules, 258–261), kann nicht überzeugen (s. Boos, Heiligtümer, 69) und wird daher an dieser Stelle nicht in die Argumentation einbezogen. 167 CIL VI 2086; Bloch, Zeugnis, 134. Dieses Vergleichsbeispiel verliert jedoch seine Gültigkeit durch den Hinweis Al. Camerons, daß in den Acta dieser Formulierung in Capitolio vorangestellt ist, es sich also auf einen Bezug auf eine der drei cellae des Tempels der kapitolinischen Trias handelte (Cameron, Last Pagans of Rome, 91). 168 Boin, Hall for Hercules, 261. Eine cella kann nur einen einzelnen Raum in einem Tempel bezeichnen. (OLD 295 s.v. cella 2; vgl. auch TLL III Sp. 761 s.v. cella, Z. 50–77: intima pars templi, ubi sedes dei est). Der Begriff templum hingegen umfaßt neben der Bedeutung „Tempel“ (im Sinne des Gebäudes) auch diejenige eines sakralen Raumes jedweder Art (OLD 1914f. s.v. templum). Eine Verwendung von cella als Synonym für templum war laut TLL nicht vorgesehen (TLL III Sp. 761 s.v. cella, Z. 78–79). 169 O’Donnell, Flavianus, 140 Anm. 48. In der Tat ist im TLL die Möglichkeit belegt, cella als Synonym für horreum zu verwenden (TLL III Sp. 761 s.v. cella, Z. 26–41. 79). 170 Poccardi, Thermes et bains, 164; vgl. Boin, Hall for Hercules, 262. Der Westen der Stadt, in unmittelbarer Nähe des Meeres gelegen, genoß in der Spätantike einen hohen Stellenwert und wurde entsprechend ausgebaut (Rieger, Heiligtümer, 35). 171 Boin, Hall for Hercules, 262.

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C Hercules im Spannungsfeld von Heidentum und Christentum

Plinius zwei Räume seines eigenen Bäderkomplexes als cellae und im Zusammenhang mit balnea wird der Begriff auch von Vegetius und Sidonius Apollinaris angewendet172. Eine Inschrift aus Lanuvium aus dem 2. Jh.n.Chr. verwendet cella im Kontext der Restaurierung von Badeanlagen173, ebenso wie eine undatierte Inschrift aus Aïn-Wif in Libyen (Provinz Africa Proconsularis), die die Renovierung eines balneum und den Neubau einer assa cella erwähnt, eines Raumes, der offensichtlich dem Schwitzbad diente174. Räume, die in Thermen einen bestimmten Zweck zu erfüllen hatten und mit einem entsprechenden Adjektiv näher bestimmt wurden, wurden also, wie auch die mehrfach belegte cella soliaris, häufig mit der Vokabel cella bezeichnet175. Somit kann eindeutig festgestellt werden, daß im Fall einer epigraphischen Verwendung und auch in der literarischen Überlieferung die Vokabel cella in vielen Fällen nicht etwa einen sakralen Raum bezeichnet, sondern vielmehr einen mehr oder minder beliebig nutzbaren Raum, oft im Kontext von Bädern176. Infolgedessen ergibt sich ein völlig neues Bild hinsichtlich der Inschriftenfragmente aus der Via degli Horrea Epagathiana: eine Verbindung mit dem republikanischen Tempel scheint nunmehr ausgeschlossen. Vielmehr könnte die Inschrift aus einem der Thermenkomplexe der Stadt stammen. In den Thermen außerhalb der Porta Marina wurden vier Statuen gefunden, die Taten des Hercules darstellen177, was eine Verbindung mit der Inschrift reizvoll macht: sie könnte sich auf den Raum beziehen, in dem die Statuen ursprünglich aufgestellt waren und somit eine Benennung als „Raum des Hercules“ erklären178. Der Fundort der Inschrift – im Umfeld des in der Forschung als Pantheon bezeichneten Rundtempels in der Nähe des Forums – bietet keinen Anhaltspunkt für die Identifikation des Gebäudes, auf das sie sich bezieht, da sie wohl wie so viele andere Inschriften aus Ostia entweder noch in der römischen Spätzeit oder aber im frühen Mittelalter von ihrem ursprünglichen Ort entfernt und möglicherweise anderweitig verbaut wurde179; desgleichen läßt sich der Fundort aber auch nicht als Argument gegen die auf eine Thermenanlage bezogenen Neuinterpretation verwenden. Im übrigen fügt sich die Umdeutung der Hercules-Inschrift in das Bild des spätantiken Ostia ein, das zwei weitere sicher datierte Inschriften zeichnen, die jeweils nur wenige Jahre früher entstanden sind. Neben der bereits erwähnten Inschrift CIL XIV 137 ist dies 172 Plin. epist. 2, 17, 11; Sidon. epist. 2, 2, 4; Veg. mulom. 2, 6, 3; vgl. TLL III s.v. cella in balneo, Sp. 760, Z. 30–42. 173 Ampliatis locis et cellis a fundamentis exstruxit et dedicavit (CIL XIV 2101). 174 AE 1950, 127. 175 CIL VIII 10607 = 14700; AE 1907, 237; AE 1918, 98 (fragmentarisch; cella ist ergänzt); AE 1934, 133 (fragmentarisch, cella ist ergänzt); vgl. auch SHA Carac. 9, 4. Unter cella soliaris ist laut J. DeLaine das caldarium zu verstehen (DeLaine, Cella solearis, 153; vgl. Boin, Hall for Hercules, 263). Vgl. auch die cellae calidiores bei Cassius Felix (Cass. Fel. 57), die cella unctuaria aus Taûra (CIL VIII 4645), die cella natatoria aus Philippi (CIL III 7342 = ILS 5710), sowie die cella piscinalis thermarum aus Sbeïtla (AE 1921, 30). 176 Boin, Hall for Hercules, 263. 177 Boin, Ostia, 134–138; Meiggs, Roman Ostia, 103f. Die vier unterlebensgroßen Statuen befinden sich heute in der Sala degli Animali in den Vatikanischen Museen. Dazu allgemein Palma, Gruppo ostiense, passim. 178 Boin, Hall for Hercules, 263. 179 Vgl. Meiggs, Roman Ostia, 4.

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II Die Rolle des Hercules in der „heidnischen Reaktion“ des 4. Jhs.n.Chr.

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ein Inschriftenfragment, welches sich auf Restaurierungsarbeiten an den Forumsthermen durch Ragonius Vincentius Celsus, wie Proculus einer der Vorgänger des Numerius Proiectus im Amt des praefectus annonae, bezieht180. Die Instandsetzung öffentlicher Gebäude in Ostia lag im 4. Jh.n.Chr. nachweislich im Aufgabenbereich des praefectus annonae181. Somit wird die für Numerius Proiectus überlieferte Wiederherstellung einer cella Herculis als Raum innerhalb eines Thermenkomplexes in einen nachvollziehbaren historischen Kontext gestellt, denn die von Celsus und Proculus veranlaßten Arbeiten lagen zeitlich nur wenige Jahre vor derjenigen des Proiectus182, der durch seine Renovierungsmaßnahme demnach nur dem Beispiel seiner Amtsvorgänger gefolgt wäre. Darüber hinaus belegt eine ebenfalls aus dem 4. Jh.n.Chr. stammende, aber nicht genau datierbare Inschrift bereits frühere Baumaßnahmen an den Forumsthermen durch einen weiteren praefectus annonae namens Fl. Octavius Victor183, und auch die Neptunsthermen wurden in tetrarchischer oder konstantinischer Zeit renoviert184. Die Inschriftenfunde ergeben das Bild einer Reihe von Thermenrestaurierungen im Ostia des 4. Jhs.n.Chr., für die jeweils der praefectus annonae entsprechend seines Aufgabenbereiches als curator rei publicae Ostiensium185 verantwortlich zeichnete. Darin fügt sich AE 1948, 127 nahtlos ein. Für diese Umdeutung der fraglichen Inschrift spricht auch die Tatsache, daß mehrere spätantike Fälle bekannt sind, in denen Senatoren Badeanlagen beziehungsweise Teile von Thermenkomplexen oder auch Nymphäen auf eigene Kosten restaurierten186, was eine solche Maßnahme durch Numerius Proiectus zusätzlich zu den bestehenden Pflichten seinen Amtes in den Kontext der Bemühungen seiner Standesgenossen um das Wohlwollen der Bevölkerung wie auch um die eigene Selbstdarstellung einordnen würde. Hier wiederum läßt sich eine Verbindung herstellen zur Formulierung der Inschrift mit der Nennung sowohl der beiden rechtmäßigen Kaiser als auch des nicht legitimierten Usurpators Eugenius. Baumaßnahmen senatorischer Amtsträger wie auch von Privatpersonen aus der Reichs180 CIL XIV S. 4718 (vgl. dazu Bloch, Baths, 415 und Taf. 80a). 181 Vgl. dazu Chastagnol, Préfecture, 298. Im 4. Jh.n.Chr. wurde der praefectus annonae zu einem inoffiziellen „Bürgermeister“ der Hafenstadt, der auch die wichtigsten administrativen Funktionen übernahm (ebd., 298). Aufgrund seiner großen Bedeutung für die Stadt wurde ihm häufig der Status eines patronus von Ostia angetragen (Ausbüttel, Verwaltung, 43. 51). Auch die letzte belegte Renovierung eines heidnischen Tempels, des Isis-Tempels in Portus, auf Kosten des Staates geschah unter der Ägide eines praefectus annonae (Cameron, Last Pagans of Rome, 695). 182 Celsus bekleidete die praefectura annonae von 385–389 n.Chr. (PLRE I s.v. Ragonius Vincentius Celsus 9, 195f.). 183 Cicerchia/Marinucci, Terme del Foro, 23 (für die entsprechenden Inschrift s. ebd., 216 Nr. C 1). Über Fl. Octavius Victor ist außer seinem Rang als vir clarissiumus nichts bekannt (PLRE I s.v. Fl. Octavius, 638). Seine Amtszeit muß jedoch in die Jahre nach 331 n.Chr. fallen, da erst ab diesem Zeitpunkt die praefecti annonae für Neubau und Renovierung öffentlicher Gebäude in Ostia zuständig waren (Cicerchia/Marinucci, Terme del Foro, 24 Anm. 16). 184 Poccardi, Thermes et bains, 171 Anm. 26. 185 Meiggs, Roman Ostia, 186. 186 Niquet, Monumenta, 208f. Bei den belegten Fällen aus Rom tritt stets der praefectus urbi als Bauherr auf, doch als dessen Stellvertreter und wichtigster Amtsträger in Ostia kann angenommen werden, daß der praefectus annonae teure Baumaßnahmen auf sich nehmen würde, die gleichzeitig der eigenen Repräsentation dienten.

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aristokratie wurden im 4. Jh.n.Chr. wie in früheren Jahrhunderten in Bauinschriften kommemoriert, in denen allerdings – zumindest in Rom – nun die Kaiser als die obersten Bauherren an erster Stelle genannt wurden, während die tatsächlich für die Ausführung des Baus zuständige Person in den Inschriften ihnen gegenüber in den Hintergrund rückte187. Doch auch der zweite Rang nach dem Kaiser bot einem römischen Amtsträger noch genügend Raum zur Repräsentation, konnte er doch gleichzeitig auf seine Loyalität gegenüber dem Kaiser und seine Großzügigkeit gegenüber der Bürgerschaft verweisen. Bei AE 1948, 127 ist nun kaum davon auszugehen, daß ein hochrangiger Beamter wie der praefectus annonae Numerius Proiectus durch die Renovierung eines heidnisch-sakralen Baus die Kaiser brüskiert und gleichzeitig die Bemühungen des Eugenius um Anerkennung seiner Stellung sabotiert hätte, indem er sich bewußt den theodosianischen Gesetzen von 391/392 n.Chr. widersetzte. Die Renovierung eines heidnischen Sakralbaus in der Zeit, in der die Bauinschrift entstanden sein muß, könnte nur dann erfolgt sein, wenn dies, wie oben im Zusammenhang mit dem Kult dargelegt, aufgrund des ästhetischen Werts des Gebäudes beziehungsweise seiner Bedeutung für Identität und Traditionen Ostias geschah, mit dem Ziel, das Stadtbild zu erhalten. Religiöse Hintergedanken des Auftraggebers wären dabei nicht auszuschließen, aber auch nicht nachzuweisen; zumindest nach außen hätte man es als eine profane Baumaßnahme präsentiert. Das Gesetz, das solche Vorgänge erwähnt, stammt jedoch erst aus dem Jahr 399 n.Chr.188, und es kann bezweifelt werden, ob so kurz nach den theodosianischen Gesetzen an einem vergleichsweise prominenten Ort wie Ostia eine solche Maßnahme, die auf unterschiedliche Arten interpretiert werden konnte, getroffen worden wäre. Damit kann die Inschrift nicht als ein Zeugnis der Einstellung des Eugenius zum Heidentum im allgemeinen oder zu Hercules im speziellen gedeutet werden, sondern nur als ein Zeugnis der Selbstdarstellung des in Ostia wirkenden praefectus annonae sowie als ein Beleg, daß in Ostia am Ende des 4. Jhs.n.Chr. zumindest noch in manchen Gesellschaftskreisen ein Lebensstandard herrschte und ein Alltagsleben geführt wurde, die die Renovierung von großen Thermen nötig machten189. Die Hercules-Inschrift gehört somit nur in eine lange Reihe von Bauinschriften öffentlicher Gebäude, die eine Stadt der Großzügigkeit eines wohlhabenden Bürgers beziehungsweise einem zuständigen Magistraten verdankte, und läßt keinerlei religiösen Inhalt erkennen. Demnach kann die Deutung der Inschrift AE 1948, 127 als „an impressive document of the religious policy of Virius Nicomachus Flavianus and his followers“190 als widerlegt angesehen werden, wodurch auch eines der zentralen Argumente für eine angeblich herausragende Bedeutung des Hercules in der

187 Niquet, Monumenta, 205. 188 Cod. Theod. 16, 10, 15: sicut sacrificia prohibemus, ita volumus publicorum operum ornamenta servari. Gesetze, die die Erhaltung von Tempeln festlegen, sind bereits vorher belegt: Cod. Theod. 16, 10, 3 (346 n.Chr.); 16, 10, 8 (382 n.Chr.). 189 Die Renovierung – wie auch der Neubau – von Thermenanlagen fügt sich in das Bild eines spätantiken Ostia ein, das als Urlaubsort und angenehmer Wohnort für Wohlhabende beliebt war (amoenissima civitas: Min. Fel. 2, 3). Dementsprechend lag der Schwerpunkt von Bauvorhaben auf Gebäuden, die der Entspannung und dem Luxus dienten (vgl. Boin, Ostia, 57. 73; Meiggs, Roman Ostia, 90). 190 Bloch, Pagan Revival, 200.

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Usurpation des Eugenius und im Kontext des Konstrukts einer heidnischen Reaktion gegen das christliche Kaisertum überhaupt wegfällt. II.3.3 Die Schlacht am Frigidus II.3.3.1 Das Feldzeichen des Eugenius Mit dem modernen Ausdruck antilabarum bezeichnet die Forschung gelegentlich das Feldzeichen mit einem Herculesbild, unter dem die Truppen des Eugenius in die Schlacht am Frigidus gegen das Heer des Theodosius, das auf das von Konstantin eingeführte labarum mit dem Christogramm vertraute, gezogen sein sollen191. Aufgrund der angeblich aus dem heidnischen Adel rekrutierten Unterstützer seiner Sache schien es dabei auf den ersten Blick nicht verwunderlich, daß Eugenius sich dazu entschlossen haben könnte, sein Heer dem Schutz von Jupiter und Hercules anzuvertrauen192. Die Schlacht am Frigidus wird sowohl in zeitgenössischen Quellen als auch in späteren byzantinischen Geschichtswerken behandelt, wobei die Berichterstattung unterschiedlich ausführlich gestaltet ist; in manchen Fällen wird die Schlacht lediglich kurz erwähnt, ohne im Detail auf die Ereignisse einzugehen193. Eine Erwähnung des Zeichens des Hercules findet sich aus spätantiker Zeit jedoch allein bei dem Kirchenhistoriker Theodoret, der beschreibt, daß die ei)kwÜn (Hrakle/ouj das Heer des Feindes angeführt habe194. Theodoret, der die Ereignisse am Frigidus aus einer zeitlichen Entfernung von 50 Jahren betrachtete, steht generell in dem Ruf, seine Berichte zugunsten der religiösen Botschaft gerne phantasievoll ausgeschmückt zu haben; auch seine Darstellung der Schlacht ist angereichert mit erfundenen Visionen und Reden195. In seiner Version ist Theodosius siegreich allein durch seinen Glauben an Gott196. 191 Vgl. Bruggisser, Mémoire d’Hercule, 381. Diese Wortbildung impliziert bereits einen religiösen Konflikt und einen Gegensatz zwischen Hercules und dem durch das labarum vertretenen Christengott beziehungsweise Christus. 192 Szidat geht davon aus, daß die religiöse Komponente allein auf Flavianus zurückzuführen sei, und Eugenius nicht über die Machtmittel verfügt habe, diese Ausrichtung zu verhindern (Szidat, Usurpation, 506). 193 Eine vollständige Aufzählung der antiken und mittelalterlichen Quellen zur Schlacht am Frigidus findet sich in Bratož, Bitka pri Frigidu, 40. Für eine Zusammenstellung der antiken Quellen mit Übersetzung s. Paschoud, Histoire Nouvelle, 474–500. Zur literarischen Überlieferung s. auch Springer, Schlacht, passim. 194 Theod. hist. eccl. 5, 24, 4. 17. Zwei Quellen aus nachantiker Zeit erwähnen, sichtlich in Anlehnung an Theodoret, ebenfalls das Herculesbild. Der byzantinische Geschichtsschreiber Georgios Kedrenos nennt in seinem um das Jahr 1100 entstandenen Geschichtswerk das Herculesbild und das Kreuz als die Zeichen der sich gegenüberstehenden Heere (prohgei=to deÜ e)n t%= strat%= tou= Eu)geni/ou h( ei)kwÜn tou= (Hrakle/oj, Qeodosi/ou deÜ o( ti/moj stauro/j; Cedr. PG 121 Sp. 617). Denselben Gegensatz beschreibt auch Nikephoros Kallistos in seiner in der ersten Hälfte des 14. Jhs. verfaßten Kirchengeschichte (Tou= gaÜr e)mou= o( stauroÜj, e)kei/nou deÜ h(gei=tai o( (Hraklh=j; Nic. Call. HE 12, 39). Diese späten Werke können jedoch nicht als verläßliche Quellen für die Ereignisse des 4. Jhs.n.Chr. betrachtet werden. 195 Cameron, Last Pagans of Rome, 104; Errington, Policy, 254. Errington, für den er ein „romanticizing ecclesiastical simplifier“ ist, vertritt den Standpunkt, es sei an der Zeit, daß Historiker aufhören, Theodoret ernst zu nehmen (ebd., 257). Leppin nennt Theodoret den Kirchenhistoriker mit dem größten Hang zu Wundergeschichten (Leppin, Theodosius, 217), und stellt fest, daß er in seiner „aspiration towards theological consistency“ keine Bedenken hat „about stylising or, to put it bluntly,

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Selbst Augustinus, der, wie schon gezeigt, in seinen Werken mehrfach Kritik an der Herculesfigur übt, übergeht dieses antilabarum in seiner kurzen Schilderung der Ereignisse am Frigidus; der Kirchenvater nennt statt dessen die Iovis simulacra, die am Rande des Schlachtfeldes aufgestellt gewesen seien197. II.3.3.2 Hercules als Feldzeichen Die Auswahl von Jupiter und Hercules als besondere Schutzgötter des Heeres des Usurpators, wie sie die spätere literarische Überlieferung zu implizieren scheint, wurde immer wieder als Argument für den vorgeblich religiösen Charakter des Krieges zwischen Eugenius und Theodosius angesehen198. Eine in der Forschung wiederholt vorgebrachte Hypothese, die einen dezidiert-heidnischen Charakter der Usurpation voraussetzt, geht davon aus, daß sich Eugenius und seine Anhänger bewußt auf den Schutz der Götter beriefen, als deren sterbliche Nachkommen sich hundert Jahre zuvor Diocletian und Maximian stilisiert hatten, und die somit anti-christlich konnotiert gewesen seien199. Mangels entsprechender Quellen läßt sich diese Annahme nicht bestätigen, sie bewegt sich jedoch zumindest theoretisch im Rahmen des Möglichen. Eine entscheidende Rolle bei der Wahl der Schutzgötter hätte ferner die Sieghaftigkeit des Hercules – auf den Münzen zahlreicher früherer Kaiser als victor oder invictus verherrlicht – spielen können, sowie dessen Funktion als Friedensbringer gerade in Zeiten des Bürgerkrieges. Bereits der Usurpator Postumus hatte sich im vorangegangenen Jahrhundert auf Hercules als pacifer berufen200, eine Rolle, die er ebenso auch für Eugenius hätte einnehmen können. Der ausschlaggebende Aspekt bei den Interpretationsversuchen ist jedoch die römische Militärtradition, die sowohl Hercules als auch Jupiter seit langem einen Platz auf den Feldzeichen einzelner Heeresabteilungen einräumte. So sind Bilder der beiden Götter für die Standarten verschiedener kaiserzeitlicher Legionen überliefert; Hercules tritt als Schutzgottheit der legiones II Traiana und XXII Primigenia, Jupiter bei der legio XXX Ulpia auf201. Die in Pannonien stationierte legio VI Herculea führte den Alkiden hingegen im Namen202, ebenso wie die vermutlich unter der Tetrarchie neu aufgestellten raetischen Garnisonen der cohors III Herculea Pannoniorum (Caelius Mons/Kellmünz) und cohors I Herculea Raetorum (Parrodunum/Burgheim)203.

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of falsifying history“ (ders., Church Historians, 233). Schon Seeck und Veith wiesen auf die sagenhaften Züge seiner Schilderung hin sowie auf seine Neigung zu Übertreibungen und „frommen Erfindungen“: „Was er (sc. Theodoret) allein bringt, muß daher mit größter Vorsicht aufgenommen werden“ (Seeck/Veith, Schlacht, 456). Vgl. Leppin, Church Historians, 232. Aug. civ. 5, 26. Vgl. beispielsweise Bloch, Zeugnis, 176f.; Szidat, Usurpation, 505. Bloch, Zeugnis, 177; Courcelle, Jugements, 123; Hedrick, History and Silence, 46. Vgl. beispielsweise RIC V, 2 p. 348 n. 135–136; p. 354 n. 203–204. Die Münzen des Maximian mit der entsprechenden Legende lassen sich in die Zeit der inneren Konflikte mit dem britannischen Sonderreich des Carausius datieren, stammen also ebenfalls aus einer Epoche bürgerkriegsähnlicher Zustände (z.B. RIC V, 2 p. 263 n. 371–380; p. 277 n. 502). Vgl. dazu die Tabelle in Le Bohec, Feldzeichen, Sp. 461–462. Die legio II Traiana führte Hercules noch unter dem britannischen Usurpator Carausius. Nicasie, Twilight of Empire, 50 Tab. I; vgl. AE 1964, 226 (306/307 n.Chr.). Fischer, Heer, 119. Ob die nach Hercules benannten Einheiten dessen Bild auch als Feldzeichen

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Ein Bezug von Jupiter und Hercules zu einzelnen militärischen Einheiten ist für das 4. Jh.n.Chr. für die Ioviani und Herculiani überliefert, die laut der literarischen Überlieferung durch Diocletian geschaffen wurden204; der Name ergab sich nicht aus den Namen der Götter, sondern vielmehr den theophoren Beinamen der Tetrarchen205. Laut Philostorg nahmen die Ioviani und Herculiani auf Seiten Konstantins an der Schlacht an der Milvischen Brücke teil, bei der nur der Kaiser selbst auf das labarum vertraut habe, dem allein er seinen Sieg verdankte206. Für die Herrschaftszeit von Constans, Julian und Jovian sind die Ioviani und Herculiani als militärische Einheiten belegt, die offenbar stets gemeinsam eingesetzt wurden207. Die Aufteilung dieser Truppenteile in seniores (für den Senior-Augustus im Westen) und iuniores (für den Junior-Augustus im Osten) wurde möglicherweise im Jahr 364 n.Chr. durch die Kaiser Valentinian I. und Valens durchgeführt208. Die Ioviani und Herculiani scheinen sowohl im West- als auch im Ostreich noch im ersten Viertel des 5. Jhs.n.Chr. existiert zu haben, wie die im 5. Jh.n.Chr. entstandene Notitia Dignitatum überliefert, die die Ioviani seniores und die Herculiani seniores im Westen dem comes Italiae (Oberbefehlshaber in Italien) unterstellt und sie den zwölf dort stationierten legiones palatinae zuordnet209. Im Osten werden die Ioviani iuniores und die Herculiani iuniores unter den sechs legiones

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führten, ist unbekannt. K. Töpfer weist darauf hin, daß ein auf eine Gottheit bezogener Beiname einer Legion nicht zwangsläufig zur Anbringung des Bildes des entsprechenden Gottes auf den Feldzeichen führen mußte (Töpfer, Signa militaria, 62f.). Aur. Vict. Caes. 39, 18; Veg. mil. 1, 17; Zos. 3, 30, 2. Es handelte sich um Eliteeinheiten mit einer Stärke von je 6000 Mann, die jeweils dem Feldheer (comitatus) von Diocletian (Ioviani) und Maximian (Herculiani) zugeteilt waren (Elton, Warfare and Military, 327). Zos. 3, 30, 2 (allerdings mit der falschen Angabe, die Beinamen der Kaiser hätten Jupiter und Hercules gelautet). Sozomenos hingegen führt die Namen direkt auf die Götter zurück (Soz. 6, 6, 4). In der Suda ist von Iovii und Herculii die Rede, wobei es sich wohl um einen Überlieferungsfehler handelte; der tatsächlich existierenden Auxiliareinheit des Bewegungsheeres mit dem Namen Iovii waren vielmehr die Victores gegenübergestellt, die ihren Namen aus dem Epitheton des Hercules ableiteten (Bleckmann, Konstantin, 202 Anm. 57). Philostorg. 1, 6b. B. Bleckmann geht davon aus, daß Philostorg dieses Detail überliefert, um den Kontrast zwischen Monotheismus und Polytheismus zu betonen, durchaus unter dem Eindruck der Frigidus-Schlacht (Bleckmann, Konstantin, 200. 202). Amm. 22, 3, 2; 25, 6, 2; Zos. 2, 42, 2; 3, 30, 2. Gratian setzte zumindest die Ioviani ein (Amm. 27, 10, 10). Die vollständigen Namen dieser Einheiten lauteten Ioviani Cornuti Seniores und Herculiani Cornuti Seniores (Woods, Passion, 348; ders., Ioviani and Herculiani, 62). Vgl. dazu Lenski, Failure of Empire, 308. M. Kulikowski widerspricht dieser Theorie und verweist auf ein epigraphisches Zeugnis, das die Verwendung der Beinamen iuniores und seniores in die Zeit Constantius’ II. oder früher datiert (Kulikowski, Historical Source, 371). Die Zuteilung von Truppenteilen mit den Beinamen iuniores und seniores zum Ost- beziehungsweise Westteil des Reiches ist nicht als feststehende Regel zu betrachten (ebd., 370). Not. dign. occ. 5, 145–146. 7, 3–4; vgl. auch Woods, Ioviani and Herculiani, 65. Der hier relevante Teil der Notitia Dignitatum wird in die 420er Jahre n.Chr. datiert (Woods, Ioviani and Herculiani, 65). Zur Frage der Verläßlichkeit der Notitia Dignitatum als historische Quelle s. Kulikowski, Historical Source, passim. Kulikowski hält die Notitia für eine zuverlässige Quelle ausschließlich für die Verhältnisse im Osten bis zum Jahr 394 n.Chr., nicht jedoch für den westlichen Teil des Reiches (ebd., 360).

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palatinae210 aufgezählt, die dem magister militum praesentalis (Heermeister im engsten Gefolge des Kaisers) zugeordnet waren211. Einen weiteren Hinweis auf den fortgesetzten Einsatz der beiden Militäreinheiten in der hier relevanten Epoche beinhaltet darüber hinaus Claudians Gedicht Bellum Gildonicum, in welchem unter den Truppenteilen, die der vandalische Heermeister Fl. Stilicho zur Niederschlagung des Aufstandes des Gildo in Nordafrika im Jahr 397/398 n.Chr. zusammenstellte, auch zwei Einheiten aufgezählt werden, die als cohors Herculea und cohors Iovia bezeichnet werden212, und die man wohl mit den bereits seit langem bestehenden Herculiani und Ioviani gleichsetzen kann. Der Dichter ordnet diese dabei den berühmtesten Heeresabteilungen zu (notissima Marti/robora), was mit ihren bisherigen Einsätzen, beispielsweise in Julians Partherkrieg, durchaus übereinstimmen könnte213. Daraus ergibt sich, daß Stilicho diese Armeeeinheiten in seinem Krieg gegen Gildo einsetzte, obwohl sie möglicherweise zuvor auf der Seite des Usurpators Eugenius gestanden hatten214, und daß sie also offenbar weder aufgelöst noch umbenannt wurden. Es kann davon ausgegangen werden, daß die Bezeichnung als Ioviani beziehungsweise Herculiani, trotz ihrer letzten Endes auf Götter zurückgehenden Namen, zumindest in den Augen der meisten Zeitgenossen keinerlei religiöse Konnotationen beinhaltete, da man die Namen ansonsten sicherlich bereits unter der konstantinischen Dynastie aufgegeben hätte215. Es dürfte sich bei der Beibehaltung der Benennung schlicht um die Weiterführung einer Gewohnheit der Kaiserzeit gehandelt haben, keineswegs jedoch um einen Hinweis auf die religiöse Orientierung der Soldaten, die in den entsprechenden Einheiten dienten216. Lediglich die Bilder der eponymen Götter scheinen unter Konstantin von den Standarten entfernt worden zu sein217. Beide Einheiten führten offenbar allerdings zumindest unter Julian ihrem Namen entsprechend wieder Jupiter und Hercules als Feldzeichen218, wie es wohl bei ihrer Schaffung von Diocletian beabsichtigt gewesen war.

210 Bei den legiones palatinae handelte es sich um diejenigen Legionen des Feldheeres, die den Kaiser begleiteten (vgl. Demandt, Spätantike, 305f.). 211 Not. dign. or. 5, 43f. Die auf den östlichen Reichsteil bezogenen Abschnitte der Notitia sind zwischen 386 und 394 n.Chr. entstanden und wurden, anders als diejenigen über das Westreich, nicht mehr überarbeitet (Kulikowski, Historical Source, 360). 212 Herculeam suus Alcides Ioviamque cohortem/rex ducit superum (Claud. 15, 418f.). Entsprechend seiner Vorliebe für mythologische Bilder (Döpp, Zeitgeschichte, 20) läßt der Dichter hier sogar die Götter selbst eingreifen und die nach ihnen benannten Einheiten anführen. Das Auftreten der Götter bei Claudian ist kein Ausdruck heidnischer Religiosität, sondern steht in der Tradition der epischen Dichtung (ebd., 29f. 33). Somit ist auch das Auftreten von Hercules und Jupiter – und der nach ihnen benannten Truppenteile – im Bellum Gildonicum nicht als ein heidnisch-religiöses Element zu werten, sondern fügt sich nahtlos in den Stil des Dichters ein, der die paganen Götter als allegorische Figuren auftreten läßt (ebd., 39). 213 Claud. 15, 415f. Zum Partherkrieg s. Zos. 3, 30, 2. 214 Im Bellum Gildonicum spricht der tote Theodosius dem Stilicho das Verdienst zu, die Truppen, die auf beiden Seiten des Konfliktes zwischen Eugenius und Theodosius gekämpft hatten, zu versöhnen (Claud. 15, 294–297; vgl. Döpp, Zeitgeschichte, 145). 215 Vgl. Elton, Warfare and Military, 336. 216 Tomlin, Christianity and the Army, 36. 217 Woods, Ioviani and Herculiani, 63. 218 Woods, Ioviani and Herculiani, 63.

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Da es sich bei der ei)kwÜn (Hrakle/ouj nur um ein einziges Bild des Hercules handelte, zu dem Theodoret keine weiteren Angaben macht, ist es durchaus plausibel, mit D. Woods anzunehmen, daß das Bild des Hercules nicht als das Feldzeichen zu verstehen ist, unter dem das gesamte Heer des Eugenius zur Schlacht antrat, sondern lediglich als Abzeichen einer einzigen Einheit innerhalb seiner Armee219. Dementsprechend könnten die von Augustinus erwähnten Iovis simulacra ebenfalls als nur ein Feldzeichen einer bestimmten Heeresabteilung zu interpretieren sein220. Damit würden sowohl die Iovis simulacra als auch die ei)kwÜn (Hrakle/ouj jegliche religiöse Signifikanz verlieren und vielmehr als Hinweise auf die Anwesenheit der Einheiten der Ioviani und Herculiani im Heer des Eugenius dienen221, in Übereinstimmung mit ihrer Rolle als Elitetruppen der legiones palatinae im direkten Umfeld des Kaisers. In diesem Zusammenhang ist darüber hinaus zu beachten, daß die Einheiten der Ioviani und Herculiani auch im Ostreich existierten, und so möglicherweise dem Heer des Theodosius angehörten, das gegen Eugenius zog222. Wie M. Errington anmerkte, kann nicht davon ausgegangen werden, daß Theodosius in einem solchen Fall diesen Truppeneinheiten ihre Abzeichen entzogen hätte, selbst wenn diese Abbilder heidnischer Gottheiten zeigten223. Folgt man dieser Interpretation der betreffenden Passagen in der literarischen Überlieferung, so fällt ein weiteres Argument für den primär religiösen Charakter der Auseinandersetzung zwischen Eugenius und Theodosius weg. Die Hervorhebung von wie auch immer gearteten Zeichen für Jupiter und Hercules mag nur damit zusammenhängen, daß die übrigen Feldzeichen des feindlichen Heeres keinen Bezug auf die heidnische Götterwelt hatten und dementsprechend keinen Angriffspunkt für die christliche Überlieferung boten. Theodosius kann nach seinem Sieg die in seine Hände gefallenen Abzeichen zweier Hee-

219 Woods, Ioviani and Herculiani, 65. 220 Woods, Ioviani and Herculiani, 65; vgl. auch Errington, Policy, 257. Voraussetzung dieser Annahme ist jedoch, daß Augustinus aus einem simulacrum Iovis, das er in einem Bericht über die Schlacht gefunden hatte, mehrere simulacra machte in dem Bemühen, die religiöse Bedeutung der Schlacht zu betonen (Woods, Ioviani and Herculiani, 64f.). Ein Problem bei dieser Interpretation stellt die Bedeutung von simulacrum dar, das allgemein als Götterbild, bestenfalls in christlichen Texten als „Idol“ zu übersetzen ist, während die Bedeutung als „Feldzeichen“ nicht belegt werden kann (vgl. OLD III 1766 s.v. simulacrum; Souter, Glossary, 379). K. Töpfer hingegen führt die Bezeichnung simulacra als Bezeichnung einer Standarte an, die aus einem undekorierten Schaft und einer diesen bekrönenden Götterstatue bestand, und bezieht sich dabei auf eine Verwendung des Wortes bei Tacitus, der unter simulacra Götterbilder in Verbindung mit Feldzeichen verstand, wobei jedoch nicht geklärt ist, ob es sich dabei tatsächlich um einen antiken terminus technicus für einen bestimmten Feldzeichentypus handelte (Töpfer, Signa militaria, 29; vgl. Tac. ann. 15, 29, 2). 221 Laut der späteren Überlieferung des Gregor von Tours befanden sich die bei einer Strafexpedition gegen die Franken dezimierten Ioviani unter den Einheiten, die Arbogast 388 n.Chr. unter seine Kontrolle brachte (Greg. Tur. Franc. 2, 9; Woods, Ioviani and Herculiani, 65). Da die Ioviani und die Herculiani scheinbar stets zusammen operierten, kann wohl auch von der Anwesenheit der Herculiani am Rhein ausgegangen und dementsprechend vermutet werden, daß diese ebenfalls in die dem Arbogast unterstehende Armee eingegliedert wurden. Zur Anwesenheit der Ioviani im Heer des Arbogast vgl. Hoffmann, Bewegungsheer, 109f. 222 Vgl. Hoffmann, Bewegungsheer, 109. 223 Errington, Policy, 257.

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resabteilungen mit den Abbildern von Hercules und Jupiter ebenso „verhöhnt“ haben224, wie er es mit einem Feldzeichen, unter dem das gesamte gegnerische Heer gegen ihn angetreten war, oder den von Augustinus überlieferten, am Rand des Schlachtfeldes errichteten Statuen getan hätte225. Einschränkend ist bei dieser Deutung der Ereignisse zu beachten, daß die Notitia Dignitatum als wichtigste Quelle zum Aufbau des spätantiken Heeres als Feldzeichen der Herculiani nicht etwa Hercules, sondern den Adler des Jupiter abbildet226. Möglicherweise wurde zwischen der Schlacht am Frigidus und der Entstehung der Notitia also das Bild des Hercules durch das des Adlers ersetzt, den man als unverfänglicher als die direkte Darstellung einer heidnischen Gottheit angesehen haben mag227. Allerdings sollte man auch durchaus in Betracht ziehen, daß unter Umständen die ganze betreffende Passage einzig Theodorets Phantasie entsprungen ist. Alle Vermutungen hinsichtlich der möglichen Teilnahme der Ioviani und Herculiani an der Schlacht am Frigidus würden durch diese Deutung obsolet; statt dessen hätten wir es mit einer bewußten Verzerrung der Tatsachen durch Theodoret zu tun, der eine für die Kirchenschriftsteller von jeher abzulehnende Gestalt wie Hercules damit absichtlich einem unrechtmäßig an die Macht gelangten Kaiser wie Eugenius an die Seite gestellt hätte228. In diesem Fall erscheint Al. Camerons These attraktiv, nachdem hier lediglich ein fiktives Gegenbild zu dem unter dem labarum in die Schlacht an der Milvischen Brücke ziehenden Konstantin entworfen werden

224 Theod. hist. eccl. 5, 24, 17. 225 Bereits Tertullian äußerte sich aus christlicher Perspektive negativ über die von den Römern verehrten Feldzeichen (Tert. apol. 16, 8; nat. 1, 12, 14–15; vgl. dazu Töpfer, Signa militaria, 191). Dementsprechend mag man vielleicht durchaus von einer gewissen ablehnenden Haltung christlicher Römer gegenüber bestimmten Feldzeichen ausgehen; für einen christlichen Kaiser wie Theodosius, der selbst seine eigenen Heeresabteilungen unter ihren jeweiligen Feldzeichen in die Schlacht schickte, ist es durchaus nicht ausgeschlossen, daß er, beeinflußt von seiner religiösen Überzeugung, ähnlich dachte wie Tertullian zwei Jahrhunderte früher, dies jedoch nur im Umgang mit den Feldzeichen des besiegten Feindes erkennen ließ. Darüber hinaus wußte Theodosius sicherlich um die große Bedeutung, die man in der römischen Geschichte dem stets traumatischen Verlust der eigenen Feldzeichen an einen Gegner beigemessen hatte (vgl. Töpfer, Signa militaria, 195f.), was ein weiterer Grund für ihn gewesen sein könnte, wenig respektvoll mit den militärischen Abzeichen des geschlagenen Heeres umzugehen. Nach der physischen Niederlage gegen den legitimen Kaiser hätte er damit den Truppen des Eugenius noch eine weitere Niederlage zugefügt, die sich auf einer symbolischen Ebene bewegte, jedoch dadurch nicht weniger schmerzhaft war. 226 Die Notitia Dignitatum bildet für die im Ostreich stationierten Herculiani iuniores einen Adler mit einem Blitzbündel als Feldzeichen ab, für die Ioviani iuniores einen Adler mit Nimbus (Not. dign. or. 5, 3f.). Die Herculiani seniores des Westreiches werden ebenfalls durch einen Adler repräsentiert (Not. dign. occ. 5, 3). Daher geht R. Grigg davon aus, daß die in der Notitia Dignitatum abgebildeten Embleme der Herculiani falsch sind (Grigg, Codicils, 112 Anm. 30). B. Bleckmann erklärt den Adler der Herculiani damit, daß diese ihre Namen nicht von Hercules, sondern von Maximianus Herculius hatten, dessen auctor imperii der Iovius Diocletian war (Bleckmann, Konstantin, 201 Anm. 55). 227 R. Tomlin spricht in diesem Zusammenhang von „religious censorship“ (Tomlin, Christianity and the Army, 49 Anm. 111. 116). 228 Vgl. Cameron, Last Pagans of Rome, 106. Die Iovis simulacra des Augustinus erklärt Cameron mit der Sitte, für Jupiter als Himmelsgottheit Schreine auf Hügeln oder Bergen zu errichten; die Soldaten des Theodosius seien schlicht mit bereits jahrhundertealten Schreinen in den Alpen konfrontiert gewesen (ebd., 107; vgl. McLynn, Ambrose, 352 Anm. 209).

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II Die Rolle des Hercules in der „heidnischen Reaktion“ des 4. Jhs.n.Chr.

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sollte229; eine der Quellen Theodorets war die Vita Constantini des Eusebius, die die entsprechende Szene ausführlich beschreibt230. Theodoret, der als einziger den Namen einer Gottheit nennt, hätte dem Christogramm dann, sicherlich bewußt, Hercules gegenübergestellt. Es ist naheliegend, darin einen Verweis auf Hercules als einen der beiden Schutzgötter der Tetrarchen zu sehen, im speziellen des schon von Lactanz polemisch geschmähten Maximian. Ferner war dem Kirchenhistoriker sicherlich bewußt, daß Hercules als Retter und Erlöserfigur Ähnlichkeiten mit Christus aufwies und daher womöglich als heidnisches Äquivalent und somit Alternative wahrgenommen werden konnte; ihn einem Usurpator zur Seite zu stellen könnte auch zusätzlich der Abwertung des Alkiden selbst gedient haben, wie sie die Apologeten bereit seit Jahrhunderten betrieben hatten. Wir hätten es folglich mit einem rein literarischen, religiös motivierten Konstrukt zu tun, das im nachhinein Theodosius, der die heidnischen Kulte offiziell beendet hatte, zusätzlich das Verdienst zuspricht, einen „gottlosen“ Usurpator, dem sich möglicherweise eine Reihe heidnischer Aristokraten angeschlossen hatte, besiegt zu haben.

II.4 Fazit: Hercules als Vorkämpfer der Heiden? Der Rückgriff auf Hercules in der Schlacht am Frigidus, der sich bestenfalls auf die eher unbedeutende – und nicht sicher beweisbare – Abbildung auf einer Standarte beziehungsweise den traditionellen Namen einer militärischen Einheit beschränkte, ist kein Hinweis auf eine besondere Bedeutung des Jupitersohnes in dieser Zeit. Es läßt sich nicht belegen, daß er für das Heer oder seine Führer eine besondere religiöse, anti-christliche Bedeutung hatte. Die dem Theodosius zugeschriebene Verhöhnung des Herculesbildes wäre höchstens als die von einem Sieger zu erwartende Reaktion gegenüber einem Feldzeichen der besiegten Armee zu begreifen. Eine ideologische Aufladung dieser nur von dem als historische Quelle unzuverlässigen Theodoret überlieferten Szene ist – sofern sie überhaupt stattgefunden hat, was angesichts der Neigung des Theodoret zu Erfindungen und Ausschmückungen nicht als gesichert gelten kann – damit praktisch auszuschließen, zumal von Theodosius nicht etwa eine besondere Abneigung gegenüber der Gestalt des Hercules überliefert ist. Es sei hier erinnert an die keulenförmigen Säulen des Eingangsbogens des Theodosiusforums sowie an die schmeichelnden Vergleiche durch Themistios, die dieser geschickte heidnische Politiker sicherlich vermieden hätte, sollte eine Ablehnung dieses panegyrischen Lobes durch den Kaiser gedroht haben. Im übrigen wurde Hercules in den Jahren nach der Schlacht von Claudian als Folie des Herrscherlobes für den Theodosiussohn Honorius, ferner auch für den als besonders überzeugten Christen – er soll die Sibyllinischen Bücher verbrannt haben231 – geltenden Stilicho herangezogen, was ebenfalls gegen eine in dieser Zeit vorherrschende dezidiert anti-christliche Deutung des Alkiden spricht. Von einer besonderen Bedeutung des Hercules in den Jahren der Usurpation des Eugenius kann anhand der oben dargelegten Argumente nicht mehr ausgegangen werden, zumal 229 Vgl. Cameron, Last Pagans of Rome, 106. Cameron hebt hervor, daß die Römer nie unter der Flagge einer Gottheit in den Krieg gezogen waren; dies war eine rein christliche Perspektive (ebd., 103). 230 Leppin, Church Historians, 228; vgl. Eus. v. C. 1, 28–31. 37. 231 Rut. Nam. 2, 52.

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C Hercules im Spannungsfeld von Heidentum und Christentum

das Hauptindiz, die Inschrift aus Ostia, mit einiger Sicherheit keinerlei Zusammenhang mit einem Kultbau und damit der Rolle des Hercules als heidnische Gottheit hatte. Ebenso dürfte es sich bei der ei)kwÜn (Hrakle/ouj in der Schlacht am Frigidus lediglich um die Standarte einer einzigen militärischen Einheit, oder aber um eine Erfindung Theodorets gehandelt haben, der in den christlichen Quellen nachträglich eine ihr nicht zukommende Bedeutung verliehen wurde. Der Sieg des Theodosius über den Usurpator, dem man angesichts seiner Niederlage absprach, überhaupt ein Christ gewesen zu sein, wurde erst nachträglich durch die Kirchengeschichtsschreibung zu einem Krieg zwischen zwei Weltanschauungen stilisiert.

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Schluß In den Jahren zwischen 250 und 600 n.Chr. war Hercules eine in Kunst und Literatur verbreitete, jedoch teilweise kontroverse Figur. Ein gänzlich negatives Bild, abgesehen von einigen wenigen Ausnahmen, die sich auf einzelne Äußerungen zum Hercules der Philosophie beschränkten, haben die Kirchenschriftsteller hinterlassen, die seine Taten herabwürdigten, seine Herkunft verurteilten, seinen Charakter verdammten und seine Vergöttlichung als heidnisches Hirngespinst abtaten. Dem gegenüber stehen säkulare Christen, die, aufbauend auf ihrer klassischen Bildung, den Heros in literarischen Werken als Tugendhelden und Beschützer der Menschen präsentierten, wie es Boëthius tat, der den Alkiden im frühen 6. Jh.n.Chr. noch einmal für seine Mühen in den Himmel auffahren ließ. Archäologische Funde aus dem gesamten Reichsgebiet belegen, daß letztere Haltung, sofern dies aus den häufig ihrem antiken Kontext entrissenen Objekten abzuleiten ist, durchaus verbreitet war, zumindest bis im späteren 6. Jh.n.Chr. allmählich der auf den Klassikern der griechischrömischen Literatur aufbauende Schulunterricht durch einen auf der Bibel basierenden Bildungskanon ersetzt wurde. Das in der Patristik entworfene Bild eines unbeherrschten Gewaltmenschen und hemmungslosen Lüstlings gibt also keineswegs die Einstellung der Mehrzahl der spätantiken Menschen gegenüber Hercules wieder, sondern das Bild, das sich eine kleine Gruppe von Apologeten und Kirchenvätern von ihm machte, die die moralischen Werte ihrer Religion auf eine Figur übertrugen, die einem anderen Wertesystem entstammte und nur nach diesem objektiv hätte beurteilt werden können. Die erhaltenen spätantiken Kunstwerke und Gebrauchsgegenstände mit Motiven aus dem Herculesmythos zeigen, daß grundsätzlich in allen Lebensbereichen die Möglichkeit bestand, mit Hercules konfrontiert zu werden, angefangen vom Schulunterricht der Kinder über die Einrichtung von Privathäusern bis hin zur Statuenausstattung von Thermen und Hippodromoi; selbst nach dem Tod konnte ein Verstorbener in einer Tunika mit Herculesmotiven oder in einem Raum mit Herculesmalereien oder -reliefs bestattet werden, sofern er dies wünschte. Die Entscheidung für Objekte mit Abbildungen des Alkiden hing dabei von der persönlichen Haltung der entsprechenden Personen gegenüber den Gestalten der heidnischen Mythologie ab. Dieser Aspekt ist für den heutigen Betrachter nur anhand archäologischer und literarischer Zeugnisse zu fassen, die den Schluß zulassen, daß Episoden aus dem Leben des Jupitersohnes nach wie vor verhältnismäßig weit verbreitet waren, was wiederum darauf hindeutet, daß vielfach mit einer Akzeptanz des Hercules oder zumindest mit einer Toleranz gegenüber seinem Auftreten im privaten wie öffentlichen Raum zu rechnen ist. Es darf dabei jedoch der Aspekt des christlichen Ikonoklasmus nicht außer acht gelassen werden; die Belege für die Zerstörung heidnischer Bildwerke durch christliche Eiferer erlauben die Annahme, daß auch zahlreiche Statuen und andere mit Dekor versehene Objekte mit Herculesmotiven diesen zum Opfer fielen, selbst wenn nur wenige erwiesen absichtlich beschädigte oder zerstörte Herculesdarstellungen aus der Spätantike erhalten sind. Gerade was den Bereich der kultischen Verehrung des Gottes Hercules betrifft, sind diese aufschlußreich, zeigen sie doch auf, daß Kultstatuen und Heiligtümer des

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Schluß

Hercules von christlichen Bilderstürmern ebenso zerstört wurden wie die Kultorte anderer Gottheiten. Mit der Verheerung der Heiligtümer, der Vernichtung (oder dem Verstecken) der Kultbilder, der Abschaffung der Priesterschaften und den anti-heidnischen Gesetzen der christlichen Kaiser der theodosianischen Dynastie fand der Herculeskult sein offizielles Ende in den letzten Jahren des 4. Jhs.n.Chr. Einzelfunde wie auch literarische Zeugnisse zu den Kulten anderer Götter lassen jedoch den Schluß zu, daß es möglich war, den Jupitersohn im Privatraum nach wie vor als Gottheit zu verehren. Gerade in entlegenen Regionen des Reiches, aber auch in Griechenland, wo die Christianisierung generell langsamer vonstatten ging als in anderen Provinzen, ist für eine gewisse Zeit mit einer Weiterführung des Kultes im Verborgenen zu rechnen, was jedoch in den meisten Fällen nicht durch Quellen belegt, sondern nur aus Äußerungen zu anderen Gottheiten extrapoliert werden kann. Die Funktion des Hercules im Kontext der spätantiken Herrscherrepräsentation änderte sich mit dem Untergang der Tetrarchie. Die religiöse Rolle, die er unter den Tetrarchen als himmlischer Stammvater der Herculier-Dynastie eingenommen hatte, nahm mit dem Tod Maximians ihr Ende. Die Verherrlichung späterer Kaiser durch Vergleiche mit dem Jupitersohn im Medium der Panegyrici bewegte sich auf einer nicht-religiösen Ebene literarischer Topoi, die vom Publikum einer Lobrede erwartet wurden, die jedoch keine kultischen Konnotationen mehr aufwiesen. In nachtetrarchischer Zeit ist die Vorbildfunktion auf die virtus des übermenschlichen Helden reduziert, der jedoch, zumindest offiziell, nicht mehr als religiöse Figur wahrgenommen wurde. Daß das Publikum der Lobreden oder rühmenden Gedichte eines Claudian oder Sidonius, zumal Personen, die offen oder heimlich Heiden geblieben waren, in dem Alkiden dennoch eine göttliche Figur sah, ist freilich nicht ausgeschlossen. Die kontinuierliche Verwendung des Hercules als Vorbild für das Herrscherlob, gerade auch für den Theodosiussohn Honorius und den Reichsfeldherrn Stilicho, spricht gegen eine Rolle des Alkiden als Vorkämpfer des Heidentums in einer „heidnischen Reaktion“, die in der Form, wie sie lange von der Forschung postuliert wurde, sicher nicht stattgefunden hat. Ebensowenig diente Hercules als Emblem, unter dem das Heer des Usurpators Eugenius in die „letzte Schlacht des Heidentums“ – auch dies ein modernes, auf dem verzerrten Bild der christlichen Überlieferung basierendes Konstrukt – zog. Die Argumente für einen von der heidnischen Senatsaristokratie in ihrem angeblichen Kampf gegen das christliche Kaisertum instrumentalisierten Hercules konnten entkräftet werden, indem gezeigt wurde, daß weder das Zeugnis des Theodoret noch die Inschrift aus Ostia als Beweis für eine solche Verwendung des Alkiden im späten 4. Jh.n.Chr. herangezogen werden können; auch die Kontorniaten können in diesem Zusammenhang nicht länger als Ausdruck antichristlicher Propaganda interpretiert werden. Kallinikos und alexikakos, victor und pacifer, conservator und comes: der spätantike Hercules führte die Rollen fort, die er im Laufe der vorangegangenen Jahrhunderte im griechisch-römischen Kulturkreis gespielt hatte. Keine Funktion des Hercules jedoch war beständiger als diejenige des exemplum virtutis; die Aufforderung des Boëthius an seine Zeitgenossen sollte noch lange nachhallen: ite nunc, fortes, ubi celsa magni/ducit exempli via1.

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Boeth. cons. 4, carm. 7, 32f.

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Anhang Die Motive der tetrarchischen Hercules-Prägungen und ihre Vorbilder Für die bildliche Umsetzung der Herculesmotive auf tetrarchischen Münzen finden sich jeweils zahlreiche Parallelen in den Prägungen früherer Kaiser, die belegen, daß für die dyarchischen und tetrarchischen Hercules-Münzen keine neuen ikonographischen Typen geschaffen wurden, sondern daß entweder eine Wiederaufnahme früherer Motive, oder eine Umarbeitung oder Ergänzung bereits etablierter Darstellungsschemata vorliegt. Im Folgenden werden die Hercules-Motive der Münzen der Dyarchie und Tetrarchie hinsichtlich ihrer Orientierung an älteren Münzen untersucht, bei denen es sich sowohl um Emissionen der kaiserlichen Münzstätten im Rahmen der Reichsprägung als auch um Erzeugnisse städtischer Prägestätten aus dem Osten des Imperium Romanum handelt. Die von Maximian bekannten Prägungen, die den Kampf des Helden mit dem nemeischen Löwen zum Inhalt haben, diejenige Tat, die auf Münzen insgesamt am häufigsten dargestellt wurde1, lassen sich auf kaiserzeitliche Vorbilder zurückführen. Es werden bei diesem Motiv mehrere Varianten in der Münzprägung unterschieden, je nach Position und Körperhaltung des Hercules und seines Gegners2; im Falle der tetrarchischen Emissionen konfrontiert Hercules den Löwen stehend, in Ausfallhaltung nach rechts, die Keule hinter sich geworfen und beide Arme um den Hals des Löwen geschlungen, der sich auf die Hinterpfoten erhoben hat und gewissermaßen an Hercules hinaufklettert3. Ergänzend kann Victoria auftreten, die von links zu Hercules fliegt und ihn bekränzt, den Sieg über das Ungeheuer vorwegnehmend4. Die Beinhaltung des Hercules und des Löwen können dabei variieren5, aber das Grundschema bleibt identisch, ebenso wie die Position der meist zwischen den Beinen des Alkiden liegenden Keule6. Für diesen Typus des Löwenkampfes gibt es in der früheren römischen Münzprägung zahlreiche Parallelen7; dabei liegen Unter1 Stoll, Herakles auf Münzen, 37. 2 Stoll zählt in Anlehnung an Bräuer sieben unterschiedliche Varianten des Löwenkampfes auf römischen Münzen auf (Stoll, Herakles auf Münzen, 37; vgl. Bräuer, Heraklestaten, 38–41). 3 Vgl. beispielsweise RIC V, 2 p. 272 n. 454–459 (Abb. s. Bastien, Lyon, Taf. 14, 213a–Taf. 15, 219; Taf. 16, 224–228). 4 RIC V, 2 p. 273 n. 460–462 (Abb. s. Bastien, Lyon, Taf. 16, 230–Taf. 17, 235). 5 Für die Haltung des Löwen existieren im Rahmen des vorliegenden Darstellungsschemas zwei Varianten; er steht entweder mit beiden Hinterbeinen auf dem Boden, oder aber hat sich mit der erhobenen Hinterpranke im Bein des Hercules festgekrallt (Bastien, Lyon, Taf. 15, 215f. 216c). In seltenen Fällen weicht Hercules’ Haltung stärker vom Standardschema ab, indem er den Oberkörper nach links wendet, den Kopf aber nach rechts in Richtung des Löwen, während er Schrittstellung nach links einnimmt (Depeyrot, Monnaies, p. 83 n. 6/12, Taf. 12 = Calicó, Aureos, n. 4732). 6 Die Keule kann auch mehr oder minder aufrecht hinter Hercules am linken Bildrand stehen (RIC V, 2 p. 277 n. 500). 7 Es finden sich allerdings keine Übereinstimmungen mit Emissionen des Postumus, auf denen Hercules beim Löwenkampf stets nach links gewandt ist, im Gegensatz zu den Münzen Maximians (vgl. z.B. RIC

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schiede im Detail vor, wie beispielsweise in An- oder Abwesenheit der Keule, aber das zugrundeliegende Schema hinsichtlich Körperhaltung und Position im Feld der Münze ist stets dasselbe8. Auch für das Motiv der Tötung der Hydra lassen sich auf den entsprechenden Münzen Maximians keine Neuerungen im Vergleich zu früheren Emissionen feststellen. Hercules, in Ausfallhaltung nach links gerichtet stehend9, hält mit der linken Hand vor seinem Torso einen der Hälse der Hydra gepackt, deren Schlangenleib um sein rechtes Bein gewickelt ist, während er mit der in der erhobenen Rechten gehaltenen Keule zum Schlag ausholt10. Auf dieselbe Weise wird diese Tat auf Aurei des Postumus wiedergegeben, mit dem Unterschied, daß Hercules so weit mit der Keule ausholt, daß er diese praktisch hinter dem Rücken hält11. In derselben Haltung treten Hercules und die Hydra beispielsweise auf Aesprägungen Caracallas auf12. Dasselbe Bild ergibt sich bei der Szene der Niederringung der kerynitischen Hirschkuh; auch wenn in Details Unterschiede vorliegen, so unterscheidet sich das Grundschema der Darstellung dieser Tat auf den tetrarchischen Münzen nicht von Prägungen früherer Kaiser. Hercules ist nach rechts gewandt, das linke Knie presst er auf den Rücken der bereits niedergesunkenen Hirschkuh, während er diese mit beiden Händen am Geweih packt13. Eine sehr enge Beziehung besteht wiederum zu den entsprechenden Münzen des Postumus, die das Motiv auf dieselbe Art wiedergeben14; in derselben Ausführung tritt die Szene auch bei anderen Kaisern des 3. Jhs.n.Chr. wie Caracalla und Probus auf15. Eindeutige Parallelen existieren auch für die bildliche Umsetzung der übrigen auf Maximians Münzen vertretenen Taten des Hercules. Dazu ist zunächst das bei Maximian sehr selten belegte Einfangen des erymanthischen Ebers zu zählen, der auf den Rückseiten mehrerer Aurei aus Trier von Hercules auf der linken Schulter getragen wird, während er nach rechts schreitet, mit der rechten Hand die Keule zum Schlag über den Kopf gehoben; Eurystheus wird nicht dargestellt16. Vorbilder für das Grundschema dieses Motivs, dem V, 2 p. 338 n. 23–24). 8 Vgl. beispielsweise provinziale Prägungen des 3. Jhs.n.Chr. aus Perinthos (Schönert, Perinthos, Nr. 664 [Geta]. 852 [Gordian III]. 898–899 [Gallienus]). Bereits unter Marc Aurel war dieses Motiv in Kleinasien auf Münzen geprägt worden (RG I, 3 p. 419 n. 159; Taf. 70, 24). 9 Selten ist Hercules in fast identischer Haltung, allerdings nach rechts gerichtet, auf Aurei zu sehen (Calicó, Aureos, n. 4662). 10 R. Bräuer nennt diesen Typus des Hydramotivs denjenigen mit der größten Verbreitung auf Münzen und Medaillons (Bräuer, Heraklestaten, 48). 11 Abb. s. Schulte, Goldprägung, Taf. 10, 125a. 126a. 127b. 12 Stoll, Herakles auf Münzen, 50 Nr. 19. 13 Abb. s. z.B. Robertson, Roman Imperial Coins V, Taf. 8 Nr. 41. Bei diesem Exemplar sieht man hinter Hercules die Keule, über die das Löwenfell drapiert ist. Die Attribute sind aber nicht in jedem Fall abgebildet. 14 Z.B. RIC V, 2 p. 364 n. 340 (Abb. s. Schulte, Goldprägung, Taf. 10, 128a). 15 Vgl. beispielsweise einen Aureus des Probus (RIC V, 2 p. 79 n. 585; Abb. s. Calicó, Aureos, n. 4155a). Für dieselbe Variante des Hirschkuhmotivs (mit kleineren Abweichungen in Details) s. auch Stoll, Herakles auf Münzen, 56 Nr. 25 (Caracalla); 57 Nr. 26 (Severus Alexander); Nr. 27 (Geta = Schönert, Perinthos, Nr. 662, Taf. 40). 16 RIC VI p. 165 n. 25–26 (Abb. s. Stoll, Münzen von Trier, 30 Nr. 17). Eine etwas andere Variante des Motivs, bei der die Keule fehlt, bietet RIC VI p. 165 n. 24; Hercules schreitet dabei nicht aus, sondern steht auf der Stelle. Vgl. dazu Aurei des Probus aus Siscia (Calicó, Aureos, n. 4156) und des Postumus

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Die Motive der tetrarchischen Hercules-Prägungen und ihre Vorbilder

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Eurystheus wahlweise beigegeben werden konnte, finden sich in den Prägungen früherer Kaiser des 3. Jhs.n.Chr.; wiederum liegt eine besonders deutliche Parallele zu der maximianischen Umsetzung in der Goldprägung des Postumus vor. Die Kölner Aurei des gallischen Kaisers zeigen Hercules in identischer Haltung nach rechts ausschreitend, mit dem einzigen Unterschied, daß als zusätzliches Detail zu Füßen des Alkiden ein Gefäß abgebildet ist, das wohl als der Pithos des Eurystheus zu deuten ist17. Aus vorangegangenen Jahrzehnten existieren ebenfalls Beispiele für die Darstellung des Hercules mit dem geschulterten Eber, die dieselbe Pose wie die Münzen Maximians zeigen; so wurde bereits unter Marc Aurel das Motiv in Nicaea auf Münzen geprägt, die dieselbe Schrittstellung des Helden und dieselbe Haltung des Ebers wie auf den maximianischen Aurei aufweisen18. Eben dieses Darstellungsschema ist auch aus der Epoche der Soldatenkaiser bekannt, während der es beispielsweise in Prägungen für Gordian III. (mit Eurystheus) auftritt19. Der Diebstahl der Äpfel der Hesperiden ist vereinzelt auf Antoniniani und Quinarii Maximians als Rückseitenmotiv belegt; die entsprechenden Antoniniani zeigen Hercules links im Bildfeld stehend, das Fell über dem linken Arm, in der rechten Hand die zum Boden zeigende Keule, und den Blick auf den Baum gerichtet, um den sich der Schlangenleib Ladons windet20. Die Quinarii stellen den Helden hingegen beim Pflücken der Äpfel dar, nicht behindert von der tot am Baum hängenden Schlange21. Elemente beider Typen sind in ähnlicher Form von Münzen früherer Kaiser bekannt; ein deutlicher Unterschied besteht aber in diesem Fall zu den Aurei des Postumus, auf denen der Heros rechts im Bildfeld steht, der Baum sich in der Mitte befindet und links die drei Hesperiden vor Hercules zu fliehen scheinen22. Für das Pflücken der Äpfel durch Hercules existiert bereits im Rahmen der alexandrinischen Dodekathlos-Emissionen fürAntoninus Pius eine Parallele auf einer Bronzemünze23; der Jupitersohn ist bei Maximian und Antoninus Pius jeweils nach rechts ausschreitend dargestellt, den rechten Arm nach den Äpfeln ausstreckend, während das Fell über den linken Arm beziehungsweise die Schulter drapiert und daher teilweise von seinem Körper verdeckt ist. Der Körper des toten Ladon ist um den Stamm des Baumes geschlungen. Der neben dem Baum stehende bewaffnete Hercules, der bereits einen Apfel gepflückt hat24, ist ebenfalls keine Neuschöpfung der tetrarchischen Münzprägung, sondern tritt in ähnlicher Form auf den Münzen anderer Kaiser des 3. Jhs.n.Chr. auf. Ein Beispiel hierfür ist eine Bronzemünze für Gordian III. aus Perinthos25: das zugrundeliegende Schema des links im Bildfeld stehenden Helden, das Fell über die linke Schulter beziehungsweise den

17 18 19 20 21 22 23 24 25

(Schulte, Goldprägung, Taf. 11, 133a). RIC V, 2 p. 365 n. 344–345 (Abb. s. Schulte, Goldprägung, Taf. 10, 129a–11, 132b). RG I, 3 p. 419 n. 160 (Taf. 70, 25). Schönert, Perinthos, Nr. 853 (Taf. 53). RIC V, 2 p. 285 n. 568–569. Bastien, Lyon, p. 124 n. 48 (Taf. 3, 48). RIC V, 2 p. 365 n. 351 (Abb. s. Schulte, Goldprägung, Taf. 12, 148a). BMC Alexandria p. 123 n. 1052 (Taf. VI). RIC V, 2 p. 285 n. 569. Schönert, Perinthos, n. 858, 1–2 (Taf. 54). Bei einer weiteren Bronzeprägung aus Kilikien ist das Grundschema ähnlich, wobei allerdings bei Gordian Hercules in der rechten Bildhälfte steht, und der Baum sich dementsprechend links befindet; auch hier stützt sich der Alkide mit der rechten Hand auf seine Keule, anstatt, wie in der maximianischen Prägung, mit ihr auszuholen (BMC Cilicia p. 214 n. 262; Abb. s. Stoll, Herakles auf Münzen, 96 Nr. 56).

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linken Arm drapiert, entspricht den tetrarchischen Antoniniani, ebenso wie der in der linken Hand gehaltene, bereits gepflückte Apfel und die tote, um den Baumstamm gewickelte Schlange. Allerdings stützt sich Hercules in der gordianischen Prägung mit der rechten Hand auf seine Keule, während er bei Maximian mit dem rechten Arm auszuholen scheint, so daß er die in Richtung Boden zeigende Keule in der Luft hält. Die Zähmung des Cerberus tritt auf einer einzelnen Aureusprägung aus Trier in Erscheinung, von der nur wenige Exemplare überliefert sind26. Hercules ist dabei in Schrittstellung nach rechts wiedergegeben, in der linken Hand trägt er die Keule und das Löwenfell, dessen Schwanz und Pfoten zwischen seinen Beinen herabhängen; der Kopf ist nach links gewandt, in Richtung des dreiköpfigen Untiers, das er mit der rechten Hand an einer Leine oder Kette hinter sich herzieht27. Die dazugehörige Legende benennt ihn, der dargestellten Tat entsprechend, als Hercules inmortalis. Die Umsetzung des Motivs entspricht den Goldmünzen des Postumus, die dieses Abenteuer des Heros abbilden; die in Köln geprägten, zu der Dodekathlos-Emission des gallischen Kaisers aus dem Jahr 268 n.Chr. gehörenden Aurei geben bis auf eine Abweichung im Detail – bei Postumus trägt Hercules die Keule über der Schulter statt in der Armbeuge – genau dieselbe Körperhaltung der beiden Kontrahenten wieder. Auch die Legende HERCVLI INMORTALI ist bei beiden Kaisern identisch28. Von Probus, einem der unmittelbaren Vorgänger der Tetrarchen, ist ein extrem seltener Aureus aus Siscia bekannt, der dasselbe Motiv ebenfalls mit der Legende HERCVLI INMORTALI verbindet29. Es finden sich in der Münzprägung anderer Kaiser des 2. und 3. Jhs.n.Chr. zahlreiche Parallelen und mögliche Vorbilder für dieses Motiv, so daß wiederum weder für Postumus noch für Maximian eine ikonographische Neuschöpfung angenommen werden kann. Bereits unter Antoninus Pius tritt das Cerberus-Abenteuer auf einer Bronzemünze aus dem über mehrere Jahre hinweg in Alexandria geprägten Dodekathlos-Zyklus in sehr ähnlicher Weise in Erscheinung30. Auch in den 100 Jahren zwischen Antoninus Pius und Postumus war die Zähmung des Cerberus wiederholt Thema der Münzprägung, und es zeigt sich, daß die Umsetzung bei Postumus und Maximian in der oben beschriebenen Form einem für diese Tat des Hercules gängigen Schema entspricht. Auf dieselbe Art ist die Tat beispielsweise auf kleinasiatischen Städteprägungen für Gordian III. belegt31. Wie es bei den hier bereits behandelten Motiven der Fall ist, so geht auch die Darstellung des Kampfes von Hercules mit einem Kentauren auf frühere Vorbilder zurück. Auf 26 RIC VI p. 169 n. 48. 27 Abb. s. Depeyrot, Monnaies, Taf. 3, 3B/1. 28 RIC V, 2 p. 365 n. 347; Elmer, Münzprägung, n. 502–507 (Abb. s. Schulte, Goldprägung, Taf. 12, 152a. 153b). 29 RIC V, 2 p. 79 n. 588. Eine Variante zeigt die Legende HERCVLI IMMORTALI. Hier wird davon ausgegangen, daß sich Probus direkt an den entsprechenden Prägungen des Postumus orientierte (Voegtli, Heldenepen, 63). 30 Voegtli, Heldenepen, Taf. 12p = Vogt, Münzen Bd. 2, 74 n. D 2608. Münzen mit Taten aus dem Dodekathlos wurden während der ersten zehn Jahre der Herrschaft des Antoninus Pius in Alexandria wiederholt geprägt, so daß ein kompletter Zyklus vorliegt (Voegtli, Heldenepen, 46; vgl. dazu Vogt, Münzen Bd. 1, 123; ebd. Bd. 2, 73f.). 31 RG I, 2 p. 378 n. 218–219, Taf. 62 (Heraclea); Schönert, Perinthos, Nr. 857 (Taf. 54). Links des Cerberus können die Zweige eines Baumes angedeutet sein, der sowohl auf den entsprechenden Prägungen des Postumus, als auch auf denjenigen Maximians fehlt.

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Die Motive der tetrarchischen Hercules-Prägungen und ihre Vorbilder

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mehreren Aurei Maximians ist der mit dem linken Bein auf dem Rücken eines auf den Hinterbeinen zusammengebrochenen Kentauren kniende Alkide zu sehen, der das die Hände abwehrend erhebende Mischwesen am Haar packt, während er mit der Keule zum Schlag ausholt; das Löwenfell hängt ihm dabei von der linken Schulter32. Die Darstellung des Kampfes zwischen Hercules und einem Kentauren auf römischen Münzen läßt sich bis in die Republik zurückverfolgen; selbst das Grundschema der Darstellung ist dabei bereits dasselbe wie auf der dyarchischen Prägung. Der links stehende Hercules holt mit der Keule weit aus, während er mit der linken Hand das Haar des Kentauren packt, der, den Oberkörper zurückwendend, die Hände abwehrend erhoben hat. Der einzige gravierende Unterschied ist die Tatsache, daß die mittelrepublikanische Bronzemünze den Kentauren nicht auf die Hinterbeine gesunken, sondern aufrecht stehend abbildet, weshalb auch Hercules nicht auf seinem Rücken knien kann, sondern in Ausfallhaltung dargestellt ist33. Die Darstellung des Ringkampfes mit Antaios auf Münzen Maximians entspricht recht genau der Umsetzung des Themas auf älteren Münzen. Während die Position von Hercules und Antaios zueinander auf den Münzbildern verschiedener Kaiser durchaus Unterschiede aufweist, gerade was die Haltung des in die Luft gestemmten Riesen betrifft34, so gibt es doch Entsprechungen für die Darstellungsweise auf den Münzen Maximians, auf denen Antaios sein linkes Bein um das rechte des Hercules schlingt und seinen Oberkörper wegdreht35. Auf sehr ähnliche Weise wird diese Szene auf den zu der Dodekathlos-Emission des Postumus gehörenden Aurei abgebildet36. Der den Bogen spannende Hercules kann wie die Beigabe der Äpfel als ein indirekter Verweis auf eine der Taten des Dodekathlos gedeutet werden. Der Alkide steht dabei in Dreiviertelansicht nach rechts gewandt und spannt mit der rechten Hand die Bogensehne; das Löwenfell scheint über seinen linken Arm drapiert zu sein, die genaue Position ist jedoch nicht klar zu erkennen37. Für das zugrundeliegende Schema existiert wiederum eine Parallele bei Postumus, wobei allerdings die Haltung des Hercules sich von der maximianischen Münze dahingehend unterscheidet, daß Hercules den Oberkörper zurückneigt, also ein höher fliegendes Ziel anvisiert; daher ist der die Sehne spannende rechte Arm weiter erhoben als bei den späteren Münztypen38. Des weiteren ist bei Postumus ein direkter Hinweis auf die konkrete Tat vorhanden, da rechts im Bildfeld zwei tote Vögel zu erkennen sind. Auch auf den Prägungen von Kaisern des 2. und 3. Jhs.n.Chr. tritt der seinen Bogen spannende Hercules als Jäger der stymphalischen Vögel wiederholt auf. Nach rechts gewandt wie auf Maximians Antoniniani, allerdings in stärker ausgeprägter Schrittstellung, ist Hercules mit seinem gespannten Bogen beispielsweise auf Münzen des Antoninus Pius und des Caracalla39 zu sehen, während sich die Haltung des Heros im Vergleich zu den 32 Calicó, Aureos, n. 4739–4741. 33 Sydenham, Coinage, p. 9 n. 93 (Taf. 14). 34 Beispielsweise scheint er auf einem Aes des Philippus I. schlaff im Griff des Hercules zu hängen (Stoll, Herakles auf Münzen, 133 Nr. 76), während er auf einem weiteren Aes des Gallienus eher den Eindruck erweckt, sich strampelnd zu wehren (Bräuer, Heraklestaten, 100, Taf. V, 10). 35 Bastien, Lyon, p. 124 n. 47 (Taf. 3). 36 RIC V, 2 p. 359 n. 273 (Abb. s. Schulte, Goldprägung, Taf. 12, 150a). 37 RIC V, 2 p. 271 n. 450; Bastien, Lyon, p. 206 n. 500 (Abb. s. Bastien, Lyon, Taf. 36, 499a–b. 500). 38 RIC V, 2 p. 359 n. 271 (Abb. s. Schulte, Goldprägung, Taf. 11, 136a). 39 Antoninus Pius: BMC Alexandria p. 123 n. 1048 (Taf. VI); Caracalla: RG I, 3 p. 454 n. 445 (Taf.

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dyarchischen Prägungen auf Münzen der Kaiser Elagabal und Gordian III. stärker unterscheidet40. Die Darstellung des ruhenden, auf einem Felsen oder einem Stuhl sitzenden Hercules ist ebenfalls keine Innovation der Tetrarchie, sondern ist in der kaiserlichen Münzprägung bereits unter Hadrian belegt, wobei die Umsetzung des Motivs jedoch in den Details stark voneinander abweicht. In der tetrarchischen Goldprägung ist das Motiv kombiniert mit der Legende HERCVLI VICTORI, was dahingehend gedeutet werden kann, daß Hercules sich hier nach einer siegreich vollbrachten Tat von seinen Mühen ausruht. Der bärtige Alkide sitzt frontal dem Betrachter zugewandt breitbeinig da, den Kopf leicht nach rechts gedreht; die rechte Hand liegt im Schoß und kreuzt den über den Körper gelegten linken Arm, so daß Hercules mit der linken Hand die Keule halten kann. Das Löwenfell ist über das linke Knie drapiert, so daß der Kopf des Löwen zwischen den Beinen des Hercules hängt. Links neben ihm lehnt die Keule an dem ihm als Sitz dienenden Felsen, rechts kann man Köcher und Bogen erkennen41. Die Umsetzung des Motivs auf den Prägungen Hadrians unterscheidet sich deutlich von der tetrarchischen Darstellung, da der Jupitersohn, der auf einer aufgeschichteten Rüstung (Brustpanzer und Schild) sitzt, bartlos gezeigt ist, sich mit dem ausgestreckten rechten Arm auf die Keule stützend, während das Löwenfell vom erhobenen linken Arm herabhängt42. Es mag sich also bei den Details wie der Plazierung der Attribute um Neuschöpfungen gegenüber den früheren Münzen handeln, aber das zugrundeliegende Motiv des ruhenden Hercules, wie es ursprünglich wohl auf den griechischen Herakles Epitrapezios zurückgeht, ist dasselbe. Aus der Zeit der Tetrarchie sind einige Aurei erhalten, die auf dem Revers die nach rechts blickende Büste des Hercules zeigen, dargestellt als bärtiger Held mit dem Löwenfell als Kopfbedeckung43. Wie bei den bereits vorgestellten Herculesmotiven liegt auch hier keine Neufindung vor, sondern es wird ein Motiv wiederaufgenommen, das in der römischen Münzprägung bereits in früheren Jahren vielfach belegt ist. Wiederum ist eine enge Beziehung zu Münzen des Postumus feststellbar, auf denen ebenfalls auf der Rückseite die Büste des Alkiden abgebildet ist, wobei dieser allerdings nach links blickt und ein größerer Teil des Oberkörpers zu sehen ist; das Löwenfell trägt er wie auf den tetrarchischen Prägungen an der Kehle geknotet44. Die Verwendung der Büste des Hercules als Münzmotiv kann zurückverfolgt werden bis in die späte Republik; auf der Vorderseite eines Denarius des C. Vibius Varus ist er als älterer, bärtiger Held wiedergegeben, mit dem Unterschied, LXXVIII, 27). 40 Der Heros schießt zwar jeweils nach rechts, er eilt aber in Schrittstellung nach links, während der Oberkörper frontal abgebildet ist und Hercules über die linke Schulter hinweg nach rechts in Schußrichtung blickt (Schönert, Perinthos, Nr. 712, 1 [Taf. 44, 712]; 855, 4 [Taf. 54, 855]). 41 RIC VI p. 164 n. 14 (Aureus aus Trier). Weitere Aurei mit demselben Motiv, die nicht in RIC aufgeführt sind, stammen ebenfalls aus Trier, Rom sowie im Falle einer Prägung Diocletians aus Meaux. Vgl. Depeyrot, Monnaies, Meaux 1 B/1 (Taf. 1); Rome 5 B/5 (Taf. 12); Trèves 2 B/1 (Taf. 2). 42 RIC II p. 347 n. 55 (Taf. XII, 223). Vgl. auch Calicó, Aureos, n. 1318–1319. Für Antoninus Pius führt RIC III p. 44 n. 145 das Motiv des auf einem Panzer und Schild sitzenden Hercules an, der seine Keule und Pfeile in Händen hält. Der hadrianische sitzende Hercules sollte offenbar durch die Rüstungen die Assoziation militärischer Siege des Kaisers wecken. 43 RIC VI p. 169 n. 46–47 (Abb. s. Bastien/Metzger, Beaurains, 105, Nr. 253; 106, Nr. 257). Für weitere Exemplare dieses Reverstyps s. Bastien/Metzger, Beaurains, 105, Nr. 254–256; 106, Nr. 258. 44 RIC V, 2 p. 365 n. 343 (Abb. s. Schulte, Goldprägung, Taf. 12, 154a).

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daß er ohne das Löwenfell dargestellt ist; statt dessen trägt er ein Diadem45. Die Darstellung auf dem Avers eines Quadrans des Trajan aus dem Jahr 98 n.Chr. zeigt ebenfalls die Büste des nach rechts blickenden bärtigen und mit einem Diadem geschmückten Hercules, wobei ihm in diesem Fall das Fell beigegeben ist; allerdings trägt er es nicht als Kopfbedeckung, sondern es sind lediglich die unter dem Kinn verknoteten Tatzen des Löwen zu erkennen, was eine Verwendung des Fells als Umhang andeutet46. Dasselbe Motiv tritt auf der Vorderseite eine Quadrans des Hadrian in Erscheinung47. Auf Münzen Diocletians, Maximians, Constantius’ I., Galerius’ sowie des Usurpators Carausius treten drei Motive auf, die Jupiter und Hercules vereinen. Die beiden Gottheiten stehen sich dabei gegenüber, wobei im ersten Fall Jupiter seinem Sohn einen Blitz übergibt48, während bei der zweiten Variante dieses Motivs Jupiter statt eines Blitzes einen Globus in der rechten Hand hält, der rechts stehende Hercules hingegen in der rechten Hand eine kleine Victoria, die Jupiter bekränzt. Eine Abwandlung dieses Typs zeigt eine Victoriola, die, auf einem Globus stehend, von beiden Göttern zwischen sich gehalten wird, während sie Maximian bekränzt49. Für diese Reversmotive existiert in der Münzprägung des Postumus keine Parallele, was jedoch nicht verwunderlich ist, da es sich bei der gemeinsamen Darstellung von Jupiter und seinem Sohn um ein Motiv handelt, das besonders für die dyarchische beziehungsweise tetrarchische Ideologie der Iovii und Herculii aussagekräftig ist, während sich Postumus allein auf Hercules als seine spezielle Schutzgottheit berief. Auch in der Münzprägung anderer Kaiser finden sich m.W. keine Parallelen zu den tetrarchischen Jupiter-Hercules-Motiven; allerdings ist das Grundschema, welches Hercules einer anderen Gottheit gegenüberstellt, keine Neufindung, sondern ist bereits für Caracalla belegt, von dem Aureusprägungen existieren, die auf dem Revers Hercules und Bacchus gemeinsam abbilden50. Ebenfalls von früheren Kaisern bekannt ist das Motiv einer von zwei Figuren gemeinsam zwischen sich gehaltenen Victoriola. Allerdings handelt es sich hierbei nicht um zwei Gottheiten, sondern um die zumindest zeitweise gemeinsam regierenden Kaiser Carus beziehungsweise Carinus und Numerian, die beide gleichzeitig bekränzt werden51. Die Versatzstücke für das dyarchische beziehungsweise tetrarchische 45 RRC p. 508 n. 494/37 (Abb. s. RRC Bd. 2, Taf. LX, 494/37). Ein Denarius des P. Cornelius Lentulus Spinther, geprägt im Jahr 74 v.Chr., zeigt das Porträt des Hercules ohne Kopfbedeckung, wobei die Ähnlichkeit zu dem tetrarchischen Typus besonders in der Gestaltung des Bartes liegt, der auf nahezu identische Weise aus kugeligen Locken gebildet ist (RRC p. 409 n. 397/1; vgl. Depeyrot, Monnaie Romaine, 20). 46 RIC II p. 294 n. 702 (Abb. s. BMCRE III Taf. 43, 12). 47 RIC II p. 421 n. 626 (Taf. XVI, 332). 48 Z.B. RIC V, 2 p. 229 n. 93–95 (Abb. s. Bastien, Lyon, Taf. 7, 108a–c. 109; Taf. 8, 111); Bastien, Lyon, p. 141 n. 132–134 (Taf. 9); RIC V, 2 p. 547 n. 1074. 49 Z.B. RIC V, 2 p. 256 n. 323 (Abb. s. Robertson, Roman Imperial Coins IV, Taf. 54, 69. 73); RIC VI p. 168 n. 40 (Abb. s. Bastien/Metzger, Beaurains, n. 381); RIC VI p. 169 n. 41 (Abb. s. Bastien/Metzger, Beaurains, n. 382). Welcher der Götter von Victoria bekränzt wird, hängt scheinbar nicht vom Prägeherrn ab: auf den Münzen Diocletians und Constantius’ kann der Stammvater der Herculier ebenso bekränzt werden wie derjenige der Jovier; auf Maximians Münzen scheint hingegen stets Hercules die bekränzte Gottheit zu sein. 50 RIC IV, 1 p. 223 n. 74a; p. 224 n. 74b (Abb. s. Calicó, Aureos, n. 2668); p. 224 n. 76. 51 RIC V, 2 p. 201 n. 462 (Abb. s. Calicó, Aureos, n. 4300); p. 162 n. 193 (Abb. s. Calicó, Aureos, n. 4384); p. 177 n. 317 (Abb. s. Calicó, Aureos, n. 4342). Ein Goldmedaillon aus Rom zeigt Carinus, der dem ihm gegenüberstehenden Carus eine Victoriola überreicht, während er selbst von Hercules bekränzt

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Jupiter-Hercules-Motiv waren demnach in der römischen Münzprägung bereits vorhanden, wurden jedoch an die Iovius-Herculius-Ideologie angepaßt, wodurch die beschriebenen Typen (Übergabe des Blitzes beziehungsweise Bekränzung durch Victoria) neu entstanden als Ausdruck der Funktionen der beiden Götter als conservatores des Kaiserkollegiums beziehungsweise als die Urheber der kaiserlichen virtus, wie die Legenden dieser Prägungen bezeugen52. In seltenen Fällen treten Maximian und Hercules gemeinsam auf einer Münze in Erscheinung. So bildet eine Reihe von Antoninianprägungen aus Siscia unter der Legende CONSERVATOR AVGG den Kaiser und den Gott an einem Altar beim Opfer ab, sich gegenüberstehend und einander anblickend; der Kaiser hält dabei ein langes Szepter in der Hand, während Hercules sich auf seine Keule stützt53. Ein in Gegenwart des Hercules durchgeführtes kaiserliches Opfer ist, wie so viele andere Herculesmotive Maximians, auch auf den Münzen des gallischen Usurpators Postumus belegt54; allerdings unterscheidet sich die gallische Prägung in der Umsetzung des Motivs deutlich von der dyarchischen. Während Maximian in Feldherrentracht antritt, ist Postumus als Priester capite velato wiedergegeben55. Auch die Körperhaltung der Akteure ist auf den beiden Prägungen unterschiedlich ausgeführt; darüber hinaus tritt auf den Münzen des Postumus als weitere Figur ein victimarius von links hinzu. Die Übereinstimmung beschränkt sich also darauf, daß in beiden Fällen ein Opfer in Gegenwart des Hercules durchgeführt wird, der für Maximian conservator, für Postumus comes ist56. Zusätzlich zu den weit häufigeren Herculesmotiven auf den Münzrückseiten treten in äußerst seltenen Fällen auf dem Avers die Büsten von Maximian und Hercules auf; hier existiert wiederum eine Parallele zu Prägungen des Postumus, auf denen ebenfalls die Köpfe von Kaiser und Gott hintereinander gestaffelt auf Münzvorderseiten belegt sind57 – allerdings deutlich häufiger, als dies bei Maximian der Fall ist, von dem nur zwei gesicherte Prägungen mit beiden Porträtbüsten bekannt sind58. Bei solchen Doppelporträts ist der wird, Carus hingegen von Sol (RIC V, 2 p. 167 n. 225). 52 Es existieren nur zwei unterschiedliche Legendentypen für die Jupiter-Hercules-Rückseiten: VIRTVS AVGG (z.B. Bastien, Lyon, p. 121 n. 34), sowie Varianten der conservator-Legende wie IOVI ET HERCVLI CONS AVGG (z.B. RIC V, 2 p. 248 n. 275) und CONSERVATORES AVGG ET CAESS NN (z.B. RIC VI p. 168 n. 40). 53 RIC V, 2 p. 287 n. 577–580; p. 288 n. 581–582 (Taf. XII, 4). Abb. s. auch Robertson, Roman Imperial Coins IV, Taf. 56, 49. 54 Bastien, Monnayage, p. 159 n. 133–p. 160 n. 134 (Abb. s. Taf. XXVII, 133a–b). 55 Dies widerspricht den römischen Gepflogenheiten, da Kulthandlungen für Hercules capite aperto vorgenommen wurden (Macr. Sat. 1, 8, 2). 56 A.D. Nock sieht einen engen Zusammenhang zwischen conservator und comes, zwei Epitheta, die auch in einer Inschrift für Hercules gemeinsam belegt sind (Nock, Divine comes, 102. 105; vgl. CIL VI 305). 57 Z.B. RIC V, 2 p. 358 n. 261 (Abb. s. Schulte, Goldprägung, Taf. 9, 113a). Die Vorder- und Rückseiten dieses Aureus bilden dasselbe Motiv der Köpfe von Postumus und Hercules ab, wobei Hercules als comes auftritt. Für Probus ist ebenfalls das Aversmotiv der Büsten des Kaisers und des Halbgottes belegt (RIC V, 2 p. 45 n. 271; p. 46 n. 282). 58 RIC VI p. 186 n. 276 (Av: die lorbeerbekränzten Panzerbüsten von Maximian und Hercules; Rv: der genius populi Romani). Die zweite Büste auf dem Avers von Robertson, Roman Imperial Coins IV, p. 242 n. 21 wird von A. Robertson als „Diocletian (or Hercules?)“ bezeichnet; die Abbildung dieser AesMünze zeigt jedoch hinter Maximian einen Kopf mit einem so deutlich angegebenen Vollbart, wie er m.W. in keinem Fall auf den Münzporträts für Diocletian belegt ist, sehr wohl allerdings für Hercules

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Kaiser stets im Vordergrund abgebildet, der Gott steht – im wahrsten Sinne des Wortes – hinter ihm, möglicherweise als das bildlich wiedergegebene göttliche numen des Herrschers. Das bei weitem häufigste Motiv auf Maximians Münzen, der stehende, mit seinen Attributen ausgestattete Hercules, weist zahlreiche Parallelen in den Prägungen früherer Kaiser auf. Auf den unterschiedlichen Emissionen Maximians liegen mehrere Varianten des Schemas „stehender Hercules mit Keule, Fell und gegebenenfalls weiteren Gegenständen“ vor. Sehr zahlreich sind Prägungen, die den nach rechts gewandten Helden zeigen, der sich mit der linken Hand auf die Keule, die wiederum auf einem Felsen ruht, stützt, während er die rechte Hand in die Hüfte stemmt59; das Löwenfell ist dabei über den linken Arm oder die Keule drapiert, die Beine nehmen eine nach rechts gerichtete, mehr oder minder ausgreifende Schritthaltung ein60. Auf identische Art und Weise ist der stehende Hercules auf Münzen des Postumus vertreten61; das Motiv findet sich auch bei Gordian III. und Gallienus62 sowie bei den unmittelbaren Vorgängern der Dyarchen, Probus, Carus, Numerian und Carinus63. Ein weiterer Typus des stehenden Hercules zeigt diesen wiederum mit seinen Attributen, jedoch frontal beziehungsweise in Dreiviertelansicht in einer Art Kontrapost-Haltung mit nach rechts oder links zur Seite gewandtem Kopf, sich mit der rechten Hand auf der auf dem Boden aufgesetzten Keule abstützend und mit einem zusätzlichen Attribut wie einem Bogen in der linken Hand64, oder aber die Keule in der Armbeuge haltend, so daß die rechte Hand für einen weiteren Gegenstand wie beispielsweise einen Ölzweig frei wird65. Das Fell kann dabei über den Arm oder auch die Schulter drapiert sein; als zusätzliches Attribut treten gelegentlich die Äpfel der Hesperiden hinzu, die Hercules in der Hand hält66. Sowohl

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(Robertson, Roman Imperial Coins IV, Taf. 55, 21; der vollbärtige Hercules ähnelt den Herculesdarstellungen auf den Münzen des Postumus). Dementsprechend kann davon ausgegangen werden, daß es sich bei dem Porträtkopf im Hintergrund mit höherer Wahrscheinlichkeit um Hercules als um Diocletian handelt. Dieses Motiv könnte in Einzelfällen auch als Hercules Farnese gedeutet werden, zumal oft nicht genau erkennbar ist, ob die Hand tatsächlich in die Seite gestemmt ist, oder nicht vielmehr hinter dem Rücken verschwindet; dementsprechend tritt gelegentlich auch in Corpora die Bezeichnung dieses Münzmotivs als Hercules Farnese auf (z.B. RIC VI p. 639 n. 152). Z.B. RIC V, 2 p. 270 n. 437–440 (Abb. s. Bastien, Lyon Taf. 4, 59 a–e; Taf. 5, 67 a–d). Schulte, Goldprägung, 37–38 (Taf. 3). Ganz ähnlich ist der stehende Hercules auf Aurei des Tetricus I. dargestellt, wobei allerdings keine Schritthaltung vorliegt (z.B. RIC V, 2 p. 405 n. 44; Abb. s. Schulte, Goldprägung, Taf. 24, 31b). Gordian III.: z. B. RIC IV, 3 p. 25 n. 95 (Taf. III, 1); p. 26 n. 108 (Abb. s. Calicó, Aureos, n. 3242). Gallienus: z. B. RIC V, 1 p. 138 n. 91 (Abb. s. Robertson, Roman Imperial Coins IV, Taf. 11, 35–36); p. 190 n. 672 (Abb. s. Stoll, Herakles auf Münzen, 176 Nr. 138). Probus: RIC V, 2 p. 116 n. 901 (Abb. s. Calicó, Aureos, n. 4254–4255); Carus: RIC V, 2 p. 148 n. 117 (Taf. VI, 15); Numerian: RIC V, 2 p. 195 n. 407–408 (Abb. s. Calicó, Aureos, n. 4332–4335); Carinus: RIC V, 2 p. 169 n. 234 (Taf. VII, 8). Z.B. RIC V, 2 p. 271 n. 451 (Abb. s. Robertson, Roman Imperial Coins IV, Taf. 56, 43). Z.B. RIC V, 2 p. 262 n. 356 (Abb. s. Bastien, Lyon, Taf. 5, 75). Alternativ stützt sich Hercules mit der linken Hand auf die Keule und trägt in der rechten ein Attribut wie einen Globus mit einer Victoriola (RIC V, 2 p. 263 n. 364–370). Weitere Variationen können die Blickrichtung und Kopfhaltung des Hercules betreffen. Z.B. RIC VI p. 509 n. 2 (Abb. s. Bastien/Metzger, Beaurains Nr. 30). Die Äpfel als zusätzliches Attribut des Helden sind bereits in der Aureus-Prägung Hadrians belegt (RIC II p. 347 n. 57; Taf. XII, 224).

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für die Haltung als auch die ihm beigegeben Gegenstände finden sich Entsprechungen auf Münzen vorangegangener Kaiser des 3. Jhs.n.Chr.; das Grundschema des Motivs selbst läßt sich auf Münzen jedoch bis in die römische Republik zurückverfolgen67. Wiederum sind die Parallelen bei Postumus besonders deutlich, der den Helden in identischer Pose und mit den oben genannten Attributen (in unterschiedlicher Kombination) auf seine Münzen prägen ließ68. Darüber hinaus ist diese Darstellungsweise des Alkiden auch unter den Antoninen69 und in der severischen Dynastie belegt, wie unter anderem Münzen des Septimius Severus und Caracalla zeigen70. In der Epoche der Soldatenkaiser wurde das Motiv des in der beschriebenen Haltung stehenden Hercules ebenfalls wiederholt in der Münzprägung unterschiedlicher Herrscher thematisiert, wie beispielsweise Prägungen für Gallienus aus den östlichen Provinzen des Reiches und Aurei Aemilians aus Rom belegen71.

67 RRC p. 508 n. 494/38 (Taf. LX). 68 Z.B. RIC V, 2 p. 338 n. 21 (Abb. s. Schulte, Goldprägung, Taf. 1, 3a); RIC V, 2 p. 348 n. 135 (Abb. s. Bastien, Monnayage, p. 160 n. 145); Schulzki, Antoninianprägung, n. 101 (Abb. s. Taf. 12). Auch Victorinus ließ in Gallien ein entsprechendes Motiv auf Aurei prägen (RIC V, 2 p. 388 n. 13; Abb. s. Schulte, Goldprägung, Taf. 19, 31a). 69 Calicó, Aureos, n. 2136 (vgl. RIC III p. 255 n. 510); RIC III p. 255 n. 517–518; p. 256 n. 519 (Calicó, Aureos, n. 2171–2173). 70 Z.B. RIC IV, 1 p. 102 n. 97 (Taf. VI, 1); p. 104 n. 111 (Abb. s. Calicó, Aureos, n. 2461); p. 239 n. 192 (Abb. s. Robertson, Roman Imperial Coins III, Taf. 25, 3). 71 Gallienus: BMC Phrygia p. 128 n. 54 (Abb. s. Stoll, Herakles auf Münzen, 139); Aemilian: RIC IV, 3 p. 194 n. 3a–b (Taf. XV, 7).

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Bibliographie Die Abkürzungen für antike Autoren und ihre Werke sind im wesentlichen dem Indexband des Thesaurus Linguae Latinae (zweite Auflage 1990), dem Liddell/Scott Greek-English Lexicon sowie Band 3 des Neuen Pauly entnommen. Für spätantike und byzantinische Autoren wurde bei Bedarf auf die Abkürzungsliste der Prosopography of the Later Roman Empire und des Patristic Greek Lexicon zurückgegriffen. Die Abkürzungen moderner Reihen und Zeitschriften orientieren sich an den Richtlinien der Année Philologique sowie in Ausnahmefällen des DAI.

I Quellen I.1 Literarische Quellen Agnellus von Ravenna, Liber Pontificalis. Bischofsbuch Bd. 1, ed. C. Nauerth, Fontes Christiani 21/1, Freiburg et al. 1996. Alexander von Tralleis, Original-Text und Übersetzung. Ein Beitrag zur Geschichte der Medicin Bd. 2, ed. T. Puschmann, Wien 1879, ND Amsterdam 1963. S. Ambrosii Opera pars decima. epistularum liber decimus, epistulae extra collectionem, gesta concili Aquileiensis, ed. M. Zelzer, Wien 1982. S. Ambrosii Opera pars VI: exlanatio psalmorum XII, edd. M. Petschenig/M. Zelzer, CSEL 64, Wien 1999. Ambrosius von Mailand, De fide (ad Gratianum) Bd. 1, ed. C. Markschies, Fontes Christiani 47/1, Turnhout 2005. Ammiani Marcellini rerum gestarum libri qui supersunt, 2 Bde., ed. W. Seyfarth, Leipzig 1978. Anthologia Graeca, 3 Bde., ed. H. Beckby, München 21965. Apollodor, Bibliotheke. Götter- und Heldensagen, ed. P. Dräger, Düsseldorf/Zürich 2005. Aristide, Apologie, edd. B. Pouderon/M.-J. Pierre, Sources Chrétiennes 470, Paris 2003. Arnobii adversus nationes libri VII, ed. C. Marchesi, Turin et al. 21953. Asterius of Amasea, Homilies I–XIV. Text, Introduction and Notes, ed. C. Datema, Leiden 1970. Athanase d’Alexandrie, Sur l’incarnation du verbe, ed. C. Kannengiesser, Sources Chrétiennes 199, Paris 1973. Athenagoras, Legatio pro Christianis, ed. M. Marcovich, Patristische Texte und Studien 31, Berlin/ New York 1990. S. Aurelii Augustini Hipponensis episcopi epistulae I, ed. A. Goldbacher, CSEL 34, Prag/Wien/ Leipzig 1895. S. Aurelii Augustini de consensu evangelistarum libri quattuor, ed. F. Weihrich, CSEL 43, Wien/Leipzig 1904. S. Aurelii Augustini enarrationes in psalmos LI–C, edd. D.E. Dekkers/J. Fraipont, CCSL 39, X, 2, Turnhout 1956. S. Aurelii Augustini sermones de vetere testamento, ed. C. Lambot, CCSL 41, XI, 1, Turnhout 1961.

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Bibliographie

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I Quellen

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Eusebii Caesariensis historia ecclesiastica: Rufini continuatio, Corpus Berolinense 9, 2, ed. Th. Mommsen, Berlin 1908. Eusèbe de Césarée, Histoire ecclésiastique livre VIII–X et les martyrs en Palestine, ed. G. Bardy, Paris 1967. Eusebius von Caesarea, De Vita Constantini, ed. H. Schneider, Fontes Christiani 83, Turnhout 2007. Eutropii breviarium ab urbe condita, ed. C. Santini, Leipzig 1979. Excerpta Valesiana, pars prior: origo Constantini imperatoris, edd. J. Moreau/V. Velkov, Leipzig 1968. Sexti Pompei Festi de verborum significatu quae supersunt cum Pauli Epitome, ed. W.M. Lindsay, Leipzig 1913. Firmicus Maternus, L’Erreur des religions paiennes, ed. R. Turcan, Paris 1982. Die Fragmente der griechischen Historiker Bd. 1, ed. F. Jacoby, Berlin 1923. Fabii Planciadis Fulgentii v.c. opera accedunt Fabii Plaudii Gordiani Fulgentii v.c de aetatibus mundi nec hominis et S. Fulgentii episcopi super Thebaiden, edd. R. Helm/J. Préaux, Stuttgart 1898, ND 1970. A. Gellii Noctes Atticae tom. II, ed. P.K. Marshall, Oxford 21990. Georgii Cedreni compendium historiarum, ed. J.-P. Migne, PG 121, Paris 21894. Grammatici Latini VII. Scriptores de orthographia, ed. H. Keil, Leipzig 1880, ND Hildesheim 1961. Grégoire de Nazianze, Discours 4–5 contre Julien, ed. J. Bernardi, Paris 1983. Gregorii episcopi Turonensis historiarum libri decem Bd. 1, ed. R. Buchner, Darmstadt 1959. S. Gregorii Magni registrum epistularum libri I–XIV, 2 Bde., ed. D. Norberg, CCSL 140/140 A, Turnhout 1982. Saint Jérôme, Lettres Bd. 2, ed. J. Labourt, Paris 1951. Saint Jérôme, Lettres Bd. 5, ed. J. Labourt, Paris 1955. S. Hieronymi Presbyteri opera pars I, 1: opera exegetica, edd. P. de Lagarde/G. Morin/M. Adriaen, CCSL 72, Turnhout 1959. S. Hieronymi Presbyteri opera pars III, 3: opera polemica, contra Iohannem, ed. J.-L. Feiertag, CCSL 79 A, Turnhout 1999. Saint Jérôme, Chronique, edd. B. Jeanjean/B. Lançon, Rennes 2004. Homeri Opera tom. I: Iliadis libros I–XII continens, edd. D.B. Monro/T.W. Allen, Oxford 31920, ND 1959. Homeri Opera tom. III: Odysseae libros I–XII continens, ed. T.W. Allen, Oxford 21917, ND 1962. Q. Horati Flacci Opera, ed. D.R. Shackleton Bailey, Stuttgart 1985. Hygini fabulae, ed. P.K. Marshall, Leipzig 1993. Isidori Hispalensis episcopi etymologiarum sive originum libri XX, 2 Bde., ed. W.M. Lindsay, Oxford 1911, ND 1957. Ioannis Chrysostomi opera omnia quae exstant II, 1, ed. J.-P. Migne, PG 49, Paris 1862. Jean Chrysostome, Discours sur Babylas, edd. M.A. Schatkin/C. Blanc/B. Grillet, Sources Chrétiennes 362, Paris 1990. Imp. Caesaris Flavii Claudii Iuliani epistulae leges poematia fragmenta varia, edd. J. Bidez/F. Cumont, Paris 1922. The Works of the Emperor Julian Bde. 1–3, ed. W.C. Wright, Cambridge (Mass.)/London 1913– 1923, ND 1990. Iustini Martyris apologiae pro Christianis, ed. M. Marcovich, Patristische Texte und Studien 38, Berlin/New York 1994. Iustini Martyris dialogus cum Tryphone, ed. M. Marcovich, Patristische Texte und Studien 47, Berlin/New York 1997. L. Caeli Firmiani Lactanti epitome divinarum institutionum, edd. E. Heck/A. Wlosok, Stuttgart/Leipzig 1994.

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C. Plini Caecili Secundi, epistularum libri novem. epistularum ad Traianum liber. Panegyricus, ed. M. Schuster, Leipzig 1958. Plutarque, Vies, Bd. 14: Dion – Brutus, edd. R. Flacelière/É. Chambry, Paris 1978. Procopii Caesariensis opera omnia IV: PERI KTISMATWN libri VI, ed. G. Wirth, Leipzig 1964. Procope de Gaza, Priscien de Cesaree, Panegyriques de l’empereur Anastase Ier, ed. A. Chauvot, Antiquitas Reihe 1, 35, Bonn 1986. Sexti Properti Carmina, ed. E.A. Barber, Oxford 21960. Prudentius, 2 Bde., ed. H.J. Thomson, Cambridge (Mass.)/London 1949–1953, ND 2006. Pseudo-Iustinus, Cohortatio ad Graecos, de Monarchia, oratio ad Graecos, ed. M. Marcovich, Patristische Texte und Studien 32, Berlin/New York 1990. Pseudo-Nonniani in IV orationes Gregorii Nazianzeni commentarii, ed. J. Nimmo Smith, CCSG 27, Corpus Nazianzenum 2, Turnhout 1992. Quinte-Curce, Histoires Bd. 2, ed. H. Bardon, Paris 1948. Res Gestae divi Augusti. Hauts faits du divin Auguste, ed. J. Scheid, Paris 2007. Rutilius Claudius Namatianus, De reditu suo sive iter Gallicum I, ed. E. Doblhofer, Heidelberg 1972. Scriptores Historiae Augustae, 2 Bde., edd. E. Hohl/C. Samberger/W. Seyfarth, Leipzig 21965. Sénèque, Dialogues Bd. 4, ed. R. Waltz, Paris 1959. Sénèque, Des bienfaits Bd. 1, ed. F. Préchac, Paris 1961. Sénèque, Trágedies Bd. 1, ed. L. Herrmann, Paris 41968. Servii Grammatici qui feruntur in Vergilii carmina commentarii, 2 Bde., edd. G. Thilo/H. Hagen, Leipzig 1881–1884. Sidonius Apollinaris, Poems and Letters, 2 Bde., ed. W.B. Anderson, Cambridge (Mass.) 1956/1965. Sili Italici Punica, ed. J. Delz, Stuttgart 1987. Sokrates, Kirchengeschichte, ed. G.C. Hansen, Berlin 1995. Sophocles, Antigone. The Women of Trachis. Philoctetes. Oedipus at Colonus, ed. H. Lloyd-Jones, Cambridge (Mass.)/London 1994, ND 1998. Sozomenos, Historia ecclesiastica. Kirchengeschichte. Zweiter Teilband, ed. G.C. Hansen, Fontes Christiani 73/2, Turnhout 2004. Sozomenos, Historia ecclesiastica. Kirchengeschichte. Dritter Teilband, ed. G.C. Hansen, Fontes Christiani 73/3, Turnhout 2004. C. Suetonius Tranquillus, Opera vol. I: de vita Caesarum libri VIII, ed. M. Ihm, Leipzig 1933, ND München/Leipzig 2003. Sulpice Sévère, Vie de Saint Martin Bd. 1, ed. J. Fontaine, Sources Chrétiennes 133, Paris 1976. Symmaque, Lettres Bd. 1, ed. J. P. Callu, Paris 1972. Synésios de Cyrène Bd. 6: Opuscules 3, edd. J. Lamoureux/N. Aujoulat, Paris 2008. P. Corneli Taciti libri qui supersunt, tom. I: ab excessu divi Augusti, ed. E. Koestermann, Leipzig 1960. P. Cornelii Taciti libri qui supersunt, tom. II fasc. 2: de origine et situ Germanorum liber, ed. A. Önnerfors, Stuttgart 1983. Tatianos, Oratio ad Graecos. Rede an die Griechen, ed. J. Trelenberg, Tübingen 2012. Quinti Septimi Florentis Tertulliani Opera, pars I: Opera cattolica. adversus Marcionem, edd. E. Dekkers et al., CCSL 1, Turnhout 1954. Quinti Septimi Florentis Tertulliani Opera, pars II: Opera Montanistica, edd. A. Gerlo et al., CCSL 2, Turnhout 1954. Themistii orationes quae supersunt II, edd. G. Downey/A.F. Norman, Leipzig 1971. Theodoreti Graecarum affectionum curatio, ed. J. Raeder, Leipzig 1904. Theodoret, Kirchengeschichte, edd. L. Parmentier/F. Scheidweiler, Berlin 21954. Theokrit, Gedichte, ed. B. Effe, Darmstadt 1999.

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I.2 Inschriften AE L’Année epigraphique, ed. R. Cagnat et al., Paris 1888–. CIG Corpus Inscriptionum Graecarum vol. 4, edd. E. Curtius/A. Kirchhoff, Berlin 1877. CIL II Corpus Inscriptionum Latinarum II, ed. E. Hübner, Berlin 1869. CIL III Corpus Inscriptionum Latinarum III, ed. Th. Mommsen, Berlin 1873. CIL VI Corpus Inscriptionum Latinarum VI, 1, edd. E. Bormann/W. Henzen, Berlin 1876. Corpus Inscriptionum Latinarum VI, 4, 1, ed. C. Hülsen, Berlin 1894. Corpus Inscriptionum Latinarum VI, 4, 2, ed. C. Hülsen, Berlin 1902. Corpus Inscriptionum Latinarum VI, 8, 3, ed. G. Alföldy, Berlin/New York 2000. CIL VII Corpus Inscriptionum Latinarum VII, ed. E. Hübner, Berlin 1873. CIL VIII Corpus Inscriptionum Latinarum VIII, 1, ed. G. Wilmanns, Berlin 1881. Corpus Inscriptionum Latinarum VIII, 2, ed. G. Wilmanns, Berlin 1881. CIL VIII S. 2 Corpus Inscriptionum Latinarum VIII Supplementum pars II, edd. R. Cagnat/J. Schmidt, Berlin 1894. CIL X Corpus Inscriptionum Latinarum X, 1, ed. Th. Mommsen, Berlin 1883. CIL XI Corpus Inscriptionum Latinarum XI, ed. E. Bormann, Berlin 1888. CIL XII Corpus Inscriptionum Latinarum XII, ed. O. Hirschfeld, Berlin 1888. CIL XIII Corpus Inscriptionum Latinarum XIII, 2, 2, ed. A. von Domaszewski, Berlin 1907. CIL XIV Corpus Inscriptionum Latinarum XIV, ed. H. Dessau, Berlin 1887. CIL XIV S. Corpus Inscriptionum Latinarum XIV. Supplementum Ostiense, ed. L. Wickert, Berlin 1930.

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Index Locorum

1 Literarische Quellen Agnellus von Ravenna lib. pont. 23: 85 76: 85 Alexander von Tralleis 8, 2: 300 Ambrosius epist. extra coll. 2, 1: 306 10, 1: 304 10, 1–4: 304 10, 6: 303. 305 10, 6–7: 304 10, 11: 304 10, 12: 305 fid. 1, 6, 46: 138 in psalm. 36, 25, 2: 306 obit. Theod. 51: 235 53: 306 Ammiamus Marcellinus 14, 6, 1: 20 15, 10, 9: 89. 155. 193 19, 12, 14: 300 22, 3, 2: 317 22, 8, 5: 89. 155 22, 10, 7: 287 22, 12, 4: 232 25, 4, 20: 287 25, 6, 2: 317 27, 10, 10: 317 28, 4, 14: 20 29, 5, 22: 137 Anthologia Graeca 2, 136–143: 76 Anthologia Palatina 7, 697: 89. 155 9, 441: 276

Apollodor 2, 71: 62 2, 131: 124 2, 131–133: 121 2, 162: 295 Aristides apol. 9, 8: 116 10–11: 116 11, 9: 116 Arnobius nat. 1, 39, 1: 259 4, 26: 118. 120 4, 35: 80. 112f. Asterios von Amasea hom. 10, 9, 2: 279 Athanasios inc. 49, 3: 113 Athenagoras leg. 29, 1: 116 30, 1: 114 Augustinus civ. 4, 1: 263 5, 26: 242. 316 19, 12: 115. 295 conf. 1, 20: 30 cons. evang. 1, 27: 263 epist. 17, 2: 295 50: 272–274 91, 3: 259 234, 1: 9 in psalm. 98, 2: 283 serm. 24, 2: 273 24, 3: 274 24, 6: 267. 274

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Index Locorum

24, 7: 274 273, 6: 114

Caelius Aurelianus chron. 4, 9, 131–7: 126

Aurelius Victor Caes. 39, 18: 179. 317 39, 18–19: 181 39, 21: 181 39, 33: 181 39, 46: 181 39, 48: 181. 209 40, 5: 181 40, 21: 181

Cassiodor gramm. 1: 152 4: 152 in psalm. praef. Z. 19: 154 var. 1, 6, 1–2: 84 1, 6, 2: 84 3, 31, 4: 261 4, 51, 9: 81 Cassius Dio 59, 26, 6–7: 157 73, 15, 2–3: 168 73, 15, 5: 168 73, 15, 6: 158 73, 20, 3: 157

Ausonius ecl. 17, 1: 130 17, 3: 130 17, 4: 130 17, 5: 130 17, 7–9: 130 17, 12: 130 epigr. 32: 43

Cassius Felix 57: 312

Basilios von Caesarea ad iuv. 4: 10 5: 148 Beda hist. eccl. 1, 30: 279 Boëthius cons. 2, 6, 9–10: 137 2, 6, 10: 137 2, 6, 11: 137 3, 12, 24: 137 4, 6, 3: 137f. cons. 3, carm. 12: 137 cons. 4, carm. 3: 137 cons. 4, carm. 7, 1–12: 137 cons. 4, carm. 7, 13: 137 cons. 4, carm. 7, 25: 138 cons. 4, carm. 7, 29–31: 136f. cons. 4, carm. 7, 32–33: 324 cons. 4, carm. 7, 32–35: 137 in Porph. comm. pr. 1, 8 p. 20, 3: 153 1, 16, p. 44, 6: 153

Cicero Cael. 76: 152 leg. 1, 12: 152 2, 19: 127 Marcell. 8: 107 nat. deor. 2, 62: 127 3, 16: 146f. off. 1, 118: 148. 150 Claudian 3, 79: 244 3, 89: 245 3, 92–93: 244 3, 109–110: 244 3, 251–256: 244 3, 254–255: 244 3, 273–274: 244 3, 283–284: 245 3, 285–296: 244 3, 294–296: 245 7, 159–162: 245 8, 18–20: 239 8, 37–38: 242 8, 128–129: 242 8, 132–137: 242 8, 521–524: 243 8, 527–529: 243

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Index Locorum 8, 532–533: 243 8, 533–536: 243 8, 535–536: 243 11, 5: 243 11, 34–39: 243 15, 294–297: 318 15, 415–416: 318 15, 418–419: 318 18, 157–162: 245 18, 167–170: 245 18, 320–337: 245 21, 142–143: 244 26, 61–76: 245 26, 374–375: 246 26, 375–378: 246 26, 432–434: 245 26, 438–446: 246 26, 447–449: 246 carm. min. 30, 12–14: 246 30, 33: 246 30, 166–170: 246 30, 171–176: 246 30, 177–180: 246 carm. min. app. 2, 10–11: 131 2, 15: 131 2, 21–59: 131 2, 24–25: 131 2, 26: 132 2, 30–35: 131 2, 36–42: 131 2, 41–42: 131 2, 45: 131 2, 46–52: 131 2, 49: 131 2, 51: 131 2, 54–55: 131 2, 56: 132 2, 60–64: 131 2, 65–74: 131 2, 66: 131 2, 75–79: 132 2, 75–83: 131 2, 75–102: 131 2, 76: 132 2, 84–86: 132 2, 87–89: 132 2, 92–96: 131 2, 103–111: 131 2, 103–117: 131

2, 118–137: 131 2, 120–132: 131 2, 128–132: 131 rapt. Pros. 2 praef. 9–16: 147 29–48: 247 44: 247 45–46: 247 45–48: 247 49: 247 49–52: 247 Clemens von Alexandria protr. 2, 28: 117. 120 2, 30: 126 2, 32–33: 112 4, 56, 3–6: 258 4, 60, 1–2: 43 4, 61, 1–3: 43 7, 5: 116 strom. 7, 4, 26: 301 Codex Theodosianus 7, 21, 2: 9 8, 5, 46: 266 16, 1, 2: 304 16, 2, 18: 9 16, 5, 46: 9 16, 5, 63: 282 16, 10, 3: 261. 314 16, 10, 6: 258 16, 10, 8: 258. 314 16, 10, 10–12: 263. 304 16, 10, 12: 263 16, 10, 13: 262 16, 10, 14: 267 16, 10, 15: 258. 261. 314 16, 10, 16: 261f. 272 16, 10, 17: 279 16, 10, 18: 258. 262. 272 16, 10, 19: 260–262 16, 10, 20: 277 16, 10, 23: 262 16, 10, 25: 261f. Commodian inst. 1, 5–6: 115 1, 10–12: 115 1, 15: 115

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Index Locorum

Corippus Iust. 1, 314–333: 79 1, 345–348: 79 Curtius Rufus 10, 1, 17: 239 Cyprian idol. 1: 127 2: 127 7: 258

Romul. 4, 1–2: 133 4, 9–10: 133 4, 11–12: 133 4, 18–19: 133 4, 20–24: 133 4, 25: 133 4, 36–37: 133 4, 40–47: 133

Euripides Alc. 843–849: 91 1140–1142: 91 Bacch. 1147: 234

Deuteronomium 7, 25: 259 22, 5: 126

Eusebius HE 9, 9a, 1: 181 l. C. 7, 4: 119 Pr. Ev. 4, 16, 18: 129 10, 9, 9: 147 v. C. 1, 28–31: 321 1, 37: 321 1, 41, 2: 235 3, 55, 2: 261 3, 57, 3: 259

Diodor 4, 10, 1: 145 4, 31, 3–6: 124 4, 31, 5–8: 121 Diogenes Laertios 6, 50: 301 Dion Chrysostomos 1, 66–84: 149 1, 74–75: 149 1, 82: 149 1, 84: 141. 149

Eutrop 8, 5, 3: 239 9, 27: 181 9, 27, 2: 209

Donatus vita Verg. 46: 154

Exodus 20, 2–4: 259 34, 13: 259

Dracontius laud. dei 1, 69–75: 135 1, 73: 136 3, 210–211: 135 3, 211–212: 135 3, 213: 135 3, 214: 135 Romul. 2, 3: 134 2, 53–70: 134 2, 90–93: 134 2, 95: 134 2, 97–99: 134 2, 141–142: 134 2, 157–158: 134 2, 162–163: 134

Ezechiel 16, 4: 151

Festus p. 56 (Lindsay): 266 Firmicus Maternus err. 6, 7: 126 7, 6: 126 12, 2: 120 12, 4: 116 12, 5: 116 12, 8: 126

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Index Locorum 12, 9: 81 28, 5: 259 Fragmente der Griechischen Historiker I 3 F 14: 35

Homer Il. 5, 392–404: 118 5, 403: 117 Od. 11, 601–604: 127 21, 28–29: 116

Fulgentius myth. 1, 22: 151 2, 2: 151 2, 3: 115 2, 4: 151

Horaz carm. 3, 14, 21: 125

Gellius 12, 13, 19: 152

Isidor von Sevilla orig. 3, 71, 22: 155f. 3, 71, 27: 155 3, 71, 37: 155 9, 2, 64: 155 10, 44: 154 14, 4, 11: 155 14, 6, 39: 155 15, 1, 51: 155 17, 11, 1: 155

Hyginus fab. praef. 4: 245

Georgios Kedrenos PG 121 Sp. 617: 315 Gregor der Große epist. 4, 29: 263 5, 38: 263 8, 4: 263 9, 209: 263 11, 56: 258 Gregor von Nazianz or. 4, 1: 140 4, 5: 10 4, 77: 118f. 124. 232 4, 103: 119 4, 121: 119 4, 122: 118f. 124. 232 Gregor von Tours Franc. 2, 9: 319

Hieronymus chron. 372: 160 epist. 21, 13: 153 43, 2: 81 98, 9: 138 107, 1: 12 107, 1–2: 268 107, 2: 258 107, 4: 12 quaest. hebr. in gen. Z. 9: 154

Johannes Chrysostomos catech. 2, 5: 297 pan. Bab. 13: 11 Johannes-Evangelium 6, 19: 141 7, 35: 9 Julian ad Them. 253 C: 231 253–254 C: 231 264 A: 141 epist. 61: 10 mis. 366 C: 81 or. 1, 7 A: 184 or. 2, 56 D: 148 2, 82 A–B: 141 or. 5, 167 A: 141 or. 6, 187 C: 141 6, 187 C–D: 141 6, 188 A: 141 or. 7, 204 B: 81 7, 207 B: 254 7, 219 B: 141

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Index Locorum

7, 219 B–C: 141 7, 219 D: 141 7, 219 D–220 A: 141 7, 220 A: 141 Justin apol. 1, 21, 2: 126 2, 11, 3: 150 2, 11, 3–5: 148 2, 12, 5: 116. 120 dial. 69, 1: 142. 148 69, 3: 142. 148

1. Korintherbrief 6, 9: 126

Lactanz epit. 7, 3: 116f. 7, 4: 115. 125 7, 5: 127 18, 9: 124 59, 5: 127 inst. 1, 5, 1: 109 1, 5, 1–2: 109 1, 8, 3–4: 127 1, 9, 1: 116f. 1, 9, 2: 113 1, 9, 3–4: 107 1, 9, 4: 113 1, 9, 7: 124 1, 9, 11: 127 1, 15, 5: 127 1, 15, 23: 127 1, 15, 26: 127 1, 18, 3: 114 1, 18, 4: 114 1, 18, 5: 114 1, 18, 6: 113 1, 18, 8: 114 1, 18, 12–17: 113 1, 21, 8: 129. 146 1, 21, 32–35: 124. 232 3, 18, 6–7: 127 5, 4, 4–6: 109 5, 10, 16: 81. 115 mort. pers. 8, 1: 184 9, 9: 226

15, 6–7: 185 26, 7: 209 52, 3: 180 Libanios epist. 1261, 4: 20 Narr. 1, 1: 81 or. 11, 125: 261 or. 12, 28: 149 or. 15, 36: 232 or. 17, 12: 153 or. 18, 32: 232 18, 186: 232 or. 30, 8–12: 259 30, 21: 259 30, 22: 261 or. 61, 5: 181 or. 64, 67: 81 64, 112: 80 or. 67, 70: 81 Livius 1, 7, 4–15: 187 1, 7, 10–15: 187 Lukian Salt. 41: 35. 82 Lukrez 5, 22–54: 114

Macrobius Sat. 1, 1, 4: 144 1, 1, 5: 144 1, 7, 27: 146 1, 7, 28: 146 1, 7, 31: 146 1, 8, 2: 147. 170. 232 1, 10, 12–13: 295 1, 11, 1: 143 1, 11, 47: 146. 295 1, 11, 48: 146 1, 12, 28: 295 1, 17, 1: 143 1, 17, 4: 145 1, 20, 6: 146 1, 20, 7: 147 1, 20, 10: 145

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Index Locorum 1, 24, 9: 153 2, 7, 16–17: 80 3, 1, 3: 295 3, 6, 10: 268 3, 6, 10–17: 295 3, 6, 11: 187. 269 3, 6, 11–12: 147 3, 6, 12: 147 3, 6, 12–16: 269 3, 11, 10: 277 3, 12, 1–4: 146 3, 12, 2: 169 3, 12, 5: 146 3, 12, 6: 146 3, 15, 7: 153 3, 17, 8: 153 5, 3, 16: 154 5, 21, 16–17: 119 5, 21, 16–21: 155 Malalas 1, 14: 118. 155 1, 15: 152 2, 8: 152 6, 16: 88. 155 6, 18: 155 8, 19: 155 18, 14: 155

Maximus von Turin serm. 48, 4: 273 Menander Rhetor 2, 368: 241 2, 370: 241 2, 389: 189 2, 421: 236 2, 422: 241 Methodius res. 1, 56, 5: 235 Minucius Felix 2, 3: 314 22, 7: 126 23, 1: 22. 102 23, 5: 115. 126 24, 7: 259 24, 9: 259 27, 1–3: 258

Nikephoros Kallistos HE 12, 39: 315 Niketas Choniates de sig. 5: 79

Marcus Diaconus v. Porph. 76: 260

Nonnos Dion. 25, 174–252: 28 40, 369–410: 146

Marius Victorinus homous. 1: 7 Markus-Evangelium 6, 48–49: 141 7, 26: 9

Notitia dignitatum occ. 5, 3: 320 5, 145–146: 317 7, 3–4: 317 or. 5, 3–4: 320 5, 43–44: 318

Martianus Capella 3, 301: 106 6, 642: 155 6, 645: 155 6, 676: 155

Notitia regionum V: 269 XI: 269 XIV: 269

Matthäus-Evangelium 14, 25–26: 141

Novellae Maioriani 4, 1–2: 261

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Index Locorum

Novellae Theodosii 3, 8: 282

15, 1–16, 2: 198 21, 5: 170 31, 3–7: 198

Origenes c. Cels. 3, 22: 123 3, 23: 124 7, 53: 124 7, 54: 124

Panegyricus VII (6) 2, 5: 195 8, 2: 195 8, 3–5: 195 11, 2: 195

Origo Constantini 2, 2: 181 3, 5: 181 3, 6: 181 4, 10: 181

Panegyricus IX (4) 7, 2: 196 7, 3: 197. 247 8, 1: 196f. 8, 2: 19. 197 8, 3: 197 10, 2: 197 16, 2: 197 18, 5: 197 21, 2: 197

Orosius hist. 7, 12, 3: 128 7, 34, 2: 239 7, 35, 21: 242 Ovid epist. 9, 53–118: 121 9, 69–72: 122 9, 84–102: 122 9, 107–108: 125 9, 114: 125 fast. 2, 303–358: 121 6, 209–210: 78

Palladius Dial. 16, 102: 279 Panegyricus II (12) 4, 5: 239. 242 6, 1–2: 240 7, 1: 240 8, 3: 240 16, 4: 153 44, 5: 240 Panegyricus IV (10) 16, 6: 197 36, 2: 189 Panegyricus VI (7) 10, 2: 197 11, 5: 197

Panegyricus X (2) 1, 2: 187 1, 3: 180. 187. 189 1, 3–5: 191 1, 5: 187 2, 1: 187 2, 3: 189 4, 1: 184 4, 2: 183 4, 2–3: 188 7, 6: 189 9, 3: 191 9, 3–4: 179 9, 3–5: 184 9, 4: 189 9, 5: 185. 189 10, 1: 191 10, 2: 189 10, 2–3: 189 11, 1: 191 11, 6: 173. 183f. 189. 190 12, 1: 187. 218 13, 2: 191 13, 3: 179. 190 13, 4: 190 13, 5: 187. 269

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Index Locorum Panegyricus XI (3) 1, 1: 191 2, 4: 180f. 192 3, 2–3: 181 3, 3: 192 3, 4: 188 3, 4–5: 192 3, 6: 192 3, 7–8 : 193 3, 9: 193 4, 2: 193 4, 3: 193 6–8: 191 6, 3: 191 6, 4: 181 6, 5: 181 7, 4–6: 184 9, 4: 193 10, 5: 193 11, 1–3: 193 14, 1: 194 14, 2: 194 14, 3: 194 14, 4: 184. 194 16, 2: 194

Philostratos Ap. 6, 10, 5: 148 Pindar I. 4, 11–12: 239 O. 3, 44: 239 Plautus Amph. 397: 152 Plinius epist. 2, 17, 11: 312 7, 6, 11: 152 10, 97: 128 paneg. 14, 5: 239 Plutarch Brut. 23, 2–3: 103 Prokop aed. 4, 4: 225 Prokop von Gaza Pan. 2: 253 Properz 4, 9, 7: 115 4, 9, 9–10: 115 4, 9, 49: 123

Panegyricus XII (9) 3, 4–4, 4: 198 14, 2–18, 3: 198 16, 4: 153. 198 Papinian dig. 48, 5, 6, 1: 117 Paulinus von Mailand vita Ambr. 26: 304f. 307 30: 305 31: 304. 306f. Petronius 52, 1–3: 48 Petrus Chrysologus serm. 155, 1: 279 Philostorg 1, 6b: 317 11, 2: 303f.

Prudentius c. Symm. 1, 118–119: 120 1, 120–121: 269 1, 139: 125 1, 226–227: 272 1, 236–237: 272 1, 501–505: 257 ham. 282–295: 126 perist. 2, 481–84: 257 10, 146–265: 125 10, 239: 125 10, 240: 125 10, 267–270: 258 10, 271: 258 10, 272–290: 258 10, 281–290: 258 10, 283–285: 258 10, 296–300: 259 14, 67–78: 126

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Index Locorum

Psalmen 115, 4–7: 273 115, 8: 273

Tac. 17, 2: 267 trig. tyr. 3, 6: 221 Seneca benef. 1, 13, 3: 173 dial. 2, 2, 2: 148 2, 2, 2–3: 114 Med. 643: 138 650: 138 653: 138

Ps.-Aurelius Victor epit. 39, 6: 181 40, 16: 225 40, 17: 182. 226 48, 1: 239 Orig. 6–8: 269 Ps.-Justin or. 3, 1: 118 3, 1–3: 123 3, 3: 123. 126 Ps.-Nonnos 4, 39: 118 4, 41: 119 4, 42: 118 4, 51: 118 4, 76: 118 4, 91: 118 5, 1: 155 5, 35: 155

Res Gestae divi Augusti 13: 174 34, 3: 184 1. Römerbrief 23–25: 259 Rufinus hist. 11, 31: 303 11, 33: 307 Rutilius Namatianus 1, 50: 268 1, 76: 140 1, 95–96: 268 2, 52: 321

Scriptores Historiae Augustae Alex. 29, 2: 13 Aur. 25, 4–6: 176 Carac. 9, 4: 312 Comm. 16, 5: 267. 278

Servius Aen. 1, 8: 268 6, 123: 140 6, 395: 140 8, 179: 269 8, 271: 269 8, 363: 187. 269 9, 406: 269 Sidonius Apollinaris carm. 2, 487–488: 251 2, 497–499: 251 2, 501: 252 5, 153–154: 251 7, 29: 249 7, 167–168: 249 7, 171–173: 249 7, 174–177: 249 7, 177–186: 249 7, 581–583: 250 10, 15: 251 13, 1–2: 250 13, 13–14: 250 13, 15–16: 251 13, 16–18: 251 13, 32–34: 250 14, 16–20: 251 15, 135–143: 251 15, 136–139: 249 16, 1–5: 249 epist. 1, 2, 6: 47 1, 5, 10: 252 2, 2, 4: 312 4, 11, 1: 15 4, 11, 6: 16 8, 2, 2: 20

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Index Locorum Silius Italicus 2, 482: 173 Sokrates 2, 42, 4: 264 5, 16: 260 5, 25, 1: 303 Sophokles Trach. 248–257: 121 270–273: 112 459–467: 112 Sozomenos 4, 24, 10: 264 6, 6, 4: 317 7, 22, 4: 304 7, 22, 5: 307 Sueton Nero 21, 3: 128 53: 128. 157. 298 Sulpicius Severus Mart. 13, 9: 257 Symmachus epist. 6, 64, 3: 248 Synesios von Kyrene Katast. 2, 5, 1: 16

Tacitus ann. 11, 11, 3: 128 15, 29, 2: 319 15, 44, 2–5: 128 Germ. 3, 1: 162 Tatian orat. 21, 3: 118. 126 41, 2: 147 Tertullian apol. 15, 3: 381 16, 8: 320 coron. 11, 5: 8 idol. 16, 2: 126 20, 1: 153

20, 5: 153 nat. 1, 12, 14–15: 320 2, 14, 1–5: 122 2, 14, 7: 117. 120. 123 2, 14, 8: 115 pall. 4, 2: 121 4, 3: 121–123 4, 4–5: 121 test. anim. 1, 4: 109 Themistios or. 13, 169 A: 233 13, 169 B: 233 13, 169 C: 233 13, 169 D: 233 16, 205 A: 239 19, 229 C: 239 20, 240 A: 150. 236 20, 240 B: 236 22, 266 C–D: 149 22, 279 D: 150 22, 280 A–282 B: 150 22, 280 C–D: 150 22, 282 A: 150 34, 1: 234 34, 23: 236 34, 28: 235 Theodoret gr. aff. cur. 2, 47: 147 3, 79–84: 43 6, 20: 301 8, 12: 119 8, 16: 119 8, 16–17: 119 hist. eccl. 5, 22: 260 5, 24, 4: 315 5, 24, 17: 315. 320 Theokrit Ep. 13, 1–6: 120 13, 71: 120 13, 73: 120 Theophilos von Antiochia Autol. 1, 9: 126 Tragicorum Graecorum Fragmenta 272b: 29

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Index Locorum

Ulpian dig. 3, 1, 1, 6: 117 23, 2, 43, 1: 117

2 Inschriften

Vegetius mil. 1, 17: 317 mulom. 2, 6, 3: 312 Vergil Aen. 4, 1–5: 30 4, 54–55: 30 4, 101: 30 4, 223–237: 30 4, 265–276: 30 4, 382–387: 30 4, 474–499: 30 4, 642–665: 30 6, 830: 193 6, 851–853: 174 7, 655–664: 295 8, 184–272: 187 8, 184–305: 78 8, 201: 207 8, 201–204: 187 ecl. 3, 3: 125 3, 60: 194 Vitruv 1, 7: 78

Xenophon Mem. 2, 1, 21–34: 147 2, 1, 23–33: 149 2, 1, 28: 148 2, 1, 33: 148

Zosimos 2, 42, 2: 317 3, 30, 2: 317f. 4, 54, 1: 303

AE 1889, 159: 282 1903, 357: 180 1904, 5: 228 1907, 237: 312 1918, 98: 312 1921, 30: 312 1934, 133: 312 1940, 182: 182 1948, 126: 281. 310 1948, 127: 308. 310. 313f. 1950, 127: 312 1953, 271 = 1990, 738: 308 1964, 226: 316 1969/70, 108: 265 1969/70, 116: 265 1977, 539: 163 1977, 540: 163 1977, 702: 163 1977, 704: 163 1980, 649: 271 1983, 194: 265 1990, 740: 161. 163 1992, 1251: 271 1994, 1282: 163 1994, 1284: 163 1995, 1290: 163 1996, 161: 281 1996, 686 a–b: 88 1999, 1530: 235 1999, 1648: 281 2002, 1047: 162 2002, 1382: 235 2002, 1501: 157 2004, 1892: 157 CIG 8627: 235 CIL II 1669: 173 1670: 173 1671: 173 CIL III 19 = 6587: 309 22: 187

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Index Locorum 710: 182 3231: 180 4413: 180 7342: 312

CIL X 1125: 1693: 4492: 7112:

CIL VI 254: 180 255: 180. 228 256: 228 266: 281 305: 207. 332 311: 267 313: 268 314: 268 315: 268 316: 268 317: 268 323: 281 338: 271 339: 271 526: 87 937: 262 1130: 184 1710: 243 1778: 266 1779: 143. 264. 266 2086: 311 30463: 8 30893: 265f. 30895: 282 30897: 281 31162: 163 CIL VII 1090: 163 CIL VIII 27: 308 262 = 11430: 272 450: 13 2346: 205 4645: 312 10516: 13 10607 = 14700: 312 20963: 276 21613: 173

265f. 308 309 8

CIL XI 6308: 83. 175 CIL XII 2229: 228 CIL XIII 8010: 163 8262: 308 8705: 162. 166 8771: 162. 166 8777: 162 CIL XIV 137: 311f. 2101: 312 CIL XIV S. 4718: 313 4721: 276 CIL XV 1665, 3–4: 77 1669, 7: 77 ICVR I 410: 309 411: 309 414: 309 415: 309 416: 309 IG V, 2 91: 87 IG XII, 8 356 : 83 ILCV 1342: 8 1549: 8

CIL VIII S. 2 18230: 207

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400 ILS 583: 83. 175 617: 187 621: 180 622: 180 623: 180 629: 182 632: 205 634: 180 646: 184 659: 180 787: 309 790: 308 791: 308 1264: 264 1273: 309 3426: 266 5694: 311 5710: 312 Inscr. It. XIII, 2 p. 241: 278 p. 249: 278 p. 265: 278 p. 269: 278 RIB 2140: 163

Index Locorum

3 Münzen RIC II p. 223 n. 8: 174 p. 294 n. 702: 331 p. 347 n. 55: 330 p. 347 n. 57: 164. 333 p. 355 n. 125: 166f. p. 369 n. 256: 174 p. 421 n. 626: 331 RIC III p. 35 n. 76: 174 p. 44 n. 145: 330 p. 255 n. 510: 334 p. 255 n. 517–518: 334 p. 256 n. 519: 334 p. 395 n. 250–254: 168 p. 395 n. 251: 208 p. 395 n. 253: 159. 208 p. 396 n. 254b: 204 p. 396 n. 254d: 204 p. 438 n. 634: 170 RIC IV, 1 p. 102 n. 97: 334 p. 104 n. 111: 334 p. 136 n. 350a: 174 p. 223 n. 74a: 331 p. 224 n. 74b: 331 p. 224 n. 76: 331 p. 235 n. 163: 173 p. 239 n. 192: 334 RIC IV, 3 p. 25 n. 95: 333 p. 26 n. 108: 333 p. 194 n. 3a–b: 175. 334 p. 197 n. 26: 175 p. 200 n. 44: 175 RIC V, 1 p. 41 n. 35: 176 p. 80 n. 137: 176 p. 104 n. 454: 160 p. 130 n. 2: 174 p. 130 n. 5–6: 160 p. 131 n. 16: 160 p. 138 n. 91: 333

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Index Locorum p. 148 n. 201: 160. 204 p. 148 n. 202: 160. 204 p. 152 n. 243: 174 p. 164 n. 381: 174 p. 214 n. 37–38: 176 p. 265 n. 6–7: 176 p. 268 n. 28: 176 p. 270 n. 44: 175 p. 272 n. 62–65: 175 p. 274 n. 77–78: 175 p. 300 n. 316–317: 176 p. 301 n. 319–322: 176 p. 305 n. 353: 175 p. 306 n. 367: 176 p. 335 n. 86–87: 176 RIC V, 2 p. 20 n. 4: 168 p. 22 n. 21–22: 175 p. 23 n. 27–29: 176 p. 24 n. 44–45: 175 p. 27 n. 78–81: 176 p. 39 n. 200–208: 175 p. 45 n. 264: 208 p. 45 n. 271: 332 p. 46 n. 282: 171. 332 p. 55 n. 349–354: 175 p. 58 n. 374–380: 173 p. 61 n. 404–405: 176 p. 79 n. 585: 326 p. 79 n. 585–588: 168 p. 79 n. 588: 328 p. 101 n. 773–778: 175 p. 116 n. 901: 333 p. 143 n. 70–71a: 176 p. 148 n. 117: 333 p. 162 n. 193: 331 p. 167 n. 225: 332 p. 168 n. 228: 176 p. 169 n. 234: 333 p. 177 n. 317: 331 p. 195 n. 407–408: 333 p. 201 n. 462: 331 p. 223 n. 21–22: 213 p. 229 n. 93–95: 331 p. 230 n. 100: 213 p. 233 n. 131–133: 206 p. 234 n. 144: 188 p. 239 n. 186: 55

p. 242 n. 208: 176 p. 242 n. 212: 205 p. 242 n. 212–217: 206 p. 246 n. 259–260: 211 p. 247 n. 261–265: 206. 211 p. 248 n. 267–274: 206 p. 248 n. 275: 55. 332 p. 254 n. 312: 207 p. 256 n. 323: 212. 331 p. 258 n. 334: 208 p. 260 n. 340: 208 p. 260 n. 340–341: 208 p. 260 n. 343: 208 p. 262 n. 351: 207f. p. 262 n. 356: 333 p. 262 n. 363–p. 263 n. 370: 190 p. 263 n. 364–370: 203. 333 p. 263 n. 371–p. 264 n. 380: 190. 316 p. 264 n. 373–380: 173. 203 p. 267 n. 399: 204. 208 p. 270 n. 432: 203. 205 p. 270 n. 432–436: 200 p. 270 n. 437–440: 333 p. 271 n. 444–445: 200 p. 271 n. 450: 201. 203. 329 p. 271 n. 451: 333 p. 272 n. 454–459: 200. 325 p. 272 n. 458: 219 p. 273 n. 460–462: 55. 325 p. 275 n. 489: 203 p. 276 n. 491–496: 206 p. 276 n. 494: 208 p. 276 n. 497: 208 p. 277 n. 500: 325 p. 277 n. 502: 316 p. 277 n. 503: 204 p. 278 n. 511–512: 203 p. 280 n. 530: 200 p. 281 n. 536: 203 p. 282 n. 543: 204 p. 283 n. 544–551: 204 p. 285 n. 565–567: 203 p. 285 n. 568–569: 200. 202. 327 p. 285 n. 569: 327 p. 287 n. 577–580: 201. 206. 211. 332 p. 288 n. 581–582: 201. 206. 211. 332 p. 288 n. 584: 205 p. 289 n. 590: 203 p. 291 n. 605: 203

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Index Locorum

p. 293 n. 622: 205 p. 294 n. 624: 205 p. 301 n. 670: 212 p. 302 n. 673–674: 205 p. 309 n. 719: 205 p. 338 n. 17: 172 p. 338 n. 20–21: 164 p. 338 n. 20–22: 160 p. 338 n. 21: 160. 334 p. 338 n. 22: 164 p. 338 n. 23–24: 172. 220. 326 p. 338 n. 25: 165. 172 p. 339 n. 30: 169 p. 339 n. 34: 165 p. 340 n. 38: 173 p. 340 n. 41: 165 p. 340 n. 44: 164 p. 340 n. 45: 171 p. 341 n. 56: 165 p. 342 n. 59: 164. 176 p. 342 n. 64: 160 p. 342 n. 66: 160. 164 p. 342 n. 67: 165. 173. 220 p. 342 n. 68: 160. 164 p. 343 n. 78–79: 173 p. 344 n. 92: 171 p. 345 n. 99: 164 p. 346 n. 105: 164. 176 p. 347 n. 116–117: 164 p. 348 n. 123–128: 164. 176 p. 348 n. 133: 160 p. 348 n. 134: 164 p. 348 n. 135: 160. 173. 334 p. 348 n. 135–p. 349 n. 136: 220. 316 p. 349 n. 136: 173 p. 349 n. 137: 164 p. 349 n. 138: 172. 220 p. 349 n. 139: 160. 164 p. 350 n. 149: 173 p. 350 n. 157–159: 165. 173 p. 352 n. 178: 171 p. 352 n. 179–180: 171 p. 353 n. 181–185: 171 p. 353 n. 192: 164 p. 353 n. 196: 164 p. 353 n. 197: 164. 176 p. 354 n. 203–204: 173. 220. 316 p. 355 n. 228: 169 p. 356 n. 238: 171

p. 356 n. 241: 171 p. 356 n. 244: 164 p. 356 n. 245: 164. 176 p. 356 n. 247: 164 p. 357 n. 253: 171 p. 358 n. 258: 170 p. 358 n. 260: 159 p. 358 n. 260–264: 176 p. 358 n. 261: 170. 332 p. 358 n. 262–264: 170 p. 358 n. 263: 159 p. 359 n. 268: 159 p. 359 n. 270: 164 p. 359 n. 271: 167. 329 p. 359 n. 273: 160. 329 p. 359 n. 278: 159 p. 359 n. 279: 170 p. 360 n. 282: 169 p. 361 n. 291–292: 159. 174 p. 362 n. 305: 172. 220 p. 362 n. 306–307: 174 p. 362 n. 314: 174 p. 362 n. 317: 173 p. 363 n. 320–321: 170 p. 363 n. 324: 168 p. 364 n. 333: 160. 171 p. 364 n. 340: 326 p. 365 n. 343: 164. 330 p. 365 n. 344–345: 327 p. 365 n. 347: 328 p. 365 n. 348: 172 p. 365 n. 351: 327 p. 366 n. 359: 173 p. 366 n. 361: 173 p. 368 n. 387–389: 164 p. 368 n. 389: 160. 171 p. 388 n. 13: 172. 334 p. 389 n. 23: 172 p. 393 n. 79: 177 p. 395 n. 91: 172 p. 405 n. 44: 177. 333 p. 421 n. 230: 170. 177 p. 463 n. 2: 218f. p. 470 n. 90: 217 p. 482 n. 212: 219 p. 501 n. 442–443: 219 p. 501 n. 444: 219 p. 512 n. 579: 55. 220 p. 522 n. 695: 219f.

© 2015, Otto Harrassowitz GmbH & Co. KG, Wiesbaden ISBN Print: 9783447104180 — ISBN E-Book: 9783447193993

Index Locorum p. 524 n. 709: 219 p. 528 n. 764–765: 219 p. 530 n. 800: 220 p. 545 n. 1056–1057: 219 p. 547 n. 1074: 219. 331 p. 550 n. 1: 217 p. 551 n. 3: 218 p. 554 n. 32–p. 556 n. 49: 221 p. 563 n. 51–52: 221 RIC VI p. 130 n. 91: 205 p. 135 n. 146–176: 207 p. 164 n. 9–10: 200f. p. 164 n. 13–14: 203 p. 164 n. 14: 330 p. 165 n. 20: 188 p. 165 n. 24: 326 p. 165 n. 24–26: 200 p. 165 n. 25–26: 326 p. 167 n. 28: 211 p. 167 n. 28–30: 200. 206 p. 167 n. 29: 211 p. 167 n. 30: 218 p. 167 n. 31: 205 p. 167 n. 32: 205 p. 168 n. 37: 207 p. 168 n. 39: 206 p. 168 n. 39–40: 212 p. 168 n. 40: 331f. p. 169 n. 41: 206. 212. 331 p. 169 n. 46–47: 204. 330 p. 169 n. 48: 200. 202. 328 p. 169 n. 50: 215 p. 170 n. 56–57: 188 p. 173 n. 84a: 212 p. 173 n. 84a–b: 203 p. 173 n. 85: 203 p. 173 n. 86: 180. 213 p. 174 n. 90: 180. 213 p. 174 n. 91: 201 p. 174 n. 92: 213 p. 182 n. 179: 208 p. 185 n. 246: 208 p. 186 n. 264–p. 189 n. 377: 208 p. 186 n. 276: 171. 332 p. 199 n. 575: 171 p. 203 n. 620b: 215 p. 203 n. 621: 206. 214

p. 203 n. 622: 214 p. 203 n. 622–623: 206 p. 250 n. 119: 208. 212 p. 279 n. 1: 208 p. 280 n. 3: 215 p. 287 n. 54a: 214 p. 287 n. 54b: 214 p. 294 n. 89: 215 p. 294 n. 90: 215 p. 295 n. 99: 214 p. 310 n. 1: 207 p. 310 n. 3: 207 p. 367 n. 134: 209 p. 367 n. 136: 209 p. 368 n. 138–139: 207 p. 369 n. 145–146: 209 p. 369 n. 147: 207 p. 370 n. 156–157: 209 p. 373 n. 170: 208. 211 p. 373 n. 175–176: 209 p. 374 n. 181–183: 213 p. 374 n. 181–184: 207 p. 378 n. 214: 212f. 215 p. 387 n. 298–302: 216 p. 409 n. 79: 216 p. 422 n. 3–5: 207 p. 455 n. 3: 214 p. 456 n. 14: 201 p. 457 n. 25: 212. 214 p. 476 n. 177a: 215 p. 476 n. 177b: 214 p. 509 n. 2: 333 p. 542 n. 77: 214 p. 592 n. 89: 216 p. 595 n. 108: 216 p. 623 n. 67: 214 p. 636 n. 134: 180 p. 639 n. 152: 333 p. 644 n. 170c: 216 p. 660 n. 3: 207 RIC VII p. 180 n. 200–207: 198 p. 234 n. 4–6: 216 p. 252 n. 174: 198 p. 252 n. 177: 198 p. 311 n. 107: 198 p. 311 n. 110: 198

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Index Locorum

RIC IX p. 33 n. 101: 309 p. 33 n. 103: 309 p. 34 n. 107d: 309 p. 34 n. 108: 309 p. 52 n. 45: 309 p. 53 n. 47a: 309 p. 70 n. 30–31: 309 p. 82 n. 28–29: 309 p. 83 n. 33b: 309

4 Papyri P. Oxy. XXII 2331: 100–102 P. Panop. Beatty 1: 185 2: 185

RIC X p. 421 n. 2907: 295

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Personen- und Ortsregister

Achilles: 33. 47f. 49 Anm. 126. 53 Anm. 147–148. 121. 155. 254. 294 Alexander der Große: 141. 157. 182 Anm. 19. 189. 232f. 239 Anm. 45. 296f. Alkestis: 91. 93–96. 103. 233. 246 Alkmene: 1. 131. 146. 151. 243 Ambrosius: 17 Anm. 94. 138. 241 Anm. 56. 303–305. 306 Anm. 141. 307 Anm. 145 Anastasios I. (Kaiser): 78. 87. 253 Anastasios (Magistrat auf Rhodos): 87f. Anthemius: 249. 251f. 294f. Antiochia: 27 Anm. 15. 28 Anm. 21. 34. 81 Anm. 304. 200. 207. 232. 279 Aphrodisias: 39–41. 43 Anm. 100. 82 Aquileia: 88 Arbogast: 303f. 305 Anm. 131. 307. 308 Anm. 151–152. 319 Anm. 221 Asklepios/Aesculapius: 123 Anm. 112. 124 Anm. 113. 127. 142 Anm. 232. 225. 271. 277 Anm. 130. 280. 299f. Athen: 115. 237. 272 Anm. 101. 279–281. 300 Athena/Minerva: 12 Anm. 65. 30. 33. 51. 54–56. 59 Anm. 184. 63. 71 Anm. 250. 81 Anm. 303. 91–93. 95. 133. 171 Anm. 93. 207f. 225 Anm. 305. 293 Auge: 28–31. 37. 49 Anm. 130. 70. 71 Anm. 250. 76f. Augustinus: 1. 7 Anm. 26. 9 Anm. 39. 17 Anm. 94. 21 Anm. 115. 114. 115 Anm. 49. 242 Anm. 58. 259. 267. 272–275. 283. 295 Anm. 79. 316. 319f. Augustus: 80. 157. 170. 176. 184 Anm. 38. 235 Anm. 21. 239 Anm. 46. 297 Aurelian: 83 Anm. 317. 175f. Ausonius: 15. 42. 130. 135. 156 Avitus: 249f. 252–254 Bacchus s. Dionysos Basilios von Caesarea: 10 Anm. 50. 148f. 280 Anm. 150

Boëthius: 2. 102. 108. 113. 135–140. 156. 323f. Bramdean: 25. 33 Carausius: 158. 182. 185 Anm. 41. 187. 191. 194 Anm. 116. 205. 214 Anm. 250. 217–222. 309. 316 Anm. 200. 331 Cartima: 31 Cassiodor: 81. 84f. 152 Anm. 307. 154 Cherchel: 76. 276. 277 Anm. 130 Chiragan: 25. 45f. 75. 82. 84 Christodoros von Koptos: 76. 155 Christus: 7. 12f. 58. 59 Anm. 181. 68. 92. 96. 113 Anm. 40. 124 Anm. 113. 127f. 138. 141–143. 152 Anm. 303. 183. 285f. 301 Anm. 113. 315 Anm. 191. 321 Claudian: 106. 130. 242–248. 252–254. 318. 321. 324 Clemens von Alexandria: 43 Anm. 98. 112 Anm. 34. 116 Anm. 55. 117f. 120. 125 Commodus: 116. 157. 159 Anm. 5. 168– 170. 175. 204 Anm. 177. 206. 208 Anm. 208. 268 Anm. 79. 279 Anm. 146 Constantius I.: 19. 72. 180 Anm. 5. 182. 184. 188 Anm. 63. 195–198. 205 Anm. 183. 185. 206. 212–216. 218 Anm. 272. 224. 230f. Constantius II.: 27. 184 Anm. 37. 232. 234 Anm. 16. 289. 317 Anm. 208 Dachla: 101 Deianeira: 71. 81. 95 Anm. 384. 112 Anm. 33. 119. 121 Anm. 91. 246. 251 Deneuvre: 270–272. 283. 300 Diocletian: 4. 8 Anm. 31. 103. 179–185. 187–189. 190 Anm. 79. 191–199. 200 Anm. 153. 201. 202 Anm. 165. 204 Anm. 182. 205–209. 210 Anm. 228. 211–215. 217 Anm. 266. 218. 219 Anm. 276. 279. 222 Anm. 291. 223f. 227f. 230. 298. 316–

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Personen- und Ortsregister

318. 320 Anm. 226. 330 Anm. 41. 331. 332 Anm. 58. 333 Anm. 58 Dionysos/Bacchus: 26–30. 35f. 39. 43 Anm. 100. 49. 62. 69. 74. 81f. 83 Anm. 317. 98. 115 Anm. 51. 119. 123 Anm. 112. 127. 140. 141 Anm. 229. 146 Anm. 257. 225. 226 Anm. 309. 231. 234. 240. 254. 277 Anm. 130. 280. 282 Anm. 167. 331 Dioskoros von Aphrodito: 254. 131f. 255 Dracontius: 130. 132–136. 139 Ephesos: 77 Anm. 285. 83. 238 Eugenius: 267. 285. 289. 303–310. 313– 316. 318f. 320 Anm. 225. 321. 324 Eusebius: 119 Anm. 79. 129. 181 Anm. 9. 321

- Deusoniensis: 160f. 163–166. 168f. 174. 177. 220f. - invictus: 77 Anm. 284. 78. 169. 190. 204. 213. 220. 238. 268. 272. 281. 316 - kallinikos: 1 Anm. 1. 132. 138. 141. 224. 234–236. 238. 240. 251. 255. 301. 324 - Magusanus: 160–166. 168f. 174. 177 - pacifer: 164 Anm. 49. 165 Anm. 52. 172f. 177. 190. 203f. 213f. 217 Anm. 268. 220. 238. 240. 316. 324 - victor: 147. 169. 175 Anm. 122. 187. 190. 201 Anm. 161. 202. 203 Anm. 176. 204. 213–215. 238. 268f. 272. 316. 324 Honorius: 238. 242f. 245 Anm. 82. 247f. 307. 309. 321. 324 Hylas: 120. 133f Isidor von Sevilla: 154f.

Flavianus, Virius Nicomachus: 143. 286 Anm. 11. 287. 306f. 309 Anm. 157. 310f. 314. 315 Anm. 192 Fulgentius: 115 Anm. 50. 150–152 Galerius: 128. 180 Anm. 5. 182. 184. 189 Anm. 67. 195 Anm. 121. 199. 205 Anm. 183. 212f. 215. 224–226. 331 Gallienus: 158f. 160 Anm. 6–7. 166 Anm. 57. 167 Anm. 61. 171. 174. 176 Anm. 132. 177f. 204 Anm. 180. 281 Anm. 163. 326 Anm. 8. 329 Anm. 34. 333f. Gamzigrad: 225 Gratian: 74 Anm. 273. 143 Anm. 242. 231 Anm. 1. 232f. 235. 259. 305 Anm. 135. 311. 317 Anm. 207 Gregor von Nazianz: 117 Anm. 67. 118f. 140. 155. 280 Anm. 150 Helios/Sol: 39. 41 Anm. 85. 65. 133. 140. 142 Anm. 239. 145f. 159 Anm. 4. 173. 175f. 198 Anm. 140. 207. 216f. 223. 278. 281 Anm. 160. 332 Anm. 51 Hera/Juno: 34f. 58 Anm. 180. 115. 118 Anm. 69. 131. 132 Anm. 165. 133. 145 Anm. 255. 247 Hercules passim - alexikakos: 62. 71. 75. 87. 132. 138. 224. 232. 234. 238. 240. 255. 272. 276. 283. 300–302. 324

Julian: 10. 13. 15 Anm. 78. 21 Anm. 115. 81. 118f. 140–142. 148 Anm. 276. 149 Anm. 286. 184 Anm. 37. 231f. 234. 241. 254 Anm. 132. 265 Anm. 61. 286 Anm. 12. 287. 289 Anm. 29. 291. 303 Anm. 118. 304 Anm. 128. 305 Anm. 132. 317f. Juno s. Hera Jupiter s. Zeus Justin: 128. 148f. 150 Anm. 294 Justinian: 35 Anm. 59. 50. 108. 235 Anm. 23. 283 Karthago: 63. 77 Anm. 285. 132. 208 Anm. 216. 274 Konstantin: 65 Anm. 167. 76. 78. 90 Anm. 361. 153. 170 Anm. 85. 176. 194f. 197– 199. 207. 212. 214–216. 226. 229. 235. 241f. 249. 255. 265. 270. 271 Anm. 92. 298. 315. 317f. 320 Konstantinopel: 3. 4 Anm. 11. 49 Anm. 130. 50. 76–79. 84 Anm. 320. 85f. 150. 205 Anm. 186. 231. 234–236. 241f. 254 Anm. 132. 260 Anm. 27. 264 Anm. 54. 303 Korinth: 280f. Lactanz: 1. 80. 107 Anm. 6–7. 109. 113– 117. 124f. 127–129. 135. 137. 139. 146 Anm. 265. 149. 156. 180. 184 Anm. 34. 185 Anm. 43. 279. 321

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Personen- und Ortsregister Libanios: 14 Anm. 76. 20. 80f. 149 Anm. 286. 153. 181. 232. 259 Anm. 19 Liria: 31 Macrobius: 80. 106. 107 Anm. 3. 119 Anm. 79. 140. 143–147. 152f. 155. 268f. 277. 295 Anm. 79. 306 Majorian: 249–253. 261 Anm. 32 Maxentius: 40 Anm. 80. 195 Anm. 119. 198f. 207. 209f. 212f. 215. 226f. Maximian: 44. 72. 85. 128. 129 Anm. 146. 158. 167. 170f. 173 Anm. 107. 175f. 179– 196. 198–224. 226–229. 248. 311. 316. 317 Anm. 204. 320 Anm. 226. 321. 324– 329. 331–333 Maximinus Daia: 180 Anm. 5. 181 Anm. 9. 199. 206. 211f. 214 Messene: 276 Minerva s. Athena Nero: 128. 157 Anm. 2. 289. 296–298 Numerius Proiectus: 308. 310. 313f. Omphale: 32. 64 Anm. 213. 98. 120 Anm. 88. 121–126. 139. 150f. 154 Ostia: 263. 276 Anm. 129. 281. 307–314. 322. 324 Piazza Armerina: 25. 32. 41. 45. 85. 227 Postumus: 45. 158–161. 163–177. 200f. 204. 208. 218. 220–222. 230. 255. 316. 325 Anm. 7. 326–334 Praetextatus, Vettius Agorius: 17 Anm. 94. 143. 144 Anm. 245. 248. 250. 145. 147. 264. 266. 267 Anm. 68. 286 Anm. 11. 306 Anm. 144. 307 Anm. 146 Probus: 168 Anm. 67. 171 Anm. 88. 173 Anm. 107. 175f. 208 Anm. 208. 326. 328. 332 Anm. 57. 333 Prudentius: 120. 125. 257 Anm. 5. 258 Anm. 15. 259 Anm. 16. 269 Anm. 85. 272 Ravenna: 44. 83–86. 279 Anm. 144 Rhodos: 87. 88 Anm. 349. 119. 124 Ricimer: 251–253 Rom: 39f. 51. 57f. 63. 78. 84. 86. 90. 96. 129 Anm. 146. 140. 143. 145–147. 157. 163 Anm. 32. 168. 174. 184 Anm. 34. 187. 190. 195. 197 Anm. 135. 199 Anm.

407

143. 200. 203 Anm. 173. 209. 222 Anm. 291. 226. 228. 232 Anm. 10. 237 Anm. 35. 238. 239 Anm. 48. 240. 246. 249. 251. 257 Anm. 8. 262 Anm. 36. 263–268. 271 Anm. 95. 272. 278f. 281f. 288 Anm. 28. 295. 298. 307 Anm. 147. 310. 313 Anm. 186. 314. 330 Anm. 41. 331 Anm. 51. 334 Sarrîn: 30f. 36 Sepphoris: 26–28. 30f. 82 Serena: 246 Servius: 140. 143. 268f. Severus: 199. 206. 212. 214 Sidonius Apollinaris: 15 Anm. 85. 248–254. 312. 324 Sol s. Helios Spalatum: 118. 223 Stilicho: 231. 242–248. 318. 321. 324 Sufes: 272–275 Symmachus, Q. Aurelius: 17 Anm. 94. 20. 143. 248 Anm. 94. 267 Anm. 68. 272. 286 Anm. 11. 307 Anm. 146 Tertullian: 1. 8 Anm. 35. 81 Anm. 303. 107 Anm. 4. 8. 109 Anm. 14. 111 Anm. 30. 115. 117. 120–125. 128. 153. 320 Anm. 225 Themistios: 141 Anm. 228. 149f. 231–236. 238. 241. 251. 321 Theoderich: 77 Anm. 285. 81. 84f. 261 Anm. 32 Theodoret: 43. 117 Anm. 67. 119. 308. 315. 316 Anm. 195. 319–322. 324 Theodosius I.: 3. 4 Anm. 12. 5. 14 Anm. 76. 48 Anm. 120. 90 Anm. 361. 149. 153. 231–242. 246. 248 Anm. 94. 251. 254. 260 Anm. 22. 261 Anm. 33. 263 Anm. 46. 267. 276 Anm. 124. 298. 303–309. 315f. 318 Anm. 214. 319. 320 Anm. 225. 321f. 324 Trajan: 4 Anm. 11. 128. 149f. 157. 166 Anm. 56. 186 Anm. 44. 238f. 243. 296f. 331 Trier: 25. 53 Anm. 150. 56. 72f. 160. 186. 190 Anm. 79. 191. 194. 199 Anm. 143. 200. 212 Anm. 240. 213. 259. 326. 328. 330 Anm. 41 Tyros: 80. 264 Anm. 54

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Personen- und Ortsregister

Vergil: 78 Anm. 290. 125 Anm. 125. 143. 147. 153f. 157 Anm. 2. 187. 194 Vienne: 15 Anm. 85. 25. 28 Anm. 15. 47 Anm. 118. 228 Welschbillig: 73f.

Zeus/Jupiter: 1. 33. 39. 49 Anm. 126. 65. 72. 115 Anm. 51. 116 Anm. 57. 117–119. 120 Anm. 84. 127. 131–133. 137. 141 Anm. 231. 149. 151. 171 Anm. 93. 179. 181–184. 188. 189 Anm. 66. 190–194. 197–201. 203 Anm. 168. 205–207. 210 Anm. 228. 211–213. 219. 222 Anm. 291. 223–225. 228. 230. 231 Anm. 2. 242. 245 Anm. 79. 249 Anm. 101–102. 253. 260 Anm. 27. 277 Anm. 130. 278f. 299 Anm. 104. 315–320. 331f.

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Tafeln

Abb. 1: Mosaik aus Sarrîn: Hercules verfolgt Auge aus: J. Balty, La Mosaïque de Sarrîn (Osrhoène), Paris 1990, Taf. 23, Abb. 1 (Foto: J. Balty)

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Abb. 2: Kopf und Torso des Hercules vom Esquilin © Ny Carlsberg Glyptotek, Kopenhagen

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Tafeln

Abb. 3: Bergkristallstatuette: Hercules mit dem erymanthischen Eber © The Walters Art Museum, Baltimore

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Abb. 4: Reliefplatte aus Chiragan: Hercules mit dem erymanthischen Eber © Mairie de Toulouse/J. Hocine

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Abb. 5: Fragment einer Silberschale aus dem Schatz von Traprain Law: Kopf des Hercules © National Museums Scotland

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Abb. 6: Silbersitula aus Kuczurmare: Hercules und Athena © Kunsthistorisches Museum Wien

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Tafeln

Abb. 7: Sigillata-Chiara-Schale: Kampf mit dem nemeischen Löwen © Römisch-Germanisches Zentralmuseum, Mainz; Foto: RGZM/Lübke & Wiedemann, Stuttgart

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Abb. 8: Glasschale aus Trier: Hercules und Antaios © Rheinisches Landesmuseum Trier; Foto: Th. Zühmer

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Tafeln

Abb. 9: Goldglasboden aus Rom: Hercules zwischen Ehepaar Constantia und Orfitus © Trustees of the British Museum

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Abb. 10: Trapezophor: gelagerter Hercules und Eroten © Akademisches Kunstmuseum Bonn; Foto: J. Schubert

© 2015, Otto Harrassowitz GmbH & Co. KG, Wiesbaden ISBN Print: 9783447104180 — ISBN E-Book: 9783447193993

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Abb. 11: Elfenbeintäfelchen: Herstellung der Keule und Kampf mit dem nemeischen Löwen © The Walters Art Museum, Baltimore

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Abb. 12: Textilmedaillon mit Dodekathlos des Hercules aus: F. Althaus/M. Sutcliffe (Hgg.), The Road to Byzantium. Luxury Arts of Antiquity, London 2006, 93 (Foto: The State Hermitage Museum, St. Petersburg)

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Abb. 13: Papyrus P. Oxy. XXII 2331 © Image courtesy of the Egypt Exploration Society and Imaging Papyri Project, Oxford

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Abb. 14: Aureus des Postumus (RIC V, 2 p. 338 n. 21); Rv. : HERCVLI DEVSONIENSI © Trustees of the British Museum

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