245 11 120MB
German Pages 500 Year 1941
DIE
D E U T S C H E
T H O M A S - A U S G A B E
Vollständige,
ungekürzte
deutsch-lateinische S U M M A
Ausgabe
der
T H E O L O G I C A
Schriftleitung: P. H E I N R I C H
MARIA
CHRISTMANN
WALBERBERG
BEI
O. P.
KÖLN
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ERSCHAFFUNG UND DES
URZUSTAND MENSCHEN
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19 4 1
VERLAG F. H. KERLE - MÜNCHEN- HEIDELBERG
S ä m t l i c h e R e c h t e f ü r die d e u t s c h e u n d l a t e i n i s c h e und A u s g a b e
Sprache
vorbehalten
C o p y r i g h t 1941 b y V e r l a g F. H. K e r l e , M ü n c h e n • H e i d e l b e r g Das
Imprimatur
wurde
erteilt
vom
Provinzial
d e u t s c h e n D o m i n i k a n e r p r o v i n z , Fr. L a u r e n t i u s und
vom
Fürsterzbischöflichen P r i n t e d in
Ordinariat
der
M. S i e m e r zu
nordO.P.,
Salzburg
Germany
1. u. 2. A u f l a g e . 1. b i s 6. T a u s e n d
Ginbandentwurf
von
Professor Satz und
„Steuerdruck", Steirische
Rudolf
Koch,
Offenbach
Druck
Universitätsdruckerei
in
Graz
EINLEITUNG Denn Gott hat den Menschen unsterblich erschaffen uud ihn nach Seinem Bilde und Gleichnisse gemacht. Weisheit 2, 23.
Zu allen Zeiten bildete das heiße Bemühen des Menschen um ein Wesensverständnis seiner selbst den Schwerpunkt all seiner philosophischen Forschungsarbeit. Doch so dunkel dieses sein eigenes Wesen vor ihm lag, noch dunkler als die Wesensfrage lag und liegt vor ihm, vor allem heute, die Frage nach seiner Herkunft. Beide Fragen hängen unmittelbar ineinander und bestimmen notwendig die dritte Frage nach der Weltaufgabe des Menschen, nach dem letzten Sinn menschlichen Daseins. „Ob sich der Mensch als Sohn Gottes versteht oder als arrivierten Affen, wird einen deutlichen Unterschied in seinem Verhalten zu wirklichen Tatsachen ausmachen; man wird in beiden Fällen auch in sich sehr verschiedene Befehle hören" (A. Gehlen). Ist der Mensch nichts weiter als ein „Stück Natur" und seine Geschichte nur ein Ausschnitt und eine Weiterführung der allgemeinen Naturgeschichte, oder steht er mit seinem Sein und seiner Geschichte außerhalb dessen, was wir mit Natur zu bezeichnen pflegen? Wer hat das letzte Wort in der Bestimmung und Sinngebung der tatsächlichen Situation des Menschen: der Naturforscher, der Philosoph oder gar erst der Theologe? Mit anderen Worten: Ist überhaupt der Mensch von unten zu verstehen oder nur von oben? Oder haben jene recht, die ihn weder von unten noch von oben, sondern ganz aus sich selbst zu erklären versuchen? Schließlich ist der Mensch, wenn schon nicht ein „Stück Natur", so doch ohne allen Zweifel ein Teil der Welt. Und so ist die Frage nach der Herkunft des Menschen nur ein Sonderfall der umfassenden Frage: Woher und wozu die Welt? Für die Beantwortung dieser Frage kann der Naturforscher, der immer nur einen winzigen Ausschnitt aus der Natur zum Gegenstand seiner Forschung machen kann, der niemals das Ganze der Welt vor Augen hat, nicht zuständig sein. Aber kann es der Philosoph? Wenn (5)
auch er nur ein Teil dieser Welt ist, wie will er als Teil gültig urteilen über das Ganze der Welt? Wie will er vor allem als Geschichtsphilosoph über die Geschichte, in deren Strom er mitten darin steht und die ihren eigentlichen Sinn doch erst in und mit ihrem Endergebnis offenbaren kann, wie will er über den letzten Sinn der Gesamtgeschichte der Menschheit ein endgültiges, abschließendes Urteil fällen können? Vom Sinn der Gesamtgeschichte her aber bestimmt sich der Sinn des Einzelschicksals. So wird der Mensch mit allem, was Wesen, Herkunft, Weltaufgabe und Geschichte des Menschen angeht, auf Grund einer innern Unmöglichkeit allein niemals „fertig" werden können, einfach deshalb nicht, weil nichts „fertig", sondern alles noch in Fluß ist. Er wird über unbestimmte Vermutungen nicht hinauskommen, wie denn die Geschichte der außerhalb des christlichen Raumes sich abmühenden menschlichen Wissenschaft das zur Genüge dartut. Diese nüchterne Feststellung führt uns auf das, was Thomas gleich im ersten Artikel der ersten Frage seiner Summa Theologica von der bedingten Notwendigkeit der übernatürlichen Offenbarung, selbst für die Lösung jener Fragen sagt, die, an sich von der menschlichen Vernunft wohl beantwortet werden könnten. So spricht auch und vor allem in den Fragen nach dem Ursprung des Menschengeschlechtes mit letzter Sicherheit nur der Theologe. Das müssen wir uns vor Augen halten, wenn wir Thomas in diesem Bande verstehen wollen. Fast mehr noch als in manchen Fragen des ersten und zweiten, des vierten und sechsten Bandes ist Thomas, dem weder ein ausgedehntes paläontologisches Material noch die Erkenntnisse der modernen Biologie zur Verfügung standen, in den Fragen dieses Bandes angewiesen auf die Feststellungen der Offenbarung und die Lehrentscheidungen des kirchlichen Lehramtes. Die Fragen dieses Bandes lassen sich in drei Gruppen unterscheiden. Die erste Gruppe (Fr. 90—93) beschäftigt sich mit dem Ursprung und der leib-seelischen Verfassung des Menschen, wie sie unabhängig von irgendwelchem besonderen Zustand sich aus der Natur des Menschen ergeben. Für die Art und Weise des Ursprungs ist für Thomas einzig der Bericht der Hl. Schrift maßgebend. — Die zweite Gruppe (Fr. 94—97) untersucht die besonderen natürlichen und übernatürlichen Lebens-
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bedingungen des ersten Menschen und gibt uns damit einen Begriff von der Lebenshöhe, der Lebensfülle und Lebenssicherheit, die Gott dem Menschengeschlechte ursprünglich zugedacht hatte. — Die dritte Gruppe (Fr. 98 bis 102) beschäftigt sich mit der Frage, was aus der Nachkommenschaft Adams geworden wäre, wenn dieser nicht gesündigt hätte. Das scheint eine sehr müßige Frage zu sein. In Wahrheit aber können wir erst aus dem Gegensatz dieser nur gedachten zur tatsächlichen Situation des Menschengeschlechtes ermessen, welcher Verlust den Menschen durch die Urschuld getroffen hat, von welcher Höhe er mit dem ganzen Geschlechte herabgesunken ist. Zwei Sätze sind für die ursprüngliche Würde des Menschen entscheidend: Er wurde schon nach seiner natürlichen Seinsverfassung geschaffen „nach dem Bilde Gottes" und — was unendlich mehr ist, da es eine allen natürlichen Kräften unerreichbare Ausprägung dieser selben Ebenbildlichkeit bedeutet — er wurde geschaffen „in der Gnade". Das Erste hat er, weil es seine geistige Natur ausmacht, auch nach der Sünde bewahrt, das Zweite hat er verloren. Die Behauptung der Schlange „Ihr werdet sein wie Gott" war demnach nicht gelogen, oder nur insofern, als die Stammeltern es schon waren und nicht erst zu werden brauchten. In diesem Sinne waren sie bereits durch die Erschaffung „wie Gott", und zwar auf einen doppelten Titel hin, den des natürlichen und den des übernatürlichen, gnadenhaften Ebenbildes. Wohl formuliert der selige Heinrich Seuse genauer, wenn er sagt: „Wir sollen werden von Gnade, w a s Gott ist von Natur". Denn im Wie der Existenz bleibt immer ein unendlicher Unterschied bestehen zwischen Gott und seinen Geschöpfen. Trotzdem: Größeres läßt sich vom Ursprung des Menschen nicht sagen als dies, daß er nach dem Bilde Gottes geschaffen sei und dies in der Seinsverfassung der Gnade, so daß der Mensch von allem Anfang an nicht nur von Gott geschaffen, sondern — weil durch die Gnade teilhaft der göttlichen Natur — „aus Gott geboren" (Jo 1,13), also göttlicher Herkunft war. So heißt es bei Lukas im Stammbaum Christi: „Adam aber war Gottes" (Lk3,38). Von dieser theologischen Höhe aus werden die einzelnen Fragen nach Ursprung, Verfassung und Bestimmung des Menschen gestellt und beantwortet. Das hindert Thomas jedoch nicht, auch natürliche Gesichtspunkte in seine (7)
Betrachtung einzubeziehen. Er hat stets die ganze natürlich-übernatürliche Wirklichkeit der Welt und des Menschen, also das Gesamt-Schöpfungswerk Gottes vor Augen. Da aber der Mensch jene Seinsebene darstellt, in welcher natürliche und übernatürliche Wirklichkeit sich am engsten berühren, kann es nicht wundernehmen, wenn gerade hier, wo es sich um den Ursprung des Menschen handelt, naturphilosophische und theologische Betrachtung ineinanderspielen. Dabei behält jedoch, wie das in einer Summa Theologica nicht anders zu erwarten ist, die Theologie die Führung. Die Untersuchung hebt an mit der Frage nach dem Ursprung der Seele. Und schon hier fallen Entscheidungen von größter Tragweite. Die Menschenseele ist unmittelbar göttlichen Ursprungs, aber nicht durch Emanation, sondern durch Schöpfung. Sie ist auch nicht Teil einer pantheistisch gedachten Allseele, die es nicht gibt. Auch ist es nicht so, als wäre sie vor ihrer Verbindung mit dem Leibe reiner Geist gewesen wie die Engel und nur zur Strafe für irgendwelche Schuld in den Menschenleib gebannt worden; sondern sie ist ihrer innersten Natur nach Wesensform und Wesensgrund der menschlichen Leibwirklichkeit, die nur durch sie ist und Leben hat. Mit diesen Aufstellungen hält Thomas die Mitte zwischen einem pantheistischen Monismus und einem gnostischmanichäischen Dualismus, der den Menschen in zwei feindliche Hälften auseinanderreißen möchte. Wenn die heutige Biologie den Leib-Seele-Dualismus oder gar den „Trialismus" (Gehlen) von Geist-Seele-Leib überwinden möchte, dann liegt das ganz in der Linie thomistischen Denkens, mag auch die letzte metaphysische Einheit des Wesens Mensch dem Naturforscher verborgen bleiben. Welch hohe Auffassung Thomas von der Wesenswürde des Menschen hat, geht weiter daraus hervor, daß er — entsprechend dem Bericht der Genesis — auch den Leib unmittelbar von Gott gebildet sein läßt und selbst die werkzeugliche Mithilfe der Engel bei diesem Tun ausschließt. Der Mensch ist eine vollendete metaphysische Einheit. Dann muß aber, soll der Leib wirklich Werkzeug und Wesensausdruck der Seele sein, von dem Glanz, der die Seele als Ebenbild Gottes erfüllt (98, 6 Zu B), und von der unfaßbaren Würde der übernatürlichen Gotteskindschaft, in die das ganze Wesen des Menschen durch (8)
die Gnade eingetaucht ist, auch etwas auf den Leib überstrahlen. Damit ist der Leib des Menschen als m e t ap h y s i s c h e Wirklichkeit von vornherein jeder nurnaturwissenschaftlichen Beurteilung entzogen und in allernächste Nähe des Geistigen, ja des Göttlichen gerückt. Mit der Gnade trägt er zugleich den Keim der Unsterblichkeit, die Anlage zur Verklärung in sich. Die nächste Konsequenz daraus ist folgende: Von der Leibwirklichkeit, wie sie dem Menschenleibe innewohnt, zum höchst organisierten Tierleibe geht der Weg über eine Kluft, die nur durch die echte Analogie überbrückt werden kann, d. h. aber, daß der Ausdruck „Leib", auf den Menschenund den Tierleib angewandt, hier und dort nicht mehr denselben Sinn hat, nicht mehr dieselbe metaphysische Wirklichkeit bedeutet, sondern nur noch Ausdruck einer Funktion ist, wobei Leib die abhängig Variable, die Seele als Wesensform die unabhängig Variable darstellt. So hoch demnach die Geistseele über jede Tierseele erhaben ist, so hoch ist die Leibwirklichkeit des Menschen erhaben über jede andere Leibwirklichkeit innerhalb des Naturganzen. R. Guardini hat schon recht, wenn er sagt: „Der Menschenleib ist etwas anderes als der Leib des Tieres und erst dann erfüllt, wenn er mit dem Tierkörper in nichts verwechselt werden kann. Was eigentlich Menschenleib bedeutet, wird erst in der Auferstehung und Verklärung deutlich" (Der Herr 515). Mit einer gewissen Genugtuung mag man feststellen, daß die moderne biologische Anthropologie, wenn auch von ganz anderen Voraussetzungen aus, wieder bewußt auf die Sonderstellung des Menschen, auch seiner leiblichen Seite nach, zurückkommt. Wahrlich, eine Konvergenz ganz eigener Art! An sich sollte das nicht überraschen. Denn wo Metaphysiker und Naturforscher unvoreingenommen die Weltwirklichkeit studieren, müssen sie notwendig zu denselben Ergebnissen kommen. Die moderne biologische Anthropologie stellt fest: „Im Menschen liegt ein ganz einmaliger, sonst nicht versuchter Gesamtentwurf der Natur vor." Als solcher steht er dem gesamten Tierreich gegenüber. Infolgedessen „sieht die Biologie des Menschen anders aus als die Biologie des Tieres, und zwar entscheidend anders. Die Vorstellungen und Begriffe, mit denen die biologische Anthropologie zu arbeiten hat, sind (9)
geradezu im Gegensatz zu denen der Zoologie zu entwickeln". Die einzig gültige biologische Betrachtungsweise des Menschen „läßt sich nur im Gegensatz zum Tier finden". „Die Natur hat im Menschen eine sonst nicht vorhandene, noch nie ausprobierte Richtung der Entwicklung eingeschlagen, sie hat ein neues Organisationsprinzip zu erschaffen beliebt." „Der Zwang, über sich selbst zu verfügen, liegt vor in dem Risiko einer Physis, die aller beim Tiere wohl bewährten organischen Gesetzlichkeit geradezu widerspricht." Der Mensch ist „weltoffen", wogegen das Tier, und zwar jedes Tier, nur einen winzigen „Ausschnitt" dieser Weltwirklichkeit als Lebensraum zur Verfügung hat, in den es eingebettet ist als in seine spezifische „Umwelt", ohne die Möglichkeit, dieses Bett je zu verlassen, die Grenzen seiner Umwelt von sich aus je zu überschreiten. In scheinbarem Gegensatz zu dieser Weltoffenheit ist der Mensch „von einer einzigartigen biologischen Mittellosigkeit", „morphologisch, im Gegensatz zu allen höheren Säugern, hauptsächlich durch Mängel bestimmt"; „gegenüber den Großaffen" ist er, „als Naturwesen gesehen, hoffnungslos unangepaßt", deshalb in einem geradezu extremen Grade als „Mängelwesen" zu bezeichnen, da er von Natur aus für den Kampf ums Dasein denkbar schlecht ausgerüstet ist. Dafür sichert ihm aber die Primitivität, d. h. die „Ursprungsnähe" und die damit gegebene „Unfertigkeit" seiner biologisch wichtigen Organe: des Gebisses, der Hände, Füße usw., zugleich mit dem aufrechten Gang, der dadurch erst ermöglicht wird, eine ebenso einzigartige Vielseitigkeit in ihrer Verwendung, zu der die Weltoffenheit seiner Sinne und seines Geistes das notwendige Korrelat bildet. Auf Grund dieses Tatbestandes ist er gezwungen, aber auch fähig, sich selbst die Welt so umzugestalten, daß sie ihm „Umwelt" sein kann: er ist unter allen Naturwesen das einzige im eigentlichen Sinne „handelnde" Wesen, genau wie er das einzige denkende und das einzige sprechende Wesen ist (Zum Ganzen vgl. A. Gehlen, Der Mensch, Berlin 1940). Diese selbstverständliche Konsequenz in der biologischen Grundstruktur des Menschen, wie sie heute wieder gesehen wird, war auch dem hl. Thomas kein Geheimnis. Nur sieht er diese Struktur nicht in erster Linie vom Biologischen, sondern zunächst vom Metaphysischen her. (10)
So ist der Mensch für ihn der Mikrokosmos, die „Welt im Kleinen", weil in ihm alle metaphysischen Stufen des Seins zu einer wunderbaren Wesenseinheit zusammengefaßt sind. Also auch „Gesamtentwurf" der Natur, sogar in einem noch tieferen Sinne. (Nur darf man diese „Stufen" nicht als reell voneinander unterscheidbare Schichten innerhalb des Wesens Mensch verstehen!) Auch Thomas konstatiert nicht nur, sondern verlangt für den Menschen auf Grund seiner Geistseele die absolute „Weltoffenheit" (91, 3 Zu 3), die Vielseitigkeit seiner Sinnenstruktur (91, 1 Zu 3), den aufrechten Gang, den er in unmittelbaren Zusammenhang bringt mit der Weltoffenheit des Menschen, der Funktion seines Gehirns, der Vielseitigkeit seiner Hand und der Bildung des Mundes als Organ der Sprache (91, 3 Zu 3). Unter allen Sinnenwesen mußte der Mensch das im Verhältnis zu seinem Körper größte Gehirn haben (91, 3 Zu 1). Bei vornübergebeugter Haltung hätten sich alle diese Verhältnisse verschieben müssen. Die zum Vorderfuß ausgebildete Hand hätte ihre morphologische Unspezialisiertheit und damit die Universalität ihrer Verwendbarkeit verloren, sie wäre nicht mehr „das Werkzeug der Werkzeuge"; der Mund hätte sich zur Schnauze mit harter Zunge ausbilden müssen und hätte damit aufgehört, als Organ der Sprache zu dienen. Auch um die Weltoffenheit wäre es natürlich geschehen gewesen und das Gehirn hätte nicht mehr die dominierende Stellung, die es, schon rein äußerlich betrachtet, jetzt hat. Auch für Thomas ist der Mensch, biologisch gesehen, das reinste „Mängelwesen", da ihm alles das abgeht, womit die Tiere als Schutz oder Waffen für den Kampf ums Dasein ausgerüstet sind (91, 3 Zu 1 u. Zu 2). Dafür hat er eben sein Hirn und seine Hand, „mittels deren er sich a u f u n e n d l i c h m a n n i g f a l t i g e Weise Waffen, Bekleidung und alles zum Leben Notwendige besorgen k a n n . . . Auch das kam der Vernunftnatur, d i e u n e n d l i c h v i e l e E i n f ä l l e hat, in besonderem Maße zu, daß sie das Vermögen besitzt, sich unendlich viele Werkzeuge zu schaffen" (91, 3 Zu 2). Man halte daneben, was ein moderner Anatom und Paläontologe sagt: „Daß der Mensch indifferent blieb, sich seine Vielseitigkeit bewahrte — darin liegt eben ein großer Teil des Geheimnisses seines außerordentlichen Erfolges...
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Nicht ein Triumph des Kampfs ums Dasein ist der Mensch: nein, im Gegenteil, sein Sieg beruht darin, daß er von den Opfern der natürlichen Zuchtwahl verschont blieb, daß er seine Hand behielt" (Hermann Klaatsch). Die Übereinstimmung in der Grundidee ist ohne weiteres sichtbar. Damit ist auch bei Thomas der Mensch deutlich genug als das „handelnde" Wesen charakterisiert, wie Thomas überhaupt gerade darin die Person-Würde des Menschen erkennt, daß er „Herr seiner Handlungen", sui juris ist, d. h. aber, daß er „über sich selbst verfügen" kann; die Tiere dagegen sind nur Schauplatz von mehr oder weniger notwendigen, durch den Instinkt auf eine bestimmte Richtung festgelegten Naturvorgängen: bruta animalia magis aguntur quam agunt, determinata ad unum. Man muß dazu bedenken: Thomas behandelt diese Fragen mit der in einer Summa geforderten Kürze und immerhin als Fragen, die für den Theologen mehr am Rande liegen, und doch legt er in dieser nur vier Artikel umfassenden Frage das vor, was man mit einem modernen Ausdruck als eine biologische Anthropologie im Ansatz bezeichnen könnte, und man kann nicht einmal sagen, daß er einen wesentlichen Gesichtspunkt übersehen habe. Dasselbe gilt von der knappen Form, in welcher Thomas Ursprung, Stellung und Aufgabe des Weibes behandelt (Fr. 92). Hier tritt er zunächst der aristotelisch-heidnischen Auffassung entgegen, die im Weibe lediglich ein Fehlprodukt der Natur sah, wenn er auch, aus Ehrfurcht vor „dem Philosophen", selbst für diese Auffassung noch eine Erklärung sucht. Die folgenden Artikel zeigen aber mit aller Deutlichkeit, daß gerade Thomas das Weib nicht n u r nach seiner biologischen Funktion wertet, sondern sogar vornehmlich nach der geistigen Liebes-Gemeinschaft mit dem Manne. Die tiefe Symbolik, in der er die Ehe schon in ihrem Ursprung als Typus der erhabenen Verbindung Christi mit Seiner Kirche erkennt, ist Bürgschaft genug dafür, daß Thomas das eheliche Verhältnis von Mann und Frau in seiner letzten religiösen Tiefe sieht. Wer aber noch nicht überzeugt wäre, daß Thomas der Frau ihr uneingeschränktes Menschtum zuerkennt, dem muß mit der folgenden Frage (93) jeder Zweifel schwinden. Hier stößt Thomas zum Tiefsten vor, was sich über
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die Natur des Menschen, an der Mann und Frau in ganz gleicher Weise teilhaben, sagen läßt: Der Mensch, auch die Frau, ist geschaffen nach dem Ebenbilde Gottes, des Unsichtbaren, des Unsterblichen, Ewigen, des Dreipersönlichen. Dadurch wird der Mensch noch einmal aus allen rein natürlichen Schöpfungsordnungen herausgehoben und in die unmittelbare Nähe Gottes gestellt. Hier muß alles nur-natürliche und nur-biologische Denken versagen. Und doch liegt gerade hier der tiefste Grund auch für die biologische Sonderstellung des Menschen, wie sie oben kurz skizziert wurde. Der Mensch Ebenbild Gottes, nicht nur nach der absoluten Einfachheit und Geistigkeit Seines göttlichen Wesens, sondern auch nach der dreipersönlichen Fülle Seines göttlichen Lebens! Auf den ersten Blick mag man bedauern, daß Thomas auch dieses wichtige Kapitel der Summa, entsprechend dem Plan des ganzen Werkes, so kompendienhaft behandelt hat. Man darf aber nicht übersehen, daß die Lehre von der Ebenbildlichkeit Gottes im Menschen nur den krönenden Abschluß bildet zu den beiden umfassenden Untersuchungen über das Wesen Gottes, des Einen und Dreieinen (Bd. 1—B) einerseits, über das Wesen des Menschen (Bd. 6) anderseits. Beide Untersuchungen bilden daher mit der vorliegenden eine Einheit. Welche Bedeutung Thomas der Lehre vom Ebenbilde Gottes im Menschen im Ganzen seiner Anthropologie beimißt, liegt bereits im Titel dieser Frage ausgesprochen: „Vom Ziel und Endergebnis der Hervorbringung des Menschen". Gott wollte sich selbst in Seiner Schöpfung offenbaren. Darum schuf Er zur Krone der sichtbaren Schöpfung ein Wesen, das in besonderer Ausprägung Seine eigenen Züge tragen sollte. Dieses Wesen ist der Mensch. Der metaphysische, also tiefste Sinn seines Daseins, der zugleich ein religiöser ist, beruht darin: Zeuge, Darsteller Gottes zu sein in seiner Natur und seiner Tätigkeit. Ja, gerade seine Tätigkeit hat den immanenten Sinn, das Ebenbild Gottes in ihm „von Klarheit zu Klarheit" (2 Kor B, 18), zu immer vollerem Glänze zu führen. Das ist der eigentliche Leitgedanke, unter welchen Thomas selbst seine gesamte Sittenlehre stellt. So schreibt er im Vorwort zum zweiten Buche seiner Summa: „Da der Mensch nach dem Ebenbilde Gottes geschaffen ist, insofern durch ,Ebenbild' das Verstandhafte, (13)
Wahlfreie und Selbstmächtige bezeichnet wird, so ist nunmehr, nachdem von der Vorbildursache, nämlich von Gott, gehandelt worden ist, das Ebenbild, d. h. der Mensch zu betrachten, insofern auch er als freies Wesen Urheber seiner Handlungen und Herr seiner Taten ist." Und erst dann wird der Mensch den Sinn seines Daseins und Lebens voll erfüllt haben, wenn das Ebenbild Gottes in ihm zur letzten Vollendung gelangt ist: in der Glorie. Denn in drei sehr unterschiedlichen Graden ist dieses Ebenbild im Menschen ausgeprägt: in der Natur, vornehmlich soweit sie Geistnatur ist, in der Gnade und in der Glorie. „Bildung" im christlichen Sinne bedeutet fortan nur dieses: „Entbildet werden der Kreatur, gebildet werden in Christus, überbildet werden in der Gottheit" (Seuse). „Denn die Er (der Vater) im voraus erwählt hat, die hat Er auch vorherbestimmt, dem Bilde Seines Sohnes gleichförmig zu werden" (Rom 8, 29). Worin diese Gottebenbildlichkeit des Menschen liegt, wird der Kommentar im engsten Anschluß an den Text in sorgfältigen Einzeluntersuchungen herausarbeiten. Es wird sich zeigen, daß zur Erfüllung dieser Ebenbildlichkeit nicht jede beliebige Dreiheit, die sich im Menschen aufweisen läßt — etwa, wie es im Anschluß an die neuere Psychologie vorgeschlagen wurde, die Trias Fühlen, Denken, Wollen —, genügt. Denn nicht die Dreizahl ist wesentlich, sondern die Ordnung, in welcher die drei göttlichen Personen auseinander hervorgehen: der Sohn aus dem Vater, aus Vater u n d Sohn der Heilige Geist. Drei Personen, aber nur zwei Hervorgänge, nur zwei Bewegungen bzw. Akte. Der Sprechende und das gesprochene WORT sind Ursprung und Ziel der ersten Bewegung: des schauenden Erkennens. Die Hauchenden und der Gehauchte sind gemeinsamer Ursprung und Ziel der zweiten Bewegung: der gegenseitigen Liebe. Diesen beiden Hervorgängen liegt die allen drei Personen gemeinsame Gottnatur zugrunde. S i e ist das, w a s der Vater erkennt und im WORTE ausspricht; zugleich das, was Vater und Sohn sich gegenseitig im Heiligen Geiste schenken. Der Vater als erster Lebensträger und Inhaber der göttlichen Natur, die erst durch Ihn auch der beiden anderen gemeinsamer Besitz ist — „Denn der Vater, der das Leben in sich selbst hat, Er hat auch dem Sohne gegeben, das Leben in sich selbst zu haben" (Jo 5, 26) —, (14)
ist also nicht als eine den beiden anderen Personen gleichgeordnete Kraft oder Bewegung aufzufassen, wie die versuchte Analogie Fühlen, Denken, Wollen nahelegt. Dementsprechend ist auch nicht jede Trias von drei einander zugeordneten Wirklichkeiten innerhalb der menschlichen Natur oder Tätigkeit als Bild der Dreieinigkeit anzusprechen, sondern nur jene, in der das Verhältnis auftaucht: ursprünglicher Wesensbesitz, Wesensausdruck und Wesensliebe bzw. gegenseitige Wesensmitteilung; oder: Seinsheit, Wahrheit, Gutheit; oder: Leben. Gestalt, Kraft; oder — näher zum Menschlichen —: Sein, Sinn, Sitte; oder schließlich für alles Geschöpf liehe: Seinstrieb, Ordnungstrieb, Opfertrieb. So wird die Lehre von der heiligsten Dreieinigkeit, bei deren dogmatischer Festlegung, wie Theodor Haecker sehr richtig bemerkt, „Psychologie und Anthropologie auch nicht die kleinste Rolle gespielt haben", nachträglich zu einem Korrektiv der Psychologie. Es offenbart sich in der aufgestellten Trias von Kräften mehr eine Art Anthropomorphismus denn eine echte Analogia Trinitatis. Auch in anderer Beziehung bleibt eine solche Auffassung hinter dem echten Sinn der Gottebenbildlichkeit zurück. Da die Ebenbildlichkeit formell auf dem Sprechen des geistigen Wortes und der daraus sich ergebenden geistigen Liebe beruht, fragt es sich: was dieses Wort beinhalten muß, damit es wahrhaft ein Bild des göttlichen WORTES darstelle; worauf diese Liebe zielen muß, damit sie wahrhaft ein Bild des Heiligen Geistes sei. Ohne Frage ist dies, da Erkennen und Lieben wesentlich vom Gegenstand her bestimmt werden, erst dann der Fall, wenn Gegenstand und Gegenstand sich decken, wenn der Inhalt des göttlichen und des menschlichen „Wortes" derselbe ist, wenn göttliche und menschliche Liebe dasselbe Ziel haben. Mit anderen Worten: Je tiefer der Mensch mittels der natürlichen und übernatürlichen Gotteserkenntnis in das Wesen und das „Denken" Gottes eindringt, je lebendiger er also Gott als den erkennt, als welchen Gott sich selbst erkennt, um so stärker prägen sich die geistigen „Züge" Gottes in seiner Seele aus. Und erst wenn der Mensch Gott wahrhaft zu lieben beginnt, wie Gott sich selbst liebt, d. h. als den unendlichen Inbegriff aller Wirklichkeit überhaupt, wahrhaft als das „höchste Gut", erst dann ist auch seine L'ebe ein Spiegel (15)
des Heiligen Geistes, in welchem Vater und Sohn sich gegenseitig zugeneigt sind. So ergeben sich drei Wesensstufen der göttlichen Ebenbildlichkeit: natürliche Gotteserkenntnis und Gottesliebe, die in Gott nur den Schöpfer erkennt und liebt; übernatürliche Gotteserkenntnis durch die göttliche Tugend des Glaubens und übernatürliche Gottesliebe durch die göttliche Tugend der Caritas, die in Gott vor allem den „Vater" sieht; erst auf dieser Stufe wird das Bild des Dreieinigen auch gegenständlich in der Seele ausgeprägt: zum ersten Male „erfährt" der Mensch durch den Glauben an die Offenbarung Christi, daß es in Gott Vaterschaft und Sohnschaft gibt und Heiligen Geist, sein ganzes Leben wird zu einem Leben in Gott, dem Dreieinen. Die dritte Stufe der Gottebenbildlichkeit schließlich wird erst im Jenseits erreicht im Licht der Glorie, wenn der Mensch Gott schaut „von Angesicht zu Angesicht". Von dieser Schau sagt Paulus: „Dann werde ich erkennen, wie auch ich erkannt bin" (1 Kor 13, 12). Nach dem Gesagten dürfte es schwer halten, durch die Aufstellung einer neuen Trias von seelischen Kräften die Theologie der Gottebenbildlichkeit des Menschen in dieser Richtung noch weiter oder tiefer zu führen, als Thomas es bereits getan. Wo aber wirklich noch Neuland zu erobern wäre, das wären die tiefen Beziehungen zwischen der Dreipersönlichkeit Gottes, dem innersten Wesen der heiligmachenden Gnade als einer Teilnahme an der sich notwendig trinitarisch auswirkenden göttlichen Natur und der Wesensstruktur menschlicher Gemeinschaft. Wenn das Leben selbst, das Gott i s t — Christus sagt: „Ich bin d a s Leben" —, kraft einer Notwendigkeit, die im göttlichen Sein selbst begründet liegt, nur als gemeinschaftlicher Besitz dreier göttlicher Personen gelebt werden kann, dann hat alles Leben, vorab aber das geistige, erst recht das übernatürliche Leben des Christen notwendig Gemeinschaftscharakter und kann nur in Gemeinschaft voll zur Entfaltung kommen. Und wenn die heiligmachende Gnade wirklich eine Teilnahme an der göttlichen Natur, d. h. aber am dreifaltigen Leben Gottes ist, so trägt auch sie den Keim zur Vergemeinschaftung schon in sich; sie ist, wie Thomas sich ausdrückt, ganz wesentlich eine gratia fraterna, eine Gnade, in deren Wesen es liegt, aus den Menschen, die sich ihrer göttlichen Wirksamkeit willig überlassen, Brüder zu machen. Chri(16)
stus selbst verlangt, daß die christliche Gemeinschaft nachgebildet sei dem Urbild aller Gemeinschaft, die da von Ewigkeit zu Ewigkeit gelebt wird von Vater, Sohn und Heiligem Geist. „Heiliger Vater", so betet Er im Hohenpriesterlichen Gebet, „bewahre sie (die Apostel) in Deinem Namen..., damit sie eins seien, w i e W i r e i n s s i n d . . . Aber nicht für sie allein bitte Ich, sondern auch für die, welche auf ihr Wort hin an Mich glauben werden, damit sie alle eins seien, w i e Du, V a t e r , in M i r u n d I c h i n D i r , damit auch sie i n U n s eins s e i e n . . . Die Herrlichkeit, die Du Mir gegeben hast, habe Ich ihnen gegeben, damit sie eins seien, w i e a u c h W i r e i n s s i n d . I c h in i h n e n u n d D u in Mir, damit sie in der Einheit vollendet s e i e n . . . " Somit ist die Kirche als die „neue" Gemeinschaft von Menschen, deren jeder nach Gal 6, 15 eine nova creatura darstellt, die notwendige Folge der Menschwerdung des Gottessohnes, und es ist eine vollkommen müßige Frage, ob Christus überhaupt eine Kirche habe gründen wollen. Erst in der Kirche als dem Volke Gottes des Neuen Bundes, als dem „mystischen Leibe" Christi ist nicht nur das Wesensbild des Gottmenschen, sondern auch das Bild jener Urgemeinschaft in Gott so weit aus-„gebildet", daß es als Vorstufe für die Vollendung der Ebenbildlichkeit in der Glorie des Jenseitigen Gottesreiches gelten kann. Erst damit ist die Geschichte der Menschheit als Heilsgeschichte endgültig abgeschlossen. Das Schicksal des göttlichen Ebenbildes im Menschen ist in Wahrheit das Schicksal der Welt. Auf der gegebenen Grundlage baut nun Thomas weiter. In den folgenden Fragen gibt er uns ein anschauliches Bild von der Lebenshöhe des paradiesischen Menschen. Mag uns da auch manches auf den ersten Blick unfaßlich scheinen, nach dem, was wir über den göttlichen Ursprung des Menschen und über seine Gottebenbildlichkeit gehört haben, kann es uns eigentlich nicht mehr überraschen. Der erste Mensch steht in der harmonisch geordneten Fülle seiner Natur, wahrhaft ein König und von göttlichem Adel, Herrscher kraft einer Erkenntnis, die ihm das All geistig zu Füßen legt, aber auch Herrscher kraft der von allen guten Geistern eines glücklichen Anfangs unterstützten Selbstmächtigkeit seines in der Urgerechtigkeit und in der Gnade erschaffenen Willens. (17)
Eine Natur, von der aller Irrtum, alle Disharmonie, aller Kampf und alle Unsicherheit von allem Anfang an verbannt war. Alles das ist nur eine Anwendung des metaphysischen Grundsatzes, daß am Anfang einer Entwicklung nicht das Unvollkommene stehen kann, sondern das Vollkommene stehen muß, nicht die reine Möglichkeit, sondern der Akt, die Wirklichkeit. Die Wasser fließen nicht aufwärts gegen die Berge, sondern bewegen sich abwärts zu Tal. Wo aber eine Entwicklung vom Unvollkommenen zum Vollkommenen statthat, steht hinter ihr immer ein Wirkendes, das das Endergebnis der Entwicklung bereits in sich vorausbesitzt. So lebt auch im ersten Menschen, eben weil er der Stammvater des ganzen Geschlechtes ist, eine überquellende Fülle geistiger und körperlicher Kraft, von der wir uns kaum eine Vorstellung machen. Esse und beatum esse, Sein und Seligsein fallen zusammen, wie bei Gott, der das Sein selbst i s t , so auch in Seinem vornehmsten Geschöpf, dem Menschen, wie grundsätzlich nach der gestuften Fähigkeit ihrer Naturen in allen Lebewesen. Auch die Lerche hat i h r e Seligkeit, von der ihr ekstatisches Lied Zeugnis gibt. Als ob nicht das tiefste Wesen des Seins als solches sich aussprechen m ü ß t e in der Ekstase des Seligseins! Doch, was in den niederen Geschöpfen Natur war, im Menschen war es Gnade. Deshalb ging aber auch des ersten Menschen Seligkeit über die schlichten Forderungen seiner Natur weit hinaus. Denn daß er seelisch und körperlich leidunempfindlich, daß er nicht nur der Seele, sondern auch dem Leibe nach unsterblich war, daß er also den Tod nicht zu fürchten hatte, verdankte er nicht seiner Natur, sondern einer übernatürlichen Kraft, die Gott seiner Seele mitteilte, solange sie selbst Gott, der Quelle aller Unsterblichkeit, unterworfen blieb. Auch seine Irrtumslosigkeit, wie überhaupt die volle Harmonie seiner Kräfte in dieser sonst so gegensätzlich strukturierten Natur — denn wo ist größerer Gegensatz als zwischen dem wesentlich vergänglichen Stoff mit seiner ungeheuer labilen Struktur und der damit gegebenen Zerfallsmöglichkeit und dem ganz einfachen, unvergänglichen Geiste! — verdankte der Mensch in dieser Vollendung und Sicherheit faktisch nicht seiner Natur, sondern der Gnade. (18)
Die volle Wesensbreite dieser Natur lernen wir aber erst kennen, wenn wir dann hören, daß sie trotz ihrer Geistigkeit und Unversehrbarkeit fähig war, alles das zu betätigen, was zur echten Natur des Menschen als eines geistig-körperlichen Lebewesens gehört, also auch Nahrungsaufnahme und Zeugung, mit all der Freude und tiefen Lust, die von Natur diese Tätigkeiten begleiten. Auch v o r der Sünde, entscheidet Thomas, hätte es zum Zweck der Vermehrung des Geschlechtes Zeugung gegeben, und zwar auf geschlechtlichem Wege. „Andernfalls wäre die Sünde in hohem Maße notwendig gewesen, um ein solches Gut — die Vermehrung des Geschlechtes — zu verwirklichen." Mit anderen Worten: Hätte die sittliche Bewährung des Menschen erkauft werden müssen mit dem Verzicht auf die Zeugung von Nachkommenschaft, sie wäre zu teuer erkauft gewesen. In dem Falle wäre also die Sünde „in hohem Maße notwendig", valde necessarium gewesen (im selben Sinne, wie es auch jetzt in der Liturgie mit Bezug auf die Menschwerdung des Gottessohnes heißt: 0 certe necessarium Adae peccat u m . . . ) . Wahrlich ein kühner Satz! Wer aber die Leidenschaft des Metaphysikers versteht, dem es in erster Linie um das Sein zu tun ist, der muß begreifen, daß das schlichte Dasein ungezählter Menschen, die kraft ihrer Geistseele unvergänglich sind, einen höheren Wert darstellt als die nach der sittlichen Norm geordnete Tätigkeit des Einzelnen. Thomas bleibt in allem Realist, d. h. er hält es mit der Wirklichkeit. „Was dem Menschen natürlich ist, kann ihm durch die Sünde weder entzogen noch verliehen werden" (98, 2). Den extremen Gegenpol zu dieser gesunden Ansicht stellt Kierkegard dar, der die Ursünde geradezu im Aufbrechen der Geschlechtlichkeit erblickt. Für Thomas ein unvollziehbarer Gedanke. Denselben Wirklichkeitssinn beweist Thomas auch in den Fragen, die sich auf die geistige und körperliche wie auch auf die soziale Verfassung der Nachkommenschaft beziehen, wenn die Stammeltern vor dem Sündenfalle solche gezeugt hätten, wobei sich die Fragestellung für unsere Auffassung oft kurioser ausnimmt als die darauf gegebene Antwort. So wenn Thomas etwa fragt: „Ob im Unschuldsstande auch Mädchen geboren worden wären." Hier könnten selbst die Utopisten noch zu Rea(19)
listen erzogen werden. Für die Erkenntnis dessen, was die Urschuld überhaupt über den Menschen gebracht hat, haben selbst die Fragen, die sich auf den Zustand einer imaginären Menschheit beziehen, noch ihren tiefen Sinn. Freilich nur für den, der aus der Offenbarung von der Tatsache einer solchen Katastrophe gleich im Start des Menschen weiß. Und so bleibt im Recht, was wir anfangs sagten: Die Theologie behält die Führung.
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E I N R I C H T U N G DER Ü B E R S E T Z U N G UND B A N D E I N T E I L U N G DER D E U T S C H E N THOMAS-AUSGABE
NB.: Um dem Leser auch bei Verlust des lose beiliegenden Lesezeichens das Verständnis der Einrichtung des einzelnen Bandes und außerdem zu jeder Zeit die Übersicht über das ganze Werk zu ermöglichen, geben wir beides jedem Bande an dieser Stelle bei.
I. A U F B A U
DES
ARTIKELS
1. Die Titelfrage zum Artikel stammt nicht von Thomas selbst, sondern ist entnommen dem einleitenden Videtur quod non oder Videtur quod. 2. Auf die Titelfrage folgen einige Argumente gegen die zu erwartende Antwort. Sie enthalten Autoritäts- oder Vernunftgründe, die irgendwie näher an das Problem heranführen. Diese in der Thomas-Literatur meist „Objectiones" genannten Argumente sind in der Übersetzung mit 1., 2., 3. usw., bei Verweisen mit E. ( = Einwand) bezeichnet. 3. Im „Sed contra" folgt dann ein Gegenargument, das nur mit Vorbehalt als Stütze für die eigentliche Lehre des Artikels angesehen werden darf. Zuweilen erhält es gar eine eigene „Lösung", meistens aber wird es ganz übergangen. Die Übersetzung leitet dieses Sed contra mit „Anderseits" ein. 4. Mit „Respondeo dicendum" (in der Übersetzung: „Antwort") beginnt der Hauptteil des Artikels, der die eigentliche Lehre des hl. Thomas enthält. 5. Auf die „Antwort" folgt unter Ad primum, Ad secundum . . . die Lösung der eingangs vorgebrachten Argumente. Sie führt oft den in der „Antwort" entwickelten Gedanken wesentlich weiter. Die Übersetzung leitet sie ein mit Zu 1., Zu 2. usw. 6. Die Angabe der Fundstelle erfolgt in der Übersetzung nur bei Schriftzitaten, und zwar in der heute üblichen Weise. Bei allen anderen Zitaten, in der Regel aus Autoren, die nur dem Wissenschaftler zugänglich sind, gibt die Übersetzung den Namen des Autors, der lateinische Text den Stellennachweis.
(21)
7. Abkürzungen: CSEL = Corpus scriptorum ecclesiasticorum Latinorum ed. Academia Vindobonensis. L = Editio Leonina, Romae 1882 sqq. MPG = Migne, Patrologiae cursus completus, series Graeca, accurante F. P. Migne, Paris. MPL = Migne, Patrologiae cursus completus, series Latina, accurante F. P. Migne, Paris. P = Editio Piana, Romae 1570. LThK = Lexikon für Theologie und Kirche, 2. Aufl., hrsg. von Dr. Michael Buchberger, Bischof von Regensburg, Freiburg i. Br. 1930 ff. RGG = Die Religion in Geschichte und Gegenwart, 2. Aufl., hrsg. von H. Gunkel u. Zscharnack, Tübingen 1927 ff. ZAM = Zeitschrift für Aszese und Mystik, Innsbruck. ZThK = Zeitschrift, für Theologie und Kirche. Die Rn zum Liber de causis beziehen sich auf 0. Bardenhewer, Die pseudo-aristotelische Schrift Über das reine Gute, bekannt unter dem Namen Liber de causis, Freiburg 1882, und geben Seite und Zeile dieser Ausgabe an.
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EINTEILUNG
DER
SUMMA
THEOLOGICA
I. BUCH Band Band
1. 2.
Frage Frage
114--
13 26
Band Band Band Band
3. 4. 5. 6.
Frage Frage Frage Frage
27-44-65-75--
43 64 74 89
Band
7.
Frage
90-- 1 0 2
Band
8.
Frage 103-- 1 1 9
Gottes Dasein und Wesen. Gottes Leben; Sein Erkennen und Wollen. Gott, der Dreieinige. Schöpfung und Engelwelt. Das Werk der sechs Tage. Wesen und Ausstattung des Menschen. Erschaffung und Urzustand des Menschen. Erhaltung und Regierung der Welt.
I. TEIL DES II. BUCHES Band 9. Band 10. Band 11.
Frage Frage Frage
1-22-49--
21 48 70
Band 12. Band 13. Band 14.
Frage 71-- 89 Frage 90-- 1 0 5 Frage 106-- 1 1 4
Ziel und Handeln des Menschen. Die menschlichen Leidenschaften. Grundlagen der menschlichen Handlung. Die Sünde. Das' Gesetz. Der Neue Bund und die Gnade.
II. TEIL DES II. BUCHES Band Band Band Band Band Band Band Band Band
15. Frage 1-- 22 16. Frage 23-- 33 17. Frage 34-- 56 18. Frage 57-- 79 19. Frage 80-- 1 0 0 20. Frage 101-- 1 2 2 21. Frage 123-- 1 5 0 22. Frage 151-- 1 7 0 23. Frage 171-- 1 8 2
Band 24.
Frage 183-- 1 8 9
Band 25. Band 26.
Frage Frage
1-16--
15 34
Band 27.
Frage
35 -
45
Glaube und Hoffnung. Liebe (1. Teil). Liebe (2. Teil). Klugheit. Gerechtigkeit. Die Tugend der Gottesverehrung. Tugenden des Gemeinschaftslebens. Starkmut und Mäßigkeit. Mäßigkeit (2. Teil). Besondere Gnadengaben und die zwei Wege menschlichen Lebens. Stände und Standespflichten. III. BUCH Die Menschwerdung Christi. Die Auswirkungen der Menschwerdung. Die Gottesmutter. Christi Leben.
(23)
Band 28. Band 29.
Frage Frage
46— 59: 60— 72:
Band 30. Frage Band 31. Frage
73— 83: 84— 90:
Christi Leiden und Erhöhung. Die Sakramente. Taufe und Firmung. Das Geheimnis der Eucharistie. Das Bußsakrament.
ERGÄNZUNG ZUM III. BUCH (Supplement). (Band 31.) Frage 1— 16: (Das Bußsakrament.) Band 32. Frage 17— 40: Schlüsselgewalt der Kirche. Letzte Ölung und Priesterweihe. Band 33. Frage 41— 54 Die Ehe (1. Teil). Band 34. Frage 55— 68 Die Ehe (2. Teil). Band 35. Frage 69— 87 Auferstehung des Fleisches. Band 36. Frage 88— 99 Die Letzten Dinge. 1. Zusatzband: Gesamtregister (Personen- und Sachverzeichnis für sämtliche Bände). 2. Zusatzband: Thomas-Lexikon (Wörterbuch der philosophischen und theologischen Fachausdrücke und Einführung in die Grundbegriffe des thomistischen Systems).
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ERSCHAFFUNG UND
URZUSTAND
DES
MENSCHEN
90.
FRAGE
DIE HERVORBRINGUNG DER SEELE DES ERSTEN MENSCHEN Hierauf ist die Hervorbringung des Menschen zu betrachten, wobei vier Dinge zu untersuchen sind: erstens die Hervorbringung des Menschen selbst; zweitens der Zweck dieser Hervorbringung; drittens der Zustand und die Daseinsbedingungen des erstgeschaffenen Menschen; viertens sein Aufenthaltsort. Bezüglich der Hervorbringung ist dreierlei zu betrachten: Erstens die Hervorbringung der Seele des Menschen; zweitens die Hervorbringung des Leibes des Mannes; drittens die Hervorbringung des Weibes. Zum Ersten ergeben sich vier Einzelfragen: 1. Ob die Menschenseele etwas Gemachtes oder [Teil] göttlicher Substanz ist. 2. Angenommen, sie ist gemacht: ist sie dann geschaffen? H. Ob sie mit Hilfe der Engel gemacht ist. 4. Ob sie vor dem Leibe gemacht ist. 1. A R T I K E L Ob die
Seele
gemacht
oder
[Teil]
göttlicher
Substanz
ist
I. Gn 2, 7 heißt es: „Hierauf bildete Jalive, Gott, den Menschen aus dem Lehm der Erde und hauchte in seine Q U A E 8 T I O XC DE PRIMA HOMINIS PRODUCTIONE QUANTUM ANIMAM
AD
Post praemissa considerandum est de prima hominis productione. Et circa hoc consideranda sunt quatuor: primo, de productione ipsius hominis; secundo, de fine productionis; tertio, de statu et conditione hominis primo producti; quarto, de loco ejus. Circa productionem autem consideranda sunt tria: primo, de pioductione hominis quantum ad animam; secundo, quantum ad corpus viri; tertio, quantum ad productionem mulieris. Circa primum quaeruntur quatuor: 1. Utrum anima humana sit aliquid factum, vel sit de substantia ipsius Dei. — 2. Supposito quod sit facta, utrum sit creata. — 3. Utrum sit facta mediantibus angelis. — 4. Utrum sit facta ante corpus. ARTICULUS 1 (I t r li m a n i m a s i t t' a c t a, v e l s i t d e
Dei
substantia
[2 Seilt, d. 17, q. 1, a. 1; 2 C. G. 85; Compend. Theol. 94] AD PKIMUM sie. proceditur. Videtur quod anima non sit facta, sed sit de substantia Dei. Dicitur enim Gen. 2: „Formavit Dens
3
90, i Nase den Odem des Lebens, und der Mensch wurde zu einem lebenden Wesen." Wer haucht, gibt aber etwas von sich. Also ist die Seele, durch die der Mensch lebt, etwas von der Substanz Gottes. 2. Nach Frage 75, 5 [Bd. 6] ist die Seele eine einfache Form. Die Form ist aber Seinswirklichkeit. Also ist die Seele reine Seinswirklichkeit, was nur Gott zukommt. Also ist die Seele göttlicher Substanz. 3. Dinge, die sind und in keiner Weise verschieden sind, sind dasselbe. Gott und der Geist [des Menschen] sind aber und unterscheiden sich in keiner Weise, andernfalls müßten Unterschiede da sein, und dann wären sie zusammengesetzt. Also sind Gott und die menschliche Seele dasselbe. ANDERSEITS zählt Augustinus manches auf, von dem er sagt, „es sei völlig und ganz offenbar widersinnig und dem katholischen Glauben entgegen"; dazu gehört an erster Stelle die Aussage bestimmter Leute, „Gott habe die Seele nicht aus nichts, sondern aus Sich selbst gemacht". ANTWORT: Die Aussage, die Seele ist [Teil] göttlicher Substanz, enthält einen offenbaren Widerspruch. Denn aus dem oben (79, 4 ; 84, 6 u. 7: Bd. 6) Gesagten ist dieses klar: die Seele ist zuweilen der Möglichkeit nach erkennend; sie gewinnt ferner ihr Wissen in gewissem Sinne von den Dingen und besitzt verschiedene Vermögen, was QUAESTIO 90, l hominem de limo terrae, et inspiravit in faciem ejus spiraculum vitae, et factus est homo in animam viventem." Sed ille qui spirat, aliquid a se emittit. Ergo anima qua homo vivit, est aliquid de substantda Dei. 2. PRAETEREA, sicut supra habitum est, anima est forma simplex. Sed forma est actus. Ergo anima est actus purus, quod est solius Dei. Ergo anima est de substantia Dei. 3. PRAETEREA, quaecumque sunt, et nullo modo differunt, sunt idem. Sed Deus et mens sunt, et nullo modo differunt; quia oporteret quod aliquibus differentiis difterent, et sie essent composita. Ergo Deus et mens humana idem sunt. mpl SiED CONTRA est quod Augustinus in libro de Origine Animae caP" ^ e n u m e r a t ctsFL quaedam quae dicit esse „multum 80/377 sq. aperteque perversa, et fidei catholicae adversa"; inter quae primum est quod quidam dixerunt „Deum animam non de nihilio. sed de seipso fecisse". RESPONDEO dicendum quod dicere animam esse de substantia Dei, manifestarli improbabilitatem continet. Ut enim ex dictis patet, anima humana est quandoque intelligens in potentia, et scientiam quodammodo a rebus acquirit, et habet diversas po-
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alles dem Wesen Gottes fremd ist, der die reine Wirklich- 00, 1 keit ist, der von einem anderen nichts empfängt und keine Verschiedenheit in sich trägt, wie oben (3, 7; 12, 1: Bd. 1) bewiesen wurde. Dieser Irrtum scheint sich aus zwei Annahmen der Alten herzuleiten. Die ersten Philosophen nämlich, die sich mit der Naturbetrachtung beschäftigten, stellten, da sie sich über die Einbildungskraft nicht zu erheben vermochten, die Behauptung auf, außer der Körperwelt gebe es nichts. Darum sagten sie, Gott sei ein Körper, den sie dann für den Urgrund der andern Körper hielten. Und da sie behaupteten, die Seele sei gleicher Natur wie jener Körper, den sie für den Urgrund hielten [1], so ergab sich folgerichtig, daß die Seele [Teil] göttlicher Substanz seU Dieser Behauptung gemäß nahmen auch die Manichäer [2], die Gott für ein körperliches Licht hielten, an, die Seele sei ein an den Körper gebundener Teil jenes Lichtes. — Späterhin hatte insofern ein Fortschritt statt, als einige das Dasein von Unkörperlichem erfaßten, allerdings noch nicht als etwas vom Körper Getrenntes, sondern als Gestaltungsgrund des Körpers. Darum sagt auch Varro [3], „Gott sei die durch Blick oder Bewegung und Vernunft leitende Weltseele", wie Augustinus berichtet. So hielten einige die Menschenseele für einen Teil jener Allseele, wie der Mensch ein Teil des Alls ist, da sie mit Q U A E S T I 0 90, l tentias; quae oinnia aliena sunt a Dei natura, qui est actus purus, et nihil ab alio accipiens, et nullani in se diversitatem habens, ut supra probatum est. Sed hic error principiuni habuisse videtur ex duabus positionibus antiquorum. Primi enim qui naturas rerum consiiderare incoeperunt, iinaginationem transcendere non valentes, nihil praeter Corpora esse posuerunt. Et ideo Deum dicebant esse quoddam corpus, quod aliorum corporum judicabant esse principiuni. Et quia andmam ponebant esse de natura illius corporis quod dicebant esse principiuni, ut dicitur 1 de An. [cap. 2 ] , per 4or, b consequens sequebatur quod anima esset de substantia 1 Dei. •luxta quam positionein etiam Manichaei Deum esse quamdam lucem corpoream existimantes, quamdam partem illius lucis animam esse posuerunt corpori alligatam. — Secundo vero processum fuit ad hoc quod aliqui aliquid incorporeum esse apprehenderunt, non tarnen a corpore separatum, sed corporis formam. Unde et Varro dixit quod „Deus est anima mundum intuitu v e l 2 motu et ratione gubernans"; ut Augustinus narrat, 7 de Civ. Dei [cap. 6; MI'L lib. 4, cap. 31]. Sic igitur illius totalis animae partem aliqui c s e l ' 1-W posuerunt animam hominis sicut homo est pars totius mundi; 401311,205 1
L: natura.
2 L am. Intuitu vol.
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00, i ihrem Verstände bis zur Unterscheidung der Stufen der geistigen Wesenheiten nur an Hand der Unterschiede der Körper vordringen konnten. — Das alles sind aber Ungereimtheiten, wie (8, 1 u. 8 : Bd. 1) bewiesen wurde. Die Behauptung, die Seele sei [Teil] göttlicher Substanz, ist also offenbar falsch. Z u 1. Das Wort,einhauchen' darf man nicht im körperlichen Sinne nehmen. Für Gott bedeutet ,einhauchen' soviel wie: den Geist schaffen; obschon auch der Mensch, wenn er körperlich haucht, nicht etwas von seinem Wesen aus sich entläßt, sondern etwas, was anderer Natur ist. Z u 2. Wenn auch die Seele ihrem Wesen nach eine einfache Form ist, so ist sie doch nicht selbst ihr Sein, sondern sie ist ein Sein durch Teilhabe (75, 4 u. 5: Bd. 6). Also ist sie nicht reine Wirklichkeit wie Gott. Zu 3. Ein im eigentlichen Sinne sich Unterscheidendes unterscheidet sich durch etwas. Deshalb fragt man dort nach einem Unterschied, wo eine Übereinstimmung vorliegt. Darum müssen unterschiedene Dinge in gewisser Weise zusammengesetzt sein, da sie sich in etwas unterscheiden und in etwas anderm übereinstimmen. Wenngleich also alles Unterschiedene auch verschieden ist, so ist doch nicht alles Verschiedene unterschieden (Aristoteles). Denn die einfachen Wesen sind durch sich selbst verschieden. Aber sie unterscheiden sich nicht durch irgendwelche Unterschiede, aus denen sie zusammengesetzt wären. So sind Mensch und Esel unterschieden Q U A E S T 1 O 90, 1
noii valentes intellectu pertingere ad distinguendos spiritualium substantiarum gradus, nisi secundum distinetiones corporum. — Haec autein omnia sunt impossibilia, ut supra probatum est. Unde manifeste falsum est animam esse de substantia Dei. AD PRIMUM ergo dicendum quod inspirare non est aeeipiendum corporaliter; sed idein est Deum inspirare, quod spirilum facere. Quamvis et homo corporaliter spirans non emittat aliquid de sua substantia, sed de natura extranea. AD SECUNDUM dicendum quod anima, etsi sit forma Simplex secundum suani essentiam, non tarnen est suuin esse, sed est ens per partieipationem, ut ex supra dictis patet. Et ideo non est actus purus, sicut Deus. AD TERTIUM dicendum quod differens, proprie aeeeptum, aliquo difiert; unde ibi quaeritur differentia, ubi est convenientia. El propter hoc oportet differentia esse composita quodammodo, cum in aliquo differant, et in aliquo conveniant. Sed secundum hoc, licet omne differens sit diversum, non tarnen omne 1054b diversum est differens, ut dicitur in 10 Metaph. [lib. 9, cap 3 ; 2 5 s ( i-; cf. lib. 4, cap. 9 ] . Nam simplicia diversa sunt seipsis; non autem 9sqq* differunt aliquibus differentiis, ex quibus componantur; sicut
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durch die U n t e r s c h i e d e d e s V e r n ü n f t i g s e i n s u n d d e s Un- 90, 2 v e r n i i n f t i g s e i n s , von d e n e n m a n nicht s a g e n k a n n , sie u n t e r s c h i e d e n sich w i e d e r u m d u r c h a n d e r e U n t e r s c h i e d e . 2. A R T I K E L einen Schöpfungsakt hervorgebracht wurde 1. W a s e t w a s Stoffliches in sich hat, e n t s t e h t a u s d e m Stoffe. Die S e e l e h a t a b e r e t w a s Stoffliches in sich, d a sie nicht r e i n e W i r k l i c h k e i t ist. Also w u r d e d i e S e e l e a u s d e m Stoffe g e b i l d e t ; sie w u r d e also nicht e r s c h a f f e n . 2. Es scheint, d a ß j e d e S e i n s v o l l k o m m e n h e i t e i n e s Stoffes a u s d e r A n l a g e d e s Stoffes e m p o r e n t w i c k e l t w e r d e . Denn, da d e r Stoff A n l a g e ist auf S e i n s v o l l k o m m e n h e i t hin, so h a t j e d e S e i n s v o l l k o m m e n h e i t V o r d a s e i n in d e r A n l a g e d e s S t o f f e s . D i e S e e l e ist a b e r d i e Seinsvollk o m m e n h e i t d e s k ö r p e r l i c h e n Stoffes, w i e a u s i h r e r Beg r i f f s b e s t i m m u n g e r h e l l t . Also e n t w i c k e l t sich d i e S e e l e aus d e r A n l a g e d e s Stoffes e m p o r . 3. Die S e e l e ist e i n e F o r m . W e n n also d i e S e e l e d u r c h Schöpfungsakt entsteht, dann entstehen aus gleichem G r u n d e auch d i e a n d e r n F o r m e n auf d i e s e W e i s e . D a n n tritt a b e r ü b e r h a u p t k e i n e F o r m auf d e m W e g e d e r Zeugung i n s D a s e i n ; w a s nicht sinnvoll ist. Ob die Seele
durch
Q U A E S T I O 90, 2
homo et asinus differunt rationali et irrationali differentia, de i|uibus non est dicere quod ulterius aliis differentiis different. A K T 1 C U L U S II U t r u 111 a n i in a s i t p r o d u c t a - i n e s s e c r e a t . i o n e in
per
[1 HS. 2; 2 Seilt, d. 1, q. 1, a. 4; 2 C. G. 87; De vcrlt. 27, 3 ad U; D e p o t . 3, 9; De .spirit creat. a. 2. ad 8: Quodl. 9. q. 5. a. 1; Compend. Theol. 93; Opusc. 28, de fato 5; Opuse. 37, de q u a t u o r oppos. 4]
AD SECUNDUM sic proceditur. Videtur quod anima non sit producta in esse per creationem. Quod enim in se habet aliquid materiale, fit ex materia. Sed an>iina habet in se aliquid lirateriale, cum non sit actus purus. Ergo anima est facta ex materia. Non ergo est creata. 2. PRAETEREA, omnis actus materiae alieujus videtur educi de potentia materiae; cum enim materia sit in potentia ad actum, actus quilibet praeexislit in materia in potentia. Sed anima est actus materiae corporalis, ut ex ejus definitione 3 apparet. Ergo anima educitur de potentia inateriae. 3. PRAETEREA, anima est forma quaedam. Si igitur anima lit per creationem, pari ratione omnes aliae formae. Et sic nulla forma exibit in esse per generationem. Quod est inconveniens. 3 Cf. Arist. 2 de An., cap. 1: 412 a 27 sq.
I
00. 2
A N D E R S E I T S heißt es Gn 1, 26: „Gott schuf den Menschen nach Seinem B i l d e " [4 ]. Der Mensch ist aber Ebenbild Gottes seiner Seele nach. Also trat die Seele durch Schöpfung ins Dasein. ANTWORT: Die Vernunftseele kann nur durch Erschaffung entstehen, w a s bezüglich der andern Formen nicht so ist. Der Grund hierfür ist d i e s e r : Da das Entstehen der Weg zum Sein ist, kommt einem Ding d a s Werden in der W e i s e zu, wie ihm d a s Sein zukommt. Man sagt aber von j e n e m im eigentlichen Sinne, daß es sei, welches das Sein so besitzt, daß es in seinem Sein Selbstand hat. Darum heißen auch nur die Selbstandwesen im eigentlichen und wahren Sinne S e i e n d e ; d a s B e i w e s e n aber hat nicht Sein, sondern durch d a s s e l b e ist etwas [so oder so b e s c h a f f e n ] ; a u s diesem Grunde wird es ein S e i e n d e s genannt, wie man die Weißfarbenheit ein Seiendes nennt, weil durch sie etwas weiß ist. Darum „nennt man d a s Beiwesen richtiger eines Seienden [ B e s t i m m u n g ] , denn ein S e i e n d e s " [Aristoteles]. Derselbe Grund gilt f ü r alle nicht Selbstand besitzenden Formen. Darum kommt keiner nicht Selbstand besitzenden F o r m d a s Entstehen im eigentlichen Sinne zu, sondern man sagt, sie entstünden dadurch, daß zusammengesetzte Selbstandwesen entstehen. — Die Vernunftseele ist a b e r eine Selbstand besitzende F o r m (75, 2: Bd. 6). Und d a sie nicht entstehen kann a u s vorliegendem körperlichem Stoffe, weil sie dann körperlicher Natur wäre, noch a u s einem geistigen Stoffe Q U A E S T I O 90, a
SED CONTRA est quod dicitur Gen. 1 : „Creavit Deus hominem ad imaginem suam." Est autem homo ad imaginem Dei secundum animam. Ergo anima exivit in esse per creationem. RESPONDEO dicendum quod anima rationalis non potest fieri nisi per creationem; quod non est verum de aliis formis. Cujus ratio est quia, cum fieri sit via ad esse, hoc modo alicui competit fieri, sicut ei competit esse. Illud autem proprie dicitur esse, quod ipsuni habet esse, quasi in suo esse subsistens; unde solae substantiae proprie et vere dicuntur entia. Accidens vero non habet esse, sed eo aliquid est, et hac ratione ens dicitur; sicut albedo dicitur ens, quia ea aliquid est album. Et propter hoc di1028a 18 citur in 7 Metaph. [lib. 6, cap. 1], quod accidens dicitur „magis entis quam ens". Et eadem ratio est de omnibus aliis formis non subsistentibus. Et ideo nulli formae non subsistenti proprie convenit 4 fieri, sed dicuntur fieri per hoc quod composita subsistentia fiunt. — Anima autem rationalis est forma subsistens, ut supra habitum est. Unde ipsi proprie competit esse et fieri. Et quia non potest fieri ex materia praejacente neque corporali, quia sic esset naturae corporeae; neque spirituali, quia sic sub* P et L: competit.
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[5], weil dann die geistigen Selbstandwesen ineinander 90, -i umgewandelt würden, so muß man sagen, daß sie nur durch einen Schöpfungsakt entsteht. Z u 1. Wie das Stoffbestimmte verhält sich in der Seele ihre einfache Wesenheit, das Formgebende in ihr ist das Sein, das sie als Teilhabe besitzt, das allerdings notwendigerweise zugleich mit dem Wesen der Seele ist, weil das Sein von Natur aus auf die Form folgt. — Dasselbe würde bei der Annahme gelten, sie sei aus einem gewissen geistigen Stoffe zusammengesetzt, wie einige sagen. Denn jener Stoff ist ebensowenig wie der Stoff des Himmelskörpers in der Möglichkeit zu einer andern Form; andernfalls könnte die Seele zerfallen. Also kann die Seele in keiner Weise aus einem vorliegenden Stoff entstehen. Z u 2. Daß aus der Anlage des Stoffes die [Form als] Seinsvollkommenheit heraufgeführt wird, besagt nichts weiter als dies, daß etwas in Wesenswirklichkeit entsteht, was vorher [nur] der Anlage nach bestand [6]. Weil aber die Vernunftseele ihr Sein nicht in Abhängigkeit vom körperlichen Stoffe besitzt, sondern ein Selbstandsein hat und das Fassungsvermögen des körperlichen Stoffes überragt (75, 1: Bd. 6), wird sie nicht aus der Anlage des Stoffes heraufgeführt. Z u 3. Es ist nicht das Gleiche mit der Vernunftseele und den anderen Formen (Antwort). Q U A E S T I O 90, 2
stantiae spirituales invicem 5 transmutarentur; necesse est dicere quod non fiat nisi per creationem. AD PRIMUM ergo diicendum quod in anima est sicut materiale ipsa simplex essentia, formale autem in ipsa est esse participatum; quod quddem ex necessitate simul est cum essentia animae, quia esse per se consequitur ad formam. — Et eadem ratio esset, si poneretur composita ex quadam materia spirituali, ut quidam 0 dicunt. Quia illa materia non est in potentia ad aliam formam, sicut nec materia caelestis corporis: alioquin anima esset corruptibilis. Unde nullo modo anima potest fieri ex materia praejacente. AD SECUNDUM dicendum quod actum extrahi de potentia materiae nihil aliud est quam aliquid fieri in 7 actu quod prius erat in potentia. Sed quia anima rationalis non habet esse suum dependens a materia corporali, sed habet esse subsistens, et excedit capacitatem materiae corporalis, ut supra dictum est; propterea non educitur de potentia materiae. AD TERTIUM dicendum quod non est simile de anima rationall et de aliis formis, ut dictum est. ® I.: in Invicem.
« CI. Bonavent., 2 Sent., dist. 17, art. 1, q. 2.
'
27
V
et L om.
9
9ü, 3 Ob die Vernunftseele
3. A R T I K E L unmittelbar von Gott wurde
hervorgebracht
1. In der Geisterwelt besteht eine größere Ordnung als in der Körperwelt. Die niedern Körper werden aber durch die höhern hervorgebracht (Dionysius). Also werden auch die niedern Geister, die Vernunftseelen, durch die höhern Geister, die Engel, hervorgebracht. 2. Das Endziel der Dinge entspricht ihrem Ursprung; Gott ist aber Ursprung und Endziel der Dinge; also entspricht auch der Ausgang der Dinge vom Ursprung der Rückführung der Dinge zum Endziel. „Die niedersten Dinge werden aber durch die ersten zurückgeführt" (Dionysius). Also nehmen auch die niedersten Dinge ihren Ausgang ins Dasein von den ersten, nämlich von den Engein aus. 3. „Vollkommen ist, was ein sich Ähnliches machen kann" (Aristoteles). Die geistigen Selbstandwesen sind aber viel vollkommener als die körperlichen. Da nun die Körper Artähnliches hervorbringen, können also die Engel weit eher etwas der Art nach Unvollkommeneres, als sie selbst sind, machen, nämlich die Vernunftseele. 0 R V K
s T I O 00. .-!
ARTICULUS III U t r u m a n i ni a r a t i o n a l i s s i t p r o d u c t a i m ni e d i a t e
a Deo
[2 disi. 18. q. 2, n. 2: Quodl. 3. q. :i. a. 1 (6): Opusc. 15 (16), de Angeiis 10; De causis, lect. 3. 5.]
AD TERTIUM sie proeeddtur. Videtur quod anima rationalis non .sit producta a Deo ininiediate, sed mediantibus angelis. Major enim ordo in spiritualibus est quam in corporalibus. Sed Corpora inferiora produeuntur per corpora superiora, ut Dionysius MPG dicit [Div. Nom. cap. 4]. Ergo et inferiores spiritus, qui sunt :! «97C animae rationales, produeuntur per spiritus superiores, qui sunt u 1,188 angeli. 2. PRAETEREA, flnis rerum respondet prineipio; Deus enim est prineipium et flnis rerum. Ergo et exitus rerum a prineipio respondet reduetioni rerum in flnem. Sed „infima redueuntur MPG per prima", ut Dionysius dicit r[iEccl. Hier. cap. 5], Ergo et in8/501 B ftina procedunt in esse per prima, scilicet animae per angelos. 3. PRAETEREA, „perfectum est quod potest sibi simile facere", .I80ai4sq.ut dicitur 4 Meteor, '[cap. 3; cf. 2 de An. cap. 4]. Sed spirituales •115a 27sq. substantiae sunt multo magis perfectae quam corporales. Cum ergo corpora faeiant sibi similia secundum speciem, multo magis angeli poterunt facere aliquid infra se secundum speciem naturae, scilicet anmiani rationalem.
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ANDERSEITS heißt es Gn 2, 8: „Gott hauchte in das ÖD. 3 Antlitz des Menschen den Odem des Lebens." ANTWORT: Einige [7] haben behauptet, die Engel brächten, insofern sie in der Kraft Gottes tätig sind, die Vernunftwesen hervor. Das ist aber gänzlich unmöglich und gegen den Glauben; denn wir haben Art. 2 gezeigt, daß die Vernunftseele nur durch Schöpfung hervorgebracht werden kann. Einzig Gott aber kann erschaffen, weil es einzig dem Erstwirkenden zukommt, ohne vorliegenden Werkstoff tätig zu sein. Denn das Zweitwirkende setzt immer etwas vom Erstwirkenden [Geschaffenes] voraus (65, 3: Bd. 5). Was aber etwas aus einem vorliegenden Werkstoffe wirkt, wirkt durch Veränderung. Darum ist jedes Wirkende nur verändernd tätig; Gott allein ist indes erschaffend tätig. Da nun die Vernunftseele nicht durch Veränderung eines Werkstoffes hervorgebracht werden kann, darum kann sie nur unmittelbar von Gott hervorgebracht werden. Damit ist die Lösung der Einwände gegeben. Denn daß die Körper Ähnliches oder Niedrigeres hervorbringen und daß die höheren Wesen die niederen [zum Endziel] zurückführen, geschieht durch bestimmte Veränderung. () U A K S T I 0 90, 3 SED CONTRA est quod dicitur Gen. 2, quoil Deus ipse „inspiravit in faciem hominis spiraculum vitae". RESPONDEO dicendum quod quidam s posuerunt quod angeli, secundum quod operantur in virtute Dei, causant animas rationales. Sed hoc est oinnino impossibile, et a fide alienum. Ostensuni est enim quod anima rationalis non potest produci nisi per creationem. Solus autem Deus potest creare. Quia solius primi agentis est agere, nullo praesupposito; cum Semper agens secundum praesupponat aliquid a primo agente, ut supra habitum est. Quod autem agit aliquid ex aliquo praesupposito, agit transmutando. Et ideo nulluni aliud agens agit nisi transmutando; sed solus Deus agit creando. Et quia anima rationalis non potest produci * per transmutationem alicujus materiae, ideo non potest produci nisi a Deo immediate. Et per hoc patet solutio ad objecta. Nam quod corpora causant vel sibi similia vel inferiora, et quod .superiora reducunt inferiora, totum hoc provenit per quamdam transmutationem.
» Ct. Au?, de Haer. 59: MI'I, 42/41; Avtconnae Mclaph.. tract. 9, c. I. f P: in-oducitur.
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4
4. A R T I K E L Seele vor dem, Leibe hervorgebracht wurde 1. Die Erschaffung ging dem Werke der Unterscheidung und Ausschmückung vorauf (Fr. 66 u. 70: Bd. 5). Die Seele wurde aber durch Schöpfung hervorgebracht (Art. 2); der Leib dagegen wurde am Abschluß des Ausschmückungswerkes gebildet. Also wurde die Seele des Menschen vor dem Leibe hervorgebracht. 2. Die Vernunftseele hat größere Ähnlichkeit mit den Engeln als mit den Tierseelen. Nun wurden die Engel vor der Körperwelt erschaffen oder gleich im Anfang mit der Körperweit. Der Menschenleib aber wurde am sechsten Tage gebildet, als die tierischen Lebewesen hervorgebracht wurden. Also wurde die Menschenseele vor dem Leibe erschaffen. 3. Das Ende entspricht dem Anfang. Am Ende aber bleibt die Seele nach dem Leibe. Also wurde sie auch im Anfang vor dem Leibe erschaffen. ANDERSEITS entsteht die eigene Seinsvollkommenheit in der eigenen Seinsanlage. Da nun die Seele die dem Körper eigentümliche Seinsvollkommenheit ist, wurde die Seele im Körper hervorgebracht. Ob die menschliche
Q U A E S T I 0 90, 4
Utrum anima
A R T I C U L U S IV humana fuerit producta
corpus
ante
[I 91, 4 ad 3. 5; 118, 3; 2 dist. 17, q. 2, a. 2; 2 C. G. 83. 84; De pot. 3, 10]
AD QUARTUM sie proceditur. Videtur quod anima humana fuerit producta ante corpus. Opus enim creationis praecessit opus distinetionis et ornatus, ut supra habitum est. Sed anima producta est in esse per creationem; corpus autem factum est in fine ornatus 10. Ergo anima hominis producta est ante corpus. 2. PRAETEREA, anima rationalis magis convenit cum angelis quam cum animalibus brutis. Sed angeli creati fuerunt ante corpora, vel statim a prineipio cum corporali materia; corpus autem hominis formatum est sexto die, quando et bruta animantia sunt producta. Ergo anima hominis fuit creata ante corpus. 3. PRAETEREA, finis proportionatur prineipio. Sed anima in fine remanet post corpus. Ergo et in prineipio fuit creata ante corpus. SED CONTRA est quod actus proprius fit in potentia propria. Cum ergo anima sit proprius actus corporis, anima producta est in corpore. 10 p add. ut supra habitum est.
12
ANTWORT: Origenes [8] behauptete, nicht nur die 90,4 Seele des ersten Menschen, sondern die Seelen aller Menschen seien vor den Leibern, zugleich mit den Engeln geschaffen worden; er behauptete dies, weil er glaubte, alle geistigen Selbstandwesen, die Seelen sowohl wie die Engel, seien den Seinsbedingungen ihrer Natur nach gleich, sie seien nur dem Verdienst nach verschieden, derart, daß einige — die Seelen der Menschen oder der Himmelskörper — an Körper gebunden werden, einige jedoch iti ihrer Geistigkeit nach bestimmten Ordnungen verbleiben. Über diese Auffassung haben wir uns schon geäußert (47, 2: Bd. 4); darum möge sie jetzt übergangen werden. Augustinus jedoch lehrt aus einem andern Grunde, die Seele des ersten Menschen sei vor dem Leibe zugleich mit den Engeln erschaffen worden; er behauptet nämlich, der Leib des Menschen sei in den Werken jener ersten sechs Tage nicht in seinem wirklichen Sein erschaffen worden, sondern nur denKeimkräften 1() a nach, was von der Seele nicht gesagt werden kann, weil sie weder aus einem körperlichen Stoffe noch aus einem vorgegebenen geistigen Stoffe gebildet wurde und auch nicht von einer geschöpflichen Kraft hervorgebracht werden konnte. So hat es den Anschein, als sei die Seele in den Werken der sechs Tage, in denen alles gemacht wurde, zugleich mit den Q U A E S T I O 90, 4 R E S P O N D E O dicenduiri quod Origenes [Peri. A i c h . lib. 1, MPG cap. 6 sqq.; lib. 2, cap. 9 ] po.suit non solum animani primi homi- 11/166 sqq., nis, sed a n i m a s omnium hoiriirumi ante corpora siniul cum an- .¿25sq!' ' gelis creatas; propter hoc quod credidit omnes spirituales substantias, tarn animas quam angelos, aequales esse secunduin suae naturae conditionem, sed solum merito distare; sie q u o d 1 1 quaedam e a r u m corporibus alligantur 1 2 , q u a e sunt a n i m a e hominum, vel caelestium c o r p o r u m ; q u a e d a m vero in sui puritate secundum diversos ordines r e m a n e n t 1 3 . D e qua opinione s u p r a jam d i x i m u s ; et ideo relinquatur ad praesens. Augustinus v e r o in 7 de Gen. ad litt. [cap. 24 sqq.] dicit quod MPL anima primi hominis ante corpus cum angelis est creata, propter ' ¿ g ^ 8 8 ' 1 ' 1 ' aliam rationem. Quia scilicet ponit quod corpus hominis in illis 281/222 sqq. operibus s e x dierum 11011 fuit produetum in actu, sed solum secundum causales rationes; quod non potest de anima dici; quia nee ex aliqua niateria corporali aut spirituali praeexistente facta fuit, nec e x aliqua virtute creata produci potuit. Et ideo videtur quod ipsamet anima in operibus s e x dierum, in quibus omnia l'acta fuerunt, simul cum angelis fuerit creata, et quod postmo10a
Vgl. Anm. [15].
" L: ut.
12 L: alligarentur. 13 L: remaaerent.
13
90, 4 Engeln erschaffen worden und habe sich später aus eigenem Willen für den Dienst am Leibe entschieden. — Aber er stellt das nicht als Behauptung auf, wie seine Worte selbst ausweisen, denn er sagt: „Wofern keine Schriftstelle und kein wahrer Grund dagegen spricht, möge man glauben, der Mensch sei am sechsten Tage so erschaffen worden, daß eine Keimkraft seines Leibes in den Grundstoffen der Welt vorlag, die Seele selbst aber geschaffen wurde." Dies könnte man zwar nach denen annehmen, welche behaupten [9], die Seele stelle für sich allein eine vollkommene Artnatur dar und sie sei dem Leibe nicht als [innerer] Gestaltungsgrund, sondern nur zu seiner Leitung verbunden. Wenn aber die Seele dem Leibe als dessen Gestaltungsgrund verbunden ist und somit naturhaft ein Teil der menschlichen Natur ist, ist das ganz unmöglich. Denn es ist offenbar, daß Gott die ersten Dinge im vollkommenen Zustande ihrer Natur begründete, so wie es die Art eines jeden Dinges erforderte. Die Menschenseele aber als Teil der Menschennatur hat ihre naturhafte Vollendung nur durch ihre Verbindung mit dem Leibe. Es wäre also nicht sinnvoll gewesen, die Seele ohne den Leib zu erschaffen. Wenn man also die Meinung Augustins bezüglich des Sechstagewerkes aufrecht erhält, so kann man sagen, die Menschenseele sei in den Werken der sechs Tage in ihrer Q U
X E S T I 0 90. 4
dum propria voluntate inclinata fuit ad corpus administranduni. — S e d hoc lion dicit asserendo ut ejus verba demonstrant. Dicit mpl enini: „Credatur, si nulla Scripturarum auctoritas, .seil veritatis «¡FL r a ' ' ° contraddcit, honiinein ita factum sexto die, ut corporis qui281 223 d e n l humani ratio causalis in elenientis mundi e s s e t 1 4 , anima vero jam ipsa crearetur." Posset autem utique hoc tolerari secundum eos qui ponunl quod anima habet per se speciem et naturam completani, et quod non unitur corpori ut forma, sed solum ad ipsum administrandum , 5 . S.i autem anima unitur corpori ut forma et est naturaliter pars humanae naturae, hoc omnino esse non potest. Manifestum est enim quod Deus primas res instituit in perfecto statu suae naturae, secundum quod uniuscujusque rei species exigebat. A n i m a autem, cum sit pars humanae naturae, non habet naturalem perfectionem nisi secundum quod est corpori unita. Unde non fuisset conveniens animani sine corpore creari. Sustineiido ergo opinionem Augustini de operibus s e x dierum, dici poterit quod anima humana praecessit in operibus s e x » P et L o m . is ( P l a t . ) I. A l c i b i a d c s ,
14
lib.
1.
cap.
25,
gattungsmäßigen Ähnlichkeit [dem L e i b e ] voraufgegan- 90, 4 gen, insofern sie mit dem Engel in der Geistnatur übereinkommt. Sie selbst wurde aber gleichzeitig mit dem Leibe erschaffen. — Nach andern Heiligen wurde jedoch sowohl die Seele als auch der Leib des ersten Menschen in den Werken der sechs Tage hervorgebracht. Z u 1. Würde die Natur der Seele eine vollkommene Art darstellen, sodaß sie für sich geschaffen würde, so würde j e n e r Grund beweisen, daß sie für sich im Anfang geschaffen wurde. Weil sie aber naturhaft innerer Gestaltungsgrund des Körpers ist, durfte sie nicht getrennt, sondern mußte im Leibe erschaffen werden. Z u 2 ist in gleicher Weise zu antworten. Denn wenn die Seele für sich eine Art darstellte, so käme sie mit den Engeln überein. Insofern sie aber der innere Gestaltungsgrund des Leibes ist, gehört sie, als formgebender Grund, der Gattung der Sinnenwesen an. Z u 3. Daß die Seele nach dem Leibe übrig bleibt, hat statt auf Grund des Versagens des Körpers, nämlich des Todes. Dieses Versagen durfte im Anfang der Erschaffung der Seele nicht sein. Q U A E S T I o 90, 4 (lieruni secundum quanidam similitudinem generis, prout convenit cum angelis in intellectuali n a t u r a ; ipsa vero fuit creata simul cum corpore. — Secundum alios vero Sanctos tarn anima quam corpus primi hominis in operibus s e x dieruni sunt producta. AD P R I M U M ergo dicendum quod, si natura a n i m a e haberet integrani speciein, ita quod secundum se c r e a r e t u r , ratio illa procederet, ut per se in principio c r e a r e t u r . Sed quia naturaliter est forma corporis, non fuit seorsum creanda, sed debuit c r e a r i in corpore. Et similiter est dicendum AD S E C U N D U M . Nam anima, si per se speciem haberet, magis conveniret cum angelis. Sed inquantum est forma corporis, pertinet ad genus aniinaliuiii, ut formale principiuin. AD T E R T I U M dicendum quod a n i m a m r e m a n e r e post corpus accidit per defectum corporis, qui est mors. Qui quidem defectus in principio creationis a n i m a e esse non debuit.
15
1
91. F K A G E
DIE HERVORBRINGUNG DES LEIBES DES ERSTEN MENSCHEN Hierauf ist die Hervorbringung des Leibes des ersten Menschen zu betrachten. Dazu ergeben sich vier Einzelfragen : 1. Von der Bildung des Leibes des ersten Menschen aus Erde. 2. Vom Urheber dieser Hervorbringung. 3. Von der Zubereitung, die ihm in dieser Hervorbringung gegeben wurde. 4. Von der Weise und Ordnung der Hervorbringung selbst. 1. A R T I K E L
Ob der Leib des ersten Menschen aus Lehm der Erde gebildet wurde
1. Es gehört eine größere Kraft dazu, etwas aus nichts als aus etwas zu machen. Denn vom Wirklichseienden hat das Nichtseiende einen größeren Abstand als das in Anlage Seiende. Da nun der Mensch das erhabenste der niedern Geschöpfe ist, war es billig, daß sich Gottes Kraft in der Hervorbringung seines Körpers am machtvollsten erwies. Also durfte dieser nicht aus Lehm der Erde, sondern mußte aus nichts geschaffen werden. QUAES T 1 O XCI
DE PRODUCTION® CORPORIS PRIMI HOMINIS Deinde considerandum est de productione corporis primi hominis. Et circa hoc quaeruntur quatuor: 1. De materia e x qua productum est. — 2. De auctore a quo productum est. — 3. De dispositione quae ei per productionem est attributo. — 4. De modo et ordine productionis ipsius. Utruin
ARTICULUS I c o r p u s primi hominis sit f a c t u m limo terrae
de
AD PRIMUM sic proceditur. Videtur quod corpus primi hominis non sit factum 16 de limo terrae. Majoris enim virtutis est facere aliquid ex nihilo, quam ex aliquo; quia plus distat ab actu non ens, quam ens in potentia. Sed cum homo sit dignissima creaturarum inferiorum, deeuit ut virtus Dei maxime ostenderetur in productione corporis 17 ejus. Ergo non debuit fieri ex limo terrae, sed ex nihilo. is p om. « p om.
16
2. Die Himmelskörper sind edler als die irdischen Kör- 91,1 per. Der menschliche Körper besitzt aber den vornehmsten Adel, da er durch die adeligste Form, die Vernunftseele, vervollkommnet wird. Er durfte also billigerweise nicht aus einem irdischen Körper, sondern mußte aus einem himmlischen gebildet werden. 3. Feuer und Luft sind edlere Körper als Erde und Wasser, was sich in ihrer Feinheit offenbart. Es mußte also der menschliche Leib, da er der adeligste ist, eher aus Feuer oder aus Luft denn aus Erde und Wasser gebildet werden. 4. Der menschliche Leib setzt sich aus vier Elementen zusammen. Er wurde also nicht aus dem Ackerboden, sondern aus allen Elementen gebildet. ANDERSEITS heißt es Gn 2, 7: „Gott bildete den Menschen aus Ackerboden." ANTWORT: Da Gott in Seinen Werken vollkommen ist, gab Er allen Dingen die ihrer Weise gemäße Vollkommenheit nach Dt 32, 4: „Alle Werke Gottes sind vollkommen." Er selbst aber ist dadurch schlechthin vollkommen, daß er alles in sich vorausbesitzt, nicht in zusammengesetzter Weise, sondern einfach und geeint (Dionysius), in der Weise, wie die verschiedenen Wirkungen in ihrer Ursache nach deren einheitlichen Kraft vorausbestehen. QÜAESTI091, L '2. P R A E T E R E A , c o r p o r a caelestia sunt nobiliora t e r r e n i s . Sed c o r p u s h u m a n u n i habet inaxiinain n o b i l i t a t e m ; cum perficiatur a nobilissima f o r m a , q u a e est aninia rationalis. E r g o non debuit fieri de c o r p o r e t e r r e s t r i , s e d m a g i s de c o r p o r e caelesti. 3 . P R A E T E R E A , ignis et a e r sunt nobiliora c o r p o r a q u a m t e r r a et a q u a : quod e x e o r u m subtilitate a p p a r e t . Cum igitur c o r p u s h u m a n u n i sit dignissiniuni, m a g i s debuit fieri e x igne et e x a e r e q u a m e x limo t e r r a e . 4. P R A E T E R E A , c o r p u s h u m a n u n i est compositum e x q u a t u o r elementis. Non e r g o est factum e x limo t e r r a e , sed e x omnibus elementis. S E D CONTRA est quod dicitur Gen. 2 : „ F o r m a v i t Deus homin e m de limo t e r r a e . " R E S P O N D E O d i c e n d u m quod, c u m Deus p e r f e c t u s sit, in 1 8 operibus suis, p e r f e c t i o n e m dedit omnibus 1 9 s e c u n d u m e o r u m inod u m ; s e c u n d u m illud Deut. 3'2: „ D e i p e r f e c t a sunt o p e r a . " I p s e a u t e m sinipliciter p e r f e c t u s est, e x hoc quod „ o m n i a in s e p r a e h a b e t " non p e r m o d u m compositionis, s e d „sinipliciter et u n i t e " , ut Dionysius dicit [Div. Nom. cap. 5 ] , eo m o d o quo diversi ef- MPG fectus p r a e e x i s t u n t in causa, s e c u n d u m e j u s v i r t u t e m 2 0 u n a m . — j ^ 2 ^ ?
is L om. i» L om.
so L: essentiam. 17
i — Diese Vollkommenheit geht aber insofern auf die Engel über, als sie alles in ihrem Erkennen besitzen, was Gott durch die verschiedenen Formen in der Natur hervorgebracht hat. — Auf den Menschen jedoch geht diese Vollkommenheit auf eine weniger vollkommene Weise über. Er besitzt nämlich in seinem natürlichen Erkennen kein Wissen um alle Naturdinge, aber er ist aus allen Dingen gleichsam zusammengesetzt. Von der Gattung der geistigen Selbstandwesen hat er in sich die Vernunftseele; den Himmelskörpern ist er ähnlich, insofern ihm alles Gegensätzliche auf Grund größter Ausgeglichenheit fern ist; die Elemente hat er ihrem Wesen nach in sich, derart jedoch, daß die höhern Elemente der Kraft nach in ihm überwiegen, nämlich Feuer und Luft, weil das Leben vor allem im Warmen, dem Feuer, und im Feuchten, der Luft, besteht; die niedern Elemente [ 1 0 ] überwiegen aber in ihm der Masse nach. Andernfalls wäre nämlich ein gleiches Mischungsverhältnis nicht möglich, wenn nicht die niedern Elemente, denen weniger Kraft zueigen ist, der Masse nach im Menschen überwiegen würden. Darum heißt es, der Leib des Menschen sei vom Lehm der Erde gebildet, weil der Lehm mit Wasser gemischte Erde ist. — Darum wird der Mensch eine „Welt im K l e i n e n " genannt, weil alle Geschöpfe der Welt sich in ihm in gewisser Weise vorfinden. Z u 1. Die Schöpferkraft Gottes offenbart sich im Leibe Q U .1 E S X I 0 91. l
Ista autem perfectio ad angelos quidem derivatur, secundum quod omnia sunt in eorum cognitione q u a e sunt a Deo in n a t u r a producta p e r fornias diversas. — Ad hominem v e r o derivatur inferiori inodo hujusmodi perfectio. Non enim in sua cognitione naturali habet omnium naturaliuni notitiam; sed est e x rebus omnibus quodammodo compositus, dum de g e n e r e spiritualiuni substantiarum habet in se animain rationalem, de similitudine vero caelestium corporum habet elongationem a contrariis per m a x i m a m aequalitatem coniplexionis, elementa vero secundum suibstantiam. Ita tarnen quod s u p e r i o r a elementa p r a e d o m i n a n t u r in eo secundum virtutein, scilicet ignis et a e r ; quia vita p r a e c i p u e consistit in calido, quod est ignis, et humido, quod est aeris. Inferiora v e r o e l e m e n t a abundant in eo secundum substantiam; aliter enim non posset esse inixtionis aequalitas, nisi inferiora elementa, quae sunt minoris virtutis, secundum quantitatem in liomine abundarent. Et ideo dicitur corpus hominis de limo terr a e f o r m a t u m , quia limus dicitur t e r r a a q u a e p e r m i x t a . — Et propter hoc homo dicitur ,,minor m u n d u s " 21 , quia omnes creat u r a e mundi quodammodo inveniuntur in eo. AD P R I M U M ergo dicendum quod virtus Dei creantis mani21 Cf. Arial. 8 l'hys. c. 2: 252 l> 2(5.
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des Menschen, insofern sein Stoff durch Verschaffung her- 91,1 vorgebracht wurde. Es war aber angemessen, daß der Leib des Menschen aus den vier Grundstoffen gebildet wurde, damit der Mensch mit allen niedern Körpern übereinkomme und so gleichsam in der Mitte stehe zwischen den Geistwesen und den körperlichen Selbstandwesen. Z u 2. Wenn auch der Himmelskörper schlechthin adeliger ist als der irdische Körper, so ist er doch für die Akte der Vernunftseele weniger geeignet. Denn die Vernunftseele empfängt ihre Kenntnis der Wahrheit in etwa durch die Sinne, deren Lebenswerkzeuge aus dem Himmelskörper nicht gebildet werden können, da dieser unempfindlich ist. — Auch ist es nicht wahr, was gewisse Leute behaupten, daß etwas von der fünften Wesenheit als stofflicher Bestandteil in die Zusammensetzung des menschlichen Körpers mit eingeht, indem sie lehren, die Seele werde mit dem Leibe mittels des Lichtes vereinigt. Zunächst nämlich ist die Behauptung falsch, das Licht sei ein Körper. Zweitens ist es wegen der Unempfindlichkeit der Himmelskörper unmöglich, etwas von der fünften Wesenheit oder dem Himmelskörper aufzuteilen oder mit den Grundstoffen zu vermischen. Er geht also nicht in die Zusammensetzung der Mischkörper ein, außer als W i r kung seiner Kraft. Z u 3. Würden Feuer und Luft, die eine größere Wirkkraft besitzen, auch der Masse nach in der ZusannnenDUAK8TIO
91, l
festa est in c o r p o r e h o m i n i s , d u m e j u s m a t e r i a est p e r c r e a t i o n e m p r o d u c t a . O p o r t u i t a u t e m ut e x m a t e r i a q u a t u o r e l e m e n t o r u m fieret c o r p u s h u m a n u n i , ut h o m o h a b e r e t c o n v e n i e n t i a m i'uni i n f e r i o r i b u s c o r p o r i b u s , q u a s i m e d i u m q u o d d a m e x i s t e n * Ínter s p i r i t u a l e s et c o r p o r a l e s substantias. A D S E C U N D U M d i c e n d u m q u o d , q u a m v i s c o r p u s c a e l e s t e sit s h n p l i c i t e r n o b i l i u s t e r r e s t r i c o r p o r e , tarnen q u a n t u m a d actus a n i m a e r a t i o n a l i s , est m i n u s c o n v e n i e n s . N a m a n i m a r a t i o n a l i s a c c i p i t n o t i t i a m v e r i t a t i s q u o d a m m o d o p e r s e n s u s ; q u o r u m Organa f o r m a r i n o n possunt e x c o r p o r e c a e l e s t i , c u m sit i m p a s s i b i l e . — N e c est v e r u m q u o d q u í d a m dicunt, a l i q u i d d e q u i n t a essentia materialiter ad eompositionem humani corporis a d v e n i r e , ponentes a n i m a m uniri c o r p o r i m e d i a n t e q u a d a m luce. P r i m o e n i m , t'alsum est q u o d dicunt, l u c e m esse c o r p u s . S e c u n d o v e r o , inip o s s i b i l e est a l i q u i d d e q u i n t a essentia v e l a c o r p o r e caelesti dividi, vel elementis permisceri, p r o p t e r caelestis corporis imp a s s i b i l i t a t e m . U n d e n o n v e n i t in e o m p o s i t i o n e m m i x t o r u m corp o r u m , nisi s e c u n d u m s u a e v i r t u t i s e f f e c t u m . A D T E R T I U M d i c e n d u m q u o d , si i g n i s et a e r , q u a e sunt m a j o r i s v i r t u t i s in a g e n d o , e t i a i n s e c u n d u m q u a n t i t a t e m in c o m p o -
19
91, i aetzung des menschlichen Körpers überwiegen, so würden sie das andere gänzlich in sich aufnehmen und so könnte ein Gleichgewicht im Mischungsverhältnis nicht aufkommen, was bei der Zusammensetzung des Menschen zur Vollkommenheit des Tastsinnes 21a notwendig ist, der die Grundlage aller andern Sinne abgibt. Denn das Lebenswerkzeug eines jeden Sinnes darf im Vollzug nichts Gegensätzliches in sich haben, was Gegenstand der Wahrnehmung des Sinnes ist, sondern es darf solches nur der Anlage nach in sich haben oder es muß ihm überhaupt jede Gattung von Gegensätzlichem fehlen, wie der Pupille jede Farbe abgeht, damit sie empfänglich sei für alle Farben. Das ist im Lebenswerkzeug des Tastsinnes nicht möglich, da es aus den Grundstoffen zusammengesetzt ist, deren Eigenschaften der Tastsinn wahrnimmt. Oder das Lebenswerkzeug muß die Mitte halten zwischen dem Gegensätzlichen, wie es notwendigerweise im Tastsinne vorliegt. Denn was in der Mitte liegt, ist in der Anlage zu den [beiden] Außengliedern [des Gegensatzes]. Z u 4. Im Lehm der Erde ist Erde und Wasser enthalten, das die Bestandteile der Erde verbindet. Die Hl. Schrift erwähnt aber die andern Grundstoffe sowohl darum nicht, weil sie, wie gesagt wurde (Antwort), der Masse nach weniger im Menschenleibe überwiegen als auch, weil die Schrift, die dem einfachen Volke vorgelegt wurde, in der ganzen Hervorbringung der Dinge Feuer und Luft (IUAESII091, l
sitione hiunani corporis abundarent, oiniiino ad se trahcrent alia, et non posset fieri aequalitas commixtionis, quae est necessaria in compositione hominis ad bonitatem sensus tactus, qui est fundanientuni sensuum alioruni. Oportet enim Organum cujuslibet sensus non habere in actu contraria quorum sensus est perceptivus, sed in potentia tantum. Vel ita quod omnino careat toto genere contrariorum, sicut pupilla caret colore, ut sit in potentia ad omnes colores; quod in organo tactus non erat possibile, cum sit compositum ex elementis, quorum qualitates percipit tactus. Vel ita quod Organum sit medium inter contraria, ut necesse est in tactu accidere; medium enim est — in potentia ad extrema. AD QUARTUM dicendum quod in lirno terrae est terra, et aqua conglutinans partes terrae'-3. De aliis autem elementis Scriptura mentionem non fecit, tum quia minus abundant secundum quantitatem in corpore hominis, ut dictum est; tum etiam quia in tota rerum productione, de igne et aere, quae sensu non per2ia Vgl. Anm. [16]. 22 L add. quoddaminodo. 23 p add. et aqtiae.
20
nicht erwähnt, die der Sinn einfacher Menschen nicht 91, 2 wahrnimmt. 2. A R T I K E L
Ob der menschliche
Körper unmittelbar von Gott hervorgebracht wurde [11]
1. Augustinus sagt: „Die körperlichen Dinge werden von Gott durch die engelhafte Schöpfung in Ordnung gebracht." Der menschliche Körper wurde aber, wie gesagt (Art. 1), aus körperlichem Stoffe gebildet. Also mußte er mittels der Engel und nicht unmittelbar von Gott hervorgebracht werden. 2. Was mit geschöpflicher Kraft geschehen kann, braucht nicht notwendigerweise von Gott hervorgebracht zu werden. Der menschliche Leib kann aber durch die geschöpfliche Kraft eines Himmelskörpers hervorgebracht werden. Denn auch gewisse Lebewesen werden bei der Verwesung anderer Lebewesen durch die Wirkkraft des Himmelskörpers hervorgebracht, und Albumazar [ 1 2 ] sagt, an den übermäßig kalten und warmen Orten würden keine Menschen gezeugt, sondern nur an Orten mit gemäßigtem Klima. Der menschliche Körper brauchte also nicht unmittelbar von Gott hervorgebracht zu werden. 3. Aus körperlichem Stoffe entsteht etwas nur durch Q U A E S T I O 91, 2 cipiuntur a rudibus, populo tradebatur.
mentionem
non
fecit S c r i p t u r a ,
A R T I C U L U S U t r u m
c o r p u s
h u 111 a n 11111
s i t
quae
ruili
II i m m e i l i a t e
a
Deo
p r 0 d u c t u 111 [I 92, 4] A D S E C U N D U M sie p r o c e d i t u r . V i d e t u r q u o d c o r p u s h u m a nuni n o n sit i m m e d i a t e a D e o p r o d u c t u i n . D i c i t e n i m A u g u s t i n u s in 3 d e T r i n . [ c a p . 4 ] , q u o d c o r p o r a t i a d i s p o n u n t u r a D e o MPL p e r a n g e l i c a n i c r e a t u r a n i . S e d c o r p u s h u m a n u n i f o r n i a t u m f u i t 42 873 e x n i a t e r i a c o r p o r a l i , ut d i c t u m e s t . E r g o d e b u i t p r o d u c i m e d i a n tibus angelis, et non i m m e d i a t e a Deo. 2 . P R A E T E R E A , q u o d fieri p o t e s t v i r t u t e c r e a t a , n o n est n e cessarium quod i m m e d i a t e producatur a Deo. Sed corpus h u m a nuni p r o d u c i potest p e r v i r t u t e m c r e a t a m caelestis c o r p o r i s ; nara et q u a e d a i n a n i m a l i a e x p u t r e f a c t i o n e g e n e r a n t u r p e r v i r t u t e m a c t i v a m c o r p o r i s c a e l e s t i s ; e t A l b u m a s a r 2 4 d i c i t q u o d in l o c i s i n quibus nimis abundat calor aut frigus, homines non g e n e r a n t u r , s e d in l o c i s t e m p e r a t i s t a n t u m . E r g o n o n o p o r t u i t q u o d i m mediate corpus humanuni f o r m a r e t u r a Deo. 3 . P R A E T E R E A , n i h i l fit e x m a t e r i a c o r p o r a l i nisi p e r 24
aliquam
Abu Ma' ashar.
21
91,2 Veränderung des Stoffes. Jede körperliche Veränderung wird aber durch eine Bewegung des Himmelskörpers 2 4 » verursacht, welche die erste aller Bewegungen ist. Da also der Menschenleib aus körperlichem Stoffe gebildet wurde, so scheint es, als habe zu seiner Bildung der Himmelskörper etwas beigetragen. 4. Augustinus sagt, der Menschenleib sei in den Werken der sechs Tage seinen Keimkräften nach, die Gott der körperlichen Schöpfung eingesenkt habe, gemacht worden; später sei er dem eigenen Sein nach gebildet worden. Was aber in der körperlichen Schöpfung den Keimkräften nach voraus besteht, kann durch eine körperliche Kraft hervorgebracht werden. Also wurde der Menschenleib durch eine geschöpfliche Kraft und nicht unmittelbar von Gott hervorgebracht. ANDERSEITS heißt es Sir 17, 1: „Gott bildete den Menschen aus Erde." ANTWORT: Die erste Bildung des menschlichen Leibes konnte nicht durch eine geschöpfliche Kraft, sondern nur durch Gott erfolgen. Es haben zwar einige behauptet [13], die Formen, welche im körperlichen Stoffe wesen, leiteten sich von unkörperlichen Formen her. Diese Meinung aber widerlegt der Philosoph mit dem Gedanken, daß das Werden nicht der Form an sich, sondern dem ZusanimenQ II A E S T I 0
91, 2
niateriae transmutationein. Seil omnis transmutatio corporalis causatur ex motu caelestis corporis, qui est primus motuum. Cum igitur corpus humanuni sit produetum ex materia corporali, videtur quod ad ejus formationem aliquid operatuni fuerit corpus caeleste. MPL 4. PRAETEREA, Augustinus dicit, de Gen. ad litt. [lib. 7, 84/368 cap. 2 4 ] , quod homo factus est s e c u n d u m corpus, in operibus s e x •28l^2->3 dierum, s e c u n d u m causales rationes quas D e u s inseruit creaturae corporali; postmodum vero fuit formatum in actu. Sed quod praeexistit in corporali creatura s e c u n d u m causales rationes, per aliquam virtutem corpoream produci potest. Ergo corpus humanum produetum est aliqua virtute creata, et non immediate a Deo. S E D CONTRA est quod dicitur Eccli. 17: „Deus de terra creavit hominem." RESPONDEO dicenduni quod prima formatio humani corporis non potuit esse per aliquam virtuteiii creatani, sed immediate a Deo. Posuerunt siquidem aliqui, formas quae sunt in materia corporali, a quibusdam formis immaterialibus derivari. S e d hanc 1033b 5sq. opinionem repellit Philosophus, in 7 Metaph. [lib. 6, cap. 8 sq.], l t m i i 7 sq. per hoc quod formis non competit per s e fieri, sed compasito, ut 21a V g l .
22
10. fi II. A n in.
[III];
l!rl.
1.
gesetzten zukommt (65, 4: Bd. 5; 90, 2). Und weil das 91 Wirkende dem Gewirkten ähnlich sein muß, ist es nicht angemessen, daß eine [unstoffliche] reine Form eine Form hervorbringe, die im Stoffe west, welche nur mit dem Entstehen des Zusammengesetzten entsteht. Darum muß eine Form, die im Stoffe west, Ursache einer Form sein, die ihrerseits im Stoffe ist, insofern ein Zusammengesetztes aus einem Zusammengesetzten gezeugt wird. Wenn Gott nun auch gänzlich unstofflich ist, so ist Er doch der einzige, der mit Seiner Kraft schöpferisch Stoff hervorbringen kann. Es kommt also einzig Ihm zu, eine Form im Stoffe ohne Zuhilfenahme einer vorgegebenen stofflichen Form hervorzubringen. Aus diesem Grunde können die Engel an Körpern keine [innerlich] umformende Veränderung vornehmen, es sei denn mit Zuhilfenahme gewisser Samen, wie Augustinus sagt. — Da also ein Menschenkörper niemals gebildet worden war, in dessen Kraft auf dem Zeugungswege ein anderer artgleicher hätte gebildet werden können, mußte der Leib des ersten Menschen notwendigerweise unmittelbar von Gott gebildet werden. Z u 1. Wenn auch die Engel [14] bei dem, was mit den Körpern geschieht, gewisse Dienste leisten, so tut Gott doch manches in der körperlichen Schöpfung, was die Engel in keiner Weise zu tun vermögen. Er erweckt z. B. Tote, gibt Blinden das Augenlicht. Gemäß dieser Kraft hat Er auch den Leib des ersten Menschen aus Erde geQ t : \ IC P T l O 91, 2
supra expositum est; et quia oportet agens esse simile facto, non convenit quod forma pura, quae est sine materia, producat formam quae est in materia, quae non fit nisi per hoc quod compositum fit. Et ideo oportet quod forma quae est in materia, sit causa formae quae est in materia, secundum quod compositum a composito generatur. Deus autem, quamvis omnino sit immateriali«, tarnen solus est qui sua virtute materiam producere potest creando. Unde ipsius solius est formam producere in materia absque adminiculo praecedentis formae materialis. Et propter hoc angeli non possunt transmutare corpora ad formam aliquam, nisi adhibitis seminibus quibusdam, ut Augustinus dicit in 3 de Trin. [cap. 8. 9]. •— Quia igitur corpus humanum nun- m quam formatura fuerat, cujus virtute per viam generationis aliud isimile in specie formaretur, necesse fuit quod primum corpus hominis immediate formaretur a Deo. AD PRIMUM ergo dicendum quod, etsi angeli aliquod ministerium Deo exhibeant in his quae circa corpora operatur; aliqua tamen Deus in creatura corporea facit quae nullo modo angeli tacere possunt, sicut quod suscitai mortuos, et illuminat caecos. Secundum quam virtutem etiam corpus primi hominis
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91,2 bildet. — Trotzdem konnten die Engel bei der Bildung des Leibes des ersten Menschen behilflich sein, wie sie ja auch behilflich sein werden bei der endgültigen Auferstehung, indem sie den Staub zusammentragen. Z u 2. Die vollkommenen Sinnenwesen, die durch die Samenkraft gezeugt werden, können nicht einzig durch die Kraft des Himmelskörpers gezeugt werden, was Avicenna fälschlich lehrte; wenn auch die Kraft des Himmelskörpers bei ihrer natürlichen Zeugung mittätig ist, wie ja der Philosoph sagt, daß „der Mensch und die Sonne den Menschen aus dem Stoffe zeugen". Darum ist ein Ort mit gemäßigtem Klima zur Zeugung des Menschen und der anderen vollkommenen Sinnenwesen erforderlich. — Es genügt aber die Kraft der Himmelskörper zur Zeugung gewisser unvollkommener Tiere aus einem zubereiteten Stoffe. Denn es ist offenbar, daß mehr erfordert ist zur Hervorbringung eines vollkommenen Wesens als zur Hervorbringung eines unvollkommenen Wesens. Z u 3. Die Himmelsbewegung ist die Ursache der natürlichen Veränderungen, nicht aber der Veränderungen, die außerhalb der Naturordnung und nur in göttlicher Kraft sich vollziehen, wie die Auferweckung der Toten, die Wiederherstellung des Augenlichtes im Blinden, [Handlungen], denen die Bildung des Leibes aus der Erde ähnlich ist. Z u 4. Keimhaft [15] besteht etwas in den Geschöpfen Q U A E S T I 0 91, 2
de liino terrae formavit. — Potuit tarnen fieri ut aliquod ministerium in formatione corporis primi hominis angeli exhiberent; sicut exhibebunt in ultima resurrectione, pulveres colligendo. AD SECUNDUM dicendum quod aniraalia perfecta, quae generantur ex semine, non possunt generari per solam virtutem caelestis corporis, ut Avicenna fingit; licet ad eorum generationem naturalem cooperetur virtus caelestis corporis, prout Philo194 b 13 sophus dicit, in 2 Phys. [cap. 2 ] , quod „homo generat hominem e x materia, et sol". Et exinde est quod exigitur locus temperatus ad generationem hominum, et aliorum animalium perfectorum. — Sufficit autem virtus caelestium corporum ad generandum quaedam animalia imperfectiora ex materia disposita: manifestum est enim quod plura requiruntur ad productionem rei perfectae quam ad productionem rei imperfectae. AD TERTIUM dicenidum quod motus caeli est causa transmutationum naturalium; non tarnen transmutationum quae flunt praeter naturae ordinem, et sola virtute divina, sicut quod mortui resuscitantur, quod caeci illuminantur. Quibus est simile quod homo ex limo terrae formatur. AD QUARTUM dicendum quod secunduin rationes causales
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in doppelter Weise voraus: erstens gemäß dem tätigen 91,3 und empfangenden Vermögen, so daß es nicht nur aus einem vorgegebenen Stoffe werden, sondern daß auch ein schon im Dasein stehendes Geschöpf solches machen kann. Zweitens nur dem empfangenden Vermögen nach derart, daß es aus einem vorgegebenen Stoffe von Gott gemacht werden kann, und in dieser Weise besteht nach Augustinus der menschliche Leib in den hervorgebrachten Werken keimhaft voraus. 3. A R T I K E L Ob der Leib des Menschen die entsprechende Verfassung hatte 1. Da der Mensch das vornehmste unter den Sinnetiwesen ist, mußte der Menschenleib am besten eingerichtet sein für das, was dem Sinnenwesen eigentümlich ist, nämlich für die Sinnesbetätigung und die Bewegung. Es gibt aber gewisse Tiere, die einen schärferen Sinn haben und schneller sind als der Mensch. So haben die Hunde ein besseres Riechorgan und die Vögel bewegen sich schneller. Also ist der menschliche Körper nicht entsprechend eingerichtet. 2. Vollkommen ist das, dem nichts mangelt. Dem menschlichen Körper mangelt aber mehr als den Körpern der andern Sinnenwesen, die von Natur aus KörperbedekQ U A E S T I O 91, 3
in creaturis dicitur aliquid praeexistere dupliciter. Uno modo senindum potentiam activam et passivam; ut non soluin ex materia praeexistenti fleri possit, sed etiam ut aliqua praeexistens creatura hoc facere possit. Alio modo secundum potentiam passivam tantum, ut scilicet de materia praeexistenti fleri possit a Deo. Et hoc modo, ßecundum Augustinuin, corpus hominis praeextitit in operibus productis secundum causales rationes. ARTICULUS III U t r u in c o r p u s h o m i n i s h a b u e r i t c o n v e n i e n t c m dispositionem [II—II 164. 2 ad 1; De malo 5, 5; De anima 8]
AD TERTIUM sie proceditur. Videtur quod corpus hominis non habuerit convenientem dispositionem. Cum enim homo sit nobilissimum animalium, corpus hominis debuit esse dispositum optime ad ea quae sunt propria animalis, scilicet ad sensum et motum. Sed quaedam animalia inveniuntur acutioris sensu¡s quam homo, et velocioris motus; sicut canes melius odorant, et aves velocius moventur. Ergo corpus hominis non est convenienter dispositum. 2. PRAETEREA, perfectum est cui nihil deest. Sed plura desunt humano corpori quam corporibus aliorum animalium, quae
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01,3 kung und natürliche Waffen zu ihrem Schulze haben, die beim Menschen fehlen. Also ist der Menschenleib sehr unvollkommen eingerichtet. 3. Der Abstand des Menschen von den Pflanzen ist größer als der Abstand des Menschen von den Tieren. Die Pflanzen haben aber eine aufrechte Gestalt, die Tiere hingegen sind zur Erde gebeugt. Also durfte der Mensch keine aufrechte Gestalt haben. ANDERSEITS heißt es Prd 7, 30: „Gott machte den Menschen aufrecht." ANTWORT: Alle Naturdinge sind von der göttlichen Kunst hervorgebracht, sie sind darum in gewisser Weise Kunstwerke Gottes. Jeder Künstler zielt aber darauf hin, dem Kunstwerke die beste Verfassung zu geben, nicht zwar die schlechthin beste, sondern die mit Rücksicht auf den Zweck beste. Und wenn mit einer solchen Verfassung ein Mangel verbunden ist, so kümmert das den Künstler nicht. So macht der Künstler eine Säge zum Sägen aus Eisen, damit sie zum Sägen geeignet sei. Er denkt nicht daran, sie aus Glas zu machen, das gewiß ein schönerer Stoff ist, weil eine derartige Schönheit dem Zwecke hinderlich wäre. — So gab Gott dem Naturding die beste Verfassung, zwar nicht die schlechthin beste, aber die mit Hinordnung auf den eigentlichen Zweck beste. Und das meint der Philosoph, wenn er sagt: „Und das ist würdiger so, zwar nicht schlechthin, sondern dem Wesen eines .jeden Dinges entsprechend". Q U A E S T I O 91. 3
habent tegumenta et arina naturalia ad sui protectionem, quae honiini desunt. Ergo corpus humanuni est iniperfectissime dispositum. PRAETEREA, honio plus distat a plantis quam ab animalibus brutis. S e d plantae habent staturam rectam, animalia autem bruta pronani. Ergo honio non debuit habere staturam rectam. S E D CONTRA est quod dicitur Eccles. 7: „Deus fecit honiinem rectum." RESPONDEO dicendum quod omnes res naturales producta^ sunt ab arte divina; u n d e sunt quodammodo artificiata ipsius Dei. Quilibet autem artifex intendit suo operi dispositionell! optimani inducere, non simplieiter, sed per comparationem ad finem. Et si talis dispositio habet secum aidjunctum aliquem defectum, artifex non curat. Sicut artifex qui facit serram ad secanduni, t'acit eam ex ferro, ut sit idonea ad s e e a n d u m ; nec curat eam facere ex vitro, quae est pulchrior inateria, quia talis pulohritudo esset iinpediinentum flnis. — Sic igitur Deus unicuique rei naturali dedit optimam dispositionem, non quidem simplieiter, sed s e c u n d u m ordinem ad proprium flnem. Et hoc est quod Philoso198b 8sq. phus dicit, in 2 Phys. [cap. 7 ] : „Et quia dignius est sie, non tarnen simplieiter, sed ad uniuseujusque substantiam."
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Der nächste Zweck des Menschen ist aber die Ver- 91,3 nunftseele und ihre Betätigung. Denn der Stoff ist wegen der Form 24,-> und die Werkzeuge sind wegen der Tätigkeiten des Handelnden. Ich sage also: Gott richtete den Menschenleib ein nach der besten Verfassung in Anpassung an diese bestimmte Form und Tätigkeit. Und wenn ein Mangel in der Einrichtung des Menschenleibes vorzuliegen scheint, so muß man beachten, daß ein solcher Mangel in der Notwendigkeit des Stoffes gründet und mit den Bedingungen gegeben ist, die im Körper erfüllt sein müssen, damit er das rechte Verhältnis habe zur Seele und ihrer Betätigung. Zu 1. Der Tastsinn [16], der vollkommenste aller Sinne, ist im Menschen vollkommener als in irgendeinem andern Sinnenwesen. Darum mußte der Mensch unter allen Lebewesen die ausgeglichenste [leib-seelische] Verfassung besitzen. Auch überragt der Mensch, was die inneren Sinne angeht, alle andern Lebewesen (78, 4: Bd. 6). — Es geschieht aber mit einer gewissen Notwendigkeit, daß der Mensch den andern Lebewesen bezüglich gewisser äußerer Sinne nachsteht. So hat der Mensch von allen Lebewesen den am wenigsten ausgebildeten Geruchsinn. Denn der Mensch mußte unter allen Sinnenwesen das im Verhältnis zu seinem Körper größte Gehirn haben [17], sowohl damit die Betätigungen der inneren Sinneskräfte, QUAESTI0
91, 3
F i n i s a u t e m p r o x i m u s h u m a n i c o r p o r i s est a n i m a r a t i o n a l i s et o p e r a t i o n e s i p s i u s ; m a t e r i a e n i i n est p r o p t e r f o r m a m , et instrumenta p r o p t e r actiones agentis. B i c o e r g o quod D e u s instituil c o r p u s h u m a n u n i in o p t i m a d i s p o s i t i o n e s e c u n d u m c o n v e n i e n t i a i n ad t a l e m f o r m a m et ad t a l e s o p e r a t i o n e s . Et si a l i q u i s d e f e c t u s in d i s p o s i t i o n e h u m a n i c o r p o r i s esse v i d e t u r , c o n s i d e r a n d u m est q u o d talis d e f e c t u s s e q u i t u r e x n e c e s s i t a t e m a t e r i a e , ad ea q u a e r e q u i r u n t u r i n c o r p o r e ut sit d e b i t a p r o p o r t i o ipsius a d a n i m a i n et a d a n i m a e o p e r a t i o n e s . A D P R I M U M e r g o d i c e n d u m q u o d tactus, q u i est f u n d a m e n tuin a l i o r u n i s e n s u u m , est p e r f e c t i o r in h o m i r i e q u a m in a l i q u o a l i o a n i m a l i . Et p r o p t e r hoc o p o r t u i t q u o d h o m o h a b e r e t t e m peratissimam c o m p l e x i o n e m inter omnia animalia. Praecedit etiam h o m o omnia alia animalia quantum ad vires sensitivas i n t e r i o r e s , sicut e x s u p r a d i c t i s a p p a r e t . — E x q u a d a m a u t e m necessitate contingit quod, q u a n t u m a d aliquos e x t e r i o r e s seni l i s , h o m o a b a l i i s a n i m a l i b u s d e f i c i a t . Sicut h o m o , i n t e r o m n i a animalia, habet pessimum olfactum. Necessarium enim fuit quod h o m o , i n t e r o m n i a a n i m a l i a , r e s p e c t u sui c o r p o r i s h a b e r e t m á x i m u m c e r e b r u m : t u m ut l i b e r i u s in e o p e r f i c e r e n t u r o p e r a t i o n e s i n t e r i o r u m v i r i u m s e n s i t i v a r u m , q u a e sunt n e c e s s a r i a e a d in24b V g l .
47, 1 und
[56 a] in Bd. 4.
27
91,3 die für eine geistige Tätigkeit notwendig sind (84, 7: Bd. 6), sich ungehinderter vollziehen könnten; sodann auch darum, damit die Kälte des Gehirns ein Gegengewicht bilde gegen die Wärme des Herzens, die im Menschen überwiegen muß, damit er aufrechter Gestalt sei. Die Größe des Gehirns ist aber wegen dessen Feuchtigkeit dem Geruchsinn, welcher Trockenheit verlangt, hinderlich. — In ähnlicher Weise kann man einen Grund dafür angeben, warum gewisse Sinnenwesen ein schärferes Sehvermögen und ein feineres Gehör haben als der Mensch, nämlich wegen der Behinderung dieser Sinne, die sich im Menschen aus der vollkommenen Ausgeglichenheit seiner [leib-seelischen ] Verfassung mit Notwendigkeit ergibt. Den gleichen Grund muß man anführen f ü r die Tatsache, daß gewisse Tiere schneller sind als der Mensch. Diese Überlegenheit in der Schnelligkeit steht der Ausgeglichenheit der [leib-seelischen] Verfassung des Menschen entgegen. Zu 2. Hörner und Krallen, die Waffen gewisser Tiere, ferner die Dicke der Haut, die starke Behaarung und Befederung, die Bekleidung der Tiere, zeigen ein Überwiegen des erdhaften Grundstoffes, das der Ausgeglichenheit und Zartheit der menschlichen Verfassung widerspricht. Darum kam dies dem Menschen nicht zu. An deren Stelle hat er Vernunft und Hände [18], mittels deren er sich auf unendlich mannigfaltige Weise Waffen, Bekleidung und alles zum Leben Nötige besorgen kann. Darum nennt man die Hand auch das Werkzeug der Werkzeuge (Aristoteles). QDAESTI091, 3
tellectus operationein, ut supra dictum est; tum etiam ut frigiditas cerebri teinperaret calorem cordis, quem necesse est in homine abundare, ad hoc quod homo sit rectae staturae. Magnitudo autem cerebri, propter ejus humiditatem, est impedimentum oltactus, qui requirit siccitateni. — Et similiter potest assignari ratio quare quaedam animalia sunt acutioris visus et subtilioris auditus quam homo, propter impedimentum horum sensuum quod necesse est consequi in homine ex perfecta complexionis aequalitate. Et eadem etiairi ratio est assignando de hoc quod quaedam animalia sunt homine velociora; cui excellentiae velocitatis repugnat aequalitas humanae complexionis. AD SECUNDUM dicendum quod cornua et ungulae, quae sunt quorundam animalium arina, et spissitudo corii, et multitudo pilorum aut plumarum, quae sunt tegumenta animalium, attestantur abundantiae terrestris elementi; quae repugnat aequalitati et teneritudini complexionis humanae. Et ideo haec homini non competebant. Sed loco horum habet rationem et manus, quibus potest parare sibi arma et tegumenta et alia vitae necessaria, in432 a 1 sq. finitis modis. Unde et manus, in 3 de An. [cap. 8], dicitur
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Und auch das kam der Vernunftnatur, die unendlich viele 91, a Einfälle hat, in besonderem Masse zu, daß sie das Vermögen besitzt, sich unendlich viele Werkzeuge zu schaffen. Z u 3. Eine aufrechte Gestalt [19] war für den Menschen unter vierfachem Gesichtspunkte angemessen. Erstens: Weil die Sinne dem Menschen nicht nur wie den anderen Sinnenwesen gegeben sind, um das zum Leben Notwendige zu beschaffen, sondern auch zum Erkennen. Während die übrigen Sinnenwesen sich nur in Hinordaung auf Nahrung und Geschlechtsbetätigung an den sinnenfälligen Dingen vergnügen, erfreut sich einzig der Mensch an der Schönheit der Sinnendinge als solcher. Weil nun die Sinne vorzüglich im Antlitz ihren Sitz haben, darum haben die andern Sinnenwesen ein zur Erde geneigtes Gesicht, um Nahrung zu suchen und sich den Lebensunterhalt zu besorgen. Der Mensch hingegen ist erhobenen Antlitzes, damit er mit den Sinnen und vorzüglich mit dem Gesichtssinn, welcher der feinere Sinn ist und viele Unterschiede in den Dingen sichtbar macht, die Sinnendinge von allen Seiten unbehindert erkennen könne, die am Himmel wie die auf der Erde, um aus allen die geistige Wahrheit zu entnehmen. — Zweitens damit die inneren Kräfte ungehinderter ihre Tätigkeiten ausüben könnten, indem das Gehirn, in welchem sie irgendwie zur Vollendung kommen, nicht niedergebeugt, sondern über alle Teile des Körpers erhoben ist. — Drittens weil der Mensch, hätte er eine vornübergebeugte Gestalt, die Hände als Vorderfüße Q U A E S T I 0
91, 3
„Organum organorum". Et hoc etiam magis coinpetebat rationaü naturae, quae est infinitarum conceptionuni, ut haberet facultatem infinita instrumenta sibi parandi. A D T E R T I U M dicendum quod habere staturam rectam conveniens fuit homini propter quatuor. Priino quidem, quia sensu« sunt dati homini non solum ad vitae necessaria procuranda, sicut aliis animalibus, sed etiam ad cognoscendum. Unde, cum cetera animalia non delectentur in sensibilibus nisi per ordinem ad cibos et venerea, solus homo delectatur in ipsa pulchritudine sensibilium secundum seipsam. Et ideo, quia sensus praecipue vigent in facie, alia animalia habent faciem pronam ad terram, quasi ad cibum quaerendum et providendum sibi de victu; homo vero habet faciem erectam, ut per sensus, et praecipue per Visum, qui est subtilior et plures differentias rerum ostendit, libere possit ex omni parte sensibilia cognoscere, et caelestia et terrena, ut ex omnibus intelligibilem colligat veritatem. — Secundo, ut interiores vires liberius suas operationes habeant, dum eerebrum, in quo quodammodo perficiuntur, non est depressum, sed super omnes partes corporis elevatum. — Tertio, quia oporteret quod si homo haberet pronam staturam, uteretur manibus low)
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91,3 benützen würde. Dadurch würden die Hände aufhören, zum Vollzuge verschiedener Handlungen dienlich zu sein. — Viertens, wenn er eine vornübergebeugte Gestalt hätte und die Hände als Vorderfüße gebrauchen würde, dann müßte er die Speise mit dem Munde aufgreifen; dann würde er einen überlangen Mund und harte und große Lippen und auch eine harte Zunge haben, um sich an äußeren Dingen nicht zu verletzen, wie es bei den Tieren der Fall ist. Eine solche Einrichtung würde das Sprechen, das die eigentliche Betätigung der Vernunft ist, behindern. Und doch ist der Mensch mit seiner aufrechten Gestalt von den Pflanzen äußerst verschieden. Denn der Mensch hält seinen obern Teil, nämlich das Haupt, zum höhern Teil der Welt und seinen niedern Teil zum untern Teil der Welt gerichtet, er ist also in bester Weise eingerichtet mit Rücksicht auf die Verfassung des Ganzen. Die Pflanzen hingegen halten ihren höhern Teil auf den untern Teil der Welt gerichtet (denn die Wurzeln entsprechen dem Munde), den niedern Teil halten sie aber gegen den höheren Teil der Welt gerichtet. Die Tiere nehmen eine mittlere Stellung ein; denn der höhere Teil des Tieres ist derjenige, mit dem es die Nahrung aufnimmt, der niedere ist derjenige, mit dem es die überflüssigen Bestandteile ausscheidet. Q II A E S T I 0 91, s
anteriorum pedum. Et sie utilitas manuum ad diversa opera perficienda cessaret. — Quarto, quia, si haberet pronani staturam, et uteretur manibus loco anteriorum pedum, oporteret quod eibuni caperet ore. Et ita haberet os oblongum et labia dura et grossa, et linguam etiam duram, ne ab exterioribus laederetur, sicut patet in aliis animafibus. Et talis dispositio omnino impediret locutionein, quae est proprium opus rationis. Et tarnen homo staturam rectam habens, maxime distat a plantis. Nam homo habet superius sui, id est caput, versus superius mundi, et inferius sui versus inferius mundi; et ideo est optime dispositus secundum dispositionem totius. Plantae vero habent superius sui versus inferius mundi (nam radices sunt ori proportionales), inferius autem sui versus superius mundi. Animalia vero bruta medio modo; nam superius animalis est pars qua aeeipit alimentum, inferius autem est pars qua emittit superfimim.
30
4. A R T I K E L
91,4
Ob die Hervorbringung des menschlichen Leibes in der Hl. Schrift sinnvoll beschrieben ist 1. Wie der menschliche Leib von Gott gebildet wurde, so auch die andern Werke der sechs Tage. Von den andern Werken heißt es aber: „Gott sprach, es werde Licht, und es wurde Licht." Er mußte also in ähnlicher Weise bei der Hervorbringung des Menschen sprechen. 2. Der menschliche Leib wurde von Gott unmittelbar gemacht (Art. 2). Es ist also nicht sinnentsprechend, wenn es heißt: „Lasset uns den Menschen machen". 3. Form des menschlichen Leibes ist die Seele, die ein Hauch des Lebens ist. Es ist also nicht sinnentsprechend, wenn den Worten: „Es bildete Gott den Menschen aus dem Lehm der E r d e " hinzugefügt wird: „Und er hauchte in sein Antlitz den Odem des Lebens". 4. Die Seele, die der Odem des Lebens ist, ist im ganzen Körper und vorzüglich im Herzen. Es durfte also nicht heißen: „Er hauchte in sein Antlitz den Odem des Lebens." 5. Das männliche und weibliche Geschlecht gehören dem Körper an, das Ebenbild Gottes dagegen der Seele. Die Seele wurde aber nach Augustinus vor dem Leibe geQ U A K S T I 0 91, 4 ARTICULUS IV U t r u in c o n v e n i e n t e r c o r p o r i s h u m a n i t i o in S c r i p t l i r a describatur
p r o d u c-
[I 72, 1 ad 1. 3. 4]
AD QUARTUM sic proceditur. Videtur quod inconvenienter corporis humani produetio in Scriptura describatur. Sicut enim corpus humanuni est factum a Deo, ita et alia opera sex dierum. Sed in aliis operibus dicitur: „Dixit Deus: Fiat, et factum est." Ergo similiter dici debuit de hominis produetione. 2. P R A E T E R E A , corpus humanuni a Deo immediate est factum, ut supra dictum est. Ergo inconvenienter dicitur: „Faciamus hominem." 3. P R A E T E R E A , forma humani corporis est ipsa anima, quae est spiraculum vitae. Inconvenienter ergo, postquam dixerat: „Formavit Deus hominem de limo terrae", subjunxit: „et inspiravit in faciem ejus spiraculum vitae". 4. P R A E T E R E A , anima, quae est spiraculum vitae, est in toto corpore, et principaliter in corde. Non ergo debuit dicere, quod „inspiravit in faciem ejus spiraculum vitae". 5. P R A E T E R E A , sexus masculinus et femininus pertinent ad corpus, imago vero Dei ad animam. Sed anima, secundum Augustinum [7 de Gen. ad litt., cap. 24. 28], f u i t 2 5 facta ante mcl
84 368, :!70
" P: non fiiit.
281 22:1, 225
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91,4 schaffen. Wenig sinnvoll also wird den Worten „nach seinem Bilde machte E r ihn" hinzugefügt: „Als Mann und Weib erschuf er sie." ANDERSEITS steht dafür das verpflichtende Ansehen der Hl. Schrift. Z u 1. Wie Augustinus sagt, hat der Mensch vor andern Dingen nicht darin einen Vorrang, daß Gott den Menschen machte, als hätte E r die andern Dinge nicht gemacht; denn Ps 102 (101), 20 heißt es: „Das Werk Deiner Hände sind die Himmel", und anderswo [Ps 95 (94) ; 5 ] : „das Trockene haben Seine Hände gebildet", sondern [der Mensch hat einen Vorrang,] insofern er nach dem Bilde Gottes geschaffen ist. Die Hl. Schrift wendet aber bei der Hervorbringung des Menschen eine besondere Sprechweise an, um anzuzeigen, daß die andern Dinge um des Menschen willen gemacht wurden, denn wir pflegen das, was wir ganz besonders vorhaben, mit größerer Überlegung und Hingabe zu tun [20]. Z u 2. Man darf das Wort: „Lasset uns den Menschen machen" nicht so verstehen, als habe Gott zu den Engeln gesprochen, wie manche es fälschlich auslegten [21 ]. Sondern es heißt so, um die Mehrheit der Personen zu bezeichnen, deren Abbild sich ausgeprägter im Menschen vorfindet. Z u 3. Einige [22 ] verstanden es so, als sei der Körper des Menschen zuerst gebildet worden und als ob Gott Q U A E 8 T I 0 91, 4 corpus. Inconvenienter ergo cum dixisset: „Ad imaginem suam fecit i l l u m " , a d d i d i t : „ m a s c u l u m et feniinani c r e a v i t e o s . " IN C O N T R A R I U M est a u c t o r i t a s S c r i p t u r a e . R E S P O N D E O d i c e n d u m A D P R I M U M quod, sicut A u g u s t i n u s MPL dicit in 6 d e G e n . a d litt. [ c a p . 1 2 ] , n o n in hoc p r a e e m i n e t h o m o reibus> '(^sel Quod D e u s fecit ipsum 2 6 h o m i n e m , quasi a l i a ipse 281 168 n o n f e c e r i t ; c u m s c r i p t u m sit [ P s . 1 0 1 ] : „ O p e r a m a n u u m t u a r u m s u n t c a e l i " , et alibi [ P s . & 4 ] : „ A r i d a m f u n d a v e r u n t m a n u s e j u s " ; s e d in hoc quod a d i m a g i n e m Dei factus est h o m o . U t i t u r tarnen S c r i p t u r a in p r o d u c t i o n e hominis s p e c i a l i m o d o loquendi, a d o s t e n d e n d u m quod a l i a p r o p t e r h o m i n e m f a c t a s u n t . E a e n i m q u a e p r i n c i p a l i t e r i n t e n d i m u s , c u m m a j o r i d e l i b e r a t i o n e et studio consuevimus facere. A D S E C U N D U M d i c e n d u m quod non est i n t e l l i g e n d u m D e u m a n g e l i s d i x i s s e : „ F a c i a m u s h o m i n e m ' ' , ut q u i d a m p e r v e r s e int e l l e x e r u n t . S e d hoc d i c i t u r ad s i g n i f i c a n d u m p l u r a l i t a t e m divin a r u m p e r s o n a r u i n , q u a r u m i m a g o e x p r e s s i u s i n v e n i t u r in homine. A D T E R T I U M d i c e n d u m quod q u i d a m i n t e l l e x e r u n t c o r p u s hominis p r i u s t e m p o r e f o r m a t u m , et p o s t m o d u m D e u m f o r m a t o 26 L: ipse fecit.
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später, nach der Bildung des Körpers, die Seele eingegos- 91,4 sen habe. — Es ist aber mit der Vollkommenheit der Urbegründung der Dinge unvereinbar, daß Gott den Leib ohne die Seele oder die Seele ohne den Leib geschaffen habe, denn beide sind Teile der menschlichen Natur. Das ist zudem noch weniger angebracht für den Leib, der in einem Abhängigkeitsverhältnis zur Seele steht, was unigekehrt nicht der Fall ist. Um diese Deutung auszuschließen, behaupteten einige, die Worte „Gott bildete den Menschen" seien zu verstehen von der gleichzeitigen Erschaffung von Leib und Seele; was aber hinzugefügt wird „und Er hauchte in sein Antlitz den Odem des Lebens" sei vom Heiligen Geiste zu verstehen, wie auch der Herr die Apostel anhauchte mit den Worten: „Empfanget den Heiligen Geist" (Jo 20, 22). Doch diese Auslegung wird nach Augustinus durch die Worte der Hl. Schrift ausgeschlossen; denn es wurde hinzugefügt: „Und es wurde der Mensch zu einer lebendigen Seele", was der Apostel (1 Kor 15, 45) nicht auf das geistliche [übernatürliche] Leben, sondern auf das seelische Leben bezieht. Mit „Lebenshauch" ist also die Seele gemeint, so daß die Worte: „Er hauchte in sein Antlitz den Odem des Lebens" gleichsam eine Auslegung des Voraufgehenden sind: denn die Seele ist die Form des Körpers. Z u 4. Da die Lebensbetätigungen sich wegen der sich Q U A E S T I 0 91, 4
jam corpori aniinam infudisse. — Sed contra rationem perfectionis primae institutionis rerum est, quod Deus vel corpus sine anima, vel animam sine corpore fecerit; cum utrumque sit pars humanae naturae. Et hoc etiam est magis inconveniens de corpore, quod dependet ex anima, et non e converso. Et ideo ad hoc excludenduin, quidam posuerunt quod, cum dicitur: „Formavit Deus hominem", intelligitur productio corporis simul cum anima; quod autem additur, „et inspiravit in l'aciem ejus spiraculum vitae", intelligitur de Spiritu sancto 2 7 ; sicut et Dominus insufflavit in apostolos, dicens: „Accipite Spiritum sanctum" [ Joan. 20]. — Sed haec expositio, ut dicit Augustinus in libro de Civ. Dei 2. i
Z u 1. Hinsichtlich der Einzelnatur ist das Weib etwas Mangelhaftes und eine Zufallserscheinung; denn die im männlichen Samen sich vorfindende wirkende Kraft zielt darauf ab, ein dem männlichen Geschlechte nach ihr vollkommen Ähnliches hervorzubringen. Die Zeugung des Weibes aber geschieht auf Grund einer Schwäche der wirkenden Kraft wegen schlechter Verfassung des Stoffes oder auch wegen einer von außen bewirkten Veränderung z. B. den feuchten Südwinden (Aristoteles). Aber mit Bezug auf die Gesamtnatur ist das Weib keine Zufallserscheinung, sondern nach der Absicht der Natur deren Zeugungsakt zugeordnet. Die Absicht der Gesamtnatur ist aber von Gott abhängig, dem Allurheber der Natur, und darum hat Er bei der Begründung der Natur nicht nur den männlichen, sondern auch den weiblichen Zeugungsgrund hervorgebracht. Z u 2. Es gibt eine doppelte Unterwerfung: eine sklavische, der gemäß der Vorgesetzte den Untergebenen zu seinem eigenen [des Vorgesetzten] Vorteil ausnützt; eine derartige Unterwerfung ist nach der Sünde eingetreten. Eine andere Unterwerfung ist die häusliche oder bürgerliche, der gemäß der Vorgesetzte den Untergebenen zu deren Vorteil und Wohl in Dienst stellt; eine solche Unterwerfung hätte auch vor der Sünde bestanden. Es würde nämlich das Gut der Ordnung in der Menge der Menschen gefehlt haben, wenn sich einige nicht durch andere, wei« D A E S T I 0 92, l
AD PRIMUM ergo dicendum, quod per respectum ad naturani particularem feniina est aliquid deficiens et occasionatum; quia virtus activa quae est in seniine inaris, intendit producere sibi simile perfectum secundum masculinum sexum; sed quod femina generetur, hoc est propter virtutis activae debilitatem, vel propter aliquam materiae indispositionein, vel etiam propter aliquani transmutationem ab extrinseco; puta a ventis australibus, qui 766 b 34; sunt humidi, ut dicitur in libro de Generat. Animal. [lib. 4, Cf 67a ca 8s P" • ® ec ' P e r comparationem ad naturam universalem femina 8qq ' non est aliquid occasionatum, sed est de intentione naturae ad opus generationis ordinata. Intentio autem naturae universalis dependet ex Deo, qui est universalis auctor naturae: et ideo, instituendo naturani, non soluni inarem, sed etiam feminani produxit. AD SECUNDUM dicendum quod duplex est subjectio. Una servilis, secundum quam praesidens utitur subjecto ad sui ipsius utilitatem; et talis subjectio introducta est post peccatum. Est autem alia subjectio oeconomica vel civilis, secundum quam praesidens utitur subjectis ad eorum utilitatem et bonum. Et ista subjectio fuisset etiam ante peccatum; defuisset enim bonum ordinis in humana multitudine, si quidam per alios sapientiores
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sere Menschen hätten leiten lassen. Gemäß diesem Unter- 92, •> Ordnungsverhältnis ist das Weib dem Manne von Natur aus unterworfen; denn im Manne überwiegt von Natur aus die Unterscheidungskraft des Verstandes. — Auch schließt der Unschuldsstand eine Ungleichheit der Menschen nicht aus, wie später (96, 3) gesagt wird. Z u 8. Wenn Gott alles, woraus der Mensch Anlaß nahm zum Sündigen, der Welt entzogen hätte, so wäre das Universum unvollkommen geblieben. Auch durfte das Gemeingut nicht aufgehoben werden, um das Einzelübel zu meiden; dies vor allem darum, weil Gott mächtig genug ist, daß Er das Übel auf das Gute hinordnen kann [27]. 2. A R T I K E L Ob das Weib aus dem Manne gebildet
werden
mußte
1. Die Geschlechtlichkeit ist dem Menschen mit den andern Sinnenwesen gemeinsam. Bei den andern Sinnenwesen sind die Weibchen aber nicht aus den Männchen gebildet. Also durfte das auch beim [ersten] Menschen nicht statthaben. 2. Dinge gleicher Art sind vom gleichen Stofi. Mann und Weib sind aber gleicher Art. Da nun der Mann aus dem Lehm der Erde gebildet wurde, mußte auch das Weib aus ihm gebildet werden und nicht aus dem Manne. 3. Das Weib wurde geschaffen als Gehilfin des Mannes Q U A E S T I 0 92, 2 g u b e r n a t i n o n fuissent. Et sie e x tali s u b j e c t i o n e naturaliter feinina s u b j e c t a est v i r o ; q u i a naturaliter in h o i n i n e m a g i s abundat discretio rationis. — Nee i n a e q u a l i t a s h o i n i n u m e x c l u d i t u r p e r i n n o c e n t i a e statum, ut infra dicetur. A D T E R T I U M d i c e n d u n i quod, si o m n i a e x q u i b u s hoino sunipsit o c c a s i o n e m peccandi, D e n s s u b t r a x i s s e t a m u n d o , r e m a n s i s s e t u n i v e r s u m i n i p e r f e c t u m . Nee debuit bonuni c o m m u n e tolli, ut v i t a r e t u r particulare m a l u m ; praesertiin cum D e u s sit a d e o potens, ut q u o d l i b e t m a l u m possit o r d i n ä r e in bonuni. ARTICULUS II U t r u m m u l i e r d e b u e r i t f i e r i ex viro [2 Sent. d. 18, q. 1, a. 1, arg. s. c. 1. 2; ad 1] A D S E C U N D U M sie proceditur. V i d e t u r quod inulier non debuit fieri e x viro. S e x u s e n i m c o m m u n i s est honiini et aliis animalibus. S e d in a l i i s a n i m a l i b u s f e m i n a e n o n s u n t f a c t a e e x maribus. Ergo n e c in h o m i n e fieri debuit. 2. P R A E T E R E A , e o r u m q u a e s u n t e j u s d e m s p e c i e i , e a d e m est materia. S e d m a s et f e m i n a s u n t e j u s d e m s p e c i e i . Cum igitur vir f u e r i t factus e x l i m o terrae, e x e o d e m d e b u i t fieri f e m i n a , et n o n e x viro. 3. P R A E T E R E A , m u l i e r facta est in a d j u t o r i u m v i r o ad g e n e r a -
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92,2 bei der Zeugung. Eine zu enge Verwandtschaft macht aber eine Person hierzu ungeeignet. Darum ist verwandten Personen die Eheschließung nicht gestattet, wie aus Lv 18 hervorgeht. Also durfte das Weib seinen Ursprung nicht aus dem Manne herleiten. ANDERSEITS heißt es Sir 17, 5: „Er schuf aus ihm", nämlich dem Manne, „eine ihm ähnliche Gehilfin", nämlich das Weib. ANTWORT: Es war sinnvoll, daß das Weib in der Urbegründung der Dinge aus dem Manne gebildet wurde, mehr als bei den andern Sinnenwesen. Und zwar erstens, damit so dem ersten Menschen eine gewisse Würde vorbehalten bliebe, damit auch er gemäß der Ähnlichkeit mit Gott Ursprung seiner ganzen Art sei, wie Gott der Ursprung des Weltalls ist. Darum sagt auch Paulus Apg 17, 26: „Gott machte aus einem das ganze Menschengeschlecht." Zweitens: Damit der Mann das Weib inniger liebe, und ihm in unverbrüchlicher Treue anhänge, wenn er erkenne, daß es aus ihm selbst gebildet sei. Darum heißt es Gn 2, 23 „Vom Manne ist sie genommen. Darum verläßt der Mann Vater und Mutter und hängt seinem Weibe an." Und dies war in besonderem Maße notwendig in der Art Mensch, in der Mann und Weib das ganze Leben hindurch zusammenbleiben, was bei den andern Lebewesen nicht der Fall ist. Q U A E S T I O 92. _•> lionem. Sed nimia propinquitas reddit personam ad hoc ineptam; unde personae propinquae a niatrinionio excluduntur, ut patet Lev. 18. Ergo nmlier non debuit fleri ex viro. SED CONTRA est quod dicitur Eccli. 17: „Creavit ex ipso", scilicet viro, „adjutorium sibi siniile" 30, scilicet mulierem. RESPONDEO dieendum quod conveniens fuit inulierem, in prima rerum inslitutione, ex viro formari, magis quam in aliis animalibus. Primo quidem, ut in hoc quaedain dignitas primo homini servaretur, ut, secundum Dei similitudinem, esset et 3 1 ipse principium totius suae speciei, sicut Deus est principium lotius universi. Unde et Paulus dicit, Act. 17, quod Deus „fecit ex uno oinne genus hominum". Secundo, ut vir magis diligeret mulierem, et ei inseparabilius adhaereret, dum cognosceret eani ex se esse productam. Unde dicitur Gen. 2: „De viro sumpta est, quamobrem relinquet homo patrem et inatrem, et adhaerebit uxori suae." Et hoc maxime necessarium fuit in specie humana, in qua mas et femina commanent per totam vitam; quod non contingit in aliis animalibus. »o p om.
31 L
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om.
Drittens, weil, wie der Philosoph sagt, Mann und Weib 92,2 sich unter Menschen nicht nur wegen der Notwendigkeit der Zeugung vereinigen, wie bei den anderen Sinnenwesen, sondern auch wegen des häuslichen Lebens, in dem bestimmte Werke dem Manne und [bestimmte andere] dem Weibe zukommen, wobei der Mann das Haupt des Weibes ist. Darum wurde das Weib angemessenerweise aus dem Manne als ihrem Ursprung gebildet. Der vierte Grund ist ein sinnbildlicher. Es wird nämlich dadurch versinnbildet, daß die Kirche ihren Ursprung aus Christus herleitet. Darum sagt der Apostel Eph 5, 32: „Dies Geheimnis ist groß, ich sage aber: in Christus und der Kirche." Damit ist die Antwort auf den ersten Einwand gegeben. Z u 2. Der Stoff ist das, woraus etwas wird. Die geschaffene Natur hat aber einen ganz bestimmten Ursprung, und da sie auf eines hin festgelegt ist, eignet ihr auch ein bestimmtes Hervorgehen; darum bringt sie aus einem bestimmten Stoffe etwas in seiner Art Bestimmtes hervor. Die göttliche Kraft vermag also, weil sie unendlich ist, Artgleiches aus jedwedem Stoffe hervorzubringen, z. B. den Mann aus dem Lehm der Erde, das Weib aus dem Manne. Z u 3. Die natürliche Zeugung begründet Verwandtschaft, welche ein Ehehindernis darstellt. Das Weib wurde Q U A E S T I 0 92, 2 Tertio, quia, ut Philosophus dicit in 8 Eth. [cap. 14], mas et 1102 a femina conjunguntur in hominibus non solum propter necessi- 2 0 smtatem generationis, ut in aliis animalibus; sed etiam propter domesticam vitam, in qua sunt alia opera viri et feminae, et in qua vir est caput mulieris. Unde convenienter ex viro formata est femina, sicut ex suo principio. Quarta vero 3 2 est ratio sacramentalis; figuratur enim per hoc, quod Ecclesia a Christo sumit principium. Unde Apostolus dicit, Eph. 5: „Sacramentum hoc magnum est, ego autem dico in Christo et in Ecclesia." Et per hoc patet responsio AD PRIMUM. AD SECUND'UM dicendum quod materia est ex qua aliquid fit. Natura autem creata habet determinatum principium; et, cum sit determinata ad unurn, etiam habet determinatum proceseum; unde ex determinata materia producit aliquid in determinata specie. Sed virtus divina, cum sit inflnita, potest idem secundum speciem ex quacumque materia facere, sicut virum ex limo terrae, et mulierem ex viro. AD TERTIUM dicendum quod ex naturali generatione contrahitur quaedam propinquitas quae matrimonium impedit. Sed 32 I,: Quarto.
41
92,3 aber nicht durch natürliche Zeugung aus dem Manne hervorgebracht, sondern ausschließlich vermöge göttlicher Kraft. Deshalb heißt Eva nicht Tochter Adams. Darum besitzt der Grund keine Beweiskraft. 3. A R T I K E L
Ob das Weib aus der Rippe des Mannes gebildet mußte
werden
1. Die Rippe des Mannes war viel kleiner als der Leib des Weibes. Aus Kleinerem kann aber Größeres nicht entstehen, es sei denn, entweder durch Hinzufügung: hätte jedoch eine solche stattgefunden, so würde man eher sagen, das Weib sei aus jenem Hinzugefügten gebildet worden als aus der Rippe; — oder durch Auflockerung; denn Augustinus sagt: „Ein Körper kann nur wachsen, wenn er lockerer wird." Der Leib des Weibes erweist sich aber nicht weniger dicht als der des Mannes, jedenfalls nicht im Verhältnis der Rippe zum Körper der Eva. Also wurde Eva nicht aus der Rippe Adams gebildet. 2. In den ersterschaffenen Werken gab es nichts Überflüssiges. Die Rippe Adams gehörte also zur Vollkommenheit seines Leibes. Nach ihrer Entfernung blieb sein Körper also unvollkommen, was unangemessen erscheint. 3. Eine Rippe kann nur unter Schmerzen aus dem Leibe QU
A
E 8 T I 0 92 ,
3
m u l i e r non est p r o d u c t a a v i r o p e r n a t u r a l e m g e n e r a t i o n e m , sed sola v i r t u t e d i v i n a ; u n d e E v a non dicitur fllia A d a e . Et p r o p t e r hoc r a t i o non s e q u i t u r . A R T I C U L U S IJtriim
m u Ii e r
debuerit
III
formari
de
costa
viri
[2 Sent. d. 18, q. 1, a. 1; 1 ad Cor. c. 7, lect. 1] A D T E R T I U M sie p r o c e d i t u r . V i d e t u r quod m u l i e r non deb u e r i t f o r m a r i d e costa viri. Costa e n i m viri fuit m u l t o m i n o r q u a m c o r p u s m u l i e r i s . S e d e x ininori non potest fieri m a j u s , nisi vel p e r a d d i t i o n e m ; quod si fuisset, m a g i s e x illo a d d i t o m u l i e r f o r m a t a d i c e r e t u r q u a m de costa, vel e t i a m p e r r a r e MPL f a c t i o n e m , q u i a ut dicit A u g u s t i n u s , d e G e n . a d litt. [lib. 10, ^sfl caP' ' » n o n e s t possibile ut aliquod c o r p u s c r e s c a t , nisi 28°! r a r e s c a t " . Non a u t e m i n v e n i t u r c o r p u s m u l i e r i s r a r i u s q u a m viri, a d m i n u s in e a p r o p o r t i o n e q u a m h a b e t costa a d c o r p u s E v a e . E r g o E v a n o n fuit f o r m a t a de costa A d a e . 2. P R A E T E R E A , in o p e r i b u s p r i m o c r e a t i s non fuit aliquid s u p e r f l u u m . Costa e r g o A d a e fuit de p e r f e c t i o n e c o r p o r i s e j u s . E r g o , e a s u b t r a c t a , r e m a n s i t i m p e r f e c t u m . Quod v i d e t u r inconveniens. :(. P R A E T E R E A , costa non potest s e p a r a r i a b h o m i n e sine
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entfernt werden. Vor der Sünde gab es aber keinen 92,3 Schmerz. Also durfte die Rippe aus dem Manne nicht entfernt werden, um aus ihr das Weib zu bilden. ANDERSEITS heißt es Gn 2, 22: „Gott bildete aus der Rippe, die er aus Adam genommen hatte, das Weib." ANTWORT: Die Bildung des Weibes aus der Rippe Adams war sinnvoll. Und zwar erstens, um anzudeuten, daß zwischen Mann und Weib eine Gemeinschaft bestehen muß. Denn weder soll das Weib den Mann beherrschen (1 Tim 2, 12), und darum wurde es nicht aus dem Haupte gebildet; noch darf der Mann das Weib als ein ihm sklavisch unterworfenes Wesen verachten, darum wurde es nicht aus den Füßen gebildet. — Zweitens wegen der vorbildlichen Bedeutung, weil aus der Seite des am Kreuze entschlafenen Christus die Sakramente entströmten, nämlich Blut und Wasser [Sinnbilder der Sakramente], aus denen die Kirche gebildet wurde. Z u 1. Einige [28] sagen, der Leib des Weibes sei durch Vervielfältigung des Stoffes ohne Hinzufügung anderen Stoffes gebildet worden, ähnlich wie der Herr die fünf Brote vermehrte. — Das ist aber durchaus unmöglich. Denn eine solche Vermehrung geht vor sich entweder durch eine Wesenswandlung des Stoffes selbst oder durch Umwandlung seiner Ausdehnungen. Sie vollzieht sich aber nicht durch Wesenswandlung des Stoffes selbst; und zwar Q U A E S T I O 92, .1
dolore. Sed dolor non fuit ante peceatum. Ergo costa non debuit separari a viro, ut ex ea mulier formaretur. SED CONTRA est quod dicitur Gen. 2: „Aedificavit Dominus Deus costam quam tulerat de Adam, in mulierem." RESPONDEO dicendum quod conveniens fuit mulierem formari de costa viri. Primo quidem, ad significandum quod inter virum et mulierem debet esse socialis conjunctio. „Neque" enim mulier (lebet „dominari in virum" [1 Tim. 2]; et ideo non est formata de capite. Neque debet a viro despici, tanquam serviliter subjecta; et ideo non est formata de pedibus. — Secundo, propter sacramentum; quia de latere Christi dormientis in cruce fluxerunt sacramenta, idest sanguis et aqua, quibus est Ecclesia instituta. AD PRIMUM ergo dicendum quod quidam 33 dicunt per multiplicationem materiae, absque alterius additione, formatum fuisse corpus mulieris; ad modum quo Dominus quinque panes multiplicavit. — Sed hoc est omnino impossibile. Multiplicatio enim praedicta aut accidit secundum transmutationem substantiae ipsius materiae; aut secundum transmutationem dimensionuni ejus. Non autem secundum transmutationem substantiae ipsius 33 H u g o de s. Vict., de Sacram., lib. 1, p. 6, cap. 36: MPI. 176/284 D; Petr. Lomb., 2 Sent., dlst. 18: MPL 192/688.
4*
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92,3 erstens darum, weil der Stoff, in sich betrachtet, insofern er ein der Anlage nach Seiendes ist und ihm nur das Trägersein zukommt, in keiner Weise umwandelbar ist; zweitens weil Vielheit und Größe außerhalb des Wesens des Stoffes liegen. Darum ist eine Vervielfältigung des Stoffes, solange er ohne Hinzufügung derselbe Stoff bleibt, nur dann denkbar, wenn man voraussetzt, daß er größere Ausmessungen annimmt. Darin aber besteht die Auflockerung, daß derselbe Stoff größere Ausmessungen annimmt, wie der Philosoph sagt. Wenn man also sagt, derselbe Stoff vermehre sich ohne Auflockerung, so macht man in sich widersprechende Aussagen, nämlich [man setzt] die Begriffsbestimmung ohne das Bestimmte. Da nun bei derartigen Vermehrungen eine Auflockerung nicht feststellbar ist, muß man annehmen, daß der Stoff hinzugefügt wird entweder durch Schöpfung oder, was wahrscheinlicher ist, durch Verwandlung. Darum sagt Augustinus, Christus habe mit fünf Broten fünftausend Menschen in der Weise gesättigt, wie er aus wenigen Saatkörnern eine reiche Ernte hervorbringe; und dies vollzieht sich durch Verwandlung der Nährstoffe. — Man sagt aber, er habe mit fünf Broten die Scharen gespeist, oder er habe das Weib aus der Rippe gebildet, weil zu dem vorliegenden Stoffe der Rippe oder der Brote etwas hinzugefügt wurde. Z u 2. Jene Rippe gehörte zur Vollkommenheit Adams Q U A E S T I 0 92, s m a t e r i a e ; tum quia materia in se considerata, est omnino intransmutabilis, utpote existens in potentia, et habens solum rationem subjecti; tum etiam quia multitudo et magnitudo sunt praeter essentiam ipsius materiae. Et ideo nullo modo potast multiplicatio materiae intelligi, eadem materia manente absque additione, nisi per hoc quod majores dimensiones accipiat. Hoc autem est rarefleri, scilicet materiam eandem accipere majores dimen217b 8sqq. siones, ut Philosophus dicit in 4 Phys. [cap. 9 ] , Dicere ergo materiam multiplicari absque rarefactione, est ponere contradictoria simul, scilicet definitionem absque definito. Unde, cum non appareat rarefactio in talibus multiplicationibus, necesse est ponere additionem materiae, vel per creation e m ; vel, quod probabilius est, per conversionem. Unde AuguMPL stinus dicit, super Joan. [tract. 2 4 ] , quod „hoc modo Christus ex 35 1593 quinque panibus satiavit quinque milia hominum, quomodo ex paucis granis producit multitudinem s e g e t u m " ; quod fit per conversionem alimenti. — Dicitur tarnen vel ex quinque panibus turbas pavisse, vel ex costa mulierem formasse, quia additio facta est ad materiam praeexistentem costae vel panum. AD SECUNDUM dicendum quod costa illa fuit de perfectione
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['29] zwar nicht insofern er ein Einzelwesen war, sondern 92, i insofern er der Ursprung der Art war, wie der Same zur Vollkommenheit des Zeugers gehört, der sich in naturhafter Tätigkeit mit Lustempfindungen ablöst. Viel eher also konnte der Leib des Weibes ohne jeglichen Schmerz mit göttlicher Kraft aus der Seite des Mannes gebildet werden. Daraus ergibt sich die Lösung zum dritten Einwand. 4. A R T I K E L Ob das Weib unmittelbar von Gott gebildet
wurde
1. Kein Einzelwesen, das aus einem ihm Artähnlichen hervorgebracht wird, wird unmittelbar von Gott hervorgebracht. Das Weib aber wurde aus dem Manne gebildet, der ein dem Weibe artähnliches Wesen ist. Also wurde es nicht unmittelbar von Gott gemacht. 2. Die [Angelegenheiten der] Körperwelt werden von Gott durch Vermittlung der Engel verwaltet/ Der Leib des Weibes ist aber aus körperlichem Stoffe gebildet. Also wurde er durch den Dienst der Engel und nicht unmittelbar von Gott gebildet. 3. Was in den geschaffenen Dingen ein keimhaftes Vordasein hatte, wird durch die Kraft eines Geschöpfes hervorgebracht und nicht unmittelbar von Gott. Augustinus Q l A E S T I O 92, 4 Adae, non prout erat Individuum quoddam, sed prout erat principium speciei; sicut semen est de perfectione generantis, quod operatione naturali cum delectatione resolvitur. Unde multo niagis virtute divina corpus mulieris potuit de costa viri forniari absque dolore. Et per hoc patet solutio AD TERTIUM. A R T I C U L U S IV U t r u m in u l i e r f u e r i t i m m e d i a t e f o r m a t a a D e o AD QUARTUM sie proceditur. Videtur quod mulier non fuerit immediate formata a Deo. Nullum enim individuum ex simili .secundum speciem produetum, fit immediate a Deo. Sed mulier facta est de viro, qui est ejusdem speciei cum ipsa. Ergo non est facta immediate a Deo. 2. PRAETEREA, Augustinus dicit, 3 de Trin. [cap. 4 ] , quod Mi'i. ¿orporalia dispensantur a Deo per angelos. Sed corpus mulieris 4 2 / H 7 : i e x materia corporali est formatum. Ergo est factum per minieterium angelorum, et non immediate a Deo. 3. PRAETEREA, ea quae praeextiterunt in creaturis secundum rationes causales, produeuntur virtute alieujus creaturae, et non immediate a Deo. Sed secundum causales rationes corpus mu-
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92,4 sagt aber, der Leib des Weibes sei keimhaft in den ersten Schöpfungswerken hervorgebracht worden. Also wurde das Weib nicht unmittelbar von Gott hervorgebracht. ANDERSEITS sagt Augustinus: „Die Rippe bilden und ausbauen, daß ein Weib entstand, vermochte nur Gott, durch den die gesamte Natur Bestand hat." ANTWORT: Oben (Art. 1) wurde gesagt, die natürliche Zeugung jeglicher Art sei aus einem bestimmten Stoffe. Der Stoff aber, aus dem auf natürliche Weise ein Mensch entsteht, ist der menschliche Same^sa des Mannes oder des Weibes. Es kann demnach aus einem andern beliebigen Stoffe ein Einzelwesen menschlicher Art nicht entstehen. Einzig Gott, der Begründer der Natur, vermag die Dinge ins Dasein hervorzubringen, ohne an die Naturordnung gebunden zu sein. Darum konnte nur Gott sowohl den Mann aus dem Lehm der Erde wie auch das Weib aus der Rippe des Mannes bilden [30]. Z u 1. Jener Grund hat Geltung, wenn das Einzelwesen durch natürliche Zeugung aus einem artgleichen Wesen entsteht. Z u 2. Augustinus sagt, wir seien in Unkenntnis darüber, ob die Engel bei der Bildung des Weibes Dienste geleistet hätten; es ist aber sicher, daß der Leib des Weibes Q U A E S T I 0 92, 4 MPL lieris in p r i m i s ac* CSEL ®
operibus fcaP-
p r o d u c t u n i fuit, ut A u g u s t i n u s dicit E r g o non fuit p r o d u c t a m u l i e r im-
281/288 m e d i a t e a D e o . MPL S E D C O N T R A est quod A u g u s t i n u s dicit in e o d e m lib.: „ F o r ' t s f t l n a r e v e l a e d i f i c a r e costain ut m u l i e r esset, non potuit nisi Deus, 281/287 a 1 u 0 u n i v e r s a n a t u r a s u b s i s t i t . " R E S P O N D E O d i c e n d u m quod, sicut s u p r a dictum est, uniusc u j u s q u e s p e c i e i g e n e r a t i o n a t u r a l i s est e x d e t e r m i n a t a m a t e r i a . M a t e r i a a u t e m e x q u a n a t u r a l i t e r g e n e r a t u r h o m o , est s e m e n h u m a n u n i v i r i v e l f e m i n a e . U n d e e x alia q u a c u m q u e m a t e r i a i n d i v i d u u m h u m a n a e s p e c i e i g e n e r a r i non potast n a t u r a l i t e r . S o l u s a u t e m Deus, qui est n a t u r a e institutor, potest p r a e t e r n a t u r a e o r d i n e m r e s in esse p r o d u c e r e . E t i d e o solus D e u s potuit vel v i r u m d e limo t e r r a e , vel m u l i e r e m d e costa v i r i f o r m a r e . A D P R I M U M e r g o d i c e n d u m q u o d r a t i o illa 3 4 procedit, q u a n d o i n d i v i d u u m g e n e r a t u r e x simili s e c u n d u m s p e c i e m , g e n e r a t i o n e naturali. MPL CSEL
A D S E C U N D U M d i c e n d u m quod, sicut A u g u s t i n u s dicit, 9 d e [cap. 1 5 ] , a n ministerium angeli exhibuerint Deo
I 286 sq.
33a gjjjjg. steht hier ganz generisch für die Keimkräfte des Mannes wie des Weibes. Vg-1. I 115, 2 Zu 3 (Bd. 8); III 31, 5 Zu 3 (Bd. 26); Bd. 27, Anm. [8], S. 260. »4 P om.
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ebensowenig durch die Engel aus der Rippe des Mannes !)2, i gebildet wurde, wie der Leib des Mannes durch die Engel aus der Erde. Z u 3. Augustinus sagt: „Es lag nicht in der Urbegründung der Dinge, daß das Weib tatsächlich auf solche Weise entstehen mußte, wohl aber daß es so entstehen konnte." Darum hatte der Leib des Weibes in den ersten Werken ein keimhaftes Dasein, zwar nicht gemäß einer wirkenden Kraft, sondern nur gemäß einer empfänglichen Anlage, die der tätigen Macht Gottes zugeordnet war. «
U A E S T I O 92, 4
in formatione mulieris, nesciinus; certuni tarnen e.st quocl, sicut corpus viri de limo non fuit formatimi per angelos, ita neu corpus mulieris de costa viri. A D TERTIUM dicendum, quod, sicut Augustinus in eodem Ml')libro dicit: „Non habuit prima rerum conditio ut f e m i n a omnino ^ ^ sie fleret; sed tarnen 35 hoc habuit, ut ,sic fieri posset." Et ideo 28I 2M secunduin causales rationes praeextitit corpus mulieris in primis operibus, non s e e u n d u m potentiam activain, sed secunduin potentiam passivam tantum, in ordine ad potentiam activam Creatoris. 35 L :
tantum.
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1
93. F R A G E
ZWECK ODER ENDERGEBNIS DER HERVORBRINGUNG DES MENSCHEN Hierauf ist der Zweck oder das Endergebnis der Hervorbringung des Menschen zu betrachten, insofern es heißt, der Mensch sei nach dem Bilde und der Ähnlichkeit Gottes geschaffen worden. Es ergeben sich neun Einzelfragen: 1. Ob der Mensch ein Bild Gottes ist. 2. Ob in den vernunftlosen Geschöpfen ein Ebenbild Gottes sei. 3. Ob im Engel ein vollkommeneres Ebenbild Gottes ist als im Menschen. 4. Ob in jedem Menschen ein Ebenbild Gottes ist. 5. Ob im Menschen ein Ebenbild Gottes ist in bezug auf das Wesen oder auf alle göttlichen Personen oder auf eine göttliche Person. 6. Ob im Menschen nur in bezug auf den Geist ein Ebenbild Gottes ist. 7. Ob im Menschen ein Ebenbild Gottes ist in bezug auf die Vermögen oder Gehaben oder Akte. 8. Ob im Menschen ein Ebenbild Gottes ist in bezug auf alle Erkenntnisgegenstände. 9. Über den Unterschied von Bild und Ähnlichkeit. QUAESTIO
XCIII
DE F I N E S1VE T E R M I N O P R O D U C T I O N I S
HOMINkS
Deinde considerandum est de fine sive termino production^ hominis, prout dicitur factus ad imaginem et similitudinem Dei. Et circa hoc quaeruntur n o v e m : 1. Utrum in homine sit imago Dei. — 2. Utruin imago Dei sit in irrationalibus creaturis. — 3. Utrum imago Dei sit magis in angelo quam in homine. — 4. Utrum imago Dei sit in omni homine. — 5. Utruin in homine sit imago Dei per comparationem ad essentiam, vel ad personas divinas omnes, aut unam earum. — 6. Utrum imago Dei inveniatur in homine solum secundum mentem. — 7. Utrum imago Dei sit in homine secundum potentias, aut secundum habitus, aut actus. — 8. Utrum per comparationem ad omnia objecta. — 9. De differentia imaginis et similitudinis.
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1. A R T I K E L Ob im Menschen ein Ebenbild
l Gottes ist
1. Es scheint, daß es im Menschen kein Ebenbild Gottes gibt. E s heißt nämlich Is 40, 18: „Wem macht ihr Gott ähnlich? Oder was stellt ihr als Sein Bild a u f ? " 2. Ebenbild Gottes sein ist eine Eigentümlichkeit des Erstgeborenen, von dein der Apostel Kol 1, 15 sagt: „ E r ist das Ebenbild des unsichtbaren Gottes, der Erstgeborene aller Schöpfung." Im Menschen ist also kein Ebenbild Gottes. 3. Hilarius sagt: „Bild ist sich nicht unterscheidende Gestalt jenes Dinges, dem es nachgebildet ist." F e r n e r sagt e r : „Bild ist die unterschiedene und geeinte Ähnlichkeit eines Dinges, das dem [dargestellten] Dinge vollkommen anzugleichen ist." E s gibt aber keine Gestalt Gottes und des Menschen, die sich nicht unterscheiden würde, ebensowenig kann es zwischen Gott und Mensch Gleichheit geben. Also kann es im Menschen kein Bild Gottes geben. A N D E R S E I T S heißt es Gn 1, 2 6 : „Lasset uns den Menschen machen nach Unserm Bilde und Gleichnisse." [31] ANTWORT: Augustinus sagt: „Wo ein Bild ist, da ist zugleich auch Ähnlichkeit. W o aber Ähnlichkeit ist, da ist nicht auch gleich ein Bild." Daraus geht hervor, daß QÜÄE8TIOM, 1
ARTICULUS I U t r u in i m a g o D e i s i t i n h o m i n e
[I »5, 2 ad 3; 45, 7; 4 C. G. 26; 2 Sent. d. 16, expos. l i t t ; De vcril 10, 7 c;
1 ad Cor. c. 11, lect. 2] AD PRIMUM sie proceditur. Videtur quod iniago Dei non sit in homine. Dicitur enim Is. 40: „Cui similem fecistis Deum, aut quam imaginem ponetis ei?" 2. RRAETEREA, esse Dei imaginem est proprium primogeniti, de quo dicit Apostolus Col. 1: „Qui est imago Dei invisibilis, primogenitus omnis creaturae." Non ergo in homine invenitur Dei imago. 3. PRAETEREA, Hilarius dicit in libro de Synod., quod „imago MFL est ejus rei ad quam imaginatur, species indifferens"; et iterum 10/490 B dicit quod „imago est rei ad rem coaequandam indiscreta et unita similitudo". Sed non est species indifferens Dei et hominis; nec potest esse aequalitas hominis ad Deum. Ergo in homine non potest esse imago Dei. SED CONTRA est quod dicitur Gen. 1: „Faciamus hominem ad imaginem et similitudinem nostram." RESPONDEO dicendum quod, sicut Augustinus dicit in libro MPL Octoginta trium Quaest. [q. 74; cf. q. 51], „ubi est imago, con- 4 0 ® tinuo est et similitudo; sed ubi est similitudo, non continuo est
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93, l Ähnlichkeit zum Begriffe des Bildes gehört und daß das Bild dem Begriffe der Ähnlichkeit etwas hinzufügt, nämlich, daß es die Ausprägung eines andern sei. Denn Bild wird etwas danach benannt, daß es in Nachahmung eines andern gewirkt wird. Darum nennt man ein Ei, sosehr es dem andern ähnlich und gleich ist, doch nicht Bild des andern, weil es keine Ausprägung des andern ist. — Gleichheit gehört aber nicht zum Bildbegriff; denn Augustinus sagt: „Wo ein Bild ist, dort ist noch nicht zugleich Gleichheit", wie es offensichtlich ist bei dem im Spiegel aufleuchtenden Bilde irgendeines Dinges. Sie gehört aber doch zum Begriffe des vollkommenen Bildes; denn bei einem vollkommenen Bilde fehlt dem Bild nichts von der Fülle dessen, dessen Ausprägung es ist [32], Es ist aber offenbar, daß sich im Menschen eine Ähnlichkeit mit Gott vorfindet, die sich von Gott als dem Urbilde herleitet. Es ist jedoch keine an Gleichheit heranreichende Ähnlichkeit, weil dieses Urbild ein solches Abbild unendlich überragt. Darum heißt es, im Menschen sei ein Bild Gottes, aber kein vollkommenes, sondern ein unvollkommenes. Und das deutet die Schrift an mit den Worten, der Mensch sei „nach dem Bilde Gottes gemacht". Das Verhältniswort „nach" bezeichnet nämlich eine Annäherung, die einem [weit] abstehenden Dinge zukommt. Z u 1. Der Prophet spricht von den körperlichen, durch Menschen hergestellten Bildern. Darum sagt er bezeichy U A E S T I O 98, l
iinago". Ex quo patet quod siniilitudo est de ratione imaginis, et imago aliquid addit supra rationem similitudinis, scilicet quod sit ex alio expressa; imago enim dicitur ex eo quod agitur ad imitationem alterius. Unde ovuni, quantumcumque sit alteri ovo simile et aequale, quia tarnen non est expressum ex illo, non dicitur imago ejus. — Aequalitas autem non est de ratione iniaibid. ginis; quia, ut Augustinus ibidem dicit: „ubi est imago, non continuo est aequalitas"; ut patet in imagine alicujus in speculo relucente. Est tarnen de ratione perfectae imaginis; nani in perfecta imagine non deest aliquid imagini, quod insit illi de quo expressa est. Manifestum est autem, quod in homine invenitur aliqua Dei siniilitudo, quae deducitur a Deo sicut ab exemplari; non tarnen est siniilitudo secunduin aequalitatem, quia in inflnitum excedit exemplar hoc tale exemplatum. Et ideo in homine dicitur esse iinago Dei, non tarnen perfecta, sed imperfecta. Et hoc signiflcat Scriptura, cum dicit hominem factum ad imaginem Dei; praepositio enim ad accessum quemdam significat, qui competit rei distanti. AD PRIMUM ergo dicendum quod propheta loquitur de corporalibus imaginibus ab homine fabricatis; et ideo signanter
50
lienderweise: „Was stellt ihr als sein Bildnis auf?" Doch 93, 1 Gott hat selbst in den Menschen ein geistiges Ebenbild Seiner selbst hineingelegt. Z u 2. „Der Erstgeborene aller Schöpfung" ist das vollkommene Ebenbild Gottes, das in sich all das vollkommen verwirklicht, was im Urbild ist. Darum wird Er ,Ebenbild' und nicht ,nach dem Bilde gemacht' genannt. Der Mensch aber wird einerseits wegen der Ähnlichkeit ,Bild' genannt; andererseits heißt er wegen der Unvollkommenheit dieser Ähnlichkeit ,nach dem Bilde'. Und da die vollkommene Ähnlichkeit mit Gott nur in der Dieselbigkeit der Natur bestehen kann, darum ist das Bild Gottes in Seinem Erstgeborenen Sohne wie das Bild des Königs in seinem Sohne, der mit ihm gleicher Natur ist. Im Menschen ist es aber als in einer fremden Natur, so wie das Bild des Königs in einer Silbermünze (Augustinus) [33]. Z u 3. Da das Eine ein [in sich ] ungeteiltes Seiendes ist, heißt es im selben Sinne ,nicht-unterschiedenes' Bild, in welchem es auch als ,ein und dasselbe' [bezeichnet wird]. ,Ein und dasselbe' heißt aber etwas nicht nur der Zahl, der Art oder Gattung nach, sondern auch nach einer Analogie oder einem bestimmten Verhältnis; und so besteht eine Einheit oder Übereinstimmung des Geschöpfes mit Gott. Wenn er aber sagt: „eines dem Dinge vollkommen anzugleichenden Dinges", so gehört das zur Bewandtnis des vollkommenen Bildes. Q U A E S T I O 93, L
dicit: „Quam imagineni ponetis ei?" Sed Deus ipse sibi in honiine posuit spiritualem imagineni. AD SECUNDUM dicendum quod primogenilus omnis crealurae est imago Dei perfecta, perfecte implens illud cujus imago est; et ideo dicitur Imago, et nunquam ad imagineni. Homo vero et propter similitudinem dicitur imago; et propter iniperfectionem similitudinis dicitur ad imaginem. Et quia similitudo perfecta Dei non potest esse nisi in identitate naturae, imago Dei est in Filio suo primogenito, sicut imago regis in filio sibi connaturali; in homine autem sicut in aliena natura, sicut imago regis in nummo argenteo; ut patet per Augustinum in libro de Decem Chordis [serm. 9, cap. 8]. MPI< AD TERTIUM dicendum quod, cum unum sit ens indivisum, 3 8 , 3 2 eo modo dicitur species indifferens, quo una. Unum autem dicitur aliquid non solum numero, aut specie aut genere, sed etiam secundum analogiam vel proportionem quandam; et sie est unitas, vel convenientia creaturae ad Deum. Quod autem dicit rei ad rem coaequandam, pertinet ad rationem perfectae imaginis.
51
93,2
2. A R T I K E L Ob sich
in
den
vernunftlosen Gottes
Geschöpfen findet
ein
Ebenbild
1. Dionysius sagt: „ D i e verursachten Dinge tragen das [an j e n e ] heranreichende Bild ihrer Ursachen an sich." Gott ist aber Ursache nicht nur der vernunftbegabten, sondern auch der vernunftlosen Geschöpfe. Es findet sich also in den vernunftlosen Geschöpfen ein Ebenbild Gottes vor. 2. Je ausgeprägter die Ähnlichkeit in einem Dinge ist, um so mehr nähert es sich der Bewandtnis eines Bildes. Dionysius sagt a b e r : „ D e r Sonnenstrahl hat die größte Ähnlichkeit mit der göttlichen Güte." A l s o ist er nach dem Bilde Gottes [ g e m a c h t ] . 3. Je vollkommener die Gutheit eines W e s e n s ist, um so gottähnlicher ist es. Das ganze W e l t a l l ist aber an [innerem ] Gutsein vollkommener als der Mensch; denn wenn auch die Einzeldinge ,gut' sind, so w e r d e n sie doch in ihrer Gesamtheit „sehr g u t " genannt (Gn 1, 31). A l s o ist das ganze W e l t a l l nach dem Bilde Gottes und nicht nur der Mensch. 4. Boethius nennt Gott denjenigen, welcher „ d i e W e l t in Seinem Geiste trägt und sie zu einem ähnlichen Bilde Q U A K S T I 0 93, 2 A R T 1 C U L U S
Utrum
imago
Dei inveniatur creaturis
1[
in
irrationalibus
[I 45, 7; 1 Sent. (1. 3, q. 3: 2 Seilt, d. 16, a. 2; 3 Sent. d. 10, q. 2, a. 2, qa. 2; 4 C. G. 26; De verit. 10, 1 ad 5; De pot. 9, 9]
MPG 3 Dr99 1
mpg »'697 c ni.ibisq.
mpl ^JZ?,Lf CNCiL 67,63
A D SECUN.DUM sie proceditur. Videtur quod iniago Dei inveniatur in irrationalibus creaturis. Dicit enim Dionysius [Div. Nom. cap. '2]: „Habent causata causarum suaruni contingentes ' " l a S ' n e s - " Sed Deus est causa non solum rationalium creaturarum, sed etiam irrationalium. Ergo imago Dei invenitur in irrationalibus creaturis. 2. PRAETiEREA, quanto est expressior similitudo in aliquo, tanto magis accedit ad rationem imaginis. Sed Dionysius dicit [Div. Nom. cap. 4 ] , quod „radius solaris maxime habet siinilitudinem divinae bonitatis". Ergo est ad imaginem Dei. P R A E T E R E A , quanto aliquid est magis perfectum in bo3 nitate, tanto magis est Deo simile. Sed totum universuni est perfectius in bonitate quam homo; quia etsi bona sint singula, tarnen simul omnia dicuntur „valde bona" 36, Gen. 1. Ergo totum universuni est ad imaginem Dei, et non solum homo. 4. P R A E T E R E A , Boetius, in libro de Consol. [üb. 3, nietr. 9], dicit de Deo: „Munduni mente gerens, similique in imagine for,i6
52
cf
Aug
Enchir
cap
10;
M I >[ ;
40/236.
gestaltet". Also ist die ganze Welt nach dem Bilde Gottes 93,2 und nicht nur das vernunftbegabte Geschöpf. ANDERSEITS sagt Augustinus: „Dies begründet den Vorrang des Menschen, daß Gott ihn nach Seinem Bilde erschuf, insofern Er ihm eine Geistnatur gab, durch welche er sich vor den Tieren auszeichnet." Was keine Vernunft hat, ist also nicht nach dem Bilde Gottes. ANTWORT: Nicht jedwede Ähnlichkeit, selbst wenn sie die Ausprägung eines anderen ist, genügt zur Bewandtnis des Bildes. Denn von einem Wesen, bei dem nur eine gattungsmäßige Ähnlichkeit oder eine Ähnlichkeit in einem gemeinsamen Beiwesen vorliegt, sagt man deshalb nicht schon, es sei nach dem Bilde eines andern [gemacht]. Denn man könnte nicht sagen, der Wurm, der aus dem Menschen entsteht, sei wegen der gattungsmäßigen Ähnlichkeit ein Bild des Menschen. Ebensowenig kann man sagen, etwas, das nach der Ähnlichkeit eines andern weiß wird, sei dessen Bild. Denn weiß ist ein mehreren Arten gemeinsames Beiwesen. Zum Bildbegriff ist aber erfordert, daß Artähnlichkeit vorliegt, wie beim Bild des Königs in seinem Sohne, oder wenigstens Ähnlichkeit in einem arteigentümlichen Beiwesen, vor allem in der Gestalt, wie man etwa sagt, das Bild eines Menschen sei im Kupfer [eingeprägt]. — Darum sagt Hilarius bezeichnenderweise: „Bild ist die sich nicht unterscheidende Gestalt." Q U A E S T I O 93. 2
mans." Ergo totus mundus est ad imaginem Dei, et 11011 solum rationalis creatura. SED CONTRA est quod dicit Augustinus, 6 de Gen. ad litt, [cap. 12]: „Hoc excellit in homine, quia Deus ad imaginem suam hominem fecit, propter hoc quod dedit ei mentem intellectualem, qua praestat pecoribus". Ea ergo quae non habent intellectum, non sunt ad imaginem Dei. RESPONDEO dicendum quod non quaelibet similitudo, etiamsi sit expressa ex altero, sufficit ad rationem imaginis. Si enim similitudo sit secundum genus tantum, vel secundum aliquod accidens commune, non propter hoc dicetur aliquid esse ad imaginem alterius; non enim posset dici quod vermis qui oritur ex homine, sit imago hominis propter similitudinem generis; neque iterum potest dici quod, si aliquid fiat album ad similitudinem alterius, quod propter hoc sit ad ejus imaginem, quia album est accidens commune pluribus speciebus. Requiritur autem ad rationem imaginis quod sit similitudo secundum speciem, sicut imago regis est in filio suo; vel ad minus secundum aliquod accidens proprium speciei, et praecipue secundum figuram, sicut hominis imago dicitur esse in cupro. Unde signanter Hilarius dicit [de Synod.] quod „imago est species indiflerens".
MPL 34/348 jtffig,
MPL KMUÜ
93, 2
Offenbar aber wird die Ähnlichkeit in der Art nach dem letzten Artunterschied bestimmt. Gewisse Dinge sind Gott aber ähnlich zunächst und ganz allgemein, insofern sie Dasein haben, zweitens insofern sie leben, drittens insofern sie erkennen oder Einsicht haben. „Diese stehen", wie Augustinus sagt, „der Ähnlichkeit nach Gott so überaus nahe, daß kein Geschöpf Ihm näher ist." So ist es also klar, daß nur die vernunftbegabten Geschöpfe im eigentlichen Sinne nach dem Bilde Gottes sind [34]. Z u 1. Jedes Unvollkommene ist eine gewisse Teilhabe an einem Vollkommenen. Darum nehmen auch die Wesen, die an die Bewandtnis des Bildes nicht heranreichen, doch in etwa an ihr teil, insofern sie Gott in irgend einer Weise ähnlich sind. Darum sagt auch Dionysius, die verursachten Dinge hätten die an ihre Ursachen „heranreichenden Bilder" in sich, d. h. insoweit es ihnen zukommt, sie zu haben, und nicht schlechthin. Zu 2. Dionysius behauptet die Ähnlichkeit des Sonnenstrahles mit der göttlichen Güte bezüglich der Ursächlichkeit, nicht aber bezüglich der Würde der Natur, welche zur Bewandtnis des Bildes erforderlich ist. Z u 3. Das Weltall ist der Ausdehnung und der Ausbreitung nach im Gutsein vollkommener als das vernunftbegabte Geschöpf, bezüglich der innerlich gesammelten Kraft aber liegt eine größere Ähnlichkeit mit der göttlichen Vollkommenheit in dem vernunftbegabten GeQ U A E S T I 0 93, a
Manifestum est autem quod similitudo speciei attenditur secundum ultimam differentiam. Assimilantur autem aliqua Deo, primo quidem, et m a x i m e communiter, inquantum sunt; secundo vero, inquantum vivunt; tertio vero, inquantum .sapiunt vel inm p l telligunt. Quae, ut Augustinus dicit in libro Octoginta trium 4ü'32 Quaest. [q. 5 1 ] , „ita sunt Deo similitudine proxima. ut in creaturis nihil sit propinquius". Sic ergo patet quod solae intellectuales creaturae, proprie loquendo, sunt ad imaginem Dei. AD PRIMUM ergo dicendum quod omne imperfectum est quaedam participatio perfecti. Et ideo etiam ea quae deficiunt a ratione imaginis, inquantum tarnen aliqualem Dei similitudinem habent, participant aliquid de ratione imaginis. E t ideo Dionysius dicit quod causata habent causarum „contingentes imagines", id est, quantum contingit ea habere, et non simpliciter. AD SECUNDUM dicendum quod Dionysius assimilat radiurn solarem divinae bonitati quantum ad causalitatem; non secun dum dignitatem naturae, quae requiritur ad rationem imaginis. AD T E R T I U M dicendum quod universum est perfecti,us in bonitate quam intellectualis creatura, extensive et diffusive. Sed intensive et collective similitudo divinae perfectionis magis invenitur in intellectuali creatura, quae est capax summi boni. —
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schöpf vor, das des höchsten Gutes fähig ist. — Man kann 93,3 auch so sagen: der Teil wird nicht gegen das Ganze, sondern gegen einen anderen Teil abgegrenzt. Wenn es also heißt, nur die vernunftbegabte Natur sei nach dem Bilde Gottes, so wird damit nicht abgestritten, daß das Weltall in einem seiner Teile nach dem Bilde Gottes ist, es werden nur die anderen Teile des Weltalls ausgeschlossen. Z u 4. Boethius nimmt Bild im Sinne von Ähnlichkeit, gemäß welcher das Kunstwerk die Kunstform nachahmt, welche im Geiste des Künstlers ist. So ist aber jedes Geschöpf ein Abbild der urbildlichen Idee, welche es im Geiste Gottes besitzt. Hier sprechen wir aber nicht in diesem Sinne von Bild, sondern insofern es gemäß der Naturähnlichkeit betrachtet wird, insofern nämlich dem Erstseienden alles ähnlich ist, insofern es Dasein hat, dem Urleben, insofern es lebendig ist, dem Urverstande, insofern es erkennendes Wesen ist. 3. A R T I K E L in vollkommenerer Weise ein Ebenbild Gottes ist als der Mensch 1. Augustinus sagt, Gott habe keinem Geschöpfe das Nach-dem-Bilde-Sein verliehen außer dem Menschen. Es
Ob der Engel
Q U A E S T I 0 93, a
Vel dicendum quod pars non dividitur contra totum, sed contra aliam partem. Unde cum dicitur quod sola natura intellectualis est ad imaginem Dei, non excluditur quin universuin, secunduni aliquam sui partem, sit ad imaginem Dei; sed excluduntur aliae partes universi. AD QUARTUM dicendum quod imago accipitur a Boetio secunduni rationem similitudinis, qua artificiatum imitatur speciem artis quae est in mente artificis; sie autem quaelibet creatura est imago rationis exemplaris quam habet in mente divina. Sic autem non loquimur nunc de imagine; sed secundum quod attenditur secundum similitudinem in natura; prout scilicet primo enti assimilantur omnia, inquantum sunt entia; et primae vitae, inquantum sunt viventia; et summae sapientiae, inquantum sunt intelligentia. ARTICULUS III U t r u m a n g e l u s s i t m a g i s ad i m a g i n e m D e i quam homo [1 Sent. d. 3, q. 2, ad 4; 2 Sent. d. 16, a. 3; 3 Sent. d. 2, q. 1, a. 1, q a 2 . I n Ps. 8]
AD TERTIUM sie proceditur. Videtur quod angelus non sit magis ad imaginem Dei quam homo. Dicit enim Augustinus, in MPL sermone de Imagine [serm. 43, cap. 2], quod Deus nulli alii '^'255 creaturae dedit quod sit ad imaginem suam, nisi homini. Non
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93, 3 ist also nicht wahr, daß der Engel in einem höheren Sinne ,nach dem Bilde Gottes' genannt w i r d als der Mensch. 2. Augustinus sagt: „ D e r Mensch ist so nach dem Bilde Gottes, daß er ohne Vermittlung eines Geschöpfes von Gott gebildet w u r d e ; darum ist nichts Ihm [ G o t t ] näher verbunden." Bild Gottes nennt man aber ein Geschöpf, insofern es mit Gott verbunden ist. A l s o ist der Engel nicht mehr nach dem Bilde Gottes als der Mensch. 3. Man sagt, ein Geschöpf sei ,nach dem Bilde Gottes', insoweit es eine Vernunftnatur besitzt. Eine Vernunftnatur aber läßt sich w e d e r steigern noch abschwächen; denn als Selbstandwesen gehört sie nicht zur Gattung der Beiwesen. A l s o ist der Engel nicht mehr nach dem Bilde Gottes als der Mensch. A N D E R S E I T S sagt Gregor in einer Schriftpredigt: „ D e r Engel w i r d ein Siegel der Ähnlichkeit genannt, w e i l iu ihm die Ähnlichkeit des göttlichen Bildes mehr ausgeprägt erscheint." A N T W O R T : V o n einem Bilde Gottes können w i r in doppelter W e i s e sprechen: erstens mit Bezug auf das, worin die Bewandtnis des Bildes zunächst betrachtet wird, das ist aber die Vernunftnatur. Und unter diesem Gesichtspunkte ist das Bild Gottes in den Engeln vollkommener als in den Menschen, w e i l in ihnen die Vernunftnatur vollkommener ist (58, 3: Bd. 4; 75, 7, Zu 3; 79, 8: Bd. 6). Q U A E S T I 0 93, 3
ergo verum est quod angelus magis dicatur ad imaginem Dei quam homo. MPL 2. P R A E T E R E A , secundum Augustinum, in iibro Octoginta 40/33 trium Quaest. [q. 51], „Homo ita est ad imaginem Dei, ut, nulla interposita creatura, formetur a Deo. Et ideo nihil est illi conjunetius." Sed imago Dei dicitur aliqua creatura, inquantum Deo conjungitur. Ergo angelus non est magis ad imaginem Dei quam homo. 3. P R A E T E R E A , creatura dicitur ad imaginem Dei, inquantum est intellectualis naturae. Sed intellectualis natura non intenditur nec remittitur; non enim est de genere accidentis, cum sit in genere substantiae. Ergo angelus non est magis ad imaginem Dei quam homo. SED CONTRA est quod dicit Gregorius in quadam Homilia MPL [hom. 34 in Evang.], quod „angelus dicitur signaculum simi76/1250B litudinis, quia in eo similitudo divinae imaginis magis insinuatur expressa". RESPONDEO dicendum quod de imagine Dei loqui dupliciter possumus. Uno modo, quantum ad id in quo primo consideratur ratio imaginis, quod est intellectualis natura. Et sie imago Dei est magis in angelis quam sit in hominibus: quia intellectualis natura perfectior est in eis ut ex supra dictis patet. — Secundo po-
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— Zweitens katin man das Bild Gottes im Menschen be- 93,3 trachten mit Bezug auf das, worin es in zweiter Linie gesehen wird, insofern nämlich im Menschen darin eine Nachahmung Gottes vorliegt, daß der Mensch vom Menschen ist, wie Gott von Gott ist; ferner daß die Seele des Menschen ganz im ganzen Leibe und ebenso in jedem seiner Teile ist, wie Gott sich [in ähnlicher W e i s e ] zur Welt verhält. Unter diesen und ähnlichen Gesichtspunkten liegt im Menschen ein vollkommeneres Ebenbild Gottes vor als im Engel. — Aber dies begründet nicht an sich die Gottebenbildlichkeit im Menschen, sondern nur unter Voraussetzung jener ersten Nachahmung, die in der Vernunftnatur begründet liegt. Anderenfalls wären auch die unvernünftigen Tiere nach dem Bilde Gottes. Da also der Engel, was die Geistnatur angeht, in vollkommenerer Weise nach dem Bilde Gottes ist als der Mensch, so muß man schlechthin zugeben, der Engel sei in vollkommenerer Weise nach dem Bilde Gottes, der Mensch aber unter gewissen Gesichtspunkten. Z u l . Augustinus schließt von der Gottebenbildlichkeit die anderen niederen Geschöpfe, die keine Vernunft haben, aus, nicht aber die Engel. Zu 2. Wie das Feuer seiner Art nach als der feinste unter den Körpern bezeichnet wird, wenngleich das eine Feuer feiner ist als das andere, so sagt man auch, in der Gattung der Geistnatur sei Gott nichts näher als der Menschengeist, weil, wie er (Augustinus) selbst vorausQ U A E S T I O 93, :t
test considerari imago Dei in lioinine, quantum ad id in quo secundario consideratur; prout scilicet in homine invenitur quaedam Dei imitatio, inquantuni scilicet homo est de homine, sicut Deus de D e o ; et inquantuni anima hominis est tota in toto corpore ejus, et iteruin tota in qualibet parte ipsius, .sicut Deusse habet ad mundum. Et secundum haec et similia magis invenitur Dei imago in homine quam in a n g e l o . — Sed quantum ad hoc non attenditur per se ratio divinae imaginis in homine, nisi praesuppo•sita prima imitatione, quae est secundum intellectualem naturani; alioquin etiain animalia bruta essent ad imaginein Dei. Et ideo, cum quantum ad intellectualem naturani angelus sit magis ad imaginem Dei quam homo, siinpliciter concedendum est angelum magis esse ad imaginem D e i ; honiinem autem secundum quid. A D P R I M U M ergo dicendum quod Augustinus excludit a Dei imagine alias inferiores creaturas intellectu carentes, non autem angelos. A D S E C U N D U M dicendum quod, sicut ignis dicitur esse subtilissimum corporum secundum suam speciem, cum tarnen unus ignis sit alio subtilior; ita dicitur quod nihil est conjunctius Deo quam mens humana, secundum genus intellectualis naturae;
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93,4 geschickt hatte, „die erkennenden Wesen ihm an Ähnlichkeit so überaus nahe stehen, daß sich in den Geschöpfen nichts Näheres vorfindet". Das schließt also nicht aus, daß der Engel mehr nach dem Bilde Gottes ist. Z u 3. Wenn es heißt, „eine Substanz nehme kein Mehr und kein Weniger an" [Aristoteles], so bedeutet das nicht, daß die eine Substanz nicht vollkommener sei als die andere, sondern es bedeutet, daß ein und dasselbe Einzelwesen an seiner Artnatur nicht einmal mehr, einmal weniger Teil hat. Auch haben verschiedene Einzelwesen an der Artnatur nicht mehr oder weniger Teil.
Ob sich in jedem
4. A R T I K E L Menschen das Ebenbild
Gottes
findet
1. Der Apostel sagt 1 Kor 11, 7: „Der Mann ist das Ebenbild Gottes, die Frau aber ist das Ebenbild des Mannes." 3 6 a Da nun das Weib ein Einzelwesen der menschlichen Art ist, so kommt es nicht jedem Einzelwesen [dieser A r t ] zu, Ebenbild Gottes zu sein. 2. Der Apostel sagt Köm 8, '29: „Die E r vorhererkannt hat, die hat Er auch vorherbestimmt, dem Bilde Seines Sohnes gleichförmig zu werden." Nicht alle aber sind vorQUA E
S
T I 0 98,
4
MPL quia, sicut ipse supra praeniiserat, „quae sapiunt, ita sunt Uli 40/32 shnilitudine proxima, ut in creaturis nihil sit propinquius". Unde per hoc non exeluditur quin angelus sit magis ad Dei imaginem. AD TERTIUM dicendum quod, cum dicitur quod „substantia non recipit magis et minus" 36b, non intelligitur quod una species substantiae non sit perfectior quam alia; sed quod unum et idem individuuni non participet suam speciem quandoque magis, quandoque minus. Neu etiam a diversis individuis participatur species substantiae secundum magis et minus. ARTICULUS IV U t r u m i in a g o D e i i n v e n i a t u r h om in e
in q u o 1 i b e t
[1 Sent. d. 3, expos. part. 2 litt.; De pot. 9, 9]
AD QUARTUM sie proceditur. Videtur quod imago Dei non inveniatur in quolibet homine. Dicit enim Apostolus, l Cor. 11, quod „vir est imago Dei, mulier autem est imago viri". Cum ergo mulier sit individuuni hunianae speciei, non cuilibet individuo convenit esse imaginem Dei. 2. PRAETEREA, Apostolus dicit, Rom. 8, quod illos „quos Deus praeseivit conformes fieri imagini Filii sui, hos praedestiVulgata: „Die Frau aber ist des Mannes Ruhm" (gloria viri). 3«b Arist., Categ., cap. 5: 3 b 36 sq.
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herbestimmt. Also haben nicht alle Menschen die Gleich- 93, t förmigkeit des Bildes. 3. Ähnlichkeit gehört zur Bewandtnis des Bildes (Art. 3). Durch die Sünde aber wird der Mensch Gott unähnlich. Also verliert er die Gottebenbildlichkeit. ANDERSEITS heißt es Ps 39 (38), 7: „Wahrlich, wie ein [Schatten-]Bild wandelt der Mensch dahin" [35]. ANTWORT: Der Mensch ist, da er auf Grund seiner Geistnatur als nach dem Bilde Gottes gestaltet betrachtet wird, insofern in höchster Weise nach dem Bilde Gottes geformt, als die Geistnatur Gott in höchster Weise nachahmen kann. Die höchste Nachahmung Gottes besteht aber für die Geistnatur in der Nachahmung Seiner Selbsterkenntnis und Selbstliebe. Darum kann man von einem Bilde Gottes im Menschen unter dreifachem Gesichtspunkte sprechen: Einmal insofern der Mensch die natürliche Eignung zur Gotteserkenntnis und zur Gottesliebe besitzt; und diese Eignung besteht in der Geistnatur selbst, die allen Menschen gemeinsam ist. Zweitens insofern der Mensch Gott im Aktvollzuge oder dem Gehaben nach, allerdings auf unvollkommene Weise, erkennt und liebt; dies ist das Bild der auf der Gnade beruhenden Gleichförmigkeit. Drittens insofern der Mensch im Aktvollzuge Gott auf vollkommene Weise erkennt und liebt; damit ist das Ebenbild der [ewigen ] Herrlichkeit gemeint. Darum unterscheidet die Glosse zu Psalm 4, 7:,Aufstrahlt Q U A E S T I O 93, i
navit". Sed non omnes homines praedestinati sunt. Ergo non ouines homines habent eonformitatem imaginis. 3. PRAETEREA, similitudo est de ratione imaginis, nl supra dictum est. Sed per peccatuni fit homo Deo dissimilis. Ergo ainittit Dei imaginem. SED CONTRA est quod dicitur in Psalmo 38: „Verumtanien in imagine pertransit homo." RESPONDEO dicendum quod, cum homo secundum intellectualem naturam ad imaginem Dei esse dicatur, secundum hoc est maxime ad imaginem Dei, secundum quod intellectualis natura Deum maxime iniitari potest. Imitatur autem intellectualis natura maxime Deum quantum ad hoc, quod Deus seipsum intelligit et amat. Unde imago Dei tripliciter potest considerari in homine. Uno quidem modo, secundum quod homo habet aptitudinem naturalem ad intelligendum et amandum Deum; et haec aptitudo consistit in ipsa natura mentis, quae est communis omnibus hominibus. Alio modo, secundum quod homo actu vel habitu Deum cognoscit et amat, sed tarnen imperfecte; et haec est imago per eonformitatem gratiae. Tertio modo, secundum quod homo Deum actu cognoscit et amat perfecte; et sie attenditur imago secundum similitudinem gloriae. Unde super illud Psalmi 4, „Signatuin est super nos lumen vultus tui, Domine",
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93, i über uns das Licht Deines Angesichtes, o Herr' ein dreifaches Ebenbild, nämlich das „der Schöpfung, der Neuschöpfung und das der Ähnlichkeit". — Das erste Bild findet sich also in allen Menschen vor, das zweite nur in den Gerechten, das dritte jedoch nur in den Seligen. Z u 1. Mit Bezug auf das, worin hauptsächlich die Bewandtnis des Bildes liegt, nämlich mit Bezug auf die Geistnatur, findet sich sowohl im Manne als auch in der Frau ein Bild Gottes vor. Darum fährt er nach dem Worte (in 1, 27: „ . . . nach dem Bilde Gottes schuf Er ihn", nämlich den Menschen, fort „als Mann und Weib erschuf Er sie". Nach Augustinus sagt er in der Mehrzahl „sie", damit man nicht meine, in einem Einzelwesen seien beide Geschlechter vereinigt gewesen. — Mit Bezug auf etwas Zweitrangiges liegt freilich im Manne ein Ebenbild Gottes vor, wie es sich im Weibe nicht findet. Denn der Mann ist Ursprung und Ziel des Weibes, wie Gott Ursprung und Ziel der gesamten Schöpfung ist. Darum fügt der Apostel nach den Worten: „Der Mann ist Ebenbild und Abglanz Gottes, die Frau aber ist des Mannes Ruhm" den Grund hinzu (ebd. 10, 8 f . ) : „Denn der Mann stammt nicht von der Frau, wohl aber die Frau vom Manne. Auch wurde der Mann nicht um der Frau willen erschaffen, sondern die Frau um des Mannes willen." [36] Z u 2. und 3. Jene Gründe gehen aus von dem Bilde der Gleichförmigkeit der Gnade und der Glorie. Q U A E 8 T I O 93. 4 Mt'i, Glossa [ o r d i n a r i a ] distinguit t r i p l i c e m i m a g i n e m , scilicet „crea113 849 t j o n i s " ) „recreationis", et „similitudinis". — P r i m a e r g o h n a g o i n v e n i t u r in o m n i b u s h o m i n i b u s ; s e c u n d a in justis t a n t u m ; tertia v e r o s o t u m in beatis. A D P R I M U M e r g o d i c e n d u m q u o d tarn in v i r o q u a m in mutiere i n v e n i t u r D e i i m a g o q u a n t u m a d id in q u o p r i n c i p a l i t e r ratio i m a g i n i s consistit, scilicet q u a n t u m ad i n t e l l e c t u a l e m naturam. U n d e Gen. 1, c u m d i x i s s e t , „ad i m a g i n e m D e i creavit illum", scilicet h o m i n e m , s u b d i d i t : „ m a s c u l u m et f e m i n a m creampl vit eos"; et dixit p l u r a l i t e r eos, ut A u g u s t i n u s dicit [ G e n . ad csel 'f*. 3, cap. 1 2 ] , n e i n t e l l i g a t u r in u n o i n d i v i d u o u t e r q u e 281/89 s e x u s f u i s s e conjunctus. — S e d q u a n t u m ad a l i q u i d s e c u n d a r i u m i m a g o D e i i n v e n i t u r in viro, s e c u n d u m q u o d n o n i n v e n i t u r in m u t i e r e . N a m vir est p r i n c i p i u m n i u l i e r i s et flnis, sicut D e u s est p r i n c i p i u m et flnis totius c r e a t u r a e . U n d e cum A p o s t o l u s d i x i s s e t q u o d „vir i m a g o et g l o r i a est D e i , m u l i e r a u t e m est gloria v i r i " ; o s t e n d i t q u a r e hoc dixerit, s u b d e n s : „ N o n e n i m vir est e x m u tiere, s e d m u l i e r e x v i r o ; et vir n o n est c r e a t u s p r o p t e r inulierem, sed mulier propter virum." A D S E C U N D U M et T E R T I U M d i c e n d u m quod i l l a e r a t i o n e s p r o c e d u n t d e i m a g i n e q u a e est s e c u n d u m c o n i o r m i t a t e m gratiae et g l o r i a e .
60
5. A R T I K E L
Ob sich im Menschen ein Abbild Gottes findet nach der Dreiheit der Personen [37]
93,5
1. Augustinus sagt: „Die Göttlichkeit der heiligen Dreifaltigkeit ist wesentlich eine, und ebenso das Bild, nach welchem der Mensch geschaffen ist." Und Hilarius sagt: „Der Mensch entsteht nach dem Bilde, das den drei Personen gemeinsam ist." Es findet sich also im Menschen ein Abbild des göttlichen Wesens und nicht ein Abbild der drei Personen. 2. Im Buche ,Von den kirchlichen Dogmen' heißt es, man spreche von einem Bilde Gottes im Menschen mit Rücksicht auf die Ewigkeit [Gottes]. Auch Johannes von Damaskus sagt: „Das Wort, der Mensch ist nach dem Bilde Gottes, bedeutet Geistigkeit, Willensfreiheit und Selbstmächtigkeit." Auch Gregor von Nyssa sagt: „Wenn die Schrift sagt, der Mensch sei nach dem Bilde Gottes, so sagt sie gleichsam, die menschliche Natur sei jedes Guten teilhaftig geworden. Denn der Gutheit Fülle ist die Gottheit." All das betrifft aber nicht den Unterschied der Personen, sondern vielmehr die Einheit des Wesens. Der Q U A K S T I O 93, r,
ARTICULUS V U t r 11 m
in
h o in i n e s i t i m a g o I ) e i q 11 a 111 11 ni T r i n i t a t e 111 p e r s 0 11 a r 11 111 [Art. sequ.; De verit. 10, 3]
a d
A D Q U I N T U M sie p r o c e d i t u r . V i d e t u r q u o d in h o m i n e non sit i m a g o D e i q u a n t u m a d T r i n i t a t e m d i v i n a r u n i p e r s o n a r u m . Dicit e n i m A u g u s t i n u s [ F u l g . ] in l i b r o d e F i d e a d P e t r u m mpi. [ c a p . 1 ] : „ U n a est s a n e t a e T r i n i t a t i s e s s e n t i a l i t e r divinitas, et l tatione non potest (cogitamus enim omne quod dicimus etiam 42; 1043 sq. illo interiori verbo quod ad nullius gentis pertinet linguam), in tribus potius illis imago ista cognoscitur, memoria scilicet, intelligentia et voluntate. Hanc autem nunc dico intelligentiam, qua intelligimus cogitantes; et eam voluntatem sive amorem vel dilectionem, quae ipsam 50 prolem parentemque conjungit." Ex quo patet quod imaginem divinae Trinitatis potius ponit in intelligentia et voluntate actuali, quam secundum quod sunt in habituali retentione memoriae; licet etiam quantum ad hoc, aliquo modo sit imago Trinitatis in anima, ut ibidem dicitur. Et sie patet quod memoria, intelligentia et voluntas non sunt tres „vires", ut in Sententiis dicitur. A D Q U A R T U M dicendum quod aliquis respondere posset per hoc quod Augustinus dicit, 14 de Trin. [cap. 6; cf. üb. 10, cap. 12], m p l quod „mens Semper sui meminit, Semper se intelligit, et amat". 4 Quod quidam sie intelligunt, quasi animae adsit actualis intelligentia et amor sui ipsius. Sed hunc intellectum excludit per hoc L: iätam.
6*
75
9lit
93, 8 denkt sich nicht immer als verschieden von dem, was er nicht ist." Daraus wird ersichtlich, daß die Seele sich immer erkennt und liebt, zwar nicht immer im Vollzug, aber zustandhaft. Freilich kann man auch sagen, in der Wahrnehmung ihres Aktes erkenne sie sich selbst, wann immer sie etwas erkennt. Weil sie aber nicht immer im Vollzug verstehend ist, z. B. nicht im Schlafe, muß man sagen: die Akte bleiben immer, wenn schon nicht in sich selbst, so doch in ihren Quellgründen d. h. in den Anlagen und Gehaben. Darum sagt Augustinus: „Wenn sie daher nach dem Bilde Gottes geschaffen ist, sofern sie ihre Vernunft und ihren Verstand zur Erkenntnis und Schau Gottes gebrauchen kann, so war in ihr das Bild Gottes von Beginn ihres Daseins an." 8. A R T I K E L Ob es ein Bild von der göttlichen Dreifaltigkeit in der Seele gibt nur mit Bezug auf den Gegenstand, der Gott ist 1. Das Bild der göttlichen Dreifaltigkeit findet sich in der Seele, insofern in uns das Wort vom Sprechenden ausgeht und die Liebe von beiden (Art. 6 u. 7). Das gibt es in uns aber mit Bezug auf jeden Gegenstand. Es findet QUAESTIO
93. 8
quod subdit, quod „non semper se cogitat discretam ab his quae non sunt quod ipsa". Et sic patet quod anima semper intelligit et amat se, non actualiter, sed habitualiter. Quamvis 5 1 dici possit quod, pereipiendo actum suum, seipsam intelligit quandocumque aliquid intelligit. S e d quia non semper est actu intelligens, ut patet in dormiente, ideo oportet dicere quod actus, etsi non semper maneant in seipsis, manent tarnen semper in suis prineipiis; MPL scilicet potentiis et habitibus. Unde Augustinus dicit, 14 de Trin. 42/1040 [cap. 4 ] : „Si secundum hoc facta est ad imaginem Dei anima rationalis, quod uti ratione atque intellectu ad intelligendum et conspiciendum Deum potest, a b initio quo esse coepit, fuit in ea Dei imago." A R T I C U L U S VIII U t r u m i m a g o d i v i n a e T r i n i t a t i s sit in a n i m a s o l u m p e r c o m p a r a t i o n e m ad o b j e c t u m quod est D e u s [1 Sent. d. 3, q. 4, a. 4: De verit. 10, 7]
AD OCTAVUM sic proceditur. Videtur quod imago divinae Trinitatis sit in anima non solum per comparationem ad objectum quod est Deus. Imago enim divinae Trinitatis invenitur in anima, sicut dictum est, secundum quod verbum in nobis procedit a dicente, et amor a b utroque. Sed hoc invenitur in nobis secundum quodeumque objectum. Ergo secundum quod¡>t L add. et.iam.
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sich also in unserem Geiste ein Ebenbild der göttlichen 93, 8 Dreifaltigkeit mit Bezug auf jeden Gegenstand. 2. Augustinus sagt: „Wenn wir in der Seele eine Dreiheit suchen, suchen wir sie in der Ganzheit ihres Seins, ohne daß wir die Verstandestätigkeit, die sich mit dem Zeitlichen befaßt, von der Beschauung des Ewigen trennen." Es findet sich also in der Seele auch mit Bezug auf die zeitlichen Gegenstände ein Bild der Dreifaltigkeit. 3. Daß wir Gott erkennen und lieben, kommt uns zu auf Grund eines Gnadengeschenkes. Wenn man also auf Grund von Gedächtnis, Einsicht und Willen oder Gottesliebe von einem Bilde der Dreifaltigkeit in der Seele spricht, so ist im Menschen kein naturhaftes, sondern [nur] ein gnadenhaftes Ebenbild Gottes. Es ist also nicht allen Menschen gemein. 4. Die Heiligen im Himmel werden Gott am innigsten in der Schau der Seligkeit gleichgestaltet. Darum heißt es 2 Kor 3,18: „Wir werden von Herrlichkeit zu Herrlichkeit in das gleiche Bild umgestaltet." In der Schau der Seligkeit erkennen wir aber auch die zeitlichen Dinge. Es gibt also auch mit Bezug auf die zeitlichen Dinge ein Ebenbild Gottes in uns. ANDERSEITS sagt Augustinus: „Diese Dreiheit des Geistes ist also nicht deshalb Bild Gottes, weil der Geist sich seiner selbst erinnert, sich versteht und liebt, son(IUAKSIIO
93, 8
cumque objectum invenitur in mente nostra imago divinae Trinitatis. 2. PRAETEREA, Augustinus dicit in 12 de Trin. [cap. 4], quod MPL „cum quaerimus in anima trinitatem, in tota quaerimus, non se- 4 2 10011 parantes actionem rationalem in temporalibus a contemplatione aeternorum". Ergo etiam 5 2 secundum temporalia objecta invenitur imago Trinitatis in anima. 3. PRAETEREA, quod Deum intelligamus et amemus, convenit nobis secundum gratiae donum. Si igitur secundum memoriam, intelligentiam et voluntatem seu dilectionem Dei, attendatur imago Trinitatis in anima, non erit imago Dei in homine secundum naturam, sed secundum gratiam. Et sie non erit omnibus communis. 4. PRAETEREA, saneti qui sunt in patria, maxime conformantur imagini Dei secundum gloriae visionem. Unde dicitur 2 Cor. 3: „In eandem imaginem transformamur, a claritate in claritatem." Sed secundum visionem gloriae temporalia cognoscuntur. Ergo etiain per comparationem ad temporalia Dei imago attenditur in nobis. SED CONTRA est quod Augustinus dicit, 14 de Trin. [cap. 12], MPL quod „non propterea est Dei imago in mente, quia sui meminit, 42/1048 5-' P ojn.
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93,8 dern weil er auch Den sich in das Gedächtnis rufen, verstehen und lieben kann, von Dem er geschaffen ist." Viel weniger also gibt es im Geiste ein Bild Gottes rücksichtlich anderer Gegenstände. ANTWORT: Das Bild erfordert eine Ähnlichkeit, die irgendwie an die Wiedergabe des Artgemäßen heranreicht (Art. 2 u. 7). Darum muß das Ebenbild der Dreifaltigkeit in etwas liegen, was die göttlichen Personen in der Wiedergabe des Artgemäßen darstellt, soweit das bei dem Geschöpfe möglich ist. Die göttlichen Personen unterscheiden sich aber nach dem Ausgang des WORTES vom Sprechenden und dem Ausgang der LIEBE von beiden (Art. 6 u. 7). Das Wort entsprießt aber aus Gott auf Grund der Selbsterkenntnis, und die Liebe geht aus Gott hervor, insofern ER sich selbst liebt. Die Verschiedenheit in den Gegenständen begründet aber offenbar eine Artverschiedenheit des Wortes und der Liebe. Denn nicht artgleich ist das im Menschenherzen empfangene Wort von Stein und Pferd, und nicht artgleich ist die Liebe. Wir erwarten also ein Ebenbild Gottes im Menschen auf Grund des Wortes, das sich in ihm aus der Gotteserkenntnis bildet, und der Liebe, welche sich daraus herleitet. Und so begegnet uns das Gottesbild in der Seele, insofern sie auf Gott zugeht oder von Natur die Anlage besitzt, sich auf Gott zu richten. Der Geist richtet sich aber in doppelter Weise auf etwas Q U A E S T 1 O 93, 8 et diligit et intelligit se; sed quia polest etiam meminisse, intelligere et amare Deum, a quo facta est". Multo igitur minus secundum alia objecta attenditur imago Dei in mente. RESPONDEO dicendum quod, sicut supra dictum est, imago importat similitudinem utcuinque pertingentem ad speciei repraesentationem. Unde oportet quod imago divinae Trinitatis attendatur in anima secundum aliquid quod repraesentat divinas personas repraesentatione speciei, sicut est possibile creaturae. Distinguuntur autem divinae personae, ut dictum est, secundum processionem Verbi a dicente, et Amoris ab utroque. Verbum autem Dei nascitur de Deo secundum notitiam sui ipsius, et Amor procedit a Deo secundum quod seipsuin aniat. Manifestum est autem, quod diversitas objectorum diversificat speciem verbi et amoris; non enim idem est specie in corde hominis verbum conceptum de lapide et de equo, nec idem specie amor. Attenditur igitur divina imago in homine secundum verbum conceptum de Dei notitia, et amorem exinde derivatum. Et sie imago D e i 5 3 attenditur in anima secundum quod fertur, vel nata est ferri in Deum. Fertur autem in aliquid mens dupliciter: uno modo directe et
53 p om. 78
hin; erstens umweglos und unmittelbar, zweitens umwegig »3, 8 und mittelbar. So sagt man von jemandem, der das Bild eines Menschen im Spiegel sieht, sein Blick sei auf den Menschen selbst gerichtet. Darum sagt Augustinus: „ D e r Geist erinnert sich seiner, versteht und liebt sich; wenn wir das schauen, schauen wir eine Dreiheit, zwar noch nicht Gott, aber doch schon Gottes Bild." Und das nicht etwa deshalb, als würde der Geist sich beziehungslos auf sich selbst richten, sondern insofern er sich dadurch weiter auf Gott richten kann, w i e das aus der oben (im A N D E R S E I T S ) angeführten Stelle hervorgeht. Z u 1. Zur Bewandtnis des Bildes gehört nicht nur, daß ein Wesen von einem andern seinen Ausgang nimmt, sondern es ist auch zu beachten, was hervorgeht und von wem es hervorgeht, nämlich daß das W O R T — Gottes aus der Selbsterkenntnis Gottes hervorgeht. Z u 2. Nimmt man die Seele als Ganzes, so findet sich in ihr zwar eine Dreiheit, allerdings nicht so, als werde zu der Beschäftigung mit dem Zeitlichen und der Beschauung des Ewigen „ein Drittes gesucht, in dem die Dreiheit sich vollende", w i e an derselben Stelle hinzugefügt wird. Sondern in jenem Teile der Vernunft, der zur Beschäftigung mit dem Zeitlichen abgeordnet ist, „ist zwar eine Dreiheit, aber kein Bild Gottes zu finden", w i e es dort später heißt, weil diese Kenntnis des Zeitlichen zur Seele hinzukommt. Auch die Gehaben selbst, mittels deren das Q U A E S T I O »3, 8 inmiediate; alio modo, indirecte et niediate, sicut cum aliquis, videndo imaginem hominis in speculo, dicitur ferri in ipsum hominem. Et ideo Augustinus dicit in 14 de Trin. [cap. 8 ] , quod MPI, „mens meminit sui, intelligit se, et diligit se; hoc si cernimus, 42/1044 cernimus trinitatem; nondum quidem Deum, sed jam imaginem D e i " . Sed hoc est, non quia fertur mens in seipsam absolute, sed prout per hoc ulterius potest f e r r i in Deum; ut patet per auctoritatem supra inductam. A D P R I M U M ergo dicendum quod ad rationein imaginis, non solum oportet attendere quod aliquid procedat ab aliquo; sed etiam quid a quo procedat, scilicet quod Verbum Dei procedit a notitia de Deo. A D S E C U N D U M dicendum, quod in tota quidem anima invenitur aliqua trinitatis, non quidem ita quod praeter actionein temporalium et contemplationem aeternorum, „quaeratur aliquod MPL tertium quo trinitas impleatur", prout ibidem subditur. Sed in 42/iooo illa parte rationis quae derivatur a parte temporalium, „etsi trinitas inveniri possit, non tarnen imago Dei potest inveniri", ut postea dicitur; quia hujusmodi temporalium notitia adventitia ibid. est aniinae. Et habitus etiam ipsi quibus temporalia cognoscun-
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93, s Zeitliche erkannt wird, sind nicht immer da; sie sind vielmehr zuweilen der Gegenwart nach da, zuweilen aber nur dem Gedächtnisse nach, selbst nachdem sie in der Seele dazusein angefangen haben, wie es bezüglich des Glaubens ganz klar ist, der hier in der Zeit an uns herankommt; im Stande der zukünftigen Seligkeit aber wird es keinen Glauben mehr geben, sondern nur eine Erinnerung au ihn. Z u 3. Eine verdienstliche Gotteserkenntnis und Gottesliebe gibt es nur vermöge der Gnade. Es gibt aber auch eine natürliche Erkenntnis und Liebe (12, 12: Bd. 1; 56, S: Bd. 4; 60, 5: Bd. 5). Auch das ist etwas Natürliches, daß der Geist zur Gotteserkenntnis die Vernunft gebrauchen kann; insofern, sagten wir (Art. 7 und 4), bliebe das Bild immer im Geiste, „mag es auch so verbraucht", gleichsam verschattet, „sein, daß es beinahe nicht mehr ist", wie in jenen, die keinen Vernunftgebrauch haben; „mag es verdunkelt und entstellt sein", wie in den Sündern; „mag es hell und schön sein", wie in den Gerechten (Augustinus). Z u 4. In der Schau der Seligkeit wird das Zeitliche in Gott selbst gesehen; darum gehört diese Schau des Zeitlichen zum Ebenbilde Gottes. Und das sagt Augustinus mit den Worten: „In jener Natur also, welcher der Geist glückselig zugetan sein wird, wird er unwandelbar alles sehen, was er sieht." Denn im unerschaffenen WORTE sind die Urbilder aller Geschöpfe. Q U A E S X I 0 93, s tur, non Semper adsunt; sed quandoque quidem praesentialiter adsunt, quandoque autem secundum memoriam tantum, etiani postquam adesse incipiunt. Sicut patet de fide quae temporaliter nobis advenit in praesenti; in statu autem futurae beatitudinis jam non erit fides, sed memoria fidei. AD TERTIUM dicendum quod meritoria Dei cognitio et dilectio non est nisi per gratiam. Est tarnen aliqua 54 cognitio et dilectio naturalis, ut supra habitum est. Et hoc etiam ipsum naturale est, quod mens ad intelligendum Deum ratione uti potest, secundum quod imaginem Dei Semper diximus permanere in mente; „sive haec imago Dei ita sit obsoleta", quasi obumbrata, „ut pene nulla sit", ut in his qui non habent usum rationis; „sive sit obscura atque deformis", ut in peccatoribus; „sive MPL sit clara et pulchra", ut in justis, sicut Augustinus dicit, 14 de 42/1040 Trin. [cap. 4 ] . AD QUARTUM dicendum quod secundum visionem gloriae temporalia videbuntur in ipso Deo; et ideo hujusmodi temporaMPL lium visio ad Dei imaginem pertine-bit. Et hoc est quod Augu4-2/1051 gtinus dicit, 14 de Trin. [cap. 14], quod „in illa natura cui mens feliciter adhaerebit, immutabile videbit omne quod viderit 55 . Nam et in ipso Verbo increato sunt rationes omnium creaturarum. 51 L add. Dei. 55 P: videbit.
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Ob man sinnvoll
9. A R T I K E L unterscheidet zwischen Bild [43]
93, » Ähnlichkeit
und
1. E s ist nicht sinnvoll, die Gattung von der Art zu unterscheiden. Ähnlichkeit' verhält sich aber zu ,Bild' wie ,Gattung' zu ,Art'. Denn es heißt: „Wo Bild ist, ist zugleich auch Ähnlichkeit, aber nicht umgekehrt" (Augustinus). Die Unterscheidung von Ähnlichkeit und Bild ist also nicht sinnvoll. 2. Bildbewandtnis liegt nicht nur vor auf Grund der Darstellung der göttlichen Personen, sondern auch auf Grund der Wiedergabe der göttlichen Wesenheit, zu deren Wiedergabe die Unsterblichkeit und die Unteilbarkeit gehört. Es ist also nicht richtig zu sagen: „Die Ähnlichkeit liegt in der Wesenheit, weil sie unsterblich und unteilbar ist; das Bild aber liegt in den anderen Gegebenheiten" [Petrus Lombardus]. 3. Im Menschen gibt es ein dreifaches Ebenbild Gottes: eines der Natur, eines der Gnade und eines der Seligkeit (Art. 4). Unschuld und Gerechtigkeit gehören aber der Gnade an. E s ist also nicht richtig zu sagen: „Ein Bild liegt vor auf Grund von Gedächtnis, Einsicht und Willen; Ähnlichkeit aber auf Grund von Unschuld und Gerechtigkeit" [Ders.]. Q U A E S T I O 93, »
ARTICÜLÜSIX ütru m similitudo abimagine distinguatur
convenienter
[1 Sent. d. 28, q. 2, a. 1, c; 2 Sent. d. 16, a. 4]
AD NONUM sie proceditur. Videtur quod simililudo ab imagine non convenienter distinguatur. Genus enim non convenienter distinguitur a specie. Sed siinilitudo comparatur ad imaginem, ut genus ad speciem; quia „ubi est imago, ibi est continuo similitudo; sed non convertitur", ut dicitur in libro Octoginta trium MPL Quaest. [q. 74; cf. q. 51]. Ergo inconvenienter similitudo ab ima- 40/86 sq. sq gine distinguitur. 2. PRAETEREA, ratio imaginis attenditur non solum secundum repraesentationem divinarum personaruni, sed etiam secundum repraesentationem divinae essentiae; ad quam repraesentationem pertinet immortalitas et indivisibilitas. Non ergo convenienter dicitur [2 Sent., dist. 16] quod „similitudo est in essen- MIM. lia, quia est immortalis et indivisibilis; imago autem in aliis". lsatsw 3. PRAETEREA, imago Dei in homine est triplex, scilicet naturae, gratiae et .gloriae, ut supra habitum est. Sed innocentia et justitia ad gratiam pertinent. Inconvenienter ergo dicitur quod „imago aeeipitur secundum memoriam, intelligentiam et volun- ibid. tatem; similitudo autem secundum innocentiam et justitiam".
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Wi, 9
4. Die Wahrheitserkenntnis gehört der Einsicht an, die Liebe zur Tugend aber dem Willen, die ihrerseits zwei Teile des Bildes sind. Es ist also nicht richtig zu sagen: „Das Bild liegt vor in der Wahrheitserkenntnis, Ähnlichkeit aber in der Liebe zur Tugend" [Ders.]. A N D E R S E I T S sagt Augustinus: „Es gibt welche, die nicht ohne Grund der Ansicht sind, mit den Ausdrücken ,nach dem Bilde' und ,nach der Ähnlichkeit' sei zweierlei ausgesagt; denn wenn es sich um ein und dieselbe Sache handeln würde, würde ein Name genügen." ANTWORT: Ähnlichkeit bedeutet eine gewisse Einheit; denn Einheit in der Beschaffenheit verursacht Ähnlichkeit (Aristoteles). Da die Einheit zu den überkategorialen Begriffen gehört, ist sie allem gemeinsam und kann zugleich auf das Einzelne angewandt werden, wie auch das Gute und Wahre. Wie also das Gute zum Einzelding im Verhältnis des Voraufgehenden und des Nachfolgenden stehen kann, dies insofern es eine Vollkommenheit an ihm bezeichnet, so verhält sich auch die Ähnlichkeit zum Bilde. Denn das Gutsein geht dem Menschen vorauf, insofern er dieses bestimmte Einzelgut ist; es folgt ihm aber, insofern wir einen Menschen in besonderer Weise gut nennen wegen der Vollkommenheit seiner Tugend, in gleicher Weise wird die Ähnlichkeit als etwas dem Bilde Voraufgehendes betrachtet, insofern sie allgemeiner ist als das Bild (Art. 1). Sie wird aber auch betrachtet als etwas auf Q U A E 8 T 1 O 93, u
ihid. mpl 40 33
1021 a n sq.
4. P R A E T E R E A , cognitio veritatis ad intelligentiam pertinut, atnor a u t e m virtutis a d voluntatem, quae sunt duae partes imaginis. Non e r g o convenienter dicitur quod „iniago sit in cognitione veritatis, similitudo in dilectione virtutis". S E D CONTRA est quod Augustinus dicit in libro Octoginta t r j u m Q U a e s t . [q. 5 1 ] : „Sunt qui non frustra intelligunt duo dicta esse ad imaginem et siniilitudinem; cum, si una res esset, unum nomen sufficere potuisset." R E S P O N D E O dicendum quod similitudo quaedam unitas est: unum enim in qualitate similitudinem causat, ut dicitur in 5 Metaph. [lib. 4, cap. 1 5 ] . U n u m autem, cum sit de transcendentibus, et c o m m u n e est omnibus, et ad singula potest a p t a r i ; sicut et bonum et v e r u m . Unde, sicut bonum alicui rei particulari potest c o m p a r a r i ut p r a e a m b u l u m ad ipsam, et ut subsequens, prout designat aliquam perfectionem ipsius; ita etiam est de c o m p a r a tione similitudinis ad imaginem. Est enim bonum p r a e a m b u l u m ad hominem, secundum quod homo est quoddam p a r t i c u l a r e b o n u m ; et rursus bonum subsequitur ad hominem, inquantum aliquem hominem specialiter dicimus esse bonum propter perfectionem virtutis. Et similiter similitudo consideratur ut p r a e a m bulum ad imaginem, inquantum est communius quam imago, ut
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das Bild Folgendes, insofern sie eine gewisse Vollkom- 93,» menheit des Bildes bezeichnet. Denn wir sagen, ein Bild sei demjenigen, dessen Bild es ist, ähnlich oder unähnlich, insofern es ihn vollkommen oder unvollkommen darstellt. Man kann also die Ähnlichkeit vom Bild in doppelter Weise unterscheiden: erstens insofern sie ihm voraufgeht und in mehreren da ist; und so liegt ein Bild vor in den Gegebenheiten, welche allgemeiner sind als die Eigentümlichkeiten der Vernunftnatur, auf Grund deren man im eigentlichen Sinne von einem Bilde spricht. Demgemäß heißt es: „Der Geist", d. h. der Seelengrund, „ist ohne Zweifel nach dem Bilde Gottes geschaffen. Die übrigen Bestandteile des Menschen", nämlich was dem niederen Teile der Seele oder auch dem Leibe angehört, „sind der Lehre einiger zufolge nach der Ähnlichkeit gemacht" (Augustinus). Dementsprechend heißt es auch, es bestehe in der Seele eine Ähnlichkeit mit Gott, insofern sie unvergänglich ist (Augustinus), denn ,vergänglich' und ,unvergänglich' sind Unterschiede des Seienden im allgemeinen. Man kann zweitens von Ähnlichkeit sprechen, insofern sie die Ausdrucksfähigkeit und Vollkommenheit eines Bildes bezeichnet. Darum sagt Johannes von Damaskus: „Denn das ,nach dem Bilde' bezeichnet den Verstand und die selbstmächtige Willensfreiheit, das ,nach dem GleichQ ü A E S T I o 93, 9
supra dictum est; consideratur etiain ut subsequens ad imaginem, inquantuin significat quandain imaginis perfectionem; dicimus eniin imaginem alicujus esse similem vel non similem ei cujus est imago, inquantuin perfecte vel imperfecte repraesentat ipsum. Sic ergo similitudo potest ab imagine distingui dupliciter. Uno modo, prout est praeambula ad ipsam, et in pluribus existens. Et sie similitudo attenditur secundum ea quae sunt communiora proprietatibus naturae intellectualis, secundum quas proprie attenditur imago. Et secundum hoc dicitur in libro Octoginta trium Quaest. [q. 5 1 ] , quod „spiritus", id est mens, „ad imaginem Dei nullo dubitante factus est; cetera autem hominis", scilicet quae pertinent ad inferiores partes aniniae, vel etiam ad ipsum corpus, „ad similitudinem facta esse aliqui volunt". Secundum hoc etiain in libro de Quantitate Animae [cap. 2] dicitur quod similitudo Dei attenditur in anima, inquantuin est incorruptibilis; nam corruptibile et incorruptibile sunt differentiae entis communis.
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Alio modo potest considerari similitudo, secundum quod significat imaginis expressionem et perfectionem. Et secundum hoc Damascenus dicit [de Fide Orth., lib. 2, cap. 12], quod „id quod MPG est secundum imaginem, intellectuale significat, et arbitrio 94/920B liberum per se potestativum; quod autem secundum similitudinem, virtutis, secundum quod homini possibile est habere 5 6 , 50 L :
inesse.
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i) Iiis' aber die (Gott-)Ähnlichkeit in der Tugend, soweit sie einem Menschen möglich ist." Den gleichen Sinn hat die Aussage, „die Ähnlichkeit gehöre zur Tugendliebe" (E. 4). Denn Tugend gibt es nicht ohne Liebe zur Tugend. Z u 1. Man unterscheidet nicht zwischen Ähnlichkeit und Bild auf Grund der allgemeinen Bewandtnis von Ähnlichkeit (so ist sie nämlich im Bildbegriff eingeschlossen), sondern insofern eine gewisse Ähnlichkeit an die Bildwirklichkeit nicht heranreicht oder auch eine Vervollkommnung des Bildes bedeutet. Zu 2. Das Wesen der Seele gehört zum Bilde, sofern es die göttliche Wesenheit darstellt auf Grund dessen, was der Vernunftnatur eigen ist, nicht aber auf Grund der Gegebenheiten, welche sich aus dem Sein im allgemeinen ergeben, wie das Einfachsein und das Unvergänglichsein. Z u 3. E s gibt in der Seele auch naturhaft gewisse Tugenden, wenigstens dem Keime nach. Mit Rücksicht auf sie könnte man von einer natürlichen Ähnlichkeit sprechen. Freilich ist es auch nicht unrichtig, wenn man etwas, was unter dem einen Gesichtspunkt betrachtet ,Bild' heißt, unter einem andern Gesichtspunkt betrachtet,Ähnlichkeit' nennt. Z u 4. Die Liebe zum Worte, das eine geliebte Erkenntnis ist, gehört zur Bildwirklichkeit; die Liebe zur Tugend aber gehört zur Ähnlichkeit wie die Tugend selbst. Ii U A E S T I O 93, u
similitudinem". Et ad idem refertur quod shnilitudo dicitur ad dilectionem virtutis pertinere; non enim est virtus sine dilectione virtutis. AD PRIMUM ergo dicendum quod similitudo non distinguitur ab imagine secundum communem rationem similitudinis (sie enim includitur in ratione ipsius imaginis); sed secundum quod aliqua similitudo deficit a ratione imaginis, vel etiam est imaginis perfectiva. AD SECUNDUM dicendum quod essentia animae pertinet ad imaginem, prout repraesentat divinam essentiam secundum ea quae sunt propria intellectualis naturae, non autem secundum conditiones consequentes ens in communi, ut est esse simplicem et indissolubilem. AD TERTIUM dicendum quod etiam virtutes quaedam naturaliter insunt animae, ad minus secundum quaedam earuin semina; et secundum has posset attendi similitudo naturalis. Quamvis non sit inconveniens ut id quod secundum assignationem unani dicitur imago, secundum aliam dicatur similitudo. AD QUARTUM dicendum quod dilectio verbi, quod est amata notitia, pertinet ad rationem imaginis; sed dilectio virtutis pertinet ad similitudinem, sicut et virtus.
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94. F R A G E
94,1
ZUSTAND UND BEFINDLICHKEIT DES VERSTANDES DES ERSTEN MENSCHEN Hierauf ist Zustand und Befindlichkeit des ersten Menschen zu betrachten, und zwar zunächst bezüglich der Seele, dann bezüglich des Leibes. Zum ersten Punkte ist zweierlei zu untersuchen: erstens die Befindlichkeit des Menschen, was den Verstand, zweitens die Befindlichkeit des Menschen, was den Willen angeht. Zum ersten ergeben sich vier Einzelfragen: 1. Ob der erste Mensch Gott in Dessen Wesen geschaut habe. 2. Ob er die stoffreien Selbstandwesen, d. h. die Engel, schauen konnte. 3. Ob er ein Wissen um alle Dinge gehabt habe. 4. Ob er im Urstande irren oder getäuscht werden konnte. 1. A R T I K E L Ob der erste Mensch Gott in Dessen Wesen geschaut habe 1. Die Seligkeit des Menschen besteht in der Anschauung des göttlichen Wesens. Der erste Mensch hatte aber, „solange er im Paradiese weilte, ein seliges und an allein
QUAESTIO
XCIV
DE STATU ET CONDITION® PRIMI HOMINIS QUANTUM AD INTELLECTUM Deinde considerandum est de statu vel conditione primi hominis. Et primo quantum ad animam ; secundo quantum ad corpus. Circa primum consideranda sunt duo; primo, de conditione hominis quantum ad intellectum; secundo, de conditione hominis quantum ad voluntatem. Circa primum quaeruntur quatuor: 1. Utrum primus homo viderit Deum per essentiam. — 2. Utrum videre potuerit substantias separatas, id est angelos. — 3. Utrum habuerit omnium scientiam. — 4. Utrum potuerit errare vel decipi. Utrum
primus
ARTICULUS I homo per essentiam
viderit
Deum
[2 Sent. d. 23, q. 2, a. 1; de verit. 8, 1. 2; 18, 1. 2]
AD PRIMUM sic proceditur. Videtur quod primus homo per essentiam Deum viderit. Beatitudo enim hominis in visione divinae essentiae consistit. Sed primus homo „in paradiso conversans,
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94, i reiches L e b e n " (Johannes von Damaskus). Und Augustinus sagt: „Hätten die Menschen die Leidenschaften, welche wir jetzt haben, wo bleibt dann ihre Glückseligkeit an jener denkwürdigen Stätte der Glückseligkeit, im Paradiese?" Also schaute der erste Mensch im Paradiese Gott in Dessen Wesen. 2. Augustinus sagt: „ D e m ersten Menschen fehlte nichts von dem, was ein auf das Gute gerichteter W i l l e sich wünschen konnte." Ein auf das Gute gerichteter W i l l e kann sich aber nichts Besseres wünschen als die Anschauung der göttlichen Wesenheit. Also schaute der erste Mensch Gott durch Dessen Wesenheit. 3. Die Anschauung Gottes in Dessen Wesenheit ist jene Schau, in der Gott ohne Erkenntnismittel und nicht wie im Rätsel geschaut wird. Der Mensch im Unschuldsstande „schaute Gott aber ohne [Erkenntnis-]Mittel" (Petrus Lombardus). Er schaute Ihn auch nicht wie im Rätsel; denn Rätsel besagt Dunkelheit (Augustinus). Umdunkelung wurde aber durch die Sünde verursacht. Also schaute der erste Mensch Gott in Dessen Wesenheit. A N D E R S E I T S sagt der Apostel 1 Kor 15, 46: „Freilich ist das Geistige nicht das erste, sondern das Sinnliche." Das geistig Höchste aber ist die Schau Gottes in Dessen Wesenheit. Also schaute der erste Mensch im ersten Zustande seines irdisch-leiblichen Lebens Gott nicht in Dessen Wesenheit. Q U A E S T I 0 94, 1 mpo 94 m p l 41/417 csel 40 II/25
beatam et omnium divitem habuit vitam", ut Damascenus dicit i n 2 l i b r o d e F i d e ° r t h " IcaPE t Augustinus dicit in 14 de ^iv. t c a P - 1 0 ] : „Si homines habebant aflectus suos, quales nunc habemus, quomodo erant beati in illo inenarrabilis beatitudinis loco, id est paradiso?" Ergo primus homo in paradiso vidit Deum per essentiam. ibid. 2. P R A E T E R E A , Augustinus dicit in 14 de Civ. Dei, quod „primo homini non aberat quidquam quod bona voluntas adipisceretur". Sed nihil melius bona voluntas adipisci potest quam divinae essentiae visionem. Ergo homo per essentiam Deum videbat.
3. P R A E T E R ß A , visio Dei per essentiam est qua videtur Deus sine medio et sine aenigmate. Sed homo in statu innocentiae m p l „vidit Deum sine medio", ut Magister dicit [4 Sent. dist. 1 ] . 192/840 Vidit etiam sine aenigmate; quia aenigma »bscuritatem imporm p l tat, ut Augustinus dicit, 15 de Trin. [cap. 9 ] ; obscuritas autem 42 1069 introducta est per peccatum. Ergo homo in primo statu vidit Deum per essentiam. SED C O N T R A est quod Apostolus dicit, 1 Cor. 15, quod „non prius quod spirituale est, sed quod animale". Sed maxime spirituale est videre Deum per essentiam. Ergo primus homo, in primo statu animalis vitae, Deum per essentiam non vidit.
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ANTWORT: Gemäß der allgemeinen Verfassung jenes 94,1 Lebens schaute der erste Mensch Gott nicht in Dessen Wesenheit, es sei denn, man sage, er habe Ihn in der Entrückung geschaut, als „Gott den Schlaf über Adam sandte", wie es Gn 2, 21 heißt. Der Grund hierfür ist dieser: Da die göttliche Wesenheit die Seligkeit selbst ist, so verhält sich der Verstand desjenigen, der Gott schaut, zu Gott, wie jeder Mensch sich zu seiner Seligkeit verhält. Es ist aber offenbar, daß kein Mensch sich mit seinem Willen von seiner Seligkeit abwenden kann. Denn der Mensch will naturhaft und notwendig seine Seligkeit und flieht das Übel. Es kann also niemand, der Gott in Dessen Wesenheit schaut, sich willentlich von Gott abwenden, worin die Sünde besteht. Darum sind alle, die Gott in Dessen Wesenheit sehen, so in der Gottesliebe gefestigt, daß sie in Ewigkeit nicht sündigen können. — Da nun aber Adam gesündigt hat, ist es offenbar, daß er Gott nicht in Dessen Wesenheit geschaut hat. E r besaß aber eine höhere Gotteserkenntnis, als wir im jetzigen Zustande besitzen, und so lag seine Erkenntnis gleichsam in der Mitte zwischen der Erkenntnis des gegenwärtigen Zustandes und der jenseitigen Erkenntnis des Vaterlandes, in der Gott in Seiner Wesenheit geschaut wird. Zum Verständnis dessen ist zu beachten, daß die Schau Gottes in Seinem Wesen und die Schau Gottes in Seiner Schöpfung sich gegenüberstehen. J e höher aber ein Geschöpf steht und je gottähnlicher es ist, um so Q IT A E S T I 0 94, i
RESPONDED dicenduin quod primus homo Deum per essentiam non vidit secundum communem statum illius vitae; nisi forte dicatur quod viderit euni in raptu, quando „Deus immisit soporem in Adam", ut dicitur Gen. '2. Et hujus ratio est quia, cum divina essentia sit ipsa beatitudo, hoc modo se habet intellectus videntis divinam essentiam ad Deum, sicut se habet quilibet homo ad beatitudinem. Manifestum est autem quod nullus homo potest per voluntatem a beatitudine averti; naturaliter enim, et ex necessitate, homo vult beatitudinem, et fugit miseriam. Unde nullus videns Deum per essentiam, potest volúntate averti a Deo, quod est peccare. Et propter hoc omnes videntes Deum per essentiam, sie in amore Dei stabiliuntur, quod in aeternum peccare non possunt. — Cum ergo Adam peccaverit, manifestum est quod Deum per essentiam non videbat. Cognoscebat tarnen Deum quadam altiori cognitione quam nas nunc cognoscamus; et sie quodammodo ejus cognitio media erat inter Cognitionen! praesentis status, et cognitionem patriae, qua Deus per essentiam videtur. Ad cujus evidentiam, considerandum est quod visio Dei per essentiam dividitur contra visionem Dei per creaturam. Quanto autem aliqua creatura est altior et
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94, l klarer wird Gott von ihm erkannt; wie auch der Mensch klarer erkannt wird in einem Spiegel, in dem sein Bild ausdruckskräftiger widerstrahlt. So ist klar, daß Gott viel vollkommener durch die geistigen Wirkungen erkannt wird als durch die sinnenfälligen und körperlichen. Der Mensch wird aber an der hingebenden und lichtvollen Betrachtung der geistigen Wirkungen im gegenwärtigen Zustande dadurch gehindert, daß er durch die sinnenfälligen Dinge abgelenkt wird und sich mit ihnen abgibt. Aber „Gott hat den Menschen recht gemacht", wie es Prd 7, 30 heißt. Dies war aber die Rechtheit des von Gott gegründeten Menschen, daß das Niedere dem Höheren Untertan war und das Höhere vom Niederen nicht behindert wurde. Darum wurde der erste Mensch an der klaren und steten Betrachtung der geistigen Wirkungen durch die äußeren Dinge nicht behindert, die er durch Einstrahlung der Urwahrheit, sei es in natürlicher, sei es in übernatürlicher, von Gott geschenkter Erkenntnis wahrnahm. Darum sagt Augustinus: „Vielleicht sprach Gott vorher mit den ersten Menschen, wie Er mit den Engeln spricht, indem Er ihren Geist mit der unveränderlichen Wahrheit erleuchtete, wenn sie auch nicht solcher Teilhabe an der göttlichen Wesenheit gewürdigt wurden wie die Engel." So erkannte er also mittels dieser geistigen Wirkungen Gottes Gott klarer, als wir Ihn jetzt erkennen. Z u 1. Der Mensch war im Paradies zwar selig, aber Q U A E S T I 0 9-1. 1 Deo similior, tanto per eam Deus clarius videtur; sicut homo perfectius videtur per speculum in quo expressius imago ejus resultat. Et sie patet quod multo eminentius videtur Deus per intelligibiles eflectus, quam per sensibiles et corporeos. A consideratione autem plena et lucida intelligibilium eflectuum impeditur homo in statu praesenti per hoc quod distrahitur a sensibilibus, et circa ea occupatur. Sed, sicut dicitur Eccles. 7: „Deus fecit hominem rectum." Haec autem fuit rectitudo hominis divinitus instituti, ut inferiora superioribus subderentur, et superiora ab inferioribus non impedirentur. Unde homo primus non impediebatur per res exteriores a clara et flrma contemplatione intelligibilium eflectuum, quos e x irradiatione primae veritatis pereipiebat, sive naturali cognitione sive gratuita. Unde mpl dicit Augustinus in 11 de Gen. ad litt. [cap. 33], quod „fortassis 34/447Deus primis hominibus antea loquebatur, sicut cum angelis lo81/367 4 u ^ u r > i P s a incommutabili veritate illustrans mentes eorum, etsi non tanta partieipatione divinae essentiae, quantam capiunt angeli". Sic igitur per hujusmodi intelligibiles eflectus Dei, Deum clarius cognoscebat quam modo cognoscamus. AD PR1MUM ergo dicendum quod homo in paradiso beatus
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nicht durch j e n e vollkommene Seligkeit, in die er versetzt 94,1 w e r d e n sollte u n d die in der Anschauung der göttlichen Wesenheit besteht. Trotzdem hatte er „in gewisser Weise ein seliges L e b e n " (Augustinus), insofern er eine gewisse natürliche Unversehrtheit und Vollkommenheit besaß. Zu 2. Ein guter Wille ist ein geordneter Wille. Der Wille des ersten Menschen w ä r e aber nicht geordnet gewesen, hätte er im Zustande des Verdienstes das h a b e n wollen, was ihm als Lohn versprochen war. Z u 3. Es gibt ein doppeltes [Erkenntnis-]Mittel. Eines, in welchem das zugleich gesehen wird, von dem es heißt, es w e r d e durch das Mittel gesehen ; wie w e n n der Mensch, der im Spiegel gesehen wird, auch zugleich mit dem Spiegel gesehen wird. Ein a n d e r e s Mittel ist jenes, durch dessen Kenntnis wir zu etwas U n b e k a n n t e m vordringen, wie es der Mittelbegriff eines Beweises darstellt. Gott nun w u r d e ohne ein derartiges [Erkenntnis-]Mittel erkannt, nicht a b e r ohne das erste [Erkenntnis-] Mittel. Denn der erste Mensch hatte es nicht nötig, mittels eines von einer W i r k u n g ausgehenden Beweisverfahrens zur Gotteserkenntnis zu gelangen, wie wir dies nötig h a b e n ; sondern er e r k a n n t e Gott auf seine Weise zugleich in den Wirkungen, besonders in den geistigen Wirkungen. Ebenfalls ist zu beachten, daß die Dunkelheit, die mit dem Worte ,Rätsel' gegeben ist, auf doppelte Weise aufgefaßt w e r d e n k a n n : Einmal, insofern jedes Geschöpf ein Q U A E S T I O 94, L
fuit non illa perfecta beatitudine in quam transferendus erat, quae in divinae essentiae visione consistit; habebat tarnen „beatam vitam secundum quemdam modum", ut Augustinus dicit MPL 11 de Gen. ad litt. [cap. 18], inquantum habebat integritatem et iKiij® perfectionem quandam naturalem. 281/350 AD SECUNDUM dicendum quod bona voluntas est ordinata voluntas. Non autem fuisset primi hominis ordinata voluntas, si in statu meriti habere voluisset quod ei promittebatur pro praemio. A D TERTIUM dicendum quod duplex est medium. Quoddam in quo simul videtur quod per medium videri dicitur; sicut cum homo videtur per speculum, et simul videtur cum ipso speculo. Aliud medium est, per cujus notitiam in aliquid ignotum devenimus; sicut est medium demonstrationis. Et sine tali medio Deus videbatur; non tarnen sine primo medio. Non enim oportebat primum hominem pervenire in Dei cognitionem per demonstrationem sumptam ab aliquo eflectu, sicut nobis est necessarium; sed simul in efiectibus, praecipue intelligibilibus, suo modo Deum cognoscebat. Similiter etiam est considerandum quod obscuritas quae importatur in nomine aenigmatis, dupliciter potest accipi. Uno modo, secundum quod quaelibet creatura est quod-
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94, 2 gewisses Dunkel ist im Vergleich zur Unerineßlichkeit der göttlichen Lichtfülle; in dieser Weise erkannte Adam Gott im Rätsel, weil er Gott mittels einer geschöpflichen Wirkung erkannte. Anderseits kann man unter Dunkelheit die durch die Sünde erfolgte Umdunklung verstehen, insofern nämlich der Mensch an der Betrachtung der geistigen Dinge durch die Beschäftigung mit den sinnenfälligen behindert wird; in diesem Sinne sah er (Adam) Gott nicht wie im Rätsel. 2. A R T I K E L Ob Adam
im Unschuldsstande geschaut
die Engel hat
in ihrem
Wesen
1. Es scheint, daß Adam im Unschuldsstande die Engel in ihrem Wesen geschaut hat; denn Gregorius sagt: „Im Paradiese pflegte der Mensch sich der Worte Gottes zu erfreuen und durch die Reinheit des Herzens und die Erhabenheit der Schau bei den Geistern der seligen Engel zu weilen." 2. Die Seele wird im gegenwärtigen Zustande an der Erkenntnis der stoffreien Selbstandwesen dadurch behindert, daß sie mit dem vergänglichen Leibe vereinigt ist, der „die Seele beschwert", wie es Weish 9, 15 heißt. Darum kann auch die abgeschiedene Seele die stoffreien Ci U A E S T I 0 94, 2 dam obscurum, si coniparetur ad immensitateni divinae claritatis; et sie Adam videbat Deum in aenigmate, quia videbat Deum per effectum creatum. Alio modo potest aeeipi obscuritas quae consecuta est ex peccato, prout scilicet impeditur homo a consideratione intelligibilium per sensibilium occupationem; et secundum ho« non vidit Deum in aenigmate.
A R T I C U L U S II U t r u m A d a m in s t a t u i n n o c e n t i a e a n g e l o « p e r essentiamviderit [De verlt. 18, 5]
AD SECUNDUM sie proceditur. Videtur quod Adam in statu MPL innocentiae angelos per essentiam viderit. Dicit enim Gregorius ?,317 c ¡ n 4 Dialog, [cap. 1 ] : „In paradiso quippe assueverat homo verbis Dei perfrui, bonorum 57 angelorum spiritibus cordis munditia et celsitudine visionis interesse." 2. PRAETEREA, anima in statu praesenti impeditur a cognitione substantiarum separatarum, ex hoc quod est unita corpori corruptibili, quod aggravat animam, ut dicitur Sap. 9. Unde et anima separata substantias separatas videre potest, ut supra dic5' L: beatorum.
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Selbstandwesen schauen, wie (89, 2: Bd. 6) gesagt wurde. 94,2 Die Seele des ersten Menschen wurde aber nicht durch den Leib beschwert, da dieser nicht sterblich war. Also konnte sie die stoffreien Selbstandwesen sehen. 3. Ein stoffreies Selbstandwesen erkennt das andere, indem es sich selbst erkennt, wie es im Buch von den Ursachen heißt. Die Seele des ersten Menschen erkannte sich aber selbst. Also erkannte sie auch die stoffreien Selbstandwesen. ANDERSEITS war die Seele Adams derselben Natur wie unsere Seelen. Unsere Seelen können aber im jetzigen Zustande die stoffreien Selbstandwesen nicht erkennen. Also vermochte auch die Seele des ersten Menschen dies nicht. ANTWORT: Der Zustand der Menschenseele kann in doppelter Weise unterschieden werden. Erstens gemäß der verschiedenen Weise ihres natürlichen Seins; in dieser Weise unterscheidet man den Zustand der abgeschiedenen vom Zustand der mit dem Leibe verbundenen Seele. Zweitens unterscheidet man den Zustand der Seele nach Unversehrtheit und deren Verlust, wobei die der Natur gemäße Seinsweise gewahrt bleibt; so unterscheidet man den Zustand der Unschuld vom Zustand des Menschen nach der Sünde. Denn die Menschenseele war im Unschuldsstande auf die Vervollkommnung und Leitung des Körpers hingeordnet wie auch im jetzigen Zustande. Darum heißt es, der erste Mensch sei „zu einer lebendiQ U A E S T I O 94, 2
tum est. Sed anima primi hominis non aggravabatur a corpore; cum non esset corruptibile. Ergo poterat videre substantias separatas. 3. PRAETEREA, una substantia separata cognoscit aliam cognoscendo seipsam, ut dicitur in libro de causis [propos. 13]. P-176> Sed anima primi hominis cognoscebat seipsam. Ergo cognascebat 2 s q ' alias 58 substantias separatas. SED CONTRA, anima Adae fuit ejusdem naturae cum animabus nostris. Sed animae nostrae non possunt nunc intelligere substantias separatas. Ergo nec anima primi hominis potuit. RESPONDEO dicendum quod status animae hominis distingui potest dupliciter. Uno modo, secundum diversum modum naturalis esse; et hoc modo distinguitur status animae 6eparatae a statu animae conjunctae corpori. Alio modo distinguitur status animae secundum integritatem et corruptionem, servato eodem modo essendi secundum naturam; et sie status innocentiae distinguitur a statu hominis post peccatum. Anima enim hominis in statu innocentiae erat corpori perficiendo et gubernando accommodata, sicut et nunc; unde dicitur primushomo factus fuisse
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l
om. 91
94, 2 gen Seele" gemacht worden [Gn 2, 7 ] , d. h. zu einer solchen, welche dem Körper das Leben gibt, nämlich zu einer sinnbegabten. E r besaß aber die Unversehrtheit [44] dieses Lebens, insofern der Leib der Seele gänzlich unterworfen war und sie in keiner Weise behinderte (Art. 1). Aus dem (84, 7 ; 85, 1; 89, 1: Bd. 6) Gesagten ist aber offenbar, daß der Seele wegen ihrer Hinordnung auf die Leitung des Leibes und auf die Vervollkommnung des sinnlichen Lebens eine durch die Hinkehr zu den Vorstellungsbildern gekennzeichnete Erkenntnisweise eignet. Darum kam diese Erkenntnisweise auch der Seele des ersten Menschen zu. Gemäß dieser Erkenntnisweise findet sich aber in der Seele eine gewisse Bewegung vor, wie Dionysius sagt, und zwar in dreifacher Stufung. Eine erste Stufe, gemäß deren die Seele sich „von den äußeren Dingen auf sich selbst sammelt". Die zweite, gemäß deren die Seele sich „zur Vereinigung mit den höheren [mit Gott] vereinigten Kräften erhebt", nämlich den Engeln; die dritte Stufe ist jene, gemäß deren sie weiter „zu jenem Gute emporgeführt wird, das über allem steht", nämlich zu Gott. — Gemäß dem ersten Aufstieg der Seele, der von den äußern Dingen zu sich selbst führt, vollzieht sich die Erkenntnis der Seele [selbst]; weil nämlich die geistige Tätigkeit der Seele eine natürliche Hinordnung auf die äußern Dinge Q U A E S T I O 94, 2 „in animam viventem" [Gen. 2 ] , id est corpori vitam danteni, scilicet animalem. Sed hujus vitae integritatem habebat, inquantum corpus erat totaliter animae subditum, in nullo ipsam impediens, ut supra dictum est. Manifestum est autem e x praemissis, quod e x hoc quod anima est accommmodata ad corporis gubernationem et perfectionem secundum animalem vitam, competit animae nostrae talis modus intelligendi, qui est per eonversionem ad phantasmata. Unde et hic modus intelligendi etiam animae primi hominis competebat. Secundum autem hunc modum intelligendi, motus quidam MPG inveniuntur 58& in anima, ut Dionysius dicit, 4 cap. de Div. Nom., 8/ÖO5A s e c u n d u m tres gradus. Quorum primus est, secundum quod „a s q " rebus exterioribus a g g r e g a t u r 5 9 anima ad s e i p s a m " ; secundus autem est, prout anima ascendit ad hoc quod „uniatur virtutibus superioribus unitis", scilicet angelis; tertius autem gradus est, secundum quod ulterius „manuducitur ad bonum quod est supra omnia", scilicet Deum. — Secundum igitur primum processum animae, qui est a rebus exterioribus ad seipsam, perficitur animae cognitio. Quia scilicet intellectualis operatio animae naturalem ordinem habet ad ea quae sunt extra, ut supra dictum est;
58a P et L lnvenltur. 59 L: congregatur.
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hat (87, 3), so kann unsere geistige Tätigkeit durch sie 94,2 vollkommen erkannt werden, wie der Akt durch seinen Gegenstand. Und durch die geistige Tätigkeit kann der menschliche Verstand vollkommen erkannt werden, wie das Vermögen durch den ihm eigentümlichen Akt. — In der zweiten Bewegung hingegen liegt keine vollkommene Erkenntnis vor. Denn da der Engel nicht durch die Hinkehr auf die Vorstellungsbilder, sondern auf viel erhabenere Weise erkennt (55, 2: Bd. 4), so führt die genannte Erkenntnisweise, in der die Seele sich selbst erkennt, nicht hinreichend zur Erkenntnis der Engel. — Noch viel weniger ist das Ergebnis der dritten Bewegung eine vollkommene Erkenntnis. Denn selbst die Engel können wegen der Erhabenheit des göttlichen Wesens durch ihre Selbsterkenntnis nicht zu deren [vollen] Erkenntnis vordringen. So konnte die Seele des ersten Menschen also die Engel zwar nicht durch deren Wesenheit erkennen; aber sie besaß doch eine höhere Weise, sie zu erkennen, als wir sie besitzen; denn sie besaß größere Sicherheit und war beständiger auf die inneren geistigen Wirklichkeiten hingeheftet als unsere Erkenntnis. Wegen dieser Erhabenheit sagt Gregor, „er [der erste Mensch] habe bei den Geistern der Engel gewohnt". Z u 1 ist daher die Lösung gegeben. Zu 2. Daß die Seele des ersten Menschen eine unvollQ T J A E S T I O 94, 2 et ita per eorum cognitionem perfecte cognosci potest nostra intellectualis operatio, sicut actus per objectum. Et per ipsam intellectualem operationem perfecte potest cognosci humanus intellectus, eicut potentia per proprium actum. — Sed in secundo processu non invenitur perfecta cognitio. Quia, cum angelus non intelligat per conversionem ad phantasmata, sed longe eminentiori modo, ut supra dictum est; praedictus modus cognoscendi, quo anima cognoscit seipsam, non sufflcienter ducit in angeli cognitionem. — Multo autem minus tertius processus ad perfectam notitiam terminatur; quia etiam ipsi angeli, per hoc quod cognoscunt seipsos, non possunt pertingere ad cognitionem divinae substantiae, propter ejus excessum. Sic igitur anima primi hominis non poterat quidem 60 videre angelos per essentiam. Sed tarnen excellentiorem modum cognitionis habebat de eis, quam nos habeamus; quia ejus cognitio erat magis certa et fixa circa interiora intelligibilia, quam cognitio nostra. Et propter tantam eminentiam dicit Gregorius, ibid. quod „intererat angelorum spiritibus". Unde patet solutio A D P R I M U M . A D SECUNDTJM dicendum quod hoc quod anima primi ho«o T. om.
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94,3 kommene Erkenntnis der stoffreien Selbstandwesen besaß, hatte seinen Grund nicht in einer Beschwerung von seiten des Körpers, sondern darin, daß der ihr naturgemäße Gegenstand an die Erhabenheit der stoffreien Selbstandwesen nicht heranreichte. Wir aber sind aus beiden Gründen dazu unfähig. Z u 3. Die Seele des ersten Menschen konnte durch ihre Selbsterkenntnis nicht zur Erkenntnis der stoffreien Selbstandwesen vordringen (Antwort). Denn auch jedes stoffreie Selbstandwesen erkennt das andere nach der Weise, wie es sich selbst erkennt. 3. A R T I K E L Ob der erste Mensch die Kenntnis aller Dinge
besaß
1. Es scheint, daß der erste Mensch nicht die Kenntnis aller Dinge besaß. Denn entweder hatte er eine solche Kenntnis durch erworbene oder durch angeborene oder durch eingegossene Erkenntnisbilder. E r hatte sie aber nicht durch erworbene Erkenntnisbilder; denn eine solche Erkenntnis wird durch Erfahrung bewirkt (Aristoteles); er hatte aber damals keine Erfahrung von allen Dingen. Auch besaß er sie nicht durch angeborene Erkenntnisbilder; denn er war gleicher Natur wie wir; unsere Seele ist aber „wie eine unbeschriebene Tafel" (Ders.). Wenn Q U A E S T I 0 94, a
minis deflciebat ab intellectu substantiarum separatarum, non erat ex aggravatione corporis; sed ex hoc quod objectum ei connaturale erat deficiens ab excellentia substantiarum separatarum. Nos autem deficimus propter utrumque. AD TERTIUM dicendum quod anima primi hominis non poterat per cognitionem sui ipsius pertingere ad cognoscendas substantias separatas, ut supra dictum est; quia etiam unaquaeque substantia separata cognoscit aliam per modum sui ipsius. A R T I C U L U S III IJ t r u in p r i m u s h o m o h a b u e r i t omnium
s c i e n t i a ni
[2 Sent. d. 23, q. 2, a. 2, c; De vierit. 18, 4]
AD TERTIUM sic proceditur. Videtur quod primus homo non habuerit scientiam omnium. Aut enim habuit talem scientiam per species acquisitas, aut per species connaturales, aut per species infusas. Non autem per species acquisitas; hujusmodi enim 98ia 2sq. cognitio ab experientia causatur, ut dicitur in 1 Metaph. [cap. 1 ] ; ipse autem non tunc fuerat omnia expertus. Similiter etiam nec per species connaturales quia erat ejusdem naturae nobiscum; anima autem nostra est „sicut tabula, in qua nihil est scriptum", 430a lsq. ut dicitur in 3 de An. [cap. 4 ] . Si autem tier species infusas,
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er sie aber durch eingegossene Erkenntnisbilder besaß, 94,3 so war das Wissen um die Dinge nicht der gleichen Art wie das unsere, das wir von den Dingen her erwerben. 2. Alle Einzelwesen der gleichen Art haben die gleiche Weise, ihre Vollkommenheit zu erreichen. Die andern Menschen haben aber nicht gleich von Beginn ihres Daseins an ein Wissen aller Dinge, sondern sie erwerben es im Ablaufe der Zeit auf ihre Weise. Also besaß auch Adam nicht gleich nach seiner Erschaffung das Wissen aller Dinge. 3. Der Zustand des gegenwärtigen Lebens wird dem Menschen gegeben, damit seine Seele in ihm im Wissen [Erkennen] und im Verdienste fortschreite; denn darum scheint die Seele mit dem Leibe verbunden zu sein. Der Mensch hätte in jenem Zustande aber Fortschritte im Verdienste gemacht. Also würde er auch eine Entwicklung in der Erkenntnis der Dinge durchgemacht haben. Er besaß also nicht das Wissen aller Dinge. ANDERSEITS gab er den Tieren ihren Namen, wie es Gn 2, 20 heißt. Die Namen müssen aber der Natur der Dinge entsprechen. Also kannte Adam die Natur aller Tiere, und aus gleichem Grunde hatte er ein Wissen um alle Dinge [45]. ANTWORT: In der Ordnung der Natur geht das Vollkommene dem Unvollkommenen vorauf, wie die Seinswirklichkeit der Seinsanlage. Denn was der Anlage nach da ist, wird nur zur Seinswirklichkeit geführt durch ein Q U A E S T I 0 94, 3
ergo scientia ejus quam habebat de rebus, non erat ejusdem rationis cum scientia nostra, quam a rebus acquirimus. 2. PRAETEREA, in omnibus individuis ejusdem speciei est idem modus consequendi perfectionem. Sed alii homines non statim in sui principio habent omnium scientiam, sed eam per temporis successionem acquirunt secundum suum modum. Ergo nec Adam, statim formatus, habuit omnium scientiam. 3. PRAETEREA, status praesentis vitae homini conceditur, ut in eo proficiat anima et quantum ad cognitionem, et quantum ad meritum: propter hoc enim anima corpori videtur esse unita. Sed homo in statu illo profecisset quantum ad meritum. Ergo etiam profecisset quantum ad cognitionem rerum. Non ergo habuit omnium rerum scientiam. SED CONTRA est quod ipse imposuit nomina animalibus, ut dicitur Gen. 2. Nomina autem debent naturis rerum congruere. Ergo Adam scivit naturas omnium animalium; et pari ratione, habuit omnium aliorum scientiam. RESPONDEO dicendum quod naturali ordine perfectum praecedit imperfectum, sicut et actus potentiam; quia ea quae sunt in potentia, non reducuntur ad actum nisi per aliquot! ens actu.
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3 Seinswirkliches. Weil nun die Dinge ursprünglich von Gott gegründet sind, nicht nur damit sie in sich selbst seien, sondern auch damit sie Ursachen anderer Dinge seien, darum wurden sie in jenem vollkommenen Zustande hervorgebracht, in dem sie Ursache anderer Dinge sein könnten. Der Mensch kann aber die Ursache eines andern nicht nur durch körperliche Zeugung sein, sondern auch durch Lehre und Leitung. Wie also der erste Mensch dem Körper nach in vollkommenem Zustande erschaffen wurde, um sofort zeugen zu können, so wurde er auch der Seele nach in vollkommenem Zustande erschaffen, damit er andere sofort belehren und leiten könnte. Niemand kann aber belehren, ohne Wissen zu besitzen. Darum wurde der erste Mensch so von Gott erschaffen, daß er das Wissen um all die Dinge besaß, in denen der Mensch belehrt werden kann. Und dazu gehört alles, was der Kraft nach in den ersten in sich einleuchtenden Grundsätzen enthalten ist, nämlich alles, was die Menschen naturhaft [mit natürlichen Kräften] zu erkennen vermögen. — Zur zielgerechten Leitung des eigenen und des Lebens der anderen Menschen wird nicht nur die Erkenntnis dessen erfordert, was mit natürlichen Kräften gewußt werden kann, sondern auch die Kenntnis dessen, was natürliches Erkennen überragt, weil ja das Leben des Menschen auf ein übernatürliches Ziel hingeordnet ist, wie uns z. B. zur Lebensführung die Kenntnis der Glaubenswahrheiten notwendig ist. Darum empfing der erste Mensch QUAEST10 94, 3 Et quia res primitus a Deo institutae sunt, non solum ut in seipsis essent, sed etiam ut essent aliorum principia, ideo productae sunt in statu perfecto, in quo possent esse principia aliorum. Homo autem potest esse principium alterius non solum per generationem corporalem, sed etiam per instructionem et gubernationem. Et ideo, sicut primus homo institutus est in statu perfecto quantum ad corpus, ut statim posset generare, ita etiam institutus est in statu perfecto quantum ad animam, ut statim posset alios instruere et gubernare. Non potest autem aliquis instruere, nisi habeat scientiam. Et ideo primus homo sie institutus est a Deo, ut haberet omnium scientiam in quibus homo natus est instrui. Et haec sunt omnia illa quae virtualiter existunt in primis prineipiis per se nötig, quaecumque scilicet naturaliter homines cognoscere possunt. — Ad gubernationem autem vitae propriae et aliorum, non solum requiritur cognitio eorum quae naturaliter sciri possunt, sed etiam cognitio eorum quae naturalem cognitionem excedunt; eo quod vita hominis ordinatur ad quemdam flnem supernaturalem; sicut nobis, ad gubernationem vitae nostrae, necessarium est cognoscere quae fldei sunt. Unde et de his supernaturali'bus tan-
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auch ein solches Erkennen übernatürlicher Wirklichkeiten, 94, 3 wie es jenem Stande entsprechend zur Lebensführung notwendig war. Andere Dinge, deren Kenntnis mit natürlichen Kräften nicht erreichbar ist, und die zur zielgerechten menschlichen Lebensführung nicht notwendig sind, wußte der erste Mensch nicht, wie etwa die Gedanken der Menschen, das bedingt Zukünftige, gewisse Einzeldinge, z. B. die Zahl der Steinchen in einem Bache und dergleichen. Z u 1. Der erste Mensch besaß das Wissen aller Dinge auf Grund von Erkenntnisbildern, die ihm von Gott eingegossen wurden. Trotzdem war jenes Wissen nicht anderer Art als unser Wissen, wie auch das Auge, das Christus dem Blindgeborenen gab, nicht anderer Art war als die Augen, welche die Natur hervorbringt. Z u 2. Es war angemessen, daß Adam, insofern er der erste Mensch war, Vollkommenheiten besaß, die andern Menschen nicht zukommen (Antwort). Z u 3. Adam hätte in dem Wissen um die naturhaft erkennbaren Dinge keine Fortschritte gemacht, was die Zahl dieser Dinge angeht, sondern nur, was die Weise des Wissens betrifft; denn, was er auf geistige Weise wußte, hätte er später erfahrungsgemäß erkannt. Bezüglich der übernatürlichen Erkenntnisgegenstände hätte er auf Grund neuer Offenbarungen auch zahlenmäßig Fortschritte gemacht, wie auch die Engel auf Grund neuer ErleuchtunQ U A K S T I 0 94. 3 tarn Cognitionen! primus homo accepit, quanta erat necessaria ad gubernationem vitae humanae secundum statum illum. Alia vero, quae nec naturali hominis studio cognosci possunt, nec sunt necessaria ad gubernationem vitae humanae, primus homo non cognovit; sicut sunt cogitationes hominum, futura contingentia, et quaedam singularia, puta quot lapilli jaceant in flumine, et alia hujusmodi. AD PRIMUM ergo dicendum quod primus homo habuit scientiam omnium per species a Deo infusas. Nec tarnen scientia illa tuit alterius rationis a scientia nostra sicut nec oculi quos caeco nato Christus dedit, fuerunt alterius rationis ab oculis quos natura produxit. AD SECUNDUM dicendum quod Adam debebat aliquid habere perfectionis inquantum erat primus homo, quod ceterie hominibus non competit; ut ex dictis patet. AD TERTIUM dicendum quod Adam in scientia naturalium scibilium non profecisset quantum ad numerum scitorum, sed quantum ad modum sciendi; quia quae sciebat intellectualiter, scivisset postmodum per experimentum. Quantum vero ad supernaturalia cognita, profecisset etiam quantum ad numerum per novas revelationes; sicut et angeli proficiunt per novas illu-
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94,4 gen [im Erkennen] fortschreiten. — Es ist aber nicht dasselbe mit dem Fortschritt im Verdienst und dem Fortschritt im Wissen. Denn ein Mensch ist nicht Ursache des Verdienstes eines andern, wie er Ursache des Wissens im andern ist. 4. A R T I K E L Ob der Mensch im Urstande
getäuscht werden
konnte
1. Es scheint, daß der Mensch im Urstande getäuscht werden konnte; denn der Apostel sagt 1 Tim 2, 14: „Das Weib wurde völlig betört und kam zu Fall." 2. Der Sentenzenmeister sagt: „Das Weib erschrak nicht, als die Schlange sprach, weil es glaubte, sie habe den Auftrag zu sprechen von Gott empfangen." Das entsprach aber der Wahrheit nicht. Also wurde das Weib vor der Sünde getäuscht. 3. Es ist natürlich, daß man einen Gegenstand, je größer die Entfernung ist, um so weniger scharf sieht. Die Natur des Auges ist aber durch die Sünde nicht geschwächt. Das gleiche wäre also auch im Unschuldsstande eingetreten. Der Mensch wäre also bezüglich der Größe des geschauten Gegenstandes getäuscht worden, genau wie heute. 4. Augustinus sagt, im Traume nähme die Seele das Traumbild für Wirklichkeit. Der Mensch hätte aber im Q U A E S T I 0
94, 4
minationes. — Nec tarnen est simile de profectu meriti, et scientiae; quia unus homo non est alteri principium merendi, sicut et sciendi. A R T I C U L U S IV potuissset h o m o in p r i m o s t a t u d e c i p i [2 Sent. d. 23, q. 2, a. 3; De verit. 18, 6] AD QUARTUM sie proceditur. Videtur quod homo in primo statu decipi potuisset. Dicit enim Apostolus, 1 Tim. 2, quod „mulier sedueta in praevaricatione fuit". MPL 2. PRAETEREA, Magister dicit, 2 Sent., dist 21, quod „ideo 1S2 695 mulier non horruit serpentem loquentem, quia officium loquendi eum aeeepisse a Deo putavit". S e d hoc falsum erat. Ergo mulier deeepta fuit ante peccatum. 3. PRAETEREA, naturale est quod quanto aliquid remotius videtur, tanto minus videtur. S e d natura oculi non est contracta per peccatum. Ergo hoc idem in statu innocentiae contigisset. Fuisset ergo homo deeeptus circa quantitatem rei visae, sicut et modo. MPL 4. PRAETEREA, Augustinus dicit, 12 de Gen. ad litt. [cap. 2 ] , 34/455 quod in somno adhaeret anima similitudini tanquam ipsi rei. Sed Utrum
CSEL 28 I :!80 sq.
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Unschuldsstande Speise zu sich genommen und infolge- 94, 4 dessen auch geschlafen und geträumt. Also wäre er getäuscht worden, indem er Traumbilder für Wirklichkeiten hingenommen hätte. 5. Der erste Mensch hätte weder die Gedanken der Mitmenschen noch das bedingt Zukünftige gewußt (Art. 3). Wenn also jemand über diese Dinge eine irrige Mitteilung gemacht hätte, so wäre er getäuscht worden. ANDERSEITS sagt Augustinus: „Wahres für falsch hinnehmen, gehört nicht zur Natur des erstgeschaffenen Menschen, sondern ist Strafe des Verurteilten." ANTWORT: Einige haben gesagt, man könne unter dem Worte ,Täuschung' zweierlei verstehen: nämlich jedes leichte Fürwahrhalten, vermöge dessen jemand Falsches für wahr nimmt ohne volle Glaubenszustimmung; und zweitens die feste Glaubenszustimmung. Bezüglich der Dinge, um die Adam ein Wissen besaß, konnte der erste Mensch vor der Sünde auf keine von beiden Weisen getäuscht werden. Aber bezüglich der Dinge, die er nicht wußte, konnte er getäuscht werden, wobei man Täuschung im weiten Sinne nimmt für jedes Fürwahrhalten ohne gläubige Zustimmung. Das sagten sie deshalb, weil Far sches für wahr halten in solchen Fällen dem Menschen keinen Schaden bringt und auch nicht schuldhaft ist, sc lange die Zustimmung nicht leichtsinnig gegeben wird. Q U A E S T I 0 94, 4
homo in statu innocentiae comedisset, et per consequens dormivisset et somniasset. Ergo deceptus fuisset, adhaerendo similitudinibus tanquam rebus. 5. PRAETEREA, primus homo nescivisset cogitationes hominum et futura contingentia, ut dictum est. Si igitur aliquis super his sibi falsum diceret, deceptus fuisset. SED CONTRA est quod Augustinus dicit [3 de Lib. Arbitr., MPL cap. 18]: „Approbare vera pro falsis, non est natura instituti 32/1296 hominis, sed poena damnati". RESPONDEO dicendum quod quidam 61 dixerunt quod in nomine deceptionis duo possunt intelligi: scilicet qualiscumque existimatio levis, qua aliquis adhaeret falso tanquam vero, sine assensu credulitatis; et iterum firma credulitas. Quantum ergo ad ea quorum scientiam Adam habebat, neutro istorum modorum homo decipi poterat ante peccatum. Sed quantum ad ea quorum scientiam non habebat, decipi poterat, large accepta deceptione pro existimatione qualicumque sine assensu credulitatis. Quod ideo est dictum 6,a, quia existimare falsum in talibus, non est noxium homini; et ex quo temere assensus non adhibetur, non est culpabile. «1 Alex. Halens. cl a L diount.
P. Iii. II 92, 1
99
94,4
A b e r diese Auffassung entspricht nicht der Unversehrtheit des Urstandes; denn in jenem Zustande, wie Augustinus sagt, „herrschte ein ruhiges Meiden der Sünde, und, solange dieses andauerte, brach von keiner Seite irgendein Übel herein." Es ist aber offenbar, daß der Irrtum ein Übel des Verstandes ist, wie die Wahrheit sein Gut ist (Aristoteles). Solange die Unschuld verblieb, konnte sich daher der Verstand des Menschen einem Irrtum nicht so hingeben, als sei er Wahrheit. W i e nämlich den körperlichen Gliedern des ersten Menschen gewisse Vollkommenheiten fehlen konnten, etwa die Verklärtheit, und in ihnen doch kein eigentliches Übel sein konnte, so konnte auch dem Verstände die Kenntnis irgendeiner Sache fehlen, aber es konnte in ihm kein Fürwahrhalten eines Irrtums geben. Das erhellt auch aus der Rechtheit des Urstandes, daraus nämlich, daß im Menschen das Niedere dem Höheren unterworfen war und das Höhere durch das Niedere nicht behindert wurde, solange die Seele Gott unterworfen blieb. Aus dem (17, 3: Bd. 2; 65, 6: Bd. 5) Gesagten ist aber offenbar, daß der Verstand hinsichtlich des ihm eigenen Gegenstandes immer wahr ist; darum unterliegt er von sich aus niemals einer Täuschung; sondern jede Täuschung tritt im Verstände von einem niederen Vermögen her ein, z. B. von der Vorstellungskraft oder einem ähnlichen. Darum beobachten wir auch, daß wir Q U A E S T I 0
94, 4
Sed haec positio non convenit integritati primi status; quia, mpl ut Augustinus dicit, 14 de Oiv. Dei [cap. 10], in illo statu „erat c s e l devitatio tranquilla peccati, qua manente, nulluni malum om40 ji 25 nino esse poterat". Manifestum est autem quod sicut verum est bonum intellectus, ita falsum est malum ejus, ut dicitur in 6 Eth. [cap. 2] 02. Unde non poterat esse quod, innocentia manente, inH 3 9 « 2 7 s q . tellectus hominis alicui falso acquiesceret quasi vero. Sicut enim in membris corporis primi hominis erat quidem carentia perfectionis alicujus, puta claritatis, non tarnen aliquod malum inesse poterat; ita in intellectu poterat esse carentia notitae alicujus, nulla tarnen poterat ibi esse existimatio falsi. Quod etiam ex ipsa rectitudine primi status apparet, scilicet quod 03 quandiu anima maneret Deo subdita, tandiu in homine inferiora superioribus subderentur, nec superiora per inferiora impedirentur. Manifestum est autem ex praemissis quod intellectus circa proprium objectum Semper verus est. Unde ex seipso nunquam decipitur; sed omnis deceptio accidit in intellectu ex aliquo inferiori, puta phantasia vel aliquo hujusmodi. Unde vide«2 C f . 5 M e t a p h . , scilicet quotl,
tta
100
c a p . 4 : 1027 f> 26 s q . 1, y c c u i L t l u n j quam.
durch solche Erscheinungen nicht getäuscht werden, so- 94, 4 lange das natürliche Urteilsvermögen nicht gehemmt ist, sondern nur dann, wenn es gebunden ist, wie es bei den Schlafenden der Fall ist. Es ist also offenbar, daß die Unversehrtheit des Urstandes eine Verstandestäuschung nicht duldete. Z u 1. Jene Verführung des Weibes folgte auf das innere Aufbegehren, wenn sie auch der äußeren Tatsünde voraufging. Denn Augustinus sagt: „Das Weib würde den Worten der Schlange nicht glauben, wenn nicht in seinem Geiste bereits eine Liebe zur Selbstmächtigkeit und eine stolze Anmaßung vorhanden wäre." Z u 2. Das Weib glaubte, die Schlange habe dieses Vermögen zu sprechen nicht von Natur gehabt, sondern kraft einer übernatürlichen Tätigkeit empfangen, wenngleich man in diesem Punkte dem Ansehen des Sentenzenmeisters nicht zu folgen braucht. Z u 3. Auch wenn etwas dem Sinn oder der Vorstellungskraft des ersten Menschen in anderer Weise dargestellt worden wäre, als es in Wirklichkeit war, so wäre er doch nicht getäuscht worden, weil er mit seinem Verstand die Wahrheit herausfand. Z u 4. Was im Schlafe eintritt, wird dem Menschen nicht « uA
E
s
T 1 0 94, 4
mus quod, quando naturale judicatorium non est ligatuin, non decipimur per hujusmodi apparitiones; sed solum quando ligatur, ut patet in dormientibus. ü n d e manifestum est quod rectitudo priini status non compatiebatur aliquam deceptionem circa intellectum. AD PRIMUM ergo dicenduin quod illa seduetio mulieris, etsi 6 4 praecesserit peccatum operis, subsecuta tarnen est peccatum internae elationis. Dicit enim Augustinus, 11 de Gen. ad litt, MPL [cap. 3 0 ] , quod „mulier verbis 6 5 serpentis non crederet, nisi jam inesset menti ejus amor propriae potestatis, et quaedam de 2g 1/363 se superba praesumptio". AD SECUNDUM diceridum quod mulier putavit serpentem hoc ricxepisse Joquendi officium, non per naturam, sed aliqua supernaturali operatione. — Quamvis non sit neeessarium auctoritatem Magistri Sent. sequi in hac parte. AD TERTIUM dicendum quod, si aliquid repraesentatum fuisset sensui vel phantasiae primi hominis aliter quam sit in rerum natura, non tarnen deciperetur; quia per rationem veritatem dijudicaret. AD QUARTUM dicendum, quod id quod accidit in somno non 64 P add. non. 85 P : v e r b u m .
101
i angerechnet, weil er des Vernunftgebrauches, der ja der dem Menschen eigentümliche Akt ist, nicht mächtig ist. Z u 5. Demjenigen, der über bedingt Zukünftiges oder über die Gedanken der Mitmenschen eine falsche Aussage gemacht hätte, würde der Mensch im Urstande nicht geglaubt haben, er hätte lediglich an die Möglichkeit geglaubt, und das wäre keine Zustimmung zum Irrtum. Oder man kann auch sagen, es wäre ihm göttliche Hilfe zuteil geworden, damit er in den Dingen, um die er kein Wissen hatte, nicht getäuscht würde. — Auch ist die Bemerkung einiger nicht stichhaltig, es sei ihm in der Versuchung keine Hilfe zuteil geworden, damit er nicht getäuscht würde, obgleich er ihrer damals am meisten bedurfte. Denn es war schon eine Sünde in der Seele voraufgegangen, und er hatte zur Hilfe Gottes keine Zuflucht genommen. Q U A E S T I 0 94, 4
imputatur homini; quia non habet u.sum rationis, qui est proprius hominis actus. AD QUINTUM dicendum quod alicui dicenti falsum de contingentibus futuris vel cogitationibus cordium, homo in statu innocentiae non credidisset ita esse, sed credidisset quod hoc esset possibile; et hoc non esset existimare falsum. Vel potest dici quod divinitus ei subventum fuisset, ne deciperetur in his quorum scientiam non habebat. — Nec est instantia, quam quidam afferunt, quod in tentatione non fuit ei subventum ne deciperetur, licet tunc maxime indigeret. Quia jam praecesserat peccatum in animo, et ad divinum auxilium recursum non habuit.
102
95. F R A G E ÜBER DAS DEN WILLEN DES ERSTEN MENSCHEN BETREFFENDE, ÜBER DIE GNADE UND DIE GERECHTIGKEIT
Hierauf betrachten wir das, was den Willen des ersten Menschen betrifft. Hierzu ist zweierlei zu untersuchen: erstens die Gnade und die Gerechtigkeit des ersten Menschen; zweitens der Gebrauch dieser Gerechtigkeit bezüglich der Herrschaft über andere Wesen. Zum ersten ergeben sich vier Einzelfragen: 1. Ob der erste Mensch in der Gnade erschaffen wurde. 2. Ob der erste Mensch im Unschuldsstande seelische Leidenschaften hatte. 3. Ob er alle Tugenden hatte. 4. Ob seine Werke ebenso verdienstkräftig waren wie die Werke im jetzigen Zustande. 1. A R T I K E L Ob der erste Mensch in der Gnade erschaffen
wurde
1. Es scheint, daß der erste Mensch nicht in der Gnade erschaffen wurde; denn der Apostel sagt 1 Kor 15, 45, Adam von Christus unterscheidend: „Der erste Mensch Adam ward zum lebendigen Wesen, der letzte aber ward zum lebendigmachenden Geist." Die Belebung des Geistes
QUAESTIO
XCV
DE HIS QUAE ATTINENT AD VOLUNTATEM PRIMI HOMINIS, GRATIA SCILICET E T JUSTITIA Deinde considerandum est de his quae pertinent ad voluntatem primi hominis. Et circa hoc considerar)da sunt duo: primo quidem, de gratia et justitia primi hominis; secundo, de usu justitiae quantum ad dominium super alia. Circa primum quaeruntur quatuor: 1. Utrum primus homo creatus fuerit in gratia. — 2. Utrum in statu innocentiae habuerit animae passiones. — 3. Utrum habuerit virtutes omnes. — 4. Utrum opera ejus fuissent aeque efficacia ad merendum, sicut modo sunt. ARTICULUS I U t r u m p r i m u s h o m o f u e r i t c r e a l u s in
gratia
[2 Sent, d 20, q. 2, a. 8, c; d. 29, a. 2; De malo 4, 2 ad 22]
AD PRIMUM sic proceditur. Videtur quod primus homo non fuerit creatus in gratia. Apostolus enim 1 Cor. 15, distinguens Adam a Christo, dicit: „Factus est primus Adam in animam viventem, novissimus autem in spiritum vivificantem". Sed vivi-
103
95, i geschieht aber durch die Gnade. Also ist es eine Eigentümlichkeit Christi, in der Gnade erschaffen zu sein. 2. Augustinus sagt: „Adam hatte den Heiligen Geist nicht." Wer aber immer die Gnade hat, hat den Heiligen Geist. Also wurde Adam nicht in der Gnade erschaffen. 3. Augustinus sagt: „Gott ordnete das Leben der Engel und Menschen so, daß er in ihnen zuerst zeigte, was ihr freier Wille vermöchte, dann, was die Hilfe seiner Gnade und das in der Gerechtigkeit gründende Urteil vermöchte." Also erschuf Gott den Menschen und den Engel nur in der natürlichen Willensfreiheit und später verlieh er ihnen seine Gnade. 4. Der Sentenzenmeister sagt: „Dem Menschen wurde in der Erschaffung jene Hilfe gegeben, vermöge deren er wohl stehen, aber nicht fortschreiten konnte." Wer aber die Gnade hat, kann durch das Verdienst fortschreiten. Also wurde der erste Mensch nicht in der Gnade erschaffen. 5. Zum Empfange der Gnade ist die Zustimmung des Empfängers erfordert; denn dadurch kommt eine Art geistlicher Gemahlschaft zwischen Gott und der Seele zustande. Der Gnade zustimmen kann aber nur, wer vorher Q U A E S T I O 95, L
ficatio spiritus est per gratiam. Ergo hoc est proprium Christi, quod fuerit factus in gratia. MPL 2. PRAETEREA, Augustinus dicit, in libro de Quaestionibus 35/2370 Veteris et Novi Testamenti [q. 123], quod „Adam non habuit Spiritum sanctum". Sed quicumque habet gratiain, habet Spiritum sanctum. Ergo Adam non fuit creatus in gratia. MPL 3. PRAETEREA, Augustinus dicit in libro de Correptione et 44/932 Gratia '[cap. 10], quod „Deus sie ordinavit angelorum et hominum vitam, ut prius in eis ostenderet quid posset eorum liberum arbitrium, deinde quid posset suae gratiae beneficium, justitiaeque Judicium". Primo ergo condidit hominem et angelum in sola naturalis 6 6 arbitrii libertate, et.postmodum e i 6 7 gratiam contulit. MPL 4. PRAETEREA, Magister dicit, in 2 Sent., dist. 24, quod „ho192/701 m i n j j n creatione datum est auxilium, per quod stare poterat, sed non poterat proficere". Quicumque autem habet gratiam, potest proficere per meritum. Ergo primus homo non fuit creatus in gratia. 5. PRAETEREA, ad hoc quod aliquis aeeipiat gratiam, requiritur consensus ex parte reeipientis; cum per hoc perficiatur matrimonium quoddam spirituale inter Deum et animam. Sed 66
P et; L: n a t u r a l l .
67 L: eis.
104
[schon] da ist. Also empfing der erste Mensch die Gnade 95,1 nicht im ersten Augenblick seiner Erschaffung. 6. Der Abstand zwischen Natur und Gnade ist größer als der zwischen Gnade und Seligkeit, die nichts anderes ist als die Gnade in der Vollendung. Im Menschen ging aber die Gnade der Seligkeit vorauf. Also geht noch viel eher die Natur der Gnade vorauf. ANDERSEITS sind Mensch und Engel in gleicher Weise auf die Gnade hingeordnet. Der Engel ist aber in der Gnade erschaffen; denn Augustinus sagt: „Gott schuf in ihnen zugleich die Natur und schenkte die Gnade". Also ist auch der Mensch in der Gnade erschaffen worden. ANTWORT: Einige [46] sagen, der Mensch sei zwar nicht in der Gnade erschaffen worden, aber die Gnade sei ihm später, noch bevor er sündigte, verliehen worden. Denn sehr viele Autoritäten unter den Heiligen bezeugen, daß der Mensch im Unschuldsstande die Gnade gehabt habe. — Daß er aber auch in der Gnade erschaffen wurde, wie andere [47] sagen, scheint gerade die Rechtheit des Urstandes zu fordern, in der Gott den Menschen gemacht hat, nach Prd 7, 30: „Gott schuf den Menschen recht." Denn diese Rechtheit bestand darin, daß die Vernunft Gott Untertan war, die niederen Kräfte der Vernunft und der Q U A E S T I O 95, l
consensus in gratiain esse non potest nisi prius existentis. Ergo homo non accepit gratiam in primo instanti suae creationis. 6. PRAETEREA, natura plus distat a gratia quam gratia a gloria, quae nihil est aliud quam gratia consummata. Sed in homine gratia praecessit gloriam. Ergo multo magis natura praecessit gratiam. SED CONTRA, homo et angelus aequaliter ordinantur ad gratiam. Sed angelus est creatus in gratia; dicit enim Augustinus 12 de Civ. Dei ([cap. 9], quod „Deus simul erat in eis condens MPL naturam et largiens gratiam". Ergo et homo creatus fuit in gratia. 401/580 RESPONDEO dicendum quod quidam 6 8 dicunt quod primus 69 homo non fuit creatus in gratia, sed tamen postmodum gratia fuit sibi collata antequam peccasset; plurimae autem 7 0 sanctorum auctoritates attestantur hominem in statu innocentiae gratiam habuisse. — Sed quod etiam fuerit conditus in gratia, ut alii dicunt, videtur requirere ipsa rectitudo primi status, in qua Deus hominem fecit, secundum illud Eccles. 7: „Deus fecit hominem rectum". Erat enim haec rectitudo secundum hoc quod ratio subdebatur Deo, rationi vero inferiores vires, et animae corpus. 88 Alex. Halens. S. th. II q. 91, m e m b r . 1, art. 1: B o n a v e n t . 2 Sent., (list. 29, a r t . 2, q. 2. L add. quidem. ',4;i
401^99
97, l
97. F R A G E
ÜBER DEN ZUSTAND DES ERSTEN MENSCHEN, WAS DIE ERHALTUNG DES EINZELWESENS ANGEHT Hierauf ist der körperliche Zustand des ersten Menschen zu betrachten. Zunächst bezüglich der Erhaltung des Einzelwesens; dann bezüglich der Erhaltung der Art. Zum ersten ergeben sich vier Einzelfragen: 1. Ob der Mensch im Unschuldsstande unsterblich war. 2. Ob er leidensunfähig war. 3. Ob er der Nahrung bedurfte. 4. Ob der Lebensbaum ihm Unsterblichkeit verlieh. 1. A R T I K E L Ob der Mensch im Unschuldsstande unsterblich war [53] 1. Es scheint, daß der Mensch im Unschuldsstande nicht unsterblich war. Denn ,sterblich' steht in der Begriffsbestimmung des Menschen. Wird aber die Begriffsbestimmung aufgehoben, so fällt auch das durch sie Bestimmte. Wenn er also Mensch war, so konnte er nicht unsterblich sein. 2. „Vergänglich sein und unvergänglich sein unterscheiden sich der Gattung nach" (Aristoteles). Was sich aber der Gattung nach unterscheidet, kann nicht ineinander Q U A E S T I O XCVII DE H I S Q U A E P E R T I N E N T A D S T A T U M P R I M I H O M I N I S Q U A N T U M A D I N D I V I D U I CONSERVATIONEM D e i n d e c o n s i d e r a n d u m est de his q u a e p e r t i n e n t ad statum p r i m i h o m i n i s s e c u n d u m corpus. Et primo, q u a n t u m ad conserv a t i o n e m i n d i v i d u i ; s e c u n d o , q u a n t u m ad c o n s e r v a t i o n e m s p e c i e i . Circa p r i n i u m q u a e r u n t u r q u a t u o r : 1. U t r u m h o m o i n statu i n n o c e n t i a e esset i m m o r t a l i s . — 2. U t r u m esset impassibili^. — 3. U t r u m i n d i g e r e t cibis. — 4. U t r u m p e r l i g n u m vitae immortalitatem c o n s e q u e r e t u r .
Utrum
homo
A R T I C U L U S I in s t a t u i n n o c e n t i a e
immortalis
esset
[I 7G, u ad 1; 2 Seilt, d. 19, a. 2. 4; 4 Sent. d. 44, q. 3, a. 1, qua 2; De verit 24, 9; De malo 5, 5; Compend. Theol. 152; ad Rom. e. 5, lect. 3] A D P R 1 M U M sic proceditur. V i d e t u r q u o d h o m o in statu inn o c e n t i a e n o n erat i m m o r t a l i s . Mortale e n i m p o n i t u r in d e f ì n i t i o n e h o m i n i s . S e d r e m o t a d e f i n i t i o n e , a u f e r t u r definitimi. Ergo si h o m o erat, n o n poterat e s s e immortalis. 2. P R A E T É R E A , „ c o r r u p t i b l e et i n c o r r u p t i b i l e g e n e r e diffe1068 b28sq. runt", ut dicitur in 10 Metaph. [lib. 9, cap. 101. S e d e o r u m q u a e
132
übergehen. Wenn der erste Mensch also unvergänglich 97,1 war, dann könnte der Mensch im jetzigen Zustande nicht vergänglich sein. 3. Wenn der Mensch im Urstande unsterblich war, so hatte er dies entweder von Natur oder durch Gnade. Er hatte es aber nicht von Natur; denn da die Natur der Art nach die gleiche bleibt, so wäre er auch jetzt unsterblich. Er hatte es aber auch nicht durch Gnade; weil der erste Mensch die Gnade durch die Buße wiedererlangte, nach Weish 10, 2: „Er hat ihn aus seinem Fall errettet". Er hätte also die Unsterblichkeit wiedererlangt, was offenbar falsch ist. Der Mensch war also im Unschuldsstande nicht unsterblich. 4. Die Unsterblichkeit wird dem Menschen als Lohn verheißen, nach Offb 21, 4: „Der Tod wird nicht mehr sein". Der Mensch ist aber nicht im Zustand der Belohnung erschaffen worden, sondern er sollte sich den Lohn verdienen. Also war der Mensch im Urstande nicht unsterblich. ANDERSEITS heißt es Rom 5, 12: „Durch die Sünde ist der Tod in die Welt gekommen." Also war der Mensch vor dem Sündenfall unsterblich. ANTWORT: Man kann etwas in dreifachem Sinne unsterblich nennen. Erstens von Seiten des Stoffes, darum nämlich, weil es entweder keinen Stoff hat wie der Engel, oder weil es einen Stoff hat, der die Anlage auf nur eine Q U A E S T I 0 97, l difierunt genere, non est transmutatio in invicem. Si ergo primusliomo incorruptibilis, non posset homo in statu isto esse corruplibilis. 3. PRAETEREA, si homo in statu innocentiae fuit immortalis, aut hoc habuit per naturam, aut per gratiam. Sed non per naturam; quia, cum natura eadem maneat secundum speciem, nunc quoque esset immortalis. Similiter nec per gratiam quia primus homo gratiam per poenitentiam recuperavit, secundum illud Sap. 10: „Eduxit illum a delicto suo"; ergo immortalitatem recuperasset; quod patet esse falsum. Non ergo homo erat immortalis in statu innocentiae. 4. PRAETEREA, immortalitas promittitur homini in praemium; secundum illud Apoc. 21: „Mors ultra non erit." Sed homo non fuit conditus in statu praemii, sed ut praemium mereretur. Ergo homo in statu innocentiae non fuit immortalis. SED CONTRA est quod dicitur ad Rom. 5, quod „per peccatum intravit mors in mundum". Ergo ante peccatum homo erat immortalis. RESPONDEO dicendum quod aliquid potest dici incorruptibile tripliciter. Uno modo, ex parte materiae; eo scilicet quod vel non habet materiam, sicut angelus; vel habet materiam quae non
133
97, i Form hin besitzt wie der Himmelskörper. Solches heißt der Natur nach unvergänglich. — Zweitens nennt man etwas von der Form her unvergänglich, sofern nämlich einem naturhaft vergänglichen Wesen eine Beschaffenheit innehattet, die seinen Verfall vollständig aufhält. Ein solches Wesen nennt man unvergänglich auf Grund der Herrlichkeit, denn, wie Augustinus sagt: „Gott machte die Seele zu solch machtvoller Natur, daß aus ihrer Seligkeit die Fülle der leiblichen Gesundheit und die Kraft der Unvergänglichkeit auf den Körper überströmte." — Drittens nennt man etwas von der Wirkursache her unvergänglich. In dieser Weise wäre der Mensch im Unschuldszustande unvergänglich und unsterblich gewesen, denn Augustinus sagt: „Gott schuf den Menschen so, daß er, solange er nicht sündigte, die Kraft der Unsterblichkeit besaß, damit er selbst verantwortlich sei für Leben und Tod". Denn sein Leib war nicht durch eine in ihm selbst ruhende Unsterblichkeitskraft unauflöslich, sondern es war in der Seele eine von Gott eingesenkte übernatürliche Kraft, mittels deren sie den Körper vor jeglichem Verfall bewahren konnte, solange die Seele Gott unterworfen blieb. Weil nämlich die Vernunftseele die Verhältnisse des körperlichen Stoffes überragt (76, 1: Bd. 6), war es angemessen, daß ihr im Anfang eine Kraft mitgegeben wurde, durch die sie den Leib über die Natur des körperlichen U U A IC S T I O !)7. L
MPL raEL mii/679
MPL 'CSEJ7 50'45SV
est in potentia nisi ad imatu formain, sicul corpus caeleste. Et hoc dicitur s e c u n d u i n naturam incorruptibile. — Alio m o d o dicitur aliquid incorruptibile e x parte f o r n i a e ; quia scilicet rei corruptibili p e r naturam, i n h a e r e t aliqua dispositio, p e r q u a m totaliter a corruptione prohibetur. Et hoc dicitur incorruptibile s e c u n d u m gloriam, quia, ut dicit A u g u s t i n u s in Epistola ad Dio s c o r u m ca tePP - 3 ] , „tarn potenti natura D e u s fecit anim a m , ut e x e i u s b e a t i t u d i n e r e d u n d e t in corpus p l e n i t u d o sani80 tatis, e t incorruptionis vigor". — Tertio m o d o dicitur aliquid incorruptibile e x parte c a u s a e efficientis. Et hoc m o d o honio in statu i n n o c e n t i a e fuisset incorruptibijis et immortalis. Quia, ut A u g u s t i n u s dicit in lib. d e Quaest. Novi et Vet. Testam. [q. 1 9 ] , " D e u s h o m i n e m fecit, qui q u a m d i u n o n peccaret, immortalitate vi g e r e t , ut ipse sibi auctor esset aut ad vitam aut ad mortem". Non eniin corpus e j u s erat i n d i s s o l u b i l e per aliquam immortalitatis v i g o r e m in eo e x i s t e n t e m ; s e d inerat a n i m a e vis q u a e d a m s u p e r n a t u r a l i t e r divinitus data, p e r q u a m poterat corpus a b omni c o r r u p t i o n e p r a e s e r v a r e , q u a m d i u ipsa D e o subjecta inansisset. Quod rationabiliter factum est. Quia e n i m a n i m a rationalis e x cedit p r o p o r t i o n e m corporalis materiae, ut s u p r a dictum ist; con-
].. idol. 134
Stoffes hinaus erhalten könnte. Und so war es Vernunft- 97.2 gemäß eingerichtet. Z u 1 und 2. Jene Gründe gehen von dem aus, was von Natur aus unvergänglich und unsterblich ist. Z u 3. J e n e Kraft, den Leib vor Verfall zu bewahren, war der Seele nicht naturhaft zu eigen, sondern eine Gnadengabe [54]. Und obgleich er [der Mensch ] die Gnade zur Nachlassung der Schuld und zum Verdienst der Seligkeit wiedererhielt, so erhielt er sie doch nicht, um die verlorene Unsterblichkeit wiederzugewinnen. Denn das war Christus vorbehalten, durch den der Mangel der Natur zum Besseren gewandelt werden sollte, wie unten gesagt werden wird (III 14, 4 Zu 1: Bd. 25). Z u 4. Die Unsterblichkeit der Herrlichkeit, die als Lohn verheißen wird, ist verschieden von der Unsterblichkeit, die dem ersten Menschen im Unschuldszustande verliehen war [55]. 2. A R T I K E L Ob der Mensch im Unschuldsstande gewesen ist
leidempfindlich
1. „Empfinden ist ein gewisses Erleiden" (Aristoteles). Der Mensch war aber im Unschuldsstande empfindungsfähig. Also war er leidempfindlich. Q U A E S T I 0 97, 2
veniens fuit ut in principio ei virtus daretur, per tjunin corpus conservare posset supra naturam corporalis inateriae. A D PRIMUM ergo et SECUNDUM dicendum quod rationes illae procedunt de incorruptibili et ininiortali per naturam. A D TERTIUM dicendum, quod vis itla praeservandi corpus a corruptione, non erat a n i m a e huinanae naturalis, sed per do11 um gratiae. Et quamvis gratiam recuperaverit ad remissionem culpae et meritum gloriae, non tarnen ad amissae immortalitatis effectum. Hoc enim reservabatur Christo, per quem naturae defectus in melius reparandus erat, ut infra dicetur. AD QUARTUM dicendum quod differt innnortalitas gloriae, quae proinittitur in praemium, ab immortalitate quae fuit homini collata in statu innocentiae. A R T I C U L U S 11 U t r u 111 h 0 111 0 i n s t a t u i n n o c e n t i a e p ass ibi1is [2 Seilt, d. 19. a. 3; 4 S e n t . d . 44, q. 2, a .
i 11 i s s e I
I, qa 4, a d 1]
AD SECUNDUM sie proceditur. Videtur quod homo in statu innocentiae fuisset passibilis. „Sentire" enim „est pati quoddam" [Arist., 2 de An., cap. 11]. Sed homo in statu innocentiae fuisset 423b 31 sq. sensibilis. Ergo fuisset passibilis.
135
07, 2
2. Der Schlaf ist ein gewisses Erleiden. Der Mensch im Unschuldsstande hätte aber geschlafen nach Gn 2, 21: „Gott sandte einen Schlaf über Adam". Also wäre er leidempfindlich gewesen. 3. An derselben Stelle wird hinzugefügt: „ . . . u n d Er nahm eine von seinen Rippen". Also wäre er auch leidempfindlich gewesen mit Rücksicht auf das Abtrennen eines [Körper-] Teiles. 4. Der Leib des Menschen war weich. Das Weiche ist aber von Natur aus empfänglich für Einwirkungen des Harten. Wenn also der Leib des ersten Menschen auf einen harten Körper gestoßen wäre, so hätte er durch ihn gelitten. Also war der erste Mensch leidempfindlich. ANDERSEITS wäre er vergänglich gewesen, wenn er leidempfindlich gewesen wäre, denn „ein (immerfort) gesteigertes Erleiden löst das Wesen auf" (Aristoteles). ANTWORT: „Erleiden" wird in einem zweifachen Sinne genommen. Einmal im eigentlichen Sinne. So sagt man, das erleide, was aus seiner natürlichen Verfassung herausgeworfen wird. Denn Erleiden ist die Wirkung einer Tätigkeit. In den Naturdingen beeinflußt aber Gegensätzliches einander wirkend und empfangend, indem das eine das andere aus seiner naturgegebenen Verfassung entfernt. — Zweitens nennt man „Erleiden" allgemein jedwede Veränderung, wenngleich sie zur Vervollkommnung Q U A E £ T 1 O 97, 2
2. PRAETEREA, soninas passio quaedarn est. Sed homo in statu innocentiae dormivisset; secundum illud Gen. '2: „Imniisit Deus soporem in Adam." Ergo fuisset passibilis. 3. PRAETEREA, ibidem subditur quod „tulit unam de costis ejus". Ergo fuisset passibilis etiam per abscissionem partis. 4. PRAETEREA, corpus hominis molle fuit. Sed molle naturaliter passivum est a duro. Ergo si corpori primi hominis obvium fuisset aliquod corpus durum, ab eo passum fuisset. Et sie primus homo fuit passibilis. SED CONTRA est quia, si fuisset passibilis, fuisset 8 1 cor145a4 ruptibiiis; quia „passio, magis facta, abjicit a substantia" [Arist. 6 Top., cap. 6 ] . RESPONDEO dicendum quod passio dupliciter dicitur. Uno modo proprie; et sie pati dicitur quod a sua naturali dispositione removetur. Passio enim est effectus actionis; in rebus autem naturalibus contraria agunt et patiuntur ad invicem, quorum unum removet alteruin a sua naturali dispositione. — Alio modo, dicitur passio communiter, secundum quameumque mutationem, etiamsi pertineat ad perfectionem naturae; sicut 01
136
L : i u i t passibilis, fuit e t i a m .
der Natür gehört, wie man E r k e n n e n und Empfinden ein 97, 2 „Erleiden" nennt (Aristoteles). In dieser zweiten Weise war der Mensch im Urzustände leidempfindlich und „litt" sowohl der Seele als auch dem Leibe nach. Gemäß der ersten Auffassung von Erleiden war er sowohl der Seele als auch dem Leibe nach leidensunfähig, wie er auch unsterblich war. Er konnte nämlich das Leiden von sich fernhalten, wie er auch den Tod von sich fernhalten konnte, wenn er ohne Sünde geblieben wäre. Z u 1 und 2. Empfinden und Schlafen entfernen den Menschen nicht aus seiner natürlichen Verfassung, sondern sind auf das Gut der Natur hingeordnet. Z u 3. Wie oben (92, 3 Zu 2) gesagt wurde, w a r j e n e Rippe in Adam, insofern er der U r s p r u n g des Menschengeschlechtes w a r ; ähnlich wie der Same im Manne ist, weil er U r s p r u n g durch Zeugung ist. Wie also das Ausscheiden des Samens ohne solches Erleiden vor sich geht, das den Menschen aus seiner natürlichen Verfassung entfernt, so verhält es sich auch mit der Trennung jener Rippe. Z u 4. Der Leib des Menschen konnte im Unschuldsstande vor jeder Verletzung durch etwas Hartes bewahrt werden, und zwar teils durch die eigene Vernunft, vermöge deren er Schädlichem aus dem Wege zu gehen vermochte, teils vermöge der göttlichen Vorsehung, die ihn Q U A E S T t O 97, 2
intelligere vel sentire dicitur „pati quoddain" [Arist. 3 de An., 429a i»sq. cap. 4 ] . Hoc igitur secundo modo, homo in statu innocentiae passibilis erat, et patiebatur, et secundum animam et secundum corpus. Primo autem modo dicta passione, erat impassibilis et secundum animam et secundum corpus, sicut et immortalis; poterat enim passionem prohibere, sicut et mortem, si absque peccato perstitisset. Et per hoc patet responsio ad duo prima. Nam sentire et dormire non removent hominem a naturali dispositione, sed ad bonum naturae ordinantur. AD TERTIUM dicendum quod, sicut supra dictum est, costa illa fuit in Adam, inquantum erat principium humani generis; sicut semen in homine, inquantum est principium per generationem. Sicut igitur decisio seminis non est cum passione quae removeat hominem a naturali dispositione, ita etiam est dicendum de separatione illius costae. AD QUARTUM dicendum quod corpus hominis in statu innocentiae poterat praeservari ne pateretur laesionem ab aliquo duro, partim quidem per propriam rationem, per quam poterat nociva vitare; partim etiam per divinam providentiam,
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97,3 derart beschützte, daß ihn nichts Unvorhergesehenes traf, das ihn verletzt hätte. 3. A R T I K E L
Ob der Mensch im Unschuldsstande bedürftig war
der Nahrung
1. Die Speise ist dem Menschen notwendig zur Ergänzung dessen, was verlorengeht. Im Körper Adams aber fand, wie es scheint, kein Verlust statt, da er ja unvergänglich war. Also bedurfte er der Speise nicht. 2. Die Speise ist dem Menschen zur Ernährung notwendig. Ernährung ist aber nicht ohne Erleiden. Da also der menschliche Leib nicht leidempfindlich war, scheint es, daß er der Speise nicht bedurfte. 3. Man sagt, die Speise sei für uns zur Erhaltung des Lebens notwendig. Adam aber konnte sein Leben auf andere Weise erhalten; denn wenn er nicht sündigte, würde er nicht sterben. Speise hatte er also nicht notwendig. 4. Auf das Essen von Speise erfolgt das Ausscheiden des Überflüssigen; das hat etwas Peinliches an sich, was der Würde des Urstandes nicht angemessen ist. Es scheint also, als habe der Mensch im Urstande keine Speise zu sich genommen. Q U A K « T I 0 97, 3
quae sie ipsum tuebatur, ut nihil ei oecurreret ex improviso, a quo laederetur. ARTICULUS III U t r u ni h o m o i n s t a t u i n n o c e n t i a e c ibis
indigebat
[2 Sunt. d. 19, a. 2, ad 2. 3; 4 C. G. 83; De. m a l o 5, 5 ad 8; Compend. T h e o l . 156]
AD TERTIUMI sie proceditur. Videtur quod homo in statu innocentiae non indigebat ci-bis. Cibus enim necessarius est homini ad restaurationem deperditi. Sed in corpore Adae 82 nulJa fiebat deperditio; quia incorruptibile erat. Ergo non erat ei cibus necessarius. 2. PRAETEREA, cibus est necessarius ad nutriendum. Sed nutritio non est sine passione. Cum ergo corpus hominis esset impassibile, non erat ei cibus necessarius, ut videtur. 3. PRAETEREA, cibus dicitur esse nobis necessarius ad vitae conservationem. Sed Adam aliter vitam poterat conservare; quia si non peccaret, non moreretur. Ergo cibus non erat ei necessarius. 4. PRAETEREA, ad sumptionem eibi sequitur emissio superfluitatem, quae habent quandam turpitudinem non convenientem dignitati primi status. Ergo videtur quod homo in primo statu eibis non uteretur. 82 f. artd: ut videtur.
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ANDERSEITS heißt es Gn 2, 16: „Von allen Bäumen 97,3 des Paradieses sollt ihr essen." ANTWORT: Der Mensch führte im Unschuldsstande ein leibliches Leben, das der Speise bedürftig war; nach der Auferstehung wird er ein geistiges Leben führen, das der Speise nicht bedarf. Zum Verständnis dessen ist zu beachten, daß die Vernunftseele sowohl Seele als auch Geist ist. Man nennt sie aber Seele gemäß dem, was sie mit andern Sinnenwesen gemein hat, nämlich Lebensgrund des Körpers zu sein. Darum heißt es Gn 2, 7: „Der Mensch wurde zu einer belebenden Seele", das heißt zu einer, die dem Körper Leben gibt. Geist wird sie genannt auf Grund dessen, was ihr und nicht den anderen Sinnenwesen eigentümlich ist, daß sie nämlich eine unstoffliche Erkenntniskraft besitzt. Im Urstande teilte die Vernunftseele also dem Leibe das mit, was ihr als Seele zukommt; darum wurde jener Körper ein beseelter Körper genannt (1 Kor 15, 44 ff.), insofern er das Leben von der Seele hatte. Der erste Lebensgrund in jener niedern Ordnung ist aber die pflanzliche Seele (Aristoteles), deren Tätigkeiten Ernähren, Zeugen und Wachsen sind; darum kamen diese Betätigungen dem Menschen im Urstande zu. — Im Vollendungszustand nach der Auferstehung wird die Seele dem Leibe in gewissem Sinne das mitteilen, was ihr als Geist eigentümlich ist: Die Unsterblichkeit [56 ] allen, die Leidensunfähigkeit aber Q U A E S T I O 97, 3 SED CONTRA est quod dicitur Gen. 2: „De omni ligno quod est in paradiso comedetis." RESPONDEO dicendum quod homo in statu innocentiae habuit vitam animalem cibis indigentem; post resurrectionem vero habebit vitam spiritualem cibis non indigentem. Ad cujus evidentiam, considerandum est quod anima rationalis et anima est et spiritus. Dicitur autem esse anima secundum illud quod est sibi commune et aliis animabus, quod est vitam corpori dare; unde dicitur Gen. 2: „Factus est homo in animam viventem", id est vitam corpori dantem. Sed spiritus dicitur secundum illud quod est proprium sibi, et non aliis animabus, quod scilicet habeat virtutem intellectivam immaterialem. In primo igitur statu anima rationalis communicabat corpori id quod competit ei inquantum est anima; et ideo corpus illud dicebatur „animale" [cf. 1 Cor. 15], inquantum scilicet habebat vitam ab anima. Primum autem principium vitae in istis inferioribus, ut dicitur in de An. ,[lib. 2, cap. 4; lib. 3, cap. 9], est 4i5a23sqq. anima vegetabilis, cujus opera sunt alimento uti et generare 4 3 2 b 9 s | w et augeri. Et ideo haec opera homini in primo statu competebant. — In ultimo vero statu post resurrectionem, anima communicabit quodammodo corpori ea quae sunt sibi propria inquantum est spiritus: immortalitatem quidem, quantum ad omnes; impassi-
10*
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97, 3 und die Seligkeit und die Kraft den Guten, deren Leiber „geistig" genannt werden (1 Kor 15, 44). Darum werden die Menschen nach der Auferstehung der Speise nicht mehr bedürfen. Im Unschuldsstande aber bedurften sie ihrer. Zu 1. Augustinus sagt: „Wie sollte er einen unsterblichen Leib haben, der durch Speise erhalten wurde? Was unsterblich ist, bedarf weder der Speise noch des Trankes." Es wurde nämlich oben gesagt, daß die Unsterblichkeit des Urstandes auf einer in der Seele sich befindlichen übernatürlichen Kraft beruhte, nicht aber in einer dem Körper innehaftenden Beschaffenheit. Darum konnte durch die Wirkung der Wärme etwas von der Feuchtigkeit jenes Körpers verlorengehen; damit er aber nicht gänzlich aufgezehrt würde, mußte der Mensch sich durch Nahrungsaufnahme sichern. Z u 2. In der Ernährung geht ein gewisses Erleiden und eine Veränderung vor sich, nämlich in der Speise, die in die Substanz dessen verwandelt wird, was ernährt wird. Man kann hieraus also nicht ableiten, der Leib des Menschen sei leidempfindlich gewesen, sondern nur, daß die aufgenommene Speise dem Erleiden ausgesetzt war, wenngleich auch ein solches Erleiden auf die Vervollkommnung der Natur hingeordnet ist. Z u 3. Nähme der Mensch keine Speise zu sich, so würde Q U A E S T I 0 97, 3
bilitatem vero et gloriam et virtutem, quantum ad bonos, quoruin corpora „spiritualia" [cf. 1 Cor. 15] dicentur. Unde post resurrectionem homines cibis non indigebunt; sed in statu innocentiae eis indigebant. mpl AD PRIMUM ergo dicendum quod, sicut dicit Augustinus :!5 2 2 c s f l i n ] i b ' d e Q u a e s t - V e t - e t N o v - T e s t - [t- 1 9 ] : „Quomodo immorta e 50/48 ' corpus habebat, quod cibo sustentabatur? immortalis 8 3 enim non eget esca neque potu." Dictum est enim supra quod immortalitas primi status erat secundum villi quandam supernaturalem in anima residentem, non autem secundum aliquam dispositionem corpori inhaerentem. Unde per actionem caloris aliquid de humido illius corporis poterat deperdi; et ne totaliter consumeretur, necesse erat per assumptionem cibi homini subveniri. AD SECUNDUM dicendum quod in nutritione est quaedam pässio et alteratio, scilicet ex parte alimenti, quod convertitur in substantiam ejus quod alitur. Unde ex hoc non potest concludi quod corpus hominis fuerit passibili, sed quod cibus assumptus erat passibilis. Quamvis etiain talis passio esset ad perfectionem naturae. A D TERTI'UM dicendum quod, si homo sibi non subveniret 8» P et L: immortale.
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er sündigen, wie er (tatsächlich) sündigte, indem er die 97,4 verbotene Speise nahm. Denn es wurde ihm zugleich das Gebot gegeben, sich der Frucht vom Baume der Erkenntnis des Guten und des Bösen zu enthalten und von allen anderen Bäumen des Paradieses zu essen. Z u 4. Einige behaupten, der Mensch habe im Unschuldsstande nur das an Speise zu sich genommen, was ihm notwendig war. Darum hätte es dort keine Ausscheidung des Überflüssigen gegeben. — Aber diese Annahme, es habe in der aufgenommenen Speise keine Abfallstoffe gegeben, die zur Umbildung in menschliche Nahrung ungeeignet waren, scheint widersinnig zu sein. Diese Abfallstoffe mußten also ausgeschieden werden. Es wäre aber von Seiten Gottes vorgesorgt worden, daß darin nichts Ungeziemendes lag. 4. A R T I K E L Ob der Mensch im Unschuldsstande vom Lebensbaume die Unsterblichkeit erlangt hätte 1. Nichts kann über seine Art hinaus wirken; denn die Wirkung überragt die Ursache nicht. Die Frucht vom Lebensbaum war aber vergänglich; sonst hätte sie nicht zur Nahrung dienen können, weil ja die Nahrung in die Substanz des Ernährten übergeht (Art. 3 Zu 2). Also konnte Q U A E S T I O 97, 4
de cibo, peccaret; sicut peixavit suinendo vetituni «*ibum. Siiiiul eniin sibi praeceptum fuit [Gen. 2] ut a ligno scientiae boni el mali abstineret, et ut de omni alio ligno paradisi veseeretur. A'D QUARTUM dicendum quod quidam dicunt quod homo in statu innocentiae non assumpsisset de cibo nisi quantuin fuisset ei necessarium; unde non fuisset ibi superfluitatem emissio. — Sed hoc irrationabile videtur, quod in cibo assuinpto non esset aliqua faeculentia, quae non esset apta ut converteretur in hominis nutrimentuin. Unde oportebat superfluitates emitti. Tarnen fuisset divinitus provisum ut nulla ex hoc indecentia esset. A R T I C U L U S IV LI t r u in h o in o i n s t a t u i n n o c e n t i a e p e r I i g n u m v i t a e i ni m o r t a 1 i t a t e in c o n s e c u t u s f u i s s e t [2 Sont. d. 19, a. 4; ad 5; Do malo 5, 5 a d 8. 9]
AD QUARTUM sie proceditur. Videtur quod lignuin vitae non poterat esse causa immortalitatis. Nihil enim potest agere ultra suam speciem; effectus enim non excedit causam. Sed lignum vitae erat corruptibile; alioquin non potuisset in nutrimentum assumi, quia alimentum convertitur in substantiain nutriti,
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07.4 der Lebensbaum keine Ulivergänglichkeit oder Unsterblichkeit verleihen. 2. Die Wirkungen, welche von den Nährstoffen der Pflanzen und anderer Naturdinge ausgehen, sind natürlich. Wenn also der Lebensbaum die Unsterblichkeit verursacht hätte, so wäre jene Unsterblichkeit natürlich. 3. Das scheint auf die Fabeln der Alten hinauszukommen, die behaupteten, die Götter, welche von gewissen Speisen nahmen, hätten die Unsterblichkeit erlangt, worüber der Philosoph sich lustig macht. ANDERSEITS heißt es Gn 3, 23: „Damit er nur nicht noch seine Hand ausstreckt und auch vom Baume des Lebens nimmt und ißt und ewig lebt." ANTWORT: Der Lebensbaum verursachte in gewisser Weise die Unsterblichkeit, aber nicht schlechthin. Zum Verständnis dessen ist zu beachten, daß der Mensch im Urstande zur Erhaltung des Lebens zwei Mittel gegen zwei Mängel besaß. Der erste Mangel ist der durch die Wirkung der natürlichen Wärme erfolgte Verlust an Feuchtigkeit, die ein Werkzeug der Seele ist. Diesem Mangel wurde durch den Genuß von den anderen Paradiesesbäumen abgeholfen, wie uns auch jetzt durch die Speise geholfen wird, die wir zu uns nehmen. Der zweite Mangel besteht darin, daß nach den WorQ
1000a 12sq., 17sq. MPI, ^csel 50/46
U A K
S T
I O
97. 4
ut dictum est. Ergo lignum vitae incorniptibilitatem seu inimortalitatem conferre non poterat. 2. PRAETEREA, effectus qui causantur a virtutibus p l a n t a n m i et aliarum naturalium r e r u m , sunt naturales. Si ergo lignum vitae immortalitatem causasset, fuisset illa imniortalitas naturalis. 3. PRAETEREA, hoc videtur redire in fabulas antiquoruni, qui dixerunt quod dii, qui commedebant de quodatn cibo, facti sunt immortales; quos irridet Philosophus in 3 Metaph. [lib. 2, cap. 4 ] . SED CONTRA est quod dicitur Gen. 3: „Ne forte mittat manum suam et suinat de ligno vitae, et coniedat, et vivat in a e t e r n u m . " PRAETEREA, Augustinus, in lib. de Quaest. Vet. et Nov. r es * '' dicit: „Gustus arboris vitae corruptionem corporis inhibebat; denique etiani post peccatum potuit insolubili« inanere, si permissuni esset iIii edere de a r b o r e vitae". RESPONDEO dicenduni quod lignum vitae quodammodo immortalitatem causabat, non autem simpliciter. Ad cujus evidentiam consideranduni est quod duo reniedia ad conservationem vitae habebat homo in prinio statu, contra duos defectus. Primus enim defectus est deperditio humidi p e r actionem caloris naturalis, qui est a n i m a e instrumentum. Et contra hunc defectum subveniebatur homini p e r esum aliorum lignorum paradisi, sicut et nunc subvenitur nobis p e r cibos quos sumimus. Secundus autem defectus est quia, ut Philosophus dicit 1 de
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teil des Philosophen dasjenige, was aus Fremdem eilt- 97,4 steht, wenn es einem vorliegenden Feuchten beigemischt wird, die Wirkkraft der Art mindert, wie Wasser, das man dem Wein beimischt, zunächst zwar in den Weingeschmack übergeht; aber wenn man mehr und mehr hinzufügt, vermindert es die Kraft des Weines und schließlich wird der Wein wässerig. W i r machen also die Feststellung, daß anfänglich die K r a f t der Art so stark ist, daß sie von der Speise nicht nur soviel umwandeln kann, als eben zur Wiederherstellung des Verlorenen hinreicht, sondern auch genügend zum Wachstum. Was aber später aufgenommen wird, genügt nicht mehr zum Wachstum, sondern nur zur Wiederherstellung des Verlorenen. Schließlich, im Alter, reicht es auch dazu nicht mehr hin. Es erfolgt also der Verfall und endlich die natürliche Auflösung des Körpers. — Gegen diesen Mangel wurde dem Menschen durch den Lebensbaum geholfen. Denn dieser besaß die Kraft, die Kraft der Art gegen die aus der Beimischung von fremden Stoffen erfolgende Schwächung zu stärken. Darum sagt Augustinus: „Da gab es Speise, damit ihn nicht hungere, und Trank, damit ihn nicht dürste, und einen Baum des Lebens, damit ihn das Alter nicht aufreibe", und (an anderer Stelle): „ D e r Lebensbaum hielt nach Art eines Heilmittels den Verfall der Menschen auf" [57]. Q V A K S T I O 97. i Generat. [cap. 5 ] , Iilud quod generatili' ex aliquo uxtraneo, adjunctum ei quod prius erat humido praeexistenti, imniinuit virtutem activam speciei; sicut aqua adjuncta vino, primo quidem convertitur in saporem v i n i , s e d secundum quod magis et minus 8 4 additur, diminuii vini fortitudinem, et tandem vinum flt aquosum. Sic igitur videmus quod in principio virtus activa speciei est adeo fortis, quod potest convertere de alimento non solum quod sufficit ad restaurationem deperditi, sed etiam quod sufficit ad augmentum. Postmodum vero quod aggeneratur non sufficit ad augmentum, sed solum ad restaurationem deperditi. Tandem vero, in statu senectutis, nec ad hoc sufficit; unde sequitur decrementum, et finaliter 85 dissolutio corporis. — Et contra hunc defectum subveniebatur homini per lignum vitae; habebat enim virtutem fortificandi virtutem speciei contra debilitatem provenientem ex admixtione extranei. Unde Augustinus dieit in 14 de Civ. Dei [cap. 26], quod „cibus aderat homini ne esuriret, potus ne sitiret, et lignum vitae ne senectus eum dissolverei". Et in lib. de Quaest. Vet. et Nov. Test. [q. 19], dicit quod „vitae arbor medicinae modo corruptionem omnem 86 prohibebat". 84 L: magis. ^ I. add. naturalis. t"1 T et L: hominum.
322 a 3t; cf. Com.s. Th
lecl17
mpi. J.^4!*4 4 0 I I 5a mpl c|'M?7 50/46
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4
Doch verursachte er die Unsterblichkeit nicht schlechthin, denn weder war der Lebensbaum Ursache der der Seele innewohnenden, der Erhaltung des Körpers dienenden Kraft, noch vermochte er dem Körper eine derartige Unsterblichkeitsbeschaffenheit zu verleihen, daß er niemals der Auflösung hätte verfallen können. Dies erhellt daraus, daß die Kraft jedes Körpers begrenzt ist. Daher konnte die Kraft des Lebensbaumes nicht soweit reichen, daß sie dem Leibe die Kraft verlieh, auf unbestimmte Zeit zu bestehen, sondern nur für begrenzte Zeit. Denn es ist offenbar, daß eine Kraft um so dauerhaftere Wirkungen einprägt, je größer sie ist. Da nun die Kraft des Lebensbaumes begrenzt war, bewahrte sie nach einmaligem Genuß auf eine bestimmte Zeit vor Verfall. Nach Ablauf dieser Zeit wäre der Mensch entweder in das Leben der Verklärung übergegangen oder er hätte wieder vom Lebensbaume nehmen müssen. Damit ist die Antwort auf die Einwände gegeben. Denn die ersten Einwände schließen darauf, daß er nicht Ursache der UnVergänglichkeit schlechthin war; die anderen folgern, er sei Ursache der Unvergänglichkeit gewesen, indem er den Verfall auf die genannte Weise hemmte. Q U A E S T I 0 97, 4 Non tarnen simpliciter immortalitateni causabat. Quia neque virtus quae inerat animae ad conservandum corpus, causabatur ex ligno vitae; neque etiam poterat immortalitatis dispositionell! eorpori praestare, ut nunquain dissolvi posset. Quod ex hoc patet, quia virtus cujuscumque corporis est finita. Unde non poterat virtus ligni vitae ad hoc se extendere ut daret eorpori virtutem durandi tempore infinito, sed usque ad determinatum teinpus. Manifestum est enim quod, quanto aliqua virtus est major, tanto imprimit durabiliorem efiectum. Unde cum virtus ligni vitae esset finita, semel sumptum praeservabat a corruptione usque ad determinatum tempus; quo ünito, vel homo translatus fuisset ad spiritualem vitam, vel indiguisset iterum sumere de ligno vitae. Et per hoc patet responsio ad objecta. Nam primae rationes concludunt quod non causabat incorruptibilitatem simpliciter. Aliae vero concludunt quod causabat incorruptibilitatem impediendo corruptionem, secundum modum praedictum.
144
98.
FRAGE
Ü B E R D I E E R H A L T U N G DER A R T Hierauf ist das zu betrachten, was die Erhaltung der A r t betrifft; und zwar zunächst die Zeugung selbst, zweitens die Befindlichkeit der Nachkommenschaft. Zum ersten ergeben sich z w e i Einzelfragen: 1. Ob im Unschuldsstande Zeugung stattgefunden hatte. 2. Ob die Zeugung durch fleischliche Vereinigung erfolgt wäre. 1. A R T I K E L Ob im Unschuldsstande
Zeugung
/ stattgefunden
hätte
1. „ D e r Zeugung ist der V e r f a l l entgegengesetzt" ( A r i stoteles). W a s aber einander entgegengesetzt ist, bezieht sich auf dasselbe [z. B. schwarz — weiß auf Farbqualitäten, groß — klein auf G r ö ß e ] , Nun hätte es im Unschuldsstande keinen V e r f a l l gegeben. A l s o auch keine Zeugung. 2. Zeugung ist auf die Erhaltung der A r t dessen hingeordnet, was als Einzelwesen nicht erhalten bleiben kann; darum findet in den Einzelwesen, d i e e w i g dauern, keine Zeugung statt. Der Mensch im Unschuldsstande hätte aber e w i g gelebt, ohne j e zu sterben. A l s o hätte es im Unschuldsstande keine Zeugung gegeben.
Q U A E S T I O
XCVIII
DE PERTINENT1BUS A D CONSERVATIONEM SPEC1EI Deinde considerandum est de his quae pertinent ad conservationem speciei. Et prinio, de ipsa generatione; secundo, de conditione prolis genitae. Circa primum quaeruntur duo: 1. Utrum in statu innocentiae fuisset generatio. — 2. Utrum fuisset generatio per coituni.
Utrum
in s t a t u
ARTICULUS I innocentiae fuisset [2 S e n t .
d.
20,
q.
1,
a.
generatio
1]
A D P R I M U M sic proceditur. Videtur quod in statu innocentiae non fuisset generatio. „Generationi" enim „corruptio est cont r a m " , ut dicitur in 5 Phys. [cap. 5 ] , Contraria autem sunt circa 229b I2«q. idem. In statu autem innocentiae non fuisset corruptio. Ergo neque generatio. 2. P R A E T E R E A , generatio ordinatur ad hoc quod conservetur in specie quod secundum individuum conservari non potest; unde in illis individuis quae in perpetuum durant, generatio non invenitur. Sed in statu innocentiae homo in perpetuum absque morte vixisset. Ergo in statu innocentiae generatio non fuisset.
145
08,1
3. Durch Zeuguiig werden die Menschen vermehrt. Bei Vermehrung der Besitzer muß aber, um ein Durcheinander in der Herrschaftsmacht zu meiden, eine Teilung des Besitzes statthaben. Da nun der Mensch als Herr über die Tiere eingesetzt war, hätte bei Vermehrung des Menschengeschlechtes durch Zeugung eine Aufteilung der Herrschaftsmacht erfolgen müssen; das scheint gegen das Naturrecht zu sein, nach welchem alles gemeinsam ist, wie Isidor sagt. Also hätte es im Unschuldsstande keine Zeugung gegeben. ANDERSEITS heißt es Gn 1, 28: „Wachset und mehret euch und erfüllet die Erde." Eine solche Vermehrung hätte aber ohne wiederholte Zeugung nicht stattfinden können, da zu Beginn nur zwei Menschen erschaffen wurden. Also hätte im Urstande Zeugung stattgefunden. ANTWORT: Im Unschuldsstande hätte es eine Zeugung zur Vermehrung des Menschengeschlechtes gegeben; andernfalls wäre die Sünde geradezu notwendig gewesen, um ein solches Gut zu verwirklichen. Es ist also zu beachten, daß der Mensch seiner Natur nach in der Mitte steht zwischen den vergänglichen und unvergänglichen Geschöpfen; denn seine Seele ist naturhaft unvergänglich, sein Leib hingegen naturhaft vergänglich. Man muß aber bedenken, daß die Absicht der Natur in anderer Weise auf die vergänglichen und in anderer Weise auf die unverQ U A E S T I O 98. 1
P R A E T E R E A , per g e n e r a t i o n e m homines multiplicantur. Sed inultiplicatis dominis, necesse est fieri possessionuni divisionein, ad evitandani confusionem dominii. Ergo, cum homo sit institutus dominus animalium, facta multiplicatione humani generis p e r generationem, secuta fuisset divisp dominii. Quod videtur esse contrarium juri naturali, secundum quod omnia sunt mpl eonimunia, ut Isidorus dicit [5 Etymol., cap. 4 ] . Non ergo fuisset 82 109B generatio in statu innocentiae. S E D CONTRA est quod dicitur Gen. 1: „Crescite et multiplicamini, et replete t e r r a m " . Hujusinodi a u t e m multiplicatio absque nova g e n e r a t i o n e fieri non potuisset; cum duo tantum fuerint primitus instituti. E r g o in p r i m o statu generatio fuisset. RESPONDEO dicenduin quod in statu innocentiae fuisset generatio ad multiplicationem humani g e n e r i s : alioquin peccatum hominis fuisset valde necessariuin, e x quo tantum bonum consecutum est. E s t e r g o considerandum quod homo, s e c u n d u m s u a m n a t u r a m , est constitutus quasi m e d i u m quoddam inter c r e a t u r a s corruptibiles et incorruptibiles; n a m a n i m a e j u s est naturaliter incorruptibilis, corpus v e r o naturaliter corruptibile. Eist autem considerandum quod alio modo intentio n a t u r a e f e r t u r ad cor-
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gänglichen Geschöpfe geht. Denn die Absieht der Natur !)8, i scheint an sich auf das zu gehen, was immer und ewig ist; auf das, was nur für eine gewisse Zeit ist, scheint die Absicht der Natur aber nicht hauptsächlich zu gehen, sondern auf dieses geht sie als auf etwas, das auf anderes hingeordnet ist. Andernfalls würde die Absicht der Natur mit dessen Vergehen vereitelt werden. Da also in der Ordnung der vergänglichen Dinge außer der Art nichts ewig und immer bleibend ist, darum geht die Hauptabsicht der Natur auf das Gut der Art, auf deren Erhaltung die natürliche Zeugung hingeordnet ist. Die unvergänglichen Wesenheiten bleiben aber nicht nur der Art nach, sondern auch dem Einzelsein nach immer; und darum geht hier die Hauptabsicht der Natur auch auf die Einzelwesen selbst. Es kommt also vom Körper, der seiner Natur nach vergänglich ist, daß der Mensch zeugt; es kommt aber von der Seele her, welche unvergänglich ist, daß die Absicht der Natur an sich auf die Vermehrung der Einzelwesen, d. h. der Einzelseelen geht, oder richtiger, die Absicht des Urhebers der Natur, der allein der Schöpfer der Menschenseelen ist. Darum setzte Er zur Vermehrung des Menschengeschlechtes auch für den Urständ die Zeugung im Menschengeschlechte ein. Z u 1. Der Leib des Menschen war im Unschuldsstande au sich vergänglich; die Seele konnte ihn aber vor dem Q U A E S T I O 98. i ruptibiles, et i n c o r r u p t i b i l e s c r e a t u r a s . Id e n i m p e r s e videtur esse d e i n t e n t i o n e n a t u r a e , quod est s e m p e r et p e r p e t u u m . Quod a u t e m est s o l u m s e c u n d u m aliquod tenipus, non v i d e t u r e s s e p r i n c i p a l i t e r de i n t e n t i o n e n a t u r a e , s e d quasi ad aliud ordin a t u m ; alioquin, eo c o r r u p t o , n a t u r a e intentio c a s s a r e t u r . Quia igitur in r e b u s c o r r u p t i b i l i b u s nihil est p e r p e t u u m et s e m p e r m a n e n s nisi species, b o n u m s p e c i e i est de p r i n c i p a l i i n t e n t i o n e n a t u r a e , ad c u j u s c o n s e r v a t i o n e m n a t u r a l i s g e n e r a t i o o r d i n a t u r . S u b s t a n t i a e v e r o i n c o r r u p t i b i l e s m a n e n t s e m p e r non s o l u m s e c u n d u m s p e c i e m , sed etiam s e c u n d u m i n d i v i d u a : et ideo etiam ipsa individua sunt d e p r i n c i p a l i i n t e n t i o n e n a t u r a e . Sic igitur homini e x p a r t e c o r p o r i s , quod c o r r u p t i b i l e est sec u n d u m n a t u r a n i s u a m , competit g e n e r a t i o . E x p a r t e v e r o a n i m a e , q u a e i n c o r r u p t i b i l i s est, c o m p e t i t ei quod multitudo individuorum sit p e r s e intenta a n a t u r a , vel potius a n a t u r a e a u c t o r e , qui solus est huinanai'um a n i m a r u m c r e a t o r . Et ideo, a d multip l i c a t i o n e m h u m a n i g e n e r i s , g e n e r a t i o n e m in h u m a n o g e n e r e statuit, e t i a m in s t a t u i n n o c e n t i a e . A D P R I M U M e r g o d i c e n d u m q u o d c o r p u s h o m i n i s in statu i n n o c e n t i a e , q u a n t u m e r a t de se, c o r r u p t i b i l e e r a t , s e d potuit 8" P: autem.
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98,2 Verfall bewahren. Darum durfte dem Menschen die Zeugung, welche vergänglichen Wesen zukommt, nicht vorenthalten werden. Z u 2. Zeugung hätte im Unschuldsstande zwar nicht wegen der Erhaltung der Art, wohl aber wegen der Vermehrung der Einzelwesen stattgefunden. Z u 3. Im jetzigen Zustande muß mit der Vermehrung der Besitzer auch eine Aufteilung des Besitzes stattfinden, weil die Gemeinschaft des Besitzes Anlaß zu Zwietracht ist (Aristoteles). Im Unschuldsstande aber wäre der Wille der Menschen so geordnet gewesen, daß sie ohne jede Gefahr der Zwietracht von allem, was ihrer Herrschaftsmacht unterstand, Gebrauch gemacht hätten, wie es ein jeder bedurfte. Denn das wird ja auch bei uns von vielen guten Menschen so gehalten. 2. A R T I K E L Ob im Unschuldsstande die Zeugung durch Vereinigung erfolgt wäre
fleischliche
1. Johannes von Damaskus sagt: „Der erste Mensch war im irdischen Paradiese wie ein Engel." Im zukünftigen Stande der Auferstehung aber, wenn die Menschen den Engeln ähnlich sind, „werden sie weder heiraten noch geheiratet werden", wie es Matth 22, 30 heißt. Also hätte Q U A E S T I 0 98, 2 praeservari a corruptione per animam. Et ideo non Fuit homini subtrahenda generatio, quae debetur corruptibilibus rebus. AD SECUNDUM dicendum quod generatio in statu innocentiae, etsi non fuisset propter conservationem speciei, fuisset tarnen propter multiplicationem individuorum. AD T E R T I U M dicendum quod in statu isto, multiplicatis dominis necesse est fieri divisionem possessionum, quia communi1263a tas possessionis est occasio discordiae, ut Philosophus dicit in 21 sq. 2 Polit. [cap. 5 ] , Sed in statu innocentiae fuissent voluntates hominuin sie ordinatae, quod absque omni periculo discordiae conimuniter usi fuissent, secundum quod unieuique eorum competeret, rebus quae eorum dominio subdebantur; cum hoc etiani modo apud multos bonos viros observetur. Utrum
in s t a t u
ARTICULUS II innocentiae fuisset per coitum
generatio
[2 S c n t . d . 20, q. 1, a . 2J
AD SECUNDUM sie proceditur. Videtur quod in statu innompg centiae non fuisset generatio per coitum. Quia, ut Damascenus dicit [de Fide Orth., lib. 2, cap. 11], primus homo erat in paradiso terrestri „sicut angelus quidam". Sed in futuro resurrectionis statu, quando erunt homines angelis similes, „neque nubent
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auch im Paradiese keine Zeugung durch fleischliche Ver- 98,2 einigung stattgefunden. 2. Die ersten Menschen sind im ausgereiften Alter erschaffen worden. Wenn unter ihnen also vor der Sünde eine Zeugung durch Geschlechtsverbindung stattgefunden hätte, so hätten sie sich auch im Paradiese fleischlich vereinigt, was nach der Schrift (Gn 4, 1) offenbar falsch ist. 3. In der geschlechtlichen Vereinigung wird der Mensch dem Tiere am meisten ähnlich wegen der Allgewalt der Lust. Darum wird auch die Enthaltsamkeit gepriesen, durch welche der Mensch auf solche Lust verzichtet. Mit den Tieren wird der Mensch aber wegen der Sünde verglichen nach Ps 48( 21: „Und der Mensch, der trotz seiner Herrlichkeit ohne Verstand blieb, wird mit dem unvernünftigen Vieh verglichen und ist ihm ähnlich geworden". Vor der Sünde hätte also keine fleischliche Vereinigung von Mann und Weib stattgefunden. 4. Im Unschuldsstande hätte keine Verletzung stattgefunden. Durch die Geschlechtsverbindung aber wird die jungfräuliche Unversehrtheit verletzt. Im Unschuldsstande hätte es also keine Geschlechtsvereinigung gegeben. ANDERSEITS hat Gott Mann und Weib vor der Sünde geschaffen, wie es Gn 1, 27 u. 2, 22 heißt. In den Werken Gottes gibt es aber nichts Sinnloses. Also würde es auch dann, wenn der Mensch nicht gesündigt hätte, Geschlechtsvereinigung gegeben haben, auf die der Geschlechtsunterschied hingeordnet ist. Q U A E S T I 0
98, 2
neque nubentur", ut dicitur Matth. 22. Ergo neque in paradiso fuisset generatio per coitum. 2. PRAETEREA, primi homines in perfecta aetate conditi fuerunt. Si igitur in eis ante peccatum generatio fuisset per coitum, fuissent etiam in paradiso carnaliter conjuncti. Quod patet esse falsum secundum Scripturam [Gen. 4]. 3. PRAETEREA, in conjunctione carnali maxime efficitur homo similis bestiis, propter vehementiam delectationis. Unde etiam continentia laudatur, per quam homines ab hujusmodi delectationibus abstinent. Sed bestiis homo cornparatur propter peccatum, secundum illud Psalmi 48: „Homo cum in honore esset, non intellexit, comparatus est jumentis insipientibus, et similis factus est illis". Ergo ante peccatum non fuisset maris et feminae carnalis conjunctio. 4. PRAETEREA, in statu innocentiae nulla fuisset corruptio. Sed per coitum corrumpitur integritas virginalis. Ergo coitus in statu innocentiae non fuisset. SED CONTRA est quod Deus ante peccatum masculum et feminam fecit, ut dicitur Gen. 1 et 2. Nihil autem est frustra in operibus Dei. Ergo etiamsi homo non peccasset, fuisset coitus, ad quem distinctio sexuum ordinatur.
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98, 2
A u ß e r d e m h e i ß t es Gn 2, 18, das W e i b sei als Hilfe d e s M a n n e s geschaffen w o r d e n . Dies a b e r zu nichts and e r e m als zur Zeugung, d i e d u r c h Geschlechtsvereinigung geschieht. D e n n zu j e d e m a n d e r e n W e r k e findet d e r Mann e i n e b e s s e r e H i l f e a m M a n n e als a n d e r F r a u . Also h ä t t e auch im U n s c h u l d s s t a n d e Z e u g u n g durch Geschlechtsverbindung stattgefunden. A N T W O R T : E i n i g e von d e n a l t e n L e h r e r n , w e l c h e d a s U n f e i n e d e r Begierlichkeit im Auge hatten, d a s sich im jetzigen Z u s t a n d e in d e r Geschlechtsvereinigung vorfindet, b e h a u p t e t e n , im U n s c h u l d s s t a n d e h a b e k e i n e Zeugung durch Geschlechtsverbindung stattgefunden. Darum s c h r i e b Gregor von Nyssa in e i n e m Buche „ Ü b e r den Menschen", im P a r a d i e s e w ü r d e sich das Menschengeschlecht a n d e r s fortgepflanzt h a b e n , so wie die Engel, o h n e Beischlaf, mittels göttlicher K r a f t ; u n d e r lehrt, Gott h a b e Mann u n d W e i b vor d e m S ü n d e n f a l l e geschaffen mit Rücksicht auf die k ü n f t i g e Z e u g u n g s w e i s e , wie sie nach dem S ü n d e n f a l l e vor sich geht, d e n Gott vorausschaute. Doch d a s ist nicht v e r n ü n f t i g g e s p r o c h e n . D e n n was f ü r d e n Menschen n a t u r h a f t ist, w i r d ihm durch die S ü n d e w e d e r entzogen noch v e r l i e h e n . Offenbar ist a b e r f ü r den Menschen s e i n e m S i n n e n l e b e n nach, das e r ja auch vor d e r S ü n d e b e s a ß (97, 3), Zeugen mittels geschlechtlicher V e r e i n i g u n g e t w a s Natürliches, w i e auch f ü r die ü b r i g e n v o l l k o m m e n e n S i n n e n w e s e n . Darauf weisen die natürQ Ü A E S T I 0 98, 2
PRAETEREA, Gen. 2 dieitur quod mulier est facta in adjutorium viri. Sed non ad aliud nisi ad generationem quae fit per coitum; quia ad quodlibet aliud opus, convenientius adjuvari posset vir per virum quam per feminam. Ergo in statu innocentiae fuisset generatio per coitum. RESPONDEO dicendum quod quidam antiquorum doctorum, considerantes concupiscentiae foeditatem quae invenitur in coitu in isto statu, posuerunt quod in statu innocentiae non fuisset mpg generatio per coitum. Unde Gregorius Nyssenus dicit in lib. 44/189ab quem fecit de homine [de Opificio Hominis, cap. 17], quod in paradiso aliter fuisset multiplicatum genus humanuni, sicut multiplicati sunt angeli, absque concubitu, per operationem divinae virtutis. Et dicit quod Deus ante peccatum fecit masculum et feminam, respiciens ad modum generationis qui futurus erat post peccatum, cujus Deus praescius erat. Sed hoc non dieitur rationabiliter. Ea enim quae 6unt naturalia homini, neque subtrahuntur neque dantur homini per ipeccatum. Manifestum est autem quod homini, secundum animalem vitam, quam etiam ante peccatum habebat, ut supra dictum est, naturale est generare per coitum, sicut et ceteris animalibus perfecta. Et hoc declarant naturalia membra ad hunc usum de-
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liehen für diesen Zweck bestimmten Glieder hin. Man 98,2 darf also nicht sagen, diese natürlichen Glieder seien vor dem Sündenfall nicht gebraucht worden, wie auch die anderen Glieder gebraucht wurden. In der geschlechtlichen Vereinigung ist also im gegenwärtigen Zustande zweierlei zu beachten. Eines, das der Natur zukommt, nämlich die Vereinigung von Mann und Weib zur Zeugung. Denn zu jeder Zeugung ist eine tätige und eine empfangende Kraft erforderlich. Da nun überall, wo ein Geschlechtsunterschied vorliegt, die tätige Kraft im Manne ist, die empfangende dagegen im Weibe, so verlangt es die Naturordnung, daß sich Mann und Weib zur Zeugung in der Geschlechtsverbindung zusammenfinden. — Das zweite, was hier beachtet werden kann, ist eine gewisse Ungestalt der unbeherrschten Begierde; diese hätte es im Unschuldsstande, in dem die niedern Kräfte der Vernunft vollständig unterworfen waren, nicht gegeben. Darum sagt Augustinus: „Wir dürfen nicht wähnen, es hätte nur unter dem Fieber der Lust Nachkommenschaft gezeugt werden können; vielmehr würden sich dazu die Zeugungsglieder auf den Wink des Willens angeschickt haben, wie die übrigen Glieder zu ihren Verrichtungen und ohne den verführerischen Anreiz der Begier, mit voller Ruhe des Geistes und des Leibes." Z u 1. Der Mensch wäre im Paradiese auf Grund seines Geistvermögens wie der Engel gewesen, obgleich er, was den Leib angeht, ein Sinnenleben gehabt hätte. Aber nach Q U A E S T I O 98, 2
putata. Et ideo non est dicendum quod usus horum membrorum naturalium non fuisset ante peccatum, sicut et ceterorum membrorum. Sunt igitur in coitu duo eonsideranda, secundum praesentem statum. Unum quod naturae est, scilicet conjunctio maris et feminae ad generandum. In omni enim generatione requiritur virtus activa et passiva. Unde, cum in omnibus in quibus est distinetio sexuum, virtus activa sit in rnare, virtus vero passiva in femina; naturae ordo exigit ut ad generandum conveniant per coitum mas et femina. — Aliud autem quod considerari potest, est quaedam deformitas immoderatae concupiscentiae. Quae in statu innocentiae non fuisset, quando inferiores vires omnino rationi subdebantur. Unde Augustinus dicit in 14 de Civ. Dei MPL [cap. 26]: „Absit ut suspicemur non potuisse prolem fieri sine libidinis morbo. Sed eo voluntatis nutu moverentur illa membra quo cetera, et sine ardore et illecebroso stimulo, cum tranquillitate animae et corporis." AD PRIMUM ergo dicendum quod homo in paradiso fuisset eicut angelus per spiritualem mentem, cum tarnen haberet vitam animalem quantum ad corpus. Sed post resurrectionem erit
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98,2 der Auferstehung wird der Mensch, wenn er der Seele und dem Leibe nach vergeistigt ist, dem Engel ähnlich sein. Darum ist der Sachverhalt nicht der gleiche. Zu 2. Nach einem Worte Augustins haben sich die Stammeltern im Paradies darum nicht geschlechtlich vereinigt, weil sie nach der Bildung des Weibes schon bald wegen der Sünde aus dem Paradiese vertrieben wurden. Oder weil sie einen göttlichen Auftrag zur Geschlechtsvereinigung für eine bestimmte Zeit erwarteten, woher sie ja auch den allgemeinen Befehl erhalten hatten. Z u 3. Die Tiere haben keine Vernunft. Darum wird der Mensch in der geschlechtlichen Vereinigung insofern tierisch, als er die Lust der geschlechtlichen Vereinigung und die Glut der Begierde mit seiner Vernunft nicht beherrschen kann. Im Unschuldsstande hätte es aber nichts gegeben, worüber die Vernunft nicht geherrscht hätte; nicht darum, weil die sinnliche Lust geringer gewesen wäre, wie einige sagen, denn die Sinnenlust wäre um so größer gewesen, je reiner die Natur und je empfindsamer der Körper war; sondern weil da^ sinnliche Begehrungsvermögen sich nicht in so ungeordneter Weise über die von der Vernunft geleitete Lust erhoben hätte; dazu gehört nicht, daß sich im Sinne eine geringere Lust vorfinde, sondern daß sich das sinnliche Begehrungsvermögen der Lust nicht in unbeherrschter Weise hingebe. Ich sage aber „unbeherrscht" wegen der Richtschnur der Vernunft; so Q U A E S T I O 98, 2 homo similis angelo, spiritualis effectus et secundum animani et secundum corpus. Unde non est similis ratio. MPL AD SECUNDUM dicendum quod, sicut Augustinus dicit, 9 de 34/395sq. Gen. ad litt. [cap. 4], ideo primi parentes in paradiso non 281 272 coierunt, q U ia formata muliere, post modicum, propter peccatum de paradiso ejecti sunt; vel quia expectabatur divina auctoritas ad determinatum tempus commixtionis, a qua acceperunt universale mandatuni. AD TERTIUM dicendum quod bestiae carent ratione. Unde secundum hoc homo in coitu bestialis efficitur, quia delectationem coitus et fervorem concupiscentiae ratione moderari non potest. Sed in statu innocentiae nihil hujusmodi fuisset quod ratione non moderaretur; non quia esset minor delectatio secundum sensum, ut quidam dicunt (fuisset enim tanto major delectatio sensibilis, quanto esset purior natura, et corpus magis sensibile); sed quia vis concupiscibilis non ita inordinate se extulisset 88 super hujusmodi delectatione, regulata per rationem, ad quam non pertinet ut sit minor delectatio in sensu, sed ut vis concupiscibilis non immoderate delectationi inhaereat; et »» I.: l'lluclissot.
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empfindet der Mäßige, der die Speise in bemessenem 98,2 Maße zu sich nimmt, keine geringere Lust als der Gierige, aber sein Begehrungsvermögen ruht weniger in dieser Lust. Und das bedeuten die Worte Augustins (am Schluß der Antwort), die vom Unschuldsstande eine hochgesteigerte Lust nicht ausschließen, sondern nur die Glut der Begierde und die Unruhe des Gemütes. — Darum wäre die Enthaltsamkeit, die im gegenwärtigen Zustande gelobt wird, im Unschuldsstande nicht lobenswert gewesen, nicht zwar wegen des Ausfalls der Fruchtbarkeit, sondern wegen des Fehlens der ungeordneten Begierde. Damals aber hätte es Fruchtbarkeit ohne lüsterne Lust gegeben. Zu 4. Augustinus sagt: In jenem Zustande „hätte sich der Gatte ohne Verletzung der Unversehrtheit in den Schoß der Gattin ergossen. Der männliche Same hätte sich in den Schoß der Gattin ebensogut unbeschadet der leiblichen Unversehrtheit ergießen können, wie jetzt ebenfalls unbeschadet dieser Unversehrtheit aus dem Schöße der Jungfrau der monatliche Fluß sich ergießen kann. Denn wie zum Gebären nicht die Geburtswehen den Mutterschoß geöffnet hätten, sondern der Antrieb der Reife, so würde zur Befruchtung und Empfängnis nicht das Begehren der Lust, sondern frei gewollte Ausübung die beiden Naturen verbunden haben" [58]. Q U A E S T I o 98, 2
dico immoderate, propter 8 9 mensurain rationis. Sicui sobrius in cibo moderate assumpto non minorem habet delectationem quam gulosus; sed minus ejus concupiscibilis super hujusmodi delectatione requiescit. Et hoc sonant verba Augustini, quae a statu innocentiae non excludunt magnitudinem delectationis, sed ardorem libidinis, et inquietudinem animi. — Et ideo continentia in statu innocentiae non fuisset laudabilis, quae in tempore isto laudatur non propter defectum fecunditatis, sed propter remotionem inordinatae libidinis. Tunc autem fuisset fecunditas absque libidine. AD QUARTUM dicendum quod sieut Augustinus dicit, 14 de MPL Civ. Dei [cap. 26], in illo statu „nulla corruptione integritatis pi™* infunderetur gremio maritus uxoris. Ita enim potuit utero con- 401154 jugis, salva integritate feminei genitalis, virile semen immitti, sicut nunc potest, eadem integritate salva, ex utero virginis fluxus menstrui cruoris eniitti. Ut enim ad pariendum non doloris gemitus, sed inaturitatis 90 impulsus feminea viscera relaxaret; sie ad concipiendum non libidinis appetitus, sed voluntarius usus naturam utramque conjungeret". 8« L: praeter. »» P: naturalis.
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99, 1
99. F R A G E
ÜBER DIE K Ö R P E R L I C H E V E R F A S S U N G DES ZU GEBÄRENDEN KINDES Hierauf ist die Verfassung der zu zeugenden Nachkommenschaft zu betrachten, und zwar erstens bezüglich des Körpers, zweitens bezüglich der Gerechtigkeit und drittens bezüglich des Wissens. Zum ersten ergeben sich zwei Teilfragen: 1. Ob im Unschuldsstande neugeborene Kinder die vollkommene Körperkraft gehabt hätten. 2. Ob alle Kinder männlichen Geschlechtes gewesen wären. 1. A R T I K E L Ob die im Unschuldsstande neugeborenen Kinder gehabt hätten kommene Körperkraft
die voll-
1. Es scheint, daß die im Unschuldsstande neugeborenen Kinder die volle Kraft zur Bewegung der Glieder gehabt hätten. Denn Augustinus sagt: „ D e r Schwäche des Geistes entspricht die Schwäche des Körpers", wie sie in den Kindern offensichtlich vorliegt. Im Unschuldsstande hätte es aber Geistesschwäche nicht gegeben. Also hätte es auch keine derartige Körperschwäche in den Kindern gegeben.
Q U A E S T I O
DE
CONDITIONE
XCIX
PROLIS GENERANDAE CORPUS
QUANTUM
AD
D e i n d e c o n s i d e r a n d u m est de c o n d i t i o n e prolis g e n e r a n d a e . Et p r i m o quantum ad corpus; secundo, quantum ad justitiaiii; tertio, quantum ad scientiam. Circa primurn q u a e r u n t u r d u o : 1. U t r u m in statu i n n o c e n t i a e pueri inox g e n i t i habuissent p e r f e c t a m v i r t u t e m c o r p o r a l e m . — 2. U t r u m omnes t'uissent nati in s e x u masculino. A R T I C U t r u m p u e r i in s t a t u virtutem p e r f e c t a m m e ni b
U L U S I i n n o c e n t i a e inox nati habuissent a d in o t u m r o r u m
[2 Sent. d. 20, q. 2. a. 1; De verlt. 18, 8]
A D P R 1 M U M sic p r o c e d i t u r . V i d e t u r quod p u e r i in statu innocentiae, inox nati, v i r t u t e m p e r f e c t a m habuissent ad motuni MPL m e m b r o r u m . Dicit e n i m Augustinus, in l i b r o de Bapt. P a r v u l . •1^150 [ i de Peccat. Merit., cap. 3 8 ] , quod „ i n f i r m i t a t i mentis congruit haec i n f i r m i t a s c o r p o r i s " , q u a e scilicet in p u e r i s a p p a r e t . S e d in statu i n n o c e n t i a e nulla fuisset i n f i r m i t a s mentis. E r g o n e q u e talis i n f i r m i t a s c o r p o r i s fuisset in p a r v u l i s .
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2. Gewisse Tiere haben sofort nach der Geburl die hin- 99,1 reichende Kraft zum Gebrauch der Glieder. Der Mensch ist aber ein edleres Wesen als die anderen Sinnenwesen. Also wäre es dem Menschen viel natürlicher, wenn er gleich nach der Geburt die Kraft zum Gebrauch der Glieder hätte. Daß er diese Kraft nicht hat, scheint also eine auf die Sünde folgende Strafe zu sein. 3. Es verursacht Betrübnis, ein lustbringendes Vorhaben nicht durchführen zu können. Hätten die Kinder aber nicht die Kraft zur Gliederbewegung gehabt, so hätten sie häufig einen lusterregenden Vorsatz nicht durchführen können. Es hätte unter ihnen also Betrübnis gegeben, die vor der Sünde nicht vorhanden sein konnte. Den Kindern hätte also im Unschuldsstande die Kraft zur Gliederbewegung nicht gefehlt. 4. Das Versagen des Greisenalters scheint dem Mangel des kindlichen Alters zu entsprechen. Im Unschuldsstande hätte es aber ein Versagen des Greisenalters nicht gegeben. Also auch nicht den Mangel des kindlichen Alters. ANDERSEITS ist jedes Gezeugte unvollkommen, ehe es zur vollen Entfaltung gelangt. Die Kinder wären aber im Unschuldsstande durch Zeugung hervorgebracht worden. Sie wären also im Anfang unvollkommen gewesen an Körpergröße und Körperkraft. ANTWORT: Was über die Natur hinausgeht, halten wir einzig im Glauben; was wir glauben, schulden wir der Autorität [Gottes]. Darum müssen wir uns in allen AusQ U A E S T I 0 99, 1
2. PRAETEREA, quaedani animalia statim cum nascuntur, habent virtutem sufficientem ad usuni nienibroruni. Sed homo est no'bilior aliis animalibus. Ergo multo magis est naturale homini quod statim natus virtutem habeat ad usum membrorum. Et ita videtur esse poena ex peccato consequens. 3. PRAETEREA, non posse consequi delectabile proposituin, afflictionem inducit. Sed si pueri non habuissent virtutem ad movendum membra, frequenter accidisset quod non possent consequi aliquod delectabile eis propositum. Ergo fuisset in eis afflictio; quae non poterat esse ante peccatum. Non ergo in statu innocentiae defuisset pueris virtus ad movendum meinbra. 4. PRAETEREA, defectus senectutis videtur correspondere defectui pueritiae. Sed in statu innocentiae non fuisset defectus senectutis. Ergo neque etiani defectus pueritiae. SED CONTRA est quod oinne generatum prius est imperfectum quam perficiatur. Sed pueri in statu innocentiae fuissent per generationem producti. Ergo a principio imperfecti fuissent et quantitate et virtute corporis. RESPONDEO dicendum quod ea quae sunt supra naturam, sola fide tenemus; quod autem credimus, auctoritati debeinus.
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99, i sagen an die Natur der Dinge halten; ausgenommen, was uns durch göttliche Autorität übermittelt wird, das nämlich, was über die Natur hinausgeht. Es ist aber offenbar natürlich, d. h. den Wesensgründen der menschlichen Natur entsprechend, daß neugeborene Kinder nicht die genügende Kraft zur Bewegung der Glieder besitzen; denn der Mensch hat im Verhältnis zu seiner Körpergröße ein umfangreicheres Gehirn als die übrigen Sinnenwesen. Es ist also natürlich, daß die Nerven der Kinder, welche die Werkzeuge der Bewegung sind, wegen der übergroßen Feuchtigkeit des Gehirns zur Bewegung der Glieder [noch] nicht geeignet S Í I K L — Anderseits wird kein Katholik daran zweifeln, daß es mit Gottes Kraft geschehen kann, daß die neugeborenen Kinder die volle Kraft zur Bewegung der Glieder besitzen. Aus der Schrift (Prd 7, 30) steht aber fest, daß „Gott den Menschen recht erschuf". Diese Rechtheit besteht nach Augustinus in der vollkommenen Unterwerfung des Leibes unter die Seele. Wie also im Urstande in den Gliedern des Menschen nichts vor sich gehen konnte, was sich dem geordneten Willen des Menschen widersetzte, so konnten die Glieder sich dem menschlichen Willen nicht versagen. Der geordnete Wille des Menschen strebt aber auf die ihm naturgemäßen Akte. Es entsprechen aber nicht alle Akte jeder Altersstufe des Menschen. Man muß also sagen, daß QUAESTIO
MPL !.386; CSEL 281/631; 60 20sq. 4
99, I
Unde in ómnibus asserendis sequi debemus naturam rerum, praeter ea quae auctoritate divina traduntur, quae sunt supra naturam. Manifestum est autem naturale hoc esse, utpote et principiis humanae naturae competens, quod pueri inox nati non habeant sufficientem virtutem ad movendum membra. Quia homo naturaliter habet cerebrum majus in quantitate, secunduin proportionem sui corporis, quam cetera animalia. Unde naturale est quod, propter maximam 'humiditatem cerebri in pueris, nervi, qui sunt instrumenta motus, non sunt idonei ad movenduin membra. — E x alia vero parte nulli catholico dubiuin est quin divina virtute fieri possit, ut pueri mox nati perfectam virtutem habeant ad inotum membrorum. Constat autem per auctoritatem Scripturae [Eccles. 7 ] , quod „Deus fecit hominem rectum"; et haec rectitudo consistit, ut Augustinus dicit [13 de Civ. Dei, cap. 13; 1 de Peccat. Merit., cap ifj]^ j n perfecta subjectione corporis ad aniinam. Sicut ergo ' n primo statu non poterat esse in membris hominis aliquid quod repugnaret ordinatae hominis voluntati, ita membra hominis deflcere non poterant humanae voluntati. Voluntas autem hominis ordinata est quae tendit in actus sibi convenientes. Non sunt autem iidem actus convenientes homini secundum quamlibet aetatem. Dicendum est ergo quod pueri mox nati non habuissent
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die neugeborenen Kinder nicht die Gliederbewegungs- 99,1 kraft zu jedweder Betätigung besessen hätten, sondern nur für die ihrem Kindheitsalter gemäße Betätigung, z. B. um an den Brüsten saugen zu können und ähnliches. Z u 1. Augustinus spricht von jener Schwäche, die in den Kindern auch bezüglich der ihrem Alter gemäßen Betätigung sichtbar ist, wie aus den vorausgehenden Worten erhellt: „ . . . selbst wenn die Brüste neben ihnen liegen, so können sie trotz des Hungers besser weinen als saugen". Z u 2. Daß gewisse Tiere gleich nach der Geburt die Glieder bewegen können, ist nicht in ihrem Adel begründet, denn es gibt vollkommenere Tiere, die das nicht können; es kommt ihnen dies vielmehr zu auf Grund der Trockenheit des Gehirnes und weil dje diesen Tieren eigentümlichen Akte unvollkommen sind, wozu eine geringere Kraft ausreicht. Z u 3 ist die Lösung aus dem in der Antwort Gesagten klar. — Man kann auch sagen, sie würden nur das begehrt haben, was ihnen gemäß dem geordneten Willen für jenen Zustand zukam. Z u 4. Der Mensch wäre im Unschuldsstande gezeugt worden, aber nicht dem Verfall anheimgegeben gewesen. Darum hätten sich in jenem Stande gewisse Kindermängel vorfinden können, die als Folge der Zeugung auftreten, Q U A E S T I 0 99, i sufficientem virtutem ad movendum membra ad quoslibet actus; sed ad actus pueritiae convenientes, puta ad sugendum ubera, et ad alia hujusmodi. AD PRIMUM ergo dicendum quod Augustinus loquitur de ista infirmitate quae nunc in pueris apparet etiam quantum ad actus eorum pueritiae convenientes; ut patet per ea quae praemittit, quod „juxta se jacentibus mammis, magis possunt esurientes flere quam sugere". AD SECUNDUM dicendum quod hoc quod quaedam animalia statim nata habent usum membrorum, non est ex eorum nobilitate, cum quaedam animalia perfectiora hoc non habeant; sed hoc eis contingit ex siccitate cerebri, et quia actus proprii talium animaliurn sunt imperfecti, ad quos etiam parva virtus sufficere potest. AD TERTIUM patet solutio per ea quae dicta sunt in corpore. — Vel potest dici quod nihil appetivissent, nisi ordinata volúntate convenisset eis 8 1 secundum statum suum. AD QUARTUM dicendum quod homo in statu innocentiae generatus fuisset, sed non fuisset corruptus. Et ideo in statu illo potuissent esse aliqui defectus pueriles, qui consequuntur gene»1 T.: res.
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99,2 nicht aber die Beschwerden des Greisenalters, welche auf den Verfall hindrängen. 2. Ob im Unschuldsstande
ARTIKEL Mädchen geboren
worden
wären
1. Der Philosoph sagt: „Das Weib ist eine Zufallserscheinung", die gleichsam ohne Absicht der Natur eintritt. In jenem Zustande hätte sich aber nichts Unnatürliches in der menschlichen Zeugung vorgefunden. Also wären keine Mädchen gezeugt worden [vgl. 26 a ] , 2. J e d e s Zeugende zeugt ein ihm Ähnliches, falls es weder durch das Versagen der Zeugungskraft noch durch die Ungeeignetheit des Stoffes behindert wird; wie j a auch ein schwaches Feuer grünes Holz nicht zu verbrennen vermag. Die tätige Kraft bei der Zeugung ist aber im Manne. Da also im Unschuldsstande die Kraft des Mannes nicht versagt und keine Ungeeignetheit des Stoffes auf Seiten der Frau vorgelegen hätte, scheint es, daß ausschließlich Knaben geboren worden wären. 3. Im Unschuldsstande war die Zeugung auf die Vermehrung der Menschen hingeordnet. Die Menschen hätten aber hinreichend durch das erste Menschenpaar vermehrt werden können, da es j a ewig leben sollte. Die Q U A E S T I O 99. » l a t i o n e n i ; non niptioneni.
auteni
dei'ectus
seniles,
A R T I C U L U S IJ t r u m
in
p r i in o
s t a t u
qui
ordinantur
nd
cor-
II
f e m i n a e
11 a t a e
f u i s ,s e n t
[2 Sent. d. 20, q. 2, a. 1, acl 1. 2] A D S E C U N D U M s i e p r o c e d i t u r . V i d e t u r q u o d in p r i m o s t a t u 737a27sq. f e m i n a e n a t a e n o n f u i s s e n t . D i c i t e n i m P h i l o s o p h u s in l i b r o 2 d e G e n e r . Ariimal. [ c a p . 3 ] , q u o d „ f e m i n a est nias o c e a s i o n a t u s " , q u a s i p r a e t e r i n t e n t i o n e m n a t u r a e p r o v e n i e n s . S e d in s t a t u illo n i h i l e v e n i s s e t i n n a t u r a l e in h o m i n i s g e n e r a t i o n e . E r g o f e m i n a e n a t a e non fuissent. 2 . P R A E T E R E A , o m n e g e n e r a n s g e n e r a t s i b i vsimile, n i s i i m pediatur vel p r o p t e r defectum virtutis, vel p r o p t e r indisposition e m m a t e r i a e , sicut p a r v u s ignis non potest c o i n b u r e r e ligna vir.idia. I n g e n e r a t i o n e a u t e n i v i s a c t i v a e s t in m a r e . C u m i g i t u r in s t a t u i n n o e e n t i a e n u l l u s f u i s s e t d e f e c t u s v i r t u t i s e x parte maris, nee indispositio m a t e r i a e e x p a r t e f e m i n a e , v i d e t u r quod s e m p e r masculi nati fuissent. 3 . P R A E T E R E A , in s t a t u i n n o e e n t i a e g e n e r a t i o a d m u l t i p l i cationem h o m i n u m o r d i n a b a t u r . Sed sufficienter h o m i n e s multip l i i ' a r i p o t u i s s e n t p e r p r i m u m h o m i n e m et p e r p r i n i a m f e m i -
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Zeugung von Mädchen w ä r e also im Unschuldsstande 99,2 nicht notwendig gewesen. A N D E R S E I T S hätte die Natur in der Zeugung so ihren Verlauf genommen, wie Gott sie begründet hatte. Gott schuf in der menschlichen Natur aber Mann und Weib, wie es Gn 1, 27 und 2, 22 heißt. Also wären auch in jenem Zustande K n a b e n und Mädchen geboren worden. A N T W O R T : Im Unschuldsstande hätte nichts von dem, was zur Vervollständigung der menschlichen Natur gehört, gefehlt. Wie aber zur Vollendung des Weltganzen verschiedene Stufen gehören, so gehört auch die Geschlechtsverschiedenheit zur Vollkommenheit der menschlichen Natur. Also w ä r e n im Unschuldsstande beide Geschlechter durch Zeugung hervorgebracht worden. Z 11 1. Das W e i b wird eine Zufallserscheinung genannt, weil seine Zeugung außerhalb der Absicht der Einzelnatur liegt, nicht aber außerhalb der Absicht der Gesamtnatur (92, 1 Zu 1). Z u 2. Die Zeugung eines Mädchens hat ihre U r s a c h e nicht nur im Versagen der tätigen Kraft oder der Ungeeignetheit des Stoffes, wie der Einwand andeutet, sondern zuweilen in einem äußeren Zufall; so sagt der Philosoph: „der Nordwind ist bei der Zeugung von Knaben, der Südwind bei der Zeugung von Mädchen behilflich". Zuweilen Q U A E P T I 0
99, 2
nani, et quo in p e r p e t u u m victuri e r a n t . E r g o non f u i s s e t 8 2 n e c e s s a r i u m quod J n statu i n n o c e n t i a e t'eminae n a s c e r e n t u r . S E D CONTRA est quod sie n a t u r a processisset in « e n e r a n d o , sicut e a m Deus instituit. S e d D e u s instituit inarein et f e m i n a m in n a t u r a h u n i a n a , ut dicitur G e n . 1 et 2. E r g o etiam in statu illo fuissent niares et f e m i n a e g e n e r a t i . R E S P O N D E O dicendum quod nihil e o r u m q u a e ad c o m p l e m e n tum h u i n a n a e n a t u r a e p e r t i n e n t , in statu i n n o c e n t i a e defuisset. Sicut a u t e m a d p e r f e c t i o n e m u n i v e r s i p e r t i n e n t diversi g r a d u s r e r u m , ita e t i a m diversitas s e x u s est ad p e r f e c t i o n e m h u m a n a e n a t u r a e . Et ideo in statu i n n o c e n t i a e u t e r q u e s e x u s p e r g e n e r a t i o n e m produetus fuisset. A D P R I M U M ergo dicendum quod feinina dicitur „mas occas i o n a t u s " , quia est p r a e t e r i n t e n t i o n e m n a t u r a e p a r t i c u l a r i s ; non autein p r a e t e r i n t e n t i o n e m n a t u r a e universalis, ut s u p r a dictum est. A D S E C U N D U M d i c e n d u m quod g e n e r a t i o f e m i n a e non solum contingit e x defectu virtutis a c t i v a e vel indispositione m a t e r i a e , ut o b j e c t i o tangit. S e d ,quandoque q u i d e m e x aliquo accidenti e x t r i n s e c o ; sicut Philosophus dicit, in libro de a n i n i a l i b u s historia 574a lsq ; [lib. 6, cap. 1 9 ; cf. de G e n e r . A n i m a l . , l i b . 4 , c a p . 2 ] , quod „ventus 7C0h34si|. s e p t e n t r i o n a l i s c o a d j u v a t ad g e n e r a t i o n e m masculorum, australis vero ad g e n e r a t i o n e m f e m i n a r u m " . Quaniloque etiam e x concep-
Ȇ I.: fuil.
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99, 2 verursacht auch eine Phantasievorstellung leicht eine Verä n d e r u n g im Körper. Das konnte in besonderer Weise im Unschuldsstande eintreten, als der Leib der Seele m e h r u n t e r w o r f e n war, so daß der Geschlechtsunterschied im Kinde nach dem Willen des Zeugenden erfolgte. Z u 3. Das Kind w ü r d e mit Sinhenleben begabt geboren worden sein, wozu das Zeugen ebensowohl gehört wie die N a h r u n g s a u f n a h m e . Es w ä r e also entsprechend, daß alle Menschen zeugten und nicht n u r die Stammeltern; daraus scheint zu folgern, daß ebensoviele Mädchen wie Knaben gezeugt worden wären. Q U A E S T I 0 99, 2 tione animae, ad quam de facili immutatur corpus. Et praecipue in statu innocentiae hoc esse poterat, quando corpus magis erat animae subjectum; ut scilicet secunduni voluntatem generantis, distingueretur sexus in prole. AD TERT1UM dicendum quod proles fuisset genita vivens vita aniniali, ad quam sicut pertinet alimento uti, sie etiam generare. Unde conveniebat quod omnes generarent, et non solum primi parentes. Ad quod cousequens videtur quod tot fuissent generatae feminae, quot et mares.
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100. F R A G E
100,1
ÜBER DIE V E R F A S S U N G DER ZU ZEUGENDEN NACHK O M M E N S C H A F T , W A S DIE G E R E C H T I G K E I T ANGEHT Hierauf ist die Verfassung der zu zeugenden Nachkommenschaft bezüglich der Gerechtigkeit zu untersuchen. Hierzu ergeben sich zwei Einzelfragen: 1. Ob die Menschen mit der Gerechtigkeit geboren worden wären. 2. Ob sie in der Gerechtigkeit gefestigt worden wären. 1. A R T I K E L Ob die Menschen mit der Gerechtigkeit geboren worden wären
ausgestattet
1. Es scheint, daß die Menschen nicht mit der Gerechtigkeit ausgestattet geboren worden wären. Denn Hugo von St. Viktor sagt: „Der erste Mensch würde vor dem Sündenfall zwar sündlose Kinder zeugen, aber keine Erben der väterlichen Gerechtigkeit." 2. Die Gerechtigkeit ist da auf Grund der Gnade, wie der Apostel Rom 5, 16. 21 sagt. Die Gnade wird aber nicht fortvererbt, andernfalls wäre sie etwas Natürliches, sondern sie wird von Gott allein eingegossen. Also wären die Kinder nicht mit der Gerechtigkeit geboren worden. QUAESTIO
C
DE C O N D I T I O N E P R O L I S G E N E R A N D A E Q U A N T U M JUSTITIAM
AD
Deinde considerandum est de conditione prolis generandae quantum ad justitiam. Et circa hoc quaeruntur duo: 1. Utrum homines fuissent nati cum justitia. — 2. Utrum nascerentur in justitia confirmati.
Utrum
A R T I C U L U S I homines fuissent nati
cum
justitia
[ I — I I 81, 2; 2 Sent. d. 20, q. 2, a. 3; De verit. 18, 7; De malo 4, 8]
A D P R I M U M sic proceditur. Videtur quod homines non fuissent cum justitia nati. Dicit enim Hugo de Sancto Victore [de MPL Sacr. lib. 1, part. 6, cap. 24] quod „primus homo ante peccatum 170 2 7 8 generaret quidem Alios sine peccato, sed non paternae justitiae haeredes". 2. P R A E T E R E A , justitia est per gratiam, ut Apostolus dicit ad Rom. 5. Sed gratia non transfunditur, quia sic esset naturalis; sed a solo Deo infunditur. Ergo pueri cum justitia nati non fuissent.
161
100, i
3. Die Gerechtigkeit ist in der Seele. Die Seele stammt aber nicht aus Vererbung. Also wäre die Gerechtigkeit nicht von den Eltern auf die Kinder weitergeleitet worden. ANDERSEITS sagt Anselm, „die Kinder des ersten Menschen wären, falls er nicht gesündigt hätte, gerecht gewesen, sobald sie die Vernunftseele besaßen". ANTWORT: Der Mensch zeugt natürlicherweise Wesen, die ihm artähnlich sind. Daher werden die Kinder den Eltern notwendigerweise in jenen Eigenschaften ähnlich, die sich aus der Artnatur ergeben, falls nicht ein Irrtum in der Naturbetätigung vorliegt, was im Unschuldsstande nicht vorgekommen wäre. Es ist aber nicht notwendig, daß die Kinder den Eltern in den Eigenschaften, die ihnen als Einzelwesen zukommen, gleichen. — Die Urgerechtigkeit, in der der Mensch erschaffen wurde, war aber eine Eigenschaft der Artnatur [59], nicht in dem Sinn, als sei sie aus den Wesensgründen dieser Natur verursacht, sondern sie war eine Gabe, die Gott der Gesamtnatur verliehen hatte. Das erhellt daraus, daß das Entgegengesetzte derselben Gattung angehört. Nun nennt man die Erbsünde, welche der Urgerechtigkeit entgegengesetzt ist, eine Natursünde; darum wird sie von den Eltern auf die Nachkommenschaft übertragen. Darum wären die Kinder den Eltern auch in der Urgerechtigkeit ähnlich gewesen. Z u 1. Das Wort Hugos ist nicht vom Gehaben der Gerechtigkeit, sondern vom Aktvollzug zu verstehen. QUAESTIO
100, L
3. PRAET.EREA, justitia in anima est. Sed anima non est ex traduce. Ergo nec justitia traducta fuisset a parentibus in filios. MPL SED CONTRA est quod Anseimus dicit, in libro de Conceptu 158/444B Virgin, [cap. 10], quod „simul cum rationalem haberent animam, justi essent quos generaret homo, si non peccaret". RESPONDEO dicendum quod naturaliter homo generat sibi simile secundum speciem. Unde quaecumque accidentia consequuntur naturam speciei, in his necesse est quod filii parentibus similentur, nisi sit error in operatione naturae, qui in statu innocentiae non fuisset. In accidentibus autem individualibus non est necesse quod filii parentibus similentur. — Justitia autem originalis, in qua primus homo conditus fuit, fuit accidens naturae speciei, non quasi ex principiis speciei causatum, sed tantum sicut quoddam donum divinitus datum toti naturae. Et hoc apparet, quia opposita sunt unius generis, peccatum autem originale, quod opponitur Uli justitiae, dicitur esse peccatum naturae; unde traducitur a parente in posteros. Et propter hoc etiam filii parentibus assimilati fuissent quantum ad originalem justitiam. AD PRIMUM ergo dicendum quod verbum Hugonis est intelligendum non quantum ad habitum justitiae, sed quantum ad executionem actus.
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Zu 2. Einige [60] sagen, die Kinder wären nicht mit 100,2 der gnadenhaften Gerechtigkeit, die Verdienstgrund ist, geboren worden, sondern mit der Urgerechtigkeit. Da aber die Wurzel der Urgerechtigkeit, in deren Rechtheit der Mensch geschaffen wurde, in der übernatürlichen Unterwerfung des Verstandes unter Gott bestand, die sich ihrerseits mittels der Gnade vollzog (95, 1), muß man sagen, daß die Kinder, wenn sie in der Urgerechtigkeit geboren worden wären, auch init der Gnade geboren worden wären, gemäß dem, was wir (ebd.) über den ersten Menschen sagten, daß er nämlich in der Gnade geschaffen ist. Deshalb wäre die Gnade aber keineswegs etwas Natürliches, denn sie wäre nicht mittels der Samenkraft weitergeleitet worden, sondern dem Menschen sofort verliehen worden, als er die Vernunftseele besaß; ähnlich wie die Vernunftseele sofort eingegossen wird, wenn der Leib die entsprechende Verfassung hat; dabei ist sie [die Seele] doch nicht aus Vererbung. Damit ergibt sich die Antwort auf den dritten Einwand. 2. A R T I K E L Ob die Kinder im Unschuldsstande in der Gerechtigkeit gefestigt geboren worden wären 1. Gregor sagt: „Hätte keine Sündenfäulnis den Stammvater verdorben, so würde er keine Kinder der VerdamQ U A E S T I O 100, 2 AU SiECUNDUM dicendum quod quidam 93 dicunt quod pueri non fuissent nati cum justitia gratuita, q u a e est merendi principium, sed cum justitia originali. Sed cum r a d i x originalis justitiae, in cujus rectitudine factus est homo, consistât in subjectione s u p e r n a t u r a l i rationis ad Deum, q u a e est p e r g r a t i a m gratum facientem, ut s u p r a dictum est; necesse est dicere, quod, si pueri nati fuissent in originali justitia, etiam nati fuissent cum g r a t i a ; sicut et de primo homine s u p r a diximus quod fuit cum gratia conditus. Non tarnen fuisset propter hoc gratia n a t u r a l i s ; quia non fuisset transfusa p e r virtutem seminis, sed fuisset collata homini statim cum habuisset a n i m a m rationalem. Sicut etiam statim cum corpus est dispositum, infunditur a Deo a n i m a rationalis, q u a e tarnen non est e x traduce. U n d e patet solutio AD T E R T 1 U M . Utrum pueri
ARTICULUS II in s t a t u i n n o c e n t i a e n a t i in j u s t i t i a c o n f i r m a t i
fuissent
[2 Seilt, fl. 20, q. 2. a. 3, arl 5. 7 ; De m a l o 5, 4 a d 8 ; Q u o d ] , 5, q . 5, a. 1. 8]
AD S E C U N D U M sie proceditur. Videtur quod pueri in statu innocentiae nati fuissent in justitia confirmati. Dicit enim Gre93
11*
A l e x . H a l e n s . S . t h . I I 90, m e m b r .
I, art..
1.2.
163
100,2 mung gezeugt haben; sondern nur diejenigen würden als vom Erlöser erwählt geboren worden sein, die jetzt durch Ihn gerettet werden sollen." Es würden also alle in der Gerechtigkeit gefestigt geboren worden sein. 2. Anselm sagt: „Hätten die Stammeltern so gelebt, daß sie in der Versuchung nicht gesündigt hätten, so wären sie mit ihrer ganzen Nachkommenschaft befestigt worden, so daß sie fernerhin nicht mehr hätten sündigen können.' Also wären die Kinder in der Gnade gefestigt geboren worden. 3. Das Gute ist mächtiger als das Böse. Die Notwendigkeit zu sündigen ist für die Nachkommenschaft Adams aber eine Folge seiner Sünde. Wenn also der erste Mensch in der Gerechtigkeit beharrt hätte, so würde auf seine Nachkommen die Notwendigkeit, die Gerechtigkeit zu bewahren, übergegangen sein. 4. Der Engel, welcher Gott treu blieb, während die anderen sündigten, wurde sofort in der Gerechtigkeit so gefestigt, daß er fernerhin nicht mehr sündigen könnte. Der Mensch wäre also ebenfalls, hätte er der Versuchung widerstanden, gefestigt worden. Er hätte aber Menschen gezeugt, die so waren wie er selbst. Also würden seine Kinder in der Gerechtigkeit gefestigt geboren worden sein. ANDERSEITS sagt Augustinus: „Glücklich wäre die Gesamtgemeinschaft der Menschen, wenn das erste Paar Q U A E P T T O 100. 2 mpl gorius, 4 Moral, [cap. 31], super illud Job 3, ,Sonino meo requies75C71A cereni' etc.: „Si parentem prinium nulla putredo peccati corrumperet, nequaquam ex se filios gehennae generaret; sed t585 v. Chr.) wird von Aristoteles als Urheber der Jonischen Naturphilosophie bezeichnet. Seine naturphilosophische Lehre faßt er in dem Satz zusammen: „Aus W a s s e r ist alles geworden." A n a x i m a n d e r von Milet (um