200 59 155MB
German Pages 634 [636] Year 1938
D I E
D E U T S C H E
T H O M A S - A U S G A B E
Vollständige,
ungekürzte
deutsch-lateinische
SUMMA
Ausgabe
der
THEOLOGICA
Obersetzt DOMINIKANERN
von
UND
BENEDIKTINERN
DEUTSCHLANDS Herausgegeben
vom
KATHOLISCHEN AKADEMIKERVERBAND
30.
B A N D
1 9 3 8 VERLAG
ANTON
PUSTET
•
SALZBURG
•
LEIPZIG
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DAS G E H E I M N I S EU
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DER
CHARISTIE
in 73 — 83
1 9 3 8 VERLAG
ANTON
PUSTET
•
SALZBURG
•
LEIPZIG
S ä m t l i c h e R e c h t e fUr d i e d e u t s c h e u n d l a t e i n i s c h e und A u s g a b e
Sprache
vorbehalten
C o p y r i g h t 19 38 b y V e r l a g A n t o n P u s t e t ,
Salzburg
D a s I m p r i m a t u r w u r d e e r t e i l t v o m H o eh w 11 r d i g st e n A b t DDr. I l d e f o n s H e r w e g e n v o n und
vom
Fllrsterzbischöflichen
Herrn
Maria-Laach
Ordinariat
zu
Salzburg
1. u n d 2. A u f l a g e , 1. b i s 4. T a u s e n d
Ginbandentwurf Druck
der
von
Professor
Rudolf
Universitäts-Buchdruckerei
Koch,
Offenbach
„Styria"
in
Graz
Dem Hochwürdigsten Herrn Dr. theol. h. c. Dr. jur. utr. h. c. Ildefons Herwegen, dem wir die Erneuerung des religiösen Lebens aus dem Geiste der Liturgie in deutschen Landen verdanken, zur 25. Wiederkehr seiner Weihe zum Abte von Maria-Laach in Dankbarkeit zueigen. Der Herausgeber. Die Schriftleitung. Die Bearbeiter.
EINLEITUNG
Über die Eucharistie hat Thomas in der Form theologisiert, daß das, was sich ihm wissenschaftlich enthüllt hat, auch zu einem mystischen Lobpreis wird. Die vorliegende Behandlung der Eucharistie von 1273 steht in einem Lehrbuch für Theologiestudien, insonderheit für Anfänger (novitii sacrae doctrinae); das ist für ihre Struktur maßgebend. Die früheren Bestrebungen über denselben Gegenstand haben ebenfalls eine besondere Veranlassung. Dadurch bestimmt sich ihr Verhältnis, worin sie zueinander stehen. Zwar ist auch die vor Oktober 1264 abgeschlossene Summa contra Gentiles als Lehr- und Lernbuch geschrieben; sie hat die gleiche „zusammenfassende, klare und leichtverständliche Art seines Lehrvortrags". 1 Aber sie will, angeregt vom hl. Raymund von Penafort, der Heranbildung der Dominikanermissionare auf den in Spanien eingerichteten Anstalten zur Mauren- und Judenmission dienen. „Plan, Aufbau und Methode des Werkes deuten auf diesen polemisch-apologetischen Zweck hin." 2 Der Eucharistie-Traktat umfaßt die Kapitel 61—69 des 4. Buches. Die Gedankenentwicklung verläuft so, daß in Kapitel 61 die eigentümliche Wirkung der Eucharistie dargelegt wird. Thomas konstruiert sie in Analogie zu der natürlichen Tatsache, daß „die Nahrung mit dem Ernährten der Substanz nach muß verbunden werden." 3 Der Glaube, daß das Mysterium des fleischgewordenen Wortes in der Eucharistie der Substanz nach (und nicht, wie z. B. in der Taufe, allein der Wirkkraft nach) enthalten ist, und zwar 1
Vita S. Thomae Aquinatis auctore Petro Calo. Ed. D. Pruemmer 0. P. (Toulouse 1911) 30. 2 M. Grabmann, Die Werke des hl. Thomas von Aquin (19312) 271. 3 Vgl. hierzu S. th. III 73, 3 Zu 2 über den Unterschied zwischen leiblicher und geistiger Nahrung.
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so, daß „uns (weil die Vervollständigung unseres Heiles durch das Leiden Christi und den Tod gemacht worden ist, durch den Sein Blut vom Fleische abgesondert worden ist) das Sakrament Seines Leibes unter der Gestalt des Brotes und das des Blutes unter der Gestalt des Weines voneinander abgesondert gegeben wird, auf daß man so in diesem Sakramente durch das Gedächtnis die Vergegenwärtigung des Herrnleidens habe (passionis dominicae memoria et repraesentatio): diese fides verlangt nach dem intellectum. In Kapitel 62 werden die sich daraus ergebenden Aporien entwickelt. Die Kapitel 63—68 nehmen es mit diesen Schwierigkeiten auf: sie stellen in Absicht auf die Ungläubigen den Versuch dar, alle Unmöglichkeiten der Eucharistielehre auszuschließen. In Kapitel 69 wird dann der angemessene Stoff der Eucharistie deutlich gemacht. Eine sorgfältige Vergleichung der in den beiden Lehrbüchern vorgelegten Eucharistielehre zeigt eine breite Deckung im Begriffsgehalt und eine oft bis ins Einzelne gehende Übereinstimmung des Vortrags. Hierbei sind aus durch den verschiedenen Zweck bestimmten didaktischen Gründen Umstellungen vorgenommen worden, ferner breitere Ausführungen, Hinzufügungen, bzw. Auslassungen. Der schöpferische Beitrag der zweiten Summe liegt bei diesem Lehrstück vor allem in der neuen Zusammenfassung: Erlerntes und Überkommenes sind wiederum zu eigenem Gut umgeschmolzen; die Weite des gewonnenen Blickes ist dem Ganzen, wo möglich, noch zugute gekommen. Die Ausarbeitung des Eucharistie-Traktates der Summa contra Gentiles mündet zeitlich und inhaltlich in die eucharistische Lobpreisung des Officium de festo Corporis Christi ad mandatum (1264) Urbani Papae IV. Die Hymnen des Fronleichnamsfestes: Pange lingua (zu den beiden Vespern), Sacris solemniis (zur Matutin), Verbum supernum prodiens (zu den Laudes), Lauda, Sion, Salvatorem (Messe) haben in der Schätzung als Kunstwerke 4 eine sehr ver4 Es wäre selbstverständlich ein methodischer Fehler, wollte man „die christliche Liturgie wie ein Literaturwerk interpretieren, was sie doch nicht ist", welchen Hinweis Erik Peterson [Von den Engeln (Lpzg. 1935), S. 46] nur zu berechtigt macht;
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schiedene Wertung erfahren. Die Beurteilungen, soweit sie uns bekannt sind, fehlen entweder durch Versagen: sie beschränken willkürlich die Lyrik auf das subjektiv Gefühlvolle; damit verkennen sie die Mittelbarkeit in der Lyrik; oder sie vergessen, den Ideen nachgehend, daß nicht deren bloß begriffliche Aussprache, sondern Dichtung in Frage steht, nämlich ob in den Hymnen dichterisch gesagt ist, was im Traktat nur denkerisch auseinandergelegt werden kann; oder bei Beachtung der Form begreifen sie nicht deren Symbolcharakter. Oder sie fehlen dadurch, daß sie mehr behaupten, als die gegebenen Anhaltspunkte rechtfertigen können. Wir können hier nicht, wie es sein müßte, die einzelnen Hymnen des Thomas Aquinas in einem geschlossenen Gang auslegen und ihre Gestalt als die innere Sprachform sichtbar machen. Statt dessen sollen bestimmte formale Strukturen an der Lauda-Sion-Sequenz exemplarisch vor Augen stellen, wie in den Thomas-Hymnen ein begrifflicher Gehalt durch die künstlerische Gestalt ausgedrückt erscheint. 5 Das Besondere der Gestalt der Lauda-Sion-Sequenz, das also, was diesem Hymnus eine starke Gehaltwirkung schenkt, ruht in dem Gegennatürlichen als Ausdrucksform des Ganz-Anderen. Das Göttliche wird durch eine Form zum Ausdruck gebracht, die allem Lebendigen gegenüber als das Starre, das Ganz-Andere, erscheint, als Verneinung denn durch das „Aufnehmen" in den Dienst der Theologie erfährt alles in Dienst Genommene eine eschatologische Transzendierung. 5 In einem ersten Versuch, den wir bald vorlegen zu können hoffen, soll auch auf die spezifische Gemeinschaft eingegangen werden, auf die der Hymnus von sich aus verweist, und zwar 1. dadurch, daß er Gesang einer Gemeinschaft ist; 2. dadurch, daß er „etwas, um z u . . . " ist: zur Lobpreisung (in der Sequenz durch Verkündigung); 3. dadurch, daß er einen bestimmten liturgischen Ort hat: als „Hymnus" in der Gebetsliturgie des Breviers, als „Sequenz" in der Meßliturgie, und zwar in dem Teil der Messe, der der Glaubensunterweisung dient. Ohne zugeordnete Gemeinschaft bleibt der Hymnus „stumm"; er ist bloß „vorhanden".
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gleichsam des Lebendigen.0 Es ist dies eine der beiden Grundformen, durch die sich das Heilige selbst ausdrücken läßt. Die andere verleibt das Göttliche durch Steigerung des Irdischen. So wird Christus dargestellt als „schönster Herr Jesus". Dem entspricht eine Weltanschauungsform, in der Gott sozusagen die Spitze einer hierarchisch gestuften Pyramide ist (was sachlich und begrifflich nicht zutrifft, da ja auch diese Spitze wie jede Spitze einer Sache noch zu der Sache gehört, deren Spitze sie ist). Die Grenze dieser Ausdrucksform des Absoluten als Erhabenen liegt in dem Sträuben des Unergreiflichen gegen eine Verleiblichung in Anschauungen, im Mysterium: „Da stand die hehre Phantasie verwaist", bezeugt Dante, vergehend in der Herrlichkeit des Dreieinigen (Parad. 33, 142). Von hier aus ist der Satz zu verstehen: „Die befremdendste, freilich befremdend oft übersehene Tatsache in der Geschichte der christlichen Kunst ist, daß es diese überhaupt gibt."7 0
Man hat behauptet [Joh. Kayser, Beitr. z. Gesch. u. Erklärung d. ältesten Kirchenhymnen (Paderborn u. Münster 1886), 2. Bd., 2. Buch, Kap. 1: Die Fronleichnams-Sequenz Lauda Sion, S. 77—109], die Lauda-Sion-Sequenz — ausgenommen ihre letzte Strophe mit der flehenden Bitte und vielleicht noch die vorletzte, als deren Inhalt man seltsamerweise einen Lobpreis gefunden haben will — sei nichts anderes als begrifflich richtige Formulierung, in Verse und Strophen abgeteilt und mit Reim und Rhythmus versehen, also daß nichts über die Mitteilung hinaus entstanden wäre und am wenigsten ein Gedicht. Man versperrt sich durch den so eingetriebenen Keil — Aufspaltung in bloße Didaktik [„doktrinärer Ton" (S. 92), „ohne Innigkeit und Glut der Gefühle" (S. 93)] und in „einen eigentlichen poetischen Erguß" (S. 92) — von vorneherein das lebendige Verständnis f ü r beides: die mystische Gnosis als Verkündigung und Lobpreisung und die lyrische Gegenwärtigkeit des Gefühls. Dem bloßen Wortforschen bleibt bei „Worten, die im Alltag darben" (Rilke), wie „thema specialis proponitur", die Verwandlung in die gestaltfähigen Qualitäten der Wortfolge unentdeckt. 7 Hubert Schrade, Ikonographie der christlichen Kunst. Die Sinngehalte und die Gestaltungsformen. I. Die Auferstehung Christi. Berlin-Leipzig 1932. S. VIII.
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Unter dem Erlebnis des „Mysteriums des herrlichen Leibes und des kostbaren Blutes" vollzieht sich bei Thomas eine Leistung des konstruktiven stilisierenden Bildens des Ganz-Anderen, das nur als Kraft der Form zu fühlen, nicht eigentlich dinglich zu sehen ist. Eine über den Inhalt fortgreifende Leistung liegt in der syntaktischen Grundform der Wiederholung der Worte, der Satzanfänge der Zeilen: I 1. Lauda, Sion, salvatorem, 2. Lauda ducem et pastorem III 1. Sit laus plena, sit sonora, 2. Sit jucunda, sit decora VI 4. Quod non capis, quod non vides XII 3. Tu nos pasce, nos tuere, 4. Tu nos bona fac videre Desgleichen zeigt sich in dem strengen Bau der Zeilen, in ihrer parallelen konstruktiven Formung das Element des Abstrakten als gewollte Form von eigentümlicher Wirkungskraft. I 4. Quantum potest, tantum aude VII 4. Caro cibus, sanguis potus VIII 4. Sumit unus, sumunt mille, 5. Quantum isti, tantum ille IX 1. Sumunt boni, sumunt mali Mit der syntaktischen Wiederholung, gebraucht als ein Mittel des Entrückens aus dem sinnlichen Lebenszusammenhang und der Zufälligkeit der Erscheinungen, zusammen wirkt hier der Reim als abgewandelte Klangwiederholung am Zeilende. In der 12. Strophe, mit der reichsten Klangwiederholung, verstärkt er die beschwörende Lyrik des Flehens, in dem das Schaudern (tremendum) und die sehnende Ehrfurcht (fascinosum) wirksam sind. In der 11. Strophe, in der das Verschweigen, das Verhüllen des Mysteriums gefordert wird, gelingt die Versinnbildlichung des Gegensatzes von Eingeweihten und Nicht-Eingeweihten dadurch, daß dem dreifachen Reim: angelorum, viatorum, filiorum das canibus folgt, das dann auf den Gegensatz gereimt wird. Meisterhaft spiegelt ihn die Gestaltung durch das Dazwischenhineinschieben des aufeinander reimenden praesignatur, immolatur, deputatur, welches durch die (11)
Klangwiederholung ,datur', womit die letzte Zeile beginnt, gleichsam wie von einer neuen Welle fortgeführt wird und wodurch der Abstand der Glieder noch unterstrichen erscheint; das Hören des patribus bringt dann den vergangenen Klang des canibus wieder in Erinnerung, gleichsam zur Resonanz. Durch diese Figur, durch die Anordnung der Wörter und Sätze, wird im Gefühl etwas Eigenes wachgerufen, das von einer schulmäßig gebauten Wortfolge niemals erzielt werden kann.8 Hier ist ferner zu zeigen, welche Bedeutung dem bevorzugten Gebrauch bestimmter grammatischer Kategorien, der infinitiven Formen statt der finiten, zukommt innerhalb der Mittel der Wortkunst, mit denen die künstlerische Gestalt der Lauda-Sion-Sequenz geschaffen ist. Die künstlerische Funktion ist zu erkunden, die aus dem Ersatz des Adjektivs durch das Partizipium im Attribut, der Verwandlung des Verbums in Substantive, des Finiten in Infinitive und Partizipien, Gerundium und Gerundivum spricht.9 In der 1. Halbstrophe der XI. Strophe steht kein einziges Verbum finitum im Hauptsatz. Die Zeitwörter haben die Form des Partizips und Gerundivums. Dagegensteht der 8
Vgl. hierzu auch die Überdeutlichkeit von Strophe 4, V. 1—3. Das starre Gleichmaß des „novi regis / Novum Pascha novae legis", das dem dreimaligen „novum" plötzlich nachfolgende „vetus" und schließlich noch die absichtliche Gegenüberstellung des „Pascha" und des „Phase" ^[vgl. Chr 30, 18: rpayetv zö (paohy. (LXX); comedere Phase (Vulgata); das Passah essen] geben diesem Neuen fast geometrisch gegennatürlichen Ausdruck. 8 Es ist selbstverständlich bekannt, daß ganze Völker eine deutliche Neigung zum substantivischen Stil zeigen. So wollte Goethe den Römern substantivischen Stil zuerkennen. Eine Vorliebe für Substantive und die Abneigung gegen Zeitwörter ist aus der Amtssprache bekannt. Allein auf den Höhen der Sprache besteht gleichfalls starke Neigung zu substantivischem Ausdruck (vgl. z. B. in der Philosophie Aristoteles; in der Dichtung Goethe, der den verbalen Ausdruck seiner Anfänge allmählich zugunsten des Substantivs aufgab). Zu wenig aber ist noch bekannt, daß diese grammatischen Kategorien eine verschiedene Funktion erfüllen können.
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auffallende Wechsel der Ausdrucksweise in der 2. Halbstrophe, wo nur Verba finita erscheinen. Hierin kommt auch künstlerisch zum Ausdruck, daß das „in figuris praesignatur", gegenwärtig erfüllt, abgeschlossen ist und durch ein Unendliches transzendiert wird. Die Wortgebung, die an Stelle der Aktivität eines Zeitworts, das ein Werden bezeichnet, das dauernde Sein eines Substantivs stetzt, vermag eine künstlerische Funktion auszuüben: das Statische fühlbar zu machen und auch jene „Passivität" des „Ergriffenseins" vom „Ungeheuren", des Erlebens des GanzAnderen, das dann am stärksten wohl im liturgischen Rhythmus, sich verleibend, ergreift. Am Rhythmus als geistigem Ausdruck ist das „Gegennatürliche", das „Unalltägliche", die „Bannkraft" wirksam in der gesetzlichen Folge, die „willenlos macht, fortreißend oder einschläfernd". 10 Als ein Bannen des Numinosen selbst wird das feierliche Gesetz des Taktes in seiner strengen Gliederung der rhythmischen Reihen gefühlt, ein Absolutes, der leiblich-rhythmischen Wallung Enthobenes. Nicht mehr die eingeborene Lebensbewegung des Leibes ergreift dan Rhythmus, sondern der Rhythmus als geistige Form ergreift den Leib." 11 Das Urbilden, das Herausbilden einer reinen Form in die dingliche Existenz vollzieht sich in seiner dichtesten Form, wenn die Wunderdinge des lebendigen und lebenerhaltenden Brotes (panis vivus et Vitalis), das Unsichtbare ins Anschauliche gebannt werden als reine neugebildete Form. Der liturgische Rhythmus im übergeordneten Zwang eines Verstaktes von strenger und erhabener Feierlichkeit, die jeden naturalistischen Ausdruck aufhebt, die strenge Wortkunst des parallelen Baus, die gleichsam kristalline Einheit der Strophe, das Ähnliche, das mit gewollter Einprägsamkeit immer wiederkehrt, die volle Position der Negation der Naturform, die sich abstrakt formgebend auswirkt, das Zusammenbringen des Paradoxen geben die ungeheure seelische Dynamik der Strophe: 10
Heinz Werner, Ursprünge der Lyrik 1924, S. 123. Hermann Pongs, Das Bild in der Dichtung, Marburg 1927, S. 51. 11
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Caro oibus, sanguis potus, Manet tarnen Christus totus Sub utraque specie. A sumente non concisus, Non confractus, non divisus, Integer accipitur. Sumit unus, sumunt mille, Quantum isti, tantum ille Nec sumptus consumitur. Sumunt boni, sumunt mali, Sorte tamen inaequali Vitae vel interitus. Mors est malis, vita bonis. Vide, paris sumptionis Quam sit dispar exitus. Fracto demum sacramento, Ne vacilles, sed memento, Tantum esse sub fragmento, Quantum toto tegitur. Nulla rei fit scissura, Signum tantum fit fractura, Qua nec status nec statura Signati minuitur. 12 Fleisch ist Speise, Blut ist Trank; Aber doch harrt der ganze Christus Unter jeder von beiden Gestalten aus. Von dem Zehrer wird er als Unzerschnittener, Unzerbrochener, Unzerteilter, Unversehrter genommen. Einer zehret, tausend zehren, Wieviel diese, soviel jener, Der Gezehrte nicht wird aufgezehrt. Gute zehren, Böse zehren, Aber doch mit ungleichem Zufall, Nämlich am Leben oder Tode. Tod ist Bösen, Leben Guten. Siehe, gleicher Zehrung Wie ungleich der Ausgang.
Hier zeigt sich eine letzte Form- und Sinneinheit. Die abstrakte Dingentferntheit des Geistes hat sich eine abstrakte Form geschaffen als das Absolute, gegenüber der bedrängenden Vielfalt des Lebens, das Ganz-Andere, das als durch die Form Versinnbildetes sich offenbart. Hierbei ist über die bloße Aussage hinaus das Eigentliche und Letzte durch die künstlerische Form der Dichtung ausgedrückt. 13 Ist das Sakrament nun gebrochen, Schwanke nicht, sondern erwäg' es, Daß so viel ist unterm Bruchstück, Wieviel unterm Ganzen verborgen ist. Nicht des Wesenskernes Teilung geschieht, Nur des Zeichens Brechung geschieht, Dadurch weder der Zustand noch die Größe Des Bezeichneten verringert wird. Vgl. Oskar Walzel, Vom Wesen der Dichtung, Leipzig 1928, S. 49: „Nur auf dem Weg über die Erforschung der Gestalt ergibt sich der ganze Gehalt einer Dichtung." 13
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E I N R I C H T U N G DER Ü B E R S E T Z U N G UND B A N D E I N T E I L U N G DER D E U T S C H E N THOMAS-AUSGABE NB.: Um dem Leser auch bei Verlust des lose beiliegenden Lesezeichens das Verständnis der Einrichtung des einzelnen Bandes und außerdem zu jeder Zeit die Übersicht über das ganze Werk zu ermöglichen, geben wir beides jedem Bande an dieser Stelle bei.
I. A U F B A U D E S
ARTIKELS
1. Die Titelfrage zum Artikel stammt nicht von Thomas selbst, sondern ist entnommen dem einleitenden Videtur quod non oder Videtur quod. 2. Auf die Titelfrage folgen einige Argumente gegen die zu erwartende Antwort. Sie enthalten Autoritäts- oder Vernunftgründe, die irgendwie näher an das Problem heranführen. Diese in der Thomas-Literatur meist „Objectiones" genannten Argumente sind in der Übersetzung mit 1., 2., 3. usw., bei Verweisen mit E. ( = Einwand) bezeichnet. 3. Im „Sed contra" folgt dann ein Gegenargument, das nur mit Vorbehalt als Stütze für die eigentliche Lehre des Artikels angesehen werden darf. Zuweilen erhält es gar eine eigene „Lösung", meistens aber wird es ganz übergangen. Die Übersetzung leitet dieses Sed contra mit „Anderseits" ein. 4. Mit „Respondeo dicendum" (in der Übersetzung: „Antwort") beginnt der Hauptteil des Artikels, der die eigentliche Lehre des hl. Thomas enthält. 5. Auf die „Antwort" folgt unter Ad primum, Ad secundum . . . die Lösung der eingangs vorgebrachten Argumente. Sie führt oft den in der „Antwort" entwickelten Gedanken wesentlich weiter. Die Übersetzung leitet sie ein mit Zu 1., Zu 2. usw. 6. Die Angabe der Fundstelle erfolgt in der Übersetzung nur bei Schriftzitaten, und zwar in der heute üblichen Weise. Bei allen anderen Zitaten, in der Regel aus Autoren, die nur dem Wissenschaftler zugänglich sind, gibt die Übersetzung den Namen des Autors, der lateinische Text den Stellennachweis.
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7. Abkürzungen: Cathala = St. Thomae Aqu. in Metaphysicam Aristotelis Commentaria ed. Cathala, Taurini (Italia) 1926. CSEL = Corpus scriptorum ecclesiasticorum latinorum. L = Editio Leonina (Romae 1882 sqq.). MPG = Migne, Patrologiae cursus completus, Beries Graeca. MPL = Migne, Patrologiae cursus completus, series Latina. P = Editio Piana (Romae 1570). Parm. = St. Thom. Aqu. Opera omnia (Parmae 1852 6qq.). Die Rn zum Liber de Causis beziehen sich auf 0. Bardenhewer, Die pseudo-aristotelische Schrift Über das reine Gute, bekannt unter dem Namen Liber de Causis, Freiburg 1882, und geben §, Seite und Zeile dieser Ausgabe.
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II. E I N T E I L U N G
Band 1. Frage Band 2. Frage Band 3. Frage Band 4. Frage Band 5. Frage Band 6. Frage Band 7. Frage Band
8. Frage
DER
SUMMA
THEOLOQICA
I. BUCH 1-- 13: Gottes Dasein und Wesen. 14 - 26: Gottes Leben; Sein Erkennen und Wollen. 27-- 43: Gott, der Dreifaltige. 44 - 64: Schöpfung und Engelwelt. 65-- 74: Das Sechstagewerk. 75-- 89: Wesen und Ausstattung des Menschen. 90--102: Erschaffung und Urzustand des Menschen. 103--119: Erhaltung und Regierung der Welt.
I. TEIL Band 9. Frage 1-- 21: Band 10. Frage 22-- 48: Band 11. Frage 49-- 70:
DES II. BUCHES Ziel und Handeln des Menschen. Die menschlichen Leidenschaften. Grundlagen der menschlichen Handlung. Band 12. Frage 71-- 89: Die Sünde. Band 13. Frage 90--105: Das Gesetz. Band 14. Frage 106--114: Der Neue Bund und die Gnade. II. TEIL 1-- 22: 23-- 33: 34-- 56: 57-- 79: 80--100: 101--122: 123--150: 151--170: 171--182:
DES II. BUCHES Glaube und Hoffnung. Liebe (1. Teil). Liebe (2. Teil); Klugheit. Gerechtigkeit. Die Tugend der Gottesverehrung. Tugenden des Gemeinschaftslebens. Starkmut und Mäßigkeit. Mäßigkeit (2. Teil). Besondere Gnadengaben und die zwei Wege menschlichen Lebens. Band 24. Frage 183--189: Stände und Standespflichten.
Band Band Band Band Band Band Band Band Band
15. 16. 17. 18. 19. 20. 21. 22. 23.
Frage Frage Frage Frage Frage Frage Frage Frage Frage
III. BUCH Band 25. Frage 1— 15: Die Menschwerdung Christi. Band 26. Frage 16— 34: Die Auswirkungen der Menschwerdung. Die Gottesmutter. Band 27. Frage 35— 45: Christi Leben.
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Band 28. Frage 46— 59: Christi Leiden und Erhöhung. Band 29. Frage 60— 72: Die Sakramente. Taufe und Firmung. Band 30. Frage 73— 83: Das Geheimnis der Eucharistie. Band 31. Frage 84— 90: Das Bußsakrament. ERGÄNZUNG ZUM III. BUCH (Supplement) (Band 31.) Frage 1— 16: (Das Bußsakrament.) Band 32. Frage 17— 40: Schlüsselgewalt der Kirche. Letzte Ölung und Priesterweihe. Band 33. Frage 41— 54: Die Ehe (1. Teil). Band 34. Frage 55— 68: Die Ehe (2. Teil). Band 35. Frage 69— 87: Auferstehung des Fleisches. Band 36. Frage 88— 99: Die Letzten Dinge. 1. Zusatzband: Gesamtregister (Personen- und Sachverzeichnis für sämtliche Bände). 2. Zusatzband: Thomas-Lexikon (Wörterbuch der philosophischen und theologischen Fachausdrücke und Einführung in die Grundbegriffe des thomistischen Systems).
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DAS DER
G E H E I M N I S E U C H A R I S T I E
73. F R A G E DAS SAKRAMENT DER E U C H A R I S T I E In der Folge ist das Sakrament der Eucharistie zu betrachten, und zwar: 1. das Sakrament selbst, 2. sein Stoff, 3. seine Form, 4. seine Wirkung, 5. seine Empfänger, 6. sein Diener, 7. sein Ritus. Die erste F r a g e zerfällt in sechs Einzelfragen: 1. Ist die Eucharistie ein Sakrament? 2. Ist sie nur ein Sakrament oder m e h r e r e ? 3. Ist sie heilsnotwendig? 4. Ihre Namen. 5. Ihre Einsetzung. 6. Ihre Bilder. 1. A R T I K E L Ist die Eucharistie ein Sakrament? 1. Auf ein und dasselbe brauchen nicht zwei Sakramente hingeordnet zu sein, denn jedes einzelne Sakrament hat die Kraft, seine [besondere] Wirkung hervorzubringen. Da sowohl die Firmung wie die Eucharistie auf die Vollendung hingeordnet sind (Dionysius), scheint also die Eucharistie kein Sakrament zu sein. Denn die Firmung ist ein Sakrament (65, 1 u. 72, 1). QUAESTIO
LXXIII
DE SACRAMENTO EUCHARISTIAE Consequenter considerandum est de sacramento Eucharistiae; et primo de ipso sacramento; secundo de materia; tertio de forma; quarto de efiectibua 1 ; quinto de recipientübus hoc saoranientum; sexto de ministro; septimo de ritu. Circa primum quaeruntur sex: 1. Utrum Eucharistia sit sacramentum. — 2. Utrum sit unum, vel plura. — 3. Utrum sit de necessitate salutis. — 4. De nominibus ejus. — 5. De institutione ipsius. — 6. De figuris ejus. Utrum
ARTICULUS I E u c h a r i s t i a sit s a c r a m e n t u m
[Supra, q. 65, art. 1; infra, q. 79, art. 5, 7; 4 Sent., dist. 8, q. 1, art. 1, qa 1; 4 Cont. Gent., cap. 61; 1 Cor., cap. 11, lect. 5]
AD PRIMUM sie proceditur. Videtur quod Eucharistia non sit sacramentum. Ad idem enim non debent ordinari duo sacramenta, quia unumquodque sacramentum effleax est ad suum eflectum producendum. Cum ergo ad perfectionem ordinetur confirmatio et Eucharistia, ut dicit Dionysius 4. [et 2.] cap. MPG 3 Eccl. Hier., videtur Eucharistiam non esse sacramentum, cum 404 confirmatio sit sacramentum, ut prius habitum est. 1 I,: effectu. 1*
3
73, l
2. Bei jedem Sakrament des Neuen Gesetzes bewirkt das, was sinnfällig sichtbar ist, die unsichtbare Wirkung des Sakramentes. So verursacht die Abwaschung mit Wasser sowohl das Taufmal als auch die geistige Abwaschung (63, 6 u. 66, 1). Nun bewirken aber die Gestalten von Brot und Wein, welche das Sinnfällige sind in diesem Sakrament, weder den wirklichen Leib Christi, der „Sache und Sakrament" ist, noch auch den mystischen Leib, der die „Nur-Sache" in der Eucharistie ist. Also scheint die Eucharistie kein Sakrament des Neuen Gesetzes zu sein. 3. Die Sakramente des Neuen Gesetzes, die einen Stoff haben, werden im Gebrauch des Stoffes vollzogen, so die Taufe in der Abwaschung und die Firmung in der Bezeichnung mit Chrisam. Wenn die Eucharistie ein Sakrament wäre, würde sie also im Gebrauch des Stoffes vollzogen und nicht in der Weihe dieses Stoffes. Das ist aber offenbar falsch. Denn die Form dieses Sakramentes besteht in den bei der Weihe des Stoffes gesprochenen Worten (78, 1). Also ist die Eucharistie kein Sakrament. ANDERSEITS heißt es in dem Schlußgebet [für die Lebenden und Verstorbenen]: „Dieses Dein Sakrament sei uns nicht Grund zur Bestrafung." ANTWORT: Die Sakramente der Kirche sind darauf hingeordnet, dem Menschen im übernatürlich-geistigen Leben zu helfen. Das übernatürlich-geistige Leben aber QUAESTIO
73, 1
2. PRAETEREA, in quolibet sacramento novae legis id quod visibiliter subjicitur sensui, efflcit invisibilem efiectum sacramenti, sicut ablutio aquae causat et characterem baptismalem et ablutionem spiritualem, sicut supra dictum est. Sed species panis et vini, quae subjiciuntur sensui in hoc sacramento, non efficiunt neque ipsum corpus Christi verum, quod est res et sacramentum, neque corpus mysticum, quod est res tantum in Eucharistia. 1 Ergo videtur quod Eucharistia non sit sacramentum novae legis. 3. PRAETEREA, sacramenta novae legis habentia materiam, in usu materiae perficiuntur, sicut baptismus in ablutione, et confirmatio in chrismatis consignatione. Si ergo Eucharistia sit sacramentum, perficeretur in usu materiae, non in consecratione ipsius materiae; quod patet esse falsum, quia forma hu jus sacramenti sunt verba quae in consecratione materiae dicuntur, ut infra patebit. Ergo Eucharistia non est sacramentum. SED CONTRA est quod in collecta dicitur: „Hoc tuum sacramentum non sit nobis reatus ad poenam." RESPONDEO dicendum quod sacramenta Ecclesiae ordinantur ad subveniendum homini in vita spirituali. Vita autem spiril Cf. Lomb., 4 Sent., dist. 8; MPL 192/857. Innocent. III., 5 Regest.; MPL 214/1121. De Celebr. Miss., cap. Cum Marthae; Frdb. 11/638.
4
ist dem körperlichen Leben gleichgestaltet, weil das 73,1 Körperliche eine Ähnlichkeit des geistigen in sich trägt. Es ist aber klar: wie zum körperlichen Leben die Zeugung verlangt wird, durch die der Mensch das Leben empfängt, und das Wachstum, wodurch er zur Vollkommenheit des Lebens hingeführt wird, so auch die Nahrung, durch die er im Leben erhalten wird. Und deshalb ist, wie für das geistige Leben die Taufe als die geistige Wiedergeburt und die Firmung als das geistige Wachstum nötig ist, so das Sakrament der Eucharistie als die geistige Nahrung nötig. Z u 1. Es gibt eine doppelte Vollkommenheit: die eine im Menschen selbst, zu welcher er durch das Wachstum hingeführt wird, und solche Vollkommenheit gehört zur Firmung. — Die andere Vollkommenheit ist jene, die der Mensch erlangt durch Annahme von Speise oder Kleidung oder ähnlichem. Und solche Vollkommenheit gehört zur Eucharistie, die eine geistige Erquickung ist. Z u 2. Das Taufwasser verursacht eine geistige Wirkung, nicht wegen des bloßen Wassers, sondern wegen der Kraft des Heiligen Geistes, welche dem Wasser innewohnt. Deshalb sagt Chrysostomus zu Jo 5, 4, ,Ein Engel des Herrn stieg von Zeit zu Zeit herab': „In den Getauften wirkt nicht das Wasser schlechthin, sondern wenn es QUAESTIO
73, 1
tualis vitae corporali conformatur, eo quod corporalia spiritualium similitudinem gerunt. Manifestum est autem quod sicut ad vitam corporalem requiritur generatio, per quam homo vitam accipit et augmentum quo homo perducitur ad perfectionem vitae, ita etiam requiritur alimentum quo homo conservatur in vita. Et ideo sicut ad vitam spiritualem oportuit esse baptismum, qui est spiritualis generatio, et conflrmationem, quae est spirituale augmentum, ita oportuit esse sacramentum Eucharistiae, quod est spirituale alimentum. AD PRIMUM ergo dicendum quod duplex est perfectio: una quae est in ipso homine, ad quam perducitur per augmentum; et talis perfectio competit confirmationi. — Alia autem est perfectio quam homo consequitur e x adjunctione alicujus extrinseci hominem conservantis, puta ex adjunctione 1 cibi, vel indumenti, vel alicujus hujusmodi; et talis perfectio competit Eucharistiae quae est spiritualis perfectio 2 . AD SECUNDUM dicendum quod aqua baptismi non causat aliquem spiritualem efiectum propter ipsam aquam, sed propter virtutem Spiritus sancti in aqua existentem. Unde Chrysosto- MPG mus dicit super illud Joan. 5, ,Angelus Domini secundum 59/204 tempus' etc. [hom. 36 in J o a n . ] : „In baptizatis non simpliciter 1 L om.: alicuius . . . adiunctione. 2 P et L: refcctio.
5
73, l die Gnade des Heiligen Geistes aufgenommen hat, dann löst es alle Sünden." Wie sich aber die Kraft des Heiligen Geistes zum Taufwasser verhält, so verhält sich der wahre Leib Christi zu den Gestalten von Brot und Wein. Darum wirken die Gestalten von Brot und Wein nur durch die Kraft des wahren Leibes Christi. Z u 3. Etwas heißt Sakrament, sofern es etwas Heiliges (sacrum) enthält. Heilig kann aber etwas in doppelter Weise sein: in sich selbst und in Hinordnung auf etwas anderes. Dieses ist aber der Unterschied zwischen der Eucharistie und den anderen Sakramenten, die einen sinnfälligen Stoff haben [1 ], daß die Eucharistie etwas in sich Heiliges enthält, nämlich Christus selbst; das Taufwasser dagegen enthält etwas, das in Hinordnung auf etwas anderes heilig ist, nämlich die Kraft zum Heiligmachen, und dasselbe gilt vom Chrisam und ähnlichem. Deshalb wird das Sakrament der Eucharistie in der Weihe des Stoffes vollzogen, die anderen Sakramente dagegen werden vollzogen, wenn der Stoff angewandt wird, um den Menschen zu heiligen. Daraus ergibt sich noch ein anderer Unterschied: im Sakrament der Eucharistie ist das, was „Sache und Sakrament" ist, im Stoffe selbst; die „Nur-Sache" aber ist im Empfänger, nämlich die mitgeteilte Gnade. In der Taufe dagegen ist beides im Empfänger, nämlich das Q UA E ST Io
73,
l
aqua operatur, sed cum Spiritus sancti susceperit gratiam, tunc omnia solvit peccata." Sicut autem se habet virtus Spiritus sancti ad aquam baptismi, ita se habet corpus Christi verum ad species panis et vini; unde species panis et vini non efficiunt aliquid nisi virtute corporis Christi veri. AD TiERTIUM dicendum quod sacramentum dicitur ex eo quod continet aliquid sacrum. Potest autem aliquid esse sacrum dupliciter, scilicet absolute et in ordine ad aliud. Haec autem est diflerentia inter Eucharistiam et alia sacramenta habentia materiam sensibilem, quod Eucharistia continet aliquid sacrum absolute, scilicet ipsum corpus Christi 1 ; aqua vero baptismi continet aliquid sacrum in ordine ad aliud, scilicet virtutem ad sanctificandum; et eadem ratio est de chrismate et similibus. Ed ideo sacramentum Eucharistiae perficitur in ipsa consecratione materiae; alia vero sacramenta perficiuntur in applicatione materiae ad hominem sanctificandum. Et ex hoc etiam consequitur alia diflerentia: nam in sacramento Eucharistiae id quod est res et sacramentum, est in ipsa materia; id autem quod est res tantum, est in suscipiente, scilicet gratia quae confertur; in baptismo autem utrumque 1
6
P et L: ipsum Christum.
Taufmal als „Sache und Sakrament" und die Gnade des 73, 2 Sündennachlasses als die „Nur-Sache". Dasselbe gilt auch von den anderen Sakramenten [2 ]. 2. A R T I K E L Ist die Eucharistie
nur ein Sakrament
oder
mehrere?
1. Im Schlußgebet [für die Lebenden und Verstorbenen] heißt es: „Reinigen mögen uns, wir bitten, 0 Herr, 1 die Sakramente, die wir empfangen haben", und dies ist vom Genuß der Eucharistie gemeint. Also besteht die Eucharistie nicht aus einem Sakrament, sondern aus mehreren. 2. Es ist unmöglich, daß die Gattung vervielfältigt wird, ohne daß auch die Art vervielfältigt wird, z. B. daß der eine Mensch [als Art] aus mehreren Sinnenwesen bestünde. „Zeichen" ist aber die Gattung von „Sakrament" (60, 1). Da nun in der Eucharistie mehrere Zeichen sind, nämlich das des Brotes und das des Weines, scheint zu folgen, daß sie aus mehreren Sakramenten besteht. 3. Dieses Sakrament wird durch die Weihe des Stoffes vollzogen (Art. 1 Zu 3). Hier liegt aber eine zweifache Weihe des Stoffes vor. Also gibt es hier ein zweifaches Sakrament. QUAESTIO
73,
2
est in suscipiente, scilicet et character, qui est res, et sacramentum, et gratia remissionis peccatorum, quae est res tantum. Et eadem ratio est de aliis sacramentis. A R T I C U L U S II Utrum E u c h a r i s t i a sit unum s a c r a m e n t u m p1ura
vel
[Infra, q. 78, art. 6 a d 2; 4 Sent., d i s t . 8, q. 1, art. 1, qa 2]
AD SECUNDUM sie proceditur. Videtur quod Eucharistia non sit unum sacramentum, sed plura. Dicitur enim in collecta: „Purificent nos Domine, sacramenta quae sumpsimus"; quod quidem dicitur propter Eucharistiae suseeptionem. Ergo Eucharistia non est unum sacramentum, sed plura. 2. PRAETEREA, impossibile est, multiplicato genere, non multiplicari speciem, sicut quod unus homo sit plura animalia. Sed Signum est genus sacramenti, ut supra dictum est. Cum igitur in Eucharistia sint plura signa, scilicet panis et vinum, videtur consequens esse quod sint plura sacramenta. 3. PRAETEREA, hoc sacramentum perfleitur in consecratione materiae, sicut dictum est. Sed in hoc sacramento est duplex materiae consecratio. Ergo est duplex sacramentum. 1 Das R ö m i s c h e M e ß b u c h l ä ß t d a s ,0 Herr' d e s D o m i n i k a n e r - M i s s a l e s aus u n d b i e t e t statt d e s s e n . a l l m ä c h t i g e r u n d b a r m h e r z i g e r Gott'.
7
73,2
ANDERSEITS sagt der Apostel 1 Kor 10, 17: „ E i n Brot, — und (so) sind wir viele e i n Leib, alle, die wir (ja) Anteiil an dem e i n e n Brote und dem e i n e n Kelche 1 haben." Daraus erhellt, daß die Eucharistie das Sakrament der kirchlichen Einheit ist [Augustinus]. Das Sakrament zeigt aber eine Ähnlichkeit mit der Sache, deren Sakrament es ist. Also ist die Eucharistie e i n Sakrament. ANTWORT: Eines heißt nicht nur, was unteilbar oder stetig, sondern auch, was vollständig ist (Aristoteles). In diesem Sinne spricht man von e i n e m Haus und e i n e m Menschen. Eines an Vollständigkeit ist aber das, zu dessen Ganzheit alles von seinem Ziel Geforderte zusammentrifft. So wird, der Mensch zu einem Ganzen aus allen der Seele zur Tätigkeit notwendigen Gliedern und ein Haus aus den zum Bewohnen unerläßlichen Bestandteilen. Und so wird dieses Sakrament eines genannt. Es ist nämlich auf die geistige Erquickung hingeordnet, welche der leiblichen entsprechend ist. Zur leiblichen Erquickung nun braucht es zweierlei: Speise als feste und Trank als flüssige Nahrung [3]. Deshalb wirken auch zur Ganzheit dieses Sakramentes zweierlei Dinge zusammen, nämlich die geistige Speise und der geistige Trank nach Jo 6, 56: „Mein Fleisch ist wahrhaft eine Speise und mein Blut ist wahrhaft ein Trank." Also besteht dieses Sakrament QUAESTIO
73, 2
SED CONTRA est quod Apostolus dicit 1 Cor. 10: „Unus panis et unum corpus multi suinus omnes qui de uno pane et de uno calice participamus" ; ex quo patet quod Eucharistia M P L est sacramentum ecclesiasticae unitatis [cf. August., tr. 26 in 35/1613 Joan.]. Sed sacramentum similitudinem gerit rei cujus est sacramentum. Ergo Eucharistia est unum sacramentum. RESPONDEO dicendum quod, sicut dicitur 5 Metaph. [lib. 4. loifib c. 6], unum dicitur, non solum quod est indivisibile, vel quod est il sqq. continuum, sed etiam quod est perfectum, sicut dicitur una domus et unus homo. Est autem unum perfectione, ad cujus integritatem concurrunt omnia quae requiruntur ad finem ejusdem; sicut homo integratur ex omnibus membris necessariis ad operationem animae, et domus integratur ex omnibus partibus quae sunt necessariae ad inhabitandum. Et sic hoc sacramentum dicitur unum: ordinatur enim ad spiritualem refectionem, quae corporali conformatur. Ad corporalem autem refectionem duo requiruntur, scilicet cibus, qui est alimentum siccum, et potus, qui est alimentum humidum. Et ideo etiam ad integritatem hujus sacramenti duo concurrunt, scilicet spiritualis cibus et spiritualis potus, secundum illud Joan. 6: „Caro mea vere est cibus, et sanguis meus vere est potus." 1 ,und dem e i n e n Kelche' fehlt In den meisten Bibel-Hss.; Zusatz der Itala. Thomas bietet den erweiterten Text auch in dem von ihm verfaßten Fronleichnamsoffizium, im 9. Wechselgesang der Metten.
8
stofflich zwar aus mehreren, dem Wesen nach, und sofern 73,3 es vollständig ist, aber ist es eines [4 ]. Z u 1. In demselben Schlußgebet heißt es zuerst in der Mehrzahl: „die Sakramente, die wir empfangen haben, mögen uns reinigen", und nachher wird in der Einzahl hinzugefügt: „Dieses Sakrament sei uns nicht Grund zur Bestrafung." Das soll darauf hinweisen, daß dieses Sakrament in gewissem Sinn mehrere, schlechthin jedoch eines ist. Zu 2. Brot und Wein sind zwar stofflich mehrere Zeichen, jedoch dem Wesen und der Vollständigkeit [des Mahles ] nach eines, insoweit aus ihnen e i n e Erquickung bewirkt wird. Z u 3. Aus der zweifachen Weihe dieses Sakramentes kann nicht mehr gefolgert werden, als daß es stofflich aus mehreren besteht (Antwort). 3. A R T I K E L Ist dieses Sakrament heilsnotwendig? 1. Der Herr sagt Jo 6, 53: „Wenn ihr das Fleisch des Menschensohnes nicht esset und Sein Blut nicht trinket, werdet ihr das Leben nicht in euch haben." In dieQUAESTIO
73, 3
Ergo hoc sacramentum multa quidem est materialiter, sed unum formaliter et perfective. AD PRIMUM ergo dicendum quod in eadem collecta et pluraliter dicitur primo: „Purificent nos sacramenta quae sumpsiITIUS"; et postea singulariter subditur: „Hoc tuum sacramentum non sit nobis reatus ad poenarn"; ad ostendendum quod hoc sacramentum quodammodo est multa, simpliciter autem unum. AD SECUNDUM dicendum quod panis et vinum materialiter quidem sunt plura signa, formaliter vero et perfective unum, inquantum ex eis perficitur una refectio. AD TERTIUM dicendum quod ex hoc quod est duplex consecratio hujus sacramenti, non potest plus haberi nisi quod hoc sacramentum materialiter est multa, ut dictum est. A R T I C U L U S III U t r u m hoc s a c r a m e n t u m sit de sa1utis
necessitate
[Infra, q. 80, art. 11; 4 Sent., dist. 9, art. 1, qa 2; dist. 12, q. 3, art. 2, qa 1; Joan., cap. 6, lect. 7]
AD TERTIUM sie proceditur. Videtur quod hoc sacramentum sit de necessitate salutis. Dicit enim Dominus Joan. 6: „Nisi mandueaveritis carnem Filii hominis, et biberitis ejus sanguinem, non habebitis vitam in vobis." Sed in hoc sacramento
9
73,3 sem Sakrament nun ißt man das Fleisch Christi und trinkt dessen Blut. Also kann ohne dieses Sakrament der Mensch das Heil des geistigen Lebens nicht haben. 2. Dieses Sakrament ist eine Art geistiger Nahrung. Leibliche Nahrung ist aber notwendig für das leibliche Heil. Also ist auch dieses Sakrament notwendig für das geistige Heil. 3. Wie die Taufe das Sakrament des Herrnleidens, ohne das es kein Heil gibt, ist, so auch die Eucharistie. Denn „sooft ihr dieses Brot esset und den Kelch trinket, verkündet ihr den Tod des Herrn, bis Er wiederkommt" (1 Kor 11, 26). Also ist wie die Taufe, so auch dieses Sakrament heilsnotwendig. ANDERSEITS schreibt Augustinus dem Bonifatius gegen die Pelagianer: „Denkt nicht, die Kinder, welche des Leibes und Blutes Christi nicht teilhaftig sind, könnten nicht das Leben haben" [5]. ANTWORT: Zwei Dinge sind bei diesem Sakrament im Auge zu behalten, nämlich das Sakrament selbst und die Sache des Sakramentes. Wie gesagt (Art. 1 E. 2; 2 Anderseits), ist die Sache des Sakramentes die Einheit des mystischen Leibes, ohne die es kein Heil geben kann. Denn niemandem steht außerhalb der Kirche der Zugaug zum Heil offen, ebensowenig wie in der Sintflut außerhalb der Arche des Noah, die die Kirche bezeichnet (1 Petr QUAESTIO
73, 3
manducatur caro Christi, et bibitur sanguis ejus. Ergo sine hoc sacramento non potest homo habere salutem spiritualis vitae. 2. PRAETEREA, hoc sacramentum est quoddam spirituale alimentum. Sed alimentum corporale est de necessitate corporalis salutis. Ergo etiam hoc sacramentum est de necessitate spiritualis salutis. 3. PRAETEREA, sicut baptismus est sacramentum dominicae passionis, sine qua non est salus, ita et Eucharistia; dicit enim Apostolus (1 Cor. 11) : „Quotiescumque manducabitis panem hunc, et calicem bibetis, mortem Domini annuntiabitis, donec veniat." Ergo sicut baptismus est de necessitate salutis, ita etiam hoc sacramentum. MPL SED CONTRA est quod Augustinus scribit Bonifacio contra 44/570 Pelagianos [1 contra duas ep. Pel., cap. 22] : „Nec illud cogitetis parvulos vitam habere non posse, qui sunt expertes corporis et sanguinis Christi." RESPONDEO dicendum quod in hoc sacramento duo est considerare, scilicet ipsum sacramentum et rem sacramenti. Dictum est autem quod res sacramenti est unitas corporis mystici, sine qua non potest esse salus; nulli enim patet aditus salutis extra Ecclesiam, sicut nec in diluvio absque arca Noe, quae signifìcat Ecclesiali!, ut habetur 1 Petri 3. Dictum est autem supra,
10
3, 20 f.) [6]. Ferner wurde oben gesagt (68, 2), die Sache 73,3 eines Sakramentes könne vor dem Empfang des Sakramentes zuteil werden schon durch das Verlangen, das Sakrament zu empfangen. Darum kann vor dem Empfang dieses Sakramentes der Mensch das Heil erhalten durch das Verlangen, dieses Sakrament zu empfangen, so wie auch vor der Taufe durch das Verlangen nach ihr (ebd.). Doch besteht ein Unterschied in doppelter Hinsicht: Erstens: Die Taufe ist der Ursprung des geistigen Lebens und „die Pforte zu den Sakramenten". Die Eucharistie hingegen ist gleichsam „die Vollendung" des geistigen Lebens und „das Ziel aller Sakramente" (63, 6; 65, 3). Denn durch das heiligende Wirken aller Sakramente wird auf den Empfang und die Weihe [6 a ] der Eucharistie vorbereitet. Darum ist der Empfang der Taufe notwendig, um das geistige Leben zu beginnen, der Empfang der Eucharistie aber ist notwendig, um es zu vollenden. Doch ist dazu nicht notwendig, daß man sie wirklich empfange, sondern es genügt, sie dem Verlangen nach zu haben, wie man auch das Ziel in der Sehnsucht und in der Absicht hat. Der zweite Unterschied ist folgender: Durch die Taufe wird der Mensch auf die Eucharistie hingeordnet. Darum werden die Kinder schon dadurch, daß sie getauft werden, durch die Kirche auf die Eucharistie hingeordnet. Und wie sie aus dem Glauben der Kirche heraus glauben [68, 9 Q U A E S T I O 73, .1
quod res alicujus sacramenti haberi potest ante perceptionem sacramenti ex ipso voto sacramenti percipiendi. Unde ante perceptionem hujus sacramenti potest homo habere salutem ex voto percipiendi hoc sacramentum, sicut et ante baptismum ex voto baptismi, ut supra dictum est. Est tarnen differentia quantum ad duo: primo quidem quia baptismus est principium spiritualis vitae, et janua sacramentorum; Eucharistia vero est quasi „consummatio" spiritualis vitae, et „omnium sacramentorum Anis",1 ut supra dictum est; per sanctificationes enim omnium sacramentorum fit praeparatio ad suscipiendam vel consecrandam Eucharistiam. Et ideo perceptio baptismi est necessaria ad inchoandam spiritualem vitam, perceptio autem Eucharistiae est necessaria ad consummandam ipsam, non ad hoc quod simpliciter habeatur, sed sufficit eam habere in voto, sicut et finis habetur in desiderio et intentione. Alia differentia est quia per baptismum ordinatur homo ad Eucharistiam, et ideo ex hoc ipso quod pueri baptizantur, ordinantur per Ecclesiam ad Eucharistiam, et sicut ex fide 1
2*
Cf. D i o n y s i u s , E c c l e s . Iiier., cap. 3; MPG 3/425.
11
73,3 Zu 1], so haben sie aus der Absicht der Kirche heraus ein Verlangen nach der Eucharistie und empfangen folglich deren Sache. Auf die Taufe dagegen werden sie nicht durch ein anderes vorausgehendes Sakrament hingeordnet. Deshalb haben die Kinder vor dem Taufempfang die Taufe nicht irgendwie im Verlangen, sondern nur die Erwachsenen. Daher können die Kinder die Sache des Sakramentes nicht empfangen ohne den Empfang des „Sakramentes". Somit ist dieses Sakrament nicht in der Weise wie die Taufe heilsnotwendig [7]. Z u 1. Augustinus [8] erklärt jene Johannesstelle (6, 54) so: „Unter dieser Speise und diesem Tranke" —Seines Fleisches und Blutes nämlich — „will Er die Gemeinschaft des Leibes und Seiner Glieder verstanden wissen, d. i. die Kirche in ihren vorherbestimmten, berufenen, gerechtfertigten, verherrlichten Heiligen und Gläubigen". Daher darf, wie er im Brief an Bonifatius sagt, „niemand irgendwie zweifeln, daß dann jeder Gläubige des Leibes und Blutes des Herrn teilhaftig werde, wenn er durch die Taufe zum Glied am Leibe Christi gemacht wird. Auch gehe er der Gemeinschaft mit jenem Brote und Kelche nicht verlustig, selbst wenn er vor dem Essen jenes Brotes und Trinken des Kelches, in die Einheit des Leibes Christi eingefügt, aus dieser Welt scheidet". Z u 2. Der Unterschied zwischen leiblicher und geistiger Q U A E S T I O
73,
3
Ecclesiae credunt, sie ex intentione Ecclesiae desiderant Eucharistiam, et per consequens reeipiunt rem ipsius. Sed ad baptismum non ordinantur per aliud praecedens sacramentum, et ideo ante suseeptionem baptismi non habent pueri aliquo modo baptismum in voto, sed soli adulti; unde rem sacramenti non possunt pereipere sine pereeptione sacramenti. Et ideo hoc sacramentum non hoc modo est de necessitate salutis, sicut baptismus. A D P R I M U M ergo dicendum quod, sicut Augustinus dicit MPL [tr. 26 in Joan.], exponens illud verbum Joan.: „Hunc eibum 35/1614 e t potum", scilicet carnis suae et sanguinis, „societatem vult intelligi corporis, et membrorum suorum, quod est Ecclesia in praedestinatis, et vocatis, et justificatis, et glorificatis sanetis et fidelibus ejus". Unde, sicut ipse dicit in epist. ad Bonifacium, 1 „nulli est aliquatenus ambigendum, tunc unumquemque fidelium corporis sanguinisque Domini partieipem fieri, quando in baptismate membrum corporis Christi effleitur; nec alienari ab illius panis calicisque consortio, etiamsi antequam panem illum comedat, et calicem bibat, de hoc saeculo in unitate corporis Christi constitutus abscedat". A D S E C U N D U M dicendum quod haec est diflerentia inter 1 Cf. Gratian., F r d b . 1/1404.
12
De
Consecraf.ione,
dist.
4,
c.ap.
131,
can.
Nulli
est;
Speise besteht darin, daß die leibliche Nahrung in den 73, 3 Leib dessen, der genährt wird, verwandelt wird; darum kann dem Menschen zur Lebenserhaltung die leibliche Speise nur dienen, wenn sie wirklich genommen wird. Die geistige Speise aber verwandelt den Menschen in sich selber, wie Augustinus, gleichsam als hätte er die Stimm« Christi gehört, sagt: „Nicht du wirst Mich in dich verwandeln wie die Speise deines Leibes, sondern du wirst in Mich verwandelt werden" [9]. Es kann aber einer in Christus verwandelt und Ihm einverleibt werden durch das Verlangen des Geistes, auch ohne dieses Sakrament zu empfangen. Es ist also nicht das Gleiche. Z u 3. Die Taufe ist das Sakrament des Todes und Leidens Christi, sofern der Mensch durch die Kraft dieses Leidens in Christus wiedergeboren wird. Die Eucharistie hingegen ist das Sakrament des Leidens Christi, sofern der Mensch [durch sie] vollendet wird in der V e r e i n i g u n g mit dem durch das Leiden hindurchgegangenen Christus. Wie darum die Taufe „Sakrament des Glaubens" 1 genannt wird, der die Grundlage des geistigen Lebens ist, so wird die Eucharistie „Sakrament der Minne" genannt, die das „Band der Vollkommenheit" ist (Kol 3, 14). Q U A K S T I O 73,
3
alimentum corporale et spirituale, quod alimentum corporale convertitur in substantiam ejus qui nutritur, et ideo non potest homini valere ad vitae conservationem alimentum corporale, nisi realiter suniatur; sed alimentum spirituale convertit hominem in seipsum, secundum illud quod Augustinus dicit in libro mpl Confess. [lib. 7, cap. 10], quod quasi audivit vocem Christi 3 2 ' 7 4 2 dicentis sibi: „Nec tu me mutabis in te, sicut cibum carnis tuae, sed tu mutaberis in me." Potest autem aliquis in Christum 2 mutari, et ei incorporari voto mentis, etiam sine hujus sacramenti perceptione. Et ideo non est simile. AD TERTIUM dicendum quod baptismus est sacramentum mortis et passionis Christi, prout homo regeneratur in Christo virtute passionis ejus; sed Eucharistia est sacramentum passionis Christi, prout homo perficitur in unione ad Christum passum. Unde sicut baptismus dicitur sacramentum fidei, quae est fundamentum spiritualis vitae, ita Eucharistia dicitur sacramentum charitatis, „quae est vinculum perfectionis", ut dicitur Col. 3. 1 Vgl. 39, 5 u. Anm. [29]: Bd. 27; 66, 1 Zu 1 u. Anm. [93]: Bd. 29. 2 P: Christo.
13
4
4. A R T I K E L Wird dieses Sakrament sinnvoll mit mehreren Namen benannt? 1. Die Namen müssen den Dingen entsprechen. Dieses Sakrament ist aber eines (Art. 2). Also darf es nicht mit mehreren Namen benannt werden. 2. Es ist nicht sinnvoll, die Art kenntlich zu machen durch das, was der ganzen Gattung gemeinsam ist. Die Eucharistie nun ist ein Sakrament des Neuen Gesetzes. Allen Sakramenten [des NT ] aber ist gemeinsam, daß sie Gnade verleihen, was eben der Name ,Eucharistie', d. h. ,gute Gnade', bezeichnet. Ferner verschaffen uns alle Sakramente ein Heilmittel auf dem Wege durchs gegenwärtige Leben — und dies gehört zum Begriff der ,Wegzehrung'. Sodann wird in allen Sakramenten etwas Heiliges getan — und das fällt unter den Begriff des ,sacrificium' [ = Heiliges Tun, Opferung], Endlich treten die Gläubigen durch alle Sakramente miteinander in Gemeinschaft — und das liegt im griechischen Namen ,Synaxis' [ = Versammlung], bzw. im lateinischen ,Communio' [ = Gemeinschaft]. Also ist es nicht sinnvoll, diese Namen diesem Sakramente beizulegen. 3. Opfergabe scheint dasselbe zu sein wie Opferung. Wie nun die Eucharistie nicht eigentlich Opferung heißt, so auch nicht eigentlich ,Opfergabe'. QUAESTIO
Utrum
73, 4
A R T I C U L U S IV c o n v e n i e n t e r hoc sacra men tum bus n o m i n i b u s n o m i n e t u r
pluri-
[Infra, q. 79, art. 2; 4 Sent., dist. 8, q. 1, art. 1, qa 3]
AD QUARTUM sie proceditur. Videtur quod inconvenienter hoc sacramentum pluribus nominibus nominetur. Nomina enim debent respondere rebus. Sed hoc sacramentum est unum, ut dictum est. Ergo non debet pluribus nominibus nominari. 2. PRAETEREA, species non notificatur convenienter per id quod est commune toti generi. Sed Eucharistia est sacramentum novae legis; omnibus autem sacramentis commune est quod in eis confertur gratia, quod signifleat nomen ,Eucharistia', quod est idem quod ,bona gratia'; omnia etiam sacramenta remedium nobis afferunt in via praesentis vitae, quod pertinet ad rationem ,viatici'; in omnibus etiam sacramentis fit aliquid sacrum, quod pertinet ad rationem ,sacrificii'; et per omnia sacramenta sibi invicem communicant fideles, quod signifleat hoc nomen ,synaxis' in Graeco, vel ,communio' in Latino. Ergo haec nomina non convenienter adaptantur huic sacramento. 3. PRAETEREA, hostia videtur esse idem quod sacrificium. Sicut ergo non proprie dicitur sacrificium, ita nec proprie dicitur ,hostia'.
14
ANDERSEITS steht dem der Gebrauch der Gläubigen 73, 4 entgegen [10]. ANTWORT: Dieses Sakrament hat eine dreifache Bezeichnung. Die eine hat es im Hinblick auf das Vergangene: es ist Erinnerung an das Herrnleiden, das eine wirkliche Opferung gewesen ist (48, 3). Aus diesem Grunde heißt es ,Opferung'. Eine andere Bezeichnung hat es im Hinblick auf die gegenwärtige „Sache", nämlich die kirchliche Einheit, zu der die Menschen durch dieses Sakrament zusammengeschlossen werden. Unter diesem Gesichtspunkt heißt es Kommunion oder Synaxis. So sagt Johannes von Damaskus: „Die Eucharistie heißt Kommunion [d. i. Gemeinschaft], weil wir durch sie mit Christus in Gemeinschaft treten und Seines Fleisches und Seiner Gottheit teilhaftig werden, und weil wir durch sie auch untereinander zu einer Gemeinschaft und Einheit werden." Eine dritte Bezeichnung hat dieses Sakrament im Hinblick auf das Zukünftige, sofern es nämlich den Genuß Gottes im Vaterland vorausbezeichnet [11]. Und insofern heißt es Wegzehrung. Denn diese ist uns der Weg, auf dem wir dorthin gelangen. Aus dem gleichen Grunde heißt es auch Eucharistie, d. h. ,gute Gnade', weil „die Gnade Gottes das ewige Leben" ist (Rom 6, 23) oder weil sie in Wirklichkeit Christus enthält, der ,voll der Gnade' ist [vgl. Jo 1, 14]. QUAESTIO
73, 4
SED CONTRA est quod usus fidelium habet. RESPONDEO dicendum quod hoc sacramentum habet triplifem signiflcationem: unam quidem respectu praeteriti, inquantum scilicet est commemorativum dominicae passionis, quae fuit verum sacrificium, ut supra dictum est, et secundum hoc nominatur ,sacrificium'. Aliam autem signiflcationem habet respectu rei praesentis, scilicet ecclesiasticae unitatis, cui homines aggregantur per hoc sacramentum; et secundum hoc nominatur ,communio', vel synaxis. Dicit enim Damaecenus (4. libro de Fid. Orth., cap. 13), MPG quod dicitur ,communio', quia communicamus per ipsam Christo, 9 4 / 1 1 5 3 et quia participamus ejus carne et d i v i n i t a t e \ et quia communicamus et unimur ad invicem per ipsam. Tertiam signiflcationem habet respectu futuri, inquantum scilicet hoc sacramentum est praeflgurativum fruitionis Dei, quae erit in patria, et secundum hoc dicitur ,viaticum', quia hic praebet nobis viam illuc perveniendi. — Et secundum hoc etiam dicitur Eucharistia, id est, ,bona gratia', quia „gratia Dei vita aeterna", ut dicitur Rom. 6; vel quia realiter continet Christum, qui est ,plenus gratia'. 1
P et L: deitate.
15
73,5
Im Griechischen heißt es auch Metalepsis, d. h. Aufnahme, denn „durch es nehmen wir die Gottheit des Sohnes auf" (Johannes von Damaskus) [12]. Z u 1. Nichts verbietet, ein und dasselbe mit mehreren Namen zu benennen nach seinen verschiedenen Eigentümlichkeiten oder Wirkungen. Z u 2. Was allen Sakramenten gemeinsam ist, wird in betonter Weise [13] der Eucharistie wegen ihres Vorrangs zugeschrieben. Z u 3. Dieses Sakrament heißt ,Opfer', sofern es das Leiden Christi selbst vergegenwärtigt. Es heißt aber ,Opfergabe', sofern es Christus selber enthält, der „die heilbringende Opfergabe" ist (Eph 5, 2; vgl. Off. Corp. Chr., 5. Str. des Laudeshymnus). 5. A R T I K E L War die Einsetzung
dieses
Sakramentes
angemessen?
1. Aristoteles sagt: „ Wir ernähren uns aus denselben [Grundstoffen], aus denen wir auch sind". Durch die Taufe aber, die übernatürlich-geistige Wiedergeburt, empfangen wir das übernatürlich-geistige Sein (Dionysius). QUAESTIO
73, 5
Dicitur etiam in graeco ,metalepsis', id est, ,assumptio', quia, ibid. ut Damascenus dicit, „per hoc Filii Deitatem assumimus". ÄD PRIMUM ergo dicendum quod nihil prohibet idem pluribus nominibus nominari, secundum diversas proprietates vel effectus. AD SECUNDUM dicendum quod id quod est commune Omnibus sacramentis, attribuitur antonomastice huic propter ejus excellentiam. AD TERTIUM dicendum quod hoc sacramentum dicitur ,sacrificium', inquantum repraesentat ipsam passionem Christi; dicitur autem ,hostia', inquantum continet ipsum Christum, qui est „hostia salutaris l t t , ut dicitur Ephes. 5. ARTICULUS V Utrum fuerit conveniens ins tituti o i stiu s sacramenti [Infra, q. 74, art. 4 ad 1; q. 80, art. 8 ad 1; q. 83, art. 2 ad 3; 4 Sent., dist. 8, q. 1, art. 3; Matth., cap. 26; 1 Cor., cap. 11, lect. 4. 5] 2
AD QUINTUM sie proceditur. Videtur quod non fuerit conveniens institutio hujus sacramenti. Ut enim Philosophus dicit 335 a 10 2 de Gener. et Corr. [cap. 8], „ex eisdem nutrimur, ex quibus sumus". Sed per baptismum, qui est spiritualis regeneratio, MPG aeeipimus esse spirituale, ut Dionysius dicit 2. cap. Eccl. Hier. 3/392
1
L: suavitatis. 2 Die schon in den Hss. des 14. Jahrhunderts Thomas zugeteilten und noch in L unter den Parallelstellen zu 73, 5; 74, 1. 3; 75, 1; 76, 8; 80, 1 a n g e g e b e n e n 32 Sermones de venerabili Sacramento altaris gehören Albert d. Gr. zu.
16
Folglich werden wir durch die Taufe auch genährt. Nicht 73, 6 also ist es notwendig gewesen, dieses Sakrament als eine geistige Nahrung einzusetzen. 2. Durch dieses Sakrament werden die Menschen mit Christus vereinigt wie die Glieder mit dem Haupte. Christus ist aber das Haupt aller Menschen, auch jener, die seit Anbeginn der Welt gelebt haben (8, 3). Also durfte die Einsetzung dieses Sakramentes nicht bis zum Abendmahle des Herrn aufgeschoben werden. 3. Dieses Sakrament wird nach Mt 26 [vgl. Lk 22, 19; 1 Kor 11,24 f. ]: „Tut dies zu Meinem Gedächtnis!" Gedächtnis des Herrnleidens genannt. Allein „Gedächtnis bezieht sich auf Vergangenes" [Aristoteles]. Also durfte dieses Sakrament nicht v o r dem Leiden Christi eingesetzt werden. 4. Durch die Taufe wird einer auf die Eucharistie hingeordnet, die nur Getauften gereicht werden darf. Die Taufe wurde jedoch n a c h Christi Leiden und Auferstehung eingesetzt (Mt 28, 19). Also war es nicht angebracht, daß die Eucharistie v o r dem Leiden Christi eingesetzt wurde. ANDERSEITS: Dieses Sakrament ist von Christus eingesetzt worden und von Ihm heißt es Mk 7, 37: „Alles hat Er gut gemacht." ANTWORT: Passend wurde dieses Sakrament beim Abendmahl eingesetzt, bei dem Christus zum letztenmal mit Seinen Jüngern zusammen war. Und das erstens mit QUAESTIO
73, 5
Ergo per baptismum etiam nutrimur. Non ergo fuit necessariuni instituere hoc sacramentum quasi spirituale nutrimentum. 2. PRAETEREA, per hoc sacramentum homines Christo uniuntur sicut membra capiti. Sed Christus est caput omnium hominum, etiam qui fuerunt ab initio mundi, ut supra dictum est. Ergo non debuit institutio hujus sacramenti differri usque ad coenam Domini. 3. PRAETEREA, hoc sacramentum dicitur memoriale dominicae passionis, secundum illud Matth. 26: „Hoc tacite in meam commemorationem." Sed „memoria est praeteritorum" [Arist., 449 b 15 De Mem. et Remin., cap. 1], Ergo hoc sacramentum non debuit institui ante Christi passionem. 4. PRAETEREA, per baptismum aliquis ordinatur ad Eucharistiam, quae non nisi baptizatis dari debet. Sed baptismus institutus fuit post Christi passionem et resurrectionem, ut patet Matth, ult. Ergo inconvenienter hoc sacramentum fuit ante passionem Christi institutum. SED CONTRA est quod hoc sacramentum est institutum a Christo, de quo dicitur Marci 7: „Bene omnia fecit." RESPONDEO dicendum quod convenienter hoc sacramentum institutum fuit in coena, in qua scilicet Christus ultimo cum suis discipulis fuit conversatus. Primo quidem ratione con-
17
73,5 Rücksicht auf den Inhalt dieses Sakramentes. Christus selbst ist nämlich in der Eucharistie wie im Sakrament [14] enthalten Als daher Christus selber in Seiner eigenen Gestalt von den Jüngern zu scheiden sich anschickte, hinterließ Er ihnen sich selber in sakramentaler Gestalt, ähnlich wie in Abwesenheit des Kaisers sein Bild zur Verehrung geboten wird. Hierüber sagt Eusebius [15]: „Weil Er den Leib, den Er angenommen hatte, den Blicken entziehen und über die Sterne erheben sollte, mußte Er am Tage des Abendmahles uns das Sakrament Seines Leibes und Blutes weihen, damit im Geheimnis ständig verehrt werden könnte, was als Lösegeld einmal geopfert wurde." Zweitens: Ohne den Glauben an das Leiden Christi konnte es niemals ein Heil geben; Rom 3, 25: „Ihn hat Gott als Versöhner hingestellt durch den Glauben an Sein Blut." 1 Deshalb mußte es jederzeit bei den Menschen eine Darstellung des Herrnleidens geben. Dafür war im Alten Bund das hauptsächliche Sakrament 2 das Osterlamm [vgl. Art. 6]. Daher sagt der Apostel 1 Kor 5, 7: „Christus ist als unser Osterlamm geschlachtet worden." An die Stelle des Osterlammes trat im Neuen Bund das Sakrament der Eucharistie, das an das vergangene Leiden Christi erinnert, so wie jenes das künftige vorbildete. Darum geQ U A E S T I O 73, 5
tinentiae hu jus sacramenti: continetur enim ipse Christus in Eucharistia sicut in sacramento. Et ideo quando ipse Christus in propria specie a discipulis discessurus erat, in sacramentali specie seipsum eis reliquit; sicut in absentia imperatoris excf. MPL hibetur veneranda ejus imago. Unde Eusebius Emissenus dicit: 30/272 „Quia corpus assumptum ablaturus erat ab oculis, et illaturus sideribus, necesse erat ut die coenae sacramentum corporis et sanguinis sui consecraret nobis, ut coleretur jugiter per mysterium quod semel offerebatur in pretium." Secundo quia sine flde passionis Christi nunquam potuit esse salus, secundum illud Rom. 3: „Quem proposuit Deus propitiatorem per fidem in sanguine ipsius." Et ideo oportuit omni tempore apud homines esse aliquid repraesentativum dominicae passionis; cujus in veteri quidem Testamente praecipuum sacramentum erat Agnus paschalis. Unde et Apostolus dicit (1 Cor. 5): „Pascha nostrum immolatus est Christus." Successit autem ei in novo Testamento Eucharistiae sacramentum, quod est rememorativum praeteritae passionis, sicut et illud fuit praeflgurativum futurae. Et ideo conveniens fuit, ut imminente passione, celebrato priori sacramento, novum sacraMPL mentum institueret.3 Unde Leo papa dicit [serm. 58 de Pass. 54/332
1
Vgl. Thomas, Iii ep. ad Rom., cap. 3. lcct. 3. 2 Vgl. 61, 3- ferner 62, 6: Bd. 29, S. 41, bzw. 65 ff. L addit: ut Leo papa dicit. Cetera om. usque impletur.
3
18
ziemte es sich, kurz vor dem Leiden und nach der Feier 73, B des früheren Sakramentes ein neues Sakrament einzusetzen, wie Papst Leo sagt. Drittens: Was zuletzt gesprochen wird, besonders von scheidenden Freunden, das haftet mehr im Gedächtnis, vor allem weil dann die Liebesneigung zu den Freunden mehr entflammt wird. Wobei aber unsere Liebesneigung mehr mitschwingt, das prägt sich tiefer in die Seele ein. Weil nun, wie der selige Papst Alexander [I. ] sagt, „unter den Opfern nichts erhabener sein kann als der Leib und das Blut Christi und auch keine Opfergabe trefflicher als diese ist", deshalb hat der Herr dieses Sakrament, damit es höher in Ehren gehalten würde, bei Seineta letzten Abschied von den Jüngern eingesetzt. Das sagt auch Augustinus im Buch der Antworten an Januarius: „Der Erlöser wollte, um die Größe dieses Geheimnisses desto nachdrücklicher darzutun, es an letzter Stelle in Herz und Gedächtnis der Jünger dringen lassen, als Er zum Leiden von ihnen ging." Z u 1. „Wir ernähren uns aus denselben [Stoffen], aus denen wir auch sind", ohne daß aber beide auf gleiche Weise uns zukämen. Denn das, woraus wir sind, kommt uns zu durch Zeugung; dasselbe aber, sofern wir daraus ernährt werden, kommt uns zu durch Essen. Wie wir daQBAESTIO
7.'!, 5
Dom., cap. 1], quod „ut unibrae cederent corpori, antiqua observantia novo excluditur sacramento; hostia in hostiam transit; sanguine sanguis aufertur, et legalis festivitas, dum mutatur, impletur". Tertio quia ea quae ultimo dicuntur, maxime ab amicis recedentibus, magis memoriae commendantur, praesertim quia tunc magis inflammatur affectus ad amicos; ea vero ad quae magis afficimur, profundius animo imprimuntur. Quia igitur, ut beatus Alexander papa dicit [Ep. ad omnes Orth.] „nihil MPL in sacrificiis majus esse potest quam corpus et sanguis Christi, 130/94 nec ulla oblatio hac potior est", ideo ut in majori veneratione haberetur, Dominus in ultimo discessu suo a discipulis hoc sacramentum instituit. Et hoc est quod Augustinus dicit in MPL libro Responsionum ad Januarium [ep. 54, cap. 6 ] : „Salvator 3JV203 quo vehementius commendaret mysterii hujus altitudinem, ulti- fyjjfi' mum hoc voluit arctius infigere cordibus et memoriae discipulorum, a quibus ad passionem digressurus erat." AD PRIMUM ergo dicendum quod ex eisdem nutrimur ex quibus sumus, non tarnen eodem modo nobis advenientibus; nam ea ex quibus sumus, nobis adveniunt per generationem; eadem autem, inquantum ex eis nutrimur, nobis adveniunt per 1
Cf. Gratian., De Consecr., dist. 2, can. Nihil in sacrificiis; Frdb. 1/1317.
19
5 her durch die Taufe wiedergeboren werden in Christus, so genießen wir durch die Eucharistie Christus. Z u 2. Die Eucharistie ist das vollkommene Sakrament des Herrnleidens, indem sie Christus selber als den durch Sein Leiden Hindurchgegangenen enthält. Und darum hat sie nicht vor der Menschwerdung eingesetzt werden können [16]. Damals aber hatten den Platz die Sakramente, welche nur Vorzeichen des Herrnleidens waren. Z u 3. Jenes Sakrament war beim Abendmahle eingesetzt worden, damit in Zukunft wäre ein Gedächtnis des Herrnleidens, nachdem dieses vollendet war. Daher heißt es bezeichnenderweise [im Meßkanon] in der Zukunftsform: ,Sooft ihr dies getan haben werdet.' Z u 4. Die Einsetzung entspricht der Ordnung der Absicht. Das Sakrament der Eucharistie nun, obwohl dem Empfange nach später als die Taufe, ist doch der Absicht nach früher. Und deshalb sollte es früher eingesetzt werden. Oder man kann sagen: Die Taufe war schon irgendwie in der Taufe Christi selber eingesetzt [vgl. 66, 2: Bd. 29 mit Komm. S. 513]. Deshalb sind auch schon einige mit der Taufe Christi selber getauft gewesen, wie Jo 3, 22 [vgl. 4, 2] zu lesen ist [17]. QUAESTIO
73, 5
manducationem. Unde sicut per baptismum regeneramur in Christo, ita per Eucharistiam manducamus Christum. AD 'SECUNDUM dicendum quod Eucharistia est sacramentum perfectum dominicae passionis, tanquam continens ipsum Christuni passum, et ideo non potuit institui ante incarnationem; sed tunc habebant locum sacramenta quae erant tantum praefigurativa dominicae passionis. AD TERTIUM dicendum quod sacramentum istud fuit institutum in coena, ut in futurum esset memoriale dominicae passionis, ea perfecta. Unde signanter dicit: ,Haec quotiescumque feceritis', de futuro loquens. AD QUARTUM dicendum quod institutio respondet ordini intentionis. Sacramentum autem Eucharistiae, quamvis sit posterius baptismo in perceptione, est tarnen prius in intentione; et ideo debuit prius institui. Vel potest dici quod baptismus jam erat aliqualiter 1 institutus in ipso Christi baptismo; unde et jam aliqui ipso Christi baptismo erant baptizati, ut legitur Joan. 3. 1
20
L om.
6. A R T I K E L War das Osterlamm
das hauptsächlichste Sakramentes ?
73, c Bild
dieses
1. Christus heißt „Priester nach der Weise des Melchisedech" [Ps 110 (109), 4], weil Melchisedech, „Brot und Wein opfernd" [Gn 14, 18], das Opfer Christi vorbildete. Eine zum Ausdruck gebrachte Ähnlichkeit bringt es nun mit sich, daß das eine vom anderen her benannt wird. Darum scheint das Opfer des Melchisedech das vorzüglichste Bild dieses Sakramentes gewesen zu sein. 2. Der Durchgang durch das Rote Meer war ein Bild der Taufe (1 Kor 10, 2): „Alle sind in der Wolke und im Meere getauft." Die Opferung des Osterlammes ging aber dem Durchzug durch das Rote Meer voran, ihm ist das Manna gefolgt, wie die Eucharistie der Taufe folgt. Mithin ist das Manna ein ausdrücklicheres Bild dieses Sakramentes als das Opferlamm. 3. Das ist die vornehmste Kraft dieses Sakramentes, daß es uns wie eine Wegzehrung in das Himmelreich einführt. Aber das war am meisten vorgebildet in dem Geheimnis der Aussöhnung, wenn „der Hohepriester einmal im Jahre das Allerheiligste mit Blut betrat" (vgl. Hebr 9, 7; Lv 16, 2. 14. 15). Also scheint jenes Opfer ein ausdrückQUAESTIO
Utrum
73, 6
A R T I C U L U S VI agnus paschalis fuerit praecipua figura hujus sacramenti
[Supra, q. 61, art. 3 ad 3; infra, q. 80, art. 10 ad 2; 4 Sent., dist. 8, q. 1, art. 2]
AD SEXTUM sie proceditur. Videtur quod agnus paschalis non fuerit praecipua figura hujus sacramenti. Christus enim dicitur „sacerdos secundum ordinem Melchisedech", propter hoc quod Melchisedech gessit figuram sacrificii Christi „offerens panein et vinum". Sed expressio similitudinis facit quod unum ab alio denominetur. Ergo videtur quod oblatio Melchisedech fuerit potissima figura hujus sacramenti. 2. PRAETEREA, transitus maris Rubri fuit figura baptismi secundum illud (1 Cor. 10): „Omnes baptizati sunt in nube et in mari." Sed immolatio agni paschalis praecessit transitum maris Rubri, quem subsecutum est manna, sicut Eucharistia sequitur baptismum. Ergo manna est expressior figura hujus sacramenti quam agnus paschalis. 3. PRAETEREA, potissima virtus hujus sacramenti est quod introducit nos in regnum caelorum, sicut quoddam viaticum. Sed hoc. maxime praefiguratum fuit in sacramento expiationis, quando „pontifex intrabat semel in anno cum sanguine in Sancta sanetorum", sicut Apostolus probat Hebr. 9. Ergo vide-
21
6 licheres Bild dieses Sakramentes gewesen zu sein als das Osterlamm. ANDERSEITS sagt der Apostel 1 Kor 5, 7 f . : „Christus ist als unser Osterlamm geschlachtet worden. So laßt uns denn feiern mit dem ungesäuerten Brote der Lauterkeit und Wahrhaftigkeit." ANTWORT: In diesem Sakramente können wir drei Dinge betrachten, nämlich das „Nur-Sakrament", das ist Brot und Wein; das, was „Sache und Sakrament" ist, nämlich den wahren Leib Christi, und das, was „Nur-Sache" ist, die Wirkung dieses Sakramentes. Was das NurSakrament betrifft, so war das trefflichste Bild dieses Sakramentes das Opfer des Melchisedech, „der Brot und Wein darbrachte". — Was den durch das Leiden hindurchgegangenen Christus selbst aber betrifft, der in diesem Sakramente enthalten ist, so waren alle Opfer des Alten Bundes Bilder von Ihm, besonders das feierlichste davon, das Sühnopfer (vgl. Lv 23, 27). — Was endlich die Wirkung [der Eucharistie] betrifft, so war ihr besonderes Bild das Manna, das „die Lieblichkeit allen Wohlgeschmackes in sich barg" (Vulgata, Weish 16, 20). Ebenso erquickt auch die Gnade dieses Sakramentes den Geist ganz und gar. Das Osterlamm aber bildete dieses Sakrament nach QUAESTIO
73. ß
tur quod illud sacrificium fuit expressior figura hujus sacramenti, quam agnus paschalis. SED CONTRA est quod Apostolus dicit (1 Cor. 5): „Pascha nostrum immolatus est Christus; itaque epulemur in azymis sinceritatis et veritatis." RESPONDEO dicendum quod in hoc sacramento tria considerare possumus: scilicet id quod est sacramentum tantum, quod est panis et vinum; et id quod est res et sacramentum, scilicet corpus Christi verum; et quod est res tantum, scilicet efiectus hujus sacramenti. 1 Quantum igitur ad id quod est sacramentum tantum, potissima figura fuit hujus sacramenti oblatio Melchisedech, qui „obtulit panem et vinum". — Quantum autem ad ipsum Christum passum, qui continetur in hoc sacramento, fìgurae ejus fuerunt omnia sacrificia veteris Testamenti, praecipue sacrificium expiationis, quod erat solemnissimum. — Quantum autem ad eflectum, fuit praecipua ejus figura manna, quod „habebat in se omnis saporis suavitatem", ut dicitur Sap. 16, sicut et gratia hujus sacramenti quantum ad omnia reficit mentem. Sed agnus paschalis quantum ad haec tria praefigurabat hoc 1
22
Cf. pag. 4, nota.
diesen drei Gesichtspunkten vor. Nach dem ersten, weil 73, 6 es mit ungesäuerten Broten gegessen wurde; Ex 12, 8: „Fleisch und ungesäuerte Brote sollen sie essen." Nach dem zweiten, weil es von der ganzen Gemeinschaft der Söhne Israels am 14. des Monats geopfert wurde [vgl. Ex 12, 6]. Das war ein Bild des Leidens Christi, der wegen Seiner Unschuld „Lamm" [18] heißt [vgl. Jo 1, 36; Offb 5, 6]. Hinsichtlich der Wirkung endlich, weil durch das Blut des Osterlammes die Kinder Israels vor dem Würgengel geschützt waren und aus der ägyptischen Knechtschaft befreit wurden [vgl. Ex 12]. Mit Rücksicht darauf wird das Osterlamm als hauptsächlichstes Bild dieses Sakramentes aufgestellt, weil es dieses nach allen Richtungen vergegenwärtigt. Daraus erhellt die Antwort auf die Einwände. Q Ü A E S T I O 73, o sacramentum: quantum eniin ad primum, quia manducabatur cum panibus azymis, secundum illud Exodi 12: „Edent carn e s . . . et azymos panes"; quantum vero ad secundum, quia immolabatur ab omni multitudine flliorum Israel quarta decima luna, quod fuit flgura passionis Christi, qui propter innocentiam dicitur agnus; quantum vero ad eflectum, quia per sanguinem agni paschalis protecti sunt filii Israel a devastante angelo, et educti de Aegyptiaca Servitute; et quantum ad hoc ponitur praecipua flgura hujus sacramenti agnus paschalis, quia secundum omnia ipsum repraesentat. Et per hoc patet responsio ad objecta.
23
74,1
74. F R A G E
DER STOFF DIESES SAKRAMENTES Dann ist der Stoff dieses Sakramentes zu betrachten, und zwar erstens dessen Art, zweitens die Verwandlung von Brot und Wein in den Leib Christi, drittens die sakramentale Daseinsweise des Leibes Christi, viertens die Eigenschaften von Brot und Wein, welche in diesem Sakramente zurückbleiben. Bezüglich des ersten ergeben sich acht Einzelfragen: 1. Sind Brot und Wein der Stoff dieses Sakramentes? 2. Ist für den Stoff dieses Sakramentes eine bestimmte Menge nötig? 3. Ist Weizenbrot der Stoff dieses Sakramentes? 4. Ist es ungesäuertes oder gesäuertes Brot? 5. Ist Wein vom Weinstock der Stoff dieses Sakramentes? 6. Muß Wasser beigemischt werden? 7. Ist Wasser für dieses Sakrament wesensnotwendig? 8. Von der Menge des Wassers, das hinzugetan wird. 1. A R T I K E L Ist der Stoff dieses
Sakramentes
Brot und
Wein?
1. Dieses Sakrament muß vollkommener als die Sakramente des Alten Bundes das Leiden Christi vergegenQUAESTIO
LXXIV
DE MATERIA HUJUS SACRAMENTI Deinde considerandum est de materia hujus sacramenti. Et primo de specie materiae; secundo de conversione panis et vini in corpus Christi; tertio de modo existendi corpus Christi in hoc sacramento; quarto de accidentibus panis et vini, quae in hoc sacramento remanent. Circa primum quaeruntur octo: 1. Utrum panis et vinum sint materia hujus sacramenti. — '2. Utrum ad materiam hujus sacramenti requiratur determinata quantitas. — 3. Utrum materia hujus sacramenti sit panis triticeus. — 4. Utrum sit panis azymus, vel fermentatus. — 5. Utrum materia hujus sacramenti sit vinum de vite. — 6. Utrum sit admiscenda aqua. — 7. Utrum aqua sit de necessitate hujus sacramenti. — 8. De quantitate aquae quae apponitur. Utrum
materia
ARTICULUS I hujus sacramenti
vinum
sit p a n i s
[4 Sent., dist. 11, q. 2, art. 1, qa 1. 2; 4 Cont. Gent., cap. 61; cap. 11, lect. 5]
et
1 Cor.,
AD PRIMUM sic proceditur. Videtur quod materia hujus sacramenti non sit panis et vinum. Hoc enim sacramentum perfectius debet repraesentare passionem Christi quam sacra-
24
wärtigen. Doch das Fleisch der Tiere, welches der Stoff 74,1 der alttestamentlichen Sakramente war, vergegenwärtigt das Leiden Christi ausdrücklicher als Brot und Wein. Also sollte eher Fleisch von Tieren als Brot und Wein der Stoff für dieses Sakrament sein. 2. Dieses Sakrament muß überall gefeiert werden. Aber in vielen Gegenden findet sich kein Weizenbrot und in vielen kein Wein. Also sind Brot und Wein nicht der angemessene Stoff für dieses Sakrament. 3. Dieses Sakrament ist für Gesunde und Kranke. Aber der Wein schadet manchen Kranken. Darum scheint der Wein nicht Stoff dieses Sakramentes sein zu sollen. ANDERSEITS sagt Papst Alexander [ I . ] : „Unter den Gaben für die Sakramente sollen nur Brot und mit Wasser gemischter Wein zum Opfer dargebracht werden." ANTWORT: Bezüglich des Stoffes dieses Sakramentes haben sich manche vielfach geirrt. Die sogenannten Artotyriten [ 1 9 ] „opfern" nach Augustinus in diesem Sakramente „Brot und Käse, weil, wie sie behaupten, die ersten Menschen die Opfer mit den Erzeugnissen des Bodens und der Schafe gefeiert hätten". — Andere aber, nämlich die Kataphrygier und Pepuzianer [ 2 0 ] , „sollen QUAESTIO
74, 1
menta veteris legis. Sed carnes animalium, quae erant materia sacramentorum veteris legis, expressius repraesentant passionem Christi quam panis et vinum. Ergo materia hujus sacramenti magis debet esse carnes animalium quam panis et vinum. 2. PRAETEREA, hoc sacramentum est ubique celebrandum. Sed in multis terris non invenitur panis triticeus, et in aliquibus 1 non invenitur vinum. Ergo panis et vinum non sunt conveniens materia hujus sacramenti. 3. PRAETEREA, hoc sacramentum competit sanis et infirmis. Sed vinum nocet quibusdam infirmis. Ergo videtur quod vinum non debeat esse materia hujus sacramenti. SED CONTRA est quod Alexander papa dicit [Ep. ad omnes MPL Orth.] 2 : „In sacramentorum oblationibus panis tantum et 13°/9;) vinum aqua permixtum in sacrificium offerantur." RESPONDEO dicendum quod circa materiam hujus sacramenti aliqui multipliciter erraverunt: quidam enim, qui dicuntur Artotyritae, ut Augustinus dicit in libro de Haeresibus MPL42 [haer. 26—28], „oflerunt panem et caseum" in hoc sacramento, 3 0 sq „dicentes a primis hominibus oblationes de fructibus terrae et ovium fuisse celebratas". — Alii vero, scilicet Cataphrygae et Pepuziani, „de infantis sanguine, quem de toto ejus corpore 1 L : multis. 2 Cf. Gratian., 1/1314.
De Consecr.,
dist.
2,
can.
In
Sacramentorum;
Frdb.
25
74, i einem Kinde vom ganzen Leibe durch kleine Stichwunden Blut abpressen, es mit Mehl vermischen und zu Brot bereiten und damit sich sozusagen ihre eigene Eucharistie schaffen". — Andere, die sogenannten Aquarier, opfern unter dem Vorwand der Nüchternheit nur Wasser in diesem Sakrament [21 ]. Aber all diese und ähnliche Irrtümer werden ausgeschlossen dadurch, daß Christus dieses Sakrament unter den Gestalten von Brot und Wein eingesetzt hat, wie aus Mt 26, 26 ff. erhellt. Darum sind Brot und Wein der angemessene Stoff für dieses Sakrament. Und das ist begründet. Erstens wegen des Gebrauches dieses Sakramentes, der im Essen besteht. Wie nämlich beim Sakrament der Taufe Wasser verwendet wird, um es zur geistigen Reinigung zu gebrauchen, weil die leibliche Reinigung gewöhnlich mit Wasser geschieht, so werden in diesem Sakramente Brot und Wein, mit denen sich die Menschen für gewöhnlich stärken [22], verwandt, um sie zum geistigen Essen zu gebrauchen. Zweitens wegen des Leidens Christi, bei dem das Blut vom Leibe getrennt wurde. Deshalb werden auch in diesem Sakramente, welches das Gedächtnis des Herrnleidens ist, das Brot als das ,Sakrament' des Leibes und der Wein als das ,Sakrament' des Blutes für sich gesondert empfangen. Drittens von der Wirkung in jedem einzelnen Empfänger her betrachtet. Weil nach Ambrosius [zu 1 Kor 11, 25 QUAESTIO
74,
l
ininutis punctionum vulneribus extorquent, quasi Eucharistiam suam conficere perhibentur, miscentes eum farinae, panemque inde facientes". — Quidam vero, qui dicuntur Aquarii, aquam MPL solum sub specie sobrietatis in hoc sacramento oflerunt [ibid., 42/42 haer. 64]. Omnes autem hi errores et similes excluduntur per hoc quod Christus hoc sacramentum sub specie panis et vini instituit, ut patet Matth. 26. Unde panis et vinum sunt materia conveniens hujus sacramenti. Et hoc rationabiliter, primo quidem quantum ad usum hujus sacramenti, qui est manducatio: sicut enim aqua assumitur in sacramento baptismi ad usum spiritualis ablutionis, quia corporalis ablutio communiter fit in aqua, ita panis et vinum, quibus communius homines reficiuntur, assumuntur in hoc sacramento ad usum spiritualis manducationis. Secundo quantum ad passionem Christi, in qua sanguis est a corpore separatus, et ideo in hoc sacramento, quod est memoriale dominicae passionis, seorsum sumitur panis ut sacramentum corporis, et vinum ut sacramentum sanguinis. Tertio quantum ad effectum consideratum in unoquoque M P L sumentium, quia, ut Ambrosius dicit [auctor incertus sup. illud 17/243
26
(26)] dieses Sakrament „wirksam ist zum Schutze des Lei- 74,1 bes u n d der Seele", deshalb wird „der Leib Christi" unter der Gestalt des Brotes „für das Heil des Leibes, das Blut aber" unter der Gestalt des Weines „zum Heile der Seele dargebracht", da nach Lv 17, 14 „des Fleisches [Leibes] Lebensgeist im Blute ist" [23]. Viertens wegen der Wirkung mit Rücksicht auf die Gesamtkirche, die sich zusammensetzt aus verschiedenen Gläubigen, so wie „das Brot zubereitet wird aus verschiedenen Körnern und wie der Wein fließt aus verschiedenen Trauben", nach der Glosse zu 1 Kor 10, 17: ,Wir viele sind ein Leib' usw. [24]. Z u 1. Obgleich das Fleisch der geschlachteten Tiere das Leiden Christi ausdrücklich vergegenwärtigt, so eignet es sich doch weniger zum allgemeinen Gebrauch bei diesem Sakrament und zur Bezeichnung der kirchlichen Einheit. Z u 2. Zwar wachsen Weizen und Wein nicht in allen Ländern. Aber so viel, wie für den Gebrauch dieses Sakramentes genügt, kann leicht überallhin gebracht werden. Auch darf nicht wegen Mangel an einem nur das eine, ohne das andere, geweiht werden, denn das wäre kein vollkommenes Opfer. Z u 3. Wein in geringer Menge genossen kann einem QUAISTIO
74, l
1 ad Cor., cap. 11: „Hic calix novum" etc.], hoc sacramentum „valet ad tuitionem animae et corporis"; et ideo „corpus Christi" sub specie panis „pro salute corporis, sanguis vero" sub specie vini „pro salute animae offertur",1 sicut dicitur Levit. 17 quod „anima carnis 2 in sanguine est". Quarto quantum ad effectum respectu totius Ecclesiae, quae constituitur ex diversis fidelibus, sicut „panis conficitur ex diversis granis, et vinum fluit ex diversis uvis", ut dicit Glossa MPL [Aug., tr. 26 in Joan.] super illud 1 Cor. 10: ,Multi unum corpus sumus' etc. 191/1624 AD PRIMUM ergo dicendum quod, licet carnes animalium occisorum expressius 3 repraesentent Christi passionem, tarnen minus competunt ad communem usum hujus sacramenti, et ad ecclesiasticam unitatem significandam. AD SECUNDUM dicendum quod, licet non in omnibus terris nascatur triticum vel vinum, tarnen de facili ad omnes terras deferri potest, quantum sufflcit ad usum hujus sacramenti; nec propter defectum alterius est unum tantum sine altero consecrandum, quia non esset perfectum sacramentum 4 . AD TERTIUM dicendum quod vinum in modica quantitate 1 Cf. Lomb., 4 Sent., dist. 11, cap. Sed quare; MPL 192/863. 2 L: animalis anima. 3 L: expresse. 4 L: sacrificium.
27
'
74, 2 Kranken nicht viel schaden. Doch ist es nicht notwendig, wenn ein Schaden gefürchtet wird, daß alle, die den Leib Christi empfangen, auch Sein Blut empfangen (80, 12). 2. A R T I K E L Ist für den Stoff dieses Sakramentes eine bestimmte von Brot und Wein erfordert?
Menge
1. Die Wirkungen der Gnade sind nicht weniger geordnet als die Wirkungen der Natur. Nun aber „hat alles von Natur Beständige sein Ausmaß und seine feste Art von Größe und Wachstum" (Aristoteles). Um so mehr ist also in diesem Sakraiment, das Eucharistie, d. h. gute Gnade, heißt, eine bestimmte Menge von Brot und Wein erfordert.. 2. Den Dienern der Kirche ist von Christus keine Vollmacht zu etwas gegeben, was den Glauben und dessen Sakramente lächerlich machen könnte: „Gemäß der Vollmacht, die mir Gott zur Erbauung und nicht zur Zerstörung verliehen h a t " (2 Kor 10, 8). Das aber würde das Sakrament lächerlich machen, wenn ein Priester alles auf dem Markte käufliche Brot und allen im Keller liegenden Wein weihen (konsekrieren [ 2 5 ] ) wollte. Also kann er das nicht tun. Q U A E S T I O
74,
2
sumptum non potest multum aegrotanti nocere. Et tarnen si nocumentum timeatur, non est necesse quod omnes accipientes corpus Christi etiam accipiant sanguinem, ut infra dicetur. A R T I C U L U S II Utrum requiratur determinata quantitas p a n i s et v i n i ad m a t e r i a m h u j u s s a c r a menti [4 Seilt.,
d i s t . 11, q. 2, a r t .
1, q a 3]
AD SECUNDUM sie proceditur. Videtur quod requiratur determinata quantitas panis et vini ad materiam hujus sacramenti. Effectus enim gratiae non sunt minus ordinati quam •416 a 15 effectus naturae. Sed sicut dicitur 2 de An. [cap. 4], „omnium natura constantium positus est terminus, et ratio magnitudinis et augmenti". Ergo multo magis in hoc sacramento, quod dicitur ,Eucharistia\ id est ,bona gratia', requiritur determinata quantitas panis et vini. 2. PRAETEREA, ministris Ecclesiae non est a Christo data potestas ad ea quae pertinent ad irrisionem fidei et sacramentorum ejus, secundum illud (2 Cor. 10) : „Secundum potestatem quam dedit nobis Deus in aedifìcationem, et non in destruetionera." Sed hoc esset ad irrisionem sacramenti, si sacerdos vellet consecrare totum panem qui venditur in foro, et totum vinum quod est in cellario. Ergo hoc facere non potest.
28
3. Falls jemand im Meere getauft wird, wird nicht alles 74, 2 Wasser des Meeres geheiligt durch die Taufformel, sondern nur jenes, wovon der Leib des Täuflings bespült wird. Also kann auch in diesem Sakrament nicht eine überflüssige Menge Brotes und Weines geweiht werden. ANDERSEITS: Das Viele steht zum Wenigen und das Große zum Kleinen im Gegensatz. Keine Menge von Brot oder Wein ist aber so klein, daß sie nicht geweiht werden könnte. Folglich ist auch keine so groß, daß sie nicht geweiht werden könnte. ANTWORT: Manche behaupteten, der Priester könne nicht eine ungemessen große Menge von Brot und Wein, z. B. alles auf dem Markte feilgebotene Brot oder allen Wein eines Fasses weihen. Das scheint aber nicht richtig zu sein. Denn bei allem, was Stoff hat, wird die Art und Weise, diesen Stoff zu bestimmen, von seiner Zweckbezogenheit hergeleitet. So ist der Stoff für eine Säge das Eisen, damit sie sich zum Sägen eigne. Dieses Sakrament aber hat seinen Zweck im Gebrauch der Gläubigen. Deshalb ist es nötig, die Menge des Stoffes dieses Sakramentes festzusetzen je nach dem Gebrauch der Gläubigen. Unmöglich aber kann sie bemessen werden nach dem Gebrauch der im Augenblicke eintreffenden Gläubigen. Sonst könnte ein Priester mit wenig Pfarrkindern nicht viele Hostien weihen. So ergibt sich, daß die Menge des QUAESTIO
74, 2
3. PRAETEREA, si aliquis baptizetur in mari, non tota aqua maris sanctiflcatur per formam baptismi, sed solum aqua illa qua corpus baptizati abluitur. Ergo nec in hoc sacramento superflua quantitas panis et vini consecrari potest. SED CONTRA est quod multum opponitur pauco, et magnum parvo. Sed nulla est ita parva quantitas panis aut vini, quae non possit consecrari. Ergo etiam nulla est ita magna, quae consecrari non possit. RESPONDEO dicendum quod quidam 1 dixerunt quod sacerdos non posset consecrare immensam quantitatem panis aut vini, puta totum panem qui venditur in foro, aut totum vinum quod est in dolio. Sed hoc non videtur esse verum, quia in Omnibus habentibus materiam ratio determinationis materiae sumitur ex ordine ad finem, sicut materia serrae est ferrum, ut sit apta sectioni. Finis autem hujus sacramenti est usus fidelium. Unde oportet quod quantitas materiae hujus sacramenti determinetur per comparationem ad usum fidelium. Non autem potest esse quod determinetur per comparationem ad usum fidelium, qui nunc occurrunt; alioquin sacerdos paucos parochianos habens non posset consecrare multas hostias. Unde relinquitur quod 1 Cf. Bonaventura, 4 Sent., dist. 10, p. 2, art. 1, q. 4; Ed. ad Claras Aquas, 4/232 sqq.
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2 Stoffes dieses Sakramentes bestimmt wird je nach dem Gebrauch der Gläubigen im allgemeinen. Die Zahl der Gläubigen aber ist unbestimmt. Daher läßt sich auch nicht sagen, daß die Menge des Stoffes dieses Sakramentes bestimmt sei. Z u 1. Der Stoff eines jeden Naturdinges erhält seine bestimmte Menge durch seine Hinordnung auf die bestimmte Form. Die Zahl der Gläubigen aber, auf deren Gebrauch dieses Sakrament hingeordnet ist, ist unbestimmt. Darum ist es nicht das Gleiche. Z u 2. Die Vollmacht der Diener der Kirche erstreckt sich auf zweierlei: erstens auf ihre Eigenwirkung, zweitens auf den Zweck der Wirkung. Das zweite hebt jedoch das erste nicht auf. Wenn also ein Priester den Leib Christi konsekrieren wollte um eines schlechten Zweckes willen, z. B. um Spott zu treiben oder Gift zu mischen, so sündigt er, weil er einen schlechten Zweck erstrebt, vollzieht [ 2 6 ] aber nichtsdestoweniger das Sakrament wegen der ihm verliehenen Vollmacht. Z u 3. Das Sakrament der Taufe wird vollendet beim Gebrauch des Stoffes. Darum wird durch die Taufformel nicht mehr Wasser geheiligt, als gebraucht wird. Dieses Sakrament aber wird vollendet in der Weihe des Stoffes. Und darum ist es nicht das Gleiche. Q U A E S T I O 74, 2 materia hujus sacramenti determinetur per comparationem ad usuin fidelium absolute. Numerus autem fidelium est indeterminatus. Unde non potest dici quod quantitas materiae hujus sacramenti sit determinata. AD PRIMUM ergo dicendum quod cujuslibet rei naturalis materia accipit determinatam quantitatem secundum comparationem ad formam determinatam. Sed numerus fidelium, ad quorum usum ordinatur hoc sacranientum, non est determinatus. Unde non est simile. AD SECUNDUM dicendum quod potestas ministrorum Ecclesiae ad duo ordinatur: primo quidem ad effectum proprium; secundo ad finem efiectus. Secundum autem non tollit primum. Unde si sacerdos intendat consecrare corpus Christi propter aliquem malum finem, puta ut irrideat, vel veneficia faciat, propter intentionem mali finis peccat, nihilominus tarnen propter potestatem sibi datam perficit sacramentum. AD TERTIUM dicendum quod baptismi sacramentum perficitur in usu materiae; et ideo per formam baptismi non plus de aqua sanctificatur quam quantum venit in usum. Sed hoc sacramentum perficitur in consecratione materiae. Et ideo non est simile.
30
3. A R T I K E L Ist
für den Stoff dieses
Sakramentes
74,3 Weizenbrot
nötig?
1. Dieses Sakrament ist Erinnerung an das Herrnleiden. Mehr aber als Weizenbrot scheint mit dem Herrnleiden Gerstenbrot in Einklang zu stehen, welches rauher ist, und mit dem auch der Herr die Scharen auf dem Berge gespeist hat (Jo 6, 9 ff.). Also ist Weizenbrot nicht der eigentümliche Stoff dieses Sakramentes. 2. Die äußere Gestalt ist das Kennzeichen der Art in den Naturdingen. Es gibt nun einige Getreidearten, welche eine dem Weizenkorn ähnliche äußere Gestalt haben, wie Dinkel und Spelt. Von letzterem wird auch in manchen Gegenden zur Verwendung bei diesem Sakramente Brot bereitet. Mithin ist Weizenbrot nicht der diesem Sakramente eigentümliche Stoff. 3. Eine Mischung hebt die Art auf. Kaum jedoch gibt es Weizenmehl, das nicht eine Beigabe von anderem Getreide hätte, es werde denn von ausgelesenen Körnern mit Bedacht bereitet. Also scheint Weizenbrot nicht der eigentümliche Stoff dieses Sakramentes zu sein. 4. Das Verdorbene scheint von einer anderen Art zu sein [als dasselbe, bevor es verdarb]. Einige aber bereiten [die Eucharistie] aus verdorbenem Brot, das schon nicht QUAESTIO
Utrum
74, 3
A R T I C U L U S III r e q u i r a t u r ad m a t e r i a m h u j u s inenti quod sit p a n i s t r i t i c e u s
[4 Sent., dist. 11, q. 2, art. 2, qa 1. 2;
sacra-
4 Cont. Gent., cap. 69]
AD TERTIUM sie proceditur. Videtur quod non requiratur ad materiam hujus sacramenti quod sit panis triticeus. Hoc enim sacramentum est rememorativum dominicae passionis. Sed magis videtur esse consonum dominicae passioni panis hordeaceus, qui est asperior, et de quo etiam Christus pavit turbas in monte, ut dicitur Joan. 6, quam panis triticeus. Ergo panis triticeus non est propria materia hujus sacramenti. 2. PRAETEREA, figura est Signum speciei in naturalibus rebus. Sed quaedam frumenta sunt quae habent similem figuram grano tritici, sicut far et spelta, de qua etiam in quibusdam locis panis conficitur ad usum hujus sacramenti. Ergo panis triticeus non est propria materia hujus sacramenti. 3. PRAETEREA, permixtio speciem solvit. Sed vix invenitur farina triticea, quae alterius frumenti permixtionem non habeat, nisi forte de electis granis studiose fiat. Non ergo videtur quod panis triticeus sit propria materia hujus sacramenti. 4. PRAETEREA, illud quod est corruptum videtur esse alterius speciei. Sed aliqui conficiunt ex pane corrupto, qui
31
74,3 mehr Weizenbrot zu sein scheint. Also scheint solches Brot nicht der diesem Sakrament eigentümliche Stoff zu sein. ANDERSEITS ist aber in diesem Sakramente Christus enthalten, der sich (Jo 12, 24) mit dem Weizenkorn vergleicht: „Wenn das Weizenkorn nicht in die Erde fällt und stirbt, bleibt es allein." Also ist Brot vom [eigentlichen] Getreide, das ist Weizenbrot, der Stoff dieses Sakramentes. ANTWORT: Zum sakramentalen Gebrauch wird solcher Stoff genommen, welcher allgemeiner bei den Menschen in solchem Gebrauch ist (Art. 1; 60, 7 Zu 2; 66, 3: Bd. 29). Unter den anderen Arten von Brot gebrauchen aber die Menschen häufiger das Weizenbrot, denn nur in Ermangelung dieses Brotes scheinen andere Arten von Brot eingeführt worden zu sein. Und deshalb glaubt man, daß Christus mit dieser Art von Brot dieses Sakrament eingesetzt habe. Gerade dieses Brot stärkt den Menschen mehr und bezeichnet daher zutreffender die Wirkung dieses Sakramentes. Also ist der eigentümliche Stoff dieses Sakramentes das Weizenbrot [27]. Z u 1. Gerstenbrot ist geeignet, die Härte des Alten Testamentes zu bezeichnen. Einmal wegen der Härte des Brotes, dann auch, weil nach Augustinus „das Mark der Gerste, umhüllt von einer ganz zähen Schale, entweder das Gesetz selber bezeichnet, das so gegeben war, daß in Q U A E S T I O
74,
3
jam non videtur esse panis triticeus. Ergo videtur quod talis panis non sit propria materia hujus sacramenti. SED CONTRA est quod in hoc sacramento continetur Christus, qui se grano frumenti comparat Joan. 12, dicens: „Nisi granum frumenti cadens in terram mortuum fuerit, ipsum solum manet." Ergo panis frumenti, sive triticeus, est materia hujus sacramenti. RESPONDEO dicendum quod, sicut dictum est, ad usum sacramentorum assumitur talis materia quae communius apud homines in talem usum venit. Inter alios autem panes communius homines utuntur pane triticeo; nam alii panes videntur esse introducti in hujus panis defectum. Et ideo Christus creditur in hujus panis specie hoc sacramentum instituisse, qui etiam panis magis confortat hominem, et ita convenientius significat effectum hujus sacramenti. Et ideo propria materia hujus sacramenti est panis triticeus. AD PRIMUM ergo dicendum quod panis hordeaceus competit ad signiflcandam duritiem veteris legis, tum propter duritiem MPL panis, tum etiam quia, ut Augustinus dicit in libro Octoginta40/48 trium Quaestionum [q. 61], „hordei medulla, quae tenacissima palea tegitur, vel ipsam legem significat, quae ita data erat, ut
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ihm die lebenspendende Nahrung der Seele von sinnfäl- 74,3 ¡igen Zeichen verdeckt wurde, oder weil es das Volk selbst bezeichnet, das noch nicht frei war von fleischlicher Begierde, die wie eine Schale um sein Herz hing". Dieses Sakrament aber gehört zum „sanften Joch" Christi [Mt 11, 30] und zur bereits offenbar gewordenen Wahrheit und zum geistigen Volke. Deshalb wäre Gerstenbrot kein geeigneter Stoff dieses Sakramentes. Z u 2. Ein Zeugendes zeugt ein sich Artähnliches. Bisweilen aber entsteht eine Verschiedenheit zwischen dem Zeugenden und dem Gezeugten in den [außerwesentlichen] Eigenschaften entweder wegen des Stoffes oder wegen der Schwäche der Zeugungskraft. Wenn sich deshalb Getreidearten aus Weizenkorn entwickeln können — wie aus Weizenkorn auf schlechten Böden Winterweizen entsteht —, so kann Brot aus solchem Getreide Stoff für dieses Sakrament (Eucharistie) sein. — Das aber scheint nicht der Fall zu sein weder bei Gerste noch bei Spelt oder auch Dinkel, welch letzterer von allen dem Weizenkorn am ähnlichsten ist. Die Ähnlichkeit im Äußeren jedoch scheint in solchen Fällen mehr auf die Verwandtschaft als auf die Gleichheit der Art hinzudeuten. So bekundet die Ähnlichkeit der Gestalt, daß Hund und Wolf von verwandter, aber nicht derselben Art sind. Aus solchen Getreidearten also, die auf keine Weise aus Q U A E S T I O 74,
3
in ea vitale animae alimentum corporalibus sacramentis obtegeretur; vel ipsum populum nondum expoliatum carnali desiderio, quod tanquam palea cordi ejus inhaerebat". Hoc autem sacramentum pertinet ad „suave jugum" Christi, et ad veritatem jam manifestatam, et ad populum spiritualem. Unde non esset materia conveniens hujus sacramenti panis hordeaceus. AD SECUNDUM dicendum quod generans generat sibi simile [cf. Arist., 1 Rhet., cap. 4] in specie; fit tarnen aliqua dissi-i360 a5 militudo generantis ad genitum, quantum ad accidentia, vel propter materiam, vel propter debilitatem virtutis generativae. Et ideo si qua frumenta sunt, quae ex semine tritici generari possunt, sicut ex grano tritici 1 seminato in malis terris nascitur siligo, ex tali frumento panis confectus potest esse materia hujus sacramenti. — Quod tarnen non videtur habere locum neque in hordeo, neque in spelta, neque etiam in farre quod inter omnia est grano tritici similius. Similitudo autem figurae in talibus magis videtur significare propinquitatem quam identitatem speciei; sicut ex similitudine figurae manifestatur quod canis et lupus sunt propinquae speciei, non autem ejusdem. Unde ex talibus frumentis, quae nullo modo possunt ex semine tritici •
1
L om.
33
74,3 Weizensamen entstehen, kann nicht Brot zum vorgeschriebenen Stoff dieses Sakramentes bereitet werden [28]. Z u 3. Eine schwache Mischung hebt die Art nicht auf. Die geringere Menge verschwindet nämlich in etwa in der größeren. Wenn darum eine kleine Menge anderen Getreides zu einer viel größeren Menge Weizen gemischt wird, kann daraus Brot als Stoff dieses Sakramentes bereitet werden. Wenn aber die Mischung stark, beispielsweise gleich- oder fast gleichverteilt ist, so ändert sie die Art. Daher wird damit hergestelltes Brot nicht der für dieses Sakrament geforderte Stoff sein. Zu 4. Manchmal tritt ein so großes Verdorbensein des Brotes ein, daß sein Wesen aufhört, so wenn die Verbundenheit seiner Teile verlorengeht und Geschmack, Farbe und andere Eigenschaften sich ändern. Aus derartigem Stoff kann daher der Leib Christi nicht bereitet werden. — Bisweilen aber ist das Verdorbensein nicht groß genug, um die Wesensart aufzulösen, sondern es ist nur ein Ansatz dazu vorhanden, was man durch irgendeine Veränderung im Geschmack merkt. Aus solchem Brot kann man den Leib Christi bereiten, doch sündigt, wer es tut, aus Ehrfurchtslosigkeit gegen das Sakrament. Weil Stärkemehl aus verdorbenem Weizen ist, scheint das Brot daraus nicht der Leib Christi werden zu können, wenngleich einige das Gegenteil behaupten [29]. Q U A E S T I O 74,
s
generari, non potest confici panis, qui sit debita materia hujus sacramenti. AD TERTIUM dicendum quod modica permixtio non solvit speciem, quia id quod est modicum, quodammodo absumitur a plurimo. Ideo si sit modica admixtio alterius frumenti ad multo majorem quantitatem tritici, poterit exinde confici panis, qui est materia hujus sacramenti; si vero sit magna permixtio, puta ex aequo, vel quasi, talis permixtio speciem mutat; unde panis exinde confectus non erit debita materia hujus sacramenti. AD QUARTUM dicendum quod aliquando est tanta corruptio panis, quod solvitur species panis, sicut cum continuitas solvitur, et sapor, et color, et alia accidentia mutantur; unde ex tali materia non potest confici corpus Christi. — Aliquando vero non est tanta corruptio quae speciem solvat, sed est aliqua dispositio ad corruptionem, quod declarat aliqualis immutatio saporis, et ex tali pane potest confici corpus Christi; sed peccat conficiens propter irreverentiam sacramenti. Et quia amylum 1 est ex tritico corrupto, non videtur quod panis ex eo confectus possit fieri corpus Christi, quamvis quidam 2 contrarium dicant. 1
P et L: a m i d u m . 2 Cf. Alb. Magn., 4 Seilt., dist. 12, a r t . 7 ad 8, Borgnet 29/304; et q. 3, B o r g n e t 29/305.
34
4. A R T I K E L Muß dieses Sakrament aus ungesäuertem werden?
74,4 Brote
zubereitet
1. Wir müssen in diesem Sakramente die Einsetzung Christi nachahmen. Christus aber scheint dieses Sakrament in gesäuertem Brote eingesetzt zu haben; denn nach Ex 12 [V. 14—21] begannen die Juden gesetzesgemäß ungesäuertes Brot zu genießen am Ostertage, welcher am 14. des Monats gefeiert wurde. Christus nun hat dieses Sakrament eingesetzt beim Abendmahle, das Er „vor dem Ostertage" (Jo 13, 1) gefeiert hat. Also müssen auch wir dieses Sakrament mit gesäuertem Brote feiern. 2. Die Gesetzesvorschriften brauchen zur Zeit der Gnade nicht eingehalten zu werden. Der Gebrauch des Ungesäuerten war aber eine gesetzliche Zeremonie (Ex 12, 8. 15. 17—20). Also dürfen wir bei diesem Sakrament der Gnade nicht Ungesäuertes gebrauchen. 3. Die Eucharistie ist „das Sakrament der Minne" (73, 3 Zu 3; vgl. 65, 1), wie die Taufe das des Glaubens. Die Glut der Minne wird nun versinnbildet durch den Sauerteig, nach der Glosse zu Mt 13, 33: ,Das Himmelreich ist gleich einem Sauerteig' usw. Also muß dieses Sakrament aus gesäuertem Brote bereitet werden. QUAESTIO
74, 4
A R T I C U L U S IV U t r u m hoc sacra m e n t u m d e b e a t confici pane azymo
ex
[4 Sent., dist. 11, q. 2, art. 2, qa 3; 4 Cont. Gent., cap. 69; Cont. Error. Graec., cap. 32; Joan., cap. 13, lect. 1]
AD QUARTUM sie proceditur. Videtur quod hoc sacramentum non debeat confici ex pane azymo. Debemus enim in hoc sacramento imitari institutionem Christi. Sed Christus videtur hoc sacramentum instituisse in pane fermentato, quia, sicut legitur Exodi 1'2, Judaei secundum legem ineipiebant uti azymis in die Paschatis, quod celebratur quarta deeima luna; Christus autem instituit hoc sacramentum in coena quam celebravit „ante diem festum Paschae", ut habetur Joan. 13. Ergo et nos debemus hoc sacramentum celebrare in pane fermentato. 2. PRAETEREA, legalia non sunt observanda tempore gratiae. Sed uti azymis fuit quaedam legalis caeremonia, ut patet (Exodi 12). Ergo in hoc sacramento gratiae non debemus azymis uti. 3. PRAETEREA, sicut supra dictum est, Eucharistia est „sacramentum charitatis", sicut baptismus sacramentum fidei. Sed fervor charitatis significatur per fermentum, ut patet in Glossa (cf. Anselm. Laudun., in Matth.] super illud Matth. 13, MPL ,Simile est regnum caelorum fermento' etc. Ergo hoc sacra- it.2/1375 mentum debet confici de pane fermentato. 3*
35
74,4
4. Ungesäuert und gesäuert sind Eigenschaften des Brotes, die seine Art nicht ändern. Beim Stoff der Taufe aber wird kein Unterschied gemacht wegen der verschiedenen Eigenschaften des Wassers, ob es z. B. salzhaltig oder süß, kalt oder warm ist. Also braucht auch in diesem Sakrament kein Unterschied gemacht zu werden, ob das Brot ungesäuert oder gesäuert sei. ANDERSEITS wird nach einer „Extra" der Priester, der sich „mit gesäuertem Brote und hölzernem Kelch die Meßfeier zu begehn getraut", gestraft [30]. ANTWORT: Bezüglich des Stoffes dieses Sakramentes kann zweierlei in Betracht gezogen werden, nämlich was notwendig ist und was angebracht ist. Notwendig ist, daß man Weizenbrot hat (Art. 3), ohne welches das Sakrament nicht zustande kommt. Nicht aber ist es für das Sakrament notwendig, daß es ungesäuert oder gesäuert sei. Denn in jedem von beiden kann das Sakrament vollendet werden. Es ist aber angebracht, daß jeder den Ritus seiner Kirche befolge bei der Feier des Sakramentes. Hierin gibt es nun verschiedene Gepflogenheiten der Kirchen. Der selige Gregor sagt nämlich im Register: „Die römische Kirche opfert ungesäuerte Brote, weil der Herr, ohne daß eine Vermischung stattgefunden hatte, Fleisch annahm. Die übrigen Kirchen aber opfern gesäuertes Brot, weil QUAESTIO
Frdb. n/643
MPL217 855,857
74, 4
4. P R A E T E R E A , azymum et fermentatum sunt accidentia panis non variantia ejus speciem. Sed in materia baptismi nulla discretio adhibetur circa differentiam accidentium aquae, puta si sit salsa vel dulcis, calida vel frigida. E r g o in hoc sacramento aliqua discretio adhiberi non debet, utrum panis sit azymus vel fermentatus. SED CONTRA est quod E x t r a , De Celebr. Missarum, cap. Litteras, punitur sacerdos qui „in pane fennentato et scypho ligneo Missarum solemnia celebrare praesumpsit". RESPONDEO dicendum quod circa materiam hujus sacramenti duo possunt considerari, scilicet quid sit necessarium, et quid conveniens. Necessarium quidem est ut sit panis triticeus, sicut dictum est, sine quo non perficitur sacramentum. Non est autem de necessitate sacramenti quod sit azymus vel f e r m e n t a t u s ; quia in unoquoque conflci potest. Conveniens autem est ut unusquisque servet ritum suae Ecclesiae in sacramenti celebratione. S u p e r hoc autem sunt diversae Ecclesiarum consuetudines; dicit enim B. Gregorius in registro [cf. Innocent. III., 4 de S a c r o Altaris Mysterio, cap. 4 ] : „Rom a n a Ecclesia ofiert azymos panes, propterea quod Dominus sine ulla commixtione suscepit c a r n e m ; sed Graecae 1 Ecclesiae 1
36
P et L: ceterae.
das WORT des Vaters sich mit dem Fleisch bekleidete, 74, 4 wie der Sauerteig unter das Mehl gemischt wird" [31]. Wie deshalb ein Priester in der lateinischen Kirche sündigt, wenn er mit gesäuertem Brote die Messe feiert, so würde ein griechischer Priester sündigen, wenn er in der griechischen Kirche mit ungesäuertem Brot© die Messe feierte, weil er gewissermaßen den Ritus seiner Kirche umstößt. Und dennoch ist die Gewohnheit, mit ungesäuertem Brote die Messe zu feiern, begründeter. Erstens wegen der Einsetzung Christi, der „am ersten Tage der ungesäuerten Brote" (Mt 26, 17; Mk 14, 12; Lk 22, 7), an dem nach Ex 12, 15. 19 nichts Gesäuertes in den Häusern der Juden sein durfte, dieses Sakrament einsetzte. — Zweitens: Mehr als Seiner Gottheit ist das Brot eigentliches Sakrament des Leibes Christi (76, 1), der ohne Versehrung [der Jungfräulichkeit Mariens] empfangen worden ist [28, 2]. — Drittens stimmt dies mehr zur Lauterkeit der Gläubigen, die für den Gebrauch der Eucharistie nötig ist, gemäß 1 Kor 5, 7 f.: „Christus ist als unser Opferlamm geschlachtet worden; so laßt uns denn feiern mit dem ungesäuerten Brote der Lauterkeit und Wahrhaftigkeit." Aber auch die Gepflogenheit der Griechen hat eine Berechtigung, sowohl wegen der Zeichenhaftigkeit, die Gregorius berührt, als auch zur Verurteilung der Irrlehre der Nazaräer, welche Gesetzesvorschriften und Evangelium vermengten [32]. Q U A E S T I O
74,
4
offerunt fermentatum, pro eo quod Verbum Patris indutum est carne; sicut iermentum miscetur farinae." Unde sicut peccat presbyter in Ecclesia Latinorum celebrans de pane fermentato, ita peccaret presbyter Graecus in Ecclesia Graecoruir« celebrans de pane azymo, quasi pervertens Ecclesiae suae ritum. Et tarnen consuetudo de pane azymo celebrandi rationabilior est, primo quidem propter institutionem Christi, qui hoc sacramentum instituit „prima die azymorum", ut habetur Matth. 26, et Marci 14, et Lucae 22, qua die nihil fermentatum in domibus Judaeorum esse debebat, ut habetur Exodi 12. — Secundo quia panis est proprie sacramentum corporis Christi, quod sine corruptione conceptum est, magis quam divinitatis ipsius, ut infra patebit. — Tertio quia hoc magis competit sinceritati fidelium, quae requiritur ad usum hujus sacramenti, secundum illud 1 Cor. 5: „Pascha nostrum immolatus est Christus; itaque epulemur in azymis sinceritatis et veritatis." Habet tarnen haec consuetudo Graecorum aliquam rationem, et propter signiflcationem, quam tangit Gregorius, et in detestationem haeresis Nazaraeorum, qui legalia Evangelio miscebant MPL [cf. August., De Haeres., haer. 9], 42/27
37
4
Z u 1. Nach Ex 12, 6. 18 begann die Opferfeier mit dem Abend des 14. des Monats. Und zu dem Zeitpunkt setzte Christus nach dem Opfer des Osterlammes dieses Sakrament ein. Deshalb heißt es bei Johannes, dieser Tag gehe dem folgenden Ostertag voran, bei den drei anderen Evangelisten aber heißt es ,der erste Tag der ungesäuerten Brote', an dem sich nichts Gesäuertes mehr in den Häusern der Juden befand (Antwort). Mehr ist darüber bemerkt bei der Behandlung des Herrnleidens (46, 9 Zu 1). Z u 2. Die, welche [die Eucharistie ] mit ungesäuertem Brote bereiten, haben nicht die Absicht, die Zeremonien des Gesetzes zu halten, sondern sich der Einsetzung Christi anzugleichen. Deshalb leben sie nicht nach jüdischer Weise. Andernfalls würden das auch jene, welche mit gesäuertem Brote die Feier begehen, weil die Juden gesäuerte Erstlingsbrote opferten. Z u 3. Der Sauerteig bezeichnet die Minne [nur] wegen einer Wirkung: er macht das Brot schmackhafter und größer. Die Zersetzung aber bezeichnet er schon durch seinen Artbegriff selbst. Z u 4. Der Sauerteig hat etwas verderbend Wirkendes an sich, und aus verdorbenem Brote kann dieses Sakrament nicht bereitet werden (Art. 3 Zu 4). Deshalb kommt beim Brote der Unterschied zwischen ungesäuertem und geQUAESTIO
74, 4
AD PRIMUM ergo dicendum quod, sicut legitur Exodi 12, solemnitas paschalis incipiebat in vesperis quartae deciniae lunae; et tunc Christus post immolationem agni paschalis hoc sacramentum instituit; unde haec dies a Joanne dicitur praecedere 1 diem Paschae, et a tribus aliis Evangelistis dicitur ,prima dies azymorum', quando fermentatum in domibus Judaeorum non inveniebatur, ut dictum est. Et de hoc supra notatum est plenius in tractatu dominicae Passionis. AD SECUNDUM dicendum quod conficientes in azymo non intendunt caeremonias legis servare, sed conformare se institutioni Christi; et ideo non judaizant; alioquin et celebrantes in pane fermentato judaizarent; quia Judaei panes primitiarum fermentatos oflerebant. AD TERTIUM dicendum quod fermentum significat charitatem propter aliquem effectum, quia scilicet panem facit sapidiorem et majorem; sed corruptionem significat ex ipsa ratione suae speciei. AD QUARTUM dicendum quod, quia fermentum habet aliquid corruptionis, et ex pane corrupto non potest confici hoc sacramentum, ut dictum est, ideo magis attenditur circa panem difierentia azymi et fermentati, quam circa aquam baptismi 1
38
P et L add.: sequentem.
säuertem mehr in F r a g e als beim Taufwasser der Unter- 74, 5 schied zwischen warm und kalt. Denn die Zersetzung des Durchsäuerten könnte auch so groß sein, daß damit das Sakrament nicht zustande käme. 5. Ist Wein
vom
ARTIKEL
Weinstock der tümliche
diesem Stoff?
Sakramente
eigen-
1. Wie das Wasser der Stoff der Taufe ist, so ist der Wein der Stoff dieses Sakramentes. Mit jedem Wasser aber kann die Taufe geschehen. Also kann auch mit jedem beliebigen Wein, z. B. dem von Granatäpfeln oder Maulbeeren oder Ähnlichem dieses Sakrament vollzogen werden, zumal in manchen Gegenden keine Reben wachsen. 2. Weinessig ist nach Isidor eine bestimmte Art Wein, der vom Weinstock gewonnen wird. Mit Weinessig kann aber dieses Sakrament nicht vollzogen werden. Also scheint der Wein vom Weinstock nicht der diesem Sakramente eigentümliche Stoff zu sein. 3. W i e man von der Rebe gereinigten Wein gewinnt, so auch Sauerwein und Most. Mit letzteren aber scheint dieses Sakrament nicht vollzogen werden zu können. Denn in [dem Bericht] der sechsten Kirchenversammlung heißt QUAESTIO
74, 5
differentia calidi et frigidi: posset enim tanta esse corruptio fermentati, quod ex eo non posset confici sacramentum. Utruni
sit
ARTICULUS V p r o p r i a m a t e r i a hu j u s vinum vitis
sacra menti
[4 Sent., dist. 11, q. 2, art. 3; 4 Cont. Gent., cap. 69; 1 Cor., cap. 11, lect. 7]
AD QUINTUM sie proceditur. Videtur quod non sit propria materia hujus sacramenti vinum vitis. Sicut enim aqua est materia baptismi, ita vinum est materia hujus sacramenti. Sed in qualibet aqua potest fieri baptismus. Ergo in quolibet vino, puta malorum granatorum, vel mororum, aut hujusmodi, potest confici hoc sacramentum, praesertim cum in quibusdam terris vites non crescant. 2. PRAETEREA, acetum est quaedam species vini quod de vite sumitur, ut Isidorus dicit (22 Etym., cap. 3). Sed de aceto MPL non potest confici hoc sacramentum. Ergo videtur quod vinum 82/712 vitis non sit propria materia hujus sacramenti. 3. PRAETEREA, sicut de vite sumitur vinum depuratum, ita etiam agresta et mustum. Sed de his non videtur posse confici hoc sacramentum, secundum illud quod in sexta synodo legi- M®n7si 1 / 9 5 5
39
74,5 es: „Wir haben erfahren, daß in manchen Kirchen die Priester der Opfergabe Trauben hinzufügen und so beides zusammen unter das Volk austeilen. Wir befehlen also, daß kein Priester das weiterhin tue." Und Papst Julius [I.] tadelt einige, die „beim Sakrament des Herrnkelches [eben] ausgepreßten Wein darbringen". Also scheint der Wein vom Weinstock nicht der diesem Sakrament eigentümliche Stoff zu sein [33]. ANDERSEITS hat der Herr sich wie mit dem Weizenkorn [Jo 12, 24], so auch mit dem Weinstock verglichen (Jo 15, 1): „Ich bin der wahre Weinstock." Nun ist aber nur Brot aus Weizen Stoff dieses Sakramentes (Art. 3). Also ist nur Wein vom Weinstock der diesem Sakrament eigentümliche Stoff. ANTWORT: Nur mit Wein vom Weinstock kann dieses Sakrament vollzogen werden. Erstens wegen der Einsetzung Christi, der mit Wein vom Weinstock dieses Sakrament einsetzte, wie sich aus dem, was er selbst in bezug auf die Einsetzung dieses Sakramentes Lk 22 [vgl. Mt 26, 29 ] sagt, ergibt: „Ich werde von nun an nicht mehr von diesem Gewächs des Weinstocks trinken" [34]. Zweitens, weil zum Stoff der Sakramente das gewählt wird, was eigentlich und allgemein solche Art besitzt (Art. 3). Im eigentlichen Sinne aber heißt Wein, was vom Weinstock genommen wird; dagegen heißen die anderen QUAESTIO
74, 5
tur 1 : „Didicimus quod in quibusdam Ecclesiis sacerdotes sacrificio oblationis conjungunt uvas; et sie simul utraque populo dispensant. Praecipimus igitur ut nullus sacerdos hoc ulterius MPL faciat"; et Julius papa 2 reprehendit quosdam qui „expressum 8/969 v i n u m i n sacramento dominici calicis offerunt". Ergo videtur quod vinum vitis non sit propria materia hujus sacramenti. SED CONTRA est quod, sicut Dominus se comparavit grano frumenti, ita etiam se comparavit viti, dicens Joan. 15: „Ego sum vitis vera." Sed solus panis de frumento est materia hujus sacramenti, ut dictum est. Ergo solum vinum de vite est propria materia hujus sacramenti. RESPONDEO dicendum quod de solo vino vitis potest confici sacramentum: primo quidem propter institutionem Christi, qui in vino vitis hoc sacramentum instituit, ut patet ex eo quod ipse dicit Luc. 22, circa institutionem hujus sacramenti: „Non bibam amodo de hoc genimine vitis." Secundo quia, sicut dictum est, ad materiam sacramentorum assumitur id quod proprie et communiter habet talem speciem. Proprie autem vinum dicitur quod de vite sumitur: alii vero 1 Cf. De Consecr., dist. 2, can. Didicimus quod; Frdh. 1/1315. 2 Cf. De Consecr., dist. 2. can. Cum omne; Frdb. 1/1316.
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Flüssigkeiten Wein nur nach einer gewissen Ähnlichkeit 74,5 mit dem Wein vom Weinstock. Drittens, weil der Wein des Weinstockes mehr auf die Wirkung dieses Sakramentes, die geistige Freude, zutrifft, nach dem Schriftwort [Ps 104 (103), 15], daß „Wein das Menschenherz erfreut" [35]. Z u 1. Jene Flüssigkeiten heißen Wein, nicht eigentlich, sondern nach einer Ähnlichkeit. Vom richtigen Wein aber kann in jene Gegenden, wo keine Reben wachsen, so viel gebracht werden, als für dieses Sakrament genug ist. Zu 2. Der Wein wird zu Weinessig durch Zersetzung. Deshalb vollzieht sich keine Rückverwandlung des Weinessigs in den Wein (Aristoteles). Wie deshalb mit gänzlich verdorbenem Brot dieses Sakrament nicht zustande gebracht werden kann, so auch nicht mit Weinessig. Doch kann es geschehen mit Wein, der erst sauer zu werden anfängt, ebenso wie mit Brot, das zu verderben beginnt. Aber wer so das Sakrament vollzieht, sündigt (Art. 3 Zu 4). Z u 3. Sauerwein ist [aus noch ] im Vorgang des Werdens [begriffenen Trauben gewonnen] und darum hat er noch nicht die Art des Weines [und wird sie niemals haben]. Deshalb kann damit das Sakrament nicht vollzogen werden. Der Most aber hat schon den Artcharakter des Weines. Denn seine Süßigkeit ist ein Zeichen für die Reife [der Trauben], die nach Aristoteles „die von de: Naturwärme QUAESTIO
74, 5
liquores vinum dicuntur secundum quamdam similitudinem ad vinum vitis. Tertio quia vinum vitis magis competit ad effectum hujus sacramenti, qui est spiritualis laetitia, quia scriptum est quod „vinum laetificat cor hominis". AD PRIMUM ergo dicendum quod illi liquores non dicuntur proprie vinum, sed secundum quamdam similitudinem. Potest autem verum vinum ad terras illas deferri, in quibus vites non crescunt, quantum sufficit ad hoc sacramentum. AD SECUNDUM dicendum quod vinum fit acetum per corruptionem; unde non fit reditus de aceto in vinum, ut dicitur 8 Metaph. [lib. 7, cap. 5]. Et ideo sicut de pane totaliter cor- 1044 b 34 rupto non potest confici hoc sacramentum, ita nec de aceto. Potest tamen confici de vino acescenti, sicut et de pane qui est in via ad corruptionem, licet peccet conficiens, ut prius dictum est. AD TERTIUM dicendum quod agresta est in via genera tionis, et ideo nondum habet speciem vini: et propter hoc de ea non potest confici hoc sacramentum. Mustum autem jam habet speciem vini: nam ejus dulcedo attestatur digestioni, quae est „completio a naturali calore",
41
74, 6 kommende Vollendung" ist. Somit kann mit Most dieses Sakrament vollzogen werden. Ganze Trauben dürfen jedoch diesem Sakramente nicht beigemischt werden, denn dann befände sich etwas außer dem Weine dabei. Verboten ist es auch, eben aus der Traube gepreßten Most im Kelche zu opfern. Das ist nämlich ungeziemend wegen des Nichtgereinigtseins des Mostes. Im Notfall kann es aber geschehen. Derselbe Papst Julius sagt nämlich: „Wenn notwendig, werde die Traube in den Kelch ausgepreßt." 6. A R T I K E L Muß Wasser in den Wein gemischt
werden?
1. Christi Opfer war vorgebildet durch das Opfer des Melchisedech. Von ihm heißt es Gen 14, 18 aber nur, daß e r „Brot und Wein" darbrachte. Also scheint man in diesem Sakrament nicht Wasser beifügen zu müssen. 2. Verschiedene Sakramente haben verschiedene Stoffe. Wasser ist aber der Stoff der Taufe. Darum darf man es nicht als Stoff für dieses Sakrament verwenden. 3. Brot und Wein sind der Stoff dieses Sakramentes. Dem Brot wird aber nichts beigefügt. Also darf auch dem Wein nichts hinzugefügt werden. QUAESTIO
74, e
380 a 15 ut dicitur 4 Meteor, [cap. 3], et ideo de musto potest confici hoc sacramentum. Non tarnen debent uvae integrae huic sacramento misceri, quia jam esset ibi aliquid praeter vinum. Prohibetur etiam ne mustum statim expressum de uva in calice offeratur, quia hoc est indecens propter impuritatem musti. Potest tarnen in necessitate fleri; dicitur enim ab eodem MPL Julio papa: „Si necesse fuerit, botrus in calice coniprimatur." 8/970
Prdb.
1/1316
Utrum
A R T I C U L U S VI . . . . a q u a Sit v i n o permiscenda
[4 Sent., dist. 11, q. 2, art. 4, qa 1; Matth., cap. 26; 1 Cor., cap. 11, lect. 6]
AD SEXTUM sie proceditur. Videtur quod aqua non sit vino permiscenda. Sacrificium enim Christi figuratum fuit per oblationem Melchisedech, qui Gen. 14 non legitur obtulisse nisi „panem et vinum". Ergo videtur quod in hoc sacramento non debeat adjungi aqua. 2. PRAETEREA, diversorum sacramentorum diversae sunt materiae. Sed aqua est materia baptismi. Ergo non debet assumi ad materiam hujus sacramenti. 3. PRAETEREA, panis et vinum sunt materia hujus sacramenti. Sed pani nihil adjungitur. Ergo nec vino debet aliquid adjungi.
42
A N D E R S E I T S schreibt Papst Alexander [ I . ] : „Bei den 74,6 sakramentalen Opfergaben, die bei der Meßfeier dem Herrn dargebracht werden, opfere man nur Brot und Wein, den man mit Wasser gemischt hat." A N T W O R T : Dem Wein, der in diesem Sakramente geopfert wird, ist Wasser beizumischen. Erstens wegen der Einsetzung. Mit Wahrscheinlichkeit nimmt man nämlich an, daß der Herr bei der Einsetzung dieses Sakramentes den Wein nach der Sitte des Landes mit Wasser mischte. Daher heißt es auch Spr 9, 5: „Trinket den Wein, den ich euch mischte." Zweitens paßt dies zur Vergegenwärtigung des Herrnleidens. Darum sagt Papst Alexander [ I . ] : „ I m Kelch des Herrn darf nicht nur Wein oder nur Wasser geopfert werden, sondern beides gemischt. Denn beide sind nach der Schrift beim Leiden aus Seiner Seite geflossen." Drittens bezeichnet es treffend die Wirkung dieses Sakramentes, welches die Einigung des christlichen Volkes mit Christus ist. Papst Julius sagt nämlich: „ W i r sehen, daß unter dem Wasser das Volk zu verstehen ist, daß im Wein aber das Blut Christi gezeigt wird. Wenn also im Kelch Wein und Wasser gemischt werden, so vereinigt sich das Volk mit Christus" [36]. QUAESTIO
74, 6
SED C O N T R A est quod A l e x a n d e r papa scribit [Ep. ad omnes MPL Orth.]: „ I n sacramentorum oblationibus, quae inter missarum 13°/93 solemnia Domino offeruntur, panis tantum et vinum aqua permixtum in sacrificium offerantur." 1 RESPONDEO dicendum quod vino, quod offertur in hoc sacramento, debet aqua misceri, primo quidem propter institutionem: probabiliter enim creditur quod Dominus hoc sacramentum instituerit in vino aqua permixto secundum morem illius terrae: unde et Proverb. 9 dicitur: „Bibite vinum quod miscui vobis." Secundo quia hoc convenit repraesentationi dominicae passionis: unde dicit A l e x a n d e r papa [ i b i d . ] : „ N o n debet in calice Domini aut vinum solum, aut aqua sola offerri, sed utrumque permixtuin, quia utrumque ex latere ejus in passione sua profluxisse legitur." Tertio quia hoc convenit ad significandum effectum hujus sacramenti, qui est unio populi christiani ad Christum, quia, ut Julius p a p a 2 dicit, „videmus in aqua populum intelligi, in MPL vino vero ostendi sanguinem Christi. Ergo cum in calice vino 8/970 aqua miscetur, Christo populus adunatur". 1 Cf. 74, 1 Sed contra; pag. 25, nota 2. 2 Cf. Cyprian! ep. 63; MPL 4/383 f. Item: De Consecrat., dist. 2, can. Cum omne; Frdb. 1/1316.
4*
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74,7
Viertens stimmt das zur endgültigen Wirkung dieses Sakramentes, welche der Eingang ins ewige Leben ist. Ambrosius sagt darum: „Das Wasser strömt in den Kelch und springt empor ins ewige Leben" [ 3 7 ] . Z u 1. Wie — nach Ambrosius — das Opfer Christi durch die Opfergabe des Melchisedech bezeichnet wurde, so wurde es auch durch das Wasser bezeichnet, das in der Wüste aus dem Felsen floß; 1 Kor 10, 4 : „Sie tranken nämlich aus dem geistigen Fels, der mitfolgte." Z u 2. In der Taufe wird das Wasser verwendet, um es bei der Abwaschung zu gebrauchen; in diesem Sakrament aber wird es verwandt, um es zur Stärkung zu gebrauchen nach dem Psalmwort: „Vom Wasser der Erquickung hat E r mich genährt" (Ps 23 [ 2 2 ] , 2). Z u 3. Brot wird aus Wasser und Mehl zubereitet. Wenn daher dem Wein Wasser beigemischt wird, ist keines ohne Wasser. Ist die Beimischung
7. A R T I K E L von Wasser bei diesem wesensnotwendig ?
Sakrament
1. Cyprian sagt zu Cäcilius: „So ist der Kelch des Herrn weder Wasser allein noch Wein allein, sondern beides QUAESTIO
74, 7
Quarto quia hoc competit ad ultimum eflectum hujus sacramenti, qui est introitus ad vitam aeternam; unde Ambrosius MPL dicit in libro de sacramentis (lib. 5, cap. 1), „redundat aqua 16/447 in calicem, et salit in vitam aeternam". AD PRIMUM ergo dicendum quod, sicut Ambrosius dicit MPL 16 ibidem, sicut sacriflcium Christi signatum est per oblationem 445,447 Melchisedech, ita etiam significatum est per aquam, quae in eremo fluxit de petra, secundum illud 1 Cor. 10: „Bibebant autem de spirituali consequente eos petra." AD SECUNDUM dicendum quod aqua assumitur in baptismo ad usum ablutionis; in hoc autem sacramento assumitur ad usum refectionis, secundum illud Psalmi: „Super aquam refectionis educavit me." AD TERTIUM dicendum quod panis ex aqua et farina conficitur, et ideo cum vino aqua miscetur, neutrum sine aqua existit. A R T I C U L U S VII U t r u m p e r m i x t i o a q u a e s i t de n e c e s s i t a t e hujus sacramenti [Infra, q. 83, art. 6 ad 4, 6; 4 Sent., dist. 11, q. 2, art. 4, qa 2, 3; 1 Cor., cap. 11, lect. 6]
AD SEPTIMUM sie proceditur. Videtur quod permixtio aquae sit de necessitate hujus sacramenti. Dicit enim Cyprianus ad
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muß miteinander vermischt sein, wie ja auch der Leib des 74,7 Herrn nicht bloß Mehl sein kann, sondern beides — nämlich Mehl und Wasser — vereinigt sein muß." Die Verbindung von Wasser und Mehl ist aber eine Wesensnotwendigkeit dieses Sakramentes. Also aus dem gleichen Grunde auch die Vermischung von Wasser und Wein. 2. Beim Leiden des Herrn, dessen Gedächtnis dieses Sakrament ist, „floß aus Seiner Seite sowohl Blut als auch Wasser" [vgl. Jo 19, 34], Der Wein aber, das Sakrament des Blutes, ist notwendig bei diesem Sakrament. Also aus dem gleichen Grunde auch das Wasser. 3. Wenn das Wasser nicht notwendig zu diesem Sakrament gehörte, wäre es gleichgültig, welches Wasser man dazugäbe. So könnte Rosenwasser oder irgendein anderes derartiges dazugegeben werden. Das aber hat der Brauch der Kirche nicht. Also gehört das Wasser zur Wesensnotwendigkeit dieses Sakramentes. ANDERSEITS sagt Cyprian: „Hat auch irgendeiner unserer Vorgänger aus Unwissenheit oder Einfalt nicht das beobachtet", daß er nämlich bei der Eucharistie Wasser zum Wein tat, „so kann doch seine Einfalt Verzeihung erlangen." Das könnte nicht sein, wenn Wasser für das Sakrament ebenso gefordert wäre wie Wein und Brot. Also ist die Beimischung von Wasser nicht wesensnotwendig. Q U A E S T I O
74,
7
Caecilium (ep. 63) : „Sic calix Domini non est aqua sola et MPL vinum solum, nisi utrumque misceatur, quomodo nec corpus 4 / 384 Domini potest esse farina sola, nisi utrumque, scilicet farina et aqua, fuerit adunatum." Sed admixtio aquae ad farinam est de necessitate hujus sacramenti. Ergo pari ratione admixtio aquae ad vinum. 2. PRAETEREA, in passione Domini, cujus hoc sacramentum est memoriale, sicut „de latere ejus exivit sanguis", ita „et aqua". Sed vinum, quod est sacramentum sanguinis, est de necessitate hujus sacramenti. Ergo pari ratione et aqua. 3. PRAETEREA, si aqua non esset de necessitate hujus sacramenti, non referret quaecumque aqua huic sacramento apponeretur, et ita posset apponi aqua rosacea, vel quaecumque alia hujusmodi aqua, quod non habet usus Ecclesiae. Aqua ergo est de necessitate hujus sacramenti. SED CONTRA est quod Cyprianus dicit: „Si aliquis de ante- MPL cessoribus nostris vel ignoranter vel simpliciter non hoc ser- 4//387 vavit", ut scilicet aquam vino misceret in sacramento, „potest simplicitati ejus venia concedi", quod non esset, si aqua esset de necessitate sacramenti, sicut est vinum vel panis. Non ergo aquae admixtio est de necessitate sacramenti.
45
7
ANTWORT: Das Urteil über ein Zeichen hat sich nach dem jeweils Bezeichneten zu richten. Die Beigabe des Wassers zum Wein soll die Teilnahme der Gläubigen an diesem Sakramente bezeichnen, und zwar insofern, als das in den Wein gemischte Wasser das Christus geeinte Volk bezeichnet (Art. 6). Aber auch dieses, daß am Kreuz aus der Seite Christi Wasser floß, bezieht sich ebendarauf; denn das Wasser bezeichnet die im Leiden Christi geschehene Reinigung von Sünden. Dieses Sakrament nun wird vollendet in der Weihe des Stoffes (73, 1 Zu 3). Der Gebrauch durch die Gläubigen gehört nicht notwendig zum Sakrament, sondern ergibt sich als Folge aus dem Sakrament. So gilt der Schluß, daß die Beigabe von Wasser nicht notwendig zum Sakrament gehört [38]. Z u 1. Jenes Wort Cyprians ist so zu verstehen, daß, was angemessener Weise nicht sein kann, [von ihm] unmöglich genannt wird. Jener Vergleich gilt also von dem, was geschehen soll, und nicht von der Notwendigkeit. Denn das Wasser gehört wohl zum Wesen des Brotes, aber nicht zu dem des Weines. Z u 2. Das Blutvergießen gehörte unmittelbar zum Leiden Christi selbst. Es ist nämlich dem verwundeten Menschenleibe natürlich, zu bluten. Wasser wurde aber vergossen, nicht weil das Leiden es notwendig machte, QÜAESTIO
74, 7
RESPONDEO dicendum quod judicium de signo sumendum est ex eo quod significatur. Appositio autem aquae ad vinum refertur ad significandam participationem hujus sacramenti a fidelibus, quantum ad hoc quod per aquam mixtam vino significatur populus adunatus Christo, ut dictum est. Sed et hoc ipsum quod de latere Christi pendentis in cruce aqua profluxit, ad idem refertur; quia per aquam significatur ablutio peccatorum, quae fiebat per passionem Christi. Dictum est autem supra, quod hoc sacramentum perficitur in consecratione materiae; usus autem fidelium non est de necessitate sacramenti, sed est aliquid consequens ad sacramentum. Et ideo consequens est quod appositio aquae non sit de necessitate sacramenti. AD PRIMUM ergo dicendum quod verbum illud Cypriani est intelligendum secundum quod dicitur illud esse non posse quod convenienter esse non potest. Et sic similitudo illa attenditur quantum ad id quod debet fieri, non autem quantum ad necessitatem; nam aqua est de essentia panis, non autem de essentia vini. AD SECUNDUM dicendum quod effusio sanguinis directe pertinebat ad ipsam Christi passionem: est enim naturale corpori humano vulnerato quod ex eo profluat sanguis. Sed effusio aquae non fuit de necessitate passionis, sed ad demonstrandum
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sondern damit auf des letzteren Wirkung hingewiesen 74,7 würde: die Reinigung von den Sünden und die Linderung der Glut der Begierlichkeit. Darum wird das Wasser nicht getrennt vom Wein geopfert in diesem Sakrament, wie der Wein getrennt geopfert wird vom Brot. Vielmehr wird das Wasser mit dem Wein vermischt dargebracht, damit gezeigt wird, der Wein gehöre schon an sich notwendig zu diesem Sakrament, das Wasser aber nur in Verbindung mit dem Wein. Z u 3. Weil die Beigabe des Wassers zum Wein nicht notwendig zum Sakrament gehört, ist es, was die Notwendigkeit des Sakramentes angeht, gleichgültig, welches Wasser, ob natürliches oder künstliches, wie Rosenwasser, man dem Weine beimische. Gleichwohl würde, wer anderes als natürliches und echtes Wasser dazumischte, gegen die Angemessenheit des Sakramentes sündigen. Denn am Kreuze ist aus der Seite Christi auch echtes Wasser geflossen — nicht eine schleimige Flüssigkeit, wie manche behaupteten. Dadurch sollte gezeigt werden, daß der Leib Christi wirklich aus den vier Grundstoffen zusammengesetzt sei, so wie durch das Blutvergießen gezeigt werden sollte, daß Sein Leib aus den vier Grundflüssigkeiten 1 zusammengesetzt sei (Innozenz III.). Weil aber die Verbindung des Wassers mit dem Mehl, die das Wesen des Brotes bestimmt, für dieses Sakrament notwendig ist, so Q U A E S T I O 74, 7
effectum passionis, qui est ablutio a peccatis, et refrigerium contra ardorem concupiscentiae. Et ideo aqua non seorsum offertur a vino in hoc sacramento, sicut vinum oflertur seorsum a pane; sed aqua oflertur vino permixta ut ostendatur quod vinum per se pertinet ad hoc sacramentum, tanquam de ejus necessitate existens, aqua autem secundum quod adjungitur vino. AD TERTIUM dicendum quod, quia admixtio aquae ad vinum non est de necessitate sacramenti, non refert quantum ad sacramenti necessitatem, quaecumque aqua misceatur vino, sive naturalis sive artiflcialis, ut rosacea; quamvis quantum ad convenientiam sacramenti peccet qui aliani aquain miscet nisi naturalem et veram, quia de latere Christi pendentis in cruce aqua vera profluxit, non humor phlegmaticus, ut quidam dixerunt, ad ostendendum quod corpus Christi erat vere compositum ex quatuor elementis, sicut per sanguinem fluentem ostendebatur quod erat compositum ex quatuor liumoribus, ut Innocentius III. dicit in quadam Decretali [12 Regest., 7 ] 2 . Quia MPL vero admixtio aquae ad farinam est de necessitate hujus sacra- 216/17 menti, utpote constituens substantiam panis, si farinae ad1 Vgl. 66. 4 Zu 3: Bd. 29. 2 Cf. De Celebr. Miss., cap. In quadam; Frdb. II/640.
47
74, 8 könnte, wenn man unter das Mehl Rosenwasser oder eine andere Flüssigkeit als echtes Wasser mischte, das Sakrament nicht vollzogen werden, weil man nicht wirklich Brot hätte. 8. A R T I K E L Muß das Wasser
in großer
Menge
beigefügt
werden?
1. Wie das Blut sinnfällig aus der Seite Christi floß, so auch das Wasser, deshalb heißt es Jo 19, 35: „Der das gesehen hat, der hat es bezeugt." Aber das Wasser könnte nicht sinnfällig in diesem Sakrament enthalten sein außer in beträchtlicher Menge. Darum scheint man viel Wasser beifügen zu müssen. 2. Wenig Wasser unter viel Wein gemischt, löst sich auf. Was aber aufgelöst ist, besteht nicht [mehr]. Also bedeutet es das gleiche: diesem Sakrament wenig Wasser oder gar keines hinzuzutun. Keines hinzutun, geht nicht an; also darf man nicht wenig hinzutun. 3. Wenn es genügte, wenig hinzuzutun, würde es folglich auch genügen, einen Tropfen Wasser in ein ganzes Faß [Wein] zu tun. Das wäre aber lächerlich. Somit genügt ein geringes Maß nicht. QUAESTIO
74, s
misceretur aqua rosacea, vel quicumque alius liquor quam vera aqua, non posset ex eo conflci sacramentum, quia non esset verus panis. Utruni
A R T I C U L U S VIII d e b e a t a q u a in m a g n a a p p on i
quantitate
[1 Sent., dist. 11, q. 2, art. 4, qa 4; 1 Cor., cap. 11, lect. 6]
AD OCTAVUM sie proceditur. Videtur quod oporteat aquam in magna quantitate apponi. Sicut enim sanguis de latere Christi sensibiliter fluxit, ita et aqua; unde dicitur Joan. 19: „Qui vidit, testimonium perhibuit." Sed aqua non posset sensibiliter esse in hoc sacramento, nisi in magna quantitate poneretur. Ergo videtur quod aqua debeat apponi in magna quantitate. 2. PRAETEREA, parva aqua multo vino admixta corrumpitur. Quod autem corruptum est, jam non est. Ergo idem est apponere parum de aqua in hoc sacramento, et nihil apponere. Sed non licet nihil apponere. Ergo non licet parum apponere. 3. PRAETEREA, si suffleeret parum apponere, per consequens esset suffleiens quod gutta aquae in totum dolium projiceretur. Sed hoc videtur ridiculum. Ergo non sufficit quod parva quantitas apponatur.
48
ANDERSEITS heißt es in einer „ E x t r a " : „In deiner 74,8 Gegend riß der verderbliche Mißbrauch ©in, beim Opfer mehr Wasser als Wein darzubringen, obwohl nach der begründeten Gewohnheit der Gesamtkirche dabei mehr vom Wein als vom Wasser zu opfern ist." ANTWORT: Über das Wasser, das man in den Wein tun soll, besteht nach einem Dekretale Innozenz' III. eine dreifache Auffassung. Die einen sagen nämlich, das dem Wein beigefügte Wasser bleibe als solches nach der Verwandlung des Weines in Blut. — Diese Ansicht kann aber unmöglich bestehen. Denn im Altarsakrament ist nach der Weihe nichts als der Leib und das Blut Christi. Ambrosius sagt darüber: „Vor der Segnung spricht man von einer anderen Gestalt, nach der Segnung wird der Leib bezeichnet." Sonst würde man es doch nicht mit der [allein] Gott gebührenden Verehrung anbeten. Andere sagten daher, wie der Wein in das Blut, so werde das Wasser in das Wasser, das aus der Seite Christi floß, verwandelt. — Vernünftigerweise läßt sich das aber nicht behaupten. Denn dann würde ja das Wasser getrennt vom Wein geweiht, wie der Wein getrennt vom Brot. Wie er [Innozenz] darum sagt, spricht mehr WahrscheinQUAESTIO
74. s
SED CONTRA est quod Extra, De Celebr. Missarum [cap. Frdb. Perniciosus] dicitur: „Perniciosus in tuis partibus inolevit ab- ri/643 usus, videlicet quod in majori quantitate de aqua in sacrificio ponitur quam de vino, cum secundum rationabilem consuetudinem Ecclesiae generalis plus in ipso sit de vino quam de aqua ponendum." RESPONDEO dicendum quod circa aquani adjunctam vino, sicut Innocentius III. dicit in quadam Decretali [5 Regest., MPL 121] triplex est opinio: quidam enim dicunt quod aqua ad- 214/1121 juncta vino per se manet, vino converso in sanguinem. — Sed haec opinio stare non potest, quia in sacramento altaris post consecrationem nihil est nisi corpus et sanguis Christi. Sicut enim Ambrosius dicit in lib. de Officiis [De Myster., cap. 9] 2 , MPL „ante benedictionem alia species nominatur, post benedictio- 16/407 nem corpus Christi significatur"; alioquin non totum adoraretur veneratione latriae. Et ideo alii dixerunt quod sicut vinum convertitur in sanguinem, ita aqua convertitur in aquam quae de latere Christi fluxit. — Sed nec hoc rationabiliter dici potest, quia secundum hoc, aqua seorsum consecraretur a vino, sicut vinum a pane. Et ideo, sicut ipse [Innocentius] dicit, aliorum opinio pro- ibid. MPL 1 Cf. De Celebr. Miss., cap. Cum Marthae; Frdb. 11/636. 2 Cf. Gratian., De Consecr., dist. 2, can. Ante Benedictionem; 1/1328.
214/1121
Frdb.
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8 lichkeit für die Meinung der anderen, die sagen, das Wasser werde in den Wein verwandelt und der Wein in das Blut. Das könnte aber nicht geschehen, außer man nähme wenig Wasser dazu, daß es in den Wein verwandelt werden kann. Immer ist es also sicherer, wenig Wasser zu nehmen, und besonders, wenn der Wein schwach ist. Würde nämlich so viel Wasser verwertet, daß das Wesen des Weines aufgehoben würde, so könnte das Sakrament nicht vollendet werden. Deshalb tadelt Papst Julius [I.] einige, die „ein in Most getauchtes leinenes Tuch ein ganzes Jahr lang aufbewahren und zur Zeit des Opfers einen Teil davon mit Wasser waschen und so das Opfer begehen" [39]. Z u 1. Für das „Zeichensein" dieses Sakramentes genügt es, das Wasser mit den Sinnen wahrnehmen zu können, wenn man es in den Wein mischt; aber es braucht nicht mehr wahrnehmbar zu sein nach der Mischung. Z u 2. Wenn das Wasser gar nicht beigefügt würde, wäre das „Zeichensein" (die bildliche Bedeutung) völlig ausgeschlossen. Wenn aber das Wasser in den Wein verwandelt wird, ist ausgedrückt, daß das Volk Christo einverleibt wird. Z u 3. Wenn man das Wasser in das Weinfaß gäbe, würde das nicht für das Zeichensein dieses Sakramentes genügen. Man muß vielmehr das Wasser zum Wein tun bei der Feier des Sakramentes selber. QUAESTIÖ
74, 8
babilior est, qui dicunt aquam converti in vinum, et vinum in sanguinem. Hoc autem fieri non posset, nisi adeo modicum apponeretur de aqua quod converteretur in vinum. Et ideo Semper tutius est parum de aqua apponere, et praecipue si vinum sit debile, quia si tanta fleret appositio aquae ut solveretur species vini, non posset perfici sacramentum. Unde Julius papa 1 reprehendit quosdam qui „pannum lineum musto intinctum per totum annum servant, et in tempore sacrificii aqua partem ejus lavant, et sie offerunt". AD PRIMUM ergo dicendum quod sufficit ad sacramenti hu jus significationem quod sentiatur aqua, cum apponitur vino; non autem oportet quod sit sensibilis post mixtionem. AD SECUNDUM dicendum quod, si aqua omnino non apponeretur, totaliter excluderetur signifleatio; sed cum aqua in vinum convertitur, significatur quod populus Christo incorporatur. AD TERTIUM dicendum quod, si aqua apponeretur dolio, non sufficeret ad significationem hujus sacramenti, sed oportet aquam vino apponi circa ipsam celebrationem sacramenti. 1 Cf. Gratian., De Consecr., dist. 2. can. Cum omne; Frdb. 1/1316.
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75. F R A G E 75,1 DIE VERWANDLUNG DES BROTES UND WEINES IN DEN LEIB U N D DAS BLUT CHRISTI Dann ist die Verwandlung des Brotes und Weines in den Leib und das Blut Christi zu betrachten. Dazu ergeben sich acht Einzelfragen : 1. Ist in diesem Sakramente der Leib Christi in Wahrheit oder nur nach Art eines Bildes oder wie in einem Zeichen? 2. Bleibt die Substanz des Brotes und Weines in diesem Sakrament nach der Weihe zurück? 3. Wird sie vernichtet? 4. Wird sie in den Leib und das Blut Christi verwandelt? 5. Bleiben alsdann die Eigenschaften nach der Verwandlung zurück? 6. Bleibt die substantielle Form dabei zurück? 7. Vollzieht sich diese Verwandlung auf einmal? 8. Welche Worte sind ein entsprechender Ausdruck für sie? 1. A R T I K E L Ist in diesem Sakramente der Leib Christi in Wahrheit oder nur nach Art eines Bildes oder wie in einem Zeichen ? 1. Bei Jo 6, 60 heißt es, auf die Worte des Herrn hin: „Wenn ihr das Fleisch des Menschensohnes nicht esset und QUAESTIO
LXXV
DE CONVERSIONE PANIS ET VINI IN CORPUS ET SANGUINEM CHRISTI Deinde considerandum est de conversione panis et vini in corpus et sanguinem Christi. Et circa hoc quaeruntur octo: 1. Utrum in hoc sacramento sit corpus Christi secundum veritatem, vel solum secundum figuram vel sicut in signo. — 2. Utrum substantia panis et vini remaneat in hoc sacramento post consecrationem. — 3. Utrum annihiletur. — 4. Utrum convertatur in corpus et sanguinem Christi. — 5. Utrum remaneant ibi accidentia post conversionem. — 6. Utrum remaneat ibi forma substantialis. — 7. Utrum conversio ista fiat subito. — 8. Quibus verbis convenienter exprimi possit. ARTICULUS I U t r u m in hoc s a c r a m e n t o sit c o r p u s C h r i s t i secundum veritatem, vel solum secundum f i g u r a m v e l s i c u t in s i g n o [Supra, q. 65, art. 3; infra, q. 76; 4 Sent., dist. 10, q. 1, art. 1; 4 Cont. Gent., cap. 61 sqq.; Joan., cap. 6, lect. 6; 1 Cor., cap. 11, lect. 5]
AD PRIMUM sic proceditur. Videtur quod in hoc sacramento non sit corpus Christi secundum veritatem, sed solum
51
75,1 Sein Blut nicht trinket" usw. [V. 53—58], hätten viele von Seinen Jüngern, die Ihm zugehört hatten, erklärt: „Diese Rede ist hart." Ihnen habe der Herr erwidert: „Der Geist ist es, der lebendig macht, das Fleisch nützt nichts" [V. 63]. Als wolle Er, wie Augustinus es auslegt, sagen: „Verstehe geistig, was Ich sagte. Nicht diesen Leib, den ihr seht, werdet ihr essen, und nicht jenes Blut werdet ihr trinken, das die vergießen werden, die Mich kreuzigen werden. Ein Sakrament [Zeichen einer heiligen Sache] habe Ich euch anvertraut [40]. Geistig verstanden, wird es euch lebendig machen. Das Fleisch aber nützt nichts." 2. Der Herr sagt Mt 28, 20: „Seht, Ich bin bei euch alle Tage, bis ans Ende der Welt." Augustinus legt das so aus: „Bis zum Ende der Welt ist der Herr in der Höhe [41 ]; aber trotzdem ist auch hier bei uns die Wahrheit, der Herr. Denn der Leib, in dem Er auferstanden ist, kann nur an e i n e m Orte sein. Seine Wahrheit aber ist überall verbreitet." Also ist nicht in Wahrheit, sondern nur wie in einem Zeichen der Leib Christi in diesem Sakrament. 3. Kein Körper kann zugleich an mehreren Orten sein, da nicht einmal dem Engel das zukommt; denn aus dem gleichen Grunde könnte er überall sein. Der Leib Christi ist aber ein wahrer Leib und ist im Himmel. Folglich QU AE S TI 0
MPL 37/1265
MPL 35/1632
75, 1
secundum figuram, vel sicut in signo. Dicitur enim Joan. 6, quod cum Dominus dixisset: „Nisi manducaveritis carnem Filii hominis, et biberitis ejus sanguinem" etc., multi ex discipulis ejus audientes dixerunt: „Durus est hic sermo", quibus ipse dixit: „Spiritus est qui vivificat; caro non prodest quidquam": quasi diceret, secundum expositionem Augustini, super quartum Psalmum [Enarrat. in Ps., ps. 98] 1 : „Spiritualiter intellige quae locutus sum: non hoc corpus quod videtis, manducaturi estis, et bibituri illum sanguinem quem fusuri sunt qui me crucifigent. Sacramentum autem quod vobis commendavi, spiritualiter intellectum vivificabit vos; caro autem non prodest quidquam." 2. PRAETEREA, Dominus dicit Matth, ult.: „Ecce ego vobiscum sum omnibus diebus usque ad consummationem saeculi", quod exponens Augustinus [tr. 30 in Joan.] dicit: „Donec saeculum flniatur, sursum est Dominus; sed tarnen et hic nobiscum est veritas Dominus. Corpus enim, in quo resurrexit, in uno loco oportet esse; veritas autem ejus ubique diffusa est." Non ergo secundum veritatem est corpus Christi in hoc sacramento, sed solum sicut in signo. 3. PRAETEREA, nullum corpus potest esse simul in pluribus locis, cum nec angelo hoc conveniat; eadem enim ratione posset esse ubique. Sed corpus Christi est verum corpus, et est in l Cf. Lomb., 4 Sent., dist. 10, cap. Sunt item; MPL 192/859. De Consecr., dist. 2, can. Prima quidem; Frdb. 1/1330.
52
Gratian.,
scheint er nicht in Wahrheit im Altarsakrament zu sein, 75,1 sondern nur wie im Zeichen. 4. Die Sakramente der Kirche sind auf den Nutzen der Gläubigen hingeordnet. Aber nach einer Predigt des Gregorius [über Jo 4, 46 ff.] wird der königliche Beamte getadelt, weil „er die leibliche Gegenwart Christi suchte". Die Apostel konnten auch den Heiligen Geist nicht empfangen, weil sie an Seiner leiblichen Gegenwart hingen, wie Augustinus ausführt zu Jo 16, 7: „Gehe Ich nicht hin, so wird der Beistand nicht zu euch kommen." Also ist Christus nicht nach Seiner leiblichen Gegenwart im Altarsakrament. ANDERSEITS sagt Hilarius: „Über die Wirklichkeit des Fleisches und Blutes Christi ist kein Bedenken mehr am Platze. Denn jetzt ist nach der Lehre des Herrn selber und nach unserem Glauben Sein Fleisch wahrhaftig eine Speise und Sein Blut wahrhaftig ein Trank." Und Ambrosius sagt: „Wie der Herr Jesus Christus der wahre Gottessohn ist, so ist es das wahre Fleisch Christi, das wir empfangen, und Sein wahres Blut unser Trank." ANTWORT: Daß der wahre Leib und das wahre Blut Christi in diesem Sakramente seien, läßt sich nicht mit den Sinnen erfassen, sondern nur durch den Glauben, der sich auf die göttliche Autorität stützt. Deshalb sagt Cyrillus zu Q U A E S T I O 75, 1
caelo. Ergo videtur quod non sit secundum veritatem in sacramento altaris, sed solum sicut in signo. 4. PRAETEREA, sacramenta Ecclesiae ad utilitatem fidelium ordinantur. Sed secundum Gregorium, in quadam homilía MPL [28 in Ev.], regulus 1 reprehenditur quod „quaerebat corpora- 76/1211 lern Christi praesentiam; apostoli etiam impediebantur recipere Spiritum sanctum, propter hoc quod afiecti erant ad ejus praesentiam corporalem, ut Augustinus dicit super illud Joan. 16: MPL „Si non abiero, Paracletus non veniet ad vos" [tr. 94 in Joan.]. 35/1869 Non ergo Christus secundum praesentiam corporalem est in SQcrüniciito ält^ns SED CONTRA est quod Hilarius dicit 8 de Trin.: „De veritate MPL carnis et sanguinis Christi non est relictus ambigendi locus; 10/247 nunc enim et ipsius Domini professione et fide nostra caro ejus vere est cibus, et sanguis ejus vere est potus." Et Ambrosius MPL dicit 6 de Sacramentis [cap. I ] 2 : „Sicut verus Dei Filius est 16/453 Dominus Jesus Christus, ita vera Christi caro est quam accipimus, et verus sanguis ejus est potus." RESPONDEO dicendum quod verum corpus Christi et sanguinem esse in hoc sacramento, ñeque sensu ñeque intellectu 3 deprehendi potest, sed sola fide, quae auctoritati divinae 1 2 3
P: centurio. Cf. Gratian., De Consecr., dist. 2, can. Sicut est verus; Frdb. 1/1349. P et L om.: neque intellectu.
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75, l Lk 22, 19, ,Dies ist Mein Leib, der für euch hingegeben wird': „Zweifle nicht, ob das wahr sei. Nimm vielmehr die Worte des Erlösers im Glauben auf. Da Er die Wahrheit ist, lügt Er nicht." Das ist aber auch angemessen. Einmal wegen der Vollkommenheit des Neuen Gesetzes. Denn die Opfer des Alten Gesetzes enthielten das wahre Opfer des Leidens Christi nur im Vorbilde: „Das Gesetz enthält nur ein Schattenbild der künftigen Güter, nicht die Gestalt der Dinge selbst" (Hebr 1 0 , 1 ) . So mußte wohl das von Christus eingesetzte Opfer des Neuen Gesetzes etwas darüber hinaus haben: es mußte nämlich den durch das Leiden Hindurchgegangenen selber nicht nur im Zeichen oder im Bild, sondern auch in der Wahrheit der Sache enthalten [42 ]. Deshalb ist dieses Sakrament, das Christus selbst wirklich enthält, nach Dionysius „die Vollendung aller übrigen Sakramente", die an der Kraft Christi teilhaben [43]. Zweitens verlangt dies die Liebe Christi, aus der heraus Er zu unserem Heile einen wirklichen Leib unserer Natur annahm. Und weil es nach Aristoteles der Freundschaft ganz besonders eigen ist, „mit den Freunden zusammen zu speisen", verspricht Er uns Seine leibliche Gegenwart zum Lohn; Mt 24, 28: „Wo der Leib ist, da sammeln sich auch die Adler" [44]. Inzwischen aber, in dieser Pilgerschaft, beraubt Er uns auch nicht Seiner leiblichen QUAESTIO
75, 1
innititur. Unde super illud Luc. 22, ,Hoc est corpus meum, MPG quod pro vobis tradetur', dicit Cyrillus [in Luc., cap. 2 2 ] : 72/912 5jNon dubites an hoc verum sit; sed potius suscipe verba Salvatoris in fide; cum enim sit veritas, non mentitur." Hoc autem conveniens est; primo quidem perfectioni novae legis. Sacrificia enim veteris legis illud verum sacrificium passionis Christi continebant solum in figura, secundum illud Hebr. 10: „Umbram habens lex futurorum bonorum, non ipsam rerum imaginem." Et ideo oportuit ut aliquid plus haberet sacrificium novae legis a Christo institutum, ut scilicet contineret ipsum Christum 1 passum, non solum in significatione vel figura, sed etiam in rei veritate. Et ideo hoc sacramentum, quod ipsum Christum realiter continet, ut Dionysius dicit cap. 3, MPG Eccl. Hier., est „perfectivum omnium aliorum sacramentorum", 3 / 4 2 3 in quibus virtus Christi participatur. Secundo hoc competit charitati Christi, ex qua pro salute nostra corpus verum nostrae naturae assumpsit. Et quia maxime proprium amicitiae est convivere amicis, ut Philosophus dicit 1171h 29 9 Eth. [cap. 1 2 ] , sui praesentiam corporalem nobis repromittit in praemium, dicens Matth. 24: „Ubi fuerit corpus, illic congregabuntur et aquilae." Interim tarnen nec sua praesentia cor1
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P et L om.
Anwesenheit, sondern verbindet uns durch die Wahrheit 75,1 Seines Leibes und Blutes mit sich in diesem Sakrament. Aus diesem Grunde sagt Er Jo 6,56: „Wer Mein Fleisch ißt und Mein Blut trinkt, der bleibt in Mir und Ich in ihm." Darum ist dieses Sakrament ein Zeichen der größten Liebe und eine Steigerung unserer Hoffnung infolge einer so vertrauten Verbindung zwischen Christus und uns. Drittens verlangt dies die Vollkommenheit des Glaubens, welcher wie die Gottheit Christi, so auch Seine Menschheit zum Gegenstand hat, nach Jo 14, 1: „Ihr glaubet an Gott, so glaubet auch an Mich." Und weil der Glaube auf Unsichtbares geht, bietet uns Christus, wie Seine Gottheit, so auch in diesem Sakrament Sein Fleisch auf unsichtbare Weise dar. Ohne darauf Rücksicht zu nehmen, behaupteten einige, der Leib und das Blut Christi seien in diesem Sakramente nur wie in einem Zeichen. Das ist als Irrlehre zu verwerfen, da es den Worten Christi widerspricht. Deshalb wurde auch Berengar, der erste Vertreter dieses Irrtums, später gezwungen, seine Irrlehre zu widerrufen und die Wahrheit des Glaubens zu bekennen. Z u 1. Diesen maßgebenden Ausspruch nahmen die genannten Irrlehrer zum Anlaß ihres Irrtums, weil sie die Worte des hl. Augustinus falsch verstanden. Wenn nämlich Augustinus sagt: „Nicht diesen Leib, den ihr seht, QUAESTIO
75, 1
porali nos in hac peregrinatione destituit; sed per veritatem corporis et sanguinis sui nos sibi conjungit in hoc sacramento. Unde ipse dicit Joan. 6: „Qui manducat meam carnem, et bibit meum sanguinem, in me manet et ego in eo." Unde hoc sacramentum est maximae charitatis Signum, et nostrae spei sublevamentum ex tarn familiari conjunctione Christi ad nos. Tertio hoc competit perfectioni fldei, quae sicut est de divinitate Christi, ita est de ejus humanitate, secundum illud Joan. 14: „Creditis in Deum, et in nie credite." Et quia fides est invisibilium, sicut divinitatem suam nobis exhibet Christus invisibiliter, ita et in hoc sacramento carnem suam nobis exhibet invisibili modo. Quae quidam non attendentes posuerunt corpus et sanguinem Christi non esse in hoc sacramento nisi sicut in signo, quod est tanquam haereticum abjiciendum, utpote verbis Christi contrarium. Unde et Berengarius, qui prirnus hujus erroris auctor fuerat, postea coactus est suum errorem revocare, et veritatem fldei confiteri. 1 AD PRIMUM ergo dicendum quod ex hac auctoritate praedicti haeretici occasionem errandi sumpserunt, male verba Augustini intelligentes. Cum enim Augustinus dicit: „Non hoc M^PL^ 1
CI. Gratian., De Consecr., dist. 2, can. Ego Berengar.: Frdb. 1/1328.
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75, l werdet ihr essen", hat er nicht die Absicht, die Wahrheit des Leibes Christi auszuschließen, sondern nur die, daß dieser Leib nicht in der Gestalt zu essen sei, in welcher er von ihnen gesehen wurde. Wenn er aber weiterfährt: „Ein Sakrament habe ich euch anvertraut, geistig verstanden wird es euch lebendig machen", so meint er nicht, daß der Leib Christi in diesem Sakrament nur nach seinem mystischen Zeichensein da sei, sondern daß er geistig, das heißt unsichtbar und durch die Kraft des Geistes [gegenwärtig ] geheißen werde. Deshalb sagt er in der Erklärung zu Jo 6, 68, ,Das Fleisch nützt nichts': „Aber in dem Sinn, in dem es jene verstanden. Das Fleisch hielten sie nämlich für genießbar, so wie es bei einem toten Leibe in Stücke zerrissen oder in der Schlächterei verkauft wird, nicht so, wie es vom Geiste belebt wird. Der Geist komme zum Fleisch, und es nützt gar viel; denn nützte das Fleisch nichts, so würde das Wort nicht Fleisch, um unter uns zu wohnen" [45]. Zu 2. Jenes Augustinuswort und alles ähnliche ist zu verstehen vom Leibe Christi, so wie er sichtbar ist in seiner eigenen Gestalt, wovon auch der Herr selbst Mt 26, 11 sagt: „Mich werdet ihr nicht immer haben." Unsichtbar aber ist Er unter den Gestalten dieses Sakramentes überall dort, wo man dieses Sakrament vollzieht. Z u 3. Der Leib Christi ist nicht so im Sakrament, wie QUAESTIO
75, 1
corpus, quod videtis, manducaturi estis", non intendit excludere veritatem corporis Christi, sed quod non erat manducandum in hac specie in qua ab eis videbatur. Per hoc autem quod subdit: „Sacramentum quod 1 vobis commendavi, spiritualiter intellectum vivificabit vos", non intendit quod corpus Christi sit in hoc sacramento solum secundum mysticam significationem, sed spiritualiter dici, id est, invisibiliter, et per virtutem Spiritus sancti. Unde super Joan, exponens id quod dicitur, ,Caro MPL non prodest quidquam' [tr. 27] dicit: „Sed quomodo illi in35/1617 tellexerunt: carnein quippe sie intellexerunt manducandam, quomodo in cadavere dilaniatur, aut in macello venditur, non quomodo spiritu vegetatur. Accedat spiritus ad carnem, et prodest plurimum: nam si caro nihil prodesset, Verbum caro non fieret, ut habitaret in nobis." AD SECUNDUM dicendum quod verbum illud Augustini et omnia similia sunt intelligenda de corpore Christi secundum quod videtur in propria specie; secundum quod etiam ipse Dominus dicit Matth. 26: „Me autem non semper habebitis." Invisibiliter tarnen sub speciebus hujus sacramenti est, ubicumque hoc sacramentum perfleitur. AD TERTIUM dicendum quod corpus Christi non est eo 1 L: aliquod.
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ein Körper am Ort ist, der mit seiner Ausdehnung sich 75, 2 genau deckt mit d e m Ort; sondern vielmehr auf eine diesem Sakramente ganz besonders eigene Weise. Darum sagen wir, daß der Leib Christi auf verschiedenen Altären ist, nicht wie an verschiedenen Orten, sondern so ,wie im Sakrament'. Darunter verstehen wir nicht, daß Christus nur w i e in einem Zeichen dort sei, obgleich das Sakrament unter die Gattung der Zeichen gehört, sondern wir verstehen das so, daß Christus, w i e gesagt, nach der diesem Sakramente eigenen Weise dort sei. Z u 4. Jener Einwand geht aus von der Gegenwart des Leibes Christi, sofern er nach Art eines Körpers, d. h. in seiner sichtbaren Gestalt, aber nicht sofern er geistig, d. h. unsichtbar, nach der Weise und der Kraft eines Geistes, gegenwärtig ist. Augustinus sagt darum zu Jo 6, 64: „Wenn du" die Worte Christi über sein Fleisch „geistig verstanden hast, sind sie dir Geist und Leben; hast du sie fleischlich verstanden, sind sie auch Geist und Leben, aber nicht für dich." Bleibt
2. A R T I K E L in diesem Sakrament die Substanz von Brot zurück? Wein nach der Konsekration
und
1. Johannes von Damaskus sagt: „Weil die Menschen Brot zu essen und Wein zu trinken pflegen, hat Er mit QUAESTIO
75, 2
modo in sacramento, sicut corpus in loco, quod suis dimensionibus loco commensuratur; sed quodam speciali modo, qui est proprius huic sacramento. Unde dicimus quod corpus Christi est in diversis altaribus, non sicut in diversis locis, sed rsicut in sacramento': per quod non intelligimus quod Christus sit ibi solum sicut in signo, licet sacramentum sit in genere signi; sed intelligimus corpus Christi hic esse, sicut dictum est, secundum modum proprium huic sacramento. AD QUARTUM dicendum quod ratio illa procedit de praesentia corporis Christi, prout est praesens per modum corporis, id est, prout est in sua specie visibili, non autem prout est spiritualiter, id est, invisibili modo, et virtute spiritus. Unde Augustinus dicit super Joan. [tr. 27]: „Si intellexisti spiritua- MPL liter" verba Christi de carne sua, „spiritus et vita tibi sunt; si 35/1618 intellexisti carnaliter, etiam spiritus et vita sunt, sed tibi non sunt." A R T I C U L U S II U t r u m in hoc s a c r a m e n t o r e m a n e a t s u b s t a n t i a p a n i s et v i n i p o s t c o n s e c r a t i o n e m [Infra, art. 6; 4 Sent., dist. 11, q. 1, art. 1, qa 1; 4 Cont. Gent., cap. 63; 1 Cor., cap. 11, lect. 4; Matth., cap. 26]
AD SECUNDUM sie proceditur. Videtur quod in hoc sacramento remaneat substantia panis et vini post consecrationem.
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75,2 ihnen Seine Gottheit verbunden und sie zu Seinem Leib und Blut gemacht"; und später: „Das Brot der Gemeinschaft ist nicht einfaches Brot, sondern mit der Gottheit vereintes" [46]. Eine Verbindung gibt es aber nur zwischen wirklich bestehenden Dingen. Also sind Brot und Wein in diesem Sakramente zugleich mit dem Leibe und Blute Christi. 2. Unter den Sakramenten der Kirche muß Übereinstimmung herrschen. Nun bleibt in den anderen Sakramenten die Substanz des Stoffes bestehen: so bei der Taufe die Substanz des Wassers und bei der Firmung die des Chrismas. Somit bleibt auch in diesem Sakrament die Substanz des Brotes und Weines bestehen. 3. Brot und Wein werden für dieses Sakrament gewählt, insoweit sie die kirchliche Einheit bezeichnen, so wie nach Augustinus „ein einziges Brot aus vielen Körnern und ein Wein aus vielen Trauben gewonnen wird". Das bezieht sich aber gerade auf die Substanz von Brot und Wein. Also bleibt die Substanz des Brotes und Weines in diesem Sakramente [47 ]. ANDERSEITS sagt Ambrosius: „Obgleich die Gestalt von Brot und Wein zu sehen ist, darf man nach der Konsekration doch an nichts anderes als das Fleisch und Blut Christi glauben." Q U A E S T I O
75, 2
mpg Dicit enim Damascenus [4 de Fide Orth., cap. 4 4 ] : „Quia 94/1144 c 0 n s u e t u ( j 0 e s t hominibus comedere panem et vinum bibere, conjugavit eis Deus divinitatem, et fecit ea corpus et sanguinem suum"; et infra: „Panis communicationis non panis simplex est, sed unitus divinitati." Sed conjugatio est rerum actu existentium. Ergo panis et vinum simul sunt in hoc sacramento cum corpore et sanguine Christi. 2. PRAETEREA, inter Ecclesiae sacramenta debet esse conformitas. Sed in aliis sacramentis substantia materiae manet, sicut in baptismo substantia aquae, et in confirmatione substantia chrismatis. Ergo et in hoc sacramento substantia panis et vini manet. 3. PRAETEREA, panis et vinum assumuntur in hoc sacramento, inquantum signiflcant ecclesiasticam unitatem, prout „unus panis fit e x multis granis, et unum vinum e x multis mpl racemis", ut Augustinus dicit in libro de Symbolo [tr. 26 in 35/1614 Joan.]. S e d hoc pertinet ad ipsam substantiam panis et vini. Ergo substantia panis et vini remanet in hoc sacramento. SED CONTRA est quod Ambrosius dicit in libro de Sacrampl m e n t i s : 1 „Licet figura panis et vini videatur, tarnen nihil aliud 16/441 q U a m c a r o Christi et sanguis post consecrationem credenda sunt." 1 Cl. Gratian., De Consecr., dist. 2, can. Omnia quaecumque; 1/1344.
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Frdb.
ANTWORT: Einige [48] behaupteten, daß näch der 75,2 Wandlung die Substanz von Brot und Wein im Sakrament weiterbleibe.— Aber diese Behauptung läßt sich nicht halten. Erstens, weil man damit die Wahrheit dieses Sakramentes aufhebt, die in sich schließt, daß der wirkliche Leib Christi im Sakramente da sei. Der ist zwar dort nicht vor der Konsekration. Es kann aber etwas nicht an irgendeinem Orte sein, an dem es vorher nicht war, außer durch Änderung des Ortes oder durch Verwandlung eines andern in es selber. So beginnt in einem Haus von neuem Feuer zu sein, entweder weil es dorthin gebracht wird oder weil es dort hervorgebracht wird. Offenbar aber fängt der Leib Christi nicht an, in diesem Sakramente zu sein durch örtliche Bewegung. Einmal, weil sich daraus ergäbe, daß er aufhörte, im Himmel zu sein. Was nämlich örtlich bewegt wird, kommt nicht an einen neuen Ort, außer es verläßt seinen früheren. Zweitens, weil jeder örtlich bewegte Körper durch alle [auf seinem Wege gelegenen] Zwischenorte hindurchgeht, was in unserem Falle nicht behauptet werden kann. Drittens, weil es unmöglich ist, daß die eine Bewegung ein und desselben örtlich bewegten Körpers gleichzeitig in mehreren Orten ihren Zielpunkt hat, da doch an mehreren Orten der Leib Christi unter diesem Sakramente gleichzeitig zu sein beginnt. Darum bleibt keine andere Möglichkeit als die, daß der Leib Christi neu in diesem Sakramente zu sein beginnt durch Verwandlung der Brotsubstanz in ihn selber. Was aber Q U A E S T I O
75, 2
RESPONDEO dicendum quod quidam posuerunt post consecrationem substantiam panis et vini in hoc sacramento remanere. — Sed haec positio stare non potest: primo quidem quia per hanc positionem tollitur veritas hu jus sacramenti, ad quam pertinet ut verum corpus Christi in hoc sacramento existat, quod quidem ibi non est ante consecrationem. Non autem aliquid potest esse alicubi, ubi prius non erat, nisi vel per loci mutationem, vel per alterius conversionem in ipsum; sicut in domo aliqua de novo incipit esse ignis, aut quia illuc defertur, aut quia ibi generatur. Manifestum est autem quod corpus Christi non incipit esse in hoc sacramento per motum localem; primo quidem quia sequeretur quod desineret esse in caelo: non enim quod localiter movetur, pervenit de novo ad aliquem locum nisi deserat priorem; secundo quia omne corpus localiter motum pertransit omnia media, quod hic dici non potest; tertio quia impossibile est quod unus motus ejusdem corporis localiter moti terminetur simul ad diversa loca, cum tarnen in pluribus locis corpus Christi sub hoc sacramento simul esse incipiat. Et ideo relinquitur quod non possit aliter corpus Christi incipere esse de novo in hoc sacramento nisi per conversionem substantiae panis in ipsum; quod autem convertitur in ali-
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2 in ein anderes verwandelt wird, bleibt nach der Verwandlung nicht. So bleibt übrig, wenn die Wahrheit dieses Sakramentes gewahrt bleiben soll, daß die Substanz des Brotes nach der Konsekration nicht fortbestehen kann. Zweitens widerspricht die obige Behauptung der Form dieses Sakramentes, in der es heißt: ,Dies ist Mein Leib.' Das wäre nicht wahr, wenn die Substanz des Brotes dort verbliebe; denn nie ist Brotsubstanz der Leib Christi. Eher müßte es heißen: ,Hier ist Mein Leib.' Drittens würde es der Verehrung dieses Sakramentes zuwiderlaufen, wenn darin eine Substanz wäre, die nicht mit der Gott gebührenden Anbetung verehrt werden dürfte. Viertens stünde das im Gegensatz zu dem Brauch der Kirche, nach welchem man nach gewöhnlicher Speise nicht den Leib Christi, wohl aber nach einer konsekrierten Hostie eine zweite empfangen darf [49]. Deshalb ist diese Ansicht als Irrlehre zu meiden. Z u 1. Gott verband „Seine Gottheit", d. h. Seine göttliche Kraft, mit Brot und Wein, nicht damit sie in diesem Sakramente bleiben, sondern damit Er daraus Seinen Leib und Sein Blut mache. Z u 2. In den anderen Sakramenten ist nicht Christus selber wirklich w i e in diesem. Darum bleibt in den anderen Sakramenten die Substanz des Stoffes, nicht aber in diesem. Q U A E S T I O 75, 2
quid, facta conversione, non manet. Unde relinquitur quod salva veritate hujus sacramenti, substantia panis post consecrationem remanere non possit. Secundo quia haec positio contrariatur formae hujus sacramenti, in qua dicitur: ,Hoc est corpus meum', quod non esset verum, si substantia panis ibi remaneret; nunquam enim substantia panis est corpus Christi; sed potius esset dicendum: ,Hic est corpus meum.' Tertio quia contrariatur venerationi hujus sacramenti, si aliqua substantia creata 1 esset ibi, quae non posset adoratione latriae adorari. Quarto quia contrariatur ritui Ecclesiae, secundum quem post corporalem cibum non licet sumere corpus Christi, cum tarnen post unam hostiam consecratam liceat sumere aliam. Unde haec positio vitanda est tanquam haeretica. AD PRIMUM ergo dicendum quod Deus conjugavit „divinitatem suam", idest, divinam virtutem, pani et vino, non ut remaneant in hoc sacramento, sed ut faciat inde corpus et sanguinem suum. AD SECUNDUM dicendum quod in aliis sacramentis non est ipse Christus realiter, sicut in hoc sacramento; et ideo in aliis sacramentis manet substantia materiae, non autem in isto. 1
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L om.
Z u 3. Die Gestalten, die in diesem Sakramente zurück- 75, 3 bleiben (Art. 5), genügen für dessen „Zeichensein". Denn durch die Eigenschaften erkennt man das Wesen der Substanz. 3. A R T I K E L Wird die Substanz des Brotes nach der Konsekration Sakramentes vernichtet \[50] oder in den früheren aufgelöst ?
dieses Stoff
1. Was etwas Körperliches ist, muß an irgendeinem Orte sein. Die Brotsubstanz aber, die etwas Körperliches ist, bleibt nicht in diesem Sakramente (2. Art.). Auch kann es keinen Ort geben, wo sie wäre. Also ist sie nichts mehr nach der Konsekration. Dann ist sie entweder vernichtet oder in den vorliegenden Stoff aufgelöst. 2. Was der Ausgangspunkt jeder Änderung ist, dauert nicht fort, außer etwa in der Wesensanlage des Stoffes; so bleibt, wenn aus Luft Feuer entsteht, die F o r m der Luft nur in der Wesensanlage des Stoffes, und ähnlich, wenn aus einem Weißen ein Schwarzes entsteht. In diesem Sakramente nun verhält sich die Substanz des Brotes und Weines als Ausgangspunkt, der Leib, bzw. das Blut Christi aber QUAESTIO
75,
3
AD TERTIUM dicendum quod species quae remanent in hoc sacramento, ut intra dicetur, sufficiunt ad significationem hujus sacramenti: nam per accidentia cognoscitur ratio substantiae. A R T I C U L U S III Utrum s u b s t a n t i a p a n i s , post c o n s e c r a t i o n e m h u j u s s a c r a m e n t i , a n n i h i l e t u r , a u t i n p r i s t inam m a t e r i a m r e s o l v a t u r [4 Sent., dist. 11, q. 1, a r t . 2; 4 Cont. Gent., cap. 63; 1 Cor., cap. 11, lect. 5; Quodl. 5, q. 6]
Matth., cap. 26;
AD TERTIUM sic proceditur. Videtur quod substantia panis post consecrationem hujus sacramenti annihiletur, aut in pristinam materiam resolvatur. Quod enim est aliquid corporale, oportet alicubi esse. Sed substantia panis, quae est quiddam corporale, non manet in hoc sacramento, ut dictum est; nec etiam est dare aliquem locum, ubi sit. Ergo non est aliquid post consecrationem. Igitur aut est annihilata, aut in praejacentem materiam resoluta. 2. PRAETEREA, illud quod est terminus a quo in qualibet mutatione, non remanet, nisi forte in potentia materiae; sicut cum ex aere fit ignis, forma aeris non manet nisi in potentia materiae; et similiter quando ex albo fit nigrum. Sed in hoc sacramento substantia panis aut vini se habet sicut terminus a quo, corpus autem vel sanguis Christi sicut terminus ad
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75, 3 als Zielpunkt. Ambrosius sagt nämlich: „Vor der Weihe spricht man von einer anderen Gestalt, nachher wird sie als Leib bezeichnet." Also bleibt nach der Konsekration die Substanz des Brotes und Weines nicht zurück, außer etwa aufgelöst in ihren Stoff. 3. Voh zwei sich widersprechenden Sätzen muß der eine wahr sein. Falsch ist nun der Satz: ,Nach der Konsekration ist die Substanz des Brotes und Weines etwas.' Also ist der andere wahr: ,Die Substanz des Brotes, bzw. Weines, ist nichts.' ANDERSEITS sagt Augustinus: „Gott ist nicht Ursache des Strebens zum Nichtsein." Dieses Sakrament aber wird durch göttliche Kraft vollzogen. Also wird in diesem Sakrament die Substanz des Brotes oder Weines nicht vernichtet. ANTWORT: Weil die Substanz des Brotes, bzw. Weines, in diesem Sakramente nicht bleibt, hielten es einige [51 ] für unmöglich, daß die Substanz des Brotes oder Weines in den Leib, bzw. das Blut Christi, verwandelt werde, und nahmen an, daß sie durch die Konsekration entweder in den vorliegenden Stoff [ 5 2 ] aufgelöst oder vernichtet werde. Der vorliegende Stoff aber, in den sich Mischkörper auflösen können, sind die vier Grundstoffe. Die Auflösung kann QUAESTIO
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75, 3
quem; dicit enim Ambrosius in libro de Officiis [De Myster., cap. 9 ] 1 : „Ante benedictionem alia species nominatur, post benedictionem corpus Christi significatur." Ergo, facta consecratione, substantia panis vel vini non manet, nisi forte resoluta in suam materiani. 3. PRAETEREA, oportet alterum contradictoriorum esse verum. Sed haec est falsa: ,Facta consecratione, substantia panis vel vini est aliquid.' Ergo haec est v e r a : ,Substantia panis vel vini est nihil.' SED CONTRA est quod Augustinus dicit in libro Octogintatrium Quaestionum [q. 2 1 ] : „Deus non est causa tendendi in n o n esse.« Sed hoc sacramentum divina virtute perficitur. Ergo in hoc sacramento non annihilatur substantia panis aut vini. RESPONDEO dicendum quod, quia substantia panis vel vini non manet in hoc sacramento, quidam impossibile reputantes quod substantia panis vel vini in corpus vel sanguinem Christi convertatur, posuerunt quod per consecrationem substantia panis vel vini vel resolvatur in praejacentem materiam, vel quod annihiletur. 2 Praejacens autem materia, in quam corpora mixta resolvi possunt, sunt quatuor elementa. Non enim potest resolutio fieri 1 Cf. Gratian., Do Consecr., dist. 2, can. Ante Benedictionem et can. Revera; Frdb. 1/1328, 1340. 2 Cf. Lomb., 4 Sent., dist. 11, cap. Quidam vero; MPL 192/862.
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nämlich nicht bis auf den ersten Stoff gehen, so daß dieser 75,3 ohne Form bestünde, weil der Stoff nicht ohne Form sein kann. Da aber nach der Konsekration unter den sakramentalen Gestalten nichts zurückbleibt außer dem Leibe und Blute Christi, wird man sagen müssen, daß die Grundstoffe, in welche die Substanz des Brotes und Weines aufgelöst worden ist, von dort sich in örtlicher Bewegung entfernen würden. Das würde mit den Sinnen wahrgenommen. — In ähnlicher Weise bleibt auch die Substanz des Brotes oder Weines bis zum letzten Augenblick der Konsekration. Im letzten Augenblicke der Konsekration ist aber dort bereits die Substanz des Leibes oder Blutes Christi, wie im letzten Augenblick der Zeugung schon die Form innen da ist [53]. Folglich kann es keinen Augenblick geben, in dem dort der vorliegende Stoff dasein könnte. Man kann nämlich nicht sagen, daß sich allmählich die Substanz des Brotes oder Weines in den vorliegenden Stoff auflöse oder nach und nach den Ort der Gestalten verlasse. Denn wenn das zu geschehen anfinge im letzten Augenblick ihrer Konsekration, wäre zugleich unter einem Teil der Hostie der Leib Christi mit der Substanz des Brotes [zusammen]. Das ist gegen die obigen Ausführungen (Art. 2). Finge das aber vor der Konsekration zu geschehen an, so müßte es einen Zeitpunkt geben, wo unter einem Teil der Hostie weder die Substanz des Brotes, noch der Leib Christi wäre; das ist eine Ungereimtheit. Das scheinen sie auch selber erwogen zu haben. Aus QUAESTIO
75, 3
in materiam primain, ita quod sine forma existat, quia materia sine forma esse non potest. Cum autem post consecrationem nihil sub speciebus sacramenti remaneat, nisi corpus et sanguis Christi, oportebit dicere quod elementa, in quae resoluta est substantia panis vel vini, inde discedant per motuin localem, quod sensu perciperetur. — Similiter etiam substantia panis vel vini manet usque ad ultimum instans consecrationis: in ultimo autem instanti consecrationis jam est ibi substantia corporis vel sanguinis Christi, sicut in ultimo instanti generationis jam inest forma. Unde non erit dare aliquod instans in quo sit ibi praejacens materia. Non enim potest dici quod paulatim substantia panis vel vini resolvatur in praejacentem materiam, vel successive egrediatur de loco specierum, quia si hoc inciperet fieri in ultimo instanti suae consecrationis, simul sub aliqua parte hostiae esset corpus Christi cum substantia panis, quod est contra praedicta. Si vero hoc incipiat fieri ante consecrationem, erit dare aliquod tempus in quo sub aliqua parte hostiae neque erit substantia panis, neque erit corpus Christi, quod est inconveniens. Et hoc ipsimet perpendisse videntur. Unde posuerunt illud
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75,3 diesem Grunde stellten sie die andere Behauptung zur Wahl, nämlich, daß die Substanz vernichtet werde. — Doch auch das kann nicht sein. Denn es wird keine Weise geben können, auf welche der wahre Leib Christi sein Dasein in diesem Sakramente beginnen könnte, wenn nicht durch die Umwandlung der Substanz des Brotes in ihn selbst. Diese Umwandlung wird unmöglich durch die Annahme sowohl der Vernichtung des Brotes als auch seiner Auflösung in den vorliegenden Stoff. — Gleicherweise kann es auch nichts geben, woher eine solche Auflösung oder Vernichtung in diesem Sakramente verursacht würde, weil die Wirkung des Sakramentes durch die Form bezeichnet wird. Aber keines von beiden wird bezeichnet durch die Worte der Form: ,Dies ist Mein Leib.' Dadurch ist die Unrichtigkeit der dargelegten Meinung klar. Z u 1. Die Substanz des Brotes, bzw. Weines, bleibt nach der Konsekration weder unter den sakramentalen Gestalten noch anderswo. Dennoch folgt nicht, daß sie vernichtet werde. Sie wird nämlich in den Leib Christi umgewandelt. Ebenso folgt auch nicht, wenn die Luft, woraus Feuer erzeugt wurde, nicht dort und nicht anderswo ist, daß sie vernichtet sei. Z u 2. Die Form, die der Ausgangspunkt ist, wird nicht in eine andere Form umgewandelt, sondern eine Form folgt im Träger auf eine andere, und daher bleibt die erste Form nur in der Anlage des Stoffes. Hier aber wird die QUAESTIO
75, 3
sub distinctione scilicet quod vel annihiletur, vel in praejacentem materiam resolvatur.2 — Sed nec hoc potest esse, quia non est dare aliquem modum quo corpus Christi verum esse incipiat in hoc sacramento, nisi per conversionem substantiae panis in ipsum, quae quidem conversio tollitur, posita vel annihilatione substantiae 3 panis, vel resolutione in praejacentem materiam. — Similiter etiam non est dare unde talis resolutio vel annihilatio in hoc sacramento causetur, cum effectus sacramenti signiflcetur per formam: neutrum autem horum significatur per haec verba formae: ,Hoc est corpus meum'. Unde patet praedictam positionem esse falsam. AD PRIMUM ergo dicendum quod substantia panis vel vini, facta consecratione, neque sub speciebus sacramenti manet, neque alibi; non tarnen sequitur quod annihiletur; convertitur enim in corpus Christi; sicut non sequitur, si aer, ex quo generatus est ignis, non sit ibi vel alibi, quod sit annihilatus. AD SECUNDUM dicendum quod forma, quae est terminus a quo, non convertitur in aliam formam; sed una forma succedit alteri in subjecto; et ideo prima forma non remanet 1 P et L: disjunctione. L om.: vel . . . resolvatur; P ponit in margine. 3 L om.
2
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Substanz des Brotes in den Leib Christi verwandelt (Ant- 75,4 wort u. Art. 2.). Darum ist der Einwand nicht stichhaltig. Z u 3. Wohl ist nach der Konsekration dieser Satz: ,Die Substanz des Brotes ist etwas', falsch. Das jedoch, worein die Substanz des Brotes verwandelt wurde, ist etwas. Und darum ist die Brotsubstanz nicht vernichtet worden. 4. A R T I K E L Kann das Brot in den Leib Christi verwandelt
werden?
1. Die Verwandlung ist eine Art Veränderung. In jeder Veränderung aber muß es etwas Zugrundeliegendes geben, das sich früher in Anlag© zu etwas und später in der [entsprechenden] Wirklichkeit befindet. Denn nach Aristoteles „ist Bewegung die Verwirklichung eines im Anlagezustand Befindlichen". Es kann aber keinen Träger für die Substanz des Brotes und des Leibes Christi geben, weil es zum Begriff der Substanz gehört, „nicht in einem Träger zu sein" (Aristoteles). Also kann nicht die ganze Substanz des Brotes in den Leib Christi verwandelt werden. 2. Die Form von jenem, in das etwas verwandelt wird, erhält von neuem ein Sein im Stoffe dessen, das in es verwandelt wird, z. B. wenn Luft in vorher nicht bestehendes Feuer verwandelt wird, erhält die Form des Feuers QUAESTIO
75, 4
nisi in potentia materiae. Sed hie substantia panis convertitur in corpus Christi, ut supra dictum est. Unde ratio non sequitur. AD TERTIUM dicendum quod, licet post consecrationem haec sit falsa: Substantia panis est aliquid', id tarnen in quod substantia panis est conversa, est aliquid: et ideo substantia panis non est annihilata. A R T I C Ü L U S IV U t r u m p a n i s p o s s i t c o n v e r t i in c o r p u s C h r i s t i [4 Sent., dist. 11, q. 1, art. 3, qa 1; 4 Cont. Gent., cap. 63; 1 Cor., cap. 11, lect. 4, 5; Quodl. 5, q. 6; Cont. Graec., Armen, etc., cap. 8]
AD QUARTUM sie proceditur. Videtur quod panis non possit converti in corpus Christi. Conversio enim quaedam mutatio est. Sed in omni mutatione oportet esse aliquod subjectum, quod prius est in potentia, et postea in actu; ut enim dicitur 3 Phys. (cap. 1): „Motus est actus existentis in potentia." Non 201 a 10 est autem dare aliquod subjectum substantiae panis et corporis Christi, quia de ratione substantiae est quod „Sit non in subjecto", ut dicitur in Praedicamentis (cap. De substant.). Non 2 a 13 ergo potest esse quod tota substantia panis convertatur in cor- 3 a 7 pus Christi. 2. PRAETEREA, forma illius in quod aliquid convertitur de novo, ineipit esse in materia ejus quod in ipsum convertitur: sicut cum aer convertitur in ignem prius non existentem, forma ignis ineipit de novo esse in materia aeris; et similiter cum
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75,4 ein neues Sein im Stoff der Luft, und ähnlich beginnt, wenn Speise in einen früher nicht existierenden Menschen verwandelt wird, die Form des Menschen von neuem zu sein im Stoff der Speise. Wenn also das Brot in den Leib Christi verwandelt wird, muß die Form des Leibes Christi von neuem im Stoff des Brotes ein Sein gewinnen. Das aber ist falsch. Also wird das Brot nicht in die Substanz des Leibes Christi verwandelt. 3. Von an sich verschiedenen Wesen wird keines jemals das andere. So wird die weiße Farbe niemals die schwarze, sondern der Träger des Weißseins wird zum Träger des Schwarzseins (Aristoteles). Wie aber zwei entgegengesetzte Formen an sich verschieden sind als wirklicher Ursprung der Formverschiedenheit, so sind zwei [durch ihre Ausdehnung] bezeichnete Stoffe an sich verschieden als wirklicher Ursprung der stofflichen Unterschiedenheit. Also kann unmöglich dieser Stoff des Brotes jener Stoff werden, von dem der Leib Christi seine Vereinzelung erhält. Und somit kann auch die Substanz dieses Brotes nicht in die Substanz des Leibes Christi verwandelt werden. ANDERSEITS sagt Eusebius Emissenus 1 : „Nicht neu und unmöglich darf für dich sein, daß Irdisches und Vergängliches in Christi Substanz verwandelt wird." ANTWQRT: Da in diesem Sakramente der wahre Leib Christi ist (Art. 2) und nicht dort neu zu sein beginnt QUA.ESTIO
75, 4
cibus convertitur in hominem prius non existentem, forma hominis incipit esse de novo in materia cibi. Si ergo panis convertitur in corpus Christi, necesse est quod forma corporis Christi de novo incipiat esse in materia panis, quod est falsum. Non ergo panis convertitur in substantiam corporis Christi. 3. PRAETEREA, quae sunt secundum se diversa, nunquam unum eorum fit alterum, sicut albedo nunquam fit nigredo, sed 18S a 35 sq. subjectum albedinis fit subjectum nigredinis, ut dicitur 1 Phys. 189 a 17 sq. ( c a p _ g ) g e c j s i c u { d u a e formae contrariae sunt secundum se diversae, utpote principia formalis differentiae existentes; ita duae materiae signatae sunt secundum se diversae, utpote existentes principia materialis distinctionis. Ergo non potest esse quod haec materia panis fiat haec materia qua individuatur corpus Christi, et ita non potest esse quod substantia hujus panis convertatur in substantiam corporis Christi. SED CONTRA est quod Eusebius Emissenus dicit (hom. 5 de Pascha, quae incipit Magnitudo caelest.) 1 : „Novum tibi et impossibile esse non debet, quod in Christi substantiam terrena et mortalia convertuntur." RESPONDEO dicendum quod, sicut supra dictum est, cum in hoc sacramento sit verum corpus Christi, nec incipiat ibi esse de novo per motum localem; cum etiam nec corpus Christi 1 Vgl. A n m . [15] zu S. 18.
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infolge örtlicher Bewegung und auch nicht dort ist wie 75,4 an einem Qrte (Art. 1 Zu 3), so muß man sagen, daß er dort zu sein anfängt durch Verwandlung der Brotsubstanz in ihn selber. Diese Verwandlung hat aber mit den natürlichen Verwandlungen keine Ähnlichkeit, sondern ist gänzlich übernatürlich und von Gottes Kraft allein bewirkt. Darum sagt Ambrosius: „Klar ist, daß die Jungfrau außer der Naturordnung gebar. Und was wir [in der Wandlung] bewirken, ist der Leib aus der Jungfrau. Was suchst du also die Naturordnung im Leibe Christi, da doch der Herr Jesus selbst außerhalb der Natur [Ordnung ] aus der Jungfrau geboren ist?" [54] Und zu Jo 6, 63, ,Die Worte, die Ich zu euch gesprochen habe', nämlich über dieses Sakrament, ,sind Geist und Leben', sagt Chrysostomus: „Das heißt, sie sind geistig und haben nichts Irdisches, noch etwas von natürlicher Denkfolge, sondern sie sind erhaben über eine jede derartige Notwendigkeit, wie sie hier auf Erden herrscht, und über die Gesetze, die hier gelten." Offenbar wirkt nämlich jedes Wirkende, soweit es selbst wirklich ist. Jedes geschöpfliche Wirkende nun ist begrenzt in seiner Wirklichkeit, weil es zu einer bestimmten Gattung und Art gehört. Jede Wirksamkeit eines geschöpflichen Wirkenden stützt sich darum auf eine bestimmte Wirklichkeit. Seine Bestimmung im Wirklichsein hat aber jedes Ding durch seine Form. Darum QUAESTIO
75, 4
sit ibi sicut in loco, ut ex dictis patet, necesse est dicere quod incipiat ibi esse per conversionem substantiae panis in ipsum. Haec tarnen conversio non est similis conversionibus naturalibus, sed est omnino supernaturalis, sola Dei virtute effecta. Unde Ambrosius dicit in libro de Sacramentis [lib. 4, cap. 4; De mpl Myster., cap. 9] 1 : „Liquet quod praeter naturae ordinem Virgo 1(i'407 generavit; et hoc quod conficimus, corpus ex Virgine est. Quid ergo quaeris naturae ordinem in Christi corpore, cum praeter naturam sit ipse Dominus Jesus partus ex Virgine?" Et super illud Joan. 6, ,Verba quae ego locutus sum vobis', scilicet de hoc sacramento, ,spiritus et vita sunt', dicit Chrysostomus (hom. 46 mpg in Joan.): „Id est, spiritualia sunt, nihil habentia carnale, neque 59,265 consequentiam naturalem; sed eruta sunt ab omni tali necessitate quae in terra, et a legibus quae hie positae sunt". Manifestum est enim quod omne agens agit, inquantum est actu. Quodlibet autem agens creatum, est determinatum in suo actu, cum sit determinati generis et speciei. Et ideo cujuslibet agentis creati actio fertur super aliquem determinatum actum. Determinatio autem cujuslibet rei in esse actuali est per ejus formam. Unde nullum agens naturale seu creatum 1
5*
Cf. Gratian., De Consecr., dist. 2, can. Revera; Frdb. 1/1340.
67
4 kann kein natürliches, bzw. geschaffenes Wirkendes etwas außer einer Änderung der Form bewirken. Und deshalb ist jede Verwandlung, die nach den Naturgesetzen geschieht, eine solche der Form. Gott aber ist unbegrenzte Wirklichkeit (I 7, 1). Somit erstreckt sich Seine Wirksamkeit auf die ganze Natur des Seienden. Er kann also nicht nur eine Verwandlung der Form bewirken, so daß zwei verschiedene Formen sich in dem gleichen Träger ablösen, sondern Er kann die Verwandlung des ganzen Seienden bewirken, daß also die ganze Substanz von diesem umgewandelt wird in die ganze Substanz von jenem. Und das wird durch göttliche Kraft in diesem Sakrament vollbracht. Denn die ganze Substanz des Brotes wird in die ganze Substanz des Leibes Christi und die ganze Substanz des Weines in die ganze Substanz des Blutes Christi verwandelt. Somit ist diese Verwandlung nicht eine der Form, sondern der Substanz. Auch fällt sie nicht unter die Arten der natürlichen Bewegung, sondern kann mit dem Eigennamen ,Wesensverwandlung' [55] benannt werden. Z u 1. Jener Einwand geht aus von der Änderung der Form, weil es der Form eigen ist, in einem Stoff oder Träger zu sein. Er hat aber keine Geltung für den Fall, daß die ganze Substanz verwandelt wird. Daher ist diese Substanzverwandlung, weil sie eine bestimmte Ordnung unter den Substanzen besagt, deren eine in die andere verQUAESTIO
75, 4
potest agere nisi ad immutationem formae; et propter hoc omnis conversio quae fit secundum leges naturae, est formalis. Sed Deus est actus infinitus, ut in prima parte habitum est; unde ejus actio se extendit ad totam naturam entis. Non igitur solum potest perficere conversionem formalem, ut scilicet diversae formae sibi in eodem subjecto succedant, sed conversionem totius entis, ut scilicet tota substantia hujus convertatur in totam substantiam illius. Et hoc agitur divina virtute in hoc sacramento; nam tota substantia panis convertitur in totam substantiam corporis Christi, et tota substantia vini in totam substantiam sanguinis Christi. Unde haec conversio non est formalis, sed substantialis; nec continetur inter species motus naturalis, sed proprio nomine potest dici ,transsubstantiatio'. AD PRIMUM ergo dicendum quod objectio procedit de mutatione formali, quia formae proprium est in materia vel subjecto esse; non autem habet locum in conversione totius substantiae. Unde cum haec conversio substantialis importet quemdam ordinem substantiarum, quarum una convertitur in
68
wandelt wird, in jeder der beiden Substanzen wie in 75,5 einem Träger, gleichwie Ordnung und Zahl. Z u 2. Auch dieser Einwand geht von der Verwandlung oder Veränderung der Form aus, weil die Form in einem Stoff oder Träger sein muß (Zu 1). Nicht jedoch ist er am Platze bei der Verwandlung der ganzen Substanz, für welche kein Träger anzunehmen ist. Z u 3. Durch die Kraft eines endlichen Wirkenden kann keine Form in eine andere verwandelt werden, noch auch ein Stoff in einen anderen. Aber durch die Kraft des unendlichen Wirkenden, dessen Wirksamkeit sich auf das ganze Seiende erstreckt, kann eine solche Verwandlung geschehen, weil jede der beiden Formen und jeder der beiden Stoffe die Natur des Seienden gemeinsam haben. Und den ganzen Seinsbestand eines Dinges kann der Urheber des Seienden verwandeln in den Seinsbestand des anderen Dinges nach Aufhebung dessen, wodurch eines sich von dem andern unterscheidet. 5. A R T I K E L Bleiben in diesem Sakramente die Eigenschaften und Wein zurück?
von Brot
1. Durch Entfernung des Früheren wird das Spätere entfernt. Nun ist die Substanz der Natur nach früher als QUAESTIO
75, 5
alteram, est sicut in subjecto in utraque substantia, sicut ordo et numerus. AD SECUNDUM dicendum quod illa objectio procedit de conversione formali seu mutatione, quia oportet, sicut dictum est, formam esse in materia vel subjecto, non autem habet locum in conversione totius substantiae, cujus non est accipere aliquod subjectum. AD TERTIUM dicendum quod virtute agentis finiti non potest forma in formam mutari, nec materia in materiam; sed virtute agentis infiniti (quod habet actionem in totum ens), potest talis conversio fieri, quia utrique formae et utrique materiae est communis natura entis; et id quod est entitatis in una, potest auctor entis convertere in id quod est entitatis in altera, sublato eo per quod ab ilia distinguebatur. Utrum
ARTICULUS V in h o c s a c r a m e n t o remaneant a c c i d e n t i a p a n i s et v i n i
[4 Sent., dist. 11, q. 1, art. 1, qa 2; dist. 12, q. 1, art. 1, qa 2; 1 Cor., cap. 11, lect. 5; 4 Cont. Gent., cap. 62. 63. 65; Cont. Graec., Armen, etc., cap. 8]
AD QUINTUM sic proceditur. Videtur quod in hoc sacramento non remaneant accidentia panis et vini. Remoto enim
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75,5 ihre Eigenschaften (Aristoteles). Wenn also nach der Konsekration die Substanz des Brotes nicht unter dem Sakramente weiterbesteht, scheinen auch deren Eigenschaften nicht weiterbestehen zu können. 2. Im Sakramente der Wahrheit darf keine Täuschung statthaben. Durch die Eigenschaften aber kommen wir zum Urteil über die Substanz. Somit scheint das menschliche Urteil irregeführt zu werden, wenn die Eigenschaften zurückbleiben, nicht jedoch die Substanz des Brotes. Also ist das diesem Sakrament nicht angemessen. 3. Zwar ist der Glaube nicht der Vernunft unterworfen; doch ist er auch nicht wider sie, sondern über ihr, wie eingangs dieses Werkes erklärt wurde (vgl. 11, 6 Zu 2 u. Art. 8: Bd. 1). Unsere Vernunft aber nimmt ihren Ausgang von den Sinnen. Also darf unser Glaube nicht gegen das Sinneszeugnis sein, [was der Fall ist, ] wenn unser Sinn urteilt, daß Brot da sei, und unser Glaube annimmt, daß die Substanz des Leibes Christi da sei. Somit ist es mit diesem Sakramente unvereinbar, daß die sinnfälligen Eigenschaften des Brotes bleiben und dessen Substanz nicht bleibt. 4. Was nach der Verwandlung bleibt, scheint der Träger der Änderung zu sein. Wenn demnach die Eigenschaften des Brotes nach der Verwandlung bleiben, scheinen sie selber Träger der Verwandlung zu sein. Dies QUAESTIO
75, 5
priori, removetur et posterius. Sed substantia est naturaliter 1028 a 32 prior accidente, ut probatur Metaph. [lib. 6, cap. 1]. Cum igitur, facta consecratione, non remaneat substantia panis in hoc sacramento, videtur quod non possint remanere accidentia ejus. 2. PRAETEREA, in sacramento veritatis non debet esse aliqua deceptio. Sed per accidentia judicamus de substantia. Videtur ergo quod decipiatur humanum judicium, si, remanentibus accidentibus, substantia panis non remaneat. Non ergo hoc est conveniens huic sacramento. 3. PRAETEREA, quamvis fldes nostra non sit subjecta rationi, non tarnen est contra rationem, sed supra ipsam, ut in principio hujus operis dictum est. Sed ratio nostra habet ortuin a sensu. Ergo fldes nostra non debet esse contra sensum. Est autem contra sensum, dum sensus judicat esse panem, et fldes credit esse substantiam corporis Christi. Non ergo hoc est conveniens huic sacramento quod accidentia panis subjecta sensibus maneant, et substantia panis non maneat. 4. PRAETEREA, illud quod manet, conversione facta, videtur esse subjectum mutationis. Si ergo accidentia panis manent, conversione facta, videtur quod ipsa accidentia sint conversionis subjectum, quod est impossibile; nam „accidentis non
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aber ist unmöglich, denn eine Eigenschaft hat nicht [wie- 75,5 der] eine Eigenschaft (Aristoteles). Darum dürfen in diesem Sakrament die Eigenschaften von Brot und Wein nicht zurückbleiben. ANDERSEITS sagt Augustinus: „Wir verehren unter der Gestalt von Brot und Wein, die wir sehen, unsichtbare Dinge, nämlich Fleisch und Blut." ANTWORT: Nach dem offenkundigen Sinneszeugnis bleiben nach der Konsekration alle Eigenschaften des Brotes und Weines bestehen [56]. Das geschieht begründeterweise durch die göttliche Vorsehung: denn erstens ist es für die Menschen nicht üblich, sondern schauererregend, das Fleisch eines Menschen zu essen und sein Blut zu trinken. Darum wird uns das Fleisch und Blut Christi zum Genüsse geboten unter den Gestalten der Dinge, die am häufigsten dem menschlichen Bedarfe dienen, nämlich denen von Brot und Wein. Zweitens, damit dieses Sakrament nicht von den Ungläubigen geschmäht werde, wenn wir unsern Herrn in Seiner eigenen Gestalt genössen. Drittens soll das, wenn wir auf unsichtbare Weise den Leib und das Blut unseres Herrn empfangen, dem Verdienste unseres Glaubens förderlich sein [57]. Z u 1. Die Wirkung hängt mehr von der ersten Ursache ab als von der zweiten (Buch von den Ursachen). Darum kann es durch die Kraft Gottes, der die erste Ursache QUAESTIO
75, 5
est accidens" [Arist., 3 Metaph., cap. 4 ] . Non ergo in hoc sacra- 1007 b 2 mento debent r e m a n e r e accidentia panis et vini. S E D CONTRA est quod Augustinus dicit in libro Sententiarum P r o s p e r i 1 : „Nos in specie panis et vini quam videmus, res invisibiles, id est carnem et sanguinem, honoramus." RESPONDEO dicendum quod sensu apparet, facta consecratione, omnia accidentia panis et vini remanere. Quod q u i d e m rationabiliter per divinam providentiam fit. Primo q u i d e m quia non est consuetum hominibus, sed horribile, carnem hominis comedere, et s a n g u i n e m bibere. Et ideo proponuntur nobis caro et sanguis Christi s u m e n d a sub speciebus illoruni quae frequentius in u s u m hominis veniunt, scilicet panis et vini. S e c u n d o n e hoc sacramentum ab infidelibus irrideretur, si sub specie propria D o m i n u m nostrum manducaremus. Tertio ut dum invisibiliter corpus et s a n g u i n e m Domini nostri sumimus, hoc proficiat ad meritum fìdei. A D PRIMUM ergo dicendum quod, sicut dicitur (in lib. d e Causis, proposit. 1), effectus plus d e p e n d e n t a causa prima 1, 163 quam a causa secunda. Et ideo virtute Dei, qui est causa prima 1 Cf. Lanfranc., Liber de Corpore et Sanguine Domini, cap. 13; MPL 150/423. Gratian., De Consecr., dist. 2, can. Nos autein; Frdb. 1/1328.
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75, 6 von allem ist, geschehen, daß das [der Natur nach] Spätere zurückbleibt, obwohl das Frühere aufgehoben wurde. Z u 2. In diesem Sakrament ist keine Täuschung. E s gibt nämlich darin in Wirklichkeit die Eigenschaften, die durch die Sinne unterschieden werden. Der Verstand aber, dessen Eigengegenstand die Substanz ist (Aristoteles), wird durch den Glauben vor einer Täuschung bewahrt. Damit ist auch die Antwort Z u 3 klar. Denn der Glaube ist nicht gegen die Sinneserkenntnis, sondern ist auf das gerichtet, woran diese nicht heranreicht. Z u 4. Diese Umwandlung hat keinen Träger im eigentlichen Wortsinn (Art. 4 Zu 1). Doch haben die zurückbleibenden Eigenschaften eine gewisse Ähnlichkeit mit einem solchen Träger. Bleibt
6. A R T I K E L nach der Konsekration die Wesensform in diesem Sakramente?
des
Brotes
1. Nach der Konsekration bleiben die Eigenschaften (Art. 5). Da nun Brot etwas Künstliches ist, ist auch seine F o r m eine (außerwesentliche) Eigenschaft. Darum bleibt sie auch nach der Konsekration. 2. Die F o r m des Leibes Christi ist die Seele. Denn die Q U A E S T I O 75, G
omnium, fieri potest ut remaneant posteriora, prioribus sublatis. AD SECUNDUM dicendum quod in hoc sacramento nulla est deceptio; sunt enim ibi secundum rei veritatem accidentia, quae sensibus dijudicantur. Intellectus autem, cujus est pro430 b prium objectum substantia, ut dicitur 3 de Anima [cap. 6], 14 eq. p e r fldem a deceptione praeservatur. Et sie patet responsio AD TERTIUM, nam fides non est contra sensum, sed est de eo quod sensus non attingit. AD QUARTUM dicendum quod haec conversio non proprie habet subjectum, ut dictum est; sed tarnen accidentia quae remanent, habent aliquam similitudinem subjecti. A R T I C U L U S VI U t r u m , f a c t a c o n s e c r a t i o n e, r e m a ' n e a t i n h o c sacramento forma substantialis panis [4 Sent., dist. 11, q. 1, art. 1, qa 3; 1 Cor., cap. 11, lect. 4]
AD SEXTUM sie proceditur. Videtur quod, facta consecratione, remaneat in hoc sacramento forma substantialis panis. Dictum est enim quod, facta consecratione, remanent accidentia. Sed cum panis sit quoddam artificiale, etiam forma ejus est accidens. Ergo remanet, facta consecratione. 2. PRAETEREA, forma corporis Christi est anima; dicitur
72
Seele ist „Wesensvollzug des physischen Körpers, welcher 75, 6 der Anlage nach Leben hat" (Aristoteles). Aber daß die Wesensform des Brotes in die Seele verwandelt werde, läßt sich nicht behaupten. Also bleibt sie scheinbar nach der Konsekration bestehen. 8. Die besondere Wirksamkeit eines Dinges ergibt sich aus seiner Wesensform. Was nun in diesem Sakramente zurückbleibt, nährt und wirkt alles, was wirkliches Brot wirken würde. Also bleibt die Wesensform des Brotes nach der Konsekration in diesem Sakrament. ANDERSEITS gehört die Wesensform des Brotes zur Substanz des Brotes. Die Substanz des Brotes aber wird in den Leib Christi verwandelt (Art. 2; 3; 4). Darum bleibt die Wesensform des Brotes nicht. ANTWORT: Einige [58] behaupteten, daß nach der Konsekration nicht nur die Eigenschaften des Brotes, sondern auch dessen Wesensform fortdauere. — Das kann aber nicht sein. Denn erstens würde, wenn die Wesensform weiterbestünde, nichts vom Brot als allein der Stoff in den Leib Christi verwandelt werden. Und so ergäbe sich, daß es nicht in den ganzen Leib Christi, sondern nur in dessen Stoff verwandelt würde. Das läuft aber der Form des Sakramentes zuwider, in der gesagt wird: ,Dies ist Mein Leib.' Zweitens, wenn die Wesensform des Brotes zurückbliebe, so bliebe sie entweder im Stoff oder von diesem QUAESTIO
75, 6
enim 2 de An. [cap. 1], quod „anima est actus corporis physici, 412 a 19 potentia vitam habentis". Sed non potest dici quod forma sub- * | 7 stantialis panis convertatur in animain. Ergo videtur quod remaneat, facta consecratione. 3. PRAETEREA, propria operatio rei sequitur formam substantialem ejus. Sed illud quod remanet in hoc sacrainento, nutrit, et omnem operationem facit quam faceret panis existens. Ergo forma substantialis panis remanet in hoc sacramento, facta consecratione. SED CONTRA, forma substantialis panis est de substantia panis. Sed substantia panis convertitur in corpus Christi, sicut dictum est. Ergo forma substantialis panis non manet. RESPONDEO dicendum quod quidam posuerunt quod facta consecratione non solum remanent accidentia panis, sed etiam forma substantialis ejus. — Sed hoc esse non potest, primo quidem, quia si forma substantialis panis remaneret, nihil de pane converteretur in corpus Christi, nisi sola materia; et ita sequeretur quod non converteretur in corpus Christi totum, sed in ejus materiam, quod repugnat formae sacramenti, qua dicitur: ,Hoc est corpus meum.' Secundo, quia si forma substantialis panis remaneret, aut remaneret in materia, aut a materia separata. Primum autem
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6 getrennt. Das erste kann aber nicht der Fall sein. Denn bliebe sie im Stoff des Brotes, müßte die ganze Substanz des Brotes vorhanden bleiben. Das widerspricht den früheren Ausführungen (Art. 2). In einem anderen Stoff aber könnte sie nicht bleiben, denn die eigene Form ist nur in dem ihr zueigenen Stoff. — Bliebe sie aber stofflos, so wäre sie schon eine im Vollzug verstehbare Form, und sogar selbst Verstand, denn alle stoffgeschiedenen Formen sind von solcher Art. Drittens wäre das diesem Sakrament nicht entsprechend. Die Eigenschaften des Brotes bestehen nämlich im Sakramente weiter, damit unter ihnen, nicht aber in eigener Gestalt der Leib Christi zu sehen sei (Art. 5). Darum ist zu sagen, daß die Wesensform des Brotes nicht bleibt. Z u 1. Es kann sehr wohl künstlich etwas werden, dessen Form nicht Eigenschaft, sondern Wesensform ist. So können künstlich Frösche und Schlangen hervorgebracht werden. Eine solche Form bringt nämlich das künstliche Verfahren nicht vermöge eigener Kraft hervor, sondern vermöge der natürlichen Grundkräfte. Und auf diese Weise erzeugt es die Wesensform des Brotes mit der Kraft des Feuers, das den aus Mehl und Wasser bereiteten Stoff bäckt [59]. Zu 2. Die Seele ist die Form des Körpers, sofern sie ihm die ganze Stufenfolge des vollkommenen Seins gibt, QUAESTIO
75, 6
esse non potest, quia si remaneret in materia panis, tunc tota substantia panis remaneret, quod est contra praedicta. In alia autem materia remanere non posset, quia propria forma non est nisi in propria materia. — Si autem remaneret a materia separata, jam esset forma intelligibilis actu, et etiam intelligens 1 : nam omnes formae a materia separatae sunt tales. Tertio esset inconveniens huic sacramento: nam accidentia panis in hoc sacramento remanent, ut sub eis videatur corpus Christi, non autem sub propria specie, sicut supra dictum est. Et ideo dicendum est quod forma substantialis panis non remanet. AD PRIMUM ergo dicendum quod nihil prohibet arte fleri aliquid cujus forma non est accidens, sed forma substantialis; sicut arte possunt produci ranae et serpentes: talem enim forinani non producit ars virtute propria, sed virtute naturalium principiorum. Et hoc modo producit formam substantialem panis, virtute ignis decoquentis materiam ex farina et aqua confectam. AD SECUNDUM dicendum quod anima est forma corporis, dans ei totum ordinem esse perfecti, scilicet et esse corporeuin, 1
74
L: intellectus.
nämlich das Körpersein, das Beseeltsein usf. Die Form 75, i des Brotes wird also verwandelt in die Form des Leibes Christi, sofern diese das Körpersein gibt, aber nicht das von einer solchen Seele Beseeltsein [60]. Z u 3. Von den Wirkungsweisen des Brotes ergeben sich die einen aus ihm auf Grund der Eigenschaften, z. B. in den Sinnen eine Änderung hervorzurufen. Und solche Wirkungen finden sich in den Gestalten des Brotes nach der Konsekration, gerade wegen der Eigenschaften, die zurückbleiben. Die anderen Wirkungsweisen aber sind mit dem Brot verbunden, entweder wegen seines Stoffes — daß es z. B. in etwas verwandelt wird — oder wa^en der Wesensform, z. B. die von seiner Art bedingte Wirkungsweise, wie wenn es „das Herz des Menschen stärkt" [Ps 104 (103), 15]. Solche Wirkungsweisen finden sich nun in diesem Sakramente, nicht als ob Form oder Stoff zurückblieben, sondern weil sie auf wunderbare Weise den Eigenschaften selber verliehen werden (77, 3 Zu 2 u. 3; Art. 5 u. 6). 7. A R T I K E L die in Frage stehende Verwandlung in einem Jetzt oder allmählich? 1. Bei dieser Verwandlung ist zuerst die Substanz des Brotes und nachher die des Leibes Christi. Beides ist Geschieht
QUAESTIO
75, 7
et esse animatum, et sie de aliis. Convertitur igitur forma panis in formam corporis Christi, secundum quod dat esse corporeum, non autem secundum quod dat esse animatum tali anima. AD TERTIUM dicendum quod operationum panis quaedam consequuntur ipsum ratione accidentium, sicut immutare sensum, et tales operationes inveniuntur in speciebus panis post consecrationem propter ipsa accidentia quae remanent. Quaedam autem operationes consequuntur panem vel ratione materiae, sicut quod convertatur in aliquid, vel ratione formae substantialis, sicut est operatio consequens speciem ejus, puta quod „conürmat cor hornini"; et tales operationes inveniuntur in hoc sacramento non propter formam vel materiam, quae remaneat, sed quia miraculose conferuntur ipsis accidentibus, ut infra dicetur. A R T I C U L U S VII U t r u m i s t a c o n v e r s i o f i a t i n i n s t a n t i, v e l successive
fiat
[4 Sent., dist. 11, q. 1, art. 3, qa 2; Quodl. 7, q. 4]
AD SEPTIMUM sic proceditur. Videtur quod ista conversio non fiat in instanti, sed sit successiva. In hac enim conversione
6*
75
75,7 aber nicht in ein und demselben Jetzt, sondern in zweien. Zwischen zwei beliebigen Jetzt ist jedoch eine Zeit in der Mitte. Also muß sich die Umwandlung vollziehen im Nacheinander der Zeit, die verstreicht zwischen dem letzten Jetzt, wo Brot da ist, und dem ersten Jetzt, wo der Leib Christi da ist. 2. In jeder Verwandlung gibt es ein Werden und ein Gewordensein. Diese beiden sind aber nicht zugleich. Denn, was wird, ist nicht, was aber geworden ist, ist schon. Somit gibt es in dieser Verwandlung ein Früher und Später. Folglich ist sie auch keine im Jetzt sich vollziehende, sondern eine allmähliche. 3. Ambrosius sagt, daß dieses Sakrament „durch Christi Wort vollzogen werde". Die Worte Christi nun werden nacheinander ausgesprochen. Darum geschieht diese Umwandlung allmählich. ANDERSEITS wird diese Verwandlung durch eine unendliche Kraft vollzogen, der es zukommt, auf einmal zu wirken. ANTWORT: Eine Änderung kann eine im Jetzt sich vollziehende sein in dreifacher Hinsicht. Erstens hinsichtlich der Form, die Endpunkt der Änderung ist. Wenn nämlich eine Form ein Mehr oder Weniger zuläßt, dann wird sie allmählich von ihrem Träger aufgenommen, z. B. die Gesundheit. Weil nun die Wesensform „kein Mehr QUAESTIO
75, 7
prius est substantia panis, et postea substantia corporis Christi. Non ergo utrumque est in eodem instanti, sed in duobus instantibus. Sed inter quaelibet duo instantia est tempus medium. Ergo oportet quod haec conversio fiat secundum successionem temporis, quod est inter ultimum instans quo ibi est panis, et primum instans quo ibi est corpus Christi. 2. PRAETEREA, in omni conversione est fieri et factum esse. Sed haec duo non sunt simul, quia quod fit, non est; quod autem factum est, jam est. Ergo in hac conversione est prius et posterius; et ita oportet quod non sit instantanea, sed successiva. 3. PRAETEREA, Ambrosius dicit in libro de Sacram. [lib. 4, MPL cap. 4], quod istud sacramentum „Christi sermone conficitur". 16/440 Sed sermo Christi successive profertur. Ergo haec conversio fit successive. SED CONTRA est quod haec conversio perficitur virtute inflnita, cujus est subito operari. RESPONDEO dicendum quod aliqua mutatio est instantanea triplici ratione: uno quidem modo ex parte formae, quae est terminus mutationis. Si enim sit aliqua forma quae recipiat magis et minus, successive acquiritur subjecto, sicut sanitas; et ideo quia forma substantialis „non recipit magis et minus",1 1
76
Arist., Categ., cap. 5:
3 b 33.
oder Weniger zuläßt" (Aristoteles), deshalb wird sie 75,7 plötzlich in den Stoff eingeführt. — Zweitens hinsichtlich des Trägers. Dieser muß manchmal allmählich für die Aufnahme der Form vorbereitet werden: und darum wird z. B. das Wasser allmählich warm. Wenn jedoch dieser Träger in letzter Vorbereitung auf die Form ist, dann empfängt er sie plötzlich; so wird das Durchsichtige plötzlich erleuchtet. — Drittens hinsichtlich des wirkenden, das von unendlicher Kraft ist und daher sogleich den Stoff auf die Form vorbereiten kann. So wird auch Mk 7, 34 f. berichtet, daß, als Christus gesagt hatte, ,Ephphetha', d. h. ,Öffne dich', sogleich sich die Ohren des Mannes öffneten und sich das Band seiner Zunge löste". In dieser dreifachen Hinsicht ist diese Verwandlung eine im Jetzt sich vollziehende. Erstens duldet die Substanz des Leibes Christi, das Ziel dieser Verwandlung, kein Mehr oder Weniger. — Zweitens, weil es bei dieser Verwandlung keinen Träger gibt, der nach und nach vorbereitet werden müßte. — Drittens, weil sie durch Gottes unendliche Kraft bewirkt wird. Z u 1. Daß zwischen zwei beliebigen Jetzt Zeit sein muß, geben einige nicht ohne weiteres zu. Sie sagen nämlich, das sei der Fall bei zwei Jetzt, die zur selben Bewegung gehören, nicht aber bei solchen, die sich auf Verschiedenes beziehen. Darum sei zwischen dem Jetzt, Q U A E s T I O
75,
7
inde est quod subito fit ejus introductio in materia. — Alio modo ex parte subjecti, quod quandoque successive praeparatur ad susceptionem formae, et ideo aqua successive calefit; quando vero ipsum subjectum est in ultima dispositione ad formam, subito recipit ipsam, sicut diaphanum subito illuminatur. — Tertio modo ex parte agentis, quod est infinitae virtutis: unde statim potest materiam ad formam disponere, sicut dicitur Marci 7, quod cum Christus dixisset: „Ephphetha, quod est adaperire, statim apertae sunt aures hominis, et solutum est vinculum linguae ejus". Ex his tribus rationibus haec conversio est instantanea, primo quidem quia substantia corporis Christi, ad quam terminatur ista conversio, non suscipit magis neque minus. — Secundo quia in hac conversione non est aliquod subjectum, quod successive praeparetur. — Tertio quia agitur Dei virtute infinita. AD PRIMUM ergo dicendum quod q u i d a m 1 non simpliciter concedunt quod inter quaelibet duo instantia sit tempus medium. Dicunt enim quod hoc habet locum in duobus instantibus quae reteruntur ad eundem motum, non autem in duobus instantibus quae referuntur ad diversa. Unde inter instans 1 Cf. Alb. Magn.. 4 Seilt., dist. 11 B. arl. :!: cd. Rorgnet 29/271. Bonaventura, 4 Sent., dist. 11, p. 1, art. unie., q. 5; ed ad ciaras Aquas, 4/232.
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7 welches das Ende der Ruhe, und dem andern, welches den Anfang der Bewegung bestimmt, keine Zwischenzeit. — Darin täuschen sie sich aber. Denn die Einheit der Zeit und des Jetzt oder auch ihre Mehrheit wird nicht nach irgendwelchen Bewegungen berechnet, sondern nach der Urbewegung des Himmels, dem Maß für alle Bewegung und Ruhe [Aristoteles]. Darum geben andere dies für jene Zeit zu, welche die von der Himmelsbewegung abhängige Bewegung mißt. Nun gibt es aber einige Bewegungen, die von der Himmelsbewegung nicht abhängen, noch auch von ihr gemessen werden, wie von den Bewegungen der Engel im ersten Buche ausgeführt wurde (I 53, 3: Bd. 4). Darum vergeht zwischen zwei Jetzt, die jenen Bewegungen entsprechen, keine Zwischenzeit. — Im Vorliegenden trifft das aber nicht zu. Denn obwohl diese Verwandlung an sich in keiner Beziehung zur Himmelsbewegung steht, so folgt sie doch dem Aussprechen der Worte, das von der Himmelsbewegung notwendig gemessen wird. Daher ist notwendig, daß zwischen zwei beliebigen Jetzt, die bei dieser Verwandlung angegeben werden, eine Zwischenzeit ist. Manche sagen also, das Jetzt, in dem zuletzt Brot ist, und das Jetzt, in dem zuerst der Leib Christi ist, seien zwar zwei im Vergleich zu den gemessenen Dingen, ein einziges aber im Vergleich zu der messenden Zeit, so wie, QÜAESTIO
75, 7
quod mensurat finem quietis, et aliud instans quod mensurat principium motus, non est tempus medium. — Sed in hoc decipiuntur, quia unitas temporis et instantis, vel etiam pluralitas eorum non accipitur secundum quoscumque motus, sed secundum primum motum caeli, qui est mensura omnis motus et quietis. 1 Et ideo alii hoc concedunt in tempore quod mensurat motum dependentem ex motu caeli. Sunt autem quidam motus ex motu caeli non dependentes, nec ab eo mensurati, sicut in prima parte dictum est de motibus angelorum. Unde inter duo instantia illis motibus respondentia non est tempus medium. — Sed hoc non habet locum in proposito, quia quamvis ista conversio secundum se non habeat ordinem ad motum caeli, consequitur tarnen prolationem verborum, quam necesse est motu caeli mensurari. Et ideo necesse est inter quaelibet duo instantia circa istam conversionem signata esse tempus medium. Quidam ergo dicunt quod instans in quo ultimo est panis, et instans in quo primo est corpus Christi, sunt quidem duo per comparationem ad mensurata, sed sunt unum per comparationem ad tempus mensurans; sicut cum duae lineae se contingunt, 1 Cf. Arist., 4 Phys., cap. 14: 223 b 21 sq.; 2 de Caelo, cap. 4 : 287 a 23 sq.
78
wenn zwei Linien sich berühren, es zwei Punkte seien, 75,7 von den beiden Linien her betrachtet, einer aber, vom umgebenden Ort aus betrachtet. — Doch das ist nicht das Gleiche. Denn Jetzt und Zeit sind kein den Sonderbewegungen innerlich verbundenes Maß, wie es Linie und Punkt für die Körper sind, sondern nur ein von außen herangebrachtes, wie für die Körper der Ort. Wieder andere sagen darum, es sei sachlich ein und dasselbe Jetzt, gedanklich aber ein anderes. — Daraus würde jedoch folgen, daß sachlich Entgegengesetztes zugleich wäre. Denn gedankliche Verschiedenheit ändert nichts an der Sache. Darum ist zu sagen, daß diese Verwandlung durch die Worte Christi, die vom Priester ausgesprochen werden, in der Weise sich vollzieht (Art. 3), daß das letzte Jetzt des Ausgesprochenwerdens der Worte das erste Jetzt ist, in welchem im Sakrament der Leib Christi ist; daß aber in der ganzen vorangehenden Zeit dort die Substanz des Brotes ist. In dieser Zeit aber darf man kein Jetzt annehmen, das dem letzten unmittelbar voranginge. Denn die Zeit setzt sich nicht aus aufeinanderfolgenden Jetzt zusammen (Aristoteles). So gibt es wohl ein erstes Jetzt, in dem der Leib Christi ist, aber kein letztes Jetzt, in dem die Substanz des Brotes wäre, sondern es gibt [für QUAESTIO
75, 7
sunt duo puncta ex parte duarum linearum, unum autem punctum ex parte loci continentis. — Sed hoc non est simile, quia instans et tempus particularibus motibus non est mensura intrínseca, sicut linea et punctum 1 corporis, sed solum extrínseca, sicut corporibus locus. Unde alii dicunt quod est idem instans re, sed aliud ratione. — Sed secundum hoc sequeretur quod realiter opposita essent simul; nam diversitas rationis non variat aliquid ex parte rei. Et ideo dicendum est quod haec conversio, sicut dictum est, perflcitur per verba Christi, quae a sacerdote proferuntur, ita quod ultimum instans prolationis verborum est primum instans in quo est in sacramento corpus Christi; in toto autem tempore praecedente est ibi substantia panis, cujus temporis non est accipere aliquod instans proxime praecedens ultimum; quia tempus non componitur ex instantibus consequenter se habentibus, ut probatur 6 Phys. (cap. 1). Et ideo est quidem dare 231 b 6 sq. primum 2 instans in quo est corpus Christi; non est autem dare ultimum instans in quo sit substantia panis, sed est dare ulti1
P et L: punctus corporibus. • L om.: primum.
79
75, 8 sie ] eine letzte Zeit. Ebenso ist es bei den Veränderungen in der Natur (Aristoteles). Zu 2. Bei den im Jetzt sich vollziehenden Änderungen ist das ,Werden' und das Gewordensein zugleich, wie z. B. das Erleuchtetwerden und das Erleuchtetwordensein zugleich ist. Bei solchen ist nämlich die Rede von einem Gewordensein, insofern es schon ist, von einem ,Werden' aber, insofern es vorher nicht war. Z u 3. Diese Verwandlung ,wird' im letzten Jetzt des Ausgesprochenwerdens der Worte (Zu 1). Dann nämlich ist die Bezeichnung der Worte, die wirksam ist in den sakramentalen Formen, erfüllt. Darum folgt nicht, daß diese Verwandlung eine allmähliche ist. 8. A R T I K E L Ist dieser Satz: Aus dem Brote wird der Leib richtig?
Christi,
1. Alles, woraus etwas wird, ist das, was jenes wird, aber nicht umgekehrt. So sagen wir, daß aus dem Weißen ein Schwarzes wird und daß weiß schwarz wird, und obwohl wir sagen, der Mensch wird schwarz, sagen wir doch nicht, daß aus dem Menschen ein Schwarzes werde (Aristoteles). Wenn also richtig ist, daß aus dem Brote der Leib Christi werde, so ist es auch richtig, wenn man QÜAESTIO
75, s
mum tempus. Et idem est in mutationibus naturalibus, ut patet 263 b 9 sq. per Philosophum 8 Phys. (cap. 8). AD SECUNDUM dicendum quod in mutationi>us instantaneis simul est fieri et factum esse; sicut simul est illuminari et illuminatum esse; dicitur enim in talibus factum esse, secundum quod jam est; fieri autem, secundum quod ante non fuit. AD TERTIUM dicendum quod ista conversio, sicut dictum est, fit in ultimo instanti prolationis verborum; tunc enim completur verborum significatio, quae est efficax in sacramentorum formis. Et ideo non sequitur quod ista conversio sit successiva. Utrum
A R T I C U L U S VIII h a e c sit v e r a : Ex p a n e
Christi
fit
corpus
[4 Sent., dist. 11, q. 1, art. i ]
AD OCTAVUM sic proceditur. Videtur quod haec sit falsa: Ex pane fit corpus Christi. Omne enim id ex quo fit aliquid, est id quod fit illud, sed non convertitur; dicimus enim quod ex albo fit nigrum, et quod album fit nigrum, et licet dicamus quod homo fiat niger, non tamen dicimus quod ex 188 a 35 homine fiat nigrum, ut patet Phys. [cap. 5]. Si ergo verum est quod ex pane fiat corpus Christi, verum erit dicere quod
80
sagt, daß Brot der Leib Christi werde. Das scheint nun 75, 8 falsch zu sein, denn Brot ist nicht der Träger des Werdens, sondern eher sein Ausgangspunkt. Also ist es nicht richtig zu sagen, daß aus Brot der Leib Christi werde. 2. Das Werden zielt auf das Sein oder doch auf das Gewordensein ab. Niemals richtig aber sind folgende Sätze: ,Brot ist der Leib Christi', oder: ,Brot ist der Leib Christi geworden', oder auch: ,Brot wird der Leib Christi sein'. Also scheint auch dieser Satz: ,Aus Brot wird der Leib Christi', nicht richtig zu sein. 3. Alles, woraus etwas wird, wird in das verwandelt, was aus ihm wird. Der Satz nun: ,Brot wird in den Leib Christi verwandelt', scheint falsch zu sein. Denn diese Verwandlung scheint wunderbarer zu sein als die Erschaffung der Welt, bei der es doch nicht heißt, daß Nicht-seiendes in Seiendes verwandelt werde. Also scheint auch dieser Satz: ,Aus Brot wird der Leib Christi', falsch zu sein. 4. Jenes, woraus ,Etwas' wird, kann jenes [,Etwas'] sein. Der Satz jedoch: ,Brot kann der Leib Christi sein', ist falsch. Also ist auch dieser falsch: ,Aus Brot wird der Leib Christi.' ANDERSEITS sagt Ambrosius: „Sobald die Konsekration eintritt, wird aus dem Brot der Leib Christi." ANTWORT: Diese Verwandlung des Brotes in den Leib Q U A E S T I O
75,
8
panis fiat corpus Christi; quod videtur esse falsum, quia panis non est subjectum factionis, sed magis est terminus. Ergo non vere dicitur quod ex pane fiat corpus Christi. 2. PRAETEREA, fieri terminatur ad esse vel ad factum esse. Sed haec nunquam est vera: ,Panis est corpus Christi'; vel: •Panis est factus corpus Christi'; vel etiam: ,Panis erit corpus Christi'. Ergo videtur quod nec etiam haec sit vera: ,Ex pane fit corpus Christi.' 3. PRAETEREA, omne id ex quo fit aliquid, convertitur in id quod fit ex eo. Sed haec videtur esse falsa: ,Panis convertitur in corpus Christi', quia haec conversio videtur esse miraculosior quam creatio mundi 1 , in qua tarnen non dicitur quod non ens convertitur in ens. Ergo videtur quod etiam haec sit falsa: ,Ex pane fit corpus Christi.' 4. PRAETEREA, illud ex quo fit aliquid, potest esse illud. Sed haec est falsa: ,Panis potest esse corpus Christi.' Ergo et haec est falsa: ,Ex pane fit corpus Christi.' SED CONTRA est quod Ambrosius dicit in libro de Sacra- MPL mentis [lib. 4, cap. 4 ] : „Ubi accedit consecratio, de pane fit 1 6 / 4 3 9 corpus Christi." RESPONDEO dicendum quod haec conversio panis in corpus
i p c t l om.
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8 Christi stimmt in etwas mit der Erschaffung und ia etwas mit der natürlichen Veränderung überein, und unterscheidet sich in etwas von beiden. Gemeinsam ist nämlich diesen dreien das Verhältnis der Endglieder, d. h. daß nach jenem dieses sei (so ist bei der Erschaffung das Sein nach dem Nichtsein, in diesem Sakramente der Leib Christi nach der Substanz des Brotes, bei der natürlichen Veränderung das Weiße nach dem Schwarzen oder Feuer nach der Luft), und daß die erwähnten Endglieder nicht zugleich sind. Die Verwandlung aber, von der wir jetzt sprechen, kommt mit der Erschaffung darin überein, daß bei keiner ein gemeinsamer Träger der Endglieder da ist [61 ]. Das gerade Gegenteil ist klar bei jeder natürlichen Veränderung. Mit der natürlichen Veränderung aber kommt diese Verwandlung in zwei Hinsichten, wenn auch nicht in gleicher Weise, überein. Einmal geht in jedem Fall eines der Glieder in das andere über, so Brot in den Leib Christi und Luft in das Feuer; Nichtseiendes jedoch verwandelt sich nicht in Seiendes. Beide Male aber geschieht es in verschiedener Weise. Denn in diesem Sakrament geht die ganze Substanz des Brotes in den ganzen Leib Christi über; bei der natürlichen Veränderung dagegen nimmt der Stoff des einen die Form des andern auf, nachdem die frühere Form abgetan ist. — Sodann kommen sie darin überein, daß auf beiden Seiten etwas Selbiges QUAESTIO
75, 8
Christi, quantum ad aliquid convenit cum creatione et cum transmutatione naturali, et quantum ad aliquid differt a b utraque. Est enim commune his tribus ordo t e r m i n o r u m ; scilicet ut post hoc sit hoc, in creatione enim est esse post non esse; in hoc sacramento corpus Christi post substantiam panis; in transmutatione naturali album post nigrum, vel ignis post a e r e m , et quod praedicti termini non sint simul. Convenit autem conversio de qua nunc loquimur cum creatione, quia in neutra earum est aliquod commune subjectum utrique e x t r e m o r u m ; cujus contrarium apparet in omni transmutatione naturali. Convenit v e r o haec conversio cum transmutatione naturali in duobus, licet non similiter. Primo quidem quia in utraque unum e x t r e m o r u m transit in aliud, sicut panis in corpus Christi, et a e r in i g n e m ; non autem non ens convertitur in ens. Aliter tarnen hoc accidit utrobique; nam in hoc sacramento tota substantia panis transit in totum corpus Christi; sed in transmutatione naturali m a t e r i a unius suscipit formam alterius, priori forma deposita. — Secundo conveniunt in hoc quod utrobique r e m a n e t aliquid idem, quod non accidit in creatione,
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zurückbleibt, was nicht zutrifft bei der Erschaffung. 75,8 Jedoch mit diesem Unterschied: In der natürlichen Veränderung bleibt derselbe Stoff, bzw. derselbe Träger; in diesem Sakrament aber bleiben dieselben Eigenschaften. Und daraus läßt sich entnehmen, welch verschiedene Ausdrucksweisen wir in diesen Dingen zu gebrauchen haben. Weil in keinem der drei erwähnten Fälle die Endglieder zugleich sind, deshalb kann in keinem dieser Fälle ein Endglied vom andern in der Gegenwart ausgesagt werden; wir sagen demnach nicht: ,Das Nichtseiende ist Seiendes', oder: ,Brot ist der Leib Christi', oder: ,Luft ist Feuer', oder: ,Weißes ist Schwarzes'. Wegen der Ordnung der Endglieder aber können wir in all diesen Fällen das Verhältniswort ,aus' anwenden, das eine Ordnung bezeichnet. Wir können nämlich im wahren und eigentlichen Sinne sagen, daß ,aus dem Nichtseienden das Seiende wird' und ,aus Brot der Leib Christi' und ,aus Luft Feuer' oder ,aus einem Weißen ein Schwarzes'. Weil bei der Erschaffung hingegen das eine der Endglieder nicht in das andere übergeht, können wir bei ihr das Wort Verwandlung nicht gebrauchen, daß wir sagen könnten, Nichtseiendes wird verwandelt in Seiendes. Wohl aber können wir dieses Wort gebrauchen bei diesem Sakrament so wie auch bei der natürlichen Veränderung. Da aber in diesem Sakrament die ganze Substanz in eine ganze umgewandelt wird, deshalb wird diese VerwandQUAESTIO
75, 8
diSerenter tarnen: nam in transmutatione naturali remanet eadem materia vel subjectum; in hoc autein sacramento remanent eadem accidentia. Et ex his potest accipi qualiter difflerenter in talibus loqui debeamus. Quia enim in nullo praedictorum trium extrema sunt simul, ideo in nullo eorum potest unum extremum de alio praedicari per verbum substantivum praesentis temporis: non enim dicimus: ,Non ens est ens', vel: ,Panis est corpus Christi', vel: ,Aer est ignis', vel: ,Album est nigrum'. Propter ordinem vero extremorum possumus uti in Omnibus hac praepositione ,ex', quae ordinem designat: possumus enim vere et proprie dicere quod ,ex non ente fit ens', et ,ex pane corpus Christi', et ,ex aere ignis', vel ,ex albo nigrum'. Quia vero in creatione unum extremorum non transit in alterum, non possumus in creatione uti verbo conversionis, ut dicamus quod non ens convertitur in ens; quo tarnen verbo uti possumus in hoc sacramento, sicut et in transmutatione naturali. Sed quia in hoc sacramento tota substantia in totam
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75, 8 lung im eigentlichen Sinn Substanz-[Wesens-Verwandlung geheißen. Hinwiederum darf, weil diese Verwandlung keinen Träger zuläßt, das, was für die natürliche Verwandlung auf Grund des Trägers richtig ist, für diese Verwandlung nicht zugestanden werden. Erstens ist es offensichtlich, daß die Anlage zu einem Gegensatze zu einem Träger gehört. Auf Grund dessen sagen wir: ,Das Weiße kann schwarz sein', oder: ,Die Luft kann Feuer sein'. Zwar ist der letztere Satz nicht ebenso eigentlich zu verstehen wie der erstere. Denn Träger des Weißen, in welchem die Anlage zur Schwärze liegt, ist die ganze Substanz des Weißen. Die weiße Farbe ist ja nicht dessen Teil. Der Träger der Wesensform der Luft aber ist ein Teil von ihr. Wenn es mithin heißt: Luft kann Feuer sein, so ist das richtig, weil der Teil fürs Ganze gesetzt wird. In dieser Verwandlung aber und ähnlich in der Erschaffung läßt sich, weil es keinen Träger gibt, nicht sagen, daß e i n Endglied das andere sein könne, wie daß Nichtseiendes Seiendes oder Brot der Leib Christi sein könne. — Aus demselben Grunde kann man genau genommen nicht sagen, daß v o m Nichtseienden das Seiende oder v o m Brote der Leib Christi werde. Denn dieses Verhältniswort ,von' bezeichnet die Ursache, die [mit der Wirkung] die Substanz gemeinsam hat. Diese Gemeinsamkeit der Substanz wird bei den Endgliedern in den natürlichen Veränderungen auf die Übereinkunft im Träger beQÜAESTIO
75, 8
substantiam mutatur, propter hoc haec conversio proprie transsubstantiatio vocatur. Rursus quia hujus conversionis non est accipere aliquod subjectum, ea quae verificantur in conversione naturali ratione subjecti, non sunt concedenda in hac conversione. Et primo quidem manifestum est quod potentia ad oppositum consequitur subjectum, ratione cujus dicimus quod ,album potest esse nigrum', et ,aer potest esse ignis'; licet haec non sit ita propria, sicut prima: nam subjectum albi, in quo est potentia ad nigredinem, est tota substantia albi; non enim albedo est pars ejus, subjectum autem formae aeris est pars ejus: unde cum dicitur: ,Aer potest esse ignis', verificatur ratione partis per synecdochen. Sed in hac conversione, et similiter in creatione, quia nullum est subjectum, non dicitur quod unum extremum possit esse aliud, sicut quod ,non ens possit esse ens', vel quod ,panis possit esse corpus Christi'. — Et eadem ratione non potest proprie dici quod ,de non ente fiat ens', vel quod ,de pane fiat corpus Christi'; quia haec praepositio ,de' designat causam consubstantialem, quae quidem consubstantialitas extremorum in transmutationibus naturalibus attenditur penes convenientiam in subjecto. — Et simili ratione non conceditur quod ,panis
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zogen. — Und aus einem ähnlichen Grunde sind folgende 75, 8 Redeweisen: ,Brot wird der Leib Christi sein', oder: ,Brot werde der Leib Christi', unzulässig wie auch bezüglich der Erschaffung: ,Nichtseiendes wird Seiendes sein', oder: ,Nichtseiendes werde Seiendes'. Denn diese Redeweise bewahrheitet sich bei den natürlichen Veränderungen auf Grund des Trägers, so z. B. wenn wir sagen: ,Ein Weißes wird ein Schwarzes', oder: ,Ein Weißes wird ein Schwarzes sein'. Weil aber in diesem Sakramente nach der Verwandlung etwas Selbiges bleibt, nämlich die Eigenschaften des Brotes (Antw. u. Art. 5), deshalb können auf Grund einer gewissen Ähnlichkeit einige dieser Redeweisen unbeanstandet gelassen werden, wie: ,Brot wird der Leib Christi', oder: ,Brot wird der Leib Christi sein', oder: ,Vom Brot wird der Leib Christi', so zwar, daß unter ,Brot' nicht die Substanz des Brotes verstanden wird, sondern ganz allgemein ,das, was unter den Gestalten des Brotes enthalten ist', unter denen vorher die Substanz des Brotes und nachher der Leib Christi enthalten ist. Z u 1. Jenes, woraus etwas wird, besagt manchmal den Träger und zugleich eines der Endglieder der Veränderung; so, wenn es heißt: ,Aus einem Weißen wird ein Schwarzes.' Manchmal aber besagt es nur das Entgegengesetzte, bzw. das [eine] Endglied; so, wenn es heißt: ,Aus dem Morgen wird der Tag.' Und damit ist nicht zugegeben, daß dieses jenes wird, d. h. daß ,derMorgen Tag QUAESTIO
75, 8
erit corpus Christi', vel quod ,fiat corpus Christi', sicut neque conceditur in creatione quod ,non ens erit ens', vel quod ,non ens fiat ens', quia hic modus loquendi verificatur in transmutationibus naturalibus ratione subjecti; puta cum dicimus quod ,album fit nigrum', vel: ,Album erit nigrum'. Quia tarnen in hoc sacramento, facta conversione, aliquid idem manet, scilicet accidentia panis, ut supra dictum est, secundum quamdam similitudinein aliquae harum locutionum possunt concedi, scilicet quod ,panis fit corpus Christi', vel: ,Panis erit corpus Christi', vel: ,De pane fit corpus Christi', ut nomine ,panis' non intelligatur substantia panis, sed in universali ,hoc quod sub speciebus panis continetur', sub quibus prius continetur substantia panis, et postea corpus Christi. AD PRIMUM ergo dicendum quod illud ex quo aliquid fit, quandoque quidem importat simul subjectum cum uno extremorum transmutationis, sicut cum dicitur: ,Ex albo fit nigrum',1 et sie etiam dici potest: Hoc fit illud, id est, album fit nigrum; quandoque vero importat solum oppositum vel extremum, sicut cum dicitur: ,Ex mane fit dies'. Et sie non con1
L om.: et sie . . . nigrum.
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75,8 wird'. So auch im vorliegenden Fall: Obgleicn es im eigentlichen Sinne heißen könnte: ,Aus Brot wird der Leib Christi', so heißt es doch nicht eigentlich: ,Brot wird der Leib Christi', es sei denn wegen einer gewissen Ähnlichkeit (Antwort, Ende). Zu 2. Jenes, woraus etwas wird, wird manchmal jenes wegen des Trägers, der mit ihm gegeben ist. Weil es aber für diese Verwandlung keinen Träger gibt, besteht für sie kein ähnliches Verhältnis. Z u 3. In dieser Verwandlung sind mehr Schwierigkeiten als in der Erschaffung, in welcher nur die ist, daß Etwas aus Nichts wird. Und doch gehört diese Art, etwas hervorzubringen, zur eigenen Weise der ersten Ursache, die etwas anderes nicht voraussetzt. In dieser Verwandlung ist jedoch nicht nur die Schwierigkeit, daß dieses Ganze in jenes Ganze verwandelt wird, ohne daß von dem früheren [Substanzganzen] auch nur das Geringste bleibt, was nicht von der gewöhnlichen Art ist, etwas durch irgendeine Ursache hervorzubringen; vielmehr besteht noch die Schwierigkeit, daß die Eigenschaften zurückbleiben, wenn die Substanz verschwunden ist, und außerdem noch vieles andere, wovon im folgenden die Rede sein wird (Fr. 77). Gleichwohl spricht man bei diesem Sakrament von einer Verwandlung, nicht aber bei der Erschaffung (Antw.). Z u 4. Die Anlage haftet dem Träger an (Antw.) und QUAESTIO
76, 8
ceditur quod hoc fiat illud, id est, quod ,mane üat dies'. Et ita etiam in proposito, licet proprie dicatur quod ,ex pane fiat corpus Christi', non tarnen proprie dicitur quod ,panis fiat corpus Christi', nisi secundum quamdam similitudinem, ut dictum est. AD SECUNDUM dicendum quod illud ex quo fit aliquid, quandoque erit illud propter subjectum quod importatur. Et ideo cum hujus conversionis non sit aliquod subjectum, non est similis ratio. AD TERTIUM dicendum quod in hac conversione sunt plura difficilia quam in creatione, in qua hoc solum difficile est, quod aliquid fit ex nihilo, quod tarnen pertinet ad proprium modum productionis primae causae, quae nihil aliud praesupponit; sed in hac conversione non solum est difficile quod hoc totum convertatur in illud totum, ita quod nihil prioris remaneat (quod non pertinet ad communem modum productionis alicujus causae), sed etiam habet hoc difficile quod accidentia remaneant, corrupta substantia, et multa alia, de quibus in sequentibus agetur. Tarnen verbum ,conversionis' recipitur in hoc sacramento, non autem in creatione, sicut dictum est. AN QUARTUM dicendum quod, sicut dictum est, potentia
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ein solcher läßt sich bei dieser Verwandlung nicht anr 75,8 nehmen. Darum kann nicht eingeräumt werden, daß Brot der Leib Christi sein könne. Diese Verwandlung geschieht nämlich nicht dank einer ,erleidendlichen' Anlage im Geschöpfe, sondern bloß durch die ,tätige' Macht des Schöpfers. QÜAESTIO
75, s
pertinet ad subjectum, quod non est accipere in hac conversione: et ideo non conceditur quod panis possit esse corpus Christi; non enim haec conversio fit per potentiam passivain creaturae, sed per solain potentiam activam Creatoris.
87
76. F R A G E
DIE WEISE, IN DER CHRISTUS IN DIESEM SAKRAMENT DA IST Dann ist zu erwägen, auf welche Weise Christus in diesem Sakramente Dasein hat. Darüber ergeben sich acht Einzelfragen: 1. Ist der ganze Christus unter diesem Sakrament? 2. Ist der ganze Christus unter jeder Gestalt des Sakramentes ? 3. Ist der ganze Christus unter jedem Teil der Gestalten? 4. Sind die Ausmaße des Leibes Christi ganz in diesem Sakrament? 5. Ist der Leib Christi räumlich in diesem Sakrament? 6. Bewegt sich der Leib Christi nach der Konsekration auf die Bewegung der Hostie oder des Kelches? 7. Kann der Leib Christi unter diesem Sakrament wenigstens von einem verklärten Auge gesehen werden? 8. Bleibt der wahre Leib Christi in diesem Sakrament, wenn er durch ein Wunder unter Kindes- oder Fleischgestalt erscheint? QUAESTIO
LXXVI
DE MODO QUO CHRISTUS EXISTIT IN HOC SACRAMENTO Deinde considerandum est de modo quo Christus existit in hoc sacramento. Et circa hoc quaeruntur octo: 1. Utrum totus Christus sit sub hoc sacramento. — 2. Utrum totus Christus sit sub utraque specie sacramenti. — 3. Utrum totus Christus sit sub qualibet parte specierum. — 4. Utrum dimensiones corporis Christi totae sint in hoc sacramento. — 5. Utrum corpus Christi sit in hoc sacramento localiter. — 6. Utrum corpus Christi moveatur ad motum hostiae vel calicis post consecrationem. — 7. Utrum corpus Christi, prout est in hoc sacramento, possit videri ab aliquo oculo saltem glorificato. — 8. Utrum verum corpus Christi remaneat in hoc sacramento quando miraculose apparet sub specie pueri vel carnis.
88
1. A R T I K E L Ist der ganze Christus
unter diesem
Sakrament
enthalten?
1. Christus beginnt in diesem Sakrament zu sein infolge der Verwandlung des Brotes und Weines (75, 4). Offenbar aber können Brot und Wein weder in die Gottheit noch auch in die Seele Christi verwandelt werden. Da aber Christus in drei Substanzen, der Gottheit, der Seele und dem Leibe da ist (2, 5; 5, 1. 3: Bd. 25), so scheint nicht der ganze Christus in diesem Sakramente zu sein. 2. Christus ist so in diesem Sakrament, wie es zutreffend ist für die Erquickung der Gläubigen, die in Speise und Trank besteht (74, 1). Der Herr sagt aber Jo 6, 55: „Mein Fleisch ist wahrhaft eine Speise und Mein Blut ist wahrhaft ein Trank." Also ist nur das Fleisch und das Blut Christi in diesem Sakramente enthalten. Es gibt aber viele andere Teile des Leibes Christi, wie Sehnen, Knochen u. dgl. Somit ist nicht der ganze Christus in diesem Sakramente enthalten. 3. Ein Körper von größerer Ausdehnung kann nicht ganz unter einer geringer bemessenen Ausdehnung enthalten sein. Das Maß des konsekrierten Brotes und Weines ist nun viel geringer als das dem Leibe Christi QUAESTIO
Utrum
76, 1
totus
ARTICULUS I Christus contineatur sacra mento
sub
hoc
[4 Sent., dist. 10, q. 1, art. 2; 4 Cont. Gent., cap. 64; Quodl. 7, q. 4; Matth., cap. 26; Joan., cap. 6, lect. 6; 1 Cor., cap. 11, lect. 6]
AD PRIMUM sie proceditur. Videtur quod non totus Christus contineatur sub hoc sacramento. Christus enim ineipit esse in hoc sacramento per conversionem panis et vini, sicut dictum est. Sed manifestum est quod panis et vinum non possunt converti, neque in divinitatem Christi, neque in ejus animam. Cum ergo Christus existat in tribus substantiis, scilicet divinitate, anima et corpore, ut supra habitum est, videtur quod totus Christus non sit sub hoc sacramento. 2. PRAETEREA, Christus est in hoc sacramento, secundum quod competit refectioni fidelium, quae in eibo et potu consistit, sicut supra dictum est. Sed Dominus dicit Joan. 6: „Caro mea vere est eibus, et sanguis meus vere est potus." Ergo solum caro et sanguis Christi continentur in hoc sacramento. Sunt autem multae aliae partes corporis Christi, puta nervi, ossa, et alia hujusmodi. Non ergo totus Christus continetur sub hoc sacramento. 3. PRAETEREA, corpus majoris quantitatis non potest totum contineri sub minoris quantitatis mensura. Sed mensura panis et vini consecrati est multo minor quam propria mensura cor-
89
76, i eigene Maß. Also kann nicht der ganze Cnristus unter diesem Sakramente sein. ANDERSEITS sagt Ambrosius: „In jenem Sakrament ist Christus." ANTWORT: Unbedingt ist gemäß dem katholischen Glauben zu bekennen, daß der ganze Christus in diesem Sakramente ist. Zu wissen ist jedoch, daß etwas von Christus auf zweierlei Art in diesem Sakramente ist: Einmal sozusagen kraft des Sakramentes, dann aus naturgemäßer Mitfolge. Kraft des Sakramentes ist unter dessen Gestalten das, in was unmittelbar die vorher vorhandene Substanz des Brotes und Weines verwandelt wird, wie es bezeichnet wird durch die Worte der Form, die in diesem Sakramente wie auch in den übrigen wirkkräftig sind, so wenn es heißt: ,Dies ist Mein Leib'; ,Dies ist Mein Blut'. Aus naturgemäßer Mitfolge aber ist in diesem Sakrament jenes, was tatsächlich mit dem verbunden ist, worin die erwähnte Verwandlung ihr Ziel hat. Wenn nämlich zwei Dinge tatsächlich miteinander verbunden sind, muß, wo das eine tatsächlich ist, auch das andere sein. Nur durch die Denktätigkeit der Seele wird nämlich unterschieden, was tatsächlich miteinander verbunden ist [62]. Z u 1. Weil die Verwandlung des Brotes und Weines nicht in der Gottheit oder der Seele Christi ihr Ziel hat, QÜAESTIO
76, l
poris Christi. Non potest ergo esse quod totus Christus sub hoc sacramento contineatur. mpl SED CONTRA est quod Ambrosius dicit in libro de Officiis 16/408 [De Myster., cap. 9] 1 : „In illo sacramento Christus est." RESPONDEO dicendum quod omnino necesse est confiteri secundum fidem catholicam quod totus Christus sit in hoc sacramento. Sciendum tarnen quod aliquid Christi est in hoc sacramento dupliciter: uno modo quasi ex vi sacramenti, alio modo ex naturali concomitantia. Ex vi quidem sacramenti est sub speciebus hujus sacramenti id in quod directe convertitur substantia panis et vini praeexistens, prout significatur per verba formae, quae sunt effectiva in hoc sacramento, sicut et in caeteris mutationibus 2 , puta cum dicitur: ,Hoc est corpus meum', vel: ,Hic est sanguis meus'. Ex naturali autem concomitantia est in hoc sacramento illud quod realiter est conjunctum ei in quod praedicta conversio terminatur. Si enim aliqua duo sunt realiter conjuncta, ubicumque est unum realiter, oportet et aliud esse. Sola enim operatione animae discernuntur quae realiter sunt conjuncta. AD PRIMUM ergo dicendum quod quia conversio panis et vini non terminatur ad divinitatem vel animam Christi, con1 Ci. Gratian., De Consecr., dist. 2, can. Ante Benedictionem; Frdb. 1/1328. 2 L om.
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folgt, daß die Gottheit, bzw. die Seele Christi nicht in 76,1 diesem Sakrament ist kraft des Sakramentes, sondern aus tatsächlicher Mitfolge. Weil nämlich die Gottheit den angenommenen Leib niemals aufgegeben hat, muß, wo immer der Leib Christi ist, auch Seine Gottheit sein. Darum muß in diesem Sakrament die Gottheit Christi Seinem Leibe mitfolgen [63]. In diesem Sinne heißt es im ephesinischen Glaubensbekenntnis: „Wir werden Teilhaber des Leibes und Blutes Christi, empfangen also nicht gewöhnliches Fleisch noch das eines mit dem WORTE in der Einheit der Würde verbundenen Heiligen, sondern wahrhaft lebendigmachendes und dem WORTE selbst zueigen gewordenes [Fleisch]." Die Seele aber war tatsächlich vom Leibe getrennt (50, 5). Wenn darum in jenen drei Tagen der Todesdauer dieses Sakrament gefeiert worden wäre, so wäre die Seele nicht dort gewesen, weder kraft des Sakramentes noch kraft der tatsächlichen Mitfolge. Weil jedoch „Christus nach Seiner Auferstehung von den Toten nicht wieder stirbt" (Rom 6, 9), ist Seine Seele immer tatsächlich mit dem Leibe vereint. Und deshalb ist in diesem Sakrament der Leib Christi zwar kraft des Sakramentes, die Seele aber aus tatsächlicher Mitfolge. Zu 2. Kraft des Sakramentes ist in diesem Sakrament, unter den Gestalten des Brotes, nicht bloß Fleisch, sondern QUAESTIO
76, l
sequens est quod divinitas vel anima Christi non sit in hoc sacramento ex vi sacramenti, sed ex reali concomitantia. Quia enim divinitas corpus assumptum nunquam deposuit, ubicumque est corpus Christi, necesse est et ejus divinitatem esse; et ideo in hoc sacramento necesse est esse divinitatem Christi, concomitantem ejus corpus. Unde in Symbolo Ephesino 1 legitur: „Participes efflcimur corporis et sanguinis Christi, non ut communem carnem percipientes, nec ut viri sanctiflcati, et Verbo conjuncti secundum dignitatis unitatem, sed vere viviflcatricem, et ipsius Verbi propriam factam." Anima vero realiter separata fuit a corpore, ut supra dictum est. Et ideo si in illo triduo mortis fuisset hoc sacramentum celebratum, non fuisset ibi anima Christi nec ex vi sacramenti, nec ex reali concomitantia. Sed quia „Christus resurgens ex mortuis jam non moritur", ut dicitur Rom. 6, anima ejus Semper est realiter corpori ejus unita. Et ideo in hoc sacramento corpus quidem Christi est ex vi sacramenti, anima autem Christi ex reali concomitantia. AD SECUNDUM dicendum quod ex vi sacramenti sub hoc sacramento continetur, quantum ad species panis, non solum 1 Cl. Gratian., De Consecr., dist. 2, can. Necessarie; Frdb. 1/1346. Cyrill. Alex., ep. 17; MPG 77/113.
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76, l der ganze Körper, d. h. Knochen und Sehnen u. dgl., enthalten. Und das ist klar aus der Form des Sakramentes, in der es nicht heißt: ,Dies ist Mein Fleisch', sondern: ,Dies ist Mein Leib'. Wenn also der Herr (Jo 6, 55) sagt: „Mein Fleisch ist wahrhaft eine Speise", so steht dort ,Fleisch' für den ganzen Leib, weil es nach menschlicher Gepflogenheit mehr zum Genuß geeignet zu sein scheint, sofern nämlich die Menschen in der Regel sich von dem Fleisch der Tiere nähren, nicht von den Knochen und anderem dergleichen. Zu 3. Nach der Verwandlung des Brotes in den Leib, bzw. des Weines in das Blut Christi bleiben die Eigenschaften von jedem (75, 5). Daraus erhellt, daß die Ausmaße des Brotes oder Weines nicht in die des Leibes Christi, sondern daß Substanz in Substanz verwandelt wird. Und so ist die Substanz des Leibes, bzw. Blutes Christi in diesem Sakrament kraft des Sakramentes, nicht aber die Ausmaße des Leibes, bzw. Blutes Christi. Somit ist klar, daß der Leib Christi in diesem Sakrament ist in der Weise der Substanz und nicht in der Weise der Ausdehnung. Die eigentliche Ganzheit einer Substanz aber ist unterschiedlos in einer großen wie in einer kleinen Ausdehnung enthalten, so wie die ganze Natur der Luft in viel oder wenig Luft und die ganze Natur des Menschen in einem großen oder kleinen Menschen. Daher ist auch die ganze Substanz des Leibes und Blutes Christi nach QUAESTIO
76, l
caro, sed totum corpus Christi, scilicet ossa, nervi, et alia hujusmodi. Et hoc apparet ex forma hujus sacramenti, in qua non dicitur: ,Haec est caro mea', sed: ,Hoc est corpus meum'. Et ideo cum Dominus dixit Joan. 6: „Caro mea vere est cibus", caro ponitur ibi pro toto corpore, quia secundum consuetudinem humanam videtur esse magis manducationi accommodata, prout scilicet homines carnibus animalium vescuntur communiter, non autem ossibus, vel aliis hujusmodi. AD TERTIUM dicendum quod, sicut supra dictum est, facta conversione panis in corpus Christi, vel vini in sanguinem, accidentia utriusque manent. Ex quo patet quod dimensiones panis vel vini non convertuntur in dimensiones corporis Christi, sed substantia in substantiam; et sie substantia corporis Christi vel sanguinis est sub hoc sacramento ex vi sacramenti, non autem dimensiones corporis vel sanguinis Christi. Unde patet quod corpus Christi est in hoc sacramento per modum substantiae, et non per modum quantitatis. Propria autem totalitas substantiae continetur indifferenter in parva vel magna quantitate; sicut tota natura aeris in magno vel parvo aere, et tota natura hominis in magno vel parvo homine. Unde et tota substantia corporis et sanguinis Christi continetur in hoc
92
der Konsekration in diesem Sakrament enthalten, so wie 76,2 vor der Konsekration dort die Substanz des Brotes und des Weines enthalten war. 2. A R T I K E L Ist unter
jeder
der beiden Gestalten dieses der ganze Christus enthalten?
Sakramentes
1. Dieses Sakrament ist auf das Heil der Gläubigen hingeordnet, nicht kraft der Gestalten, sondern kraft dessen, was darunter enthalten ist, weil die Gestalten auch schon vor der Konsekration bestanden, aus der die Kraft des Sakramentes entspringt. Wenn also unter der einen Gestalt nichts enthalten ist, was nicht unter der andern enthalten wäre, und der ganze Christus unter jeder Gestalt ist, so scheint die eine der beiden Gestalten in diesem Sakrament überflüssig zu sein. 2. Unter dem Namen ,Fleisch' sind alle anderen Teile des Körpers, wie Knochen und Sehnen u. dgl., mit einbegriffen (Art. 1 Zu 1). Das Blut aber ist ein Teil des menschlichen Körpers (Aristoteles). Wenn also das Blut Christi unter der Gestalt des Brotes enthalten ist gleich den anderen dort enthaltenen Teilen des Körpers, so braucht es nicht allein für sich konsekriert zu werden, sowenig ein anderer Teil des Körpers für sich allein konsekriert wird. QUAESTIO
76, 2
sacramento post consecrationem, sicut ante consecrationem continebatur ibi tota substantia panis et vini. Utrum
A R T I C U L U S II sub u t r a q u e specie h u j u s s a c r a m e n t i totus Christus contineatur
[Infra, q. 78, art. 6 ad 1; 4 Sent., dist. 10, art. 2; 4 Cont. Gent., cap. G4; Joan., cap. 6, lect. 6; 1 Cor., cap. 11, lect. 6]
AD SECUNDUM sie proceditur. Videtur quod non sub utraque specie hujus sacramenti totus Christus contineatur. Hoc enim sacramentum ad salutem fidelium ordinatur, non virtute specierum, sed virtute ejus quod sub speciebus continetur, quia species erant etiam ante consecrationem, ex qua est virtus hujus sacramenti. Si ergo nihil continetur sub una specie quod non contineatur sub alia, sed totus Christus continetur sub utraque, videtur quod altera illarum superfluat in hoc sacramento. 2. PRAETEREA, dictum est, quod sub nomine carnis omnes aliae partes corporis continentur, sicut ossa, nervi et alia hujusmodi. Sed sanguis est una partium humani corporis, sicut patet per Aristotelem in libro Animalium [1 de Animal. Historia, cap. 4 488 a 21 et lib. 3, cap. 19; 2 de Animal. partibus, cap. 2], Si ergo san-52ia2s guis Christi continetur sub specie panis, sicut continentur ibi 647 a 10 aliae partes corporis, non deberet seorsum sanguis consecrari, sicut neque seorsum consecratur aliqua alia pars corporis.
93
76,2
3. Was schon geworden ist, kann nicht abermals werden. Der Leib Christi begann aber schon sein Dasein in diesem Sakrament infolge der Konsekration des Brotes. Somit kann er nicht von neuem zu sein anfangen infolge der Konsekration des Weines. Und so wird unter der Gestalt des Weines nicht der Leib Christi und folglich auch nicht der ganze Christus enthalten sein. Also ist nicht unter jeder Gestalt der ganze Christus enthalten. ANDERSEITS sagt die Glosse zu dem Wort ,Kelch' (1 Kor 11, 25), daß „unter jeder Gestalt" — des Brotes und Weines nämlich — „dasselbe empfangen wird". Und so scheint unter jeder Gestalt der ganze Christus zu sein. ANTWORT: Ganz sicher ist (nach Art. 1) daran festzuhalten, daß unter jeder der beiden Gestalten des Sakramentes der ganze Christus ist, doch jeweils anders. Denn unter den Gestalten des Brotes ist zwar der Leib Christi kraft des Sakramentes, das Blut aber aus tatsächlicher Mitfolge, wie (Art. 1 Zu 1) bezüglich der Seele und der Göttlichkeit Christi ausgeführt wurde. Unter den Gestalten des Weines jedoch ist zwar das Blut Christi kraft des Sakramentes, der Leib Christi aber kraft tatsächlicher Mitfolge, so wie die Seele und die Göttlichkeit, deshalb, weil jetzt das Blut Christi nicht von Seinem Leib getrennt ist, wie es zur Zeit des Leidens und Todes getrennt war. Also wäre, wenn man damals dieses Sakrament gefeiert hätte, unter den Gestalten des Brotes der Leib Christi ohne das QUAESTIO
76, 2
3. PRAETEREA, quod jam factum est, iterum fleri non potest. Sed corpus Christi jam incoepit in hoc sacramento per consecrationem panis. Ergo non potest esse quod de novo incipiat esse per consecrationem vini; et ita sub specie vini non continebitur corpus Christi, et per consequens nec totus Christus. Non ergo sub utraque specie totus Christus continetur. SED CONTRA est quod 1 Cor. 11, super illud: ,Et calicf. Lomb. cem', dicit Glossa quod „sub utraque specie, scilicet panis et MPL vini, idem sumitur"; et ita videtur sub utraque specie totus 191/1645
C h r i s t u s
esse.
RESPONDEO dicendum certissime tenendum esse quod sub utraque specie sacramenti totus est Christus; aliter tarnen et aliter. Nam sub speciebus panis est quidem corpus Christi ex vi sacramenti, sanguis autem ex reali concomitantia, sicut supra dictum est, de anima et divinitate Christi; sub speciebus vero vini est quidem sanguis Christi ex vi sacramenti, corpus autem Christi ex reali concomitantia, sicut anima et divinitas: eo quod nunc sanguis Christi non est ab ejus corpore separatus, sicut fuit tempore passionis et mortis; unde si tunc fuisset hoc sacramentum celebratum, sub speciebus panis fuisset corpus Christi
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Blut und unter den Gestalten des Weines das Blut ohne 76,2 den Leib gewesen, so wie es tatsächlich war. Z u 1. Wohl ist der ganze Christus unter jeder Gestalt, doch nicht vergebens. Denn erstens vermag dies das Leiden Christi zu vergegenwärtigen, in dem das Blut vom Leibe getrennt worden ist. Darum wird auch in der Konsekrationsformel über das Blut sein Vergossenwerden erwähnt. Zweitens ist das für den Gebrauch dieses Sakramentes angemessen, daß für sich gesondert den Gläubigen der Leib Christi zur Speise und Sein Blut zum Tranke gereicht werde. Drittens wegen der Wirkung, weil „der Leib zum Heile des Leibes und das Blut zum Heile der Seele gegeben wird" (74, 1). Z u 2. Beim Leiden Christi, dessen Gedächtnis dieses Sakrament ist, waren keine anderen Teile des Leibes von diesem getrennt, wie das Blut; vielmehr blieb der Leib ganz, nach E x 12, 46 [und Jo 19, 3 6 ] : „Ihr sollt von ihm kein Bein zerbrechen." Und darum wird in diesem Sakramente das Blut getrennt vom Leibe konsekriert, aber sonst kein Teil getrennt vom anderen. Z u 3. Der Leib Christi ist nicht unter der Gestalt des Weines kraft des Sakramentes (Antw.), sondern kraft tatQUAESTIO
76, 2
sine sanguine, et sub speciebus vini sanguis sine corpore, sicut erat in rei veritate. AD PRIMUM ergo dicendum quod quamvis totus Christus sit sub utraque specie, non tarnen frustra. Nam primo quidem hoc valet ad repraesentandam passionem Christi, in qua seorsum fuit sanguis a corpore separatus, unde et in forma consecrationis sanguinis fit mentio de ejus eflusione. Secundo hoc est conveniens usui hujus sacramenti, ut seorsum exhibeatur fidelibus corpus Christi in cibum, et sanguis in potum. Tertio quantum ad efiectum, secundum quod supra dictum est, quod „corpus exhibetur pro salute corporis, et sanguis pro salute animae". 1 AD SECUNDUM dicendum quod in passione Christi, cujus hoc sacramentum est memoriale, non fuerunt aliae partes corporis ab invicem separatae, sicut sanguis, sed corpus indissolutum permansit, secundum quod legitur Exod. 12: „Nec os illius confringetis." 2 Et ideo in hoc sacramento seorsum consecratur sanguis a corpore, non autem aliqua alia pars ab alia. AD TERTIUM dicendum quod, sicut dictum est, corpus Christi non est sub specie vini e x vi sacramenti, sed e x reali concomiCf. Pseudo-Ambros. et Lomb., pag. 27, nola 1. - L: Os non comminuetis ex eo.
1
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76, s sächlicher Mitfolge. Darum wird durch die Konsekration des Weines der Leib Christi dort nicht an sich [gegenwärtig], sondern mitfolgend. 3. A R T I K E L Ist der ganze Christus unter jedem Teil der des Brotes und Weines?
Gestalten
1. Jene Gestalten sind teilbar ins Unendliche. Wenn also der ganze Christus unter jedem Teil der vorgenannten Gestalten wäre, ergäbe sich, daß Er unendlich oft in diesem Sakrament wäre. Das ist aber ungereimt. Denn das Unendliche steht nicht nur mit der Natur, sondern auch mit der Gnade in Widerspruch. 2. Der Leib Christi hat, da er ein Organismus ist, seine Teile in einem bestimmten Abstand [voneinander]. Zum Wesen des organischen Körpers gehört nämlich ein bestimmter Abstand der einzelnen Teile zueinander, z. B. des Auges vom Auge und des Auges vom Ohr. Das aber könnte nicht sein, wenn unter jedem Teil der Gestalten der ganze Christus wäre; es müßte nämlich unter jedem beliebigen Teil [der Gestalten] jeder beliebige Teil [des Leibes Christi] sein und so wäre, wo ein Teil ist, auch der andere. Also kann unmöglich der ganze Christus unter jedem Teil der Hostie oder des im Kelche enthaltenen Weines gegenwärtig sein. QUAESTIO
76, 3
tantia; et idem per consecrationem vini non fit ibi corpus Christi per se, sed concomitanter. Utrum
sit
A R T I C U L U S III totus C h r i s t u s sub q u a l i b e t specierum panis vel vini
parte
[4 Sent., dist. 10, art. 3, qa 3; 4 Cont. Gent., cap. 67; Quodl. 7, q. 4; Matth,, cap. 26; 1 Cor., cap. XI, lect. 5]
AD TERTIUM sie proceditur. Videtur quod non sit totus Christus sub qualibet parte specierum panis vel vini. Species enim illae dividi possunt in infinitum. Si ergo Christus totus est sub qualibet parte specierum praedictarum, sequeretur quod infinities esset in hoc sacramento, quod est inconveniens; nam infinitum repugnat non solum naturae, sed etiaöi gratiae. 2. P R A E T E R E A , corpus Christi, cum sit organicum, habet partes determinate distantes; est enim de ratione organici corporis determinata distantia singularum partium ab invicem, sicut oculi ab oculo, et oculi ab aure. Sed hoc non posset esse, si sub qualibet parte specierum esset totus Christus; oporteret enim quod sub qualibet parte esset quaelibet pars, et ita ubi esset una pars, esset et alia. Non ergo potest esse quod totus Christus sit sub qualibet parte hostiae vel vini contenti in calice.
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3. Der Leib Christi behält immer die wahre Natur eines 76,3 Körpers bei und verwandelt sich nie in einen Geist. Aber für den Körper ist es wesentlich, „Ausdehnung, die eine Lage hat", zu sein (Aristoteles). Zum Begriff dieser Ausdehnung gehört es aber, daß ihre verschiedenen Teile sich in verschiedenen Teilen des Raumes befinden. Also kann dem Anscheine nach nicht der ganze Christus unter jedem Teil der Gestalten sein. ANDERSEITS sagt Augustinus: „Die Einzelnen empfangen Christus, den Herrn, und in den einzelnen Teilen ist Er ganz, auch wird Er in jedem Einzelnen nicht kleiner, sondern schenkt sich darin unvermindert." ANTWORT: Weil in diesem Sakrament die Substanz des Leibes Christi kraft des Sakramentes ist, seine räumliche Ausdehnung aber kraft tasächlicher Mitfolge (Art. 1 Zu 3), ist der Leib Christi in diesem Sakramente in der Weise der Substanz, d. h. so wie die Substanz unter den Raummaßen ist, nicht aber in der Weise der Raummaße, d. h. nicht so wie die räumliche Ausdehnung eines Körpers unter der räumlichen Ausdehnung des Ortes ist. Offenbar ist aber die Natur der Substanz ganz unter jedem Teil der Raummaße, unter denen sie enthalten ist, wie unter jedem Teil der Luft die ganze Natur der Luft ist und unter jedem Teil des Brotes die ganze Natur des Brotes ist. Und QUAESTIO
76, 3
3. P R A E T E R E A , corpus Christi Semper veram" retinet corporis naturazn, nec unquam mutatur in spiritum. Sed de ratione corporis est ut sit „quantitas positionem habens", ut patet in Praedicamentis [Categ., cap. 6 ] . Sed ad rationem hujus q u a n - 4 b 2 0 s q . titatis pertinet quod diversae partes in diversis partibus loci 5 a 23 sq. existant. Non ergo potest esse, ut videtur, quod totus Christus sit sub qualibet parte specierum. SED CONTRA est quod Augustinus dicit in quodam sermone [Gregorius in libro Sacramentorum, dominica 5 post E p i p h . ] 1 : MPL „Singuli accipiunt Christum Dominum, et in singulis portioni- 78/48 bus totus est, nec per singulas minuitur, sed integrum se praebet in singulis." RESPONDEO dicendum quod, sicut e x supra dictis patet, quia in hoc sacramento substantia corporis Christi est e x vi sacramenti, quantitas autem dimensiva e x vi realis concomitantiae, ideo corpus Christi est in hoc sacramento per modum substantiae, id est, per modum quo substantia est sub dimensionibus, non autem per modum dimensionum, id est, non per modum illum quo quantitas dimensiva alicujus corporis est sub quantitate dimensiva loci. Manifestum est autem quod natura substantiae tota est sub qualibet parte dimensionum, sub quibus continetur; sicut sub qualibet parte aeris est tota natura aeris, et sub qualibet parte panis est tota natura panis; et hoc indiffe1 Cf. Gratian., De Consecr., dist. 2, can. Singuli; Frdb. I/134.V
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3 das ist unterschiedlos der Fall, ob die Raummaße in Wirklichkeit geteilt sind, wie wenn z. B. die Luft geteilt oder das Brot geschnitten wird, oder ob sie in Wirklichkeit ungeteilt, der Möglichkeit nach aber teilbar sind. Darum ist offenbar der ganze Christus unter jedem Teil der Gestalten des Brotes, auch wenn die Hostie ganz bleibt und nicht bloß, wenn sie gebrochen wird, wie einige [64 ] behaupten. Sie erklären das mit folgendem Beispiel: Das Bild, das im Spiegel erscheint, ist eines in einem ganzen Spiegel. Wenn aber der Spiegel zerbrochen ist, erscheint das ganze Bild in jedem einzelnen Teil. Der Vergleich ist aber nicht allseitig zutreffend. Denn die Vervielfältigung dieser Bilder erfolgt in dem zerbrochenen Spiegel wegen der verschiedenen Lichtbrechung auf die verschiedenen Teile des Spiegels. In unserem Fall aber gibt es nur eine einzige Konsekration, auf Grund welcher der Leib Christi im Sakramente ist. Z u 1. Die Zahl folgt der Teilung. Solange also die Ausdehnung wirklich ungeteilt bleibt, ist weder die Substanz eines Dinges mehrmals unter ihren eigenen Raummaßen, noch der Leib Christi [mehrmals] unter den Raummaßen des Brotes. Folglich ist er auch nicht unendlich oft dort [65], sondern so oft, als das Brot in Teile geteilt wird. Z u 2. Jener bestimmte Abstand der Teile im organischen Körper beruht auf dessen räumlicher Ausdehnung; QUAESTIO
76, 3
renter, sive sint dimensiones actu divisae (sicut cum aer dividitur, vel panis secatur), vel etiam sint actu indivisae, divisibiles vero potentia. Et ideo manifestum est quod totus Christus est sub qualibet parte specierum panis, etiam hostia integra manente, et non solum cum frangitur, sicut q u i d a m 1 dicunt, ponentes exemplum de imagine quae apparet in speculo, quae apparet una in speculo integro, in speculo autem fracto 2 apparent singulae in singulis partibus; quod quidem non est omnino simile, quia multiplicatio hujusmodi imaginum accidit in speculo fracto propter diversas reflexiones ad diversas partes speculi; hic autem non est nisi una consecratio, propter quam corpus Christi est in hoc sacramento. AD PRIMUM ergo dicendum quod numerus sequitur divisionem, et ideo quamdiu quantitas manet indivisa actu, neque subsiantia alicujus rei est pluries sub dimensionibus propriis, neque corpus Christi sub dimensionibus panis, et per consequens neque infinities, sed toties in quot partes dividitur. AD SECUNDUM dicendum quod illa determinata distantia partium in corpore organico fundatur super quantitate dimen1 Cf. Innocent. III., 4 de Sacro Altaris Mysterio, eap. 8; MPL 217/861. - I' oin.: in. — L: infracto autem speculo.
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die Natur der Substanz aber geht auch der räumlichen 76,4 Ausdehnung voran. Und weil die Verwandlung der Brotsubstanz unmittelbar in der Substanz des Leibes Christi ihren Endpunkt hat, nach deren Art eigentlich und unmittelbar der Leib Christi in diesem Sakrament ist, des halb gibt es einen solchen Abstand der Teile zwar im wahren Leibe Christi selbst, aber dieser tritt nicht jenem Abstand gemäß zu diesem Sakramente in Beziehung, son dern gemäß der [Daseins-]Weise seiner Substanz (Antw und Art. 1 Zu 3) [66]. Z u 3. Jener Einwand geht von der Natur des Körpers aus, die er gemäß seiner räumlichen Ausdehnung hat. Der Leib Christi hat aber sein Verhältnis zu diesem Sakrament nicht auf Grund seiner räumlichen Ausdehnung, sondern auf Grund seiner Substanz (Antw. u. Zu 2). 4. A R T I K E L Ist die ganze
räumliche Ausdehnung des Leibes in diesem Sakrament?
Christi
1. Der ganze Leib Christi ist unter jedem Teil der konsekrierten Hostie enthalten (Art. 3). Doch keine räumliche Ausdehnung ist als ganze in irgendwelchem Ganzen und in jedem Teil desselben enthalten. Also ist unmögQUAESTIO
76, 4
siva ipsius; ipsa autem natura substantiae praecedit etiam quantitatein dimensivam. Et ideo quia conversio substantiae panis directe terminatur ad substantiam corporis Christi, secunduin cujus modum proprie et directe est in hoc sacramento corpus Christi; talis distantia partium est quidem in ipso corpore Christi vero, sed non secundum hanc distantiam comparatur ad hoc sacramentum, sed secundum modum suae substantiae, sicut dictum est. AD TERTIUM dicendum quod ratio illa procedit de natura corporis, quam habet secundum quantitatem dimensivam. Dictum est autem quod corpus Christi comparatur ad hoc sacramentum non ratione quantitatis dimensivae, sed ratione suae substantiae, sicut dictum est. Utrum
A R T I C U L U S IV tota q u a n t i t a s dimensiva corporis C h r i s t i s i t in hoc s a c r a m e n t o
[4 Sent., dist. 10, art. 2, qa 3, 4; 4 Cont. Gent., cap. «), Gl, 67; Quodl. 7, q. 4]
AD QUARTUM sie proceditur. Videtur quod non tota quantitas dimensiva corporis Christi sit in hoc sacramento. Dictum est enim quod totum corpus Christi continetur sub qualibet parte hostiae consecratae. Sed nulla quantitas dimensiva tota continetur in aliquo toto, et in qualibet parte ejus. Ergo est
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76, 4 lieh die ganze räumliche Ausdehnung des Leibes Christi in diesem Sakrament enthalten. 2. Unmöglich können zwei räumliche Ausdehnungen zugleich sein, auch wenn die eine stoffgeschieden und die andere in einem naturwirklichen Körper wäre (Aristoteles). In diesem Sakrament aber bleibt die räumliche Ausdehnung des Brotes zurück, wie durch die Sinneswahrnehmung offenkundig ist. Also ist dort nicht die räumliche Ausdehnung des Leibes Christi. 3. Wenn zwei ungleiche räumliche Ausdehnungen nebeneinandergelegt werden, erstreckt sich die größere über die geringere hinaus. Die räumliche Ausdehnung des Leibes Christi ist aber um vieles größer als die der konsekrierten Hostie, und zwar in jeder Raumerstreckung. Wenn also in diesem Sakrament die räumliche Ausdehnung des Leibes Christi zugleich mit der der Hostie wäre, würde sich die räumliche Ausdehnung des Leibes Christi über die Ausdehnung der Hostie hinaus erstrecken. Die Ausdehnung des Leibes Christi aber ist nicht ohne die Substanz des Leibes Christi. Also wäre die Substanz des Leibes Christi in diesem Sakrament auch außerhalb der Gestalt des Brotes. Doch das ist nicht entsprechend, weil die Substanz des Leibes Christi in diesem Sakramente nur ist infolge der Konsekration des Brotes (Art. 2). Also ist unmöglich die ganze räumliche Ausdehnung des Leibes Christi in diesem Sakramente. QÜAESTIO
76, 4
impossibile quod tota quantitas dimensiva corporis Christi contineatur in hoc sacramento. 2. PRAETEREA, impossibile est duas quantitates dimensivas esse simul, etiamsi una sit separata, et alia in corpore naturali, 998 a 7 ut patet per Philosophum 3 Metaph. [lib. 2, cap. 2; cf. 4 Phys., b 10 sq. cap. 8 ] . Sed in hoc sacramento remanet quantitas dimensiva panis, ut sensu apparet. Non ergo est ibi quantitas dimensiva corporis Christi. 3. PRAETEREA, si duae quantitates dimensivae inaequales juxta se ponantur, major extenditur ultra minorem. Sed quantitas dimensiva corporis Christi est multo major quam quantitas dimensiva hostiae consecratae secundum omnem dimensionem. Si erjjo in hoc sacramento sit quantitas dimensiva corporis Christi cum quantitate dimensiva hostiae, quantitas dimensiva corporis Christi extendetur ultra quantitatem hostiae, quae tarnen non est sine substantia corporis Christi. Ergo substantia corporis Christi erit in hoc sacramento, etiam praeter species panis, quod est inconveniens, cum substantia corporis Christi non sit in hoc sacramento, nisi per consecrationem panis, ut dictum est. Impossibile ergo videtur quod tota quantitas dimensiva 1 corporis Christi sit in hoc sacramento. 1 L Oll).
100
ANDERSEITS wird die räumliche Ausdehnung irgend- 76, 4 eines Körpers ihrem Sein nach nicht von dessen Substanz getrennt. In diesem Sakrament ist aber die ganze Substanz des Leibes Christi (Art. 1 u. 3). Also ist die ganze räumliche Ausdehnung des Leibes Christi in diesem Sakrament. ANTWORT: Auf zweierlei Weise ist von Christus etwas in diesem Sakrament (Art. 1). Einmal kraft des Sakramentes, dann aus tatsächlicher Mitfolge. Kraft des Sakramentes ist zwar die räumliche Ausdehnung des Leibes Christi nicht in diesem Sakrament. Kraft des Sakramentes ist vielmehr das in diesem Sakrament, worin die Verwandlung unmittelbar ihren Endpunkt hat. Die Verwandlung aber, die in diesem Sakrament vor sich geht, hat ihren Endpunkt unmittelbar in der Substanz des Leibes Christi und nicht in dessen Raummaßen. Das erhellt daraus, daß die räumliche Ausdehnung des Brotes nach der Konsekration zurückbleibt, während allein seine Substanz aufhört. — Weil aber die Substanz des Leibes Christi tatsächlich weder ihre räumliche Ausdehnung noch die anderen [außerwesentlichen] Eigenschaften verliert, deshalb sind, vermöge tatsächlicher Mitfolge, in diesem Sakrament die ganze räumliche Ausdehnung des Leibes Christi und all seine übrigen Eigenschaften. QUAESTIO
76, 4
SED CONTRA est quod quantitas dimensiva corporis alicujus non separatur secundum esse a substantia ejus. Sed in hoc sacramento est tota substantia corporis Christi, ut supra habitum est. Ergo tota quantitas dimensiva corporis Christi est in hoc sacramento. RESPONDEO dicendum quod, sicut supra dictum est, dupliciter aliquid Christi est in hoc sacramento: uno modo ex vi sacramenti; alio modo e x r e a l i 1 concomitantia. E x vi quidem sacramenti quantitas dimensiva corporis Christi non est in hoc sacramento; ex vi enim sacramenti est in hoc sacramento illud in quo directe conversio terminatur. Conversio autem quae fit in hoc sacramento, directe terminatur ad substantiam corporis Christi, non autem ad dimensiones ejus; quod patet e x hoc quod quantitas dimensiva panis remanet, facta consecratione, sola substantia panis transeunte. — Quia tamen substantia corporis Christi realiter non dividitur 2 a sua quantitate dimensiva et ab aliis accidentibus, inde est quod ex vi realis concomitantiae est in hoc sacramento tota quantitas dimensiva corporis Christi, et omnia accidentia ejus. 1 2
P et L: naturali. P et L: denudatur.
101
4
Z u 1. Die Seinsweise jedes beliebigen Dinges bestimmt sich gemäß dem, was ihm an sich, nicht aber gemäß dem, was ihm durch Hinzufügung gehört, wie ein Körper unter den Gesichtsinn fällt, insofern er weiß, nicht aber insofern er süß ist, obzwar derselbe Körper weiß und süß ist, weshalb auch die Süßigkeit unter den Gesichtsinn fällt nach der Weise der Weißfarbigkeit, nicht nach der Weise der Süßigkeit. Weil also vermöge dieses Sakramentes auf dem Altar die Substanz des Leibes Christi ist, seine räumliche Ausdehnung aber als Mitfolge und sozusagen beiläufig dort ist, deshalb ist letztere in diesem Sakrament nicht auf ihre eigene [Seins-]Weise, so daß sie ganz im Ganzen und die einzelnen Teile in den einzelnen Teilen wären, sondern in der Weise der Substanz, deren Natur als ganze im Ganzen und als ganze in jedem Teile ist. Z u 2. Zwei räumliche Ausdehnungen können natürlicherweise nicht zugleich im selben Träger sein, so daß jede von beiden dort auf die der räumlichen Ausdehnung eigene Weise bestünde. In diesem Sakramente aber ist die räumliche Ausdehnung des Brotes auf ihre eigene Weise, nämlich nach einem gewissen Verhältnis [der Teile], nicht aber die räumliche Ausdehnung des Leibes Christi; sie ist vielmehr dort in der Weise der Substanz (Zu 1). QUAESTIO
76, 4
AD PRIMUM ergo dicendum quod modus essendi 1 cujuslibet rei determinatur secundum id quod est ei per se, non autem secundum id quod est ei per accidens, sicut corpus est in visu, secundum quod est album, non autem secundum quod est dulce, licet idem corpus sit album et dulce; unde et dulcedo est in visu secundum modum albedinis, non secundum modum dulcedinis. Quia igitur ex vi hujus sacramenti est in altari substantia corporis Christi, quantitas autem dimensiva ejus est ibi concomitanter et quasi per accidens, ideo quantitas dimensiva corporis Christi est in hoc sacramento, non secundum proprium modum, ut scilicet sit tota 2 in toto, et singulae partes in singulis partibus, sed per modum substantiae, cujus natura est tota in toto, et tota in qualibet parte. AD SECUNDUM dicendum quod duae quantitates dimensivae non possunt naturaliter simul esse in eodem, ita quod utraque sit ibi secundum proprium modum quantitatis dimensivae. In hoc autem sacramento quantitas dimensiva panis est secundum proprium modum, scilicet secundum commensurationem quamdam; non autem quantitas dimensiva corporis Christi, sed est ibi per modum substantiae, ut dictum est. 1 P et L: existendi. L: to tum.
2
102
Z u 3. Die räumliche Ausdehnung des Leibes Christi 76,5 ist nicht in diesem Sakrament nach der Weise eines Verhältnisses [der eigenen Teile zu den Teilen des umschließenden Raumes], welche der Ausdehnung eigen ist, wobei die größere Ausdehnung sich über die geringere hinaus erstreckt. Sie ist dort vielmehr auf die schon erwähnte Weise (Zu 1 u. Zu 2). 5. A R T I K E L Ist der Leib Christi in dies&m Sakrament wie am Ort ? 1. Begrenzt auf etwas oder umgrenzt irgendwo sein [67], ist ein Teil des Am-Ort-seins. Der Leib Christi aber scheint begrenzt zu sein auf dieses Sakrament, weil er [dort], wo die Gestalten des Brotes und Weines sind, so ist, daß er an keinem anderen Ort des Altares ist. Er scheint auch umgrenzt dort zu sein, weil er so unter der Oberfläche der konsekrierten Hostie enthalten ist, daß er weder darüber hinausragt noch selber überragt wird. Also ist der Leib Christi in diesem Sakrament wie am Ort. 2. Der Ort der Gestalten des Brotes ist nicht leer, denn die Natur duldet nichts Leeres. Auch ist dort nicht die Substanz des Brotes (75, 2), sondern bloß der Leib Christi. Also füllt der Leib Christi jenen Ort aus. Alles aber, QUAESTIO
76, 5
AD TERTIUM dicendum quod quantitas dimensiva corporis Christi non est in hoc sacramento secundum modum commensurationis, qui est proprius quantitati, ad quem pertinet quod major quantitas extendatur ultra minorem; sed est ibi per modum jam dictum. Utrum
corpus
ARTICULUS V C h r i s t i sit in hoc s i c u t in l o c o
sacramento
[Supra, q. 75, art. 1 ad 3; 4 Sent., dist. 10, art. 1; art. 2, qa 3; art. 3, qa 1, 2; 4 Cont. Gent., cap. 63 . 64 . 67; Opusc. de 36 articulis ad Venetum, art. 33]
AD QUINTUM sie proceditur. Videtur quod corpus Christi sit in hoc sacramento sicut in loco. Esse enim in aliquo definitive vel circumscriptive est pars ejus quod est esse in loco. Sed corpus Christi videtur esse definitive in hoc sacramento, quia ita est ubi sunt species panis vel vini, quod non est in alio loco altaris; videtur etiam ibi esse circumscriptive, quia ita continetur superficie hostiae consecratae, quod nec excedit nec exceditur. Ergo corpus Christi est in hoc sacramento sicut in loco. 2. PRAETEREA, locus specierum panis non est vacuus; natura enim non patitur vacuum; nec est ibi substantia panis, ut supra habitum est; sed est ibi solum corpus Christi. Ergo corpus Christi replet locum ilium. Sed omne quod replet locum
103
76,5 was einen Ort ausfüllt, ist darin örtlich. Also ist der Leib Christi örtlich in diesem Sakrament. 3. In diesem Sakrament ist der Leib Christi mit seiner räumlichen Ausdehnung und mit all seinen Eigenschaften (Art. 4). Am-Ort-sein ist aber eine Eigenschaft des Körpers, weshalb auch das ,Wo' unter die neun Gattungen der Eigenschaften gezählt wird [Aristoteles]. Also ist der Leib Christi örtlich in diesem Sakrament. ANDERSEITS müssen nach Aristoteles der Ort und das Geortete gleich sein. Der Ort aber, wo dieses Sakrament ist, ist viel kleiner als der Leib Christi. Folglich ist der Leib Christi in diesem Sakrament nicht wie am Ort. ANTWORT: Der Leib Christi ist in diesem Sakramente nicht mit der der räumlichen Ausdehnung eigenen Weise, sondern mehr auf die Weise der Substanz (Art. 1 Zu 3 ; Art. 3). Jeder geortete Körper ist nun am Ort in der Weise der räumlichen Ausdehnung, sofern er nämlich dem Ort seiner räumlichen Ausdehnung gemäß angemessen ist. Daher ergibt sich, daß der Leib Christi in diesem Sakramente nicht wie am Ort ist, sondern nach Weise der Substanz, so nämlich, wie die Substanz von den Raummaßen gehalten wird. Die Substanz des Leibes Christi tritt nämlich in diesem Sakrament an die Stelle der Substanz des Brotes. Wie daher die Substanz des Brotes nicht örtlich unter ihren Raummaßen war, sondern auf die Weise QUAESTIO
76, 5
aliquem, est in eo localiter. Ergo corpus Christi est in hoc sacramento localiter. 3. PRAETEREA, sicut dictum est, in sacramento est corpus Christi cum sua quantitate dimensiva, et cum omnibus suis accidentibus. Sed esse in loco est accidens corporis; unde et l b 25 sq. ubi connumeratur inter novem genera accidentium [Categ., cap. 4 ] . Ergo corpus Christi est in hoc sacramento localiter. SED CONTRA est quod oportet locum et locatum esse aequa210 b 34 sq. lia, ut patet per Philosophum 4 Phys. [cap. 4 ] . Sed locus, ubi est hoc sacramentum, est multo minor quam corpus Christi. Ergo corpus Christi non est in hoc sacramento sicut in loco. RESPONDEO dicendum quod, sicut jam dictum est, corpus Christi non est in hoc sacramento secundum proprium modum quantitatis dimensivae, sed magis secundum modum substantiae. Omne autem corpus locatum est in loco secundum modum quantitatis dimensivae, inquantum scilicet commensuratur loco secundum suam quantitatem dimensivam. Unde relinquitur quod corpus Christi non est in hoc sacramento sicut in loco, sed per modum substantiae, eo scilicet modo quo substantia continetur a dimensionibus: succedit enim substantia corporis Christi in hoc sacramento substantiae panis: unde sicut substantia panis non erat sub suis dimensionibus localiter, sed per
104
der Substanz, so auch nicht die Substanz des Leibes 76,5 Christi. Nicht aber ist die Substanz des Leibes Christi der Träger jener Raummaße, wie es die Substanz des Brotes war. Und darum war die Substanz des Brotes auf Grund ihrer Raummaße örtlich dort: denn in Beziehung zu jenem Ort trat sie durch die Vermittlung der eigenen Raummaße. Die Substanz des Leibes Christi aber bekommt zu jenem Qrt Beziehung durch die Vermittlung fremder Raummaße, so zwar, daß umgekehrt die eigenen Raummaße des Leibes Christi zu ebendiesem Ort Beziehung gewinnen durch die Vermittlung der Substanz. Das aber ist gegen den Begriff des georteten Körpers. Also ist der Leib Christi auf keinen Fall örtlich in diesem Sakrament. Z u 1. Der Leib Christi ist nicht begrenzt auf dieses Sakrament, denn sonst wäre er nirgend anderswo als auf dem Altar, wo dieses Sakrament vollzogen wird, obwohl er doch sowohl im Himmel in seiner eigenen Gestalt als auch auf vielen anderen Altären in sakramentaler Gestalt ist. Auf ähnliche Weise ist auch klar, daß er nicht umgrenzt in diesem Sakramente ist. Denn er ist nicht dort auf Grund der Entsprechung des [Raum-]Maßes mit der eigenen Ausdehnung (Antw.). Daß er aber nicht außerhalb der Oberfläche des Sakramentes, noch an einer anderen Stelle des Altares ist, hat nichts damit zu tun, ob er dort begrenzt oder umgrenzter Weise sei, sondern hängt damit zusammen, daß er dort zu sein angefangen hat QUAESTIO
76, 5
modum substantiae, ita nec substantia corporis Christi. Non tarnen substantia corporis Christi est subjectum illarum dimensionum, sicut erat substantia panis, et ideo substantia panis ratione suarum dimensionum localiter erat ibi, quia comparabatur ad locum illum mediantibus propriis dimensionibus; substantia autem corporis Christi comparatur ad locum illum mediantibus dimensionibus alienis, ita quod e converso dimensiones propriae corporis Christi comparantur ad locum illum mediante substantia, quod est contra rationem corporis locati. Unde nullo modo corpus Christi est in hoc sacramento localiter. AD PRIMUM ergo dicendum quod corpus Christi non est in hoc sacramento definitive, quia sie non esset alibi quam in hoc altari ubi conficitur hoc sacramentum, cum tarnen sit et in caelo in propria specie, et in multis aliis altaribus sub specie sacramenti. Similiter etiam patet quod non est in hoc sacramento circumscriptive, quia non est ibi secundum commensurationem propriae quantitatis. ut dictum est. Quod autem non est extra superficiem sacramenti, nec est in alia parte altaris, non pertinet ad hoc quod sit ibi definitive vel circumscriptive,
105
76, 6 durch die Konsekration und durch die Verwandlung des Brotes und Weines (Art. 1; 75, 2 ff.). Z u 2. Jener Ort, an dem sich der Leib Christi befindet, ist nicht leer. Dennoch ist er nicht eigentlich erfüllt von der Substanz des Leibes Christi, die nicht örtlich dort ist (Antw.). Er ist vielmehr erfüllt von den sakramentalen Gestalten, die den Ort zu erfüllen vermögen, sei es durch die Natur der Ausdehnung, sei es wenigstens durch ein Wunder, wie sie auch durch ein Wunder auf die Weise der Substanz für sich bestehen. Z u 3. Die Eigenschaften des Leibes Christi sind in diesem Sakrament gemäß tatsächlicher Mitfolge (Art. 4). Und deshalb sind in diesem Sakrament jene Eigenschaften des Leibes Christi, die ihm innerlich zugehören. Das AmOrt-sein aber ist Eigenschaft durch die Beziehung auf ein äußeres Umgebendes. Darum braucht Christus nicht in diesem Sakrament zu sein wie an einem Ort. 6. A R T I K E L Ist der Leib Christi auf bewegliche Weise in diesem Sakrament? 1. „Wenn wir uns bewegen, bewegt sich alles, was in uns ist" (Aristoteles). Das ist auch von der geistigen QUAESTIO
76, 6
sed ad hoc quod incoepit ibi esse per consecrationem et conversionem panis et vini, ut supra dictum est. AD SECUNDUM dicendum quod locus ille in quo est corpus Christi, non est vacuus; neque tarnen proprie est repletus substantia corporis Christi, quae non est ibi localiter, sicut dictum est; sed est repletus speciebus sacramentorum, quae habent replere locum vel propter naturam dimensionum, vel saltern miraculose, sicut et miraculose subsistunt per modum substantiae. AD TERTIUM dicendum quod accidentia corporis Christi sunt in hoc sacramento, sicut supra dictum est, secundum realem concomitantiam. Et ideo ilia accidentia corporis Christi sunt in hoc sacramento, quae sunt ei intrinseca. Esse autem in loco est accidens per comparationem ad extrinsecum continens. Et ideo non oportet quod Christus sit in hoc sacramento sicut in loco. Utrum
corpus
A R T I C U L U S VI C h r i s t i sit m o b i l i t e r sacramento
in
hoc
[4 Sent., dist. 10, art. 3, qa 4; Opuscul. de 36 articulis ad Venetum, art. 34]
AD SEXTUM sie proceditur. Videtur quod corpus Christi sit mobiliter in hoc sacramento. Dicit enim Philosophus 2 Top 213 a 29 sq. [cap. 7], quod „motis 1 nobis, moventur ea quae in nobis sunt"; 1
L: moventibus.
106-
Substanz der Seele wahr. Nun ist aber Christus in diesem 76, 6 Sakrament (74, 1). Also bewegt Er sich auch nach dessen Bewegung. 2. Die Wahrheit muß dem Schattenbild entsprechen. Von dem Osterlamm aber, das ein Schattenbild dieses Sakramentes war, „blieb", nach der Vorschrift von Ex 12, 10, „nichts bis zum nächsten Morgen zurück". Also ist auch nicht, wenn dieses Sakrament bis zum folgenden Tag aufbewahrt wird, der Leib Christi dort. Und somit ist er nicht auf unbewegliche Weise in diesem Sakrament. 3. Wenn der Leib Christi unter diesem Sakrament auch bis zum nächsten Tage bleibt, dann bleibt er aus dem gleichen Grunde auch die ganze folgende Zeit. Denn man kann nicht sagen, daß er dort zu sein aufhöre, wenn die Gestalten verschwinden, weil das Sein des Leibes Christi nicht von jenen Gestalten abhängt. Christus bleibt aber nicht die ganze Folgezeit unter diesem Sakrament. Es scheint also, daß er gleich des andern Tages oder doch nach kurzer Zeit unter diesem Sakrament zu sein aufhöre. Demnach scheint es, daß Christus auf bewegliche Weise in diesem Sakrament ist. ANDERSEITS kann ein und dasselbe Ding unmöglich in Bewegung und in Ruhe sein, denn so würden sich Widersprüche an ein und demselben bewahrheiten. Der Leib Christi aber verweilt in Ruhe im Himmel. Also ist er nicht auf bewegliche Weise in diesem Sakrament. Q D A E S T I O 76, 6 quod quidem est verum etiam de spirituali substantia animae. Sed Christus est in hoc sacramento, ut supra habitum est. Ergo movetur ad motum ipsius. 2. PRAETEREA, veritas debet respondere flgurae. Sed de agno paschali, qui erat figura hujus sacramenti, „non remanebat quidquam usque mane", sicut praecipitur Exodi 12. Ergo neque etiam, si hoc sacramentum reservetur in crastinum, erit ibi corpus Christi, et ita non est immobiliter in hoc sacramento. 3. PRAETEREA, si corpus Christi remaneat sub hoc sacramento etiam in crastino, pari ratione remanebit et per totum sequens tempus; non enim potest dici quod desinat ibi esse, cessantibus speciebus, quia esse corporis Christi non dependet a speciebus illis; non autem remanet sub hoc sacramento Christus per totum tempus futurum. Videtur ergo quod statim in crastino vel post modicum tempus desinat esse sub hoc sacramento, et ita videtur quod Christus mobiliter sit in hoc sacramento. SED CONTRA, impossibile est idem esse motum et quietum, quia sie contradictoria veriflearentur de eodem. Sed corpus Christi in caelo quietum residet. Non ergo est mobiliter in hoc sacramento.
8'
107
6
ANTWORT: Wenn etwas dem Träger nach Eines und dem Sein nach vielfältig ist, so hindert nichts, daß es in einer Hinsicht sich bewege und in einer anderen in Ruhe verharre. Wie es beim Körper etwas anderes ist, weiß zu sein und etwas anderes, groß zu sein; weshalb er sich bewegen kann in bezug auf die Weißfarbenheit und unbeweglich bleiben kann in bezug auf die Größe. Für Christus aber ist es nicht dasselbe, sein an sich und sein unter dem Sakrament. Dadurch nämlich, daß wir sagen, Er sei unter diesem Sakrament, wird eine gewisse Beziehung [68] zwischen Ihm und diesem Sakrament bezeichnet. Bezüglich dieses Seins also bewegt sich Christus örtlich nicht an sich, sondern nur indirekt. Christus ist nämlich nicht in diesem. Sakrament wie an einem Ort (Art. 5); was aber nicht am Ort ist, bewegt sich nicht am Ort an sich, sondern nur auf die Bewegung dessen hin, in dem es ist. Ebensowenig wird Christus an sich in Seinem sakramentalen Dasein durch irgendeine andere Veränderung in Bewegung gebracht, z. B. dadurch, daß Er aufhörte, unter diesem Sakramente zu sein. Denn jenes, was aus sich nieversagendes Sein hat, kann nicht der Ursprung des versagenden Seins sein. Vielmehr, wenn das andere versagt, hört dieses auf, in ihm zu sein; wie Gott, dessen Sein nieversagend und unsterblich ist, dadurch in einem vergänglichen Geschöpf zu sein aufhört, daß das vergängliche QUAESTIO
76, a
RESPONDEO dicendum quod, cum aliquid est unum subjecto, et multiplex secundum esse, nihil prohibet secundum aliquid moveri, et secundum aliquid 1 immobile permanere, sicut corpori est aliud esse album, et aliud esse magnum; unde potest moveri secundum albedinem et permanere immobile secundum magnitudinem. Christo autem non est idem esse secundum se, et esse sub hoc sacramento, quia per hoc quod dicimus ipsum esse sub hoc sacramento, signiflcatur quaedam habitudo ejus ad hoc sacramentum. Secundum igitur hoc esse non movetur Christus per se secundum locum, sed solum per accidens, quia Christus non est in hoc sacramento sicut in loco, sicut praedictum est. Quod autem non est in loco, non movetur per se in loco, sed solum ad motum ejus in quo est. Similiter autem neque per se movetur secundum esse quod habet in hoc sacramento, quacumque alia mutatione, puta quantum ad hoc quod desinat esse sub hoc sacramento, quia illud quod de se habet esse indeficiens, non potest esse deflciendi principium; sed alio deflciente, hoc desinit esse in eo; sicut Deus, cujus esse est indeficiens et immortale, desinit esse in aliqua creatura corruptibili per hoc quod creatura corruptibilis 1 P et L: aliud.
108
Geschöpf aufhört zu sein. Auf diese Weise hört Christus, 76,6 der nieversagendes und unvergängliches Sein hat, nicht auf, unter diesem Sakramente zu sein, weder dadurch, daß dieses aufhört zu sein, noch auch durch eine örtliche Bewegung Seiner selbst, wie aus dem Gesagten klar ist, sondern nur durch das Aufhören der sakramentalen Gestalten. Daraus erhellt, daß Christus, streng genommen, auf unbewegliche Weise in diesem Sakramente ist. Z u 1. Jener Einwand geht von der beiläufigen Bewegung aus, durch die bei der Bewegung unserer selbst alles in uns mitbewegt wird. Anders ist das aber der Fall bei den Dingen, die an sich am Ort sein können wie die Körper, und anders bei denen, die das an sich nicht können wie die Formen und die geistigen Substanzen. Zu der letzteren Art kann auch die Lehre gerechnet werden, daß Christus sich mittelbar bewege, durch das Sein, das Er in diesem Sakramente hat, in welchem Er nicht wie an einem Qrt ist. Z u 2. Von diesem Bedenken scheinen einige zu der Annahme bewogen worden zu sein, der Leib Christi bleibe nicht in diesem Sakramente, wenn es auf den nächsten Tag aufbewahrt werde. Gegen sie sagt Cyrill [69]: „Manche sind so töricht zu behaupten, die geheimnisvolle Segnung höre auf, [die Gestalten] zu heiligen, wenn irgend etwas Q U A E S T I O
76,
6
desinit esse. Et hoc modo cum Christus habeat de s e 1 esse indeflciens et incorruptibile, non desinit esse sub hoc sacramento neque per hoc quod ipsum desinat esse, neque etiam per motum localem sui, ut ex dictis patet, sed solum per hoc quod species hujus sacramenti desinunt esse. Unde patet quod Christus, per se loquendo, immobiliter est in hoc sacramento. AD PRIMUM ergo dicendum quod ratio illa procedit de motu per accidens, quo ad motum nostri moventur ea quae in nobis sunt; aliter tarnen ea quae per se possunt esse in loco, sicut corpora; et aliter ea quae per se non possunt esse in loco, sicut formae et spirituales substantiae. Ad quem modum potest reduci quod dicimus Christum moveri per accidens, secundum esse quod habet in hoc sacramento, in quo non est sicut in loco. AD SECUNDUM dicendum quod hac ratione moti videntur fuisse quidam ponentes quod corpus Christi non remaneat sub hoc sacramento, si in crastinum reservetur. Contra quos Cyrillus dicit [Adversus Anthropomorphitas, Epistola ad Calosy- MPG rium] : „Insaniunt quidam dicentes mysticam benedictionem 76/1076 cessare a sanctificatione, si quae ejus reliquiae remanserint 1
P et L om.: de se.
109
7 von ihnen bis zum folgenden Tag übrigbliebe. Der hochheilige Leib Christi ändert sich nämlich nicht sondern die Segenskraft und belebende Gnade ist fortwährend in ihm." So bestehen auch die anderen Konsekrationen alle unbeweglich fort, solange die konsekrierten Dinge bleiben. Deshalb werden sie nicht wiederholt. — Zwar entspricht die Wahrheit dem Schattenbild, aber das Schattenbild kann ihr in keiner Weise gleichkommen. Z u 3. Der Leib Christi bleibt in diesem Sakrament nicht nur bis zum folgenden Tag, sondern auch die künftige Zeit, solange die sakramentalen Gestalten bleiben. Hören diese auf, dann hört auch der Leib Christi auf, unter ihnen zu sein, nicht als ob er von ihnen abhinge, sondern weil seine Beziehung zu jenen Gestalten aufgehoben wird. Auf diese Weise hört Gott auf, der Herr eines aufhörenden Geschöpfes zu sein. 7.
ARTIKEL
Kann der Leib Christi, so wie er in diesem ist, von irgendeinem Auge, dem verklärten gesehen werden?
Sakramente wenigstens,
1. Unser Auge ist an der Anschauung des im Sakrament gegenwärtigen Leibes Christi gehindert wegen der sakramentalen Gestalten, die ihn verhüllen. Das verklärte QUAESTIO
76, 7
in dieni subsequentem: non enim mutatur s a c r a t u m 1 corpus Christi, sed virtus benedictionis, et vivificativa gratia jugis in eo est." Sicut etiam omnes aliae consecrationes immobiliter manent, permanentibus rebus consecratis, propter quod non iterantur. — Veritas autem licet figurae respondeat, tarnen figura non potest eam adaequare. AD TERTIUM dicendum quod corpus Christi remanet in hoc sacramento non solum in crastino, sed etiam in futuro, quousque species sacramentales manent; quibus cessantibus, desinit esse corpus Christi sub eis, non quia ab eis dependeat, sed quia tollitur habitudo corporis Christi ad illas species, per quem modum Deus desinit esse Dominus creaturae desinentis. Utrum mento,
corpus possit
A R T I C U L U S VII C h r i s t i p r o u t e s t in h o c s a c r a v i d e r i ab a l i q u o oculo, saltem glorificato
[Infra, q. 76, art. 8;
4 Sont., dist. 10, art. 4J
AD SEPTIMUM sie proceditur. Videtur quod corpus Christi, prout est in hoc sacramento, possit videri ab aliquo oculo saltem glorificato. Oculus enim noster impeditur a visione cor1
110
L: mutabitur
sacrosanetum.
Auge aber kann durch nichts gehindert werden, alle 76,7 Körper zu schauen, wie sie sind. Also kann es den Leib Christi schauen, so wie er in diesem Sakramente ist. 2. Die verklärten Leiber der Heiligen werden „dem verklärten Leibe Christi gleichgestaltet" sein (Phil 3, 21). Christus aber sieht mit Seinem Auge sich selbst, wie Er in diesem Sakramente ist. Aus dem gleichen Grunde kann Ihn also jedes andere verklärte Auge sehen. 3. Die Heiligen werden bei der Auferstehung „den Engeln gleich" (Lk 20, 36) sein. Die Engel sehen aber Christi Leib, wie er in diesem Sakramente ist, da sich sogar Teufel finden, welche diesem Sakramente Achtung erweisen und es fürchten. Aus dem gleichen Grunde also kann das verklärte Auge sehen, wie er in diesem Sakramente ist. ANDERSEITS kann das, was dasselbe bleibt, von einem und demselben nicht zugleich in verschiedenen Gestalten gesehen werden. Das verklärte Auge sieht aber Christus immer, so wie Er in Seiner Gestalt ist: „Sie werden den König in seiner Herrlichkeit schauen" (Is 33, 17). Also scheint es Christus, so wie Er unter der Gestalt dieses Sakramentes ist, nicht zu sehen. ANTWORT: Es gibt zweierlei Auge: das eigentlich so QUAESTIO
76, 7
poris Christi in hoc sacramento existentis, propter species sacramentales ipsum circumvelantes. Sed oculus glorificatus non potest ab aliquo impediri quin corpora quaelibet videat, prout sunt. Ergo oculus glorificatus potest videre corpus Christi, prout est in hoc sacramento. 2. PRAETEREA, corpora gloriosa sanctorum erunt „configurata corpori claritatis Christi", ut dicitur Philipp. 3. Sed oculus Christi videt seipsum, prout est in hoc sacramento. Ergo pari ratione quilibet alius oculus glorificatus potest ipsum videre. 3. PRAETEREA, sancti in resurrectione erunt „aequales angelis", ut dicitur Lucae 20. Sed angeli vident corpus Christi, prout est in hoc sacramento, quia etiam daemones inveniuntur huic sacramento reverentiam exhibere, et ipsum timere. Ergo pari ratione oculus glorificatus potest C h r i s t u m 1 videre, prout est in hoc sacramento. SED CONTRA, nihil idem existens potest simul ab eodem videri in diversis speciebus. Sed oculus glorificatus Semper videt Christum, prout est in sua specie, secundum illud Is. 33: „Regem in decore suo videbunt." Ergo videtur quod non videat Christum, prout est sub specie h u j u s sacramenti. RESPONDEO dicendum quod duplex est oculus: scilicet cor1 P et L: ipsum.
111
76,7 genannte, leibliche, und das vergleichsweise so genannte, geistige. Von keinem leiblichen Auge aber kann der Leib Christi gesehen werden, so wie er in diesem Sakramente ist. Einmal, weil ein sichtbarer Körper durch seine Eigenschaften das Mittel verändert. 1 Die Eigenschaften des Leibes Christi aber sind in diesem Sakrament durch Vermittlung der Substanz, so nämlich, daß sie unmittelbar weder zu diesem Sakrament noch auch zu den umgebenden Körpern eine Beziehung haben. Darum können sie das Mittel nicht verändern, um so von irgendeinem leiblichen Auge gesehen werden zu können. Zweitens, weil der Leib Christi in diesem Sakramente ist nach Art der Substanz (Art. 1 Zu 3; Art. 3). Die Substanz als solche ist aber für das leibliche Auge nicht sichtbar; noch unterliegt sie irgendwelcher Sinneserkenntnis, noch der Einbildung, sondern einzig dem Verstand, der das ,Was-etwas-ist' zum Gegenstand hat (Aristoteles). Also ist streng genommen der Leib Christi in seiner sakramentalen Daseinsweise weder mit dem Sinn noch mit der Einbildungskraft, sondern nur mit dem Verstände, der das geistige Auge heißt, zu erfassen. Verschieden wird er aber erfaßt je nach der Verschiedenheit des Verstandes. Weil nämlich die Seinsweise, in der Christus in diesem Sakramente ist, völlig übernatürlich ist, darum ist sie für den übernatürlichen VerQUAESTIO
76, 7
poralis proprie dictus, et intellectualis, qui per similitudinem dicitur. A nullo autem oculo corporali corpus Christi potest videri, prout est in hoc sacramento, primo quidem quia corpus visibile per sua accidentia immutat medium. Accidentia autem corporis Christi sunt in hoc sacramento mediante substantia; ita scilicet quod accidentia corporis Christi non habent immediatam habitudinem neque ad hoc sacramentum, neque ad Corpora quae ipsum circumstant; et ideo non possunt immutare medium, ut sie ab aliquo corporali oculo videri possint. Secundo quia, sicut supra dictum est, corpus Christi est in hoc sacramento per modum substantiae. Substantia autem, inquantum hujusmodi, non est visibilis oculo corporali, neque subjacet alicui sensui, nec etiam imaginationi, sed soli intel430 b 26 lectui, cujus objectum est ,quod quid est', ut dicitur 3 de An. [cap. 4 ] . Et ideo, proprie loquendo, corpus Christi secundum modum essendi quem habet in hoc sacramento, neque sensu neque imaginatione perceptibile est, sed solo intellectu, qui dicitur oculus spiritualis. Percipitur autem diversimode a diversis intellectibus. Quia enim modus essendi quo Christus est in hoc sacramento, est penitus supernaturalis, a supernaturali intellectu, scilicet divino, 1 Vgl. I 12, 5 Zu 1:
112
Bd. 1.
stand, den göttlichen nämlich, an sich sichtbar, und in- 76,7 folge davon auch für den Verstand des Seligen — sei es Engel oder Mensch —, welcher, der mitgeteilten Klarheit des göttlichen Verstandes entsprechend, das, was übernatürlich ist, durch die Anschauung der göttlichen Wesenheit sieht. Sie kann aber vom Verstand des Menschen der Pilgerschaft nur im Glauben gesehen werden, so wie auch das übrige Übernatürliche. Aber nicht einmal der Verstand der Engel genügt aus seiner Naturkraft, um das zu schauen. Daher können die Teufel Christus in diesem Sakramente nicht mit ihrem Verstände sehen außer durch den Glauben. Dem aber stimmen sie nicht willentlich bei, sondern durch die Unwiderlegbarkeit der Zeichen dazu gezwungen nach Jak 2, 19: „Die Teufel glauben und erzittern" [70]. Z u 1. Unser leibliches Auge wird an der Anschauung des darunter gegenwärtigen Leibes Christi durch die sakramentalen Gestalten gehindert nicht nur wie von einer Art Hülle — so wie wir, was mit einer körperlichen Hülle verdeckt ist, nicht sehen können —, sondern weil der Leib Christi zum Mittel, welches dieses Sakrament umgibt, nicht in Beziehung steht durch die Vermittlung der eigenen Eigenschaften, sondern durch die Vermittlung der sakramentalen Gestalten. Z u 2. Christus sieht sich mit dem leiblichen Auge selbst unter diesem Sakramente gegenwärtig; doch kann 5 U A K S T I
0
76,
7
secundum se visibilis est, et per consequens ab intellectu beato vel angeli vel hominis, qui secundum participatam claritatem divini intellectus videt ea quae supernaturalia sunt per visionem divinae essentiae. Ab intellectu autem hominis viatoris non potest conspici nisi per fldem, sicut et cetera supernaturalia. Sed nec etiam intellectus angelicus secundum sua naturalia sufficit ad hoc intuendum; unde daemones non possunt videre per intellectum Christum in hoc sacramento, nisi per fldem, cui non voluntarie 1 assentiunt, sed ad eam evidentia signorum convincuntur, prout dicitur Jacobi 2, quod „daemones credunt et contremiscunt". AD PRIMUM ergo dicendum quod oculus noster corporeus per species sacramentales impeditur a visione corporis Christi sub eis existentis, non solum per modum tegumenti, sicut impedimur videre id quod est velatum quocumque corporali velamine, sed quia corpus Christi non habet habitudinem ad medium quod circumstat hoc sacramentum, mediantibus propriis accidentibus, sed mediantibus speciebus sacramentalibus. AD SECUNDUM dicendum quod oculus corporalis Christi videt seipsum sub sacramento existentem; non tarnen potest 1
L: voluntate.
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8 Er damit nicht die sakramentale Daseinsweise selber sehen, was unter den Bereich des Verstandes fällt. Freilich ist es nicht das Gleiche bei irgendeinem anderen verklärten Auge; denn auch das Auge Christi ist selbst mit unter diesem Sakrament und darin kommt ihm kein anderes verklärtes Auge gleich. Z u 3. Der gute, bzw. böse Engel kann nicht etwas mit dem leiblichen, sondern nur mit dem geistigen Auge sehen. Darum obwaltet kein gleiches Verhältnis (Antw.). 8. A R T I K E L Ist, wenn in diesem Sakramente wunderbarerweise Fleisch oder ein Knabe sichtbar wird, in Wahrheit der Leib Christi dort? [71] 1. Der Leib Christi hört auf, unter diesem Sakramente zu sein, wenn die sakramentalen Gestalten aufhören zu sein (Art. 6). Wenn aber Fleisch oder ein Knabe erscheint, hören die sakramentalen Gestalten auf. Also ist dort nicht in Wahrheit der Leib Christi. 2. Wo immer der Leib Christi ist, dort ist er entweder in seiner eigenen oder in sakramentaler Gestalt. Wenn QUAESTIO
76, 8
videre ipsum moduin essendi quo est sub sacramento, quod pertinet ad solum 1 intellectum. Non tarnen est simile de alio oculo glorioso, quia etiam ipse oculus Christi est sub hoc sacramento, in quo non conformatur ei alius oculus gloriosus. AD TERTIUM dicendum quod angelus bonus vel malus non potest aliquid videre oculo corporeo, sed solum oculo intellectuali. Unde non est similis ratio, ut ex dictis patet. A R T I C U L U S VIII Utruni, q u a n d o in hoc s a c r a m e n t o m i r a c u l o s e a p p a r e t vel caro vel puer, sit ibi vere c o r p u s Christi [4 Sent., dist. 10, art. 4, qa 2]
AD OCTAVUM sic proceditur. Videtur quod quando in hoc sacramento miraculose apparet caro vel puer, non sit ibi vere corpus Christi. Corpus enim Christi desinit esse sub hoc sacramento, quando desinunt esse species sacramentales, ut dictum est. Sed quando apparet caro vel puer, desinunt esse species sacramentales. Ergo non est ibi vere corpus Christi. 2. PRAETEREA, ubicumque est corpus Christi, vel est ibi sub specie propria, vel sub specie sacramenti. Sed quando 1 P et L om.
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aber solche Erscheinungen geschehen, so ist offenbar dort 76, 8 Christus nicht in Seiner eigenen Gestalt; denn in diesem Sakrament ist der ganze Christus enthalten, der unverändert in der Form verharrt, in der Er in den Himmel aufstieg. Was aber auf wunderbare Weise in diesem Sakramente sichtbar wird, sieht manchmal aus wie ein wenig Fleisch, manchmal aber wie ein kleines Kind. Klar ist auch, daß Er dort nicht ist, in sakramentaler Gestalt, die Brot, bzw. Wein ist. Folglich scheint es, der Leib Christi sei gar nicht dort. 3. Der Leib Christi fängt an, in diesem Sakramente zu sein infolge der Konsekration und Verwandlung (Art. 1; 75, 2 ff.). Fleisch und Blut aber, die wunderbarerweise erscheinen, sind nicht konsekriert, noch auch in den wahren Leib und das Blut Christi verwandelt. Also ist unter diesen Gestalten weder der Leib noch das Blut Christi. ANDERSEITS wird der Erscheinung, wenn sie eingetreten ist, die gleiche Ehrfurcht erwiesen wie vorher [der Hostie]. Das geschähe nicht, wenn nicht wahrhaftig Christus dort wäre, dem wir göttliche Verehrung erweisen. Also ist Christus, auch wenn eine solche Erscheinung erfolgt, unter diesem Sakrament. ANTWORT: Wenn in diesem Sakrament wunderbarerweise Fleisch oder Blut oder auch ein Knabe gesehen wird, so kann sich eine solche Erscheinung in doppelter Weise ereignen. Manchmal geht das nämlich vor sich auf QUAESTIO
76, 8
tales apparitiones fiunt, manifestum est quod non est ibi Christus sub specie propria, quia in hoc sacramento totus Christus continetur, qui permanet integer in forma qua ascendit in caelum, cum tamen id quod miraculose apparet in hoc sacramento, quandoque videatur ut quaedam parva caro, quandoque autem ut parvus puer. Manifestum est etiam quod non est ibi sub specie sacramenti, quae est species panis vel vini. Ergo videtur quod corpus Christi nullo modo sit ibi. 3. PRAETEREA, corpus Christi incipit esse in hoc sacramento per consecrationem et conversionem, ut supra dictum est. Sed caro et sanguis miraculose apparens non sunt consecrata, nec conversa in verum corpus et sanguinem Christi. Non ergo sub his speciebus est corpus vel sanguis Christi. SED CONTRA est quod, tali apparitione facta, eadem reverentia exhibetur ei quod apparet quae etiam primo exhibebatur; quod quidem non fieret, si vere non esset ibi Christus, cui reverentiam latriae exhibemus. Ergo etiam tali apparitione facta, Christus est sub hoc sacramento. RESPONDEO dicendum quod dupliciter contingit talis apparitio, qua quandoque in hoc sacramento miraculose videtur caro, aut sanguis, aut etiam aliquis puer. Quandoque enim hoc
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76, 8 Seite der Sehenden, deren Augen einer solchen Veränderung unterworfen werden, als ob sie deutlich draußen Fleisch oder Blut oder einen Knaben sähen, ohne daß sich aber am Sakrament eine Veränderung vollzöge. Und das scheint zuzutreffen, wenn Er dem einen erscheint in der Gestalt von Fleisch oder als Knabe, den anderen aber so wie vorher unter der Gestalt von Brot; oder wenn Er demselben zur Stunde in der Gestalt von Fleisch oder in der eines Knaben und hernach unter der von Brot sichtbar wird. Und doch handelt es sich dabei nicht um irgendwelche Täuschung, wie es der Fall ist bei den Gaukeleien der Zauberer. Denn eine solche Gestalt wird von Gott im Auge gebildet, um eine Wahrheit bildhaft darzustellen, nämlich um kundzutun, daß der Leib Christi in Wahrheit unter diesem Sakramente ist, wie Christus auch den Emausjüngern erschien ohne eine Täuschung [Lk 24, 13ff.]. Augustinus sagt nämlich: „Wenn unsere Erdichtung auf etwas hindeuten soll, so ist sie keine Lüge, sondern ein Schattenbild der Wahrheit." Und weil auf diese Weise am Sakramente selber keine Veränderung geschieht, ist es klar, daß Christus bei einer solchen Erscheinung nicht aufhört, unter diesem Sakramente zu sein. Manchmal aber tritt eine derartige Erscheinung so ein, daß nicht allein die Schauenden eine Veränderung erQUAESTIO
76, 8
contingit ex parte videntium, quorum oculi immutantur tali immutatione, ac si expresse viderent exterius carnem, vel sanguinem, vel puerum, 1 nulla tarnen immutatione facta ex parte sacramenti. Et hoc quidem videtur contingere quando uni videtur sub specie carnis vel pueri, aliis tarnen videtur, sicut et prius, sub specie panis; vel quando eidem ad horam videtur sub specie carnis vel pueri, et postmodum sub specie panis. Nec hoc tarnen pertinet ad aliquam deceptionem, sicut accidit in magorum praestigiis, quia talis species divinitus formatur in oculo ad aliquam veritatem figurandam, ad hoc scilicet quod manifestetur vere corpus Christi esse sub hoc sacramento, sicut etiam Christus absque deceptione apparuit discipulis euntibus in Emmaus. Dicit enim Augustinus in libro de Quaestionibus EvanMPL gelii [lib. 2, q. ult.], quod „cum Actio nostra refertur ad ali35/1362 quam significationem, non est mendacium, sed aliqua flgura veritatis". Et quia per hunc modum nulla immutatio fit ex parte sacramenti, manifestum est quod non desinit Christus esse sub hoc sacramento, tali apparitione facta. Quandoque vero contingit talis apparitio non per solam immutationem videntium, sed specie quae videtur realiter ex1 Cf. Paschasius Radberlus, De Corp. et Sang. Dom., cap. 6; 120/1320.
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MPL
fahren, sondern so, daß die Gestalt, die gesehen wird, tat- 76, 8 sächlich draußen besteht. Das scheint der Fall zu sein, wenn Er unter einer solchen Gestalt von allen gesehen wird und nicht nur zur Stunde, sondern lange Zeit hindurch. In diesem Falle sagen manche, sei es die eigene Gestalt des Leibes Christi. Dem steht nicht entgegen, daß zuweilen dort nicht der ganze Christus gesehen wird, sondern nur ein Teil des Fleisches, oder daß Er nicht in Jünglings-, sondern in Knabengestalt gesehen wird. Denn es liegt in der Macht des verklärten Leibes, sich von einem nichtverklärten Auge, entweder ganz oder teilweise, in eigener oder fremder Gestalt, sehen zu lassen (Ergz. 85, 2 Zu 2; Art. 3: Bd. 35. — Vgl. III 54, 1 Zu 2 u. Zu 3; Art. 3: Bd. 28). Das aber scheint nicht entsprechend zu sein. Einmal, weil der Leib Christi in seiner eigenen Gestalt nur an einem einzigen Orte, auf den er begrenzt ist, gesehen werden kann. Da er also in seiner eigenen Gestalt im Himmel gesehen und angebetet wird, ist er in seiner eigenen Gestalt in diesem Sakramente nicht sichtbar. — Zweitens, weil der verklärte Leib, der erscheint, wie er will, nach der Erscheinung verschwindet, wenn er will: wie es heißt, daß der Herr vor den Augen der Jünger entschwand (Lk 24, 31). Das aber, was unter der Gestalt von Fleisch in diesem Sakrament erscheint, bleibt lange Zeit hindurch; ja manchmal wird sogar berichtet, daß es einQUAESTIO
76, 8
terius existente, et hoc quidem 1 videtur esse quando sub tali specie ab omnibus videtur, et non ad horam, sed per longum tempus ita permanet; et in hoc casu quidam dicunt quod est propria species corporis Christi. Nec obstat quod quandoque non videtur ibi totus Christus, sed aliqua pars carnis,2 vel etiam videtur non in specie juvenili, sed in effigie puerili, 3 quia in potestate corporis gloriosi est quod videatur ab oculo non glorificato vel secundum totum vel secundum partem, et in effigie vel propria vel aliena, ut infra dicetur. Sed hoc videtur esse inconveniens, primo quidem quia corpus Christi non potest in propria specie videri nisi in uno loco, in quo definitive continetur. Unde cum videatur in propria specie, et adoretur in caelis, sub propria specie non videtur in hoc sacramento. — Secundo quia corpus gloriosum, quod apparet ut vult, post apparitionem, cum voluerit, disparet, sicut dicitur Lucae ult. quod Dominus ex oculis discipulorum evanuit. Hoc autem quod sub specie carnis in hoc sacramento apparet, diu permanet: quinimo legitur quandoque esse inclusum, et 1 2 3
P: idem. CI. Vita S. Greg. M., auet. Joan. Diac., lib. 2, n. 41; Cf. Paschas. Radbert., loc. cit.
MPL 75/103,
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8 geschlossen und auf den Rat vieler Bischöfe in der Pyxis [72 ] aufbewahrt wird. Es wäre aber frevelhaft, das von Christus in Seiner eigenen Gestalt anzunehmen. Darum ist zu sagen: Zwar bleiben die ursprünglichen Raummaße, aber in den anderen Eigenschaften, wie in der Figur [73], Farbe u.dgl. geht wunderbarerweise eine Änderung vor sich, so daß Fleisch oder Blut oder auch ein Knabe sichtbar werden. Und wie vorher schon gesagt wurde, ist das keine Täuschung; denn es dient „als Schattenbild einer Wahrheit", nämlich um durch diese wunderbare Erscheinung zu zeigen, daß in diesem Sakramente in Wahrheit der Leib und das Blut Christi sind. So erhellt, daß der Leib Christi in diesem Sakramente in Wahrheit bleibt, da die Raummaße bleiben, welche den anderen Eigenschaften zugrunde liegen (77, 2). Z u 1. Bei einer solchen Erscheinung bleiben die sakramentalen Gestalten manchmal gänzlich, was sie sind, manchmal aber nur in bezug auf das, was das Hauptsächliche ist (Antw.). Z u 2. Bei solchen Erscheinungen sieht man nicht die eigentliche Gestalt Christi, sondern eine wunderbarerweise entweder in den Augen der Schauenden oder auch in den Raummaßen des Sakramentes selber geformte Gestalt (Antw.). QUAESTIO
76, s
multorum episcoporum consilio in pyxide reservatum, 1 quod nefas esset de Christo sentire, secundum propriam speciem. Et ideo dicendum est quod manentibus dimensionibus quae prius fuerant, fit miraculose quaedam immutatio circa alia accidentia, puta figuram et colorem, et alia hujusmodi, ut videatur caro, vel sanguis, aut etiam puer. Et, sicut prius dictum est, hoc non est deceptio, quia fit in figuram cujusdam veritatis, scilicet ad ostendendum per hanc miraculosam apparitionem, quod in sacramento est vere corpus et sanguis Christi. Et sie patet quod remanentibus dimensionibus, quae sunt fundamenta aliorum accidentium, ut infra dicetur, remanet vere corpus Christi in hoc sacramento. AD PRIMUM ergo dicendum, quod facta tali apparitione species sacramentales quandoque quidem totaliter remanent in seipsis; quandoque autem secundum id quod est principale in eis, ut dictum est. AD SECUNDUM dicendum quod in hujusmodi apparitionibus, sicut dictum est (ibid.), non videtur propria species Christi, sed species miraculose formata vel in oculis intuentium, vel etiam in ipsis sacramentalibus dimensionibus, ut dictum est. 1 CI. Guitmund., De Verit. Corp. et Sang. Dom. in Euch. Saer., lib. 2; MPL 149/1450.
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Z u 3. Die Raummaße des konsekrierten Brotes und 76, 8 Weines bleiben und die wunderbare Veränderung geschieht nur in den anderen Eigenschaften (Antw.). QUAESTIO
76, 8
AD TERTIUM dicendum quod dimensiones panis et vini consecrati manent, immutatione circa eas miraculose facta, quantum ad alia accidentia, ut dictum est.
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1
77. F R A G E VON DEN EIGENSCHAFTEN, DIE IN DIESEM SAKRAMENTE ZURÜCKBLEIBEN Dann sind die Eigenschaften zu betrachten, die in diesem Sakramente zurückbleiben [vgl. Fr. 74 Einl.]. Es ergeben sich darüber acht Einzelfragen: 1. Sind die Eigenschaften, die zurückbleiben, ohne einen Träger? 2. Ist die räumliche Ausdehnung Träger der anderen Eigenschaften? 3. Können solche Eigenschaften irgendeinen außenbefindlichen Körper verändern? 4. Können sie aufgelöst werden? 5. Kann aus ihnen etwas entstehen? 6. Können sie nähren? 7. Von der Brechung des konsekrierten Brotes. 8. Kann dem konsekrierten Weine etwas beigemischt werden? 1. A R T I K E L Bleiben die Eigenschaften in diesem Sakramente ohne Träger? 1. Keine Unordnung und keine Täuschung darf in diesem Sakrament der Wahrheit sein. Daß aber Eigen-
QUAESTIO
LXXVII
DE ACCIDENTIBUS REMANENTIBUS IN HOC SACRAMENTO Deinde considerandum est de accidentibus remanentibus in hoc sacramento. Et circa hoc quaeruntur octo: 1. Utrum accidentia quae remanent, sint sine subjecto. — 2. Utrum quantitas dimensiva sit subjectum aliorum accidentium. — 3. Utrum hujusmodi accidentia possint immutare aliquod corpus extrinsecum. — 4. Utrum possint corrumpi. — 5. Utrum ex eis possit aliquid generari. — 6. Utrum possint nutrire. — 7. De fractione panis consecrati. — 8. Utrum vino consecrato possit aliquid permisceri. ARTICULUS I U t r u m a c c i d e n t i a r e m a n e a n t in hoc sacramento sine subjecto [Supra, q. 75, art. 5; 1 Sent., dist. 47, art. 4; 4 Sent., dist. 12, q. 1, art. 1; 4 Cont. Gent., cap. 62. 63. 65; Quodl. 3, art. 1; 9, art. 5; Cont. Graec., Armen. etc., cap. 8; Matth., cap. 26; 1 Cor., cap. 11, lect. 5]
AD PRIMUM sic proceditur. Videtur quod accidentia non remaneant in hoc sacramento sine subjecto. Nihil enim inordi-
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schaften ohne Träger sind, verstößt gegen die Ordnung 77,1 der Dinge, die Gott in die Natur gelegt hat. Es scheint auch einer Art Täuschung zuzugehören, da die Eigenschaften die Anzeichen der Natur ihres Trägers sind. Also sind in diesem Sakrament die Eigenschaften nicht ohne einen Träger. 2. Unmöglich, auch nicht durch ein Wunder, kann für ein Ding seine Wesensbestimmung aufgehoben werden, noch einem Ding die Wesensbestimmung eines andern zukommen, so daß z. B. der Mensch, Mensch bleibend, ein unvernünftiges Lebewesen wäre. Daraus würde nämlich folgen, daß Widersprüche zugleich seien. Denn das, was der Name eines Dinges bezeichnet, ist dessen Wesensbestimmung (Aristoteles). Zur Wesensbestimmung der Eigenschaften gehört es nun, in einem Träger zu sein, zu der der Substanz aber, für sich zu bestehen und nicht in einem Träger. Also kann es durch kein Wunder geschehen, daß in diesem Sakramente die Eigenschaften ohne einen Träger seien. 8. Die Eigenschaft erhält ihre Vereinzelung aus dem Träger. Wenn daher die Eigenschaften in diesem Sakramente ohne einen Träger bleiben, dann sind sie nicht vereinzelte, sondern allgemeine. Das ist offenbar falsch, denn so wären sie nicht sinnfällige, sondern nur verstehbare. 4. Die Eigenschaften erlangen durch die Konsekration QUAESTIO 77, x natum aut fallax debet esse in hoc sacramento veritatis. Sed accidentia esse sine subjecto est contra rerum ordinem, quem Deus naturae indidit; videtur etiam ad quamdam fallaciam pertinere, cum accidentia naturaliter 1 sint Signa naturae subjecti. Ergo in hoc sacramento non sunt accidentia sine subjecto. 2. PRAETEREA, fieri non potest etiam miraculose quod deflnitio rei ab ea separetur, vel quod uni rei conveniat deflnitio alterius rei, puta quod homo manens homo sit animal irrationale; ad hoc enim sequeretur contradictoria esse simul: hoc enim quod significat nomen rei est deflnitio, ut dicitur 4 Metaph. 1012 a 23 (üb. 3, cap. 7). Sed ad definitionem accidentis pertinet quod sit in subjecto, ad definitionem vero substantiae quod per se subsistat, non in subjecto. Non ergo potest miraculose fieri quod in hoc sacramento sint accidentia sine subjecto. 3. PRAETEREA, accidens individuatur ex subjecto. Si ergo accidentia remanent in hoc sacramento sine subjecto, non erunt individua, sed universalia, quod patet esse falsum: quia sie non essent sensibilia, sed intelligibilia tantum. 4. PRAETEREA, accidentia per consecrationem hu jus sacra1
L om.'
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77, l dieses Sakramentes nicht irgendeine Zusammensetzung. Vorher aber waren sie auch nicht zusammengesetzt: weder aus Stoff und Form, noch aus dem ,Wodurch' und dem ,Was ist'. Also sind sie auch nach der Konsekration auf keine dieser Weisen zusammengesetzt. Das aber ist nicht entsprechend, denn so wären sie, obwohl sie sinnfällig sind, einfacher als die Engel. Also bleiben die Eigenschaften in diesem Sakrament nicht ohne einen Träger zurück. ANDERSEITS sagt Gregorius [74 ]: „Sakramentale Gestalten sind Wörter für jene Dinge, die vorher waren", nämlich des Brotes und des Weines. Und da die Substanz des Brotes und Weines nicht bleibt, scheinen dergleichen Gestalten ohne Träger zu bleiben. ANTWORT: Die Eigenschaften des Brotes und Weines, die, wie mit den Sinnen wahrzunehmen ist, in diesem Sakramente nach der Konsekration zurückbleiben, sind nicht als in ihrem Träger in der Substanz des Brotes und Weines; denn diese bleibt nicht (75, 2). Auch sind sie nicht in der substantiellen Form; denn die bleibt nicht (75, 6), und bliebe sie zurück, „könnte sie nicht Träger sein" (Boethius). Offenbar sind dergleichen Eigenschaften auch nicht in der Substanz des Leibes und Blutes Christi als in ihrem Träger. Denn die Substanz des menschlichen Körpers kann QUAESTIO
77, L
menti non adipiscuntur aliquam eompositionem. Sed ante consecrationem non erant composita neque ex materia et forma, neque ex ,quo est', et ,quod est'. Ergo etiam post consecrationem non sunt composita altero horum modorum, quod est inconveniens, quia sic essent simpliciora quam angeli cum tarnen haec accidentia sint sensibilia. Non ergo accidentia remanent in hoc sacramento sine subjecto. SED CONTRA est quod Gregorius dicit in homilia Paschali, 1 quod „species sacramentales sunt illarum rerum vocabula quae ante fuerunt", scilicet panis et vini; et ita cum non remaneat substantia panis et vini, videtur quod hujusmodi species remaneant sine subjecto. RESPONDEO dicendum quod accidentia panis et vini, quae sensu deprehenduntur in hoc sacramento remanere post consecrationem, non sunt sicut in subjecto in substantia panis et vini, quae non manet, ut supra habitum est; neque etiam in forma substantiali, quae non manet, et si remaneret, „subjectum esse non posset", ut patet per Boetium de Trin. (lib. 1, MPL cap. 2). Manifestum est etiam quod hujusmodi accidentia non 64/1250 sunt in substantia corporis et sanguinis Christi sicut in subjecto, quia substantia humani corporis nullo modo potest his 1 Cf. Lanfranc., De Corp. et Sang. Dora., cap. 20; MPL 150/436. Gratian., De Conseer., dist. 2, can. Species; Frdb. 1/1324.
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auf keine Weise von diesen Eigenschaften berührt werden. 77,1 Auch ist es unmöglich, daß der Leib Christi, da er verklärt und leidensunfähig ist, verändert werde, um dergleichen Beschaffenheiten anzunehmen. Es sagen aber manche, daß sie in der umgebenden Luft wie in ihrem Träger sind. — Doch auch das kann nicht sein. Erstens, weil die Luft solchen Eigenschaften gegenüber nicht aufnahmefähig ist. — Zweitens, weil dergleichen Eigenschaften nicht sind, wo Luft ist. Vielmehr wird auf die Bewegung dieser Gestalten hin die Luft sogar verdrängt. — Drittens, weil „Eigenschaften nicht von einem Träger auf den andern übergehen" [Boethius], so nämlich, daß zahlenmäßig ein und dieselbe Eigenschaft, die zuerst in dem einen Träger gewesen ist, hernach in dem anderen entstünde. Die Eigenschaft erhält nämlich ihre Zählbarkeit von ihrem Träger. Daher kann unmöglich etwas der Zahl nach dasselbe bleiben und dennoch einmal in diesem, ein andermal in jenem Träger sein. — Viertens, weil die Luft, da ihr die eigenen Eigenschaften nicht genommen werden, zugleich die eigenen und fremde hätte. — Auch läßt sich nicht behaupten, das geschehe durch ein Wunder kraft der Konsekration. Denn die Konsekrationsworte bezeichnen das nicht; sie bewirken aber nur das Bezeichnete [74a]. So bleibt nur, daß die Eigenschaften in diesem SakraQUAESTIO
77, l
accidentibus affici ; neque etiam est possibile quod corpus Christi gloriosum et impassibile existens alteretur ad suscipiendas hujusmodi qualitates. Dicunt autem quidam 1 quod sunt sicut in subjecto in aere circumstante. Sed nec hoc esse potest. Primo quidem quia aer non est hujusmodi accidentium susceptivus. — Secundo quia hujusmodi accidentia non sunt ubi est aer, quiniimo ad motum harum specierum aer depellitur. — Tertio quia „accidentia non transeunt de subjecto in subjectum" [Boetius, 1 in Categ. MPL Arist.], ut scilicet idem accidens numero, quod primo fuit in 64 / 170 uno subjecto, postmodum fiat in alio. Accidens enim numerum accipit a subjecto. Unde non potest esse quod idem numero manens sit quandoque in hoc, quandoque in ilio subjecto. — Quarto quia cum aer non spolietur accidentibus propriis, simul haberet accidentia propria et aliena. — Nec potest dici quod hoc fiat miraculose virtute consecrationis, quia verba consecrationis hoc non significant, quae tarnen non efficiunt nisi suum significatum. Et ideo relinquitur quod accidentia in hoc sacramento manent 1 Cf. Lomb., 4 Sent., dist. 12, cap. Sed quia corpus; MPL 192/865. AbaeJard., Epitome Theol. Christ,., cap. 29; MPL 178/1743. Guillelm., Disput, adv. Abaelard., cap. 9; MPL 180/280.
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77, i ment ohne Träger bleiben. Das nämlich kann durch göttliche Kraft geschehen. Da nämlich eine Wirkung mehr von der Erst- als von der Zweitursache abhängt, kann Gott, die Erstursache der Substanz und der Eigenschaft, durch Seine unendliche Kraft eine Eigenschaft im Sein erhalten, auch wenn die Substanz weggenommen ist, durch welche sie als durch ihre eigentümliche Ursache im Sein erhalten wurde; Er kann ja andere Wirkungen natürlicher Ursachen ohne diese herbeiführen, so hat Er z. B. einen menschlichen Leib im Schoß der Jungfrau gebildet „ohne Samen des Mannes" f Ambros., Hymn. i. d. Geburtsnacht d. Herrn, 3. Str., V. 1 ] . Z u 1. Nichts hindert, daß etwas angeordnet ist nach dem allgemeinen Gesetz der Natur, wovon aber das Gegenteil angeordnet ist durch ein besonderes Gnadenvorrecht. Das ist klar bei der Auferweckung der Toten und beim Sehendmachen der Blinden. Ähnlich ist auch in den menschlichen Angelegenheiten manches einigen dank eines besonderen Vorrechtes über das allgemeine Gesetz hinaus zugestanden. Und so sind auch, obwohl nach der gewöhnlichen Ordnung der Natur die Eigenschaft in einem Träger ist, trotzdem aus einem besonderen Grund, der Ordnung der Gnade entsprechend, die Eigenschaften in diesem Sakramente ohne einen Träger, aus den oben angegebenen Gründen (Antw. u. 75, 5 Zu 2). Z u 2. Weil ,seiend* keine Gattung ist, kann dies, was ,Sein' ist, nicht das Wesen weder der Substanz noch der QUAESTIO
77, l
sine subjecto. Quod quidem virtute divina fleri potest. Cum enim eflectus magis dependeat a causa prima quam a causa secunda, Deus, qui est prima causa substantiae et accidentis, per suam infinitam virtutem conservare potest in esse accidens, subtracta substantia per quam conservabatur in esse sicut per propriam c a u s a m ; sicut etiam alios eflectus naturalium causarum potest producere sine naturalibus causis, sicut humanum MPL corpus formavit in utero Virginis „sine virili semine" [Ambros., 16/1410 hymn. ad prim. Vesp. Nativ.]. AD P R I M U M ergo dicendum quod nihil prohibet aliquid esse ordinatum secundum communem legem naturae, cujus tarnen contrarium est ordinatum secundum speciale Privilegium gratiae, ut patet in resuscitatione mortuorum, et in illuminatione caecorum, prout etiam in rebus humanis quaedam aliquibus conceduntur e x speciali privilegio p r a e t e r legem communem. E t ita etiam, licet sit secundum communem naturae ordinem quod accidens sit in subjecto, e x speciali tarnen ratione secundum ordinem gratiae accidentia sunt in hoc sacramento sine subjecto, propter rationes supra inductas. AD S E C U N D U M dicendum quod, cum ens non sit genus, hoc ipsum quod est esse, non potest esse essentia substantiae vel ac-
124
Eigenschaft sein. Die Wesensbestimmung der Substanz 77,1 lautet also nicht: für sich, ohne einen Träger, seiend, noch die Wesensbestimmung der Eigenschaft: in einem Träger seiend. Vielmehr: der Washeit oder Wesenheit der Substanz kommt es zu, das Sein nicht in einem Träger zu haben; der Washeit oder Wesenheit der Eigenschaft aber kommt es zu, das Sein in einem Träger zu haben. In diesem Sakramente aber ist es den Eigenschaften nicht gegeben, daß sie vermöge ihrer eigenen Wesenheit ohne Träger sind, sondern dank der sie stützenden göttlichen Kraft. Und darum hören sie nicht auf, Eigenschaften zu sein, denn es wird für sie weder die Begriffsbestimmung der Eigenschaft aufgehoben, noch auch gilt für sie die Begriffsbestimmung der Substanz. Z u 3. Solche Eigenschaften haben ihr Einzeldasein in der Substanz des Brotes und des Weines erhalten. Ist diese in den Leib und das Blut Christi verwandelt, so verharren infolge göttlichen Machteinflusses die Eigenschaften in ihrem vereinzelten Sein, wie sie es vorher hatten. Daher sind sie Einzeldinge und sinnfällig. Z u 4. Dergleichen Eigenschaften hatten, solange die Substanz des Brotes und Weines da war, selber weder das Sein noch andere Eigenschaften, sondern ihre Substanz hatte ein derartiges Sein durch sie, wie der Schnee weiß ist durch die Weißfarbenheit. Nach der Konsekration aber QUAESTIO
77, 1
cidentis. Non est ergo deflnitio substantiae ,ens per se sine subjecto', nec deflnitio accidentis ,ens in subjecto'; sed quidditati seu essentiae substantiae ,competit habere esse non in subjecto'; quidditati autem, sive essentiae accidentis ,competit habere esse in subjecto'. In hoc autem sacramento non datur accidentibus quod ex vi suae essentiae non sint in subjecto, sed ex divina virtute sustentante, et ideo non desinunt esse accidentia, quia nec separatur ab eis deflnitio accidentis,1 quae est aptitudo ad subjectum, quae Semper manet in iis, non actualis inhaerentia, nec competit eis deflnitio substantiae. AD TERTIUM dicendum quod hujusmodi accidentia acquisierunt esse individuum in substantia panis et vini, qua conversa in corpus et sanguinem Christi, remanent virtute divina accidentia in illo esse individuato quod prius habebant. Unde sunt singularia et sensibilia. AD QUARTUM dicendum quod accidentia hujusmodi, manente substantia panis et vini, non habebant ipsa esse, sicut nec alia accidentia, sed subjecta eorum habebant 2 hujusmodi esse per ea, sicut nix est alba per albedinein; sed post conl P et L o m . seq.: q u a e . . . i n h a e r e n t i a . - i.: s u b s t a n t i a e o r u m h a b e b a t .
125
77,2 haben die Eigenschaften, die zurückbleiben, Sein. Daher sind sie zusammengesetzt aus Sein heit, wie von den Engeln (I 50, 2 Zu 3 : Bd. 4 ; Bd. 6) ausgeführt wurde. Und damit haben sie setzung aus Teilen der Größenordnung. 2. A R T I K E L Ist in diesem Sakramente die räumliche Brotes und Weines Träger der anderen
selber das und Wesen75, 5 Zu 4 : Zusammen-
Ausdehnung des Eigenschaften?
1. „Eine Eigenschaft hat nicht abermals eine andere" (Aristoteles). Keine F o r m nämlich kann ein Zugrundeliegendes sein, da das ,Zugrundeliegen' zur Eigentümlichkeit des Stoffes gehört. Die räumliche Ausdehnung ist aber eine Eigenschaft. Also kann sie den übrigen Eigenschaften nicht zugrunde liegen. 2. Wie die Ausdehnung ihre Vereinzelung erhält von der Substanz, so auch die anderen Eigenschaften. Wenn also die räumliche Ausdehnung des Brotes oder Weines vereinzelt bleibt gemäß dem Sein, das sie vorher hatte und in dem sie erhalten wird, so bleiben aus dem gleichen Grunde auch die anderen Eigenschaften vereinzelt nach dem Sein, das sie vorher in der Substanz hatten. Also QUAESTIO
77,
2
secrationem ipsa accidentia, quae remanent, habent esse, unde sunt composita ex ,esse' et ,quod est', sicut in priina parte de angelis dictum est, et cum hoc, habent compositionem partium quantitativarum. A R T I C U L U S II U t r u m in hoc s a c r a m e n t o q u a n t i t a s dimensiva panis vel vini sit a l i o r u m accidentium subjectum [4 Sent., dist. 12, q. 1, art. 1, qa 8; 4 Cont. Gent., cap. 63. 65; Quodl. 7, q. 4, a r t . 10; Matth., cap. 26; 1 Cor., cap. 11, lect. 5]
AD SECUNDUM sie proceditur. Videtur quod in hoc sacramento quantitas dimensiva panis vel vini non sit aliorum accidentium subjectum. Subjectum enim „accidentis non est 1007 b 2 accidens" 1 [3 Metaph., cap. 4]. Nulla enim forma potest esse subjectum, cum subjici pertineat ad proprietatem materiae. Sed quantitas dimensiva est quoddam accidens. Ergo quantitas dimensiva non potest esse subjectum aliorum accidentium. 2. PRAETEREA, sicut quantitas individuatur ex substantia, ita etiam alia accidentia. Si ergo quantitas dimensiva panis aut vini remanet individuata secundum esse prius habitum, in quo conservatur, pari ratione et alia accidentia remanent individuata secundum esse quod prius habebant in substantia. 1
126
L:
„Accidentis"
enim
„non est a c c i d e n s " ; o m . :
Subiectum.
sind sie nicht in der räumlichen Ausdehnung als in ihrem 77,2 Träger, da jede Eigenschaft durch ihren Träger vereinzelt wird. 3. Unter den anderen Eigenschaften des Brotes und Weines, welche zurückbleiben, erfaßt der Sinn auch das Lockere und Dichte. Diese aber können nicht in einer außerhalb des Stoffes vorhandenen räumlichen Ausdehnung sein; denn locker ist das, was wenig Stoff hat unter großen Ausmaßen, dicht aber ist das, was viel Stoff hat unter geringen Ausmaßen (Aristoteles). Also scheint die räumliche Ausdehnung nicht Träger sein zu können für die Eigenschaften, die in diesem Sakramente zurückbleiben. 4. Eine vom Träger getrennte Ausdehnung scheint eine mathematische Ausdehnung zu sein, die nicht Träger sinnfälliger Eigenschaften ist. Da also die Eigenschaften, die in diesem Sakramente zurückbleiben, sinnfällig sind, scheinen sie in diesem Sakramente nicht in der Ausdehnung von Brot und Wein, die nach der Konsekration zurückbleibt, als in ihrem Träger sein zu können. ANDERSEITS sind Beschaffenheiten nur beiläufig teilbar, nämlich auf Grund ihres Trägers. Die in diesem Sakrament zurückbleibenden Beschaffenheiten werden aber durch die Teilung der räumlichen Ausdehnung geteilt, wie durch Augenschein klar ist. Also ist die räumQ U A E S T I O 77, 2 Non ergo sunt in quantitate dimensiva sicut in subjecto, cum omne accidens individuetur per suum subjectum. 3. PRAETEREA, inter alia accidentia panis et vini quae remanent, deprehenduntur etiam sensu rarum et densum, quae non possunt esse in quantitate dimensiva, praeter materiam existente 1 ; quia rarum est quod habet parum de materia sub magnis dimensionibus; densum autem, quod habet multum de materia sub parvis dimensionibus, ut dicitur 4 Phys. [cap. 9 ] . 217 b 8 N o n 2 ergo videtur quod quantitas dimensiva possit esse sub- 2 9 9 b 7 jectum accidentium, quae remanent in hoc sacramento. 4. PRAETEREA, quantitas a subjecto separata videtur esse quantitas mathematica, quae non est subjectum qualitatum sensibilium. Cum ergo accidentia quae remanent in hoc sacramento, sint sensibilia, videtur quod non possint esse in hoc sacramento sicut in subjecto, in quantitate dimensiva 3 panis et vini remanente post consecrationem. SED CONTRA est quod qualitates non sunt divisibiles nisi per accidens, scilicet ratione subjecti. Dividuntur autem qualitates remanentes in hoc sacramento per divisionem quantitatis 1 2 3
P: existentem. L ponit ,non' ante .possit'. P et L om.
127
77,2 liehe Ausdehnung der Träger der Eigenschaften, die in diesem Sakramente zurückbleiben. ANTWORT: Man muß notwendig sagen, daß die anderen Eigenschaften, die in diesem Sakramente zurückbleiben, in der zurückbleibenden räumlichen Ausdehnung des Brotes oder Weines als in ihrem Träger sind. Erstens darum, weil nach dem Augenschein dort ein gefärbtes Ausgedehntes ist, das mit anderen Eigenschaften behaftet ist. Und in solchen Dingen täuscht sich der Sinn nicht. Zweitens, weil die erste Ausstattung des Stoffes die räumliche Ausdehnung ist. Darum hat Plato als die ersten Unterscheidungsmerkmale des Stoffes ,groß' und ,klein' angegeben (Aristoteles). Und weil der erste Träger der Stoff ist, folgt, daß alle anderen Eigenschaften zum Träger in Beziehung treten durch die Vermittlung der räumlichen Ausdehnung. So heißt auch die Olberfläche der erste Träger der Farbe, weshalb nach Aristoteles einige annahmen, die Raummaße seien die Substanz der Körper. Und weil, wenn der Träger entzogen wird, die Eigenschaften in dem Sein verbleiben, das sie vorher hatten, ergibt sich, daß alle Eigenschaften auf die räumliche Ausdehnung begründet bleiben. Drittens, weil der Träger der Grund der Vereinzelung der Eigenschaften ist, muß, was als Träger irgendwelcher Eigenschaften angenommen wird, irgendwie der Grund Q U A E S T I O
77,
2
dimensivae, sicut patet ad sensum. Ergo quantitas dimensiva est subjectum accidentium, quae remanent in hoc sacramento. RESPONDEO dicendum quod necesse est dicere accidentia alia quae remanent in hoc sacramento, esse sicut in subjecto in quantitate dimensiva panis vel vini remanente: primo quidem per hoc quod ad sensum apparet aliquid quantum esse ibi coloratum, et aliis accidentibus affectum, nec in talibus sensus deeipitur. Secundo quia prima dispositio materiae est quantitas dimensiva, unde et Plato posuit primas difierentias materiae 187 a 17 ,magnum' et ,parvum' [cf. Arist., 1 Phys., cap. 4; 1 Metaph., 988 a 26 cap. 7]. Et quia primum subjectum est materia, consequens est quod omnia alia accidentia referantur ad subjectum, mediante quantitate dimensiva, sicut et primum subjectum coloris dicitur esse superficies, ratione cujus quidam posuerunt dimenI O O I b 26 siones esse substantias corporum, ut dicitur 3 Metaph. (lib. '2, cap. 5). Et quia subtracto subjecto remanent accidentia secundum esse quod prius habebant, consequens est quod omnia accidentia remaneant fundata super quantitatem dimensivam. Tertio quia, cum subjectum sit prineipium individuationis accidentium, oportet id quod ponitur aliquorum accidentium
128
der Vereinzelung sein. Es gehört nämlich zum Begriff des 77,2 Einzelwesens, nicht in mehreren [Trägern] sein zu können. Das tritt nun in zwei Fällen ein: Einmal, wenn etwas nicht von Natur aus dazu angelegt ist, in einem [Träger] zu sein, und so sind die stoffgeschiedenen, für sich selbst bestehenden Formen auch aus sich selbst Einzelwesen. Sodann, wenn eine Substanz- oder Eigenschaftsform wohl von Natur aus dazu angelegt ist, in einem, aber nicht in mehreren [Trägern] zu sein, wie z. B. diese Weißfarbenheit hier, die in diesem Körper ist. Im ersten Falle also ist der Stoff der Grund der Vereinzelung für alle einhaftenden Formen. Dergleichen Formen sind nämlich an sich von Natur aus darauf angelegt, in irgend etwas wie in einem Träger zu sein. Sobald darum eine von ihnen von dem Stoff, der in keinem anderen [Träger] ist, aufgenommen wird, kann daher auch die so bestehende Form selbst nicht mehr in einem anderen sein. Bezüglich der zweiten Möglichkeit aber muß man sagen, daß der Grund der Vereinzelung die räumliche Ausdehnung ist. Deshalb ist nämlich etwas von Natur aus bloß in einem einzigen [Träger], weil jenes an sich ungeteilt und von allen anderen Dingen abgesondert ist. Die Teilung aber kommt zur Substanz hinzu auf Grund der Ausdehnung (Aristoteles). Und deshalb ist die räumliche Ausdehnung selbst ein gewisser Grund der Vereinzelung für derartige ForQ U A E S T I O 77, 2 subjectum esse aliquo modo individuationis principium. Quantitas autem dimensiva est quoddam individuationis principium. 2 Est enim de ratione individui quod non possit in pluribus esse, quod quidem contingit dupliciter: uno modo quia non est natum esse in aliquo, et hoc modo formae immateriales separatae per se subsistentes sunt etiam per seipsas individuae; alio modo ex eo quod forma substantialis vel accidentalis est quidem nata in aliquo esse, non tarnen in pluribus, sicut haec albedo, quae est in hoc corpore. Quantum igitur ad primum, materia est individuationis principium omnibus formis inhaerentibus, quia cum hujusmodi formae, quantum est de se, sint natae in aliquo esse sicut in subjecto, ex quo aliqua earum recipitur in materia, quae non est in alio, ideo nec forma ipsa sie existens potest in alio esse. Quantum autem ad secundum, dicendum est quod individuationis principium est quantitas dimensiva. Ex hoc enim aliquid est natum esse in uno solo, quod illud est in se indivisum et divisum ab omnibus aliis. Divisio autem accidit substantiae ratione quantitatis, ut dicitur 1 Phys. [cap. 2]. Et ideo ipsa quantitas dimensiva est quoddam 185 a 32 individuationis principium in hujusmodi formis, inquantum b 16 }2 P et L add.: esse. P et L om.: Quantitas . . . principium.
129
77, 2 men, sofern nämlich der Zahl nach verschiedene Formen in verschiedenen Teilen des Stoffes sind. Somit hat die räumliche Ausdehnung selber an sich eine gewisse Vereinzelung, so daß wir uns mehrere Linien derselben Art denken können, die der Lage nach, die unter den Begriff dieser Ausdehnung fällt, verschieden sind. Dem Raummaß kommt es nämlich zu, „Ausdehnung zu sein, die eine Lage hat" (Aristoteles). Und darum kann eher die räumliche Ausdehnung Träger der anderen Eigenschaften sein, als umgekehrt. Z u 1. Eine Eigenschaft kann nicht durch sich Träger einer anderen Eigenschaft sein, weil sie nicht durch sich ist. Sofern sie aber in einem anderen ist, heißt die eine Eigenschaft Träger der anderen, weil die eine vom Träger aufgenommen wird durch Vermittlung der anderen. So heißt die Oberfläche Träger der Farbe. Wenn also einer Eigenschaft von Gott das Durch-sich-sein verliehen wird, so kann sie auch durch sich Träger einer anderen Eigenschaft sein. Zu 2. Die anderen Eigenschaften erhielten, auch sofern sie in der Substanz des Brotes waren, ihre Vereinzelung durch die räumliche Ausdehnung (Antw.). Und darum ist eher die räumliche Ausdehnung der Träger der anderen in diesem Sakramente zurückbleibenden Eigenschaften, als umgekehrt. QUAESTIO
77, 2
scilicet d i v e r s a e f o r m a e n u m e r o sunt in diversis partibus m a t e r i a e ; u n d e et ipsa quantitas d i m e n s i v a s e c u n d u m se habet q u a m d a m i n d i v i d u a t i o n e m , ita quod possumus i m a g i n a r i p l u r e s l i n e a s 1 e j u s d e m speciei, diflerentes positione, q u a e cadit in ratione hu jus quantitatis; convenit enim dimensioni quod sit 4 b 20 „ q u a n t i t a s positionem h a b e n s " [Categ., cap. 6 ] , et ideo potius quantitas d i m e n s i v a potest esse subjectum a l i o r u m accidentium q u a m e converso. A D P R I M U M ergo d i c e n d u m quod accidens p e r se non potest esse subjectum alterius accidentis, q u i a p e r s e non est; secund u m v e r o quod est in alio, u n u m accidens dicitur esse subjectum alterius, i n q u a n t u m u n u m accidens recipitur in subjecto, alio mediante, sicut superficies dicitur esse subjectum coloris. U n d e q u a n d o accidenti datur divinitus ut p e r se sit, potest etiam p e r se alterius accidentis subjectum esse. A D S E C U N D U M d i c e n d u m quod alia accidentia, etiam sec u n d u m quod erant in substantia panis, i n d i v i d u a b a n t u r mediante quantitate d i m e n s i v a , sicut dictum est. E t ideo potius quantitas d i m e n s i v a est subjectum aliorum accidentium rem a n e n t i u m in hoc sacram.ento, q u a m e converso. 1
130
P add.: separatas.
Z u 3. ,Locker' und ,dicht' sind gewisse Eigenschaften, 77,3 die sich für die Körper daraus ergeben, daß sie viel oder wenig Stoff unter ihren Raummaßen haben, wie sich auch die anderen Eigenschaften aus den Wesensgründen der Substanz ergeben. Und wie daher nach der Wegnahme der Substanz die Eigenschaften durch die göttliche Kraft erhalten werden, so werden auch nach der Wegnahme des Stoffes die aus ihm sich ergebenden Beschaffenheiten wie ,locker' und ,dicht' durch die göttliche Kraft erhalten. Zu 4. Die mathematische Ausdehnung sieht nicht ab von dem verstehbaren, sondern von dem sinnfälligen Stoff (Aristoteles). Sinnfälliger Stoff heißt er aber, weil er den sinnfälligen Beschaffenheiten unterworfen ist. Damit ist offenkundig, daß die räumliche Ausdehnung, die in diesem Sakrament ohne Träger zurückbleibt, nicht die mathematische ist. 3. A R T I K E L Können die Gestalten, die in diesem Sakramente bleiben, etwas draußen verändern?
zurück-
1. Die Formen, die im Stoff sind, entstehen nach Aristoteles durch Formen, die im Stoff sind, nicht aber durch solche ohne Stoff, denn Gleiches wirkt ihm Gleiches. Die QUAESTIO
77, 3
AD TERTIUM dicendum quod ,rarum' et ,densum' sunt quaedam qualitates consequentes corpora, ex hoc quod habent multum vel parum de materia sub dimensionibus, sicut etiam omnia alia accidentia consequuntur ex principiis substantiae; et ideo sicut subtracta substantia, divina virtute conservantur 1 accidentia, ita subtracta materia, divina virtute conservantur qualitates materiam consequentes, sicut ,rarum' et ,densum'. AD QUARTUM dicendum quod quantitas mathematica non abstrahit a materia intelligibili, sed a materia sensibili, ut dicitur 7 Metaph. [lib. 6, cap. 10]. Dicitur autem materia sen- 1036 a 2 sibilis ex hoc quod subjicitur sensibilibus qualitatibus. Et ideo manifestum est quod quantitas dimensiva, quae remanet in hoc sacramento sine subjecto, non est quantitas mathematica. A R T I C U L U S III U t r u m s p e c i e s q u a e r e m a n e n t in hoc s a c r a mento, possint i m m u t a r e a l i q u o d e x t r i n s e c u m [4 Sent., dist. 12, q. 1, art. 2, qa 1. 2; Eespons. ad Lector. Venet., art. 35]
AD TERTIUM sic proceditur. Videtur quod species quae remanent in hoc sacramento, non possint immutare aliquid extrinsecum. Probatur enim 7 Metaph. [lib. 6, cap. 8], quod 1033 a 24 formae quae sunt in materia, fiunt a formis quae sunt in 1 P et L add.: alia.
9*
131
77,3 sakramentalen Gestalten jedoch sind Gestalten ohne einen Stoff, denn sie bleiben ohne Träger (Art. 1). Also können sie keinen Stoff draußen durch Einführung einer Form verändern. 2. Wenn die Tätigkeit der Hauptursache aufhört, muß auch die des Werkzeuges aufhören. Wenn so z. B. der Schmied ruht, bewegt sich der Hammer nicht. Nun wirken aber alle Eigenschaftsformen werkzeuglich in der Kraft der Wesensform als des Hauptwirkenden. Da also in diesem Sakramente die Wesensform des Brotes und Weines nicht zurückbleibt (75, 6), scheinen die zurückbleibenden Eigenschaftsformen nicht auf eine Veränderung des Stoffes draußen hinwirken zu können. 3. Nichts wirkt über seine Art hinaus, da die Wirkung nicht vorzüglicher sein kann als die Ursache. Alle sakramentalen Gestalten nun sind Eigenschaften. Also können sie nicht einen Stoff draußen verändern, wenigstens nicht zur Wesensform. ANDERSEITS könnten sie, wenn sie nicht die Körper draußen verändern könnten, nicht mit den Sinnen wahrgenommen werden. Mit den Sinnen wird nämlich etwas dadurch wahrgenommen, daß der Sinn vom Sinnfälligen verändert wird (Aristoteles). ANTWORT: Da jedes Einzelne soweit wirkt, als es ein QUAESTIO
77, 3
materia, non autem a formis quae sunt sine materia, eo quod simile agit sibi simile. Sed species sacramentales sunt species sine materia, quia remanent sine subjecto, ut ex dictis patet. Non ergo possunt immutare materiam exteriorem, inducendo aliquam formam. 2. PRAETEREA, cessante actione principalis 1 agentis, necesse est quod cesset actio instrumenti, sicut quiescente fabro, non movetur inartellus. Sed omnes formae accidentales agunt instrumentaliter in virtute formae substantialis, tanquam principalis agentis. Cum ergo in hoc sacramento non remaneat forma substantialis panis et vini, sicut supra habitum est, videtur quod formae accidentales remanentes agere non possint ad immutationem exterioris materiae. 3. PRAETEREA, nihil agit ultra 2 suam speciem, quia effectus non potest esse potior causa. Sed species sacramentales omnes sunt accidentia. Non ergo possunt exteriorem materiam immutare, ad minus ad formam substantialem. SED CONTRA est quod, si non possent immutare exteriora corpora, non possent sentiri; sentitur enim aliquid per hoc 4i9ai3sqq. quod immutatur sensus a sensibili, ut dicitur 2 de An. 424 a28sqq. [ c a p
7-
.
RESPONDEO dicendum quod, quia unumquodque agit in1 2
132
L: primi. L: extra.
Seiendes im Vollzug ist [Aristoteles], ergibt sich als Folge, 77,3 daß jedes sich wie zum Sein so auch zum Wirken verhalte. Weil es aber nach den obigen Ausführungen (Art. 1 Zu 3) den sakramentalen Gestalten durch göttliche Macht verliehen ist, in dem Sein zu bleiben, das sie hatten, solange die Substanz des Brotes und Weines bestand, so folgt, daß sie auch in ihrem Wirken verharren. Und darum können sie jede Wirkung, die sie während des Bestandes der Substanz von Brot und Wein ausüben konnten, auch ausüben, nachdem die Substanz des Brotes und Weines in den Leib und das Blut Christi übergegangen ist. Daher besteht kein Zweifel, daß sie auch die außenbefindlichen Körper verändern können. Z u 1. Obwohl die sakramentalen Gestalten als Formen ohne Stoff bestehen, so behalten sie doch dasselbe Sein bei, das sie vorher im Stoff hatten. Und deshalb gleichen sie bezüglich des Seins den Formen, die im Stoff sind. Z u 2. Die Tätigkeit der Eigenschaftsformen hängt so von der Tätigkeit der substantialen Form ab wie das Sein der Eigenschaft von dem der Substanz. Und wie also von der göttlichen Kraft den sakramentalen Gestalten gegeben wird, ohne die Substanz sein zu können, so wird ihnen gegeben, wirken zu können ohne substantiale Form, durch die Kraft Gottes, von dem als dem Erstwirkenden alle Tätigkeit der Form, sowohl der sustantialen als auch der eigenschaftlichen, abhängt. QUAESTIO
77, 3
quantum est ens actu [cf. 8 Metaph., cap. 8], consequens est 1049 b 27 quod unumquodque sicut se habet ad esse, ita se habeat ad agere. Quia igitur secundum praedicta, speciebus sacramentalibus datum est divina virtute ut remaneant in suo esse quod habebant, substantia panis et vini existente, consequens est quod etiam remaneant in suo agere, et ideo omnem actionem quam poterant agere, substantia panis et vini existente, possunt etiam agere, substantia panis et vini transeunte in corpus et sanguinem Christi. Unde non est dubium quod possunt immutare exteriora corpora. AD PRIMUM ergo dicendum quod species sacramentales, licet sint formae sine materia existentes, retinent tarnen idem esse quod habebant prius in materia, et ideo secundum suum esse assimilantur formis quae sunt in materia. AD SECUNDUM dicendum quod ita actio formae accidentalis dependet ab actione formae substantialis, sicut esse accidentis dependet ab esse substantiae, et ideo sicut divina virtute datur speciebus sacramentalibus ut possint esse sine substantia, ita datur eis ut possint agere sine forma substantiali virtute Dei, a quo sicut a primo agente dependet omnis actio formae et substantialis et accidentalis.
133
4
Z u 3. Die Veränderung, die auf die substantiale F o r m abzielt, geht von der substantialen F o r m nicht unmittelbar aus, sondern mittelbar, durch die wirkenden und erleidendlichen Beschaffenheiten, die kraft der substantialen F o r m wirken. Diese werkzeugliche Kraft wird in den sakramentalen Gestalten durch die göttliche Macht erhalten, wie sie zuvor war. Und daher können diese als Werkzeuge auf eine substantiale F o r m hinwirken. Auf eine solche Art kann etwas über seine Wesensart hinaus wirksam sein, nicht wie in eigener Kraft, sondern in der der Hauptursache. 4.
Können
ARTIKEL
die sakramentalen
Gestalten
aufgelöst
werden?
1. Auflösung tritt ein durch die Lösung der F o r m vom Stoff. Der Stoff des Brotes bleibt aber nicht in diesem Sakrament (75, 4). Also können diese Gestalten nicht aufgelöst werden. 2. Keine Form kann aufgelöst werden, es sei denn beiläufig durch die Auflösung ihres Trägers. Darum sind die für sich bestehenden Formen unauflöslich, wie es im Falle der geistigen Substanzen klar ist. Die sakramentalen GeQUAESTIO
77, 4
AD TERTIUM dicendum quod immutatio quae est ad formam substantialem, non fit a forma substantiali immediate, sed mediantibus qualitatibus activis et passivis, quae agunt in virtute formae substantialis. Haec autem virtus instrumentalis conservatur in speciebus sacramentalibus divina virtute, sicut et prius erat, et ideo possunt agere ad formam substantialem instrumentaliter, per quem modum aliquid potest agere ultra suam speciem, non quasi virtute propria, sed virtute principalis agentis. A R T I C U L U S IV Utrum species sacramentales possint [Infra, art. 5;
corrumpi
4 Sent., dist. 12, q. 1, art. 2, qa 3; 4 Cont. Gent., cap. 66; Respons. ad Lector. Venet., art. 35]
AD QUARTUM sie proceditur. Videtur quod species sacramentales corrumpi non possint. Corruptio enim accidit per separationem formae a materia. Sed materia pañis non remanet in hoc sacramento, sicut ex supra dictis patet. Ergo hujusmodi species non possunt corrumpi. 2. PRAETEREA, nulla forma corrumpitur nisi per accidens, corrupto subjecto; unde formae per se subsistentes incorruptibiles sunt, sicut patet in substantiis spiritualibus. Sed species
134
stalten aber sind Formen ohne einen Träger. Also können 77, 4 sie nicht aufgelöst werden. 3. Wenn sie aufgelöst werden, so erfolgt das auf natürliche oder wunderbare Weise. Nicht auf natürliche, weil man dort keinen Träger der Auflösung angeben kann, der bliebe, wenn die Auflösung abgeschlossen ist. Auch nicht auf wunderbare Weise, weil die Wunder, die in diesem Sakramente sind, kraft der Konsekration geschehen, durch welche die sakramentalen Gestalten erhalten werden. Ein und dasselbe ist aber nicht Ursache der Erhaltung und der Auflösung. Also können die sakramentalen Gestalten auf keine Weise aufgelöst werden. ANDERSEITS ist mit dem Sinn wahrzunehmen, daß konsekrierte Hostien zerfallen und sich auflösen. ANTWORT: Auflösung „ist Bewegung vom Sein zum Nichtsein" (Aristoteles). Die sakramentalen Gestalten behalten aber dasselbe Sein bei, das sie zuvor hatten, als die Substanz des Brotes und Weines noch bestand (Art. 3). Und darum kann das Sein dieser Eigenschaften, wie es sich auflösen konnte, während die Substanz des Brotes und Weines bestand, so auch aufgelöst werden, wenn jene Substanz verschwindet. Dergleichen Eigenschaften konnten nun auf zweierlei Weise aufgelöst werden: Einmal unmittelbar an sich, dann beiläufig. Und zwar an sich durch Veränderung der Beschaffenheiten und durch Zu- oder Abnahme der AusQ U A E S T I O
77,
4
sacramentales sunt formae sine subjecto. Ergo corrumpi non possunt. 3. PRAETEREA, si corrumpuntur, aut hoc erit naturaliter, aut miraculose. S e d non naturaliter, quia non est ibi assignare aliquod corruptionis subjectum quod maneat, corruptione terminata: similiter etiam nec miraculose, quia miracula quae sunt in hoc sacramento, fiunt virtute consecrationis, per quam species sacramentales conservantur: non est autem idem causa conservationis et corruptionis. Ergo nullo modo species sacramentales corrumpi possunt. S E D CONTRA est quod sensu deprehenditur hostias consecratas putrefieri et corrumpi. RESPONDEO dicendum quod corruptio est „motus ex esse in non esse" [5 Phys., cap. 1]. Dictum est autem supra, quod 225 a 17 species sacramentales retinent idem esse quod prius habebant, substantia panis et vini existente. Et ideo sicut esse horum accidentium poterat corrumpi, substantia panis et vini existente, ita etiam potest corrumpi, illa substantia abeunte. Poterant autem hujusmodi accidentia primo corrumpi dupliciter: uno modo per se, alio modo per accidens. Per se quidem, sicut per alterationem qualitatum, et augmentum vel diminu-
135
77,4 dehnung; nicht zwar auf die Weise der Zu- und Abnahme, die sich nur in den belebten Körpern findet — eine solche sind die Substanz des Brotes und Weines nicht —, sondern durch Hinzufügung oder Teilung; denn durch die Teilung wird das eine Raummaß aufgelöst und entstehen zwei, durch die Hinzufügung wird umgekehrt aus zweien eines (Aristoteles). Und auf diese Weise können offenbar dergleichen Eigenschaften nach der Konsekration aufgelöst werden. Denn auch die räumliche Ausdehnung selbst, welche bleibt, läßt sich teilen und sich etwas hinzufügen; und da sie Träger sinnfälliger Beschaffenheiten ist (Art. 2), kann sie auch deren Veränderung tragen, wenn z. B. Farbe oder Geschmack des Brotes oder Weines sich ändern. In anderer Weise konnten die Eigenschaften sich beiläufig auflösen durch die Auflösung ihres Trägers. Und so können sie auch nach der Konsekration aufgelöst werden. Obgleich nämlich der Träger nicht bleibt, so bleibt doch das Sein, das dergleichen Eigenschaften in ihrem Träger hatten, das ja doch das dem Träger eigene und gemäße Sein ist. Und darum kann dergleichen Sein von einem entgegengesetzt Wirkenden aufgelöst werden, so wie auch die Substanz des Brotes und Weines aufgelöst wurde. Aber auch sie wurde nicht aufgelöst ohne vorausgehende Veränderung der Eigenschaften. QUAESTIO
77, 4
tionem quantitatis, non q u i d e m p e r m o d u m a u g m e n t i v e l diminutionis, qui i n v e n i t u r in solis corporibus animatis, qualia non sunt substantia p a n i s et vini, sed p e r additionem v e l 1002 a 34 d i v i s i o n e m ; n a m , sicut dicitur 3 M e t a p h . [lib. 2, cap. 5 ] , p e r divisionem u n a dimensio corrumpitur, et flunt d u a e ; per additionem a u t e m e converso, e x d u a b u s fit u n a . E t p e r h u n c m o d u m m a n i f e s t e possunt c o r r u m p i h u j u s m o d i accidentia post consecrationem, q u i a et ipsa quantitas d i m e n s i v a r e m a n e n s potest d i v i s i o n e m et additionem s u s c i p e r e ; et cum sit subjectum qualitatum sensibilium, sicut dictum est, potest etiam esse subjectum alterationis e a r u m p u t a si alteretur color aut sapor p a n i s aut vini. A l i o modo poterant c o r r u m p i p e r accidens p e r corruptionem subjecti, et hoc modo possunt c o r r u m p i etiam post consecrat i o n e m ; q u a m v i s enim subjectum non r e m a n e a t , remanet tarnen esse quod h a b e b a n t h u j u s m o d i accidentia in subjecto, quod q u i d e m est p r o p r i u m et c o n f o r m e s u b j e c t o ; et ideo h u j u s modi esse potest c o r r u m p i a contrario agente, sicut c o r r u m p e b a t u r substantia p a n i s v e l vini, q u a e etiam non c o r r u m p e b a tur, nisi p r a e c e d e n t e alteratione circa accidentia. 1
136
L: eorum.
Doch ist zu unterscheiden zwischen den beiden ge- 77,4 nannten Arten der Auflösung. Einerseits: Da der Leib und das Blut Christi in diesem Sakramente an die Stelle der Substanz des Brotes und Weines treten, hört, wenn an den Eigenschaften eine solche Umwandlung, die zur Auflösung des Brotes und Weines nicht genügt hätte, geschieht, wegen einer solchen Umwandlung der Leib und das Blut Christi nicht auf, unter diesem Sakramente zu sein. Die Umwandlung kann dabei an der Beschaffenheit geschehen — z. B. wenn sich Farbe oder Geschmack des Brotes oder Weines nur ein wenig ändern — oder an der Ausdehnung — so, wenn Brot und Wein in solche Teile geteilt werden, daß darin noch die Natur des Brotes oder Weines könnte gewahrt werden. — Anderseits: Wenn eine so große Umwandlung vor sich ginge, daß die Substanz des Brotes oder Weines aufgelöst worden wäre, dann blieben der Leib und das Blut Christi nicht unter diesem Sakramente. Und das gilt sowohl für die Beschaffenheiten: so, wenn Farbe und Geschmack und andere Beschaffenheiten des Brotes oder Weines derart verändert werden, wie es die Natur des Brotes oder Weines gar nicht vertragen kann — als auch für die Ausdehnung: wenn z. B. das Brot kleingestoßen wird oder der Wein in so verschwindend geringe Mengen aufgeteilt wird, daß die Gestalten des Brotes, bzw. Weines nicht mehr bleiben. QUAESTIO
77, 4
Distinguendum tamen est inter utrumque modum praedictarum corruptionum, quia, cum corpus Christi et sanguis succedant in hoc sacramento substantiae panis et vini, si fiat talis immutatio ex parte accidentium, quae non suffecisset ad corruptionem panis et vini, propter talem immutationem non desinit corpus et sanguis Christi esse sub hoc sacramento, sive fiat immutatio ex parte qualitatis, puta cum modicum immutatur color aut sapor panis vel vini; sive ex parte quantitatis, sicut cum dividitur panis aut vinum in tales partes quod adhuc in eis possit salvari natura panis aut vini. — Si vero fiat tanta immutatio quod fuisset corrupta substantia panis aut vini, non remanent corpus et sanguis Christi sub hoc sacramento; et hoc sive ex parte qualitatum, sicut cum ita immutatur color, et sapor, et aliae qualitates panis et vini, quod nullo modo possint compati naturam 1 panis aut vini; sive etiam ex parte quantitatis, puta si pulverizetur panis, vel vinum in tam minutaS 2 partes dividatur, ut jam non remaneant species panis vel vini. 1 2
L: posset compati natura. L: in minimas partes.
10 30
137
4
Z u 1. Weil es an sich zur Auflösung gehört, daß das Sein des Dinges aufgehoben wird, insofern das Sein einer Form im Stoff ist, folgt, daß durch die Auflösung die Form vom Stoff gelöst wird. Wenn ein solches Sein freilich nicht im Stoff, aber dem, was im Stoff ist, ähnlich wäre, so könnte es durch die Auflösung aufgehoben werden, auch wenn kein Stoff vorhanden ist. Und das trifft bei diesem Sakramente zu (Antw.). Z u 2. Die sakramentalen Gestalten haben, obwohl sie Formen außerhalb des Stoffes sind, doch das Sein, das sie zuvor im Stoff hatten. Z u 3. Die Auflösung jener Gestalten ist nicht wunderbar, sondern natürlich. Sie setzt aber das Wunder voraus, das in der Konsekration geschehen ist, nämlich, daß jene sakramentalen Gestalten das Sein ohne einen Träger beibehalten, das sie vorher im Träger hatten; wie auch ein Blinder, der durch ein Wunder sehend gemacht worden ist, dann auf natürliche Weise sieht. QUAESTIO
77, 4
AD PRIMUM ergo dicendum quod 1 ad corruptionem per se pertinet quod auferat esse rei. Unde inquantum esse alicujus i'ormae est in materia, consequens est quod per corruptionem separetur forma a materia. Si vero hujusmodi esse non esset in materia, simile tarnen ei quod est in materia, posset per corruptionem auferri, etiam materia non existente, sicut accidit in hoc sacramento, ut ex dictis patet. AD SECUNDUM dicendum quod species sacramentales, licet sint formae non in materia, habent tarnen esse quod prius in materia habebant. AD TERTIUM dicendum quod corruptio illarum specierum non est miraculosa, sed naturalis; praesupponit tarnen miraculum quod est factum in consecratione, scilicet quod illae species sacramentales retineant esse sine subjecto, quod prius habebant in subjecto, sicut et caecus miraculose illuminatus naturaliter videt. 1
138
L: . . . quod, quia . . . auferatur esse rei, inquantum etc.
5. A R T I K E L Kann
aus sakramentalen
Gestalten
77,6 etwas
entstehen?
1. W a s entsteht, entsteht aus einem Stoff; aus nichts entsteht nämlich nichts, wenn auch aus nichts etwas wird durch Erschaffung. Unter den sakramentalen Gestalten ist aber nur der Stoff des Leibes Christi, und der ist unverweslich. Also, scheint es, kann aus den sakramentalen Gestalten nichts entstehen. 2. Dinge, die nicht e i n e r Gattung sind, können nicht aus einander werden: denn aus der Weißfarbenheit wird keine Linie. Eigenschaft und Substanz sind aber der Gattung nach verschieden. Da also die sakramentalen Gestalten Eigenschaften sind, scheint aus ihnen irgendeine Substanz nicht entstehen zu können. 3. Wenn aus ihnen irgendeine körperliche Substanz entstünde, dann wäre jene nicht ohne Eigenschaft. Wenn darum aus den sakramentalen Gestalten irgendeine körperliche Substanz entstünde, müßte aus der Eigenschaft Substanz und Eigenschaft entstehen, also zwei aus einem. Das ist unmöglich. Also ist es unmöglich, daß aus den sakramentalen Gestalten irgendeine körperliche Substanz entsteht. QUAESTIO
Utrum
77, 5
ARTICULUS V ex s p e c i e b u s s a c r a m e n t a l i b u s possit generari
aliquid
[Infra, art. 8 ad 2; 4 Sent., dist. 12, q. 1, art. 2, qa 4; 4 Cont. Gent., cap. 66, Quodl. 9, art. 5 ad 3; 1 Cor., cap. 11, lect. 4]
AD QUINTUM sic proceditur. Videtur quod ex speciebus sacramentalibus nihil possit generari. Quod enim generatur, ex aliqua materia generatur; ex nihilo enim nihil generatur, quamvis ex nihilo fiat aliquid per creationem. Sed speciebus sacramentalibus non subest aliqua materia, nisi corporis Christi, quod est incorruptibile. Ergo videtur quod ex speciebus sacramentalibus nihil possit generari. 2. PRAETEREA, ea quae non sunt unius generis, non possunt ex se invicem fieri; non enim ex albedine fit linea. Sed accidens et substantia differunt genere. Cum ergo species sacramentales sint accidentia, videtur quod ex eis non possit aliqua substantia generari. 3. PRAETEREA, si ex eis generetur aliqua substantia corporea, ilia substantia non erit sine accidente. Si ergo ex speciebus sacramentalibus generetur aliqua substantia corporea, oportet quod ex accidente generetur substantia et accidens, duo scilicet ex uno, quod est impossibile. Ergo impossibile est quod ex speciebus sacramentalibus aliqua substantia corporea generetur. 10*
139
77,5
ANDERSEITS läßt sich durch den Augenschein feststellen, daß aus den sakramentalen Gestalten etwas entsteht: Asche, wenn man sie verbrennt; Würmer, wenn sie vermodern; Staub, wenn sie zerrieben werden. ANTWORT: „Die Auflösung des einen ist die Entstehung des anderen" (Aristoteles). Darum muß aus den sakramentalen Gestalten etwas entstehen, wenn sie aufgelöst werden (Art. 4). Denn sie werden nicht so aufgelöst, daß sie gänzlich verschwinden, als ob sie ins Nichts zurückgeführt würden. Vielmehr ist es offenbar, daß etwas Sinnfälliges an ihre Stelle tritt. Wie aber aus ihnen etwas entsteht, ist schwer zu sehen. Auf der Hand liegt, daß aus dem Leib und Blut Christi, die dort wahrhaftig sind, nichts entsteht, weil sie unverweslich sind. Wenn aber die Substanz des Brotes und Weines in diesem Sakramente zurückbliebe oder deren Stoff, so wäre es leicht, zu zeigen, daß jenes Sinnfällige, das folgt, aus ihnen entsteht, wie einige annahmen. Das aber ist falsch (75, 2. 4. 8). Darum sagten einige 1 , daß das, was entsteht, nicht aus den sakramentalen Gestalten, sondern aus der umgebenden Luft wird. — Aus vielen Gründen aber erhellt, daß das unmöglich ist. Erstens, weil etwas aus dem entsteht, was zuvor offenbar verändert und aufgelöst erscheint. QUAESTIO
77, 5
SED CONTRA est quod ad sensum videri potest ex speciebus sacramentalibus aliquid generari, vel cineres, si comburantur, vel vermes, si putreflant, vel pulveres, si conterantur. RESPONDEO dicendum quod „cum corruptio unius sit gene318 a 23 ratio alterius tt , ut dicitur 2 de Gener. et Corr. [cap. 3] , 2 necesse est quod e x speciebus sacramentalibus aliquid generetur, cum corrumpantur, ut dictum est; non enim sie corrumpuntur ut omnino dispareant, quasi in nihilum redigantur; sed manifeste aliquid sensibile eis succedit. Quomodo autem e x eis aliquid generari possit, diffleile est videre. Manifestum est enim quod e x corpore et sanguine Christi, quae ibi veraciter sunt, non generatur aliquid, cum sint incorruptibilia. Si autem substantia panis aut vini remaneret in hoc sacramento vel eorum materia, facile esset assignare quod ex eis generatur illud sensibile quod succedit, ut quidam posuerunt. Sed hoc est falsum, ut supra habitum est. Et ideo quidam dixerunt quod ea quae generantur, non Sunt ex speciebus sacramentalibus, sed ex aere circumstante. — Quod quidem multipliciter apparet esse impossibile, primo quia e x eo generatur aliquid quod prius alteratum et corruptum 1 Vgl. Anm. [74a]. 2 Cf. 3 Phys., cap. 8 : 208 a 9 sq.
140
Keine Veränderung oder Auflösung erscheint aber vorher 77,5 in der umgebenden Luft. Daher entstehen aus ihr die Würmer und die Asche nicht. — Zweitens, weil die Natur der Luft nicht eine solche ist, daß aus ihr durch solche Veränderungen solches entsteht. — Drittens kann es sich fügen, daß konsekrierte Hostien in großer Menge verbrannt werden oder vermodern. Dann wäre es nicht möglich, daß soviel Erdmasse aus der Luft entstünde, außer es ging eine große und auch sehr auffällige Verdichtung der Luft vor sich. — Viertens kann das gleiche eintreten, auch wenn feste Körper, wie Eisen oder Steine, die Umgebung bilden. Diese aber bleiben unversehrt nach der Entstehung der genannten Substanzen. — Also kann diese Behauptung nicht zu recht bestehen, denn sie widerspricht dem offenkundigen Zeugnis der Sinne. Deshalb sagten andere [75], daß die Substanz des Brotes und Weines im Augenblick der Auflösung der Gestalten zurückkehre und so aus der zurückkehrenden Substanz des Brotes und Weines Asche und Würmer und dergleichen entstehen. — Aber diese Annahme scheint nicht möglich zu sein. Erstens, weil die Substanz des Brotes und Weines, wenn sie in den Leib und das Blut Christi verwandelt ist (75, 2. 4), nicht zurückkehren kann, außer der Leib und das Blut Christi verwandelten sich wieder in die Substanz des Brotes und Weines, was unmöglich ist; wie auch die Luft, wenn sie in Feuer verwandelt ist, nicht QUAESTIO
77, 5
apparet; nulla autem alteratio vel corruptio prius apparuit in aere circumstante; unde ex eo vermes vel ciñeres non generantur. — Secundo quia natura aeris non est talis quod ex eo per tales alterationes talia generentur. — Tertio quia potest contingere in magna quantitate hostias consecratas comburi vel putrefieri, nec esset possibile tantum de corpore terreno ex aere generari, nisi magna et valde sensibili inspissatione aeris facta. — Quarto quia idem potest accidere corporibus solidis circumstantibus, puta ferro aut lapidibus, quae integra remanent post praedictorum generationem. — Unde haee positio stare non potest, quia contrariatur ei quod ad sensum apparet. Et ideo a l i i 1 dixerunt quod redit substantia panis et vini in ipsa corruptione specierum, et sie ex substantia panis et vini redeunte generantur ciñeres aut vermes aut aliquid hujusmodi. — Sed haec positio videtur esse impossibilis, primo quidem quia si substantia panis et vini conversa est in corpus et sanguinem Christi, ut supra habitum est, non potest substantia panis aut vini redire, nisi corpore aut sanguine Christi iterum converso in substantiam panis vel vini, quod est Imposit Cf. I n n o c e n t . III., 4 de Sacro Alt. Myst., cap. 11; MPL 217/863. Bonaventura, 4 Sent., dist. 12, p. 1, art. 2, q. 1; ed. ad claras Aquas, 4/276 sa.
141
b zurückkehren kann, außer das Feuer verwandle sich abermals in Luft. Wenn aber die Substanz des Brotes und Weines vernichtet würde, könnte sie nicht wiederum zurückkehren; denn was in das Nichts versunken ist, kehrt nicht als der Zahl nach dasselbe zurück, es sei denn, man sage, die genannte Substanz kehre deshalb zurück, weil Gott von neuem eine neue Substanz an Stelle der ersten schaffe. — Zweitens scheint das unmöglich zu sein, weil es keinen Zeitpunkt geben kann, in dem die Substanz des Brotes zurückkehrte. Denn es ist klar, daß, solange die Gestalten des Brotes und Weines bleiben, der Leib und das Blut Christi bleiben (Art. 4; 76, 6 Zu 3), die nicht zugleich mit der Substanz des Brotes und Weines in diesem Sakramente sind (75, 2). Daher kann die Substanz des Brotes und Weines nicht zurückkehren, solange die sakramentalen Gestalten bleiben. Gleicherweise aber auch nicht, wenn sie verschwinden, weil sogleich die Substanz des Brotes und Weines ohne ihre eigenen Eigenschaften wäre, was unmöglich ist. — Wenn man nicht gerade sagte, im letzten Augenblick der Auflösung der Gestalten kehre nicht zwar die Substanz des Brotes und Weines zurück — denn jener Augenblick ist derselbe, in dem als dem ersten die aus den Gestalten entstandenen Substanzen Dasein haben —, sondern der Stoff des Brotes und Weines; und der heiße sozusagen mehr neugeschaffen als zurückkehrend im eigentlichen Sinn des Wortes. Und dementsprechend könnte die letztgenannte Aufstellung gehalten werden. QUAESTIO
77, 5
sibile; sicut si aer sit conversus in ignem, non potest aer redire, nisi iterum ignis convertatur in aerem. Si vero substantia panis aut vini sit annihilata, non potest iterum redire, quia quod in nihilum decidit, non redit idem numero; nisi forte dicatur redire praedicta substantia, quia Deus de novo creat aliam novam substantiam loco primae. — Secundo videtur hoc esse impossibile, quia non est dare quando substantia panis redeat. Manifestum est enim ex supra dictis, quod manentibus speciebus panis et vini, manet corpus et sanguis Christi, quae non sunt simul cum substantia panis et vini in hoc sacramento, secundum praehabita. Unde substantia panis et vini non potest redire, speciebus sacramentalibus manentibus; similiter etiam nec eis cessantibus, quia jam substantia panis et vini esset sine propriis accidentibus, quod est impossibile. — Nisi forte dicatur quod in ipso ultimo instanti corruptionis specierum redit non quidem substantia panis et vini, quia illud idem instans est in quo primo habent esse substantiae generatae ex speciebus, sed materia panis et vini; quae magis de novo creata diceretur quam rediens, proprie loquendo. Et secundum hoc posset sustineri praedicta positio.
142
Aber es scheint nicht sinngemäß gesagt zu werden [76], 77,5 daß etwas durch ein Wunder eintrete in diesem Sakrament, außer infolge der Konsekration selber, die nicht Grund dafür ist, daß der Stoff geschaffen werde oder zurückkehre. Darum scheint besser gesagt werden zu müssen, daß bei der Konsekration selbst der räumlichen Ausdehnung des Brotes und Weines durch ein Wunder gegeben wird, erster Träger für die nachfolgenden Formen zu sein. Das aber ist die eigentliche Aufgabe des Stoffes. Und infolge davon wird darum dieser räumlichen Ausdehnung all das gegeben, was zum Stoff gehört. Deshalb kann, was immer aus dem Stoff des Brotes oder Weines entstehen könnte, wenn es ihn gäbe, alles das aus der genannten räumlichen Ausdehnung des Brotes oder Weines entstehen, nicht zwar durch ein neues Wunder, sondern in Kraft des früher geschehenen Wunders. Z u 1. Obgleich kein Stoff dort ist, aus dem etwas entstünde, so vertritt doch die räumliche Ausdehnung die Stelle des Stoffes (Antw.). Z u 2. Jene sakramentalen Gestalten sind zwar Eigenschaften, haben aber doch die Wirklichkeit und Kraft einer Substanz (Antw. u. Art. 1 Zu 4). Z u 3. Die räumliche Ausdehnung des Brotes und Weines behält ihre eigene Natur bei und erlangt durch ein Wunder auch die Kraft und Eigentümlichkeit einer Substanz. Darum kann sie in beides, nämlich in Substanz und Raummaße, übergehen. Q U A E S T I O
77, 5
Verum quia non rationabiliter videtur dici quod miraculose aliquid accidat in hoc sacramento, nisi ex ipsa consecratione, ex qua non est quod materia creetur vel redeat, melius videtur dicendum quod in ipsa consecratione miraculose datur quantitati dimensivae panis et vini, quod sit primum subjectum subsequentium formarum. Hoc autem est proprium materiae; et ideo ex consequenti datur praedictae quantitati dimensivae omne illud quod ad materiam pertinet; et ideo quidquid posset generari ex materia panis vel vini, si adesset, totum potest generari ex praedicta quantitate dimensiva panis vel vini, non quidem novo miraculo, sed ex vi miraculi prius facti. AD PRIMUM ergo dicendum quod, quamvis non sit ibi materia ex qua aliquid generetur, quantitas tarnen dimensiva supplet vicem materiae, ut dictum est. AD SECUNDUM dicendum quod illae species sacramentales sunt quidem accidentia, habent tarnen actum et vim substantiae, ut dictum est. AD TERTIUM dicendum quod quantitas dimensiva panis et vini retinet naturam propriam et accipit miraculose vim et proprietatem substantiae; et ideo potest transire in utrumque, id est, in substantiam et dimensionem.
143
77, 6
6. A R T I K E L Können die sakramentalen Gestalten
nähren?
1. Ambrosius sagt: „Nicht dieses [ungeweihte] Brot ist es, das in den Leib eingeht, sondern das Brot des ewigen Lebens, welches das Mark unserer Seele stärkt." Alles aber, was nährt, geht in den Leib ein. Also nährt dieses Brot nicht. Und gleiches gilt auch vom Wein. 2. „Wir ernähren uns aus denselben [Stoffen], aus denen wir auch sind" (Aristoteles). Die sakramentalen Gestalten aber sind Eigenschaften, aus welchen der Mensch nicht besteht. Die Eigenschaft ist nämlich nicht Teil der Substanz. Also scheinen die sakramentalen Gestalten nicht nähren zu können. 3. „Die Nahrung nährt, sofern sie eine Substanz ist; fördert aber das Wachsen, sofern sie ein Ausgedehntes ist" (Aristoteles). Die sakramentalen Gestalten aber sind nicht Substanz. Also können sie nicht nähren. ANDERSEITS sagt der Apostel 1 Kor 11, 21 über dieses Sakrament: „Der eine ist hungrig, der andere aber trunken." Dazu bemerkt die Glosse, daß er „jene meint, die nach der Feier des heiligen Geheimnisses und nach der Konsekration des Brotes und Weines sich ihre Opfer9TIAESTI0
77, 6
A R T I C U L U S VI Utrum species sacramentales possint
nutriré
[4 Sent., dist. 12, q. 1, art. 2, qa 5; 4 Cont. Gent., cap. 66; 1 Cor., cap. 11, lect. 4]
AD SEXTUM sic proceditur. Videtur quod species sacramentales non possint nutriré. Dicit enim Ambrosius 5 de SacraMPL mentis [cap. 4 ] : „Non iste pañis est qui vadit in corpus, sed 16/452 pañis vitae aeternae, qui animae nostrae substantiam fuleit." Sed omne quod nutrit vadit in corpus. Ergo pañis iste non nutrit, et eadem ratio est de vino. 335 a io 2. PRAETEREA, sicut dicitur 1 de Gener. [cap. 5], „ex eisdem nutrimur ex quibus sumus". Species autem sacramentales sunt accidentia, ex quibus homo non constat; non enim accidens est pars substantiae. Ergo videtur quod species sacramentales nutriré non possunt. 4iß b 11 3. PRAETEREA, Philosophus 2 de An. [cap. 4] dicit quod „alimentum nutrit, prout est substantia quaedam; auget autem, prout est aliquid quantum". Sed species sacramentales non sunt substantia. Ergo non possunt nutriré. SED CONTRA est quod Apostolus 1 Cor. 11, loquens de hoc sacramento, dicit: „Alius quidem esurit, alius autem ebrius Ord.MPL est", ubi dicit Glossa quod „notat illos qui post celebrationem J14/539 sacri mysterii, et consecrationem panis et vini, suas oblationes Lomb. 191/1639
144
gaben vorbehielten und sie, ohne mit den anderen zu tei- 77,6 len, für sich allein nahmen in einer Weise, daß sie davon sogar berauscht wurden" [77]. Das könnte nicht der Fall sein, wenn die sakramentalen Gestalten nicht nährten. Also nähren sie. ANTWORT: Diese Frage hat keine Schwierigkeit, wenn die vorhergehende gelöst ist. Dadurch nährt nämlich die Speise, daß sie in die Substanz des Genährten verwandelt wird (Aristoteles). Die sakramentalen Gestalten können aber in eine Substanz verwandelt werden, die aus ihnen entsteht (Art. 5). Aus demselben Grunde aber können sie in den menschlichen Leib verwandelt werden, wie sie in Asche oder Würmer verwandelt werden können. So liegt auf der Hand, daß sie nähren. Was aber einige behaupten, daß sie nicht wirklich nähren, in dem Sinne, als ob sie in den menschlichen Leib verwandelt würden, sondern daß sie erquicken und stärken durch eine Art von Veränderung der Sinne, so wie der Mensch gestärkt wird durch den Geruch der Speise und berauscht wird durch den Geruch des Weines — das ist nach dem Zeugnis der Sinne falsch. Eine solche Erquikkung genügt nämlich nicht lange für den Menschen, dessen Leib wegen der ständigen Einbuße der Wiederherstellung bedarf. Und doch könnte der Mensch lange unterhalten werden, wenn er Hostien und konsekrierten Wein in großer Menge genösse. Q U A E S T I O
77,
6
vindicabant, et aliis non communicantes s o l i 1 sumebant, i ta ut inde etiam inebriarentur"; quod quidem non posset contingere, si sacramentales species non nutrirent. Ergo species sacramentales nutriunt. RESPONDEO dicendum quod haec quaestio difficultatem non habet, praecedenti quaestione soluta. E x hoc enim, ut dicitur 2 de Anima (cap. 4), cibus nutrit, quod convertitur in substan- 416 b u tiam nutriti. Dictum est autem quod species sacramentales possunt converti in substantiam aliquam, quae e x eis generatur; per eamdem autem rationem possunt converti in corpus humanum per quam possunt converti in ciñeres vel in vermes. Et ideo manifestum est quod nutriunt. Quod autem quidam 2 dicunt quod non vere nutriunt quasi in corpus humanum convertantur, sed reficiunt et confortant quadam sensuum immutatione, sicut homo confortatur e x odore cibi, et inebriatur ex odore vini, ad sensum patet esse falsum; talis enim refectio non diu sufficit homini, cujus corpus propter continuam deperditionem restauratione indiget, et tarnen homo diu sustentan posset, si hostias et vinum consecratum sumeret in magna quantitate. 1 2
P et L : sibi solis. Cf. Algerus, 2 de S a c r a m e n t . ,
cap. 1;
MPL
180/807 sq.
145
77, 6
Ähnlich kann auch nicht die Ansicht einiger bestehen, daß die sakramentalen Gestalten nähren durch die substantiale Form des Brotes und Weines, die zurückbleibe. — Einmal, weil sie nicht zurückbleibt (75, 6). Dann auch, weil das Nähren nicht die Wirkung der Form, sondern eher des Stoffes ist, der die Form des Genährten annimmt, wenn die Form des Nährstoffes weicht. Darum heißt es bei Aristoteles, daß die Nahrung am Anfang unähnlich, am Ende aber ähnlich sei. Z u 1. Nach der Konsekration kann der Ausdruck ,Brot' bei diesem Sakramente ein Doppeltes bedeuten: erstens die Gestalten des Brotes, die den Namen der früheren Substanz beibehalten (Gregorius); zweitens kann Brot geheißen werden der Leib Christi selbst, der das geheimnisvolle Brot ist, „das vom Himmel kommt" (Jo 6, 50). Wenn Ambrosius also sagt: „Dieses Brot geht nicht in den Leib über", so nimmt er ,Brot' im zweiten Sinn. Denn der Leib Christi wird nicht in den Leib des Menschen verwandelt, sondern erquickt seinen Geist. Nicht aber spricht er von Brot im erstgenannten Sinn. Zu 2. Die sakramentalen Gestalten werden, wenn sie auch nicht das sind, woraus der Leib des Menschen besteht, doch in ebendas verwandelt (Antw.). QUAESTIO
77, s
Similiter etiam non potest stare quod quidam dicunt quod species sacramentales nutriunt propter formam substantialem panis et vini quae remanet. — Tum quia non remanet, ut supra dictum est; tum quia non est actus formae nutrire, sed magis materiae, quae accipit formam nutriti, recedente forma nutri416 b 3 menti; unde dicitur 2 de Anima [cap. 4] 1 , quod nutrimentum in principio est dissimile, in fine autem simile. AD PRIMUM ergo dicendum quod, facta consecratione, dupliciter potest dici panis in hoc sacramento esse; uno modo ipsae species panis quae retinent nomen prioris substantiae, ut GreMPL 150 gorius dicit in homilia Paschali [cf. Lanfranc., loc. cit. art. 1 436 sq. huj_ quaest.] ; alio modo potest dici panis ipsum corpus Christi, quod est panis mysticus „de caelo descendens". Ambrosius MPL ergo, cum dicit quod „iste panis non transit in corpus", accepit 16/452 p a n e m secundo modo, quia scilicet corpus Christi non convertitur in corpus hominis, sed reficit mentem ejus; non autem loquitur de pane primo modo dicto. AD SECUNDUM dicendum quod species sacramentales, etsi non sint ea ex quibus corpus hominis constat, tamen in ea convertuntur, sicut dictum est. 1
146
Cf. 1 de Gener. et Corr., cap. 5: 321 b 35.
Z u 3. Die sakramentalen Gestalten haben, obgleich sie 77,7 nicht Substanz sind, doch die Kraft der Substanz (Art. 3 Zu 3; Art. 5 Zu 2). 7. A R T I K E L Werden die sakramentalen Gestalten Sakramente gebrochen?
in diesem
1. Die Körper heißen brechbar wegen einer bestimmten Anordnung der Poren (Aristoteles). Das aber kann den sakramentalen Gestalten nicht zugeschrieben werden. Also können sie nicht gebrochen werden. 2. Auf die Brechung folgt ein Tönen. Die sakramentalen Gestalten aber ertönen nicht, denn was [leicht] ertönt, ist ein harter Körper mit elastischer Oberfläche (Aristoteles). Also werden die sakramentalen Gestalten nicht gebrochen. 3. Gebrochen und gekaut werden, scheint bei ein und demselben möglich zu sein. Es ist aber der wahre Leib Christi, der gegessen wird, nach Jo 6, 54 u. 56 : „Wer Mein Fleisch ißt und Mein Blut trinkt." Also ist es der Leib Christi, der gebrochen und gekaut wird. Darum heißt es auch in dem Bekenntnis Berengars: „Ich stimme der heiQUAESTIO
77, 7
AD TERTIUM dicendum quod species sacramentales, quamvis non sint substantia, h a b e n t tarnen virtutem substantiae, sicut dictum est. Utrum
species
A R T I C U L U S VII sacramentales frangantur hoc s a c r a m e n t o
in
[4 Sent., dist. 10, q. 1, art. 1 ad 1; dist. 12, q. 1, art. 8, qa 1. 2; 4 Cont. Gent., cap. 67; 1 Cor., cap. 11, lect. 5].
AD SEPTIMUM sie proceditur. Videtur quod species sacramentales non f r a n g a n t u r in hoc sacramento. Dicit enim Philosophus 4 Meteor, (cap. 9), quod corpora dicuntur frangibilia 386 a 14 propter d e t e r m i n a t a m dispositionem pororum, quod non potest attribuì sacramentalibus speciebus. Ergo sacramentales species non possunt f r a n g i . 2. PRAETEREA, fractionem sequitur sonus. Sed species sacramentales non sunt sonabiles; dicit enim Philosophus 2 de Anima (cap. 8), quod sonabile est corpus d u r u m , h a b e n s super- 419 b 6 fìciem l e n e m 1 . Ergo species sacramentales non f r a n g u n t u r . b 14 3. PRAETERA, e j u s d e m videtur esse m a n d u c a r i 2 , f r a n g i et masticari. Sed v e r u m corpus Christi est quod m a n d u c a t u r , secundum illud J o a n . 6: „Qui manducat m e a m carnem, et bibit meum sanguinem." Ergo corpus Christi est quod f r a n g i t u r et masticatur; u n d e et in confessione Berengarii d i c i t u r : 3 „Con1 L: levem. 2 L om. Cf. supra, 75, 1, pag. 55, nota.
3
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77,7 ligen Römischen Kirche bei und bekenne mit Herz und Mund, daß das Brot und der Wein, die auf den Altar gebracht werden, nach der Konsekration der wahre Leib und das Blut Christi sind und in Wahrheit von den Händen der Priester gefaßt und gebrochen und von den Zähnen der Gläubigen zerrieben werden." Also darf das Gebrochenwerden nicht den sakramentalen Gestalten zugeschrieben werden. ANDERSEITS geschieht die Brechung durch Teilung eines Ausgedehnten. Doch kein Ausgedehntes wird hier geteilt außer den sakramentalen Gestalten: weder der Leib Christi, der unversehrbar ist, noch die Substanz des Brotes, die nicht bleibt. Also werden die sakramentalen Gestalten gebrochen. ANTWORT: Bei den Alten herrschte in diesem Punkte eine vielfache Meinungsverschiedenheit [78]. Die einen sagten nämlich, daß in diesem Sakramente nicht eine Brechung wäre in Wirklichkeit, sondern nur vor dem Blick der Beschauer. — Das aber kann nicht bestehen. Denn in diesem Sakramente der Wahrheit täuscht sich der Sinn nicht in den Dingen, deren Beurteilung ihn angeht. Darunter ist die Brechung, durch die aus einem einzigen viele werden. Das aber ist alles Allgemeingegenstand der Sinne (Aristoteles). Darum sagten andere, daß dort eine wirkliche Brechung stattfinde ohne das Vorhandensem eines Trägers. — Aber QUAESTIO
77, 7
sentio sanctae Romanae Ecclesiae, et corde et ore profiteor, panem et vinum, quae in altari ponuntur, post consecrationem verum corpus et sanguinem Christi esse, et in veritate manibus sacerdotum tractari, frangi, et fidelium dentibus atteri." Non ergo fractio debet attribuì sacramentalibus speciebus. S E D C O N T R A est quod fractio fit per divisionem quanti. S e d nullum quantum ibi dividitur, nisi species sacramentales, quia neque corpus Christi, quod est incorruptibile, neque substantia panis, quae non manet. Ergo species sacramentales franguntur. R E S P O N D E O dicendum quod apud antiquos circa hoc multiplex fuit opinio. Q u i d a m 1 enim dixerunt quod non erat in hoc sacramento fractio secundum rei veritatem, sed solum secundum aspectum intuentium. — S e d hoc non potest stare, quia in hoc sacramento veritatis, sensus non decipitur circa ea quorum Judicium ad ipsum pertinet, inter quae est fractio per quam ex uno fiunt multa; quae quidem sunt sensibilia com418 a 11 munia, ut patet in libro de Anima [lib. 2, cap. 6 ] . Unde alii [cf. Hugo a St.-Vict., ibid.] dixerunt quod erat quidem ibi vera fractio sine subjecto existente. — Sed hoc 1 Cf. pag. 122, nota. — Abaelard., Epitome Theol. Christianae, cap. 29; MPL 17871742. Hugo a St. Vict., Summ. Sent., tr. 6, cap. 8; MPL 176/144.
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auch das widerspricht dem Zeugnis der Sinne. Denn es 77,7 zeigt sich in diesem Sakrament ein Ausgedehntes, das erst ein einziges, hernach aber in viele aufgeteilt ist. Das aber muß der Träger der Brechung sein. Es läßt sich aber nicht sagen, daß der wahre Leib Christi selber gebrochen werde. Erstens, weil er unversehrbar und leidensunfähig ist. — Zweitens, weil er ganz unter jedem Teil ist (76, 3), was aber nicht vereinbar ist mit dem, was gebrochen wird. Somit bleibt übrig, daß die Brechung als in ihrem Träger in der räumlichen Ausdehnung des Brotes sei gleich den übrigen Eigenschaften. Und wie die sakramentalen Gestalten das Sakrament des wahren Leibes Christi sind, so ist die Brechung ebendieser Gestalten das Sakrament des Herrnleidens, das am wahren Leib Christi geschehen ist. Z u 1. Wie unter den sakramentalen Gestalten das Locker- und Dichtsein bleiben (Art. 2 Zu 8), so bleibt dort auch das Porös-sein und folglich die Brechbarkeit. Z u 2. Aus der Dichtigkeit folgt die Härte. Und darum folgt daraus, daß in den sakramentalen Gestalten die Dichtigkeit zurückbleibt, daß dort die Härte bleibt und folglich das Tönen-können. Z u 3. Was in seiner eigenen Gestalt genossen wird, das wird gebrochen und gekaut in seiner Gestalt. Der Leib Christi aber wird nicht gegessen in seiner, sondern QUAE S T I 0
77, 1
etiam sensui contradicit; apparet enim in hoc sacramento aliquid quantum, prius unum existens, postea in multa partitum, quod quidem oportet esse subjectum fractionis. Non autem potest dici quod ipsum corpus Christi verum frangatur, primo quidem quia est incorruptibile et impassibile. — Secundo quia est totum sub qualibet parte, ut supra habitum est, quod quidem est contra rationem ejus quod frangitur. Unde relinquitur quod fractio sit, sicut in subjecto, in quantitate dimensiva panis sicut et alia accidentia; et sicut species sacramentales sunt sacramentum corporis Christi veri, ita fractio hujusmodi specierum est sacramentum dominicae passionis, quae fuit in corpore Christi vero. AD PRIMUM ergo dicendum quod, sicut in speciebus sacramentalibus remanet ,rarum' et ,densum', ut supra dictum est, ita etiam remanet ibi porositas, et per consequens frangibilitas. AD SECUNDUM dicendum quod densitatem sequitur duritia: ideo ex quo in speciebus sacramentalibus remanet densitas, consequens est quod remaneat ibi duritia, et per consequens sonabilitas. AD TERTIUM dicendum quod illud, quod manducatur in propria specie, ipsum et frangitur et masticatur in sua specie; corpus autem Christi non manducatur in sua specie, sed in
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77, 8 in sakramentaler Gestalt. Darum sagt Augustinus zu Jo 6, 63, ,Das Fleisch nützt nichts': „Das ist im Sinne derer zu verstehen, die es fleischlich verstanden. Das Fleisch dachten sie sich nämlich so, wie es bei einem toten Körper in Stücke gerissen oder in der Schlächterei verkauft wird." Deshalb wird der Leib Christi selber nicht gebrochen, außer in der sakramentalen Gestalt. — Auf diese Weise ist auch das Bekenntnis Berengars [79 ] zu verstehen: Das Gebrochen-werden und Von-den-Zähnen-zerkaut-werden bezieht sich auf die sakramentale Gestalt, unter der in Wahrheit der Leib Christi ist. 8. A R T I K E L Kann mit dem konsekrierten Wein irgendeine Flüssigkeit gemischt werden? 1. Alles, was mit etwas durchmischt wird, nimmt eben dessen Beschaffenheit an. Keine Flüssigkeit kann aber die Beschaffenheit der sakramentalen Gestalten annehmen, denn jene Eigenschaften sind ohne Träger (Art. 1). Also scheint keine Flüssigkeit mit den sakramentalen Gestalten des Weines durchmischt werden zu können. 2. Wenn irgendeine Flüssigkeit mit jenen Gestalten durchmischt würde, dann müßte daraus ein Eines werden. Es kann aber kein Eines werden, weder aus der FlüssigQUAESTIO
77, 8
specie sacramentali. Unde et super illud Joan. 6, ,Caro non MPL prodest quidquam', dicit Augustinus ftr. 27 in Joan.]: „Hoc est 35/1617 intelligendum secundum illos qui carnaliter intelligebant: carnem quippe sie intellexerunt, quomodo in cadavere dilaniatur, aut in macello venditur." Et ideo ipsum corpus Christi non frangitur, nisi secundum speciem sacramentalem. Et hoc modo intelligenda est confessio Berengarii, ut fractio et attritio dentium referatur ad speciem sacramentalem, sub qua vere est corpus Christi. Utrum
A R T I C U L U S VIII vino consecrato possit aliquis misc er i
[4 Sent., dist. 12, q. 1, art. 2, qa 6;
liquoi
Quodl. 10, q. 1, art. 3]
AD OCTAVUM sie proceditur. Videtur quod vino consecrato non possit aliquis liquor misceri. Omne enim quod permiscetur alicui, reeipit qualitatem ipsius. Sed nullus liquor potest reeipere qualitatem sacramentalium specierum, quia accidentia illa sunt sine subjecto, ut dictum est. Ergo videtur quod nullus liquor possit permisceri speciebus sacramentalibus vini. 2. PRAETEREA, si aliquis liquor permisceatur illis speciebus, oportet quod ex his fiat aliquid unum. Sed non potest fleri aliquid unum neque ex liquore, qui est substantia, et speciebus
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keit, die eine Substanz ist, und den sakramentalen Gestal- 77, 8 ten, die Eigenschaften sind, noch aus der Flüssigkeit und dem Blut Christi, dem wegen seiner Unversehrbarkeit weder etwas hinzugefügt, noch auch etwas hinweggenommen werden kann. Also kann keine Flüssigkeit dem konsekrierten Weine beigemischt werden. 3. Wenn ein© Flüssigkeit dem konsekrierten Weine beigemischt wird, scheint auch sie zu etwas Konsekriertem zu werden [80]. So wird das [gewöhnliche] Wasser, das dem Weihwasser beigemischt wird, auch zu geweihtem. Der konsekrierte Wein ist aber in Wahrheit das Blut Christi. Also wäre auch die durchgemischte Flüssigkeit Blut Christi. Und so würde etwas zum Blute Christi auf andere Weise als durch die Konsekration. Das ist nicht entsprechend. Also kann mit dem konsekrierten Wein nicht irgendeine Flüssigkeit durchmischt werden. 4. Wenn von zwei Dingen das eine gänzlich aufgelöst wird, gibt es keine Mischung (Aristoteles). Aber auf die Durchmischung mit jeder beliebigen Flüssigkeit hin scheint die ganze sakramentale Gestalt des Weines so aufgelöst zu werden, daß das Blut Christi aufhört, unter ihr zu sein. Einmal, weil Groß und Klein Unterschiede der Ausdehnung sind und diese verschieden machen wie Weiß und Schwarz die Farbe. Dann auch, weil die durchgemischte Flüssigkeit, da sie keinen Widerstand findet, sich überall durch das Ganze zu verbreiten scheint. Und QUAESTIO
77, 8
sacramentalibus, quae sunt accidentia; neque ex liquore et sanguine Christi, qui ratione suae incorruptibilitatis neque additionem recipit, neque diminutionem. Ergo nullus liquor potest admisceri vino consecrato. 3. PRAETEREA, si aliquis liquor admisceatur vino consecrato, videtur quod etiam ipse efflciatur consecratus 1 ; sicut aqua quae admiscetur aquae benedictae, efficitur benedicta. Sed vinum consecratum est vere sanguis Christi. Ergo etiam liquor permixtus esset sanguis Christi 2 aliter quam per consecrationem, quod est inconveniens. Non ergo vino consecrato potest aliquis liquor permisceri. 4. PRAETEREA, si duorum unum totaliter corrumpatur, non erit mixtio, ut dicitur in 1 de Gener. et Corr. [cap. 10]. 327 b 2 Sed ad permixtionem cujuscumque liquoris videtur corrumpi totalis 3 species sacramentalis vini, ita quod sub ea desinat esse sanguis Christi, tum quia magnum et parvum sunt differentiae quantitatis, et diversificant ipsam, sicut album et nigrum colorem; tum etiam quia liquor permixtus, cum non habeat obstaculum, videtur undique diffundi per totum, et ita 1 P et L et Editio Barrl Ducis: ipsum . . . consecratum. P et L add.: et ita aliquid fleret sanguis Christi. 3 P et L om.
2
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8 so hört Christi Blut, das nicht zugleich mit einer anderen Substanz dort ist, auf, dort zu sein. Also kann nicht irgendeine Flüssigkeit mit dem konsekrierten Wein durchmischt werden. ANDERSEITS ist durch den Augenschein klar, daß eine andere Flüssigkeit mit dem Weine durchmischt werden kann, nach der Konsekration wie auch vorher. ANTWORT: Die Wahrheit in dieser Frage ist aus dem Vorhergehenden klar. Die Gestalten, die in diesem Sakramente fortdauern, erlangen kraft der Konsekration wie die Daseinsweise einer Substanz so auch deren Art zu wirken und zu erleiden, so daß sie wirken und erleiden können, was die Substanz wirkte und erlitte, wenn sie dort gegenwärtig wäre (Art. 3; Art. 5 Zu 2). Nun ist aber klar, daß, wenn die Substanz des Weines dort wäre, sie mit einer Flüssigkeit durchmischt werden könnte. Die Wirkung dieser Mischung wäre aber verschieden sowohl je nach der Form als auch je nach der Menge dieser Flüssigkeit. Wenn nämlich eine Flüssigkeit in solcher Menge durchgemischt würde, daß sie sich durch den ganzen Wein hin verbreiten könnte, würde das Ganze zu einem Durchmischten. Was aber aus zwei Bestandteilen zusammengemischt ist, bleibt keiner der beiden Mischungsteile, sondern beide gehen in ein Drittes, aus ihnen Zusammengesetztes über. Daraus ergibt sich, daß Q U A E S T I O 77, s
desinit ibi esse sanguis Christi, qui non est ibi simul cum alia substantia. Non ergo aliquis liquor potest permisceri vino consecrato. SED CONTRA est quod ad sensum patet alium liquorem vino permisceri posse post consecrationem, sicut et ante. RESPONDEO dicendum quod istius quaestionis veritas manifesta est ex praemissis. Dictum est enim supra quod species in hoc sacramento remanentes, sicut adipiscuntur virtute consecrationis modum essendi substantiae, ita etiam consequuntur 1 modum agendi et patiendi, ut scilicet agere et pati possint quidquid ageret vel pateretur substantia, si ibi praesens existeret. Manifestum est autem quod si esset ibi substantia vini, liquor aliquis posset ei permisceri. Hujus tarnen permixtionis diversus esset effectus et secundum formam liquoris, et secundum quantitatem. Si enim permisceretur aliquis liquor in tanta quantitate quod posset diffundi per totum vinum, totum fieret permixtum; quod autem est commixtum ex duobus, neutrum miscibilium est, sed utrumque transit in quoddam tertium ex his compositum: unde sequeretur quod vinum prius existens non remaneret. 2 Sed si 1 2
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L: adipiscuntur. P et L: remaneret, si . . . speciei. — Om.: puta . . . speciei.
der Wein von früher nicht weiterbestünde, wenn die mit 77, 8 ihm vermischte Flüssigkeit von anderer Art wäre. — Wenn aber die beigefügte Flüssigkeit derselben Art wäre, so wenn Wein mit Wein durchgemischt würde, bliebe zwar dieselbe Art, aber nicht zahlenmäßig derselbe Wein. Das macht die Verschiedenheiten der Eigenschaften klar, so wenn z. B. der eine Wein weiß und der andere rot wäre. Wenn aber die beigefügte Flüssigkeit von so geringer Menge wäre, daß sie sich nicht durch das Ganze ergießen könnte, so würde nicht der ganze Wein durchmischt, sondern nur ein Teil davon. Der aber bliebe nicht zahlenmäßig derselbe wegen der Zutat eines fremden Stoffes. Doch bliebe er der Art nach derselbe, nicht nur wenn die wenige durchgemischte Flüssigkeit derselben Art, sondern auch wenn sie andersartig wäre. Denn ein Tropfen Wasser, in vielen Wein gemischt, geht in die Art des Weines über (Aristoteles). Aus den früheren Ausführungen (Art. 4; 76, 6 Zu 3) erhellt aber, daß der Leib und das Blut Christi in diesem Sakramente bleiben, solange jene Gestalten der Zahl nach dieselben bleiben; konsekriert wird nämlich dieses Brot und dieser Wein. Wenn daher eine so große Durchmischung mit irgendeiner Flüssigkeit geschähe, daß sie sich auf den ganzen konsekrierten Wein erstreckte und ein Durchmischtes würde, wird er sowohl der Zahl nach ein anderer sein, als auch das Blut Christi dort nicht mehr Q U A E S T I O
77, 8
liquor permixtus esset alterius speciei, puta si permisceretur aqua, solveretur species vini, et esset liquor alterius speciei. — Si autem esset ejusdem speciei liquor adjunctus, puta si vinum permisceretur vino, remaneret quidem eadem species, sed non remaneret idem numero vinum, quod declarat diversitas accidentium: puta si unum vinum esset album, et aliud rubeum. Si vero liquor adjunctus esset tarn parvae quantitatis, quod non posset perfundi per totum, non fieret totum vinum permixtum, sed aliqua pars ejus, quae quidem non remaneret eadem numero propter permixtionem extraneae materiae; remaneret tarnen eadem specie, non solum si parvus liquor permixtus esset ejusdem speciei, sed etiam si esset alterius speciei, quia gutta aquae multo vino permixta transit in speciem vini, ut dicitur in 1 de Gener. et Corr. [cap. 5]. 321 bi sqq. Manifestum est autem ex praedictis, quod corpus et sanguis 322 a 9 sqq. Christi remanent in hoc sacramento, quamdiu illae species manent eaedem numero; consecratur enim hic panis, et hoc vinum. Unde si fiat tanta permixtio liquoris cujuscumque quod pertingat ad totum vinum consecratum, et fiat permixtum, erit aliud numero, et non remanebit ibi sanguis Christi; si vero
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77,8 verbleiben. Wenn aber ein so geringer Zusatz irgendeiner Flüssigkeit gegeben würde, daß sie sich nicht durch das Ganze ergießen könnte, sondern [nur] auf einen Teil der Gestalten, dann hört das Blut Christi auf, unter jenem Teil des konsekrierten Weines zu sein, bleibt aber unter dem anderen. Z u 1. Innozenz III. sagt in einem Dekretale: „Die Eigenschaften selber scheinen auf den beigefügten Wein einzuwirken. Denn wenn Wasser hinzugetan würde, nähme es den Geschmack des Weines an. Also kommt es vor, daß Eigenschaften ihren Träger verändern, wie es auch vorkommt, daß der Träger seine Eigenschaften verändert. Die Natur macht nämlich einem Wunder Platz und es wirkt eine außergewöhnliche Macht." Das ist aber nicht so zu verstehen, als ob zahlenmäßig dieselbe Eigenschaft, die erst im Wein war vor der Konsekration, nachher im beigegebenen Wein entstünde. Eine solche Veränderung vollzieht sich vielmehr durch eine [ursächliche] Wirksamkeit. Denn die weiterbestehenden Eigenschaften des Weines behalten die Wirksamkeit der Substanz bei (Antwort) und so wirken sie verändernd auf den beigefügten Wein ein. Z u 2. Die dem konsekrierten Wein beigegebene Flüssigkeit wird keineswegs unter die Substanz des Blutes Christi gemischt. Wohl aber wird sie unter die sakramentalen Gestalten gemischt, jedoch so, daß nach der QUAESTIO
77, 8
fiat tarn parva alicujus liquoris adjunctio quod non possit diffundi per totum, sed usque ad aliquam partem specierum, desinet esse sanguis Christi sub illa parte vini consecrati, remanebit tarnen sub alia. A D P R I M U M ergo dicendum quod Innocentius I I I . dicit in MPL214 quadam Decretali, 1 quod „ipsa aceidentia vinum appositum vi1121 sq. d e n t u r afficere, quia si aqua fuerit apposita, vini saporem assumit. Contingit igitur accidentia mutare subjectum, sicut et subjectum contingit accidentia p e r m u t a r e ; cedit quippe natura miraculo, et virtus supra consuetudinem operatur". Hoc tarnen non est sie intelligendum, quasi idem numero accidens quod prius fuit in vino ante consecrationem, postmodum fiat in vino apposito, sed talis permutatio fit per actionem; nam accidentia vini remanentia retinent actionem substantiae, secundum praedicta, et ita immutando afficiunt liquorem appositum. A D S E C U N D U M dicendum quod liquor appositus vino consecrato nullo modo miscetur substantiae sanguinis Christi; miscetur tarnen speciebus sacramentalibus, ita tarnen quod 1 Cf. pag. 4, nota.
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Durchmischung diese Gestalten entweder im Ganzen oder 77, 8 in einem Teil derart aufgelöst werden, daß daraus etwas gezeugt werden kann (Art. 5). Wenn sie nun im Ganzen aufgelöst werden, so bleibt nichts mehr zu fragen, denn so ist das Ganze gleichförmig. Wenn sie aber zum Teil aufgelöst werden, so wird die Ausdehnung zwar eine einzige sein bezüglich der Stetigkeit der Ausdehnung, aber nicht bezüglich der Weise des Seins; denn der eine Teil von ihr ist ohne einen Träger, der andere aber ist in einem Träger. Ähnlich wäre, wenn ein Körper sich aus zweierlei Metallen zusammensetzte, er ein einziger Körper auf Grund der Ausdehnung, nicht aber auch einer auf Grund der natürlichen Art. Z u 3. Innozenz III. sagt in dem erwähnten Dekretale (Zu 1): „Wenn nach der Konsekration des Kelches anderer Wein in den Kelch geschüttet wird, so geht dieser nicht in das Blut über, noch vermischt er sich mit ihm, sondern er vermischt sich mit den Gestalten des ursprünglichen Weines und fließt um den darunter verborgenen Leib von allen Seiten herum, ohne ihn zu benetzen." Das ist zu verstehen von dem Fall, in welchem die Beimischung einer fremden Flüssigkeit nicht so groß ist, daß das Blut Christi aufhörte, unter dem Ganzen zu sein. Dann kann man nämlich sagen, ,es fließe von allen Seiten herum', nicht weil es das Blut Christi berührt in dessen eigener Ausdehnung, sondern in den sakramentalen AusQUAESTIO
77, 8
permixtione facta, corrumpuntur praedictae species vel in toto vel in parte, secundum modum quo supra dictum est, quod ex speciebus illis potest aliquid generari; et si quidem corrumpantur in toto, nulla jam remanet quaestio, quia totum erit uniforme; si autem corrumpantur in parte, erit quidem una dimensio secundum continuitatem quantitatis, non tarnen una secundum modum essendi, quia una pars ejus erit sine subjeeto, alia erit in subjecto: sicut si aliquod corpus constituatur ex duobus metallis, erit unum corpus secundum rationem quantitatis, non tarnen unum secundum speciem materiae 1 . AD TERTIUM dicendum quod, sicut Innocentius III. dicit ibid. in Decretali praedicta, „si post consecrationem calicis aliud vinum mittatur in calicem, illud quidem non transit in sanguinem, neque sanguini commiscetur, sed accidentibus prioris vini commixtum, corpori quod sub eis laiet undique circumfunditur, non madidans circumfusum". Quod quidem intelligendum est quando non fit tanta permixtio liquoris extranei, quod sanguis Christi desinat esse sub toto; tunc enim dicitur ,undique circumfundi', non quia tangat sanguinem Christi secundum ejus proprias dimensiones, sed secundum dimensiones sacramentales, 1
P et L: naturae.
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77,8 dehnungen, unter denen es enthalten ist. — Auch ist es nicht das Gleiche mit dem Weihwasser; denn diese Weihe bewirkt keine Änderung an der Substanz des Wassers, wie es die Konsekration des Weines tut. Z u 4. Einige nahmen an, daß die Substanz des Blutes Christi, welch geringe Beimischung einer fremden Flüssigkeit auch geschehe, aufhöre, unter dem Ganzen zu sein. Und das aus dem angeführten Grunde. Dieser aber zwingt nicht. Denn Groß und Klein machen die räumliche Ausdehnung verschieden nicht in ihrem Wesen, sondern in der Bestimmung ihres Ausmaßes. Ähnlich kann auch die beigegebene Flüssigkeit so gering sein, daß ihr dadurch schon unmöglich wird, sich über das Ganze zu ergießen, und nicht bloß wegen der Raummaße [der sakramentalen Gestalten], die, wenngleich sie ohne Träger sind, doch einer anderen Flüssigkeit Widerstand leisten, wie die Substanz, wenn sie dort wäre (Anfang der Antw.). QUAESTIO
77, 8
sub quibus continetur. — Nec est simile de aqua benedicta, quia illa benedictio nullam immulationem facit circa substantiam aquae, sicut facit consecratio vini. AD QUARTUM dicendum quod quidam posuerunt quod quantumcumque parva fiat extranei liquoris permixtio, substantia sanguinis Christi desinit esse sub toto, et hoc ratione inducta, quae tarnen non cogit, quia magnum et parvum diversiflcant quantitatem dimensivam, non quantum ad ejus essentiam, sed quantum ad determinationem mensurae. Similiter etiam liquor appositus adeo potest esse parvus, quod sua parvitate impeditur ne diffundatur per totum, et non solis dimensionibus; quae, licet sint sine subjecto, tarnen obstant alteri liquori, sicut et substantia, si ibi adesset, secundum ea quae praemissa sunt.
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78. F R A G E DIE FORM DIESES SAKRAMENTES Dann ist die Form dieses Sakramentes zu untersuchen. Darüber ergeben sich sechs Einzelfragen. 1. Welches ist die Form dieses Sakramentes? 2. Ist die Form der Konsekration des Brotes sinngemäß? 3. 1st die Form der Konsekration des Weines sinngemäß? 4. Die Kraft beider Formen. 5. Die Wahrheit der Redeweise. 6. Das Verhältnis der einen Form zur andern. 1. A R T I K E L Lautet die Form dieses Sakramentes: ,Dies ist Mein Leib' und ,Dies ist Mein Blut'? 1. Jene Worte scheinen zur Form dieses Sakramentes zu gehören, mit denen Christus Seinen Leib und Sein Blut konsekriert hat. Christus aber segnete zuvor das Brot, das Er genommen hatte, und hernach sagte Er: „Nehmet hin und esset; dies ist Mein Leib" (Mt 26, 26); und ähnlich machte Er es mit dem Kelch (Mt 26, 27 f.). Also sind die angeführten Worte nicht die Form dieses Sakramentes. QUAESTIO
LXXVIII
DE FORMA HUJUS SACRAMENTI Deinde consideranduin est de forma hujus sacramenti. Et circa hoc quaeruntur sex: 1. Quae sit forma hujus sacramenti. — 2. Utrum sit conveniens forma consecrationis panis. — 3. Utruin sit conveniens forma consecrationis sanguinis. — 4. De virtute utriusque formae. — 5. De veritate locutionis. — 6. De comparatione unius formae ad aliam. ARTICULUS I U t r u m h a e c s i t f o r m a h u j u s s a c r a m e n t i : ,Hoc est c o r p u s m e u m ' ; et: ,Hic e s t c a l i x s a n g u i n i s mei' [1 Sent., (list. 8, q. 2, art. 1, qa 1. 2. 5; art. 2, qa li art. 4, qa 3; Matth., cap. 26; 1 Cor., cap. 11, lect. 5]
AD PRIMUM sic proceditur. Videtur quod haec non sit forma hujus sacramenti: ,Hoc est corpus meum'; et: ,Hic est calix sanguinis mei'. Illa enim verba videntur pertinere ad formam hujus sacramenti, quibus Christus corpus suum et sanguinem consecravit. Sed Christus ante benedixit panem acceptum, et postea dixit: „Accipite et comedite; hoc est corpus meum", ut habetur Matth. 26; et similiter fecit de calice. Ergo praedicta verba non sunt forma hujus sacramenti.
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78, ì
2. Eusebius Emissenus 1 sagt, daß „der unsichtbare Priester sichtbare Geschöpfe in Seinen Leib verwandelt mit den Worten : ,Nehmet hin und esset, dies ist Mein Leib' ". Also scheint all dies zur Form dieses Sakramentes zu gehören. Und der gleiche Grund gilt von den Worten, die sich auf das Blut beziehen. 3. In der Form der Taufe wird die Person des Spenders und dessen Handlung ausgedrückt, wenn gesagt wird : ,Ich taufe dich.' In den obigen Worten aber geschieht keine Erwähnung des Spenders noch auch seiner Handlung. Also ist die Form des Sakramentes nicht passend. 4. Die Form des Sakramentes genügt zu dessen Vollzug. Daher kann das Sakrament der Taufe manchmal dadurch vollzogen werden, daß die bloßen Worte der Form ausgesprochen werden und alles andere weggelassen wird. Wenn also die angeführten Worte die Form dieses Sakramentes sind, dann scheint dieses Sakrament manchmal dadurch vollzogen werden zu können, daß nur diese Worte ausgesprochen werden und alles andere, was in der Messe gesagt wird, weggelassen wird. Das scheint aber falsch zu sein. Denn wenn die anderen Worte [der Messe] ausgelassen würden, würden die erwähnten Worte [der Form] von der Person des aussprechenden Priesters verstanden, in dessen Leib und Blut Brot und Wein nicht verwandelt werden. Also sind die erwähnten Worte nicht die Form dieses Sakramentes. QUAESTIO
78, L
MPL 2. PRAETEREA, Eusebius Emissenus dicit, quod „invisibilis 30/272 sacerdos visibiles creaturas in suum corpus convertit, dicens: ,Accipite et comedite; hoc est corpus meum." Ergo totum hoc videtur pertinere ad formam hujus sacramenti, et eadem ratio est de verbis pertinentibus ad sanguinem. 3. PRAETEREA, in forma baptismi exprimitur persona ministri et actus ejus, cum dicitur: ,Ego te baptizo.' Sed in praemissis verbis nulla fit mentio de persona ministri nec de actu ejus. Ergo non est conveniens forma sacramenti. 4. PRAETEREA, forma sacramenti sufficit ad perfectionem sacramenti; unde sacramentum baptismi quandoque perfici potest solis verbis formae prolatis, omnibus aliis praetermissis. Si ergo praedicta verba sunt forma hujus sacramenti, videtur quod aliquando possit hoc sacramentum perfici his solis verbis prolatis, et omnibus aliis praetermissis quae in missa dicuntur; quod tarnen videtur esse falsum, quia ubi verba alia praetermitterentur, praedicta verba acciperentur ex persona sacerdotis proferentis, in cujus corpus et sanguinem panis et vinum non convertuntur. Non ergo praedicta verba sunt forma hujus sacramenti. 1 Vgl. Anm. [15] zu S. 18.
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ANDERSEITS sagt Ambrosius [81 ]: „Die Weihe ge- 78,1 schieht durch die Worte und die Rede des Herrn Jesus. Denn durch all das übrige, das man spricht, wird Gott Lob dargebracht, wird im Gebet Fürsprache eingelegt für das Volk, die Könige und die übrigen. Wo aber das Sakrament vollzogen wird, bedient sich der Priester nicht mehr seiner eigenen Rede, sondern der Rede Christi. Also vollzieht die Rede Christi dieses Sakrament." ANTWORT: Dieses Sakrament unterscheidet sich von den anderen Sakramenten in zweierlei Hinsicht: Erstens darin, daß dieses Sakrament in der Weihe des Stoffes vollzogen wird, die anderen aber im Gebrauch des geweihten Stoffes. — Zweitens darin, daß in den anderen Sakramenten die Weihung des Stoffes nur in irgendeiner Segnung besteht, woraus der geweihte Stoff, wie ein Werkzeug, eine gewisse geistige Kraft gewinnt, die durch den Spender, ein beseeltes Werkzeug, auf unbeseelte Werkzeuge übergehen kann. In diesem Sakramente aber besteht die Weihung des Stoffes in einer wunderbaren Verwandlung der Substanz, die allein von Gott bewirkt werden kann. Daher hat der Spender beim Vollzug dieses Sakramentes keine andere Handlung als das Aussprechen der Worte. QUAESTIO
78, 1
SED CONTRA est quod Ambrosius dicit 4 de Sacramentis MPL [cap. 4] 1 : „Consecratio fit verbis et sermonibus Domini Jesu: 10/440 nam per reliqua omnia quae dicuntur, laus Deo defertur, oratio praemittitur 2 pro populo, pro regibus, pro caeteris; ubi autem venitur ut conficiatur venerabile sacramentum, jam non suis sermonibus sacerdos utitur, sed utitur sermonibus Christi. Ergo sermo Christi hoc conficit sacramentum." RESPONDEO dicendum quod hoc sacramentum ab aliis sacramentis differt in duobus: primo quidem, quantum ad hoc quod hoc sacramentum perficitur in consecratione materiae; alia vero sacramenta perficiuntur in usu materiae consecratae. Secundo quia in aliis sacramentis consecratio materiae consistit solum in quadam benedictione, ex qua materia consecrata accipit instrumentaliter quamdam spiritualem virtutem, quae per ministrum, qui est instrumentum animatum, potest ad instrumenta inanimata procedere; sed in hoc sacramento consecratio materiae consistit in quadam miraculosa conversione substantiae, quae a solo Deo perfici potest; unde minister in hoc sacramento perflciendo non habet alium actum nisi prolationem verborum. 12 Ci. Gratlan., De Conseer., dist. 2, can. Pañis est; Frdb. 171334. P et L: oratione petitur.
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Und weil die Form der Sache entsprechen muß, deshalb unterscheidet sich die Form dieses Sakramentes von den Formen der anderen Sakramente in zwei Punkten: Erstens, weil die Formen der anderen Sakramente den Gebrauch des Stoffes mit ausdrücken, so beim Taufen oder Bezeichnen [in der Firmung]; die Form dieses Sakramentes aber drückt bloß die Weihe des Stoffes, welche in der Wesensverwandlung besteht, aus; nämlich dadurch, daß gesagt wird: ,Dies ist Mein Leib' und ,Dies ist der Kelch Meines Blutes'. — Zweitens weil die Formen der anderen Sakramente in der Person des Spenders ausgesprochen werden, sei es in der Ausübeform, so, wenn gesagt wird: ,Ich taufe dich' oder ,Ich bestärke dich' usw.; sei es in der Befehlsform, so, wenn bei der Priesterweihe gesagt wird: ,Empfange die Gewalt' usw.; sei es in der Bittform, so, wenn beim Sakrament der Letzten Ölung gesagt wird: ,Durch diese Salbung und unsere Fürsprache' usw. Die Form dieses Sakramentes aber wird ausgesprochen in der Person des sprechenden Christus selbst, damit zu verstehen gegeben werde, daß der Spender beim Vollzug dieses Sakramentes nichts tut als daß er die Worte Christi ausspricht. Z u 1. Hierüber besteht eine vielfache Meinung. Einige [81a] sagten nämlich, daß Christus, der eine Vorzugsgewalt über die Sakramente besaß, ohne jede Form von QUAESTIO
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l
Et quia forma debet esse conveniens rei, ideo forma hujus sacramenti differt a formis aliorum sacramentorum in duobus: primo quidem, quia formae aliorum sacramentorum important usum materiae, puta baptizationem vel consignationem ; sed forma hujus sacramenti importai solam consecrationem materiae, quae in transsubstantiatione consistit, puta cum dicitur: ,Hoc est corpus meum', vel: ,Hic est calix sanguinis mei'. — Secundo quia formae aliorum sacramentorum proferuntur ex persona ministri, sive per modum exercentis actum, sicut cum dicitur: ,Ego te baptizo', vel: ,Ego te confirmo' etc.; sive per modum imperantis, sicut cum in sacramento ordinis dicitur: ,Accipe potestatem' etc.; sive per modum deprecantis, sicut cum in sacramento extremae unctionis dicitur: ,Per istam unctionem et nostram intercessionem' etc. Sed forma hujus sacramenti profertur q u a s i 1 ex persona ipsius Christi loquentis, ut detur intelligi quod minister in perfectione hujus sacramenti nihil agit, nisi quod profert verba Christi. AD PRIMUM ergo dicendum quod circa hoc est multiplex opinio. Quidam enim dixerunt quod Christus qui habebat potestatem excellentiae in sacramentis, absque omni forma ver1
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L om.
Worten dieses Sakrament vollzogen und hernach die 78,1 Worte ausgesprochen habe, mit denen die anderen es später weihen sollten. Das scheinen die Worte Innozenz' III. zu bedeuten: „Wohl darf man sagen, daß Christus es mit göttlicher Kraft vollzogen und darauf die Form zum Ausdruck brachte, unter der es die Späteren weihen sollten." — Doch stehen dem ausdrücklich die Worte des Evangeliums entgegen, in denen es heißt, daß Christus „segnete" [Mt 26, 26]. Diese Segnung aber ist mit irgendwelchen Worten geschehen. Darum sind die erwähnten Worte Innozenz' III. mehr als Meinung denn als bestimmte Lehre vorgetragen. Andere sagten nun, daß jene Segnung mit gewissen anderen, uns unbekannten Worten geschehen sei. — Das kann aber nicht zu Recht bestehen. Denn die Segnung der Weihe kommt jetzt zustande durch Aussprechen dessen, was damals getan wurde. Wenn daher damals die Weihe nicht durch diese Worte geschehen wäre, geschähe sie auch jetzt nicht. Deshalb sagten andere, daß jene Segnung auch mit den gleichen Worten geschehen sei, mit denen sie jetzt geschieht. Nur habe sie Christus zweimal ausgesprochen, das erstemal still, um zu weihen, das zweitemal hörbar, um zu unterrichten. — Das kann aber nicht stimmen. Denn der Priester weiht, indem er diese Worte ausspricht, nicht sofern sie von Christus in einem geheimen Segen gesprochen, sondern sofern sie öffentlich vorgetragen QUAESTIO
78, l
borum hoc sacramentum perfecit et postea verba protulit, 6ub quibus alii postmodum consecrarent. Quod videntur sonare verba Innocentii III. dicentis [4 de Sacr. Alt. Myst., cap. 6 ] : M p l „ S a n e dici potest, quod Christus virtute divina confecit, et postea 217/859 formam expressit, sub qua posteri benedicerent." — Sed contra hoc expresse sunt verba Evangelii, in quibus dicitur quod Christus benedixit, quae quidem benedictio aliquibus verbis facta est. Unde praedicta verba Innocentii sunt opinative magis dicta quam determinative. Quidam autem dixerunt quod benedictio illa facta est quibusdam aliis verbis nobis ignotis. — S e d nec hoc stare potest, quia benedictio consecrationis nunc perficitur per recitationem eorum quae tunc acta sunt; unde si tunc per haec verba non est facta consecratio, nec modo fieret. Et ideo alii dixerunt quod illa benedictio eisdem etiam verbis facta est quibus modo fit; sed Christus ea bis protulit, primo quidem secrete ad consecrandum, secundo manifeste ad instruendum. — S e d nec hoc stare potest, quia sacerdos consecrat, proferens haec verba, non ut a Christo in occulta benedictione dicta, sed ut publice prolata. Unde cum non habeant vim hujus-
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78, I wurden. Darum scheint, da diese Worte Wirkung haben, nur weil sie von Christus ausgesprochen wurden, auch Christus geweiht zu haben, indem Er sie hörbar aussprach. Daher sagten andere, die Evangelisten hätten nicht immer die gleiche Reihenfolge, in der die Ereignisse verliefen, in ihrem Bericht eingehalten, was sich aus Augustinus ergebe. Daraus lasse sich verstehen, daß der Verlauf der Ereignisse so ausgedrückt werden könne: „Er nahm Brot, segnete es, indem Er sprach: ,Dies ist Mein Leib', dann brach Er es und gab es Seinen Jüngern." — Aber derselbe Sinn kann sich auch ergeben, ohne daß die Worte des Evangeliums verändert werden. Denn dieses Partizip .indem Er sprach' schließt eine gewisse Gleichzeitigkeit der vorgetragenen Worte mit dem Vorausgehenden ein. Diese Gleichzeitigkeit braucht jedoch nicht nur auf das letzte ausgesprochene Wort bezogen zu werden, als hätte Christus [erst] dann diese Worte ausgesprochen, als Er Seinen Jüngern [Seinen Leib] gab. Die Gleichzeitigkeit kann vielmehr auch auf das ganze Vorausgehende bezogen werden, so daß der Sinn ist: „Während Er segnete und brach und den Jüngern gab, sprach Er diese Worte: ,Nehmet hin' usw." Zu 2. Mit diesen Worten ,Nehmet hin und esset' ist der Gebrauch des geweihten Stoffes gemeint, dessen Gebrauch für das Sakrament nicht notwendig ist (74, 7). Darum gehören diese Worte auch nicht zum Wesen der Q U A E S T I O
MPL 11 i'V ! m CSEL4H/I52 173, 198
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modi verba, nisi ex Christi prolatione, videtur quod etiam Christus manifeste ea proferens consecraverit. Et ideo alii dixerunt quod Evangelistae non Semper eundem ordinem in recitando servaverunt, quo res sunt gestae, ut patet per Augustinum in libro de Consensu Evang. [lib. 2, cap. 21, 44]. Unde intelligendum est ordinem rei gestae sie exprimi posse: „Accipiens panem benedixit, dicens: ,Hoc est corpus meum', deinde fregit, et dedit diseipulis suis." — Sed idern sensus haberi potest etiam verbis Evangelii non mutatis. Nam hoc partieipium, ,dicens', concomitantiam quamdam importat verborum prolatorum ad ea quae praecedunt. Non autem oportet quod haec concomitantia intelligatur solum respectu ultimi verbi prolati, quasi Christus tunc ista verba protulerit, quando dedit diseipulis suis; sed potest intelligi concomitantia respectu totius praecedentis; ut sit sensus: „Dum benediceret, frangeret, et daret diseipulis suis, haec verba dixit: ,Accipite' etc." AD SECUNDUM dicendum quod in his verbis: ,Accipite et comedite', intelligitur usus materiae consecratae, qui non est de necessitate hujus sacramenti, ut supra habitum est. Et ideo nec haec verba sunt de substantia formae.
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Form. Weil jedoch der Gebrauch des konsekrierten 78,1 Stoffes zu einer gewissen Vollendung des Sakramentes gehört — wie auch die Tätigkeit nicht die erste, sondern die zweite Vollendung eines Dinges ist —, deshalb wird durch alle diese Worte die ganze Vollendung dieses Sakramentes ausgedrückt. Und so faßte es Eusebius auf, daß durch diese Worte das Sakrament in seiner ersten und zweiten Vollendung vollzogen wird. Z u 3. Im Sakrament der Taufe vollzieht der Spender eine Handlung im Gebrauch des Stoffes, welche für das Sakrament wesentlich ist. Das geschieht nicht in diesem Sakramente. Darum ist es nicht das gleiche Verhältnis. Zu 4. Einige haben gesagt, dieses Sakrament könne nicht vollzogen werden, wenn man die erwähnten Worte ausspreche und die anderen, besonders die des Kanons der Messe, auslasse [82]. — Das ist aber offenbar falschi Einmal auf Grund der oben (Anderseits) angeführten Worte des hl. Ambrosius. Dann auch, weil der Kanon der Messe nicht derselbe ist bei allen, noch auch zu allen Zeiten, sondern Verschiedenes von den Verschiedenen hinzugefügt wurde. Deshalb ist zu sagen, daß, wenn der Priester nur jene Worte ausspräche mit der Absicht, dieses Sakrament zu vollziehen, dieses Sakrament vollzogen würde. Denn die Absicht würde bewirken, daß diese Worte so verstanden würden, als würden sie von der Person Christi ausgesprochen, auch wenn dies durch die vorausgehenden Worte QUAESTIO
78, l
Quia tarnen ad q u a m d a m p e r f e c t i o n e m sacramenti pertinet m a t e r i a e consecratae usus, sicut operatio non est p r i m a , sed secunda p e r f e c t i o rei, i d e o p e r omnia ista v e r b a e x p r i m i t u r tota p e r f e c t i o hu jus sacramenti; et hoc m o d o Eusebius intellexit his v e r b i s confici sacramentum quantum ad p r i m a m et secundam p e r f e c t i o n e m . A D T E R T 1 U M dicendum quod in sacramento baptismi minister a l i q u e m actum e x e r c e t circa usum materiae, qui est de essentia sacramenti; quod non est in hoc sacramento; et i d e o non est siinilis ratio. A D Q U A R T U M dicendum quod quidam dixerunt hoc sacramentum p e r f i c i non posse praedictis v e r b i s prolatis, et aliis praetermissis, p r a e c i p u e quae sunt in canone missae. — Sed hoc patet esse falsum, tum e x v e r b i s A m b r o s i i supra inductis, MPL tum etiam quia canon missae non est i d e m apud omnes, nec 16/440 secundum omnia t e m p o r a , sed diversa sunt a diversis apposita. U n d e dicendum est quod, si sacerdos sola v e r b a praedicta p r o f e r r e t cum intentione conficiendi hoc sacramentum, perficeretur hoc sacramentum, quia intentio f a c e r e t ut haec v e r b a intelligerentur quasi e x persona Christi prolata, etiamsi v e r b i s praecedentibus hoc non recitaretur; g r a v i t e r tarnen peccaret
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78, 2 nicht berichtet würde. Der Priester aber, der das Sakrament so vollzöge, würde durch Nichtbeachtung des Ritus der Kirche schwer sündigen. Auch besteht keine Ähnlichkeit mit der Taufe, weil sie ein notwendiges Sakrament ist. Den Ausfall dieses Sakramentes aber kann nach Augustinus [vgl. 73, 3 Zu 1] der geistige Genuß ersetzen. 2. A R T I K E L Ist dies die sinngemäße Form der Weihe des ,Dies ist Mein Leib'?
Brotes:
1. Durch die Form des Sakramentes muß die Wirkung des Sakramentes ausgedrückt werden. Die Wirkung aber, die in der Weihe des Brotes vor sich geht, ist die Verwandlung der Substanz des Brotes in den Leib Christi. Diese kommt mehr zum Ausdruck durch das Wort ,wird' als durch das Wort ,ist'. Also müßte es in der Weiheform heißen: ,Dies wird Mein Leib.' 2. Ambrosius sagt: „Die Rede Christi vollzieht dieses Sakrament. Welche Rede Christi? Diese, wodurch alles geworden ist. Es befahl der Herr, und es wurden die Himmel und die Erde." Also wäre auch die Form dieses Sakramentes sinngemäßer in der Befehlsform, daß nämlich gesagt würde: ,Dies sei Mein Leib.' QUAESTIO
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sacerdos sic conficiens hoc sacramentum, utpote ritum Ecclesiae non servans. Nec est simile de baptismo, quod est sacramentum necessitatis; defectum autem hu jus sacramenti 1potest supplere spiritualis manducatio, sicut Augustinus dicit. A R T I C U L U S II U t r u m haec sit c o n v e n i e n s f o r m a consecration i s p a n i s : ,Hoc e s t c o r p u s m e u i n ' [Supra, q. 60, art. 8; q. 75, art. 2; 4 Sent., dist. 8, q. 2, art. 1, qa 3. 4; Matth., cap. 26; 1 Cor., cap. 11, lect. 5]
AD SECUNDUM sic proceditur. Videtur quod haec non sit conveniens forma consecrationis panis: ,Hoc est corpus meum.' Per formam enim sacramenti debet exprimi sacramenti eöectus. Sed effectus qui fit in consecratione panis, est conversio substantiae panis in corpus Christi, quae magis exprimitur per hoc verbum ,fit', quam per hoc verbum ,est'. Ergo in forma consecrationis deberet dici: ,Hoc fit corpus meum.' 2. PRAETEREA, Ambrosius dicit in libro de Sacramentis MPL [lib. 4, cap. 4] 2 : „Sermo Christi hoc conficit sacramentum; quis 16/440 s e r m o Christi? hic quo facta sunt omnia. Jussit Dominus, et facta sunt caeli et terra." Ergo et forma hujus sacramenti convenientior esset per verbum imperativum, ut si diceretur: ,Hoc sit corpus meum.' 1 Cf. tr. 26 in Joan., MPL 35/1614. 2 Cf. Gratian., De Consecr., dist. 2, can. Panis est;
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Frdb. 1/1334.
3. Der Gegenstand [.Dies' ] dieses Satzes besagt das, 78,2 was verwandelt wird, wie die Aussage [,Mein Leib'] das Endergebnis der Verwandlung besagt. Wie aber das etwas Bestimmtes ist, in was die Umwandlung geschieht — denn die Umwandlung geschieht nur in den Leib Christi —, so ist auch das etwas Bestimmtes, was verwandelt wird — nichts wird nämlich in den Leib Christi verwandelt als nur das Brot. Also muß, wie als Aussage ein Hauptwort gesetzt wird, auch als Gegenstand ein Hauptwort gesetzt werden, so daß es lautet: ,Dieses Brot ist Mein Leib.' 4. Wie das, worin die Verwandlung ihr Ziel hat, etwas Bestimmtes ist als Natur, denn es ist ein Leib, so ist es auch etwas Bestimmtes als Person. Also muß zur Bestimmung der Person gesagt werden: ,Dies ist der Leib Christi.' 5. Unter die Worte der Form darf nichts aufgenommen werden, was nicht zu ihrem Wesen gehörte. Sinnwidrig wird also in manchen Büchern das Bindewort ,nämlich' hinzugefügt, das nicht zum Wesen der Form gehört. ANDERSEITS hat der Herr diese Form beim Konsekrieren angewendet, wie sich aus Mt 26, 26 ergibt. ANTWORT: Dies ist die sinngemäße Form der Weihe des Brotes. Denn diese Weihe besteht in der VerwandQUAESTIO
78, 2
3. PRAETEREA, per subjectum hujus locutionis importatur illud quod convertitur, sicut per praedicatum importatur conversionis terminus. Sed sicut est determinatum id in quod fit conversio, non enim fit conversio nisi in corpus Christi, ita est determinatum id quod convertitur, non enim convertitur in corpus Christi, nisi panis. Ergo sicut ex parte praedicati ponitur nomen, ita ex parte subjecti debet poni nomen, ut dicatur: ,Hic panis est corpus meum.' 4. PRAETEREA, sicut id in quod terminatur conversio, est determinatae naturae (quia est corpus), ita etiam est determinatae personae. Ergo sicut ad determinandam naturam dicitur corpus, ita 1 ad determinandam personam deberet dici: ,Hoc est corpus Christi.' 5. PRAETEREA, in verbis formae non debet poni aliquid quod non sit de substantia ejus. Inconvenienter ergo additur in quibusdam libris haec conjunctio ,enim', quae non est de substantia formae. SED CONTRA est quod Dominus hac forma in consecrando est usus, ut patet Matth. 26. RESPONDEO dicendum quod haec est conveniens forma consecrationis panis. Dictum est enim, quod haec consecratio con1
L om.: s i c u t . . . ita.
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78, 2 lung d e r Substanz des Brotes in den Leib Christi (A.rt. 1). Die F o r m des S a k r a m e n t e s m u ß a b e r das bezeichnen, w a s im S a k r a m e n t e b e w i r k t wird. Daher m u ß auch d i e F o r m d e r W e i h e d e s Brotes e b e n die V e r w a n d l u n g d e s Brotes in den Leib Christi bezeichnen. In dieser sind d r e i Dinge zu b e t r a c h t e n : d i e V e r w a n d l u n g selber, i h r Ausgangsglied u n d ihr Endglied. Die V e r w a n d l u n g selber k a n n a b e r auf zweifache W e i s e betrachtet w e r d e n : Auf die erste Weise in ihrem ,Werden', auf die zweite in i h r e m ,Gewordensein'. Es b r a u c h t e a b e r die V e r w a n d l u n g in d i e s e r F o r m nicht bezeichnet zu w e r d e n in i h r e m ,Werden', sondern [ n u r ] in ihrem ,Gewordensein'. E r s t e n s weil d i e s e V e r w a n d l u n g k e i n e allmähliche (75,7), sondern eine im Jetzt sich vollziehende ist. In solchen V e r ä n d e r u n g e n aber ist das , W e r d e n ' nichts anderes d e n n das ,Gewordensein'. — Zweitens, weil die s a k r a m e n t a l e n F o r m e n zur Bezeichnung d e r W i r k u n g des S a k r a m e n t e s im gleichen V e r h ä l t n i s stehen wie die K u n s t f o r m e n zur Darstellung d e s K u n s t w e r k e s . Die K u n s t f o r m a b e r ist d i e Ähnlichkeit d e r letzten W i r k u n g , auf welche die Absicht d e s K ü n s t l e r s geht, so w i e die K u n s t f o r m im Geist d e s Baumeisters in erster Linie die F o r m d e s g e b a u t e n Hauses, in zweiter Linie a b e r die der A u s f ü h r u n g des Baues ist. D a r u m m u ß auch in dieser F o r m d i e V e r w a n d l u n g in i h r e m Gewordensein ausgedrückt w e r d e n , worauf sich d i e Absicht richtet. U n d weil in d i e s e r F o r m d i e V e r w a n d l u n g selbst in QUAESTIO
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sistit in conversione substantiae panis in corpus Christi. Oportet autem formam sacramenti significare id quod in sacramento efficitur. Unde et forma consecrationis panis debet significare ipsam conversionem panis in corpus Christi. In qua tria considerantur: scilicet ipsa conversio, et terminus a quo, et terminus ad quem. Conversio autem potest considerari dupliciter: uno modo ut ,in fieri', alio modo ut ,in facto esse'. Non autem debuit significari conversio in hac forma ut in fieri, sed ut in facto esse: primo quidem quia haec conversio non est successiva, ut supra dictum est, sed instantanea; in hujusmodi autem mutationibus ,fieri' non est nisi ,factum esse'. — Secundo quia ita se habent formae sacramentales ad significandum effectum sacramenti, sicut se habent formae artificiales ad repraesentandum effectum artis. Forma autem artificialis est similitudo ultimi effectus, in quem fertur intentio artificis; sicut forma artis in mente aedificatoris est forma domus aedificatae principaliter, aedificationis autem per consequens. Unde et in hac forma debet exprimi conversio ut in facto esse, ad quod fertur intentio. Et quia ipsa conversio exprimitur in hac forma ut in facto
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i h r e m Gewordensein ausgedrückt wird, d a r u m ist es not- 78, 2 wendig, d a ß die ä u ß e r s t e n Glieder der V e r w a n d l u n g so bezeichnet werden, wie sie sich im Gewordensein d e r Verwandlung verhalten. D a n n aber hat das Endglied die eigentümliche Natur seiner S u b s t a n z ; d a s Ausgangsglied jedoch bleibt nicht mit s e i n e r Substanz, sondern n u r mit seinen Eigenschaften, mit d e n e n es d e r Sinneswahrnehm u n g unterliegt und g e m ä ß d e r S i n n e s w a h r n e h m u n g bestimmt w e r d e n kann. D a h e r w i r d s i n n g e m ä ß das Ausgangsglied d e r V e r w a n d l u n g ausgedrückt durch das hinweisende Fürwort, d a s sich auf d i e sinnfälligen Eigenschaften bezieht, d i e bleiben. Das Endglied aber wird ausgedrückt durch das H a u p t w o r t , das die Natur dessen bezeichnet, in was die V e r w a n d l u n g geschieht. Das ist aber d e r ganze Leib Christi und nicht n u r Sein Fleisch (76, 1 Zu 2). D a r u m ist d i e s e F o r m ,Dies ist Mein Leib' höchst sinngemäß. Z u 1. Das W e r d e n ist nicht die letzte W i r k u n g dieser Weihe, sondern das Gewordensein (Antwort). D a r u m m u ß vielmehr d a s letztere in der F o r m ausgedrückt werden. Z u 2. Die Rede Gottes w a r tätig in d e r Erschaffung d e r Dinge; sie ist auch tätig in dieser Weihe, aber jeweils anders. Hier nämlich w i r k t sie sakramental, das ist gem ä ß d e r K r a f t d e r Bezeichnung. D a r u m m u ß in dieser Rede ( = Aussage) die letzte W i r k u n g der W e i h e durch QUAESTIO
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esse, necesse est quod extrema conversionis significentur, ut se habent in facto esse conversionis. Tunc autem terminus ad quem habet propriam naturam suae substantiae; sed terminus a quo non manet secundum suam substantiam, sed solum secundum accidentia quibus sensui subjacet, et ad sensum determinari potest. Unde convenienter terminus conversionis a quo exprimitur per pronomen demonstrativum relatum ad accidentia sensibilia, quae manent; terminus autem ad quem exprimitur per nomen signiflcans naturam ejus in quod fit conversio, quod quidem est totum corpus Christi, et non sola caro ejus, ut dictum est. Unde haec forma est convenientissima: ,Hoc est corpus meum.' AD PRIMUM ergo dicendum quod fieri non est ultimus effectus hujus consecrationis, sed factum esse, ut dictum est, et ideo hoc potius exprimi debet in forma. AD SECUNDUM dicendum quod sermo Dei operatus est in creatione rerum, qui etiam operatur in hac consecratione, aliter tarnen et aliter; nam hic operatur effective e t 1 sacramentaliter, id est, secundum vim significationis, et ideo oportet in hoc sermone significari ultimum effectum consecrationis per ver1
L om.: effective et.
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2 das substantivische Zeitwort in der Weise der Aussage und in der Gegenwart 1 bezeichnet werden. In der Erschaffung der Dinge aber ist sie nur bewirkend tätig. Diese Bewirkung erfolgt durch den Befehl Seiner Weisheit. Darum wird bei der Erschaffung der Dinge das Wort des Herrn durch das Tätigkeitswort in der Befehlsform ausgedrückt nach Gn 1, 3: „Es werde Licht, und es ward Licht." Z u 3. Der Ausgangspunkt behält im ,Gewordensein' der Verwandlung die Natur seiner Substanz nicht bei wie der Endpunkt. Darum ist es nicht das Gleiche. Z u 4. Durch dieses Fürwort ,Mein', das einen Hinweis auf die erste Person als die sprechende Person einschließt, wird die Person Christi, als dessen Rede diese Worte ausgesprochen werden (Art. 1), genügend zum Ausdruck gebracht. Z u 5. Das Bindewort ,nämlich' wird in dieser Form nach der vom heiligen Apostel Petrus stammenden Gewohnheit der römischen Kirche hinzugefügt, und zwar wegen des Anschlusses an die vorhergehenden Worte. Darum gehört es nicht zur Form wie auch nicht das der Form Vorausgehende [83], QUAESTIO
78, 2
bum substantivum indicativi modi et praesentis temporis. Sed in creatione rerum operatus est solum effective, quae quidem efficientia est per imperium suae sapientiae; et ideo in creatione rerum exprimitur sermo divinus per verbum imperativi modi, secundum illud Gen. 1: „Fiat lux, et facta est lux." AD TERTIUM dicendum quod terminus a quo in ipso facto esse conversionis non retinet naturam suae substantiae, sicut terminus ad quem. Et ideo non est simile. AD QUARTUM dicendum quod per hoc pronomen ,meum', quod includit demonstrationem primae personae, quae est persona loquentis, sufflcienter exprimitur persona Christi, ex cujus persona haec proferuntur, ut dictum est. AD QUINTUM dicendum quod haec conjunctio ,enim', apponitur in hac forma secundum consuetudinem Romanae Ecclesiae, 2 a B. Petro apostolo derivatam; et hoc propter continuationem ad verba praecedentia; et ideo non est de forma, sicut nec verba 3 praecedentia formam. 1 Die Kopula als solche bezeichnet nichts anderes als Bejahung oder Verneinung der Identität der Ideen. Das Zeitwort aber, das dies und nichts anderes bezeichnet, nennt man substantivisches, und zwar ist es die Anzeigeweise (denn sonst ist es keine Aussage) der Gegenwart vom Zeitwort .Sein', w e n n man dies substantivisch nimmt; als solches aber bezeichnet es iediglich die Behauptung Im Unterschied zu seinem verbalen Sinn als Existenzialprädikat (vgl. T. Pesch, S. J., Institutiones logicae et ontologicae, Freiburg i. Br. 1914, I, 104, n. 162). 2 Cf. Innocent. III., 4 de Sacr. Alt. Myst., cap. 4; MPL 217/858. Gratian., De Celebr. Miss., cap. Cum Marthae; Frdb. 11/637. 3 L om.
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3.
ARTIKEL
Ist dies die sinngemäße Form der Weihe des Weines: ,Dies ist der Kelch Meines Blutes' usw.? 1. Die sinngemäße F o r m der Weihe des Weines scheint nicht diese zu sein: ,Dies ist der Kelch Meines Blutes, des neuen und ewigen Testamentes — Geheimnis des Glaubens —, das für euch und für viele wird vergossen werden zur Vergebung der Sünden.' Wie nämlich das Brot in den Leib Christi verwandelt wird durch die Kraft der Weihe, so auch der Wein in das Blut Christi (76, 1 u. 2). Aber in der Weiheform über das Brot wird der Leib Christi unabhängig eingeführt, und auch etwas anderes nicht hinzugefügt. Sinnwidrig also wird in dieser F o r m das Blut Christi abhängig gesetzt und ,der Kelch' unabhängig beigefügt, wenn es heißt: ,Dies ist der Kelch Meines Blutes.' 2. Die Worte, welche in der Weihe des Brotes ausgesprochen werden, haben keine größere Wirkkraft als jene, welche in der Weihe des Weines ausgesprochen werden, da die einen wie die anderen Worte Christi sind. Sofort aber, wenn gesagt ist: ,Dies ist Mein Leib', ist die Weihe des Brotes vollendet. Also ist sofort, wenn gesagt ist: ,Dies ist der Kelch Meines Blutes', die Weihe des Blutes 1 vollendet. So scheint das, was folgt, nicht vom QUAE8TIO
78,
s
A R T I C U L U S III U t r u m h a e c sit c o n v e n i e n s f o r m a c o n s e c r a t i o n i s v i n i : ,Hic est c a l i x s a n g u i n i s mei' etc. [4 Sent., dist. 8, q. 2, art. 2, qa 1. 2. 3; Matth., cap. 26; lect. 6]
1 Cor., cap. 11,
AD TERTIUM sie proceditur. Videtur quod haec non sit conveniens forma consecrationis vini: ,Hic est calix sanguinis mei, novi et aeterni testamenti, mysterium fldei, qui pro vobis et pro multis effundetur in remissionem peccatorum.' Sicut enim panis convertitur in corpus Christi ex vi consecrationis, ita et vinum in sanguinem Christi, sicut ex praedictis patet. Sed in forma consecrationis panis ponitur in recto corpus Christi, nec aliquid aliud additur. Inconvenienter ergo in hac forma ponitur sanguis Christi in obliquo, et additur calix in recto, cum dicitur: ,Hic est calix sanguinis mei.' 2. PRAETEREA, non sunt majoris efficaciae verba quae proferuntur in consecratione panis, quam ea quae proferuntur in consecratione vini, cum utraque sint verba Christi. Sed statim dicto: ,Hoc est corpus meum', est perfecta consecratio panis. Ergo statim cum dictum est: ,Hic est calix sanguinis mei', est perfecta consecratio sanguinis; et ita ea quae sequuntur non l Vgl. Anm. [6 a].
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3 Wesen der Form zu sein, besonders da es zu den Eigentümlichkeiten dieses Sakramentes gehört. 3. Das Neue Testament scheint der inneren Eingebung zuzurechnen zu sein, wie sich aus der beim Apostel (Hebr 8, 8. 10) angeführten Jeremiasstelle (31, 31. 33) ergibt: „Mit dem Haus Israel will Ich ein neues Testament machen. Ich will geben Mein Gesetz in ihren Sinn." Das Sakrament aber ist in seinem Vollzug nach außenhin sichtbar. Sinnwidrig heißt es also in der Form des Sakramentes: ,des neuen Testamentes'. 4. Neu heißt etwas, weil es nahe am Anfang seines Seins ist. Das Ewige aber hat keinen Anfang seines Seins. Also heißt es nicht sinnentsprechend: ,des neuen und ewigen', weil es einen Widerspruch mit sich zu bringen scheint. 5. Die Gelegenheiten zum Irrtum sind von den Menschen fernzuhalten nach Is 57, 14: „Nehmet den Anstoß fort vom Weg Meines Volkes." Manche aber irrten darin, daß sie glaubten, nur geheimnisvoller [und nicht auch wirklicher] Weise seien der Leib und das Blut Christi in diesem Sakrament. Also steht in dieser Form unberechtigterweise: ,Geheimnis des Glaubens'. 6. Oben (73, 3 Zu 3; 74, 4 Zu 3) hieß es, wie die Taufe das ,Sakrament des Glaubens', so sei die Eucharistie das ,Sakrament der Liebe'. Also müßte in dieser Form eher ,Liebe' als ,Glaube' stehen. Q U A E S T I O
78, 3
videntur esse de substantia formae, praesertim cum pertineant ad proprietates hujus sacramenti. 3. PRAETEREA, Testamentum novum pertinere videtur ad internam inspirationem, ut patet ex hoc quod Apostolus Hebr. 8 introducit verba quae habentur Jerem. 31: „Consummabo super domuin Israel testamentum novum. Dando leges meas in mentem eorum." Sacramentum autem exterius visibiliter agitur. Inconvenienter ergo in forma sacramenti dicitur ,novi Testamenti'. 4. PRAETEREA, novum dicitur aliquid ex eo quod est prope principium sui esse. Aeternum autem non habet principium sui esse. Ergo inconvenienter dicitur ,novi et aeterni', quia videtur contradictionem implicare. 5. PRAETEREA, occasiones erroris sunt hominibus subtrahendae, secundum illud Is. 57: „Auferte offendicula de via populi mei." Sed quidam erraverunt, aestimantes mystice solum esse corpus et sanguinem Christi in hoc sacramento. Ergo in hac forma inconvenienter ponitur ,mysterium fldei'. 6. PRAETEREA, supra dictum est quod, sicut baptismus est ,sacramentum fldei', ita Eucharistia est ,sacramentum charitatis'. Ergo in hac forma magis debet poni ,Charitas' quam ,fides'.
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7. Dieses ganze Sakrament sowohl als Leib wie auch 78,3 als Blut ist Gedächtnis des Herrnleidens nach 1 Kor 11, 26: „Sooft ihr dieses Brot essen und diesen Kelch trinken werdet, verkündet ihr den Tod des Herrn." Also hätte in der Weiheform über das Blut das Leiden Christi und seine Frucht ebensowenig erwähnt werden dürfen wie in der Weiheform über den Leib, zumal der Herr (Lk 22, 19) sagte: „Dies ist Mein Leib, der für euch hingegeben wird." 8. Der Nutzen des Leidens Christi war für alle hinreichend, wirksam aber [nur] für viele (48, 2 ; 49, 3). Also müßte es heißen, daß es ,vergossen wird für alle' oder ,für viele', ohne daß man hinzufügte ,für euch'. 9. Die Worte, mit denen dieses Sakrament vollzogen wird, haben ihre Wirksamkeit aus der Einsetzung Christi. Aber kein Evangelist berichtet, Christus habe alle diese Worte gesprochen. Also ist dies nicht die entsprechende Weiheform des Weines. ANDERSEITS gebraucht die Kirche, die von den Aposteln unterrichtet ist, diese Form bei der Weihe des Weines. 1 ANTWORT: Über diese Form herrscht eine doppelte Auffassung. Einige [ 8 4 ] haben nämlich gesagt, daß vom QUAESTIO
78,
3
7. P R A E T E R E A , totum hoc sacramentum, et quantum ad corpus, et quantum ad sanguinem, est memoriale dominicae passionis, secundum illud 1 Cor. 11 : „Quotiescumque manducabitis panem hunc, et calicem bibetis, mortem Domini annuntiabitis." Non ergo magis debuit in forma consecrationis sanguinis fieri mentio de passione Christi et ejus fructu quam in forma consecrationis corporis, praesertim cum Luc. 22 Dominus dixerit: „Hoc est corpus meum, quod pro vobis tradetur." 8. P R A E T E R E A , passio Christi, ut supra habitum est, ad sufficientiam profuit omnibus ; quantum vero ad efficientiam 2 profuit multis. Debuit ergo dici: ,Qui effundetur pro omnibus', aut ,pro multis', sine hoc quod adderetur ,pro vobis'. 9. P R A E T E R E A , verba quibus hoc sacramentum conficitur, efficaciam habent ex institutione Christi. S e d nullus Evangelista recitai, Christum haec omnia verba dixisse. Ergo haec non est conveniens forma consecrationis vini. S E D CONTRA est quod Ecclesia ab apostolis instructa utitur hac forma in consecratione vini. 3 RESPONDEO dicendum quod circa hanc formam est duplex opinio: q u i d a m 4 enim dixerunt quod de substantia formae Vgl. 78, 2 Zu 5 u. Anm. [83]. L : efficaciam. Cf. pag. 168, nota 1. 4 Cf. Bonaventura, 4 Sent., dist. 8, p. 2, Aquas, 4/193. 1
2
3
12*
art. 1, q. 2;
ed. ad
Claras
171
78,3 Wesen der Form nur das sei, daß man sage: ,Dies ist der Kelch Meines Blutes', nicht aber das folgende. — Das aber scheint nicht sinngemäß zu sein. Denn das folgende ist eine Art Bestimmung der Aussage, nämlich des Blutes Christi. Darum gehört es zur Vollständigkeit der Aussage. Deshalb gibt es andere, die treffender sagen, daß alles Folgende vom Wesen der Form sei bis zu dem, was nachher folgt: ,Sooft ihr dieses tut', das zum Gebrauch dieses Sakramentes gehört und darum nicht vom Wesen der Form ist. Daher kommt es, daß der Priester unter gleichem Ritus und unter gleicher Weise, nämlich den Kelch in Händen haltend, all diese Worte ausspricht. In der Lukasstelle 22, 20 werden auch die folgenden Worte den ersten eingeschaltet, wo es heißt: „Dieser Kelch ist der neue Bund in Meinem Blute." Man muß also sagen, daß all die genannten Worte vom Wesen der Form sind. Doch wird durch die ersten Worte ,Dies ist der Kelch Meines Blutes' gerade die Verwandlung des Weines in das Blut bezeichnet auf die Weise, die bei der Weiheform des Brotes erklärt wurde; durch die nachfolgenden Worte aber wird die Kraft des im Leiden vergossenen Blutes angezeigt, die in diesem Sakramente wirkt. Sie ist aber auf drei Ziele hingeordnet. Erstens und hauptsächlich auf die Erlangung des ewigen QUAESTIO
78, 3
hu jus est hoc solum quod dicitur: ,Hic est calix sanguinis mei', non autem ea quae sequuntur. — Sed hoc videtur inconveniens, quia ea quae sequuntur sunt quaedam determinationes praedicati, id est, sanguinis Christi; unde pertinent ad integritatem ejusdem locutionis. Et propter hoc sunt alii qui melius dicunt quod omnia sequentia sunt de substantia formae usque ad hoc quod postea sequitur: ,Haec 1 quotiescumque feceritis', quod 2 pertinet ad usum hu jus sacramenti; unde non est de substantia formae. Et inde est quod sacerdos eodem ritu et modo, scilicet tenendo calicem in manibus, omnia haec verba profert. Lucae etiam 22 interponuntur verba sequentia verbis praemissis 3 , cum dicitur: „Hic calix novum testamentum est in meo sanguine." Dicendum est ergo quod omnia praedicta verba sunt de substantia formae, sed per prima verba, cum dicitur: ,Hic est calix sanguinis mei', signiflcatur ipsa conversio vini in sanguinem, eo modo quo dictum est in forma consecrationis panis; per verba autem sequentia designatur virtus sanguinis effusi in passione, quae operatur in hoc sacramento, quae quidem ad tria ordinatur: primo quidem et principaliter ad adipiscendam aeternam 1 2
P et L: hoc. P et L: quae pertinent. 3 L: primis.
172
Erbes nach Hebr 10, 19: „Wir haben Zuversicht auf den 78, 3 Eintritt in das Allerheiligste durch Sein Blut." Um darauf hinzuweisen, heißt es: ,des neuen und ewigen Bundes'. — Zweitens auf die Gerechtigkeit der Gnade, welche durch den Glauben kommt nach Rom 3, 25 f.: „Den Gott als Versöhner durch den Glauben an Sein Blut hingestellt hat, um selber gerecht zu sein und den gerecht zu machen, der aus dem Glauben Jesu Christi ist." Mit Bezug darauf wird hinzugefügt: ,Geheimnis des Glaubens.' — Drittens, um die Hindernisse beider genannten Ziele, die Sünden nämlich, zu beseitigen nach Hebr 9, 14: „Das Blut Christi wird unser Gewissen reinigen von den toten Werken", das ist von den Sünden. Mit Bezug darauf wird hinzugefügt: ,das für euch und für viele andere vergossen wird zur Vergebung der Sünden.' Z u 1. Wenn es heißt: ,Dies ist der Kelch Meines Blutes', so ist das eine bildliche Redeweise und kann auf eine doppelte Art verstanden werden. Auf die erste Art als Vertauschung der Namen, wobei der Behälter für den Inhalt gesetzt wird, so daß der Sinn ist: ,Dies ist Mein Blut, das im Kelch enthalten ist.' Er wird hier erwähnt, weil das Blut in diesem Sakramente konsekriert wird, sofern es der Trank der Gläubigen ist, was im Begriff des Blutes nicht eingeschlossen ist. Darum mußte es durch das für diesen Gebrauch bestimmte Gefäß angezeigt werden. Q U A E S T I O
78,
3
haereditatem, secundum illud Hebr. 10: „Habentes fiduciam in introitu sanctorum in sanguine Christi", et ad hoc designandum dicitur: ,novi et aeterni Testamenti.' — Secundo ad justitiam gratiae, quae est per fidem, secundum illud Rom. 3: „Quem proposuit Deus propitiatorem per fidem in sanguine ipsius, ut sit ipse justus et justificans eum qui ex fide est Jesu Christi"; et quantum ad hoc subditur, ,mysterium fidei'. — Tertio autem ad removendum impedimenta utriusque praedictorum, scilicet peccata, secundum illud Hebr. 9: „Sanguis Christi . . . emundabit conscientiam nostram ab operibus mortuis", id est a peccatis: et quantum ad hoc subditur: ,qui pro vobis et pro multis 1 effundetur in remissionem peccatorum'. AD PRIMUM ergo dicendum quod, cum dicitur: ,Hic est calix sanguinis mei', est locutio figurativa, et potest dupliciter intelligi: uno modo secundum metonymiam, q u a 2 ponitur continens pro contento, ut sit sensus: ,Hic est sanguis meus contentus in calice.' De quo fit hic mentio, quia sanguis Christi in hoc sacramento consecratur, inquantum est potus fidelium, quod non importatur in ratione sanguinis; et ideo oportuit hoc designari per vas huic usui accommodatum. 1 L add.: aliis. 2 L : quia.
173
3
Auf die zweite Art kann diese Rede als Gleichnis verstanden werden, sofern unter dem Kelch gleichnishaft das Leiden Christi verstanden wird, das gleich dem Kelch berauscht: „Er sättigte mich mit Bitterkeit, berauschte mich mit Wermut" (Klgl 3, 15). Aus diesem Grunde nennt auch der Herr selbst Sein Leiden einen Kelch: „Dieser Kelch gehe an Mir vorüber" (Mt 26, 39). Der Sinn wäre somit: ,Dies ist der Kelch Meines Leidens.' Daran wird erinnert durch das vom Leibe getrennt konsekrierte Blut, weil die Trennung des Blutes vom Leib durch das Leiden geschah. Z u 2. Weil das Blut, für sich allein konsekriert, ausdrücklich das Leiden Christi vergegenwärtigt (Zu 1; 76, 2 Zu 1), deshalb wird eher bei der Konsekration des Blutes die Wirkung des Leidens erwähnt als bei der Konsekration des Leibes, welcher Träger [ = Subjekt] des Leidens ist. Das wird auch darin angedeutet, daß der Herr sagt: „der f ü r euch hingegeben wird", als sagte Er: ,der für euch dem Leiden unterworfen wird' [ = subjicere, davon Subjekt]. Z u 3. Das Testament ist eine Erbverfügung [84a]. Das himmlische Erbe aber verfügte Gott den Menschen zu geben durch die Kraft des Blutes Jesu Christi, weil nach Hebr 9, 16, „wo ein Testament ist, der Tod des Erblassers dazwischenkommen muß". Das Blut Christi ist aber den Q U A E S T I O
78,
3
Alio modo potest intelligi secundum metaphoram, prout per calicem similitudinarie intelligitur passio Christi, quae ad similitudinem calicis inebriat, secundum illud Thren. 3: „Replevit me amaritudinibus, inebriavit nie absynthio"; unde et ipse Dominus passionem suam calicem nominat Matth. 26, dicens: „Transeat a me calix iste"; ut sit sensus: ,Hic est calix passionis meae', qua fit mentio in sanguine seorsum a corpore consecrato; quia separatio sanguinis a corpore fuit per passionem. AD SECUNDUM dicendum quod quia, ut dictum est, sanguis seorsum consecratus expresse passionem Christi repraesentat, ideo potius in consecratione sanguinis fit mentio de effectu passionis, quam in consecratione corporis, quod est passionis subjectum, quod etiam designatur in hoc quod Dominus dicit: .,quod pro vobis tradetur"; quasi diceret: ,quod pro vobis passioni subjicietur'. AD TERTIUM dicendum quod testamentum est dispositio haereditatis. Haereditatem autem caelestem disposuit Deus hominibus dandam per virtutem sanguinis Jesu Christi; quia, ut dicitur Hebr. 9, „Ubi est testamentum, mors necesse est intercedat testatoris". Sanguis autem Christi dupliciter est homini-
174
Menschen auf eine zweifache Weise zugewandt worden. 78,3 Erstens im Bild; das gehört zum Alten Testament. Darum folgert der Apostel ebendort (Hebr 9, 18) weiter: „Deshalb wurde auch das erste Testament nicht ohne Blut eingeweiht." Das ergibt sich aus Ex 24, 7 f. [vgl. Hebr. 9, 19 f. ]: „Als Moses alle Gebote des Gesetzes verlesen hatte, besprengte er das ganze Volk, mit den Worten: Dies ist das Blut des Bundes, den Gott mit euch geschlossen hat." Zweitens wurde es (das Blut Christi) in Wahrheit zugewandt; das gehört zum Neuen Testament. Das ist es, was der Apostel ebendort (Hebr 9, 15) vorausschickt: „Deshalb ist Christus der Mittler des neuen Testamentes, damit durch Seinen Tod die Berufenen die Verheißung des ewigen Erbes erlangen." Es heißt also hier ,das Blut des neuen Testamentes' [85], weil es nicht mehr im Bilde, sondern in Wahrheit zugewandt wird. Deshalb wird beigefügt: ,das für euch vergossen wird.' — Die innere Eingebung aber geht von der Kraft dieses Blutes aus, sofern wir durch das Leiden Christi gerechtfertigt werden. Zu 4. Dieses Testament ist ,neu' auf Grund der Zuwendung. ,Ewig' [86] heißt es aber sowohl auf Grund der ewigen Vorherordnung Gottes als auch auf Grund des ewigen Erbes, das durch dieses Testament bereitet wird. Auch die Person Christi selber, durch dessen Blut das Testament geschlossen wird, ist ewig. QUAESTIO
78, 3
bus exhibitus: primo quidem in figura, quod pertinet ad vetus Testaimentum; et ideo Apostolus ibidem concludit: „Unde nec primum Testamentum sine sanguine dedicatum est", quod patet ex hoc quod, sicut dicitur Exodi 24, „lecto omni mandato legis a Moyse, omnem populum aspersit, dicens: Hic est sanguis Testamenti quod mandavit ad vos Deus". Secundo autem est exhibitus in rei veritate, quod pertinet ad novum Testamentum; et hoc est quod Apostolus ibidem praemittit dicens: „Ideo novi Testamenti mediator est (Christus), ut, morte intercedente, repromissionem accipiant, qui vocati sunt, aeterne haereditatis." Dicitur ergo hic: ,sanguis novi Testamenti', quia jam non in figura, sed in veritate exhibetur; unde subditur: ,qui pro vobis eflundetur'. — Interna autem inspiratio ex hujus sanguinis virtute procedit, secundum quod passione Christi justificamur. AD QUARTUM dicendum quod hoc Testamentum est ,novum' ratione exhibitionis; dicitur autem ,aeternum' tarn ratione aeternae Dei praeordinationis, quam etiam ratione aeternae haereditatis, quae per hoc Testamentum disponitur: ipsa etiam persona Christi, cujus sanguine Testamentum disponitur, est aeterna.
175
78,3
Z u 5. ,Geheimnis' wird hier gesetzt, nicht um die Wahrheit der Sache auszuschließen, sondern um die Verborgenheit anzuzeigen. Denn das Blut Christi selber ist auf verborgene Weise in diesem Sakrament, so wie auch das Leiden Christi verborgen vorgebildet war im Alten Testament. Z u 6. ,Sakrament des Glaubens' [87 ] heißt es als Gegenstand des Glaubens. Denn daß das Blut Christi in Wahrheit in diesem Sakramente sei, wird nur im Glauben festgehalten. Auch rechtfertigt das Leiden Christi [nur] durch den Glauben. Die Taufe aber heißt ,Sakrament des Glaubens', weil sie ein gewisses Bekenntnis des Glaubens ist. — Dieses Sakrament aber ist das ,Sakrament der Minne' als deren Bild und Ursache. Z u 7. Das Blut, getrennt vom Leib konsekriert, vergegenwärtigt ausdrücklicher das Leiden Christi (Zu 2). Darum wird eher bei der Konsekration des Blutes das Leiden Christi und dessen Frucht erwähnt, als bei der Konsekration des Leibes. Z u 8. Das Blut des Leidens Christi hat nicht nur Wirkkraft über die auserwählten Juden, denen das Blut des Alten Testamentes zugewandt wurde, sondern auch über die Heiden; auch nicht bloß über die Priester, welche dieses Sakrament vollziehen, oder über andere, die es QUAESTIO
78, 3
AD QUINTUM dicendum quod ,mysterium' hic ponitur, non quidem ad excludendam rei veritatem, sed ad ostendendam occultationem, quia et ipse sanguis Christi occulto modo est in hoc sacramento, et ipsa passio Christi occulte fuit figurata in veteri Testamento. AD SEXTUM dicendum quod dicitur ,mysterium 1 fidei', quasi fidei objectum, quia quod sanguis Christi secundum 2 veritatem sit in hoc sacramento, sola fide tenetur. Ipsa etiam Christi passio per fidem justificat. Baptismus autem dicitur ,sacraimentum fidei', quia est quaedam fidei protestatio. — Hoc autem est ,sacramentum charitatis', quasi figurativum et effectivum. AD SEPTIMUM dicendum quod, sicut dictum est, sanguis seorsum consecratus a corpore expressius repraesentat passionein Christi; et ideo potius in consecratione sanguinis fit mentio de passione Christi et fructu ipsius, quam in consecratione corporis. AD OCTAVUM dicendum quod sanguis passionis Christi non solum habet efficaciam in Judaeis electis, quibus exhibitus est sanguis veteris Testamenti, sed etiam in gentilibus; nec solum in sacerdotibus, qui hoc conficiunt sacramentum, vel aliis qui 1 P et L: sacramentum. 2 p et L add.: rei.
176
empfangen, sondern auch über jene, für die es darge- 73,3 bracht wird. Bezeichnend sagt Er darum ,für euch' — Juden — ,und für viele' — nämlich Heiden [88] — oder .für euch', die es genießen, ,und für viele', für welche es dargebracht wird. Z u 9. Die Evangelisten hatten nicht die Absicht, die Formen der Sakramente zu überliefern, die in der Urkirche geheim sein mußten (Dionysius), sondern sie wollten die Geschichte Christi schreiben. Gleichwohl lassen sich fast alle diese Worte aus verschiedenen Stellen der Schrift nehmen. Denn wenn es heißt: ,Dies ist der Kelch', so steht das bei Lk 22, 20 und 1 Kor 11, 25. Bei Mt 26, 28 heißt es aber: „Dies ist Mein Blut des Neuen Testamentes, das für viele vergossen wird zur Vergebung der Sünden." — Was aber beigefügt wird: ,des ewigen' und weiterhin: ,Geheimnis des Glaubens', das stammt aus der Überlieferung des Herrn, die durch die Apostel auf die Kirche kam [Anderseits], nach 1 Kor 11, 23: „Ich habe vom Herrn empfangen, was ich euch überliefert habe." 1 QUAESTIO
78, 3
sumunt, sed etiam in illis pro quibus ofiertur. Et ideo signanter dicit ,pro vobis', Judaeis, et ,pro multis', scilicet gentilibus; vel ,pro vobis' manducantibus, et ,pro multis', pro quibus offertur. AD NONUM dicendum quod Evangelistae non intendebant tradere formas sacramentorum, quas in primitiva Ecclesia oportebat esse occultas, ut dicit Dionysius in fine Eccl. Hier. [cap. 7], mpg 3/565 sed intenderunt historiam de Christo texere. Et tarnen haec omnia fere verba ex diversis Scripturae locis accipi possunt. Nam quod dicitur: ,Hic est calix', habetur Luc. 22, et 1 Cor. 11. Matth, autem 26 dicitur: „Hic est sanguis meus novi Testamenti, qui pro multis effundetur in remissionem peccatorum." — Quod autem additur ,aeterni', et iterum, ,mysterium fidei', ex traditione Domini habetur, quae ad Ecclesiam per Apostolos pervenit, secundum illud 1 Cor. 11: „Ego accepi a Domino, quod et tradidi vobis"; ut et 1 Timoth. 3: „Habentes mysterium ffdei." 2 1 Vgl. 78, 2 Zu 5 mit Anm. [83] und Fußnote 1. S. 168. 2 P et L om.: ut . . . fldei.
177
78,4
4.
A R T I K E L
Wohnt den angeführten Worten der Formen fene, die Weihe bewirkende Kraft
eine geschafinne?
1. Johannes von Damaskus sagt: „Durch die Kraft des Heiligen Geistes allein geschieht die Verwandlung des Brotes in den Leib Christi." A b e r die Kraft des Heiligen Geistes ist eine ungeschaffene Kraft. Also wird nicht durch die geschaffene Kraft dieser Worte dieses Sakrament vollzogen. 2. Wunderbare W e r k e geschehen nicht durch irgendeine geschaffene, sondern bloß durch göttliche Kraft ( I 110, 4). Aber die Verwandlung des Brotes und Weines in den Leib und das Blut Christi ist ein nicht weniger wunderbares Werk als die Erschaffung der Dinge oder auch die Bildung des Leibes Christi im Schoß der Jungfrau, was ja durch keine geschaffene Kraft geschehen konnte. Also wird auch dieses Sakrament nicht durch irgendeine geschaffene Kraft der genannten Worte geweiht. 3. Die genannten Worte sind nicht einfache, sondern aus vielen zusammengesetzt; auch werden sie nicht gleichzeitig, sondern nacheinander ausgesprochen. Die erwähnte Verwandlung aber geschieht in einem Augenblick (75, 7). Somit muß sie durch eine einfache Kraft QUAESTIO
78 4 A R T I C U L U S
U t r u m qua
p r a e d i c t i s vis
c r e a t a
v e r b i s
IV
f o r m a r u m
e f f e c f i v a
insit
ali-
c o n s e c r a t i o n i s
[4 Sent., dist. 8, q. 2, art. 3; Matth., cap. 26] A D Q U A R T U M sie p r o c e d i t u r . V i d e t u r q u o d p r a e d i c t i s v e r b i s f o r m a r u m n o n insit a l i q u a v i s c r e a t a e f f e c t i v a c o n s e c r a t i o nis. Dicit enim Damascenus in quarto libro [Fid. Orth., MPG c a p . 1 3 ] : „ S o l a v i r t u t e S p i r i t u s saneti f i t c o n v e r s i o p a n i s in 94/1145 c o r p u s C h r i s t i . " S e d v i r t u s S p i r i t u s saneti est v i r t u s i n c r e a t a . E r g o nulla v i r t u t e creata h o r u m v e r b o r u m conficitur hoc sacramentum. 2. P R A E T E R E A , o p e r a m i r a c u l o s a n o n S u n t a l i q u a v i r t u t e c r e a t a , s e d sola v i r t u t e d i v i n a , ut i n p r i m a P a r t e h a b i t u m est. S e d c o n v e r s i o p a n i s et v i n i i n c o r p u s et s a n g u i n e m C h r i s t i est opus non minus miraculosum quam creatio rerum, v e l etiam f o r m a t i o corporis Christi in utero v i r g i n a l i ; q u a e q u i d e m nulla v i r t u t e c r e a t a fieri p o t u e r u n t . E r g o n e q u e hoc s a c r a m e n t u m consecratur aliqua virtute creata dictorum v e r b o r u m . 3. P R A E T E R E A , p r a e d i c t a v e r b a n o n sunt s i m p l i c i a , s e d e x multis c o m p o s i t a ; nec simul, sed successive p r o f e r u n t u r . Conv e r s i o a u t e m p r a e d i c t a , ut s u p r a d i c t u m est, fit i n instanti, u n d e
178
geschehen. Also geschieht sie nicht durch die Kraft dieser 78, 4 Worte. ANDERSEITS sagt Ambrosius: „Wenn eine solche Macht in der Rede des Herrn Jesus ist, daß zu sein anfing, was nicht war, wieviel mehr bewirkt sie, daß sei, was war und in ein anderes verwandelt werde? Und so ist, was Brot war vor der Weihe, nunmehr Leib Christi nach der Weihe, weil das Wort Christi das Geschöpf ändert." ANTWORT: Einige [89] haben gesagt, daß weder eine geschaffene Kraft in den genannten Worten sei, um die Wesensverwandlung zu bewirken, noch auch in den anderen Formen der Sakramente oder gar in den Sakramenten selber, um die Wirkung der Sakramente herbeizuführen. — Das läuft aber sowohl den Aussprüchen der Heiligen zuwider, wie es auch der Würde der Sakramente des Neuen Gesetzes Eintrag tut (62, 1). Daher folgt, weil dieses Sakrament würdiger ist als die übrigen (65, 3), daß in den formgebenden Worten dieses Sakramentes eine gewisse geschaffene Kraft zum Vollzug der Verwandlung dieses Sakramentes ist; jedoch nur eine werkzeugliche, wie auch in den anderen Sakramenten (62, 3. 4). Da nämlich diese Worte als Worte Christi ausgesprochen werden, erlangen sie aus Seinem Auftrag QUAESTIO
78, i
oportet quod fiat per simplicem virtutem. Non ergo fit per virtutem horum verborum. SED CONTRA est quod Ambrosius dicit in libro de Sacra- MPL mentis [lib. 4, cap. 4 ] 1 : „Si tan la est vis in sermone Dominii 16/440 Jesu, ut inciperent esse quae non erant, quanto magis operatorius est ut sint quae erant, et in aliud commutentur? Et sie quod erat panis ante consecrationeni, jam corpus Christi est post consecrationem, quia sermo Christi in aliud creaturam mutat." RESPONDEO dicendum quod quidam dixerunt nullam virtutem creatam esse nec in praedictis verbis ad transsubstantiationem faciendam, nec etiam in aliis sacramentorum formis, vel etiam in ipsis sacramentis ad inducendos sacramentorum effectus. — Quod, sicut supra habitum est, et dictis sanctorum repugnat, et derogat dignitati sacramentorum novae legis. Unde cum hoc sacramentum sit prae caeteris dignius, sicut supra dictum est, consequens est quod in verbis formalibus hujus sacramenti sit quaedam virtus creata ad conversionem hujus sacramenti faciendam, instrumentalis tarnen, sicut et in aliis sacramentis, sicut supra dictum est. Cum enim haec verba ex persona Christi proferantur, ex ejus mandato consequuntur 1
Cf. pag. 164, nota 2.
179
4 die werkzeugliche Kraft von Christus, wie auch Seine übrigen Werke und Worte als Werkzeuge heilbringende Kraft haben (48, 6; 56, 1 Zu 3: Bd. 28). Z u 1. Wenn es heißt, durch die Kraft des Heiligen Geistes allein werde das Brot in den Leib Christi verwandelt, so wird die werkzeugliche Kraft nicht ausgeschlossen, welche in der Form dieses Sakramentes ist; ähnlich wie, wenn es heißt, der Schmied allein stelle das Messer her, die Kraft des Hammers nicht ausgeschlossen wird. Z u 2. Wunderbare Werke kann kein Geschöpf als Hauptursache vollbringen; es kann sie aber als Werkzeug vollbringen, so wie schon die Berührung der Hände Christi den Aussätzigen heilte [Mt 8, 3; Mk 1, 41 f.; Lk 5, 13]. Auf diese Weise verwandeln Seine Worte das Brot in den Leib Christi. Bei der Empfängnis des Leibes Christi aber, in welcher der Leib Christi gebildet wurde, war es nicht möglich, daß etwas, was vom Leibe Christi ausging, eine werkzeugliche Kraft hatte zur Bildung ebendieses Leibes. Ebenso gab es auch bei der Schöpfung kein Endglied, worauf die werkzeugliche Tätigkeit des Geschöpfes hätte abzielen können. Darum besteht hier keine Ähnlichkeit. Z u 3. Die erwähnten Worte, durch welche die Weihe geschieht, wirken sakramental. Darum folgt die Verwandlungskraft, welche in den Formen dieser Sakramente ist, QUAESTIO
78, 4
virtutem instrumentalem a Christo, sicut et caetera ejus facta vel dicta habent instrumentaliter salutiferam virtutem, ut supra dictum est. AD PRIMUM ergo dicendum quod cum dicitur sola virtute Spiritus sancti panem in corpus Christi converti, non excluditur virtus instrumentalis, quae est in forma hujus sacramenti: sicut cum dicitur: Solus faber facit cultellum, non excluditur virtus martelli. AD SECUNDUM dicendum quod opera miraculosa nulla creatura potest facere quasi agens principale; potest tarnen ea facere instrumentaliter, sicut ipse tactus manus Christi sanavit leprosum. Et per hunc modum verba Christi convertunt panem in corpus Christi. Quod quidem fieri non potuit in conceptione corporis Christi, qua corpus Christi formabatur, ut aliquid a corpore Christi procedens haberet instrumentalem virtutem ad ipsius corporis formationem. In creatione etiam non fuit aliquod extremum, in quod instrumentalis actio creaturae posset terminari. Unde non est simile. AD TERTIUM dicendum quod praedicta verba, quibus fit consecratio, sacramentaliter operantur; unde vis conversiva, quae est in formis horum sacramentorum, consequitur signi-
180
ihrem Zeichensein, das [erst ] beim Aussprechen des 78,5 letzten Wortes abgeschlossen ist. Deshalb erlangen im letzten Jetzt ihres Ausgesprochenwerdens die genannten Worte diese Kraft, im Zusammenhang jedoch mit den vorausgehenden. Diese Kraft ist einfach hinsichtlich des Bezeichneten, obgleich in den verlautbarten Worten eine Art Zusammensetzung stattfindet. 5. A R T I K E L Sind die genannten Redeweisen
wahr?
1. Wenn man sagt: ,Dies ist Mein Leib', weist das ,dies' auf die Substanz hin. Gemäß zuvor Dargelegtem (Art. 1; Art. 4 Zu 3; 75, 2. 7) aber ist, wann dieses Fürwort ,dies' ausgesprochen wird, noch die Substanz des Brotes vorhanden; denn die Wesensverwandlung geschieht im letzten Jetzt des Aussprechens der Worte. Indessen ist dies: ,Brot ist der Leib Christi', falsch. Also ist sogar dieses falsch: ,Dies ist Mein Leib'. 2. Das Fürwort ,dies' bedeutet einen anschaulichen Hinweis. Die sinnfälligen Gestalten aber, die in diesem Sakramente sind, sind weder der Leib Christi selber, noch auch Eigenschaften des Leibes Christi. Also kann diese Redeweise: ,Dies ist Mein Leib', nicht wahr sein. QUAESTIO
78, 5
ficationem, quae in prolatione ultimae dictionis terminatur. Et ideo in ultimo instanti prolationis verborum praedicta verba consequuntur hanc virtutem, in ordine tarnen ad praecedentia; et haec virtus est Simplex ratione simplicis 1 significati, licet in ipsis verbis exterius prolatis sit quaedam compositio.
ARTICULUS V Utrum
praedictae
locutiones
sint
verae
[4 Sent., dist. 8, q. 2, art. 1, qa 4; Matth., cap. 26; 1 Cor., cap. 11, lect. 5]
AD QUINTUM sie proceditur. Videtur quod praedictae locutiones non sint verae. Cum enim dicitur: ,Hoc est corpus meum', ly ,hoc' est demonstrativum substantiae. Sed secundum praedicta, quando profertur hoc pronomen ,hoc', adhuc est ibi 2 substantia panis, quia transsubstantiatio fit in ultimo instanti 3 prolationis verborum. Sed haec est falsa: ,Panis est corpus Christi.' Ergo etiam haec est falsa: ,Hoc est corpus meum.' 2. PRAETEREA, hoc pronomen, ,hoc', facit demonstrationem ad sensum. Sed species sensibiles, quae sunt in hoc sacramento, neque sunt ipsum corpus Christi, neque accidentia corporis Christi. Ergo haec locutio non potest esse vera: ,Hoc est corpus meum.' 1 2 3
L om.
P et L om. L om.
181
78,5
3. Diese Worte bewirken durch ihr Zeichensein die Verwandlung des Brotes in den Leib Christi (Art. 4 Zu 3). Die Wirkursache wird aber als der Wirkung vorausliegend verstanden. Also wird das Zeichensein dieser Worte als der Verwandlung des Brotes in den Leib Christi vorausliegend verstanden. Doch vor der Verwandlung ist dieser Satz falsch: ,Dies ist Mein Leib.' Also ist schlechthin zu urteilen, daß er falsch sei. Derselbe Grund gilt auch von dieser Redeweise: ,Dies ist der Kelch Meines Blutes' usw. ANDERSEITS werden diese Worte als Worte Christi ausgesprochen, der von sich sagt (Jo 14, 6): „Ich bin die Wahrheit." ANTWORT: In diesem Punkte gibt es vielerlei Meinungen [90], Einige haben gesagt, daß in dieser Redeweise ,Dies ist Mein Leib' der Ausdruck ,dies' einen gedachten, aber keinen tatsächlich vollzogenen Hinweis einschließt, denn diese ganze Redeweise werde in ihrem stofflichen Sein genommen, da sie berichtend ausgesprochen werde; der Priester berichtet nämlich, Christus habe gesagt: ,Dies ist Mein Leib.' Das kann aber nicht bestehen. Denn danach würden die Worte nicht auf den gegenwärtigen, körperlichen Stoff angewandt, und so käme das Sakrament nicht zustande; denn Augustinus sagt: „Hinzutritt das Wort zum Stoff, und es wird das Sakrament." — Und dadurch wird die QUAESTIO
78, 5
3. PRAETEREA, haec verba, sicut dictum est, sua significatione efficiunt conversionem panis in corpus Christi. Sed causa effectiva praeintelligitur effectui. Ergo significatio horum verborum praeintelligitur conversioni panis in corpus Christi. S e d ante conversionem haec est falsa: ,Hoc est corpus meum.' Ergo simpliciter est judicandum quod sit falsa: et eadem ratio est d e hac locutione: ,Hic est calix sanguinis mei' etc. SED CONTRA est quod haec verba proferuntur ex persona Christi, qui de se dicit Joan. 14: „Ego sum veritas." RESPONDEO dicendum quod circa hoc multiplex fuit opinio. Q u i d a m 1 enim dixerunt quod in hac locutione: ,Hoc est corpus meum', haec dictio ,hoc' importat demonstrationem ut coneeptam, et non ut exercitam, quia tota ista locutio sumitur materialiter, cum recitative proferatur: recitat enim sacerdos Christum dixisse: ,Hoc est corpus meum.' S e d hoc stare non potest, quia secundum hoc verba haec non applicarentur ad materiam corporalem praesentem, et ita non perficeretur sacramentum. Dicit enim Augustinus super Joan. MPL [tr. 8 0 ] : „Accedit verbum ad elementum, et fit sacramentum." — 35/1840
1 Cf. Innocent. III., 4 de Sacro Alt. Myst., cap. 17;
182
MPL 217/867.
Schwierigkeit dieser Frage nicht gänzlich behoben. Denn 78, 5 dieselben Gründe bleiben für das erste Aussprechen dieser Worte durch Christus, weil es klar ist, daß sie nicht in ihrem stofflichen Sein, sondern in ihrem Zeichensein genommen wurden. Darum ist zu sagen, daß sie, auch wenn sie vom Priester ausgesprochen werden, in ihrem Zeichensein und nicht bloß in ihrem stofflichen Sein genommen werden. — Auch steht dem nicht entgegen, daß der Priester sie berichtend, als von Christus gesagte, ausspricht. Denn wie [bei der Taufe] wegen der unendlichen Kraft Christi die aus der Berührung mit Seinem Fleisch hervorgegangene Kraft zur Wiedergeburt nicht nur zu jenen Wassern gelangt ist, die Christus berührt haben, sondern zu allen wo immer auf der Erde durch alle zukünftigen Zeiten (vgl. 66, 3 Zu 4), so haben auch diese Worte, dadurch, daß Christus selbst sie gesprochen hat, die Weihekraft erlangt. Von welchem Priester sie immer gesagt werden, [sie wirken so,] als wenn Christus selber sie gegenwärtig ausspräche. Deshalb haben andere gesagt, der Ausdruck ,dies' deute in dieser Redeweise nicht auf das sinnlich Wahrnehmbare, sondern auf das geistig Erkennbare hin, so daß der Sinn wäre: ,Dies ist Mein Leib', d. h.: ,Das durch dies Bezeichnete ist Mein Leib.' Aber auch das kann nicht bestehen. Denn es würde, weil in den Sakramenten das bewirkt wird, was bezeichQUAESTIO
78, 5 1
Et praeterea ex hoc totaliter non evitatur difficultas hujus quaestionis, quia eadem rationes manent circa primam prolationem, qua Christus haec verba protulit. Quare manifestum est quod non materialiter, sed significative sumebantur. Et ideo dicendum est quod etiam quando proferuntur a sacerdote, significative, et non tantum materialiter sumuntur. — Nec obstat quod sacerdos ea 2 recitative profert quasi a Christo dicta, quia propter infinitam virtutem Christi, sicut ex contactu carnis suae vis regenerativa pervenit non solum ad illas aquas quae Christum tetigerunt, sed ad omnes ubique terrarum per omnia futura saecula, ita etiam ex prolatione ipsius Christi haec verba virtutem consecrativam sunt consecuta, a quocumque sacerdote dicantur, ac si Christus ea praesentialiter proferret. Et ideo alii dixerunt quod haec dictio ,hoc' in hac locutione facit demonstrationem non ad sensum, sed ad intellectum, ut sit sensus: ,Hoc est corpus meum', id est, ,Significatum per hoc est corpus meum'. Sed nec hoc stare potest, quia cum in sacramentis hoc efficia1
IJ et L om. 2 L: etiam.
183
78,5 net wird, durch diese Form nicht geschehen, daß der Leib Christi in Wahrheit in diesem Sakramente ist, sondern nur wie in einem Zeichen. Das aber ist Irrlehre (75, 1). Darum haben andere gesagt, dieser Ausdruck ,dies' weise hin auf das sinnlich Wahrnehmbare, doch werde dieser Hinweis verstanden nicht von dem Jetzt innerhalb der Rede, in welchem dieser Ausdruck ausgesprochen wird, sondern von dem letzten Jetzt der Rede. Wie wenn einer sagt: ,Jetzt schweige ich', so weist dieses Bestimmungswort Jetzt' hin auf das der Rede unmittelbar folgende Jetzt; der Sinn ist nämlich: ,Sofort nach diesen Worten schweige ich.' Aber auch das kann nicht bestehen. Demzufolge wäre ja der Sinn dieser Redeweise: ,Mein Leib ist Mein Leib.' Das bewirkt aber die erwähnte Redeweise nicht, denn das war auch schon vor dem Aussprechen der Worte wahr. Deshalb bezeichnet das auch die erwähnte Redeweise nicht. Daher ist anders zu sagen: Nach dem (in Art. 4) Vorausgegangenen hat diese Redeweise die Kraft, die Verwandlung des Brotes in den Leib" Christi zu bewirken. Darum verhält sie sich zu anderen Redeweisen, welche nur bezeichnende und nicht bewirkende Kraft haben, wie der Begriff des ausführenden Verstandes, der das Ding bewirkt, zum Begriff unseres betrachtenden Verstandes, der von den Dingen her gewonnen ist; denn „die Worte sind Zeichen der Begriffe" (Aristoteles). Wie darum der QUAESTIO
78, 5
tur quod signiücatur, non fieret per hanc formam ut corpus Christi sit in hoc sacramento secundum veritatem, sed solum sicut in signo, quod est haereticum, ut supra dictum est. Et ideo alii dixerunt quod haec dictio ,hoc' facit demonstrationem ad sensum; sed intelligitur haec demonstratio non pro illo instanti locutionis quo profertur haec dictio, sed pro ultimo instanti locutionis; sicut cum aliquis dicit: ,Nunc taceo', hoc adverbium ,nunc' facit demonstrationem pro instanti immediate sequenti locutionem: est enim sensus: ,Statim his verbis dictis taceo.' Sed nec hoc stare potest, quia secundum hoc hujus locutionis esset sensus: ,Corpus meum est corpus meum', quod praedicta locutio non facit, quia hoc fuit etiam ante prolationem verborum; unde nec hoc praedicta locutio significat. Et ideo aliter dicendum est quod, sicut praedictum est, haec locutio habet virtutem factivam conversionis panis in corpus Christi. Et ideo comparatur ad alias locutiones, quae haben! solum vim significativam, et non factivam, sicut comparatur conceptio intellectus practici, quae est factiva rei, conceptioni intellectus nostri speculativi, quae est accepta a rebus; nam 16 a 3 sqq. „voces sunt signa intellectuum", secundum Philosophum [1 Peri
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Begriff des ausführenden Verstandes das begriffene Ding 78,5 nicht .voraussetzt, sondern es bewirkt, so setzt auch die Wahrheit dieser Redeweise das bezeichnete Ding nicht voraus, sondern bewirkt es. So verhält sich nämlich das Wort Gottes zu den durch das Wort bewirkten Dingen. Diese Umwandlung geschieht aber nicht allmählich, sondern in einem Jetzt (75, 7). Darum muß zwar die genannte Redeweise vom letzten Jetzt des Aussprechens der Worte verstanden werden, aber doch nicht so, daß auf seiten des Trägers [der Verwandlung] das, was Ziel der Verwandlung ist, vorausgesetzt wird, daß nämlich der Leib Christi der Leib Christi sei, noch auch das, was vor der Verwandlung bestand, nämlich das Brot, sondern das, was sich gleichmäßig verhält zu beiden, nämlich das unter diesen Gestalten im allgemeinen Enthaltene. Diese Worte bewirken nämlich nicht, daß der Leib Christi der Leib Christi sei, noch auch daß das Brot der Leib Christi sei, sondern daß das unter diesen Gestalten Enthaltene, das vorher Brot war, der Leib Christi sei. Bezeichnend sagt darum der Herr nicht: ,Dieses Brot ist Mein Leib', was dem Sinn der zweiten Meinung entspräche, noch auch: ,Dieser Mein Leib ist Mein Leib', was dem Sinn der dritten entspräche, sondern im allgemeinen: ,Dies ist Mein Leib.' Er setzt dabei dem Träger kein Hauptwort bei, sondern nur das Fürwort, das die Substanz im allgemeinen ohne eine Beschaffenheit, d. h. ohne eine bestimmte Form, bezeichnet. Q U A E S T I 0
78,
5
Herrn., cap. 1], Et ideo sicut conceptio intellectus practici non praesupponit rem conceptam, sed facit eam, ita veritas hujus locutionis non praesupponit rem significatam, sed facit eam; sie enim se habet verbum Dei ad res factas per verbum. Haec autem conversio non fit successive, sed in instanti, sicut dictum est. Et ideo oportet quidem intelligere praedictam locutionem secundum ultimum instans prolationis verborum, non tarnen ita quod praesupponatur ex parte subjecti id quod est terminus conversionis, scilicet quod corpus Christi sit corpus Christi; neque etiam illud quod fuit ante conversionem, scilicet panis; sed id quod communiter se habet quantum ad utrumque, scilicet contentum in generali sub istis speciebus. Non enim faciunt haec verba quod corpus Christi sit corpus, neque quod panis sit corpus Christi, sed quod contentum sub his speciebus, quod prius erat panis, sit corpus Christi. Et ideo signanter non dicit Dominus: ,Hic panis est corpus meum', quod esset secundum intellectum secundae opinionis; neque: ,Hoc corpus meum est corpus meum', quod esset secundum intellectum tertiae. Sed in generali: ,Hoc est corpus meum', nullo nomine apposito a parte subjecti, sed solo pronomine, quod significat substantiam in communi, sine qualitate, id est, forma determinata.
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6
Z u 1. Der Ausdruck ,dies' weist auf die Substanz hin, doch ohne Bestimmung der besonderen Natur (Antwort). Z u 2. Das Fürwort ,dies' weist nicht auf die Eigenschaften gelber hin, sondern auf die unter den Eigenschaften enthaltene Substanz, die zuerst Brot war und dann der Leib Christi ist, der, obwohl er von diesen Eigenschaften keine Form empfängt, doch unter ihnen enthalten ist. Z u 3. Das Zeichensein dieser Redeweise wird als der bezeichneten Sache in der Ordnung der Natur vorausliegend verstanden, wie die Ursache natürlicherweise früher ist als die Wirkung; nicht aber in der Ordnung der Zeit, denn diese Ursache hat gleichzeitig ihre Wirkung bei sich. Das genügt für die Wahrheit der Redeweise. 6. A R T I K E L Gelangt die Weiheform über das Brot zur Wirkung, bevor die Weiheform über den Wein vollendet ist? 1. Wie durch die Weihe des Brotes der Leib Christi unter diesem Sakramente zu sein anfängt, so fängt durch die Weihe des Weines das Blut an zu sein. Wenn also die Weiheworte über das Brot Wirkung hätten vor QUAESTIO
78, 6
AD PRIMUM ergo dicenduin quod haec dictio ,hoc' demonstrat substantiam, sed absque determinatione propriae naturae, sicut dictum est. AD SECUNDUM dicendum quod hoc pronomen ,hoc' non demonstrat ipsa accidentia, sed substantiam sub accidentibus contentam, quae primo fuit panis, postea est corpus Christi, quod licet non informetur his accidentibus, tarnen sub eis continetur. AD TERTIUM dicendum quod signiflcatio hujus locutionis praeintelligitur rei significatae ordine naturae, sicut causa naturaliter est prior eflectu, non tarnen ordine temporis, quia haec causa simul habet secum suum effectum, et hoc sufficit ad veritatem locutionis. A R T I C U L U S VI Utrum forma consecrationis panis consequatur effectum suum antequam perficiatur forma consecrationis vini [4 Sent., dist. 8, q. 2, art. 4, qa 1; dlst. 11, q. 2, art. 1, qa 3 ad 4; Matth., cap. 26; 1 Cor., cap. 11, lect. 6]
AD SEXTUM sie proceditur. Videtur quod forma consecrationis panis non consequatur suum effectum, quousque perficiatur forma consecrationis vini. Sicut enim per consecrationem panis ineipit esse corpus Christi sub hoc sacramento, ita per consecrationem vini ineipit esse sanguis. Si ergo verba con-
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der Weihe des Weines, so folgte daraus, daß in diesem 78,6 Sakrament der Leib Christi blutlos anfinge zu sein. Das ist nicht entsprechend. 2. Ein einziges Sakrament hat eine einzige Vollendung. Obgleich es also in der Taufe ein dreimaliges Untertauchen gibt, erlangt das erste Untertauchen doch nicht seine Wirkung, bis das dritte abgeschlossen ist (66, 8). Dieses ganze Sakrament ist aber ein einziges (73, 2). Also erlangen die Worte, mit welchen das Brot geweiht wird, ihre Wirkung nicht ohne die sakramentalen Worte, mit denen der Wein geweiht wird. 3. In der Weiheform über das Brot sind mehrere Worte, deren erste ihre Wirkung nicht erlangen, wenn nicht das letzte ausgesprochen ist (Art. 4 Zu 3; Art. 5 E. 1; 75, 2. 7). Also haben aus dem gleichen Grunde auch die Worte, womit der Leib Christi geweiht wird, keine Wirkung, wenn nicht die Worte, womit das Blut Christi geweiht wird, ausgesprochen sind. ANDERSEITS wird sofort, nachdem die Weiheworte über das Brot ausgesprochen sind, die geweihte Hostie dem Volk zur Anbetung dargeboten. Dies geschähe nicht, wenn nicht der Leib Christi da wäre; denn das wäre Götzendienst. Also erlangen die Worte der Weihe über das Brot ihre Wirkung, bevor die Weiheworte über den Wein ausgesprochen sind. QUAESTIO
78, 6
aecrationis panis haberent suum elfectum ante consecrationem vini, sequeretur quod in hoc sacramento inciperet esse corpus Christi sine sanguine 1 , quod est inconveniens. 2. PRAETEREA, unum sacramentum unum habet complementum: unde licet in baptismo sint tres immersiones, non tarnen prima immersio consequitur suum eflectum, quousque tertia fuerit terminata. Sed totum hoc sacramentum est unum, ut supra dictum est. Ergo verba quibus consecratur panis non consequuntur suum eflectum sine verbis sacramentalibus quibus consecratur vinum. 3. PRAETEREA, in ipsa forma consecrationis panis sunt plura verba, quorum prima non consequuntur eflectum, nisi prolato ultimo, sicut dictum est. Ergo pari ratione nec verba quibus consecratur corpus Christi, habent eflectum, nisi prolatis verbis quibus sanguis Christi consecratur. SED CONTRA est quod statim dictis verbis consecrationis panis, hostia consecrata proponitur populo adoranda; quod non fieret, si non esset ibi corpus Christi, quia hoc ad idololatriam pertineret. Ergo verba consecrationis panis 2 suum eflectum consequuntur, antequam proferantur verba consecrationis vini. 5 2
L pro sine sanguine: exsangue. L om.
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6
ANTWOiRT: Einig© frühere Lehrer haben gesagt, daß diese beiden Formen, die der Weihe des Brotes und des Weines nämlich, sich gegenseitig in ihrer Wirksamkeit erwarten in der Weise, daß die erste ihre Wirkung nicht vollende, bevor die zweite ausgesprochen sei [91]. Das kann aber nicht bestehen. Denn zur Wahrheit dieser Redeweise: ,Dies ist Mein Leib' ist wegen der Gegenwartsform des Zeitwortes erfordert, daß der bezeichnete Gegenstand zeitlich zugleich sei mit dem Zeichensein der Redeweise (Art. 5 Zu 3). Andernfalls, wenn der bezeichnete Gegenstand in der Zukunft erwartet würde, wäre das Zeitwort der Zukunft, aber nicht das der Gegenwart gesetzt, so daß nämlich nicht gesagt würde: ,Dies ist Mein Leib', sondern: ,Dies wird Mein Leib sein'. Das Zeichensein dieser Redeweise ist aber erfüllt, sofort wenn diese Worte vollständig ausgesprochen sind. Darum muß der bezeichnete Gegenstand sofort gegenwärtig sein, da er ja die Wirkung dieses Sakramentes ist. Sonst wäre die Redeweise nicht wahr. — Auch ist diese Annahme gegen den Ritus der Kirche, die sofort nach dem Aussprechen der Worte den Leib Christi anbetet. Darum ist zu sagen, daß die erste Form nicht auf die zweite in ihrer Wirksamkeit wartet, sondern sofort ihre Wirkung hat. Z u 1. Durch diesen Gedankengang scheinen jene irreQUAESTIO
78, 6
RESPONDEO dicendum quod quidam antiqui doctores dixerunt quod hae duae formae, scilicet consecrationis panis et vini, se invicem expectant in agendo, ita scilicet quod prima non perficit suum effectum, antequam proferatur secunda. Sed hoc stare non potest, quia, sicut dictum est, ad veritatem hujus locutionis: ,Hoc est corpus meum', requiritur propter verbum praesentis temporis quod res significata simul tempore sit cum ipsa significatione locutionis; alioquin si in futurum expectaretur res significata, apponeretur verbum futuri temporis, non autem verbum praesentis, ita scilicet quod non diceretur: ,Hoc est corpus meum', sed: ,Hoc erit corpus meum'. Significatio autem hujus locutionis completur statim completa prolatione 1 horum verborum. Et ideo oportet rem significatam statim adesse, quae quidem est effectus hujus sacramenti; alioquin locutio non esset vera. — Est etiam haec positio contra ritum Ecclesiae, quae statim post prolationem verborum corpus Christi adorat. Unde dicendum est quod prima forma non expectat secundam in agendo, sed statim habet suum effectum. AD PRIMUM ergo dicendum quod ex hac ratione videntur 1
188
P: locutione.
geleitet worden zu sein, welche die [in der Antwort] ge- 78, 6 nannte Meinung aufstellten. Darum muß man es so verstehen, daß nach der Weihe des Brotes wohl der Leib Christi kraft des Sakramentes und das Blut kraft tatsächlicher Mitfolge dort ist; hernach aber, nach der Weihe des Weines, wird dort umgekehrt das Blut Christi kraft des Sakramentes, der Leib Christi aber kraft tatsächlicher Mitfolge, so daß der ganze Christus unter jeder der Gestalten ist (76, 2). Zu 2. Dieses Sakrament ist eines der Vollkommenheit nach (73, 2), sofern es sich zusammensetzt aus zweierlei, nämlich Speise und Trank, deren jedes seine eigene Vollkommenheit hat. Das dreifache Untertauchen der Taufe aber ist auf eine einzige einfache Wirkung hingeordnet. So haben wir nicht den gleichen Fall. Z u 3. Die verschiedenen Worte, die in der Weiheform des Brotes sind, machen die Wahrheit der einen Redeweise aus, nicht aber die Worte der verschiedenen Formen. So haben wir nicht den gleichen Fall. Q U A Ii S T I O 78,
o
fuisse decepti illi qui praedictam positionem posuerunt. Unde intelligendum est quod facta consecratione panis, est quidem corpus Christi ibi ex vi sacramenti, et sanguis ex reali concoinitantia, sed postmodum per consecrationem vini fit ibi e converso sanguis Christi ex vi sacramenti, corpus autem ex reali concomitantia, ita quod totus Christus est sub utraque specie, sicut supra dictum est. AD SECUNDUM dicendum quod hoc sacramentum est unum perfectione, sicut supra dictum est, inquantum constituitur ex duobus, scilicet cibo et potu, quorum utrumque per se habet suam perfectionem ; sed tres immersiones baptismi ordinantur ad unum simplicem effectum, et ideo non est simile. AD TERTIUM dicendum quod diversa verba, quae sunt in forma consecrationis panis, constituunt veritatem unius locutionis, non autem verba diversarum formarum, et ideo non est simile.
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79, 1
79. F R A G E
DIE WIRKUNGEN DIESES SAKRAMENTES Nunmehr sind die Wirkungen dieses Sakramentes zu betrachten. Darüber werden acht Fragen gestellt: 1. Verleiht dieses Sakrament Gnade? 2. Besteht die Wirkung dieses Sakramentes im Erlangen der Herrlichkeit? 3. Besteht die Wirkung dieses Sakramentes im Nachlaß der Todsünde? 4. Wird durch dieses Sakrament die läßliche Sünde nachgelassen? 5. Wird durch dasselbe die ganze Sündenstrafe nachgelassen? 6. Bewahrt dieses Sakrament vor künftigen Sünden? 7. Kommt dieses Sakrament auch anderen als den Empfängern zugute? 8. Wodurch werden die Wirkungen dieses Sakramentes verhindert? 1. A R T I K E L Wird durch dieses Sakrament Gnade verliehen? 1. Dieses Sakrament ist geistige Nahrung. Nahrung wird aber nur einem Lebenden gereicht. Da nun das geistige
QUAESTIO
LXXIX
DE EFFECTIBUS HUJUS SACRAMENTI Deinde considerandum est de effectibus hujus sacramenti. Et circa hoc quaeruntur octo: 1. Utrum hoc sacramentum conferat gratiam. — 2. Utrum effectus hujus sacramenti sit adeptio gloriae. — 3. Utrum effectus hujus sacramenti sit remissio peccati mortalis. — 4. Utrum per hoc sacramentum remittatur peccatum veniale. — 5. Utrum per hoc sacramentum tota poena peccati remittatur. — 6. Utrum hoc sacramentum homines praeservet a peccatis futuris. — 7. Utrum hoc sacramentum prosit aliis quam sumentibus. — 8. De impedimentis effectus hujus sacramenti. Utrum
per
ARTICULUS I hoc s a c r a m e n t u m
gratia
conferatur
[4 Sent., dist. 12, q. 2, art. 1, qa 1; art. 2, qa 1]
AD PRIMUM sic proceditur. Videtur quod per hoc sacramentum non conferatur gratia. Hoc enim sacramentum est
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Leben durch die Gnade begründet ist, kommt dieses Sa- 79,1 krament nur dem zu, der die Gnade schon hat. Also wird durch dieses Sakrament die Gnade nicht verliehen, damit sie anfange, im Träger zu sein. Desgleichen auch nicht, damit sie vermehrt werde; denn das geistige Wachstum gehört zum Sakrament der Firmung (65, 1; 72, 1). Also wird durch dieses Sakrament keine Gnade verliehen. 2. Dieses Sakrament wird empfangen als eine Art geistiger Erquickung. Geistige Erquickung gehört aber wohl mehr dazu, daß man die Gnade gebraucht, als daß man sie erlangt. Also scheint durch dieses Sakrament keine Gnade verliehen zu werden. 3. In diesem Sakrament „wird der Leib Christi für das Heil des Leibes und Sein Blut für das Heil der Seele dargebracht" (74, 1). Der Leib ist aber nicht Träger der Gnade, sondern die Seele (I—II 110, 4). Also wird, wenigstens was den Leib betrifft, durch dieses Sakrament keine Gnade verliehen. ANDERSEITS sagt der Herr, Jo 6, 52: „Das Brot, das Ich geben werde, ist Mein Fleisch für das Leben der Welt." Das geistige Leben aber ist durch die Gnade begründet. Also wird durch dieses Sakrament Gnade verliehen. QUAESTIO
79, 1
nutrimentum spirituale. Nutrimentum autem non datur nisi viventi. Cum ergo vita spiritualis sit per gratiam, non competit hoc sacramentum nisi habenti gratiam. Non ergo per hoc sacramentum confertur gratia, ut primo habeatur; similiter etiam nec ad hoc quod augeatur, quia augmentum spirituale pertinet ad sacramentum confirmationis, ut dictum est. Non ergo per hoc sacramentum gratia confertur. 2. PRAETEREA, hoc sacramentum confertur 1 ut quaedam spiritualis refectio. Sed refectio spiritualis magis videtur pertinere ad usum gratiae quam ad gratiae collationem 2 . Ergo videtur quod per hoc sacramentum gratia non conferatur. 3. PRAETEREA, sicut supra dictum est, in hoc sacramento „corpus Christi offertur pro salute corporis, sanguis autem pro salute animae". 3 Sed corpus non est subjectum gratiae, sed anima, ut in secunda Parte habitum est. Ergo ad minus quantum ad corpus per hoc sacramentum gratia non confertur. SED CONTRA est quod Dominus dicit (Joan. 6): „Panis quem ego dabo, caro mea est pro mundi vita." Sed vita spiritualis est per gratiam. Ergo per hoc sacramentum gratia confertur. 1 1.: axsuinitur. - L: oonsecutionem. 3 Cf. pag. 27, n o t a 1.
191
79, l
ANTWORT: Die Wirkung dieses Sakramentes muß zuerst und hauptsächlich von dem aus betrachtet werden, was in diesem Sakrament enthalten ist, und das ist Christus. Wie Er, da Er sichtbar in die Welt kam, der Welt das Leben der Gnade brachte — Jo 1, 17: „Die Gnade und Wahrheit ist durch Jesus Christus geworden" —, so wirkt Er, wenn Er sakramental in den Menschen kommt, das Leben der Gnade — Jo 6, 5 8 : „Wer Mich ißt, der wird leben um Meinetwillen". Daher sagt auch Cyrillus [von Alexandrien]: „Das lebenzeugende WORT Gottes hat sich selbst Seinem eigenen Fleische geeint und hat es dadurch selbst lebenzeugend gemacht. Es ziemte sich also, daß Er sich in gewisser Weise mit unseren Leibern vereinigte durch Sein heiliges Fleisch und Sein kostbares Blut, die wir in der lebenzeugenden Segnung in Brot und Wein empfangen" [92]. Zweitens wird jene Wirkung betrachtet von dem aus, was durch dieses Sakrament vergegenwärtigt wird, und das ist das Leiden Christi (74, 1 ; 76, 2 Zu 1). Deshalb wird das, was vom Leiden Christi in der Welt bewirkt worden ist, durch dieses Sakrament im Menschen bewirkt. Darum sagt Chrysostomus zu Jo 19, 34, ,Sogleich floß Blut und Wasser hervor': „Von hier aus nehmen die heiligen Geheimnisse ihren Ursprung. Wenn du also zum Kelch, der schaudern macht, hinzutrittst, trete so hinzu wie einer, der sich anschickt, aus der Seite Christi selbst zu trinken." Daher sagt auch der Herr selbst Mt 26, 28: QUAESTIO
MPG 72 909,912
MPG 59/463
79, L
RESPONDEO dicendum quod effectus hujus sacramenti debet considerari primo quidem et principaliter ex eo quod in hoc sacramento continetur, quod est Christus; qui sicut in mundum visibiliter veniens contulit mundo vitam gratiae, secundum illud Joan. 1 : „Gratia et veritas per Jesum Christum facta est", ita in hominem sacramentaliter veniens vitam gratiae operatur, secundum illud Joan. 6 : „Qui manducat me, vivet propter me." Unde et Cyrillus dicit [22 in L u c . ] : „Viviflcativum Dei Verbum uniens seipsum propriae carni, fecit ipsam vivificativam. Decebat enim eum nostris quodammodo uniri corporibus per sacram ejus carnem et pretiosum sanguinem, quae accipimus in benedictionem vivificativam in pane et in vino." Secundo consideratur ex eo quod per hoc sacramentum repraesentatur, quod est passio Christi, sicut supra dictum est. Et ideo effectum, quem passio Christi fecit in mundo, hoc sacramentum facit in homine. Unde super illud Joan. 19, ,Continuo exivit sanguis et aqua', dicit Chrysostomus [hom. 85 in j o a n - ] : „Quia hinc suscipiunt principium sacra mysteria, cum accesseris ad tremendum calicem, ut ab ipsa bibiturus Christi costa, ita accedas." Unde et ipse Dominus dicit Matth. 26:
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„Dies ist Mein Blut, das für euch wird vergossen werden 79,1 zum Nachlaß der Sünden." Drittens wird die Wirkung dieses Sakramentes von der Art und Weise aus betrachtet, wie dieses Sakrament gespendet wird, nämlich als Speise und Trank. Jede Wirkung also, die stoffliche Speise und stofflicher Trank im leiblichen Leben hervorbringen, wie Erhalten, Vermehren, Wiederherstellen und Ergötzen, all dies bewirkt dieses Sakrament im geistigen Leben; so Ambrosius: „Dies ist das Brot des ewigen Lebens, das die Substanz unserer Seele aufrechthält." Und Chrysostomus: „Er schenkt sich uns, die wir verlangen, Ihn zu berühren, zu genießen und zu umfangen." Darum sagt auch der Herr selbst Jo 6, 55: „Mein Fleisch ist wahrhaft eine Speise, und Mein Blut ist wahrhaft ein Trank." Viertens wird die Wirkung dieses Sakramentes betrachtet von den Gestalten her, unter denen es gereicht wird. So sagt Augustinus: „Unser Herr hat Seinen Leib und Sein Blut unter jenen Dingen dargeboten, die aus vielen zu einem einzigen zusammengefügt werden; denn das eine — das Brot — ersteht aus vielen Körnern zur Einheit, das andere — der Wein — fließt aus vielen Trauben zusammen." Und anderswo: „0 Sakrament der Güte, o Sinnbild der Einheit, o Band der Liebe!" Weil nun Christus und Sein Leiden die Ursache der QUAESTIO
79, L
„Hic est sanguis meus, qui pro vobis effundetur in remissionem peccatorum." Tertio consideratur efiectus hujus sacramenti ex modo quo traditur hoc sacramentum, quod traditur per modum cibi et potus. Et ideo omnem eflectum quem cibus et potus materialis facit quantum ad vitam corporalem, quod scilicet sustentat, äuget, reparat et delectat, hoc totum facit hoc sacramentum quantum ad vitam spiritualem. Unde Ambrosius dicit in libro MPL de Sacramentis [cap. 4 ] : „Iste panis est vitae aeternae, qui 16/'452 animae nostrae substantiam fulcit." Et Chrysostomus dicit super Joan. {faom. 46]: „Praestat se nobis desiderantibus et MPG palpare, et comedere et amplecti." Unde et ipse Dominus 59/260 dicit Joan. 6: „Caro mea vere est cibus, et sanguis meus vere est potus." Quarto consideratur effectus hujus sacramenti ex speciebus in quibus traditur hoc sacramentum. Unde Augustinus ibidem MPL [tr. 26 in Joan.] dicit: „Dominus noster corpus et sanguinem 35/1614 suum in eis rebus commendavit quae ad unum aliquid rediguntur ex multis; namque aliud", scilicet panis, „ex multis granis in unum constat; aliud", scilicet vinum, „ex multis racemis confluit". Et ideo ipse alibi dicit super Joan.: „0 sacramentum MPL pietatis, o S i g n u m unitatis, o vinculum charitatis!" 35/1613 Et quia Christus et ejus passio est causa gratiae, et spiritualis
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79, i Gnade sind, und weil die geistige Erquickung und Liebe ohne die Gnade nicht sein können, ist aus allem bisher Gesagten klar, daß dieses Sakrament Gnade verleiht. Z u 1. Dieses Sakrament hat aus sich selbst die Kraft, Gnade zu verleihen, und niemand hat die Gnade v o r dem Empfang dieses Sakramentes, außer infolge irgendwelchen Verlangens nach ihm, entweder aus sich selbst, wie die Erwachsenen, oder aus dem Verlangen der Kirche, wie die Kinder (73, 3). Darum ist es eine Auswirkung seiner Kraft, wenn einer auch schon durch das Verlangen nach ihim Gnade erhält, durch die er geistig lebendig gemacht wird. Es bleibt also übrig, daß beim tatsächlichen Empfang dieses Sakramentes die Gnade vermehrt und das geistige Leben vervollkommnet wird. Anders jedoch als durch das Sakrament der Firmung, in welchem die Gnade vermehrt und vervollkommnet wird zum erfolgreichen Widerstand gegen den äußeren Ansturm der Feinde Christi. Durch dieses Sakrament aber wird die Gnade vermehrt und das geistige Leben vervollkommnet, damit der Mensch in sich selbst ein Vollkommener sei durch die Verbindung mit Gott. Z u 2. Dieses Sakrament verleiht auf geistige Weise die Gnade mit der Tugend der Liebe. Daher vergleicht Johannes von Damaskus dieses Sakrament mit der Kohle, die Isaias sah (6, 6 ) : „ D i e Kohle ist nicht einfaches Holz, sondern vereinigt mit Feuer; so ist auch das Brot der Gemeinschaft nicht einfaches Brot, sondern QUAESTIO
79, 1
refectio et Charitas sine gratia esse non potest, ex ómnibus praemissis manifestum est quod hoc sacramentum gratiam confert. A D P R I M U M e r g o dicendum quod hoc sacramentum ex seipso v i r t u t e m habet gratiam c o n f e r e n d i ; nec aliquis habet gratiam ante susceptionem hujus sacramenti, nisi e x aliquo voto ipsius, v e l p e r seipsum, sicut adulti, v e l voto Ecclesiae, sicut parvuli, sicut supra dictum est. U n d e e x efficacia virtutis ipsius est quod etiam e x voto ipsius aliquis gratiam consequatur, p e r quam spiritualiter vivificetur. Restat igitur ut cum ipsum sacramentum realiter sumitur, gratia augeatur, et vita spiritualis p e r f i c i a t u r ; aliter tarnen quam p e r sacramentum confirmationis, in quo augetur et perficitur gratia ad persistendum contra e x t e r i o r e s impugnationes inimicorum Christi; per hoc autem sacramentum augetur gratia, et perficitur spiritualis vita, ad hoc quod homo in seipso perfectus existat p e r conjunctionem ad D e u m . A D S E C U N D U M dicendum quod hoc sacramentum confert gratiam spiritualiter cum virtute charitatis. U n d e Damascenus MPG [4 F i d . Orth., cap. 13] comparat hoc sacramentum carboni 94/1149 q u e n l i S aias vidit, Is. 6: „ C a r b o enim lignum Simplex non
194
vereinigt mit der Göttlichkeit" [93]. Nun sagt aber Gre- 79,1 gorius in einer Pfingstpredigt: „Die Liebe Gottes ist nicht müßig; denn sie wirkt Großes, wenn sie da ist." Deshalb wird durch dieses Sakrament, soweit es auf seine eigene Kraft ankommt, nicht nur das Gehaben der Gnade und der Tugend verliehen, sondern es wird auch zur Tätigkeit geweckt, nach Kor 5, 14: „Die Liebe Christi drängt uns." Daher kommt es, daß die Seele aus der Kraft dieses Sakramentes geistig erquickt wird, sofern sie durch die Süßigkeit der göttlichen Güte ergötzt und gleichsam berauscht wird, nach Hl 5, 1: „Esset, Freunde, und trinket und berauschet euch, Geliebte." Z u 3. Weil die Sakramente nach der Ähnlichkeit wirken, .durch die sie Zeichen sind, deshalb sagt man durch eine Art Angleichung, daß in diesem Sakramente „der Leib dargebracht werde für das Heil des Leibes und das Blut für das Heil der Seele", obwohl beide zum Heile beider wirken; denn unter beiden ist der ganze Christus (76, 2). Und obwohl der Leib nicht unmittelbarer Träger der Gnade ist, strömt doch aus der Seele die Wirkung der Gnade auf den Leib über, weil wir in diesem Leben „unsere Glieder als Waffen der Gerechtigkeit Gott darbieten" (Rom 6, 13), und weil im künftigen Leben unser Leib die Unverweslichkeit und Herrlichkeit der Seele gewinnen wird. QUAESTIO 79, l est, sed unitum igni; ita et panis communionis 1 non simplex panis est, sed unitus Divinitati." Sicut autem Gregorius dicit mpl in Homilia Pentecostes [30 in Ev.], „amor Dei non est otiosus: 76/1221 magna enim operatur, si est". Et ideo per hoc sacramentum, quantum est ex sui virtute, non solum habitus gratiae et virtutis confertur, sed etiam excitatur in actum, secunduin illud 2 Cor. 5: „Charitas Christi urget nos." Et inde est quod ex virtute hujus sacramenti anima spiritualiter reficitur, per hoc quod anima spiritualiter delectatur, et quodammodo inebriatur dulcedine bonitatis divinae, secundum illud Cant. 5: „Comedite, amici, et bibite, et inebriamini, charissimi." AD TERTIUM dicendum quod, quia sacramenta operantur salutem 2 quam signifikant, ideo secundum quamdam assimilationem dicitur quod in hoc sacramento „corpus offertur pro salute corporis, et sanguis pro salute animae", quainvis utrumque ad salutem utriusque operetur, cum sub utroque totus sit Christus, ut supra dictum est. Et licet corpus non sit immediatum subjectum gratiae, ex anima tarnen redundat effectus gratiae ad corpus dum in praesenti „membra nostra exhibemus arma justitiae Deo", ut habetur Rom. 6, et in futuro corpus nostrum sortietur incorruptionem et gloriam animae. 1
P: communicationis.
- 1' ol I- oni.: salutem. et artri.: soeunrlum similitudinem per. 13*
195
79,2
2. A R T I K E L Besteht die Wirkung dieses Sakramentes im Erlangen Herrlichkeit ?
der
1. Die Wirkung entspricht ihrer Ursache. Dieses Sakrament kommt aber den Pilgern zu; deshalb heißt es Wegzehrung. Weil aber die Pilger für die Herrlichkeit noch nicht aufnahmefähig sind, scheint dieses Sakrament das Erlangen der Herrlichkeit nicht zu verursachen. 2. Sobald die hinreichende Ursache gesetzt ist, ist auch die Wirkung gesetzt. Viele empfangen aber dieses Sakrament, ohne jemals zur Herrlichkeit zu gelangen (Augustinus). Also ist dieses Sakrament nicht die Ursache für das Erlangen der Herrlichkeit. 3. Das Größere wird nicht durch das Geringere bewirkt. Denn nichts wirkt über seine Art hinaus. Es ist aber etwas Geringeres, Christus unter fremder Gestalt zu empfangen, was in diesem Sakrament geschieht, als Ihn zu genießen in Seiner eigenen Gestalt, was zur Herrlichkeit gehört. Also verursacht dieses Sakrament nicht das Erlangen der Herrlichkeit. ANDERSEITS heißt es Jo 6, 52: „Wenn jemand von diesem Brot ißt, wird er leben in Ewigkeit." Das ewige Leben aber ist das Leben der Herrlichkeit. Also ist die Wirkung dieses Sakramentes das Erlangen der Herrlichkeit. Q U A E S T I O 79, 2 ütrura
effectus
A R T I C U L U S II hujus sacramenti g1or ia e
sit
adeptio
[Infra, q. 80, art. 2 ad 1; in Joan., cap. 6, lect. 7]
AD SECUNDUM sie proceditur. Videtur quod effectus hujus sacramenti non sit adeptio gloriae. Effectus enim proportionatur suae causae. Sed hoc sacramentum competit viatoribus, unde et viaticum dicitur. Cum igitur viatores nondum sint capaces gloriae, videtur quod hoc sacramentum non causet adeptionem gloriae. 2. PRAETEREA, posita causa suffleienti, ponitur effectus. Sed multi aeeipiunt hoc sacramentum qui nunquam pervenient MPL ad gloriam, ut patet per Augustinum 21 de Civ. Dei [cap. 25], 41/741 Non ergo hoc sacramentum est causa adeptionis gloriae. CSEL40 3. PRAETEREA, majus non efficitur a minori, quia nihil agit ' ultra suam speciem. Sed minus est aeeipere Christum sub specie aliena, quod fit in hoc sacramento, quam frui eo in specie propria, quod pertinet ad gloriam. Ergo hoc sacramentum non causat adeptionem gloriae. SED CONTRA est quod dicitur Joan. 6 : „Si quis manducaverit ex hoc pane, vivet in aeternum." Sed vita aeterna est vita gloriae. Ergo effectus hujus sacramenti est adeptio gloriae.
196
ANTWORT: Bei diesem Sakramente kann man einmal 79,2 das ins Auge fassen, woher es seine Wirkung hat, nämlich den in ihm enthaltenen Christus selbst und Sein vergegenwärtigtes Leiden, und dann das, wodurch es seine Wirkung hat, nämlich den Gebrauch des Sakramentes und seine Gestalten. In jeder der beiden Hinsichten steht es diesem Sakrament zu, Ursache zu sein zur Erlangung des ewigen Lebens. Denn Christus selbst hat uns durch Sein Leiden den Zugang zum ewigen Leben erschlossen, nach Hebr 9, 15: „Er ist der Mittler des Neuen Testamentes, auf daß durch den Eintritt Seines Todes die Berufenen die Verheißung des ewigen Erbes empfangen." Daher heißt es auch in der Form dieses Sakramentes: „Dies ist der Kelch Meines Blutes, des Neuen und ewigen Testamentes." Ähnlich besitzen wir auch die geistige Erquickung durch die Speise und die durch die Gestalten von Brot und Wein bezeichnete Einheit in diesem Leben, aber unvollkommen, vollkommen aber im Stande der Herrlichkeit. Darum sagt Augustinus zu Jo 6, 55, ,Mein Fleisch ist wahrhaft eine Speise': „Wenn die Menschen durch Speise und Trank erreichen wollen, daß sie nicht mehr hungern und dürsten, so gewährt dies in Wahrheit nur jene Speise und jener Trank, durch welche die Empfangenden unsterblich und unverweslich gemacht werden in der Gemeinschaft der Heiligen, wo der Friede sein wird und die volle und vollendete Einheit" [94]. QUAESTIO
79, 2
RESPONDEO dicendum quod in hoc sacramento potest considerari et id ex quo habet effectum, scilicet ipse Christus contentus, et passio ejus repraesentata; et id per quod habet effectum, scilicet usus sacramenti et species ejus. Et quantum ad utrumque competit huic sacramento quod causet adeptionem vitae aeternae. Nam ipse Christus per suam passionem aperuit nobis aditum vitae aeternae, secundum illud Hebr. 9: „Novi Testamenti mediator est; ut morte intercedente, qui vocati sunt accipiant repromissionem aeternae haereditatis." Unde et in forma hu jus sacramenti dicitur: „Hic est calix sanguinis mei, novi et aeterni Testamenti." Similiter etiam refectio cibi spiritualis et unitas significata per species panis et vini habentur quidem in praesenti, sed imperfecte; perfecte autem in statu gloriae. Unde Augustinus MPL dicit super aliud Joan. 6, ,Caro mea vere est cibus' [tr. 26 35/1614 in Joan.]: „Cum cibo et potu id appetant homines ut non esuriant neque sitiant, hoc veraciter non praestat nisi iste cibus et potus qui eos a quibus sumitur immortales et incorruptibiles tacit in societate sanctorum, ubi pax erit, et unitas plena atque perfecta."
197
79, 2
Z u 1. Wie das Leiden Christi, aus dessen Kraft dieses Sakrament wirkt, zwar hinreichende Ursache der Herrlichkeit ist, jedoch nicht so, d a ß wir durch es sofort in die Herrlichkeit eingeführt w ü r d e n ; sondern es ist nötig, d a ß wir zuvor zugleich mitleiden, um nachher zugleich verherrlicht zu werden (Rom 8, 17); so führt uns dieses Sakrament nicht sogleich in die Herrlichkeit ein, sondern gibt uns die Kraft, zur Herrlichkeit zu gelangen. Darum heißt es Wegzehrung. Als dessen Vorbild liest man 1 Kg 19, 8: Elias „aß und trank und w a n d e r t e in der Kraft dieser Speise vierzig Tage und vierzig Nächte bis zum Berge Gottes Horeb". Z u 2. Wie das Leiden Christi in denen, die sich zu ihm nicht verhalten, wie sie sollen, seine Wirkung nicht hat, so erlangen auch jene durch dieses Sakrament die Herrlichkeit nicht, die es ungeziemend empfangen. Daher sagt Augustinus in der Erklärung jener Worte [Jo 6, 49, ,Eure Väter haben das Manna gegessen und sind gestorb e n ' ] : „Ein anderes ist das Sakrament, ein anderes die Kraft des Sakramentes. Viele empfangen vom Altar und sterben durch den Empfang. Esset also geistig (erweise) das himmlische Brot; bringt ein reines Herz zum Altar!" Es ist darum nicht erstaunlich, wenn jene, die das Herz nicht rein bewahren, die Wirkung dieses Sakramentes nicht erlangen. Z u 3. Daß Christus unter f r e m d e r Gestalt empfangen Q U A E S T I 0 79, 2
AD PRIMUM ergo dicendum quod, aicut passio Christi, i n 1 cujus virtute hoc sacramentum operatur, est quidem causa sufficiens gloriae, non tarnen ita quod statim per ipsam introducamur in gloriam, sed oportet ut prius simul compatianmr, ut postea simul glordfieemur, sicut idieitur Rom. 8, ita hoc sacramentum non statim nos in gloriam introducit, sed dat nobis virtutem perveniendi ad gloriam, et ideo viaticum dicitur, in cujus figuram legitur 3 Reg. 19, quod Elias „comedit et bibit, et ambulavit in fortitudine cibi illius quadraginta diebus et quadraginta noctibus usque ad montem Dei Horeb". AD SECUNDUM dicendum quod, sicut passio Christi non habet suum effectum in his qui se ad eam non habent ut debent, ita et per hoc sacramentum non adipiscuntur gloriam qui indecenter ipsum suscipiunt. Unde Augustinus dicit super MPL Joan., exponens illa verba [tr. 26]: „Aliud est sacramentum, et 35/1 tili a ü u ( j virtus sacramenti. Multi de altari accipiunt, et accipiendo moriuntur. Panem ergo caelestem spiritualiter manducate, innocentiam ad altare apportate." Unde non est mirum, si illi qui innocentiam non servant, effectum hujus sacramenti non consequuntur. AD TERTIUM dicendum quod hoc quod Christus sub aliena
1 P et L: ex.
198
wird, gehört zum Wesen des Sakramentes, welches werk- 79, 3 zeuglich wirkt. Es steht aber nichts im Wege, daß die Werkzeugursache eine mächtigere (trefflichere) Wirkung hervorbringt [als sie selbst ist] (77, 3 Zu 3). Besteht
die Wirkung
3. A R T I K E L dieses Sakramentes Todsünde?
im Nachlaß
der
1. In einem Kirchengebet heißt es: „Möge dieses Sakrament Abwaschung der Missetaten sein." Missetaten aber nennt man Todsünden. Also werden durch dieses Sakrament Todsünden abgewaschen. 2. Dieses Sakrament wirkt in der Kraft des Leidens Christi wie die Taufe. Durch die Taufe aber werden Todsünden nachgelassen (69, 1), also auch durch dieses Sakrament, zumal es in der Formel dieses Sakramentes heißt: „ [ D a s Blut,] das für viele vergossen werden wird zum Nachlaß der Sünden." 3. Durch dieses Sakrament wird Gnade verliehen (Artikel 1). Durch die Gnade aber wird der Mensch von den Todsünden gerechtfertigt: „Ohne Verdienst sind sie durch Seine Gnade gerechtfertigt" (Rom 3, 24). Also werden durch dieses Sakrament Todsünden nachgelassen. QUAESTIO
79, 3
specie suniitur pertinet ad rationem sacranienti, quod instruinentaliter agit. Nihil autem prohibet causam instrumentalem producere potiorem effectum, ut ex supra dictis patet. A R T I C U L U S III Utrum e f f e c t u s h u j u s sacra m e n t i sit peccati mortalis [4 Sent., dist. 9, a r t . 3, qa 2;
remissio
dist. 12, q. 2, art. 2, qa 2]
AD TERTIUM sie proceditur. Videtur quod effectus hujus sacramenti sit remissio peccati mortalis. Dicitur enim in quadam collecta: „Sit hoc sacramentum ablutio scelerum." Sed scelera dicuntur peccata mortalia. Ergo per hoc sacramentum peccata mortalia abluuntur. 2. PRAETEREA, hoc sacramentum agit in virtute passionis Christi, sicut et baptismus. Sed per baptismum dimittuntur peccata mortalia, ut supra dictum est. Ergo et per hoc sacramentum, praesertim cum in forma hujus sacramenti dicatur: „Qui pro multis effundetur in remissionem peccatorum." 3. PRAETEREA, per hoc sacramentum gratia confertur, ut dictum est. Sed per gratiam justificatur homo a peccatis mortalibus, secundum illud Rom. 3: „Justificati gratis per gratiam ipsius." Ergo per hoc sacramentum remittuntur peccata mortalia.
199
79,3
ANDERSEITS heißt es 1 Kor 11, 2 9 : „Wer unwürdig ißt und trinkt, ißt und trinkt sich das Gericht." Dazu sagt die Glosse: „Jener ißt und trinkt unwürdig, der sich eines Vergehens schuldig gemacht hat, also [das Sakrament] ohne Ehrfurcht behandelt; ein solcher ißt und trinkt sich das Gericht, d. h. die Verdammnis." Wer also im Stande der Todsünde ist, der häuft sich durch den Empfang dieses Sakramentes eher Sünde auf, als daß er Nachlaß seiner Sünde erlangt. ANTWORT: Die Kraft dieses Sakramentes kann zweifach betrachtet werden. Einmal in sich; so hat dieses Sakrament aus dem Leiden Christi, welches die Quelle und Ursache des Sündennachlasses ist, die Kraft, eine jegliche Sünde nachzulassen. Dann kann sie betrachtet werden in ihrem Verhältnis zum Empfänger dieses Sakramentes, sofern sich in ihm ein Hindernis für den Empfang dieses Sakramentes findet oder nicht. Nun trägt aber jeder, der sich einer schweren Sünde bewußt ist, in sich ein Hindernis, die Wirkung dieses Sakramentes zu erfahren, weil er eben kein entsprechender Empfänger dieses Sakramentes ist; denn ihm fehlt das übernatürlich-geistige Leben, und so darf ei die geistige Nahrung nicht empfangen, die nur dem Lebenden zusteht, noch kann er, solange er im Zustande der Todsünde ist, mit Christus vereinigt werden, was QUAESTIO
79, 3
SED CONTRA est quod dicitur 1 Cor. 11: „Qui manducai et bibit indigne, Judicium sibi manducai et bibit", dicit autem Lomb. MPL Glossa ibidem, quod „ille manducat et bibit indigne, qui in 191/1646 crimine est, vel irreverenter tractat; et talis manducat, et bibit sibi judicium, id est, damnationem". Ergo ille qui est in peccato mortali, per hoc quod accipit hoc sacramentum, magis accumulat sibi peccatum, quam remissionem sui peccati consequatur. RESPONDEO dicendum quod virtus hujus sacramenti potest considerari dupliciter: uno modo secundum se; et sie hoc sacramentum habet virtutem ad remittendum quaecumque peccata ex passione Christi, quae est fons et causa remissionis peccatorum. Alio modo potest considerari per comparationem ad eum qui reeipit hoc sacramentum, prout in eo invenitur vel non invenitur impedimentum pereipiendi hujus sacramenti effectum. 1 Quicumque autem habet conscientiam peccati mortalis, habet in se impedimentum pereipiendi effectum hujus sacramenti, eo quod non est conveniens suseeptor hujus sacramenti; tum quia non vivit spiritualiter, et ita non debet spirituale nutrimentum suseipere, quod non est nisi viventis; tum quia non potest uniri Christo quod fit per hoc sacramentum, dum est in iL
200
et P: hoc sacramentum pro ,hujus sacramenti effectum'.
durch dieses Sakrament geschieht. Darum heißt es im 79,3 Buch ,Von den kirchlichen Dogmen': „Wenn der Geist im Zustande der Sünde ist, wird er durch den Empfang der Eucharistie mehr belastet als gereinigt." Also bewirkt dieses Sakrament in dem, der es mit dem Bewußtsein einer Todsünde empfängt, keinen Nachlaß der Sünde. Dieses Sakrament kann aber dennoch Nachlaß der Sünde bewirken, auf zweifach© Weise. Erstens, wenn es nicht der Wirklichkeit nach empfangen wird, sondern dem Verlangen nach; so, wenn einer zum erstenmal von der Todsünde gerechtfertigt wird. — Zweitens auch, wenn es von einem empfangen wird, der in der Todsünde ist, deren er sich nicht bewußt ist und der er nicht anhangt. Vielleicht hatte er zunächst nicht genügend Reue, aber wenn er ergeben und ehrfürchtig hinzutritt, wird er durch dieses Sakrament die Gnade der Liebe erhalten, welche die Reue und die Nachlassung der Sünde vollendet. Z u 1. Wir beten, daß dieses Sakrament uns sei ,Abwaschung der Missetaten', entweder jener, deren wir uns nicht bewußt sind: „Von den mir verborgenen Sünden reinige mich, o Herr!" (Ps 19 [18], 13), oder damit in uns die Reue vervollkommnet werde bis zum Nachlaß der Missetaten. Oder auch, damit uns die Kraft gegeben werde zur Vermeidung der Missetaten. Z u 2. Die Taufe ist die übernatürlich-geistige Geburt QUAESTIO
79, 3
afiectu peccandi inortaMter. Et ideo, ut dicitur in libro de Ecclesiast. Dogmat.,1 „si mens in aflectu 2 peccandi est, gravatur magis Eucharistiae perceptione, quam purificetur". Unde hoc sacramentum in eo qui ipsum percipit in conscientia peccati mortalis, non operatur remissionem peccati. Potest tarnen hoc sacramentum operari remissionem peccati dupliciter: uno modo non perceptum actu, sed voto, sicut cum quis prius 3 justificatur a peccato. — Alio modo etiam perceptum ab eo qui est in peccato mortali, cujus conscientiam et affectum non habet: forte enim primo non fuit sufficienter contritus, sed devote et reverenter accedens consequetur per hoc sacramentum gratiam charitatis, quae contritionem perficiet et remissionem peccati. AD PRIMUM ergo dicendum quod petimus ut hoc sacramentum sit ,ablutio scelerum', vel eorum quorum conscientiam non habemus, secundum illud Psalmi: „Ab occultis meis munda me, Domine"; vel ut contritio in nobis perficiatur ad scelerum remissionem; vel etiam ut nobis robur detur ad scelera vitanda. AD SECUNDUM dicendum quod baptismus est spiritualis 1 Cf. G e n n a d i u m , 2
P: actu.
cap. 53; MPI. 58/991.
3 L: p r i m o .
14
30
201
79,4 als Veränderung vom übernatürlich-geistigen Nicht-Sein zum übernatürlich-geistigen Sein und wird gespendet in der Form der Abwaschung. Und in bezug auf beides tritt der nicht ungeziemend zur Taufe hinzu, der sich einer schweren Sünde bewußt ist. Dagegen nimmt der Mensch durch dieses Sakrament Christus in sich auf in der Form übernatürlich geistiger Nahrung, die dem nicht zusteht, der tot ist in Sünde. Darum ist es nicht das Gleiche. Z u 3. Die Gnade ist die hinreichende Ursache zum Nachlaß der Todsünde, jedoch läßt sie in Wirklichkeit die Todsünde nur dann nach, wenn sie (zum erstenmal) dem Sünder neu gegeben wird. So aber wird sie in diesem Sakramente nicht gegeben. Darum ist der Einwand nicht schlüssig. 4.
ARTIKEL
Werden durch dieses Sakrament läßliche Sünden nachgelassen? 1. Dieses Sakrament ist „das Sakrament der Minne" (Augustinus). Nun sind aber die läßlichen Sünden der Liebe nicht entgegengesetzt (I—II 88, 1 u. 2 : Bd. 12; II—II 24, 8 Zu 2 u. Art. 10: Bd. 16). Da nun der eine Gegensatz [nur] durch den anderen aufgehoben wird, scheinen die läßlichen Sünden durch dieses Sakrament nicht nachgelassen zu werden. QUAESTIO
79, 4
generatio, quae est mutatio de non esse spirituali in esse spirituale, et datur per modum ablutionis; et ideo, quantum ad utrumque, non inconvenienter accedit ad baptismum qui habet conscientiam peccati mortalis. Sed per hoc sacramentum homo sumit in se Christum per modum spiritualis nutrimenti, quod non competit mortuo in peccatis. Et ideo non est similis ratio. AD TERTIUM dicendum quod gratia est sufficiens causa remissionis peccati mortalis; non tarnen actu remittit peccatum mortale, nisi cum primo datur peccatori. Sic autem non datur in hoc sacramento. Unde ratio non sequitur. Utrum
per
[Infra, q. 87, art. 3;
A R T I C U L U S IV hoc s a c r a m e n t u m remittantur peccata venialia 4 Sent., dist. 12, q. 2, art. 1, qa 3;
art. 2, qa 1]
AD QUARTUM sie proceditur. Videtur quod per hoc sacramentum non remittantur peccata venialia. Hoc enim sacraMPL mentum, ut Augustinus dicit super Joan. [tr. 2 6 ] , est „sacra35/1613 mentum charitatis". Sed venialia peccata non contrariantur charitati, ut in secunda Parte habitum est. Cum ergo contrarium tollatur per suum contrarium, videtur quod peccata venialia per hoc sacramentum non remittantur.
202
2. Wenn die läßlichen Sünden durch dieses Sakrament 79,4 nachgelassen werden, dann werden aus demselben Grunde, aus dem die eine nachgelassen wird, auch alle nachgelassen. Nun scheinen aber nicht alle nachgelassen zu werden, weil man dann häufig ohne jede läßliche Sünde wäre, wogegen 1 Jo 1, 8 spricht: „Wenn wir sagen, daß wir keine Sünde haben, betrügen wir uns selbst." Also werden durch dieses Sakrament gar keine läßlichen Sünden nachgelassen. 3. Entgegengesetzte Eigenschaften treiben einander aus (Aristoteles). Die läßlichen Sünden halten aber nicht von dem Empfang dieses Sakramentes ab; denn Augustinus sagt zu Jo 6, 50. 52, ,Wer davon ißt, wird nicht sterben in Ewigkeit': „Bringt Unschuld zum Altar. Die Sünden, wenn es auch die täglichen sind, seien wenigstens keine todbringenden." Also werden durch dieses Sakrament auch läßliche Sünden nicht weggenommen. ANDERSEITS sagt Innozenz III.: Dieses Sakrament „tilgt die läßlichen Sünden und verhütet die Todsünden". ANTWORT: An diesem Sakramente lassen sich zwei Dinge ins Auge fassen, nämlich das Sakrament selbst und die Sache des Sakramentes. Und von beiden her wird klar, daß dieses Sakrament die Kraft zum Nachlaß läßlicher Sünden hat. Dieses Sakrament wird nämlich QÜAESTIO
79. 4
2. PRAETEREA, si peccata venialia per hoc sacramentum remittantur, qua ratione unum remittitur, et omnia remittuntur. Sed non videtur quod omnia remittantur, quia sie frequenter pliquis esset absque omni peccato veniali, contra id quod dicitur 1 Joan. 1: „Si dixerimus quia peccatum non habemus, ipsi nos sedueimus." Non ergo per hoc sacramentum remittitur aliquod peccatum veniale. 3. PRAETEREA, contraria mutuo se expellunt. 1 Sed peccata venialia non prohibent a pereeptione hujus sacramenti: dicit enim Augustinus super illud Joan. 6, ,Si quis ex ipso man- MPL dueaverit, non morietur in aeternum' [tr. 26 in Joan.]: „Inno- 35/1611 centiam ad altare apportate: peccata, etsi sunt quotidiana, non sint mortifera." Ergo neque peccata venialia per hoc sacramentum tolluntur. SED CONTRA est quod Innocentius III. dicit [4 de S. Alt. MPL Myst., cap. 44], quod hoc sacramentum „venialia delet, et cavet 217/885 mortalia". RESPONDEO dicendum quod in hoc sacramento duo possunt considerari, scilicet ipsum sacramentum, et res sacramenti. Et ex utroque apparet quod hoc sacramentum habet virtutem ad remissionem venialium peccatorum. Nam hoc sacramentum 1 Cl. Arist., 8 Phys., cap. 8: 262 a 10 sqq.; 2 de Caelo et Mundo, cap. 3: 286 a 23 sqq.
14*
203
79, 4 unter der Gestalt ernährender Speise genossen. Die Ernährung durch Speise ist aber dem Körper notwendig, um das wiederherzustellen, was täglich [an Kraft] infolge der natürlichen Hitze verlorengeht. Im übernatürlich Geistigen aber geht uns täglich etwas [an Kraft] verloren infolge der Hitze der Begehrlichkeit durch die läßlichen Sünden, welche die Glut der Liebe mindern (II—II 24, 10; 54, 3). Darum kommt es diesem Sakramente zu, läßliche Sünden nachzulassen. So sagt auch Ambrosius, daß dieses tägliche Brot „als Heilmittel der täglichen Schwachheit" empfangen werde. Die Sache dieses Sakramentes aber ist die Liebe, nicht nur als Gehaben, sondern auch als Tätigkeit, die durch dieses Sakrament hervorgerufen wird; und dadurch werden läßliche Sünden erlassen. Somit ist klar, daß durch die Kraft dieses Sakramentes läßliche Sünden nachgelassen werden. Zu 1. Wenn auch kein Gegensatz besteht zwischen den läßlichen Sünden und dem Gehaben der Liebe, so besteht ein solcher doch zwischen ihnen und der Glut der Liebesbetätigung, welche durch dieses Sakrament hervorgerufen wird. Ihretwegen werden die läßlichen Sünden getilgt. Zu 2. Jenes Wort ist nicht so zu verstehen, als könnte der Mensch zu gar keiner Stunde freibleiben von jeder QUAESTIO
79, 4
sumitur sub specie cibi nutrientis. Nutrimentum autem cibi est necessarium corpori ad restaurandum id quod quotidie deperditur per actionem caloris naturalis 1 . Spiritualiter autem quotidie aliquid in nobis deperditur ex calore concupiscentiae per peccata venialia, quae diminuunt fervorem charitatis, ut in secunda Parte habitum est. Et ideo competit huic sacramento ut remittat peccata venialia. Unde et Ambrosius dicit in libro MPL de Sacramentis [lib. 5, cap. 4 ] 2 , quod iste panis quotidianus 16/452 sumitur „in remedium quotidianae infirmitatis1'. Res autem hujus sacramenti est Charitas, non solum quantum ad habitum, sed etiam quantum ad actum, qui excitatur in hoc sacramento, per quem peccata venialia solvuntur. Unde manifestum est quod virtute hujus sacramenti remittuntur peccata venialia. AD PRIMUM ergo dicendum quod peccata venialia, etsi non contrarientur charitati quantum ad habitum, contrariantur tarnen ei quantum ad fervorem actus, qui excitatur per hec sacramentum, ratione cujus peccata venialia tolluntur. AD SECUNDUM dicendum quod illud verbum non est intelligendum, quin aliqua hora possit homo esse absque omni reatu 1 L: ex calore natural!. 2 Cf. Lomb., 4 Sent., dist. 12, cap. Institutum est; MPL 192/867.
204
läßlichen Sündenschuld, sondern es will sagen, daß die 79, 5 Heiligen dieses Leben nicht ohne läßliche Sünden führen. Z u 8. Größer ist die Kraft der Liebe, zu der dieses Sakrament gehört, als die läßlichen Sünden; denn die Liebe tilgt durch ihre Betätigung die läßlichen Sünden, die ihrerseits die Betätigung der Liebe nicht gänzlich hindern können. Dasselbe gilt auch von diesem Sakrament. Wird
durch
dieses
5. A R T I K E L Sakrament die ganze nachgelassen?
Sündenstrafe
1. Der Mensch nimmt durch dieses Sakrament die Wirkung des Leidens Christi in sich auf (Art. 1 u. 2), wie auch durch die Taufe. In der Taufe empfängt aber der Mensch den Nachlaß der ganzen Strafe durch die Kraft des Leidens Christi, das für alle Sünden hinreichend genug getan hat (69, 2). Also scheint durch dieses Sakrament dem Menschen die ganze Sündenstrafe nachgelassen zu werden. 2. Papst Alexander I. sagt: „Nichts kann in den Opfern größer sein als der Leib und das Blut Christi." Durch die Opfer des Alten Gesetzes aber leistete der Mensch QUAESTIO
79, 5
peccati venialis; sed quia vitam istam sancti non ducunt sine peccatis venialibus. AD TERTIUM dicendum quod major est virtus charitatis, cujus est hoc sacramentum, quam venialium peccatorum. Nam Charitas tollit per suum actum peccata venialia, quae tarnen non possunt totaliter impedire actum charitatis. Et eadem ratio est de hoc sacramento. ARTICULUS V Utrum per hoc s a c r a m e n t u m tota p o e n a remittatur
peccati
[4 Sent., dist. 4, q. 2, art. 1, qa 2; dist. 12, q. 2, art. 2, qa 3]
AD QUINTUM sie proceditur. Videtur quod per hoc sacramentum tota poena peccati remittatur. Homo enim per hoc sacramentum suseipit in se effectum passionis Christi, ut dictum est, sicut et per baptismum: sed per baptismum pereipit homo remissionem omnis poenae virtute passionis Christi, quae sufficienter satisfecit pro Omnibus peccatis, ut ex supra diictis patet. Ergo videtur quod per hoc sacramentum homini remittatur totus reatus poenae. 2. PRAETEREA, Alexander papa dicit: 1 „Nihil in sacriflciis majus esse potest quam corpus et sanguis Christi." Sed per sacrificia veteris legis homo satisfaciebat pro peccatis suis: 1
Cf. pag. 25, nota 2.
205
5 Genugtuung für seine Sünden; Lv 4 u. 5: „Wenn der Mensch gesündigt hat, soll er (dieses oder jenes) für seine Sünde darbringen, und sie wird ihm nachgelassen werden." Also vermag weit mehr dieses Sakrament die ganze Strafe nachzulassen. 3. Es steht fest, daß durch dieses Sakrament etwas von der Strafverpflichtung nachgelassen wird. Deshalb wird auch einigen als Genugtuung aufgegeben, für sich Messen lesen zu lassen. Aber mit dem gleichen Recht wie der eine Teil der Strafe wird auch der andere nachgelassen. Denn die in diesem Sakrament enthaltene Kraft Christi ist unendlich. Also scheint durch dieses Sakrament die ganze Strafe getilgt zu werden. ANDERSEITS dürfte, wenn dem so wäre, dem Menschen keine besondere Buße auferlegt werden, sowenig wie sie dem Getauften auferlegt wird [vgl. 68, 5]. ANTWORT: Dieses Sakrament ist zugleich Opfer und Sakrament. Die Wesensbestimmung des Opfers hat es, sofern es dargebracht wird; die Wesensbestimmung des Sakramentes aber, sofern es empfangen wird. Darum hat es die Wirkung des Sakramentes in dem, der es empfängt, die Wirkung des Opfers aber in dem, der es darbringt, und in denen, für die es dargebracht wird. Als Sakrament betrachtet, hat es eine zweifache Wirkung: die eine unmittelbar aus der Kraft des Sakramentes, die andere gleichsam aus einer Art Mitfolge, wie schon bei dem, was im Sakrament enthalten ist, gesagt QUAESTIO
79, 5
dicitur enim Levit. 4 et 5: „Si peccaverit homo, offeret (hoc vel illud) pro peccato suo, et remittetur ei." Ergo multo magis hoc sacramentum valet ad remissionem omnis poenae. 3. PRAETEREA, constat quod per hoc sacramentum aliquid de reatu poenae dimittitur; unde et in satisfactionem aliquibus injungitur quod pro se missas faciant celebrari. Sed qua ratione una pars poenae dimittitur, eadem ratione et alia, cum virtus Christi, quae in hoc sacramento continetur, sit infinita. Ergo videtur quod per hoc sacramentum tota poena tollatur. SED CONTRA est quod secundum hoc non esset homini alia poena injungenda, sicut nec baptizato injungitur. RESPONDEO dicendum quod hoc sacramentum simul est sacrificium et sacramentum; sed rationem sacrificii habet, inquantum offertur; rationem autem sacramenti, inquantum sumitur. Et ideo effectum sacramenti habet in eo qui sumit, effectum autem sacrificii in eo qui offert, vel in his pro quibus offertur. Si igitur consideretur ut sacramentum, habet effectum dupliciter: uno modo directe ex vi sacramenti; alio modo quasi ex quadam concomitantia, sicut et circa continentiam sacramenti dictum est. Ex vi quidem sacramenti directe habet illum ef-
206
wurde (76, 1 u. 2). Unmittelbar aus der Kraft des Sakra- 79,5 mentes hat es jene Wirkung, für die es eingesetzt ist. Es ist aber nicht eingesetzt, um Sühne zu leisten, sondern um geistig zu ernähren durch die Vereinigung mit Christus und Seinen Gliedern, wie die Nahrung dem Ernährten geeint wird. Weil aber diese Einheit durch die Liebe zustande kommt, durch deren Glut man nicht nur Schuld-, sondern auch Strafnachlaß erlangt, so erlangt der Mensch in der Folge als eine Art Mitfolge zur Hauptwirkung Nachlaß der Strafe, nicht zwar der ganzen, sondern je nach dem Maße seiner Hingebung und (Liebes-) Glut. Sofern es aber Opfer ist, hat es sühnende Kraft. Beim Sühneleisten wird jedoch mehr auf die Gesinnung des Opfernden als auf die Größe der Opfergabe gesehen. Daher sagt auch der Herr (Lk 21, 3; vgl. Mk 12, 43) von der Witwe, die einen Pfennig darbrachte, daß sie „mehr als alle hineinwarf". Wiewohl also dieses Opfer aus seiner eigenen Größe heraus zur Genugtuung für alle Strafe hinreicht, so wird es dennoch denen, für die es dargebracht wird, und auch denen, die es darbringen, gemäß der Größe ihrer Hingabe [95], und nicht für die ganze Strafe genugtuend. Z u 1. Das Sakrament der Taufe ist unmittelbar auf den Nachlaß der Schuld und Strafe hingeordnet, nicht aber die Eucharistie. Denn die Taufe wird dem Menschen gegeben als einem, der gleichsam mitstirbt mit Q U A E S T I O
79, 5
fectum ad quem est institutum. Non est autem institutum ad satisfaciendum, sed ad spiritualiter nutriendum per unionem ad Christum, et ad membra ejus, sicut et nutrimentum unitur nutrito. Sed quia haec unitas fit per charitatem, ex hujus fervore aliquis consequitur remissionem non solum culpae, sed etiam poenae, inde est quod ex consequenti per quamdam concomitantiam ad principalem effectum homo consequitur remissionem poenae, non quidem totius, sed secundum modum suae devotionis et fervoris. Inquantum vero est sacrificium, habet vim satisfactivam. Sed in satisfactione magis attenditur afiectus ofierentis quam quantitas oblationis. Unde et Dominus dicit Luc. 21, de vidua quae obtulit duo aera, quod „plus omnibus misit". Quamvis ergo haec oblatio ex sui quantitate sufflciat ad satisfaciendum pro omni poena, tarnen fit satisfactoria illis pro quibus offertur, vel etiam offerentibus secundum quantitatem suae devotionis, et non pro tota poena. AD PRIMUM ergo dicendum quod sacramentum baptismi directe ordinatur ad remissionem poenae et culpae, non autem Eucharistia, quia baptismus datur homini quasi commorienti
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6 Christus; die Eucharistie aber als einem, der durch Christus gleichsam ernährt und vervollkommnet werden soll. Daher gibt es keine ähnliche Beziehung. Zu 2. J e n e Opfer und Darbringungen bewirkten nicht den Nachlaß der ganzen Strafe, weder entsprechend der Größe des Dargebrachten, wie dieses Opfer, noch entsprechend der Hingabe des Menschen, die es mit sich bringt, daß auch hier nicht die ganze Strafe getilgt wird. Z u 3. Daß nur ein Teil und nicht die ganze Strafe durch dieses Sakrament getilgt wird, rührt nicht her von einem Mangel der Kraft Christi, sondern von einem solchen der Hingabe des Menschen. Wird der Mensch
6. A R T I K E L durch dieses Sakrament Sünden bewahrt?
vor
zukünftigen
1. Viele empfangen würdig dieses Sakrament und fallen nachher in die Sünde. Das träte aber nicht ein, wenn dieses Sakrament vor zukünftigen Sünden bewahren würde. Also hat dieses Sakrament nicht die Wirkung, vor künftigen Sünden zu bewahren. 2. Die Eucharistie ist das „Sakrament der Minne" (73, 3 Zu 3 ; 74, 4 Zu 3 ; 78, 3 Zu 6). Die Liebe scheint aber QUAESTIO
79, 6
Christo, Eucharistia autem quasi nutriendo et perficiendo per Christum. Unde non est similis ratio. AD SECUNDUM dicendum quod illa sacrificia et oblationes non operabantur remissionem totius poenae neque quantum ad quantitatem oblati, sicut hoc sacrificium, neque quantum ad devotionem hominis, ex qua contingit quod etiam hic non tollitur tota poena. AD TERTIUM dicendum quod hoc, quod tollitur pars poenae, et non tota poena per hoc sacramentum, non contingit ex defectu virtutis Christi, sed ex defectu devotionis humanae. Utrum
A R T I C U L U S VI p e r hoc s a c r a m e n t u m praeservetur homo a peccatis futuris [4 Sent., dist. 12, q. 2, art. 2, qa 2]
AD SEXTUM sie proceditur. Videtur quod per hoc sacramentum non praeservetur homo a peccatis futuris. Multi enim digne sumentes hoc sacramentum, postea in peccatum cadunt; quod non accideret, si hoc sacramentum praeservaret a peccatis futuris. Non ergo effectus hujus sacramenti est a peccatis futuris praeservare. 2. PRAETEREA, Eucharistia est ,sacramentum charitatis', ut supra dictum est. Sed Charitas non videtur praeservare a pec-
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nicht vor künftigen Sünden zu bewahren. Denn wenn 79,6 sie einmal vorhanden ist, kann sie durch die Sünde verlorengehen (II—II 24, 11: Bd. 16). Also scheint auch dieses Sakrament den Menschen nicht vor der Sünde zu bewahren. 3. Der Ursprung der Sünde in uns ist „das Gesetz der Sünde, das in unseren Gliedern wohnt" (Rom 7, 23). Aber die Dämpfung des ,Zunders', der das Gesetz der Sünde ist, gilt nicht als Wirkung dieses Sakramentes, sondern mehr [als Wirkung] der Taufe. Also ist die Bewahrung vor künftigen Sünden nicht Wirkung dieses Sakramentes. ANDERSEITS sagt der Herr (Jo 6, 50): „Dieses ist das Brot, das vom Himmel herabkommt, damit, wer davon ißt, nicht sterbe." Dieses ist aber offenbar nicht vom leiblichen Tode zu verstehen. Also ist der Sinn der, daß dieses Sakrament vor dem geistigen Tode bewahrt, der durch die Sünde eintritt. ANTWORT: Die Sünde ist ein geistiger Tod der Seele. Daher wird einer vor der zukünftigen Sünde in derselben Weise bewahrt, wie der Leib vor dem zukünftigen Tode bewahrt wird. Das geschieht aber auf zweifache Weise: Einmal dadurch, daß die Natur des Menschen innerlich gestärkt wird gegen die inneren Zersetzungskräfte; so wird er durch Speise und Arznei vor dem Tode bewahrt. Und dann dadurch, daß er gesichert wird gegen äußere Angriffe; so wird er bewahrt durch Waffen, durch die der Leib gesichert wird. QUAESTIO
79, 6
catis futuris, quia semel habita potest amitti per peccatum, ut in secunida Parte habituim est. Ergo videtur quod nec hoc sacramentum praeservet hominem a peccato. 3. PRAETEREA, origo peccati in nobis est „lex peccati, quae est in membris nostris", ut patet per Apostolum Rom. 7. Sed initigatio fomitis, qui est lex peccati, non ponitur eflectus hujus sacramenti, sed magis baptismi. Ergo praeservare a peccatis futuris non est eflectus hujus sacramenti. SED CONTRA est quod Dominus dicit Joan. 6: „Hic est panis de caelo descendens, ut si quis ex ipso manducaverit, non moriatur"; quod quidem manifestum est non intelligi de morte corporali. Ergo intelligitur quod hoc sacramentum praeservet a morte spirituali, quae est per peccatum. RESPONDEO dicendum quod peccatum est quaedam spiritualis mors animae. Unde hoc modo praeservatur aliquis a peccato futuro, quo praeservatur corpus a morte futura, quod quidem fit dupliciter: uno modo inquantum natura hominis interius roboratur contra interiora corruptiva, et sie praeservatur a morte per eibum, et medicinam; alio modo per hoc quod munitur contra exteriores impugnationes, et sie praeservatur per arma quibus munitur corpus.
209
79, 6
Auf beide Weisen bewahrt nun dieses Sakrament vor der Sünde. Erstens stärkt es als geistige Speise und geistige Arznei dadurch das geistige Leben des Menschen, daß es durch die Gnade mit Christus verbindet; so heißt es Ps 104 (103), 15: „Das Brot macht stark des Menschen Herz." Und Augustinus sagt: „Tritt sorglos hinzu: es ist Brot, kein Gift." Zweitens [bewahrt es vor Sünde], sofern es Zeichen ist des Leidens Christi, durch das die bösen Geister besiegt worden sind; denn es wirft jeden Ansturm der bösen Geister zurück; Chrysostömus: „Gleich flammenatmenden Löwen gehen wir weg von jenem Tische, dem Teufel zum Schrecken geworden." Z u 1. Die Wirkung dieses Sakramentes wird im Menschen aufgenommen je nach der Verfassung des Menschen, wie es bei jeder tätigen Ursache zutrifft, daß nämlich ihre Wirkung im Stoff aufgenommen wird je nach der Art des Stoffes. Im Pilgerstande ist aber der Mensch so beschaffen, daß sein freier Wille zum Guten und zum Bösen sich hinwenden kann. Obwohl daher dieses Sakrament von sich aus die Kraft hat, vor der Sünde zu bewahren, nimmt es dem Menschen doch nicht die Möglichkeit zu sündigen. Z u 2. Auch die Liebe bewahrt von sich aus den Menschen vor der Sünde; Rom 13, 10: „Die Nächstenliebe tut das Böse nicht." Aber infolge der Wandelbarkeit des QUAESTIO
79, 6
Utroque autem modo hoc sacramentum praeservat a peccato: nam primo quidem, per hoc quod Christo conjungit per gratiam, roborat spiritualem vitam hominis, tanquam spiritualis cibus et spiritualis medicina, secundum illud Psalmi: „Panis cor hominis confirmât." Et Augustinus dicit super Joan. [tr. 26]: „Securus accede; panis est, non venenum." MPL Alio modo inquantum est quoddam Signum passionis Christi, 1 35/1611 per quam victi sunt daemones, repellit omnem daeinonum impugnationem. Unde Chrysostomus dicit super Joan. [Horn. 45] : MPG 59 „Ut leones flammam spirantes, sie ab illa mensa discedimus 260 sq. terribiles effecti diabolo." AD PRIMUM ergo dicendum quod effectus hujus sacramenti reeipitur in homine secundum hominis conditionem, sicut contingit de qualibet causa activa, quod ejus effectus reeipitur in materia secundum modum materiae. Homo autem in statu viae est hujus conditionis, quod liberum arbitrium ejus potest flecti in bonum et malum. Unde licet hoc sacramentum, quantum est de se, habeat virtutem praeservativam a peccato, non tarnen aufert homini possibilitatem peccandi. AD SECUNDUM dicendum quod etiam Charitas, quantum est in se, praeservat hominem a peccato, secundum illud Rom. 13: „Dilectio proximi malum non operatur", sed ex 1 L add. enim.
210
freien Willens kann es geschehen, daß einer, der die 79,7 Liebe hatte, sündigt; wie dies auch nach Empfang dieses Sakramentes geschehen kann. Z u 3. Obwohl dieses Sakrament nicht unmittelbar auf die Minderung des Zunders hingeordnet ist, mindert es den Zunder dennoch in einer gewissen Mitfolge, sofern es die Liebe vermehrt; Augustinus: „Die Vermehrung der Liebe ist die Minderung der Begierlichkeit." Unmittelbar aber bestärkt es das Herz des Menschen im Guten. Dadurch wird der Mensch auch vor der Sünde bewahrt. 7. A R T I K E L Kommt
dieses
Sakrament Empfängern
auch anderen zugute?
als
den
1. Dieses Sakrament ist einer und derselben Gattung wie die anderen Sakramente, da es bei der Einteilung mit den anderen in einer Reihe steht. Die anderen Sakramente kommen aber nur den Empfängern zugute: so empfängt nur der Getaufte die Wirkung der Taufe. Also kommt auch dieses Sakrament niemandem außer dem Empfänger zugute. 2. Die Wirkung dieses Sakramentes ist die Erlangung der Gnade und Herrlichkeit und der Nachlaß der Schuld, wenigstens der läßlichen. Wenn dieses Sakrament also QUAESTIO
79, 7
inutabilitate liberi arbitrii contingit quod aliquis post habitam charitatem peoeat, sicut et post susceptionem hujus sacramenti. AD TERTIUM dicendum quod, licet hoc sacramentum non directe ordinetur ad diminutionem fomitis, diminuit tarnen fomitem ex quadam consequentia, inquantum äuget charitatem, quia, sicut Augustinus dicit in libro Octogintatrium Quaestio- MPL num [q. 36], „augmentum charitatis est diminutio cupiditatis". 40/25 Directe autem confirmiat cor hominis in bono, per quod etiam praeservatur homo a peccato. A R T I C U L U S VII Utrum hoc s a c r a m e n t u m prosit a l i i s sumentibus
quam
[Supra, art. 5; q. 78, art. 3; 4 Sent., dist. 12, q. 2, art. 2, qa 2. 3; dist. 45, q. 2, art. 3, qa 1; in Joan., cap. 6, lect. 6; 1 Cor., cap. 11, lect. 6]
AD SEPTIMUM sie proceditur. Videtur quod hoc sacramentum non prosit nisi sumenti. Hoc enim sacramentum est unius generis cum aliis sacramentis, utpote aliis condivisum. Sed alia sacramenta non prosunt nisi sumentibus, sicut effectum baptismi non suseipit nisi baptizatus. Ergo nec hoc sacramentum prodest aliis nisi sumenti. 2. PRAETEREA, effectus hujus sacramenti est adeptio gratiae et gloriae, et remissio culpae ad minus venialis. Si ergo hoc
211
7 seine Wirkung auch in anderen als den Empfängern hätte, könnte es vorkommen, daß jemand die Gnade und Herrlichkeit und den Nachlaß der Schuld erlangt ohne eigenes Tun und Erleiden dadurch, daß ein anderer dieses Sakrament darbringt oder empfängt. 3. Wird die Ursache vervielfältigt, so wird auch die Wirkung vervielfältigt. Wenn also dieses Sakrament anderen als den Empfängern zugute käme, würde folgen, daß es jemandem in höherem Maße zugute käme, wenn er dieses Sakrament in vielen Hostien empfinge, die in derselben Messe konsekriert wurden. Dies ist aber nicht Gewohnheit der Kirche, daß nämlich viele für das Heil eines anderen kommunizieren. Also scheint dieses Sakrament nur dem Empfänger zugute zu kommen. ANDERSEITS wird bei der Feier dieses Sakramentes eine Fürbitte für viele andere verrichtet. Dies geschähe aber vergeblich, wenn dieses Sakrament nicht auch anderen zugute käme. Also kommt dieses Sakrament nicht nur den Empfängern zugute. ANTWORT: Dieses Sakrament ist nicht nur Sakrament, sondern auch Opfer (Art. 5). Sofern nämlich in diesem Sakrament das Leiden Christi vergegenwärtigt wird, in welchem Christus „sich Gott als Opfergabe dargebracht hat" (Eph 5, 2), hat es die Wesensbestimmung des Opfers. QUAESTIO
79, t
sacramentum haberet effectum in aliis quam in sumentibus, posset contingere quod aliquis adipisceretur et gratiam, et gloriam, et remissionem culpae, absque actione et passione propria, alio sumente vel offerente hoc sacramentum. 3. PRAETEREA, multiplicata causa, multiplicatur efiectus. Si ergo hoc sacramentum prodesset aliis quam sumentibus, sequeretur quod magis prodesset alicui, si multi sumerent 1 hoc sacramentum, multis hostiis in una missa consecratis, quod non habet Ecclesiae consuetudo, ut scilicet multi communicent pro alicujus salute. Non ergo videtur quod hoc sacramentum prosit nisi sumenti. SED CONTRA est quod in celebratione hujus sacramenti fit pro multis aliis deprecatio; quod frustra fieret nisi hoc sacramentum aliis prodesset. Hoc ergo sacramentum non solum sumentibus prodest. RESPONDEO dicendum quod, sicut prius dictum est, hoc sacramentum non solum est sacramentum, sed etiam est sacrificium. Inquantum enim in hoc sacramento repraesentatur passio Christi, qua Christus „obtulit se hostiam Deo", ut dicitur Ephes. 5, habet rationem sacrificii; inquantum vero in hoc 1 L: si sumeret.
212
Sofern jedoch in diesem Sakramente unter sichtbarer Ge- 79,7 stalt die unsichtbare Gnade vermittelt wird, hat es die Wesensbestimmung des Sakramentes. So kommt also dieses Sakrament den Empfängern als Sakrament und als Opfer zugute, weil es für alle Empfänger dargebracht wird; es heißt nämlich im Kanon der Messe: „Daß wir alle, die wir auf Grund dieser Teilnahme am Altar den hochheiligen Leib und das hochheilige Blut Deines Sohnes empfangen werden, mit jeglicher himmlischen Segnung und Gnade erfüllt werden mögen." Den anderen aber, die es nicht empfangen, kommt es als Opfer zugute, sofern es für deren Heil dargebracht wird. Darum heißt es auch im Kanon der Messe: „Gedenke, Herr, Deiner Diener und Dienerinnen, für welche wir Dir darbringen oder welche Dir darbringen dieses Opfer des Lobes für sich und alle die Ihrigen, für die Erlösung ihrer Seelen, für die Hoffnung ihres Heiles und ihrer Unversehrtheit." Beide Weisen hat auch der Herr ausgedrückt mit den Worten Mt 26, 28 (Lk 22, 20): „[Das Blut,] das für euch", nämlich die Empfangenden, „und für viele", nämlich die anderen, „wird vergossen werden zur Vergebung der Sünden." Z u 1. Dieses Sakrament hat vor den anderen voraus, daß es Opfer ist. Darum steht es nicht auf gleicher Linie. Z u 2. Wie das Leiden Christi zwar allen, was das ZuQUAESTIO
79, 7
sacramento traditur invisibilis 1 gratia sub visibili specie, habet rationem sacramenti. Sic ergo hoc sacramentum sumentibus quidem prodest, et per modum sacramenti et per modum sacriflcii, quia pro Omnibus sumentibus ofiertur. Dicitur enim in canone missae: „Quotquot ex hac altaris participatione sacrosanctum Filii tui corpus et sanguinem sumpserimus, omni benedictione caelesti et gratia repleamur." Sed aliis qui non sumunt prodest per modum sacrificii, inquantum pro salute eorum ofiertur. Unde et in canone missae dicitur: „Memento, Domine, famulorum famularumque tuarum, pro quibus tibi offerimus vel qui tibi ofierunt hoc sacriflcium laudis pro se suisque omnibus, pro redemptione animarum suarum, pro spe salutis et incolumitatis suae." Et utrumque modum proflciendi 2 Dominus expressit, dicens Matth. 26: „Qui pro vobis", scilicet sumentibus, „et pro multis", scilicet aliis, „eflundetur in remissionem peccatorum." AD PRIMUM ergo dicendum quod hoc sacramentum prae aliis habet quod est sacriflcium; et ideo non est similis ratio. AD SECUNDUM dicendum quod, sicut passio Christi prodest 1
P et L: invisibiliter. 2 L om.
213
79,7 reichendsein betrifft, nützt zum Nachlaß der Schuld und zur Erlangung der Gnade und Herrlichkeit, aber seine Wirkung nur in denen hat, die durch Glauben und Liebe mit dem Leiden Christi verbunden sind, so hat auch dieses Opfer als Gedächtnis des Herrnleidens seine Wirkung nur in denen, die durch Glauben und Liebe mit diesem Sakrament verbunden sind. Darum auch sagt Augustinus: „Wer wird den Leib Christi darbringen, außer für die, welche Glieder Christi sind?" Daher wird auch im Kanon der Messe nicht für jene gebetet, die außerhalb der Kirche sind [96]. Jenen jedoch nützt es mehr oder weniger je nach dem Maße ihrer Hingabe. Z u 3. Der Empfang gehört zum Sakrament, die Darbringung aber zum Opfer. Deshalb erwächst daraus, daß einer oder auch mehrere den Leib Christi empfangen, anderen keine Hilfe. Ebenso wird auch dadurch, daß der Priester in einer Messe mehrere Hostien weiht, die Wirkung dieses Sakramentes nicht vervielfältigt, weil es nur ein einziges Opfer ist; denn es ist keine größere Kraft in vielen geweihten Hostien als in einer, da unter allen und unter einer immer nur der ganze Christus ist. Wenn daher jemand gleichzeitig in derselben Messe viele geweihte Hostien empfängt, wird ihm keine größere Wirkung des Sakramentes zuteil. — In vielen Messen aber QÜAESTIO
79, 7
quidem omnibus quantum ad sufficientiam, 1 ad remissionem culpae et adeptionem gratiae et gloriae, sed efiectum non habet nisi in illis qui passioni Christi conjunguntur per fidem et charitatem; ita et hoc sacrificium, quod est memoriale dominicae passionis, non habet efiectum nisi in illis qui conjunguntur huic sacramento per fidem et charitatem. Unde et Augustinus MPL dicit ad Renatum [1 de Anima et ejus Origine, cap. 9]: „Quis 44/480 offerat corpus Christi nisi pro his qui sunt membra Christi?" Unde et in canone missae non oratur pro his qui sunt extra Ecclesiam. Illis tarnen prodest plus vel minus, secundum modum devotionis eorum. AD TERTIUM dicendum quod sumptio pertinet ad rationem sacramenti, sed oblatio pertinet ad rationem sacrificii. Et ideo ex hoc quod aliquis sumit corpus Christi, vel etiam plures, non accrescit aliis aliquod juvamentum. Similiter etiam ex hoc quod sacerdos plures hostias consecrat in una missa, non multiplicatur efiectus hujus sacramenti, quia non est nisi unum sacrificium; nihil enim plus est virtutis in multis hostiis consecratis quam in una, cum sub omnibus et sub una non sit nisi totus Christus. Unde nec si aliquis simul in una missa multas hostias consecratas sumat, participabit majorem efiectum sacramenti. 1
214
L om.: quantum ad sufficientiam.
wird die Darbringung des Opfers vervielfältigt. Und dar- 79, 8 um vervielfältigt sich auch die Wirkung des Opfers und des Sakramentes. Wird
durch
8. A R T I K E L die läßliche Sünde die Wirkung Sakramentes gehindert?
dieses
1. Augustinus sagt zu Jo 6, 50. 52, ,Wenn jemand davon ißt' usw.: „Esset das himmlische Brot auf geistige Weise; bringet Unschuld zum Altar; die Sünden, wenn es auch die täglichen sind, seien wenigstens keine todbringenden." Daraus erhellt, daß die täglichen Sünden, die läßliche genannt werden, das geistige Essen nicht hindern. Jene aber, die geistig essen, empfangen die Wirkung dieses Sakramentes. Also hindern die läßlichen Sünden die Wirkung dieses Sakramentes nicht. 2. Dieses Sakrament hat keine geringere Kraft als die Taufe. Die Wirkung der Taufe wird aber nur durch die Verstellung gehindert (69, 9. 10). Dazu gehören jedoch nicht die läßlichen Sünden; denn „der Heilige Geist der QUAESTIO
79, 8
In pluribus vero missis multiplicatur sacriflcii oblatio, et ideo multiplicatur effectus sacriflcii et sacramenti. A R T I C U L U S VIII IT t r u in p e r v e n i a l e p e c c a t u m i m p e d i a t u r effectus hujus sacramenti [4 Sent., dist. 12, q. 2, art. 1, qa 3; art. 2, qa 1]
AD OCTAVUM sie proceditur. Videtur quod per veniale peccatum non impediatur effectus hujus sacramenti. Dicit enim Augustinus super iliud Joan. 6, ,Patres vestri mandueaverunt MPL manna' 1 [tr. 26 in Joan.]: „Panem eaelestem spiritualiter 36'ieii manducate; innocentiam ad altare apportate; peccata, etsi sunt quotidiana, non sint mortifera." 2 Ex quo patet quod venialia peccata, quae quotidiana dicuntur, 3 spiritualem manducationem non impediunt. Sed spiritualiter manducantes effectum hujus sacramenti pereipiunt. Ergo peccata venialia non impediunt effectum hujus sacramenti. 2. PRAETEREA, hoc sacramentum non est minoris virtutis quam baptismus. Sed effectum baptismi, sicut supra dictum est, impedit sola Actio, ad quam non pertinent peccata venialia, quia, sicut Sap. 1 dicitur, „Spiritus sanetus diseiplinae effugiet 1 2 3
L: Super illud Joan. VI., ,81 quis ex ipso mandueaverit' etc. Cf. Gratian., De Consecr., dist. 2, can. Panem; Frdb. 1/1338. L: quod quotidiana peccata, quae venialia dicuntur.
215
79,8 Zucht flieht das Verstellte" (Weish 1, 5), wird aber nicht durch die läßlichen Sünden vertrieben. Also hindern die läßlichen Sünden auch die Wirkungen dieses Sakramentes nicht. 3. Was durch die Tätigkeit einer Ursache weggeräumt wird, kann deren Wirkung nicht hindern. Die läßlichen Sünden werden aber durch dieses Sakrament getilgt. Also hindern sie seine Wirkung nicht. ANDERSEITS sagt Johannes von Damaskus: „Das Feuer jenes Verlangens, das in uns ist und jene Glut annimmt, die aus der Kohle kommt", d. h. aus diesem Sakrament, „wird unsere Sünden verbrennen und unsere Herzen erleuchten, so daß wir durch die Teilnahme am göttlichen Feuer feurig und göttlich werden." Das Feuer unseres Verlangens und unserer Liebe wird aber durch die läßlichen Sünden gehindert, die die Glut der Liebe hindern (II—II 24, 10: Bd. 16; 54, 3: Bd. 17). Also hindern die läßlichen Sünden die Wirkung dieses Sakramentes. ANTWORT: Die läßlichen Sünden können zweifach aufgefaßt werden: Entweder sofern sie begangen worden sind, oder sofern sie gerade jetzt begangen werden. Im ersten Fall hindern die läßlichen Sünden in keiner Weise die Wirkung dieses Sakramentes. Denn es kann sein, daß einer, nachdem er viele läßliche Sünden begangen hat, ergeben hinzutritt zu diesem Sakramente und dabei die Wirkung dieses Sakramentes voll empfängt. QUAESTIO
79, 8
Actum", qui tarnen per peccata venialia non fugatur. Ergo neque effectum hujus sacramenti impediunt peccata venialia. 3. PRAETEREA, nihil quod removetur per actionem alicujus causae, potest impedire ejus effectum. Sed peccata venialia tolluntur per hoc sacramentum. Ergo non impediunt ejus effectum. SED CONTRA est quod Damascenus dicit in quarto libro MPG [Fid. Orth., cap. 13]: „Ignis ejus, quod in nobis est desiderii, 94/1149 assumens eam, quae ex carbone", id est, ex hoc sacramento, „igniitionem, comburat nostra peccata, et illuminet corda nostra, ut participatione divini ignis igniamur et deiflcemur." Sed ignis nostri desiderii vel amoris impeditur per peccata venialia, quae impediunt f ervorem eharitatis, ut in secunda Parte haibitwm est. Ergo peccata venialia impediunt effectum hujus sacramenti. RESPONDEO dicendum quod peccata venialia dupliciter accipi possunt: uno modo prout sunt praeterita; alio modo prout sunt actu exercita. Primo quidem modo peccata venialia nullo modo impediunt effectum hujus sacramenti. Potest enim contingere quod aliquis post multa peccata venialia commissa devote accedat ad hoc sacramentum, et plenarie hujus sacramenti consequatur effectum.
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Im zweiten Falle hindern die läßlichen Sünden die 79,8 Wirkung dieses Sakramentes nicht gänzlich, wohl aber zum Teil. Denn die Wirkung dieses Sakramentes besteht nicht nur in der Erlangung des Gehabens der Gnade und der Liebe, sondern auch in einem gewissen gegenwärtigen Erquicktwerden mit geistiger Wonne (Art. 1). Dieses wird freilich gehindert, wenn man mit einem durch läßliche Sünden zwiespältigen Geist zu diesem Sakramente hinzutritt. Nicht aber wird die Vermehrung des Gehabens der Gnade und Liebe hintangehalten [97], Z u 1. Wer eine läßliche Sünde begeht und so zu diesem Sakramente hinzutritt, ißt geistig zwar dem Gehaben, aber nicht der Tat nach. Deshalb empfängt er die Wirkung dieses Sakramentes als Gehaben, nicht aber als augenblicklich eintretende Wirkung. Z u 2. Die Taufe ist nicht so auf die augenblicklich eintretende Wirkung, d. h. auf die Glut der Liebe, hingeordnet wie dieses Sakrament. Die Taufe ist nämlich die geistige Wiedergeburt, durch welche man die erste Vollkommenheit erwirbt, die ein Gehaben oder eine Form ist. Aber dieses Sakrament ist ein geistiges Essen, das ein augenblicklich eintretendes Ergötzen mit sich bringt. Z u 3. Jener Einwand geht von den vergangenen läßlichen Sünden aus, die durch dieses Sakrament getilgt werden. Q Ü Ä E S T I O 79, 8
Secundo autem modo peccata venialia non ex toto impediunt hujus sacramenti efiectum, sed in parte. Dictum est enim, quod effectus hujus sacramenti non solum est adeptio habitualis gratiae vel charitatis, sed etiam quaedam actualis refectio spiritualis dulcedinis, quae quidem impeditur, si aliquis accedat ad hoc sacramentum per peccata venialia mente distractus; non autem tollitur augmentum habitualis gratiae vel charitatis. AD PRIMUM ergo dicendum quod ille qui cum actu venialis peccati ad hoc sacramentum accedit, habitualiter quidem manducat spiritualiter, sed non actualiter; et ideo habitualem effectum hujus sacramenti percipit, non autem actualem. AD SECUNDUM dicendum quod baptismus non ita ordinatur ad actualem effectum, id est, fervorem charitatis, sicut hoc sacramentum. Nam baptismus est spiritualis regeneratio, per quam acquiritur prima perfectio, quae est habitus vel forma; hoc autem sacramentum est spiritualis manducatio, quae habet actualem delectationem. AD TERTIUM dicendum quod illa ratio procedit de venialibus praeteritis, quae per hoc sacramentum tolluntur.
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1
80. F R A G E VOM GEBRAUCH ODER EMPFANG SAKRAMENTES
DIESES
Dann ist vom Gebrauch oder Empfang dieses Sakramentes zu handeln, und zwar erstens im allgemeinen, zweitens davon, wie Christus dieses Sakrament gebraucht hat. Die erste Frage zerfällt in zwölf Einzelfragen: 1. Gibt es zwei Weisen, dieses Sakrament zu essen, die sakramentale und die geistige? 2. Kommt es nur dem Menschen zu, dieses Sakrament geistig zu essen? 3. Kann nur der gerechte Mensch [dieses Sakrament] sakramental essen? 4. Sündigt der Sünder durch sakramentales Essen? 5. Die Größe dieser Sünde. 6. Ist ein Sünder, der zu diesem Sakrament hinzutritt, zurückzuweisen ? 7. Hindert die nächtliche Befleckung den Menschen am Empfang dieses Sakramentes? 8. Darf es nur von Nüchternen empfangen werden? 9. Ist es denen zu gewähren, die den Gebrauch der Vernunft nicht haben? 10. Ist es täglich zu empfangen? 11. Darf man sich gänzlich davon enthalten? 12. Darf man den Leib ohne das Blut empfangen?
QUAESTIO LXXX DE USU SIVE SUMPTIONE HUJUS SACRAMENTI Deinde considerandum est de usu sive sumptione hujus sacramenti, et primo quidem in communi; secundo quomodo Christus est usus hoc sacramento. Circa primum quaeruntur duodecim: 1. Utrum sint duo modi manducandi hoc sacramentum, scilicet sacramentaliter et spiritualiter. — 2. Utrum soli homini conveniat manducare spiritualiter hoc sacramentum. — 3. Utrum solius hominis justi sit manducare sacramentaliter. — 4. Utrum peccator manducans sacramentaliter peccet. — 5. De quantitate hujus peccati. — 6. Utrum peccator accedens ad hoc sacramentum sit repellendus. — 7. Utrum nocturna pollutio impediat hominem a sumptione hujus sacramenti. — 8. Utrum sit solum a jejunis sumendum. — 9. Utrum sit exhibendum non habentibus usum rationis. — 10. Utrum sit quotidie sumendum. — 11. Utrum liceat omnino abstinere. — 12. Utrum liceat percipere corpus sine sanguine.
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1. A R T I K E L 80,1 Müssen zwei Weisen, den Leib Christi zu essen, die geistige und die sakramentale, unterschied6n werden? 1. Wie die Taufe die geistige Wiedergeburt ist nach Jo 3, 5: „Wenn jemand nicht wiedergeboren ist aus dem Wasser und dem Heiligen Geiste" usw., so ist dieses Sakrament geistige Speise. Darum sagt der Herr von diesem Sakrament Jo 6, 64: „Die Worte, die Ich zu euch geredet habe, sind Geist und Leben." Bei der Taufe aber wird keine doppelte Weise des Empfangens, die sakramentale und die geistige, unterschieden. Also darf auch bei diesem Sakrament diese Unterscheidung nicht angewandt werden. 2. Die Dinge, von denen das eine wegen des anderen besteht, dürfen nicht voneinander geschieden werden, weil das eine vom andern seine Art erhält. Das sakramentale Essen aber ist auf das geistige als auf sein Ziel hingeordnet. Also darf das sakramentale Essen nicht gegen das geistige unterschieden werden. 3. Dinge, von denen das eine nicht ohne das andere sein kann, dürfen nicht gegeneinander unterschieden werden. Niemand scheint aber das Sakrament geistig essen zu können, wenn er es nicht auch sakramental ißt. Sonst QUAESTIO
80,
l
ARTICULUS I manduU t r u m d e b e a n t distingui duo modi spiritualiter c a n d i corpus Christi, scilicet et s a c r a m e n t a l i t e r [1 Sent.. dist. 9, art. 1, qa i): in Jean., cap. 6, lect. 6. 7: 1 Cor., cap. 11, lect. 7]
AD PRIMUM sie proceditur. Videtur quod non debeant distingui duo modi manducandi corpus Christi, scilicet sacramentaliter et spiritualiter. Sicut enim baptismus est spiritualis regeneratio, secundum illud Joan. 3: „Nisi quis renatus fuerit ex aqua et Spiritu saneto" etc., ita etiam hoc sacramentum est spiritualis eibus; unde Dominus de hoc sacramento loquens dicit Joan. 6: „Verba quae ego locutus sum vobis, spiritus et vita sunt." Sed circa baptismum non distinguitur duplex modus sumendi, scilicet sacramentalis et spiritualis. Ergo neque circa hoc sacramentum debet haec distinetio adhiberi. 2. PRAETEREA, ea quorum unum est propter alterum, non debent ab invicem dividi, quia unuin ab alio speciem trahit. Sed sacramentalis manducatio ordinatur ad spiritualem sicut ad finem. Non ergo debet sacramentalis manducatio contra spiritualem dividi. 3. PRAETEREA, ea quorum unuin non potest esse sine altero, non debent contra se dividi. Sed videtur quod nullus possit manducare spiritualiter, nisi etiam sacramentaliter manducet;
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80, l hätten die Altväter dieses Sakrament geistig gegessen. Auch wäre das sakramentale Essen vergeblich, wenn ohne es das geistige sein könnte. Also wird nicht sinngemäß bei diesem Sakrament ein zweifaches Essen, das sakramentale und das geistige, unterschieden. ANDERSEITS sagt die Glosse zu 1 Kor 11, 29, ,Wer unwürdig ißt und trinkt' usw.: „Wir sagen, es gibt zwei Arten, [dieses Sakrament] zu essen, eine sakramentale und eine geistige." ANTWORT: Im Etnpfang dieses Sakramentes ist zweierlei zu betrachten, nämlich das Sakrament selbst und seine Wirkung, von welchen beiden oben (Fr. 73—79) die Rede war. Somit ist die vollkommene Art, dieses Sakrament zu empfangen, die, wenn jemand dieses Sakrament so in sich aufnimmt, daß er auch seine Wirkung erfährt. Zuweilen aber geschieht's, daß einer [durch die Todsünde ] gehindert ist, die Wirkung dieses Sakramentes zu erfahren (79, 3 u. 8); und solcher Empfang dieses Sakramentes ist unvollkommen. Wie also das Vollkommene vom Unvollkommenen unterschieden wird, so wird auch das sakramentale Essen, durch das nur das Sakrament, ohne seine Wirkung, empfangen wird, vom geistigen Essen unterschieden, durch das einer [auch] die Wirkung dieses Sakramentes erfährt, durch welche der Mensch geistig mit Christus durch Glauben und Liebe verbunden wird. Z u 1. Auch bei der Taufe und anderen derartigen SaQUAESTIO
80, l
alioquin antiqui patres hoc sacramentum spiritualiter manducassent; frustra etiam esset sacramentalis manducatio, si sine ea spiritualis esse posset. Non igitur convenienter distinguitur circa hoc sacramentum duplex manducatio, scilicet sacramentalis et spiritualis. SED CONTRA est quod super illud 1 Cor. 11, ,Qui manducat Ord. mpl et bibit indigne' etc., dicit Glossa: „Duos dicimus esse modos 114/539 manducandi, unum sacramentalem, et alium spiritualem." 191/1647 RESPONDEO dicendum quod in sumptione hujus sacramenti duo sunt consideranda, scilicet ipsum sacramentum, et effectus ipsius; de quorum utroque jam supra dictum est. Perfectus igitur modus sumendi hoc sacramentum est quando aliquis ita hoc sacramentum suscipit, quod percipit ejus eflectum. Contingit autem quandoque, sicut supra dictum est, quod aliquis impeditur a percipiendo eSectu hujus sacramenti; et talis sumptio hujus sacramenti est imperfecta. Sicut igitur perfectum contra imperfectum dividitur, ita sacramentalis manducatio, per quam sumitur solum sacramentum sine effectu ipsius, dividitur contra spiritualem manducationem, per quam quis percipit effectum hujus sacramenti, quo spiritualiter homo Christo conjungitur per fidem et charitatem. AD PRIMUM ergo dicendum quod etiam circa baptismum
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kramenten wird eine ähnliche Unterscheidung gemacht. 80,1 Denn manche empfangen nur das Sakrament, manche aber das Sakrament und die Sache des Sakramentes. Darin aber ist ein Unterschied, daß, weil die anderen Sakramente im Gebrauch des Stoffes vollzogen werden, der Empfang des Sakramentes auch der Vollzug des Sakramentes selber ist; dieses Sakrament aber wird in der Weihe des Stoffes vollzogen und darum sind beide Arten des Empfangens etwas, was diesem Sakramente folgt. Auch empfangen in der Taufe und in den anderen maleinprägenden Sakramenten jene, die das Sakrament empfangen, eine geistige Wirkung, nämlich das Mal, was in diesem Sakramente nicht zutrifft. Darum wird mehr in diesem Sakramente als in der Taufe der sakramentale Gebrauch vom geistigen unterschieden. Z u 2. Das sakramentale Essen, das zum geistigen hingelangt, wird nicht gegen das geistige unterschieden, sondern ist in ihm eingeschlossen; dagegen wird jenes sakramentale Essen, das die Wirkung [dieses Sakramentes] nicht erlangt, gegen das geistige unterschieden, wie das Unvollkommene, das nicht zur Vollendung der Art gelangt, gegen das Vollkommene unterschieden wird. Z u 3. Die Wirkung des Sakramentes kann von jemandem erfahren werden, wenn er das Sakrament dem Verlangen nach hat, obgleich er es nicht in Wirklichkeit empfängt (73, 3). Wie darum einige getauft werden mit QUAESTIO 80, l et alia hujusmodi sacramenta similis distinctio adhibetur. Nam quidam suscipiunt tantum sacramentum, quidam vero sacramentum et rem sacramenti. In hoc tarnen diflerunt, quia cum alia sacramenta perficiantur in usu materiae, percipere sacramentum est ipsa perfectio sacramenti; hoc autem sacramentum perflcitur in consecratione materiae, et ideo uterque usus est consequens hoc sacramentum. In baptismo etiam et in aliis sacramentis characterem imprimentibus illi qui accipiunt sacramentum, recipiunt aliquem spiritualem efflectum, scilicet characterem, quod non accidit in hoc sacramento. Et ideo magis in hoc sacramento distinguitur usus sacramentalis a spirituali, quam in baptismo. AD SECUNDUM dicendum quod sacramentalis manducatio, quae pertingit ad spiritualem, non dividitur contra spiritualem, sed includitur ab ea; sed illa sacramentalis manducatio contra spiritualem dividitur, quae effectuin non consequitur; sicut imperfectum, quod non pertingit ad perfectionem speciei, dividitur contra perfectum. AD TERTIUM dicendum quod, sicut supra dictum est, effectus sacramenti potest ab aliquo percipi, si sacramentum habeat in voto, quamvis non accipiat in re. Et ideo sicut aliqui
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2 der Begierdetaufe auf Grund des Verlangens nach der Taufe, bevor sie mit der Wassertaufe getauft werden, so essen auch einige dieses Sakrament geistig, bevor sie es sakramental empfangen. Das aber geschieht auf zweifache Weise: auf die eine Weise durch das Verlangen, das Sakrament selbst zu empfangen, und auf diese Weise, sagt man, werden getauft und essen geistig, aber nicht sakramental jene, welche diese Sakramente, nachdem sie schon eingesetzt sind, zu empfangen verlangen; auf die andere Weise durch das Bild, wie der Apostel 1 Kor 10, 2 ff. sagt, daß die Altväter „getauft wurden in der Wolke und im Meere und daß sie die geistige Speise aßen und den geistigen Trank tranken" [98]. — Dennoch erfolgt das sakramentale Essen nicht vergebens; denn der Empfang »des Sakramentes selbst führt die Wirkung des Sakramentes voller herbei als das bloße Verlangen, wie oben bei der Taufe ausgeführt wurde (69, 4 Zu 2). 2. A R T I K E L Kann nur der Mensch oder können auch die Engel Sakrament geistig empfangen?
dieses
1. Es scheint, daß nicht nur der Mensch, sondern auch die Engel dieses Sakrament geistig empfangen können, denn zu Ps 78 (77), 25, ,Brot der Engel aß der Mensch', sagt die Glosse: „Das heißt, den Leib Christi, der wirkQ U AES T I 0
80, 2
baptizantur baptismo flaminis propter desiderium baptismi, antequam baptizentur baptismo aquae; ita etiam aliqui manducant spiritualiter hoc sacramentum, antequam sacramentaliter suniant. Sed hoc contingit dupliciter: uno modo propter desiderium sumendi ipsum sacramentum, et hoc modo dicuntur baptizari, et manducare spiritualiter, et non sacramentaliter, illi qui desiderant sumere haec sacramenta jam instituta; alio modo propter figuram, sicut dicit Apostolus 1 Cor. 10, quod antiqui patres „baptizati sunt in nube et in mari, et quod spiritualem escam manducaverunt, et spiritualem potum biberunt". — Nec tarnen frustra adhibetur sacramentalis manducatio, quia plenius inducit sacramenti effectum ipsa sacramenti susceptio quam solum desiderium, sicut supra circa baptismum dictum est. A R T I C U L U S II U t r u m s o l i u s h o m i n i s sit hoc sacramentum sumere spiritualiter, vel etiam angelorum [4 Sent., dist. 9, art. 2, qa 3. 4. S: 1 Cor., cap. 11. leot. 7]
AD SECUNDUM sic proceditur. Videtur quod non solius hominis sit hoc sacramentum spiritualiter sumere, sed etiam angelorum, quia super illud Psalmi, ,Panem angelorum mandueavit homo', dicit Glossa, „id est, corpus Christi, qui est vere
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lieh Speise der Engel ist." Dem wäre aber nicht so, wenn 80,2 die Engel Christus nicht geistig essen würden. Also essen die Engel Christus geistig. 2. Augustinus sagt: „Unter dieser Speise und diesem Trank will Er die Gemeinschaft Seines Leibes und Seiner Glieder verstanden wissen, das ist die Kirche in den Vorherbestimmten." Doch zu dieser Gemeinschaft gehören nicht nur die Menschen, sondern auch die heiligen Engel. Also essen auch die heiligen Engel geistig. 3. Augustinus sagt: „Geistig ist Christus zu essen, denn Er selbst sagt: ,Wer Mein Fleisch ißt und Mein Blut trinkt, bleibt in Mir und Ich in ihm.'" Das steht aber nicht nur den Menschen zu, sondern auch den heiligen Engeln, in denen durch die Liebe Christus ist und sie in Ihm. Also scheinen nicht nur die Menschen, sondern auch die Engel geistig essen zu können. ANDERSEITS sagt Augustinus: „Esset geistig das Brot vom Altar, bringet ein reines Herz zum Altar!" Engel aber können nicht zum Altare treten, um von dort etwas zu empfangen. Also können Engel nicht geistig essen. ANTWORT: In diesem Sakrament ist Christus selber enthalten, nicht zwar in eigener, sondern in sakramenQ U A E S T I O 80, 2
eibus angelorum". Sed hoc non esset, si angeli spiritualiter Christum non manducarent. Ergo angeli spiritualiter Christum manducant. 2. PRAETEREA, Augustinus dicit super Joan. [tr. 26]: MPL „Hunc eibum et potum societatem vult intelligi corporis et 35/1614 inembrorum suorum, quod est Ecclesia in praedestinatis." Sed ad istam societatem non solum pertinent homines, sed etiani saneti angeli. Ergo saneti angeli spiritualiter manducant. 3. PRAETEREA, Augustinus in libro de Verbis Domini [serm. 461 dicit: „Spiritualiter manducandus est Christus, quoniam ipse dicit: ,Qui manducat meani carnem, et bibit meum sanguinem, in nie nianet et ego in eo.'" 1 Sed hoc convenit non solum hominibus, sed etiam sanetis angelis, in quibus per charitatem est Christus, et ipsi in eo. Ergo videtur quod spiritualiter manducare non solum sit hominum, sed etiam angelorum. SED CONTRA est quod Augustinus dicit super Joan. [tr. 26] : M P L „Panem de altari spiritualiter manducate; innocentiam ad altare 35/1611 apportate." 2 Sed angelorum non est accedere ad altare tanquam aliquid sint inde sumpturi. Ergo angelorum non est spiritualiter manducare. RESPONDEO dicendum quod in hoc sacramento continetur ipse Christus, non quidem in specie propria, sed in specie 1 Cf. Gratian., De Conseor.. dist. 2. ean. Quid est; Frdb. 1/1331. Cf. pag. 215. nota 2.
2
223
80,2 taler Gestalt. Auf zweifache Weise also kann man Christus geistig essen. Auf die eine, so wie E r in Seiner eigenen Gestalt besteht. Auf dies© Weise essen die Engel geistig Christus selbst, sofern sie mit Ihm vereinigt sind durch den Genuß der vollkommenen Liebe und durch die klare Anschauung — welches Brot wir im Vaterlande erwarten —, und nicht durch den Glauben, wie wir hienieden mit Ihm vereinigt sind. Auf die andere Weise kann man Christus geistig essen, so wie E r unter den Gestalten dieses Sakramentes ist, sofern nämlich jemand an Christus glaubt und das Verlangen hat, dieses Sakrament zu empfangen. Und das heißt nicht nur Christus geistig essen, sondern auch dieses Sakrament geistig essen. Dies steht den Engeln nicht zu. Wenn deshalb auch die Engel Christus geistig essen, so kommt es ihnen doch nicht zu, dieses Sakrament geistig zu essen. Z u 1. Der Empfang Christi in diesem Sakrament ist als auf sein Ziel auf den Genuß im Vaterlande hingeordnet, wie Ihn die Engel genießen. Und weil das, was auf das Ziel hingeordnet ist, vom Ziel abgeleitet wird, deshalb ist dieses Essen Christi, in dem wir Ihn in diesem Sakrament empfangen, gewissermaßen abgeleitet von jenem Essen, in dem die Engel Christus im Vaterland genießen. Deshalb heißt es, der Mensch esse ,das Brot der Engel', weil es zuerst und hauptsächlich das der Engel ist, die Ihn geQUAESTIO
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sacramenti. Dupliciter ergo contingit manducare spiritualiter ipsum Christum: uno modo prout in sua specie consistit; et hoc modo angeli manducant spiritualiter ipsum Christum inquantum ei uniuntur fruitione charitatis perfectae, et visione manifesta (quem panem expectamus in patria), non per fidem, sicut nos ei hic unimur. Alio modo contingit spiritualiter manducare Christum, prout est sub speciebus hujus sacramenti, inquantum scilicet aliquis credit in Christum cum desiderio sumendi hoc sacramentum; et hoc non solum est spiritualiter manducare Christum, sed etiam spiritualiter manducare hoc sacramentum; quod non competit angelis. Et ideo licet angeli spiritualiter manducent Christum, non tarnen convenit eis spiritualiter manducare hoc sacramentum. AD PRIMUM ergo dicendum quod sumptio Christi sub hoc sacramento ordinatur, sicut ad finem, ad fruitionem patriae, eo modo quo angeli eo fruuntur; et quia ea quae sunt ad finem derivantur a fine, inde est quod ista manducatio Christi qua eum sumimus sub sacramento, quodammodo derivatur ab illa manducatione qua angeli fruuntur Christo in patria. Et ideo dicitur homo manducare „panem angelorunj", quia primo et principaliter est angeloruin, qui eo fruuntur in specie
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nießen in Seiner eigenen Gestalt; an zweiter Stelle aber 80,3 ist es das der Menschen, die Christus im Sakrament empfangen [99]. Z u 2. Zwar gehören zur Gemeinschaft des mystischen Leibes sowohl die Menschen wie die Engel, jedoch die Menschen durch den Glauben, die Engel aber durch klare Anschauung [100]. Die Sakramente aber sind dem Glauben zugeordnet durch den die Wahrheit gesehen wird „im Spiegel und im Rätsel" (1 Kor 13, 12). Darum kommt es, eigentlich gesprochen, nicht den Engeln, sondern den Menschen zu, dieses Sakrament geistig zu essen. Z u 3. Christus bleibt in den Menschen, nach ihrem gegenwärtigen Stande, durch den Glauben; in den seligen Engeln aber ist Er durch die klare Anschauung. Darum ist es nicht das Gleiche (Zu 2). 3. A R T I K E L gerechte Mensch Christus sakramental essen? Augustinus sagt: „Was stellt sich dir Mund und Magen [auf das Essen] ein? Glaube, und du hast gegessen. Daß man an Ihn glaubt, das ist Essen des lebendigen
Kann
nur
der
QUAESTIO
80, 3
propria; secundario autem est hominum, qui Christum sub sacramento accipiunt. AD SECUNDUM dicendum quod ad societatem corporis mystici pertinent quidem et homines et angeli; sed homines per fidem, angeli autem per manitestam visionem. Sacramenta autem proportionantur fldei, per quam veritas videtur „in speculo et in aenigmate". Et ideo, proprie loquendo, non angelis, sed hominibus convenit manducare spiritualiter hoc sacramentum. AD TERTIUM dicendum quod Christus manet in hominibus secundum praesentem statum per fidem, sed in angelis beatis est per manifestam visionem. Et ideo non est simile, sicut dictum est. Utrum
A R T I C U L U S III solus homo justus possit manducare Christum sacramentaliter
[4 Sent., dist. 9, art. 2, qa 1. 2. 3; 4 Sent., dist. 9, art. 3, qa 2; 1 Cor., cap. 11, lect. 7]
AD TERTIUM sie proceditur. Videtur quod nullus possit manducare Christum sacramentaliter, nisi homo justus. Dicit enim Augustinus in libro de Remedio Poenitentiae [tr. 25, 26 MPL35 in J o a n . ] : „Ut quid paras dentem et ventrem? Crede, et man- 1 6 0 2 > 1 6 ducasti; credere enim in eum, hoc est panem vivum man15 30
225
80,3 Brotes." Der Sünder aber glaubt nicht an Ihn, denn er hat nicht den [durch die Liebe] geformten Glauben, zu dem es gehört, ,an Gott' zu glauben (II—II 2, 2; 4, 5: Bd. 15). Also kann der Sünder dieses Sakrament nicht essen, welches das ,lebendige Brot' ist [Jo 6, 41. 51 ]. 2. Dieses Sakrament heißt vor allem „Sakrament der Minne" (73, 3 Zu 3; 78, 3 Zu 6). Wie aber alle Ungläubigen des Glaubens entbehren, so alle Sünder der Minne. Die Ungläubigen aber scheinen dieses Sakrament nicht auf sakramentale Weise empfangen zu können, da in der Form dieses Sakramentes gesagt wird: ,Geheimnis des Glaubens.' Also kann aus dem gleichen Grunde auch kein Sünder den Leib Christi sakramental essen. 3. Der Sünder ist vor Gott mehr verabscheuungswürdig als das vernunftlose Geschöpf; vom sündigen Menschen heißt es nämlich [Ps 49 (48), 2 1 ] : „Der Mensch, der in Ehren ist und es nicht erkennt, ist den vernunftlosen Tieren gleich und ihnen ähnlich geworden." Aber ein vernunftloses Tier, z. B. eine Maus oder ein Hund, kann dieses Sakrament nicht empfangen, wie es auch nicht das Sakrament der Taufe empfangen kann. Also scheint, daß aus dem gleichen Grund auch die Sünder dieses Sakrament nicht essen. ANDERSEITS sagt Augustinus zu Jo 6, 50, ,Damit, wenn einer davon ißt, er nicht sterbe': „Viele empfangen QUAESTIO
80, 3
ducare." Sed peccator non credit in eum, quia non habet fidem formatam, ad quam pertinet credere ,in Deum', ut in secunda Parte habitum est. Ergo peccator non poteet manducare hoc sacramentum, quod est ,panis vivus'. 2. PRAETEREA, hoc sacramentum maxime dicitur esse ,sacramentum charitatis', ut supra dictum est. Sed sicut infldeles privantur fide, ita omnes peccatores privantur charitate; infldeles autem non videntur posse sacramentaliter sumere hoc sacramentum, cum in forma hujus sacrainenti dicatur Mysterium fidei'. Ergo pari ratione neque aliquis peccator potest corpus Christi sacramentaliter manducare. 3. PRAETEREA, peccator magis est abominabilis Deo quam creatura irrationalis; dicitur enim in Psalmo de homine peccatore: „Homo, cum in honore esset, non intellexit, comparatus est jumentis insipientibus, et similis factus est illis." Sed animal brutum, puta mus aut canis, non potest sumere hoc sacramentum, sicut etiam non potest sumere sacramentum baptismi. Ergo videtur quod pari ratione neque peccatores hoc sacramentum manducent. SED CONTRA est quod super illud Joan. 6, ,ut si quis manMPL ducaverit, non moriatur', dicit Augustinus [tr. 26 in Joan.] : 1
35/1611 -
1 Cf. Gratian., De Conseer., dist. 2, can. Ut quid paras; Frdb. 1/1331.
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vom Altar und sterben durch den Empfang. Darum sagt 80, 3 der Apostel [1 Kor 11, 29]: ,Er ißt und trinkt sich das Gericht.'" Aber durch den Empfang sterben nur die Sünder. Also essen die Sünder den Leib Christi auf sakramentale Weise und nicht bloß die Gerechten. ANTWORT: Hierin haben einige der Alten [101] geirrt, die sagten, daß der Leib Christi von den Sündern nicht einmal sakramental empfangen werde, sondern sobald der Leib Christi mit den Lippen des Sünders in Berührung komme, höre er auf, unter den sakramentalen Gestalten zu sein. — Das ist aber irrig. Denn es tut der Wahrheit dieses Sakramentes Eintrag, zu welcher gehört, daß, solange die Gestalten bleiben, der Leib Christi unter ihnen nicht zu sein aufhört (76, 6 Zu 3; 77, 8). Die Gestalten bleiben aber, solange die Substanz des Brotes bliebe, wenn sie da wäre (77, 4. 5. 8). Es ist aber offenbar, daß die Substanz des Brotes, die von einem Sünder empfangen wird, nicht sofort zu sein aufhört, sondern bleibt, bis sie durch die Naturwärme verdaut ist. Ebensolange bleibt darum der Leib Christi unter den sakramentalen Gestalten, die von Sündern empfangen wurden. Deshalb ist zu sagen, daß der Sünder auf sakramentale Weise den Leib Christi essen kann und nicht nur der Gerechte. Z u 1. Jene und ähnliche Worte sind zu verstehen vom geistigen Essen, das den Sündern nicht zukommt. Darum scheint von einem schlechten Verständnis dieser Worte QUAESTIO
80, 3
„Multi de altari accipiunt, et accipiendo moriuntur; unde dicit Apostolus: Judicium sibi m&nducat et hibit.'" Sed non moriuntur sumendo nisi peccatores. Ergo peccatores corpus Christi sacramentaliter manducant, et non solum justi. RESPONDEO dicendum quod circa hoc quidam antiqui erraverunt, dicentes quod corpus Christi nec etiam sacramentaliter a peccatoribus sumitur; sed quam cito labiis peccatoris contingitur, tarn cito sub speciebus sacramentalibus desinit esse corpus Christi. — Sed hoc est erroneum; derogat enim veritati hu jus sacramenti, ad quam pertinet, sicut supra dictum est, quod manentibus speciebus, corpus Christi sub eis esse non desinat. Species autem manent, quamdiu substantia panis maneret, si ibi adesset, ut supra dictum est. Manifestum est autem quod substantia panis assumpta a peccatore non statim esse desinit, sed manet, quamdiu per calorem naturalem digeratur: unde tamdiu corpus Christi sub speciebus sacramentalibus manet a peccatoribus sumptis. Unde dicendum est quod peccator sacramentaliter corpus Christi manducare potest, et non solum justus. AD PRIMUM ergo dicendum quod verba illa et similia sunt intelligenda de spirituali manducatione, quae peccatoribus non convenit. Et ideo ex pravo intellectu horum verborum videtur
15*
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80,3 der genannte Irrtum [Antwort] seinen Ausgang genommen zu haben, da man nicht zwischen leiblichem und geistigem Essen zu unterscheiden wußte. Z u 2. Auch wenn der Ungläubige die sakramentalen Gestalten empfängt, so empfängt er den Leib Christi unter dem Sakramente. Also ißt er Christus auf sakramentale Weise, wenn das ,auf sakramentale Weise' das Zeitwort vom gegessenen Gegenstand her bestimmt. Wenn aber vom Essenden her, dann ißt er, genau gesprochen, nicht auf sakramentale Weise, denn er gebraucht das, was er empfängt, nicht als Sakrament, sondern als gewöhnliche Speise. Außer ein Ungläubiger hätte etwa die Absicht, das zu empfangen, was die Kirche spendet, obgleich er nicht den wahren Glauben hätte bezüglich der anderen Glaubensartikel oder auch bezüglich dieses Sakramentes. Z u 3. Auch wenn eine Maus oder ein Hund eine geweihte Hostie verzehrt, hört die Substanz des Leibes Christi nicht auf, unter den Gestalten zu sein, solange jene Gestalten bleiben, d. h. solange auch die Substanz des Brotes bliebe; ebenso, wenn sie in den Schmutz geworfen würde. Auch schlägt dies nicht zum Nachteil der Würde Christi aus, der von Sündern gekreuzigt werden wollte ohne eine Minderung seiner Würde, zumal da eine Maus oder ein Hund den Leib Christi selber nicht berühren in seiner eigenen Gestalt, sondern nur in den sakramentalen Gestalten. QUAESTIO
80,
s
praedictus error processisse, dum nescierunt distinguere inter corporalem et spiritualem manducationem. AD SECUNDUM dicendum quod, etiamsi infldelis sumat species sacramentales, corpus Christi sub sacramento sumit; unde manducat Christum sacramentaliter, si ly ,sacramentaliter' determinat verbum ex parte manducati; si autem ex parte manducantis, tunc proprie loquendo non manducat sacramentaliter, quia non utitur eo quod accipit, ut sacramento, sed ut simplici cibo. Nisi forte infldelis intenderet recipere illud quod Ecclesia confert, licet non haberet fldem veram circa alios articulos, vel etiam circa hoc sacramentum. AD TERTIUM dicendum quod, etiamsi mus vel canis hostiam consecratam manducet, substantia corporis Christi non desinit esse sub speciebus, quamdiu species illae manent, hoc est, quamdiu substantia panis maneret; sicut etiam si projiceretur in lutum. Nec hoc vergit in detrimentum dignitatis corporis Christi, qui voluit a peccatoribus crucifigi absque diminutione suae dignitatis, praesertim cum mus aut canis non tangat ipsum corpus Christi secundum propriam speciem, sed solum secundum species sacramentales.
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Einige aber sagten, daß sofort, wenn das Sakrament von 80,4 einer Maus oder einem Hund berührt werde, dort der Leib Christi zu sein aufhört. Auch das tut der Wahrheit des Sakramentes Eintrag (Antwort). Dennoch darf man nicht sagen, daß das vernunftlose Tier den Leib Christi auf sakramentale Weise esse, denn es ist nicht geschaffen, ihn als Sakrament zu gebrauchen. Darum ißt es nicht auf sakramentale Weise, sondern beiläufig den Leib Christi wie einer, der eine geweihte Hostie empfinge, ohne zu wissen, daß sie geweiht ist. Und weil das, was beiläufig geschieht, nicht unter die Einteilung einer Gattung fällt, deshalb wird diese Art, den Leib Christi zu essen, nicht als dritte neben der sakramentalen und geistigen angeführt. 4.
ARTIKEL
Begeht der Sünder, der den Leib Christi auf sakramentale Art empfängt, eine Sünde?
1. Christus ist unter der sakramentalen Gestalt nicht von größerer Würde als in eigener Gestalt. Die Sünder aber, die den Leib Christi in Seiner eigenen Gestalt berührten, sündigten nicht, ja sie erhielten sogar Verzeihung der Sünden^ wie Lk 7, 36—50 von dem Weibe, das eine Sünderin war, zu lesen ist und wie es Mt 14, 36 heißt: QUAESTIO
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Quidam autem dixerunt quod statim cum sacramentum tangitur a mure vel cane, desinit ibi esse corpus Christi; quod etiam derogat veritati sacramenti, sicut supra dictum est. Nec tarnen dicendum est quod animal brutum sacramentaliter corpus Christi manducet, quia non est natum uti eo ut sacramento; unde non sacramentaliter, sed per accidens corpus Christi manducat, sicut manducaret ille qui sumeret hostiam consecratam, nesciens eam esse consecratam. Et quia id quod est per accidens, non cadit in divisione alicujus generis, ideo hic modus manducandi corpus Christi non ponitur tertius praeter sacramentalem et spiritualem. Utrum
A R T I C U L U S IV peccator sumens corpus Christi mentaliter peccet
[Supra, q. 79, art. 3;
sacra-
infra, art. 7; 4 Sent., dist. 9, art. 3, qa 1. 2; 1 Cor., cap. 11, lect. 7]
AD QUARTUM sie proceditur. Videtur quod peccator sumens corpus Christi sacramentaliter, non peccet. Non enim est majoris dignitatis Christus sub specie sacramenti quam sub specie propria. Sed peccatores tangentes corpus Christi sub specie propria 1 non peccabant; quin etiam veniam peccatoruin consequebantur, sicut legitur Luoae 7 de mutiere peccatrice; et 1
P et L: in substantia propria.
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80,4 „Alle, die den Saum Seines Kleides berührten, wurden gesund." Also sündigen sie nicht, sondern erreichen eher das Heil durch den Empfang des Sakramentes des Leibes Christi. 2. Dieses Sakrament, wie auch die anderen, ist eine Art geistiger Arznei. Arznei aber wird den Kranken zum Heile gegeben; Mt 9, 12: „Nicht die Gesunden bedürfen des Arztes, sondern die Kranken." Die in geistigem Sinn Schwachen und Kranken aber sind die Sünder. Also können sie dieses Sakrament ohne Schuld empfangen. 3. Dieses Sakrament gehört, da es Christus in sich enthält, zu den größten Gütern. Die größten Güter aber sind nach Augustinus jene, „die niemand schlecht gebrauchen kann". Niemand aber sündigt außer durch Mißbrauch eines Dinges. Also sündigt kein Sünder durch Empfang dieses Sakramentes. 4. Wie dieses Sakrament mit dem Geschmack- und Tastsinn wahrgenommen wird, so auch mit dem Gesichtsinn. Wenn also der Sünder deshalb, weil er das Sakrament empfängt, mit dem Geschmack- und Tastsinn sündigt, scheint er auch zu sündigen dadurch, daß er es sieht. Das ist offenbar falsch, weil die Kirche dieses Sakrament allen zum Sehen und Anbeten ausstellt. Also begeht der Sünder durch das Essen dieses Sakramentes keine Sünde. 5. Manchmal trifft es zu, daß ein Sünder kein BewußtQUAE8TIO
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Matth. 14 dieitur: „Quicumque tetigerunt fimbriam vestimenti ejus, salvi facti sunt." Ergo non peccant, sed magis salutem consequuntur, sacramentum corporis Christi sumendo. 2. PRAETEREA, hoc sacramentum, sicut et alia, est quaedam spiritualis medicina. Sed medicina datur infirmis ad salutem, secundum illud Matth. 9: „Non est opus valentibus medicus, sed male habentibus"; infirmi autem vel male habentes spiritualiter sunt peccatores. Ergo hoc sacramentum absque culpa sumere possunt. 3. PRAETEREA, hoc sacramentum, cum in se Christum contineat, est de maximis bonis. Maxima autem bona, secundum MPL Augustinum in libro de Libero Arbitrio [lib. 2, cap. 19], sunt 32/1268 „quibus nullus male potest uti". Nullus autem peccat, nisi per abusum alicujus rei. Ergo nullus peccator sumens hoc sacramentum peccat. 4. PRAETEREA, sicut hoc sacramentum sentitur gustu et tactu, ita et visu. Si ergo peccator ex eo quod suniit hoc sacramentum peccet gustu et tactu, videtur etiam quod peccaret videndo, quod patet esse falsum, cum Ecclesia omnibus hoc sacramentum videndum et adorandum proponat. Ergo peccator non peccat ex hoc quod manducat hoc sacramentum. 5. PRAETEREA, contingit quandoque quod aüquis peccator
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sein von seiner Sünde hat. Dennoch scheint ein solcher 80,4 nicht zu sündigen durch den Empfang des Leibes Christi, weil demgemäß alle, die ihn empfangen, sündigten, indem sie sich sozusagen der Gefahr aussetzen nach 1 Kor 4, 4: „Ich bin mir nichts bewußt, aber darum noch nicht gerechtfertigt." Also scheint es dem Sünder nicht zur Schuld zu gereichen, wenn er dieses Sakrament empfängt. ANDERSEITS sagt der Apostel 1 Kor 11, 29: „Wer unwürdig ißt und trinkt, ißt und trinkt sich das Gericht." Die Glosse aber sagt dazu: „Unwürdig ißt und trinkt der, welcher in schwerer Schuld ist oder das Sakrament unehrerbietig behandelt." Wer also beim Empfang dieses Sakramentes in Todsünde ist, zieht sich, schwer sündigend, die Verdammnis zu. ANTWORT: In diesem Sakrament, wie auch in den anderen, ist das, was ,Sakrament' ist, Zeichen dessen, was Sache des Sakramentes ist. Die Sache dieses Sakramentes ist aber eine doppelte (60, 3 Anderseits ; 73, 6) : die eine, die bezeichnet und enthalten ist, nämlich Christus selbst; die andere aber ist bezeichnet und nicht enthalten, nämlich der mystische Leib Christi, welcher die Gemeinschaft der Heiligen ist. Wer immer also dieses Sakrament empfängt, zeigt ebendadurch an, daß er mit Christus geeint und Seinen Gliedern einverleibt ist. Das aber geschieht durch den [durch die Liebe] geformten Glauben, den niemand im Stande der Todsünde hat. Darum ist QUAESTIO
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non habet conscientiam sui peccati, nec tarnen talis peccare videtur corpus Christi sumendo, quia secundum hoc omnes peccarent qui sumunt, quasi periculo se exponentes, cum Apostolus dicat 1 Cor. 4: „Nihil mihi conscius sum; sed non in hoc justificatus sum." Non ergo videtur quod peccatori cedat in culpam, si hoc sacramentum sumat. SED CONTRA est quod Apostolus dicit 1 Cor. 11: „Qui manducai et bibit indigne, judicium sibi manducai et bibit." Dicit autem Glossa ibidem quod „indigne manducat et bibit, qui in Lomb. MPL crimine est, vel irreverenter tractat". Ergo qui est in peccato I9i/i6i6 mortali, si hoc sacramentum accipiat, damnationem acquirit, mortaliter peccans. RESPONDEO dicendum quod in hoc sacramento sicut in aliis, id quod est sacramentum, est Signum ejus quod est res sacramenti. Duplex autem est res hujus sacramenti, sicut supra dictum est: una quidem quae est significata et contenta, scilicet ipse Christus; alia autem est significata et non contenta, scilicet corpus Christi mysticum, quod est societas sanctorum. Quicumque ergo hoc sacramentum sumit, ex hoc ipso significat se esse Christo unitum, et membris ejus incorporatum ; quod quidem fit per fidem formatam, quam nullus habet cum peccato mortali. Et ideo manifestum est quod quicumque cum
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80,4 klar, daß jeder, der im Stande der Todsünde dieses Sakrament empfängt, einen Mißbrauch dieses Sakramentes begeht; und daher verfällt er, als Verletzer des Sakramentes, dem Gottesraub und begeht eine Todsünde. Z u 1. Als Christus in Seiner eigenen Gestalt erschien, bot Er sich als einen, den man berührt, den Menschen nicht in einem geistigen Zeichen der Vereinigung mit Ihm selbst dar, wie Er sich als einen, den man zu sich nimmt, in diesem Sakrament darbietet. Und daher verfielen die Sünder, welche Ihn in Seiner eigenen Gestalt berührten, nicht dem Verbrechen des Mißbrauchs bezüglich des Göttlichen, wie die Sünder, welche dieses Sakrament zu sich nehmen. Außerdem trug Christus noch „die Gestalt des sündigen Fleisches" (Rom 8, 3) und darum war es angemessen, daß Er sich von den Sündern berühren ließ. Aber nachdem die Gestalt des sündigen Fleisches durch die Herrlichkeit der Auferstehung weggenommen war, verwehrte es Christus, von einer Frau berührt zu werden, die Mangel litt am Glauben an Ihn; Jo 20, 17: „Rühre Mich nicht an! Denn Ich bin noch nicht zu Meinem Vater aufgefahren", nämlich „in deinem Herzen", wie Augustinus auslegt. Deshalb werden die Sünder, die Mangel leiden an [durch die Liebe] geformtem Glauben an Ihn, von der Berührung dieses Sakramentes ferngehalten. Z u 2. Nicht jede beliebige Arznei paßt für jeden Zustand. Denn die Arznei, die den bereits Fieberfreien zur QUAESTIO
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peccato mortali hoc sacramentum sumit, falsitatem in hoc sacramento committit; et ideo incurrit sacrilegium, tanquam sacramenti violator, et propter hoc mortaliter peccat. AD PRIMUM ergo dicendum quod Christus in propria specie apparens non exhibebat se tangendum hominibus in Signum spiritualis unionis ad ipsum, sicut exhibetur sumendus in hoc sacramento. Et ideo peccatores eum in propria specie tangentes non incurrebant crimen falsitatis circa divina, sicut peccatores sumentes hoc sacramentum. Et praeterea Christus adhuc gerebat „similitudinem carnis peccati"; et ideo convenienter se peccatoribus tangendum exhibebat; sed remota similitudine carnis peccati per gloriam resurrectionis, se tangi prohibuit a muliere, quae defectum fidei circa ipsum patiebatur, secundum illud Joan. 20: „Noli me tangere; nondum enim ascendi ad Patrem meum", scilicet MPL „in corde tuo", ut Augustinus exponit [tr. 121 in Joan.]. Et 35/1967 IDEO peccatores qui defectum fidei formatae patiuntur circa Christum, repelluntur a contactu hujus sacramenti. AD SECUNDUM dicendum quod non quaelibet medicina competit secundum quemlibet etatum infirmitatis; nam medi-
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Stärkung gegeben wird, würde schaden, wenn sie den 80,4 noch Fieberkranken gegeben würde. So sind auch Taufe und Buße reinigende Arzneien, die gegeben werden, um das Fieber der Sünde zu beheben. Dieses Sakrament aber ist eine stärkende Arznei, die nur denen gegeben werden darf, die von Sünde frei sind. Z u 3. Unter ,größten Gütern' versteht dort Augustinus die Tugenden der Seele, ,die niemand schlecht gebraucht', sozusagen als Quelle des schlechten Gebrauches. Gleichwohl kann sie jemand schlecht gebrauchen als Gegenstand des schlechten Gebrauches, wie es klar ist in denen, die auf die Tugenden stolz sind. So ist auch dieses Sakrament, soweit es auf es selber ankommt, nicht Quelle, sondern Gegenstand des schlechten Gebrauches. Daher sagt Augustinus: „Viele empfangen den Leib des Herrn unwürdig; das lehrt uns auf der Hut zu sein, daß wir das Gute nicht schlecht empfangen. Denn siehe, schlecht ist das Gute geworden, da es schlecht empfangen wird, wie im Gegenteil für den Apostel das Schlechte gut geworden ist, da er es gut annahm, indem er nämlich den Stachel des Satans geduldig ertrug." Z u 4. Durch den Gesichtsinn wird nicht der Leib Christi selber empfangen, sondern nur Sein Sakrament, weil nämlich der Gesichtsinn nicht zur Substanz des Leibes Christi, sondern nur zu den sakramentalen Gestalten QUAESTIO
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cina quae datur jam liberatis a febre ad confortationem, noceret, si daretur adhuc febricitantibus. Ita etiam baptismus et poenitentia sunt quasi medicinae purgativae, quae dantur ad tollendam febrem peccati; hoc sacramentum est medicina confortativa, quae non debet dari nisi liberatis a peccato. AD TERTIUM dicendum quod ,maxima bona' intelligit Augustinus virtutes animae, ,quibus nullus male utitur', quasi principiis mali usus; utitur tarnen eis aliquis male, quiasi objectis mali usus, ut patet in his qui de virtutibus superbiunt. Ita et hoc sacramentum, quantum est ex se, non est principium mali usus, sed objectum. Unde Augustinus dicit [tr. 62 in MPL Joan.]: „Multi indigne accipiunt corpus Christi, per quod 35 1801 docemur quam cavendum sit male accipere bonum. Ecce enim per bonum factum est malum, dum male accipitur bonum; sicut e contra Apostolo per malum factum est bonum, cum bene accepit malum, scilicet cum stimulum Satanae patienter portavit." 1 AD QUARTUM dicendum quod per visum non accipitur ipsum corpus Christi, sed solum sacramentum ejus, quia scilicet non pertingit Visus ad substantiam corporis Christi, sed solum ad species sacramentales, ut supra dictum est. Sed ille qui 1
Cf. Lomb., 4 Sent., dist. 9, cap. Haec verba; MPL 192/858.
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80,4 vordringt (76, 7). W e r sie aber genießt, empfängt nicht nur die sakramentalen Gestalten, sondern auch Christus selbst, der unter ihnen ist. Darum ist das Anschauen des Leibes Christi keinem untersagt, der das Sakrament Christi, nämlich die Taufe, erlangt h a t ; die Nichtgetauften aber sind nach Dionysius auch nicht zum Anschauen dieses Sakramentes zuzulassen. Zum Genuß aber sind nur jene allein zuzulassen, die nicht nur auf sakramentale Weise, sondern in Wirklichkeit mit Christus verbunden sind [ 1 0 2 ] , Z u 5. Daß jemand kein Bewußtsein von seiner Sünde hat, kann in zweifacher Weise eintreten. Einmal durch seine eigene Schuld, entweder weil er durch eine Unkenntnis des Rechtes, die nicht entschuldigt [Gratian], glaubt, es sei keine Sünde, was Sünde ist, z. B. wenn ein Unzüchtiger glaubte, einfache Unzucht sei keine Todsünde; oder weil er nachlässig ist in der Prüfung seiner selbst, entgegen dem Apostelwort 1 Kor 11, 2 8 : „Der Mensch prüfe aber sich selbst, und so esse er von diesem Brote und trinke von diesem Kelche." Und so sündigt ein Sünder dennoch durch den Empfang des Leibes Christi, wenngleich er kein Bewußtsein seiner Sünde hat, weil seine Unwissenheit selbst ihm zur Sünde gereicht. Zweitens kann es eintreten ohne seine Schuld, wenn er z. B. Reue über die Sünde hat, aber nicht genügend zerknirscht ist. In einem solchen Fall sündigt er nicht durch QUAESTIO
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manducat, non solum sumit species sacramentales, sed etiam Christum, qui est sub eis. Et ideo a visione corporis Christi nullus prohibetur qui sit sacramentum Christi consecutus, scilicet baptismum. Non baptizati autem non sunt admittendi etiam ad inspectionem hujus sacramenti, ut patet per MPG Dionysium in libro Eccl. Hier. [cap. 7]. Sed ad manducationem 3/557 non sunt admittenidi nisi soll illi qui non solum sacramentaliter, sed etiam realiter sunt Christo conjuncti. AD QUINTUM dicendum quod hoc quod non habet aliquis conscientiam sui peccati, potest contingere dupliciter: uno modo per culpam suam, vel quia per ignorantiam juris, quae non excusat, reputat non esse peccatum quod est peccatum, puta si aliquis fornicator reputaret simplicem fornicationem non esse peccatum mortale; vel quia negligens est in examinatione sui ipsius, contra id quod Apostolus dicit 1 Cor. 11: „Probet autem seipsum homo, et sie de pane illo edat, et de calice bibat." Et sie nihilominus peccat peccator sumens corpus Christi, licet non habeat conscientiam peccati, quia ipsa ignorantia est ei peccatum. Alio modo potest contingere sine culpa ipsius, puta cum doluit de peccato, sed non est sufficienter contritus; et in tali
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den Empfang des Leibes Christi, weil der Mensch nicht 80,5 mit Sicherheit wissen kann, ob er wahrhaft zerknirscht ist. Es genügt aber, daß er in sich Zeichen der Zerknirschung finde, z. B. daß er „Schmerz empfinde über die vergangenen Sünden" und sich vornehme, „vor zukünftigen sich zu hüten" [Augustinus]. Wenn er aber wegen Unkenntnis des Sachverhaltes, die entschuldigt [Gratian], nicht weiß, daß seine Tat eine sündhafte Handlung sei, z. B. wenn er zu einer fremden Frau ginge, die er für die seinige hielte, so ist er deshalb nicht Sünder zu nennen. Ebenso genügt auch, wenn er die Sünde gänzlich vergessen hat, zu ihrer Tilgung eine allgemeine Zerknirschung (Ergz. 2, 3 Zu 2). Deshalb ist er nicht mehr Sünder zu nennen. 5. A R T I K E L Ist es die schwerste aller Sünden, zu diesem, Sakramente mit dem Bewußtsein einer Sünde hinzuzutreten? 1. Der Apostel sagt 1 Kor 11, 27: „Wer unwürdig das Brot ißt oder den Kelch des Herrn trinkt, ist schuldig des Leibes und Blutes des Herrn." Die Glosse sagt dazu: „Als wenn er den Herrn getötet hätte, wird er bestraft werden." Die Sünde der Mörder Christi aber scheint die QUAESTIO
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casu non peccat sumendo corpus Christi, quia homo per certitudinem scire non potest utrum sit vere contritus; sufficit eninl si in se signa contritionis inveniat, puta si ,doleat de praeteritis', et proponat ,cavere de futuris'. 1 S i vero ignorat hoc quod fecit esse actum peccati, propter ignorantiam facti quae excusat, puta si accessit ad non suam quam credebat esse suam, non est ex hoc dicendus peccator. Similiter etiam si totaliter est peccatum oblitus, sufficit ad ejus deletionem generalis contritio, ut infra dicetur; unde jam non est dicendus peccator. ARTICULÜS V U t r u m a c c e d e r e ad hoc s a c r a m e n t u m cum s c i e n t i a peccati sit g r a v i s s i m u m omnium cat o r u m [4 Sent., dist. 9, art. 3, qa 3;
conpec-
1 Cor., cap. 11, lect. 7]
AD QUINTUM sie proceditur. Videtur quod accedere ad hoc sacramentum cum conscientia peccati sit gravissimum omnium peccatorum. Dicit enim Apostolus 1 Cor. 11: „Quicumque mandueaverit panem, et biberit calicem Domini indigne, reus erit corporis et sanguinis Doinini"; Glossa ibidem, „hoc est, Lomb. MPL ac si Christum occiderit, punietur". S e d peccatum Christum 191/1646 1
16*
Cf. August,, Ep. 211 Ad Sanctimoniales; MPL 33/965.
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80, 5 schwerste gewesen zu sein. Also scheint auch diese Sünde, daß jemand mit dem Bewußtsein einer Sünde zum Tisch des Herrn hinzutritt, die schwerste zu sein. 2. Hieronymus sagt: „Was hast du mit den Frauen zu tun, der du am Altare mit dem Herrn dich unterhältst? Sage, Priester, sage, Kleriker, wie du mit den gleichen Lippen den Sohn Gottes küssest, mit denen du die Lippen einer Dirne geküßt hast? Wie Judas, verrätst du mit einem Kusse den Menschensohn?" So scheint der Unzüchtige, der zum Tische des Herrn hinzutritt, zu sündigen wie Judas sündigte, dessen Sünde die schwerste war. Viele andere Sünden aber sind schwerer als die Sünde der Unzucht, wie besonders die Sünde des Unglaubens. Also ist die Sünde eines jeden Sünders, der zum Tische des Herrn hinzutritt, die schwerste. 3. Vor Gott ist die geistige Unreinigkeit verabscheuenswürdiger als di© leibliche. Wenn aber jemand den Leib Christi in Schmutz oder Dünger werfen würde, so hielte man das für die schwerste Sünde. Also sündigt schwerer, wer ihn empfängt im Stande der Sünde, die geistige Unreinigkeit ist. Also ist diese Sünde die schwerste. ANDERSEITS sagt Augustinus zu Jo 15, 22, ,Wenn Ich nicht gekommen wäre und nicht zu ihnen gesprochen hätte, hätten sie keine Sünde', das sei zu verstehen von QUAESTIO
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occidentium v i d e t u r f u i s s e g r a v i s s i m u m . E r g o et hoc peccatum, q u o a l i q u i s c u m conscientia peccati a d m e n s a m Christi accedit, v i d e t u r esse g r a v i s s i m u m . 2. P R A E T E R E A , H i e r o n y m u s dicit i n q u a d a m epistola [ e p . 52 MPL d e V i t a C l e r i c . ] 1 : „ Q u i d tibi cum f e m i n i s , q u i a d altare cum 30/288 j ) e o f a b u l a r i s ? Die, sacerdos, die, clerice, q u a l i t e r eisdem l a b i i s F i l i u m D e i oscularis, q u i b u s osculatus es l a b i a meretricis? C u m J u d a , osculo F i l i u m h o m i n i s t r a d i s ? " Et sie v i d e t u r f o r n i cator a d m e n s a m Christi accedens peccare, sicut J u d a s peccavit, c u j u s peccatum f u i t g r a v i s s i m u m . S e d multa a l i a peccata sunt g r a v i o r a q u a m peccatum fornicationis, et p r a e e i p u e peccatum infidelitatis. E r g o c u j u s l i b e t peccatoris a d m e n s a m Christi accedentis peccatum est g r a v i s s i m u m . 3. P R A E T E R E A , m a g i s est a b o m i n a b i l i s D e o immunditia spiritualis q u a m corporalis. S e d si quis p r o j i c e r e t c o r p u s Christi in l u t u m v e l sterquilinium, g r a v i s s i m u m r e p u t a r e t u r e j u s peccatum. E r g o g r a v i u s peccat si i p s u m sumat c u m peccato, q u o d est i m m u n d i t i a spiritualis. E r g o hoc peccatum est g r a v i s s i m u m . S E D C O N T R A est q u o d s u p e r i l l u d Joan. 15: ,Si non v e n i s sem, et locutus eis n o n f u i s s e m , peccatum n o n h a b e r e n t ' , dicit MPL A u g u s t i n u s [tr. 89 in J o a n . ] , hoc i n t e l l i g e n d u m esse d e pecCSEL 1 c f . Halens., 4 Sent., q. 11, membr. 2, art. 2, 8 2, ult. arg. Contra; •>7/371 yide L vol. XII, pag. XIV.
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der Sünde des Unglaubens, „in der alle Sünden einge- 80,5 schlössen sind", und so scheint diese Sünde nicht die schwerste zu sein, sondern eher die Sünde des Unglaubens. ANTWORT: Wie im zweiten Buche gesagt worden ist, kann auf zweifache Weise eine Sünde schwerer heißen als eine andere: auf die eine an sich, auf die andere beiläufig (I—II 73, 3. 6: Bd. 12; vgl. II—II 73, 3: Bd. 18). An sich auf Grund ihrer Art, die vom Gegenstand her ins Auge gefaßt wird. So gesehen ist eine Sünde um so schwerer, je größer das ist, wogegen gesündigt wird. Und weil die Gottheit Christi größer ist als Seine Menschheit und Seine Menschheit vorzüglicher als die Sakramente Seiner Menschheit, daher sind die schwersten Sünden die, welche gegen die Gottheit selbst begangen werden, wie die Sünde des Unglaubens und der Gotteslästerung. An zweiter Stelle aber kommen die schweren Sünden, die gegen die Menschheit Christi begangen werden. Deshalb heißt es Mt 12, 32: „Wer ein Wort wider den Menschensohn redet, dem wird vergeben werden ; wer aber ein Wort redet wider den Heiligen Geist, dem wird nicht vergeben werden, weder in dieser Weltzeit noch in der zukünftigen." An dritter Stelle aber stehen die Sünden, welche begangen werden gegen die Sakramente, die zur Menschheit Christi gehören. Und danach kommen die anderen Sünden gegen die bloßen Geschöpfe. QUAESTIO
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cato infidelitatis, „quo tenentur 1 cuncta peccata", et ita videtur hoc peccatimi non esse gravissimum, sed magis peccatum infidelitatis. RESPONDEO dicenidum quod, sicut in seounda Parte dictum est, dupliciter aliquod peccatum potest dici gravius alio: uno modo per se, alio modo per accidens. Per se quidem secundum rationem suae speciei, quae attenditur ex parte objecti. Et secundum hoc, quanto id contra quod peccatur est majus, tanto peccatum est gravius. Et quia divinitas Christi est major humanitate ipsius, et ipsa humanitas est potior quam sacramenta humanitatis, inde est quod gravissima peccata sunt quae committuntur in ipsam divinitatem, sicut est peccatum infidelitatis et blasphemiae. Secundario autem sunt gravia peccata quae committuntur in humanitatem Christi: unde Matth. 12 dicitur: „Qui dixerit verbum contra Filium hominis, remittetur ei; qui autem dixerit verbum contra Spiritum sanctum, non remittetur ei neque in hoc saeculo, neque in futuro." Tertio autem loco sunt peccata quae committuntur contra sacramenta, quae pertinent ad humanitatem Christi; et post haec sunt alia peccata contra puras creaturas. 1
L: retinentur.
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Beiläufig aber ist eine Sünde schwerer als eine andere mit Rücksicht auf den Sünder; z. B. eine Sünde, die aus Unkenntnis oder Schwäche begangen wird, ist leichter als die Sünde, die aus Verachtung und sicherer Kenntnis begangen wird; und derselbe Gesichtspunkt gilt von den übrigen Umständen [einer Sünde]. Demgemäß kann diese Sünde in einigen schwerer sein, wie in denen, die aus gegenwärtiger Verachtung mit dem Bewußtsein der Sünde zu diesem Sakramente hinzutreten; in einigen aber weniger schwer, wie in denen, die aus einer gewissen Furcht, als Sünder entdeckt zu werden, mit dem Bewußtsein der Sünde zu diesem Sakramente hinzutreten. So ist also klar, daß diese Sünde ihrer Art nach schwerer ist als viele andere, aber doch nicht die schwerste von allen. Z u 1. Die Sünde derer, die unwürdig dieses Sakrament empfangen, wird mit der Sünde der Mörder Christi verglichen auf die Ähnlichkeit hin, sofern jede gegen den Leib Christi sich richtet, nicht aber nach der Größe des Verbrechens. Die Sünde der Mörder Christi war nämlich viel schwerer. Erstens, weil jene Sünde gegen den Leib Christi in Seiner eigenen Gestalt begangen wurde; diese aber gegen den Leib Christi in der Gestalt des Sakramentes begangen wird. Zweitens, weil jene Sünde hervorging aus der Absicht, Christus zu schaden, nicht aber diese Sünde. QUAESTIO
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Per accidens autem unum peccatum est gravius alio ex parte peccantis; puta peccatum quod est ex ignorantia vel infirmitate, est levius peccato quod est ex contemptu, vel ex certa scientia; et eadem ratio est de aliis circumstantiis. Et secundum hoc istud peccatum in quibusdam potest esse gravius, sicut in his qui ex actuali contemptu, cum conscientia peccati ad hoc sacramentum accedunt: in quibusdam vero minus grave; puta in his qui ex quodam timore, ne deprehendantur in peccato, cum conscientia peccati ad hoc sacramentum accedunt. Sic ergo patet quod hoc peccatum est multis aliis gravius secundum suam speciem, non tarnen omnium gravissimum. AD PRIMUM ergo dicendum quod peccatum indigne sumentium hoc sacramentum comparatur peccato occidentium Christum, secundum similitudinem, quia utrumque committitur contra corpus Christi; non tarnen secundum criminis quantitatem. Peccatum enim occidentium Christum fuit multo gravius, primo quidem quia illud peccatum fuit contra corpus Christi in specie propria; hoc autem peccatum est contra corpus Christi in specie sacramenti; secundo quia illud peccatum processit ex intentione nocendi Christo, non autem hoc peccatum.
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Z u 2. Der Unzüchtige, der den Leib Christi empfängt, 80,5 wird mit Judas verglichen, der Christus küßte, bezüglich der Ähnlichkeit des Verbrechens, weil jeder mit dem Zeichen der Liebe Christus beleidigt, nicht aber bezüglich der Größe des Verbrechens (Zu 1). Diese Ähnlichkeit trifft aber bei anderen Sündern nicht weniger als bei Unzüchtigen zu, denn auch durch andere Todsünden handelt man gegen die Christusliebe, deren Zeichen dieses Sakrament ist, und um so mehr, je schwerer die Sünden sind. In etwa macht gleichwohl die Sünde der Unzucht den Menschen in höherem Grade untauglich für den Empfang dieses Sakramentes, sofern nämlich durch diese Sünde der Geist am meisten dem Fleische unterworfen und so die Liebesglut gehemmt wird, die in diesem Sakramente verlangt wird. Schwerer aber wiegt das, wodurch die Liebe selbst, als das, wodurch ihre Glut gehindert wird. Darum macht auch die Sünde des Unglaubens, die den Menschen ganz und gar von der Einheit mit der Kirche trennt, diesen, schlechthin gesprochen, am meisten untauglich für den Empfang dieses Sakramentes, welches das Sakrament der kirchlichen Einheit ist (73, 2 Anderseits und Art. 4 ; 67, 2 : Bd. 29). Daher sündigt auch der Ungläubige, welcher dieses Sakrament empfängt, schwerer als der sündenbeladene Gläubige, und mehr verachtet er Christus in Seiner sakramentalen Gegenwart, zumal wenn er nicht glaubt, Q U A E S T I O
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AD SECUNDUM dicendum quod fornicator accipiens corpus Christi comparatur Judae Christum osculanti, quantum ad similitudinem criminis, quia uterque ex signo charitatis Christum ofiendit; non tarnen quantum ad criminis quantitatem, sicut etiam prius dictum est. Haec tarnen criminis similitudo non minus competit aliis peccatoribus quam fornicatoribus. Nam et per alia peccata mortalia agitur contra charitatem Christi, cujus Signum est hoc sacramentum; et tanto magis, quanto peccata sunt graviora. Secundum quid tarnen peccatum fornicationis magis reddit hominem ineptum ad perceptionem hujus sacramenti, inquantum scilicet per hoc peccatum spiritus maxime carni subjicitur, et ita imjpeditur fervor dilectionis, qui requiritur in hoc sacramento. Plus tarnen ponderat impedimentum ipsius charitatis quam fervoris ejus. Unde et peccatum infidelitatis, quod funditus separat hominem ab Ecclesiae unitate, simpliciter loquendo, maxime hominem ineptum reddit ad susceptionem hujus sacramenti; quod est sacramentum ecclesiasticae unitatis, ut supra dictum est. Unde et gravius peccat infldelis accipiens hoc sacramentum, quam fidelis peccator; et magis contemnit Christum, secundum quod est sub hoc sacramento, praesertim si non
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80,5 Christus sei wirklich unter diesem Sakrament, weil er, soviel an ihm liegt, die Heiligkeit dieses Sakramentes und die darin wirkende Kraft Christi herabsetzt, das heißt, er verachtet das Sakrament in ihm selbst. Der Gläubige aber, der mit dem Bewußtsein einer Sünde kommuniziert, verachtet dieses Sakrament nicht in seinem Selbst, sondern in seinem Gebrauche durch den unwürdigen Empfang. Als Grund dieser Sünde gibt darum der Apostel 1 Kor 11, 29 an, „daß er den Leib des Herrn nicht unterscheidet", d. h. „ihn nicht von anderer Speise unterscheidet" (Glosse). Das tut am meisten der, welcher nicht glaubt, daß Christus in diesem Sakramente sei. Z u 3. Wer dieses Sakrament in den Schmutz würfe, sündigt schwerer als wer mit dem Bewußtsein einer Todsünde zu diesem Sakramente hinzutritt. Erstens, weil jener das täte aus der Absicht, diesem Sakramente Unrecht zuzufügen, was der Sünder durch den unwürdigen Empfang des Leibes Christi nicht beabsichtigt. Zweitens, weil der Sünder Gnade empfangen kann; darum ist er auch tauglicher für den Empfang dieses Sakramentes als jedes andere unvernünftige Geschöpf. Somit würde in höchst ordnungswidriger Weise dieses Sakrament gebrauchen, wer es den Hunden zum Fräße vorwürfe oder wer es in den Schmutz würfe, um es zertreten zu lassen. QUAESTIO
80, 5
credat Christum vere sub hoc sacramento esse; quia quantum est in se, diminuit sanctitatem hujus sacramenti, et virtutem Christi operantis in hoc sacramento, quod est contemnere ipsum sacramentum in seipso. Fidelis autem qui cum conscientia peccati sumit, contemnit hoc sacramentum non in seipso, sed quantum ad usum, indigne accipiens. Unde et Apostolus 1 Cor. 11, assignans rationem hujus peccati, dicit: „Non dijudic Giossa a n s c o r P u s Domini", id est, „non discernens ipsum ab aliis Lomb. cibis"; quod maxime facit ille qui non credit Christum esse mpl S ub hoc sacramento.
91/1647
AD TERTIUM dicendum quod ille qui projiceret hoc sacramentum in lutum, multo gravius peccaret quam ille qui cum conscientia peccati mortalis ad hoc sacramentum accedit, primo quidem quia ille hoc faceret ex intentione injuriam faciendi huic sacramento, quod non intendit peccator indigne corpus Christi accipiens. Secundo quia peccator est capax gratiae; unde etiam magis est aptus ad suscipiendum hoc sacramentum quam quaecumque alia irrationalis creatura. Unde maxime inordinate uteretur hoc sacramento qui projiceret ipsum canibus ad manducandum, vel qui projiceret in lutum ad conculcandum.
240
6. A R T I K E L 80,6 Muß der Priester den Leib Christi einem Sünder verweigern, der darum bittet? 1. Man darf nicht gegen das Verbot Christi handeln, weder um ein Ärgernis, noch um jemandes Entehrung zu vermeiden. Der Herr aber gebot Mt 7, 6: „Gebet das Heilige nicht den Hunden!" Am ehesten aber wird das Heilige den Hunden gegeben, wenn dieses Sakrament den Sündern dargeboten wird. Also darf weder, um ein Ärgernis, noch um jemandes Entehrung zu vermeiden, dieses Sakrament einem Sünder auf sein Verlangen gegeben werden. 2. Von zwei Übeln ist das geringere zu wählen. Das geringere Übel aber scheint zu sein, wenn der Sünder in üblen Ruf kommt, oder auch, wenn ihm eine nicht geweihte Hostie gegeben wird, als wenn er durch den Empfang des Leibes Christi eine Todsünde beginge. Also . scheint eher das gewählt werden zu müssen, daß entweder der Sünder, der den Leib Christi verlangt, in üblen Ruf kommt, oder auch, daß ihm eine nicht geweihte Hostie gegeben werde. 3. Der Leib Christi wird bisweilen denen gegeben, die einer Schuld verdächtig sind, damit sie überführt werden. In den Dekretalen heißt es nämlich: „Oft kommt es vor, QUAESTIO
Utrum
80, 6
A R T I C U L U S VI sacerdos debeat denegare Christi peccatori petenti
corpus
[Infra, q. 81, art. 2; 4 Sent., dist. 9, art. 5, qa 1; dist. 11, q. S, art. 2, qa 1; Quodl. 5, q. 6, art. 12]
AD SEXTUM sie proceditur. Videtur quod sacerdos debeat denegare corpus Christi peccatori petenti. Non enim est faciendum contra Christi praeeeptum propter vitandum scandalum, vel infamiam alicujus. Sed Dominus praeeepit Matth. 7: „Nolite sanetum dare cambus"; maxime autem datur sanetum canibus, cum hoc sacramentum peccatoribus exhibetur. Ergo neque propter vitandum scandalum, neque propter vitandam infamiam alicujus, debet hoc sacramentum peccatori petenti dari. 2. PRAETEREA, de duobus malis minus malum est eligendum. Sed minus malum esse videtur si peccator infametur, vel etiam si ei hostia non consecrata detur, quam si sumens corpus Christi mortaliter peccet. Videtur ergo hoc potius esse eligendum quod vel infametur peccator petens corpus Christi, vel etiam quod detur ei hostia non consecrata. 3. PRAETEREA, corpus Christi interdum datur suspectis de crimine ad criminis manifestationem. Legitur enim in Decretis 1/464 Frdb. [2, quaest. 5, can. Saepe contingit]: „Saepe contingit ut in
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80, 6 daß in den Klöstern der Mönche Diebstähle begangen werden. Deshalb bestimmen wir, daß, wenn sich die Brüder selber davon zu rechtfertigen haben, die Messe vom Abte oder von einem aus den anwesenden Brüdern gefeiert werde und daß so, wenn die Messe zu Ende ist, alle kommunizieren unter diesen Worten: ,Der Leib Christi sei mir heute zur Prüfung.'" Und später: „Wenn einem Bischof oder Priester eine Übeltat zur Last gelegt wird, so muß er von Fall zu Fall die Messe lesen, die Kommunion empfangen und sich bezüglich des Einzelnen, was ihm zur Last gelegt wird, als unschuldig erweisen." Aber die geheimen Sünder dürfen nicht bekannt gemacht werden, weil sie nach Augustinus, wenn sie die äußere Scheu abgeworfen haben, freier sündigen. Also darf den geheimen Sündern der Leib Christi nicht gereicht werden, auch wenn sie ihn verlangen. ANDERSEITS sagt Augustinus zu Ps 22 (21), 30, g e gessen und angebetet haben alle Fetten der Erde': „Der Verwalter möge die Fetten der Erde", das ist die Sünder, „nicht hindern, vom Tische des Herrn zu essen." ANTWORT: Bezüglich der Sünder muß man unterscheiden: die einen sind geheime, die anderen offenkundige, und zwar entweder durch die Offenkundigkeit ihrer Tat, wie öffentliche Wucherer oder öffentliche Entführer. QUAESTIO
¡bid. 465
MPL 38/509
MPL 36/545
80, 6
monasteriis monachorum furta perpetrentur; idcirco statuimus ut quando ipsi fratres de talibus expurgare se debent, missa ab abbate celebretur, vel ab aliquo cui abbas praeceperit, praesentibus fratribus; et sie, expleta missa, omnes communicent in haec verba: ,Corpus Christi sit mihi 1 hodie ad probationem.'" Et infra: „Si episcopo aut presbytero aliquod maleficium fuerit imputatum, pro singulis missam celebrare debet et communicare, et de singulis sibi imputatis innocentem se ostendere." Sed peccatores occultos non oportet manifestari, quia si frontem verecundiae abjecerint, liberius peccabunt, ut Augustinus dicit in libro de Verbis Domini [serm. 16]. Ergo peccatoribus occultis non est corpus Christi dandum, etiamsi petant. SED CONTRA est quod, super illud Psalmi, ,Manducaverunt, et adoraverunt omnes pingues terrae', dicit Augustinus [Enarr. in Ps. 48] 2 : „Non prohibeat dispensator pingues terrae", id est pacoatores, „in mensa Domini manducare." RESPONDEO dicendum quod circa peccatores distinguendum est: quidam enim sunt occulti, quidam vero manifesti, scilicet per evidentiam facti, sicut publici usurarii, aut publici raptores, 1 P et L: tibi. 2 Cf. Lomb. et Ord. in Ps 21: MPL 191/238 et 113/875. Consecr., dist. 2, can. Non prohibeat; Frdb. 1/1338.
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Gratian., De
oder auf Grund kirchlichen oder weltlichen Urteils. Den 80,6 offenkundigen Sündern darf die heilige Kommunion auch auf ihr Verlangen hin nicht gegeben werden. So schreibt Cyprian an jemanden: „In deiner Verehrung glaubtest du, mich um Rat fragen zu sollen, was mir [richtig] scheine bezüglich der Schauspieler und jenes Zauberers, der sich bei euch aufhält und noch in der Ehrlosigkeit seines Gewerbes verharrt, ob solchen die heilige Kommunion mit den übrigen Christen gegeben werden soll. Ich glaube, daß es weder zur göttlichen Majestät noch zur evangelischen Zucht passe, daß Ehre und Würde der Kirche mit einer so schändlichen und ehrlosen Befleckung entstellt werde." Wenn aber die Sünder nicht offenkundige, sondern geheime sind, kann ihnen die heilig© Kommunion auf ihr Verlangen hin nicht verweigert werden. Da nämlich jeder Christ ebendadurch, daß er getauft ist, zum Tisch des Herrn zugelassen ist, kann ihnen ihr Recht nicht genommen werden, außer wegen einer offenkundigen Ursache. Darum sagt zu 1 Kor 5, 11, ,Wenn der, der sich euer Bruder nennen läßt [ein Hurer u n d . . . ist: mit dem sollt ihr auch nicht essen]', die Glosse Augustins: „Wir können niemanden von der Kommunion fernhalten außer wer entweder freiwillig eingestanden hat oder durch kirchliches bzw. weltliches Urteil benannt und auch überführt wird." Doch kann der Priester, der Zeuge eines Vergehens ist, im geheimen einen geheimen Sünder oder auch öffentQUAESTIO
80, 6
v e l etiam p e r a l i q u o d j u d i c i u m ecclesiasticum v e l s a e c u l a r e . M a n i f e s t i s e r g o peccatoribus n o n debet etiam petentibus sacra c o m m u n i o d a r i . U n d e C y p r i a n u s scribit ad q u e m d a m : „ P r o MPL dilectione tua c o n s u l e n d u m m e existimasti q u i d m i h i v i d e a t u r 4/362 d e histrionibus et m a g o illo, q u i a p u d vos constitutus, a d h u c in artis s u a e d e d e c o r e p e r s e v e r a t , an talibus sacra c o m m u n i o cum ceteris Christianis d e b e a t dari. P u t o nec majestati d i v i n a e , nec e v a n g e l i c a e disciplinae c o n g r u e r e , ut p u d o r et honor Ecclesiae tarn turpi et i n f a m i contagione f o e d e t u r . " S i v e r o non sunt manifesti peccatores, sed occulti, non potest eis petentibus sacra c o m m u n i o d e n e g a r i . C u m e n i m q u i l i b e t Christianus, e x hoc ipso q u o d est baptizatus, sit admissus ad d o m i n i c a m m e n s a m , non potest eis jus s u u m tolli, nisi p r o a l i q u a causa m a n i f e s t a . U n d e s u p e r i l l u d 1 Cor. 5, ,Si is q u i f r a t e r n o m i n a t u r inter vos' etc., dicit Glossa A u g u s t i n i : „ N o s Lomb. a c o m m u n i o n e q u e m q u a m p r o h i b e r e non possumus, nisi aut . sponte confessum, aut i n a l i q u o judicio ecclesiastico v e l s a e c u l a r i n o m i n a t u m atque convictum." Potest tarnen sacerdos, q u i est conscius criminis, occulte m o n e r e peccatorem occultum, vel etiam in p u b l i c o g e n e r a l i t e r
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8 0 , 6 lieh ganz allgemein alle e r m a h n e n , nicht zum Tische d e s H e r r e n zu k o m m e n , bevor sie für ihre Sünden B u ß e getan und sich mit d e r K i r c h e ausgesöhnt h a b e n . Nach d e r B u ß e und A u s s ö h n u n g a b e r ist sogar den öffentlichen Sündern die heilige K o m m u n i o n nicht zu verweigern, insbesondere nicht in Todesgefahr. D a h e r liest m a n im Konzil von K a r t h a g o : „Schauspielern, T ä n z e r n und ähnlichen P e r s o n e n , f e r n e r Abtrünnigen w e r d e nach ihrer B e k e h r u n g zu Gott d i e V e r s ö h n u n g nicht v e r w e i g e r t . " Z u 1. Das Heilige darf nicht den ,Hunden', das ist den offenkundigen Sündern, gegeben w e r d e n ; d i e g e h e i m e n V e r g e h e n können a b e r nicht öffentlich bestraft werden, sondern sind d e m göttlichen Richterspruch vorzubehalten. Zu 2. Wenngleich es für den g e h e i m e n Sünder schlimm e r ist, eine Todsünde zu b e g e h e n durch d e n E m p f a n g des Leibes Christi, als in üblen Ruf zu k o m m e n , so ist e s doch für den P r i e s t e r , der den L e i b Christi reicht, s c h l i m m e r , eine Todsünde zu begehen dadurch, daß er einen g e h e i m e n Sünder ungerecht in üblen Ruf bringt, als d a ß j e n e r eine Todsünde begeht, weil n i e m a n d eine Todsünde begehen darf, u m einen a n d e r e n vor einer S ü n d e zu b e w a h r e n . Augustinus sagt d a r u m : „Ganz verw e g e n ist es, diesen Ausgleich zuzulassen, daß wir Schlechtes tun, damit nicht e i n a n d e r e r noch Schlechteres t u e . " Doch m ü ß t e d e r g e h e i m e Sünder eher d e n üblen QUAESTIO
80, 6
omnes, ne ad mensam Domini accedant, antequam de peccatis poeniteant et Ecclesiae reconcilientur; nam post poenitentiam et reconciliationem, etiam publicis peccatoribus non est communio deneganda, praeeipue in articulo mortis. Unde in concilio Carthaginensi [III, can. 35] legitur: „Scenicis atque histrionibus ceterisque hujusmodi personis, vel apostatis, conversis ad Deum reconciliatio non negetur." 1 AD PRIMUM ergo dicendum quod saneta prohibentur dari ,canibus', id est, peccatoribus manifestis; sed occulta non possunt publice puniri, sed sunt divino judicio reservanda. AD SECUNDUM dicendum quod, licet pejus sit peccatori occulto peccare mortaliter, sumendo corpus Christi, quam infamari, tarnen sacerdoti ministranti corpus Christi pejus est peccare mortaliter infainando injuste peccatorem occultum, quam quod ille mortaliter peccet, quia nullus debet peccatum mortale committere, ut alium liberet a peccato. Unde AuguMPL stinus dicit in libro Quaestionum super Genesim [q. 4 2 ] : 34/559 „Periculosissime admittitur haec compensatio, ut nos faciamus aliquid mali, ne alius gravius malum faciat." Peccator tarnen 1
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Cf. Gratian., De Consecr., dist. 2, can. Scenicis; Frdb. 1/1352.
Ruf wählen, als unwürdig zum Tisch des Herrn hinzu- 80,6 treten. Eine nicht geweihte Hostie darf aber auf keine Weise an Stelle der geweihten gegeben werden, weil der Priester damit, soweit es auf ihn ankommt, jene, welche die nicht geweihte Hostie für geweiht halten, oder andere Anwesende oder auch den Empfänger selbst Götzendienst treiben läßt, weil nach Augustinus [zu Ps 99 (98), 5 ] „niemand das Fleisch Christi essen soll, ohne es vorher anzubeten". Darum sagt eine E x t r a : „Obgleich der, welcher im Bewußtsein seiner Schuld sich für unwürdig hält, schwer sündigt, wenn er sich ungebührlich zu jenem hinzudrängt, so scheint doch der noch schwerer zu fehlen, der betrügerisch es zu heucheln sich herausnimmt." Z u 3. J e n e Entscheidungen sind abgeschafft durch gegenteilige Bestimmungen der römischen Päpste. Papst Stephan [V.] sagt nämlich: „Mit der Probe auf glühendes Eisen oder siedendes Wasser von irgend jemand ein Geständnis zu erpressen, gestatten die heiligen Satzungen nicht. Durch freiwilliges Geständnis oder durch Bestätigung der Zeugen sind die öffentlichen Vergehen unserer Herrschaft zum Gericht überantwortet; die geheimen und unbekannten aber sind dem anheimzustellen, der allein die Herzen der Menschenkinder kennt." Und das gleiche hat eine E x t r a : In allen diesen Dingen scheint nämlich QUAESTIO
80, 6
occultus potius deberet eligere infamari, quam indigne ad mensam Domini accedere. Hostia tarnen non consecrata nullo modo debet dari loco consecratae; quia sacerdos hoc faciens, quantum in se est, facit idololatrare illos qui credunt esse hostiam consecratam, sive alios praesentes, sive etiam ipsum sumentem, quia, ut Augu- MPL stinus dicit [Enarr. in Ps. 98], „nemo carnem Christi manducet, ¡ ^ j 4 nisi prius adoret". Unde Extra, de Celebratione Missarum, ijy64o cap. De homine, dicitur: „Licet is qui pro sui criminis conscientia reputat se indignum, peccet graviter, si se ingerat irreverenter ad illud; gravius tarnen videtur offendere qui fraudulenter illud praesumpserit simulare." AD TERTIUM dicendum, quod decreta illa sunt abrogata per contraria documenta Romanorum pontificum. Dicit enim Stephanus papa: „Ferri candentis vel aquae ferventis examinatione confessionem extorqueri a quolibet, sacri canones non concedunt; spontanea enim confessione, vel testium approbatione publica 1 delicta commissa sunt regimini nostro judicari; occulta vero et incognita illi sunt relinquenda qui solus novit corda filiorum hominum." 2 Et idem habetur Extra, de Purgatio1 L: publicata. 2 Cf. Gratlan.. Causa 2, q. 9, can. Conaululati: Frdb. 1/463.
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80,7 ein Gottversuchen zu liegen; darum können sie ohne Sünde nicht geschehen. Und unheilvoller schiene es zu sein, wenn in diesem Sakramente, das eingesetzt ist als Mittel zum Heile, jemand sich das Todesurteil zuzöge. Darum darf auf keinen Fall der Leib Christi einem eines Vergehens Verdächtigen gleichsam zur Probe gegeben werden [103]. 7. A R T I K E L Hindert die nächtliche Befleckung jemanden am Empfang des Leibes Christi? 1. Niemand ist am Empfang des Leibes Christi gehindert außer infolge der Sünde. Die nächtliche Befleckung tritt aber ohne eine Sünde ein. Augustinus sagt nämlich: „Wenn die Vorstellung, die im Denken eines Redenden entsteht, in einem Traumbild so lebendig wird, daß zwischen jenem und der wirklichen Verbindung der Körper nicht unterschieden wird, dann wird sofort das Fleisch erregt und es folgt, was dieser Erregung zu folgen pflegt, obwohl dies ohne Sünde geschieht, ebensosehr als ohne Sünde von den Wachen gesagt wird, was, um gesagt zu werden, zweifellos gedacht wurde." Also hindert die nächtliche Befleckung den Menschen nicht am Empfang dieses Sakramentes. QUAESTIO
80, 7
nibus, cap. E x tuarum. In Omnibus enim talibus esse videtur Dei tentatio; unde sine peccato fieri non possunt. Et gravius videretur, si in hoc sacramento, quod est institutum ad remedium salutis, aliquis incurreret Judicium mortis. Unde nullo modo corpus Christi debet dari alicui suspecto de crimine, quasi ad examinationem. Utrum
ARTICULUS VII nocturna pollutio impediat aliquem sumptione corporis Christi
[II—II, q. 154, art. 5; 4 Seilt., dist. 9, art. 4, qa 2. 3; art. 3 ad 6]
a
de Ver., q. 28,
AD S E P T I M U M sie proceditur. Videtur quod nocturna pollutio non impediat aliquem a sumptione corporis Christi. Nullus enim impeditur a sumptione corporis Christi nisi propter peccatum. S e d nocturna pollutio accidit sine peccato; dicit m p l enim Augustinus 12 super Gen. ad litt. [cap. 1 5 ] : „Ipsa phan34/466 tasia, quae fit in cogitatione sermocinantis, cum sie expressa 1/400 f u e r i t in visione somniantis, ut inter illam et veram conjunctionem corporum non discernatur, continue movetur caro, et sequitur quod eum motum sequi solet; cum hoc tarn sine peccato fiat quam sine peccato a vigilantibus dicitur; quod ut diceretur, procul dubio cogitatum est." Ergo nocturna pollutio non impedit hotninem ab hujus sacramenti sumptione.
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2. Gregorius sagt in einem Brief an Augustinus, den 80,7 Bischof der Angelsachsen: „Wenn jemand mit seiner Gattin, nicht von der Begierde nach Genuß hingerissen, sondern nur um Kinder zu erzeugen, Umgang hat, der ist in der Tat bezüglich des Eintrittes in die Kirche oder des Empfangs des Herrnleibes bei seinem Urteil zu belassen, weil, wer ins Feuer gestellt, nicht brennt, sich durch uns vom Empfangen nicht abhalten zu lassen braucht." Daraus ist klar, daß die fleischliche Befleckung selbst eines Wachen, wenn sie ohne Sünde ist, den Menschen nicht am Empfang des Leibes Christi hindert. Viel weniger hindert also die nächtliche Befleckung eines Schlafenden. 3. Die nächtliche Befleckung scheint nur körperliche Unreinigkeit mit sich zu bringen. Die anderen körperlichen Unreinigkeiten, die nach dem Gesetz vom Eintritt ins Heiligtum abhielten [Lv 12 u. 15], halten aber im Neuen Gesetz nicht vom Empfang des Leibes Christi ab, wie Gregorius an Augustinus, den Bischof der Angelsachsen, a. a. 0 . schreibt bezüglich einer Frau, die geboren hat oder Monatsblutung hat oder am Blutfluß leidet. Also scheint, daß auch die nächtliche Befleckung den Menschen nicht vom Empfang dieses Sakramentes abhält. 4. Eine läßliche Sünde hindert den Menschen nicht am Empfang dieses Sakramentes; aber auch keine Todsünde nach deren Beichte. Angenommen nun, die nächtliche BeQUAESTIO
80,
7
2. PRAETEREA, Gregorius dicit in epistola ad Augustinum episcopum Anglorum [Epistolar.um lib. 11, ep. 6 4 ] 1 : „Si quis sua conjuge non cupidine voluptatis captus, sed tantum procreandorum liberoriim gratia utitur, ille profecto, sive de ingressu Ecclesiae, sive de sumendo corporis dominici mysterio, suo est judieio relinquemdus: quia prohiberi a nobis non debet accipere qui in igne positus nescit ardere." E x quo patet quod carnalis pollutio etiam vigilantis, si sit sine peccato, non prohibet hominem a sumptione corporis Christi. Multo igitur minus prohibet nocturna pollutio dormientis. 3. PRAETEREA, nocturna pollutio videtur solam immunditiam corporalem habere. Sed aliae immunditiae corporales, quae secundum legem impediebant ab ingressu sanctorum, in nova lege non impediunt a sumptione hujus sacramenti: sicut de muliere pariente vel menstruata, vel fluxum sanguinis patiente scribit B. Gregorius Augustino Anglorum episcopo [loc. cit.]. Ergo videtur quod neque etiam nocturna pollutio impediat hominem a sumptione hujus sacramenti. 4. PRAETEREA, peccatum veniale non impedit hominem a sumptione hujus sacramenti, nec etiam peccatum mortale post poenitentiam. Sed dato quod nocturna pollutio provenerit ex 1
Cf. Gratian., Causa 38, q. 4, can. Vir c u m propria; F r d b . 1/1249.
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7 fleckung käme von einer früheren Sünde, sei es der Unmäßigkeit, sei es der unreinen Gedanken, dann ist meistens eine solche Sünde eine läßliche; und wenn sie je eine Todsünde ist, kann es geschehen, daß der Betreffende am Morgen bereut und seine Sünde beichtet. Also scheint er nicht vom Empfang dieses Sakramentes abgehalten werden zu dürfen. 5. Schwerer ist die Sünde des Totschlages als die der Unzucht. Wenn aber jemand nachts träumt, er begehe einen Totschlag oder einen Diebstahl oder irgendeine andere Sünde, ist er deshalb nicht am Empfang des Leibes Christi gehindert. Also scheint, daß viel weniger eine geträumte Unzuchtsünde mit darauffolgender Befleckung am Empfang dieses Sakramentes hindere. ANDERSEITS heißt es Lv 15, 16: „Der Mann, dem der Same abgeht, soll unrein sein bis zum Abend." Den Unreinen aber steht der Zutritt zu den Sakramenten nicht frei. Also scheint es, daß jemand wegen der nächtlichen Befleckung gehindert ist am Empfang dieses Sakramentes, welches das größte Sakrament ist. ANTWORT: Bezüglich der nächtlichen Befleckung ist zweierlei zu beachten: Das eine, inwiefern sie den Menschen notwendig am Empfang dieses Sakramentes hindert, das andere, inwiefern sie den Menschen nicht notwendig, sondern aus einer gewissen Angemessenheit hindert. QTJAESTIO
80, 7
aliquo peccato praecedenti, sive crapulae, sive turpium cogitationum, plerumque tale peccatum est veníale; et si aliquando sit mortale, potest contingere quod de mane poeniteat, et peccatum suum confiteatur. Ergo videtur quod non debeat impediri a sumptione hujus sacramenti. 5. PRAETEREA, gravius peccatum est homicidii quam fornicationis. Sed si aliquis de nocte somniet se homicidium perpetrare, aut furtum, aut quodcumque aliud peccatum, non propter hoc impeditur a sumptione corporis Christi. Ergo videtur quod multo minus fornicatio somniata cum pollutione subsequente impediat a sumptione hujus sacramenti. SED CONTRA est quod Levit. 15 dicitur: „Vir de quo egredietur semen coitus, immundus erit usque ad vesperum." Sed immundis non patet aditus ad sacramenta. Ergo videtur quod propter pollutionem nocturnam aliquis impediatur a sumptione hujus sacramenti, quod est máximum sacramentum. RESPONDEO dicendum quod circa pollutionem nocturnam dúo possunt considerará: unum quidem, ratione cujus ex necessitate impedit hominem a sumptione hujus sacramenti; aliud autem ratione cujus non ex necessitate impedit hominem, sed ex quadam congruentia.
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Notwendig hindert den Menschen am Empfang dieses 80,7 Sakramentes nur die Todsünde. Und obwohl die nächtliche Befleckung für sich betrachtet keine Todsünde zu sein braucht, ist sie nichtsdestoweniger wegen ihrer Ursache bisweilen mit einer Todsünde verbunden. Deshalb ist die Ursache der nächtlichen Befleckung in Betracht zu ziehen. Manchmal kommt sie nämlich aus einer äußeren geistigen Ursache, das ist aus der Vorspiegelung der bösen Geister, die, wie im ersten Buche (I 111, 3: Bd. 8) gesagt worden ist, Vorstellungen erregen können, aus deren Aufsteigen bisweilen eine Befleckung erfolgt. Manchmal aber kommt die Befleckung aus einer inneren geistigen Ursache, nämlich aus früheren Vorstellungen. Zuweilen aber aus einer inneren körperlichen Ursache: entweder aus der überschüssigen Kraft oder der Schwäche der Natur oder auch aus dem Überfluß von Speise und Trank. Jede dieser drei Ursachen kann sowohl ohne Sünde als auch mit läßlicher Sünde oder Todsünde vorhanden sein. Wenn sie nun ohne Sünde oder mit einer läßlichen Sünde ist, hindert sie nicht notwendig den Empfang dieses Sakramentes, so daß der Mensch durch den Empfang „des Leibes und Blutes des Herrn schuldig" (1 Kor 11, 12) wäre. Wenn sie aber mit Todsünde ist, hindert sie notwendig. Die Vorspiegelung der bösen Geister kommt nämlich manchmal aus vorausgehender Vernachlässigung des sich Bereitens zur Hingebung, was entweder Todsünde oder QUAESTIO
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E x necessitate quidem impedit hominem ab hujus sacramenti perceptione solum peccatum mortale. Et quamvis nocturna ipsa pollutio secundum se considerata peccatum mortale esse non possit, nihilominus tarnen ratione suae causae, quandoque habet peccatum mortale annexum. Et ideo consideranda est causa pollutionis nocturnae. Quandoque enim provenit a causa extrínseca spirituali, scilicet e x daemonum illusione, qui, sicut in prima Parte habitum est, phantasmata commovere possunt, ex quorum apparitione pollutio interdum subsequitur. Quandoque vero provenit pollutio ex causa intrínseca spirituali, scilicet e x praecedentibus cogitationibus. Aliquando autem ex causa intrínseca corporali, vel ex superfluitate, sive debilítate naturae, sive etiam ex superfluitate cibi vel potus. Quaelibet autem harum trium causarum potest et sine peccato, et cum peccato veniali vel mortali existere. Et si quidem sit sine peccato, vel cum peccato veniali, non ex necessitate impedit sumptionem hujus sacramenti, ita scilicet quod homo sumendo sit „reus corporis et sanguinis Domini". Si vero sit cum peccato mortali, impedit e x necessitate. Illusio enim daemonum quandoque provenit e x praecedenti negligentia praeparationis ad devotionem; quae potest esse et
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80,7 läßliche Sünde sein kann. — Manchmal aber kommt sie bloß aus der Bosheit böser Geister, die den Menschen am Empfang dieses Sakramentes hindern wollen. Darum heißt es in Cassians Sammlung von Väterstellen, als einer immer an Befleckung litt an den Festen, an welchen man kommunizieren sollte, hätten die Älteren, nachdem sie erfahren hatten, daß keine bei ihm liegende Ursache vorausgegangen sei, beschlossen, er solle deshalb die Kommunion nicht unterlassen. Und so habe die Vorspiegelung der bösen Geister aufgehört. Ebenso können auch die vorausgehenden unreinen Gedanken manchmal ganz ohne Sünde sein, wenn man z. B. für eine Vorlesung oder eine Auseinandersetzung genötigt ist, über solche Dinge nachzudenken. Wenn dies ohne Begierde und Ergötzen geschieht, sind die Gedanken nicht unrein, sondern ehrbar. Doch kann aus ihnen eine Befleckung erfolgen, wie aus der [E. 1] angeführten Augustinusstelle klar ist. — Manchmal aber sind die vorausgehenden Gedanken mit Begierde und Ergötzen verbunden und, wenn die Einwilligung dabei ist, ist es eine Todsünde, andernfalls eine läßliche Sünde. Ebenso ist auch die körperliche Ursache manchmal ohne Sünde, z. B. wenn sie aus natürlicher Schwäche hervorgeht — so erfahren manche auch im wachen Zustande einen Samenerguß, ohne Sünde — oder auch wenn sie aus QUAESTIO
80, 7
m o r t a l e et v e n i a l e p e c c a t u m . — Q u a n d o q u e v e r o p r o v e n i t e x sola nequitia daemonum volentium impedire hominem a s u m p t i o n e h u j u s s a c r a m e n t i . U n d e l e g i t u r i n Collationibus m p l P a t r u m [Cassian., collat. 22, cap. 6 ] , q u o d c u m q u i d a m f r a t e r 1 49/1227 p a t e r e t u r p o l l u t i o n e m S e m p e r i n f e s t i s i n q u i b u s erat comm u n i c a n d u m , s e n i o r e s c o m p e r t o q u o d n u l l a c a u s a a b i p s o praecesserat, d e c r e v e r u n t q u o d p r o p t e r hoc a c o m m u n i o n e n o n cessaret, et ita c e s s a v i t i l l u s i o d a e m o n u m . Similiter etiam praecedentes cogitationes lascivae quandoque p o s s u n t e s s e o m n i n o s i n e peccato, p u t a c u m a l i q u i s causa l e c t i o n i s v e l d i s p u t a t i o n i s cogitur d e t a l i b u s c o g i t a r e ; et si hoc fit s i n e c o n c u p i s c e n t i a et d e l e c t a t i o n e , n o n e r u n t c o g i t a t i o n e s i m m u n d a e , s e d h o n e s t a e ; e x q u i b u s tarnen p o l l u t i o s e q u i potest, sicut p a t e t e x auctoritate A u g u s t i n i s u p r a inducta. — Q u a n d o q u e v e r o p r a e c e d e n t e s c o g i t a t i o n e s s u n t e x c o n c u p i s c e n t i a et d e l e c t a t i o n e ; et si adsit c o n s e n s u s , erit p e c c a t u m m o r t a l e ; si a u t e m desit, erit v e n i a l e . S i m i l i t e r e t i a m et c a u s a c o r p o r a l i s q u a n d o q u e est s i n e peccato, p u t a c u m est e x i n f i r m i t a t e n a t u r a e , u n d e q u i d a m e t i a m i n v i g i l a n d o a b s q u e p e c c a t o f l u x u m s e m i n i s patiuntur, v e l e t i a m
1 L om.
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dem Überfluß der Natur hervorgeht. Wie nämlich das 80, i Blut überfließen kann ohne Sünde, so auch der Same, der nach Aristoteles Überfluß des Blutes ist. — Manchmal aber geschieht sie unter Sünde, z. B. wenn sie aus Überfluß der Speise oder des Trankes kommt. Auch das kann läßliche Sünde oder Todsünde sein, wenngleich häufiger eine Todsünde vorkommt in den schlechten Gedanken — wegen der Leichtigkeit der Einwilligung — als im Genuß von Speise und Trank. Gregorius schreibt deshalb an Augustinus, den Bischof der Angelsachsen, daß von der Kommunion zu lassen sei, wenn sie [die nächtliche Befleckung] von schlechten Gedanken kommt, nicht aber, wenn sie von Überfluß an Speise und Trank kommt, besonders wenn dafür eine Notwendigkeit besteht. So kann also an der Ursache der Befleckung abgewogen werden, ob die nächtliche Befleckung notwendig am Empfang dieses Sakramentes hindert. Aus einer gewissen Angemessenheit aber hindert sie zweifach: Das eine davon tritt immer ein, nämlich eine Art körperlicher Unsauberkeit. Mit ihr zum Altare zu treten, ziemt sich nicht wegen der Ehrfurcht vor diesem Sakrament. Darum waschen auch die, welche etwas Heiliges berühren wollen, die Hände. Es sei denn etwa, eine solche Unreinigkeit dauere ständig oder lange fort wie Aussatz oder Blutfluß oder dergleichen. — Das andere QUAESTIO
80, 7
si sit ex superfluitate naturae; sicut enim contingit sanguinem fluere absque peccato, ita et semen, quod est superfluitas sanguinis, secundum Philosophum. 1 — Quandoque vero est cum peccato, puta cum provenit ex superfluitate cibi vel potus; et hoc etiam potest esse peccatum veniale vel mortale; licet frequentius peccatum mortale accidat circa turpes cogitationes, propter facilitatem consensus, quam circa sumptionem cibi et potus. Unde et Gregorius [loc. cit.] scribens Augustino Anglo- MPL rum episcopo, dicit cessandum esse a communione, quando ex 77/1198 turpibus cogitationibus provenit, non autem quando provenit ex superfluitate cibi vel potus, praesertim si necessitas adsit. Sic igitur ex causa pollutionis considerari potest utrum nocturna pollutio impediat ex necessitate sumptionem hujus sacramenti. Ex quadam vero congruentia impedit quantum ad duo: quorum unum Semper accidit, scilicet quaedam foeditas corporalis, cum qua, propter reverentiam sacramenti, non decet ad altare accedere, unde et volentes tangere aliquid sacrum manus lavant; nisi forte talis immunditia sit perpetua vel diuturna, sicut est lepra vel fluxus sanguinis, vel aliquid hujusmodi. — 1
Cf. 1 de Animal. Gener., cap. 19 : 726 b sqq.
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7 aber ist die Ablenkung des Geistes, die auf die nächtliche Befleckung folgt, besonders wenn sie mit einer unreinen Vorstellung eintritt. Dieses Hindernis aber, das aus einer Angemessenheit hervorgeht, muß wegen einer gewissen Notwendigkeit hintangesetzt werden, z. B. wie Gregorius sagt, „wenn es vielleicht entweder ein Festtag verlangt oder die Notwendigkeit selber dazu zwingt, den Dienst zu erweisen, deshalb, weil ein anderer Priester fehlt". Z u 1. Aus Notwendigkeit ist man nicht am Empfang dieses Sakramentes gehindert außer wegen einer Todsünde; aber aus einer gewissen Angemessenheit kann man wegen anderer Gründe gehindert werden [Antw. ]. Z u 2. Der eheliche Verkehr, wenn er ohne Sünde ist, z. B. wenn er geschieht, um Kinder zu zeugen oder um die Pflicht zu leisten, hindert aus keinem anderen Grunde am Empfang dieses Sakramentes als die nächtliche Befleckung, die ohne Sünde geschieht (Antw.), nämlich wegen der körperlichen Unreinigkeit und der Zerstreuung des Geistes. Hieronymus sagt darum: „Wenn die Schaubrote von denen, welche Frauen berührt hatten, nicht genossen werden konnten, wieviel weniger darf jenes Brot, das vom Himmel herabstieg, von denen, welche kurz vorher in den ehelichen Umarmungen umfangen waren, verletzt und berührt werden! Nicht als ob wir die Ehe verdammten, sondern weil wir zur Zeit, da QUAESTIO
80, 7
Aliud autem est evagatio mentis, quae sequitur pollutionem nocturnam, praecipue quando cum turpi imaginatione contingit. Hoc tarnen impedimentum, quod e x congruitate provenit, pöstponi debet propter aliquam necessitatem, puta, ut Gregorius dicit [loc. cit.], „cum fortasse aut festus dies exigit, aut exhibere ministerium, pro eo quod sacerdos alius deest, ipsa necessitas compellit". AD P R I M U M ergo dicendum quod e x necessitate quidem non impeditur homo a sumptione hujus sacramenti nisi propter peccatum m o r t a l e ; sed e x quadam convenientia potest homo impediri propter alias causas, sicut dictum est. AD S E C U N D U M dicendum, quod coitus conjugalis, si sit sine peccato, puta si fiat causa prolis generandae, vel causa reddendi debitum, non alia ratione impedit sumptionem hujus sacramenti, nisi sicut dictum est, de pollutione nocturna quae accidit sine peccato, scilicet propter iinmunditiam corporalem, et mentis distractionem. Ratione cujus Hieronymus dicit super Matth. 1 : „Si panes propositionis ab his qui uxores tetigerant, comedi non poterant, quanto magis ille panis qui de caelo descendit, non potest ab his qui conjugalibus paulo ante haesere camplexibus, violari a t q u e contingi? Non quod nuptias con1 Cf. Hieronym., De Esu Agni, in Appendice; Causa 33, q. 4, can. Sciatis; Frdb. 1/1247.
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MPL 40/1204.
Gratian.,
wir das Fleisch des Lammes genießen wollen, von fleisch- 80, i liehen Werken frei sein sollen." Weil aber das von der Angemessenheit und nicht von der Notwendigkeit zu verstehen ist, sagt Gregorius, daß ein solcher „bei seinem Urteil zu belassen ist". „Wenn aber nicht die Liebe zur Erweckung der Nachkommenschaft, sondern die Lust das Werk beherrscht", dann muß er, wie Gregorius ebendort beifügt, abgehalten werden, diesem Sakramente zu nahen [104]. Z u 3. Wie Gregorius [vgl. E. 2 ] sagt, hießen im Alten Testament einige unrein im bildlichen Sinn, was das Volk des Neuen Gesetzes geistig versteht. Darum hindern diese körperlichen Unreinigkeiten, wenn sie ständige oder langdauernde sind, nicht am Empfang dieses heilbringenden Sakramentes, wie sie am Zugang zu den bildlichen Sakramenten hinderten. Wenn sie aber schnell vorübergehen, wie die Unreinigkeit der nächtlichen Befleckung, hindern sie aus einer gewissen Angemessenheit am Empfang dieses Sakramentes den Tag über, an dem das eintritt. Deshalb heißt es Dt 23, 1 0 f . : „Wenn unter euch jemand ist, der im Traume nachts befleckt wurde, so gehe er vor das Lager hinaus und kehre nicht zurück, bis er sich am Abend mit Wasser gewaschen hat" [105]. Z u 4. Wenngleich durch die Zerknirschung und Beichte der Zustand der Schuld aufgehoben wird, so wird doch QUAESTIO
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demnemus, sed quod eo tempore quo carnes agni manducaturi sumus, vacare a carnalibus operibus n o n 1 debeamus." Sed quia hoc secundum congruitatem, et non secundum necessitatem est intelligendum, Gregorius dicit quod „talis est suo judicio re- MPL linquendus". „Si vero non amor proereandae sobolis, sed volup- 77< llf)r> tas dominatur in opere commixtionis 2 " , ut ibidem Gregorius subdit, tunc prohiberi debet ne accedat ad hoc sacramentum. AD TERTIUM dicendum quod, sicut Gregorius dicit (in epistola supra dicta ad Auigustinum Anglorum episcopum) 3 , inveteri Testamento aliqui polluti dicebantur figuraliter, quod populus novae legis spiritualiter intelligit. Unde hujusmodi corporales immunditae, si sint perpetuae vel diuturnae, non impediunt sumptionem hujus sacramenti salutaris, sicut impediebant accessum ad sacramenta flguralia; si vero cito transeant, sicut immunditia pollutionis nocturnae, e x quadam congruentia impediunt sumptionem hujus sacramenti per illum diem quo hoc accidit. Unde et Deuter. 23 dicitur: „Si fuerit inter vos homo qui nocturno pollutus sit somnio, egredietur extra castra; et non revertetur, priusquam ad vesperam lavetur aqua." AD QUARTUM dicendum quod, licet per contritionem et confessionem auferatur reatus culpae, non tarnen aufertur cor1 L om. 2 P et L om. 3 L om.
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80, 8 nicht die körperliche Unreinigkeit und die Zerstreuung des Geistes behoben, welche der Befleckung folgen. Zu 5. Der Traum eines Totschlages bringt keine körperliche Unreinigkeit mit sich noch auch eine solche Zerstreuung des Geistes wie [geträumte] Unzucht wegen der Stärke des Genusses. Wenn aber der Traum eines Totschlages aus einer Ursache kommt, die Sünde, zumal Todsünde ist, dann hindert er am Empfang dieses Sakramentes auf Grund seiner Ursache. 8. A R T I K E L Hindern Speise und Trank, die vorher genommen den sind, am Empfang dieses Sakramentes?
wor-
1. Dieses Sakrament ist vom Herrn beim Abendmahl eingesetzt worden. Der Herr aber übergab dieses Sakrament „nach dem Mahle" (Lk 22, 20; 1 Kor 11, 25) den Jüngern. Also scheint es, daß auch wir, nachdem wir andere Speisen zu uns genommen haben, dieses Sakrament empfangen sollen. 2. In 1 Kor 11, 33f. heißt es: „Wenn ihr zum Essen", nämlich des Herrnleibes, „zusammenkommt, so wartet aufeinander; ist jemand hungrig, so esse er zu Hause." QUAESTIO
80, g
poralis immunditia et distractio mentis ex pollutione consecuta. AD QUINTUM dicendum quod somnium homicidii non inducit corporalem immunditiam, nec etiam tantam distractionem mentis, sicut fornicatio somniata 1 propter delectationis intensionem; si tarnen somnium homicidii proveniat ex causa quae est peccatum, praesertim mortale, impedit a sumptione hujus sacramenti ratione suae causae. A R T I C U L U S VIII Utrum cibus vel potus praeassumptusimpediat sumptionem hujus sacramenti tu—II, q. 147, art. 6 ad 2; 4 Sent., dist. 8, q. 1, art. 4, qa 1. 2; 1 Cor., cap. 11, lect. 4]
AD OCTAVUM sie proceditur. Videtur quod cibus vel potus praeassumptus non impediat sumptionem hujus sacramenti. Hoc enim sacramentum est a Domino institutum in coena. Sed Dominus, „postquam coenavit", hoc sacramentum diseipulis suis tradidit, sicut patet Luc. 22, et 1 Cor. 11. Ergo videtur quod etiam post alios eibos assumptos nos debeamus sumere hoc sacramentum. 2. PRAETEREA, 1 Cor. 11 dicitur: „Cum convenitis ad manducandum", scilicet corpus Domini, „invicem expectate; si quis 1 L om.
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So scheint man, auch wenn man zu Hause gegessen hat, 80, 8 in der Kirche den Leib des Herrn essen zu können. 3. Auf dem Konzil von Karthago wird bestimmt: „Die Sakramente des Altares sollen nur von Nüchternen gefeiert werden außer allein am Jahrestag, an dem das Abendmahl des Herrn gefeiert wird." Also kann man wenigstens an jenem Tage den Leib Christi nach anderen Speisen empfangen. 4. Das Zusichnehmen von Wasser oder Arznei oder von anderer Speise oder Getränk in ganz geringer Menge oder auch von den Speiseresten, die im Munde bleiben, bricht weder das kirchliche Fasten noch hebt es die Nüchternheit auf, die verlangt ist, um ehrfürchtig dieses Sakrament zu empfangen. Also wird man durch das Aufgezählte nicht am Empfang dieses Sakramentes gehindert. 5. Manche essen oder trinken spät in der Nacht oder verbringen vielleicht die ganze Nacht ohne Schlaf und empfangen morgens die heiligen Mysterien, ohne vollständig verdaut zu haben. Weniger aber würde jemandes Nüchternheit beeinträchtigt, wenn er morgens ein wenig essen und um die neunte Stunde dieses Sakrament empfangen würde, da zudem der Zeitabstand zuweilen noch größer ist. Also scheint ein solches vorausgehendes Zusichnehmen von Speise niemanden von diesem Sakramente abzuhalten. QUAESTIO
80, 8
autem esurit, domi manducet". Et ita videtur quod postquam aliquis domi manducaverit, possit in Ecclesia corpus Christi manducare. 3. PRAETEREA, in concilio Carthaginensi legitur et habetur de Consecratione [dist. 1, can. Sacramenta Altaris]: „Sacra- pr(jb. menta altaris non nisi a jejuniis faommibus celebrentur, excepto 1/1307 uno die anniversario quo coena Domini celebratur." Ergo saltem illa die aliquis potest corpus Christi post alios cibos sumere. 4. PRAETEREA, sumptio aquae vel medicinae, vel alterius cibi vel potus in minima quantitate vel reliquiarum cibi in ore manentium, neque jejunium Ecclesiae solvit, neque sobrietatem tollit, quae exigitur ad hoc quod aliquis reverenter sumat hoc sacramentum. Ergo per praedicta non impeditur aliquis a sumptione hujus sacramenti. 5. PRAETEREA, quidam de nocte profunda comedunt aut bibunt, aut forte totam noctem insomnem ducentes, de mane pereipiunt sacra mysteria nomdum plene digesti. Minus autem impediretur sobrietas hominis, si in mane parum comederet, et postea circa nonam sumeret hoc sacramentum, cum etiam sit quandoque major distantia temporis. Ergo videtur quod talis cibi praeassumptio non impediat hominem ab hoc sacrainento.
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80,8
6. Keine geringere Ehrfurcht schuldet man diesem Sakramente nach dem Empfang als vorher. Aber nach dem Empfange darf man Speise oder Trank zu sich nehmen. Also auch vorher. ANDERSEITS sagt Augustinus: „Es hat dem Heiligen Geiste gefallen, daß zu Ehren eines so großen Sakramentes der Leib des Herrn früher in den Mund des Christen eingehe als die übrigen Speisen." ANTWORT: Am Empfang dieses Sakramentes hindert etwas auf zweierlei Art: auf die eine an sich, wie die Todsünde, die im Widerspruch steht mit dem, was in diesem Sakrament bezeichnet ist (Art. 4). Auf die andere Art wegen eines Verbotes der Kirche [106]. Und so ist jemand am Empfang dieses Sakramentes nach dem Genuß von Speise oder Trank aus einem dreifachen Grund gehindert: Erstens „zur Ehre dieses Sakramentes" (Augustinus [im „Anderseits"]), daß es nämlich in den von einer Speise oder einem Trank noch unberührten Mund des Menschen gelange. — Zweitens wegen eines Zeichendienstes; damit zu verstehen gegeben werde, daß Christus, die ,Sache' dieses Sakramentes, und Seine Liebe zuerst eingegründet sein müssen in unseren Herzen nach Mt 6, 33: „Suchet zuerst das Reich Gottes." — Drittens wegen der Gefahr des Erbrechens und der Trunkenheit, die manchmal vorkommen, deshalb, Q U A E S T I O
80,
8
6. PRAETEREA, non minor reverentia debetur huic sacramento jam sumpto quam ante sumptionem. Sed sumpto sacramento, licet cibum aut potum sumere. Ergo et ante sumptionem. S E D CONTRA est quod Augustinus dicit in libro ResponsioMPL num ad Januarium [epist. 54, cap. 6 ] : „Placuit Spiritui sancto 33/203 u t in honorem tanti sacramenti prius in os Christiani corpus n/167 dominiciun intraret quam ceteri cibi." RESPONDEO dicendum quod aliquid impedit sumptionem hu jus sacramenti dupliciter: uno modo secundum se, sicut peccatum mortale, quod habet repugnantiam ad significatum hujus sacramenti, ut supra dictum est. Alio modo propter prohibitionem Ecclesiae, et sie impeditur aliquis a sumptione hujus sacramenti post cibum vel potum assumptum, triplici ratione: primo quidem, sicut Augustinus dicit [loc. oit.], „in 'honorem h u j u s sacramenti", ut scilicet in os hominis intret nondum aliquo eibo vel potu infectum. — Secundo propter significationem, ut scilicet detur intelligi quod Christus, qui est res hujus sacramenti, et Charitas ejus, debet primo fundari in cordibus nostris, secundum illud Matth. 6: „Quaerite primum regnum Dei." — Tertio propter periculum vomitus et ebrietatis, quae quandoque contingunt ex hoc quod
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weil die Menschen von den Speisen ungebührlichen Ge- 80,8 brauch machen, wie auch der Apostel 1 Kor 11, 21 sagt: „Einer hungert, der andere aber ist trunken." Gleichwohl sind von dieser allgemeinen Regel die Kranken ausgenommen; ihnen muß, wenn bei ihnen in bezug auf die Todesgefahr Zweifel bestehen, sofort auch nach dem Essen — weil „die Not kein Gesetz hat" — die Kommunion gereicht werden, damit sie nicht ohne Kommunion verscheiden. Darum heißt es in dem Dekretale: „Der Priester reiche dem Kranken sofort die Kommunion, damit er nicht ohne Kommunion sterbe." Z u 1. Augustinus sagt: „Auch dürfen, weil der Herr nach der Speise dieses Sakrament gab, die Brüder deshalb nicht nach dem Morgen- oder Abendessen zum Empfang dieses Sakramentes zusammenkommen oder es ihren Speisen beimischen, wie es jene taten, die der Apostel tadelt und verbessert. Der Erlöser wollte, um die Größe dieses Geheimnisses desto nachdrücklicher darzutun, das an letzter Stelle Dargebotene tiefer dem Herzen und Gedächtnis der Jünger einprägen. Deshalb gebot Er nicht, daß es später in solcher Ordnung genommen würde, um den Aposteln, durch die Er die Kirche einrichten wollte, diese Weise vorzubehalten." Z u 2. Jenes Wort wird in der Glosse so ausgelegt: „Wenn jemand hungrig ist und ungeduldig nicht auf andere warten will, so esse er zu Hause seine Speisen, Q U A E S T I O 80, 8
homines inordinate cibis utuntur, sicut et Apostolus dicit 1 Cor. 11: „Alius quidem esurit, alius autem ebrius est." Ab hac tamen generali régula excipiuntur infirmi, qui statini communicandi sunt, etiam post cibum, si de eorum periculo dubitetur, ne sine communione décédant, quia „necessitas legem non habet". Unde dicitur de Consecr., dist. 2 [can. Presbyter] : Frdb. „Presbyter infirmum statini communicet, ne sine communione ' 1 moriatur." AD PRIMUM ergo dicendum quod, sicut Augustinus [loc. cit.] dicit, „neque quia post cibos Dominus dedit, propterea pransi aut coenati fratres ad hoc sacramentum accipiendum convenire debent, aut mensis suis miscere, sicut faciebant, quos Apostolus arguit et emendat. Namque Salvator, quo vehementius commendaret mysterii illius altitudinem, ultimum hoc voluit arctius infìgere cordibus, et memoriae discipulorum; et ideo non praecepit ut deinceps tali ordine sumeretur, ut Apostolis, per quos ecclesias dispositurus erat, servaret hunc modum". AD SECUNDUM dicendum quod illud verbum in Glossa sic Lomb. exponitur: „Sì quis esurit, et impatiens non vult expectare ii^h^. 17
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80, 8 d. h. sättige sich mit irdischem Brot und empfange hernach die Eucharistie nicht." Z u 3. Jenes Kapitel spricht von jener Gewohnheit, die einst bei einigen galt, daß man zur Darstellung des Abendmahles des Herrn an jenem Tage den Leib des Herrn nicht nüchtern empfing. Aber jetzt ist das abgeschafft. Denn wie Augustinus [ebd.] sagt, „wird auf dem ganzen Erdkreis dieser Brauch eingehalten", daß der Leib des Herrn nüchtern empfangen wird. Z u 4. Die Nüchternheit ist eine doppelte (II—II 147, 6 Zu 2: Bd. 21). Die erste ist die natürliche, die aus sich jede Nahrungsaufnahme in Form von Speise oder Trank ausschließt. Eine solche ist für dieses Sakrament wegen des (in der Antwort) Gesagten gefordert. Darum ist es auch nach dem Genuß von Wasser oder einer anderen Speise oder Getränkes oder auch einer Arznei, in welch kleiner Menge nur immer, nicht erlaubt, dieses Sakrament zu empfangen. Auch ist es gleichgültig, ob etwas derartiges nährt oder nicht, ob aus sich oder mit anderen zusammen, wenn es nur in der Form von Speise oder Trank genommen wird. — Die Speisereste aber, die im Mund zurückbleiben, hindern, wenn sie zufällig verschluckt werden, nicht am Empfang dieses Sakramentes, weil sie nicht als Speise, sondern in der Form von Speichel geschluckt werden. Der gleiche Grund gilt für die Wasser- oder Weinreste, mit denen der Mund ausgespült wird, wenn Q U A E S T I O
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alios, ,manducet domi' cibos suos, id est, pane terreno pascatur, nec post Eucharistiam sumat." AD TERTIUM dicendum quod capitulum illud loquitur secundum consuetudinem aliquando apud aliquos observatam, ut in repraesentationem dominicae coenae illo die a non jejunis corpus Christi sumeretur. Sed nunc hoc abrogatum est; nam, MPL sicut Augustinus [loc. cit.] dicit, „per universum orbem mos 33/203 ist e servatur", ut scilicet corpus Christi a jejunis sumatur. AD QUARTUM dicendum quod, sicut in secunda Parte habitum est, duplex est jejunium: primum est jejunium naturae, quod importât privationem cujuscumque praeassumpti per modum cibi vel potus; et tale jejunium requiritur ad hoc sacramentum propter praedicta. Et ideo neque post assumptionem aquae, vel alterius cibi aut potus, vel etiam medicinae, in quantumcumque parva quantitate, licet hoc sacramentum accipere. Nec refert utrum aliquid hujusmodi nutriat vel non nutriat, aut per se aut cum aliis, dummodo sumatur per modum cibi vel potus. — Reliquiae tarnen cibi remanentes in ore, si casualiter transglutiantur, non impediunt sumptionem hujus sacramenti, quia non trajiciuntur per modum cibi, sed per modum salivae; et eadem ratio est de reliquiis aquae vel vini, quibus os abluitur, dum-
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sie nur nicht in großer Menge, sondern mit dem Speichel 80,8 vermischt verschluckt werden, was sich nicht vermeiden läßt. Die andere Nüchternheit ist die kirchliche, die zur Abtötung des Fleisches eingesetzt ist. Eine solche Nüchternheit wird durch die erwähnten Ding© nicht gebrochen, weil sie nicht viel nähren, sondern mehr zur Anregung genommen werden. Z u 5. Wenn es heißt: „Dieses Sakrament muß früher als die übrigen Speisen in den Mund des Christen eintreten" [vgl. Anderseits], so ist das nicht bedingungslos von aller Zeit zu verstehen; sonst könnte, wer einmal gegessen und getrunken hätte, niemals nachher dieses Sakrament empfangen. Vielmehr ist es zu verstehen von . dem betreffenden Tage. Und wenngleich der Tagesanfang von den Verschiedenen verschieden angenommen wird, — denn einige fangen den Tag mit Mittag, einige mit Sonnenuntergang, einige mit Mitternacht, einige mit Sonnenaufgang an, so fängt die Kirche doch mit den Römern den Tag mit Mitternacht an. Wenn darum jemand nach Mitternacht etwas in der Form von Speise oder Trank genossen hat, kann er am selben Tage dieses Sakrament nicht empfangen, kann es aber, wenn er es vor Mitternacht tat. Auch spielt es für den Sinn des Gebotes keine Rolle, ob man nach dem Essen, bzw. Trinken geschlafen oder verdaut hat. Von Belang ist es aber wegen der Verwirrung Q U A E S T I 0
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modo non trajiciantur in magna quantitate, sed permixtae salivae, quod vitari non potest. Aliud autem est jejunium Ecclesiae, quod instituitur ad carnis macerationem; et tale jejunium per praedicta non impeditur, quia praedicta non multum nutriunt, sed magis ad alterandum sumuntur. AD QUINTUM dicendum quod, cum dicitur quod „hoc sacramentum prius quam alii cibi debet in os Christiani intrare", non est intelligendum absolute respectu totius temporis, alio- MPL quin qui semel comedisset vel bibisset, nunquam posset postea 33 / 203 hoc sacramentum accipere; sed est intelligendum quantum ad eumdem diem; et licet principium diei secundum diversos diversimode sumatur, nam quidam a meridie, quidam ab occasu, quidam a media nocte, quidam ab ortu solis diem incipiunt, Ecclesia tarnen 1 Romana diem a media nocte incipit. Et ideo si post mediam noctem aliquis sumpserit aliquid per modum cibi vel potus, non potest eadem die hoc sumere sacramentum; potest vero, si ante mediam noctem. Nec refert utrum post cibum vel potum assumptum dormierit, aut etiam digestus sit, quantum ad rationem praecepti; refert 1
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L pro sequenti verbo ponit: secundum
Romanos.
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80,8 des Geistes, welche die Menschen wegen schlechten Schlafes oder schlechter Verdauung leiden. Wenn davon der Geist sehr verwirrt wird, wird man untauglich für den Empfang dieses Sakramentes. Z u 6. Die größte Hingebung ist notwendig beim Empfang des Sakramentes selber. Dann nämlich empfängt man die Wirkung des Sakramentes. Diese Hingebung wird aber mehr gehemmt durch das Vorausgehende als durch das Folgende. Darum hat man eher angeordnet, daß man vor dem Empfang dieses Sakramentes nüchtern sein soll als nachher. Doch muß eine Zwischenzeit sein zwischen dem Empfang dieses Sakramentes und den übrigen Speisen. Deshalb wird auch in der Messe ein Danksagungsgebet nach der Kommunion verrichtet und die Kommunizierenden beten auch ihre Privatgebete. Nach einigen alten Satzungen aber ist von Papst Klemens [I.] angeordnet worden: „Wenn morgens der Herrnteil genossen wird, dann sollen die Diener, die ihn empfangen, bis zur sechsten Stunde nüchtern bleiben; und wenn sie ihn in der dritten oder vierten Stunde empfangen, sollen sie bis zum Abend nüchtern bleiben." Im Altertum wurde nämlich die Feier der Messe seltener begangen und mit größerer Vorbereitung. Jetzt aber, weil man die heiligen Geheimnisse häufiger feiern muß, könnte das nicht leicht beobachtet werden. Darum ist es durch gegenteilige Gewohnheit abgeschafft worden [107]. Q U A E S T I 0 80, s
autem quantum ad perturbationem mentis, quam patiuntur homines propter insomnietatem vel indigestionem; ex quibus si mens multum perturbetur, homo redditur ineptus ad sumptionem hujus sacramenti. AD SEXTUM dicendum quod maxima devotio requiritur in ipsa sumptione hujus sacramenti, quia tunc percipitur sacramenti effectus; quae quidem devotio magis impeditur per praecedentia quam per sequentia. Et ideo magis est institutum quod homines jejunent ante sumptionem hujus sacramenti quam post. Debet tarnen esse aliqua mora inter sumptionem hujus sacramenti et reliquos cibos. Unde et in missa oratio gratiarum actionis post communionem dicitur, et communicantes etiam suas privatas orationes dicunt. Secundum tarnen antiquos canones statutum fuit a papa MPL demente [ep. 2], ut habetur de Consecr., dist. 2 [can. Tribus ^dif gradibus]: „Si mane dominica portio editur, usque ad sextam 1/1321 jejunent ministri qui eam sumpserunt, et si tertia vel quarta hora acceperint, jejunent usque ad vesperum." Antiquitus enim rarius missarum solemnia celebrabantur, et cum majori praeparatione. Nunc autem, quia oportet frequentius sacra mysteria celebrare, non posset de facili observari, et ideo per contrariam consuetudinem est abrogatum.
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9. A R T I K E L 80,9 die, welche den Gebrauch der Vernunft nicht haben, dieses Sakrament empfangen? 1. Es ist notwendig, daß man mit Hingebung und vorangehender Selbstprüfung zu diesem Sakramente hinzutrete nach 1 Kor 11, 28: „Es prüfe sich aber der Mensch und so esse er von diesem Brote und trinke von dem Kelche." Das kann aber bei denen nicht der Fall sein, welche des Vernunftgebrauches entbehren. Also darf ihnen dieses Sakrament nicht gegeben werden. 2. Unter denen, welche des Vernunftgebrauches entbehren, sind auch Besessene, die Energumenen genannt werden. Solche werden aber nach Dionysius auch vom Anblick dieses Sakramentes ferngehalten. Also darf denen, welche des Vernunftgebrauches entbehren, dieses Sakrament nicht gegeben werden. 3. Unter den übrigen, welche des Vernunftgebrauches entbehren, scheinen am meisten die Kinder unschuldig zu sein. Den Kindern wird aber dieses Sakrament nicht gegeben, also viel weniger den anderen, welche des Vernunftgebrauches entbehren. ANDERSEITS heißt es auf dem Konzil von Orange und in den Dekreten: „Den Geisteskranken ist jegliches an Dürfen
QUAESTIO
Utrum
80, 9
A R T I C U L U S IX non h a b e n t e s usum r a t i o n i s hoc sacra m e n t u m a c c i p e r e
debeant
[4 Sent., dist. 9, art. 5, qa 3. 4; dist. 23. q. 2, art. 2, qa 3. 4; Joan., cap. 6, leot. 7]
AD NONUM sie proceditur. Videtur quod non habentes usum rationis non debeant hoc sacramentum suseipere. Requiritur enim quod aliquis ad hoc sacramentum cum devotione et praecedente sui examinatione accedat, secundum illud 1 Cor. 11: „Probet seipsum homo, et sie de pane illo edat, et de calice bibat." Sed hoc non potest esse in his qui carent usu rationis. Ergo non debet eis hoc sacramentum dari. 2. PRAETEREA, inter illos qui carent usu rationis, sunt etiam arreptitii, qui ,energumeni' dicuntur. Sed tales etiam ab inspectione hujus sacramenti arcentur, secundum Dionysium MPG in libro Eccl. Hier. [cap. 3]. Ergo carentibus usu rationis hoc 3/432 sacramentum dari non debet. 3. PRAETEREA, inter alios carentes usu rationis maxime pueri videntur esse innocentes. Sed pueris hoc sacramentum non exhibetur. Ergo multo minus aliis carentibus usu rationis. SED CONTRA est quod legitur in concilio Arausicano Frdb. [I, can. 13] et habetur in Decretis, 26, q. 6 [cap. Qui recedunt]: 1/1038
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80, 9 Liebe zu erweisen." So ist ihnen auch dieses Sakrament zu spenden, welches „das Sakrament der Minne" ist [Augustinus]. A N T W O R T : Daß manche den Gebrauch der Vernunft nicht haben, davon spricht man in doppeltem Sinne. Einmal, weil sie verkümmerten Gebrauch der Vernunft haben, wie es heißt, einer sieht nicht, der schlecht sieht. Und weil solche einige Hingebung an dieses Sakrament aufbringen können, ist ihnen dieses Sakrament nicht zu verweigern. Dann spricht man von solchen, die den Gebrauch der Vernunft überhaupt nicht haben. Entweder hatten sie also den Gebrauch der Vernunft niemals, sondern blieben seit ihrer Geburt so; und so ist solchen dieses Sakrament nicht zu spenden, weil in ihnen niemals Hingebung an dieses Sakrament vorausging. — Oder sie entbehrten des Gebrauches der Vernunft nicht immer. Und dann, wenn vorher, als sie ihres Geistes mächtig waren, in ihnen Hingebung an dieses Sakrament sichtbar war, muß ihnen im Augenblick des Todes dieses Sakrament gespendet werden, außer es sei etwa die Gefahr des Erbrechens oder Ausspeiens zu fürchten. Darum heißt es auf dem vierten Konzil von Karthago und in den Dekreten: „Wenn der, welcher in der Krankheit die Buße verlangt, zufällig, wenn der eingeladene Priester zu ihm kommt, von der KrankQ U A E S T I O 80, o
„Amentibus, quaecumque pietatis sunt, conferenda sunt", et ita est eis conferendum hoc sacramentum, quod est „sacramentum pietatis". 1 RESPONDEO dicendum quod aliqui dicuntur non habere usum rationis dupliciter: uno modo quia habent debilem usum rationis, sicut dicitur non videns, qui male videt; et quia tales possunt aliquam devotionem hujus sacramenti concipere, non est eis hoc sacramentum denegandum. A l i o modo dicuntur aliqui non habere totaliter usum rationis. Aut igitur nunquam habuerunt usum rationis, sed sie a nativitate permanserunt; et sie talibus non est hoc sacramentum exhibendum, quia in eis nullo modo praecessit hujus sacramenti devotio. — Aut non Semper caruerunt usu rationis; et tunc, si prius, quando erant compotes suae mentis, apparuit in eis devotio hujus sacramenti, debet eis in articulo mortis hoc sacramentum exhiberi; nisi forte timeatur periculum vomitus v e l exspuitionis. Unde in concilio Carthaginensi IV., Frdb. can. 76, legitur et habetur in Decretis 26, q. 6 [can. I s q u i p o e n i 1/1038 tentiam]: „ I s qui in infirmitate poenitentiam petit, si casu dum ad eum sacerdos invitatus venit, oppressus infirmitate obmu1
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Ci. August., tr. 26 in Joan., MPL 35/1611.
heit überwältigt, die Sprache verliert oder in Irrsinn ver- 80, 9 fällt, so sollen die Zeugnis geben, welche ihn hörten, und er empfange die Buße [ = Lossprechung], und wenn man glaubt, er sterbe sofort, werde er durch die Handauflegung ausgesöhnt und werde die Eucharistie seinem Munde eingeflößt." Z u 1. Die des Gebrauches der Vernunft entbehren, können Hingebung an das Sakrament haben, und zwar die einen eine gegenwärtige, die anderen aber eine vergangene. Z u 2. Dionysius spricht dort von den noch nicht getauften Energumenen, in denen die Macht des Teufels, die sich in ihnen durch die Erbsünde geltend macht, noch nicht erloschen ist. Für die Getauften aber, die körperlich von unreinen Geistern gequält werden, gilt der gleiche Grund wie für die anderen Geisteskranken. Kassian sagt darum: „Wir erinnern uns an keinen Fall, wo denen", die von unreinen Geistern gequält wurden, „die heilige Kommunion von unseren Vorfahren untersagt wurde." Z u 3. Der gleiche Grund gilt von den neugeborenen Kindern und den Geisteskranken die nie den Gebrauch der Vernunft hatten [vgl. Antw. ]. Darum sind solchen nicht die heiligen Geheimnisse zu spenden. Zwar tun manche Griechen das Gegenteil, weil Dionysius sagt, den Getauften müsse die heilige Kommunion gegeben werden, ohne zu verstehen, daß Dionysius dort von der Taufe der Q U A E S T I O 80, 9
tuerit; vel in phrenesim conversus fuerit, dent testimonium qui eum auidierunt, et accipiat poenitentiam; et si continuo cr&ditur moriturus, reconcilietur per manus impositionem, et infundatur ori ejus Eucharietia." AD PRIMUM ergo dicendum quod carentes usu rationis possunt devotionem ad sacramentum habere, quantum ad aliquos quidem praesentem, quantum ad alios autem praeteritam. AD SECUNDUM dicendum quod Dionysius loquitur ibi de energumenis nondum baptizatis, in quibus scilicet nondum est vis daemonis exstincta, quae viget in eis per originale peccatum. Sed de baptizatis qui corporaliter ab immundis spiritibus vexantur, est eadem ratio, et de aliis amentibus. Unde Cassianus dicit [Collat. 7, cap. 30]: „Eis" qui ab immundis MPL vexantur spiritibus, „communionem sacrosanctam a senioribus 49/710 nostris nunquam meminimus interdictam." AD TERTIUM dicendum quod eadem ratio est de pueris recenter natis, et de amentibus, qui nunquam habuerunt usum rationis. Unde talibus non sunt sacra mysteria danda. Quamvis quidam Graeci contrarium faciant, propter hoc quod Dionysius 2. cap. Eccl. Hier. [cf. cap. 3] dicit baptizatis esse sacram MPG 3 communionem dandam, non intelligentes quod Dionysius ibi 404»433
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80,10 Erwachsenen spricht [ 1 0 8 ] . — Auch erleiden sie dadurch keinen Schaden am Leben, weil der Herr J o 6, 54 sagt: „Wenn ihr das Fleisch des Menschensohnes nicht essen und Sein Blut nicht trinken werdet, werdet ihr das Leben nicht in euch haben"; denn nach Augustinus „wird dann jeder Gläubige des Leibes und Blutes des Herrn teilhaftig", geistig nämlich, „wenn er durch die Taufe zu einem Glied des Leibes Christi wird". Aber wenn die Kinder bereits anfangen, einigen Gebrauch der Vernunft zu haben, so daß sie Hingebung an dieses Sakrament haben können, dann kann ihnen dieses Sakrament gespendet werden [ 1 0 9 ] . Darf man
dieses
10. A R T I K E L Sakrament täglich
empfangen?
1. Wie die Taufe das Leiden des Herrn vergegenwärtigt, so auch dieses Sakrament. Aber man darf nicht öfters getauft werden, sondern nur einmal, weil „Christus" nur „einmal für unsere Sünden gestorben ist " (1 Petr 3, 18). Also scheint man dieses Sakrament nicht täglich empfangen zu dürfen. Q U A E S T I O 80, 10
loquitur de baptismo adultorum. — Nec tarnen per hoc aliquod detrimentum vitae patiuntur, propter hoc quod Dominus dicit Joan. 6: „Nisi manducaveritis carnem Filii hominis, et biberitis ejus sanguinem, non habebitis vitam in vobis"; quia, sicut Augustinus scribit Bonifacio, „tunc unusquisque fidelium corporis et sanguinis Domini particeps fit", scilicet spiritualiter, „quando in baptismate membrum corporis Christi efficitur". 1 Sed quando jam pueri incipiunt aliqualem usum rationis habere, ut possint devotionem concipere hujus sacramenti, tunc potest eis hoc sacramentum conferri. Utrum
liceat
ARTICULUS X q u o t i d i e hoc s a c r a m e n t u m suscipere
[4 Sent., dist. 12, q. 3, art. 1;
1 Cor., cap. 11, lect. 7]
AD DECIMUM sie proceditur. Videtur quod non liceat quotidie hoc sacramentum suscipere. Sicut enim baptismus repraesentat dominicam passionem, ita et hoc sacramentum. Sed non licet pluries baptizari, sed semel tantum, quia „Christus semel" tantum „pro peccatis nostris mortuus est", ut dicitur 1 Petri 3. Ergo videtur quod non liceat hoc sacramentum quotidie suscipere. l Cf. 73, 3, Sed contra; pag. 10.
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2. Die Wahrheit muß dem Vorbild entsprechen. Das 80,10 Osterlamm aber, welches das hauptsächlichste Vorbild dieses Sakramentes war (73, 6), wurde nur einmal im Jahre gegessen. Auch feiert die Kirche einmal im Jahre das Leiden Christi, wovon dieses Sakrament das Gedächtnis ist. Also scheint man dieses Sakrament nicht täglich empfangen zu dürfen, sondern nur einmal im Jahre. 3. Diesem Sakramente, in dem der ganze Christus enthalten ist, gebührt die größte Ehrfurcht. Zur Ehrfurcht aber gehört, daß man sich von diesem Sakramente fernhalte. Darum wird auch der Hauptmann gelobt, der Mt 8, 8 sagte: „Q Herr, ich bin nicht würdig, daß Du unter mein Dach eingehest", und Petrus, der Lk 5, 8 sagte: „Gehe weg von mir, Herr, denn ich bin ein sündiger Mensch." Also ist es nicht löblich, daß der Mensch täglich dieses Sakrament empfange. 4. Wenn es löblich wäre, dieses Sakrament häufig zu empfangen, so wäre es, je häufiger es empfangen würde, desto löblicher. Die Häufigkeit aber wäre größer, wenn der Mensch dieses Sakrament mehrmals im Tage empfinge. Also wäre es löblich, daß der Mensch mehrmals am Tage kommunizierte. Das aber ist nicht Gewohnheit der Kirche. Also scheint es nicht löblich zu sein, daß jemand täglich dieses Sakrament empfange. 5. Die Kirch© beabsichtigt, mit ihren Bestimmungen für den Nutzen der Gläubigen vorzusorgen. Infolge der Q U A E S T I O 80, 10 2. PRAETEREA, veritas debet respondere figurae. Sed agnus paschalis, qui fuit figura praecipua hujus sacramenti, ut supra dictum est, non manducabatur nisi semel in anno; semel etiam in anno Ecclesia celebrat Christi passionem, cujus hoc sacramentum est memoriale. Ergo videtur quod non liceat quotidie sumere hoc sacramentum, sed solum semel in anno. 3. PRAETEREA, huic sacramento, in quo totus Christus continetur, maxima reverentia debetur. Ad reverentiam autem pertinet quod aliquis ab hoc sacramento abstineat; unde et laudatur Centurio qui dixit Matth. 8: „Domine non sum dignus ut intres sub tectum meum"; et Petrus qui dixit Lucae 5: „Exi a me, Domine, quia homo peccator sum." Ergo non est laudabile quod homo quotidie hoc sacramentum suscipiat. 4. PRAETEREA, si esset laudabile frequenter hoc sacramentum accipere, quanto frequentius sumeretur, tanto esset laudabilius. Sed major esset frequentia, si homo pluries in die sumeret hoc sacramentum. Ergo esset laudabile quod homo pluries in die communicaret, quod tarnen non habet Ecclesiae consuetudo. Non ergo videtur esse laudabile quod aliquis quotidie hoc sacramentum accipiat. 5. PRAETEREA, Ecclesia intendit suis statutis fidelium utilitati providere. Sed ex statuto Ecclesiae fideles tenentur solum 18 30
265
80,10 Bestimmung der Kirche aber sind die Gläubigen nur gehalten, einmal im Jahre zu kommunizieren. Darum heißt es in der „ E x t r a " : „Jeder Gläubige beiderlei Geschlechtes empfange ehrfürchtig wenigstens zu Ostern das Sakrament d e r Eucharistie, w e n n er nicht etwa auf den Rat des eigenen Priesters wegen eines vernünftigen Grundes zeitweilig sich von ihrem Empfange enthalten zu müssen glaubt." A l s o ist es nicht löblich, dieses Sakrament täglich zu empfangen. A N D E R S E I T S sagt Augustinus: „Dieses Brot ist das tägliche; empfange es täglich, damit es dir täglich gut tue." A N T W O R T : In bezug auf den Gebrauch dieses Sakramentes kann man zweierlei betrachten: Das eine vom Sakrament selbst her, dessen K r a f t f ü r die Menschen heilbringend ist. Darum ist es nützlich, es täglich in sich aufzunehmen, damit der Mensch täglich dessen Frucht ernte. Deshalb sagt A m b r o s i u s : „ W e n n das Blut Christi, sooft es vergossen wird, zum Nachlaß der Sünden vergossen wird, m u ß ich, der ich immer sündige, es immer empfangen, muß ich immer [ d i e s e ] Arznei haben." Auf die andere A r t läßt er sich betrachten vom Empfangenden her, in d e m vorausgesetzt wird, d a ß er sich mit großer Hingabe und Ehrfurcht diesem Sakrament nähere. Q D A E S T I 0
80, 10
semel communicare in anno; unde dicitur Extra, De PoeniFrdb. tentia et Remiss. [can. Omnis utriusque]: „Omnis utriusque 11/887 sexus fldelis suscipiat reverenter, ad minus in Pascha, Eucharistiae sacramentum; nisi forte de proprii sacerdotis consilio ob aliquam rationabilem causam ad tempus ab ejus perceptione duxerit abstinendum." Non ergo est laudabile quod quotidie hoc sacramentum sumatur. SED CONTRA est quod Augustinus dicit in libro de Verbis MPL Domini [serm. 84]: „Iste panis quotidianus est; accipe quotidie, 39/1908 u f quotidie tibi prosit." 1 RESPONDEO dicendum quod circa usum hujus sacramenti duo possunt considerari: unum quidem ex parte ipsius sacramenti, cujus virtus est hominibus salutaris, et ideo utile est quotidie ipsum sumere, ut homo quotidie ejus fructum percipiat. Unde Ambrosius dicit in libro de Sacramentis [lib. 4, MPL cap. -6]: „Si quotiescumque effunditur sanguis Christi, in re16/446 missionem peccatorum effunditur, debeo Semper accipere, qui Semper pecco, debeo Semper habere medicinam." 2 Alio modo potest considerari ex parte sumentis, in quo requiritur ut cum magna devotione et reverentia ad hoc sacra1 Cf. Gratian., De Consecr., dist. 2, can. Non iste; Frdb. 1/1335. Cf. Gratian., ibid., can. Si quotiescumque; Frdb. 1/1319.
2
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Wenn sich darum jemand täglich dazu vorbereitet findet, 80,10 ist es löblich, daß er es täglich empfange. Deshalb fügt Augustinus den Worten: „Empfange es täglich, damit es dir täglich gut tue" bei: „Lebe so, daß du verdienst, es täglich zu empfangen." Weil aber soundsooft den meisten Menschen viele Hindernisse dieser Hingebung in den kommen, da Leib oder Seele nicht in der rechten Verfassung sind, ist es nicht für alle Menschen nützlich, täglich zu diesem Sakramente zu kommen, sondern sooft sich der einzelne dazu vorbereitet findet. Darum heißt es im Buch ,Von den kirchlichen Dogmen': „Daß man täglich die eucharistische Kommunion empfange, lobe ich weder noch tadle ich es." Z u 1. Durch das Sakrament der Taufe wird der Mensch dem Tode Christi gleichgestaltet, indem er dessen Mal in sich aufnimmt; und darum darf der Mensch, wie Christus „einmal gestorben ist", auch nur einmal getauft werden. Durch dieses Sakrament aber nimmt der Mensch nicht ein Mal Christi in sich auf, sondern Christus selber, dessen Kraft in Ewigkeit bleibt; Hebr 10, 14: „Mit e i n e m Opfer hat Er für immer die zur Vollendung gebracht, die geheiligt werden." Weil der Mensch täglich der heilbringenden Kraft Christi bedarf, darum kann es löblich sein, täglich dieses Sakrament zu empfangen. Weil vornehmlich [109a] die Taufe geistige Wiedergeburt ist, darum muß der Mensch, wie er dem Leibe Q U A E S T I 0 80, 10
mentum accedat. Et ideo si aliquis se quotidie ad hoc paratum inveniat, laudabile est quod quotidie sumat. Unde Augustinus cum dixisset: „Accipe quotidie, ut quotidie tibi prosit", subjungit: „Sic vive, ut quotidie merearis accipere." S e d quia multoties in pluribus hominum multa impedimenta hujus devotionis occurrunt, propter corporis indispositionem vel animae, non est utile Omnibus hominibus quotidie ad hoc sacramentum accedere; sed quotiescumque se ad illud homo invenerit praeparatum. Unde in libro d e Eocles. Dogmat. [cf. Gennadius, MPL cap. 53] dicitur: „Quotidie Eucfaaristiae communionem accipere 42/1217 nec laudo, nee vitupero." AD PRIMUM ergo dicendum quod per sacramentum baptismi configuratur homo morti Christi, in se suseipiens ejus characterem; et ideo sicut Christus „semel mortuus est", ita solum semel debet homo baptizari. Sed per hoc sacramentum non reeipit homo Christi characterem, sed ipsum Christum; cujus virtus manet in aeternum. Unde Hebr. 10 dicitur: „Una oblatione consummavit in sempiternum sanctificatos." Et ideo quia quotidie homo indiget salutifera Christi virtute, quotidie potest laudabiliter hoc sacramentum suseipere. Et quia praeeipue baptismus est spiritualis regeneratio, ideo sicut homo semel carnaliter nascitur, ita debet semel spiritua18*
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80, IO nach einmal geboren wird, so dem Geiste nach einmal wieder geboren werden durch die Taufe, wie Augustinus sagt zu Jo 3, 4, ,Wie kann ein Mensch geboren werden, wenn er schon alt ist?'. Dieses Sakrament aber ist geistige Speise. Wie darum die leibliche Speise täglich genommen wird, so ist es auch löblich, dieses Sakrament täglich zu empfangen. Deshalb lehrt der Herr Lk 11, 3 bitten: „Gib uns heute unser tägliches Brot." In der Erklärung dazu sagt Augustinus: „Wenn du es" — nämlich dieses Sakrament — „täglich empfängst, ist für dich täglich ,heute', aufersteht für dich täglich Christus; ,heute' ist nämlich, wann Christus aufersteht." Z u 2. Das Osterlamm war hauptsächlich das Vorbild dieses Sakramentes für das Leiden Christi, das in diesem Sakramente vergegenwärtigt wird. Darum wurde es nur einmal im Jahre genossen, weil „Christus einmal gestorben ist" [1 Petr 3, 18]. Deswegen feiert auch die Kirche einmal im Jahre das Gedächtnis des Leidens Christi. Aber in diesem Sakramente wird uns das Andenken des Leidens Christi übergeben in der Form von Speise, die täglich genossen wird. Darum wird es hierin durch das Manna vorgebildet, das täglich dem Volk in der Wüste gegeben wurde [Ex 16, 12 ff.]. Z u B. Die Ehrfurcht vor diesem Sakrament enthält eine Furcht, die mit Liebe verbunden ist; darum heißt die Furcht in der Ehrfurcht vor Gott kindliche Furcht;11 Q U A E S T I 0 80, 10
liter renasci per baptismum, ut Augustinus dicit super illud MPL Joan. 3: ,Quomodo potest homo nasci, cum sit senex?' [tr. 11 35/1487 ¡ n j o a n ] , s e ( j hoc sacramentum est cibus spiritualis; unde sicut cibus corporalis quotidie sumitur, ita et hoc sacramentum quotidie sumere laudabile est. Unde Dominus Lucae 11 docet petere: „Panem nostrum quotidianum da nobis hodie"; in ibid. MPL cujus expositione Augustinus dicit in libro de Verbis Domini 39/1909 [loc. cit.]: „Si quotidie acceperis", scilicet hoc sacramentum, „quotidie tibi est hodie, tibi Christus quotidie resurgit; hodie enim est quando Christus resurgit." AD SECUNDUM dicendum quod agnus paschalis praecipue fuit flgura hujus sacramenti quantum ad passionem Christi, quae repraesentatur per hoc sacramentum; et ideo semel tantum in anno sumebatur, quia „Christus semel mortuus est". Et propter hoc etiam Ecclesia celebrat semel in anno memoriam passionis Christi. Sed in hoc sacramento traditur nobis memoriale passionis Christi, per modum cibi, qui quotidie sumitur; et ideo quantum ad hoc significatur per manna, quod quotidie dabatur populo in deserto. AD TERTIUM dicendum quod reverentia hujus sacramenti habet timorem amori conjunctum; unde timor reverentiae ad 1 Vgl. I—II 67, 4 Zu 2: Bd. 11; II—II 19, 9. 11. 12: Bd. 15.
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denn aus der Liebe wird das Verlangen nach dem Emp- 80,10 fang geweckt, aus der Furcht aber entsteht die Demut der Ehrfurcht. Und so gehört beides zur Ehrfurcht vor diesem Sakrament: sowohl daß man es täglich empfange als auch daß man sich bisweilen davon enthält. Darum sagt Augustinus: „Wenn einer sagt, die Eucharistie sei nicht täglich zu empfangen, ein anderer behauptet täglich, so tue jeder, was er nach seinem Gewissen pflichtmäßig meint, tun zu sollen. Denn es stritten auch Zachäus und jener Hauptmann nicht unter sich, obwohl der eine von ihnen mit Freuden den Herrn aufnahm, der andere sagte: ,Ich bin nicht würdig, daß Du unter mein Dach eingehest': beide ehrten den Erlöser, obzwar nicht auf eine Weise." Liebe und Hoffnung aber, wozu uns die Schrift immer aufruft, haben den Vorzug vor der Furcht. Darum antwortete auch, als Petrus gesagt hatte: „Gehe weg von mir, Herr, denn ich bin ein sündiger Mensch", Jesus: „Fürchte dich nicht" [Lk 5, 8. 10]. Z u 4. Weil der Herr sagt: „Gib uns heute unser tägliches Brot" (Lk 11, 3), darf man nicht mehrmals am Tage kommunizieren, damit wenigstens dadurch, daß man einmal am Tage kommuniziert, die Einmaligkeit des Leidens Christi dargestellt werde. Z u 5. Entsprechend der verschiedenen Lag© der Kirche kamen hierüber verschiedene Bestimmungen herQ U A E S T I 0 80, 10
Deurn dicitur timor filialis, ut in secunda Parte dictum est; ex amore enim provocatur desiderium sumendi, ex timore autem consurgit humilitas reverendi. Et ideo utrumque pertinet ad reverentiam hujus sacramenti, et quod quotidie sumatur et quod aliquando abstineatur. Unde Augustinus dicit mpl [ep. 54, cap. 3] 1 : „Si dixerit quispiam, non quotidie accipien- S?!}1 dam Eucharistiam, alius contra, faciat unusquisque quod secun- 34 n dum fldem suam pie credit esse faciendum; neque enim liti- 162,163 gaverunt inter se Zachaeus et ille Centurio, cum alter eorum gaudens susceperit Dominum, alter dixerit: ,Non sum dignus ut intres sub tectum meum'; ambo Salvatorem honorificantes, quamvis non uno modo." Amor tarnen et spes, ad quae Semper Scriptura nos provocat, praeferuntur timori. Unde et, cum Petrus dixisset: „Exi a me, Domine, quia homo peccator sum", respondit Jesus: „Noli timere." AD QUARTUM dicendum, quod quia Dominus dicit Lucae 11: „Panem nostrum quotidianum da nobis hodie", non est pluries in die commumcandum, ut ealtem per hoc quod aliquis semel in die communicat, repraesentetur unitas passionis Christi. AD QUINTUM dicendum quod secundum diversum statum Ecclesiae diversa circa hoc statuta emanaverunt. Nam in pri1
Cf. Gratian., De Consecr., dist. 2, can. Quotidie; Frdb. 1/1319.
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80, lo aus. Denn in der Urkirche, als die Frömmigkeit des christlichen Glaubens noch stark war, ist bestimmt gewesen, daß die Gläubigen täglich kommunizierten. So sagt Papst Anaklet: „Nach der Konsekration sollen alle kommunizieren, die nicht von der Kirche ausgeschlossen sein wollen; so bestimmten nämlich die Apostel und hält es die heilige römische Kirche." Später aber, als die Glut des Glaubens abgenommen hatte, gab Papst Fabian zu, „daß, wenn nicht öfter, so doch dreimal im Jahre alle kommunizieren sollten, nämlich zu Ostern, Pfingsten und Weihnachten". Auch Papst Soter sagt nach einem Dekretale, man solle am Gründonnerstag kommunizieren. Hernach aber, „als wegen des Überhandnehmens der Gesetzlosigkeit die Liebe vieler erkaltete" [vgl. Mt 24, 12], bestimmte Papst Innozenz III., daß „wenigstens einmal im Jahre, nämlich zu Ostern", die Gläubigen kommunizieren sollten. — Geraten wird aber im Buch ,Von den kirchlichen Dogmen', „an allen Sonntagen zu kommunizieren" [110]. Q U A E S T I O 80, io
mitiva Ecclesia, quando magna vigebat devotio fidei christianae, statutum fuit ut quotidie fideles communicarent: unde AnaMPL cletus papa [epist. 1] dicit 1 : „Peracta consecratione, omnes 130/64 communicent qui noluerint ecclesiasticis carere liminibus; sie enim et Apostoli statuerunt, et saneta Romana tenet Ecclesia." Postmodum vero, diminuto fidei fervore, Fabianus papa indulsit 2 „ut, si non frequentius, »altem ter in anno omnes communicent, scilicet in Pascha, Pentecoste, et Natali Domini". Soter etiam papa in Cena Domini dicit esse communicandum, Frdb. ut habetur in Decret. de Consecrat., dist. 2 (can. In Cena Dom.). T/1320 Postmodum „propter iniquitatis abundantiam, refrigescente charitate multorum", statuit Innocentius III. 3 , ut saltem semel in anno, scilicet in Pascha, fideles communicent. — Consulitur MPL tarnen in libro de Ecclesiasticis Dogmatibus [cf. Gennaidius, 5 8 / 9 9 4 CAP. 53], „ómnibus diebus dominicis esse commundoandum". 1 Cf. Gratian., De Consecr., dist. 1, can. Episcopus; Frdb. 1/1311; et dist. 2, can. Peracta; Frdb. 1/1317. 2 Cf. Gratian., De Consecr., dist. 2, can. Etsi non frequentius; Frdb. 1/1319. 3 Cf. Gratian., De Poenitentiis et Remiss., cap. Oranis utriusque sexus; Frdb. 1/887.
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11. A R T I K E L Darf man sich ganz der Kommunion
80,ii enthalten?
1. Der Hauptmann wird gelobt, weil er sagt Mt 8, 8: „ 0 Herr, ich bin nicht würdig, daß Du unter mein Dach eingehest." Dem ist der zu vergleichen, der sich von der Kommunion enthalten zu müssen glaubt (Art. 10 Zu 3). Da also nie zu lesen ist, Christus sei in dessen Haus gekommen, scheint einer sich seine ganze Lebenszeit von der Kommunion enthalten zu dürfen. 2. Jedem ist es erlaubt, sich von dem zu enthalten, was nicht heilsnotwendig ist. Dieses Sakrament aber ist nicht heilsnotwendig (73, 3). Also darf man sich vom Empfang dieses Sakramentes gänzlich enthalten. 3. Die Sünder sind nicht gehalten zu kommunizieren. Darum hat Papst Fabian, nachdem er gesagt hatte: „Dreimal im Jahre sollen alle kommunizieren", beigefügt: „wenn nicht einer durch größere Vergehen gehindert ist". Wenn also jene, die nicht in der Sünde sind, gehalten sind, zu kommunizieren, so scheinen die Sünder in besserer Lage zu sein als die Gerechten; das ist unangebracht. Also scheint es, daß auch die Gerechten sich der Kommunion enthalten dürfen. ANDERSEITS sagt der Herr Jo 6, 54: „Wenn ihr das Q U A E S T I 0 80, 1 1
Utrum
A R T I C U L U S XI liceat cessare omnino a
[4 Sent., dist. 12, q. 3, art. 2, qa 1. 3;
communione
Joan., cap. 6, lect. 7]
AD UNDECIMUM sie proceditur. Videtur quod liceat cessare omnino a communione. Laudatur enim Centurio de hoc quod dicit Matth. 8: „Domine, non sum dignus ut intres sub tectum meum"; cui comparatur ille qui reputat a communione sibi esse abstinendum, ut dictum est. Cum ergo nunquam legatur Christum in ejus domum venisse, videtur quod liceat alicui toto tempore vitae suae a communione abstinere. 2. PRAETEREA, cuilibet licet abstinere ab his quae non sunt de necessitate salutis. Sed hoc sacramentum non est de necessitate salutis, ut supra dictum est. Ergo licet a sumptione hujus sacramenti omnino cessare. 3. PRAETEREA, peccatores non tenentur communicare: unde Fabianus papa (loc. cit. art. praec. ad 5), cum dixisset: „Ter in anno omnes communicent", adjunxit: ,.nisi forte quis majoribus criminibus impediatur". Si ergo illi qui non sunt in peccato tenentur communicare, videtur quod melioris conditionis sint peccatores quam justi, quod est inconveniens. Ergo videtur quod etiam justis liceat a communione cessare. SED CONTRA est quod Dominus dicit Joan. 6: „Nisi man-
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80, n Fleisch des Menschensohnes nicht esset und Sein Blut nicht trinket, werdet ihr das Leben nicht in euch haben." ANTWORT: Es gibt eine zweifache Art, dieses Sakrament zu empfangen, die geistige und die sakramentale (Art. 1). Offenbar sind aber alle gehalten, [es] wenigstens geistig zu essen, denn das ist, Christus einverleibt werden (Art. 9 Zu 3; 73, 3 Zu 1). Das geistige Essen aber schließt den Vorsatz und die Sehnsucht, dieses Sakrament zu empfangen, ein (Art. 1 Zu 3; Art. 2). Darum kann ohne den Vorsatz, dieses Sakrament zu empfangen, der Mensch das Heil nicht haben. Umsonst aber wäre das Verlangen, falls es nicht erfüllt würde, wann sich Gelegenheit [dazu] bietet. Somit ist der Mensch offenbar gehalten, dieses Sakrament zu empfangen, nicht bloß kraft kirchlicher Satzung, sondern sogar kraft des Auftrags des Herrn, der Mt 26 [Lk 22, 19; 1 Kor 11, 2 4 f . ] sagt: „Tut dies zu Meinem Gedächtnis." Die Zeiten aber, das Gebot Christi zu erfüllen, sind festgesetzt kraft kirchlicher Satzung. Z u 1. Wie Gregorius sagt, „ist das die wahre Demut, die nicht hartnäckig ist im Zurückweisen dessen, was nützlich vorgeschrieben ist". Darum kann die Demut nicht lobenswert sein, wenn sich jemand gegen das Gebot Christi und der Kirche gänzlich von der Kommunion Q U A E S T I 0 80, 11
ducaveritis carnem Filii hominis, et biberitis ejus sanguinem, non habebitis vitam in vobis." RESPONDEO dicendum quod, sicut supra dictum est, duplex est modus percipiendi hoc sacramentum, scilicet spiritualis et sacramentalis. Manifestum est autem quod omnes tenentur saltem spiritualiter manducare, quia hoc est Christo incorporari, ut supra dictum est. Spiritualis autem manducatio includit votum seu desiderium percipiendi hoc sacramentum, ut supra dictum est. Et ideo sine voto percipiendi hoc sacramentum non potest homini esse salus. Frustra autem esset votum nisi impleretur quando opportunitas adesset. Et ideo manifestum est quod homo tenetur hoc sacramentum sumere, non solum ex statuto Ecclesiae, 1 sed etiam ex mandato Domini dicentis Matth. 26: „Hoc facite in meam commemorationem." Ex statuto autem Ecclesiae sunt delerminata teinpora exequendi Christi praeceptum. AD PRIMUM ergo dicendum quod, sicut Gregorius dicit in mpl Pastorali [parte 1, cap. 6], „illa est vera humilitas, cum ad 77/19 respuendum quod utiliter praecipitur pertinax non est". Et ideo non potest esse laudabilis humilitas, si contra praeceptum Christi et Ecclesiae aliquis omnino a communione abstineat. l Cf. pag. 270, nota 1.
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enthält. Dem Hauptmann ist auch nicht vorgeschrieben 80,12 worden, Christus in sein Haus aufzunehmen. Z u 2. Dieses Sakrament heißt nicht heilsnotwendig in dem Sinne wie die Taufe für Kinder, die das Heil ohne dieses Sakrament haben können, aber nicht ohne das Sakrament der Taufe. Für die Erwachsenen aber sind beide notwendig. Z u 3. Die Sünder leiden großen Schaden dadurch, daß sie vom Empfang dieses Sakramentes zurückgewiesen werden; sie sind daher in keiner besseren Lage. Wenngleich sie, solange sie in Sünden verharren, deshalb nicht von der Übertretung des Gebotes entschuldigt sind, so sind doch die Büßer, die, w i e Innozenz [ I I I . ] sagt, „nach dem Rat des Priesters sich enthalten", entschuldigt. 12. A R T I K E L Darf man den Leib des Herrn ohne Sein Blut empfangen? 1. Papst Gelasius [I.] sagt: „Wir haben erfahren, daß einige nur teil am heiligen Leibe nehmen und sich vom Kelch des heiligen Blutes enthalten. Ohne Zweifel sollen diese — denn ich weiß nicht, von welchem Aberglauben sie belehrt werden, sich so zu beschränken — entweder die ganzen Geheimnisse empfangen oder von Q U A E S T I O 80, 12
Neque enim Centurioni praeceptum fuit ut Christum in sua domo reciperet. AD SECUNDUM dicendum quod hoc sacramentum dicitur non esse necessitatis sicut baptismus quantum ad pueros, quibus potest esse salus sine hoc sacramento, non autem sine sacramento baptismi. Quantum vero ad adultos, utrumque est neressjfatis. AD TERTIUM dicendum quod peccatores magnum detrimentum patiuntur ex hoc quod repelluntur a perceptione hujus sacramenti, unde per hoc non sunt melioris conditionis; et licet in peccatis permanentes non excusentur propter hoc a transgressione praecepti, poenitentes tarnen qui, ut Innocentius clicit (loc. cit. art. praec. ad 5), „secundum consilium sacerdotis abstinent", excusantur. Utrum
liceat
A R T I C U L U S XII s u m e r e corpus Domini sanguine
[4 Sent., dist. 12, q. 3, art. 2, qa 2. 3;
sine
Joan., cap. 6, leot. 7]
AD DUODECIMUM sie proceditur. Videtur quod non liceat sumere corpus Christi sine sanguine. Dicit enim Gelasius papa MPL et habetur de Consecr., dist. 2 [can. Comperimus]: „Compe- 59/141 rimus quod quidam, sumpta tantummodo corporis sacri por- ¡fijfig tione, a calice sacrati cruoris abstinent; qui proeul dubio, quoniam nescio qua superstitione docentur adstringi, aut integra
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80,12 den ganzen abgehalten werden." Also ist es nicht erlaubt, den Leib Christi ohne Sein Blut zu empfangen. 2. Zur Vollständigkeit dieses Sakramentes kommen das Essen des Leibes und das Trinken des Blutes zusammen (73, 3). Wenn also der Leib ohne das Blut empfangen wird, ist das Sakrament unvollständig. Das scheint aber auf Gottesraub hinauszugehen. Denn an der obigen Stelle (E. 1) fügt Gelasius hinzu: „Weil die Teilung ein und desselben Geheimnisses nicht ohne schweren Gottesraub geschehen kann." 3. Dieses Sakrament wird gefeiert zum Andenken an das Leiden des Herrn (73, 4, 5; 74, 1; 66, 9 Zu 5: Bd. 29) und wird empfangen zum Heil der Seele. Das Leiden Christi aber wird mehr im Blute zum Ausdruck gebracht als im Leibe; auch wird das Blut für das Heil der Seele dargebracht (74, 1; 76, 2 Zu 1). Also müßte man sich eher vom Empfange des Leibes als vom Empfange des Blutes enthalten. Also dürfen die, welche zu diesem Sakramente hinzutreten, den Leib Christi nicht ohne Sein Blut empfangen. ANDERSEITS ist es Brauch vieler Kirchen, dem kommunizierenden Volk den Leib Christi zum Empfang zu geben, aber nicht das Blut [111]. ANTWORT: In bezug auf den Gebrauch dieses Sakrakramentes kann man zweierlei betrachten: Das eine vom Sakrament selbst her, das andere von den Empfangenden Q U A E S T I O 80, 12
sacramenta percipiant, aut ab integris arceantur." Non ergo licet sumere corpus Christi sine ejus sanguine. 2. PRAETEREA, ad perfectionem hujus sacramenti concurrit et manducatio corporis et potatio sanguinis, ut supra habitum est. Si ergo sumatur corpus sine sanguine, erit sacramentum imperfectum, quod ad sacrilegium pertinere videtur; unde ibidem Gelasius subdit: „Quia divisio unius ejusdemque mysterii sine grandi sacrilegio provenire non potest." 3. PRAETEREA, hoc sacramentum celebratur in memoriam dominicae passionis, ut supra dictum est, et sumitur pro animae salute. Sed passio Christi magis exprimitur in sanguine quam in corpore; sanguis etiam pro salute animae offertur, ut supra habitum est. Potius ergo esset abstinendum a sumptione corporis quam a sumptione sanguinis. Ergo accedentes ad hoc sacramentum non debent sumere corpus Christi sine ejus sanguine. SED CONTRA est multarum Ecclesiarum usus, in quibus populo communicanti datur corpus Christi sumendum, non autem sanguis. RESPONDEO dicendum quod circa usum hujus sacramenti duo possunt considerari: unum ex parte ipsius sacramenti, aliud ex parte sumentium. Ex parte quidem ipsius sacramenti con-
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her. Vom Sakrament selber aus gesehen, ist es angemes- 80,12 sen, daß beides, nämlich der Leib und das Blut, empfangen werde, weil in beiden die Vollständigkeit des Sakramentes besteht. Und darum darf der Priester, weil es seines Amtes ist, dieses Sakrament zu weihen und zu vollziehen, auf keine Weise den Leib Christi ohne das Blut empfangen. Auf seiten der Empfänger aber ist die höchste Ehrfurcht und Vorsicht erforderlich, daß nicht etwas vorkomme, was zu einer Beleidigung gegen ein so großes Geheimnis werde. Das könnte vorkommen hauptsächlich beim Empfange des Blutes, das, wenn es unvorsichtig empfangen würde, leicht verschüttet werden könnte. Und weil die Menge des christlichen Volkes angewachsen ist, unter der auch Greise und Jünglinge und Kinder sind, von denen einige nicht so viel Unterscheidungsvermögen haben, daß sie die nötige Vorsicht in bezug auf den Gebrauch dieses Sakramentes anwendeten, deshalb wird vorsorglich in manchen Kirchen [der Brauch] beobachtet, daß das Blut dem Volk nicht zum Empfange gereicht, sondern nur vom Priester empfangen wird. Z u 1. Papst Gelasius spricht von den Priestern, die, wie sie das ganze Sakrament weihen, auch das ganze kommunzieren müssen. Im Konzil von Toledo ist nämlich zu lesen: „Was ist das für ein Opfer, bei dem nicht einmal zu erkennen ist, daß der Opfernde selber teilnimmt?" Q U A E S T I 0 80, 12
venit quod utrumque sumatur, scilicet et corpus et sanguis, quia in utroque consistit perfectio sacramenti, et ideo quia ad sacerdotem pertinet hoc sacramentum consecrare et perficere, nullo modo debet corpus Christi sumere sine sanguine. Ex parte autem sumentium requiritur summa reverentia et cautela, ne aliquid accidat quod vergat ad injuriam tanti mysterii. Quod praecipue posset accidere in sanguinis sumptione, qui quidem si incaute sumeretur, de facili posset effundi. Et quia crevit multitudo populi christiani, in qua continentur senes, et juvenes, et parvuli, quorum quidam non sunt tantae discretionis, ut cautelam debitam circa usum hujus sacramenti adhibeant, ideo provide in quibusdam ecclesiis observatur, ut populo sanguis sumendus non detur, sed solum a sacerdote sumatur. AD PRIMUM ergo dicendum quod Gelasius papa loquitur quantum ad sacerdotes, qui sicut totum consecrant sacramentum, ita etiam toti communicare debent. Ut enim legitur in concilio Toletano [XII, can. 5]: „Quäle erit sacriflcium, cui 1 nec ipse sacriflcans particeps 2 esse dignoscitur?" 3 1 L: ubi. 2 L om. 3 Cf. Gratian., De Consecr., dist. 2, can. Relatum est; Frdb. 1/1317.
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80,12
Zu 2. Die Vollständigkeit dieses Sakramentes bestellt nicht im Gebrauch der Gläubigen, sondern in der Weihe des Stoffes. Darum tut es der Vollständigkeit dieses Sakramentes keinen Eintrag, wenn das Volk den Leib ohne das Blut empfängt, wenn nur der konsekrierende Priester beides empfängt. Z u 3. Die Vergegenwärtigung des Herrnleidens geschieht eben bei der Konsekration dieses Sakramentes, in welcher der Leib nicht ohne das Blut konsekriert werden darf. Vom Volk aber kann der Leib ohne das Blut empfangen werden; auch erfolgt daraus kein Nachteil. Denn der Priester opfert und empfängt in der Person aller das Blut, und unter jeder der beiden Gestalten ist der ganze Christus enthalten (76, 2). Q U A E S T I O 80, 12
AD SECUNDUM dicendum quod perfectio hujus sacramenti non est in usu fidelium, sed in consecratione materiae. Et ideo nihil derogat perfectioni hujus sacramenti, si populus sumat corpus sine sanguine, dummodo sacerdos consecrans sumat utrumque. AD TERTIUM dicendum quod repraesentatio dominicae passionis agitur in ipsa consecratione hujus sacramenti, in qua non debet corpus sine sanguine consecrari: potest autem a populo corpus sine sanguine sumi; nec exinde sequitur aliquod detrimentum, quia sacerdos in persona omnium sanguinem offert et sumit; et sub utraque specie totus Christus continetur, ut supra habitum est.
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81. F R A G E
81,1
DER GEBRAUCH DIESES SAKRAMENTES, DEN CHRISTUS BEI DESSEN EINSETZUNG MACHTE Dann ist der Gebrauch dieses Sakramentes, den Christus bei dessen Einsetzung machte, zu betrachten. Darüber ergeben sich vier Einzelfragen: 1. Hat Christus selbst Seinen Leib und Sein Blut empfangen? 2. Gab Er sie dem Judas? 3. Welchen Leib empfing, bzw. gab Er: den leidensfähigen oder den leidensunfähigen? 4. Wie hätte Christus sich unter diesem Sakramente verhalten, wenn es während Seiner dreitägigen Todesdauer aufbewahrt oder geweiht worden wäre? 1. A R T I K E L Hat Christus Seinen Leib und Sein Blut empfangen? 1. Über die Werke und Worte Christi darf nichts behauptet werden, was nicht von der Autorität der heiligen Schriften überliefert ist. In den Evangelien aber steht nichts davon, daß Christus Seinen Leib genossen oder Sein Blut getrunken habe. Also ist das nicht zu behaupten. QUAESTIO
LXXXI
DE USU HUJUS SACRAMENTI QUO CHRISTUS USUS EST IN PRIMA SUI INSTITUTIONE Deinde considerandum est de usu hujus sacramenti, quo Christus usus est in prima sui institutione. Et circa hoc quaeruntur quatuor: 1. Utrum Christus sumpserit suum corpus et sanguinem. — 2. Utrum Judae dederit. — 3. Quäle corpus sumpserit, aut dederit, utrum scilicet passibile vel impassibile. — 4. Quomodo se habuisset Christus sub hoc sacramento, si fuisset in triduo mortis reservatum aut consecratum. ARTICULUS I Utrum Christus sumpserit suum corpus sanguinem
et
[Infra, q. 84, art. 7 ad 4; 4 Seilt., dist. 11, q. 3, art. 1]
AD PRIMUM sie proceditur. Videtur quod Christus non sumpserit corpus suum et sanguinem. Non enim de factis Christi et dictis asseri debet quod auetoritate sacrae Scripturae non traditur. Sed in Evangeliis non habetur quod Christus corpus suum mandueaverit, aut sanguinem suum biberit. Non ergo est hoc asserendum. 277
81, i
2. Nichts Kann in sich selber sein außer etwa auf Grund seiner Teile, sofern einer seiner Teile in einem anderen ist (Aristoteles). Das aber, was gegessen und getrunken wird, ist in dem, der ißt und trinkt. Da aber der ganz© Christus in jeder der beiden Gestalten ist [76, 2], scheint es unmöglich gewesen zu sein, daß Er selber dieses Sakrament empfangen hat. 3. Der Genuß dieses Sakramentes ist zweifach, nämlich geistig und sakramental. Der geistige Genuß aber war nicht für Christus da, weil Er nichts [d. i. keine Frucht] vom Sakrament empfing. Folglich auch nicht der sakramentale, der ohne den geistigen unvollständig ist (80, 1). Also hat Christus dieses Sakrament gar nicht empfangen. ANDERSEITS sagt Hieronymus: „Der Herr Jesus ist selber Tischgenosse und Mahl, Er ißt selber und wird gegessen." ANTWORT: Einige sagten, daß Christus beim Abendmahle Seinen Leib und Sein Blut den Jüngern gab, sie aber selber nicht nahm. Das scheint jedoch nicht sinngemäß behauptet zu werden, denn Christus hat das, was Er von anderen befolgen ließ, zuerst selbst befolgt. Darum wollte Er auch selber vorher getauft werden, bevor Er anderen die Taufe auferlegte, nach Apg 1,1: „Jesus begann zu wirken und zu lehren." Also hat Er auch selber zuerst Q U A E S T I 0 81, L
2. PRAETEREA, nihil potest esse in seipso, nisi forte ratione partium, prout scilicet una pars ejus est in alia, ut habetur 210a25sqq. 4 Phys. [cap. 3; 4]. Sed illud quod manducatur et bibitur, 211 a 29 sqq. e s t i n manducante et bibente. Cum igitur totus Christus sit sub utraque specie sacramenti, videtur impossibile fuisse quod ipse sumpserit hoc sacramentum. 3. PRAETEREA, duplex est sumptio hujus sacramenti, scilicet spiritualis et sacramentalis. Sed spiritualis non competebat Christo, quia nihil a sacramento accepit; et per consequens nec sacramentalis, quae sine spirituali est imperfecta, ut supra habitum est. Ergo Christus nullo modo hoc sacramentum sumpsit. SED CONTRA est quod Hieronymus dicit ad Hedibiam MPL [ep. 120]: „Dominus Jesus Christus ipse conviva et convivium, 1 22/986 I P S E comedens et qui comeditur." RESPONDEO dicendum quod quidam dixerunt quod Christus in coena corpus et sanguinem suum discipulis suis tradidit, non tarnen ipse sumpsit. Sed hoc non videtur convenienter dici, quia Christus ea quae ab aliis observanda instituit, ipse primitus observavit. Unde et ipse prius baptizari voluit quam aliis baptismum imponeret, secundum illud Act. 1: „Coepit Jesus facere et docere." Unde et primo ipse corpus suum et 1
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Cf. Gratian., De Consecr., dist. 2, can. Nec Moyses; Frdb. 1/1350.
Seinen Leib und Sein Blut genommen und darauf Seinen 81,1 Jüngern zum Empfange gereicht. Das sagt auch von Ruth 3, 7, ,Als er gegessen und getrunken hatte' usw. eine Glosse [zu Hebr 2, 14], daß „Christus beim Abendmahle aß und trank, als Er das Sakrament Seines Leibes und Blutes den Jüngern gegeben hatte. Somit ,nahm Er, da nun die Kinder am Fleische und Blute teilhaben, auch selber daran teil'." Z u 1. In den Evangelien ist zu lesen, daß Christus „Brot und Kelch nahm" [Mt 26, 26 f.; Mk 14, 22 f.; Lk 22, 19f.; 1 Kor 11, 23. 25]. Das ist aber nicht so zu verstehen, als ob Er sie nur in Seine Hände genommen hätte, wie einige sagen; sondern so nahm Er sie, wie Er sie den anderen zum Empfange gab. Deshalb ist, wenn Er den Jüngern sagte: „Nehmt hin und esset" [Mt 26, 26] und dann „Nehmet hin und trinket" [V. 27], das so zu verstehen, daß der Herr selber aß und trank. Darum sagten einige in einem Verse: Rings von den Zwölfen beim Mahle umgeben sitzet der König: Sich in den Händen Er hält, sich als die Speise Er speist. Z u 2. Christus, sofern Er unter diesem Sakrament ist, tritt zum Ort in Beziehung nicht entsprechend Seinen eigenen Raummaßen, sondern entsprechend den Raummaßen der sakramentalen Gestalten, in der Weise, daß an jedem Q U A E S T I 0
81, L
sanguinem sumpsit, et postea discipulis sumendum tradidit. Et hoc est quod, Ruth 3, super illud: ,Cumque comedisset et bibisset' etc., dicit Glossa, quod „Christus comedit et bibit in Ord. MPL Cena, cum corporis et sanguinis sui sacramentum discipulis 108/I2i2f. tradidit. Unde ,quia pueri communicaverunt carni et sanguini, et ipse participavit eisdem'." AD PRIMUM ergo dicendum quod in Evangeliis legitur quod Christus „accepit panem et calicem"; non est autem intelligendum quod acceperit solum in manibus, ut quidam dicunt; sed eo modo accepit quo aliis accipiendum tradidit; unde cum discipulis dixerit: „Accipite et comedite"; et iterum, „Accipite et bibite", intelligendum est quod ipse accipiens comederit et biberit. Unde et quidam metrice dixerunt: Rex sedet in Cena: Turba cinctus duodena; Se tenet in manibus, Se cibat ipse cibus. AD SECUNDUM dicendum quod, sicut supra dictum est, Christus secundum quod est sub hoc sacramento, comparatur ad locum non secundum proprias dimensiones, sed secundum dimensiones specierum sacramentalium, ita quod in quocum-
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81, l beliebigen Ort, wo diese Gestalten sind, auch Christus selbst ist (76, 5). Und weil jene Gestalten in den Händen und im Munde Christi sein konnten, konnte Christus ganz in Seinen Händen und in Seinem Munde sein. Das hätte aber nicht sein können, sofern Er zum Orte entsprechend den eigenen Raummaßen in Beziehung tritt. Z u 3. Die Wirkung dieses Sakramentes ist nicht nur Vermehrung der zuständlichen Gnade, sondern auch gegenwärtige Ergötzung an geistiger Wonne (79, 1 Zu 2). Obwohl aber für Christus die Gnade nicht vermehrt wurde infolge des Empfanges dieses Sakramentes, so hatte Er doch eine Art geistiger Ergötzung bei der neuen Einsetzung dieses Sakramentes. Darum sagte Er selbst Lk 22, 15: „Mit Sehnsucht habe Ich verlangt, dieses Osterlamm mit euch zu essen." Das legt Eusebius aus von dem neuen Geheimnis des Neuen Testamentes, das Er den Jüngern übergab. Darum aß Er geistig und gleicherweise sakramental, sofern Er Seinen Leib unter dem Sakramente empfing, was Er als Sakrament Seines Leibes erkannte und einsetzte; in anderer Weise aber, als die anderen sakramental und geistig empfangen, die eine Vermehrung der Gnade erlangen und der sakramentalen Zeichen bedürfen zur Erfassung der Wahrheit. Q U A E S T I O 81, l
que loco ubi sunt illae species, est ipse Christus; et quia species illae potuerunt esse in manibus et in ore Christi, ipse totus Christus potuit esse in suis manibus et in suo ore. Non autem proprias dimensiones 1 . AD TERTIUM dicendum quod, sicut supra dictum est, effectus hujus sacramenti est non solum augmentum habitualis gratiae, sed etiam quaedam actualis delectatio spiritualis dulcedinis. Quamvis autem Christo gratia non fuerit augmentata ex susceptione hujus sacramenti, habuit tarnen quamdam spiritualem delectationem in nova institutione hujus sacramenti. Unde ipse dicebat Luc. 22: „Desiderio desideravi hoc Pascha manducare vobiscum"; quod Eusebius exponit de novo mysterio Parm. xu novi Testamenti, quod tradebat discipulis [habetur in Cat. S. 227 a Th.]. Et ideo spiritualiter manducavit, et similiter sacramentaliter, inquantum corpus suum sub sacramento sumpsit, quod sacramentum sui corporis intellexit et disposuit; aliter tarnen quam ceteri sacramentaliter et spiritualiter sumant; qui augmentum gratiae suscipiunt, et sacramentalibus signis indigent ad veritatis perceptionem. 1
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L: species.
81,2 2. A R T I K E L Gab Christus dem Judas Seinen Leib? 1. Nach Mt 26, 29 sagte der Herr, nachdem Er den Jüngern Seinen Leib und Sein Blut gegeben hatte, zu ihnen: „Ich werde von jetzt ab von diesem Gewächs des Weinstockes nicht mehr trinken bis zu dem Tage, da Ich es neu mit euch trinken werde im Reiche Meines Vaters." Also scheint es, daß jene, denen Er Seinen Leib und Sein Blut gegeben hatte, wieder mit Ihm trinken sollten. Judas aber trank hernach nicht mit Ihm. Also empfing er nicht mit den Jüngern den Leib und das Blut Christi. 2. Der Herr erfüllte, was Er befahl nach Apg 1, 1: „Jesus begann zu wirken und zu lehren." Er selbst aber befahl Mt 7, 6: „Gebet das Heilige nicht den Hunden." Da Er aber selber erkannte, Judas sei ein Sünder, scheint Er ihm Seinen Leib und Sein Blut nicht gegeben zu haben. 3. Bei Jo 13, 26 ist zu lesen, daß Christus dem Judas in besonderer Weise „einen eingetunkten Bissen" reichte. Wenn Er ihm also Seinen Leib gab, scheint Er ihn ihm unter dem Bissen gegeben zu haben, zumal ebendort zu lesen ist: „Und nach dem Bissen fuhr der Satan in ihn" (V. 27). Dazu sagt Augustinus: „Hier werden wir belehrt, wie sehr wir uns hüten müssen, das Gute schlecht zu empfangen. Wenn nämlich getadelt wird, wer ,nicht Q U A E S T I O 81, 2
Utrum
Christus
A R T I C U L U S II Judae dederit
corpus
suum
[4 Sent., dist. 11, q. 3, art. 2, qa 1. 2; Matth., cap. 26; Joan., cap. 18, leet. 3. 4]
AD SECUNDUM sie proceditur. Videtur quod Christus Judae non dederit corpus suum. Ut enim legitur Matth. 26, postquam dedit Dominus corpus suum et sanguinem diseipulis, dixit eis: „Non bibam amodo de hoc genimine vitis usque in diem illum cum illud bibam vobiscum novum in regno Patris mei." Ex quo videtur quod illi quibus corpus suum et sanguinem dederat, cum eo essent iterum bibituri. Sed Judas postea cum ipso non bibit. Ergo non aeeepit cum aliis diseipulis corpus Christi et sanguinem. 2. PRAETEREA, Dominus implevit quod praeeepit, secundum illud Act. 1: „Coepit Jesus facere et docere." Sed ipse praeeepit Matth. 7: „Nolite sanetum dare oanibus." Cum ergo ipse cognosceret Judam esse peccatorem, videtur quod ei corpus suum et sanguinem non dederit. 3. PRAETEREA, Christus specialiter legitur Judae „panem intinetum" porrexisse, Joan. 13. Si ergo corpus suum ei dedit, videtur quod sub buccella ei dederit: praeeipue cum legatur ibidem, „Et post buccellam introivit in eum Satanas"; ubi Augustinus dicit [tr. 62 in Joan.]: „Hinc nos docemur quam M P L sit cavendum male aeeipere bonum. Si enim corripitur qui 35/1802
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81, 2 unterscheidet', d. h. den L e i b d e s H e r r n und d i e übrigen Speisen nicht auseinanderhält, wie w i r d d e r v e r d a m m t w e r d e n , der zu Seinem Tisch, den F r e u n d spielend, in Wirklichkeit a b e r als F e i n d h i n z u t r i t t ? " A b e r mit dem eingetunkten B i s s e n erhielt er nicht den L e i b Christi, wie Augustinus zu J o 13, 26, ,Als E r das B r o t eingetunkt hatte, g a b E r es J u d a s , d e m Sohn Simons aus Kariot', sagt: „ J u d a s empfing d a m a l s nicht allein, w i e manche, nachlässig lesend, glauben, d e n L e i b Christi." Also scheint J u d a s den L e i b Christi nicht e m p f a n g e n zu haben. A N D E R S E I T S sagt C h r y s o s t o m u s : „ J u d a s w u r d e durch die T e i l n a h m e an d e n Geheimnissen nicht bekehrt. D a r u m wird sein V e r b r e c h e n von zwei Seiten h e r s c h r e c k l i c h e r : sowohl weil er mit einem solchen Vorsatz im Herzen zu den Geheimnissen hinzutrat, als auch weil er hinzutretend nicht b e s s e r g e w o r d e n ist w e d e r durch die F u r c h t noch durch d i e W o h l t a t noch durch die A u s z e i c h n u n g . " A N T W O R T : Hilarius n a h m [zu Mt 26, 1 7 f f . ] an, d a ß Christus dem J u d a s S e i n e n L e i b und Sein Blut nicht gab. U n d d a s w ä r e a n g e b r a c h t g e w e s e n in A n b e t r a c h t d e r Bosheit d e s J u d a s . W e i l a b e r Christus uns ein Beispiel der Gerechtigkeit sein sollte, w a r es mit Seinem L e h r a m t nicht v e r e i n b a r , d a ß E r J u d a s , einen g e h e i m e n Sünder, ohne A n k l ä g e r und zwingenden B e w e i s von d e r Gemeinschaft mit den a n d e r e n trennte, damit dadurch den Q U A E S T I O 81, 2
mpg 58/737
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,non dijudicat', id est, non discernit corpus Domini a ceteris cibis; quomodo n o n 1 damnabitur qui ad ejus mensam, flngens se amicum, accedit inimicus?" Sed cum buccella intincta non accepit corpus Christi: ut enim Augustinus dicit super illud Joan. 13, ,Cum intinxisset panem, dedit Judae Simonis Iscariotis' {loc. cit.] : „Non, ut putant quidam, negligenter legentes, tunc J u d a s 2 corpus Christi accepit." Ergo videtur quod Judas corpus Christi non acceperit. SED CONTRA est quod Chrysostomus dicit [hom. 82 in Matth.]: „Judas particeps existens mysteriorum conversus non e g { . u n ( j e fit scelus ejus utrinque immanius, tum quia tali proposito imbutus adiit mysteria, tum quia adiens melior factus non fuit nec metu, nec beneficio, nec honore." RESPONDEO dicendum quod Hilarius posuit super Matthaeum [cap. 30, num. 2, in Matth, cap. 26, vers. 17 sqq.], quod Christus Judae corpus suum et sanguinem non dedit. Et hoc quidem conveniens fuisset, considerata malitia Judae. Sed quia Christus nobis debuit esse exemplum justitiae, non conveniebat ejus magisterio ut Judam occultum peccatorem sine accusatore et evidenti probatione ab aliorum communione separaret; ne 1 L om. 2 L add.: solus.
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P r ä l a t e n der Kirche nicht ein Beispiel gegeben w e r d e , 81, 2 ähnliches zu tun, u n d J u d a s selbst, erbittert, d a h e r A n l a ß zur S ü n d e n e h m e . D a r u m m u ß m a n sagen, d a ß J u d a s mit d e n a n d e r e n J ü n g e r n den Leib u n d d a s Blut des H e r r n empfing, w i e Dionysius und Augustinus lehren. Z u 1. J e n e r G r u n d ist d e r des Hilarius, womit gezeigt w e r d e n soll, d a ß J u d a s den Leib des H e r r n nicht empfing. Er ist aber nicht zwingend. D e n n Christus spricht zu d e n J ü n g e r n , von d e r e n Gemeinschaft sich J u d a s trennte. Christus selbst a b e r schloß ihn nicht aus. U n d d a r u m trinkt Christus, soweit es auf I h n a n k o m m t , auch mit J u d a s den W e i n im Reiche Gottes; dieses Mahl a b e r h a t J u d a s selbst verschmäht. Z u 2. Christus w a r die Bosheit des J u d a s b e k a n n t , wie Gott; aber sie w a r I h m nicht b e k a n n t auf die Weise, auf die sie den Menschen b e k a n n t wird. D a r u m hielt E r J u d a s nicht von d e r K o m m u n i o n zurück, u m ein Beispiel zu geben, d a ß solche g e h e i m e S ü n d e r nicht von den a n d e r e n Priestern zurückzuhalten seien. Z u 3. Zweifellos empfing J u d a s u n t e r dem eingetauchten Brot nicht den Leib Christi, sondern gewöhnliches Brot. „Es wird a b e r vielleicht", w i e Augustinus an der gleichen Stelle sagt, „durch das E i n t u n k e n des Brotes die Verstellung des J u d a s a n g e d e u t e t ; manches wird nämlich eingetaucht, d a m i t es benetzt wird. W e n n a b e r das E i n t a u c h e n h i e r etwas Gutes bedeutet", nämlich die QUAESTIO
81, 2
per hoc daretur exemplum praelatis Ecclesiae similia faciendi, et ipse Judas exasperatus inde sumeret occasionem peccandi. Et ideo dicendum est quod Judas cum aliis discipulis corpus Domini et sanguinem suscepit, ut dicit Dionysius in libro Eccl. MPG Hier. [cap. 31, et Augustinus super Joan. [tr. 62], AD PRIMUM ergo dicendum quod illa est ratio Hilanii [loc. 35/1802 cit.], ad ostendendum quod Judas corpus Christi non sumpsit; non tarnen cogit, quia Christus loquitur discipulis, a quorum collegio Judas se separavit. Non autem Christus eum exclusit; et ideo Christus, quantum est in se, etiam cum Juda vinum in regno Dei bibit; sed hoc convivium ipse Judas repudiavit. AD SECUNDUM dicendum quod Christo nota erat Judae iniquitas, sicut Deo; non autem erat ei nota per modum quo hominibus innotescit. Et ideo Christus Judam non repulit a communione, ut daret exemplum, tales peccatores occultos non esse ab aliis sacerdotibus expellendos. AD TERTIUM dicendum quod sine dubio Judas sub pane intincto corpus Christi non sumpsit, sed simplicem panem. „Signiflcatur autem fortassis", ut Augustinus ibidem dicit, „per panis intinctionem Actio Judae; ut enim inficiantur, nonnulla intinguntur. Si autem bonum aliquid hic significat tinctio",
283
81,3 Süßigkeit der göttlichen Güte, weil das Brot durch das Eintunken schmackhafter gemacht wird, „so heftet sich an das gleiche Gut für den Undankbaren nicht unverdienterweise die Verdammnis." Und wegen dieser Undankbarkeit „ist das, was gut ist, für ihn schlecht geworden", wie es bei denen der Fall ist, die den Leib Christi unwürdig empfangen. Und wie Augustinus ebendort sagt, „ist der Vorgang so zu verstehen, daß der Herr bereits vorher allen Seinen Jüngern" das Sakrament Seines Leibes und Blutes „gegeben hatte, wo auch Judas selber dabei war, wie Lukas [22, 19 ff. ] berichtet. Und dann kam man dahin, wo nach dem Bericht des Johannes der Herr durch Eintauchen und Darreichen des Bissens Seinen Verräter kennzeichnet". 3. A R T I K E L Empfing und gab Christus Seinen Jüngern leidensunfähigen Leib ?
Seinen
1. Zu Mt 17, 2, ,Er wurde vor ihnen verklärt', sagt eine Glosse: „Jenen Leib, den Er von Natur aus hatte, gab Er Seinen Jüngern beim Abendmahle, nicht den sterblichen und leidensfähigen." Und zu Lv 2, 5, ,Wenn dein Opfer aus der Pfanne ist', sagt die Glosse: „Das Kreuz, stärker Q U A E S T I O 81, 3
scilicet dulcedinem bonitatis divinae, quia panis ex intinctione sapidior redditur, „eidem bono ingratum non immerito est secuta damnatio." Et propter hanc ingratitudinem „id quod est bonum, factum est ei malum", sicut accidit circa sumentes corpus Christi indigne. MPL 35 Et, sicut Augustinus ibidem dicit, „intelligendum est quod 1801, 1802 Dominus jam antea distribuerat omnibus discipulis suis" sacramentum corporis et sanguinis sui, „ubi et ipse Judas erat, sicut Lucas narrat; ac deinde ad hoc ventum est, ubi secundum narrationem Joannis Dominus per buccellam tinctam atque porrectam suum exprimit proditorem". Utrum
A R T I C U L U S III C h r i s t u s s u m p s e r i t et d e d e r i t suum discipulis impassibile
[4 Sent., dlst. 11, q. 3, art. 3;
corpus
dist. 12, q. 1, art. 3, qa 1]
AD TERTIUM sie proceditur. Videtur quod Christus sumpserit et dederit corpus suum discipulis impassibile, quia super illud Matth. 17, ,Transflguratus est ante eos', dicit quaedam Ord. MPL Glossa 1 : „Illud corpus quod habuit per naturam, dedit disci114/143 pulis in coena, non mortale et passibile." Et Levit. 2, super illud, ,&i oblatio tua fuerit de sartagine', dicit Glossa: „Crux 1 et
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Hesych-, 1 in Levit., cap. 2; MPG 93/808.
als alles, machte das Fleisch Christi, das vor dem Leiden 81,3 nicht zum Genüsse geeignet erschien, hernach geeignet." Christus aber gab Seinen Leib als zum Genüsse geeignet. Also gab Er ihn so, wie Er ihn nach dem Leiden hatte, nämlich als leidensunfähigen und unsterblichen. 2. Jeder leidensfähige Körper leidet durch Berührtund Genossenwerden. Wenn also der Leib Christi leidensfähig war, hätte er durch die Berührung und den Genuß der Jünger gelitten. 3. Die sakramentalen Worte sind von keiner größeren Kraft, wenn sie vom Priester in der Person Christi ausgesprochen werden, als damals, als sie von Christus selber ausgesprochen wurden. Jetzt aber wird kraft der sakramentalen Worte auf dem Altar der leidensunfähige und unsterbliche Leib Christi geweiht. Also vielmehr damals. ANDERSEITS sagt Innozenz III.: „Einen solchen Leib gab Er damals Seinen Jüngern, wie Er ihn hatte." Er hatte aber damals einen leidensfähigen und sterblichen Leib. Also gab Er den Jüngern einen leidensfähigen und sterblichen Leib« ANTWORT: Hugo von St.-Victor nahm an, daß Christus vor dem Leiden zu verschiedenen Zeiten die vier Gaben des verklärten Leibes annahm: die Feinheit nämlich bei der Geburt, als Er aus dem verschlossenen Schöße der Jungfrau hervorging; die Behendigkeit, als Er mit trockeQ U A E S T I O 81, 3
super omnia fortis carnem Christi, quae ante passionem non videbatur esui apta, post aptam fecit." Sed Christus dedit corpus suum, ut aptum ad rrnanduoandum. Ergo dedit tale quäle habuit post passionem, scilicet impassibile et immortale. 2. PRAETEREA, omne corpus passibile per contactum et manducationem patitur. Si ergo corpus Christi erat passibile, per contactum et comestionem discipulorum passum fuisset. 3. PRAETEREA, verba sacramentalia non sunt modo majoris virtutis quando proferuntur a sacerdote in persona Christi, quam tunc quando fuerunt prolata ab ipso Christo. Sed nunc virtute verborum sacramentalium in altari consecratur corpus Christi impassibile et immortale. Ergo multo magis tunc. SED CONTRA est quod, sicut Innocentius III. dicit [4 de M P L Sacr. Alt. Myst., cap. 12], „tale corpus tunc dedit discipulis, 217/8U4 quäle habuit". Habuit autem tunc corpus passibile et mortale. Ergo corpus passibile et mortale discipulis dedit. RESPONDEO dicendum quod Hugo de Sancto Victore 1 posuit, quod Christus ante passionem diversis temporibus quatuor dotes corporis glorificati assumpserit, scilicet subtilitatem in nativitate, quando exivit de clauso utero Virginis; agilitatem, quando 1 Cf. Innoc. III., sermo 14: MPL 217/382.
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3 nen Füßen über das Meer wandelte; die Klarheit in der Verklärung; die Leidensunfähigkeit beim letzten Abendmahle, als Er Seinen Leib den Jüngern zum Genüsse gab. Dementsprechend gab Er Seinen Jüngern den leidensunfähigen und unsterblichen Leib [112]. Aber was immer es sei mit den anderen [Gaben], über welche oben (28, 2 Zu 3: Bd. 26; 45, 2: Bd. 27) ausgeführt wurde, was [von ihnen] zu halten sei, — bezüglich der Leidensunfähigkeit ist sicher unmöglich, was gesagt wird. Denn es ist offenbar, daß es derselbe wahre Leib Christi war, der von den Jüngern damals in der eigenen Gestalt gesehen und in der sakramentalen Gestalt empfangen wurde. Nicht leidensunfähig war er aber so, wie er in der eigenen Gestalt gesehen wurde, vielmehr war er sogar zum Leiden bereitet. Also war auch nicht ebender Leib, der in der sakramentalen Gestalt gegeben wurde, leidensunfähig. In der Weise des Leidensunfähigen war aber unter der sakramentalen Gestalt das, was an sich leidensfähig war, wie auf unsichtbare Weise, was an sich sichtbar war. Wie nämlich das Sehen Verbindung des gesehenen Körpers mit dem umgebenden Mittel des Sehens erfordert, so erfordert das Leiden Verbindung des leidenden Körpers mit den einwirkenden Kräften. Der Leib Christi aber steht, sofern er unter diesem Sakramente ist, zu seiner Umgebung nicht in Beziehung mittels der eigenen Raummaße, womit die Körper sich berühren, sondern mittels der Raummaße der Gestalten von Brot und Wein (Art. 1 Q U A E S T I O 81, 3
ambulavit siccis pedibus super mare; claritatem in transfiguratione; impassibilitatem in coena, quando corpus suum discipulis tradidit manducandum. Et secundum hoc dedit discipulis suis corpus suum impassibile et immortale. Sed quidquid sit de aliis, de quibus supra dictum est, quid sentiri debeat, circa impassibilitatem tarnen impossibile est esse quod dicitur. Manifestum est enim quod idem verum corpus Christi erat quod a discipulis tunc in propria specie videbatur, et in specie sacramenti sumebatur. Non autem erat impassibile secundum quod in propria specie videbatur; quinimo erat passioni paratum. Unde nec ipsum corpus Christi, quod in specie sacramenti dabatur, impassibile erat. Impassibili tarnen modo erat sub specie sacramenti, quod in se erat passibile, sicut invisibiliter, quod in se erat visibile. Sicut enim visio requirit contactum corporis quod videtur, ad circumstans medium visionis, ita passio requirit contactum corporis quod patitur, ad ea quae agunt. Corpus autem Christi, secundum quod est sub sacramento, ut supra dictum est, non comparatur ad ea quae circumstant, mediantibus propriis dimensionibus, quibus corpora se tangunt, sed mediantibus di-
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Zu 2; 76, 5). Darum sind es jene Gestalten, die erleiden 81,3 und gesehen werden, aber nicht der Leib Christi selber. Z u 1. Christus, heißt es, habe beim Abendmahle nicht Seinen sterblichen und leidensfähigen Leib gegeben, weil Er ihn nicht als in sterblicher und leidensfähiger Weise [daseiend] gab. — Das Kreuz aber machte das Fleisch Christi zum Genuß geeignet, sofern dieses Sakrament das Leiden Christi darstellt. Z u 2. Jener Grund wäre stichhaltig, wenn der Leib Christi, so wie er leidensfähig war, ebenso auf leidensfähige Weise unter dem Sakrament gewesen wäre. Z u 3. Die Eigenschaften des Leibes Christi sind in diesem Sakramente kraft tatsächlicher Mitfolge, aber nicht aus der Kraft des Sakramentes, infolge deren die Substanz des Leibes Christi dort ist (76, 4). Darum erstreckt sich die Kraft der sakramentalen Worte darauf, daß unter diesem Sakramente der Leib Christi sei, einerlei welche Eigenschaften in ihm tatsächlich vorhanden sind. Q Ü A E S T I O 81, 3
mensionibus specierum panis et vini; et ideo species illae sunt quae patiuntur et videntur, non autem ipsum corpus Christi. AD PRIMUM ergo dicendum quod Christus dicitur in coena non dedisse corpus suum mortale et passibile, quia non dedit mortali 1 et passibili modo. — Crux autem fecit carnem Christi aptam manducationi, inquantum hoc sacramentum repraesentat passionem Christi. AD SECUNDUM dicendum quod ratio illa procederet, si corpus Christi, sicut erat passibile, ita passibili modo fuisset sub hoc sacramento. AD TERTIUM dicendum quod, sicut supra dictum est, accidentia corporis Christi sunt in hoc sacramento ex reali concomitantia, non autem ex vi sacramenti, ex qua est ibi substantia corporis Christi. Et ideo virtus verborum sacramentalium ad hoc se extendit, ut sit sub sacramento corpus, Christi scilicet, qu'buscumque accidentibus realiter in eo existentibus. 1
L: corporali.
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4
Wäre Christus, wenn Todes in der Pyxis Apostel konsekriert
4. A R T I K E L dieses Sakrament zur Zeit Seines aufbewahrt oder von einem der worden wäre, dort gestorben?
1. Der Tod Christi trat ein durch Sein Leiden. Aber Christus war auch damals auf leidensunfähige Weise in diesem Sakrament. Also konnte Er nicht sterben in diesem Sakrament. 2. Im Tode Christi ist Sein Blut von Seinem Leibe getrennt gewesen. Aber in diesem Sakrament ist zugleich der Leib und das Blut Christi. Also würde Christus in diesem Sakrament nicht sterben. 3. Der Tod tritt ein durch die Trennung der Seele vom Leibe. Aber in diesem Sakrament ist sowohl der Leib Christi als auch Seine Seele enthalten. Also konnte in diesem Sakrament Christus nicht sterben. ANDERSEITS wäre derselbe Christus, der am Kreuze war, im Sakrament gewesen. Am Kreuze aber starb Er. Also würde Er auch in dem aufbewahrten Sakramente sterben. ANTWORT: Der Leib Christi ist seiner Substanz nach derselbe in diesem Sakramente und in seiner eigenen GeQ U A E S T I 0 81, 4
A R T I C U L U S IV mortis U t r u m, s i h o c s a c r a m e n t u m t e m p o r e C h r i s t i f u i s s e t s e r v a t u m in p y x i d e , vel ab aliquo A p o s t o l o r u m consecratum, ibi moreretur [4 Sent., dist. 10, art. 2, qa 1. 4; dist. 11, q. 3, art. 4, qa 1. 2; 4 Cont, Gent., cap. 64; Quodl. 5, q. 6, art. 11 ad 1; Joan., cap. 6, lect. 6; 1 Cor., cap. 11, lect. 6]
AD QUARTUM sic proceditur. Videtur quod si hoc sacramentum tempore mortis Christi fuisset servatum in pyxide, vel ab aliquo Apostolorum consecratum, non ibi moreretur. Mors enim Christi accidit per ejus passionem. Sed Christus impassibili modo etiam tunc erat in hoc sacramento. Ergo non poterat mori in hoc sacramento. 2. PRAETEREA, in morte Christi separatus fuit sanguis ejus a corpore. Sed in hoc sacramento simul est corpus Christi et sanguis. Ergo Christus in hoc sacramento non moreretur. 3. PRAETEREA, mors accidit per separationem animae a corpore. Sed in hoc sacramento continetur tarn corpus quam anima Christi. Ergo in hoc sacramento non poterat Christus mori. SED CONTRA est quod idem Christus, qui erat in cruce, fuisset in sacramento. Sed in cruce moriebatur. Ergo et in sacramento conservato moreretur. RESPONDEO dicendum quod corpus Christi idem in substantia est in hoc sacramento et in propria specie, sed non eo-
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stalt, doch nicht auf dieselbe Weise; denn in der eigenen 81,4 Gestalt grenzt er an die umgebenden Körper durch die eigenen Raummaße, nicht aber sofern er unter diesem Sakramente ist (Art. 3). Darum kann alles, was zu Christus gehört, sofern Er in sich ist, Ihm zugeschrieben werden, sowohl wenn Er in der eigenen Gestalt als auch wenn Er im Sakramente ist: wie leben, sterben, Schmerz empfinden, beseelt oder unbeseelt sein und das übrige derartige. Was immer Ihm aber zukommt im Verhältnis zu den äußeren Körpern, kann Ihm wohl zugeschrieben werden, wie Er in der eigenen Gestalt, nicht aber wie Er im Sakrament ist: wie verspottet, angespieen, gekreuzigt, gegeißelt werden und das übrige derartige. Darum sagten einige : Innen erwachs'nen Schmerz kannst du zuschreiben dem in der Pyxis Aufbewahrten; nicht doch zugefügter Ihm zukommt. Z u 1. Leiden kommt dem leidenden Körper zu im Verhältnis zu einem von außen Wirkenden (Antw.) [113]. Darum kann Christus, sofern Er unter dem Sakramente ist, nicht leiden. Doch kann Er sterben. Z u 2. Kraft der Konsekration ist unter der Gestalt des Brotes der Leib Christi, unter der Gestalt des Weines aber das Blut (76, 2). Dagegen ist zwar jetzt, da tatsächlich das Q U A E S T I O 81, 4
dem modo; nam in propria specie contingit circumstantia Corpora per proprias dimensiones; non autem prout est in hoc sacramento, ut supra dictum est. Et ideo quidquid pertinet ad Christum, secundum quod in se est, potest attribuì ei et in propria specie, et in sacramento existenti, sicut vivere, mori, dolere, animatum vel inanimatimi esse, et cetera hujusmodi; quaecumque vero conveniunt ei per comparationem ad corpora extrinseca, possunt ei attribuì in propria specie existenti, non autem prout est in sacramento, sicut irrideri, conspui, crucifigi, flagellali, et cetera hujusmodi. Unde et quidam metrice dixerunt : Pyxide servato poteris sociare dolorem Innatum; sed non illatus convenit illi. AD PRIMUM ergo dicendum quod, sicut dictum est, passio convenit corpori passo per comparationem ad agens extrinsecum. Et ideo Christus, secundum quod est sub hoc sacramento, pati non potest, potest tarnen mori. AD SECUNDUM dicendum quod, sicut supra dictum est, sub specie panis est corpus Christi ex vi consecrationis, sanguis autem sub specie vini. Sed nunc quidem, quando realiter
19 30
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4 Blut Christi nicht von Seinem Leibe getrennt ist, kraft tatsächlicher Mitfolge sowohl das Blut Christi unter der Gestalt des Brotes zugleich mit dem Leib als auch der Leib unter der Gestalt des Weines zugleich mit dem Blut. Wenn aber zur Zeit des Leidens Christi, da tatsächlich das Blut vom Leibe getrennt gewesen ist, dieses Sakrament konsekriert worden wäre, wäre unter der Gestalt des Brotes bloß der Leib und unter der Gestalt des Weines bloß das Blut gewesen. Z u 3. Die Seele Christi ist in diesem Sakrament kraft tatsächlicher Mitfolge (76, 1 Zu 1), weil sie nicht ohne den Leib ist, nicht aber kraft der Konsekration. Und darum wäre, wenn damals dieses Sakrament konsekriert oder aufbewahrt worden wäre, da die Seele tatsächlich vom Leibe getrennt war, die Seele Christi nicht unter diesem Sakramente gewesen; nicht infolge Versagens der Kraft der Worte, sondern infolge der anderen Verfassung der Sache. Q U A E S T I 0 81, 4
sanguis Christi non est separatus ab ejus corpore, ex reali concomitantia et sanguis Christi est sub specie panis simul cum corpore, et corpus sub specie vini simul cum sanguine. Sed si tempore passionis Christi, quando realiter sanguis fuit separatus a corpore Christi, fuisset hoc sacramentum consecratum, sub specie panis fuisset solum corpus, et sub specie vini fuisset solus sanguis. AD TERTIUM dicendum quod, sicut supra dictum est, anima Christi est in hoc sacramento ex reali concomitantia, quia non est sine corpore, non autem ex vi consecrationis. Et ideo si tunc fuisset hoc sacramentum consecratum vel peractum1, quando anima erat a corpore realiter separata, non fuisset anima Christi sub hoc sacramento, non propter defectum virtutis verborum, sed propter aliam dispositionem rei. 1
290
L: servatum.
82,1
82. F R A G E DER DIENER DIESES SAKRAMENTES Dann ist die Frage über den Diener zu behandeln. Hierin ergeben sich zehn Einzelfragen: 1. Ist es das eigentümliche Amt des Priesters, die ses Sakrament zu weihen? 2. Können mehrere Priester zugleich dieselbe Hostie weihen ? 3. Steht die Ausspendung dieses Sakramentes nur dem Priester zu? 4. Darf sich der konsekrierende Priester der Kommunion enthalten? 5. Kann ein sündiger Priester dieses Sakrament vollziehen? 6. Hat die Messe eines schlechten Priesters weniger Wert als die eines guten? 7. Können Irrgläubige, Getrennte oder Ausgeschlossene dieses Sakrament vollziehen? 8. Können es Abgesetzte? 9. Sündigen jene, die von solchen die Kommunion empfangen? 10. Darf sich der Priester gänzlich der Weihe der Eucharistie enthalten? QUAE STI 0
LXXXII
DE MINISTRO HUJUS
SACRAMENTI
Deinde considerandum est de ministro hujus sacramenti. Et circa hoc quaeruntur decem: 1. Utrum consecrare hoc sacramentum sit proprium sacerdotis. — 2. Utrum plures sacerdotes simul possent eandem hostiam consecrare. — 3. Utrum dispensatio hujus sacramenti pertineat ad solum sacerdotem. — 4. Utrum liceat sacerdoti consecranti a communione abstinere. — 5. Utrum sacerdos peccator possit conflcere hoc sacramentum. — 6. Utrum missa mali sacerdotis minus valeat quam boni. — 7. Utrum haeretici, schismatici vel excommunicati possint conflcere hoc sacramentum. — 8. Utrum degradati. — 9. Utrum peccent a talibus communionem recipientes. — 10. Utrum liceat sacerdoti omnino a consecratione Eucharistiae abstinere.
19*
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82, i Ist
die
Weihe
1. A R T I K E L dieses Sakramentes das Amt des Priesters?
eigentümliche
1. Dieses Sakrament wird geweiht kraft der Worte, welche die F o r m dieses Sakramentes sind (78, 4). J e n e Worte ändern sich aber nicht, ob sie von einem Priester oder ob sie von irgendeinem anderen ausgesprochen werden. Also scheint nicht bloß der Priester, sondern auch jeder beliebige andere dieses Sakrament weihen zu können. 2. Der Priester vollzieht dieses Sakrament in der Person Christi. Ein heiliger Laie aber ist Christus geeint durch die Liebe. Also scheint auch ein Laie dieses Sakrament vollziehen zu können. Darum sagt Chrysostomus, daß „jeder Heilige ein Priester ist". 3. Wie die Taufe zum Heile der Menschen angeordnet ist, so auch dieses Sakrament (74, 1 ; 79, 2). Aber auch ein Laie kann taufen (67, 3 : Bd. 29). Also ist es nicht das eigentümliche Amt des Priesters, dieses Sakrament zu vollziehen. 4. Dieses Sakrament wird in der Weihe des Stoffes vollendet. Andere Stoffe aber zu weihen, nämlich Chrisam und heiliges oder geweihtes öl, ist nur Sache des BiQ U A E S T I 0 82, l
Utrum
ARTICULUS I consecratio hujus sacramenti sit s a c e r d o t i s [Supra, q. 67, art. 2;
proprie
4 Sent., dist. 13, art. 1, qa 1. 2]
AD PRIMUM sie proceditur. Videtur quod consecratio hujus sacramenti non sit proprie sacerdotis. Dictum est enim supra quod hoc sacramentum consecratur virtute verborum, quae sunt forma hujus sacramenti. Sed illa verba non mutantur, sive dicantur a sacerdote, sive a quocumque alio. Engo videtur quod non solus sacerdos, sed etiam quilibet alius possit sacramentum consecrare. 2. PRAETEREA, sacerdos hoc sacramentum conficit in persona Christi. Sed laicus sanetus est unitus Christo per charitatem. Ergo videtur quod etiam laicus possit hoc sacramentum conficere; unide et Chrysostomus dicit super Matth, [hom. 43 MPG in Op. imperf.] quod „omnis sanetus est sacerdos". 56/876 3 PRAETEREA, sicut baptismus ordinatur ad hominum salutem, ita et hoc sacramentum, sicut ex supra dictis patet. Sed etiam laicus potest baptizare, ut supra dictum est. Non ergo est proprium sacerdotis conficere hoc sacramentum. 4. PRAETEREA, hoc sacramentum perficitur in consecratione materiae. Sed alias materias consecrare, scilicet chrisma, et oleum sanetum, et oleum benedictum, pertinet ad solum epi-
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schofs. Doch ist deren Weihe nicht von solcher Würde 82,1 wie die Weihe der Eucharistie, in welcher der ganze Christus ist. Also ist es nicht das eigentümliche Amt des Priesters, sondern nur des Bischofs, dieses Sakrament zu vollziehen. ANDERERSEITS sagt Isidor und das Dekretale: „Den Priester geht es an, das Sakrament des Leibes und Blutes Christi auf dem Altare Gottes zu vollziehen." ANTWORT: Dieses Sakrament ist von solcher Würde, daß es nur in der Person Christi vollzogen wird. Was aber, von wem nur immer, in der Person eines anderen getan wird, das muß geschehen durch die von jenem eingeräumte Vollmacht. Wie aber dem Getauften von Christus die Vollmacht eingeräumt ist, dieses Sakrament zu empfangen, so wird dem Priester, wenn er geweiht wird, die Vollmacht übertragen, dieses Sakrament in der Person Christi zu weihen. Dadurch wird er nämlich in den Rang derer versetzt, zu denen vom Herrn gesagt ist: „Tut dies zu Meinem Gedächtnis" (Lk 22, 19). Darum muß man sagen, daß es das eigentümliche Amt der Priester sei, dieses Sakrament zu vollziehen. Z u 1. Die sakramentale Kraft liegt in mehreren Dingen und nicht bloß in einem; so liegt die Kraft der Taufe sowohl in den Worten als auch im Wasser. Darum liegt auch die Weihekraft nicht nur in den Worten selber, Q U A E S T I 0 82, 1
scopum; quarum tarnen consecratio non est tantae dignitatis, sicut consecratio Eucharistiae, in qua est totus Christus. Ergo non est proprium sacerdotis, sed solius episcopi hoc sacramentum conficere. SED CONTRA est quod Isidorus dicit in quadam epistola et habetur in Decretis, dist. 25 [can. Perlectis]: „Ad presbyte- Frdb. rum pertinet sacramentum corporis et sanguinis Domini i n 1 / 8 9 altari Dei conficere." RESPONDEO dicendum quod, sicut supra dictum est, hoc sacramentum est tantae dignitatis quod non conficitur nisi in persona Christi. Quicumque autem aliquid agit in persona alterius, oportet hoc fieri per potestatem ab illo concessam. Sicut autem baptizato conceditur a Christo potestas sumendi hoc sacramentum; ita sacerdoti, cum ordinatur, confertur potestas hoc sacramentum consecrandi in persona Christi. Per hoc enim ponitur in gradu eorum quibus dictum est a Domino Lucae 22: „Hoc facite in meam commemorationem." Et ideo dicendum est quod proprium est sacerdotum conficere hoc sacramentum. AD PRIMUM ergo dicendum quod virtus sacramentalis in pluribus consistit, et non in uno tantum, sicut virtus baptismi consistit in ipsis verbis et in aqua. Unde et virtus consecrativa non solum consistit in ipsis verbis, sed etiam in potestate sa-
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82, i sondern auch in der Vollmacht, die dem Priester bei seiner Weihe und Einsetzung übertragen wird, wenn ihm vom Bischof gesagt wird: „Empfange die Gewalt, in der Kirche sowohl für die Lebenden als auch für die Verstorbenen das Opfer darzubringen." Denn auch die werkzeugliche Kraft liegt in mehreren Werkzeugen, durch welche die Hauptursache wirkt. Zu 2. Der gerechte Laie ist mit Christus vereint in geistiger Einigung durch den Glauben und die Liebe, aber nicht durch die sakramentale Vollmacht. Und darum hat er ein geistiges Priestertum, um geistige Opfergaben darzubringen, von denen es im Ps 51 (50), 19 heißt: „Opfer vor Gott ist ein zerknirschter Geist", und Rom 12, 1: „Bringet euren Leib als ein lebendiges Opfer dar". Darum heißt es 1 Petr 2, 5: „Ein heiliges Priestertum, um geistige Opfer darzubringen." Z u 3. Der Empfang dieses Sakramentes ist nicht von so großer Notwendigkeit wie der Empfang der Taufe (65, 3. 4: Bd. 29; 73, 3; 80, 11 Zu 2). Und darum kann ein Laie, obwohl er im Augenblick der Not taufen kann, doch nicht dieses Sakrament vollziehen. Z u 4. Der Bischof erhält die Vollmacht, in der Person Christi auf dessen mystischen Leib, das ist die Kirche, einzuwirken; diese Vollmacht erhält der Priester bei seiner Weihe nicht, obwohl er sie haben könnte im Auftrage des Bischofs. Darum ist das, was nicht zur Bereitung des Q U A E S T I 0 82, l
cerdoti tradita in sua consecratione et ordinatione, cum ei dicitur ab episcopo: „Accipe potestatem offerendi in Ecclesia sacrificium tarn pro vivis quam pro mortuis." Nam et virtus Instrumentalis in pluribus instrumentis consistit, per quae agit principale agens. AD SECUNDUM dicendum quod laicus justus unitus est Christo unione spirituali per fidem et charitatem, non autem per sacramentalem potestatem; et ideo habet spirituale sacerdotium ad offerendum spirituales hostias, de quibus dicitur in Psalmo: „Sacrificium Deo spiritus contribuLatus"; et Rom. 12: „Exhibeatis eorpora vestra hostiam viventem". Unde et 1 Petri 2 dicitur: „Sacerdotium sanctum, offerre spirituales hostias." AD TERTIUM dicendum quod perceptio hujus sacramenti non est tantae necessitatis sicut perceptio baptismi, ut ex supra dictis patet. Et ideo licet in necessitatis articulo laicus possit baptizare, non tarnen potest hoc sacramentum conficere. AD QUARTUM dicendum quod episcopus accipit potestatem ut agat in persona Christi super corpus ejus mysticum, id est, super Ecclesiam: quam quidem potestatem non accipit sacerdos in sua consecratione, licet possit eam habere ex episcopi commissione. Et ideo ea quae non pertinent ad dispositionem cor-
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mystischen Leibes gehört, nicht dem Bischof vorbehalten, 82, 2 wie die Weihe dieses Sakramentes. Dem Bischof aber obliegt es, nicht nur dem Volk, sondern auch den Priestern all das zu übergeben, womit sie ihren eigenen Dienst versehen können. Und weil die Segnung des Chrisams, des heiligen Öles und des Krankenöles und der anderen Gegenstände, die geweiht werden, z. B. des Altares, der Kirche, der Kleider und Gefäße, eine gewisse Tauglichkeit gewährt zum Vollzug der Sakramente, die unter den Pflichtenkreis der Priester fallen, darum werden solche Weihen dem Bischof als dem Fürsten der ganzen kirchlichen Ordnung vorbehalten [114]. 2. A R T I K E L Können mehrere Priester ein und dieselbe
Hostie weihen? 1. Mehrere können nicht einen einzigen zugleich taufen (67, 6). Aber nicht geringer ist die Kraft des weihenden Priesters als eines taufenden Menschen. Also können auch nicht mehrere zugleich eine Hostie weihen. 2. Was durch einen einzigen geschehen kann, geschieht zum Überfluß durch viele. In den Sakramenten aber darf nichts Überflüssiges geschehen. Da also einer zum Weihen genügt, scheint es, daß mehrere nicht ein und dieselbe Hostie weihen können. Q U A E S T I 0 82, 2
poris mystici, non reservantur episcopo, sicut consecratio hujus sacramenti. Ad episcopum vero pertinet tradere non solum populo, sed etiam sacerdotibus ea ex quibus possunt propriis officiis uti. Et quia benedictio chrismatis, et olei sancti, et olei infirmorum, et aliorum quae consecrantur, puta altaris, Ecclesiae, vestium et vasorum, praestat quamdam idoneitatem ad sacramenta perflcienda, quae pertinent ad officium sacerdotum, ideo tales consecrationes episcopo reservantur, tanquam principi totius ecclesiastici ordinis. Utrum
A R T I C U L U S II plures sacerdotes possint unam eandem hostiam consecrare
et
[4 Sent., dist. 13, q. 1, art. 2, qa 2]
AD SECUNDUM sie proceditur. Videtur quod plures sacerdotes non possint unam et eandem hostiam consecrare; dictum est enim supra, quod plures non possunt simul unum baptizare. Sed non minor vis est sacerdotis consecrantis quam hominis baptizantis. Ergo etiam non possunt simul plures unam hostiam consecrare. 2. PRAETEREA, quod potest fieri per unum, superflue fit per multos. In sacramentis autem nihil debet esse superfluum. Cum ergo unus sutficiat ad consecrandum, videtur quod plures non possint unam hostiam consecrare.
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82,2
3. Wie Augustinus sagt, ist dieses Sakrament „das Sakrament der Einheit". Der Einheit aber scheint die Vielheit entgegen zu sein. Also scheint es diesem Sakramente nicht zu entsprechen, daß mehrere Priester dieselbe Hostie weihen. ANDERSEITS konzelebrieren nach der Gewohnheit mancher Kirchen die Priester, wenn sie geweiht werden, mit dem weihenden Bischof [115]. ANTWORT: Der Priester wird bei der Weihe in den Rang derer eingereiht, die vom Herrn beim Abendmahl die Vollmacht zu konsekrieren erhielten (Art. 1). Darum konzelebrieren nach der Gewohnheit mancher Kirchen, so wie die Apostel beim Abendmahl mit Christus mitspeisten, die Neugeweihten mit dem weihenden Bischof. Auch wird dadurch die Konsekration über dieselbe Hostie nicht wiederholt, weil, wie Innozenz III. sagt, die Absicht aller sich auf denselben Augenblick der Konsekration richten soll. Z u 1. Von Christus ist nicht zu lesen, daß Er zugleich mit den Aposteln getauft habe, als Er ihnen die Pflicht zu taufen auferlegte [Mt 28, 19; Jo 4, 2]. Darum ist das kein ähnlicher Grund. Z u 2. Wenn jeder Priester in eigener Kraft handeln würde, wären die anderen Zelebrierenden überflüssig, da einer zum Zelebrieren genügen würde. Weil aber der Q U A E S T I 0 82, 2
MPL 3. PRAETEREA, sicut dicit Augustinus super Joan. [tr. 26], 35/1613 hoc sacramentum est „sacramentum unitatis". Sed contrarium unitati esse videtur multitudo. Ergo non videtur conveniens esse huic sacramento quod plures sacerdotes ©andern hostiam consecrent. SED CONTRA est quod secundum consuetudinem quarundam ecclesiarum sacerdotes, cum de novo ordinantur, concelebrant episcopo ordinanti. RESPONDEO dicendum quod, sicut dictum est, sacerdos, cum ordinatur, constituitur in gradu eorum qui a Domino acceperunt potestatem consecrandi in coena. Et ideo secundum consuetudinem quarundam ecclesiarum, sicut Apostoli Christo coenanti concoenaverunt, ita novi ordinati episcopo ordinanti concelebnant. Nec propter hoc iteratur consecratio 6uper eandem hostiam, quia, sicut Innocentius III. dicit [4 de Sacr. Alt. MPL Myst., lib. 4, cap. 25], omnium intentio debet ferri ad idem 217/873 instans consecrationis. AD PRIMUM ergo dicendum quod Christus non legitur simul baptizasse cum apostolis quando injunxit eis officium baptizandi, et ideo non est similis ratio. AD SECUNDUM dicendum quod, si quilibet sacerdotum operaretur in virtute propria, superfluerent alii celebrantes, uno sufficienter celebrante. Sed quia sacerdos non consecrat nisi
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Priester nur in der Person Christi weiht, die vielen aber 82,3 „eins in Christus" [Gal 3, 2 8 ] sind, darum verschlägt es nichts, ob dieses Sakrament durch einen oder viele geweiht wird; nur muß der Ritus der Kirche gewahrt werden. Z u 3. Die Eucharistie ist das Sakrament der kirchlichen Einheit, die danach betrachtet wird, daß die vielen „eins in Christus" [Gal 3, 2 8 ] sind. Steht
nur
dem
3. A R T I K E L Priester die Ausspendung mentes zu?
dieses
Sakra-
1. Das Blut Christi gehört nicht weniger zu diesem Sakramente als Sein Leib. Aber das Blut Christi wird durch die Diakone gereicht; deshalb sagt der selige Laurentius zum seligen Sixtus: „Erprobe, ob du einen geeigneten Diener erwählt hast, dem du die Ausspendung des Herrnblutes anvertraut hast." Also steht aus dem gleichen Grunde die Ausspendung des Herrnleibes nicht nur den Priestern zu. 2. Die Priester werden zu Dienern der Sakramente eingesetzt. Dieses Sakrament aber wird vollzogen in der Weihe des Stoffes, nicht in seinem Gebrauch, zu dem die Ausspendung gehört. Also scheint es dem Priester nicht zuzustehen, den Leib des Herrn auszuspenden. Q U A E S T I 0
82, 3
in persona Christi, multi autem sunt „unum in Christo", ideo non refert utrum per unum aut per multos hoc sacramentum consecretur, nisi quod oportet ritum Ecclesiae servari. AD TERTIUM dicendum quod Eucharistia est sacramentum unitatis ecclesiasticae, quae attenditur secundum hoc quod multi sunt „unum in Christo". Utrum
A R T I C U L U S III p e r t i n e a t s o l u m ad s a c e r d o t e m pensatio hujus sacramenti
dis-
[4 Sent;., dist. 13, q. 1, art. 3, qa 1. 2]
AD TERTIUM sie proceditur. Videtur quod non pertineat solum ad sacerdotem dispensatio hujus sacramenti. Sanguis enim Christi non minus pertinet ad hoc sacramentum quam corpus. Sed sanguis Christi dispensatur per diaconos; unde et beatus Laurentius dixit beato Sixto: „Experire utrum idoneum ministrum elegeris, cui commisisti dominici sanguinis dispensationem." Ergo et pari ratione dispensatio corporis Christi non pertinet ad solos sacerdotes. 2. PRAETEREA, sacerdotes constituuntur ministri sacramentorum. Sed hoc sacramentum perficitur in consecratione materiae, non in usu, ad quem pertinet dispensatio. Ergo videtur quod non pertineat ad sacerdotem corpus Domini dispensare. 20
30
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82,3
3. Dionysius sagt, dieses Sakrament habe „vollendende Kraft" wie auch das Chrisam. Aber die Getauften mit dem Chrisam zu bezeichnen steht nicht dem Priester, sondern dem Bischof zu. Also steht es auch dem Bischof und nicht dem Priester zu, dieses Sakrament auszuspenden. ANDERSEITS heißt es in dem Dekretale: „Es gelangte zu uns die Nachricht, daß manche Priester einem Laien oder einer Frau den Leib des Herrn übergeben, um ihn den Kranken zu bringen. Die Versammlung verbietet also, daß eine solche Anmaßung fernerhin geschehe; der Priester soll vielmehr in eigener Person den Kranken die Kommunion reichen." 1 ANTWORT: Dem Priester steht die Ausspendung des Leibes Christi aus drei Gründen zu. Erstens, weil er in der Person Christi konsekriert (Art. 1). Christus aber hat so, wie Er Seinen Leib beim Abendmahle konsekrierte, ihn auch den anderen zum Empfang gegeben (Mt 26, 26; Mk 14, 22; Lk 22, 19; 1 Kor 11, 23 ff.). Wie darum dem Priester die Konsekration des Leibes Christi zusteht, so auch die Ausspendung. Zweitens, weil der Priester als Mittler zwischen Gott und dem Volke aufgestellt ist [Hebr 5, 1 ]. Wie es daher seines Amtes ist, Gott die Gaben des Volkes darzubringen, so ist es auch seines Amtes, die von Gott geheiligten Gaben dem Volke zu übergeben. Q U A E S T I O 82, 3
3. PRAETEREA, Dionysius dicit in libro Eccles. Hier. MPG [cap. 3; 4], quod hoc sacramentum habet „perfectivam vir3/421 tutem", sicut et chrisma. Sed signare chrismate baptizatos non 472 sqq - pertinet ad sacerdotem, sed ad episcopum. Ergo etiam dispensare hoc sacramentum pertinet ad episcopum, non ad sacerdotem. SED CONTRA est quod dicitur De Consecr., dist. 2 [can. PerFrdb. venit ad notitiam]: „Pervenit ad notitiam nostram quod quidam 1/1323 presbyteri laico aut feminae corpus Domini tradunt ad deferendum infirmis. Igitur interdicit synodus ne talis praesumptio ulterius fiat, sed presbyter per semetipsum infirmos communicet." RESPONDEO dicendum quod ad sacerdotem pertinet dispensatio corporis Christi, propter tria: primo quidem quia, sicut dictum est, ipse consecrat in persona Christi. Ipse autem Christus sicut consecravit corpus suum in coena, ita et aliis sumendum dedit. Unde sicut ad sacerdotem pertinet consecratio corporis Christi, ita ad eum pertinet dispensatio. Secundo quia sacerdos constituitur medius inter Deum et populum; unde sicut ad eum pertinet dona populi Deo offerre, ita ad eum pertinet dona sanctiflcata divinitus populo tradere. 1 Vgl. Anm. [116].
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Drittens, weil dieses Sakrament aus Ehrfurcht nur von 82, 3 geweihten Gegenständen berührt wird. Darum werden auch Hostienlinnen und Kelch geweiht, ebenso auch die Hände des Priesters, um dieses Sakrament zu berühren. Darum darf es kein anderer berühren, außer bei Notwendigkeit, z. B. wenn es auf die Erde fiele, oder in irgendeinem anderen Notfalle. Z u 1. Der Diakon als der dem Range des Priesters Zunächststehende nimmt etwas teil an dessen Amt, so daß er das Blut ausspenden kann, nicht aber den Leib, außer im Notfalle im Auftrag des Bischofs oder des Priesters. Erstens, weil das Blut in einem Gefäß enthalten ist. Daher braucht es vom Ausspender nicht berührt zu werden, wie der Leib Christi berührt wird. — Zweitens, weil das Blut die von Christus auf das Volk übergeleitete Erlösung bezeichnet; darum wird auch dem Blut Wasser beigemischt, welches das Volk versinnbildet. Und weil die Diakone zwischen Priester und Volk sind, ist für die Diakone die Ausspendung des Blutes angemessener als die des Leibes [116]. Z u 2. Ebendemselben kommt es zu, dieses Sakrament auszuspenden und zu weihen aus dem angeführten Grunde (Antw.). Z u 3. Wie der Diakon in etwas teilnimmt an der „erleuchtenden Kraft" [Dionysius] des Priesters, sofern er das Blut ausspendet, so nimmt der Priester teil an der Q U A E S T I O 82, 3 Tertio quia in reverentiam hujus sacramenti, a nulla re contingitur nisi consecrata; unde et corporale et calix consecrantur, et similiter manus sacerdotis, ad tangendum hoc s a c r a m e n t u m ; unde nulli alii tangere licet, nisi in necessitatem, puta si caderet in terram, vel in aliquo alio necessitatis casu. AD P R I M U M ergo dicendum quod diaconus quasi propinquus ordini sacerdotali aliquid participat de ejus officio, ut scilicet dispenset sanguinem, non autem corpus, nisi in necessitate, jubente episcopo vel presbytero: primo quidem quia sanguis Christi continetur in vase, unde non oportet quod tangatur a dispensante, sicut tangitur corpus Christi. — Secundo quia sanguis designat redemptionem a Christo in populum derivatam; unde et sanguini admiscetur aqua, quae significat populum. Et quia diaconi sunt inter sacerdotem et populum, magis convenit diaconis dispensatio sanguinis quam dispensatio corporis. AD SECUNDUM dicendum quod ejusdem est hoc sacramentum dispensare et consecrare, ratione Jam dicta. AD T E R T I U M dicendum quod, sicut diaconus in aliquo participat „illuminativam v i r t u t e m " sacerdotis, inquantum dispensat sanguinem, ita sacerdos participat „perfectivam dispensationem" 20*
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4 „vollendenden Verwaltung" [Dionysius] des Bischofs, sofern er dieses Sakrament verwaltet, durch welches der Mensch in sich vollendet wird durch die Verbindung mit Christus. Die anderen Vollendungswerke aber, durch welche der Mensch vollendet wird in seinen Beziehungen zu den anderen, sind dem Bischof vorbehalten. 4. A R T I K E L Priester gehalten, dieses Sakrament zu empfangen? 1. Bei den anderen Weihungen gebraucht der, welcher den Stoff weiht, diesen nicht. So wird der Bischof, der das Chrisam weiht, nicht mit diesem gesalbt. Dieses Sakrament aber besteht in der Weihung des Stoffes. Also hat es der Priester, der dieses Sakrament vollendet, nicht nötig, es zu gebrauchen, sondern kann sich erlaubterweise von seinem Empfange enthalten. 2. In den anderen Sakramenten reicht der Spender das Sakrament nicht sich selbst, denn keiner kann sich selbst taufen (66, 5 Zu 4). Wie aber die Taufe ordnungsgemäß ausgespendet wird, so auch dieses Sakrament. Also braucht der dieses Sakrament vollziehende Priester es nicht von sich selbst zu empfangen. Ist der weihende
Q U A E S T I O 82, 4
episcopi, 1 inquantum dispensat hoc sacramentum, quo perficitur homo secundum se per comparationem 2 ad Christum. Aliae autem perfectiones, quibus homo perflcitur per comparationem ad alios, episcopo reservantur. Utrum
A R T I C U L U S IV sacerdos consecrans teneatnr hoc s a c r a m e n t u m
sumere
[4 Sent., dist. 10, art. 4, qa 3; dist. 12, q. 3, art. 2, qa 2]
AD QUARTUM sie proceditur. Videtur quod sacerdos consecrans non teneatur sumere hoc sacramentum. In aliis enim consecrationibus ille qui consecrat materiam, non utitur ea, sicut episcopus consecrans chrisma non linitur eodem. Sed hoc sacramentum consistit in consecratione materiae. Ergo sacerdos perfleiens hoc sacramentum non necesse habet uti eodem, sed potest licite a sumptione ejus abstinere. 2. PRAETEREA, in aliis sacramentis minister non praebet sacramentum sibi ipsi; nullus enim baptizare potest seipsum, ut supra dictum est. Sed sicut baptismus ordinate dispensatur, ita et hoc sacramentum. Ergo sacerdos perfleiens hoc sacramentum non debet ipsum sumere a seipso. 1 Cf. Dionys, ibid., cap. 5; MPG 3/505; 508. L: coniunctionem.
2
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3. Manchmal kommt es vor, daß auf wunderbare Weise 82,4 auf dem Altar der Leib Christi in der Gestalt des Fleisches und das Blut in der Gestalt des Blutes erscheint. Diese sind aber nicht zur Speise und zum Tranke geeignet; deshalb werden sie unter einer anderen Gestalt gegeben, um für die Empfänger nicht zum Entsetzen zu werden (75, 5). Also ist der weihende Priester nicht immer gehalten, dieses Sakrament zu empfangen. ANDERSEITS ist auf dem [12.] Konzil von Toledo zu lesen und steht in dem Dekretale: „Auf alle Fälle isl daran festzuhalten, daß der Opfernde, sooft er den Leib und das Blut unseres Herrn Jesu Christi auf dem Altare opfert, ebensooft durch den Empfang des Leibes und Blutes sich [des Opfers] teilhaftig mache." ANTWORT: Die Eucharistie ist nicht nur Sakrament, sondern auch Opfer (79, 5. 7). Wer immer aber ein Opfer darbringt, muß auch des Opfers teilhaftig werden. Denn das äußere Opfer, das er darbringt, ist das Zeichen des inneren Opfers, wodurch jemand sich selbst Gott darbringt (Augustinus). Darum zeigt einer durch Teilnahme am Opfer, daß ihm das Qpfer innerlich zugehöre. In gleicher Weise zeigt er dadurch, daß er das Opfer dem Volke austeilt, daß er der Spender der göttlichen [Geheimnisse] sei, deren er, wie Dionysius sagt, zu allererst selber teilhaftig sein muß. Und darum muß er selbst es vorher empfangen, bevor er es dem Volke ausspendet. Q U A E S T I 0 82, 4
3. PRAETEREA, contingit quandoque quod miraculose corpus Christi in altari apparet sub specie carnis, et sanguis sub specie sanguinis; quae non sunt apta cibo et potui; unde, sicut supra dictum est, propter hoc sub alia specie traduntur, ne sint horrori sumentibus. Ergo sacerdos consecrans non Semper tenetur sumere hoc sacramentum. SED CONTRA est quod in concilio Toletano [XII, can. 5] legitur et habetur De Consecrat., dist. 2 [can. Relatum] : „Modis Frdb. omnibus tenendum est ut quotiescumque sacrificans corpus et 'Z1317 sanguinem Domini nostri Jesu Christi in altari immolat, toties perceptione corporis et sanguinis participem se praebeat." RESPONDEO dicendum quod, sicut supra dictum est, Eucharistia non solum est sacramentum, sed etiam sacrificium. Quicumque autem sacrificium offert, debet sacriflcii fieri particeps, quia exterius sacrificium, quod offert, Signum est interioris sacriflcii, quo quis seipsum offert Deo, ut Augustinus dicit MPL 41 10 de Civ. Dei [cap. 5 et 6]. Unde per hoc quod participat 283 sacriflcio, ostendit ad se sacrificium interius pertinere. 45g Similiter etiam per hoc quod sacrificium populo dispensat, ostendit se esse dispensatorem divinorum, quorum ipse primo debet esse particeps, sicut Dionysius dicit in libro Eccl. Hier, MPG [cap. 3]. Et ideo ipse ante sumere debet quam populo dispenset. 3 / 445
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4 Darum heißt es im obigen Kapitel: „Was ist das für ein Opfer, bei dem nicht einmal zu erkennen ist, daß der Opfernde selber teilnimmt?" Dadurch aber wird er teilhaftig, daß er vom Opfer empfängt, nach 1 Kor 10, 18: „Haben nicht die, welche die Opfergaben essen, Anteil am Opferaltar?" Darum muß notwendig der Priester, sooft er konsekriert, dieses Sakrament vollständig [ = unter beiden Gestalten] empfangen. Z u 1. Die Weihung des Chrisams oder irgendeines anderen Stoffes ist kein Opfer wie die Weihung der Eucharistie. Darum ist es nicht der gleiche Grund. Z u 2. Das Sakrament der Taufe wird gerade im Gebrauch des Stoffes vollzogen. Darum kann niemand sich selbst taufen, weil in einem Sakrament nicht derselbe wirkend und leidend sein kann. Deshalb weiht auch der Priester in diesem Sakrament nicht sich selbst, sondern Brot und Wein, in welcher Weihung dieses Sakrament vollzogen wird. Der Gebrauch des Sakramentes aber folgt diesem Sakrament. Darum ist es nicht das Gleiche. Z u 3. Wenn auf wunderbare Weise der Leib Christi auf dem Altare unter der Gestalt des Fleisches erscheint oder das Blut unter der Gestalt des Blutes, so darf es nicht empfangen werden. Hieronymus sagt nämlich: „Von jenem Opfer, das beim Gedächtnis Christi wunderbar geschieht, darf man essen, von jenem aber, das Christus auf dem Q U A E S T I 0 82, 4 U n d e et in p r a e d i c t o capitulo l e g i t u r : „ Q u ä l e est sacrificium, cui nec i p s e sacrificans particeps esse d i g n o s c i t u r ? " P e r hoc a u t e m fit p a r t i c e p s q u o d d e sacrificio sumit, secund u m i l l u d A p o s t o l i 1 Cor. 10: „ N o n n e q u i e d u n t hostias, participes sunt a l t a r i s ? " Et i d e o necesse est q u o d sacerdos, q u o t i e s c u m q u e consecrat, sumat i n t e g r e hoc s a c r a m e n t u m . A D P R I M U M e r g o d i c e n d u m q u o d consecratio chrismatis v e l c u j u s c u m q u e alterius m a t e r i a e , n o n est sacrificium, sicut consecratio E u c h a r i s t i a e ; et ideo n o n est similis ratio. A D S E C U N D U M dicendum quod sacramentum baptismi perficitur in ipso u s u m a t e r i a e , et i d e o n u l l u s potest b a p t i z a r e s e i p s u m , q u i a in s a c r a m e n t o n o n potest esse i d e m a g e n s et patiens. U n d e nec in hoc s a c r a m e n t o sacerdos consecrat sei p s u m , sed p a n e m et v i n u m , in q u a consecratione perficitur s a c r a m e n t u m . U s u s a u t e m s a c r a m e n t i est consequenter s e h a b e n s a d hoc s a c r a m e n t u m , et i d e o n o n est s i m i l e . A D T E R T I U M d i c e n d u m q u o d , si m i r a c u l o s e c o r p u s Christi in a l t a r i s u b specie carnis a p p a r e a t , aut s a n g u i s s u b s p e c i e s a n g u i n i s , n o n est s u m e n d u m . Dicit e n i m O r i g e n e s 1 s u p e r L e v i t . 2 : „ D e hac q u i d e m hostia, q u a e in Christi c o m m e m o r a tione m i r a b i l i t e r fit, e d e r e licet; d e illa v e r o q u a m Christus in 1 P et L: Hieronymus. 3 CJ. Gratian., De Consecr., dist. 2, can. De hac quidem; Frdb. 1/1345.
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Kreuzaltar an sich dargebracht hat, darf niemand essen." 82, 5 Auch wird der Priester dadurch nicht zum Übertreter, weil das, was durch ein Wunder geschieht, den Gesetzen nicht unterworfen ist. — Zu raten wäre aber dem Priester, daß er ein zweites Mal den Leib und das Blut konsekriere und dann empfange [ 1 1 7 ] . 5. Kann
ein schlechter
ARTIKEL Priester die Eucharistie
weihen?
1. Hieronymus sagt: „Die Priester, die der Eucharistie dienen und das Blut des Herrn dem Volk austeilen, handeln gottlos gegen das Gesetz Christi, wenn sie glauben, die Worte des Betenden und nicht sein Leben würden die Eucharistie bewirken, und notwendig sei nur das feierliche Gebet und nicht die Verdienste des Priesters. Von diesen heißt es: Der Priester, an dem ein Makel ist, trete nicht herzu, um dem Herrn Opfer darzubringen." Ein sündiger Priester hat aber, da e r von Makeln befleckt ist, weder das Leben noch die Verdienste, die diesem Sakramente entsprechen. Also kann ein sündiger Priester die Eucharistie nicht weihen. 2. Johannes von Damaskus sagt, daß „Brot und Wein durch die Ankunft des Heiligen Geistes übernatürlich in Q U A E S T I 0
82, 5
ara crucis obtulit, secundum se, nulli edere licet." Nec propter hoc sacerdos transgressor efficitur, quia ea quae miraculose fiunt, legibus non subduntur. — Consulendum tarnen esset sacerdoti quod ¡terato corpus et sanguinem Domini consecraret et sumeret. ARTICULUS V U t r u m m a l u s s a c e r d o s E u c h a r i s t i a m consecrare possit [Supra, q. 64, art. 5]
AD QUINTUM sie proceditur. Videtur quod malus sacerdos Eucharistiam consecrare non possit. Dicit enim Hieronymus MPL super Sophoniam [cap. 3 ] : „Sacerdotes, qui Eucharistiae ser- 25/1375 viunt, et sanguinem Domini populis dividunt, impie agunt in legem Christi, putantes Eucharistiam precantis facere verba, non vitam, et necessariam esse tantum solemnem orationem, et non sacerdotis merita: de quibus dicitur: Sacerdos in quacumque 1 fuerit macula, non accedat ofíerre oblationes Domino." Sed sacerdos peccator, cum sit maculosus, nec vitam habet, nec merita huic convenientia sacramento. Ergo sacerdos peccator non potest consecrare Eucharistiam. 2. PRAETEREA, Damascenus dicit in quarto libro [Fid. MPG Orth., cap. 13], quod „panis et vinum per adventum saneti 0 4 1 1 4 5 1
L:
quocumque.
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82,5 den Leib und das Blut des Herrn übergehen". Papst Gelasius [I.] aber sagt, und das steht in einem Dekretale: „Wie wird zur Weihe des göttlichen Mysteriums der himmlische Geist auf die Anrufung hin herabkommen, wenn der Priester, der Seine Gegenwart erfleht, als der verbrecherischen Taten voll erwiesen ist?" Also kann durch einen schlechten Priester die Eucharistie nicht geweiht werden. 3. Dieses Sakrament wird durch die Segnung des Priesters geweiht. Die Segnung eines sündigen Priesters aber ist nicht wirksam für die Weihung dieses Sakramentes, da es Mal 2, 2 heißt: „Ich verfluche eure Segnungen." Und Dionysius sagt: „Völlig ist vom priesterlichen Range abgefallen, wer nicht erleuchtet ist, und allzu verwegen scheint mir ein solcher zu sein, der die Hände an den priesterlichen Dienst legt und es wagt, seine unreinen Lästerungen — ich mag es nämlich nicht Gebete nennen — über die göttlichen Symbole christförmig auszusprechen." ANDERSEITS sagt Augustinus: „Innerhalb der katholischen Kirche wird bei der Mysterienfeier des Leibes und Blutes des Herrn von dem guten Priester nichts Größeres, von dem schlechten nichts Geringeres vollzogen, weil es nicht im Verdienst des Weihenden, sondern im Worte des Schöpfers und in der Kraft des Heiligen Geistes vollzogen wird." Q U A E S T I 0 82, 5
Spiritus supernaturaliter transit in corpus et sanguinem Domini". S e d Gelasius papa dicit, sicut habetur in Decretis, 1, mpl 59/143 q. 1, cap. Sacrosancta: „Quomodo ad divini mysterii consecraFrdb. 1/391 tionem caelestis Spiritus invocatus adveniet, si sacerdos, qui eum adesse deprecatur, criminosis plenus actionibus comprobetur?" Ergo per malum sacerdotem non potest Eucharistia consecrari. 3. PRAETEREA, hoc sacramentum sacerdotis benedictione consecratur. Sed benedictio sacerdotis peccatoris non est efficax ad consecrationem hujus sacramenti, cum scriptum sit Malach. 2: „Maledicam benedictionibus vestris"; et Dionysius dicit in epistola ad Demophilum monachum [ep. 8 ] : „Perfecte cecidit a sacerdotali ordine, qui non est illuminatus; et audax quidem nimium mihi videtur talis, sacerdotalibus manum apponens, et audet immundas infamias, non enim dicam orationes, super divina symbola christiformiter enuntiare." SED CONTRA est quod A u g u s t i n u s 1 dicit in libro de Corpore Domini: „Intra Ecclesiam catholicam, in mysterio corporis et sanguinis Domini, nihil a bono majus, nihil a malo minus perflcitur sacerdote, quia non in merito consecrantis, sed in verbo perficitur Creatoris, et virtute Spiritus sancti." 2 1 Cf. Paschas., De Corp. et Sang. Dom., cap. 12; MPI, 120/1310. 2 Cf. Gratian., Caus. 1, q. 1, can. Intra ecclesiam; Frdb. 1/385.
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ANTWORT: Der Priester weiht dieses Sakrament nicht 82, 5 durch eigene Kraft, sondern als Diener Christi, in dessen Person er dieses Sakrament weiht (Art. 1; Art. 2 Zu 2; Art. 3). Es hört aber nicht deshalb jemand auf, Diener Christi zu sein, weil er schlecht ist; denn der Herr hat gute und schlechte Diener oder Knechte. Darum sagt der Herr Mt 24, 45: „Wer ist wohl der treue und kluge Knecht" usw. und fügt hernach (V. 48) bei: „Wenn aber jener böse Knecht bei sich sagt" usw. Und der Apostel sagt 1 Kor 4, 1: „So halte man uns für Diener Christi"; und doch fügt er hernach (V. 4) hinzu: „Ich bin mir nichts bewußt, aber damit bin ich noch nicht gerechtfertigt." Er war also gewiß, ein Diener Christi zu sein, und doch war er nicht gewiß, gerecht zu sein. Es kann also jemand ein Diener Christi sein, auch wenn er nicht gerecht ist. Und dies gehört zur Vorzugsstellung Christi, dem als dem wahren Gott nicht nur die guten, sondern auch die schlimmen Dinge dienen, die durch Seine Vorsehung auf Seine Herrlichkeit hingeordnet werden. Daraus ist offenbar, daß die Priester, auch wenn sie keine Gerechten, sondern Sünder sind, die Eucharistie weihen können. Z u 1. Hieronymus mißbilligt mit jenen Worten den Irrtum der Priester, die glaubten, sie könnten die Eucharistie deshalb allein würdig weihen, weil sie Priester seien, auch wenn sie Sünder wären. Das mißbilligt Hieronymus [zu QUAESTIO
82, 5
RESPONDEO dicendum quod, sicut supra dictum est, sacerdos consecrat hoc sacramentum non virtute propria, sed sicut minister Christi, in cujus persona consecrat hoc sacramentum. Non autem ex hoc ipso desinit aliquis minister esse Christi, quod est malus; habet enim Dominus bonos et malos ministros, seu servos. Unde Matth. 24 Dominus dicit: „Quis putas est fidelis servus, et prudens?" etc., et postea subdit: „Si autem dixerit malus iste servus in corde suo" etc. Et Apostolus dicit 1 Cor. 4: „Sic nos existimet homo ut ministros Christi"; el tarnen postea subdit: „Nihil mihi conscius sum; sed non in hoc justificatus sum." Erat ergo certus se esse ministrum Christi; tarnen non erat certus se esse justum. Potest ergo aliquis esse minister Christi, etiamsi justus non sit. Et hoc ad excellentiam Christi pertinet, cui, sicut vero Deo, serviunt non solum bona, sed etiam mala, quae per ipsius providentiam in ejus gloriam ordinantur. Unde manifestum est quod sacerdotes, etiamsi non sint justi, sed peccatores, possunt Eucharistiam consecrare. AD PRIMUM ergo dicendum quod Hieronymus per illa verba improbat errorem sacerdotum qui credebant se digne posse Eucharistiam consecrare ex hoc solo quod sunt sacerdotes, MPL etiamsi sint peccatores; quod improbat Hieronymus per hoc 28/327
305
82, 5 Lv 21, 17 ff.] damit, daß die mit einem Makel Behafteten nicht zum Altare hinzutreten dürfen. Es wird aber nicht ausgeschlossen, daß, wenn sie hinzutreten, ein wahres Opfer sei, was sie darbringen. Z u 2. Jenen Worten schickt Papst Gelasius voraus: „Die hochheilige Liturgie, die das katholische Verhalten bestimmt, beansprucht für sich eine so große Ehrfurcht, daß niemand es wagen darf, zu ihr zu kommen, außer mit reinem Gewissen." Daraus erhellt offenbar, daß seine Meinung sei, ein sündiger Priester dürfe nicht zu diesem Sakramente hinzutreten. Somit muß das folgende: „Wie wird der himmlische Geist auf die Anrufung hin herabkommen", so verstanden werden, daß Er nicht auf das Verdienst des Priesters hin herabkommt, sondern aus der Kraft Christi, dessen Worte der Priester ausspricht [118]. Z u 3. Wie dieselbe Handlung, sofern sie aus verkehrter Absicht des Dieners geschieht, schlecht sein kann, gut aber, sofern sie aus guter Absicht des Herrn geschieht, so ist die Segnung des sündigen Priesters, sofern sie von ihm unwürdig geschieht, des Fluches würdig und gilt als Schmähung und Lästerung und nicht als Gebet; sofern sie aber in der Person Christi ausgesprochen wird, ist sie heilig und wirksam zur Heiligung. Darum heißt es bezeichnend: „Ich verfluche e u r e Segnungen." Q U A E S T I O 82, 5
quod maculosi ad altare a c c e d e r e p r o h i b e n t u r [in Levit., cap. 2 1 ] ; non tarnen r e m o v e t u r quin, si accesserint, sit v e r u m sacrificium quod offerunt. A D S E C U N D U M d i c e n d u m quod ante illa verba Gelasius m p l papa praemittit: „Sacrosancta religio, q u a e catholicam continet 59/143 disciplinam, tantam sibi r e v e r e n t i a m vindicat, ut ad e a m quilibet, nisi pura conscientia, n o n a u d e a t p e r v e n i r e . " E x quo m a n i f e s t e apparet ejus i n t e n t i o n e m e s s e q u o d peccator sacerdos non d e b e a t ad hoc s a c r a m e n t u m accedere. U n d e per hoc ibid. quod subdit, „ q u o m o d o caelestis Spiritus advocatus a d v e n i e t ? " , intelligi oportet quod n o n a d v e n i t e x merito sacerdotis, sed e x virtute Christi, cujus v e r b a profert sacerdos. A D TERTIUM d i c e n d u m quod, sicut e a d e m actio, i n q u a n t u m fit e x prava intentione ministri, potest esse m a l a ; bona autem, i n q u a n t u m fit e x bona i n t e n t i o n e D o m i n i ; ita b e n e d i c t i o sacerdotis peccatoris, i n q u a n t u m a b ipso i n d i g n e fit, est m a l e d i c t i o n e digna, et quasi i n f a m i a , s i v e b l a s p h e m i a , et n o n oratio reputatur; i n q u a n t u m a u t e m profertur e x persona Christi, est sancta et efficax ad sanctificandum. U n d e s i g n a n t e r dicitur: „Maledicam b e n e d i c t i o n i b u s vestris."
306
6. A R T I K E L Hat die
Messe
eines schlechten Priesters weniger Wert als die eines guten? 1. Gregorius sagt: „Wehe, in welch große Schlingen geraten die, welche glauben, die göttlichen und verborgenen Mysterien könnten von anderen mehr geheiligt werden, da ein und derselbe Heilige Geist diese Mysterien, verborgen und unsichtbar wirkend, heiligt!" Diese verborgenen Mysterien aber werden in der Messe gefeiert. Also hat die Messe eines schlechten Priesters nicht weniger Wert als die eines guten. 2. Wie die Taufe vom Diener gespendet wird in der Kraft Christi, der [eigentlich] tauft, so auch dieses Sakrament, das in der Person Christi geweiht wird. Es wird aber keine bessere Taufe von einem besseren Diener gespendet (64, 1 Zu 2 : Bd. 29). Also ist auch die Messe nicht besser, die von einem besseren Priester gefeiert wird. 3. Wie sich die Verdienste der Priester unterscheiden nach gut und besser, so unterscheiden sie sich auch nach gut und schlecht. Wenn also die Messe eines besseren Priesters besser ist, folgt, daß die Messe eines schlechten Priesters schlecht ist. Das stimmt aber nicht, weil „die Schlechtigkeit der Diener", wie Augustinus sagt, „nicht Q U A E S T I O 82, 6
Utrum
missa quam
A R T I C U L U S VI sacerdotis mali minus missa sacerdotis boni
valeat
[4 Sent., dist. 13, q. 1, art. 1, qa 5]
AD SEXTUM sie proceditur. Videtur quod missa sacerdotis mali non minus valeat quam missa sacerdotis boni. Dicit enim Gregorius in Registro 1 : „Heu, in quam magnum laqueum incidunt qui divina et occulta mysteria plus ab aliis sanctificata posse fieri credunt, cum unus idemque Spiritus sanetus ea mysteria occultet atque invisibiliter operando sanetifieet!" Sed haec occulta mysteria celebrantur in missa. Ergo missa mali sacerdotis non minus valet quam missa boni. 2. PRAETEREA, sicut baptismus traditur a ministro in virtute Christi qui baptizat, ita et hoc sacramentum in persona Christi consecratur. Sed non melior baptismus datur a meliore ministro, ut supra dictum est. Ergo etiam neque melior missa est, quae celebratur a meliori sacerdote. 3. PRAETEREA, sicut merita sacerdotum differunt per bonum et melius, ita etiam differunt per bonum et malum. Si ergo missa melioris sacerdotis est melior, sequitur quod missa mali sacerdotis sit mala, quod est inconveniens, quia „malitia ministrorum non potest redundare in Christi mysteria", sicut 1
Cl. Gratian., Caus. 1, q. 1, can. Multi saecularium; Frdb. 1/387.
307
82, 6 auf die Mysterien Christi übergehen kann". Also ist auch die Messe eines besseren Priesters nicht besser. ANDERSEITS heißt es in den Dekretalen: „Je würdiger die Priester sind, desto leichter werden sie in den Nöten, für deren Abwendung sie flehen, erhört." ANTWORT: Bei der Messe ist zweierlei zu beachten, nämlich das Sakrament selber, das die Hauptsache ist, und die Gebete, die bei der Messe für die Lebenden und Toten verrichtet werden. In Hinblick auf das Sakrament hat die Messe eines schlechten Priesters nicht weniger Wert als die eines guten, weil auf beiden Seiten dasselbe Sakrament vollzogen wird. Das Gebet ferner, das in der Messe verrichtet wird, kann auf doppelte Weise betrachtet werden. Auf die eine, sofern es wirksam ist auf Grund der Hingebung des betenden Priesters. Und so ist kein Zweifel, daß die Messe eines besseren Priesters fruchtbringender ist. — Auf die andere Weise, sofern das Gebet in der Messe vom Priester ausgesprochen wird in der Person der ganzen Kirche, deren Diener der Priester ist. Dieser Dienst bleibt auch in den Sündern, wie oben (Art. 5) vom Dienste Christi gesagt wurde. Was das betrifft, ist also nicht nur das Gebet des sündigen Priesters in der Messe fruchtbringend, sondern auch all seine anderen Gebete, die er bei den kirchlichen Amtswaltungen verrichtet, bei denen er die Q U A E S T I 0 82, c
MPL Augustinus dicit in libro de Baptismo [lib. 4]. 1 Ergo neque f?'!?? l n ' s s a melioris sacerdotis est melior. 51/244 S E D CONTRA est quod habetur in Decretis, 1 [q. 1, can. Ipsi Frdb. sacerdotes]: „Quanto sacerdotes fuerint digniores, tanto facilius 1/391 in necessitatibus, pro quibus clamant, exaudiuntur." RESPONDEO dicendum quod in missa duo est considerare, scilicet ipsum sacramentum, quod est principale, et orationes quae in missa fiunt pro vivis et mortuis. Quantum ergo ad sacramentum, non minus valet missa sacerdotis mali quam boni, quia utrobique idem conficitur sacramentum. Oratio etiam quae fit in missa potest considerari dupliciter: uno modo inquantum habet efflcaciam ex devotione sacerdotis orantis, et sie non est dubium quod missa melioris sacerdotis magis est fruetuosa. — Alio modo inquantum oratio in missa profertur a sacerdote in persona totius Ecclesiae, cujus sacerdos est minister; quod quidem ministerium etiam in peccatoribus manet, sicut supra dictum est de ministerio Christi. Unde etiam quantum ad hoc est fruetuosa non solum oratio sacerdotis peccatoris in missa, sed etiam omnes ejus orationes quas facit in eoclesiiasticis offieiis, in quibus gerit personam Ecclesiae; 1 Alias: contra Donatistas; cf. 2 contra Epist. Parmen., cap. 12: MPL 43/69, CSEL 51/77; 2 contra Lit. Petil., cap. 47: MPL 43/298, CSEL 52/84 f.
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Person der Kirche darstellt. Seine privaten Gebete aber 82, i sind nicht fruchtbringend nach Spr 28, 9: „Wer seine Ohren abkehrt, um das Gesetz nicht zu hören, dessen Gebet wird fluchwürdig sein." Z u 1. Gregorius spricht dort im Hinblick auf die Heiligkeit des göttlichen Sakramentes. Z u 2. Beim Sakramente der Taufe werden keine feierlichen Gebete für alle Gläubigen verrichtet wie bei der Messe. Darum besteht hierin keine Ähnlichkeit. Doch besteht eine solche bezüglich der Wirkung des Sakramentes. Z u 3. Durch die Kraft des Heiligen Geistes, der durch die Einheit der Liebe die Güter der Glieder Christi gegenseitig gemeinsam sein läßt, geschieht es, daß ein persönliches Gut, das in der Messe eines guten Priesters liegt, fruchtbringend für andere ist; daß aber das persönliche Böse eines Menschen dem anderen nicht schaden kann, außer, wie Augustinus sagt, infolge irgendwelcher Zustimmung. 7. A R T I K E L Können
Irrgläubige, Getrennte [die Eucharistie]
und Ausgeschlossene weihen?
1. Augustinus sagt, daß „außerhalb der katholischen Kirche kein Platz für das wahre Opfer ist", und Papst Q U A E S T I O 82, 7
licet orationes ejus privatae non sint fructuosa«, secundum illud Proverb. 28: „Qui declinat aures suas, ne audiat legem, oratio ejus erit execrabilis." AD PRIMUM ergo dicendum quod Gregorius loquitur ibi quantum ad sanctitatem divini sacramenti. AD SECUNDUM dicendum quod in sacramento baptismi non fiunt solemnes orationes pro ómnibus fidelibus, sicut in missa. Et ideo quantum ad hoc non est simile; est autem simile quantum ad effectum sacramenti. AD TERTIUM dicendum quod per virtutem Spiritus sancti, qui per unitatem charitatis communicat invicem bona membrorum Christi, fit quod bonum privatum, quod est in missa sacerdotis boni, est fructuosum aliis; malum autem privatum unius hominis non potest alteri nocere, nisi per aliquem consensum, ut Augustinus dicit in libro contra Parmen. [lib. 2, cap. 17 MPL43
et 21].
Utrum
r^FT
A R T I C U L U S VII 63 70 h a e r e t i c i et s c h i s m a t i c i et e x c o m m u nicati consecrare possint
[Supra, q. 64, art. 9 ad 2; 4 Sent., dist. 13, q. 1, art. 1, qa. 3; Expos, text., dist. 19, q. 1, art. 2, qa 3; Quodl. 12, q. 11, art. 15]
AD SEPTIMUM sie proceditur. Videtur quod haeretici, schismatici et excommunicati Eucharistiam consecrare non possint. Dicit enim Augustinus [Prosper, Sent., cap. 15], quod „extra Ecclesiam catholicam non est locus veri sacriflcii"; et
309
MPL 45 1860
/
82,7 Leo [ I . ] und die Dekretalen sagen: „Anders (als in der Kirche nämlich, welche der Leib Christi ist) ist weder ein Priestertum gültig noch ein Opfer echt" [ 1 1 9 ] . Aber die Irrgläubigen, Getrennten und Ausgeschlossenen sind von der Kirche ausgeschieden. Also können sie kein echtes Opfer vollziehen. 2. Papst Innozenz [I. ] sagt: „Weil wir bei den Arianern und bei den Anhängern anderer ähnlicher Pestarten deren Laien unter der Bedingung der Buße aufnehmen, scheint es, daß man deren Kleriker nicht mit der Würde des Priestertums oder irgendeiner anderen Weihe aufnehmen darf; ihnen lassen wir nur die Taufe gültig sein." E s kann aber niemand die Eucharistie weihen, außer er habe die priesterliche Würde. Also können Irrgläubige und andere dieser Art die Eucharistie nicht weihen. 3. W e r außerhalb der Kirche ist, scheint nicht etwas in der Person der ganzen Kirche tun zu können. Der Priester aber, der die Eucharistie weiht, tut es in der Person der ganzen Kirche; dies erhellt daraus, daß er alle Gebete in der Person der Kirche verrichtet. Also scheint es, daß jene, welche außerhalb der Kirche sind, nämlich Irrgläubige, Getrennte und Ausgeschlossene, die Eucharistie nicht weihen können. ANDERSEITS sagt Augustinus: „Wie in ihnen", nämQ U A E S T I O
82, 7
Frdb. 1/382 Leo papa dicit [ep. 80, cap. 2, et habetur in Decretis, 1, q. 1, oan. In Ecclesia Dei] : „Aliter (scilicet quam in Ecclesia, quae corpus Christi est) nec rata sunt sacerdotia, nec vera sacrificia." Sed haeretici, schismatici et excommunicati sunt ab Ecclesia separati. Ergo non possunt verum sacrificium conficere. 2. PRAETEREA, sicut ibidem legitur [Causa 1, q. 1, can. Frdb. 1/384 Arianos], Innocentius papa [ep. 24, cap. 3] dicit: „Arianos MPL 20/550 caeterasque ejusmodi pestes, quia laicos eorum sub imagine poenitentiae suscipimus, non videtur clericos eorum cum sacerdotii, aut cujuspiam ministerii suscipi debere dignitate, quibus solum baptisma ratum esse permittimus." Sed non potest aliquis consecrare Eucharistiam, nisi sit cum sacerdotii dignitate. Ergo haeretici et ceteri hujusmodi non possunt Eucharistiam consecrare. 3. PRAETEREA, ille qui est extra Ecclesiam, non videtur aliquid posse agere in persona totius Ecclesiae. Sed sacerdos consecrans Eucharistiam hoc agit in persona totius Ecclesiae, quod patet ex hoc quod omnes orationes proponit in persona Ecclesiae. Ergo videtur quod Uli qui sunt extra Ecclesiam, scilicet haeretici, schismatici, et excommunicati, non possint consecrare Eucharistiam. MPL 43/70
CSEL 51/79
SED CONTRA est quod Augustinus dicit in 2 contra Parmen.
310
lieh den Irrgläubigen, Getrennten und Ausgeschlossenen, 82,7 „die Taufe, so blieb auch die Priesterweihe unversehrt." Aber kraft seiner Weihe kann der Priester die Eucharistie weihen. Also scheinen Irrgläubige, Getrennte und Ausgeschlossene, da in ihnen die Priesterweihe unversehrt bleibt, die Eucharistie weihen zu können. ANTWORT: Einige [120] sagten, daß Irrgläubige, Getrennt und Ausgeschlossene, weil sie außerhalb der Kirche sind, dieses Sakrament nicht vollziehen können. Darin täuschen sie sich aber. Denn Augustinus sagt: „Etwas anderes ist es, etwas gar nicht haben, und etwas anderes, es nicht in der rechten Weise haben", und ebenso „ist es auch etwas anderes, etwas nicht geben, und etwas anderes, etwas nicht in der rechten Weise geben." Die also, welche innerhalb der Kirche stehend die Gewalt, die Eucharistie zu weihen, bei der Priesterweihe erhalten haben, haben zwar die Gewalt rechtens, gebrauchen sie aber nicht rechtens, wenn sie hernach durch Irrglauben oder Trennung oder Ausschließung von der Kirche ausgeschieden werden. Die aber in solchem Ausgeschiedensein geweiht werden, haben weder in der rechten Weise die Gewalt, noch machen sie in der rechten Weise davon Gebrauch. Daß trotzdem beide die Gewalt haben, geht daraus hervor, daß sie nach Augustinus a. a. 0., wenn sie zur Einheit der Kirche zurückkehren, nicht wieder geweiht QUAESTI0
82, 7
[cap. 13]: „Sicut Baptismus in eis", scilicet haereticis, schismaticis et excommunicatis, „ita ordinatio mansit integra." Sed ex vi ordinationis sacerdos potest consecrare Eucharistiam. Ergo haeretici, schismatici et excommunicati, cum in eis maneat ordinatio integra, videtur quod possint consecrare Eucharistiam. RESPONDEO dicendum quod quidam 1 dixerunt quod haeretici, schismatici et excommunicati, quia sunt extra Ecclesiam, non possunt conficere hoc sacramentum. Sed in hoc deeipiuntur, quia, sicut Augustinus dicit, in 2 contra Parmen. [cap. 1 3 ] , „aliud est aliquid omnino non habere, aliud autem non recte habere"; et similiter etiam „est aliud non dare, et aliud non recte dare". Illi igitur qui intra Ecclesiam constituti reeeperunt potestatem consecrandi Eucharistiam in ordinatione sacerdotii, recte quidem habent potestatem, sed non recte ea utuntur, si postmodum per haeresim, aut schisma, vel excommunicationem ab Ecclesia separantur. Qui autem sie separati ordinantur, nec recte habent potestatem, nec recte utuntur. Quod tarnen utrique potestatem habeant, patet per hoc quod, sicut Augustinus ibidem dicit, cum redeunt ad uni1 Cf. Lomb., 4 Sent., dist. 13, cap. Solet e t i a m quaeri; MPL 192/868. Hugo a St. Vlet., S u m m a Sent., tr. 6, cap. 9; MPL 176/146. Petrus Pict., 5 Sent., cap. 13; MPL 211/1256.
311
m p l 43/72 Csel
51/82
7 werden, sondern in ihren Weihegraden aufgenommen werden. Und weil die Weihung der Eucharistie ein Akt ist, der aus der Weihegewalt folgt, können jene, die von der Kirche durch Irrglauben, Trennung oder Ausschließung ausgeschieden sind, zwar die Eucharistie weihen, die von ihnen geweiht, den wahren Leib und das Blut Christi enthält, doch tun sie das nicht rechtens, sondern sündigen, indem sie es tun. Darum empfangen sie nicht die Frucht des Opfers, welches ein geistiges Opfer ist. Z u 1. Jene und ähnliche maßgebende Aussprüche sind so zu verstehen, daß außerhalb der Kirche das Opfer nicht in der rechten Weise dargebracht wird. Darum kann es außerhalb der Kirche das geistige Opfer, welches durch die Echtheit der Frucht echt wäre, nicht geben, mag es auch echt sein durch die Echtheit des Sakramentes, so wie auch der Sünder den Leib Christi sakramental empfängt, aber nicht geistig (80, 3). Zu 2. Nur die Taufe wird den Irrgläubigen und Getrennten als gültig angerechnet, weil sie erlaubterweise im Notfalle taufen können. In keinem Falle aber können sie erlaubterweise die Eucharistie weihen oder andere Sakramente spenden. Z u 3. Bei der Messe spricht der Priester zwar in den Gebeten in der Person der Kirche, in deren Einheit er steht. Bei der Weihe des Sakramentes aber spricht er in Q U A E S T I O 82, 7
tatem Ecclesiae, non reordinantur, sed recipiuntur in suis ordinibus. Et quia consecratio Eucharistiae est actus consequens ordinis potestatem, Uli qui sunt ab Ecclesia separati per haeresim, aut schisma, vel excommunicationem, possunt quidem consecrare Eucharistiam, quae ab eis consecrata verum corpus et sanguinem Christi continet; non tarnen hoc recte faciunt, sed peccant facientes; et ideo fructum sacrificii non percipiunt, quod est sacrificium spirituale. AD PRIMUM ergo dicendum quod auctoritates illae et similes intelligendae sunt quantum ad hoc quod non recte extra Ecclesiam sacrificium oflertur. Unde extra Ecclesiam non potest esse spirituale sacrificium, quod est verum veritate fructus, licet sit verum veritate sacramenti; sicut etiam supra dictum est, quod peccator sumit corpus Christi sacramentaliter, sed non spiritualiter. AD SECUNDUM dicendum quod solus baptismus permittitur esse ratus haereticis et schismaticis, quia possunt licite baptizare in articulo necessitatis; in nullo autem casu licite possunt Eucharistiam consecrare, vel alia sacramenta conferre. AD TERTIUM dicendum quod sacerdos in missa, in orationibus quidem loquitur in persona Ecclesiae, in cujus unitate consistit; sed in consecratione sacramenti loquitur in persona
312
der Person Christi, dessen Stelle er dabei vertritt durch 82, 8 die Gewalt der Priesterweihe. Wenn darum ein aus der Einheit mit der Kirche geschiedener Priester die Messe feiert, so konsekriert er, weil er die Gewalt der Priesterweihe nicht verliert, den wahren Leib und das wahre Blut Christi. Weil er aber von der Einheit mit der Kirche getrennt ist, haben seine Gebete keine Wirksamkeit. 8. A R T I K E L Kann ein seiner geistlichen Würde beraubter Priester dieses Sakrament vollziehen? [121] 1. Kein Priester vollzieht dieses Sakrament außer durch die Gewalt zu weihen, die er hat. Aber „ein seiner geistlichen Würde Beraubter hat nicht die Gewalt zu weihen, obwohl er die Gewalt zu taufen hat" (Dekretale). Also scheint ein seiner geistlichen Würde beraubter Priester die Eucharistie nicht weihen zu können. 2. Wer etwas gibt, kann es auch wegnehmen. Der Bischof aber gibt dem Priester die Gewalt zu konsekrieren dadurch, daß er ihn weiht. Also kann er sie ihm auch wegnehmen, indem er ihn seiner geistlichen Würde beraubt. 3. Der Priester verliert durch die Beraubung seiner geistlichen Würde entweder die Gewalt zu weihen oder nur deren Ausübungsrecht. Nicht aber das bloße AusQ U A E S T I O 82, 8
Christi, cujus vicem in hoc gerit per ordinis potestatem. Et ideo si sacerdos ab unitate Ecclesiae praecisus missam celebret, quia potestatem ordinis non amittit, consecrat verum corpus et sanguinem Christi; sed quia est ab Ecclesiae unitate separatus, orationes ejus efficaciam non habent. Utrum
A R T I C U L U S VIII sacerdos degradatus possit sacramentum conficere
[4 Sent., dist. 13, q. 1, art. 1, qa 4;
hoc
Quodl. 12, q. 11, art. 15]
AD OCTAVUM sie proceditur. Videtur quod sacerdos degradatus non possit hoc sacramentum conficere. Nullus enim conficit hoc sacramentum nisi per potestatem consecrandi quam habet. Sed „degradatus non habet potestatem consecrandi, licet habeat potestatem baptizandi", ut dicit canon.1 Ergo videtur quod presbyter degradatus non possit Eucharistiam consecrare. 2. PRAETEREA, ille qui aliquid dat, potest etiam auferre. Sed episcopus dat presbytero potestatem consecrandi, ordinando ipsum. Ergo etiam potest ei auferre degradando eum. 3. PRAETEREA, sacerdos per dagradationem aut amittit potestatem consecrandi, aut solam executionem. Sed non solam 1 Cl. Gratian., Causa 1, q. 1, can. Quod quidam; Frdb. I/S93.
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82,« übungsrecht, denn so würde der seiner geistlichen Würde Beraubte nicht mehr verlieren als der Ausgeschlossene, der das Ausübungsrecht nicht besitzt. Also scheint er die Weihegewalt zu verlieren. Und so scheint er dieses Sakrament nicht vollziehen zu können. ANDERSEITS beweist Augustinus, daß vom Glauben „Abgefallene nicht ohne die Taufe sind", damit, daß „sie den durch die Buße Zurückkehrenden nicht wieder gespendet, also für unverlierbar gehalten werde". Aber ebenso ist ein seiner geistlichen Würde Beraubter, wenn er sich wieder aussöhnt, nicht abermals zu weihen. Also hat er die Gewalt zu weihen nicht verloren. Und so kann ein seiner geistlichen Würde beraubter Priester dieses Sakrament vollziehen. ANTWORT: Die Gewalt, die Eucharistie zu weihen, gehört zum Mal der Priesterweihe. Jedes Mal aber, weil es mit einer Weihe gegeben wird, ist unaustilgbar (63, 5), wie auch die Weihungen irgendwelcher Dinge immerwährend sind und weder verlorengehen, noch wiederholt werden können. Daraus ist offenbar, daß die Gewalt zu weihen durch die Beraubung der geistlichen Würde nicht verlorengeht. Augustinus sagt nämlich: „Beide", Taufe und Weihe, „sind Sakramente und beide werden durch eine Weihe dem Menschen gegeben; jene, wenn er getauft, diese, wenn er geweiht wird. Darum darf keines der beiden von den Katholiken wiederholt werden." So Q U A E S T I 0
82, 8
executionem, quia sie non plus amitteret degradatus quam excommunicatus, qui etiam executione caret. Ergo videtur quod amittat potestatem consecrandi; et ita videtur quod non possit conficere hoc sacramentum. SED CONTRA est quod Augustinus, in 2 contra Parmen. MPL 43/72 [cap. 13], probat quod „apostatae" a fide „non carent baptisCSEL 51/80 mate", per hoc quod „per poenitentiam redeuntibus non restituitur, et ideo amitti non posse judicatur". Sed similiter degradatus, si reconcilietur, non est iterum ordinandus. Ergo non amisit potestatem consecrandi, et ita sacerdos degradatus potest conficere hoc sacramentum. RESPONDEO dicendum quod potestas consecrandi Eucharistiam pertinet ad characterem sacerdotalis ordinis. Character autem quilibet, quia cum quadam consecratione datur, indelebilis est, ut supra dictum est, sicut et quarumeumque rerum consecrationes perpetuae sunt, nec amitti, nec reiterari possunt. Unde manifestum est quod potestas consecrandi non amittitur per degradationem. Dicit enim Augustinus, in 2 contra MPL 43/70 Parmen. [cap. 13]: „Utrumque", scilicet baptismus et ordo, CSEL 51/79 „sacramentum est, et quadam consecratione utrumque homini datur; illud, cum baptizatur; istud, cum ordinatur: ideoque
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ist klar, daß ein seiner geistlichen Würde beraubter Prie- 82,8 ster dieses Sakrament vollziehen kann. Z u 1. Jene Dekretale spricht nicht als Entscheidung, sondern als Untersuchung, wie aus dem Zusammenhang zu ersehen ist. Z u 2. Der Bischof gibt die Gewalt der priesterlichen Weihe nicht aus eigener Kraft, sondern werkzeuglich als Diener Gottes, dessen Wirkung durch den Menschen nicht aufgehoben werden kann, nach Mt 19, 6: „ D i e Gott verbunden hat, soll der Mensch nicht trennen." Und deshalb kann der Bischof diese Gewalt nicht wegnehmen, wie auch der, welcher tauft, das Taufmal nicht wegnehmen kann. Z u 3. Die Ausschließung ist ein Heilmittel und darum wird den Ausgeschlossenen das Ausübungsrecht der priesterlichen Gewalt nicht sozusagen für immer weggenommen, sondern für eine Zeitlang zur Besserung. Den ihrer geistlichen Würde Beraubten aber wird das Ausübungsrecht als sozusagen für immer Verurteilten weggenommen. Q U A E S T I 0
82, s
non licet a Catholicis utrumque iterari." Et sie patet quod sacerdos degradatus potest conflcere hoc sacramentum. A D P R I M U M ergo dicendum quod canon ille non loquitur assertive, sed inquisitive, sicut ex circumstantia litterae haberi potest. A D S E C U N D U M dicendum quod episcopus non dat potestatem sacerdotalis ordinis propria virtute, sed instrumentaliter, sicut minister Dei, cujus eflectus per hominem tolli non potest, secundum illud Matth. 19: „ Q u o d 1 Deus conjunxit, homo non separet." Et ideo episcopus non potest hanc potestatem auferre, sicut nec ille qui baptizat, potest auferre characterem baptismalem. A D T E R T I U M dicendum quod excommunicatio est medicinalis. Et ideo excommunicatis non aufertur executio sacerdotalis potestatis, quasi in perpetuum, sed ad correctionem usque ad tempus; degradatis autem aufertur executio, quasi in perpetuum condemnatis. 1 L : Quos.
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82, 9
9. A R T I K E L Kann jemand erlaubterweise die Kommunion empfangen von irrgläubigen, ausgeschlossenen oder auch von sündigen Priestern und deren Messe hören? 1. Augustinus sagt: „Weder bei einem guten noch bei einem schlechten Menschen möge man den Sakramenten Gottes aus dem Wege gehen." Die Priester aber, auch wenn sie Sünder, auch Irrgläubige und Ausgeschlossene sind, vollziehen das wahre Sakrament. Also scheint man es nicht vermeiden zu müssen, von ihnen die Kommunion zu empfangen oder ihre Messe zu hören. 2. Der wahre Leib Christi gibt das Bild ab für den mystischen Leib (73, 1 E. 2 ; 67, 2 : Bd. 29). Von den erwähnten Priestern aber wird der wahre Leib Christi konsekriert. Also scheinen jene, die zum mystischen Leibe gehören, an deren Opfern teilnehmen zu können. 3. Viele Sünden sind schwerer als die Unzucht. Es ist aber nicht verboten, die Messen der Priester zu hören, die in anderer Weise sündigen. Also darf es auch nicht verboten sein, die Messen unzüchtiger Priester zu hören. Q U A E S T I O
82, 9
ARTICULUS IX Utruin aliquis licite possit c o m m u n i o n e m reciexcommupere a sacerdotibus h a e r e t i c i s vel n i c a t i s , v e l e t i a m p e c c a t o r i b u s , et ab e i s missam audire [Supra, q. 64, a r t . 9 ad 3; 4 Sent., dist. 13, q. 1, a r t . 3, qa 3; q. 1, a r t . 3, qa 5 ; Quodl. 11, q. 8, a r t . 8. 9]
dist. 24,
AD NONUM sie proceditur. Videtur quod aliquis licite possit communionem reeipere a sacerdotibus haereticis vel exeommunicatis, vel etiam peccatoribus, et ab eis missam audire. MPL 43/353 Sicut enim Augustinus contra Petilianum [lib. 3, cap. 9] dicit, 1 CSEL52/171 „neque in homine bono, neque in homine malo aliquis Dei fugiat sacramenta". S e d sacerdotes, quamvis sint peccatores et haeretici vel excommunicati, verum conflciunt sacramentum. Ergo videtur quod non sit vitandum ab eis communionem aeeipere, vel eorum missam audire. '2. P R A E T E R E A , corpus Christi verum figurativum est corporis mystici, sicut supra dictum est. Sed a praedictis sacerdotibus verum corpus Christi consecratur. Ergo videtur quod illi qui sunt de corpore mystico, possint eorum sacrificiis communicare. 3. P R A E T E R E A , multa peccata sunt graviora quam fornicatio. S e d non est prohibitum audire missas sacerdotum aliter peccantium. Ergo etiam non debet esse prohibitum audire missas sacerdotum fornicariorum. 1
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Cf. Gratian., Caus. 1, q. 1, c a n . Neque in h o m i n e ; F r d b .
1/372.
ANDERSEITS sagt das Dekretale: „Keiner höre die 82,9 Messe eines Priesters, von dem er unzweifelhaft weiß, daß er eine Buhlerin hat." — Und Gregorius sagt, daß „ein ruchloser Vater den arianischen Bischof zu seinem Sohne schickte, damit er aus dessen Händen die Kommunion der gottesräuberischen Konsekration empfange; der gottergebene Mann aber habe es dem arianischen Bischof bei dessen Ankunft gehörig verwiesen". ANTWORT: Priester, wenn sie Irrgläubige, Getrennte oder Ausgeschlossene oder auch Sünder sind, gebrauchen, obgleich sie die Gewalt haben, die Eucharistie zu weihen, diese doch nicht in der rechten Weise, sondern sündigen durch den Gebrauch (Art. 5 Zu 1; Art. 7). Wer immer aber mit jemandem in der Sünde gemeinsame Sache macht, wird selber Teilhaber an der Sünde. Darum heißt es 2 Jo V. 11, daß, „wer ihn", nämlich den Irrgläubigen, „grüßt, teilhat an seinen schlimmen Werken". Deshalb ist es nicht erlaubt, von den Genannten die Kommunion zu empfangen oder ihre Messe zu hören. Doch ist ein Unterschied unter den genannten Gruppen. Denn die Irrgläubigen, Getrennten und Ausgeschlossenen sind durch die Entscheidung der Kirche des Ausübungsrechtes der Konsekrationsgewalt beraubt. Darum sündigt, wer immer ihre Messe hört oder von ihnen Sakramente empfängt. — Aber nicht alle Sünder sind durch die EntQ U A E S T I O 82, 9
SED CONTRA est quod canon dicit dist. 32 [can. Nullus Frdb. missam]: „Nullus missam audiat sacerdotis quem indubitanter ' / l l 7 concubinam novit habere." — Et Gregorius dicit in 3 Dialog, MPL [cap. 31], 1 quod „pater perfidus Arianum episcopum misit ad 7 7 / 2 0 2 filium, ut de ejus manu sacrilegae consecrationis communionem perciperet. Sed vir Deo deditus Ariano episcopo venienti exprobravit, ut debuit". RESPONDEO dicendum quod, sicut supra dictum est, sacerdotes, si sint haeretici, vel schismatici, vel excommunicati, vel etiam peccatores, quamvds babeant potestatem consecrandi Eucharistiam, non tarnen ea recte utuntur, sed peccant utentes. Quicumque autem communicat alicui in peccato, ipse particeps peccati efflcitur. Unde et in Secunda Canonica Joannis dicitur quod „qui dixerit ei, Ave", scilicet haeretico, „communicat operibus illius malignis". Et ideo non licet a praedictis communionem accipere, aut eorum missam audire. Difiert tarnen inter praedictas sectas: nam haeretici, et schismatici, et excommunicati, sunt per sententiam Ecclesiae executione consecrandi privati. Et ideo peccat quicumque eorum missam audit, vel ab eis accipit sacramenta. — Sed non omnes 1
Cf. Gratian., Caus. 1, q. 1;
call. Superveniente; Frdb. 1/383.
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82, 9 scheidung der Kirche des Ausübungsrechtes dieser Gewalt beraubt. Und so sind sie, obwohl sie für sich selbst infolge göttlichen Urteilsspruches ihres Amtes enthoben sind, es doch nicht für die anderen, weil nicht auf Grund einer Entscheidung der Kirche. Und darum darf man bis zur Entscheidung der Kirche von ihnen die Kommunion empfangen und deren Messe hören. Deshalb sagt zu 1 Kor 5, 11, ,Mit einem solchen sollt ihr auch nicht Speise nehmen', die Glosse Augustins: „Damit sagt er, daß er nicht einen Menschen von einem Menschen verurteilt wissen wollte aus willkürlichem Verdacht oder auch in einem außergewöhnlichen, angemaßten Rechtsverfahren, sondern vielmehr nach dem Gesetz Gottes gemäß der Anordnung der Kirche entweder nach freiwilligem Geständnis oder nach Anklage und Überführung." Z u 1. Dadurch, daß wir dem aus dem Wege gehen, die Messe solcher Priester zu hören oder von ihnen die Kommunion zu empfangen, gehen wir nicht den Sakramenten Gottes aus dem Wege, sondern verehren sie vielmehr. Darum ist die von solchen Priestern geweihte Hostie anzubeten und, wenn sie aufbewahrt wird, kann sie erlaubterweise von einem befugten Priester empfangen werden. Wir gehen aber der Schuld jener aus dem Wege, die unwürdig dienen. Zu 2. Die Einheit des mystischen Leibes ist die Frucht des empfangenen wirklichen Leibes. Die aber, welche unwürdig empfangen oder dienen, gehen der Frucht verlustig (Art. 7; 80, 4). Und darum darf aus ihren Händen Q U A E S T I 0 82. 9
peccatores sunt per sententiam Ecclesiae executione hujus potestatis privati. Et sie quamvis sint suspensi quantum ad se ex sententia divina, non tarnen quantum ad alios ex sententia Ecclesiae. Et ideo usque ad sententiam Ecclesiae licet ab eis communionem aeeipere, et eorum missam audire. Unde super illud 1 Cor. 5, ,Cum hujusmodi nec eibum sumere', dicit Glossa Lomb.MPL Augustini: „Hoc dicendo noluit hominem ab homine judicare 191/1575 e x arbitrio suspicionis, vel etiam extraordinario usurpato judicio, sed potius ex lege Dei, secundum ordinem Ecclesiae, sive ultro confessum, sive accusatum et convictum." AD PRIMUM ergo dicendum quod in hoc quod refugimus audire missas talium sacerdotum, aut ab eis communionem reeipere, non refugimus Dei sacramenta, sed potius ea veneramur, unde hostia a talibus sacerdotibus consecrata est adoranda, et si reservetur, licite potest sumi a sacerdote legitimo; sed refugimus culpam indigne ministrantium. AD SECUNDUM dicendum quod unitas corporis mystici est fruetus corporis veri pereepti. Illi autem qui indigne pereipiunt vel ministrant, privantur fruetu, ut supra dictum est. Et ideo
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kein Sakrament von denen empfangen werden, die in der 82,10 Einheit der Kirche sind. Z u 3. Wenngleich die Unzucht nicht schwerer ist als die übrigen Sünden, so haben die Menschen doch zu ihr eine größere Neigung wegen der Begierlichkeit des Fleisches. Und deshalb ist in besonderer Weise diese Sünde den Priestern von der Kirche untersagt, und daß niemand die Messe eines buhlerischen Priesters höre. — Das ist aber zu verstehen von einem, der offenkundig geworden ist entweder „infolge eines Urteils" gegen den Überführten oder „eines Geständnisses vor Gericht" oder durch die Offensichtlichkeit der Tat, wenn „die Sünde durch keine Ausflucht verhehlt werden kann". Darf der Priester
10. A R T I K E L sich gänzlich der Weihe der enthalten?
Eucharistie
1. Wie es zum Amt des Priesters gehört, die Eucharistie zu weihen, so auch zu taufen und bei den anderen Sakramenten den Dienst zu versehen. Nun ist aber der Priester nicht gehalten, bei den anderen Sakramenten den Dienst zu versehen, außer sofern er die Sorge für Seelen übernommen hat. Also scheint er auch nicht gehalten zu sein, die Eucharistie zu weihen, wenn er keine Seelsorge hat. Q U A E S T I 0 82, 10
non est sumendum ex eorum dispensatione sacramentum ab eis qui sunt in unitate Ecclesiae. AD TERTIUM dicendum quod, licet fornicatio non sit gravior caeteris peccatis, tarnen ad eam proniores sunt homines propter carnis concupiscentiam. Et ideo specialiter hoc peccatum sacerdotibus prohibitum est ab Ecclesia, et ne aliquis audiat nüssam concubinarii sacerdotis. — Sed hoc intelligendum est de notorio, vel „per sententiam" quae fertur in convictum, vel „per confessionem in jure factani", vel per evidentiam facti, „quando non potest peccatum aliqua tergiversatione celari". ARTICULUS X Utrum liceat sacerdoti omnino a consecratione Eucharistiae abstinere [4 Sent., dist. 13, q. 1, art. 2, qa 1]
AD DECIMUM sie proceditur. Videtur quod liceat sacerdoti omnino a consecratione Eucharistiae abstinere. Sicut enim ad officium sacerdotis pertinet Eucharistiam consecrare, ita etiam baptizare, et in aliis sacramentis ministrare. Sed sacerdos non tenetur ministrare in aliis sacramentis, nisi propter curam animarum suseeptam. Ergo videtur quod nec etiam teneatur Eucharistiam consecrare, si curam non habeat animarum.
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82, ío
2. Niemand ist gehalten zu tun, was ihm nicht erlaubt ist, sonst wäre er ratlos. Aber einem sündigen oder auch einem exkommunizierten Priester ist es nicht erlaubt, die Eucharistie zu weihen (Art. 5 Zu 1; Art. 7). Also scheinen solche nicht zum Feiern der hl. Messe gehalten zu sein, und somit auch nicht die anderen, sonst würden jene aus ihrer Schuld einen Vorteil ziehen. 3. Die priesterliche Würde geht nicht verloren durch eine später eintretende Krankheit. Papst Gelasius [I. ] sagt nämlich, und es findet sich in einem Dekretale: „Wie die Gesetzesbestimmungen nicht gestatten, daß mit körperlichen Gebrechen Behaftete zum Priestertum kommen, so kann anderseits, wer dazu erhoben und dann verletzt wurde, nicht verlieren, was er zur Zeit seiner Unversehrtheit erhalten hat." Es kommt aber zuweilen vor, daß die zu Priestern Geweihten sich irgendwelche Mängel zuziehen, durch welche sie am Feiern der hl. Messe gehindert sind, z. B. Aussatz oder Fallsucht oder dgl. Also scheinen die Priester nicht zum Feiern der hl. Messe gehalten zu sein. ANDERSEITS sagt Ambrosius 1 in einem Gebet: „Drükkend ist es, daß wir zu Deinem Tisch nicht mit reinem Herzen und schuldlosen Händen kommen, drückender aber ist, wenn wir, da wir die Sünden fürchten, auch das Opfer nicht darbringen." Q U A E S T I O 82, 10
2. PRAETEREA, nullus tenetur facere quod sibi non licet, alioquin esset perplexus. Sed sacerdoti peccatori vel etiam excommunicato non licet Eucharistiam consecrare, ut supra dictum est. Ergo videtur quod tales non teneantur ad celebrandum, et ita nec alii; alioquin ex sua culpa commodum reportarent. 3. PRAETEREA, dignitas sacerdotalis non perditur per subsequentem infirmitatem; dicit enim Gelasius papa et habetur MPL in Decretis, dist. 55 [can. Praecepta canonum] : „Sicut praeb5^/2i8 c e P ' a canónica non patiuntur venire ad sacerdotium debiles corpore, ita si quis in eo fuerit constitutus, ac tune fuerit sauciatus, amittere non potest quod tempore suae sinceritatis aeeepit." Contingit autem quandoque quod ordinati in sacerdotes ineurrunt aliquos defectus, ex quibus a celebratione impediuntur, sicut est lepra vel morbus caducus, vel aliquid aliud hujusmodi. Non ergo videtur quod sacerdotes ad celebrandum teneantur. SED CONTRA est quod dicit Ambrosius 1 in quadam Oratione: „Grave est quod ad mensam tuam mundo corde et manibus innocentibus non venimus; sed gravius est si dum peccata metuimus, etiam sacrificium non reddamus." 1 Cf. Anselmi Orationes [or. 33], MPL 158/926.
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ANTWORT: Einige [ 1 2 2 ] haben gesagt, der Priester 82,10 könne erlaubter Weise sich gänzlich der Konsekration enthalten, es sei denn, daß er auf Grund einer ihm übertragenen [Seel-]Sorge gehalten ist, für das Volk die Messe zu lesen und die Sakramente zu spenden. Das wird aber ohne vernünftigen Grund behauptet. Denn jeder ist gehalten, die ihm gegebene Gnade bei passender Gelegenheit zu gebrauchen, nach 2 Kor 6, 1 : „Wir ermahnen euch, daß ihr die Gnade Gottes nicht vergeblich empfanget." Die passende Gelegenheit, das Opfer darzubringen, bemißt sich aber nicht nur nach dem Verhältnis zu den Christgläubigen, denen die Sakramente gespendet werden müssen, sondern hauptsächlich nach dem Verhältnis zu Gott, dem durch die Weihe dieses Sakramentes ein Opfer dargebracht wird. Darum ist es dem Priester, auch wenn er keine Seelsorge hat, nicht erlaubt, gänzlich von der Feier der hl. Messe zu lassen, sondern wenigstens scheint er gehalten, die hl. Messe an den Hauptfesten zu feiern und von allen am meisten an den Tagen, an denen die Gläubigen zu kommunizieren pflegen. Daher heißt es 2 Makk 4, 14 gegen gewisse Priester, „sie widmeten sich nicht mehr dem Altardienste, verachteten den Tempel und vernachlässigten die Opfer." Z u 1. Die anderen Sakramente werden vollzogen im Gebrauch der Gläubigen. Darum ist nur der verpflichtet, den Dienst dieser Sakramente zu versehen, wer Sorge für die Gläubigen auf sich nimmt. Dieses Sakrament Q U A E S T I 0 82, 10
RESPONDEO dicendum quod quidam dixerunt quod sacerdos potest omnino a consecratione licite abstinere, nisi teneatur ex cura sibi commissa celebrare pro populo et sacramenta praebere. Sed hoc irrationabiliter dicitur, quia unusquisque tenetur uti gratia sibi data, cum fuerit opportunum, secundum illud 2 Cor. 6: „Hortamur vos ne in vacuum gratiam Dei recipiatis." Opportunitas autem sacrificium offerendi non solum attenditur per comparationem ad fideles Christi, quibus oportet sacramenta ministrari, sed principaliter per comparationem ad Deum, cui consecratione hujus sacramenti sacrificium offertur. Unde sacerdoti, etiamsi non habeat curam animarum, non licet omnino a celebratione cessare; sed saltem videtur quod celebrare tenetur in praecipuis festig, et maxime in illis diebus in quibus fideles communicare consueverunt. Et hinc est quod 2 Machab. 4 contra quosdam sacerdotes dicitur quod „jam non circa altaris officia dediti erant, contempto Templo et sacrificiis neglectis". AD PRIMUM ergo dicendum quod alia sacramenta perficiuntur in usu fidelium, et ideo in illis ministrare non tenetur nisi ille qui super fideles suscipit curam. Sed hoc sacramentum 21 30
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82,10 jedoch wird vollzogen in der Weihe der Eucharistie, durch welche das Opfer Gott dargebracht wird, wozu der Priester auf Grund der schon erhaltenen Weihe verpflichtet ist. Zu 2. Der sündige Priester ist, wenn ihm durch das Urteil der Kirche das Ausübungsrecht der Weihe entweder schlechthin oder zeitweise abgesprochen worden ist, unfähig, das Opfer darzubringen, und darum erlischt die Verpflichtung. Das aber gereicht ihm mehr zur Minderung der geistigen Frucht als zu deren Mehrung. — Wenn ihm aber die Ermächtigung, die hl. Messe zu feiern, nicht abgesprochen ist, wird die Verpflichtung nicht gelöst. Doch ist er nicht ratlos, denn er kann über die Sünde Reue erwecken und [dann] die hl. Messe feiern. Z u 3. Nach der Priesterweihe eintretendes Gebrechen oder Kranksein hebt die Weihe nicht auf, verhindert aber die Ausübung dieser Weihe bezüglich der Weihe der Eucharistie. Und dies manchmal wegen der Unmöglichkeit der Ausübung, so wenn er die Augen oder Finger oder den Gebrauch der Sprache verliert. — Manchmal aber wegen der Gefahr, wie ersichtlich bei dem, der an Fallsucht leidet oder an irgendeiner geistigen Störung. — Manchmal aber wegen des Ekels, wie ersichtlich bei einem Aussätzigen, der nicht öffentlich die hl. Messe feiern darf. Er kann aber die Messe im Verborgenen lesen, außer der Aussatz habe so zugenommen, daß er ihn wegen Zerfalls der Glieder dazu unfähig gemacht hat. Q U A E S T I O 82, 10 perflcitur in consecratione Eucharistiae, in qua sacrificium Deo oflertur, ad quod sacerdos obligatur Deo 1 ex ordine jam suscepto. AD SECUNDUM dicendum quod sacerdos peccator, si per sententiam Ecclesiae sit executione ordinis privatus, vel simpliciter, vel ad tempus, redditus est impotens ad sacrificium offerendum; et ideo obligatio tollitur. Hoc autem cedit sibi in detrimentum spiritualis fructus magis quam in emolumentum. — Si vero non sit privatus potestate celebrandi, non solvitur obligatio; nec tarnen perplexus est, quia potest de peccato poenitere et celebrare. AD TERTIUM dicendum quod debilitas vel aegritudo superveniens ordini sacerdotali ordinem non tollit; executionem tarnen ordinis impedit quantum ad consecrationem Eucharistiae, quandoque quidem propter impossibilitatem executionis, sicut si privetur oculis, aut digitis, aut usu linguae. — Quandoque autem propter periculum, sicut patet de eo qui patitur morbum caducum, vel etiam quamcumque alienationem mentis. — Quandoque propter abominationem, sicut patet de leproso, qui non debet publice celebrare; potest tarnen missam dicere occulte, nisi lepra adeo invaluerit, quod per corrosionem membrorum eum ad hoc reddiderit impotentem. 1
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L om.
83,1
83. F R A G E DER RITUS DIESES SAKRAMENTES Dann ist der Ritus dieses Sakramentes zu betrachten. Darüber ergeben sich sechs Einzelfragen. 1. Wird bei der Feier dieses Sakramentes Christus hingeopfert? 2. Die Zeit der Feier. 3. Der Ort und was sonst zu den Vorkehrungen für diese Feier gehört. 4. Was bei der Feier dieses Geheimnisses gesagt wird. 5. Was bei der Feier dieses Geheimnisses getan wird. 6. Die Verstöße, die bei der Feier dieses Sakramentes vorkommen. 1. A R T I K E L Wird bei der Feier dieses Sakramentes hingeopfert?
Christus
1. Es heißt Hebr 10, 14, daß „Christus durch ein einziges Darbringen für immer die vollendet, die geheiligt werden". Jenes Darbringen aber war Seine Hinopferung. Also wird Christus bei der Feier dieses Sakramentes nicht hingeopfert.
QUAESTIO
LXXXIII
DE RITU HUJUS SACRAMENTI Deinde considerandum est de ritu hujus sacramenti. Et circa hoc quaeruntur sex: 1. Utrum in celebratione hujus mysterii Christus immoletur. — 2. De tempore celebrationis. — 3. De loco et aliis quae pertinent ad apparatum hujus celebrationis. — 4. De his quae in celebratione hujus mysterii dicuntur. — 5. De his quae circa celebrationem hujus mysterii flunt. — 6. De defectibus qui circa celebrationem hujus sacramenti occurrunt. ARTICULUS I U t r u m in c e l e b r a t i o n e h u j u s s a c r a m e n t i Christus immoletur [Supra, q. 22, art. 3 ad 2; q. 73, art. 4; 4 Sent., dist. 12, Expos, text.; Hebr., cap. 10, lect. 1]
AD PRIMUM sic proceditur. Videtur quod in celebratione hujus sacramenti Christus non immoletur. Dicitur enim Hebr. 10, quod „Christus una oblatione consummavit in sempiternum sanctificatos". Sed illa oblatio fuit ejus immolatio. Christus ergo non immolatur in celebratione hujus sacramenti. 21*
323
83, ì
2. Die Hinopferung Christi ist am Kreuze geschehen, an dem „Er sich selbst als Darbringung und Opfergabe Gott zum lieblichen Gerüche hingab" (Eph 5, 2). Aber bei der Feier dieses Mysteriums wird Christus nicht gekreuzigt, also auch nicht hingeopfert. 3. Augustinus sagt, bei der Hinopferung Christi sind Priester und Opfergabe dasselbe. Bei der Feier dieses Sakramentes aber sind Priester und Opfergabe nicht dasselbe. Also ist die Feier dieses Sakramentes nicht eine Hinopferung Christi. ANDERSEITS sagt Augustinus: „Einmal ist Christus in sich selber hingeopfert worden und doch wird Er täglich im Sakramente hingeopfert." ANTWORT: Aus einem zweifachen Grunde heißt die Feier dieses Sakramentes Hinopferung Christi. Erstens, weil nach Augustinus „die Bilder gewöhnlich mit den Namen der Dinge benannt werden, deren Bilder sie sind. So sagen wir, wenn wir ein Bild oder ein Wandgemälde anschauen: Das ist Cicero, das ist Sallust". Die Feier dieses Sakramentes aber ist eine Art Bild, welches das Leiden Christi, das eine wahre Hinopferung ist, vergegenwärtigt (76, 2 Zu 1; 79, 1). Daher sagt Ambrosius 1 : „In Christus ist einmal die Opfergabe dargebracht worden, Q U A E S T I O 83, L
2. PRAETEREA, immolatio Christi facta est in cruce, in qua „tradidit semetipsum oblationem et hostiam Deo in odorem suavitatis", ut dicitur Ephes. 5. Sed in celebratione hujus mysterii Christus non crucifigitur. Ergo nec immolatur. MPL 3. PRAETEREA, sicut Augustinus dicit, 4 de Trin. [cap. 14] , 2 42/901 in immolatione Christi idem est sacerdos et hostia. Sed in CSw/530 celebratione hujus sacramenti non est idem sacerdos et hostia. Ergo celebratio hujus sacramenti non est Christi immolatio. SED CONTRA est quod Augustinus dicit in libro Sententiarum Prosperi: „Semel immolatus est in semetipso Christus, et tarnen quotidie immolatur in s a c r a m e n t o . " 3 RESPONDEO dicendum quod duplici ratione celebratio hujus sacramenti dicitur immolatio Christi: primo quidem quia, sicut MPL Augustinus dicit ad Simplicianum [lib. 2, q. 3 ] , 4 „solent imagi40/143 nes earum rerum nominibus appellari quarum imagines sunt; sicut cum intuentes tabulam aut parietem pictum, dicimuß: ille Cicero est, ille Sallustius". Celebratio autem hujus sacramenti, sicut supra dictum est, imago quaedam est repraesentativa passionis Christi, quae est vera ejus immolatio. Et ideo celebratio hujus sacramenti dicitur Christi immolatio. 5 Unde Ambrosius 1 Tatsächlich ist es Chrysostomus, in Hebr. 10, hom. 17, 3; MPG 63/131. Vgl. Rah. Maur. lib. 28; In Hebr., cap. 10: MPL 112/780, u. Uratian., De Consecr., dist. 2, can. In Christo semel; Frdb. 1/1333. 2 Cf. 2 Enarr. in Ps. 26; MPL 36/200. •I' Cf. Gratian., De Consecr., dist. 2, can. Semel immolatus; Frdb. 1/1333. 4 Cf. De octo Dulcitii quaest., q. 6; MPL 40/165. 5 L om.: E l ideo . . . Christi immolatio.
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vermögend zum ewigen Heile. Was also [tun] wir? 83,1 Opfern wir [sie] nicht jeden Tag? Aber [nur] zur Erinnerung an Seinen Tod." Auf die andere Weise [heißt die Feier dieses Sakramentes Hinopferung Christi ] im Hinblick auf die Wirkung des Leidens Christi, weil wir nämlich durch dieses Sakrament der Frucht des Herrnleidens teilhaftig gemacht werden. Darum heißt es auch in dem Stillgebet eines Sonntags [9. Sonntag nach Pfingsten]: „Sooft man die Erinnerung [an das Leiden], deren Träger diese Opfergabe ist, feiert, wird das Werk unserer Erlösung vollzogen." Was die erste Weise betrifft, konnte man sagen, daß Christus auch in den Bildern des Alten Testamentes hingeopfert wurde; Offb 13, 8 : „Deren Namen nicht geschrieben sind im Lebensbuch des Lammes, das geschlachtet ist seit Anbeginn der Welt." Was aber die zweite Weise betrifft, ist es diesem Sakramente eigentümlich, daß bei seiner Feier Christus hingeopfert wird. Z u 1. Ambrosius 1 sagt a. a. 0 . : „Die Opfergabe" — nämlich die Christus dargebracht hat und wir darbringen — „ist [nur ] eine und nicht viele [Opfergaben], weil ,Christus [nur] einmal sich dargebracht hat' [Hebr 9 , 2 8 ] . Diese [unsere ] Opferung aber ist das Abbild jener [nämlich Christi]. Wie nämlich der Leib, wo nur immer er dargebracht wird, einer ist und nicht viele Leiber, so [ist ] auch [sein Darbringen n u r ] eine Opferung." Q U A E S T I 0 83, L
dicit super Epistolam ad Hebr.: „In Christo semel oblata est cf. MPG hostia, ad salutem sempiternam potens. Quid ergo nos? nonne 6 3 /i3i per singulos dies offerimus ad recordationem mortis e j u s ? " Alio modo quantum ad effectum passionis Christi, quia scilicet per hoc sacramentum participes efficimur fructus dominicae passionis. Unde in quadam dominicali oratione secreta dicitur: „Quoties hujus hostiae commemoratio celebratur, opus nostrae redemptionis exercetur." Quantum igitur ad primum modum poterat dici Christus immolari etiam in figuris veteris Testamenti, unde et Apoc. 13 •dicitur: „Quorum nomina non sunt scripta in libro vitae Agni, qui occisus est ab origine mundi." Sed quantum ad secundum modum, proprium est huic sacramento quod in ejus celebratione Christus immoletur. AD PRIMUM ergo dicendum quod, sicut Ambrosius ibidem dicit, „una est hostia", quam scilicet Christus obtulit, et nos offerimus, „et non multae, quia ,semel oblatus est Christus' cf. MPG [Hebr. 9, 2 8 ] , hoc autem sacriflcum exemplum est illius. Sicut 63/131 enim quod ubique offertur, unum est corpus, et non multa corpora, ita et unum sacrificium." 1 Vgl. S. 324 Fußnote 1.
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83,2
Z u 2. Wie die Feier dieses Sakramentes ein Bild ist, welches das Leiden Christi vergegenwärtigt, so ist der Altar eine Vergegenwärtigung des Kreuzes selber, an dem Christus in Seiner eigenen Gestalt hingeopfert worden ist. Z u 3. Aus demselben Grunde [Zu 2 ] stellt auch der Priester das Bild Christi dar, in dessen Person und in dessen Kraft er die Konsekrationsworte ausspricht (82, 1. 8). Und so ist Priester und Opfergabe gewissermaßen dasselbe. 2. A R T I K E L Ist die Zeit sinngemäß bestimmt für die Feier Sakramentes ?
dieses
1. Dieses Sakrament ist die Vergegenwärtigung des Herrnleidens (Art. 1). Das Gedächtnis des Herrnleidens aber wird in der Kirche einmal im J a h r e begangen. Augustinus sagt nämlich: „Wird etwa, sooft Ostern [ 1 2 3 ] gefeiert wird, ebensooft Christus getötet? Aber doch vergegenwärtigt die alljährliche Erinnerung, was einst geschehen ist, und macht uns so ergriffen, als sähen wir den Herrn am Kreuze hängen." Also darf dieses Sakrament nur einmal im J a h r e gefeiert werden. Q U A E S T I O 83, 2
AD SECUNDUM dicendum quod, sicut celebratio hujus sacramenti est imago repraesentativa passionis Christi, ita altare est repraesentativum crucis ipsius, in qua Christus in propria specie immolatus est. AD TERTIUM dicendum quod per eamdem rationem etiam sacerdos gerit imaginem Christi, in cujus persona et virtute verba pronuntiat ad consecrandum, ut ex dictis patet. Et ita quodammodo idem est sacerdos et hostia. A R T I C U L U S II U t r u m c o n v e n i e n t e r s i t d e t e r m i n a t u m t e m p us celebrationis hujus mysterii [4 Sent., dist. 13, q. 1, art. 2, qa 3. 4]
AD SECUNDUM sic proceditur. Videtur quod inconvenienter sit determinatum tempus celebrationis hujus mysterii. Hoc enim sacramentum est repraesentativum dominicae passionis, ut dictum est. Sed commemoratio dominicae passionis fit in Ecclesia semel in anno; dicit enim Augustinus super Psalmos MPL [2 Enarr. in Ps., 21] : „Quotiescumque Pascha celebratur, num36/171 quid toties Christus occiditur? Sed tarnen anniversaria recordatio repraesentat quod olim factum est; et sie nos facit moveri, tamquam videamus in cruce pendentem Dominum." Ergo hoc sacramentum non debet celebrari nisi semel in anno.
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2. Des Leidens Christi wird in der Kirche am Freitag 83,2 vor Ostern gedacht, nicht aber am Weihnachtsfest. Da also dieses Sakrament das Gedächtnis des Herrnleidens ist, scheint es sinnwidrig zu sein, daß am Weihnachtsfest dieses Sakrament dreimal gefeiert, am Karfreitag aber gänzlich unterlassen wird. 3. Bei der Feier dieses Sakramentes soll die Kirche die Einsetzung durch Christus nachahmen. Christus aber weihte dieses Sakrament zur Abendstunde [Mt 26, 20; Mk 14,17; Lk 22, 14; 1 Kor 11, 23]. Also scheint zu einer solchen Stunde dieses Sakrament gefeiert werden zu sollen. 4. Einem Dekretale zufolge schreibt Papst Leo [ I . ] an Dioskurus, den Bischof von Alexandrien, daß man „in der ersten Tageshälfte" Messen feiern dürfe. Der Tag aber fängt um Mitternacht an (80, 8 Zu 5). Also scheint man auch nach Mitternacht Messen feiern zu dürfen. 5. In dem Stillgebet eines Sonntags [9. n. Pfingsten] heißt es: „Laß uns, 0 Herr, wir bitten Dich, diese Geheimnisse immer wieder begehen." Es wird aber dann häufiger begangen, wenn der Priester sogar mehrmals am Tage die hl. Messe feiert. Also scheint der Priester nicht gehindert werden zu dürfen, mehrere Male am Tage die hl. Messe zu feiern. ANDERSEITS spricht dagegen die Gewohnheit, welche die Kirche nach den Bestimmungen der kirchlichen Vorschriften [vgl. die Lösungen zu den Einw.] beobachtet. ( ¡ U A E 8 T I O
83, 2
2. P R A E T E R E A , passio Christi commemoratur in Ecclesia sexta f e r i a ante Pascha, non autem in festo Natalis. Cum ergo hoc sacramentum sit commemorativum dominicae passionis, videtur inconveniens esse quod in die Natalis ter celebretur hoc sacramentum; in Parasceve autem totaliter intermittatur. 3. P R A E T E R E A , in celebratione h u j u s sacramenti Ecclesia debet imitari institutionem Christi. S e d Christus consecravit hoc sacramentum hora serótina. E r g o videtur quod hora tali debeat hoc sacramentum celebrari. 4. P R A E T E R E A , sicut habetur de Consecr. [dist. 1, can. Krdb. Necesse est], L e o p a p a scribit Dioscoro A l e x a n d r i n o episcopo V1307 [epist. 9, cap. 2 ] , quod „in p r i m a parte d i e i " missas celebrare licet. S e d dies incipit a media nocte, ut supra dictum est. E r g o videtur quod etiam post mediam noctem liceat celebrare. 5. P R A E T E R E A , in q u a d a m dominicali oratione secreta dicitur: „Concede nobis, Domine, quaesumus, haec frequentare mysteria." S e d m a j o r erit frequentia, si etiam pluribus horis in die sacerdos celebret. E r g o videtur quod non debeat proh i b e n sacerdos pluries celebrare in die. S E D C O N T R A est consuetudo quam servat Ecclesia secundum Canonum statuta.
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83,2
ANTWORT: Bei der Feier dieses Geheimnisses kommt sowohl die Vergegenwärtigung des Herrnleidens als auch die Teilnahme an dessen Frucht in Betracht (Art. 1). Und es ist nötig gewesen, beiden gemäß eine zur Feier dieses Sakramentes geeignete Zeit zu bestimmen. Weil wir nämlich der Frucht des Herrnleidens täglich bedürfen wegen der täglichen Fehler, wird in der Regel täglich dieses Sakrament in der Kirche dargebracht. Darum lehrt uns auch der Herr Lk 11, 3 bitten: „Gib uns heute unser tägliches Brot." Das legt Augustinus so aus: „Wenn es das täglich© Brot ist, warum empfängst du es nach einem Jahr, wie es die Griechen im Morgenland zu tun pflegen? Empfange täglich, was dir täglich nützen soll." — Weil aber das Herrnleiden von der dritten bis zur neunten Stunde begangen wurde [Zu 3], deshalb wird in der Regel zu dieser Tageszeit festlich in der Kirche dieses Sakrament gefeiert. Z u 1. In diesem Sakrament wird das Leiden Christi in Erinnerung gebracht, sofern seine Wirkung auf die Gläubigen übergeleitet wird. Aber zur Passionszeit wird das Leiden Christi in Erinnerung gebracht, nur sofern es in unserem Haupte selbst vollendet worden ist. Das nun ist einmal geschehen; täglich aber empfangen die Gläubigen die Frucht des Herrnleidens. Und darum wird das bloße Gedächtnis nur einmal im Jahre, dieses [SakraQ U A E S T I 0 83, 2
RESPONDEO dicendum quod, sicut dictum est, in celebratione hujus mysterii attenditur repraesentatio dominicae passionis, et participatio fructus ejus. Et secundum utrumque oportuit determinare tempus aptum celebrationi hujus sacramenti. Quia enim fructu dominicae passionis quotidie indigemus propter quotidianos defectus, quotidie in Ecclesia regulariter hoc sacramentum oflertur. Unde et Dominus nos petere docet Luc. 11: „Panem nostrum quotidianum da nobis hodie"; MPL quod exponens Augustinus in libro de Verbis Domini 39/1908 [ S erm. 84] dicit: „Si quotidianus est panis, cur post annum illum sumis, quemadmodum Graeci in Oriente facere consueverunt? Accipe quotidie, quod quotidie tibi prosit." — Quia vero dominica passio celebrata est a tertia hora usque ad nonam, ideo regulariter in illa parte diei solemniter hoc sacramentum in Ecclesia celebratur. AD PRIMUM ergo dicendum quod in hoc sacramento recolitur passio Christi, secundum quod ejus effectus ad fideles derivatur; sed tempore passionis recolitur passio Christi solum secundum hoc quod in ipso capite nostro fuit perfecta, quod quidem factum est semel; quotidie autem fructum dominicae passionis fideles percipiunt: et ideo illa 1 commemoratio fit 1
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L: sola.
ment ] aber täglich gefeiert, sowohl wegen der Frucht als 83,2 auch wegen der fortwährenden Erinnerung. Zu 2. Wenn die Wirklichkeit kommt, hört das Bild auf. Dieses Sakrament aber ist ein gewisses Nach-bild fVergegenwärtigung ] und Ab-bild [insofern wir durch es teilhaftig gemacht werden der Frucht] des Herrnleidens (Antw.). Und darum wird an dem Tage, an dem das Leiden des Herrn selber, so wie es in Wirklichkeit geschah, in Erinnerung gebracht wird, die Weihe dieses Sakramentes nicht gefeiert. Damit aber die Kirche auch an diesem Tage nicht ohne die durch dieses Sakrament dargebotene Frucht des Leidens sei, wird der am Vortage konsekrierte Leib Christi aufbewahrt, um an jenem Tage empfangen zu werden. Das Blut aber wird nicht aufbewahrt wegen der Gefährlichkeit und weil das Blut in besonderer Weise das Bild des Herrnleidens ist (78, 3 Zu 2). Auch ist nicht wahr, was einige sagen, daß durch die Mischung eines Teilchens des Leibes Christi mit dem Wein der Wein in das Blut verwandelt werde. Dies kann nämlich nicht anders geschehen als durch die Weihe unter der vorgeschriebenen Form der Worte [124]. Am Weihnachtstage aber werden mehrere Messen gefeiert wegen der dreifachen Geburt Christi. Die eine davon ist die ewige, die, was uns betrifft, verborgen ist. Und darum wird die eine Messe in der Nacht gesungen; in deren Eingang heißt es: „Der Herr sprach zu Mir: Q U A E S T I O 83, 2
semel in anno, haec 1 autem quotidie et propter fructum, et propter jugem memoriam. AD SECUNDUM dicendum quod veniente veritate, cessat flgura. Hoc autem sacramentum est figura quaedam et exemplum dominicae passionis, sicut dictum est. Et ideo in die quo ipsa passio Domini recolitur, prout realiter gesta est, non celebratur consecratio hujus sacramenti. Ne tarnen Ecclesia ea etiam die sit sine fructu passionis per hoc sacramentum nobis exhibito, corpus Christi consecratum die praecedenti reservatur sumendum in illo die; non autem sanguis, propter periculum, et quia sanguis specialius est imago dominicae passionis, ut supra dictum est. Nec verum est quod quidam 2 dicunt quod per immissionem particulae corporis Christi in vinum convertatur vinum in sanguinem. Hoc enim aliter fieri non potest quam per consecrationem factam sub debita forma verborum. In die autem Nativitatis plures missae celebrantur propter triplicem Christi nativitatem. Quarum una est aeterna, quae quantum ad nos est occulta; et ideo una missa cantatur in nocte, in cujus introitu dicitur: „Dominus dixit ad me: Filius 1 L: hoc. a Cf. Alcuin, De Divinis Olficiis, pars 9, cap. 18; MPL 101/1211.
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2 Mein Sohn bist Du, Ich habe heute Dich gezeugt." — Die andere aber ist die zeitliche, doch geistige, durch d i e nämlich Christus „als der Morgenstern aufgeht in unseren Herzen" ('2 Petr 1, 19). Und deshalb wird die Messe in der Morgenröte gesungen; in deren Eingang heißt es: „Das Licht erstrahlt heute über uns." — Die dritte ist Christi zeitliche und leibliche Geburt, in der Er für uns sichtbar aus dem jungfräulichen Schöße, mit dem Fleische bekleidet, hervorging. Und um dessentwillen wird die dritte Messe bei vollem Tageslicht gesungen; in deren Eingang heißt es: „Ein Kind ist uns geboren." — Zwar könnte man umgekehrt sagen, daß die ewige Geburt an sich in vollem Tageslichte steht und deshalb geschieht im Evangelium der dritten Messe Gedächtnis der ewigen Geburt. Was aber die leibliche Geburt betrifft, so wurde Er, dem Wortsinne nach, in der Nacht geboren zum Zeichen, daß Er in die Finsternis unserer Schwachheit kam; darum wird auch in der nächtlichen Messe das Evangelium von der leiblichen Geburt Christi gelesen [125]. So werden auch an anderen Tagen, an denen mehrere Wohltaten Christi, die begangen oder erbeten werden sollen, zusammentreffen, mehrere Messen am Tage gefeiert, z. B. die eine für das Fest und die andere für das Fasten oder für d i e Verstorbenen. Z u 3. Christus hat dieses Sakrament den Jüngern an letzter Stelle übergeben wollen, um es stärker ihren Herzen Q U A E S T I 0 83, 2
meus es tu; ego hodie genui te." — Alia autem est temporalis, sed spiritualis, qua scilicet Christus „oritur tanquam lucifer in cordibus nostris", ut dicitur 2 Petr. 1, et propter hoc cantatur missa in aurora; in cujus introitu dicitur: „Lux fulgebit hodie super nos." — Tertia est Christi nativitas temporalis et corporalis, secundum quam visibilis nobis processit ex utero virginali, carne indutus: et ob hoc cantatur tertia missa in clara luce, in cujus introitu dicitur: „Puer natus est nobis." — Licet e converso possit dici quod nativitas aeterna secundum se est in plena luce, et ob hoc in Evangeliae tertiae missae fit mentio de nativitate aeterna. Secundum autem nativitatem corporalem ad litteram natus est de nocte, in Signum quod veniebat ad tenebras infirmitatis nostrae; unde et in missa nocturna dicitur Evangelium de corporali Christi nativitate. Sic etiiam et in aliis diebus, in quibus occurrunt plura Christi beneficia vel recolenda, vel expetenda, plures missae celebrantur in die, puta una pro festo et alia pro jejunio vel pro mortuis. A D T E R T I U M dicendum quod, sicut dictum est superius, Christus voluit ultimo hoc sacramentum discipulis suis tradere,
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einzuprägen (73, 5). Und darum weihte Er nach dem 83,2 Abendmahle am Ende des Tages dieses Sakrament und übergab es den Jüngern. Von uns aber wird es zur Zeit des Herrnleidens gefeiert, nämlich entweder an den Festtagen zur dritten Stunde, wo Er von den Zungen der Juden gekreuzigt wurde (Mk 15, 25) [vgl. 46, 9 Zu 2 ] und wo der Heilige Geist auf die Jünger herabkam [Apg 2, 15 ] oder an den Werktagen zur sechsten Stunde, wo Er von den Händen der Soldaten gekreuzigt wurde (Jo 19, 14; vgl. Lk 23, 44) oder an den Fasttagen zur neunten Stunde, wo Er „mit lauter Stimme rufend Seinen Geist aufgab" (Mt 27, 46. 50). Es kann aber hinausgezögert werden, besonders wenn Weihen zu erteilen sind und hauptsächlich am Karsamstag, sowohl wegen der Länge des Gottesdienstes als auch weil die Weihen nach dem Dekretale zum Sonntag gehören. Es können jedoch auch Messen „in der ersten Tageshälfte" wegen eines Notfalles gefeiert werden (Dekretale). Z u 4. In der Regel muß die Messe am Tage gefeiert werden und nicht in der Nacht, weil Christus selbst in diesem Sakramente gegenwärtig ist, der Jo 9, 4 f. sagt: „Ich muß die Werke dessen, der Mich gesandt hat, vollbringen, solange es Tag ist. Es kommt die Nacht, in der niemand wirken kann. Solange Ich in der Welt bin, bin Ich das Q U A E S T I 0 83, 2
ut fortius eorum cordibus imprimeretur; et ideo post coenam in fine diei hoc sacramentum consecravit, et discipulis suis tradidit. A nobis tarnen celebratur hora dominicae passionis, scilicet diebus festis in tertia, quando crucifixus est linguis Judaeorum, ut dicitur Marc. 15, et quando Spiritus sanctus descendit super discípulos; 1 vel diebus profestis in sexta, quando crucifixus est manibus militum, ut habetur Joan. 19, vel diebus jejuniorum in nona, quando „voce magna clamans emisit spiritum", ut dicitur Matth. 27. Potest tarnen tardari, máxime quando sunt ordines faciendi, et praecipue in sabbato sancto, tum propter prolixitatem officii, tum quia ordines pertinent ad diem dominicam, ut habetur in Decret., dist. 75 [can. Quod a patribus], Frdb. Possunt tarnen etiam missae celebrari „in prima parte diei" 1/166 propter aliquam necessitatem, ut dicitur de Consecr., dist. 1 ibid. [can. Necesse est]. i,/i307 AD QUARTUM dicendum quod regulariter missa debet celebrari in die, et non in nocte, quia ipse Christus est praesens in hoc sacramento, qui dicit Joan. 9: „Me oportet operari opera ejus qui misit me, donee dies est: venit nox, quando nemo potest operari; quamdiu in mundo sum, lux sum mundi"; 1
22*
Cf. Gratian., De Consecr., dist. 1, can. Nocte; Frdb. 1/1306.
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83,2 Licht der Welt"; jedoch so, daß der Tagesanfang nicht von Mitternacht an genommen wird noch auch von Sonnenaufgang, d. h. von da an, wo der Sonnenball über der Erde erscheint, sondern von da an, wo die Morgenröte zu erscheinen beginnt. Dann nämlich heißt die Sonne gewissermaßen aufgegangen, sofern die Helligkeit ihrer Strahlen erscheint. Darum heißt es auch Mk 16, 2, daß die Frauen zum Grabe kamen, „als die Sonne eben aufgegangen war", obwohl sie doch zum Grabe kamen, „als es noch dunkel war" (Jo 20, 1). So löst nämlich Augustinus den Widerspruch. Besonders aber wird zu Weihnachten die Messe deshalb nachts gefeiert, weil der Herr nachts geboren wurde (Dekretale) — und ähnlich auch am Karsamstag zu Beginn der Nacht, deshalb, weil der Herr nachts auferstand, d. h. „als es noch dunkel war", vor dem vollen Sonnenaufgang [126]. Z u 5. Nach dem Dekretale Papst Alexanders [II.] „genügt es für den Priester, am Tage eine Messe zu feiern, weil Christus einmal gelitten und die ganze Welt erlöst hat; und sehr glücklich ist, wer die eine würdig feiern kann. Einige aber feiern für die Verstorbenen eine und eine zweite vom Tage, wenn es nötig ist. Die aber für Geld oder Schmeichelreden der Weltleute an einem Tage Q U A E S T I O 83, 2
ita tarnen quod principium diei accipiatur non a media nocte, nec etiam ab ortu solis, id est, quando substantia solis apparet super terram, sed quando incipit apparere aurora; tunc enim quodammodo dicitur sol ortus, inquantum claritas radiorum ejus apparet. Unde et Marci 16 dicitur quod mulieres venerunt ad monutnentum „orto jam sole", cum tarnen venerint, „cum adhuc tenebrae essent", ad monumentum, ut dicitur MPL34 Joan. 20. Sic enim hanc contrarietatem solvit Augustinus, in 1197 sq. libro de Consensu Evangelistarum [lib. 3, cap. 24]. 43/354 Specialiter tarnen in nocte Natalis Domini missa celebratur propter hoc quod Dominus in nocte natus est, ut dicitur de Frdb. Consecr., dist. 1 [can. Nocte], — Et similiter etiam in sabbato 1/1306 sancto circa noctis principium, propter hoc quod Dominus nocte surrexit, id est, cum adhuc tenebrae essent, ante manifestum solis ortum. AD QUINTUM dicendum quod, sicut habetur de Consecr., i-rdb. 1/1308 dist. 1 [can. Sufflcit], ex Decreto Alexandri II. papae: „sufficit 146/uio sacerdoti unam missam in die una celebrare, quia Christus semel passus est, et totum mundum redemit; et valde felix est, qui unam digne celebrare potest. Quidam tarnen pro defunctis unam faciunt, alteram de die, si necesse sit. Qui vero pro pecunia aut adulationibus secularium, una die praesumunt
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mehrere Messen zu feiern sich anmaßen, entgehen nach 83, 3 meiner Meinung nicht der Verdammnis". Und Papst Innozenz III. sagt, daß, „ausgenommen den Tag des Herrn, wenn nicht ein dringender Grund es nahelege, für den Priester es genug sei, einmal am Tage eine Messe zu feiern". 3. A R T I K E L Muß man dieses Sakrament in einem heiligen Hause und mit heiligen Geräten feiern? 1. Dieses Sakrament ist da zur Vergegenwärtigung des Herrnleidens. Christus aber hat nicht in einem Hause gelitten, sondern außerhalb des Stadttores; Hebr 13, 12: „Jesus hat, um durch Sein eigenes Blut das Volk zu heiligen, außerhalb des Stadttores gelitten." Also scheint dieses Sakrament nicht in einem Hause, sondern eher unter freiem Himmel gefeiert werden zu sollen. 2. Bei der Feier dieses Sakramentes soll die Kirche den Brauch Christi und der Apostel nachahmen. Das Haus aber, in dem Christus das erstemal dieses Sakrament vollzog, war nicht geweiht, sondern es war ein gewöhnlicher Speisesaal, der von einem Hausvater hergerichtet war (Lk 22, 11 f.). Auch heißt es Apg 2, 46, daß die Q U A E S T I O 83, 3
plures celebrare missas, non aestimo evadere damnationem". Et Extra, De Celebr. Miss. [can. Consuluisti] dicit Innocen- Frdb. 1/463 tius III. quod „excepto die Nativitatis dominicae, nisi causa necessitatis suadeat, sufflcit sacerdoti semel in die unam missam solummodo celebrare". Utrum
A R T I C U L U S III o p o r t e a t hoc s a c r a m e n t u m celebrari in d o m o et v a s i s s a c r i s
[1 Sent., dist,. 13, q. 1, art. 2, qa 5. 6; dist. 24, q. 2, art. 2 ad 9]
AD TERTIUM sie proceditur. Videtur quod non oporteat hoc sacramentum celebrari in domo et vasis sacris. Hoc enim sacramentum est repraesentativum dominicae passionis. Sed Christus non est passus in domo, sed extra portam civitatis, secundum illud Hebr. ult.: „Jesus, ut sanctificaret per suum sanguinem populum, extra portam passus est." Ergo videtur quod hoc sacramentum non debeat celebrari in domo, sed magis sub divo. 2. PRAETEREA, in celebratione hujus sacramenti debet Ecclesia imitari morem Christi et Apostolorum. Sed domus, m qua primo Christus hoc sacramentum confecit, non fuit consecrata, sed fuit quoddam commune coenaculum a quodam patrefamilias praeparatum, ut habetur Luc. 22; legitur etiam
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83,3 Apostel „einmütig im Tempel verharrten und das Brot in den Häusern brachen und mit Frohlocken Speise zu sich nahmen". Also brauchen auch jetzt die Häuser nicht geweiht zu sein, in denen dieses Sakrament gefeiert wird. 3. In der Kirche, die vom Heiligen Geiste geleitet ist, darf nichts vergeblich geschehen. Vergeblich aber scheint eine Weihe gegeben zu werden auf eine Kirche, einen Altar und dergleichen leblose Dinge, die für die Gnade und die geistige Kraft nicht empfänglich sind. Unpassenderweise finden also in der Kirche solche Weihen statt. 4. Nur die göttlichen Werke sollen mit einer bestimmten Feierlichkeit in Erinnerung gebracht werden nach Ps 92 (91), 5: „Ob der Werke Deiner Hände will ich frohlocken." Aber eine Kirche oder ein Altar wird durch menschliches Wirken geweiht, wie auch Kelch und Diener und anderes dergleichen. Die Weihen von letzteren aber werden nicht festlich in der Kirche in Erinnerung gebracht. Also darf auch die Weihe einer Kirche oder eines Altars nicht mit Feierlichkeit in Erinnerung gebracht werden. 5. Die Wahrheit muß dem Bild entsprechen. Im Alten Bunde aber, der das Bild des Neuen war, wurde der Altar nicht aus behauenen Steinen gemacht; E x 20, 2 4 f . : „Einen Altar von Erde sollt ihr Mir machen und wenn ihr Mir einen Altar aus Stein machet, sollt ihr ihn nicht aus behauenen Steinen erbauen." Auch wird Ex 27, 1. 2; 38 1. 2 Q U A E S T I O 83, 3
Act. 2, quod Apostoli erant „perdurantes unanimiter in templo, et frangentes circa domos panem, et sumebant cibum cum exultatione". Ergo nec modo oportet domos esse consecratas in quibus hoc sacramentum celebratur. 3. PRAETEREA, nihil frustra in Ecclesia fieri debet, quae Spiritu sancto gubernatur. Sed frustra videtur adhiberi consecratio ecclesiae vel altari, et hujusmodi rebus inanimatis, quae non sunt susceptivae gratiae, vel spiritualis virtutis. Inconvenienter igitur hujusmodi consecrationes in Ecclesia flunt. 4. PRAETEREA, solum divina opera debent recoli cum quadam solemnitate, secundum illud Psalmi: „In operibus manuum tuarum exultabo." Sed ecclesia vel altare opere humano eonsecratur, sicut et calix, et ministri, et alia hujusmodi; horum autem consecrationes non recoluntur celebriter in Ecclesia. Ergo neque consecratio ecclesiae vel altaris cum solemnitate recoli debet. 5. PRAETEREA, veritas debet respondere figurae. Sed in veteri Testamento, quod gerebat flguram novi, non fiebat altare de lapidibus sectis: dicitur enim Exodi 20: „Altare de terra facietis m i h i . . . ; quod si altare lapideum feceris mihi, non aediflcabis illud de sectis lapidibus." Exodi etiam 27 man-
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geboten, daß „ein Altar aus Akazienholz" mit „Erz-" oder 83,3 auch „Gold"-Überkleidung (Ex 25, 2. 4) gemacht werde. Also scheint man in der Kirche unpassenderweise [den Brauch] zu beobachten, daß der Altar nur aus Steinen gebaut werde. 6. Der Kelch mit der Patene vergegenwärtigt das Grab Christi. Dieses war aber nach den Evangelien „in Stein gehauen" (Mt 27, 60; Mk 15, 46; Lk 23, 53). Also muß auch der Kelch aus Stein gemacht werden und nicht bloß aus Silber oder aus Gold oder auch aus Zinn. 7. Wie das Gold das kostbarste unter den Metallen für Geräte ist, so ist die Seide der kostbarste unter den übrigen Stoffen. Also müssen, wie der Kelch aus Gold, so die Altartücher aus Seide und nicht bloß aus Leinwand gemacht werden. 8. Die Verwaltung der Sakramente und ihre Anordnung ist Aufgabe der Diener der Kirche wie die Verwaltung der zeitlichen Dinge der Anordnung der weltlichen Fürsten unterliegt. Darum sagt der Apostel 1 Kor 4, 1: „So betrachte man uns als Diener Christi und als Verwalter der Geheimnisse Gottes." Wenn aber bei der Verwaltung der zeitlichen Dinge etwas gegen die Bestimmungen der Fürsten geschähe, so wird es für ungültig gehalten. Wenn also die genannten Dinge sinngemäß von den Prälaten der Kirche angeordnet wurden, so scheint ohne jene [das Sakrament] nicht vollzogen werden zu können. Und so scheint zu folgen, daß die Worte Christi für den Vollzug Q U A E S T I 0 83, 3
datur fieri „altare de lignis Sethim" vestitis „aere" vel etiam „auro", ut habetur Exodi 25. Ergo videtur inconvenienter observan in Ecclesia quod altare fiat solum de lapidibus. 6. PRAETEREA, calix cum patena repraesentat sepulcrum Christi quod fuit „excisum in petra", ut in Evangeliis habetur. Ergo calix debet de petra fieri, et non solum de argento, vel auro, vel etiam de stanno. 7. PRAETEREA, sicut aurum pretiosius est inter materias vasorum, ita panni serici pretiosiores sunt inter alios pannos. Ergo sicut calix fit de auro, ita pallae altaris debent de sérico fieri, et non solum de panno lineo. 8. PRAETEREA, dispensatio sacramentorum, et ordinatio eorundem ad ministros Ecclesiae pertinet, sicut dispensatio rerum temporalium subjacet ordinationi principum saecularium; unde et Apostolus dicit 1 Cor. 4: „Sic nos existimet homo ut ministros Christi et dispensatores mysteriorum Dei." Sed si circa dispensationem rerum temporalium aliquid fiat contra statuta principum, habetur irritum. Ergo si haec quae dicta sunt convenienter sunt statuta per praelatos Ecclesiae, videtur quod sine his confici non possit; et sie videtur sequi quod verba
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83,3 dieses Sakramentes nicht genügen, was ungereimt ist. Also scheint es ungereimt gewesen zu sein, diese Bestimmungen für die Feier dieses Sakramentes zu erlassen. ANDERSEITS wird das, was durch die Kirche bestimmt wird, von Christus selbst angeordnet, der Mt 18, 20 sagt: „Wo immer zwei oder drei in Meinem Namen versammelt sind, da bin Ich mitten unter ihnen." ANTWORT: Bei den Umständen dieses Sakramentes ist zweierlei zu beachten: das eine gehört zur Vergegenwärtigung dessen, was beim Herrnleiden geschehen ist, das andere gehört zur Ehrfurcht vor diesem Sakrament, in dem Christus in Wahrheit und nicht bloß wie im Bilde enthalten ist. Darum werden auch Dinge, die in diesem Sakrament gebraucht werden, geweiht, sowohl wegen der Ehrfurcht vor diesem Sakrament als auch um die Wirkung, nämlich die Heiligkeit, zu vergegenwärtigen, die aus dem Leiden Christi hervorgeht nach Hebr 13, 12: „Jesus [ h a t . . . gelitten ], um durch Sein eigenes Blut das Volk zu heiligen" usw. Z u 1. In der Regel muß dieses Sakrament gefeiert werden in einem Hause; denn durch das Haus wird die Kirche bezeichnet: „Wisse, wie du dich verhalten sollst im Gotteshause, das die Kirche des lebendigen Gottes ist" (1 Tim 3, 15). Denn „außerhalb der Kirche ist keine Stätte des wahren Opfers" (Augustinus). Und weil die Kirche Q U A E S T I 0 83, 3
Christi non sint sufflcientia ad hoc sacramentum conficiendum; quod est inconveniens. Non ergo videtur conveniens fuisse quod haec circa celebrationem hujus sacramenti statuerentur. SED CONTRA est quod ea quae per Ecclesiam statuuntur, ab ipso Christo ordinantur, qui dicit Matth. 18: „Ubicumque fuerint duo vel tres congregati in nomine meo, ibi sum in medio eorum." RESPONDEO dicendum quod in his quae circumstant hoc sacramentum duo considerantur: quorum unum pertinet ad repraesentationem eorum quae circa dominicam passionem sunt acta; aliud autem pertinet ad reverentiam hujus sacramenti, in quo Christus secundum veritatem continetur, et non solum sicut in flgura. Unde et consecrationes adhibentur his rebus quae veniunt in usum hujus sacramenti, tum propter sacramenti reverentiam, tum ad repraesentandum eflectum sanctitatis quae ex passione Christi provenit, secundum illud Hebr. ult.: „Jesus ut sanctiflcaret per suum sanguinem populum" etc. AD PRIMUM ergo dicendum quod regulariter hoc sacramentum celebrari debet in domo per quam signiflcatur Ecclesia, secundum illud 1 Tim. 3: „Ut scias quomodo oporteat te in domo Dei conversari quae est Ecclesia Dei vivi." „Extra EccleMPL siam" enim „non est locus veri sacrificii11, ut Augustinus dicit
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nicht innerhalb der Grenzen des jüdischen Volkes einge- 83,3 schlössen sein, sondern in der ganzen Welt aufgebaut werden sollte, deshalb ist das Leiden Christi nicht innerhalb der Stadt der Juden, sondern unter freiem Himmel feierlich vollzogen worden, damit so die ganze Welt wie ein Haus sei für das Leiden Christi. Und doch heißt es in dem Dekretale: „Reisenden gestatten wir, wenn eine Kirche fehlt, unter freiem Himmel oder unter einem Zelt, wenn dort ein geweihter [Altar-] Stein und die übrigen, zu diesem Dienst gehörigen heiligen Mysterien vorhanden sind, die Meßfeier zu begehen." Z u 2. Weil das Haus, in dem dieses Sakrament gefeiert wird, die Kirche bezeichnet, wie es auch ,Kirche' genannl wird, deshalb wird es passenderweise geweiht, sowohl um die Heiligung zu vergegenwärtigen, welche die Kirche durch das Leiden Christi erlangt hat, als auch um die Heiligkeit zu bezeichnen, die in denen erfordert ist, die dieses Sakrament empfangen sollen. — Durch den Altar aber wird Christus selbst bezeichnet, von dem der Apostel Hebr 13, 15 sagt: „Durch Ihn laßt uns Gott das Opfer des Lobes darbringen." Daher bezeichnet auch die Weihe des Altars die Heiligkeit Christi, von der Lk 1, 35 gesagt wird: „Das Heilige, das aus dir wird geboren werden, wird Sohn Gottes heißen." Darum sagt das Dekretale: „Es ist beschlossen, die Altäre nicht nur mit einer Q U A E S T I 0 83, 3 [Prosper, Sent. 15]. Et quia Ecclesia non erat concludenda sub finibus gentis judaicae, sed erat in universo mundo fundanda, ideo passio Christi non est celebrata intra civitatem Judaeorum, sed sub divo, ut sie totus mundus se haberet a d passionem Christi, ut domus. Et tarnen, ut dicitur de Consecr., dist. 1 [can. Concedimus], Frdb. „in itinere positis, si ecclesia defuerit, sub divo vel in ten-1/1301 torio, si tabula a l t a r i s 1 consecrata ceteraque sacra mysteria ad id officium pertinentia ibi affuerint, missarum solemnia celebrari concedimus". A D S E C U N D U M dicendum quod, quia domus in qua hoc sacramentum celebratur, Ecclesiam significat, sicut et ,ecclesia' nominatur, convenienter consecratur: tum ad repraesentandam sanctificationem quam Ecclesia consecuta est p e r passionem Christi, tum etiam a d significandam sanetitatem quae requiritur in his qui hoc sacramentum suseipere debent. — P e r altare autem significatur ipse Christus, de quo dicit Apostolus H e b r . ult.: „ P e r ipsum ofierimus hostiam laudis D e o . " U n d e et consecratio altaris significat sanetitatem Christi, de qua dicitur Luc. 1: „Quod ex te nascetur sanetum, vocabitur Filius D e i . " U n d e de Consecr., dist. 1 [can. A l t a r i a ] , dicitur: „Altaria pla- ibid. 1302 1
L om.
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' 83, s Salbung von Chrisam, sondern auch mit einer priesterlichen Segnung weihen zu lassen" [127]. In der Regel ist es darum nicht erlaubt, dieses Sakrament anderswo zu feiern als in geweihten Häusern. So steht in dem Dekretale: „Kein Priester erlaube sich, anderswo die Messe zu lesen als an den vom Bischof geweihten Orten." Weil zudem weder die Heiden noch die anderen Ungläubigen zur Kirche gehören, deshalb heißt es im selben Abschnitt: „Eine Kirche, in der die Leichen der verstorbenen Ungläubigen begraben werden, darf man nicht weihen, sondern, wenn sie zur Weihe geeignet erscheint, werden die Leichen von dort herausgenommen und Mauern und Balken dieses Raumes abgeschabt und sie werden wieder instandgesetzt. Aber wenn sie vorher geweiht war, darf man in ihr Messe feiern, doch nur wenn es Gläubige waren, die in ihr bestattet wurden." Im Notfall jedoch kann dieses Sakrament in nicht geweihten oder entweihten Häusern vollzogen werden, freilich mit Zustimmung des Bischofs. Darum heißt es im selben Abschnitt: „Wir halten dafür, daß die Meßfeier nicht überall, sondern an den vom Bischof geweihten Orten, oder wo er es erlaubt, zu begehen sei." Aber nicht ohne geweihten Tragaltar [128]. Darum heißt es im selben Abschnitt: „Wir gestatten, wenn die Kirchen in Brand geraten oder eingeäschert sind, in Kapellen mit einem geQ U A E S T I 0 83, 8
Frdb. 1/1298
ibid. 1301
ibid. 1297
ibid. 1301
cuit non solum unetione chrismatis, sed etiam sacerdotali benedictione sacrari." Et ideo regulariter non licet celebrare hoc sacramentum nisi ' n domibus consecratis. Unde, sicut habetur de Consecr., dist. 1 [can. Nullus presbyter], „nullus presbyter missas celebrare praesumat, nisi in consecratis ab episcopo locis". Propter quod etiam, quia pagani non sunt de Ecclesia, nec alii infldeles, ideo in eadem distinctione [can. Ecclesiam in qua mortuorum] legitur: „Ecclesiam in qua mortuorum oadavera infijdelium sepeliuntur sanctificare non licet, sed si apta videtur ad consecrandum, inde evulsis corporibus, et rasis parietibus vel tignis ejus loci reaedificetur; sed si haec consecrata prius fuerit, missas in ea celebrare licet, tarnen si fideles fuerint qui in ea sepulti sunt." Propter necessitatem tarnen potest hoc sacramentum peragi in domibus non consecratis vel violatis; sed tarnen de consensu episcopi. Unde in eadem distinctione [can. Missarum solemnia] legitur: „Missarum solemnia non ubique, sed in locis ab episcopo consecratis, vel ubi ipse permiserit, celebranda esse censemus." Non tarnen sine altari portatili per episcopum consecrato. Unde in eadem distinctione [can. Concedimus] legitur: „Concedimus, si ecclesiae fuerint incensae vel combustae, in ca-
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weihten Altarstein Messen zu feiern." Weil nämlich die 83,3 Heiligkeit Christi die Quelle aller kirchlichen Heiligkeit ist, deshalb genügt im Notfall für den Vollzug dieses Sakramentes ein geweihter Altar. Darum wird auch eine Kirche niemals ohne einen Altar geweiht [129]; dagegen wird manchmal ohne eine Kirche ein Altar geweiht mit Reliquien der Heiligen, deren „Leben mit Christus in Gott verborgen ist" [Kol 3, 3]. Darum heißt es im selben Abschnitt: „Es ist beschlossen, daß Altäre, in denen nachweislich kein Leib oder Reliquien eines Märtyrers eingeschlossen sind, von den Bischöfen, die jenen Orten vorstehen, wenn möglich, entfernt werden sollen." Z u 3. Kirche und Altar und andere derartige leblose Dinge werden geweiht, nicht weil sie die Gnade in sich aufnehmen könnten, sondern weil sie aus der Weihe eine gewisse geistige Kraft erhalten, durch die sie für den göttlichen Dienst geeignet gemacht werden, daß nämlich die Menschen daraus Hingabe [an Gott] gewinnen, damit sie bereiteter seien für göttliche Dinge, es sei denn, daß dies durch Mangel an Ehrfurcht verhindert werde. Darum heißt es 2 Makk 3, 38f.: „Wahrhaftig, eine Kraft Gottes ist an dem Orte; denn Er, der Seine Wohnung im Himmel hat, ist Wächter und Schirmherr jenes Ortes." Darum werden derlei Gegenstände vor der Weihe gereinigt und beschworen, damit die Kraft des [bösen ] Feindes daraus vertrieben werde. Aus demselben Grunde Q U A E S T I O 83, 3
pellis cum tabula consecrata missas celebrari." Quia enim sanctitas Christi fons est totius ecclesiasticae sanctitatis, ideo in necessitate sufficit ad peragendum hoc sacramentum altare sanctificatum. Propter quod etiam nunquam ecclesia sine altari consecratur. Tarnen sine ecclesia quandoque consecratur altare cum reliquiis sanctorum, quorum „vita abscondita est cum Christo in Deo". Unde in eadem distinctione [can. Placuit] legitur: ibid. 1300 „Placuit ut altaría in quibus nullum corpus aut reliquiae martyris conditae probantur, ab episcopis, qui eisdem locis praesunt, si fieri potest, evertantur." AD TERTIUM dicendum quod ecclesia, et altare, et alia hujusmodi inanimata consecrantur, non quia sint gratiae susceptiva, sed quia ex consecratione adipiscuntur quamdam spiritualem virtutem, per quam apta redduntur divino cultui, ut scilicet homines devotionem quamdam exinde percipiant, ut sint paratiores ad divina, nisi hoc propter irreverentiam impediatur. Unde et 2 Machab. 3 dicitur: „Vere Dei virtus quaedam est in loco; nam ipse qui habet in caelis habitationem, visitator et adjutor est loci illius." Et inde est quod hujusmodi ante consecrationem emundantur et exorcizantur, ut exinde virtus inimici pellatur. Et eadem
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83,3 werden Kirchen, „die durch Blutvergießen oder durch den Samen irgendeines Menschen befleckt worden sind", entsühnt, weil durch die dort begangene Sünde dort ein gewisses Wirken des [bösen] Feindes erscheint. Deshalb heißt es auch im selben Abschnitt: „Die Kirchen der Arianer weihet, wo immer ihr sie findet, ohne Verzug zu katholischen Kirchen durch gotteswürdige Gebete und Werke." Daher behaupten auch manche mit Wahrscheinlichkeit, daß durch das Betreten einer geweihten Kirche der Mensch Nachlaß läßlicher Sünden erlange wie auch durch die Besprengung mit Weihwasser, und berufen sich dafür auf Ps 85 (84), 2 f.: „Du hast, o Herr, Dein Land gesegnet, hast nachgelassen Deines Volkes Missetat." Und darum wird wegen der Kraft, welche die Kirche aus der Weihe erhält, die Weihe nicht wiederholt. Darum ist im selben Abschnitt als Bestimmung des Konzils von Nizäa zu lesen: „Den Kirchen, die einmal Gott geweiht wurden, darf die Weihe nicht wiederum gegeben werden, außer sie seien vom Feuer eingeäschert oder durch Blutvergießen oder durch den Samen irgendeines Menschen befleckt worden; weil, wie das Kind, von einem beliebigen Priester im Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes einmal getauft, nicht wiederum getauft werden darf, so auch eine gottgeweihte Stätte nicht wiederum zu weihen ist, außer wegen der obengenannten Q U A E S T I 0
83, 3
ratione „ecclesiae quae sanguinis effusione, aut eujuscumque semine pollutae fuerint", 1 reconciliantur, quia per peccatum ibi commissum apparet ibi aliqua operatio inimici. Propter Frdb. 1/1299 quod etiam in eadem distinctione [can. Ecclesias Ardanorum] legitur: „Ecclesias Arianorum, ubicumque inveneritis Catholicas ecclesias, divinis precibus et operibus absque ulla mora consecrate." Unde et quidam probabiliter dicunt quod per ingressum ecclesiae consecratae homo consequitur remissionem peccatorum venialium, sicut et per aspersionem aquae benedictae, inducentes quod in Psalmo dicitur: „Benedixisti, Domine, terram tuam; remisisti iniquitatem plebis tuae." Et ideo propter virtutem quae ex consecratione ecclesiae acquiritur, consecratio ecclesiae non iteratur. Unde in eadem ibid. 1299 distinctione [can. Ecclesiis semel] ex concilio Nicaeno legitur: „Ecclesiis semel Deo consecratis non debet iterum consecratio adhiberi, nisi aut ab igne exustae, aut sanguinis effusione, aut cujuscumque semine pollutae fuerint; quia sicut infans a qualicumque sacerdote in nomine Patris, et Filii, et Spiritus sancti semel baptizatus, non debet iterum baptizari, ita nec locus Deo dicatus est iterum consecrandus, nisi propter eas i Cf. Gratian., De Consecr., dist. 1, can. Ecclesiis semel; Frdb. 1/1299.
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Gründe; wenn nur die, welche geweiht haben, am Glauben 83,3 an die heilige Dreifaltigkeit festgehalten haben." Übrigens können die, welche außerhalb der Kirche sind, nicht weihen. Aber, wie es im selben Abschnitt heißt, „Kirchen und Altäre, deren Weihe zweifelhaft ist, sollen geweiht werden". Weil sie durch die Weihe eine geistige Kraft erhalten, steht auch im selben Abschnitt die Anordnung: „Das Holz einer geweihten Kirche darf zu keinem anderen Werk verwendet werden außer zu einer anderen Kirche oder zum Verbrennen im F e u e r oder zum Nutzen der Brüder im Kloster; zu Werken der Laien aber dürfen sie nicht hergegeben werden." Und ebendort heißt es: „Altartücher, Bischofsstuhl, Leuchter und Vorhang sollen, wenn sie durch Alter aufgebraucht worden sind, dem Feuer übergeben werden; auch soll ihre Asche entweder in die Taufkapelle gebracht werden oder in die Wand oder in den aufgegrabenen Fußboden hineingeschüttet werden, damit sie nicht durch die Füße der Eintretenden verunehrt werden." Z u 4. Weil die Weihe des Altares die Heiligkeit Christi vergegenwärtigt, die Weihe des Hauses aber die Heiligkeit der ganzen Kirche, deshalb ist es sinngemäßer, die Weihe einer Kirche oder eines Altares feierlich wiederzubegehen als die Weihe der anderen Dinge, die da geweiht werden. Darum wird auch acht Tage lang die Feier QUAESTIO 83, 3 causas quas superius nominavimus; si tarnen fldem sanctae Trinitatis tenuerint qui consecraverunt", alioquin qui sunt extra Ecclesiam, consecrare non possunt; sed, sicut in eadem distinctione [can. Ecclesiae vel altaria] legitur, „ecclesiae vel ibid. 1299 altaria quae ambigua sunt de consecratione, consecrentur". Propter hoc etiam quod aliquam spiritualem virtutem adipiscuntur per consecrationem, in eadem distinctione [can. Ligna ibid. 1303 ecclesiae] statutum legitur: „Ligna ecclesiae dedicata non debent ad aliud opus jungi, nisi ad aliam eoclesiam, vel igni comburenda, vel ad profectum in monasterio fratribus; in laicorum autem opera non debent admitti." Et ibidem [can. Altaris palla] ibid. 1303 legitur: „Altaris palla, cathedra, candelabrum et velum, si fuerint vetustate consumpta, incendio dentur; cineres quoque eorum in baptisterium inferantur, aut in pariete, aut in fossis pavimentorum jactentur, ne introeuntium pedibus inquinentur." AD QUARTUM dicendum quod, quia consecratio altaris repraesentat sanctitatem Christi, consecratio vero domus sanctitatem totius Ecclesiae, ideo convenientius recolitur cum sanctitate e t 1 solemnitate consecratio ecclesiae, vel altaris, quam aliorum quae consecrantur. Propter quod etiam octo diebus 1
L om.: sanctitate et.
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83,3 der Kirchweihe begangen, um die selige Auferstehung Christi und der Glieder der Kirche zu bezeichnen. Zudem ist die Weihe einer Kirche und eines Altares nicht Werk des Menschen allein, weil sie geistige Kraft hat. Darum heißt es im selben Abschnitt: „Die Feiern der Kirchweihen sind alljährlich feierlich zu begehen. Daß aber das Fest der Tempelweihe acht Tage zu feiern ist, wirst du am Ende der Beschreibung der Tempelweihe im dritten Buch der Könige (8, 66) finden." Z u 5. Es heißt in dem Dekretale: „Altäre, wenn sie nicht aus Stein [180] sind, sollen nicht durch Salbung mit Chrisam geweiht werden." Das trifft zusammen mit der Zeichensprache dieses Sakramentes [ = Altares], sowohl weil der Altar Christus bezeichnet: „Der Fels aber war Christus" (1 Kor 10, 4), als auch weil der Leib Christi in einem steinernen Grab bestattet worden ist [Mt 27, 60; Mk 15, 46; Lk 23, 53]. Auch trifft es mit der praktischen Seite des Sakramentes [ = Altares] zusammen: der Stein ist nämlich fest und kann leicht überall gefunden werden. Dies war im Alten Gesetz nicht notwendig, wo der Altar an einem einzigen Orte errichtet wurde [Dt 12, 13f.; Jos 22, 29]. — Daß aber vorgeschrieben wird, der Altar müsse aus Erde oder aus unbehauenen Steinen gebaut werden, das ist geschehen, um Götzendienst fernzuhalten [I—II 102, 4 Zu 7: Bd. 14]. Z u 6. Im selben Abschnitt heißt es: „Ehedem gebrauchten die Priester nicht goldene, sondern hölzerne Q U A E S T I O 83, 3
solemnitas dedicationis agitur, ad significandam beatam resurrectionem Christi et membrorum Ecclesiae. Nec est opus solius hominis consecratio ecclesiae et altaris, cum habeat spiritualem virtutem. Unde de Consecr., dist. eadem [can. Solemnitates Frdb. 1/1298 dedicat. eccl.] dicitur: „Solemnitates dedicationum ecclesiarum per singulos annos solemniter sunt celebrandae. Quod autem octo diebus encaenia sint celebranda, in libris Regum perfecta dedicatione templi reperies" 3 Reg. 8. AD QUINTUM dicendum quod, sicut legitur de Consecr., ibid. 1302 dist. 1 [can. Altaria si non], „altaria, si non fuerint lapidea, chrismatis unctione non consecrentur". Quod quidem competit signiflcationi hujus sacramenti, tum quia altare signiflcat Christum: dicitur autem 1 Cor. 10: „Petra autem erat Christus"; tum etiam quia corpus Christi in sepulcro lapideo fuit reconditum. Competit etiam quoad usum sacramenti. Lapis enim et solidus est, et de facili potest inveniri ubique, quod non erat necessarium in veteri lege, ubi flebat in uno loco altare. — Quod autem mandatur altare fleri de terra, vel de lapidibus insectis, fuit ad idololatriam removendam. AD SEXTUM dicendum quod, sicut in distinctione eadem ibid. 1305 dicitur [can. Vasa], „quondam sacerdotes non aureis, sed ligneis
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Kelche; Papst Zephyrinus aber ordnete an, daß die Messe 83, 3 in gläsernen Patenen gefeiert werde; Urbanus machte dann alles aus Silber." Hernach aber wurde bestimmt, „daß der Kelch des Herrn mit der Patene entweder aus Gold oder aus Silber gemacht werde oder daß man wenigstens einen zinnernen Kelch habe. Von Kupfer oder Messing 1 werde er nicht gemacht, weil dies Grünspan ansetzt und ebenso Erbrechen hervorruft. Keiner aber erlaube sich mit hölzernem oder gläsernem Kelche die Messe zu singen", weil nämlich Holz durchlässig ist und das geweihte Blut darin zurückbliebe, Glas aber zerbrechlich ist und die Gefahr drohen könnte, daß es zerbricht; und ebenso verhält es sich mit dem Stein. Deshalb ist aus Ehrfurcht vor dem Sakrament bestimmt worden, daß der Kelch aus den genannten Stoffen gemacht werde [131]. Z u 7. Wo es ohne Gefahr geschehen konnte, ordnete die Kirche für dieses Sakrament das an, was ausdrücklicher das Leiden Christi vergegenwärtigt. Es war aber keine so große Gefahr beim Leibe, der auf das Korporale gelegt wird, wie beim Blute, das im Kelch enthalten ist. Und darum ist, obgleich der Kelch nicht aus Stein gemacht ist, das Korporale doch aus Leinwand gemacht, in welche der Leib Christi gehüllt worden ist [Mt 27, 59; Mk 15, 46; Lk 23, 53; Jo 19, 40], Deshalb liest man im Q U A E S T I 0 83, 3
calicibus utebantur, Zephyrinus autem papa patenis vitreis missas celebrari constituit; deinde Urbanus omnia fecit argentea". Postmodum autem statutum est 2 „ut calix Domini cum patena, sive ex auro omnino, sive ex argento fiat, vel saltem stanneus calix habeatur. De aere aut ex aurichalco non fiat, quia hoc vini virtute aeruginem parit 3 , pariterque vomitum provocat. Nullus autem in ligneo seu vitreo calice praesumat missam cantare", quia scilicet lignum porosum est, et sanguis consecratus in eo remaneret; vitrum autem fragile est, et posset fractionis periculum imminere; et eadem ratio est de lapide. Et ideo propter reverentiam sacramenti statutum est ut ex praedictis materiis calix fiat. AD SEPTIMUM dicendum quod, ubi potuit sine periculo fieri, Ecclesia statuit circa hoc sacramentum id quod expressius repraesentat passionem Christi. Non erat autem tantum periculum circa corpus, quod ponitur in corporali, sicut circa sanguinem, qui continetur in calice. Et ideo licet calix non fiat de petra, corporate tarnen fit de panno lineo, quo corpus Christi fuit involutum. Unde in epistola Silvestri papae, in 1 Das Messing(erz) nannten die Griechen öoti/a/.xog (eig.: Bergerz), der Lateiner gestaltete das Wort volksetymologisch zu aurichaleum um, als ob aurum (Gold) der erste Bestandteil des Kompositums wäre (um der Farbe willen). - Cf. Uralinn., De Consecr.. dist. 1. ean. Ut cnlix Doniini; Frdfo. I/i:!0!>. •> L ora.
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83,3 selben Abschnitt aus dem Brief des Papstes Silvester: „Auf den Rat aller bestimmen wir, daß das Meßopfer des Altares niemand auf seidenem oder farbigem Stoff zu feiern sich erlaube, sondern auf reiner, vom Bischof geweihter Leinwand, wie der Leib Christi in reinem Linnenstoff begraben worden ist." — Auch paßt der Linnenstoff wegen seiner Reinheit, um die Reinheit des Gewissens anzudeuten, und wegen der vielfachen Mühe, womit ein solcher Stoff bereitet wird, um das Leiden Christi zu bezeichnen [132]. Z u 8. Die Verwaltung der Sakramente ist Aufgabe der Diener der Kirche, ihre Weihe aber ist von Gott selbst. Und darum haben die Diener der Kirche etwas zu bestimmen, zwar nicht über die Form der Weihe, aber über den Gebrauch des Sakramentes und die Weise der Feier. Wenn also der Priester die Weiheworte über den vorgeschriebenen Stoff mit der Absicht zu weihen ausspricht, ohne all die genannten Dinge, nämlich das geweihte Haus, den geweihten Altar, den geweihten Kelch und das geweihte Korporale, und was sonst die Kirche derartiges eingesetzt hat, so konsekriert er zwar in Wirklichkeit den Leib Christi, sündigt aber schwer, weil er den Brauch der Kirche nicht achtet. Q U A E S T I O 83, 3
ibid. 1306 eadem distinctione [can. Consulto], legitur: „Consulto omnium statuimus ut sacriflcium altaris non in serico panno, aut intincto quisquam celebrare praesumat, sed in panno lineo ab episcopo consecrato; sie corpus Christi in sindone linea et munda sepultum fuit." — Competit etiam pannus lineus propter sui munditiam, ad significandam conscientiae puritatem, et propter multiplicem laborem quo talis pannus praeparatur, ad eignificandam Christi passionem. AD OCTAVUM dicendum quod dispensatio sacramentorum pertinet ad ministros Ecclesiae; sed consecratio eorum est ab ipso Deo. Et ideo ministri Ecclesiae non habent aliquid statuere circa formam consecrationis, sed circa usum sacramenti et modum celebrandi. Et ideo si sacerdos verba consecrationis proferat super materia debita cum intentione consecrandi, absque Omnibus praedictis, scilicet domo et altari, calice et corporali consecratis, et caeteris hujusmodi per Ecclesiam institutis, consecrat quidem in rei veritate corpus Christi; peccat tarnen graviter, ritum Ecclesiae non servans.
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4. A R T I K E L Ist sinnvoll
angeordnet, was bei diesem gesprochen wird?
83,4 Sakrament
1. Dieses Sakrament wird, wie Ambrosius sagt, durch die Worte Christi geweiht. Also dürfen bei diesem Sakramente keine anderen Worte als die Worte Christi gesprochen werden. 2. Die Worte und Werke Christi werden uns durch das Evangelium bekannt. Einiges wird aber bei der Weihe dieses Sakramentes gesprochen, was nicht in den Evangelien steht. So ist im Evangelium nicht zu lesen, daß Christus bei der Einsetzung dieses Sakramentes die Augen zum Himmel erhob; ferner heißt es in den Evangelien [Mt 26, 2 6 ; vgl. 1 Kor 11, 2 4 ] : „Nehmet hin und esset", auch steht nicht dort: ,alle', während bei der Feier dieses Sakramentes gesagt wird: ,Er erhob die Augen zum Himmel', und dann: ,Nehmet hin und esset alle davon [wörtlich: greifet alle hieraus zu]'. Unpassenderweise werden also derlei Worte bei der Feier dieses Sakramentes gesprochen. 3. Alle Sakramente sind auf das Heil aller Gläubigen hingeordnet. Bei der Feier der anderen Sakramente wird Q U A E S T I 0 83, 4
Utrum
A R T I C U L U S IV c o n v e n i e n t e r o r d i n e n t u r ea q u a e ca hoc s a c r a m e n t u m dicuntur
cir-
[4 Sent., dist. 1, q. 1, art. 5, qa 1 ad 2; dist. 8, Expos, litt.; dist. 13, Expos, litt.; dist. 15, q. 4, art. 3, qa 1; 1 Tim., cap. 2, lect. 1]
AD QUARTUM sie proceditur. Videtur quod inconvenienter ordinentur ea quae circa hoc sacramentum dicuntur. Hoc enim sacramentum verbis Christi consecratur, ut Ambrosius dicit in MPL libro de Sacramentis [lib. 4, cap. 4]. 1 Non ergo debent aliqua 16/440 alia in hoc sacraniento dici quam verba Christi. 2. PRAETEREA, verba et facta Christi nobis per Evangelium innotescunt. Sed quaedam dicuntur circa consecrationem hujus sacramenti, quae in Evangeliis non ponuntur: non enim legitur in Evangelio quod Christus in consecratione 2 hujus sacramenti oculos ad caelum levaverit; similiter etiam in Evangeliis dicitur: „Accipite et comedite", nec ponitur ,omnes', cum in celebratione hujus sacramenti dicatur: ,elevatis oculis in caelum', et iterum: ,Accipite et manducate ex hoc omnes'. Inconvenienter ergo hujusmodi verba dicuntur in celebratione hujus sacramenti. 3. PRAETEREA, omnia sacramenta ordinantur ad salutem omnium fidelium. Sed in celebratione aliorum sacramentorum 1 2
Cf. pasr. 159, nota 1. P et L: institutione.
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i aber kein allgemeines Gebet für das Heil aller Gläubigen und der Verstorbenen verrichtet. Also geschieht es unpassenderweise bei diesem Sakrament. 4. Die Taufe heißt in besonderer Weise „Sakrament des Glaubens". Das also, was zum Unterricht im Glauben gehört, soll eher bei der Taufe als bei diesem Sakramente dargeboten werden, wie die Lehre der Apostel und der Evangelien. 5. Bei jedem Sakrament ist Hingabe der Gläubigen erfordert. Also sollte nicht mehr bei diesem Sakramente als bei den anderen die Hingabe der Gläubigen durch Götteslob und Ermahnungen angeregt werden, wenn etwa gesagt wird: ,Empor die Herzen!' 6. [Eigentlicher] Diener dieses Sakramentes ist der Priester (82, 1). Alles also, was bei diesem Sakramente gesprochen wird, sollte vom Priester gesprochen werden, und nicht einiges von den [untergeordneten] Dienern, einiges vom Chor. 7. Dieses Sakrament wird mit Gewißheit durch die göttliche Macht bewirkt. Also ist es überflüssig, daß der Priester den Vollzug dieses Sakramentes erbittet, wenn er sagt: ,Dieses Opfer wollest Du, o Herr, in allem' usw. 8. Das Opfer des Neuen Gesetzes ist um vieles erhabener als das Opfer der Altväter. Unpassenderweise Q U A E S T I 0 83, 4
non fit communis oratio pro salute fidelium1 defunctorum. Ergo inconvenienter fit in hoc sacramento. 4. PRAETEREA, baptismus dicitur specialiter „fidei sacramentum".42 Ea ergo quae pertinent ad instructionem fidei, magis debent circa baptismum tradi quam circa hoc sacramentum, sicut doctrina apostolica et evangelica. 5. PRAETEREA, in omni sacramento exigitur devotio fidelium. Non ergo magis in hoc sacramento quam in aliis deberet excitari devotio fidelium per laudes divinas et per admonitiones, puta cum dicitur: ,Sursum corda.' 6. PRAETEREA, minister hujus sacramenti est sacerdos, ut dictum est. Omnia ergo quae in hoc sacramento dicuntur, a sacerdote dici deberent, et non quaedam a ministris, quaedam a choro. 7. PRAETEREA, hoc sacramentum per certitudinem operatur virtus divina. Superflue ergo sacerdos petit hujus sacramenti perfectionem, cum dicit: ,Quam oblationem tu, Deus, in Omnibus' etc. 8. PRAETEREA, sacrificium novae legis multo est excellentius quam sacrificium antiquorum Patrum. Inconvenienter ergo 1
L: omnium fidelium et. 2 Cf. Ambros., 1 de Spir. Sancto, cap. 3; MPL 16/714. Aug., eplst. 98; MPL 33/364; CSEL 34 U/531.
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bittet also der Priester, dieses Opfer möge aufgenommen 83, i werden wie das Opfer des Abel, Abraham und Melchisedech. 9. Wie der Leib Christi in diesem Sakramente nicht durch örtliche Veränderung zu sein anfing (75, 2), so hört er auch nicht [durch eine solche] zu sein auf. Es ist also nicht angebracht, daß der Priester bittet: ,Laß dieses Opfer durch die Hände Deines heiligen Engels zu Deinem erhabenen Altare emporgetragen werden.' ANDERSEITS heißt es an dem Dekretale: „Jakobus, dem Fleische nach Bruder des Herrn, und Basilius, Bischof von Cäsarea, haben die Feier der Messe herausgegeben." Auf Grund ihres Ansehens erhellt, daß das, was hierbei gesprochen wird, bis ins einzelne angemessen ist [133]. ANTWORT: Weil in diesem Sakramente das ganze Mysterium unseres Heiles beschlossen ist, darum wird es mit größerer Feierlichkeit als die übrigen Sakramente begangen. Und weil Prd 4, 17 geschrieben steht: „Achte auf dein Verhalten beim Eintritt in das Haus des Herrn" und Sir 18, 23: „Vor dem Gebet bereite deine Seele", deshalb wird vor der Feier dieses Mysteriums erstens eine Vorbereitung vorausgesetzt, damit das, was folgt, würdig begangen werde. Der erste Teil dieser Vorbereitung ist das Gotteslob, das im Eingangslied gesungen wird: „Das Opfer des Lobes ehrt Mich; da ist der Weg, Q U A E S T I O 83, 4
sacerdos petit quod hoc sacrificium habeatur sicut sacrificium Abel, Abrahae et Melchisedech. 9. PRAETEREA, corpus Christi sicut non incipit esse in hoc sacramento per loci mutationem, ut supra dictum est, ita etiam nec esse desinit. Inconvenienter ergo sacerdos petit: ,Jube haec perferri per manus sancti angeli tui in sublime altare tuum'. SED CONTRA est quod dicitur de Consecr., dist. 1 [can. Frdb. Jacobus frater]: „Jacobus frater Domini secundum carnem, i/iraa et Basilius Caesariensis episcopus ediderunt missae celebrationem"; ex quorum auctoritate patet convenienter singula circa hoc dici. RESPONDEO dicendum quod, quia in hoc sacramento totum mysterium nostrae salutis comprehenditur, ideo prae caeteris sacramentis cum majori solemnitate agitur. Et quia scriptum est Eccle. 4: „Custodi pedem tuum ingrediens domum Domini"; et Eccli. 18: „Ante orationem praepara animam tuam", ideo ante celebrationem hujus mysterii primo quidem praemittitur praeparatio quaedam ad digne agenda ea quae sequuntur. Cujus praeparationis prima pars est laus divina, quae fit in introitu, secundum illud Psalmi: „Sacrificium laudis honori-
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83,4 wo ich ihm zeige Gottes Heil" (Ps 50 [49], 23). Das [Eingangslied] ist meist aus den Psalmen oder es wird wenigstens in Verbindung mit einem Psalm gesungen, weil die Psalmen in der Form des Lobes in sich begreifen, was die Hl. Schrift enthält (Dionysius). — Der zweite Teil enthält das Gedächtnis des gegenwärtigen Elends: wenn Erbarmen erfleht wird, und zwar dreimal ,Kyrie eleison' zur Person des Vaters, dreimal ,Christe eleison' zur Person des Sohnes und endlich dreimal ,Kyrie eleison' zur Person des Heiligen Geistes, gegen das dreifache Elend der Unwissenheit, der Schuld und der Strafe, oder um anzuzeigen, daß alle [drei] Personen ineinander sind. — Der dritte Teil aber erinnert an die himmlische Herrlichkeit, die wir nach dem gegenwärtigen Elend erstreben, und zwar im ,Ehre sei Gott in der Höhe'. Dieses wird gesungen an den Festen, an welchen der himmlischen Herrlichkeit gedacht wird, wird aber unterlassen in den ernstgestimmten Gottesdiensten, die dem Gedächtnis des Elendes dienen. — Der vierte Teil aber enthält das ,[Tages-]Gebet', das der Priester für das Volk verrichtet, damit es so großer Mysterien würdig befunden werde. Zweitens wird eine Unterweisung des gläubigen Volkes vorausgeschickt; denn dieses Sakrament ist ,das Mysterium des Glaubens' (78, 3 Zu 5). Diese Unterweisung geschieht vorbereitend durch die Lehre der Propheten und Apostel, die in der Kirche von den Lektoren Q U A E S T I 0 83, 4
flcabit me, et illic iter quo ostendam illi salutare Dei"; et sumitur hoc ut pluries de psalmis, vel saltem cum psalmo MPG 3 cantatur, quia, ut Dionysius dieit in 3. aap. Eccl. Hier., Psalmi 429 sq. comprehendunt per modum laudis quidquid in sacra Scriptura continetur. — Secunda pars continet commemorationem praesentis miseriae, dum misericordia petitur, dicendo: ,Kyrie eleison', ter quidem pro persona Patris, ter autem pro persona Filii, cum dicitur: ,Christe eleison', et ter pro persona Spiritus sancti, cum subditur: ,Kyrie eleison', contra triplicem miseriam, ignorantiae, culpae et poenae, vel ad signiflcandum quod omnes personae sunt in se invicem. — Tertia autem pars commemorat caelestem gloriam ad quam tendimus post praesentem vitam et miseriam, dicendo: ,Gloria in excelsis Deo'; quod cantatur in festis, in quibus commemoratur caelestis gloria; intermittitur autem in officiis luctuosis, quae ad commemorationem miseriae pertinent. — Quarta autem pars continet ,orationem' quam sacerdos pro populo facit, ut digni habeantur tantis mysteriis. Secundo autem praemittitur instructio fidelis populi, quia hoc sacramentum est ,mysterium fidei', ut supra habitum est. Quae quidem instructio dispositive quidem fit per doctrinam Prophetarum et Apostolorum, quae in Ecclesia legitur per
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und Subdiakonen vorgelesen wird. Nach dieser ,Lesung' 83,4 wird vom Chor das ,Stufenlied' gesungen, das den Fortschritt des Lebens bezeichnet, und das ,Alleluja', das den geistigen Jubel bezeichnet, oder der ,Traktus' in den ernstgestimmten Gottesdiensten, der das geistige Seufzen bezeichnet [134]. Denn dieses soll im Volke aus der genannten Lehre hervorgehen. — Vollkommen aber wird das Volk unterwiesen durch die im ,Evangelium' enthaltene Lehre Christi, die von den obersten Dienern vorgelesen wird, nämlich von den Diakonen. Und weil wir Christus als der göttlichen Wahrheit glauben nach Jo 8, 46: „Wenn Ich euch die Wahrheit sage, warum glaubt ihr Mir nicht?", darum wird nach der Lesung des Evangeliums das ,Glaubensbekenntnis' gesungen, wodurch das Volk zeigt, daß es durch den Glauben der Lehre Christi zustimme. Dieses Bekenntnis wird an den Festen gesungen, deren irgendwie Erwähnung geschieht in diesem Bekenntnis, wie an den Festen Christi und der seligen Jungfrau und der Apostel, die diesen Glauben begründet haben, und an anderen derartigen [Festen]. Nachdem nun auf diese Weise das Volk vorbereitet und unterwiesen ist, schreitet man zur Feier des Mysteriums. Dies nun wird dargebracht als Opfer und geweiht und empfangen als Sakrament. Daher wird zuerst die Darbringung vorgenommen, an zweiter Stelle die Weihe des dargebrachten Stoffes, an dritter Stelle dessen Empfang. Bei der Darbringung geschieht zweierlei: nämlich der Lobgesang des Volkes im Gesang des ,Opferungsliedes' durch Q U A E S T I O 83, 4
lectores et subdiaconos; post quam ,lectionem' cantatur a choro ,graduale', quod significat profectum vitae, et ,Alleluia', quod significat spiritualem exultationem, vel ,Tractus' in offlciis luctuosis, qui significat spiritualem gemitum; haec enim consequi debent in populo ex praedicta doctrina. — Perfecte autem populus instruitur per doctrinam Christi in ,Evangelio' contentam, quae a summis ministris legitur, scilicet a diaconibus; et quia Christo credimus tanquam divinae veritati, secundum illud Joan. 8: „Si veritatem dico vobis, quare non creditis mihi?" lecto Evangelio, ,Symbolum fidei' cantatur, in quo populus ostendit se per fidem Christi doctrinae assentire. Cantatur autem hoc Symbolum in festis de quibus fit aliqua mentio in Symbolo, sicut in festis Christi, et B. Vinginis, et Apostolorum qui hanc fidem fundaverunt, et aliis hujusmodi. Sic igitur populo praeparato et instructo, acceditur ad celebrationem mysterii, quod quidem et offertur ut sacrificium, et consecratur et sumitur ut sacramentum. Unde primo peragitur oblatio; secundo consecratio materiae oblatae; tertio ejusdem perceptio. Circa oblationem vero duo aguntur: scilicet laus populi in cantu ,Offertorii', per quod significatur laetitia
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4 welchen die Freude der Opfernden bezeichnet wird, und das , [Still-] Gebet' des Priesters, der bittet, daß die Opfergabe des Volkes Gott angenehm sei. Daher hat David 1 Chr 29, 17 gesagt: „Ich habe in der Einfalt meines Herzens freudig all dies dargebracht, und Dein Volk, das hier sich einfand, habe ich mit unermeßlicher Freude Dir Gaben darbringen sehen", und hernach (Vers 18) betet er: „Herr, Gott, bewahre diesen Willen." Dann wird bei der Weihe, die durch übernatürliche Kraft bewirkt wird, zuerst das Volk zur Hingabe aufgerufen in der ,Präfation'; darum wird es auch gemahnt, ,die Herzen aufwärts zu heben zum Herrn', und deshalb lobt nach der Präfation das Volk hingebend die Gottheit Christi mit den Engeln [Is 6, 3] in den Worten: ,Heilig, heilig, heilig', und Seine Menschheit mit den Kindern [Mt 21, 9. 15] in den Worten: ,Gepriesen sei, der da kommt' usw. — Dann ,gedenkt' der Priester still zuerst derer, für welche dieses Opfer dargebracht wird, nämlich für die gesamte Kirche und für „die Obrigkeit" (1 Tim 2, 2), und in besonderer Weise derer, ,welche das Opfer darbringen und für welche es dargebracht wird'. — An zweiter Stelle ,gedenkt er der Heiligen', deren Schutz er für die Genannten erfleht, wenn er sagt: ,Wir stehen in Gemeinschaft und ehren das Andenken' usw. — An dritter Stelle schließt er die Bitte, wenn er sagt: ,Dieses Opfer also' usw., damit das Opfer jenen, für die es dargebracht wird, heilbringend sei. Q U A E S T I O 83, 4
offerendum, et ,oratio' sacerdotis, qui petit ut oblatio populi sit Deo accepta. Unde et 1 Paralip. 29 dixit David: „Ego in simplicitate cordis mei laetus obtuli universa haec, et populum tuum, qui hic repertus est, vidi cum ingenti gaudio tibi offerre donaria"; et postea orat dicens: „Domine Deus . . . , custodi hanc voluntatem .. Deinde circa consecrationem, quae supernaturali virtute agitur, primo excitatur populus ad devotionem in ,praefatione'; unde et monetur ,sursum corda habere ad Dominum', et ideo, finita praefatione, populus devote laudat divinitatem Christi, cum angelis dicens: ,Sanctus, Sanctus, Sanctus', et humanitatem cum pueris dicens: ,Benedictas qui venit' etc. — Deinde sacerdos secreto .commémorât', primo quidem pro quibus hoc sacrificium oflertur, scilicet pro universali Ecclesia, et pro his qui „in sublimitate sunt constituti", 1 Timoth. 2, et specialiter quosdam ,qui ofierunt vel pro quibus oöertur'. — Secundo commémorât sanctos', quorum patrocinia implorât pro praedictis, cum dicit: ,Communicantes et memoriam venerantes' etc. — Tertio petitionem concludit cum dicit 1 : ,Ut haec oblatio sit illis pro quibus offertur salutaris.' 1
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L add.: ,Hanc igitur oblationem' etc.
Dann geht er über zur Weihe selbst. Dabei erbittet er 83, 4 erstens die Wirkung der Weihe, wenn er spricht: ,Welches Opfer Du, Gott' usw. — Zweitens nimmt er die Weihe vor mit den Worten des Erlösers, wenn er sagt: ,Der am Vorabend' usw. — Drittens entschuldigt er die Anmaßung mit dem Gehorsam gegenüber dem Auftrag Christi, wenn er spricht: ,Darum gedenken a u c h . . — Viertens bittet er, das vollzogene Opfer möge Gott angenehm sein, wenn er spricht: ,Auf welches geneigt' usw. — Fünftens bittet er um die Wirkung dieses Opfers und Sakramentes, und zwar zuerst für alle Empfangenden, wenn er spricht: ,Demütig bitten wir Dich', zweitens für die Verstorbenen, die es bereits nicht mehr empfangen können, wenn er spricht: ,Gedenke auch, o Herr' usw., drittens besonders für die opfernden Priester selbst, wenn er sagt: ,Auch uns Sündern' usw. Danach handelt es sich um den Empfang des Sakramentes. Und zwar wird zuerst das Volk auf den Empfang vorbereitet. Erstens durch das gemeinsame Gebet des ganzen Volkes, welches das ,Gebet des Herrn' ist, in welchem wir bitten, daß ,uns das tägliche Brot gegeben werde', und durch das Privatgebet, welches eigens der Priester für das Volk darbringt, wenn er spricht: ,Erlöse uns, o Herr, wir bitten...' — Zweitens wird das Volk vorbereitet durch den Friedenskuß, der bei den Worten ,Lamm Gottes' gegeben wird. Denn dieses Sakrament Q U A E S T I 0 83, 4
Deinde accedit ad ipsain consecrationem in qua primo petit consecrationis effectum, cum dicit: ,Quam oblationem tu, Deus' etc. — Secundo consecrationem peragit per verba Salvatoris, cum dicit: ,Qui pridie' etc. — Tertio excusat praesumptionem per oboedientiam ad mandatum Christi, cum dicit: ,Unde et memores' etc. — Quarto petit hoc sacrificium peractum esse Deo acceptum, cum dicit: ,Supra quae propitio' etc. — Quinto petit hujus sacrificii et sacramenti effectum, primo quidem quantum ad ipsos sumentes, cum dicit: ,Supplices te rogamus'; secundo quantum ad mortuos, qui jam sumere non possunt, cum dicit: ,Memento etiam, Domine' etc.; tertio specialiter quantum ad ipsos sacerdotes ofierentes, cum dicit: ,Nobis quoque peccatoribus' etc. Deinde agitur de perceptione sacramenti, et primo praeparatur populus ad percipiendum, primo quidem per orationem communem totius populi, quae est ,Oratio Dominica', in qua petimus ,panem nostrum quotidianum nobis dari', et etiam privatam, quam specialiter sacerdos pro populo offert, cum dicit: ,Libera nos, quaesumus, Domine' etc. — Secundo praeparatur populus per pacem, quae datur dicendo: ,Agnus Dei', est enim
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83,4 ist ein Sakrament der Einheit und des Friedens (67, 2; 73, 3 Zu 3; 79, 1). In den Totenmessen aber, in denen dieses Opfer dargebracht wird, nicht für den gegenwärtigen Frieden, sondern für die Ruhe der Verstorbenen, wird der Friedenskuß unterlassen. Danach folgt der Empfang des Sakramentes. Zuerst empfängt es der Priester, dann gibt er es den anderen, weil nach Dionysius, „wer anderen das Göttliche darreicht, dessen zuerst selbst teilhaftig sein soll". Zuletzt aber wird die ganze Feier der Messe mit Danksagung beendet: das Volk frohlockt über den Empfang des Mysteriums — dies bezeichnet der Gesang nach der Kommunion — und der Priester sagt Dank durch das Gebet, wie auch Christus nach der Feier des Abendmahles mit den Jüngern „den Lobgesang betete" (Mt 26, 30; vgl. Mk 14, 26) [135]. Z u 1. Die Weihe wird einzig durch die Worte Christi vollzogen. Es ist aber notwendig gewesen, das übrige hinzuzufügen zur Vorbereitung des Volkes, das [dieses Sakrament] empfängt (Antw.). Z u 2. Nach Jo 21, 25; 20, 30 ist vieles vom Herrn getan und gesagt worden, was die. Evangelisten nicht aufgeschrieben haben. Darunter war auch das, daß der Herr beim Abendmahle die Augen zum Himmel erhob; und dies hat die Kirche aus der Überlieferung der Apostel [erfahren]. Es erscheint nämlich begründet, anzunehmen, QUAESTIO
83, 4
hoc sacramentum unitatis et pacis, ut supra dictum est. In missis tarnen defunctorum, in quibus sacrificium oflertur non pro pace praesenti, sed pro requie mortuorum, pax intermittitur. Deinde sequitur perceptio sacramenti, primo percipiente sacerdote, et postmodum aliis dante, quia, ut Dionysius dicit MPG 3. cap. Eccl. Hier.: „ille qui aliis divina tradit, primo debet 3/445 ip s e particeps esse". Ultimo autem tota missae celebratio in gratiarum actione terminatur, populo exultante pro sumptione mysterii quod significat cantus post communionem, et sacerdote per orationem gratias offerente, sicut et Christus celebrata coena cum discipulis, "hymnum dixit", ut dicitur Matth. 26. AD PRIMUM ergo dicendum quod consecratio solis verbis Christi conficitur. Alia vero necesse fuit addere ad praeparationem populi sumentis, sicut dictum est. AD SECUNDUM dicendum quod, sicut dicitur Joan. ult., multa sunt a Domino facta vel dicta, quae Evangelistae non scripserunt, inter quae fuit hoc quod Dominus in coena oculos levavit in caelum; quod tarnen Ecclesia ex traditione Apostolorum habuit.1 Rationabile enim videtur ut qui in suscitatione 1
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Cf. pag. 4 nota.
daß Er, der bei der Erweckung des Lazarus (Jo 11, 41) 83,4 und beim Gebete, welches Er für die Jünger verrichtete (Jo 17, 1), die Augen zum Vater erhob, bei der Einsetzung dieses Sakramentes als der vorzüglicheren Angelegenheit dies noch viel eher tat [136]. Wenn es aber heißt ,greifet zu' und nicht ,esset', so ist dem Sinne nach kein Unterschied. Auch liegt nicht viel daran, ob man so oder so sagt, zumal jene Worte nicht zur Form gehören (78, 1 Zu 2; 4). Wenn aber beigefügt wird ,alle', so ist dies dem Sinne nach in den Worten des Evangeliums enthalten, obgleich es nicht ausgedrückt ist; denn Er selbst hatte Jo 6, 54 gesagt: „Wenn ihr das Fleisch des Menschensohnes nicht esset, werdet ihr das Leben nicht in euch haben." Z u 3. Die Eucharistie ist das Sakrament der ganzen kirchlichen Einheit (Antw.). Und darum muß in besonderer Weise bei diesem Sakramente, mehr als bei den anderen, alles dessen gedacht werden, was zum Heile der ganzen Kirche gehört. Z u 4. Es gibt eine zweifache Unterweisung im Glauben: die eine, die den neu Einzuführenden, nämlich den Katechumenen, zuteil wird. Und solche Unterweisung findet bei der Taufe statt. Die andere Unterweisung aber ist die, in welcher das gläubige Volk, das an diesem Mysterium teilnimmt, unterrichtet wird. Und solche Unterweisung findet bei diesem Sakramente statt. — Es werden jedoch von dieser Unterweisung auch die Katechumenen und Ungläubigen Q U A E S T I 0 83, 4
Lazari, ut habetur Joan. 11, et in oratione quam pro discipulis fecit Joan. 17, oculos levavit ad Patrem, in hujus sacramenti institutione multo magis hoc fecerit, tanquam in re potiori. Quod autem dicitur: ,Manducate', et non ,comedite', non differt quantum ad sensum, nec multum refert quid dicatur, praesertim cum verba illa non sint de forma, ut supra dictum est. Quod autem additur, ,omnes\ intelligitur in verbis Evangelii, licet non exprimatur, quia ipse dixerat Joan. 6: „Nisi manducaveritis carnem Filii hominis, non habebitis vitam in vobis." AD TERTIUM dicendum quod Eucharistia est sacramentum totius ecclesiasticae unitatis; et ideo specialiter in hoc sacramento, magis quam in aliis, debet fleri mentio de Omnibus quae pertinent ad salutem totius Ecclesiae. AD QUARTUM dicendum quod instructio fldei est duplex: una quae fit noviter imbuendis, scilicet catechumenis, et talis instructio fit circa baptismum. Alia autem est instructio qua instruitur fidelis populus, qui communicat huic mysterio; et talis instructio fit in hoc sacramento. — Et tarnen ab hac instructione non repelluntur etiam catechumeni et infideles. Unde dicitur de Consecratione, dist. 1 Frdb. 1/1312
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83,4 nicht zurückgewiesen. Deshalb sagt das Dekretale: „Der Bischof hindere niemanden, die Kirche zu betreten und das Wort Gottes zu hören, sei er Heide oder Irrgläubiger oder Jude, bis zur , (Weg-) Sendung' der Katechumenen" [d. i. Ende der Katechumenenmesse], in welcher die Unterweisung im Glauben enthalten ist. Z u 5. Bei diesem Sakrament ist deshalb eine größere Hingabe erfordert als bei den anderen Sakramenten, weil in diesem Sakramente der ganze Christus enthalten ist, und auch eine allgemeinere, weil in diesem Sakramente die Hingabe des ganzen christlichen Volkes erfordert ist, für welches das Opfer dargebracht wird, und nicht bloß, wie bei den anderen Sakramenten, die Hingabe derer, die das Sakrament empfangen. Und darum sagt Cyprian: „Der Priester bereitet durch die vorausgeschickte Präfation die Herzen der Brüder, indem er spricht: ,Empor die Herzen', damit das Volk, wenn es antwortet: ,Wir haben sie beim Herrn', ermahnt werde, nichts anderes bei sich zu denken als Gott" [137]. Z u 6. In diesem Sakramente wird das berührt, was die ganze Kirche angeht (Zu 3). Und darum wird einiges, welches das Volk angeht, vom Chor gesprochen. Davon führt einiges der Chor vollständig aus, nämlich das, was dem ganzen Volke in den Mund gelegt ist. — Einiges aber führt, nachdem der Priester, der in der Person Gottes auftritt, angestimmt hat, das Volk zu Ende, zum ZeiQ ü A E S T I O 83, 4
[can. Episcopus nullum]: „Episcopus nullum prohibeat ingredi in ecclesiam, et audire verbum Dei, sive gentilem, sive haereticum, sive Judaeum, usque ad missam catechumenorum", in qua scilicet continetur instructio fidei. AD QUINTUM dicendum quod in hoc sacramento major devotio requiritur quam in aliis sacramentis, propter hoc quod in hoc sacramento totus Christus continetur, et etiam communior, quia in hoc sacramento requiritur devotio totius populi christiani, pro quo sacrificium offertur, et non solum percipientium sacramentum, sicut in aliis sacramentis. Et ideo, ut MPL Cyprianus dicit [De Orat. Dominic., num. 31], „sacerdos prae4/539 fatione praemissa parat fratrum mentes, dicendo: ,Sursum corda', ut dum respondet plebs: ,Habemus ad Dominum', admoneatur nihil aliud se quam Deum cogitare debere". AD SEXTUM dicendum quod in hoc sacramento, sicut dictum est, tanguntur ea quae pertinent ad totam Ecclesiam; et ideo quaedam dicuntur a choro, quae pertinent ad populum, quorum quaedam chorus totaliter prosequitur, quae scilicet toti populo inspirantur. — Quaedam vero populus prosequitur, sacerdote inchoante, qui personam Dei gerit; in Signum quod talia per-
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chen, daß dies durch göttliche Offenbarung zum Volk ge- 83, 4 langt ist wie der Glaube und die himmlische Herrlichkeit. Deshalb stimmt der Priester das Glaubensbekenntnis und das ,Ehre sei Gott in der Höhe' an. — Einiges aber wird von den Dienern [Diakon und Subdiakon] gesprochen, wie die Lehre des Alten und Neuen Testamentes, zum Zeichen, daß diese Lehre durch die von Gott gesandten Diener den Völkern verkündet worden ist. Einiges aber führt der Priester allein zu Ende, nämlich was zum eigentümlichen Amt des Priesters gehört, wie „Gaben und Bitten für das Volk darzubringen" (Hebr 5, 1. 3). Gleichwohl sagt er davon einiges laut, was nämlich sowohl den Priester als auch das Volk angeht, wie die gemeinsamen Gebete. — Einiges aber geht nur den Priester allein an, wie die Opferung und die Weihe. Und darum wird, was dabei zu sprechen ist, still vom Priester gesprochen. — In beiden Fällen jedoch spornt er das Volk zur Aufmerksamkeit an mit den Worten: ,Der Herr sei mit euch', und erwartet er die Zustimmung derer, die das ,Amen' sprechen. Und deshalb schickt er auch bei dem, was still gesprochen wird, laut voraus: ,Der Herr sei mit euch', und schließt: ,Von Ewigkeit zu Ewigkeit.' — Oder der Priester spricht deshalb einiges still zum Zeichen, daß beim Leiden Christi die Jünger nur im Verborgenen Christus bekannten [138]. Z u 7. Die Wirkkraft der sakramentalen Worte kann durch die Absicht des Priesters gehindert werden. — Q U A E S T I 0 83, 4
venerunt ad populum ex revelatione divina, sicut fldes et gloria caelestis; et ideo sacerdos inchoat Symbolum fidei, et ,Gloria in excelsis Deo'. — Quaedam vero dicuntur per ministros, sicut doctrina veteris et novi Testamenti, in Signum quod per ministros a Deo missos est doctrina haec populis annuntiata. Quaedam vero sacerdos solus prosequitur, quae scilicet ad proprium officium sacerdotis pertinent, „ut" scilicet „dona et preces oflerat pro populo", sicut dicitur Hebr. 5. In his tarnen quaedam dicit publice, scilicet quae pertinent et ad sacerdotem et ad populum, sicut sunt orationes communes. — Quaedam vero pertinent ad solum sacerdotem, sicut oblatio et consecratio; et ideo quae circa haec sunt dicenda, occulte a sacerdote dicuntur. In utrisque tarnen excitat attentionem populi, dicendo: ,Dominus vobiscum', et expectat assensum dicentium ,Amen'. Et ideo etiam in his quae secrete dicuntur, publice praemittit: ,Dominus vobiscum', et subjungit: ,Per omnia saecula saeculorum'; vel secrete aliqua sacerdos dicit in Signum quod circa Christi passionem discipuli nonnisi occulte confitebantur Christum. AD SEPTIMUM dicendum quod efficacia verborum sacramentalium impediri potest per intentionem sacerdotis. — Nec
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4 Zudem ist es nicht unangebracht, daß wir von Gott das erbitten, wovon wir mit voller Gewißheit wissen, Er werde es tun, wie Christus Jo 17, 1. 5 Seine Verklärung erbat. Übrigens scheint der Priester an jener Stelle nicht zu beten, daß sich die Weihe erfülle, sondern daß sie für uns fruchtbar werde. Darum sagt er bezeichnenderweise: ,Damit es [das Opfer] u n s Leib und Blut werde.' Und dies bedeuten nach [Ps.-] Augustinus [ = Paschasius Radbertus] die Worte, die er vorausschickt: ,Dieses Opfer wollest Du gesegnet machen', das heißt „durch welches wir gesegnet werden", nämlich durch die Gnade; ,eingeschrieben', das heißt „durch welches wir im Himmel eingeschrieben werden"; ,gültig', das heißt: [zu einem Opfer,] „durch welches wir dem Inneren Christi zuerkannt werden"; ,geistig', das heißt: „durch welches wir des tierischen Fühlens entledigt werden"; ,annehmbar', das heißt: „damit wir, die wir uns selbst mißfallen, durch dieses Opfer Seinem einzigen Sohne annehmbar sein mögen" [139], Z u 8. Wenngleich dieses Opfer von sich aus vor allen Opfern der alten Zeit den Vorrang hat, so waren doch die Opfer der Alten Gott höchst angenehm in Anbetracht ihrer Hingebung. Der Priester bittet also, daß dieses Opfer ebenso von Gott angenommen werde in Anbetracht der Hingebung der Opfernden, wie jene Gott angenehm waren. Q U A E S T I 0 83, 4
tarnen est inconveniens quod a Deo petamus id quod certissime scimus ipsum facturum, sieut Christus Joan. 17 petiit suam clarificationem. Non tarnen videtur ibi sacerdos orare ut consecratio impleatur, sed ut nobis flat fructuosa: unde signanter dicit: ,Ut nobis corpus et sanguis flat'; et hoc signiflcant verba quae praemittit, dicens: ,Hanc oblationem facere digneris benedictam', secundum Augustinum,1 id est, „per quam benedicamur", seilicet per gratiam; ,adscriptam', id est, „per quam in caelo adscribamur"; ,ratam', id est, „per quam de visceribus Christi trajiciamur"; 2 ,rationabilem', id est, „per quam a bestiali sensu exuamur"; ,acceptabilem', id est, „ut qui nobis ipsis displicemus, per hanc acceptabiles ejus unico Filio simus". AD OCTAVUM dicendum quod licet hoc sacramentum ex seipso praeferatur omnibus antiquis sacrificiis, tarnen eacrificia antiquorum fuerunt Deo acceptissima ex eorum devotione. Petit ergo sacerdos ut sie hoc sacrificium aeeeptetur a Deo ex devotione oflerentium, sicut illa aeeepta fuerunt Deo. 1 Cf. Paschas., De Corp. et Sangulne Domini, cap. 12; MPL 120/1312. — Gratian., De Consecr., dist. 1, can. ütrum sub flgura; Frdb. 1/1342. 2 L: visceribus Christi censeamur.
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Z u 9. Der Priester bittet nicht, daß die sakramentalen 83,4 Gestalten in den Himmel gebracht werden, noch auch, daß dies mit dem wahren Leib Christi geschehe, der dort nicht zu sein aufhört. Er bittet vielmehr für den mystischen Leib, der in diesem Sakramente bezeichnet wird, daß nämlich der Engel, welcher den göttlichen Mysterien beiwohnt, die Gebete sowohl des Volkes als auch des Priesters vor das Antlitz Gottes bringe, nach Offb 8, 4: „Der Duft des Rauchwerkes stieg von den Opfern der Heiligen aus der Hand des Engels empor." — Mit dem ,erhabenen Altar Gottes' aber ist entweder die triumphierende Kirche selbst gemeint, in die wir versetzt zu werden bitten, oder Gott selbst, an dem teilzuhaben wir erbitten. Denn von diesem Altar heißt es Ex 20, 26: „Du sollst nicht auf Stufen emporsteigen zu Meinem Altar", das heißt „in der Dreifaltigkeit sollst du keine Stufen machen". Oder unter dem Engel ist Christus selbst zu verstehen, welcher „der Engel des großen Rates" ist [Is 9, 5 nach der LXX], der Seinen mystischen Leib mit Gott dem Vater und der triumphierenden Kirche verbindet [140], Und deswegen heißt die Feier auch ,Messe' [ = (Über-) Sendung], weil der Priester durch den Engel Gebete zu Gott ,sendet', wie das Volk durch den Priester. Oder weil Christus die uns von Gott ,gesandte' Opfergabe ist. Daher entläßt auch am Ende der Messe der Diakon an den Festen das Volk mit den Worten: ,Geht, sie ist gesandt', Q U A E S T I O
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AD NONUM dicendum quod sacerdos non petit neque quod species sacramentales deferantur in caelum, neque corpus Christi verum, quod ibi esse non desinit; sed petit hoc pro corpore mystico, quod scilicet in hoc sacramento significatur, ut scilicet orationes sacerdotis et populi angelus assistens divinis mysteriis Deo repraesentet, secundum illud Apoc. 8: „Ascendit fumus incensorum de oblationibus sanctorum de manu angeli." ,Sublime' autem ,altare Dei' dicitur vel ipsa Ecclesia triumphans, in quam transferri petimus, vel ipse Deus, cujus participationem petimus; de hoc enim altari dicitur Exodi 20: „Non ascendes ad altare meum per gradus", id est, „in Trinitate gradus non facies" [cf. Beda, in Exod. ibid.]. MPL Vel per angelum intelligitur ipse Christus, qui est „magni 91,320 ronsilii angelus", qui corpus suum mysticum Deo Patri conjungit Ecclesiae triumphanti. Et propter hoc etiam ,missa' nominatur, quia per angelum sacerdos preces ad Deum ,mittit', sicut populus per sacerdotem, vel quia Christus est hostia nobis ,missa' a Deo; unde et in flne missae diaconus in festivis diebus populum licentiat, dicens:
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83, B nämlich die Opfergabe durch den Engel an Gott, damit sie Gott angenehm sei [ 1 4 1 ] . 5. A R T I K E L Ist das, was bei der Feier dieses Sakramentes sinngemäß ?
getan
wird,
1. Dieses Sakrament gehört zum Neuen Testament, wie aus seiner F o r m erhellt. Im Neuen Testament aber sind die Zeremonien des Alten Testamentes nicht zu beobachten. Zu diesen gehörte, daß der Priester und die Diener sich mit Wasser wuschen, wenn sie sich zum Opfern anschickten; E x 30, 19 f.: „Aaron und seine Söhne sollen sich Hände und Füße waschen, bevor sie zum Allare hintreten." Es schickt sich also nicht, daß der Priester während der Meßfeier sich die Hände wäscht. 2. An derselben Stelle gebot Gott, daß der Priester „wohlriechendes Räucherwerk anzünde" ( E x 30, 7) auf dem Altar, der vor dem Gnadenthron war. Auch dies gehörte zum Zeremoniell des Alten Testamentes. Unpassenderweise bedient sich also der Priester bei der Messe des Weihrauchs. 3. W a s bei den Sakramenten der Kirche getan wird, Q U A E S T I 0 83, 5
,Ite, missa est', scilicet hostia ad Deum per angelum, ut scilicet sit Deo accepta. Utrum
ARTICULUS V ea q u a e in c e l e b r a t i o n e h u j u s s a c r a menti aguntur, sint convenientia
[4 Sent., dist. 12, Expos, litt.;
Opusc. Expositio Missae]
AD QUINTUM sic proceditur. Videtur quod ea quae in celebratione hujus sacramenti aguntur, non sint convenientia. Hoc enim sacramentum ad novum Testamentum pertinet, ut ex forma ipsius apparet. In novo autem Testamento non sunt observandae caeremoniae veteris Testamenti ad quas pertinebat, quod sacerdos et ministri aqua lavabantur, quando accedebant ad offerendum; legitur enim Exod. 30: „Lavabunt Aaron et filii ejus manus suas ac pedes, quando ingressuri sunt ad altare." Non est ergo conveniens quod sacerdos lavet manus suas inter missarum solemnia. 2. PRAETEREA, ibidem Dominus mandavit quod Aaron adoleret incensum suave fragrans super altare quod erat ante propitiatorium; quod etiam pertinebat ad caeremonias veteris Testamenti. Inconvenienter ergo in missa sacerdos thurificatione utitur. 3. PRAETEREA, ea quae in sacramentis Ecclesiae aguntur,
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darf nicht wiederholt werden. Es ist also unangebracht, daß 83,5 der Priester die Kreuzzeichen über dieses Sakrament wiederholt. 4. Der Apostel sagt Hebr 7, 7 : „Ohne allen Widerspruch steht fest, daß das Geringere vom Höheren gesegnet wird." Christus aber, der nach der Weihe in diesem Sakramente ist, ist viel höher als der Priester. Unpassenderweise segnet also der Priester nach der Weihe dieses Sakrament mit dem Kreuzzeichen. 5. Bei einem Sakrament der Kirche darf nichts geschehen, was lächerlich erscheint. Es erscheint aber lächerlich, Gebärden zu machen. Darunter scheint zu fallen, daß der Priester zuweilen die Arme ausbreitet, die Hände faltet, die Finger zusammenlegt und sich verbeugt. Also darf dies nicht bei diesem Sakramente geschehen. 6. Lächerlich erscheint es auch, daß der Priester sich soundso oft zum Volke wendet, soundso oft auch das Volk grüßt. Also darf dies bei der Feier dieses Sakramentes nicht geschehen. 7. Der Apostel hält es 1 Kor 1, 13 für ungehörig, daß „Christus geteilt sei". Nun ist aber nach der Weihe Christus in diesem Sakramente. Es ist also ungehörig, daß die Hostie vom Priester gebrochen wird. 8. Was bei diesem Sakramente getan wird, vergegenwärtigt das Leiden Christi. In Seinem Leiden aber war der Leib Christi geteilt an den Stellen der fünf Wunden. Q U A E S T I O 83, 5
non sunt iteranda. Inconvenienter igitur sacerdos multoties iterat crucesignationes super hoc sacramentum. 4. PRAETEREA, Apostolus dicit Hebr. 7 : „Sine ulla contradictione, quod minus est, a majori benedicitur." Sed Christus, qui est in hoc sacramento post consecrationem, est multo major sacerdote. Inconvenienter igitur sacerdos post consecrationem benedicit hoc sacramentum, cruce signando. 5. PRAETEREA, in sacramento Ecclesiae nihil debet fieri quod ridiculosum videatur. Videtur autem ridiculosum gesticulationes facere, ad quas pertinere videtur quod sacerdos quandoque brachia extendit, manus jungit, digitos complicat, et seipsum inclinat. Ergo haec non debent fieri in hoc sacramento. 6. PRAETEREA, ridiculosum etiam videtur quod sacerdos multoties se ad populum vertit, et multoties populum salutat. Non ergo debent haec fieri in celebratione hujus sacramenti. 7. PRAETEREA, Apostolus 1 Cor. 1 pro incon\enienti habet quod „Christus sit divisus". Sed post consecrationem Christus est in hoc sacramento. Inconvenienter ergo hostia frangitur a sacerdote. 8. PRAETEREA, ea quae in hoc sacramento aguntur, passionem Christi repraesentant. Sed in passione Christi corpus
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83, 5 Also sollte der Leib Christi eher in fünf Teile gebrochen werden als in drei. 9. Der ganze Leib Christi wird in diesem Sakramente getrennt vom Blute konsekriert. Unpassend wird also ein Teil von ihm dem Blute beigemischt. 10. Wie der Leib Christi in diesem Sakramente als Speise dargeboten wird, so auch das Blut Christi als Trank. Mit dem Empfang des Leibes Christi aber wird bei der Feier der Messe keine andere leibliche Speise verbunden. Ungeziemenderweise nimmt also der Priester nach dem Empfang des Blutes nichtgeweihten Wein zu sich. 11. Die Wahrheit soll dem Bilde entsprechen. In bezug auf das Osterlamm aber, welches das Bild dieses Sakramentes war, ist geboten, daß „von ihm nichts bis zum Morgen übrigbleibe" [Ex 12, 10]. Also ziemt es sich nicht, geweihte Hostien aufzubewahren und sie nicht sogleich zu empfangen. 12. Der Priester spricht in der Mehrzahl zu den Zuhörern, z. B. wenn er sagt: ,Der Herr sei mit euch' und: ,Lasset uns Dank sagen'. Es scheint aber unangebracht, in der Mehrzahl zu einem einzigen und besonders zu einem Geringeren zu sprechen. Also erscheint es als unangebracht, daß der Priester, wenn nur ein Diener anwesend ist, die Messe feiere. So scheint es also, daß manches auf unpassende Weise bei der Feier dieses Sakramentes getan wird. Q U A E S T I O 83, 5
fuit divisum in locis quinqué vulnerum. Ergo corpus Christi in quinqué partes frangi deberet magis quam in tres. 9. PRAETEREA, totum corpus Christi in hoc sacramento seorsum consecratur a sanguine. Inconvenienter ergo una pars ejus sanguini miscetur. 10. PRAETEREA, sicut corpus Christi proponitur in hoc sacramento ut cibus, ita et sanguis Christi ut potus. Sed sumptioni corporis Christi non adjungitur in celebratione missae alius corporalis cibus. Inconvenienter igitur sacerdos post sumptionem sanguinis Christi vinum non consecratum sumit. 11. PRAETEREA, veritas debet respondere flgurae. Sed de agno paschali, qui fuit figura hujus sacramenti, mandatur quod ,.non remaneret ex eo quidquam usque mane". Inconvenienter igitur hostiae consecratae reservantur, et non statim sumuntur. 12. PRAETEREA, sacerdos pluraliter loquitur audientibus, cum dicit: ,Dominus vobiscuin', et: »Gratias agamus'. Sed inconveniens videtur pluraliter loqui uni soli, máxime minori. Ergo inconveniens videtur quod sacerdos uno tantum ministro praesente celebret missam. Sic igitur videtur quod inconvenienter aliqua agantur in celebratione hujus sacramenti.
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ANDERSEITS steht dem die Gewohnheit der Kirche 83,5 entgegen, die, weil vom Heiligen Geiste unterrichtet, nicht irren kann. ANTWORT: In den Sakramenten wird etwas auf zweifache Weise bezeichnet, nämlich durch Worte und durch Handlungen (66, 6), damit die Zeichensprache vollkommener sei. Mit Worten aber wird einiges bei der Feier dieses Sakramentes bezeichnet, was das Leiden Christi, das in diesem Sakramente vergegenwärtigt wird, angeht, oder auch den mystischen Leib, der in diesem Sakramente bezeichnet wird; und einiges, was den Gebrauch des Sakramentes betrifft, der mit Hingebung und Ehrfurcht geschehen muß. Und darum wird bei der Feier dieses Sakramentes einiges getan, um das Leiden Christi zu vergegenwärtigen oder auch die Verfassung des mystischen Leibes; und einiges wird getan, was die Hingebung und Ehrfurcht beim Gebrauch dieses Sakramentes betrifft. Z u 1. Die Händewaschung geschieht bei der Feier der Messe aus Ehrfurcht vor diesem Sakramente. Und dies aus einem doppelten Grunde. Erstens, weil wir kostbare Gegenstände nur mit gewaschenen Händen anzufassen pflegen. Darum scheint es ungeziemend, daß jemand zu einem so großen Sakramente mit wenn auch nur äußerlich befleckten Händen hinzutrete. Zweitens wegen des Bezeichnens. Denn die Reinigung Q U A E S T I O 83, 5
SED IN CONTRARIUM est Ecclesiae consuetudo, quae errare non potest, utpote a Spiritu sancto instructa. RESPONDEO dicendum quod, sicut supra dictum est, in sacramentis dupliciter aliquid signiflcatur, scilicet verbis et factis, ad hoc quod sit perfectior significatio. Significantur autem verbis in celebratione hujus sacramenti quaedam pertinentia ad passionem Christi, quae repraesentatur in hoc sacramento, vel etiam ad corpus mysticum, quod signiflcatur in hoc sacramento; et quaedam pertinentia ad usum hujus sacramenti, qui debet esse cum devotione et reverentia. Et ideo in celebratione hujus mysterii quaedam aguntur ad repraesentandam passionem Christi, vel etiam dispositionem corporis mystici; et quaedam aguntur pertinentia ad devotionem et reverentiam hujus sacramenti. AD PRIMUM ergo dicendum quod ablutio manuum fit in celebratione missae propter reverentiam hujus sacramenti, et hoc dupliciter: primo quidem quia aliqua pretiosa tractare non consuevimus nisi manibus ablutis; unde indecens videtur quod ad tantum sacramentum aliquis accedat manibus etiam corporaliter inquinatis. Secundo propter significationem, quia, ut Dionysius dicit MPG
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83,5 der äußeren Gliedmaßen bezeichnet nach Dionysius die Reinigung auch von den kleinsten Sünden; Jo 13, 10: „Wer gebadet hat, braucht nur noch die Füße zu waschen." Und eine solche Reinigung ist von dem verlangt, der zu diesem Sakramente hinzutritt. Dies wird auch bezeichnet durch das Schuldbekenntnis, welches vor dem Eingang der Messe geschieht. Und dieses selbe bedeutete die Waschung der Priester im Alten Gesetz, wie Dionysius ebendort sagt. Doch beobachtet die Kirche dies nicht als eine zeremonielle Vorschrift des Alten Gesetzes, sondern als eine Einrichtung der Kirche wie etwas, das an sich angebracht ist. Und darum wird es nicht auf dieselbe Weise beobachtet wie damals. Die Fußwaschung wird nämlich unterlassen und die Händewaschung beibehalten, welche eher in der Öffentlichkeit geschehen kann und welche genügt, um die vollkommene Reinigkeit zu bezeichnen. Da nämlich die Hand „das Werkzeug der Werkzeuge" ist (Aristoteles), werden alle Werke den Händen zugeschrieben. Darum heißt es Ps 26 (25), 6: „Ich wasche mit den Unschuldigen meine Hände." Z u 2. Wir bedienen uns des Weihrauches nicht auf Grund einer zeremoniellen Vorschrift des Gesetzes, sondern auf Grund der Bestimmung der Kirche. Darum bedienen wir uns seiner nicht in der gleichen Weise, wie im Alten Gesetz bestimmt war. Q U A E S T I O 83, R,
3. cap. Eccl. Hier., extremitatum ablutio significat emundationem etiam a minimis peccatis, secundum illud Joan. 13: „Qui lotus est, non indiget nisi ut pedes lavet." Et talis emundatio requiritur ab eo qui accedit ad hoc sacramentum; quod etiam significatur per confessionem, quae fit ante introitum missae. Et hoc idem significabat ablutio sacerdotum in veteri lege, ut MPG ibidem Dionysius dicit. 3/440 ( a m e n Ecclesia hoc servat tanquam caeremoniale veteris legis praeceptum, sed quasi ab Ecclesia institutum, sicut quiddam secundum se conveniens et ideo non eodem modo observatur sicut tunc: praetermittitur enim pedum ablutio, et servatur ablutio manuum, quae potest fieri magis in promptu, et quae sufficit ad signiflcandam perfectam mundationem: cum 432 a i sqq. eniin manus sit „Organum organorum", ut dicitur in 3 de An. [cap. 8], omnia opera attribuuntur manibus: unde Psalmo 25 dicitur: „Lavabo inter innocentes manus meas." AD SECUNDUM dicendum quod etiam thuriflcatione non utimur quasi caeremoniali praecepto legis, sed sicut Ecclesiae statuto; unde non eodem modo utimur sicut in lege veteri erat statutum.
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Er dient aber einem doppelten Zweck. Erstens der 83,5 Ehrfurcht vor diesem Sakrament, daß nämlich durch den Wohlgeruch, was etwa an üblem Geruch körperlich an dem Orte ist und Abscheu hervorrufen könnte, verdrängt werde. Zweitens soll er die Wirkung der Gnade vergegenwärtigen, von der Christus wie von einem Wohlgeruche erfüllt war, nach Gn 27, 27: „Siehe, der Geruch meines Sohnes ist wie der Geruch eines fruchtbaren Feldes." Von Christus wird er auf die Gläubigen durch das Amt der Diener übergeleitet, nach 2 Kor 2, 14: „Den Duft Seiner Kenntnis verbreitet Er durch uns überallhin." Und darum werden, nachdem der Altar, durch den Christus bezeichnet wird, von allen Seiten beräuchert ist, alle der Reihe nach beräuchert. Z u 3. Der Priester macht bei der Feier der Messe das Kreuzzeichen, um das Leiden Christi auszudrücken, das am Kreuze abgeschlossen wurde. Das Leiden Christi ist aber sozusagen stufenweise vor sich gegangen. Denn das Erste war die Auslieferung Christi; sie geschah durch Gott, durch Judas und durch die Juden. Das bezeichnet das dreifache Kreuzzeichen bei den Worten: , Diese Geschenke, diese Gaben, diese heiligen, unbefleckten Opfer.' Das Zweite war der Verkauf Christi. Er wurde aber verkauft an die Priester, Schriftgelehrten und Pharisäer. Um dies zu bezeichnen, wird wieder ein dreifaches Q U A E S T I 0 83, 5
Pertinet autem ad duo: primo quidem ad reverentiam hujus sacramenti, ut scilicet per bonum odorem depellatur, si quid corporaliter pravi odoris in loco fuerit, quod posset provocare horrorem. Secundo pertinet ad repraesentandum efiectum gratiae, qua, sicut bono odore, Christus plenus fuit, secundum illud Gen. 27: „Ecce odor filii mei sicut odor agri plend"; et a Ohristo derivatur ad fideles officio ministrorum, secundum illud 2 Cor. 2: „Odorem notitiae suae spargit per nos in omni loco"; et ideo, undique thuriflcato altari, per quod Christus designatur, thurificantur omnes per ordinem. AD TERTIUM dicendum quod sacerdos in celebratione missae utitur crucesignatione ad exprimendam passionein Christi, quae ad crucem est terminata. Est autem passio Christi quibusdam quasi gradibus peracta. Nam primo fuit Christi traditio, quae facta est a Deo, Juda et Judaeis; quod significat trina crucesigmatio super illa verba: ,Haec dona, haec munera, haec sancta sacrificia illibata.' Secundo fuit Christi venditio: est autem venditus sacerdotibus, scribis et pharisaeis; ad quod significandum fit iteruin 24*
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5 Kreuzzeichen gemacht bei den Worten: ,Gesegnet, eingeschrieben, gültig.' — Oder um den Kaufpreis, nämlich die dreißig Silberlinge zu bezeichnen. — Hinzugefügt wird aber noch ein doppeltes Kreuzzeichen bei den Worten: ,Damit uns Leib und Blut' usw., um die Person des verkaufenden Judas und des verkauften Christus zu bezeichnen. Das Dritte aber war die Vorausbezeichnung des Leidens Christi, die beim Abendmahl geschah. Um dies zu bezeichnen, werden an dritter Stelle zwei Kreuze gemacht, das eine bei der Konsekration des Leibes, das andere bei der Konsekration des Blutes, wo beide Male gesagt wird: ,Er segnete.' Das Vierte war das Leiden Christi selber. Daher wird, um die fünf Wunden zu vergegenwärtigen, an vierter Stelle ein fünffaches Kreuzzeichen gemacht bei den Worten: ,Ein reines Opfer, ein heiliges Opfer, ein unbeflecktes Opfer, das heilige Brot des ewigen Lebens und den Kelch des ewigen Heiles.' Als Fünftes wird das Ausstrecken des Leibes und das Vergießen des Blutes und die Frucht des Leidens vergegenwärtigt durch das dreifache Kreuzzeichen, das bei den Worten gemacht wird: ,Den Leib und das Blut empfangen, mit allem Segen' usw. Als Sechstes wird das dreifache Gebet vergegenwärtigt, das Christus am Kreuze verrichtet hat: eines für die Verfolger, als Er sprach: „Vater, verzeihe ihnen", das Q Ü A E S T I 0 83, 5
trina crucesignatio super lila verba: ,Benedictam, adscriptam, ratam.' — Vel ad ostendendum pretium venditionis, scilicet triginta denarios. — Additur autem et duplex crux super illa verba: ,Ut nobis corpus et sanguis' etc., ad designandam personam Judae venditoris et Christi venditi. Tertio autem fuit praesignatio passionis Christi facta in coena; ad quod designandum fiunt tertio duae cruces, una in consecratione corporis, alia in consecratione sanguinis; ubi utrobique dicdtur ,benedixit'. Quarto autem fuit ipsa passio Christi; unde ad repraesentandum quinque piagas Christi fit quarto quintuplex crucesignatio super illa verba: ,Hostiam puram, hostiam sanctam, hostiam immaculatam, panem sanctum vitae aeternae, et calicem salutis perpetuae.' Quinto repraesentatur extensio corporis et effusio sanguinis, et fructus passionis per trinam crucesignationem quae fit super illis verbis: ,Corpus et sanguinem sumpserimus, omni benedictione' etc. Sexto repraesentatur triplex oratio quam fecit in cruce; unam pro persecutoribus, cum dixit: „Pater, ignosce illis";
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zweite um Befreiung vom Tode, als Er sprach: „Gott, 83, 5 Mein Gott, warum hast Du Mich verlassen?", das dritte betrifft die Erlangung der Herrlichkeit, als Er sprach: „Vater, in Deine Hände empfehle Ich Meinen Geist." Und um dies zu bezeichnen, wird ein dreifaches Kreuzzeichen gemacht bei den Worten: ,Du heiligst, belebst, segnest' usw. Als Siebentes werden die drei Stunden vergegenwärtigt, während welcher Er am Kreuze hing, nämlich von der sechsten bis zur neunten Stunde. Um dies zu bezeichnen, wird wieder ein dreifaches Kreuzzeichen gemacht bei den Worten: ,Durch Ihn und mit Ihm und in Ihm.' Als Achtes aber wird die Trennung der Seele vom Leibe vergegenwärtigt, durch die zwei darauffolgenden, außerhalb des Kelches gemachten Kreuze. Als Neuntes endlich wird die am dritten Tage erfolgte Auferstehung vergegenwärtigt durch die drei Kreuze, welche bei jenen Worten gemacht werden: ,Der Friede des Herrn sei immer mit euch.' Man kann aber auch kürzer sagen, daß die Weihe dieses Sakramentes und die Annahme des Opfers und seine Frucht aus der Kraft des Kreuzes Christi hervorgehen. Und darum macht der Priester, wo immer eines davon erwähnt wird, das Kreuzzeichen [142]. Zu 4. Der Priester macht nach der Weihe das Kreuzzeichen nicht um zu segnen oder zu weihen, sondern nur Q U A E S T I O 83, 5
secundam pro liberatione a morte, cum dixit: „Deus, Deus meus, ut quid dereliquisti me?" Tertia pertinet ad adeptionem gloriae, cum dixit: „Pater, in manus tuas commendo spiritum meum"; et ad hoc significandum fit trina crucesignatio super illa verba: ,Sanctificas, vivificas, benedicis' etc. Septimo repraesentantur tres horae quibus pependit in cruce, scilicet a sexta usque ad horam nonam; et ad hoc significandum fit iterum trina crucesignatio ad illa verba: ,Per ipsum, et cum ipso, et in ipso.' Octavo autem repraesentatur separatio animae a corpore per duas cruces subsequentes extra calicem factas. Nono autem repraesentatur resurrectio tertia die facta per tres cruces, quae fiunt ad illa verba: ,Pax Domini sit Semper vobiscum.' Potest autem brevius dici quod consecratio h u j u s 1 sacrificii, et fructus ipsius procedit ex virtute crucis Christi, et ideo ubicumque fit mentio de aliquo horum sacerdos crucesignatione utitur. AD QUARTUM dicendum quod sacerdos post consecrationem non utitur crucesignatione ad benedicendum et consecrandum, 1
P et L: huius sacramenti et acceptio sacrificii et fructus . . .
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5 uin an die Kraft des Kreuzes und die Art des Leidens Christi zu erinnern (Zu 3). Z u 5. Das, was der Priester in der Messe tut, sind keine lächerlichen Gebärden. Denn es geschieht, um etwas zu vergegenwärtigen. Wenn nämlich der Priester nach der Weihe die Arme ausbreitet, bezeichnet dies die Ausbreitung der Arme Christi am Kreuze. Er erhebt ferner die Hände beim Beten, um zu bezeichnen, daß sein Gebet für das Volk auf Gott hin gerichtet ist, nach Klgl 3, 4 1 : „Laßt uns unsere Herzen wie auch die Hände zu Gott im Himmel erheben." Und E x 17, 11 heißt es, daß „Israel siegte, solange Moses seine Hände erhob". Daß er aber zuweilen die Hände faltet, sich verbeugt und flehentlich und demütig betet, bezeichnet die Demut und den Gehorsam Christi, mit welchem Er gelitten hat. Nach der Weihe aber hält er die Finger (spitzen), nämlich den Daumen mit dem Zeigefinger, mit denen er den konsekrierten Leib Christi berührt hat, zusammengefaßt, damit, wenn irgend etwa ein Teilchen an den Fingern hängengeblieben wäre, es nicht verstreut werde. Dies gehört zur Ehrfurcht vor dem Sakrament. Z u 6. Fünfmal wendet sich der Priester zum Volk, um anzudeuten, daß der Herr an Auferstehungstage sich fünfQ U A E S T I 0 83, 5
sed solum ad commemorandum virtutem crucis, et moduiii passionis Christi, ut e x dictis patet. AD QUINTUM dicendum quod ea quae sacerdos in missa facit, non sunt ridiculosae gesticulationes ; fiunt enim ad aliquid repraesentandum. Quod enim sacerdos brachia extendit post consecrationem, significat extensionem brachiorum Christi in cruce. Levât etiam manus orando, ad designandum quod oratio ejus dirigitur pro populo ad Deum, secundum illud Thren. 3 : „Levemus corda nostra cum manibus ad Deum in caelum"; et Exod. 17 dicitur quod „cum levaret Moyses manus, vincebat Israel". Quod autem manus interdum jungit, et se inclinât, est suppliciter et humiliter orantis, e t 1 désignât humilitatem et oboedientiam Christi, e x qua passus est. Dígitos autem jungit post consecrationem, scilicet pollicem cum indice, quibus corpus Christi consecratum tetigerat, ut si qua partícula digitis adhaeserit, non dispergatur; quod pertinet ad reverentiam sacramenti. AD S E X T U M dicendum quod quinquies se sacerdos vertit ad populum, ad significandum quod Dominus die resurrectionis i L pro , e s t . . .
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et' praebet: suppliciter et humiliter orans.
mal offenbarte, w i e oben (55, 3 E. 3: Bd. 28) im Abschnitt 83, 5 über d i e Auferstehung gesagt wurde. Er grüßt aber siebenmal das Volk, und zwar fünfmal, wenn er sich dem V o l k e zuwendet, und zweimal, wenn er sich ihm nicht zuwendet, nämlich vor der Präfation, wenn er spricht: ,Der Herr sei mit euch' und wenn er spricht: ,Der F r i e d e des Herrn sei i m m e r mit euch', um d i e siebenfache Gnade des Heiligen Geistes anzudeuten. — Der Bischof aber spricht, wenn er an den Festen die hl. Messe feiert, bei der ersten Begrüßung: ,Der Friede sei mit euch', w i e nach der Auferstehung der Herr sprach [ L k 24, 36; Jo 20, 19. 21. 26], dessen Person der Bischof in hervorragender W e i s e vergegenwärtigt. Zu 7. D i e Brechung der Hostie bezeichnet dreierlei: erstens jene Teilung des L e i b e s Christi, d i e im Leiden geschah, zweitens die Einteilung des mystischen Leibes in die verschiedenen Stände, drittens — nach Dionysius — d i e Austeilung der Gnaden, die aus dem Leiden Christi hervorgehen. Daher bringt eine solche Brechung keine Teilung Christi mit sich [143], Z u 8. Papst Sergius sagt, und es steht in den Dekreten: „Dreifach ist der L e i b des Herrn. Der geopferte Teil w i r d in den Kelch getan und weist hin auf den L e i b Christi, der bereits auferstanden ist", nämlich Christus selbst und d i e selige Jungfrau oder wenn noch andere Heilige mit dem L e i b in der Herrlichkeit sind. „ D e r geQDAESTI0
83, 5
quinquies se manifestavit, ut supra dictum est in tractatu de resurrectione Christi. Salutat autem septies populum, scilicet quinque vicibus, quibus se convertit ad populum, et bis, quando se non convertit, scilicet cum ante praefationem dicit: ,Dominus vobiscum', et cum dicit: ,Pax Domini sit Semper vobiscum', ad designandum septiformem gratiam Spiritus sancti. — Episcopus autem celebrans in festis in prima salutatione dicit: ,Pax vobis', quod post resurrectionem discipulis dixit Dominus, cujus personam repraesentat praecipue episcopus. AD SEPTIMUM dicendum quod fractio hostiae tria significat, primo quidem ipsam divisionem corporis Christi, quae facta est in passione; secundo distinctionem corporis mystici secundum diversos status; tertio distributionem gratiarum procedentiuim ex passione Christi, ut Dionysius dicit 3. aap. Eccl. Hier.; MPG 3/444 und« talis fractio non inducit divisionem Christi. AD OCTAVUM dicendum quod, sicut Sergius papa dicit et habetur in Decretis, de Consecr., dist. 2 [can. Triforme est] : „Tri- Frdb. forme est corpus Domini: pars oblata in calicem missa corpus 1/1321 Christi, quod jam resurrexit, demonstrat", scilicet ipsum Christum, et B. Virginem, vel si qui alii sancti cum corporibus jam sunt in gloria; „pars comesta ambulantes adhuc super terram",
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b gessene Teil [weist hin] auf den noch auf Erden wandelnden Leib", weil nämlich die auf Erden Lebenden durch das Sakrament vereinigt und durch die Leiden zerrieben werden, wie das gegessene Brot mit den Zähnen zerkleinert wird. „Der Teil, der auf dem Altare bis zum Ende der Messe bleibt, ist der Leib Christi, der im Grabe ruht, weil bis zum Ende der Welt die Leiber der Heiligen in den Gräbern sein werden", deren Seelen aber entweder im Fegfeuer oder im Himmel sind. Dieser Ritus wird jetzt nicht mehr beobachtet, daß nämlich der eine Teil bis zum Ende der Messe aufbewahrt wird. Doch bleibt die Bezeichnung der Teile dieselbe. Diese haben einige in gebundener Rede also ausgedrückt: Sel'ge bezeichnet der untergetauchte Teil der geteilten Brotsgestalt und die leben der trock'ne, Begrab'ne verwahrter. Einige sagen jedoch, daß der in den Kelch versenkte Teil die bezeichnet, welche in dieser Welt leben, der außerhalb des Kelches aufbewahrte Teil die an Seele und Leib voll Beseligten, der gegessene Teil aber die übrigen [144]. Zu 9. Durch den Kelch kann zweierlei bezeichnet werden. Einmal das Leiden selbst [Mt 26, 39. 42; Mk 14, 36; Lk 22, 42; Jo 18, 11], das in diesem Sakramente vergegenwärtigt wird. Und dementsprechend werden durch den in den Kelch versenkten Teil jene bezeichnet, welche der Leiden Christi noch teilhaftig sind. Q U A E S T I 0
83, 5
quia scilicet viventes in terra sacramento u t u n t u r e t passionibus conteruntur, sicut et panis comestus conteritur dentibus; „pars in altari usque ad finem missae remanens est corpus jacens in sepulcro, quia usque in finem saeculi corpora sanctorum in sepulcris erunt"; quorum tarnen animae sunt v e l in purgatorio, vel in caelo. Hic tarnen ritus non servatur modo, ut scilicet una pars servetur usque in finem missae, propter p e r i c u l u m 2 ; manet tarnen eadem significatio partium, quam quidam metrice expresserunt dicentes: Hostia dividitur in partes, tincta beatos Piene, sicca notat vivos, servata sepultos. Quidam tarnen dicunt quod pars in calicem missa significat eos qui vivunt in hoc mundo; pars autem extra calicem servata significat plene beatos, scilicet quantum ad animam et corpus; pars autem comesta significat ceteros. A D N O N U M dicendum quod per calicem duo possunt significari: uno modo ipsa passio, quae repraesentatur in hoc sacramento, et secundum hoc per partem in calicem missam significantur illi qui adhuc sunt participes passionum Christi. 1
"
L : uniuntur; item m a r g o P. L om.: propter periculum.
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Zweitens kann [durch den Kelch] der selige Genuß be- 83, 5 zeichnet werden [Ps 23 (22), 5], der auch in diesem Sakramente vorgebildet wird. Und darum werden jene, deren Leiber bereits in voller Seligkeit sind, durch den in den Kelch versenkten Teil bezeichnet. Und es ist zu bemerken, daß der in den Kelch versenkte Teil dem Volke nicht als Ergänzung der Kommunion gegeben werden darf, weil Christus „das eingetauchte Brot" [Jo 13, 26] nur dem Verräter Judas reichte [145]. Z u 10. Der Wein ist infolge seiner Feuchtigkeit zum Spülen geeignet. Und darum wird er nach dem Empfang dieses Sakramentes genommen, um den Mund zu spülen, damit nicht einige Reste zurückbleiben. Dies gehört zur Ehrfurcht vor dem Sakrament. Daher sagt die Dekretale: „Der Priester muß mit Wein den Mund spülen, nachdem er das ganze Sakrament empfangen hat, außer wenn er am selben Tage eine andere Messe feiern muß, damit er nicht, wenn er den Wein zum Spülen etwa schluckt, die andere Feier verhindere." — Und aus dem gleichen Grunde spült er mit Wein die Finger, mit denen er den Leib Christi berührt hatte. Z u 11. Die Wahrheit muß in einiger Hinsicht dem Bild entsprechen; sofern nämlich der Teil der geweihten Hostie, von dem der Priester und die Diener oder auch das Volk kommunizieren, nicht auf den folgenden Tag aufbewahrt werden darf. Darum hat nach dem Dekretale Q U A E S T I O 83, 5
Alio modo potest signiflcari fruitio beata, quae etiam in hoc sacramento praefiguratur; et ideo illi quorum corpora jam sunt in plena beatitudine, significantur per partem in calicem missam. Et est notandum quod pars in calicem missa non debet populo dari in supplementum communionis, quia ,panem intinctum' non porrexit Christus nisi Judae proditori. AD DECIMUM dicendum quod vinum ratione suae humiditatis est ablutivum, et ideo sumitur post susceptionem hujus sacramenti ad abluendum os, ne aliquae reliquiae remaneant, quod pertinet ad reverentiam sacramenti. Unde Extra, De Celebr. Miss., cap. Ex parte, dicitur: „Semper sacerdos vino Frdb. os perfundere debet, postquam totum percepit Eucharistiae U 6 S B sacramentum, nisi cum eodem die aliam missam debuerit celebrare, ne si forte vinum perfusionis acciperet, celebrationem aliam impediret." — Et eadem ratione perfundit vino digitos, quibus corpus Christi tetigerat. AD UNDECIMUM dicendum quod veritas quantum ad aliquid debet respondere flgurae, quia scilicet non debet pars hostiae consecratae de qua sacerdos et ministri vel etiam populus communicat, in crastinum reservari. Unde, ut habetur
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83,5 Papst Klemens bestimmt: „So viele Opfergaben sollen auf dem Altare dargebracht werden, als für das Volk genügen dürften. Wenn welche übrigbleiben, sollen sie nicht auf den folgenden Tag aufbewahrt werden, sondern die Kleriker sollen sie mit Furcht und Zittern sorgfältig zu sich nehmen." Weil jedoch dieses Sakrament täglich empfangen werden soll, das Osterlamm aber nicht täglich gegessen wurde, muß man andere geweihte Hostien für die Kranken aufbewahren. Darum heißt es im selben Abschnitt: „Der Priester halte die Eucharistie immer in Bereitschaft, damit, wenn einer erkrankt, er ihm sofort die Kommunion reichen kann, damit er nicht ohne Kommunion sterbe" [146]. Z u 12. Bei der feierlichen Darbringung der Messe sollen mehrere Personen zugegen sein. Darum sagt Papst Soter, und es steht in dem Dekretale: „Auch dies ist bestimmt worden, daß sich kein Priester unterstehe, die Meßfeier zu begehen, außer er sei bei zwei Anwesenden, die ihm antworten, selbst der dritte; denn wenn er eine Mehrzahl anredet: ,Der Herr sei mit euch', und wiederum beim Stillgebet spricht: ,Betet für mich', so ist es ganz offenbar angebracht, daß diesem Gruß die richtige Antwort gegeben werde." Darum ist auch an derselben Stelle zu lesen, daß zur Hebung der Feierlichkeit beQ U A E S T I 0 83, 5 Frdb. 1/1321
De Consecr., dist. 2 [can. Tribus gradibus], Clemens I. papa [ep. 2] statuit quod „tanta holocausto in altari oflerantur, quanta populo sufficere debeant; quod si remanserint, in crastinum non reserventur, sed cum timore et tremore clericorum diligentia consumantur". Quia tarnen hoc sacramentum quotidie sumendum est, non autem agnus paschalis quotidie sumebatur, ideo oportet alias hostias consecratas pro infirmis conservare. Unde in eadem ibid. 1351 distinctione legitur [can. Presbyter] : „Presbyter Eucharistiam semper habeat paratam, ut quando quis infirmatus fuerit, statim eum communicet, ne sine communione moriatur." AD DUODECIMUM dicendum quod in solemni celebratione missae plures debent adesse. Unde Soter papa dicit, ut habetur ibid. 1311 De Consecr., dist. 1 [can. Hoc quoque]: „Hoc quoque statutum est, ut nullus presbyterorum missarum solemnia celebrare praesumat, nisi duobus praesentibus, sibique respondentibus, ipse tertius habeatur; quia cum pluraliter ab eo dicitur: d o m i nus vobiecum', et illud in secretis: ,Orate pro me', aptissime 1 convenit ut ipsius respondeatur salutationi." Unde et ad ibid. 1318 majorem solemnitatem ibidem statutum legitur [can. Episcopus 1
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P et L:
apertissime.
stimmt worden ist, der Bischof solle [nur] mit mehreren 83, 6 Personen die Feier der Messe begehen. Bei Privatmessen aber genügt es, nur einen Diener zu haben, der die Stelle des ganzen katholischen Volkes vertritt, in dessen Namen er dem Priester in der Mehrzahl antwortet [147]. 6. A R T I K E L Kann den Verstößen, die bei der Feier dieses Sakramentes vorkommen, durch Beobachtung der kirchlichen Bestimmungen genügend begegnet werden? 1. Es kommt zuweilen vor, daß der Priester vor der Weihe oder nachher stirbt oder ohnmächtig wird oder durch irgendeine andere Schwäche gehindert wird, das Sakrament zu empfangen und die Messe zu vollenden. Also scheint die Bestimmung der Kirche, daß der weihende Priester von seinem Opfer kommuniziere [80, 12], nicht erfüllt werden zu können. 2. Es kommt zuweilen vor, daß der Priester vor der Weihe oder nachher sich erinnert, daß er etwas gegessen oder getrunken hat oder gar eine Todsünde oder eine Ausschließung auf sich geladen hat, woran er sich vorher nicht erinnerte. Wer sich also in einer solchen Lage beQ U A E S T I 0 83, 6
Deo], quod episcopus cum pluribus missarum solemnia peragat. In missis tarnen privatis sufficit unum habere ministruin, qui gerit personam totius populi catholici, ex cujus persona sacerdoti pluraliter respondet. A R T I C U L U S VI Utrum possit sufficienter occurri defectibus qui circa c e 1 e b r a t i o n e m hu jus sacramenti occurrunt, statuta Ecclesiae observando [4 Sent., dist. 11, Expos, litt.; dist. 13, Expos, litt.]
AD SEXTUM sie proceditur. Videtur quod non possit sufficienter occurri defectibus qui circa celebrationem hujus sacrainenti occurrunt, statuta Ecclesiae observando. Contingit enim quandoque quod sacerdos ante consecrationem, vel post moritur, vel alienatur, vel aliqua alia infirmitate impeditur, ne sacramentum sumere possit, et missam perficere. Ergo videtur quod non possit impleri statutum Ecclesiae quo praecipitur quod sacerdos consecrans suo sacrificio communicet. 2. PRAETEREA, contingit quandoque quod sacerdos ante consecrationem vel post recolit se aliquid comedisse vel bibisse, vel etiam alicui peccato mortali subjacere, vel etiam excommunicationi, cujus prius memoriam non habebat. Necesse est ergo
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6 findet, begeht notwendig eine Todsünde, indem er gegen eine Bestimmung der Kirche handelt, ob er [das Sakrament] empfängt oder nicht. B. Es kommt zuweilen vor, daß nach der Weihe eine Fliege oder eine Spinne oder ein giftiges Tier in den Kelch fällt oder auch, daß der Priester erkennt, dem Kelche sei von einem Böswilligen Gift beigemischt worden, um ihn zu töten. In diesem Falle scheint er, wenn er [den Kelch] zu sich nimmt, eine Todsünde zu begehen, weil er sich selbst tötet oder Gott versucht. Ebenso sündigt er, wenn er ihn nicht zu sich nimmt, da er gegen eine Bestimmung der Kirche handelt. Also scheint er ratlos und einer Notwendigkeit zu sündigen unterworfen zu sein. Dies ist aber ungereimt. 4. Es kommt vor, daß durch Nachlässigkeit des Dieners entweder das Wasser oder auch der Wein nicht in den Kelch getan werden, und daß der Priester dies merkt. Also scheint er auch in diesem Falle ratlos zu sein, mag er den Leib ohne das Blut zu sich nehmen und so das Opfer unvollendet lassen, oder weder den Leib noch das Blut zu sich nehmen. 5. Es kommt vor, daß der Priester sich nicht mehr erinnert, ob er die Weiheworte oder auch andere, die bei der Weihe dieses Sakramentes gesprochen werden, ausgesprochen habe. Er scheint also in diesem Falle zu sündigen, mag er die Worte, die er vielleicht schon ausQ U A E S T I O 83, 6
quod ille qui est in tali articulo constitutus, peccet mortaliter contra statutum Ecclesiae faciens, sive sumat, sive non sumat. 3. PRAETEREA, contingit quandoque quod in calicem musca vel aranea, vel aliquod animal venenosum cadit post consecrationem, vel etiam cognoscit sacerdos calici venenum esse imissum ab aliquo malevolo causa occidendi ipsum; in quo casu si sumat, videtur mortaliter peccare se occidendo, vel Deum tentando: similiter si non sumat, peccat contra statutum Ecclesiae faciens. Ergo videtur esse perplexus et subjectus necessitati peccandi, quod est inconveniens. 4. PRAETEREA, contingit quandoque quod per negligentiain ministri aut aqua non ponitur in calice, aut etiam nec vinum, et hoc sacerdos advertit. Ergo in hoc etiam casu videtur esse perplexus, sive sumat corpus sine sanguine, quasi imperfectum faciens sacriflcium, sive non sumat nec corpus nec sanguinem. 5. PRAETEREA, contingit quandoque quod sacerdos non recolit se dixisse verba consecrationis, vel etiam alia quae in celebratione 1 hu jus sacramenti dicuntur. Videtur ergo peccare in hoc casu, sive reiteret verba super eamdem materiam, quae 1
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L: consecratione.
gesprochen hat, über den gleichen Stoff wiederholen oder 83, a mag er Wein und Brot, ungeweiht, wie geweiht behandeln. 6. Es kommt zuweilen infolge der Kälte vor, daß dem Priester die Hostie in den Kelch gleitet, sei es vor, sei es nach ihrer Brechung. In diesem Falle also kann der Priester die Vorschrift der Kirche nicht beobachten, entweder hinsichtlich der Brechung selbst oder auch dann, wenn der dritte Teil in den Kelch getan werden soll. 7. Es kommt zuweilen vor, daß durch die Nachlässigkeit des Priesters das Blut Christi verschüttet wird, oder auch daß der Priester das Sakrament nach dem Empfange erbricht, oder auch daß geweihte Hostien so lange aufbewahrt werden, daß sie vermodern, oder auch daß sie von Mäusen zernagt werden oder sonstwie verlorengehen. In diesen Fällen scheint diesem Sakrament nicht die ihm gebührende Ehrfurcht nach den Bestimmungen der Kirche erwiesen werden zu können. Es scheint also nicht, daß diesen Verstößen oder Gefahren trotz Wahrung der Bestimmungen der Kirche begegnet werden kann. ANDERSEITS schreibt wie Gott, so die Kirche nicht etwas Unmögliches vor. ANTWORT: Den Gefahren oder Verstößen, die bei diesem Sakramente vorkommen, kann man auf zweifache Weise begegnen. Einmal durch Vorbeugen, so daß also die Gefahr nicht eintritt. Dann durch Nachhelfen, so daß, Q U A E S T I 0 83, 6
forte jam dixerat, sive utatur pane et vino non consecratis, quasi consecratis. 6. PRAETEREA, contingit quandoque propter frigus, quod sacerdoti dilabitur hostia in calicem, sive ante fractionem, sive post. In hoc ergo casu non poterit sacerdos ritum Ecclesiae implere vel de ipsa fractione, vel etiam de hoc quod sola tertia pars mittatur in calicem. 7. PRAETEREA, contingit quandoque quod per negligentiam sacerdotis sanguis Christi effunditur, vel etiam quod sacerdos sacramentum sumptum vomit, aut etiam quod hostiae consecratae tamdiu conservantur ut putrefiant, vel etiam a muribus corrodantur, vel etiam qualitercumque perdantur; in quibus casibus non videtur posse huic sacramento debita reverentia exhiberi secundum Ecclesiae statuta. Non videtur ergo quod his defectibus seu periculis occurri possit, salvis Ecclesiae statutis. SED CONTRA est quod sicut Deus, ita Ecclesia non praecipit aliquid impossibile. RESPONDEO dicendum quod periculis seu defectibus circa hoc sacramentum contingentibus dupliciter potest occurri: uno modo praeveniendo, ne scilicet periculum accidat; alio modo
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83,6 was geschehen ist, wieder gutgemacht wird, entweder durch Anwendung eines Heilmittels oder wenigstens durch die Buße dessen, der nachlässig an diesem Sakramente gehandelt hat. Z u 1. Wenn der Priester noch vor der Konsekration des Leibes und Blutes des Herrn vom Tode oder schwerer Krankheit überrascht wird, braucht er durch keinen anderen ersetzt zu werden. Geschieht dies aber nach Beginn der Konsekration, etwa nachdem der Leib konsekriert ist, vor der Konsekration des Blutes oder auch nach der Konsekration beider, dann muß die Feier der Messe durch einen anderen zu Ende geführt werden. Deshalb heißt es in den Dekreten und auf dem [VII.] Konzil von Toledo: „Wir hielten es für angemessen, daß, wenn von Priestern zur Zeit der Messe die heiligen Mysterien konsekriert werden und irgendein Krankheitsfall eintritt, weshalb das begonnene Mysterium nicht vollendet werden kann, es dem Bischof oder einem anderen Priester freistehen soll, die Konsekration des begonnenen Dienstes zu vollenden. Denn nichts anderes reicht hin zur Vollendung der begonnenen Mysterien, als daß sie durch den Segen entweder des beginnenden oder des fortfahrenden Priesters vollendet werden. Denn sie können nicht als vollendet gelten, wenn sie nicht durch Befolgung der [vorgeschriebenen] Ordnimg zu Ende geführt werden. Weil wir nämlich alle in Christus eins sind, so bildet die VerQ U A E S T I 0 8S, 6
subsequendo, ut scilicet id quod accidit emendetur, vel adhibendo remedium, vel saltem per poenitentiam ejus qui negligenter egit circa hoc sacramentum. AD PRIMUM ergo dicendum quod, si sacerdos morte aut inflrmitate gravi occupetur ante consecrationem corporis et sanguinis Domini, non oportet ut per alium suppleatur. Si vero, incoepta consecratione, hoc acciderit, puta consecrato corpore ante consecrationem sanguinis, vel etiam consecrato utroque, debet missae celebritas per alium expleri. Unde, ut Frdb. I habetur in Decretis, 7, q. 1, cap. Nihil, in Toletano concilio, 573, 574 legitur: „Censuimus convenire ut cum a sacerdotibus missarum tempore mysteria sacra consecrantur, si aegritudinis accidat cujuslibet eventus, quo coeptum nequeant explere mysterium, sit liberum episcopo vel presbytero alteri consecrationem exequi incoepti officii. Non enim aliud competit ad supplementum initiatis mysteriis, quam aut incipientis aut subsequentis benedictio 1 completa sacerdotis; quia nec perfecta videri possunt, nisi perfecto ordine compleantur. Cum enim simus omnes unum in Christo, nihil contrarium diversitas personarum for1
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P et L: benedictione sint.
schiedenheit der P e r s o n e n k e i n e n [ s t ö r e n d e n ] Gegensatz, 83,6 wo die Einheit d e s Glaubens das gedeihliche W i r k e n zum Ausdruck bringt. Doch schlage, w a s d e r Natur in Anbetracht i h r e r Schwäche e i n g e r ä u m t wird, nicht in verderbliche A n m a ß u n g u m . Ohne einen offenkundigen Zwischenfall von Beschwernis e r l a u b e sich kein D i e n e r o d e r Priester, w e n n e r begonnen hat, den heiligen Dienst unvolle n d e t im Stiche zu lassen. W e n n einer aus A n m a ß u n g sich solches zu tun erlaubt, w i r d er das Urteil d e r Ausschließung zu t r a g e n h a b e n . " Zu 2. Wo eine Schwierigkeit auftaucht, ist i m m e r das zu wählen, was weniger G e f a h r mit sich bringt. Am meisten gefährlich ist bei diesem S a k r a m e n t , w a s gegen den Vollzug d e s S a k r a m e n t e s selbst ist; d e n n dies ist ein u n e r h ö r t e r Gottesraub. W e n i g e r [gefährlich] a b e r ist, was mit d e r Beschaffenheit d e s E m p f a n g e n d e n zusammenhängt. W e n n d a r u m d e r Priester nach Beginn d e r W e i h e sich erinnert, d a ß er etwas gegessen oder g e t r u n k e n hat, m u ß er nichtsdestoweniger das Opfer vollziehen u n d das S a k r a m e n t e m p f a n g e n . — Ebenso, w e n n er sich erinnert, e i n e S ü n d e begangen zu h a b e n , soll er Reue erwecken mit d e m Vorsatz, zu beichten u n d genugzutun, und so nicht unwürdig, s o n d e r n mit F r u c h t d a s S a k r a m e n t e m p f a n gen. — Dasselbe gilt, w e n n e r sich erinnert, irgendeiner Ausschließung verfallen zu sein. E r soll nämlich den Vorsatz fassen, d e m ü t i g d i e Lossprechung zu erbitten, und so wird er durch den unsichtbaren Hohenpriester J e s u s Q U A E S T I 0 83, 6 mat, ubi efficaciam prosperitatis unitas fidei repraesentat. Ne tarnen quod naturae languoris causa consulitur, in praesumptionis perniciem convertatur, nullus absque proventu patentis molestiae minister vel sacerdos, cum coeperit, imperfecta officia praesumat omnino relinquere. Si quis hoc temerarie praesumpserit, excommunicationis sententiam sustinebit." AD SECUNDUM dicendum quod, ubi difflcultas occurrit, Semper est accipiendum illud quod habet minus de periculo. Maxime autem periculosum circa hoc sacramentum est, quod est contra perfectionem hujus sacramenti, quia hoc est immane sacrilegium; minus autem est illud quod pertinet ad qualitatem sumentis. Et ideo si sacerdos post consecrationem incoeptam recordetur se aliquid comedisse vel bibisse, nihilominus debet perficere sacrificium, et sumere sacramentum. — Similiter si recordetur se peccatum aliquod commisisse, debet poenitere cum proposito confitendi et satisfaciendi; et sie non indigne, sed fruetuose sumet sacramentum. — Et eadem ratio est si meminerit se excommunicationi cuicumque subjacere; debet enim assumere propositum humiliter absolutionem petendi; et sie per invisibilem Pontificem Jesum Chri-
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86, 6 Christus die Lossprechung für dieses Mal erlangen, damit er die heiligen Mysterien zu Ende führe. Wenn er sich aber vor der Weihe an eines der genannten Dinge erinnert, hielte ich es für sicherer, besonders in dem Falle, daß er gegessen hat oder ausgeschlossen ist, die begonnene Messe abzubrechen, es müßte denn schweres Ärgernis zu befürchten sein. Z u 3. Wenn vor der Weihe eine Fliege oder Spinne in den Kelch gefallen ist, oder auch, wenn er merkt, es sei Gift darin, so muß der Kelch geleert und gereinigt und von neuem anderer Wein zum Weihen eingegossen werden. — Wenn aber etwas derartiges nach der Weihe vorkommt, dann muß das Tier vorsichtig gefaßt, sorgfältig gewaschen und verbrannt, und das Wasser mit der Asche in das Sakrarium geschüttet werden. Wenn er aber merkt, daß Gift beigemischt ist, darf er ihn auf keinen Fall zu sich nehmen noch auch einem anderen zu trinken geben, damit nicht der Kelch des Lebens zum Tode gereiche, sondern er soll sorgfältig in einem dafür geeigneten Gefäß bei den Reliquien aufbewahrt werden. Und damit das Sakrament nicht unvollendet bleibe, soll er andern Wein in den Kelch tun und wieder mit der Konsekration des Blutes beginnen und das Opfer vollenden. Zu 4. Wenn der Priester vor der Konsekration des Blutes und nach der des Leibes merkt, daß entweder kein Q U A E S T I 0 83, 6
stum absolutionem consequetur quantum ad hunc actum, quod peragat divina mysteria. Si vero ante consecrationem alicujus praedictorum sit memor, tutius reputarem, maxime in casu manducationis et excommunicationis, quod missam incoeptam desereret, nisi grave scandalum timeretur. AD TERTIUM dicendum quod, si musca vel aranea in calicem ante consecrationem ceciderit, aut etiam venenum deprehenderit esse immissum, debet effundi, et abluto calice, denuo aliud vinum poni consecrandum. — Si vero aliquid horum post consecrationem acciderit, debet animal caute capi et diligenter lavari, et comburi, et ablutio cum cineribus in sacrarium mitti. Si vero venenum ibi esse deprehenderit immissum, nullo modo debet sumere, nec alii dare, ne calix vitae vertatur in mortem, sed debet diligenter in aliquo vasculo ad hoc apto cum reliquiis conservari; et ne sacramentum remaneat imperfectum, debet aliud vinum apponere in calicem, et denuo resumere a consecratione sanguinis et sacrificium perficere. AD QUARTUM dicendum quod, si sacerdos ante consecrationem sanguinis, et post consecrationem corporis percipiat aut
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Wein oder kein Wasser im Kelche sei, muß er sie sofort 83, s eingießen und dann konsekrieren. — Wenn er aber nach den Weiheworten merkt, daß das Wasser fehle, soll er trotzdem weiterfahren, weil die Beimischung des Wassers nicht notwendig zum Sakrament gehört (74, 7). Doch soll der bestraft werden, durch dessen Nachlässigkeit das geschieht. Auf keinen Fall aber darf das Wasser dem schon geweihten Weine beigemischt werden, weil die Folge davon wäre, daß das Sakrament zu einem Teil verdürbe (77, 8). Wenn er aber nach den Weiheworten merkt, daß kein Wein in den Kelch getan wurde, so muß er, wenn er dies vor dem Empfang des Leibes merkt, das Wasser, wenn solches drinnen war, beseitigen und Wein mit Wasser eingießen und mit den Weiheworten über das Blut wieder beginnen. — Wenn er dies aber nach dem Empfang des Leibes merkt, muß er eine andere Hostie auflegen, um sie wiederum mit dem Blute zu konsekrieren. Dies sage ich deshalb, weil, wenn er nur über das Blut die Konsekrationsworte spräche, er nicht die für die Weihe vorgeschriebene Ordnung einhielte, und weil gemäß dem [Zu 1 ] erwähnten Kapitel des Konzils zu Toledo „das Opfer nicht als vollendet gelten kann, wenn es nicht durch Befolgung der [vorgeschriebenen] Ordnung zu Ende geführt wird". Wenn er aber mit der Konsekration des Blutes begänne und alle folgenden Worte wiederholte, so träfen sie nicht zu, außer es wäre eine geweihte Q U A E S T I 0 83, 6
vinum aut aquam non esse in calice, debet statim apponere et consecrare. — Si vero post consecrationis verba perceperit quod aqua desit, debet nihilominus procedere, quia appositio aquae, ut supra dictum est, non est de necessitate sacramenti: debet tarnen puniri ille ex cujus negligentia hoc contingit. Nullo autem modo debet aqua vino jam consecrato misceri, quia sequeretur corruptio sacramenti pro aliqua parte, ut supra dictum est. Si vero percipiat post verba consecrationis quod vinum non fuerit positum in calice, si quidem hoc percipiat ante sumptionem corporis, debet, deposita aqua, si ibi fuerit, imponere vinum cum aqua, et resumere a verbis consecrationis sanguinis. — Si vero hoc perceperit post sumptionem corporis, aliam hostiam apponere debet iterum consecrandam simul cum sanguine; quod ideo dico, quia si diceret sola verba consecrationis sanguinis, non servaretur debitus ordo consecrandi; et, sdcut dicitur in praedicto capitulo Toletani concilii, „perfecta videri non possunt sacriflcia, nisi perfecto ordine compleantur". Si vero inciperet a consecratione sanguinis, et repeteret omnia verba consequentia, non competeret, nisi adesset
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83,6 Hostie da, weil unter diesen Worten manches zu sagen und zu tun ist, nicht nur über das Blut, sondern auch über den Leib. Und er soll am Ende wiederum die [neu] geweihte Hostie empfangen und das Blut, auch wenn er zuvor das Wasser, das im Kelche war, zu sich genommen hätte; denn das Gebot von der Vollendung des Sakramentes hat größeres Gewicht als jenes, daß dieses Sakrament nüchtern empfangen werden soll (Zu 2). Z u 5. Wenngleich der Priester sich nicht erinnert, etwas gesagt zu haben von dem, was er sagen sollte, so braucht er deshalb doch nicht innerlich verwirrt zu werden. Denn wer vieles sagt, erinnert sich nicht alles dessen, was er gesagt hat, außer er erfasse etwa beim Aussprechen etwas als schon gesagt; so nämlich wird etwas „erinnerlich". Wenn daher jemand aufmerksam an das denkt, was er sagt, nicht aber denkt, daß er es sagt, so hat er hernach nicht viel Erinnerung, daß er es gesagt hat. Dadurch wird nämlich etwas zum Gegenstand für das Gedächtnis, daß es unter dem Gesichtspunkt des Vergangenen erfaßt wird (Aristoteles). Wenn es aber dem Priester mit Wahrscheinlichkeit feststeht, daß er etwas ausgelassen hat, falls dies nicht notwendig zum Sakrament gehört, so halte ich nicht dafür, daß er deshalb wieder anfangen und so die Ordnung des Opfers umändern soll, sondern er soll weiterfahren. Q U A E S T I 0 83, 6 hostia consecrata, cum in v e r b i s illis occurrant q u a e d a m dicenda, et flenda non solum circa s a n g u i n e m , sed etiam circa c o r p u s ; et debet in fine iterum s u m e r e hostiam consecratam et sang u i n e m , non obstante etiam si p r i u s s u m p s e r i t a q u a m q u a e erat in calice, q u i a p r a e c e p t u m d e p e r f e c t i o n e sacramenti m a j o r i s est p o n d e r i s q u a m p r a e c e p t u m quod hoc s a c r a m e n t u m a j e i u n i s sumatur, ut s u p r a dictum est. A D Q U I N T U M dicendum quod, licet sacerdos non recolat se dixisse a l i q u a eorum q u a e dicere debuit, non tarnen debet e x hoc m e n t e p e r t u r b a r i ; non enim qui multa dicit recolit omnia q u a e d i x i t ; nisi forte aliquid in dicendo a p p r e h e n d e r i t s u b ratione j a m d i c t a ; 1 sie enim aliquid efficitur m e m o r a b i l e . U n d e si aliquis attente cogitet illud quod dicit, non tarnen cogitet se dicere illud, non multum postea recolit se d i x i s s e ; sie enim fit aliquid objectum m e m o r i a e , i n q u a n t u m aeeipitur 449 b 15 sqq. sub ratione praeteriti, sicut dicitur in libro d e M e m . et R e m i n . [cap. 1 ] . S i tarnen sacerdoti probabiliter constet se aliqua omisisse, si q u i d e m non sunt d e necessitate sacramenti non existimo quod p r o p t e r hoc debeat r e s u m e r e , i m m u t a n d o ordinem sacrificii, sed debet ulterius p r o c e d e r e . — S i v e r o certificetur se omisisse l P et L: dicti.
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— Wenn er aber sicher ist, etwas von dem, was notwen- 83,6 dig zum Sakrament gehört, ausgelassen zu haben, etwa die Form der Weihe, so scheint, weil die Form notwendig zum Sakrament gehört wie auch der Stoff, dasselbe zu tun zu sein, was angegeben wurde bei einem Verstoß gegen [Vorschriften über] den Stoff (Zu 4), daß nämlich bei der Weiheform wieder begonnen und das übrige der Reihe nach wiederholt wird, damit die Ordnung des Opfers nicht geändert werde. Z u 6. Daß die geweihte Hostie gebrochen und nur ein Teil in den Kelch versenkt wird, bezieht sich auf den mystischen Leib, wie auch die Beimischung des Wassers das Volk bezeichnet [74, 6]. Und darum bewirkt die Unterlassung dieser beiden [Vorschriften] keine [solche] Unvollständigkeit des Opfers, daß deshalb bei der Feier dieses Sakramentes etwas wiederholt werden müßte. Z u 7. In einem Dekrete des Papstes Pius [I.] heißt es: „Wenn durch Nachlässigkeit etwas von dem Blute auf eine Steinplatte tropft, die fest im Boden ist, lecke man es mit der Zunge auf und schabe die Steinplatte ab. Wenn es aber keine Steinplatte war, werde die Erde weggeschabt, im Feuer verbrannt und die Asche im Inneren des Altares geborgen, und der Priester tue vierzig Tage lang Buße. — Wenn aber der Kelch auf den Altar tropfte, schlürfe der Diener den Tropfen auf. Und Q U A E S T I O 83, 6
aliquid eorum quae sunt de necessitate sacramenti, scilicet formam consecrationis, cum forma consecrationis 1 sit de necessitate sacramenti, sicut et materia, idem videtur faciendum, quod dictum est in defectu materiae, ut scilicet resumatur p forma consecrationis, et caetera per ordinem reiterentur, ne mutetur ordo sacrificii. AD SEXTUM dicendum quod fractio hostiae consecratae, et quod una sola pars mittatur in calicem, respicit corpus mysticum, sicut admixtio aquae significat populum, et ideo horum praetermissio non facit imperfectionem sacrificii, ut propter hoc sit necesse aliquid reiterare circa celebrationem hujus sacramenti. AD SEPTIMUM iddcendum quod, sicut legitur de Consecr., dist. 2 [©an. Si per negligentiam] ex Decreto Pii papae, „si per negligentiam aliquid de sanguine stillaverit in tabulam quae terrae adhaeret, lingua lambetur, et tabula radetur. Si vero non fuerit tabula, terra radetur, et igni consumetur, et cinis intra altare condetur, et sacerdos quadraginta diebus poeniteat. — Si autem super altare stillaverit calix, sorbeat l P et I om.
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Frdb.l/1323
83,6 er tue drei Tage lang Buße. — Wenn er aber auf das Tuch des Altares tropfte und der Tropfen kam bis zum zweiten, so tu© er vier Tage lang Buße. Wenn der Tropfen bis zum dritten Altartuch kam, tue er neun Tage lang Buße. Wenn bis zum vierten, so tue er zwanzig Tage lang Buße. Und die Tücher, in welche der Tropfen eindrang, wasche der Diener dreimal über dem untergehaltenen Kelch und das Waschwasser werde aufgefangen und neben dem Altar aufgehoben." Es könnte auch von den Dienern getrunken werden, wenn es nicht wegen des Ekels zu unterlassen sein sollte. Einige schneiden außerdem jenen Teil der Altartücher heraus und verbrennen ihn und hinterlegen die Asche im Altar oder im Sakrarium. Ebendort wird aber aus einem Bußbuch Bedas beigefügt: „Wenn jemand infolge von Trunkenheit oder Völlerei die Eucharistie erbrechen mußte, so tue er vierzig Tage lang Buße; Kleriker und Mönche oder Diakone und Priester sechzig Tage lang, ein Bischof neunzig. Wenn er sie aber infolge von Krankheit erbrochen hat, tue er sieben Tage lang Buße." Und im selben Abschnitte ist aus dem Konzil von Orleans zu lesen: „Wer das Opfer nicht gut aufbewahrt hat, so daß eine Maus oder ein anderes Tier es in der Kirche Q U A E S T I 0 83, 6
minister stillam, et tribus diebus poeniteat. — Si super linteuni altaris, et ad aliud stilla pervenerit, quatuor diebus poeniteat; si usque ad tertium, novem diebus poeniteat; 6i usque ad quartum, viginti diebus poeniteat; et linteamina quae stilla tetigerit, tribus vicibus lavet minister, calice subtus posito; et aqua ablutionis sumatur, et juxta altare recondatur". Posset etiam sumi in potum a ministro, nisi propter abominationem dimitteretur. Quidam autem ulterius partem illam linteaminum incidunt et comburunt, et cinerem in altari vel sacrario reponunt. Frdb. 1/1323 Subditur autem ibidem [can. Si quis per ebrietatem], ex MPL Poenitentiali Bedae Presbyteri [De Remediis Peccat., cap. de 94/573 Ebrietate]: „Si quis per ebrietatem vel voracitatem Eucharistiam evomuerit, quadraginta diebus poeniteat, si laicus e s t 1 ; clerici vel monachi, seu diaconi et presbyteri septuaginta diebus poeniteant; episcopus nonaginta. Si autem infirmitatis causa evomuerit, Septem diebus poeniteat." Frdb. Et in eadem distinctione [can. Qui bene] legitur ex concilio 1/1352 Arelatensi 2 : „Qui non bene custodierit sacramentum 3, et mus, vel aliquod aliud animal illud 4 comederit, quadraginta diebus 1
L ora.: si laicus est. 2 L: Aurelianensi. 3 I.: sacrificium. 4 L: in ecclesia.
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verzehrt hat, tue vierzig Tage lang Buße. — Wer es aber 83, c in der Kirche hat verderben lassen oder einen Teil davon verloren hat, der nicht gefunden wurde, tue dreißig Tage lang Buße." — Und dieselbe Buße scheint der Priester zu verdienen, durch dessen Nachlässigkeit geweihte Hostien vermodern. An den genannten Tagen aber muß der Büßende fasten und sich der Kommunion enthalten. Unter Erwägung der Verhältnisse seines Amtes und seiner Person kann jedoch die genannte Buße verringert oder erhöht werden. Darauf aber muß geachtet werden, daß man, wo immer unversehrte Gestalten gefunden werden, dieselben ehrfürchtig aufbewahrt oder auch esse, weil, solange die Gestalten bleiben, auch der Leib Christi darin bleibt (76, 6 Zu 3; 77, 4. 5). Das aber, worin sie aufgefunden werden, ist zu verbrennen, wenn es füglich geschehen kann, und die Asche in das Sakrarium zu schütten, wie es von dem abgeschabten Stein gesagt worden ist. Q D A E S T I 0 83, 6
poeniteat. — Qui autem perdiderit illud in Ecclesia, aut pars ejus ceciderit, et non inventa fuerit, triginta diebus poeniteat." — Et eadem poenitentia videtur dignus sacerdos per cujus negligentiam hostiae consecratae putreflunt. Praedictis autem diebus debet poenitens jejunare, et a communione cessare. Pensatis tarnen conditionibus negotii et personae, potest minui vel addi ad poenitentiam praedictam. Hoc tarnen observandum est, quod, ubicumque species integrae inveniuntur, sunt reverenter conservandae vel etiam sumendae; quia manentibus speciebus manet ibi corpus Christi, ut supra dictum est. Ea vero in quibus inveniuntur, si commode fieri potest, sunt comburenda, cinere in sacrario recondito, sicut de rasura tabulae dictum est.
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ANMERKUNGEN
[1] Zu S. 6. Thomas erwähnt hier nur die Sakramente, die einen sinnfälligen Stoff haben, mit Rücksicht auf die Buße und die Ehe. Denn das Bußsakrament besteht weder in der Weihe eines Stoffes, wie die Eucharistie, noch in der Anwendung eines Stoffes auf den Empfänger, wie die Taufe, sondern vielmehr in der Wegräumung eines ,Stoffes', nämlich der Sünde, durch die priesterliche Lossprechung (III 84, 3 Antw. und Zu 3). Bei der Ehe tritt an die Stelle des sinnfälligen Stoffes der eheliche Konsens (Ergz. 42, 1 Zu 2). [2] Zu S. 7. Die Unterscheidung ,Nur-Sakrament' (sacramentum tantum oder sacramentum et non res), ,Sache und Sakrament' (res et sacramentum), ,Nur-Sache' (res tantum) ist aus dem durch Berengar von Tours entfachten mittelalterlichen Abendmahlstreit entstanden. Ihre erste Wurzel allerdings hat sie in Augustinus. Dieser hatte unter dem Einfluß seiner platonischen Anschauungen über das Verhältnis zwischen der sichtbaren Körperwelt und der unsichtbaren eigentlichen Wirklichkeit der geistigen Welt scharf zwischen Sakrament als äußerem sichtbarem Zeichen und der dadurch bezeichneten geistigen Wirklichkeit (res) unterschieden. Die res der Eucharistie ist die geistige Einheit der Kirche als des Leibes Christi, deren der Einzelne durch den Glauben und die Liebe teilhaftig wird. Doch muß zwischen dem Zeichen und der bezeichneten Sache eine Ähnlichkeit bestehen, die, wenigstens bei den Sakramenten des Neuen Bundes, keine naturgegebene ist, sondern eine mystische, die durch die Weihe des Elementes zustande kommt. So werden bei der Eucharistie Brot und Wein in einem objektiven Sinn zu Fleisch und Blut Christi. Dabei verändern sie aber nicht ihre physische Natur. Fleisch und Blut Christi in der Eucharistie werden vielmehr in einem dynamischen Sinne verstanden als eine objektiv-dingliche Heilskraft, deren ursächliche Beziehung zur geistigen Sache im Empfänger jedoch ebensowenig weiter aufgehellt wird wie ihr Verhältnis zum historischen Christus. Die Vieldeutigkeit Augustins in diesen Punkten veranlaßte den mittelalterlichen Abendmahlstreit. Dabei ging es in erster Linie um die genaue Feststellung des objektiven Inhaltes des Sakramentes, während es Augustin, entsprechend seiner anthropologischen Einstellung, um die Wirkung im Empfänger gegangen war. Paschasius Radbertus hatte in seinem Liber de corpore et sanguine Domini (veröffentlicht im Jahre 844: PL 120, 1267—1350) das sakramental unter den sichtbaren Gestalten (sub specie visibili) durch die Konsekration wahrhaftig (in veritate) vorhandene Fleisch und Blut Christi mit dem histo25
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rischen Herrnleib und Herrnblut identifiziert. Gegen ihn und seine Anhänger und Nachfolger wendet sich Berengar (f 1088), indem er von Augustins Begriffsbestimmung des Sakraments als sacrum Signum ausgeht. Das Zeichen kann niemals mit dem Bezeichneten identisch sein. Wenn das Sakrament also sichtbares Zeichen ist, dann ist das Sakrament des Herrnleibes etwas anderes als der historische Leib Christi. Das Sakrament ist Leib Christi nur durch das geistige Verstehen des die Eucharistie empfangenden Menschen. Die virtus sacramenti versteht Berengar nur von der dem Sakrament durch die Weihe mitgeteilten Symbolhaftigkeit. Auf einem Konzil in Rom mußte Berengar seine Lehre abschwören (1059) und eine vom Kardinal Humbert von Silva Candida verfaßte Formel unterschreiben, daß „Brot und Wein, welche auf den Altar gelegt werden, nach der Konsekration nicht bloß das Sakrament, sondern auch der wahre Leib und das wahre Blut unseres Herrn Jesus Christus seien und auf sinnliche Weise nicht bloß im Sakramente, sondern in Wirklichkeit durch die Hände der Priester berührt, gebrochen und von den Zähnen der Gläubigen zermalmt werden". Diese hartrealistische Formel mußte Berengars Widerstand auf die Dauer nur verstärken, indem sie ihm seine Argumentierung erleichterte. Hier war das Wesen des Mysteriums zerstört, das aus dem sacramentum als etwas den Sinnen Zugänglichem und der res sacramenti als etwas den Sinnen Unzugänglichem, Verborgenem besteht, das durch das Sakrament dem Geist zum Bewußtsein gebracht wird. Die Humbertsche Formel schien diesen Unterschied zwischen sacramentum und res aufzuheben. Es war f ü r den Hauptgegner Berengars, Lanfranc (1010—1080), gewiß nicht leicht, hier die richtige Mitte zu finden. Er bezeichnet die unter den sichtbaren Gestalten von Brot und Wein unsichtbar gegenwärtigen Wirklichkeiten des Leibes und Blutes Christi als res des Sakramentes. Diese res ist zwar dem Wesen nach mit den sichtbaren Elementen identisch, den Eigenschaften nach aber verschieden. Sakramentaler Inhalt und sinnliche Erscheinungsweise sind also nicht dasselbe. So besteht zwischen sacramentum und res Einheit und Verschiedenheit zugleich. Das Ganze des Sakramentes ist wiederum Symbol Christi in seiner historischen Realität. Damit ist der Grund gelegt zur Betrachtung des Sakramentsinhaltes als ,res et sacramentum'. Jedoch war sowohl das Verhältnis des Sakramentsinhaltes zu den äußeren Gestalten noch nicht ganz klar, wie auch die Beziehung zum mystischen Leibe Christi, der Kirche. In beiden Richtungen geht Guitmund von Aversa ( t um 1095) einen Schritt weiter, indem er die Eucharistie durch Substanzverwandlung zustande kommen läßt und so den Sakramentsinhalt als Substanz von den Gestalten als Akzidentien unterscheidet. Aber wenn auch die res des Sakramentes die Substanz des Herrnleibes ist, so ist sie doch auch wieder Symbol, wie auch Christus selbst Symbol ist, und zwar unserer Erlösung wie auch des mystischen Leibes, der Kirche. Doch die Humbertsche Formel ließ auch Guitmund noch nicht zu einer klaren Trennung zwischen dem sakramentalen Leibe Christi und den sichtbaren Gestalten kommen. Das gilt auch
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von Anselm von Laon (f 1117), der in seinen Sententiae (hrsg. v. Fritz Bliemetzrieder, in: Beitr. z. Gesch. d. Philos. d. M.-A., Bd. XVIII, Heft 2—3, S. 117—118) zuerst die Dreiteilung klar ausspricht. Das ,sacramentum' ist dreifach: Brot, Wein und Wasser. Das Brot ist Sakrament des Herrnleibes und der Karitas der Gläubigen. Der Wein ist Sakrament des Herrnblutes, in dem auch die Seele Christi verstanden wird, und der Hoffnung der Gläubigen. Das Wasser ist Sakrament des Wassers, das aus der Seite Christi floß, und des Glaubens der Kirche. Liebe, Hoffnung, Glaube bilden die innere Gleichförmigkeit mit Christus. — Die ,res sacramenti' ist sowohl diese dreifache innere Gleichförmigkeit mit Christus als auch Christus selbst nach Leib, Blut (Seele) und Göttlichem Wort. Christus aber ist sowohl sacramentum als auch res sacramenti. Er ist res des sichtbaren Sakramentes (des Brotes usw.), sofern er unsichtbar ist, und zugleich ist er sacramentum des Göttlichen Wortes, des Brotes, von dem die Engel leben, sofern er sichtbar ist. Das Sakrament ist sichtbar und unsichtbar. Sichtbar bezüglich der sichtbaren sakramentalen Gestalten, unsichtbar bezüglich des unsichtbaren Fleisches und Blutes Christi, Ebenso ist die res ^sacramenti sichtbar, soweit sie die (in sich] sichtbare Fleischesnatur ist, unsichtbar, soweit sie das ,Brot der Engel' ist. Wir haben die Formulierung Anselms nur deshalb so ausführlich mitgeteilt, weil in ihr die Schwierigkeiten deutlich sichtbar werden, mit denen unsere Dreiteilung zu kämpfen hat. J e konsequenter in der Folgezeit die Unterscheidung der eucharistischen Akzidentien von der unter ihnen gegenwärtigen Substanz des Leibes und Blutes Christi durchgeführt wurde, desto schwieriger wurde es darzutun, wie der unsichtbare eucharistische Leib Christi sichtbares Zeichen der kirchlichen Einheit sein soll. Auch Hugo von St. Viktor, der für unsere Unterscheidung die endgültige Terminologie schafft (Summa Sententiarum, tr. 6, c. 3: PL 176, 140; und De Sacram., II, p. 8, c. 7: PL 176, 466/467), müht sich sichtlich um eine Lösung, wenn er schreibt: „Was man der Gestalt nach wahrnimmt, ist Sakrament und Bild dessen, was der Glaube nach seiner körperlichen Wirklichkeit erkennt, und was der Glaube nach seiner körperlichen Wirklichkeit erkennt, ist Sakrament dessen, was nach seiner geistigen Gnade empfangen wird" (PL 176, 466). Erst Bonaventura (f 1274) sagt klar, daß der sakramentale Leib Christi ,secundum se', als solcher überhaupt nicht Zeichen sei, sondern nur insofern er unter den sichtbaren Gestalten ist (4 Sent., d. 8, p. 2, a. 2, q. 1). Aus dem historischen Überblick erhellt auch der Sinn unserer Unterscheidung. Einmal wahrt sie im Gegensatz zu einer überrealistischen Auffassung (Humbert) den Zeichencharakter der Eucharistie durch die Unterscheidung von Gestalt (sacramentum tantum) und Inhalt (res et sacramentum). Gegenüber der Berengarschen Verflüchtigung des Sakramentes ins Subjektive durch den beziehungslosen Parallelismus zwischen sacramentum und res wahrt sie die Einheit des Sakramentes und seinen objektiven Wirklichkeitsgehalt wie seine reale Ursächlichkeit. 25*
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Durch die Unterscheidung von res tantum und sacramentum et res wird dem augustinischen Anliegen der Hervorhebung des geistigen Charakters dieses Sakramentes Rechnung getragen. [3] Zu S. 8. Daß zum Begriffe der Speise Trockenes (und Warmes), zum Begriffe des Trankes (Kaltes und) Feuchtes gehören, stammt aus der naturphilosophischen Vorstellungswelt der Antike (cf. Aristot., I I de an. 3. 4 1 4 b 12sq.; Thom., lect. V, n. 291 {ed. Pirotta, Turin 1925]). Die aristotelische Schrift ,Über das Entstehen und Vergehen' (De generatione et corruptione) legt die Lehre von den vier Grundeigenschaften der Elemente und ihren vier möglichen Zusammensetzungen (1. Trocken-Warm, 2. Warm-Feucht, 3. Feucht-Kalt, 4. KaltTrocken) dar. In der Stelle dieser Schrift, die Thomas 73, 5 Einw. 1 u. Zu 1 beibringt: „Wir ernähren uns aus denselben (Elementen mit denselben Grundeigenschaften), aus welchen wir auch bestehen" — unser Körper aber stellt eine vollkommene Mischung von Warm und Kalt, Trocken und Feucht dar — : darin liegt der Grund, warum Speise u n d Trank nötig sind zur refectio, zur ,Erquickung' (dessen Wortsinn im Mhd. ,neu beleben' ist), zur Wiederherstellung', „zum Aufrechterhalten der Natur des Körpers, auf daß er nicht wegen der stetigen Auflösungen zerlöst werde und seine Wirkkraft zugrunde gehe" (Scg., IV, 61; vgl. S. th., I I I , 73, 1). [4] Zu S. 9. Die Eucharistie ist also nach Thomas ein ,Eines schlechthin' (unum per se, unum simpliciter; vgl. Zu 1). An der entsprechenden Stelle im Sentenzenkommentar (lib. 4, d. 8, q. 1, a. 1, sol. 2) unterscheidet er drei Arten von Einheit schlechthin: 1. das Unteilbare, das weder in Wirklichkeit noch der Möglichkeit nach eine Vielheit einschließt; 2. das Zusammenhängende (continuum), das durch den physischen Kontakt eines ist, aber geteilt werden kann, wie z. B. ein Stück Holz; 3. das der Vollkommenheit oder vielleicht besser der Vollständigkeit nach Eine. Dieses braucht nicht eine p h y s i s c h e Einheit zu bilden. So ist z. B. eine Maschine seinsmäßig eine akzidentelle Einheit, und doch ist sie ein unum per se, insofern sie alle Teile hat, die zum rechten Funktionieren notwendig sind (per relationem ad unam operationem). Solcher Art ist auch die Einheit der Sakramente, die ja aus verschiedenen Teilen zusammengesetzte Werkzeuge der göttlichen Gnade sind. Seinsmäßig betrachtet, ist die Eucharistie eine akzidentelle Einheit. Aber die physisch verschiedenen Teile, das konsekrierte Brot und der konsekrierte Wein, sind eine Einheit, insofern sie das vollständige Sakrament der geistigen Nahrung unter dem Bilde der körperlichen konstituieren. Wenn man die Einheit der Eucharistie aus der Einheit ihres Inhaltes, nämlich des ganzen Christus, erweisen wollte, würde man die s a k r a m e n t a l e Einheit als solche nicht erfaßt haben, die ja nicht auf der enthaltenen Sache beruht, sondern auf der Einheit des Zeichens.
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[5] Zu S. 10. Im Text des hl. Augustin steht statt des Konjunktivs cogitetis der Indikativ cogitatis, wodurch der Satz gerade den entgegengesetzten Sinn erhält. Augustin macht den Pelagianern den Vorwurf, sie beachteten nicht, daß nach den klaren Worten der Schrift alle diejenigen das Leben nicht haben können, die nicht teilhaben am Fleische und Blute Christi. In der letzten Zeit seines Lebens vertrat ja Augustin unter dem Einfluß der antipelagianischen Kämpfe die absolute Heilsnotwendigkeit der Eucharistie (vgl. K. Adam, Die Eucharistielehre des hl. A., Paderborn 1908, S. 156—160). Thomas hat also sicher das Wort nicht im Zusammenhang gelesen, sondern, aller Wahrscheinlichkeit nach, aus Gratian übernommen, wo es sich in De cons. d. 4 c. 130 findet. Allerdings hatte auch Gratian ursprünglich den Indikativ (ed. Frdb. 1/1404). Doch die Glosse (Bartholom, von Brescia) liest schon „nec cogitetis", was sie allerdings im Sinne von „nec dubitetis" erklärt, so daß der Sinn doch der ursprüngliche bleibt. Auch in dem Werke De offlciis ecclesiasticis (dem Robertus Pullus zugeschrieben), wo unsere Stelle angezogen wird (PL 177, 392), findet sich die Lesart „nec cogitetis", doch wird hinterher bei „eos vitam habere non posse" das non ausgelassen. In dieser Fassung führt der Verfasser dann die Stelle an als Stütze für seine Ansicht, daß man den Kindern gleich nach der Taufe die Eucharistie, wenigstens das heilige Blut, reichen solle. Diese Tatsache läßt wohl darauf schließen, daß die Textveränderung, durch die der ursprüngliche Sinn der Stelle in sein Gegenteil verkehrt wird, mit der Änderung in der Praxis der Kommunion der ganz kleinen Kinder zusammenhängt, die sich gerade am Ende des 12. Jahrhunderts vollzieht (1196 verbietet der Bischof von Paris die Kommunion der ganz kleinen Kinder). [6] Zu S. 11. Die Stelle 1 Petr 3, 20 f. wird von Thomas auch in 66, 11 Zu 3 auf die Kirche bezogen, während der Apostel zunächst an die Taufe denkt: „ . . . i n den Tagen Noes, wo die Arche gebaut wurde, in die nur wenige, nämlich acht Seelen, hineingerettet wurden durch das Wasser, das in gegenbildlicher Gestalt auch jetzt euch rettet als Taufe." Das Rettungsmittel scheint also nach der Meinung des Apostels auch für Noe und seine Gefährten das Wasser gewesen zu sein, während sie doch eigentlich durch die Arche vor dem Wasser gerettet wurden. Doch hat das Wasser immer eine doppelte Funktion. Es rettet die Auserwählten und begräbt in seinen Fluten die Sünder, wie beim Durchzug durch das Rote Meer. Wie bei der Sintflut die Wasser die Arche mit den Auserwählten tragen und die sündige Menschheit vernichten, so tragen auch die Wasser der Taufe, in denen der alte Mensch begraben wird, die Kirche. Der Proportion zwischen der Sintflut und dem Taufwasser entspricht also die andere zwischen der Arche und der Kirche. [6 a] Zu S. 11. Empfang und Weihe der Eucharistie werden hier unterschieden, weil die übrigen Sakramente mit Ausnahme
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der Priesterweihe irgendwie auf den Empfang, die Priesterweihe aber auf Grund der in ihr mitgeteilten Weihegewalt auf die Verwandlung der Eucharistie hingeordnet ist. In dem Ausdruck ,Verwandlung, bzw. Weihe der Eucharistie' bezeichnet Eucharistie' den Zielpunkt der Verwandlung; vgl. auch 78, 3 E. 2 (S. 169) die Wendung ,Weihe des Blutes'; während in den häufig gebrauchten Wendungen ,Weihe des Brotes' (bzw. Weines) der Ausgangspunkt der eucharistischen Verwandlung gemeint ist. ,[7] Zu S. 12. Der Ausspruch Christi bei Johannes (6, 53): „Wenn ihr das Fleisch des Menschensohnes nicht essen und sein Blut nicht trinken werdet, werdet ihr das Leben nicht in euch haben", wurde von sehr vielen Vätern im Sinne der absoluten Heilsnotwendigkeit der Eucharistie verstanden. Vor allem Cyrill von Alexandrien ( f 444), der den Gedanken so stark betonte, daß unsere dem Tode anheimgegebene Natur nur durch die physische Eingliederung in den auferstandenen Gottmenschen wieder belebt und zur Unverweslichkeit erhoben werden könne, legte die Johannesstelle in diesem Sinne aus. In der Feier der Eucharistie mit der gemeinsamen Teilnahme am Fleisch und Blut Christi konstituiert sich recht eigentlich die Kirche als Leib Christi. Deshalb war für viele Väter die Teilnahme an der Eucharistie so heilsnotwendig wie die Zugehörigkeit zur Kirche, außerhalb der es kein Heil gab. Dementsprechend war seit alters der Empfang der Eucharistie mit dem der Taufe verbunden. Taufe, Firmung und Eucharistie wurden so sehr als untrennbare Einheit empfunden, daß auch die ganz kleinen Kinder nach dem Empfang von Taufe und Firmung zur Teilnahme an der Eucharistie zugelassen wurden (vgl. z. B. Gennadius f f 492], De ecclesiasticis dogmatibus, c. 52: PL 58, 993). Dieser Brauch blieb im Abendlande bis gegen Ende des 12. Jahrhunderts, im Orient bis auf den heutigen Tag. Die theologische Grundlage für eine andere Entwicklung bot Augustin. Obwohl er in seiner letzten antipelagianischen Zeit durchaus die absolute Heilsnotwendigkeit der Eucharistie, und zwar ihres sakramentalen Empfanges, vertrat (De pecc. mer. et rem., I, 24), hatte er doch durch die starke Trennung von sakramentalem Zeichen und geistiger res die Möglichkeit deutlicher werden lassen, daß die geistige res der Eucharistie schon in der Taufe durch die Eingliederung in Christus vermittelt werde. Während die großen Lehrer des angehenden Mittelalters: Isidor von Sevilla ( f 636), Beda Venerabiiis ( f 735), Leidrad von Lyon ( f 813), dem Augustinus der Spätzeit folgend, Taufe und Eucharistie in der Heilsnotwendigkeit einander gleichstellten, änderte sich im Laufe des 12. Jahrhunderts die Meinung der Magistri. Anselm von Laon ( f 1117) stellte die Heilsnotwendigkeit der Taufe schon über die der Eucharistie. Als die Neuerer des 16. Jahrhunderts sich auf J o 6 beriefen, um daraus die Notwendigkeit des Empfanges der beiden Gestalten zu beweisen, verneinten manche Theologen, unter ihnen auch Cajetan, den sakramental-eucharisti-
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sehen Sinn von Jo 6, 53 f. Das zeigte sich vor allem auf den Beratungen des Trienter Konzils (vgl. W. Koch, Zur Frage nach der Notwendigkeit der Eucharistie, Tüb. Theol. Quart. 100 [1919], S. 444—475). Auf dem Trienter Konzil wurde auch ausdrücklich erklärt, daß die Kinder vor dem Gebrauch der Vernunft durch keine Notwendigkeit zum Empfang der Eucharistie verpflichtet seien (Dz 930). In der Folgezeit erscheint Jo 6, 53 bei den Theologen mehr als Einwand gegen die von ihnen meist vertretene Lehre, die vor allem Suarez scharf formuliert: „Keine heilsnotwendige Wirkung wird eigens auf Grund d i e s e s Sakramentes gegeben, noch hängt sie von ihm ab" (disp. 40, sect. 2). Erst die Kommuniondekrete Pius' X. gaben den Theologen den Antrieb, sich stärker auf die Tradition der Väter zu besinnen (vgl. Diekamp, Kath. Dogmatik 0 [Münster 1932], S. 174 ff. und die dort angegebene Literatur). [8] Zu S. 12. Thomas beruft sich hier auf den Augustin v o r den antipelagianischen Kämpfen, der die Heilswirkung des Sakramentes nicht dem äußeren Empfang, sondern vor allem der inneren ,virtus pietatis', der persönlichen Hingabe des Empfängers, zuschrieb und der gegenüber dem sakramentalen Zeichen allen Nachdruck auf die geistige res der Sakramente legte. An der von Thomas angeführten Stelle erklärt Augustin das Wort Christi: „Wer Mein Fleisch ißt und Mein Blut trinkt, h a t das e w i g e Leben" (Jo 6, 54). In diesem Satz kann Christus, so meint Augustin, unter Seinem Fleisch und Blut nur die Gemeinschaft Seines Leibes, nämlich der h e i l i g e n Kirche in den Vorherbestimmten und Berufenen und Verklärten verstehen, weil nur in dieser Gemeinschaft das ewige Leben besteht. Zur äußeren, sichtbaren, empirischen Kirche gehören ja auch solche, die verworfen werden. Deshalb bedeutet die Gemeinschaft mit ihr noch nicht den Besitz des ewigen Lebens. Auch das Sakrament dieser geistigen res, die Eucharistie, bedeutet noch nicht den Besitz des ewigen Lebens, da sie nicht allen zum Leben gereicht, sondern vielen auch zum Gericht wird. Die Frage aber, ob der wirkliche Empfang des Sakramentes zur Erlangung der Gemeinschaft mit dem mystischen Leibe Christi notwendig sei, entscheidet Augustin erst klar in der Zeit der antipelagianischen Kämpfe, in der er auf Grund seiner höheren Einschätzung des äußeren Sakramentes Taufe und Eucharistie auf die gleiche Stufe der Heilsnotwendigkeit stellt. [9] Zu S. 13. Augustinus schildert an dieser Stelle der Bekenntnisse (VII, 10) seine Entdeckung des Wunders der geistigen, göttlichen Welt in ihrer Verschiedenheit wie in ihrer Ähnlichkeit mit dem, was uns hier in der körperlichen Welt begegnet. Von ferne hört er die Stimme Gottes: „Ich bin die Speise der Starken. Wachse und du wirst Mich genießen. Aber nicht du wirst Mich in dich v e r w a n d e l n . . W a s Augustin von der göttlichen Wahrheit sagt, wendet Thomas auf das Sakrament an. Doch folgt er darin der Tradition der Väter. Ambrosius bezeichnet die Eucharistie als die Speise der Starken (Lukas-
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kommentar, VI, 71—75), und Leo d. Gr. sagt von der Eucharistie, sie bewirkte nichts anderes, als daß wir in das verwandelt werden, was wir kosten (serm. 63, 7). [10] Zu S. 15. Die Benennungen der Eucharistie wechseln im Laufe der Zeiten, und in diesem Wechsel spiegelt sich die geistige Entwicklung. Zuerst begegnen uns solche Bezeichnungen, die vom Charakter der Eucharistie als M a h l genommen sind. Die erste ist das ,Brotbrechen' (y./.üaig vov äniovj. Ob dieser Terminus schon in der Apostelgeschichte (2, 42. 46 und an anderen Stellen) das sakramentale Herrnmahl bezeichnet, ist umstritten (vgl. Schermann, Das ,Brotbrechen' im Urchristentum, in: Bibl. Zeitschr., VIII [1910], S. 33 und 162; Behm, Art. x M a in Kittels Theol. Wörterbuch). Wie aber Didache 14, 1 und Ignatius Eph. 20, 2 zeigen, ist er in den ältesten Zeiten des Christentums Name für das eucharistische Mahl, dessen Gemeinschaftscharakter in ihm vor allem ausgedrückt ist. Auch evxagioTia, das schon früh das bevorzugte Wort f ü r das Abendmahl wird, bezieht sich auf die Eucharistie als Mahl. Bei Paulus (1 Kor 11, 20) begegnet uns auch der Ausdruck delnvov xvgiaxöv, lat. dominicum, mensa dominica, coena dominica; deutsch: Herrnmahl, Tisch des Herrn, Abendmahl. — Dann wird (im 4.15. Jhdt.) eine Gruppe von Namen f ü r die Eucharistie geläufig, die den Opfercharakter ausdrücken: ngoaqtoga, dvacpogd, oblatio, sacrificium. Doch wird auch schon in der Didache das Abendmahl als •üvaia bezeichnet. — Dann kommt noch eine dritte Gruppe von Namen auf, bei denen wohl die byzantinische Reichsordnung auf den kirchlichen Sprachgebrauch abfärbt. In ihnen kommt der offizielle und öffentliche Charakter der Eucharistiefeier zum Ausdruck: Xettovgyia, officium, dem im Deutschen ,Amt', bzw. ,Hochamt' entspricht (über Missa vgl. Anm. [141]). [11] Zu S. 15. Die Dreiteilung nach Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft läßt Thomas auch in der Liturgie des Fronleichnamsfestes immer wieder durchklingen, so in der Antiphon zur zweiten Vesper: „ 0 heiliges Gastmahl, in welchem Christus genossen, das Andenken Seines Leidens gefeiert, der Geist mit Gnade erfüllt und uns ein Unterpfand der zukünftigen Herrlichkeit gegeben wird", und in den Gebeten der Messe: Bezeichnung der Vergangenheit in der Kollekte: „Gott, Du hast uns in dem wunderbaren Sakramente das Gedächtnis Deines Leidens hinterlassen; wir bitten Dich, laß uns die heiligen Mysterien Deines Leibes und Blutes so verehren, daß wir auch die Frucht Deines Erlösungswerkes immerdar in uns erfahren"; Bezeichnung der Gegenwart im Stillgebet: „Wir bitten, Herr, verleihe Deiner Kirche gnädig die Gaben der Einheit und des Friedens, die unter den dargebrachten Opfergaben geheimnisvoll bezeichnet sind"; Bezeichnung der Zukunft im Kommuniongebet: „Laß uns, wir bitten, Herr, gesättigt werden von dem ewigen Genüsse Deiner Gottheit, den der zeitliche Empfang Deines Leibes und Blutes vorbildet". Auch in den eucharistischen Hymnen des Aquinaten sieht
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Grabmann dieselbe Dreiteilung angewandt (Die Theologie der eucharistischen Hymnen des hl. Thomas von Aquin, in: Katholik, 1902, I, S. 385—399). [12] Zu S. 16. Thomas macht einen terminologischen Unterschied zwischen deitas und divinitas. Deitas besagt die Gottheit ihrer Wesenheit nach, divinitas dagegen k a n n , weil es von divinum abgeleitet ist, das ein Denominativum ist, auch Göttlichkeit im- Sinne von Teilnahme an der Gottheit bedeuten (vgl. 1 Sent., d. 29, expos.; ib. 15, expos. 2). An dieser Stelle muß divinitas wohl als Übersetzung von iJeözijg (Deitas) Gottheit heißen (Leonina). [13] Zu S. 16. Als .Antonomasie' (davon das Adjektiv ,antonomastisch') bezeichnet man eine Redewendung, in der Wörter von allgemeiner Bedeutung auf einen bestimmten Gegenstand eingeschränkt werden, um diesen wegen einer Vorzugsstellung in betonter Weise zu bezeichnen, wenn man z. B. Rom d i e Stadt (Urbs) nennt. [14] Zu S. 18. Wenn Thomas sagt: „Christus ist in der Eucharistie wie im Sakrament", so versteht er das, obwohl die Sakramente zur Gattung der Zeichen gehören, nicht so, als ob Christus dort wäre nur wie im Zeichen, nicht wirklich, wie es Berengar behauptete (vgl. 75, 1). Auch der folgende Vergleich mit dem Bilde des abwesenden Kaisers will das nicht sagen, sondern es soll damit ausgedrückt werden, daß Christus in der Eucharistie ist in der besonderen sakramentalen Daseinsweise (die in den Fr. 75—77 behandelt wird). Dasein in sakramentaler Gestalt steht nicht im Gegensatz zu wirklich dasein, sondern zum dasein in eigener Gestalt. Darum sagt Thomas auch: „Er hinterließ den Jüngern in sakramentaler Gestalt S i c h Selbst." [15] Zu S. 18. Das Zitat, f ü r das sich Thomas auf Eusebius von Emesa beruft, befindet sich in der Homilie de corpore et sanguine Domini, die auf die Eucharistielehre des Mittelalters großen Einfluß ausübte. Sie ist abgedruckt unten den Werken des Hieronymus (ep. 38: PL 30, 271 ff.) und des Cäsarius von Arles (PL 47, 1052 ff.). Sie stammt aus dem 5. oder 6. Jahrhundert und hat wahrscheinlich Faustus von Riez zum Verfasser. [16] Zu S. 20. Scotus und eine Reihe seiner Anhänger (Scotus Academicus, Bd. 11, tr. 2, disp. 1, a. 1, q. 4) vertreten die Ansicht, die Eucharistie hätte absoluta Dei potentia, d. h. auf Grund der göttlichen Allmacht, der alles möglich ist, was keinen inneren Widerspruch besagt, auch v o r der Menschwerdung eingesetzt werden können. Das läßt sich mit dem von Thomas in Fr. 75 (bes. Art. 2) entwickelten Transsubstantiationsbegriff als Verwandlung in etwas schon Bestehendes nicht vereinbaren. Von Scotisten wird auch der Satz vertreten, daß die Eucharistie wahrscheinlich auch eingesetzt worden wäre, 26 30
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wenn Adam nicht gesündigt hätte (vgl. a. a. 0., concl. 3). Doch wird dadurch die Beziehung der Eucharistie zur historischen Heilstat Christi, vor allem zu Seinem Leiden und Tode, aufgehoben, die doch der Eucharistie wesentlich ist. — Man könnte wohl auch fragen, wieso die Eucharistie v o r dem Leiden Christi eingesetzt werden konnte, da sie doch das Sakrament des L e i d e n s ist. Thomas geht auf diese Frage nicht ein. Vielleicht gibt 66, 2 Zu 1 den Fingerzeig für eine Erklärung: „Auch schon vor dem Leiden Christi erhielt die Taufe ihre Wirkkraft von diesem Leiden, indem sie dasselbe vorbildete; auf andere Weise jedoch als die Sakramente des Alten Gesetzes. Denn diese waren nur Vorbilder. Die Taufe aber hatte schon die Kraft zum Rechtfertigen von Christus, durch dessen Kraft auch das Leiden heilbringend war." [17] Zu S. 20. In dem Artikel über die Einsetzung der Taufe (66, 2) hatte Thomas die Frage, wann die Taufe eingesetzt worden sei, dahin gelöst, daß sie bei der Taufe Christi eingesetzt worden sei, weil sie dort die Kraft empfing, ihre Wirkung hervorzubringen, daß aber die Pflicht, sie zu empfangen, erst nach dem Tode und der Auferstehung beim Taufbefehl auferlegt worden sei. Da es sich hier nur um eine Angemessenheit handelt, gibt Thomas zwei Möglichkeiten der Erklärung. — Exegetisch ist zu bemerken, daß unter der Taufe Jo 3, 22 „sicher nicht das christliche Sakrament zu verstehen ist. Das hätte die Erzählung notwendig zum Ausdruck bringen müssen, während sie sicher Jesu Taufpraxis der des Johannes angleichen will. Der entscheidende Grund gegen die Annahme, es handle sich um die christliche Taufe, steht Jo 7, 39tt (Fr. Tillmann, Das 2 Johannesevangelium (Bonn 1921], S. 76). [18] Zu S. 23. Die Bezeichnung des Messias als Lamm war dem Spätjudentum unbekannt, weil es die Idee des leidenden Erlösers als des Trägers der hingebenden göttlichen Liebe verloren hatte. Die Urgemeinde aber sieht in Christus die Verheißung des Isaias vom leidenden Gottesknecht, der wie ein Lamm zur Schlachtbank geführt wird, erfüllt (Apg 8, 32; Is 53, 7). Am Passahfest wurde Jesus gekreuzigt, so daß Paulus (1 Kor 5, 7) und Johannes (19, 36) ihn als das wahre Osterlamm bezeichnen. Die Stellen Jo 1, 29 u. 36 hat Jeremias (in Kittels Theol. Wörterb., I, S. 343 f.) neuerdings dadurch erklären wollen, daß im Aramäischen das Wort sowohl Knabe, Knecht als auch Lamm bedeute und somit der Täufer Jesus als den Knecht Gottes (nach Isaias) bezeichnet habe, was dann der Evangelist mit ,Lamm* übersetzte. Daraus erkläre sich auch die auffallende Genitivverbindung ,Lamm Gottes'. Wenn man Christus als Lamm bezeichnete, so wollte man damit Sein innerstes Wesen kennzeichnen, das in der göttlichen Liebe (Agape) besteht, die sich schuldlos und unbefleckt (1 Petr 1, 29) in großer Geduld (Apg 8, 32) als Sühnopfer (Jo 1, 29. 36) für die Sünden der Menschen in den Tod hineingibt. [Vgl. Scheeben, Dogm., III, S. 116—122.]
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[19] Zu S. 25. Die Artotyriten («grog = Brot; ivgog— Käse) haben ihren Namen von ihrer Sitte, statt des Weines Käse bei der Eucharistie zu opfern. Sie werden außer von Augustin auch von Philastrius (De Haer. 74: PL 12, 1186) und Epiphanius (Adv. Haer. 49, 2: PG 41, 882) erwähnt. Nach diesen waren sie in Galatien verbreitet. [20] Zu S. 25. Kataphrygier (ol y.azä ovyag wurden die von Montanus im 2. Jahrhundert begründeten Montanisten nach dem Lande genannt, in dem sie am meisten verbreitet waren. In der phrygischen Stadt Pepuza soll Montanus mit seinen Prophetinnen Priszilla und Maximilla sich aufgehalten haben. Deshalb hießen sie auch Pepuzianer. Epiphanius (Adv. Haer. 48 u. 49: PG 41, 855—882) macht — wohl zu Unrecht (vgl. Hamack, Marcion [1921], S. 301) — aus den Pepuzianern eine eigene Sekte. Montanus lehrte die Inkarnation des Heiligen Geistes in seiner Person und verkündete den Anbruch des letzten Zeitalters der vollen Ausgießung des Heiligen Geistes. Deshalb waren in seiner Sekte auch Frauen zu kirchlichen Ämtern zugelassen. [21] Zu S. 26. Aquarier (von aqua = Wasser) werden jene genannt, die bei der Eucharistie statt des Weines Wasser verwenden. Eine eigene Sekte haben sie nicht gebildet. Es bestand vielmehr in gnostischen Kreisen Abneigung gegen den Genuß von Wein. Die gnostisch beeinflußten Thomasakten, ebenso die Petrusakten kennen die Eucharistie mit Brot und Wasser. Auch von den Anhängern Marcions (vgl. Harnack, Marcion [1921], S. 182), ebenso von den Enkratiten Tatians und den Ebioniten (Epiphanius, Adv. Haer. 30, 16: PG 41, 431) wird uns dasselbe berichtet. Harnack hat in seiner Abhandlung: „Brot und Wasser, die eucharistischen Elemente bei Justin" (TU VII [1891], S. 115—144) zu beweisen gesucht, daß der Brauch, die Eucharistie mit Brot und Wasser zu feiern, auch in der Großkirche weit verbreitet gewesen sei, so daß man behaupten dürfe, die älteste Kirche habe den Wein nicht als notwendig für die Eucharistie betrachtet. Er beruft sich dabei vor allem auf Justin und Cyprian. Harnack ist ausführlich widerlegt worden von A. Scheiwiler, Die Elemente der Eucharistie in den ersten drei Jahrhunderten (Forsch, z. Christi. Lit. u. Dogmengesch., III [1903], H. 4; vgl. auch W. Goossens, Les origines de l'Eucharistie [1931], S. 155—168). Justin kann man als Zeugen nur dann anrufen, wenn man den entscheidenden Text I Apol. 65 bis 67 korrigiert, und der Brief Cyprians (ep. 63 ad Caeeilium: CSEL III, 2) beweist nur, daß es zu Cyprians Zeiten einige Katholiken, darunter auch Bischöfe — Cyprian bezeichnet sie als „einfache und unwissende Leute" — gegeben hat, die vor allem aus der Furcht, der am Morgen bei der Eucharistiefeier genossene Wein könnte sie in den damaligen Verfolgungszeiten leicht verraten, Wasser verwendeten. Der Brief Cyprians beweist aber auch, daß dem der allgemeine Brauch der Kirche entgegenstand, die die vom Herrn gegebene Weisung treu als ,traditio dominica' bewahrte. Deshalb wurde die Praxis der ,Aquarier'
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stets als häretisch betrachtet (vgl. Clemens Alex. Strom. I, 19, 96, ed. Stählin, II, 61; Philastrius, De Haer. 77: PL 12, 1188) , 1 [22] Zu S. 26. Brot und — freilich nur im Süden — Wein sind bis zur Einführung der Kartoffel in der alten Welt die eigentliche Nahrung gewesen. Homer nennt alles andere ,Zukost'. „Kein Brot essen noch Wein trinken" bedeutet Lk 7, 33 fasten. Die auch bei uns gebräuchliche Redeweise: sein Brot (d. h. seinen Lebensunterhalt) verdienen, setzt voraus, daß, zumindest als sie aufkam, auch hierzulande Brot das wichtigste Nahrungsmittel gewesen ist. Dafür mögen noch als altgerm. Zeugen stehen das angels. hläford (für seltenes hläfweard), ,Herr', eigtl. ,Brotwart' (engl, lord), sowie angels. hläfmaesse (vgl. engl. Lammas, Fest am 1. August), ,Brotmesse als eine Art Erntedankfest', die in der Zusammensetzung unser hd. Laib (got. hlaifs; Gen. hlaibis), das alte ererbte Wort für Brot, bewahren. [23] Zu S. 27. Das Blut galt von jeher bei allen Völkern als ,ein ganz besonderer Saft'. Man sah es als den Sitz des Lebens an. Im Sprachgebrauch des A. T. bedeutet ,Seele' (tt-'Cy) soviel wie ,hauchförmiger Seelenkraftstoff'. Die Verbindung mit dem Blute war dadurch gegeben, daß auch das Blut ein Lebenskraftstoff war, der sich durch den aus ihm aufsteigenden Blutrauch als vom Lebensodem durchwirktes Lebenselement erwies (vgl. Dt 12, 23). Die Seele tritt sowohl im Atem wie auch in dem aus frisch vergossenem Blute aufsteigenden Rauch zutage. So konnte man Lv 17, 11 sagen: „Des Fleisches (Leibes) Lebensgeist ist im Blute." (Vgl. Fr. Rüsche, Blut, Leben und Seele. Ihr Verhältnis nach der Auffassung der griechischen und hellenistischen Antike, der Bibel und der alten alexandrinischen Theologen. Paderborn 1930, S. 319—340.) Durch das in ihm wohnende Leben schafft das im O p f e r vergossene Blut Versöhnung. Deshalb heißt es Lv 17, 11 weiter: „Des Leibes Lebensgeist ist im Blut, und Ich habe es euch auf den Altar gegeben zur Versöhnung für eure Seelen. Denn das Blut ist die Versöhnung, weil das Leben in ihm ist." So ist das Blut der Tiere mit dem in ihm wohnenden Lebenshauch, wie es im Opfer vergossen wird, das Vorbild des Blutes Christi, das am Kreuze i m H e i l i g e n G e i s t e vergossen wird. Hatte das Blut der Tiere nur dazu dienen können, das Fleisch zu reinigen, weil nur das Leben des Fleisches in ihm war, so hat das Blut Christi die Kraft, unser Gewissen zu reinigen von den toten Werken, zu dienen dem lebendigen Gott, weil in ihm der Heilige Geist Gottes ist, der im Blute des Opfers Christi die Hingabe Seiner Liebe für die Sünden der Menschen vollendet (vgl. Hebr 9, 13 f.). Die Stelle Lv 17, 11 gibt Philo Anlaß zur Entwicklung seiner Lehre vom Unterschied zwischen Vitalseele (yivyji) und Geistseele (nvevfxa). Ihm folgen Origenes (vgl. Rüsche a. a. 0 . S. 413 ff.) und Ambrosius (De Noe et Area, c. 25: PL 14, 403 f.). 1 Vielleicht hat auf den Gebrauch des Wassers bei der Eucharistie auch Eccli 15, 3 eingewirkt: „Sie (die Weisheit) speist ihn mit dem Brote der Einsicht und tränkt ihn mit dem Wasser der Erkenntnis.
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Im Ambrosiaster (Comm. in Ep. ad Cor. I, c. 11, 26: PL 17, 243) wird dieselbe Stelle sehr frei zitiert: „Das Fleisch wird für euren Leib dargebracht, das Blut aber für die Seele", und wird dann in dieser Form auf das Opfer Christi angewandt, das den ganzen Menschen erlöst habe, indem Sein Fleisch für das Heil des Körpers, Sein Blut aber für unsere Seele vergossen worden sei. Diese Stelle ist durch die Katenen in die mittelalterlichen Erörterungen über die Eucharistie übergegangen. Anselm von Canterbury spielt auf sie an (ep. 107: PL 159, 255). Um den an Leib und Seele verdorbenen Menschen zu erlösen, habe Christus Leib und Seele angenommen, um beide zu erlösen. Deshalb werde in der Eucharistie Brot und Wein an den Altar gebracht, damit durch das zum Leibe Christi gewordene und von uns würdig empfangene Brot die Angleichung unseres Leibes an den unsterblichen Leib Christi sich vollziehe, durch den Genuß des Blutes aber die Angleichung unserer Seele an die Seele Christi. Die Seele Christi werde durch das Blut dargestellt, weil das Blut der Sitz der Seele sei. Dem hl. Anselm folgen Bruno von Köln (f 1101) und Wilhelm von Champeaux (f 1121). Petrus Lombardus führt die Ambrosiasterstelle in den Sentenzen fast wörtlich an (IV, d. 11, c. 4). Thomas seinerseits zitiert den Ambrosiaster nach Petrus Lombardus, bringt aber dann nicht die Schriftstelle, wie sie der Ambrosiaster und Petrus Lombardus haben, sondern den richtigen Text, so daß er eigentlich nicht mehr recht paßt. In 79, 1 Zu 3 gibt Thomas noch eine nähere Erklärung zu unserer Stelle, in der er hervorhebt, daß beide, Leib und Blut Christi, zum Heile beider, des Leibes und der Seele, wirken, weil unter beiden Gestalten der ganze Christus ist. (Vgl. auch die dritte Strophe des Hymnus ,Verbum supernum prodiens': „Unter der Doppelgestalt gab Er ihnen Fleisch und Blut, um den ganzen aus zwei Bestandteilen bestehenden Menschen zu speisen.") [24] Zu S. 27. Den Gedanken, daß das aus vielen Körnern gesammelte und zur Einheit gewordene Brot auf die Einheit der Kirche hinweise, finden wir im christlichen Bereiche zuerst in der Didache (c. 9) ausgesprochen, von wo er in die Anaphora des Serapion (13, 3) und in die Apostolischen Konstitutionen übergegangen ist (1. VII, c. 25). Von Cyprian wird diese Symbolik unzweifelhaft auf das eucharistische Brot angewandt und auch auf den aus vielen Trauben gepreßten eucharistischen Wein ausgedehnt (ep. 63, c. 13; ep. 76, c. 6). Aus Cyprian schöpft Augustinus (In Jo tr. 26, 6), der die didaktische Seite der Sakramente ja besonders unterstrich und sie in seinen Predigten oft verwendete. Die natürliche Bereitung des Brotes ist das Symbol für die übernatürliche Bereitung des Menschen in der Taufe und in der Firmung, wo die Menschen den einzelnen Weizenkörnern gleich durch das Wasser zu einem Teig geeint und dann durch das Feuer des Heiligen Geistes zu einem Opferbrot geröstet werden. So legen wir Brot und Wein als ein Zeichen für das, was wir sind, auf den Altar. Durch die folgende Heiligung des Opfers wird auch das Mysterium unserer Einheit auf dem Tische des Herrn geheiligt (sermo 227;
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229; 272; ed. Morin, De dominica s. Paschae, II). Von Augustinus übernahmen die Theologen der Karolingerzeit diese Symbolik der Gestalten. Ratramnus (f nach 868) folgert daraus, daß das Brot nur symbolischerweise die Gemeinschaft der Gläubigen darstelle, daß ebenso auch der Leib Christi nur symbolisch im Brote dargestellt sei (De corpore et sanguine Domini, c. 74). [25] Zu S. 28. Consecrare und consecratio wird wie schon in Bd. 29 (S. 113, 135, 344) mit ,weihen' und ,Weihung', benedicere und benedictio aber (wenn es nicht die consecratio der Liturgie bedeutet) mit ,segnen' und .Segnung' wiedergegeben, wenn damit auch der Unterschied der eucharistischen Weihung von anderen Weihungen (des Chrisams, des Altars usw.), den gerade die Verwandlungslehre der Scholastik betont, noch nicht ausgedrückt ist. Den allgemeinen Ausdruck beizubehalten, ist darin begründet, daß auch die eucharistische Wesensverwandlung eine Weihe ist. Nach dem kirchlichen Sprachgebrauch geben die Weihungen etwas Bleibendes, versetzen das Geweihte in einen neuen Zustand (benedictio constitutiva, CJC 1148, 2). Durch die Weihung wird eine Person oder Sache dem Dienste Gottes übereignet, was immer etwas Endgültiges und Unwiderrufbares ist (vgl. 82, 8 Antw. u. 63, 5 Antw.: Bd. 29, S. 86 f.). Schon das Altertum verband mit consecratio auch den Begriff der inneren Vergöttlichung (Thes. Linguae Lat., IV, 383). In der Eucharistie geschieht eine solche Vergöttlichung durch die Weihung im höchsten Sinne, weil Brot und Wein in den Leib und das Blut Christi verwandelt werden. In diesem Sinne verstanden, ist die eucharistische Weihung der Mittelpunkt der Liturgie und des Kultes, auf die alle geweihten Sachen und Personen (Bd. 29, S. 407) hingeordnet sind. [26] Zu S. 30. Sacramentum perficere = ,das Sakrament vollziehen' ist in der Sakramententheologie stehender Ausdruck geworden für den wirklichen (effektiven) Vollzug des Sakraments unter Absehen von Erlaubtheit oder Unerlaubtheit. [27] Zu S. 32. Als Südländer hält Thomas den Weizen für das Getreide schlechthin, weil im Süden der Weizen die Stelle unseres Roggens einnimmt. Auch bei den Juden war f ü r gewöhnlich (Ex 29, 2) und besonders bei der Passahfeier nur Weizenbrot gebräuchlich. Deshalb wird es auch Christus bei der Einsetzung der Eucharistie gebraucht haben. Im Decretum pro Armenis (1439) wird ausdrücklich das Weizenbrot als Stoff der Eucharistie bezeichnet (Dz 698). Das römische Meßbuch sagt in den Rubriken (De defectibus, III, 1): „Wenn das Brot nicht aus Weizen ist, kommt das Sakrament nicht zustande." [28] Zu S. 34. Daß Gerste ungültiger Stoff für die Eucharistie sei, nehmen auch die Moralisten allgemein an. Winterweizen,
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Spelt und Dinkel fallen nach einigen noch unter die Spezies des Weizens und werden deshalb von ihnen als gültiger Stofl betrachtet. Fast allein steht Cajetan mit seiner im Kommentar z. St. geäußerten Ansicht, daß es darauf ankomme, d a ß die materia proxima richtiges Brot sei. Als solches a b e r habe alles zu gelten, was ohne Zusatz als Brot betrachtet werde, ganz abgesehen davon, aus welcher Getreideart als materia remota es gemacht ist. Wesentlich ist nur, daß es als Brot schlechthin betrachtet wird, ohne einen besonderen Zusatz. [29] Zu S. 34. Stärkemehl wird heutzutage nicht nur aus Weizen, sondern auch aus Reis, Bananen, Mais, Sago gewonnen. Im Mittelalter w u r d e es neben amidum auch amylum und amidonium geheißen (vgl. Du Cange-Dufresne, Glossarium, t. I [Paris 1733], col. 386). Im Sentenzenkommentar sagt Thomas, es könne f ü r die Eucharistie nicht gebraucht werden, weil es so zerrieben und verarbeitet und mit Dampf zersetzt sei, daß es das Wesen von Weizenmehl — er denkt hier natürlich nur an Weizenstärke — verloren zu haben scheine. — Bei den „einigen" scheint Thomas auch an seinen Lehrer Albertus Magnus zu denken, der (4 Sent., d. 12, a. 7 Zu 8) Stärkemehl und auch Spelt f ü r noch angängig hält als Stofl f ü r die Eucharistie. [30] Zu S. 36. Das Alter des Gebrauches des ungesäuerten Brotes bei der Eucharistie wird von den Historikern verschieden bestimmt. Schon die Tatsache, daß stets das Wort aorog (von (ÜQILV — heben) f ü r das bei der Eucharistie benutzte Brot gebraucht wurde, deutet darauf hin, daß man das Ungesäuerte nicht f ü r wesentlich gehalten hat, wenn man auch zugeben muß, daß das Wort eine sehr allgemeine Bedeutung erlangt hat und jegliches Brot bezeichnen konnte, ja überhaupt jegliche Nahrung. Sicher ist aber, daß viele Väter (z. B. Cyrill v. Jerus., Ambrosius) das zu konsekrierende Brot als das gebräuchliche Brot des Alltags beschreiben. Augustin schildert die ganze Entstehung des Brotes und legt sie sinnbildlich f ü r das Werden des Christen aus (serm. 227, 272), ohne aber das Moment des Ungesäuertseins, das ihm reiche Gelegenheit geboten hätte zur allegorischen Auswertung, zu erwähnen. Das zu konsekrierende Brot w u r d e aus den Opfergaben der Gläubigen genommen, die in gewöhnlichem Hausbrot bestanden, also gesäuert waren. So kann Cyprian einer wohlhabenden Dame vorwerfen, wie sie es mit sich vereinbaren könne, ohne selbst eine Opfergabe gebracht zu haben, am Opfermahl teilzunehmen, das von den Opfergaben der Armen bereitet sei. Und Johannes Diakonus berichtet vom Papst Gregor d. Gr., daß er einmal durch Zufall einer Matrone als konsekriertes Brot gerade das reichte, was sie als Opfergabe gebracht hatte. Noch aus dem 5. J a h r h u n d e r t wird uns bezeugt, daß das Brot f ü r die Eucharistie einfach vom Markte genommen wurde. Das XVI. Konzil von Toledo (693) verlangte, das Brot dürfe nicht n u r ein aus dem Hausbrot ausgeschnittenes Stück sein, sondern solle ein ganzes, weißes, nicht allzu großes nach dem Brauche der Kirche sein. Da d e r Kanon
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des Konzils 60 Jahre nach dem Tode Isidors von Sevilla abgefaßt wurde, ist es auch aus diesem Grunde nicht wahrscheinlich, daß der Brief Isidors an Redemptus, einer der frühesten Zeugen f ü r die Praxis der ungesäuerten Brote, echt ist (vgl. Geiselmann, Die Abendmahlslehre an der Wende der christlichen Spätantike zum Frühmittelalter, München 1933). Dann wäre der erste einwandfreie Zeuge f ü r den Gebrauch des Ungesäuerten Hrabanus Maurus (f 856). In der griechischen Kirche benutzte man immer gesäuertes Brot. Aber erst im griechischen Schisma' des Kerullarius (11. Jhdt.) wurde der Unterschied, der sich zwischen der östlichen und der westlichen Kirche herausgebildet hatte, zu einem Hauptgegenstand des Streites. In der ersten Phase des Streites, unter Leo IX. und Kardinal Humbert auf der lateinischen und Michael Kerullarius und Petrus von Antiochien auf der griechischen Seite, beschuldigte man sich gegenseitig der Häresie. Die Lateiner bezeichneten den Gebrauch des Gesäuerten als schriftwidrig. Die Griechen stützten sich auf die chronologischen Angaben über das Abendmahl bei Johannes und behaupteten, Christus habe die Passahfeier unter Gebrauch von gesäuertem Brote vorausgenommen (Zu 1). Die symbolische Deutung mußte auf beiden Seiten zu Hilfe kommen. Bei den Lateinern war das Gesäuerte das Bild der sittlichen Verderbnis, das Ungesäuerte aber das der Reinheit und, weil mit Mehl, Wasser und Feuer allein bereitet, auch Bild f ü r Fleisch, vernünftige Seele und Logos im Gottmenschen. Den Griechen dagegen war das Ungesäuerte das Bild des seelenlosen Herrnleibes, wie er von Apollinaris (der geradezu als Begründer des Brauches des Ungesäuerten hingestellt wurde) gelehrt worden war. Das Gesäuerte war für sie ein lebendiges Brot und darum einzig mögliches Bild des lebendigen Herrnleibes (vgl. Zu 3). Nach der ersten Erregtheit des Streites sprach Gregor VII. (f 1085) die Duldung des griechischen Brauches aus („weder tadeln noch verwerfen wir das Gesäuerte": PL 148, 573). Der hl. Anselm bringt dafür die theologische Begründung, das Ergebnis des Streites: Es ist zu unterscheiden zwischen dem Wesen der Sakramentselemente, ihrer Angemessenheit und ihrem tatsächlichen Gebrauch durch Christus. Das Wesen des Brotes ist gewahrt sowohl im ungesäuerten als auch im gesäuerten. Angemessener ist das Ungesäuerte, das von Christus auch tatsächlich gebraucht wurde (Ep. ad Walerannum: PL 158, 541 ff.). Dieser Meinung folgten dann auch Bruno von Segni (f 1123) und Alger von Lüttich (f um 1130) und die meisten Theologen des 12. Jahrhunderts. Von den Zeitgenossen des hl. Thomas urteilen strenger über die Griechen als er Albert (4 Sent., d. 12, a. 8) und Wilhelm von Auxerre (vgl. Strake, Die Sakramentenlehre des Wilhelm von Auxerre, S. 136 f.) und kurz vorher besonders Innozenz III. (De sacro altaris mysterio 4, 4: PL 217, 854 ff.). Auch Thomas selbst hat noch im Sentenzenkommentar (IV, d. 11, q. 2, a. 2, qa 3) sich schärfer gegen die Griechen ausgesprochen, ähnlich wie in seiner Schrift ,Gegen die Irrtümer der Griechen' (aus der Zeit von 1261 bis 1264). Es ist also in der Frage eine Entwicklung zu maßvoller Duldung festzustellen, wie sie auch
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durch einen Blick auf die geschichtlichen Talsachen nahegelegt und durch die kirchlichen Entscheidungen bestätigt wird. Gleichberechtigung der beiden Riten spricht auch das Kirchenrecht aus (CJC 816). Vgl. zum Ganzen Schanz, Die Lehre von den hl. Sakramenten (lö93), S. 379-382. [31] Zu S. 37. Der ,Gregoriustext' kommt nach den Angaben der Leonina bei einem Anonymus aus dem Jahre 1252 vor. Er setzt schon wegen seiner Versöhnlichkeit das Ende des Streites, von dem die Zeit Gregors noch keine Ahnung hatte, voraus. [32] Zu S. 37. Nazaräer hießen jene judenchristlichen Gemeinden Palästinas und der Nachbarschaft, die am mosaischen Gesetz festhielten und deren Kreisen das sog. Hebräerevangelium entstammt. Sie scheinen im 5. Jahrhundert durch den Islam vernichtet worden zu sein. Sie waren im übrigen rechtgläubig. Außer diesen bestanden im Altertum häretische Judenchristen, die Ebioniten, die Christi Gottheit und übernatürliche Geburt leugneten. An diese denkt wohl Thomas hier (DThC VIII 2 , 1694-1709). [33] Zu S. 40. b e r e i n i g t e r (filtrierter) Wein' ist der ganz zu Ende bereitete, aus reifen Trauben gewonnene; ,saurer Wein' (agresta kommt als Beiwort — säuerlich — und als Hauptwort — saurer Saft — vor; vgl. Du Cange-Dufresne, Glossarium, I, 252) ist der aus unreifen, noch sauren Trauben bereitete Wein. Most ist der aus reifen Trauben gewonnene, aber noch nicht ganz zu Ende bereitete Wein. Das römische Missale (De defectibus, IV, 1 f.) entscheidet wie Thomas. — Die angeführte Stelle aus dem VI. Allgem. Konzil (von Konstantinopel 680/81) findet sich in den Akten der Trullanischen Synode vom Jahre 692, die, weil sie als Nachtrag zu dem V. und VI. Allgem. Konzil gelten wollte, quinisexta (fünft-sechste) geheißen wurde (Mansi XI, 955 und XII, 47 ff.). [34] Zu S. 40. Die Stelle Mt 26, 29 (u. Mk 14, 25) wird allgemein auf den eucharistischen Kelch bezogen, während die gleichlautende Lukasstelle (22, 18) von vielen Erklärern aucli von einem anderen der vier Passahkelche verstanden wird. [35] Zu S. 41. An die Stelle Ps 103, 15 erinnert Thomas in Sacris solemniis, dem Matutinhymnus des Fronleichnamsfestes: „Dedit et tristibus sanguinis poculum: Den Trauernden gab Er den Becher Seines Blutes." Die entsprechende Stelle für das Brot: „Panis cor hominis confirmet: Das Brot soll das Herz des Menschen stärken" (vgl. Art. 3), ist im Parallelvers verwendet: „Dedit fragilibus corporis ferculum: Den Schwachen gab Er Seinen Leib zur Speise." — Der Wein wurde nicht nur als Spender geistlicher Freude, sondern auch der Erkenntnis
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betrachtet: In vino veritas. In Spr 9 erscheint die Weisheit als Gastgeberin, die den Ihren den Wein der Lehre mischt. Bei Philo ist der Logos der Mundschenk Gottes, der „zum Dank dafür, daß er den Trank der nie versiegenden göttlichen Gnade (charis) genießt, den Kelch zum Trankopfer mit der berauschenden Essenz Logosweines erfüllt" und ihn im Opferkelch als Gegengabe darbringt. Der Dank des hohenpriesterlichen Logos an Gott, die evzagiozia, wird also als Spende aus dem Weisheitskelch geschildert. Ebenso bezeichnet Philo auch die Hinwendung der Seele zu Gott als Ausstrecken des Opferweinkelches des Geistes zum Logos, damit dieser als Leiter des göttlichen Gastmahles sich selbst als Trank des Frohsinns und der Heiterkeit hineinschenke. Melchisedech, der Priester, der Brot und Wein darbringt, ist für Philo ein Bild des Logos, der der Seele die wahre Nahrung reicht mit dem Wein, der die Seelen tränkt und berauscht, „auf daß sie ergriffen werden von der göttlichen Trunkenheit, die nüchterner ist als die Nüchternheit selbst, denn er ist der hohepriesterliche Logos" (Leg. alleg., I I I , § 82). Diese Gedanken Philos haben über die großen Alexandriner ihren Weg in die Kirche genommen und wurden auf die Eucharistie angewandt (vgl. H. Lewy, Sobria ebrietas, Gießen 1929, S. 18 ff.). [36] Zu S. 43. Der von Thomas angeführte Text ist aus Cyprians 63. Brief (CSEL 4, 383—409), den der Bischof an Cäcilius richtete, gegen die in einzelnen Gemeinden eingerissene Unsitte, daß aus .Unwissenheit oder Einfalt' bei der Eucharistie Wasser statt Wein verwendet wurde. Der Brief wird auch im folgenden Artikel noch mehrfach zitiert und hat in der Tat auf die ganze spätere Zeit einen großen Einfluß gehabt (vgl. die Zusammenstellung bei F. Springer, Per hujus aquae et vini mysterium, in: Theol. u. Glaube, X I I [1920], 33—37). Um den ,Aquatikern' klarzumachen, daß bei der Eucharistie Wein verwendet werden muß, zeigt Cyprian, daß nach Ausweis der Schrift nicht das Wasser, sondern nur der Wein Symbol des Blutes Christi ist. Wenn man also nur mit Wasser opfern würde, so würde nichts anzeigen, daß es sich beim eucharistischen Opfer doch um das Blut Christi handelt. Im Wein wird also das Blut Christi ,gezeigt' (ostenditur). Aus diesem Wort darf man nicht schließen, daß Cyprian nur an eine symbolische Darstellung des Weines in der Eucharistie gedacht habe. Der ganze Zusammenhang des Briefes zeigt vielmehr, daß Cyprian die Wirklichkeit des Blutes im Kelch voraussetzt und den Wein als das geeignetste Darstellungsmittel dieses Blutes aus der Weintypik der Heiligen Schrift erweisen will. Für das Wasser weist er dagegen die Beziehung auf das Volk nach, indem er sich auf Offb 17, 15 beruft: „Die Wasser, die du gesehen hast, da die Hure sitzt, sind Völker und Scharen und Heiden und Sprachen." [37] Zu S. 44. Während die drei bisher angegebenen Gründe später in das Decretum pro Armenis (Dz 698) und in das
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Trienter Dekret über das Meßopfer (Dz 945) Aufnahme fanden hat der vierte weniger Anklang gefunden. Er stammt ebenso wie der erste und dritte Einwand dieses Artikels, aus Ps.-Ambrosius, De sacramentis, V, 1. Dort wird die Beimischung des Wassers mit dem Hinweis auf das Wasser, das in der Wüste aus dem Felsen floß und das die Juden tranken, gerechtfertigt. Auch bei der Eucharistie schlage der Priester mit dem Stabe des Wortes Gottes: „Und es strömt über das Wasser im Kelch, und es sprüht aus ewiges Leben, und es trinkt das Volk Gottes, das die Gnade Gottes erlangt hat." Vielleicht schwingt in dieser Stelle eine Andeutung mit an den Wassertrunk, der den Neophyten bei der Taufmesse gereicht wurde (vgl. Hippolyt, Traditio apostolica, 174, dazu Quasten, Monumenta eucharistica, I, S. 33, Anm. 2) als Hinweis auf die Taufe des inneren Menschen. Auch im Testamentum D. N. Jesu Christi, II, 10 (ed. Quasten, S. 273) wird das dem Wein beigemischte Wasser bei der Taufmesse auf das Taufbad bezogen, „damit auch der innere Mensch, der geistig ist, dasselbe erlange wie der Körper" (vgl. A. Greifi, Brot, Wasser und Mischwein, die Elemente der Taufmesse, in: Tüb. Theol. Quart. 113 [1932], S. 11—34). [38] Zu S. 46. Die Beimischung des Wassers zum Weine entspricht ältester kirchlicher Überlieferung. Auch beim Letzten Abendmahl wird Christus gemischten Wein getrunken haben, weil es so der jüdischen Sitte und ganz allgemein der Sitte der südlichen Völker entsprach, bei denen es geradezu als ungehörig gilt, ungemischten Wein zu trinken. Da viele Väter in dem dem Weine beigemischten Wasser die Verbindung des Göttlichen und Menschlichen in Christus dargestellt fanden, so lehnten die monophysitischen Armenier den Gebrauch des Wassers ab. Ihnen schreibt das Decretum pro Armenis die Beimischung des Wassers vor. Dasselbe tut das Trienter Konzil gegenüber protestantischen Neuerungen (Can. 9 de sacriflcio missae, Dz 956. 945; vgl. CJC 814). [39] Zu S. 50. Was die Menge des dem Weine beigemischten Wassers angeht, so ist eine gewisse Entwicklung des kirchlichen Brauches festzustellen. Sicher ist, daß man sowohl bei den Griechen wie bei den Juden eine ziemlich große Menge Wasser zuzusetzen pflegte, meistens wohl im Verhältnis von zwei Teilen Wasser auf einen Teil Wein. Im liturgischen Gebrauche der Kirche wird aber wohl stets der Wein überwogen haben. Ein Konzil von Tribur (895) forderte, daß der Kelch zu zwei Dritteln Wein und zu einem Drittel Wasser enthalte; denn der Wein bedeute Christus, das Wasser die Menschheit, die Majestät Christi aber sei größer als die Niedrigkeit der menschlichen Natur. Das Decretum pro Armenis spricht von „ganz wenig Wasser" (modicissima aqua), ebenso das CJC (c. 814). Das Mindestmaß gibt Thomas in Zu 1 an: Eine solche Quantität ist hinreichend, die durch die Sinne wahrgenommen werden kann (vgl. L. Eisenhofer, Handb. d. kath. Liturgik [1933], II, 129).
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[40] Zu S. 52. Das lateinische Zeitwort commendare wird von Augustin gern im Zusammenhang mit der Eucharistie gebraucht, und zwar wenn es sich um die Belehrung der Täuflinge über die Sakramente am Osterfeste handelt, z. B. Sermo 227: „commendatur vobis in isto pane, quomodo unitatem amare debeatis" ; Sermo Guelfebert. VII, 1 : „non ex corde n o s t r o . . . , sed ex auctoritate apostoli opus est vobis commendare et insinuare, quid sit, quod accepistis"; Sermo Denis 3, 4: „neque enim hoc sacramentum corpus Christi ita commendat, ut vos inde sejungat"; Sermo Denis 6, 1: „Propter hoc, quia et passus est pro nobis commendat nobis in isto sacramento corpus et sanguinem suum". Schon aus diesen wenigen Stellen ist ersichtlich, daß der Ausdruck in seiner Bedeutung schillert. Außer der Grundbedeutung ,anvertrauen, übergeben' kann commendare auch soviel heißen wie ,empfehlen, zeigen, klarmachen'. Aber gerade wegen dieser schillernden Bedeutung eignet sich der Ausdruck so gut f ü r die Anwendung auf die Eucharistie, in der uns der Leib und das Blut Christi wahrhaft anvertraut, übergeben werden im darstellenden Zeichen. Mit ,darstellen' übersetzt Specht (Bibliothek d. Kirchenväter : Augustinus, Bd. 5, S. 42) den Text: „Propterea quippe, sicut etiam ante nos hoc intellexerunt homines Dei, Dominus noster Jesus Christus corpus et sanguinem suum in eis rebus commendavit, quae ad unum aliquid rediguntur ex multis" (tr. in Jo XXVI, 17).
[41] Zu S. 52. Der von Thomas zitierte Augustinussatz: „Bis zum Ende der Welt ist der Herr in der Höhe, aber trotzdem ist auch hier bei uns die Wahrheit, der Herr" ergibt keinen rechten Sinn. Nach „bis zum Ende der Welt" muß ein Punkt stehen. Diese Worte sind im Zusammenhang das Ende des vorausgegangenen Satzes: Was an köstlicher Botschaft durch den Mund des Herrn verkündet wurde, wird in der Kirche uns verlesen und unseren Nachfahren, bis zum Ende der Welt. Der Herr ist in der Höhe, aber auch hier ist die Wahrheit, wo die Worte des Herrn weiterverkündet werden (PL 35, 1632). [42] Zu S. 54. Die große Mehrzahl auch der neueren akatholischen Erklärer kommen (vor allem nach dem Erscheinen von Heitmüller, Taufe und Abendmahl nach Paulus, Göttingen 1903) in der realistischen Erklärung der Einsetzungsworte überein (vgl. die Liste bei Goossens a. a. 0. S. 19—27). In der Tat, in den biblischen Abendmahlsberichten wird mit keinem Worte angedeutet, daß es sich um einen rein symbolischen Akt handelt, wie das sonst bei den Gleichnisreden der Fall zu sein pflegt. Dadurch, daß der Herr die Verteilung des Brotes und Weines mit der sonst beim Passahmahl ganz ungewöhnlichen Aufforderung zum Essen verbindet, wird der Realitätscharakter noch unterstrichen. Christus erhebt die Apostel zur engsten Gemeinschaft mit Sich auf Grund und durch den Genuß des f ü r sie hingegebenen Leibes und des Blutes des Neuen Bundes. Sicher erscheint die realistische Auffassung
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auch begründet, wenn man den Bericht des hl. Paulus 1 Kor. 11, 23 ff. hinzuzieht als den ältesten und authentischesten Kommentar der synoptischen Berichte. Treffend bemerkt Zahn (Grundriß der ntl. Theologie [1928], S. 57), als selbstverständlich spreche Paulus aus, „daß unabhängig von der Absicht und Ansicht des Einzelnen, der mitfeiert, der von der Gemeinde (?) zum Zweck dieser Handlung gesegnete Kelch und das zu diesem Zweck gebrochene Brot den Genießenden Anteil an Christi Leib und Blut gebe. Nur bei dieser Auffassung der Stiftungsworte konnte Paulus den unwürdigen G e n u ß . . . eine Versündigung am Leibe Christi nennen und in und mit solchem Genuß ein auch das leibliche Leben schädigendes Strafgericht sich vollziehend denken." Ebenso deutlich wie in dem Bericht des hl. Paulus herrscht die realistische Auffassung des Abendmahles in den Dokumenten des apostolischen Zeitalters, die sich auf den Empfang der Eucharistie beziehen, vor allem in den Briefen des hl. Ignatius von Antiochien (Smyrn. 7, 7; Philad. 4; Rom. 7, 3) und in den Beschreibungen der Eucharistiefeier durch Justin (1 Apol. 66, 3—4). Diese einheitliche Tradition wäre unerklärbar, wenn die Synoptiker eine andere Auffassung vertreten hätten (vgl. die genaue, auf alle älteren und neueren Einwände gewissenhaft eingehende Darstellung der ganzen Frage bei Ruch, L'Eucharistie d'après la Sainte Ecriture, in: DThC V, 1036—1039; sowie neuerdings Arnold, Der Ursprung des christl. Abendmahls, S. 177 f t ) . [43] Zu S. 54. Nach Ps.-Dionysius, Kirchl. Hierarchie, Kap. 3, 1, führt die Eucharistie die Vereinigung des eingeweihten (getauften) Christen mit dem E i n e n in abschließender Weise herbei, während die anderen Sakramente diese Vereinigung nicht zum vollen Abschluß bringen. Deshalb ist die Eucharistie Ziel und Krone aller sakramentalen Weihehandlungen. Dieser Gedanke ist von Thomas an vielen Stellen aufgenommen (vgl. 65, 3; 4 Sent., d. 8, q. 1, a. 1, sol. 1; d. 10, q. 1, a. 1 usw.) und mit dem andern verbunden worden, daß alles, was durch Teilnahme ist, zurückgeführt werden muß auf etwas, was durch sich ist. Thomas folgert daraus die substantielle Gegenwart Christi in der Eucharistie. Während in den anderen Sakramenten Christus nur durch eine von ihm ausgehende Kraft gegenwärtig ist, ist Er in der Eucharistie Selbst, Seiner Substanz nach gegenwärtig. Deshalb ist die Eucharistie „die Vollendung aller Sakramente" (4 Sent., d. 8, q. 1, a. 1), indem wir durch sie mit der Heiligkeit selbst verbunden werden. Wir würden nicht vollkommen mit Christus vereinigt werden, wenn wir nur jene Sakramente hätten, in denen Er Sich mit uns vereinigt durch eine den Sakramenten mitgeteilte Kraft. Erst durch die Eucharistie kommt die vollkommene Verbindung des Hauptes mit den Gliedern zustande, weil in ihr Christus Seinem Wesen nach enthalten ist (4 Sent., d. 10, q. 1, a. 1). Bei Ps.-Dionysius dagegen wird dieser Schluß nicht gezogen. Er läßt sich über die Art der Gegenwart Christi in der Eucharistie nicht weiter aus, wie er auch die Vereinigung mit Christus in der Eucharistie nicht näher erklärt.
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[44] Zu S. 54. Nach Thomas hat das angeführte Sprichwort bei Mt 24, 28 den Sinn: Wo der Leib, nämlich Christi, ist, da versammeln sich auch die Heiligen; denn sie meine das sinnbildliche ,Adler' 1 (vgl. Comp. th. 244). Diese Auslegung hatte Thomas aus der Tradition der Väter schon in seine „Goldene K e t t e " 2 aufgenommen. Hier wie in dem unvollendeten sog. Compendium aus den Neapler letzten Lebensjahren bemerkt Thomas, daß im Griechischen m ä ß e t 3 (eigentlich cadaver statt corpus in der Vulgata) steht, und zwar „um dadurch an das Leiden Christi zu gemahnen". Ein Zwischenglied zwischen dieser mehr spekulativen Verarbeitung und Auswertung des Textes und den Texterklärungen neuerer Kommentatoren kann man in der Auffassung der Glosse Luthers in der sog. Wittenberger Septemberbibel vom Jahre 1522 sehen. Es heißt dort (pag. X X X " ) am Rande zu: ,Wo ein Aas ist': „Das ist eyn sprich wortt / vnnd will sagen so viel / wyr werden vns woll zusamen finden / wo ich byn werdet yhr auch seyn / gleych wie Asz vn Adler sich woll tzu samen finden / vnd darff keyn ort sonderlich antzeygen." Für die neuere Exegese stehe M.-J. Lagrange 0. jP.: „Die Parusie wird so sichtbar sein für alle wie ein Leichnam für den Geier" (Evangile selon S. Matthieu, Paris 1923, pag. 466); und A. Schlatter, Der Evangelist Matthäus 2 , Stuttgart 1933, S. 709: „Es wird nicht gesagt, daß Jesus ein Geier sei, ebensowenig, daß die Judenschaft oder die Menschen ein Aas sei, sondern Handlung wird mit Handlung verglichen. Ist die Schuld reif, und die Not so groß geworden, daß sie den Retter herbeiruft, dann wird er mit derselben unerwarteten, aber völlig gewissen Sicherheit kommen, wie der Geier erscheint." [45] Zu S. 56. Es fällt sofort auf, daß in diesem Artikel Augustinus in den Einwänden erscheint, Hilarius, Ambrosius und Cyrillus von Alexandrien dagegen im Anderseits und in der Antwort. In der Tat war Augustinus die stärkste Stütze der mittelalterlichen Symboliker, vor allem Berengars. Thomas behauptet nun, daß Berengar und seine Anhänger die Worte Augustins falsch verstanden hätten, und erklärt ihn dann selbst im eigenen Sinne. Sicher hat Thomas darin recht, daß er Augustin nicht als Symbolisten verstanden wissen will, der eine Gegenwart des Leibes Christi in der Eucharistie nur nach dem mystischen Zeichensein lehre. Für Augustin ist zweifellos Leib und Blut Christi durch die Konsekration objektiv in den Elementen gegenwärtig vor und unabhängig von dem Empfang durch die Gläubigen. Aber Thomas kann Augustin 1 devög, der Adler: hier ist der, auch von Plinius dem Älteren, Natural, hist. 10, 3 u. Aristot., Hist. an. 9, 32 zu den Adlern gerechnete, A a s g e i e r gemeint. 2 Die Catena aurea zu Mt stammt aus den Jahren 1261—1264. 8 JIT(ß/XCL bedeutet das od. der Gefallene, der Leichnam, bes. v. gewaltsam Getöteten. Die Parallelstelle Lk 17, 37 hat aälfia als das edlere Wort. Die deutschen Bibeln pflegen i'l'l OJU.tl (bzw. d. parallele 00)Ii Cl, corpus) zu verdolmetschen durch .Aas" (vgl. äsen = fressen), dessen ursprüngliche Bedeutung „Speise" ist (s. Gryphius 1639 Sonntagssonette 26, 9 Himmelsaas „Himmelsspeise").
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nicht ohne weiteres für seine eigene Lehre in Anspruch nehmen, vor allem deswegen nicht, weil Augustin den in der Eucharistie durch die Konsekration gegenwärtigen Leib Christi nicht mit dem historischen Leibe Christi identifiziert, ohne sich weiter über die Beziehung zwischen beiden zu äußern. Das durch die consecratio mystica konstituierte Sakrament des Leibes Christi hat zwar eine über die natürliche Symbolik hinausreichende Beziehung der Ähnlichkeit zum historischen Leibe Christi, aber diese neue übernatürliche Ähnlichkeit bleibt doch vergänglich und kann mit dem unwandelbaren Sein des Leibes Christi nicht identifiziert werden (vgl. K. Adam, Zur Eucharistielehre des hl. Augustinus, in: Ges. Aufsätze [1936], S. 237 bis 267). [46] Zu S. 58. Die beiden angeführten Texte haben in der Tat auch andere, nicht nur Thomas, an Impanation denken lassen. Denn diese besteht in dem gleichzeitigen Zusammenexistieren von Brot und Wein mit dem Leib und dem Blut Christi. Doch Johannes Damascenus vertritt in seinen Schriften mit unzweideutiger Klarheit sowohl die reale Gegenwart des geschichtlichen Leibes und Blutes Christi in der Eucharistie wie auch die Verwandlung des Brotes und Weines in den Leib und das Blut Christi. Das ist nach seiner Überzeugung in den Wandlungsworten selbst ausgesprochen, denn Christus hat nicht gesagt: „Das ist ein Bild Meines Leibes", sondern: „Das ist Mein Leib" (De fide orthodoxa, IV, 1: PG 94, 1148). Es ist die Allmacht des göttlichen Wortes, die in der Kraft des Heiligen Geistes Brot und Wein zum Leibe und Blute Christi macht (1. c. 1140). Nicht so, daß der in den Himmel aufgenommene Leib Christi wieder herabstiege, sondern so, daß Brot und Wein in den Leib und das Blut Christi verwandelt werden (1. c. 1145). Wer die Kommunion empfängt, hat teil an beiden Naturen, am Leibe und an der Gottheit Christi (De imag., III, 26: PG 94, 1348). [47] Zu S. 58. Der zweite und dritte Einwand haben einen größeren geschichtlichen Hintergrund, als sie zunächst ahnen lassen. Solange nämlich die Eucharistie nicht von den übrigen Sakramenten in ihrer Eigenart klar unterschieden wurde, sondern mit ihnen auf die gleiche Linie gestellt wurde, war es schwer, zum vollen Verständnis der eucharistischen Verwandlung durchzudringen. Auch die stark symbolische Auffassung eines Augustinus ließ den Verwandlungsgedanken zurücktreten. Erst die voll entwickelte scholastische Theologie konnte mit der klaren Unterscheidung von Substanz und Akzidens die Sonderstellung der Eucharistie klar herausstellen, ohne sie doch aus dem Zusammenhang der sakramentalen Welt zu lösen. Die substantiale Gegenwart Christi in der Eucharistie hebt ja die Zeichenbedeutung der eucharistischen Gestalten nicht auf (Zu 3). [48] Zu S. 59. Thomas denkt bei den „einigen" wohl an jene Richtung unter den Anhängern Berengars, die Guitmund von Aversa in seiner Schrift De corporis et sanguinis Christi 407
veritate in Eucharistia (PL 149, 1427—1512) zuerst als ,impanatores' bezeichnet hat (1. c. 1430). Sie nehmen die reale Gegenwart des Leibes und Blutes Christi in der Eucharistie an, jedoch so, daß diese im Brote und im Weine latent zugegen seien. Auch unter den Gegnern Berengars gab es solche, die die Sakramentsverwirklichung in der Eucharistie nicht als Verwandlung, sondern als Einigung des Elementes mit dem Leibe und Blute Christi auffaßten. Diese Lehre hatte auch im 12. und 13. Jahrhundert noch ihre Vertreter (vgl. Geiselmann, Die Eucharistielehre der Vorscholastik, S. 302, Anm. 4). Wenn diese Irrtümer, dogmengeschichtlich betrachtet, Vorstufen zur Vollendung des eucharistischen Realismus waren, wie er dann durch Thomas seine endgültige Form erhielt, so bedeutete die Erneuerung der Impanationslehre durch Wiclif (f 1384) und Luther einen Abfall von der im 13. Jahrhundert erreichten Klärung. Den Irrtümern der Reformatoren gegenüber erklärte das kirchliche Lehramt auf den Konzilien von Konstanz (1418; Dz 581) und Trient (13. Sitzung 1551; Dz 884) die Impanation als unvereinbar mit dem Glauben. L u t h e r hatte die Lehre von der Transsubstantiation als ,Menschenfündlein' abgelehnt und wollte an die Stelle der subtilen Spekulationen wieder den ,schlichten Glauben' setzen. Deshalb übernahm er von den Nominalisten, die wegen ihrer Ablehnung eines realen Unterschiedes zwischen Substanz und Akzidens die wirkliche Gegenwart Christi in der Eucharistie nur als Gleichheit des Ortes des Leibes und Blutes Christi mit dem Brote und dem Weine erklären konnten, seine Lehre von der .Konsubstantiation', wobei er sich ausdrücklich auf Peter d'Ailli berief (De captivitate babyl., Mart. Lutheri Opera latina ed. H. Schmidt, Francof. M. 1868, vol. 5, p. 29—35). Sie wurde auch in die offiziellen lutherischen Bekenntnisschriften aufgenommen. Die Confessio Augustana hatte in dem 1530 dem Kaiser Karl V. übergebenen Exemplare noch den Ausdruck: „Leib und Blut Christi sind u n t e r d e r G e s t a l t von Brot und Wein wirklich gegenwärtig." Das „unter der Gestalt" wurde später von Melanchthon fortgelassen, der dem Artikel die Fassung gab: „ M i t dem Brote und dem Weine werden Leib und Blut Christi den beim Abendmahl Speisenden wahrhaft mit dargeboten (cohibentur)". Deutlich spricht sich die Apologie aus. Es heißt dort: „Beim Abendmahl sind Leib und Blut Christi wahrhaft und substantialiter gegenwärtig, und sind m i t jenen Dingen, dem Brote und dem Weine, denjenigen wirklich vorhanden, die das Sakrament empfangen . . . Und wir stellen fest, daß nicht nur die römische Kirche die k ö r p e r l i c h e Gegenwart Christi behauptet, sondern auch die griechische." Wir verstehen durchaus, wenn schon Karlstadt gegen diese Lehre dasselbe Argument geltend machte, welches der hl. Thomas in diesem Artikel darlegt, daß sie nämlich ein lokales Herabsteigen Christi vom Himmel und ein lokales Wohnen ,mit' Brot und Wein impliziere. Gegen diese Angriffe Karlstadts hat dann Luther seine Lehre von der U b i q u i t ä t des Leibes Christi entwickelt (vgl. seine Schrift von 1527: „Daß die Worte Christi ,das ist Mein Leib' noch feststehen, wider die Schwarmgeister").
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Gott ist ganz gegenwärtig nur in Christus, dem fleischgewordenen Sohn Gottes, der der Person nach Gott ist; deshalb muß Christus, in Seiner unteilbaren Gottmenschlichkeit, auch in bezug auf Seinen Körper so allgegenwärtig sein, wie Gott es ist. Gegen diese Unmöglichkeiten verteidige niemand anders als K a 1 v i n die Gesetze der analogia entis und das Recht der Vernunft, indem er schrieb: „Du Narr, wie kannst du nur von Gottes Macht verlangen, daß Er Fleisch hervorbringen solle, das zugleich Fleisch und Nicht-Fleisch ist? Ebenso könntest du verlangen, daß Er Licht schaffen solle, das zugleich Licht und Finsternis ist. Aber Er will, daß Licht Licht sei und die Finsternis Finsternis und Leib Leib. Er kann in der Tat, wenn Er es will, Licht in Finsternis verwandeln und Finsternis in Licht; aber wenn du verlangst, daß da kein Unterschied mehr sei zwischen Licht und Finsternis, heißt das nicht die ganze Ordnung verkehren, die in Gottes Weisheit ihren Grund hat? So muß Fleisch Fleisch bleiben und Geist Geist, jedes in den Gesetzen und Bedingungen, in denen Gott es geschaffen hat" (Instit. I, 122. 141). Kalvin hielt deshalb gegen Luther an dem körperlichen Thronen des Auferstandenen im Himmel fest, erklärte aber das Sein Christi in der Eucharistie als ein zwar objektives, aber rein geistiges, in der Kraft des Heiligen Geistes für den gläubig Empfangenden geschehendes. Aber seine Ausdrucksweise bleibt dunkel (vgl. Instit., V, 440; I, 509). Zeitweise hatte Kalvin zur Erklärung der realen Gegenwart an die an keinen Ort gebundene ,virtus Christi' appelliert (Instit., IV, 17). Dieser Auffassung stimmte auch Melanchthon innerlich zu, wenn er auch aus Furcht seine Meinung hinter Zweideutigkeiten zu verbergen suchte und erst kurz vor seinem Tode sich deutlich zu Kalvin bekannte. Durch diese Ketzerei Melanchthons wurde den Lutheranern der strengeren Richtung das ,mit dem Brote' der Augustana verdächtig, so daß sie es in der Konkordienformel durch das ,in' und ,unter' der lutherischen Katechismen ergänzten und durch die Ubiquitätslehre spekulativ zu stützen suchten. Aus all dem geht hervor, daß der Ersatz, den Luther für das Menschenfündlein der Transsubstantiation glaubte bieten zu müssen, selbst sich als sehr problematisch erwies und seinerseits die kompliziertesten Spekulationen nötig machte, ohne doch der von Kalvin so schonungslos aufgezeigten Widersprüchlichkeit entgehen zu können. Trotz ihrer spekulativen Schwäche hat die Formel ,in, mit und unter' doch auch für den heutigen Protestanten einen Sinn, la er in ihr das Mysterium der Eucharistie als wirkliches Z us a m m e n von göttlicher und irdischer Wirklichkeit gewahrt sieht (vgl. W. Stählin, Vom göttlichen Geheimnis, Kassel 1936, S. 14 ff.). Durch die Transsubstantiationslehre wäre dieses ,Zusammen' aufgehoben, indem die göttliche Herrlichkeit die geschöpfliche Niedrigkeit verdrängt hätte und an die Stelle des Glaubens das Schauen getreten wäre. Zudem wäre aus einem geistig-religiösen Vorgang ein Naturprozeß geworden. Schon im 5. Jahrhundert hatte der Gegensatz gegen den Monophysitismus Theodoret und andere dazu verleitet, parallel zur Zweinaturen-
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lehre in der Christologie auch einen eucharistischen Dyophysitismus zu vertreten. Wie in der Eucharistie die Natur des Brotes bestehen bleibe, so bedeute auch die Inkarnation keine Veränderung der menschlichen Natur Christi. Stark von Theodoret abhängig ist die anglikanische Kirche, in der sich unter dem Einfluß des Bischofs Andrewes (f 1626) die Ansicht weit verbreitete, das eucharistische Geheimnis sei nach Art der Inkarnation zu verstehen. Die Transsubstantiation dagegen wird im 28. der auch heute noch maßgebenden Articles of religion von 1562 abgelehnt. Auch Luther zieht die Parallele zur Menschwerdung, die heute von K. Barth wieder urgiert wird. Nirgendwo im christlichen Bereiche sei es so, sagt Barth, daß ,,in der Wirklichkeit der Schöpfung ein Verschwinden stattfände und also eine Lücke entstände und irgendwie in diese Lücke hinein träte dann, durch einen bloßen übrigbleibenden Schein menschlicher Wirklichkeit kaum verborgen, nackte göttliche Wirklichkeit". Dagegen ist zu sagen, daß die Transsubstantiationslehre schon deswegen mit Monophysitismus nichts zu tun hat, da es sich bei ihr ja nicht etwa um die Verwandlung des Brotes in die Gottheit Christi handelt, sondern in Sein Fleisch und Blut. Die Transsubstantiation setzt also die wahre Menschennatur Christi voraus, während die Ubiquitätslehre Luthers die Wahrheit des Fleisches Christi überhaupt aufhebt, wie oben mit Kalvin gezeigt wurde. Der Hauptfehler des Dyophysitismus ist aber der, daß er die Eucharistie in dieselbe heilsgeschichtliche Linie mit der Menschwerdung stellt, die Gegenwart Christi in der Eucharistie also als ein Stück Seines historischen Heilswerkes begreift und somit ihren sakramentalen Charakter verkennt. Die Eucharistie ist das sakramentale Abbild der geschehenen Menschwerdung und Erlösung. Deshalb ist sie nicht eine Brotwerdung Christi, sondern eine Verwandlung des Brotes in den wahren Leib und des Weines in das wahre Blut Christi. Bei der Menschwerdung handelt es sich um die Erlösung des Menschen. Alles das und nur das ist erlöst, was in Christus mit der menschlichen Natur vereinigt worden ist. Deshalb nimmt das Göttliche Wort die ganze wahre Menschennatur an. Bei der Eucharistie aber handelt es sich nicht um die Erlösung des Brotes. Der Gedanke, Christus nehme in der Eucharistie zu Seiner Menschennatur auch noch die Brotsnatur in die Einheit Seiner Person auf, würde den Sinn der Eucharistie aufheben, der darin besteht, daß in ihr der menschgewordene Erlöser unsere Speise wird. [49] Zu S. 60. Den vierten Beweis weiter auszuführen hat Thomas nicht für nötig gehalten. Der Gedanke ist auch so klar: bliebe nämlich die Brotsubstanz zurück, so enthielte die Eucharistie auch gewöhnliches Brot, und man dürfte — weil nicht mehr nüchtern — keine zweite konsekrierte Hostie empfangen. Diese Argumentation scheint von den Kanonisten ausgegangen zu sein (vgl. Gillmann, Die Form der eucharistischen Konsekration beim letzten Abendmahl nach Petrus Cantor, in: Katholik [1915], I, S. 389, Anm. 3).
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[50] Zu S. 61. „Vernichten als Übersetzung von annihilare wird also hier im strengen Sinne des Wortes f ü r jene m e t a p h y s i s c h e Veränderung genommen, die die Aufhebung des ganzen Seins eines Dinges bedeutet. Gott kann, Seiner an und für sich absoluten Gewalt nach, ein von Ihm geschaffenes Sein vernichten, weil alle Dinge in ihrem Sein und Tätigsein beständig von Ihm abhängen. Jedoch geschähe diese Vernichtung durch Entziehung des die Dinge im Sein erhaltenden Einflusses, nicht durch eine positive Tätigkeit Gottes, weil keine Tätigkeit das Nichts zum Ziel haben kann. [51] Zu S. 62. Die Frage, was mit dem Brote und dem Weine bei der eucharistischen Konsekration geschehe, wurde schon im Berengarschen Streit viel erörtert. In späteren Zeiten lehrt zu Paris Wilhelm von Auvergne (f 1249), daß die Substanz des natürlichen Brotes schwindet und an ihre Stelle das himmlische Brot tritt (vgl. K. Ziesche, Die Sakramentenlehre des Wilhelm von Auvergne [Wien 1911], S. 55). Und Roland Bandinelli, der nachmalige Papst Alexander III., stellt die Ansicht zur Wahl, daß die Substanz von Brot und Wein in die Elemente aufgelöst werde (ed. Gietl, S. 226). Auch Petrus Lombardus (4 Sent., d. 11: Quidam v e r o . . . ) lehnt sie nicht ausdrücklich ab. Die Vernichtung der Brotsubstanz und die ,Herbeiführung' (adductio) des Leibes Christi wurde im 14. und 15. Jahrhundert von den Nominalisten gelehrt. [52] Zu S. 62. Vorliegender Stoff' ist Übersetzung von ,materia praejacens', was soviel bedeutet wie vorher existierender Stoff, aus dem etwas wird. Es ist also damit nicht der Urstoff gemeint, der ja nicht als solcher existieren kann, sondern ein ,zweiter Stoff' (ijiateria secunda), eine körperliche Substanz, wie z. B. die Elemente einer chemischen Mischung. Während die äußeren menschlichen Handlungen eine solche Matena praejacens' voraussetzen, an der sie geschehen können, ist das beim göttlichen Handeln nicht der Fall (II CG 17). [53] Zu S. 63. Das Wort ,Zeugung' ist hier nicht etwa im biologischen Sinne zu nehmen. Generatio bedeutet vielmehr Erzeugung, Hervorbringung überhaupt. Es ist eine Veränderung, durch die ein daseiender Urgrund von einem Nichtsein zu einem Sein überführt wird. Ihr Gegenteil ist die Zerstörung. Die Erzeugung kann sich auf ein Akzidens oder auf eine Substanz beziehen. Im Zusammenhang des Artikels ist von der Erzeugung der Substanz die Rede. Im letzten Augenblick der Erzeugung ist die neue Form schon in dem erzeugten Gegenstand. Im allgemeinen aber faßten die Theologen die eucharistische Wesensverwandlung als eine ,commutatio in melius', als eine V e r ä n d e r u n g zum Besseren' auf, wie schon Faustus von Riez (PL 30, 275) es getan hatte und in Anlehnung an ihn auch Radbert, der allerdings entsprechend seiner eigenen Bestimmung der Verwandlung als creare von einem „zum Besseren Umschatten" (De corpore et sanguine Dom., XV, 1) sprach. Als „commutatio in meliorem statum" hatte auch Bonaventura die Transsubstantiation bezeichnet (4 Sent., d. 11, p. 1,
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q. 3). Thomas spricht nur davon, daß das Ziel des Wandlungsvorganges ein Etwas sei, und also keine annihilatio gegeben sei (Zu 3). [54] Zu S. 67. Der Vergleich der eucharistischen Wesensverwandlung mit der Inkarnation bezieht sich bei Thomas nur auf das Übernatürliche in beiden Vorgängen, nicht aber auf das Wesen des Vorgangs selbst, wie es z. B. Fulbert von Chartres (f 1028) getan hatte. Die Ambrosiusstelle war den mittelalterlichen Theologen geläufig durch Gratian (De cons. d. 2, c. 69: Frdbg. I, 1339/40). Im weiteren Zusammenhang der Stelle wird auch der Vergleich mit der Schöpfung gezogen. In einer eigenen Frage führt Richard von Mediavilla, ein Zeitgenosse des hl. Thomas, den Vergleich von Schöpfung, Inkarnation und Transsubstantiation durch (4 Sent., d. 11, a 1, q. 6; vgl. Lechner, Die Sakramentenlehre des Richard von Mediavilla, München 1925, S. 168 B.). [55] Zu S. 68. Das Wort ,transsubstantiatio' war von Luther als thomistische Erfindung bezeichnet worden. Demgegenüber hat Denifle in seinem Werk ,Luther und Luthertum' (1. Aufl. Mainz 1904; S. 237—245) nachgewiesen, daß der Ausdruck schon in der ersten Hälfte des 12. Jahrhunderts auftaucht. Denifle hatte Hildebert von Lavardin (f 1133) als den ersten bezeichnet, der das Wort gebrauche. Doch ist der Serm. 93 (PL 171, 776), auf den sich Denifle beruft, höchstwahrscheinlich unecht. Sicher nachweisen läßt sich der Ausdruck bei Stephan von Autun (f 1139 oder 1140; PL 172, 1291). Er war ganz geläufig geworden, als das IV. Laterankonzil ihn 1215 im Kap. 1 seines Dekretes, das speziell gegen die Albigenser gerichtet ist, sanktionierte (Dz 430). Gegen Luther hat dann das Trienter Konzil die Angemessenheit des Ausdruckes ausdrücklich bestätigt (Dz 877), was Pius VI. gegen die Synode von Pistoia wiederholte (Dz 1529). Auch die griechische Kirche hat seit dem 12./13. Jahrhundert einen dem lateinischen genau entsprechenden Ausdruck für die Wesenswandlung: ßevovoiaxHg, der im 17. Jahrhundert, als der Einfluß der westlichen Barockscholastik stark war, auf verschiedenen Synoden feierlich sanktioniert wurde. Doch es ist selbstverständlich, daß das Wort transsubstantiatio seinen prägnanten Sinn nur im Zusammenhang mit der aristotelischen Philosophie erlangen konnte. Die früheren Zeiten hatten ganz verschiedene Ausdrücke für die eucharistische Wesensverwandlung: fieranoieiaOai, ßtraßd/Moilai, /lezaggv&fii^ea'&ai, fisvaozoi%evovo!}ai (transelementari) waren im Osten gebräuchlich; transformare, transfigurare, transfundere, transmutari kommen in den westlichen Liturgien häufig vor. Für die Entwicklung der Terminologie im Frühmittelalter waren vor allem die Schrift des Ambrosius De mysteriis und die Schrift De sacramentis, die ebenfalls dem Ambrosius zugeschrieben wurde 1 , von großem Einfluß, 1 Neuerdings mehren sich die Stimmen, die diese Schrift wiederum dem hl. Ambrosius zuschreiben.
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weil sie im Unterschied zu den Schritten des hl. Augustinus die an den eucharistischen Elementen geschehende Veränderung hervorhoben, wozu sie die Termini: in aliud commutari, transire, convertere, gebrauchten. Wenn damit auch die Tatsache einer objektiven Veränderung der Elemente durch die Konsekration klar herausgestellt war, so war doch die Natur dieser Verwandlung damit noch nicht ausgedrückt. Eine neue Entwicklung der Terminologie führte Berengar herbei, indem er die dialektische Methode auf die Lehre von der Eucharistie anwandte mit den Termini forma, materia, accidens, subjectum und damit den Anstoß gab, daß seine Gegner die Möglichkeit einer Substanzverwandlung bei gleichzeitigem Bestehenbleiben der Akzidentien herausstellten. Damit war der Terminus transsubstantiatio gegeben. Genau genommen wäre der Ausdruck eher mit ,Umsubstanzung' zu übersetzen, da ,Wesensverwandlung' eigentlich nur die Veränderung der Wesensform bezeichnet, während in Wahrheit die ganze Substanz, also Wesensform und Stoff, verwandelt wird. Der Ausdruck ,Wesensverwandlung' ist aber bereits eingebürgert und auch berechtigt, wenn man unter Wesen sowohl Form als Stoff versteht. Bei Thomas hat nämlich ,substantia* auch oft den Sinn von ganzem physischem Wesen. [56] Zu S. 71. In der Hochscholastik wurde gewöhnlich zuerst die Möglichkeit der subjektlosen Akzidentien und dann erst ihr tatsächliches Zurückbleiben nach der Wandlung erörtert (vgl. Bonaventura, 4 Sent., d. 12, p. 1, a. 1, q. 1). Im Sentenzenkommentar hatte Thomas noch dieselbe Reihenfolge eingehalten (d. 12, q. 1, a. 1), während er in der Summe wider die Heiden (IV, c. 65) wie hier in der theologischen Summa von dem offenbaren Zeugnis der Sinne ausgeht und im Anschluß daran die Konvenienzgründe erörtert. Diese Anordnung des Stoffes zeigt klarer die Rücksicht auf die Tatsachen als Grundlage der Spekulation. [57] Zu S. 71. Die drei von Thomas angeführten Angemessenheitsgründe entstammen der Tradition. Der erste Grund findet sich schon in dem dem hl. Ambrosius zugeschriebenen Werke De sacramentis (4, 20: PL 16, 443). Er wurde mit den beiden folgenden Gründen von Paschasius Radbertus ausführlicher dargelegt (De corpore et sanguine Domini, c. 13: PL 120, 1315/1316). Vor allem betont Radbert, daß den G l ä u b i g e n das Sakrament als M y s t e r i u m gegeben sei und nicht als W u n d e r , das nur darin seinen Sinn hat, Ungläubige zum Glauben zu führen. Bei einer Änderung der Gestalten aber wäre die Eucharistie nicht mehr ein Mysterium, sondern ein Wunder. Auch bei Wilhelm von Auxerre (vgl. Strake a. a. 0 . S. 137) und bei Petrus Comestor (vgl. Weisweiler, Eine neue frühe Glosse zum vierten Buch der Sentenzen des Petrus Lombardus, in: Aus der Geisteswelt des Mittelalters, Münster 1935, S. 391). Den dritten Grund hat Thomas auch in ,Adoro te' verwendet: „Sehen, Schmecken, Tasten bleiben in Dir blind, / Nur allein im Hören Glaubens Stützen sind."
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[58] Zu S. 73. Petrus Cantor (f 1197) hat nach einem ungedruckten Text, den Geiselmann (Die Abendmahlslehre an der Wende der christlichen Spätantike zum Frühmittelalter. München 1933, S. 141 f.) mitteilt, die Verwandlung so aufgefaßt, daß der Stoff der Brotsubstanz verändert wird, die Wesensform des Brotes (panitas) aber bleibe, nicht nur, wie er ausdrücklich betont, die akzidentellen Eigenschaften wie Farbe, Gestalt usw. Bei den natürlichen Verwandlungen bleibe umgekehrt der Stoff und nehme eine neue Form auf. Auch Berengar hatte ja den Begriff der Wesensform noch nicht deutlich gefaßt. Die Form war f ü r ihn die Summe der Eigenschaften, so daß Sein und Erscheinungsweise der Substanz ihm untrennbar erschienen. Es ist möglich, daß Thomas auch an ihn gedacht hat. [59] Zu S. 74. Wenn Thomas verschiedentlich behauptet, die Kunst könne keine Wesensform hervorbringen (z. B. 2 Sent., d. 7, q. 3, a. 1, Zu 5; De Pot., q. 6, a. 1, Zu 18), so meint er die Kunst, insoweit sie nicht die Ursachen der Natur als Werkzeuge ihrer Tätigkeit benutzt. Denn er wiederholt immer wieder, daß die Kunst, wenn sie auch aus eigener Kraft die Dinge immer nur von außen akzidentell verändern kann (vgl. DThA, Bd. 29, Anm. [107], S. 430), doch der in der Natur selbst gelegenen Kräfte sich bedienen kann, um Wesensformen hervorzubringen, indem sie z. B. Wasser in Dampf verwandelt unter Anwendung von Feuer (II—II, 77, 2 Zu 1; 4 Sent., d. 11, q. 1, a. 1 Zu 3). Die künstliche Hervorbringung von Fröschen und Schlangen, von der Thomas hier spricht, erklärt sich aus der Lehre von der generatio aequivoca (vgl. Bd. 29. Anm. [108] und I, 71 Zu 1: Bd. 5, S 113/114; vgl. Gredt, Die aristotelisch-thomistische Philosophie, Freiburg 1935, I, S. 424 f.). [60] Zu S. 75. Die Form des Brotes könnte schon deshalb nicht in die Sepie Christi verwandelt werden, weil diese dann ex vi sacramenti in der Eucharistie gegenwärtig wäre, während in Wahrheit das eigentliche und unmittelbare Ziel der sakramentalen Verwandlung der Leib Christi ist (76, 1). Man kann aber überhaupt bei der Verwandlung nicht Form und Stoff getrennt betrachten, sondern die ganze Substanz des Brotes wird in die ganze Substanz des Leibes Christi verwandelt, sofern er Leib ist (Quodl. V, a. 11). Da jedoch nach den Grundsätzen der thomistischen Naturphilosophie, die nur e i n e substantiale Form in einer zusammengesetzten Substanz zuläßt, die e i n e Seele des Menschen alle Grade des Seins verleiht, die sich im Menschen finden, also sowohl das Körpersein als auch das vegetative, das sinnliche und das intellektive Sein, so kann man sagen, die Form des Brotes werde in die Form des Leibes Christi verwandelt, insofern sie das Körpersein gibt. Jene Scholastiker dagegen, welche die Möglichkeit mehrerer Formen in einer Substanz annehmen, wie es z. B. Richard von Mediavilla und auch Duns Scotus tun, behaupten, daß sich die Form der Brotsubstanz in die forma corporeitatis des Leibes Christi verwandle (vgl. Lechner a. a. 0. S. 167).
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[61] Zu S. 82. Paschasius Radbertus hatte, um den Wandlungsvorgang stärker als einen realen zu betonen, diesen als ein creari bezeichnet (De corpore et sanguine Dom., IV, 1: MPL 120, 1277), ohne aber damit die Natur der eucharistischen Verwandlung näher bestimmen zu wollen. Sein Gegner Ratramnus untersuchte als erster den Begriff der Verwandlung dialektisch, indem er die drei Arten der Veränderung, die in den ps.-augustinischen Categoriae decem ex Aristotele decerptae (c. 21 de motu: MPL 32, 1439) aufgeführt werden, nämlich: Übergang vom Nichtsein zum Sein, vom Sein zum Nichtsein oder vom Sein zum Sein (qualitative Veränderung), mit der eucharistischen Verwandlung verglich und zu dem Schluß kam, daß keine von ihnen hier statthabe. Trotzdem behielten die ersten Gegner Berengars (Ascelin, Adelmann, Hugo von Langres) noch die Redeweise Radberts bei, gaben sich dadurch aber Berengar gegenüber eine Blöße, der den Begriff der creatio ebenfalls im streng dialektischen Sinne nahm und aus der Auffassung seiner Gegner von der eucharistischen Vergegenwärtigung als einer creatio die Folgerung zog, daß dann unmöglich der sakramentale Leib Christi mit dem historischen identisch sein könne. Erst Guitmund von Aversa grenzte auf der Seite der Verteidiger der wirklichen Gegenwart Schöpfung und eucharistische Verwandlung genauer voneinander ab, indem er hervorhob, daß die Wandlung ein Vorgang sei, der sich auf die Substanz, nicht aber auf die sichtbaren Eigenschaften beziehe (De corporis et sanguinis Domini veritate in Eucharistie I I I : MPL 149, 1481). [62] Zu S. 90. Der Ausspruch des Ambrosius „ I n jenem Sakramente ist Christus" steht in der kirchlichen Tradition nicht vereinzelt da. Der Herr Selbst hatte in der eucharistischen Verheißungsrede (Jo 6, 50—59) das Essen Seines Fleisches und das Trinken Seines Blutes als ein Essen Seiner Selbst bezeichnet. Auch in der ältesten Kirche war die Eucharistie das Sakrament des persönlichen Kommens Christi, der durch die Epiklese Seines Namens auf die Elemente herabgerufen wurde und mit dem man in der Kommunion in engste Gemeinschaft trat (vgl. Didache c. 10). In den folgenden Jahrhunderten trat vielleicht der Gedanke an die persönliche Gegenwart Christi in der Eucharistie zurück gegenüber dem der wirklichen Gegenwart Seines Fleisches und Blutes. Doch im Grunde wurde beides nie getrennt. Der Gedanke des Johannesevangeliums, daß der erhöhte Menschensohn Sein Fleisch und Blut zum ewigen Leben und zur dauernden Gemeinschaft mit Sich gebe, ist in der kirchlichen Tradition immer maßgebend geblieben. Vor allem im Gegensatz zu Arius und Nestorius ist der Gedanke, daß der Genuß des Fleisches und Blutes Christi in der Eucharistie die physische Eingliederung in die gottmenschliche Person des Erlösers bedeute, von Hilarius (De Trinitate, V I I I , 13 S.) und später von Cyrill von Alexandrien (In Jo 6, 35) sehr stark betont worden. Doch kann anderseits auch nicht geleugnet werden, daß der Gedanke der physischen Umwandlung der Elemente in die ganze Persönlichkeit Jesu und deren
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Gegenwart in jeder der Gestalten nicht in den Vordergrund trat. Ganz deutlich ist das beim hl. Augustin, der wohl die Gnadenkraft des Fleisches und Blutes Christi in der Eucharistie in seiner antipelagianischen Periode klar herausstellt, ohne aber über die wirkliche Gegenwart der gottmenschlichen Persönlichkeit Christi zu reflektieren oder sie gar zu einem besonderen Motiv der Frömmigkeit zu machen. Das Fleisch Christi in der Eucharistie war ihm das Mittel, um zur Teilnahme am Geiste Christi zu gelangen und zur Verbindung mit dem Göttlichen Worte. Erst das Bekanntwerden der aristotelischen Dialektik hat im Frühmittelalter den Theologen die begrifflichen Mittel an die Hand gegeben, um die Gegenwart des ganzen Christus unter jeder der Gestalten klar herauszustellen. Doch geschah auch das nicht von heute auf morgen, Radbert hatte den Grundsatz aufgestellt, daß wir „im Kelche nichts anderes trinken als das Blut Christi und im Brote nichts anderes empfangen als den Leib des Herrn" (De corp. et sang., c. 20: MPL 120, 1332). Von ihm ist auch Lanfranc (f 1089) noch beeinflußt. Für diesen ist der Empfang der sakramentalen Realität, des Fleisches f ü r sich und des Blutes f ü r sich (De corp. et sang., c. 15: MPL 150, 425) nur der Anlaß, daß der ganze Christus empfangen wird, indem der Empfänger dabei das ewige Leben, das Christus Selbst ist, ersehnt usw. Der Empfang des ganzen Christus wird also von Lanfranc in die Seele des Empfängers verlegt. Der Kardinal Humbert von Silva Candida hatte den Inhalt der Eucharistie im Zusammenhang mit seiner Bekämpfung Berengars in streng christologischem Sinne als den ausschließlich der zweiten göttlichen Person in Personeinheit verbundenen Leib bestimmt. Im weiteren Verlaufe des Berengarschen Streites erörterte Guitmund (De corp. et sang. Dom.: MPL 149, 1450), daß die Teilung der Spezies nicht auch eine Teilung des Leibes Christi zur Folge habe. Er war nicht der erste, der das aussprach. Schon Eutychius von Konstantinopel (f 582) hatte sich im ähnlichen Sinne geäußert, und es ist interessant festzustellen, daß er denselben Vergleich mit dem von vielen gehörten und doch eins bleibenden Worte bringt, den auch Guitmund hier zur Erläuterung herbeizieht (vgl. sermo de paschate, n. 2: MPG 86, 2394). Auch Thomas bringt die Stelle aus Eutychius in der Catena aurea zu Lk 22, 19. In der Liturgie des hl. Chrysostomus findet sich derselbe Gedanke in dem Gebet zur Teilung des heiligen Leibes. Auch im Westen ist er verbreitet. Eusebius Gallicanus (5. Jhdt.) legt ihn in einer Homilie dar (Bibliotheca Maxima Patrum, VI, 636). 1 Von hier aus ist es kein weiter Weg mehr zu der andern Erkenntnis, daß in jeder Gestalt Leib u n d Blut Christi enthalten sei, so daß mit dem Leib auch das Blut empfangen werde und umgekehrt. Die Zweizahl der sakramentalen Realitäten hat dann nur noch symbolische Bedeutung (Arnulf von Rochester [f 1124] und Bruno von Köln [f 1101J; vgl. 76, 2 Zu 1). Die nächste Folgerung, daß dann auch unter jeder Gestalt der ganze Christus, Fleisch, 1 Vgl. A n m . 78.
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Blut, Seele, Gottheit enthalten sei, finden wir in einem früher dem hl. Anselm von Canterbury zugeschriebenen Briefe (ep. 107: MPL 159, 255) ausgesprochen, der aber wohl in den Kreis des Anselm von Laon gehört, der in seinen Sentenzen (ed. Biiemetzrieder, S. 117) dieselbe Ansicht vertritt (vgl. Geiselmann, Abendmahlsl'ehre, S. 83). Bei Odo von Ourscamp finden wir dann einen Ansatz zu der Unterscheidung ,kraft des Sakramentes' und ,durch natürliche Mitfolge', indem er sagt, daß doch das Brot nur in den Leib Christi verwandelt werde, aber in den Leib, der mit dem Blute verbunden sei, während der Wein nur in das Blut Christi verwandelt werde, das aber im Leibe Christi sei. (Text s. bei Geiselmann a. a. 0. S. 84.) Klarer unterscheiden die Lehrer der Hochscholastik zwischen dem, was durch die sakramentale Verwandlung in diesem Sakramente sei: Leib und Blut Christi, und dem, was gegenwärtig ist, weil es mit diesen, sei es durch die körperliche Verbindung, sei es durch substantielle Verbindung wie die Seele Christi, sei es durch die hypostatische Union wie die Gottheit, verbunden sei (Albertus M., 4 Sent., d. 12 B, a. 4; Bonaventura, 4 Sent., d. 11, p. 1, a. 1, q. 4). [63] Zu S. 91. Nestorius hatte, getreu seiner Lehre, daß in Christus menschliche und göttliche Natur nicht in der Einheit der Person vereinigt sind, die Eucharistie allein auf den Menschen Christus bezogen und sie als subjektive Erinnerungsfeier an den Tod Christi aufgefaßt. Gegen diese Entleerung des eucharistischen Geheimnisses hatte Cyrill von Alexandrien betont, daß wir in der Eucharistie das eigene Fleisch des Logos essen, nicht als ob wir das Wesen Gottes selbst verzehrten, sondern wir werden teilhaftig des Leibes und Blutes Christi, das aber durch die Vereinigung mit dem Logos zu einem lebendigmachenden geworden ist, so daß der Logos nicht nur auf göttliche Weise durch den Heiligen Geist in uns bleibt, sondern auch auf menschliche Weise durch Sein heiliges Fleisch und kostbares Blut (gegen Nestorius, IV, 110). Das Konzil von Ephesus (431) entschied sich f ü r die Lehre des Cyrillus. Die hypostatische Union ist also der eigentliche Grund, weshalb in der Eucharistie mit dem Leibe und Blute Christi auch die Gottheit gegenwärtig ist. Das spricht auch das Trienter Konzil aus (Dz 876, sess. XIII, c. 3), das einen Unterschied zu machen scheint zwischen Leib, Blut und Seele, die unter jeder Gestalt kraft der natürlichen Mitfolge sei, durch die die Teile des auferstandenen Herrn miteinander verbunden seien, und der Gottheit, die wegen der hypostatischen Union gegenwärtig sei. In der Tat ist zu unterscheiden zwischen der Mitfolge der Gottheit und der der Seele Christi. Gottheit und Leib Christi wurden nie getrennt, wohl aber wurde beim Tode Christi die Seele vom Leibe getrennt (50, 3). Man wird aber der Ansicht einiger Theologen wie Bellarmin nicht zustimmen können, daß, weil vi verborum der Leib des Gottmenschen — „ M e i n Leib" — gegenwärtig sei, auch die Gottheit kraft des Sakramentes gegenwärtig sei. Das Trienter Konzil zählt die Gottheit Christi unter dem, was vi verborum in der Eucharistie gegenwärtig 27
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ist, nicht auf, und klar lehrt Thomas (In Jo 6, 52, lect. 6) : „Gottheit und Seele sind zugegen durch natürliche Mitfolge. Das Unmögliche nämlich gegeben, daß die Gottheit vom Leibe Christi getrennt würde, wäre die Gottheit nicht mehr im Sakrament." [64] Zu S. 98. Ungefähr um die Zeit des hl. Thomas vertrat diese Ansicht Wilhelm von Auxerre (Summa aurea, fol. 259d). Petrus von Tarantasia, der Mitbruder des Heiligen, hält die von Thomas vertretene Ansicht f ü r die-wahrere und verweist dabei auf die analoge Gegenwart der Seele im Leibe. Der Vergleich mit dem zerbrochenen Spiegel war bei den älteren Scholastikern sehr beliebt (vgl. Alanus ab Insulis, Contra haer., I, c. 58: MPL 210, 362). Albertus M. bringt ihn als Einwand (4 Sent., d. 13, a. 11). Der Vergleich ist offenbar von Augustin veranlaßt, der das Phänomen bei seiner Erklärung der Sinnestäuschungen erwähnt (Contra Acad., III, 11, n. 26: MPL 32, 947). Er scheint das erstemal von der Eucharistie gebraucht worden zu sein in den Sententiae divinitatis aus der Schule Gilberts de la Porée im 12. Jahrhundert. Je folgerichtiger der Substanzbegriff auf den in der Eucharistie gegenwärtigen Christus angewandt wurde, desto leichter waren alle die damit zusammenhängenden Probleme zu lösen (vgl. 77, 7). [65] Zu S. 98. Auch Bonaventura berichtet die Ansicht einiger, daß Christus in diesem Sakramente unendlich oft sei, weil es unendlich viele Teile habe. Er widerlegt sie dadurch, daß Christus in der Eucharistie nicht wie der Körper am Ort sei, sondern wie das Bezeichnete im Zeichen, welches das Bezeichnete nicht nur bezeichnet, sondern auch enthält. Solange nur ein Zeichen da ist, ist Christus auch nur einmal in dem einen Zeichen. Daraus folgt, daß Christus auch nur so lange unter den Gestalten ist, als diese Zeichen sind, also nicht mehr unter den kleinsten Partikeln, die z. B. beim Brechen der Hostie sich lösen und nicht mehr sichtbar sind. Man muß sich jedoch fragen, ob dieser Gedanke, den auch Albert sich zu eigen macht (4 Sent., d. 13, a. 11), der Tatsache der Transsubstantiation ganz gerecht wird. Thomas jedenfalls geht folgerichtiger von dieser aus, ohne das doch mehr subjektive Moment des Zeichenseins hier zu berühren. Nach der Lehre von der Transsubstantiation ist Christus so lange unter den Gestalten gegenwärtig, wie auch die natürliche Substanz unter den Eigenschaften gegenwärtig sein kann, ohne Rücksicht auf das Zeichensein. [66] Zu S. 99. Einige Anhänger des Descartes lehrten, daß Christus nur in den kleinsten physischen Teilen der Gestalten ganz zugegen sei, und zwar so, daß die Gliedmaßen sich gegenseitig durchdringen, oder so, daß Christi Leib zu einer Art Miniaturleib zusammengezogen sei. Alle solchen Ansichten beruhen auf einem falschen Substanzbegriff, und bei den Kartesianern insbesondere auf der falschen Teilung des Seins in res cogitans und res extensa, Geist und Ausgedehntes. Wer auf dem Standpunkt steht, daß das Wesen des Körperseins in der
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Ausdehnung bestehe und daß nur das Geistige unausgedehnt sei, kann das eucharistische Geheimnis nicht erklären. Es bleibt für ihn philosophisch ein Widerspruch. Der Wert der aristotelischen Philosophie für die Erklärung der eucharistischen Gegenwart Christi liegt gerade darin, daß sie es ermöglicht, das wahre Körpersein Christi mit einer Gegenwartsweise nach Art des Geistes zu vereinbaren. [67] Zu S. 103. Zur Erläuterung der Begriffe .begrenzt' und ,umgrenzt' sei nach Gredt, Die aristotelisch-thomistische Philosophie, I, S. 178 (wo statt begrenzt ,abschließend' und statt umgrenzt ,umschrieben', bzw. ,umschränkend' gesagt wird), beigefügt, daß begrenzt (definitive) an einem Orte ist, was so dort ist, daß es nicht zugleich an einem andern Orte sein, noch einen größeren Ort einnehmen kann. So ist ein zwei Kubikmeter großer Körper abschließend an einem zwei Kubikmeter großen Orte zugegen. Ein Engel ist begrenzt an dem Orte zugegen, der den ganzen Umkreis seiner Tätigkeit erschöpft, so daß er seine Tätigkeit nicht auf einen größeren Umkreis ausdehnen kann. Hieraus erhellt, daß Gott auch im ganzen Weltall nicht begrenzt gegenwärtig ist. „Umgrenzt" (circumscriptive) sind die Körper am Ort, wenn sie nicht bloß ausgedehnt sind an sich, sondern auch in bezug auf den Ort, so daß ihre Oberfläche von der inneren Höhlung des Ortes umschrieben und ihr angemessen ist. Diese letzte Art, am Ort zu sein, ist das ,Wo' der zehn aristotelischen Urweisen des Seins (Kategorien). Die besondere Gegenwart Christi in der Eucharistie, die Thomas hier von den anderen Gegenwartsweisen unterscheidet, hat man später als ,eucharistisches W o ' bezeichnet. Thomas selber sagt (4 Sent., d. 10, a. 3, qa 1 Zu 1), daß das Verhältnis Christi zu den Gestalten auf keine von den Philosophen angegebene Seinsweise zurückgeführt werden könne, wenn es auch eine gewisse Ähnlichkeit mit dem AmOrt-sein habe. [68] Zu S. 108. Thomas schreibt eine „ g e w i s s e Beziehung", die das Enthaltensein des Leibes Christi unter den Gestalten — ein „esse quoddam relativum" (Comm. Card. Caj. Leon., X I I , 187) — meint (vgl. Zu 3), weil sie von Seiten des Leibes Christi gedankliche Beziehung (relatio rationis cum fundamento in re) ist. Beziehungsträger ist der Leib Christi, Beziehungsziel sind die Gestalten. Der Weg zu dieser Beziehung ist eine „Veränderung im weitesten Sinne" (Caj.), deren Ausgangspunkt das Nicht-Enthaltensein unter den Gestalten, deren Zielpunkt das Enthaltensein ist. Hier ist offenbar: Ein anderes ist das Sein des Leibes Christi in sich selbst und ein anderes ist das Enthaltensein ebendesselben in sich existierenden Leibes Christi unter dem Sakramente. Der Beziehungsgrund, kraft dessen die Beziehung des Enthaltenseins unter den Gestalten ( = novitas continentiae) zukommt, ist die Wandlung (novitas conversionis), insofern (vgl. Scheeben-Atzberger, Dogm., IV, 598, § 372, n. 445) Christi Leib kraft der Wandlung seinem s a k r a m e n t a l e n S e i n nach hervorgebracht wird. Die
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Wandlung selbst, eine Bewegung ohne Träger (mutatio absque subjecto), hat als Ausgangspunkt das Brot, als Zielpunkt den Leib Christi (cf. Comm. Card. Caj. Leon., XII, 157). Von Seiten der Brotsgestalten entspricht dieser gedanklichen Beziehung eine sachliche (relatio realis), weil das Verhältnis der Gestalten zum Leibe Christi durch die Wandlung entsteht. [69] Zu S. 109. In dem Brief an den Bischof Calosyrius wen • det sich Cyrillus gegen einige Mönche vom Berge Kalamon, die einige Stellen der Heiligen Schrift falsch auslegten, indem sie u. a. aus dem Worte der Schrift, daß der Mensch geschaffen sei nach Gottes Bild und Gleichnis, folgerten, daß Gott also menschliche Gestalt habe. So ist es leicht möglich, daß sie auch ihre hier bekämpfte Ansicht auf die von Thomas im Einwand angeführte Schriftstelle stützten, wenn das auch in dem Briefe Cyrills nicht ausdrücklich erwähnt wird. Jedenfalls beruht diese Ansicht einiger Mönche auf ganz anderen Gründen als die der Protestanten, die die Gegenwart Christi in der Eucharistie nur im Augenblick des Genusses anerkennen wollen, weil sie in dem Glauben an die dauernde Gegenwart eine Verdinglichung des Heiligen sehen. [70] Zu S. 113. Das Auge erreicht also in keiner Weise die übernatürliche Wirklichkeit der Eucharistie. Trotzdem : „um die Wende des 12. zum 13. Jahrhundert nimmt das Schauen in der eucharistischen Frömmigkeit eine ganz besondere Stellung ein. Man bewahrt das Sanktissimum in dem Sakramentshäuschen, das durch ein Gitter den Glaszylinder sehen läßt, in dem die heilige Hostie ruht. Stettin, Danzig und andere nordische Städte sind die ersten, in denen so die heilige Eucharistie außerhalb der Meßfeier der Schau ausgesetzt bleibt. Das Erheben der heiligen Hostie und des Kelches bei der Wandlung wird erst um diese Zeit allgemein. Dem Volksbewußtsein genügt es, die heilige Hostie gesehen zu haben, um der ganzen Messe teilhaftig zu s e i n . . . Ja, es kommt sogar zur Kontroverse darüber, ob das Sehen der heiligen Hostie gleichwertig ist mit dem Empfang in der heiligen Kommunion. Man spricht von einer Augenkommunion" (Ildefons Herwegen, Antike, Germanentum und Christentum, Salzburg, S. 52 f.). Das Schauen der Hostie wurde dem Sehen Christi gleichgestellt. So berichtet eine Legende, daß einem Ritter im Kampfe ein Auge ausgeschlagen wurde. Er setzte es sich mit den Worten wieder ein: „Ich glaube es nicht, daß ich das Auge verloren habe, das heute gesehen hat den, der alle diese Welt erleuchtet" (Herwegen, a. a. 0. 53). Die Frömmigkeit des Volkes ging also andere Wege als die Gelehrsamkeit der Theologen (vgl. Ed. Dumoutet, Le désir de voir l'hostie et les origines de la dévotion au SaintSacrément, Paris 1926, und P. Browe, Die Verehrung der Eucharistie im Mittelalter, München 1933, S. 27 ff.). [71] Zu S. 114. Von eucharistischen Wundern wußten schon Cyprian und Augustinus zu berichten. Doch offenbarte sich in ihnen die Heilskraft der Eucharistie an den Gläubigen. Es
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waren keine Transsubstantiations- oder Präsenzwunder. Um die Mitte des 9. Jahrhunderts etwa setzen die Erzählungen von Wandlungswundern ein. Sie spiegeln also die theologische Entwicklung wieder. Paschasius Radbertus benutzt sie, um die wirkliche Gegenwart Christi in der Eucharistie zu erhärten. Die sakramentale Form tut der Wirklichkeit des Herrnleibes keinen Eintrag. Durch wunderbares Eingreifen Gottes können die Hüllen fallen und Fleisch und Blut in ihrer natürlichen Wirklichkeit erscheinen. Demselben Gedanken begegnen wir bei Petrus Damiani (f 1077) und Lanfranc (f 1089). An der Wende vom 12. zum 13. Jahrhundert wurden die eucharistischen Wunder immer häufiger. Es handelte sich nicht mehr nur um vorübergehende wunderbare Erscheinungen, sondern um sog. Dauerwunder, vor allem blutgerötete Wunderhostien oder Blutkorporalien, zu denen von fern her ungezählte Menschen pilgerten. Am berühmtesten wurde Wilsnack in Brandenburg (vgl. die Zusammenstellung bei P. Browe, Die eucharistischen Verwandlungswunder des Mittelalters, in: Rom. Quartalschr. 37 [1929], S. 137—169). — Häufig handelte es sich dabei um Belehrungswunder, etwa um Priester, die nicht glauben können, daß auf ihr Wort hin die Wandlung stattfindet, zu überzeugen, oder um die damals häufig umstrittene Frage zu entscheiden, ob die Wandlung gleich nach der Konsekration der Hostie eintrete oder erst wenn auch der Wein konsekriert sei. Viele dieser Wunder beruhten auf natürlichen Ursachen, wie dem roten Hostienpilz, ja sogar auf bewußter Fälschung von Seiten der Geistlichen. Deshalb wandte sich im ausgehenden Mittelalter die kirchliche Autorität selbst gegen sie, vor allem Nikolaus von Kues auf seinen Reformreisen. Er erließ verschiedene Verbote der Wallfahrt zu wunderbaren Hostien. „Das ist etwas Verderbliches, das unserm Glauben entgegen ist und das wir, ohne Gott zu beleidigen, nicht dulden können. Denn unser katholischer Glaube lehrt, daß Christi Leib in der Glorie ist, und daß auch sein verherrlichtes Blut in seinen verherrlichten Adern vollständig unsichtbar ist" (zit. bei Browe, a. a. 0. S. 156). Die Theologen erklärten diese Wunder, an deren Tatsächlichkeit sie im allgemeinen nicht zweifelten, in ähnlicher Weise wie Thomas. Sie führten sie zurück auf subjektive Veränderungen der Sinne, wenn es sich um Visionswunder, oder auf objektive Veränderungen der Spezies, wenn es sich um Dauerwunder handelt. Thomas folgt hier seinem Lehrer Albert (4 Sent., d. 13, a. 38). In der Frage, worin diese objektive Veränderung besteht, gingen die Theologen wieder auseinander. Die dem Volksglauben näher stehenden Franziskaner, wie z. B. Duns Scotus, neigten im allgemeinen mehr zu der Auffassung, daß es sich um einen Teil des wirklichen Fleisches oder Blutes Christi handle. Sie konnten das um so eher vertreten, als sie an die Möglichkeit einer Bilokation glaubten. Thomas mußte von seinen naturphilosophischen Voraussetzungen aus diese ablehnen. Aber was sieht man, wenn einerseits keine rein subjektive Vision vorliegt und anderseits auch Christi verklärter Leib sichtbar ist? Die Unterscheidung, die Thomas in diesem Artikel macht, daß die Veränderung nur an sekundären Akzidentien der Form und
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der Farbe vor sich gehe, während das Grundakzidens der Ausdehnung unberührt bleibe, mußte zu verschiedenen anderen Schwierigkeiten führen. Änderung der Farbe und Figur würde aber die Spezies ihrer Zeichenbedeutung berauben, an die doch die Gegenwart des Leibes Christi im Sakrament gebunden ist. Mit Thomas meinen eine Reihe seiner Schüler, wie Capreolus, daß der Leib Christi bleibe, solange die Quantität nicht geändert werde. Daraus zieht Cajetan die Folgerung: Wenn das Fleisch und das Blut, das sichtbar wird, ungefähr gleich groß sind wie die Hostie "und der Wein, die verschwinden, bleibe auch der Leib Christi. Wenn aber z. B. der ganze Kelch plötzlich von Blut erfüllt erscheine, so sei an eine Gegenwart Christi nicht mehr zu glauben (vgl. Kommentar z. St.). Heute werden solche Erscheinungen von den Theologen meist als Halluzinationen oder als rein natürliche, durch Mikroorganismen herbeigeführte Zersetzungserscheinungen erklärt. (Vgl. P. Browe, Die scholastische Theorie der eucharistischen Verwandlungswunder, in: Tüb. Theol. Quartalschr. 110 [1929], 305—332. Über die bildlichen Darstellungen und ihre interessante Verbindung mit dem Bild des Schmerzensmannes unterrichtet R. Bauerreis, 0. S. B., Pie Jesu, das Schmerzensmannbild und sein Einfluß auf die mittelalterliche Frömmigkeit, München 1931.) [72] Zu S. 118. Der Ausdruck ,Pyxis' sei wegen seines mehrfachen Sinnes nicht übersetzt. „Die gebräuchlichste Bezeichnung des Gefäßes zur Aufbewahrung der Eucharistie war im Mittelalter pyxis vom griech. Jtv^ig, nach seiner ursprünglichen Bedeutung ein Behälter aus Buxbaumholz. Immer wieder erscheint derselbe seit dem 9. Jahrhundert in den Chroniken, Synodalstatuten und Inventaren unter ebendieser Benennung. Freilich bezeichnet das Wort in ihnen nicht ausschließlich das Gefäß zur Aufbewahrung des Allerheiligsten. Nicht selten heißen in ihnen vielmehr auch andere Behälter pyxis, zumal für Reliquien, f ü r die zu konsekrierenden Hostien und f ü r den Weihrauch. Als Behälter für die Eucharistie ist dieses Wort darum f ü r jene Zeit zu deuten, nur wenn eine entsprechende Beifügung oder der Zusammenhang es zeigen" (Braun, Altargerät, München 1932, S. 282 f.). [73] Zu S. 118. ,Figura' ist nicht das gleiche wie Ausdehnung, sondern eine nähere Bestimmung, eine Qualität der Ausdehnung (I, 7, 2 Zu 2: Bd. 1, Anm. [103]). Darum kann die Ausdehnung des Brotes bleiben und die Eigenschaft, die Gestalt, verändert werden auf übernatürliche Weise, ohne daß diese Trennung von Ausdehnung und Gestalt ein innerer Widerspruch wäre. [74] Zu S. 122. Die angeführte Stelle stammt natürlich nicht von Papst Gregor, sondern findet sich bei Lanfranc (Liber de corpore et sanguine Domini, c. 20: MPL 150, 436). Erst in der Auseinandersetzung mit Berengar ist die Frage nach den zurückbleibenden Akzidentien unter den Theologen akut geworden. Die Väter haben sich nicht mit ihr beschäftigt, da ihnen eine theologisch-wissenschaftliche Durchforschung' des eucharistiechen Geheimnisses ganz fernlag. Ihr Anliegen war, den
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Glauben an das Geheimnis zu stärken und die übernatürliche Tatsache vor allem nach ihrer praktischen Bedeutung den Gläubigen nahezubringen, ohne das ,Wie' erforschen zu wollen. Ja, die Frage nach dem Wie ist für viele von ihnen geradezu ,die Frage des Unglaubens' (Theophylakt, Opera omnia, Venedig 1754, I, 594): „Wenn die Gedanken des Unglaubens in die Seele eindringen, dringt zu gleicher Zeit das Wie ein." Auch dort, wo wir bei den Vätern einem Begriff der eucharistischen Verwandlung begegnen, der dem der Transsubstantiation sachlich gleichkommt, finden wir doch keine Überlegungen über die Existenzweise der zurückbleibenden Akzidentien, wohl nicht nur deshalb, weil den Vätern die spekulativen Voraussetzungen fehlten, wie die genaue Unterscheidung zwischen Substanz und Akzidens, sondern auch deshalb, weil ihr Denken weniger analytisch war und weniger auf die konkret-dingliche Existenz als vielmehr auf die pneumatische Wirklichkeit gerichtet war. Das wurde anders, als die theologische Spekulation zu Beginn des Mittelalters nach dem germanischen Norden wanderte. Dort äußerte sich auf der einen Seite eine ßtarke Tendenz, die menschliche Vernunft der Autorität der Väter überzuordnen, wie es bei Johannes Scottus Eriugena und vor allem bei Berengar der Fall war. Sie fand eine starke Stütze an den Resten, die sich aus der aristotelischen Logik ins Mittelalter hinübergerettet hatten. Ihnen gegenüber stand eine mehr an den Vätern orientierte Richtung, die die Dinge des Glaubens nicht mit den Mitteln der Vernunft auf ihr Wie hin untersuchen wollte (vgl. z. B. Lanfranc, De corpore et sanguine Domini, c. 17: MPL 150, 427; Guitmund von Aversa: MPL 149, 1141; Paschasius Radbertus: MPL 120, 1279). Beide Richtungen aber kamen darin doch auch wieder überein, daß sie eine starke Neigung zum Konkreten, Empirischen hatten, die bei Berengar zu einem ausgesprochenen Empirismus wurde, der überhaupt nicht mehr zwischen Träger und Eigenschaften, innerer und äußerer Wirklichkeit unterscheiden wollte. Aber auch bei den Gegnern Berengars rückten der Inhalt der Eucharistie und die Eigenschaften des Brotes und Weines sehr eng aneinander. Das fand 6einen Ausdruck in der Formel von 1059, die Berengar beschwören mußte und in der behauptet wurde, daß der Leib Christi gebrochen, mit den Zähnen zermalmt werde usw., Ausdrücke, für die man höchstens bei dem Syrer Chrysostomus Parallelen finden konnte. Diese auf das Konkrete gerichtete Denkweise führte bei Berengar zum reinen Symbolismus. Er war an sich der erste, der die Begriffe: Träger (materia — subjectum) und Eigenschaft (forma — proprietates — accidens) auf die Eucharistielehre anwendete. Da er aber den Träger (subjectum) mit materia und die Eigenschaften (accidens) mit forma gleichsetzt, so ist das accidens f ü r ihn nicht etwas zum Träger, der Substanz, hinzukommendes Unwesentliches, sondern es ist selbst Wesensprinzip. Deshalb kann es f ü r ihn keine Wesensverwandlung geben, in der die Akzidentien zurückbleiben, sondern eine consecratio, die aber das Wesen der Elemente unverändert läßt. Die Gegner Berengars dagegen brachte die nicht klar durchgeführte Scheidung von sakramentalem Inhalt und sakra-
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mentalen Gestalten in verschiedene, f ü r sie unlösbare Antinomien. Wie ist der Genuß des Leibes Christi durch die Unwürdigen möglich? Wie kann der unvergängliche und unverletzliche Leib von den Zähnen zerrieben, gebrochen, von den Mäusen zernagt werden u. dgl.? Manche nahmen an, daß dann der Leib Christi unter den Gestalten aufhöre zu existieren, wenn eine Maus die Gestalten benage. Aber dann fragte es sich, was denn die Maus nähre, wenn sie eine geweihte Spezies zernage. Diese und ähnliche Schwierigkeiten konnten nur durch die klare Unterscheidung von sakramentalem Inhalt und sakramentalen Spezies gelöst werden, wie sie vor allem bei Anselm von Canterbury sich findet (ep. 107: MPL 159, 256). Doch mußte dann die Frage entstehen, in welchem Träger die zurückbleibenden Akzidentien sich befänden. Hier gibt Alger von Lüttich die Antwort, die später sich allgemein durchsetzen sollte, daß nämlich Gott sie durch Seine schöpferische Macht f ü r sich existieren ließe (De sacramento corporis et sanguinis Domini, lib. II, c. 1: MPL 180, 810). Aber während Alger diese Frage noch ein wenig geringschätzig als eine solche der Dialektiker bezeichnet, zieht sie später immer mehr das Interesse der Theologen auf sich, vor allem nachdem in der Schule Abaelards die Meinung aufgetaucht war, die zurückbleibenden Spezies wären in der umgebenden Luft als ihrem Träger (Anm. [74 a ] ) . Die Gegner Abaelards, Bernhard und Wilhelm von S. Thierry, bekämpften diese Ansicht heftig, und die Lehre, daß die Fortdauer der Akzidentien sich überhaupt nicht auf eine stoffliche Ursache, sondern allein auf die göttliche Wirkursächlichkeit gründe, setzte sich immer mehr durch. In der Hugo von St. Viktor zugeschriebenen Summa Sententiarum (tr. VI, c. 4: MPL 176, 141) wurde sie wiederum klar ausgesprochen. Weitere Entwicklung erfuhr sie vor allem durch Albert d. Gr., bei dem sich fast alle Prinzipien finden, auf denen Thomas dann seine Lösung aufbaut: die Akzidentien existieren auf übernatürliche Weise ohne Träger. Die Einwände dagegen verwechseln das Wesen des Akzidens mit dem tatsächlichen Haften an einem substantiellen Träger (4 Sent., dist. 12, a. 16). Die Quantität dient den übrigen Akzidentien als Träger. Die auf übernatürliche Weise ohne Träger existierenden Akzidentien sind durch sich selbst wirkfähig und veränderungsfähig (a. 13). Nachdem schon Albert die Lehre von den ohne Träger durch die göttliche Wirkursächlichkeit im Dasein erhaltenen eucharistischen Akzidentien als die „weiter verbreitete und katholischere" bezeichnet hatte (4 Sent., dist. 12, a. 10), erhielt sie eine Art offizieller Sanktion dadurch, daß Thomas sie in die Liturgie eindringen ließ durch die Lektionen der zweiten Nokturn des Fronleichnamsfestes. Auch der Römische Katechismus nahm sie auf (Pars II, c. 4). Vor allem aber wurde der entgegenstehende Irrtum Wiclifs auf dem Konstanzer Konzil verworfen (Dz 582). Das Trienter Konzil spricht wohl von den zurückbleibenden Spezies des Brotes und Weines, will aber unmittelbar nur die Transsubstantiation gegen die Protestanten definieren (vgl. F. Jansen, Accidents eucharistiques, in: DThC V, 1308—1452).
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[74 a] Zu S. 123. Die Ansicht, daß die zurückbleibenden Akzidentien in der Luft als ihrem Träger sind, wurde in der Schule Abaelards (1147) vertreten. Aus dieser sind verschiedene Sentenzenbücher auf uns gekommen. Das bedeutendste unter ihnen ist die irrtümlicherweise Abaelard selbst zugeschriebene Epitome theologiae christianae. Sie ist von einem Magister Hermannus verfaßt. In ihr heißt es zu unserer Frage: „Wir dürfen wohl behaupten, daß die (alte) Form sich in der Luft befindet, um das Fleisch und Blut aus dem genannten Grunde zu verbergen, wie auch die Menschengestalt in der Luft ist, wenn ein Engel in Menschengestalt erscheint" (MPL 178, 1743). Das zweite Sentenzenbuch ist das des Magisters Roland, des späteren Papstes Alexander I I I . Ähnlich sagen die Sententiae Florianenses, die ebenfalls zur Schule Abaelards gehören (ed. Ostlender, Bonn 1929, S. 31), und ein anderer Schüler Abaelards, der Magister Omnibene, der die eucharistischen Gestalten mit dem vom Apfel in der Luft zurückbleibenden Duft vergleicht (vgl. Denifle,.Die Sentenzen Abaelards und die Bearbeitungen seiner Theologia vor Mitte des 12. Jhdts., in: Archiv für Literatur- und Kirchengeschichte des Mittelalters, I, Berlin 1885, S. 467). Auch in den Sentenzen des Cod. Paris Nat. lat. 18108 heißt es, daß Gott die zurückbleibenden Spezies vor unseren Augen in die Luft stellt, damit die Menschen sich nicht scheuen, den darunter verborgenen wahren Leib Christi zu genießen (A. Landgraf, Beiträge zur Erkenntnis der Schule Abaelards, in: ZkTh 54 [1930], S. 392). Daß dieselbe Ansicht auch von Abaelard selbst vertreten wurde, geht aus der deswegen gegen ihn gerichteten Polemik Bernhards von Clairvaux und seines Schülers Wilhelm von S. Thierry hervor (MPL 180, 280; 182, 532 u. 1052). — Ob die von Thomas im 5. Artikel erwähnte Ansicht einiger, daß das, was aus den sakramentalen Gestalten entstehe, aus der umgebenden Luft werde, auch in der Schule Abaelards vertreten worden sei, läßt sich nicht nachweisen. '[75] Zu S. 141. Innozenz III. hatte in seinem Werke über das Altarsakrament (lib. IV, c. 11: MPL 217, 863) die Meinung geäußert, daß ebenso wie die Brotsubstanz wunderbarerweise verwandelt werde, wenn der Leib Christi unter dem Sakrament zu existieren beginne, so auch durch ein Wunder die Brotsubstanz zurückkehre, wenn der Leib Christi aufhöre zu existieren, nicht als ob dieselbe Brotsubstanz zurückkehre, die verwandelt worden sei, sondern so, daß eine neue geschaffen werde. Auch Bonaventura hält diese Ansicht für probabel und sicher, vor allem da die Auktorität eines so bedeutenden Mannes dahinter stehe (4 Sent., dist. 12, p. 1, a. 2, q. 1 Zu 1). Ebenso urteilt Alexander von Haies (4 Sent., q. 40, m. 2, a. 2, § 1). [76] Zu S. 143. Im Sentenzenkommentar hatte Thomas die Ansicht, daß der Stoff der Gestalten von neuem geschaffen werde, noch als „satis probabilis" bezeichnet (4 Sent., dist. 12, q. 1, a. 2, sol. 4). Auch in der Erklärung zum ersten Korintherbriefe (c. 11, lect. 4) läßt er diese Möglichkeit zu. 28
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(77] Zu S. 145. Für 1 Kor 11, 21 waren zu Thomas' Zeiten zwei verschiedene Erklärungen geläufig, die Thomas in seiner Erklärung zum 1. Korintherbrief beide anführt. Nach der einen tadelt der Apostel die Korinther, weil sie den Leib Christi nicht nüchtern empfingen, sondern nach dem Beispiel Christi beim Letzten Abendmahl vorher eine gemeinsame Mahlzeit hielten, bei der dann die Reichen das für sich Mitgebrachte auch für sich verzehrten, ohne den Armen etwas mitzugeben. — Nach der anderen Erklärung werden sie getadelt wegen einer anderen Schuld. „In der Frühkirche opferten nämlich die Gläubigen Brot und Wein, welche zum Leib und Blut Christi geweiht wurden. Wenn diese dann geweiht waren, nahmen die Reichen, welche viel dargebracht hatten, ebendiese ihre eigenen Gaben wieder für sich in Anspruch, und so genossen sie im Überfluß, während die Armen, die nichts dargebracht hatten, nichts erhielten." Ganz ähnlich sagt Petrus Lombardus (In ep. I ad Cor.: MPL 191, 1639): „Die Reichen brachten Brot und Wein im Überflusse dar, damit sie durch den Segen und die Weihung des Priesters geweiht und als das Sakrament des Leibes und Blutes des Herrn anerkannt würden. Nach der Feier des heiligen Geheimnisses und der Weihung des Brotes und Weines aber behielten sie sich ihre Opfergaben vor und nahmen sie, ohne sie mit den anderen zu teilen, in einer Weise, daß sie sogar davon berauscht wurden." Stellen wir daneben den Text der Glosse (MPL 114, 539) : „Er meint jene, welche die Gaben, die sie als Opfer zum Altare brachten, nachher für sich nahmen und den anderen, die nichts hatten, nicht mitteilen ließen, sondern sie allein nahmen, so daß sie sogar davon berauscht wurden, während andere hungerten", so ergibt der Vergleich der beiden Texte mit dem Anderseits des hl. Thomas, daß dieses aus den beiden vorigen zusammengestellt ist. Letztlich geht diese zweite Erklärung auf den Ambrosiaster (vor 384 verfaßt) zurück, während die erste Erklärung, daß es sich nicht um einen Mißbrauch während der eigentlichen Eucharistiefeier, sondern um mißbräuchliche Einführung eines Mahles vor der eigentlichen Eucharistiefeier handle, so daß das eucharistische Fasten nicht eingehalten wurde, sich vor allem auf Augustinus (ep. 54 ad Januarium: MPL 33, 203) stützt (vgl. H. Rongy, Pas d'agape dans l'exégèse latin de I Cor. 11, in: Recherches de Théologie ancienne et médiévale, I [1929], S. 421—434). Die heutigen Erklärer denken weniger an einen örtlichen Mißbrauch in Korinth als vielmehr an einen weit verbreiteten Brauch, die Agape (vgl. Sickenberger, Die Briefe des hl. Paulus an die Korinther u. Römer, Bonn 19324, S. 55, und Allo, Première Epître aux Corinthiens, Paris 1935, S. 285 fl.). {78] Zu S. 148. Die T a t s a c h e , daß bei einer Teilung des Sakramentes doch Christus ganz im Himmel bleibe und ganz empfangen werde und auch in jedem Teile ganz sei, finden wir schon früh ausgesprochen in einer Reihe von Stellen, die den frühmittelalterlichen Theologen bekannt waren, so z. B. die ,augustinische' Stelle: „norunt fideles, quemadmodum man-
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ducent carnem Christi. Unusquisque accipit partem suam. Per partes manducatur in sacramento et manet integer totus in caelo, manet integer in corde t u o . . d i e aus dem Beda Venerabilis zugeschriebenen Kommentar zu 1 Kor stammt und später Aufnahme in das Dekret Gratians (De cons., d. 2, c. 58; c. 70; c. 75) fand. Häufig wird auch Ps.-Eusebius (MPL 67, 1054 B) zitiert neben der Stelle aus einer Präfation des 5. Sonntags n. Epiph. (vgl. fränk. Gelasianum, ed. Mohlberg, n. 196): in singulis portionibus totus est. In beiden wird die Tatsache der Gegenwart des ganzen Christus in jedem Teile hervorgehoben. 1 — Die Frage aber, wie und woran die Brechung vor sich gehe, wenn der Inhalt des Sakramentes doch unberührt bleibe, wird zuerst von Guitmund von Aversa (f 1095) ausführlich behandelt (MPL 149, 1434 f.). Nach ihm liegt bei der Teilung des Sakramentes eine Sinnestäuschung vor, die jedoch den Sinn hat, das Auge des Geistes f ü r die Wirklichkeit des Glaubens zu öffnen. Ähnlich heißt es in den Sententiae divinitatis (ed. Geyer) wie in den Sentenzenbüchern der Schule Abaelards (vgl. Gietl, Die Sentenzen Rolands, S. 233), daß nur dem Anschein nach eine Brechung stattfinde. Roland selbst entscheidet sich für die Ansicht: frangitur sacramentaliter et non essentialiter. Die Aufteilung der Ansichten in die zwei von Thomas hier erwähnten Gruppen finden wir auch in den dem Hugo von St. Viktor zugeschriebenen Sentenzen (MPL 176, 144) und in dem Kommentar des Petrus Lombardus (IV, dist. 12). Ganz klar teilt Hugo von St. Viktor in De Sacram., 1. II, p. 8, c. 11 (MPL 176, 469) das frangi den Spezies zu, ebenso Albert (4 Sent., dist. 13, a. 2). Wenn im 18. Jahrhundert auch wieder einige Theologen behaupten, die eucharistischen Spezies seien bloße Sinneseindrücke, indem Christi Fleisch und Blut wunderbarerweise dieselben Sinneseindrücke in unseren Sinnesorganen hervorrufen, die vor der Konsekration von dem Brote und Weine bewirkt wurden, so ist das auf den Einfluß der kartesianischen Philosophie zurückzuführen, die den wirklichen Unterschied zwischen Substanz und Akzidentien leugnete. Das ist jedoch mit der kirchlichen Lehre unvereinbar, die von einem Zurückbleiben der Akzidentien und von ihrer wirklichen Teilung spricht (vgl. Trid., sess. 13, can. 2 u. 3). [79] Zu S. 150. Außer dem angeführten Glaubensbekenntnis aus dem Jahre 1059 wurde Berengar auch noch ein anderes auf der römischen Synode von 1079 abverlangt. Dieses letztere legt den Nachdruck auf die Wesensverwandlung (Dz 355), weil es die zweite Periode des berengarischen Streites abschließt, in der es vor allem um den Vorgang der Sakramentsverwirklichung ging. In der ersten Periode dagegen war die wirkliche Gegenwart Christi in der Eucharistie der Gegenstand des Streites. Der Kardinal Humbert von Silva Candida hatte damals die hart realistische Formel geprägt, die Berengar beschwören mußte. Sie hatte sicher den Mangel, daß in ihr zwischen Substanz und Eigenschaften nicht klar unterschieden war. Deshalb 1 V g l . A n m . 62. 28*
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bildete sie in der Folgezeit ein gewisses Hindernis f ü r die Entwicklung der Lehre von den eucharistischen Gestalten, und manche stützten sich auf sie, uin eine wirkliche Brechung des Leibes Christi zu vertreten, wie der Mönch Abaudus in seinem Traktat De fractione corporis Christi (vgl. Geiselmann, Die Eucharistielehre der Frühscholastik, S. 415 ff.)- Die späteren Scholastiker wie Petrus Lombardus, Bonaventura, Albert hatten große Mühe, mit der Confessio Berengarii zurechtzukommen. Petrus Lombardus will sie von der wahren Brechung der sakramentalen Gestalten verstanden wissen (4 Sent., dist. 12, c. 3). Bonaventura (4 Sent., p. 1, a. 3, q. 1) erklärt offen, daß diese Sprechweise nicht beizubehalten sei, weil sie „nimis expressa" wäre. Albert erklärt die schroffe Formulierung aus der Notwendigkeit, in die der Papst sich versetzt sah, Berengar jede Ausflucht zu nehmen und ihn darauf festzulegen, daß nach der Konsekration die zurückbleibenden Gestalten immer, sei es in den Händen, sei es unter den Zähnen, den wahren Leib Christi enthalten (4 Sent., dist. 13, a. 7). Thomas schließt sich in seiner Interpretation der Confessio ganz an Petrus Lombardus an. [80] Zu S. 151. Der mit der wachsenden Menge der Kommunizierenden ganz naturgemäß sich ergebende Brauch, aus dem einen vom Priester konsekrierten Kelch etwas in die für die Kommunion des Volkes bestimmten Kelche zu gießen oder beim Austeilen der heiligen Kommunion aus dem einen konsekrierten Kelch immer gewöhnlichen Wein nachzugießen, mußte zu der Anschauung führen, daß der gewöhnliche Wein durch die Beimischung des konsekrierten geweiht würde. Dagegen polemisierte zuerst Innozenz III. (f 1216) in seinem Traktat über die Eucharistie, den er noch als Kardinal geschrieben hatte, an der von Thomas angegebenen Stelle (De sacro altaris mysterio, 1. IV, c. 31: MPL 217, 877), die später von Gregor IX. in die Dekretalen aufgenommen und von den Theologen häufig zitiert wurde. Alexander von Haies (f 1245; Summa Theologica, p. IV, q. 40, membr. 1, a. 3) und nachher Bonaventura (4 Sent., dist. 13, p. 1, a. 11, q. 2) formulierten die Frage so: Haben die zurückbleibenden Eigenschaften die Kraft, eine andere beigemischte Substanz in das Sakrament zu verwandeln? Bonaventura antwortet darauf, daß das Blut Christi dort nicht im Zustande des Ausgegossenseins sei, sondern sich in den Adern des verherrlichten Christus befinde und also gar nicht in Kontakt oder Vermischung mit anderem Weine trete. Wir sehen, wie weit auch Bonaventura noch von den klaren Prinzipien entfernt ist, die die Eucharistielehre des Thomas beherrschen. Die Ansicht, daß durch keine gleichartige Beimischung die Gegenwart Christi aufhöre, vertritt unter den Späteren noch Durandus a St. Portiano. Auch Duns Scotus neigt ihr zu (Op. Ox., dist. 12, q. 4, n. 26). Bossuet versuchte sie aus dem Wesen der vollkommenen Mischung zu begründen, die so sei, daß jedes Tröpfchen unkonsekrierten Weines auch ein, wenn auch noch so kleines, Tröpfchen des konsekrierten mit sich führe (Tradition défendue, c. 45. Zum Ganzen vgl. auch Andrieu, Immixtio et Consecratio, Paris 1924, S. 15 ff.).
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[81] Zu S. 159. In der Tat finden wir vor allem im Schrifttum des Ambrosius (De mysteriis und De sacramentis) mit aller Entschiedenheit die Lehre ausgesprochen, daß die Worte Christi selbst im Unterschied zu den vorangehenden und folgenden Worten des Priesters die Wandlung der Elemente bewirken. Dasselbe ist in den Osterpredigten des hl. Augustinus der Fall, wie auch in der Osterhomilie des Ps.-Eusebius (MPL 30, 272). Doch auch im Osten schreibt man den Einsetzungsworten eine ausschlaggebende Bedeutung bei der Konsekration zu. So sagt schon Chrysostomus: „Der Priester rezitiert jene Worte, aber die Kraft und die Gnade kommt von Gott. ,Dies ist Mein Leib', spricht er. Dieses Wort verwandelt f/itiaoovijai^tij die vorliegenden Gaben. So wie jenes Wort: ,Wachset und mehret euch und erfüllet die Erde', einmal ausgesprochen ward, aber allzeit wirklich unsere Natur zur Kindererzeugung befähigt, so macht auch dieses einmal gesprochene Wort (des Herrn) auf jedem Altar in der Kirche von jenem Tag bis heute und bis zu Seiner Wiederkunft das Opfer vollendet" (Horn, de prodit. Judae, I, 6: MPG 49, 380). Nach der Anschauung des Chrysostomus ist das Opfer der Kirche ganz dasselbe wie beim Letzten Abendmahl. Der Priester handelt nicht in eigener Person, sondern in der Person Christi, und an Christi Stelle spricht er die Worte: „Das ist Mein Leib", und durch sie geschieht, gerade wie beim Letzten Abendmahl, auch jetzt noch die Verwandlung (vgl. In II. ep. ad Tim., c. 1, hom. 2). Auch Gregor von Nyssa sagt deutlich: „Das Brot wird, wie der Apostel sagt, geheiligt durch das Wort Gottes und das G e b e t . . . Es wird sogleich in den Leib des Logos verwandelt, so wie von dem Logos gesagt ist: ,Dies ist Mein L e i b ' " (Orat. cat. 37: MPG 45, 97; zu dem Ausdruck „durch das Wort Gottes und das Gebet" vgl. 1 Tim. 4, 5 und Origenes, In Mt, t. II, n. 14). Auch aus dem Zeugnis der Liturgien ergibt sich, daß die Einsetzungsworte als das eigentlich Primäre angesehen worden sind, während die Epiklese im engeren Sinne, also die auf die Einsetzungsworte folgende Bitte um Verwandlung der Gaben durch den Heiligen Geist, ein sekundäres Element ist, das im Osten wie im Westen eine ganz verschiedene Entwicklung durchlaufen hat (vgl. zum Ganzen C. Henke, Die katholische Lehre über die Konsekrationsworte. Trier 1850; Fr. Hfiler, Urkirche und Ostkirche, München 1937, S. 259 ff. sowie Anm. [82]). (81 a] Zu S. 160. Verleitet durch eine falsche Interpretation des ,benedixit' im Einsetzungsbericht, hatte eine Reihe von mittelalterlichen Autoren die Ansicht vertreten, daß Christus durch eine Segnung vor den Einsetzungsworten Brot und Wein geweiht habe. Der erste unter ihnen war wohl Odo von Cambrai (f 1130) in seiner Erklärung des Meßkanons (MPL 160, 1063). Andere, wie Petrus von Poitiers (MPL 211, 1244/45), meinen, Christus habe zweimal die Wandlungsworte gesprochen, einmal bei der Segnung und hinterher zur Belehrung der Jünger beim Austeilen. Sie glaubten nämlich den Einsetzungsbericht dahin verstehen zu müssen, daß der Herr erst das Brot gebrochen, ausgeteilt und dann gesagt habe: „Nehmet hin
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und esset", so daß die W a n d l u n g schon vorausgesetzt war. Innozenz I I I . (MPL 207, 859) neigt m e h r der Ansicht Odos von Cainbrai zu. In späterer Zeit w u r d e sie wieder aufgegriffen durch den Dominikaner Ambrosius K a t h a r i n i (+ 1552) und durch Cheffontaines (f 1585). Ihr Anliegen w a r hauptsächlich, zu zeigen, daß wir nicht durch die Einsetzungsworte allein konsekrieren, sondern n u r in V e r b i n d u n g mit einem impetratorischen Gebet, der Epiklese, wie schon Christus nicht allein durch die Worte konsekriert habe. I h r e r Meinung schließt sich d e r Oratorianer Le Brun an in seiner b e k a n n t e n Explication de la Messe (Bd. 5 [1778], S. 229 fl.) und zuletzt Joh. Watterich [altkath.] (Der Konsekrationsmoment im heiligen A b e n d m a h l und seine Geschichte, Heidelberg 1896), der die Weihe nicht n u r bei Christus, sondern auch bei uns in der Messe der Segnung mit der Hand zuschreibt. — All diese E r k l ä r u n g e n sind sachlich unmöglich, weil es sich bei dem eúAoyeív Christi beim Letzten Abendmahl, das dem s^apioTBTV der Bedeutung nach gleich ist, um den Lobspruch handelt, den der jüdische Hausvater vor der Mahlzeit spricht und der in diesem Fallé gelautet haben mag (vgl. Dalman, Jesus — Jeschua [1922], S. 124): „Gepriesen bist Du, unser Vater im Himmel, der uns heute das uns nötige Brot gibt." Aus diesem G r u n d e kann man auch nicht mit Thomas die Gleichzeitigkeit des ,indem Er sprach' auf das ganze Vorausgehende beziehen, was auch deshalb nicht möglich ist, weil der Urtext stets das Part. Aor. — tv/.oy^ang, ev/aoiottjoag, vgl. Lk 22, 17 — hat. [82] Zu S. 163. Daß a u ß e r den Wandlungsworten auch andere, besonders solche aus dem Kanon, zum Vollzuge des Sakramentes notwendig seien, ist in verschiedener Weise und aus verschiedenen G r ü n d e n b e h a u p t e t worden. Die von Thomas im 4. Einw. e r w ä h n t e und hier abgelehnte Ansicht vertrat Präpositinus (f 1210). Er meinte, daß die berichtenden Worte , Qui p r i d i e . . . " v o r a u f g e h e n müßten, nicht als ob sie bei der W a n d l u n g wirksam seien, sondern weil durch sie die Wandlungsworte in der Person Christi gesprochen würden, w ä h r e n d sich ohne sie die Worte auf den Leib des Priesters bezögen. Auch Scotus verteidigt diese Ansicht gegen Thomas, und in u n s e r e r Zeit hat De la Taille sie aus der Tradition und durch theologische G r ü n d e zu stützen gesucht (Mysterium Fidei, S. 459 ff.). — Wieder andere, in der n e u e r e n Zeit vor allem Liturgiehistoriker, sind der Meinung, daß die Konsekrationsworte den Charakter des Gebets haben müssen, um wirksam zu sein. So wollte Le Brun die Rubrik (De defectibus missae c. 3, n. 5 ff.), daß der Priester im Falle einer ungültigen Konsekration bei den Worten „Qui p r i d i e . . . " wieder beginnen soll, dahin u m g e ä n d e r t wissen, daß er bei dem Gebet „Quam oblationem . . . " w i e d e r beginne, weil die Wandlungsworte n u r in V e r b i n d u n g mit der Wandlungsbitte ihre W i r k u n g hätten (Explication de la Messe, Bd. 5, S. 285). Diese F o r d e r u n g k a n n sich auf die Tatsache stützen, daß in der ganzen kirchlichen Tradition die Wandlungsworte i m m e r in V e r b i n d u n g mit der A n r u f u n g der göttlichen Personen, der P r e x sancta oder des
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Kanons, vorgetragen wurden. Außer vielen anderen Vätern kann man gerade den von Thomas hier zitierten Ambrosius dafür anführen, der an einer anderen Stelle deutlich sagt, daß die Elemente „durch das Mysterium der heiligen Oratio in Fleisch und Blut (Christi) verwandelt werden (per sacrae orationis mysterium in carnem transflgurantur et sanguinem)" (De fide, I V , 10, 124: M P L 16, 641). Unter dem Einfluß Isidors, der von der Eucharistie gesagt hatte, daß sie „prece mystica" geweiht werde (Etymol., V I , 19: M P L 82, 255), stand noch das ganze frühe Mittelalter, so daß auch B e r e n e a r in der Formel von 1079 noch bekannte, daß die eucharistische Verwandlung durch „das Mysterium der heiligen Oratio und durch die Worte unseres Erlösers" vollzogen werde (Dz 355). — Eine besondere Zuspitzung erfährt die Frage, ob die Wandlungsworte allein zum Vollzuge des Sakramentes genügen, durch die Tatsache, daß in der Ostkirche heute die Epiklese, die Herabrufung des Heiligen Geistes über die Gaben, um sie in den Leib und das Blut Christi zu verwandeln, als wesentlicher Teil des Sakramentes betrachtet, j a ihr häufig ausschließlich die konsekratorische Kraft zugeschrieben wird. Die allgemeinere Meinung der heutigen orthodoxen Theologen ist allerdings wohl die, daß Einsetzungsworte und Epiklese ein unteilbares Ganzes bilden und die konsekratorische Kraft beiden zugesprochen wird in dem Sinne, daß die Einsetzungsworte das Mysterium primär und gleichsam kraftverleihend, die Epiklese aber sekundär und endgültig-effektiv vollziehen, oder daß beide sich zueinander verhalten wie der S a m e zum befruchtenden und Wachstum verleihenden Regen (vgl. F r . Heiler, Urkirche und Ostkirche, München 1937, S. 258 ff., mit der dort angegebenen Literatur). Wenn Thomas seine ablehnende Ansicht zunächst damit begründet, daß er sagt, der Kanon sei nicht zu allen Zeiten und bei allen derselbe, so gilt das auch von den Einsetzungsworten, die auch nicht überall und zu allen Zeiten die gleichen waren, wenn ihre wesentliche Bedeutung auch stets die gleiche war. Es bliebe also noch die F r a g e offen, ob die erwähnten Zusätze, nämlich die berichtenden Worte oder der Gebetscharakter, wenigstens der allgemeinen Bedeutung nach, wenn auch nicht in einem bestimmten Wortlaut, zur Gültigkeit des Sakraments gehören. Was dann zunächst die Notwendigkeit der berichtenden Worte anlangt, so würde die Argumentation des Scotus zurecht bestehen, wenn die Worte ,Das ist Mein Leib' usw. rein erzählend genommen werden. Dann könnten sie nicht von Christus verstanden werden, wenn nicht vorher gesagt worden wäre, daß Christus so gesprochen habe. Nimmt man die Worte aber ihrer formellen Bedeutung nach (significative), so genügen sie, um auszudrücken, daß das der Leib Christi sei, wenn der Priester in der Person Christi sagt: „Das ist Mein Leib." Das tut er aber, wenn er die Absicht hat, das Sakrament zu vollziehen. Dann entfalten sie notwendigerweise ihre Weihekraft, die sie dadurch erlangt haben, daß Christus selbst sie gesprochen hat (vgl. Art. 5 Antw.). Was den Gebetscharakter anlangt, so ist er für j e d e gläubige
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Betrachtung schon in den Wandlungsworten selbst gegeben, vor allem in den Worten über den Kelch, in denen ja der Charakter des Versöhnungsopfers ausgesprochen wird. Auch geht der Priester durch die Absicht, die Eucharistie zu vollziehen, bewußt in die Repräsentation der Kirche und die Stellvertretung Christi ein, wodurch auch den Wandlungsworten ein mystischer Gebetscharakter verliehen wird. Denn im Sinne Christi und der Kirche sind die Wandlungsworte nicht eine äußere Feststellung, sondern eine Weihe, ein Segen. Es gehört aber zum Wesen des Segens, daß er vom Geschöpf nur als Anrufung Gottes ausgesprochen werden kann, weil Gott allein der Herr des Segens ist. Was schließlich die Epiklese angeht, so wird die Ostkirche dem Vorwurf nicht entgehen können, daß sie ein nachweislich sekundäres Element der Eucharistiefeier allmählich zur Hauptsache gemacht hat, und zwar verleitet durch den Gegensatz gegen die römische Kirche. Sie hat unter dem Einfluß dieses Gegensatzes den Formbegriff der römischen Kirche übernommen und wendet ihn auf die Epiklese an, ohne genügend der Tatsache Rechnung zu tragen, daß diese ursprünglich aus einer anderen Auffassung vom Sakrament erwachsen ist. Trotzdem soll nicht geleugnet werden, daß die Epiklese durchaus der Natur des eucharistischen Opfers entspricht und „die rituelle Entfaltung des Glaubens- und Gnadeninhaltes der Eucharistie in Rücksicht auf den Heiligen Geist ist, zum Zwecke seiner Verherrlichung als Konsekrator sowohl wie als Spender alles Gnadenlebens und zum geistigen Nutzen für Priester und Volk" (Scheeben-Atzberger, Dogmatik, Bd. 4 [Freiburg 1898], S. 619. Für die dogmatische Seite der Frage vgl. auch De ia Taille, Mysterium Fidei, S. 438—453). [83] Zu S. 168. Da Thomas an dieser Stelle zum erstenmal auf die Überlieferung der Wandlungsworte zu sprechen kommt (vgl. außerdem Art. 3 Anders, und vor allem Zu 9), so sei kurz auf den heutigen Stand der Forschung hingewiesen. Denn ganz so einfach, wie Thomas es sich denkt, liegen die Dinge historisch nicht. Die Liturgie geht der Schrift voraus. Die Gebundenheit an die kultische Überlieferung war größer als der Einfluß der Bibel. Die Schlichtheit und Asymmetrie der biblischen Berichte wurde bald schon unter dem Einfluß rein formaler Stilgesetze zu einer weitgehenden inhaltlichen Symmetrie der beiden Einsetzungsformeln, die sich oft bis zu wörtlicher Identität steigert. Im 5. Jahrhundert wird der Einfluß der Bibel immer stärker, der sich vor allem in der spanischen, aber auch in der römischen Liturgie auswirkt, die eine Kombination biblischer Elemente darstellt, wie auch Thomas es Art. 3 Zu 9 zeigt. Was das „nämlich" angeht, so ist es wohl auch auf biblischen Einfluß zurückzuführen. Durch ein enim (-/dp) sind nämlich Herrenwort und Aufforderung bei Mt im Kelchwort verbunden. Den ältesten liturgischen Einsetzungsberichten ist es fremd, und auch im römischen Kanon scheint es ursprünglich gefehlt zu haben, wie die Textüberlieferung zeigt (vgl. Hamm, Die liturgischen Einsetzungsberichte, Münster 1928, S. 31 u. 77).
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Unbiblisch sind die Worte „des ewigen" und „Geheimnis des Glaubens". Die ganze Wortgruppe „novi et aeterni testamenti mysterium fidei" fehlt in der ursprünglicheren Fassung des Cod. Rossanensis, was darauf hindeutet, daß sie eine verhältnismäßig späte Erweiterung darstellt. Sicher kam sie nicht durch apostolische Überlieferung vom Herrn selbst auf die Kirche. 1 ;[84] Zu S. 171. Die Ansicht, daß zum Wesen der Form nur die Worte „Das ist der Kelch Meines Blutes" gehören, wurde von Bonaventura vertreten. Er sieht aber in dem Ausdruck „Kelch" das Blut Christi als Opferblut bezeichnet (4 Sent., dist. 8, p. 2. a. 1, qa 2). Die meisten heutigen Theologen, die Thomisten eingeschlossen, gehen nach dem Vorgang Cajetans (Komm. z. St.) weiter und halten nur die Worte „Hic est sanguis meus" für notwendig zum Vollzuge des Sakraments. Thomas folgt Innozenz III. und seinen Schülern. Wenn Cajetan und nach ihm viele Thomisten die Worte des hl. Thomas dahin glauben verstehen zu können, daß Thomas die folgenden Worte: „das f ü r euch . . . vergossen wird . . . " wohl als integrierend, nicht aber als zur Gültigkeit notwendig betrachtete (vgl. Diekamp, Katholische Dogmatik, Münster 1932, S. 125), so erweist ein Vergleich mit seinem Kommentar zu 1 Kor, c. 11, lect. 6, doch die gegenteilige Auffassung als die richtigere. Denn dort wendet er sich ausdrücklich gegen diejenigen, die nur die ersten Worte als „de necessitate formae" betrachten, mit der Überlegung, daß das Folgende eine nähere Bestimmung des Prädikates sei und also zur Zeichenbedeutung des Sakramentes gehöre. Da aber die Sakramente wirken, insofern sie Zeichen sind, so gehören die folgenden Worte auch zur Wirkkraft der Form, in der auch die Kraft des Leidens Christi ausgedrückt werden mußte. Aus dem Opfercharakter der Eucharistie leitet De la Taille die gleiche Notwendigkeit ab (Mysterium Fidei, S. 455 fi.). — Es mag von Interesse sein, anzumerken, daß Pius V. aus der unter ihm besorgten Ausgabe der Summe des hl. Thomas die diesbezüglichen Ausführungen Cajetans streichen ließ. [84 a] Zu S. 174. ,Testamentum' bedeutet in der Tat Jetztwillige Verfügung'. Die LXX hat öiat>f?xi) als Übersetzung von hebr. berith, wohl deshalb, weil der von Gott mit dem Volke geschlossene Bund nicht das Ergebnis einer Übereinkunft zweier Parteien, sondern mehr eine Heilsverordnung Gottes ist (vgl. Bauer, Wörterbuch z. NT [1937], Sp. 303 f.). Das Neue Testament ist die Erfüllung des Alten (Lk 1, 73). [85] Zu S. 175. Der Genitiv „des Neuen Testamentes" wird von Thomas, wie es meistens geschieht von „Meines Blutes" abhängig gedacht (vgl. unten Anm. [87]). Das entspricht durchaus dem biblischen Begriff des ,Bundesblutes'. Ex 24, 8 wird als das Blut des Bundes das Blut des ersten Opfers bezeichnet, womit Moses den Alten Bund besiegelt. Es wird wirksam, indem es gegen den Altar und das Volk gesprengt, also vergossen 1
Vgl. A n m . [87].
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wird. Indem Christus Sein im Abendmahlskelch enthaltenes Blut als ,Bundesblut' bezeichnet, hebt E r den im Blute der Tiere geschlossenen Bund auf und setzt einen neuen an seine Stelle. Durch 1 Kor 11, 2 5 : „Dieser Kelch ist der Neue Bund in Meinem Blute", wird die Beziehung zu dem von J e r e m i a s 31, 31—34 verheißenen Neuen Bund deutlich festgelegt. Im Hebräerbrief, auf den Thomas sich hier beruft, wird das Verhältnis zwischen dem Neuen und dem Alten Bunde als das von Vorbild und Erfüllung wieder mit Bezug auf J e r e m i a s 31 beschrieben. „So mußten nun der himmlischen Dinge Vorbilder mit solchem (Tierblut) gereinigt werden; aber die selbst, die himmlischen, müssen bessere Opfer haben" (Hebr 9, 23). Dieses bessere Opfer ist das Blut Christi, das, weil es aus dem ewigen Gottesgeist heraus von Christus dargebracht worden ist, kräftig ist, unser Gewissen zu reinigen von den toten Werken, um dem lebendigen Gott zu dienen (Hebr 9, 14). Der Neue Bund ist also in der Tat ein Bund der ,inneren Eingebung', aber weil er auf dem Blute Christi beruht, das in der Kraft des Gottesgeistes unser Inneres zu reinigen fähig ist, wie Thomas hier ausführt. [86] Zu S. 175. Hatte J e r e m i a s von dem ,neuen' Bunde gesprochen, so bezeichnet Isaias ihn als den „ewigen". „Neiget eure Ohren her und kommt her zu mir; höret, und eure Seele wird leben! Ich will mit euch einen ewigen Bund machen: die unverbrüchliche Gnadenverheißung Davids" (Is 55, 3 ; vgl. Ps 89 |88J, 3—5). Der ewige Bund, die unverbrüchliche Gnadenverheißung an David aber ist nach Paulus erfüllt worden in dem auferstandenen Christus (Apg 13, 34). Weil das Blut Christi im „ e w i g e n Gottesgeiste" (so nach dem griech. Text Hebr 9, 14) vergossen worden ist, hat es den Tod überwunden. Deshalb ist in dem durch den Kreuzestod hindurchgegangenen auferstandenen Christus der Neue Bund als ein e w i g e r begründet, der uns der ewigen Auferstehungsgüter teilhaftig macht. [87] Z u S. 176. Die Worte „mysterium fidei", die bei der Konsekration des Kelches gesprochen werden, sind in ihrer Bedeutung noch nicht ganz geklärt. S i e sind sicher ein späterer Zusatz, da sie sich erst in dem sog. Sacramentarium Gelasianum, das etwa aus dem 7./8. Jahrhundert stammt, und in der Expositio brevis antiquae liturgiae gallicanae (MPL 72, 89 ff.) finden, die gewöhnlich dem hl. Germanus von Paris ( t 576) zugeschrieben wird, aber wohl erst dem 7. Jahrhundert entstammt. Die Ansicht De Waals (vgl. ,Katholik' 76 [1896], S. 392 ff.), daß es sich um einen Zwischenruf des Diakons handle, um den Konsekrationsmoment anzuzeigen, ist heute allgemein aufgegeben. Statt dessen stehen sich heute zwei andere Erklärungen gegenüber, von denen die eine den Genitiv „des Neuen und Ewigen Bundes" von „mysterium fidei" abhängig sein läßt, und übersetzt: „das Glaubensmysterium des Neuen und Ewigen Bundes". Der ganze Ausdruck würde dann in Beziehung zu setzen sein zu Apostol. Constit., lib. V I I I (MPG 1, 1103), wo die Worte „Das ist das Myste-
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rium des Neuen Bundes" Christus in den Mund gelegt sind und den 'Einsetzungsworten unmittelbar vorhergehen. Auch Eusebius von Kaisareia (f um 340) spricht verschiedentlich von der Eucharistie als vom „Neuen Mysterium des Neuen Bundes" (vgl. O. Casel, Art und Sinn der ältesten Osterfeier, in Jahrb. f. Liturgiewiss. 14 [1938], S. 39 und Anm. [89]). „Indem der römische Meßkanon mitten in den Einsetzungsworten der Messe vom ,Glaubensmysterium des Neuen und Ewigen Testamentes' spricht, unterscheidet er kräftig das Mysterium der Kirche, das allein auf der Offenbarung und dem von dieser geforderten Glauben beruht, von allen Mysterien der vorchristlichen Zeit" (0. Casel, a. a. 0. S. 67). Die Ansicht, daß „novi et aeterni testamenti mysterium fidei" zusammengehören, kann sich auch darauf stützen, daß die ursprünglichere Fassung des Cod. Rossanensis diese ganze Wortgruppe vermissen läßt. Sie ist erst von späterer Hand hinzugesetzt (vgl. Hamm, Einsetzungsberichte, S. 75 f.). Allerdings hat der Zusatz im Cod. Ross. zwischen „testamenti" und „mysterium fidei" eine Interpunktion, wie sie auch heute im Kanon allgemein gemacht wird. Auch fehlen in der oben genannten Expositio brevis die Worte „novi et aeterni testamenti". So halten andere Liturgiewissenschaftler dafür, daß „mysterium fidei" in 1 Tim 3, 9: „Sie (die Diakone) sollen das Geheimnis des Glaubens in reinem Gewissen haben" seine Quelle habe. Die Stelle wurde sehr häufig eucharistisch interpretiert und hie und da direkt vom eucharistischen Kelch verstanden (vgl. Brinktrine, in: Ephemerides Liturgicae 44 [1930], S. 493 fl.). Seit alters war es das Amt des Diakons, den Gläubigen den Kelch zu reichen und auch den Ritus der consignatio des Kelches vorzunehmen. So würde es sich erklären, weshalb im Unterschied zu den Apost. Konstitutionen die Worte „mysterium fidei" nur bei der Konsekration des Kelches gesprochen werden. Neuerdings weist Thomas Michels (Catholica 6 [1937], S. 81 fl.) auf Ps.-Primasius (zu 1 Tim 3, 9: MPL 68, 665) hin: „Mysterium fidei, weil das Herrenleiden das Heilmittel ist für das Heil der Menschheit", und möchte wahrscheinlich machen, daß „mysterium fidei" durch Leo I. in den Kanon eingefügt worden ist, „um die Hinterhältigkeit der Manichäer zuschanden zu machen und zugleich das sacrainentum salutis humanae in seiner Heilswirklichkeit und Heilsbedeutung gegen alle Erfindungen' der Häretiker hervorzuheben". [88] Zu S. 177. Die Erklärung des hl. Thomas, daß das „für euch" sich auf die in den Aposteln dargestellte Kirche aus den Juden, und das „für viele" sich auf die Kirche aus den Heiden bezieht, ist gewiß auch exegetisch gerechtfertigt. Denn „für viele" ist eine deutliche Anspielung auf Is 53, 11 f.: „ . . . Mein Knecht, der Gerechte, wird die Vielen gerecht machen. Darum will Ich die Vielen als Anteil Ihm geben, zahlreiche wird Er zu eigen empfangen dafür, daß Er zum Tode Sein Leben dahingab, unter die Frevler gerechnet ward, obwohl Er die Sünden der Vielen trug . . . " In diesen Worten sind mit den „Vielen"
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die Heidenvölker geraeint. Der Ausdruck bedeutet also keinerlei Einschränkung des Erlösungsopfers Christi, als sei es nicht für alle dargebracht. [89] Zu S. 179. Die Gegner der physischen Wirksamkeit der Sakramente lehnen folgerichtigerweise auch eine physische Wirksamkeit der Einsetzungsworte ab (vgl. Bd. 29, Anm. [30]). Bonaventura hält die Ansicht, daß die Einsetzungsworte nicht auf Grund einer ihnen mitgeteilten Kraft, sondern nur durch äußere göttliche Anordnung mit der bei ihrem Aussprechen gleichzeitig von Gott gewirkten Transsubstantiation verbunden seien, für die leichter verständliche (4 Sent., d. 10, p. 2, a. 1, q. 3). Wie in der Frage der physischen Kausalität überhaupt, so hat Thomas auch in dieser Frage eine Entwicklung durchgemacht, die sich darin zeigt, daß er in der ersten Parallelstelle im Sentenzenkommentar (4, d. 1, q. 1, a. 4 Zu 6) den Wandlungsworten nur eine vorbereitende (dispositive) Instrumentalursächlichkeit bezüglich des terminus ad quem der Transsubstantiation zuschreibt. In der anderen Parallelstelle (d. 8, q. 2, a. 3) wird die Verleihung der werkzeuglichen Kraft einfach Gott zugeschrieben, während die Beziehung zu Christus als dem Hauptwirkenden, die in der Summa so stark hervorgehoben wird, nur ganz gelegentlich (Zu 9) anklingt (vgl. Bd. 29, Anm. [68]). [90] Zu S. 182. Die Frage, welchen Sinn das hinweisende Fürwort in der Konsekrationsform habe, wurde schon von Berengar aufgeworfen, nach dem unter dem hoc bzw. hic calix notwendig Brot und Wein zu verstehen sei. Ihm entgegnet Guitmund (MPL 149, 1466/67), daß es nur einen hinweisenden Sinn habe, ohne daß es auf das Brot oder auf den Leib Christi im besonderen bezogen sei. Die Ansicht, daß das hoc überhaupt keinen Hinweis enthalte, weil es nur materialiter als Christi Wort berichtet wird, hat Innozenz III. vertreten (MPL 217, 868). Den Wirkcharakter der Einsetzungsworte hat Alexander von Haies erstmals klar formuliert (4 Sent., q. 33, m. 3, a. 2, § 1). Auch Albert baut auf ihm auf (4 Sent., d. 8, a. 6). Vor allem aber hat Bonaventura (4 Sent., d. 8, p. 2, a. 1, q. 1) ihn lichtvoll erörtert. Freilich bezieht er das hoc auf die Substanz des Brotes, wobei allerdings der von Thomas hier angedeutete Einwand bestehen bleibt, daß die Einsetzungsworte nicht bewirken, daß das Brot der Leib Christi sei, sondern daß das unter diesen Gestalten Enthaltene, das vorher Brot war, der Leib Christi sei. Ausführlich hat sich später Richard von Mediavilla mit der ganzen Frage beschäftigt (vgl. J. Lechner, Die Sakramentenlehre des Richard von Mediavilla, München 1925, S. 157 fl.). [91] Zu S. 188. Nachdem durch die theologische Entwicklung immer eindeutiger die Einsetzungsworte als die Konsekration bewirkend herausgestellt worden waren, mußte die weitere Frage auftauchen, ob die Wandlung des Brotes sich sofort beim
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Aussprechen der Brotformel vollziehe oder erst, wenn auch die Weinformel ausgesprochen sei. Die Frage war vor allem auch 60 lange dringend, als die Lehre von der natürlichen Mitfolge noch nicht klargestellt war, nach der unter jeder Gestalt der ganze Christus, wenn auch nicht kraft des Sakramentes, so doch durch natürliche Mitfolge, gegenwärtig wird. An der Pariser Universität wurde diese Frage am Ende des 12. Jahrhunderts besonders eingehend erörtert. Petrus Comestor (f 1178), Petrus Cantor (f 1197) und Stephan Langton (f 1228) waren im Gegensatz zu den meisten anderen Theologen der Meinung, daß die Wandlung des Brotes erst nach der Konsekration des Weines stattfinde. Die Unabhängigkeit der Verwandlung beider Elemente wurde vor allem von den Zisterziensern vertreten. Sie wurde dann durch Wilhelm von Auxerre theologisch gerechtfertigt durch den Hinweis auf die den Konsekrationsworten durch Christus verliehene Kraft. Geiselmann sieht in der Ansicht der Pariser Professoren eine Nachwirkung der altkirchlichen Auffassung von der Konsekration, „die es vermied, das Ganze der Konsekration in bestimmte, zeitlich fixierbare Momente aufzulösen und sich zufriedengab, zu bekennen, daß Leib und Blut des Herrn auf dem Altare seien, wenn das Ganze vollzogen sei" (Abendmahlslehre, S. 146). Thomas erhärtet die Unabhängigkeit der Wandlung des Brotes von der des Weines aus dem Brauch der Erhebung der Hostie. Er ist sich der Tatsache nicht bewußt, daß diese Erhebung erst kurz vorher eingeführt worden ist. In einem Synodalinstitut des Pariser Bischofs Odo von Sully (1196—1208) wird sie zum erstenmal erwähnt. Nachdem er die Priester ermahnt, vor der Konsekration die Hostien nur bis in Brusthöhe emporzuhalten, so daß sie vom Volke nicht gesehen werden könne, ordnet er an, daß sie nach den Wandlungsworten so weit erhoben werde, daß sie allen sichtbar sei (P. Browe, Die Elevation in der Messe, in: Jahrb. f. Liturgiewiss. 9 [1929], S. 22). Der Brauch der Erhebung der Hostie nach der Wandlung ist also nicht als Protest gegen die Häresie Berengars eingeführt worden, wenn auch deren energische Bekämpfung eine Stimmung geschaffen hat, die die Einführung vorbereitete und begünstigte. Vor allem aber wollte man vermeiden, daß durch die bisher übliche Elevation v o r der Wandlung die Gläubigen zur Anbetung der noch nicht konsekrierten Hostie verleitet wurden (vgl. Thomas, Komm, zu 1 Kor, c. 11, lect. 6). Dazu kommt, daß nach dem Wegfall des Opfer- und des Kommunionganges die Wandlung von selbst in den Mittelpunkt der Andacht rückte, die nun verlangte, die heilige Hostie recht deutlich und lange zu sehen. Gerade vom hl. Thomas berichtet sein Biograph Bernard Guidonis: „Während der Hochhebung des Leibes Christi soll er immer gesagt haben: Du bist der König der Herrlichkeit, o Christus. Du des Vaters ewiger Sohn" (Revue Thomiste 31 [1926], S. 182). [92] Zu S. 192. Die hier angeführte Stelle aus Cyrillus von Alexandrien hatte Thomas schon zur Zeit seines eifrigen Cyrillstudiums aus der Lukaskatene des Niketas von Herakleia (MPG 72, 909 B. 912 A) in die eigene Lukaskatene übernommen.
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Die Theologie Cyrills hat vor allem auf die Christologie des hl. Thomas, der Cyrill für seine Zeit gleichsam wiederentdeckte, einen großen Einfluß ausgeübt, am stärksten in der Lehre von der organisch-physischen Wirksamkeit der menschlichen Natur Christi (vgl. I. Backes, Die Christologie des hl. Thomas von Aquin und die griechischen Kirchenväter, Paderborn 1931, S. 24 u. 325). Durch die großen christologischen Kämpfe gegen Arius, Ne=torius und den Monophysitismus waren die griechischen Väter des 5. Jahrhunderts zu einer weiteren Entfaltung der Inkarnationslehre gelangt, die ihrerseits wieder die Lehre von der Eucharistie ganz bedeutend vertiefte. Gerade den inneren Zusammenhang von Menschwerdung, Eucharistie und Kirche hatte unter den griechischen Vätern niemand so tief erfaßt wie Cyrill von Alexandrien, und die von Thomas hier angeführte Stelle gibt seinen Grundgedanken in treffendster Form wieder (vgl. Scheeben, Mysterien des Christentums, § 76). Die drei Einheiten der Dreifaltigkeit, der hypostatischen Union und der Kirche stehen miteinander in der engsten Verbindung. Durch die eucharistische Kommunion wird die physische Einheit aller Christen im Einen Leibe Christi begründet. Durch die hypostatische Union ist der Leib Christi Leib des Logos und vermittelt dadurch das göttliche Leben an die Menschen. Durch die Konsubstantialität des Logos mit dem Vater und dem Heiligen Geiste wird die durch die Eucharistie mit dem Logos physisch verbundene Kirche in die ganze Fülle des innergöttlichen dreifaltigen Lebens eingetaucht. [93] Zu S. 195. Das Bild von der glühenden Kohle drückt sehr schön die Beziehungen der Eucharistie zum Heiligen Geiste aus. ..Der Leib Christi ist entsprungen aus dem F e u e r des Heiligen Geistes, als eine geistliche Gabe, die Gott uns schenkt und die wir als Opfer darbringen — durchdrungen und umgeben vom Heiligen Geiste, der ihn so verklärt und vergeistigt, daß beide, das F e u e r und die von ihm durchglühte Kohle, wie ein und dasselbe zu sein scheinen — und endlich überfließend vom Heiligen Geiste, insofern er dessen Duft im Opfer, dessen Lebenskraft im Genüsse von sich ausströmt." Auch dadurch, daß man die Eucharistie im Symbole des Heiligen Geistes, in einem nach der Gestalt der Taube geformten Gefäße aufbewahrte, wurde der Heilige Geist versinnbildet als Bringer und Erzeuger der in jenem Gefäße enthaltenen Gabe, der aber auch, indem er sie, wie das F e u e r die Kohle, zugleich umgibt und durchdringt, in ihr wohnt init seinem Wesen und seiner Kraft (Scheeben, Mysterien des Christentums, § 75 Ende). [94] Zu S. 197. Im Augustinustext liest Thomas: „Die Speise, die unsterblich macht i n der Gemeinschaft der Heiligen". Augustinus hat: „Die Speise, die unsterblich macht, n ä m l i c h die Gemeinschaft der Heiligen." Zu diesem Text bemerkt Specht (Köselsche Bibliothek d. Kirchenväter: Augustinus, Bd. 5, S. 42, Anm. 1 ) : „Augustin drückt sich hier brachyologisch aus. Er setzt die eucharistische Speise und den eucharistischen Trank hinsichtlich seiner Wirkung identisch mit der Gemeinschaft der
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Heiligen, sofern j e n e S p e i s e und j e n e r T r a n k diese Gemeinschaft sinnbildet und bewirkt, d. h. derselben teilhaft m a c h t . " Das B e s o n d e r e der augustinischen E u c h a r i s t i e l e h r e , in w e l c h e r die I d e e von der Eingliederung in den mystischen L e i b Christi ganz im Mittelpunkt steht, ist damit r e i n e r w i e d e r g e g e b e n . Um diesen Symbolismus nicht zu e i n e r S c h w i e r i g k e i t für die wirkliche G e g e n w a r t w e r d e n zu lassen, mochte man im Mittelalter leicht zu der e i n f a c h e r e n L e s a r t neigen. [95] Zu S . 207. „ D a r i n besteht der Irrtum v i e l e r " , b e m e r k t C a j e t a n (De c e l e b r a t i o n e missae, c. 2) ganz im S i n n e des hl. Thomas, „daß sie meinen, das heilige M e ß o p f e r b e w i r k e aus der Anwendung des ä u ß e r e n Zeichens allein schon (d. h. ohne Rücksicht auf die devotio des E i n z e l n e n ) ein bestimmtes Maß von V e r d i e n s t e n , welches dann diesem oder j e n e m zugewendet werde. Nein, die W i r k u n g des heiligen Meßopfers ist beschränkt nach dem Maße der gottfreudigen Hingabe und der Opfergesinnung d e r j e n i g e n , welche das Opfer d a r b r i n g e n oder darbringen lassen." Deshalb k a n n man im Grunde auch nicht von der Zuwendung der F r ü c h t e der Messe reden, weil so das Mißverständnis nahegelegt wird, als enthalte j e d e heilige Messe im voraus nur ein bestimmtes Maß von W i r k u n g , und dieses Maß k ö n n e vom P r i e s t e r diesem oder j e n e m zugewendet werden. Nicht die F r ü c h t e der Messe, sondern diese s e l b e r wird vom P r i e s t e r zugewendet, und nach dem Maße der devotio und der fides des Einzelnen w e r d e n dann in diesem die F r ü c h t e hervorgebracht. D a b e i ist zu beachten, daß Thomas devotio nicht als ,Andacht' auffaßt (vgl. Bd. 29, A n m . [ 1 8 8 ] ) , sondern sie definiert als „ f r e i e n Willensentschluß, sich freudig dem Herrn hinzugeben zu all dem, was a u f den Dienst Gottes Bezug h a t " ( I I — I I , 8 3 , 1 ) . [ 9 6 ] Zu S . 214. Im römischen K a n o n w e r d e n „ G l a u b e und H i n g a b e " als i n n e r e Disposition in denen gefordert, für die das Opfer dargebracht wird. „ G l a u b e und L i e b e " bei Thomas bezeichnen dem S i n n nach dasselbe; denn die L i e b e ist nach ihm „die nächste Ursache und Quelle der freudigen H i n g a b e " ( I I — I I , 83, 3 ) . Mit d i e s e r F o r d e r u n g will a b e r Thomas nur ausschließen, daß irgend j e m a n d der W i r k u n g e n des Meßopfers, nämlich der E r l a n g u n g der heiligmachenden Gnade, der ewigen Herrlichkeit oder der Nachlassung der Sündenschuld, teilhaft werde ohne persönliche Disposition von Seiten des E m p f ä n g e r s . Doch hindert das nicht, daß das M e ß o p f e r auch für solche dargebracht wird, die ihm noch nicht durch Glauben und L i e b e verbunden sind, wie T h o m a s selbst ausdrücklich b e m e r k t : „Als Opfer hat sie (die Eucharistie) i h r e W i r k u n g auch in anderen, für die es dargebracht wird, in denen es nicht das geistliche L e b e n als in W i r k l i c h k e i t , sondern nur als der Möglichkeit nach vorhanden voraussetzt. Dem steht der Satz (Augustins) nicht entgegen, daß es nur f ü r die G l i e d e r Christi geopfert w i r d ; denn es heißt das Opfer auch für die G l i e d e r Christi darbringen, wenn es für Menschen dargebracht wird, damit sie G l i e d e r Christi w e r d e n " (4 Sent., d. 12, q. 2, a. 2, qa 2 Zu 4 ) . Nur bringen wir das M e ß o p f e r für die Ungläubigen oder für die von der kirch-
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liehen Gemeinschaft Getrennten in anderer Weise dar als für die Gläubigen. Denn für die Ungläubigen oder Getrennten wird das Meßopfer nicht dargebracht als für Mitopfernde, die der Wirkung des Opfers sicher teilhaft werden, sondern damit Gott ihnen angesichts des für sie dargebrachten Opfers, das ja für ,die Vielen' (vgl. Anm. [88]) hingegeben wird, den Geist der Buße und des Glaubens verleihe, damit sie sich zur Rechtfertigung und Versöhnung bereiten, und erst nach ihrer Bekehrung werden sie dann der Wirkungen des Meßopfers, der Gnade und der Nachlassung der Sündenschuld teilhaft. Die heutige Kirchendisziplin verbietet, einen von der Kirche Getrennten im öffentlichen liturgischen Gebete zu nennen (CJC, c. 2262, § 1), wodurch aber die stille Zuwendung der Messe für seine Bekehrung nach Ansicht vieler Theologen nicht ausgeschlossen ist (De la Taille a. a. 0., S. 382). [97] Zu S. 217. „Diese Ansicht", bemerkt Cajetan in diesem Zusammenhang (Komm, zu Art. 1), „daß nämlich durch dies Sakrament die habituelle Gnade vermehrt werde, wenn auch kein innerer Akt der Liebe oder Hingabe wegen Zerstreuung des Geistes bei seinem Empfange vorhanden sei, schmeichelt den Ohren jener unübersehbaren Menge von Priestern, die zwar täglich die Messe feiern, die aber in sich selbst keineswegs täglich besser werden." E r selbst lehnt diese Ansicht ab und meint, daß dort, wo die Liebe nur in ihrem Prinzip, nämlich dem Gehaben, gewahrt sei, der Empfang des Sakramentes zwar keine Todsünde sei, aber zum inneren Wachstum der Seele nichts beitrage. Doch ist ein Kommunionempfang, der einerseits kein Sakrileg und anderseits doch vollkommen unfruchtbar wäre, undenkbar. Wenn Cajetan die Fruchtlosigkeit eines solchen Empfanges vor allem daraus begründet, daß die ständige Vermehrung der Gnade sich doch auch in äußeren Tugendwerken offenbaren müsse, so ist dagegen zu bemerken, daß die Vermehrung der habituellen Gnade bei denen, die in Lauheit das Sakrament empfangen, natürlich nur eine minimale ist. Im übrigen aber muß inan wohl beachten, daß die eingegossenen Gehaben nicht ohne weiteres auch schon' die Leichtigkeit in der Überwindung jener äußeren Hindernisse verleihen, die der Ausübung der Tugenden von Seiten der Leidenschaften, der schlechten Gewohnheiten oder der Charakterveranlagung her im Wege stehen. Daher sehen wir häufig, daß manche auch nach der Eingießung der habituellen Gnade und ihrer Vermehrung in der Tugendübung doch nicht die entsprechenden Fortschritte machen. Große Tugendwerke setzen zwar die habituelle Gnade voraus, entspringen aber doch vor allem dem ,fervor caritatis', der j a darin besteht, daß in ihm, wie bei überkochendem Wasser, der ganze Mensch mit seinem Denken und Trachten gleichsam von der heißen Flut der göttlichen Liebe Übergossen und auf Gott als über alles zu liebendes Gut gerichtet wird. Gerade dieser ,fervor caritatis' wird aber durch Nachlässigkeit und Zerstreutheit, die j a ein Gefangensein des Affektes außerhalb der aktuellen Hinordnung auf Gott bedeutet, in seiner allseitigen Entfaltung behindert (vgl. 4 Sent., d. 16,
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q. 2, a. 1, qa 1 Zu 2, und Billot, De ecclesiae sacram., t. 1 [Rom 1896], S. 512 f.). [98] Zu S. 222. Im Sentenzenkommentar (4, d. 9, q. 1, a. 2, qa 4 Zu 2) sagt Thomas, daß die Altväter dieses Sakrament nicht geistig aßen, weil es noch nicht eingesetzt war. Sie aßen aber geistig Christum, und in dieser Beziehung heiße es 1 Kor 10, 3, daß alle dieselbe geistige Speise aßen. Thomas unterscheidet also dort zwischen einem geistigen Essen Christi durch den Glauben und die Liebe, ohne die Beziehung zum Sakramente, und einem geistigen Essen Christi mit dem Vorsatz, das Sakrament zu empfangen. Nur dieses letztere bezeichnet er als geistiges Essen des Sakramentes. Hier in der Summa unterscheidet Thomas ein dreifaches geistiges Essen des Sakraments: 1. in der Ordnung der Wirkursächlichkeit das geistige Essen, durch das man die Wirkung dieses Sakraments erfährt; 2. in der Ordnung der Zielursächlichkeit das Verlangen, das — eingesetzte — Sakrament zu empfangen (diese beiden Arten sind für die Altväter unmöglich); 3. der Empfang des Sakraments in seinem Abbild, so wie Paulus es von den Altvätern behauptet. [99] Zu S. 225. Der Ausdruck ,.Brot der Engel" findet sich in Ps 77, 25 (vgl. Weish 16, 20). Dort wird das vom Himmel herabfallende Manna so bezeichnet. Philo, der in Alexandrien lebende jüdische Philosoph (1. Jhdt. n. Chr.), deutete es auf den Logos, der den Menschen in der Gnosis zur Speise wird, wobei er vor allem an Dt 8, 3 anknüpfte: „Er demütigte dich und ließ dich hungern und speiste dich mit Manna, das du und deine Väter nie gekannt hatten, auf daß er dir kundtäte, daß der Mensch nicht lebt vom Brot allein, sondern von allem, was aus dem Mund des Herrn kommt." Die Beziehung von Essen und Gnosis überhaupt ist im Alten wie im Neuen Testament häufig. Als die ersten Menschen im Paradiese vom Baum der Erkenntnis gegessen hatten, da wurden ihnen die Augen aufgetan (Gn 3, 7). Als Moses und seine Begleiter auf den Gottesberg gestiegen waren, schauten sie Gott und aßen und tranken (Ex 24, 10). Der Psalmvers „Schmecket und sehet, wie gütig der Herr ist" (in der alten Kirche häufig übersetzt mit: „Schmecket und sehet, daß Christus der Herr ist") ist aus derselben Vorstellung erwachsen und wurde beim eucharistischen Mahle häufig gesungen; denn die Eucharistie ist das Brot, das die Gnosis vermittelt. Deshalb heißt es auch in der Zwölfapostellehre: „Wir sagen Dir Dank, heiliger Vater, für Deinen heiligen Namen, den Du hast zelten lassen in unseren Herzen, und für die Gnosis und die Pistis und die Unsterblichkeit, die Du uns kundgetan hast durch Jesum, Deinen Knecht." Wie schon die Emmausjünger den Herrn beim Brotbrechen erkannten (Lk 24, 35), so durchdringen sich auch in der Eucharistiefeier der Kirche die sakramentale Speisung und die geistige Gnosis. Für den platonisch Denkenden ist das geistige Essen im Erkennen das Urbild des körperlichen Essens (vgl. Origenes, Expos, in Ps 77, 25: MPG 12, 1541). Deshalb kommt das Essen und Genießen im höchsten Sinne denen zu,
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die in der Anschauung des göttlichen Wortes leben. Das sind zunächst die Engel. „Es schien zwar, als ob ich mit euch aß und trank; ich genieße aber eine unsichtbare Speise und einen Trank, den die Menschen nicht sehen können", sagt der Erzengel Raphael im Buche Tobias (12, 19). Das Essen des menschgewordenen Wortes in der Eucharistie aber ist das sakramentale Abbild des Essens des Ewigen Wortes, das den Engeln im Himmel eigen ist. „Brot der Engel wird Christus der Herr mit Recht genannt; denn sie werden ja durch Sein Lob gespeist . . . Dieses Brot erfüllt im Himmel die Engel, und uns speist es auf Erden: jene durch die Schau entzückend, uns durch heilige Heimsuchung erquickend", sagt Cassiodor in seiner Psalmenerklärung z. St. (MPL 70, 562). Am tiefsten aber stellt Augustinus das Verhältnis dar: „Blick auf zu Seiner Höhe: ,1m Anfang war das Wort und das Wort war bei Gott und Gott war das Wort!' Sieh da die ewige Speise! Und während die Engel sich nähren und nährend sich sättigen, bleibt unversehrt, was sie sättigt und erfreut. Welcher Mensch aber könnte an jene Speise heran? . . . So mußte jenes Mahl als Milch zu fließen beginnen, um bis zu den Kleinen zu gelangen. Wie aber wird Speise zu Milch? . . . Wie anders als hindurchwandernd durch das Fleisch? Denn die Mutter wirkt das . . . Wie also nährte uns mit dem Brote selbst die Weisheit Gottes? ,Denn das Wort ist Fleisch geworden und hat unter uns gewohnt.' Seht also die Demut: ,Da Er in Gottes Gestalt war . . . ' , davon sättigen sich die Engel — ,entäußerte Er sich selbst', damit esse das Brot der Engel der Mensch, ,gehorsam geworden bis zum Tode am Kreuze', damit nun vom Kreuz her uns anvertraut werde Leib und Blut des Herrn, das neue Opfer . . . ,Tretet zu Ihm und ihr werdet erleuchtet . . D i e Juden traten zu Ihm, um Ihn zu kreuzigen. Treten wir zu Ihm, um Sein Fleisch und Blut zu empfangen! J e n e wurden vom Gekreuzigten verfinstert, wir, den Gekreuzigten essend und trinkend, werden erleuchtet." (Zu Ps 33: MPL 36, 303 u. 313.) [100] Zu S. 225. Die Frage der Zugehörigkeit der Engel zum mystischen Leibe Christi behandelt Thomas ausführlich in III, 8, 4 (Bd. 25, S. 223 ff., 484). Doch ist dabei zu beachten, daß Thomas hier ,Leib' in einem sehr weiten Sinne von jeder „Vielheit, deren verschiedene Tätigkeiten und Aufgaben auf e i n Ziel eingestellt sind", versteht. An anderen Stellen (2 Sent., d. 13, a. 2; Ver., q. 29, a. 7 Zu 5) hebt Thomas ausdrücklich hervor, daß die Engel ihre Seligkeit nicht Christus und Seinem Erlösungswerk verdanken, da Christus nicht für sie, sondern für die sündigen Menschen gestorben ist. Die in diesem Zusammenhange angeführten Paulusstellen (Kol 1, 16; Eph 1, 21) beweisen nur, daß nach Paulus die Geistermächte in die durch Christi Erlösungswerk erfolgte Neuordnung des Alls einbezogen sind und Christus als Throngenosse Gottes auch ihr Haupt ist. Aber auf viel tiefere Weise ist Er das Haupt der Kirche. „Diese ist zugleich Sein Leib und steht als solcher nicht nur in einem Abhängigkeits-, sondern auch in einem Verbundenheitsverhältnis der innigsten Art zu Ihm, das nur mit dem Bilde des Ehe-
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bundes gezeichnet werden kann" (A. Wikenhauser, Die Kirche als der mystische Leib Christi nach dem Apostel Paulus, Münster i. W. 1937, S. 224). Über die Beteiligung der Engel bei der eucharistischen Mysterienfeier der Kirche vgl. E. Peterson, Das Buch von den Engeln, Leipzig 1935, S. 55 f., und J . Tyciak, Die Liturgie als Quelle östlicher Frömmigkeit, Freiburg 1937, S. 31 fi. [101] Zu S. 227. In der anthropozentrisch ausgerichteten Eucharistielehre Augustins war die subjektive Verfassung des Empfängers ein entscheidender Faktor, so daß bei ihm „das Sakrament wirklich genießen" (revera manducare) und „fruchtbar genießen" dasselbe zu sein schienen. Besonders die von ihm abhängigen Theologen hatten darum die Schwierigkeit, zu erklären, was ein Sünder empfange. Nach Walafrid Strabo ( f 849) empfängt der Sünder nicht Leib und Blut Christi, sondern nur deren Sakrament, d. h. Zeichen. Rather von Verona ( f 974) hält es für unerforschlich, was bei der unwürdigen Kommunion empfangen werde. Selbst Radbert (um 860), der Verteidiger der wirklichen Gegenwart, greift in der Erklärung der unwürdigen Kommunion auf Augustin zurück: der Leib Christi werde empfangen, aber nicht geistig, die Kraft werde ihm entzogen. J e genauer jedoch die wirkliche Gegenwart umschrieben wurde, desto mehr wurde ihre Unabhängigkeit von der subjektiven Verfassung des Empfängers erkannt. Guitmund von Aversa ( f 1095) weist die Ansicht zurück, daß im Munde des Sünders eine Rückverwandlung stattfinde, worauf Thomas am Ende seiner Antwort anspielt. Guitmund selbst meinte, daß der Leib Christi dann in den Himmel zurückversetzt werde. Hugo von St. Viktor bahnt den Späteren den Weg durch seine Ausführungen über sacramentum et res. Petrus Lombardus beschäftigt sich ausführlich mit unserer Frage und macht sich das Wort Lanfrancs zu eigen: „Auch die Sünder und unwürdig Kommunizierenden empfangen den wahren Leib und das wahre Blut Christi, aber nur ihrem Sein, nicht ihrer Heilskraft nach" (dist. 9). Die 9. Strophe der Fronleichnamssequenz des hl. Thomas: „Gute nehmen, Böse nehmen, aber doch mit ungleichem Anteil, nämlich am Leben oder Tode", war also seit langem vorbereitet (vgl. DThC V, 1279 fl.). [102] Zu S. 234. Das Verlangen nach dem Anblick der konsekrierten Hostie war im Mittelalter ganz außerordentlich stark geworden. In der Praxis wurde dieser Anblick höher geschätzt als das Opfer und die Kommunion (vgl. I. Herwegen, Antike, Germanentum und Christentum, Salzburg o. J., S. 52 f.). Manche Theologen waren nun der Ansicht, daß Todsünder die Hostie, wie nicht genießen, auch nicht anschauen dürften. Andere dagegen, wie Wilhelm von Auxerre, meinten, die Berührung der konsekrierten Hostie sei sündhaft, der Anblick aber heilsam, weil er zur Liebe anrege. Albert (4 Sent., d. 13, a. 18) will, daß der Sünder die Hostie nur selten ansehe und dabei in Bußgesinnung an die Brust schlage. Thomas bringt im Unterschied zu seinen Vorgängern in all diesen Fragen stets die Grundprin-
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zipien der Transsubstantiationslehre zur Anwendung. In seiner Forderung, daß die Nichtgetauften zum Anschauen des Sakraments nicht zugelassen werden dürften, wirkt die altkirchliche Arkandisziplin noch nach auf dem Wege über Ps.-Dionysius, der aber hier nicht nur vom Sakrament spricht, sondern überhaupt von den heiligen Zeremonien, die diejenigen nicht schauen dürften, die die geistige Sehkraft in der Taufe noch nicht erlangt hätten. Gewiß wird diese Forderung in der heutigen Welt wieder dringender, als sie es im Mittelalter gewesen war. [103] Zu S. 246. Das Gottesurteil ist „ein Rechtsbrauch, um beim Versagen des Eides bzw. der Eideshelfer durch Herbeiführung einer unmittelbaren Kundgebung Gottes die Wahrheit in einer Streitsache oder die Schuldlosigkeit eines Beklagten festzustellen". Einer dieser Bräuche ist auch die sogen. Abendmahlsprobe, bei der Erkrankung oder Tod nach dem Empfang der heiligen Kommunion als Schulderweis galt. Nachdem im 8. und 9. Jahrhundert untergeordnete kirchliche Instanzen die Gottesurteile häufig anerkannt hatten, wurden sie von den Päpsten Nikolaus I., Stephan V., Alexander II. und III., Cölestin III. und schließlich vom IV. Laterankonzil verurteilt. Thomas lehnt sie II—II, 95, 8 Zu 3 ebenfalls ab (vgl. LThK Bd. 4, S. 614 f., Art. Gottesurteile). [104] Zu S. 253. Die Enthaltung vor dem Empfang des Abendmahles wurde im christlichen Altertum häufig geübt. Den Anlaß gab der Rat des hl. Paulus 1 Kor 7, 5. Die Stelle bei Ignatius (Ad Polyc. 5, 2): „Kann jemand in Keuschheit verharren, so tue er es zu Ehren des Fleisches des Herrn ohne Selbstruhm", ist allerdings wohl nicht, wie Heussi (Der Ursprung des Mönchtums, Tübingen 1936, S. 29, Anm. 5) meint, in diesem Sinne, sondern von der dauernden Enthaltsamkeit gemeint. Wenn jene Enthaltung auch in der griechischen Kirche ein Gebot wurde, so blieb sie doch in der lateinischen Kirche im allgemeinen ein Rat, weil der eheliche Verkehr in sich nichts Unreines ist. Darin zeigt sich gerade der Unterschied zwischen1 der christlichen und der jüdischen wie auch der heidnischen Auffassung der Reinheit. Dieser Unterschied kommt in bezug auf die hier in Rede stehende Frage sehr schön zum Ausdruck in einer Stelle der Didaskalia: „Wenn es einer Frau nach der Weise der Weiber ergeht, und wenn ein Mann Samenfluß hat, und wenn Mann und Frau beieinander liegen und der eine von der Seite des andern sich erhebt, so mögen sie ungehindert, ohne sich zu waschen, zur Versammlung kommen, denn sie sind rein. Wenn aber jemand Unzucht begeht und ein fremdes Weib schändet nach der Taufe, -oder sich mit einer Buhlerin verunreinigt und, nachdem er sich von ihrer Seite erhoben, sich in allen Meeren und Ozeanen badete und sich in allen Flüssen wüsche, so kann er doch nicht rein werden" (TU 25 [NF 10 a], H. 2, S. 144). 1 Vgl. Th. Wächter, Reinheitsvorschriften im heidnischen Kult (Religionsgesch. Versuche und Vorarbeiten) 9, 1 (1910).
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[105] Zu S. 253. Die allgemeinste religionsgeschichtliche Grundlage der Reinigung ist wohl der Gedanke oder das Empfinden, daß Schmutz das Leben hemmt. Die Beseitigung des Schmutzes durch die Reinigung mit Wasser ist die Voraussetzung für die Betätigung der Lebensmacht. Deshalb ist zunächst alles, was mit dem Tode zusammenhängt, unrein. Der Tote ist für das späte Judentum der Urherd der Unreinheit. Auch die Vorgänge der Geburt und des Geschlechtslebens streifen die Grenze des Todes und machen unrein. Für das auserwählte Volk hatte der Begriff der Unreinheit eine besondere Bedeutung, weil es in seiner Religion die Heiligkeit des lebendigen Gottes so stark empfand. Die Vorschriften des Gesetzes bezüglich der Reinheit sollen entweder als vorbereitende Reinigungen den Menschen in den heilig-reinen Zustand versetzen, der zur Begegnung mit Gott im Kultus erfordert ist, oder es sind sühnende Reinigungen, die die verlorene Reinheit durch allerlei Waschungen wiederherstellen sollen. Vor allem das spätere Judentum hat in einer Unzahl Satzungen über rein und unrein das ganze Leben des Frommen unter diesen Gesichtspunkt gestellt. Wenn auch Ansätze zu einer Vergeistigung des Reinheitsbegriffes bei den Rabbinern nicht fehlen, so hat doch erst Christus, der Herr, den alten rituellen Reinheitsgedanken als nicht mehr bindend erklärt, indem er lehrte: „Was zum Munde eingehet, das verunreinigt den Menschen nicht, sondern was zum Munde ausgeht, das verunreinigt den Menschen" (Mt 15, 11). Damit sollte ausgedrückt sein, daß nicht mehr die von außen an den Menschen herantretenden Befleckungen über seine Gottverbundenheit entscheiden, sondern die innere Gesinnung (vgl. Mk 7, 21). Diese aber wird rein durch die Lebensverbindung mit Jesus (Jo 15, 3 ff.). Durch das Blut Jesu ist die Gemeinde im geistigen Sinne, d. h. in ihrem Gewissen, rein (Hebr 9, 13). Im praktischen Leben hat dann Paulus diesen neuen Reinheitsbegriff anzuwenden gelehrt, nach dem Grundsatz: „Dem Reinen ist alles rein" (Tit 1, 15).
,[106] Zu S. 256. In getreuer Nachahmung des Letzten Abendmahles des Herrn hielten die ersten Christen die Eucharistiefeier vielfach im Anschluß an ein gemeinsames Mahl, wie es Paulus (1 Kor 11) von Korinth und der Märtyrerbischof Ignatius (Ad Smyrn. 8) von Smyrna bezeugt. Doch schon bald fand man es allerorten angemessen, die Eucharistie vor jeder anderen Nahrung zu sich zu nehmen (Tertullian, Ad uxor. 2, 5; Origenes, In Gen. hom. 10: MPG 12, 288). Im 4. Jahrhundert wird die Nüchternheit beim Empfang der Eucharistie in den Kanones streng vorgeschrieben (TU 1819, VI, S. 110). Eine Ausnahme gab es in Afrika und Gallien für den Gründonnerstag. Das Konzil von Konstanz (1415) erklärte, daß, wenn Christus auch die Eucharistie nach dem Mahl eingesetzt habe, doch die Gewohnheit der Kirche verpflichtend sei, daß sie nicht nach einem Mahle gefeiert und nur von Nüchternen empfangen werden könne, wenn nicht ein Notfall vorliege (Dz 626). Die Grundsätze, die Thomas in den Lösungen Zu 4 und Zu 5 aufstellt,
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sind auch in die Bestimmungen des Römischen Missale defectibus, IX) eingegangen.
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[107] Zu S. 260. Wenn es auch über ein Fasten n a c h dem Empfang der heiligen Eucharistie keine kirchlichen Bestimmungen gibt, so ist es doch angemessen, mit dem Genuß anderer Speise so lange zu warten, bis die heiligen Gestalten sich aufgelöst haben, also etwa eine Viertelstunde. [108] Zu S. 264. Es ist allerdings richtig, daß Ps.-Dionysius an der angegebenen Stelle von der Taufe eines Erwachsenen spricht. Aber bei der Kindertaufe, die Dionysius ausdrücklich verteidigt (Hier, eccl., V I I , 11), wurde es genau so gehalten. Die alte Kirche betrachtete Taufe, Firmung und Eucharistie als eine Einheit. Die Griechen stützen sich bei dem bei ihnen heute noch geltenden Brauch nicht auf ein mißverstandenes Wort des Ps.-Dionysius, wie Thomas anzunehmen scheint, sondern auf das Wort Christi: „Wenn ihr das Fleisch des Menschensohnes nicht essen und Sein Blut nicht trinken werdet, werdet ihr das Leben nicht in euch haben. Wer Mich ißt, wird ewiges Leben haben." Dieses Wort hat bis zum Ende des 12. Jahrhunderts auch die Praxis der westlichen Kirche bestimmt. Meist spendete man den Kindern die Kommunion unter der Gestalt des Weines (vgl. L. Andrieux, La Première Communion, Paris 1911). [109] Zu S. 264. Wenn die Kirche bis zum 12. Jahrhundert die Kinderkommunion zuließ, so tat sie es aus dem Prinzip heraus, daß jeder, der in der Taufe wiedergeboren ist für das übernatürliche Leben, dann auch in diesem übernatürlichen Leben genährt und gestärkt werden soll, vor allem da ja keinerlei Hindernis in der Seele des unschuldigen Kindes für das übernatürliche Wachstum besteht. Nicht aus theologischen Erwägungen heraus wurde diese Praxis im 13. Jahrhundert geändert, sondern weil der Kelch für die Laien aus der Übung kam und man ihn dann auch den Kindern nicht mehr geben wollte. Im Jahre 1215 wurde dann der berühmte Kanon 21 des Lateranensischen Konzils: „Omnis utriusque sexus" publiziert, der bestimmte, daß jeder, der zu den Jahren der Unterscheidung gelangt ist, wenigstens einmal im Jahre bei dem zuständigen Priester beichten und kommunizieren solle. Der unbestimmte Ausdruck „Jahre der Unterscheidung" ist in der Folgezeit Gegenstand der verschiedensten Interpretationen geworden. Thomas geht an dieser Stelle von der Forderung der ,devotio' ( = Weihung, Hingabe, Ergebenheit) aus. Dasselbe tut er auch an einigen anderen Stellen, wie z. B. 4 Sent., d. 23, q. 2, a. 2, qa 4; In Evang. Joan., c. 6, lect. 7. An letzterer Stelle erklärt er näher, daß nur der das Gefühl der Hingebung haben könne, der im Gebrauch des freien Willens sei. An einer andern Stelle (4 Sent., d. 9, q. 1, a. 5, qa 4) fordert Thomas, daß die Kinder das eucharistische von gewöhnlichem Brot müßten unterscheiden können, und setzt dafür ein Alter von etwa 10 bis 11 Jahren an. Dasselbe Alter gibt auch Alexander
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von Haies (Summa Theol., P. IV, q. 11, membr. 2, a. 3) an, wie auch die meisten späteren Theologen. Das Konzil von Trient behält die Sprechweise des Laterankonzils bei: „Wenn jemand sagt, f ü r die Kinder sei der Empfang der Kommunion, bevor sie zu den Jahren der Unterscheidung gekommen sind, heilsnotwendig, der sei im Banne" (sess. XXI, can. 4: Dz 937), ohne ein bestimmtes Alter anzugeben. Vor allem hebt es den Grund hervor f ü r diese Praxis: „da die der Vernunft noch entbehrenden Kinder durch das Bad der Wiedergeburt Christus einverleibt sind und die Gnade der Kindschaft Gottes nicht verlieren können" (sess. 21, c. 4). Ein Verbot f ü r die Kommunion Unmündiger findet sich erst im Rituale Romanum Pauls V. und wird auch im CJC, can. 854, § 1, ausgesprochen. In dem Dekret der Sakramentenkongregation vom 8. August 1910 (AAS II, S. 577 ff.) wird das Alter der zur Kommunion zuzulassenden Kinder auf ungefähr 7 Jahre angegeben. ,[109 a] Zu S. 267. Thomas sagt „vornehmlich", weil neben der Taufe, die der eigentliche „Grund der geistlichen Wiedergeburt" ist (Komm, zu Hebr 6, 1), auch „die Buße v o r d e r T a u f e " , die fredlich „kein Sakrament, sondern ein Tugendakt ist, der auf das Sakrament der Taufe vorbereitet" (90, 4 Zu 1), als eine Wandlung des Bußfertigen „durch die Wiedergeburt zu einem Neuen Leben" bezeichnet werden kann (vgl. ebd. Antwort). [110] Zu S. 270. In der alten Kirche gehörte zur Feier des heiligen Opfers auch der Empfang der heiligen Kommunion. Aber bald schon bürgerte sich der Brauch ein, auch zu Hause während der Woche zu kommunizieren. Die tägliche Kommunion scheint vor allem in der afrikanischen Kirche geübt worden zu sein, wobei die Anwendung der vierten Bitte des Vaterunsers auf die Eucharistie mitgewirkt haben mag (vgl. Cyprian, De orat. dorn., c. 18: MPL 4, 531) sowie der Ernst des christlichen Lebens, wie ihn die Verfolgungen mit sich brachten. Im Hinblick auf sie gibt der hl. Märtyrerbischof Cyprian den Seinen den Rat, „täglich den Kelch Christi zu trinken, damit sie auch selbst für Christus ihr Blut vergießen könnten" (ep. 56, n. 1: MPL 4, 350). Auch Augustin empfiehlt die tägliche Kommunion (serm. 227: MPL 38, 1099), wenn er auch die anderen Gewohnheiten anderer Kirchen gelten läßt (vgl. W. Roetzer, Des hl. Augustinus Schriften als liturgiegeschichtliche Quelle, München 1930, S. 176 ff.). Zu Beginn des Mittelalters häuften sich die Messen, während die Kommunionen außerordentlich abnahmen. Der hl. Beda z. B. klagt darüber, daß der Brauch der täglichen Kommunion sogut wie unbekannt sei und daß ganz fromme Leute nur an Weihnachten, Epiphanie und Ostern kommunizierten. Aber auch das wurde von sehr vielen nicht mehr gehalten, so daß Synodalbestimmungen erlassen werden mußten in dem Sinne, daß diejenigen, die nicht an Weihnachten, Ostern und Pfingsten kommunizierten, nicht mehr als Katholiken betrachtet werden könnten (Konzil von Agde, 506). Ähnlich bestimmte das Konzil von Tours (813), dessen Entscheidung Thomas hier Papst Fabian zuschreibt. Eine Ursache dieses
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Rückganges der häufigen Kommunion sieht Beda in dem Mangel an Unterweisung von Seiten des Klerus, und gewiß offenbart das Auseinanderfallen von Messe und Kommunion, daß der Sinn für das eucharistische Mysterium beim Volke nicht vorhanden war. Erst das Konzil von Trient hat die Zusammengehörigkeit von Messe und Kommunion, daß, wer einer Messe beiwohnt, in ihr auch kommunizieren sollte, wieder den Gläubigen deutlich vor Augen gerückt (sess. X X I I , cap. 6: Dz 914). — Doch war es nicht nur das ,Erkalten der ersten Liebe', was den Rückgang der Kommunion veranlaßte, sondern auch die Sorge um würdigen Empfang eines so heiligen Sakramentes. Weil er die Häufigkeit der Kommunion von der inneren Verfassung des Einzelnen abhängig wissen wollte, hatte Gennadius von Marseille ( f 492) den im ganzen Mittelalter immer wieder zitierten Satz gesprochen: „Die tägliche Kommunion lobe ich nicht und tadle sie auch nicht" (De eccl. dogm., c. 53: MPL 58, 994). Im Anschluß an das Wort des Gennadius wollten auch die übrigen großen Scholastiker, wie Alexander von Haies, Albert, Bonaventura, die häufige Kommunion nur von denen geübt sehen, die dadurch in der Liebe wüchsen, und das seien nur wenige, bemerkt Bonaventura (4 Sent., d. 12. p. 2, a. 2, q. 2). Bei vielen sei ein gelegentliches Fernbleiben eher eine Förderung als ein Hemmnis des Guten. Als in der Gegenreformation der Empfang der Kommunion auch beim Volke wieder häufiger wurde, entspann sich unter den Theologen über die dazu erforderliche Vorbereitung eine Kontroverse, in deren Verlauf auch recht laxe Ansichten geäußert wurden. Da erschien das berühmte Buch des Jansenisten Arnauld „Sur la fréquente communion" (1643). Er stellte darin vor allem zwei Grundsätze auf: 1. daß niemand ein Anrecht auf die Kommunion habe, der nicht vorher für jede begangene Todsünde eine lange und entsprechende Buße getan habe; 2. daß jeder vom Empfang der Kommunion abzuhalten sei, der nicht eine absolut reine Gottesliebe habe und das Verlangen, in allem Gott zu gefallen. Sie wurden von Alexander V I I I . verurteilt (Dz 1179). Aber erst das Kommuniondekret Pius' X. vom 20. Dezember 1905 machte dem Streit um die häufige Kommunion ein Ende und überwand allmählich die Nachwirkungen des jansenistischen Rigorismus. Die Kommunion wurde wieder weniger als ein Akt höchster Gottesverehrung von Seiten des Menschen, denn vielmehr als eine von der Liebe Gottes uns geschenkte geistliche Nahrung und Arznei gegen die täglichen Fehler und Schwächen betrachtet. Deshalb setzte das Dekret fest, daß niemand, der im Stande der Gnade sich befinde und in der rechten Meinung zum Tische des Herrn hinzutrete, von der täglichen Kommunion abgehalten werden dürfe. Die rechte Gesinnung aber haben alle, die sich nicht beherrschen lassen durch weltliche Einstellung, sondern Gott gefallen wollen, sich mit Ihm in engerer Liebesgemeinschaft verbinden und durch diese Arznei ihren Schwächen und Fehlern abhelfen wollen. [111] Zu S. 274. Die Lehre der Kirche über die Kommunion unter beiden Gestalten ist in der Sess. X X I des Konzils von
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Trient, cap. 1—3, niedergelegt. Es sind dort drei dogmatische Wahrheiten definiert: 1. daß kein göttliches Gebot existiere für die Kommunion unter beiden Gestalten; 2. daß die Kirche die Gewalt habe, von sich aus die Weise der Sakramentenspendung zu bestimmen in allem, was nicht durch göttliches Recht festgelegt ist; 3. daß durch die Kommunion unter einer Gestalt niemand einer zum Heile notwendigen Gnade verlustig gehe, weil unter j e d e r Gestalt der ganze Christus empfangen werde. Das Konzil stellte zugleich fest, daß weder aus J o 6, 54 noch aus der Einsetzung gefolgert werden könne, es existiere ein göttliches Gebot zur Kommunion unter beiden Gestalten. Ohne eine Definition über den Sinn von J o 6, 54 aussprechen zu wollen, stellt das Konzil durch Vergleich mit V. 51 und V. 58 b : „Wer dieses Brot ißt, der lebt in Ewigkeit", fest, daß Christus hier nicht ein göttliches Gebot zur Kommunion unter beiden Gestalten geben wollte, weil E r sonst nicht vom Brote allein gesprochen hätte. Ebensowenig ist es bei der Einsetzung die Absicht des Herrn, alle Gläubigen zum Empfang unter beiden Gestalten zu verpflichten. Wenn auch bis in das 13. Jahrhundert hinein die Kommunion unter beiden Gestalten allgemeiner Brauch in der Kirche war, so zeigen doch verschiedene Ausnahmen von dieser Regel deutlich, daß man diesen Brauch nicht als eine göttliche Verpflichtung betrachtete. Solche Ausnahmen sind: 1. die häufig geübte Kommunion unter einer Gestalt bei der Privatkommunion in den Häusern; 2. die Krankenkommunion, die gewöhnlich nur unter einer Gestalt stattfand; 3. die Kommunion unter einer Gestalt bei der Messe der vorgeweihten Gestalten, die im Orient an allen Fasttagen der Quadragesima gefeiert wurde; 4. die Kommunion der Kinder, die gewöhnlich unter einer Gestalt, meist der des Weines, stattfand; 5. der hier und da, sowohl im Orient wie im Okzident, festzustellende Brauch, auch in den Kirchen nur unter einer Gestalt zu kommunizieren. Auch kann das häufig geübte Kommunizieren unter Eintauchung des Leibes Christi in das heilige Blut nicht als Erfüllung eines ,Gebotes' gelten, weil es offensichtlich kein Trinken des Weines darstellt, weshalb auch im Orient manches Bedenken gegen diesen Brauch laut wurde, ohne daß er jedoch abgeschafft wäre. Häufig wurde dem Volke auch nur Wein gereicht, in den einige Tropfen des heiligen Blutes gemischt worden w a r e n ; und wenn auch einige Theologen wie Amalar ( f 837) der Meinung waren, daß diese Vermischung eine Konsekration des W e i n e s verursache, so wurde dies doch von anderen verneint. Wahrscheinlich hat gerade die Abschaffung dieses Brauches im 12. Jahrhundert mit dazu beigetragen, daß die Kelchkommunion für die Laien außer Übung kam. — Das Zeugnis des Papstes Gelasius ( f 496), das Thomas im 1. Einw. anführt, ist wohl ursprünglich gegen die Manichäer gerichtet, die, wie auch Leo d. Gr. ( f 461) berichtet, bei der Kommunion nicht das heilige Blut empfangen wollten. Gratian nahm die Stelle in das Dekretum (De cons., d. 2, cap. 12) auf unter der Überschrift: „Den Leib Christi ohne das Blut darf der Priester nicht empfangen." So kommt Tho-
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mas dazu, den Text des Gelasius von der Verpflichtung zu verstehen, die dem zelebrierenden Priester obliegt, während der Papst sich in Wirklichkeit gegen die wendet, die aus häretischer oder abergläubischer Gesinnung das heilige Blut nicht empfangen wollen. Das Konzil von Trient überließ auf Drängen des Deutschen Kaisers jede Entscheidung über die Opportunität eines etwaigen Zugeständnisses der Kelchkommunion an die Laien dem Papste. Pius IV. erteilte 1564 verschiedenen deutschen Bischöfen die Erlaubnis, die Kelchkommunion in ihren Sprengein zuzulassen. Da aber die ganze Frage damals noch zu sehr umstritten war, ergaben sich aus dieser Erlaubnis so viele Mißstände, daß sie nach einem Jahre wieder zurückgezogen werden mußte. Seither haben in der lateinischen Liturgie nur Diakon und Subdiakon beim feierlichen Papstamt das Vorrecht, die Kommunion unter beiden Gestalten zu empfangen. (Vgl. zum Ganzen die ausführliche Darstellung in DThC III, 552—572.) [112] Zu S. 286. Die hier und an anderer Stelle (III, 28, 2 Zu 3; 45, 2 u. a.) von Thomas dem Hugo von St. Viktor zugeschriebene Ansicht ist in dieser Form von ihm nicht vertreten worden, sondern von Innozenz III. (De sacro altaris mysterio, IV, cap. 12). Thomas hat diese Ansicht nicht aus Hugo selbst, sondern aus Alexander von Haies (Summa Theol., IV, q. 11, membr. 2, a. 1, qa 3), der Hugo und Innozenz kombiniert hatte (vgl. Praef. in t. XI ed. Leon., S. XXXVI). Hugo hatte, wie schon manche ältere Theologen (Anselm von Laon, Wilhelm von Champeaux usw.), die Ansicht vertreten, daß „die menschliche Natur in Christus sterblich war, aber durch den Willen Christi, nicht durch Wesensnotwendigkeit" (De sacram., II, p. 8, cap. 3: MPL 176, 463). Ein Willensakt Christi habe genügt, um die Ihm eigentlich zukommende Unsterblichkeit anzunehmen. So habe Er sich Lk 4, 29 von den Leuten von Nazareth an den Abhang führen lassen, um Seine sterbliche Natur zu zeigen. Dann aber sei Er durch ihre Mitte hindurchgegangen und habe dadurch gezeigt, daß, wenn Er wollte, Er der Gewalt nicht unterworfen war. Weil Christus also so vollkommen Herr gewesen über Seine Natur, habe Er beim Letzten Abendmahle als Gebender sterblich und doch als Gabe, unsichtbar unter den Gestalten von Brot und Wein, unsterblich sein können. Die ganze Frage war in der Zeit nach Berengar akut geworden, als die Identität des eucharistischen mit dem historischen, bzw. dem verklärten Christus deutlicher erkannt wurde. War der verklärte Christus unter den Gestalten gegenwärtig, wie es nach der Auferstehung der Fall war, so war leichter einzusehen, daß Christus unter den Gestalten nicht leiden konnte. Beim Letzten Abendmahl aber war der Herr noch nicht verklärt. Daß aber auch der leidensfähige Christus unter den Gestalten auf eine nicht leidensfähige Weise gegenwärtig gedacht werden konnte, war erst durch die konsequente Durchführung des Transsutostantiationsbegriffs, wie sie Thomas leistete, möglich.
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[113] Zu S. 289. Zum Verständnis des Wesens des eucharistischen Opfers, wie Thomas es sieht, ist es auch wichtig, daß er hier (Art. 4 Zu 1) deutlich sagt, was er unter .passio' versteht. „Leiden kommt dem Körper zu im Verhältnis zu einem von außen Wirkenden" (Zu 1). Thomas versteht also hier Leiden im Sinne der aristotelischen Kategorie als dasjenige Akzidens, wodurch das Leidende bestimmt ist als tatsächlich die vom Tätigen hervorgebrachte Wirkung in sich aufnehmend. Dieses Leiden wird deutlich unterschieden von dem ,dolere' = Schmerz empfinden (vgl. Antwort). Letzteres kann Christus auch im Sakramente zukommen, weil es nicht notwendig abhängt von einem von außen Wirkenden. Wir verstehen heute unter dem Worte ,leiden' die eine wie die andere Art. Die ,passio' im strengen Sinne kann also, weil sie nur durch die körperliche Berührung mit äußeren Dingen an Christus herantreten kann, Christus nur in seiner natürlichen Daseinsform zugeschrieben werden. Daraus folgt, daß Thomas nur von einer sakramentalen Vergegenwärtigung der passio in diesem Sakramente reden und die passio im strengen Sinne Christo nur in der geschichtlichen Daseinsweise zuschreiben kann. .[114] Zu S. 295. Da die Feier der Eucharistie die letzte sakramentale Verwirklichung der kirchlichen Einheit und Gemeinschaft ist, so war es in der alten Kirche Sitte, daß der Bischof für gewöhnlich die Eucharistie feierte. Das betont vor allem der hl. Ignatius von Antiochien (Ad Smyrn. 8, 1). Ebenso ist es bei Cyprian (vgl. ep. 63, 14). Der Bischof kann aber einen Priester bestellen, der die heilige Feier für ihn vollziehen soll. Nachdem im Mittelalter der Bischof vielfach mehr Fürst als Vater sedner Gläubigen geworden war und so das Wesen des Bischofs als des obersten Liturgen seiner Kirche in den Hintergrund trat, sind die Bischöfe nach den heutigen Bestimmungen verpflichtet, an den höchsten Kirchenfesten: Weihnachten, Ostern, Pfingsten und Fronleichnam, und während der liturgisch wichtigsten Zeiten des Kirchenjahres: Advent und Fastenzeit, an ihrer Kathedralkirche zu weilen und an allen Sonntagen und Festen de praecepto das heilige Opfer für ihre Gläubigen darzubringen (CJC, can. 338 u. 339). [115] Zu S. 296. Das Wort ,concelebrare' bedeutete im klassischen Latein: ,sich zu einem Feste vereinigen', bzw. ,in Gemeinschaft verherrlichen'. In diesem Sinne wird das Wort in der Fastenpräfation von den Engeln gebraucht. Auch der griechische Ausdruck avÄXeitovgyelv wird in einem weiteren Sinne von der gemeinsamen Feier liturgischer Funktionen gebraucht. Vor allem heißt in der griechischen Liturgie der Diakon ov/./.tizovoyög. Erst um das 12. oder 13. Jahrhundert nahmen die scholastischen Theologen den Ausdruck als terminus technicus f ü r die gemeinsame und wirksame Konsekration derselben Opfergabe durch mehrere Priester. Ob die Konzelebration in diesem strengen Sinne häufig geübt worden ist, ist nicht leicht zu entscheiden. Aus den ersten Jahrhunderten 29*
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fehlen uns die sicheren Zeugnisse. Es scheint die Konzelebration vor allem in Rom bei den Papstmessen üblich gewesen zu sein (Liber Pontif., ed. Duchesne, Paris 1886, S. 139). Der Ordo Rom. I (MPL 78, 958) enthält eine Notiz, nach der an den Hauptfesten des Jahres die römischen Titelpriester, die Kardinäle, zusammen mit dem Papst den Kanon laut beten und zusammen konsekrieren. Dabei hat aber jeder seine Oblate vor sich liegen. Es scheint, daß dabei auch jeder Priester seine Patene hatte (Liber Pontif., ed. Duchesne, S. 143, 165). So wurde es auch an den Stationstagen gehalten, an denen die Kirche von Rom als Ganzes teilnahm. Vielleicht gehen auch die Worte des Kanons: „Daher sind wir eingedenk, Herr, wir, Deine Diener, aber auch Dein heiliges Volk", auf das laute gemeinsame Sprechen des Kanons zurück, das uns übrigens auch in zwei kostbaren karolingischen Elfenbeinplatten bezeugt ist, von denen die eine, heute in der Frankfurter Stadtbibliothek befindliche, den Bischof hinter dem Altare in Orantenhaltung stehend zeigt, während vor dem Altare, mit dem Rücken zum Beschauer, fünf Priester in Kasein, ebenfalls in Orantenhaltung und mit geöffnetem Munde, also sprechend, dargestellt sind. Auf dem Altare steht ein Kelch nebst einer Patene, auf der drei Hostien liegen für die Kommunion des Bischofs, des Klerus und des Volkes. Auf dem Altare neben den Hostien liegt ein Buch, in das in karolingischer Schrift die Anfangsworte des Kanons eingetragen sind: „Te igitur, clementissime Pater". Hinter dem Bischof stehen die Diakone, fünf an der Zahl. Wir haben hier also ein vollständiges Bild einer Konzelebration im strengen Sinne des Wortes. Auch in Gallien war der römische Brauch vielfach verbreitet, vor allem in Lyon feierte der Bischof an den hohen Festen das Pontifikalamt stets mit großer Assistenz von sechs Priestern, die im Volksmund die ,sechs Musen' (von ,symmystae') hießen, sieben Diakonen, sieben Subdiakonen usw. (Vgl. D. Buenner, Le rite Lyonnais, Lyon 1934.) Auch in anderen gallischen Bischofstädten wurde es so gehalten bis in die Neuzeit. Doch bedeutete diese Assistenz nicht immer auch Konzelebration. Häufig sprach der Bischof die Konsekrationsworte allein. Bei den Griechen ist die Konzelebration noch heute üblich, da sie strenger als die Lateiner an dem alten Grundsatz festhalten, daß in einer Kirche nur ein Altar stehen soll und daß an einem Altar auch nur einmal am Tage das heilige Opfer gefeiert werden soll. Die Stelle bei Thomas ist das erste Zeugnis für den Brauch der Konzelebration bei der Priesterweihe. f l l 6 ] Zu S. 299. In der alten Kirche bestanden, was den Spender der Eucharistie angeht, verschiedene Gepflogenheiten. Meistens war es das Amt der Diakone, den Gläubigen den Kelch zu reichen. Doch teilten sie bisweilen auch den heiligen Leib an die Gläubigen aus. Häufig brachten sie auch den Abwesenden von der Eucharistie. Letzteres war in Rom vor allem das Amt der Akoluthen. Fehlten die Kleriker, so vollzogen denselben Dienst auch Laien, die sich auch wohl selbst die
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Kommunion reichten, wenn sie privat im Hause kommunizierten. Nach der heutigen Auffassung kann der Laie die heilige Kommunion sich selbst reichen, wenn in einem Notfall er sonst die Wegzehrung nicht empfangen könnte. Die Beziehung zwischen der Konsekrationsgewalt und dem Recht der Spendung der Eucharistie hebt Thomas auch im Matutinhymnus des Fronleichnamsfestes hervor: „So setzt Er jenes hochheilige Opfer ein, / dessen erhabenen Dienst zu begehen allein / den Priestern Er befahl, daß sie Empfänger seien / und daß sie seien Spender auch." [117] Zu S. 303. Wenn die Erscheinung nur in den Augen der Beschauer oder in Figur und Farbe der konsekrierten Hostie besteht, der Leib Christi aber unverändert unter der unveränderten Ausdehnung des Brotes bleibt (vgl. 76, 8), sollte man folgerichtig den Genuß der Eucharistie auch in diesem Falle für erlaubt halten. Thomas scheint sich hier einfach an die zu seiner Zeit allgemein vertretene Ansicht zu halten (vgl. Anm. [71]). [118] Zu S. 306. Einen guten Kommentar zu den Worten des Gelasius bilden die Ausführungen des Fulgentius von Rüspe ( t 532) ad Monimum, lib. II, cap. 9—11 (MPL 65, 187 &.): „Wenn also um die Herabkunft des Heiligen Geistes zur Heiligung des Opfers der Kirche gebetet wird, so betet man meiner Ansicht nach nur darum, daß im Leibe Christi, der die Kirche ist, die Einheit der Liebe ständig unverletzt bewahrt b l e i b e . . . Wenn also die Kirche darum bittet, daß ihr der Heilige Geist vom Himmel gesandt werde, so bittet sie darum, daß ihr die Gabe der Liebe und Einmütigkeit von Gott verliehen w e r d e . . . Diese Erbauung im Geiste kann aber zu keiner Zeit besser erfleht werden, als wenn vom Leibe Christi, der die Kirche ist, im Sakramente des Brotes und Kelches Leib und Blut Christi geopfert wird." (Zu der Stelle aus Ps.-Dionysius in Zu 3 vgl. Bd. 29, Anm. [69].) So handelt es sich auch bei Gelasius nicht um die Ungültigkeit der Konsekration wegen der Sündhaftigkeit des Priesters, diese wird vielmehr vorausgesetzt, sondern um die Nur-Sache des Sakraments. Gott wird das Gebet eines lasterhaften Priesters um die Liebe und Einheit im Heiligen Geiste nicht erhören, weil ein solcher Priester außerhalb dieser Einheit steht. So ist auch die vorher angeführte Stelle aus Hieronymus zu verstehen. Die ,vera eucharistia' ist erst da, wenn mit dem Sakrament auch die Wirkung des Heiligen Geistes in den Seelen verbunden ist, da die Eucharistie ja das Sakrament des Leibes Christi ist nicht nur im Sinne der objektiven Gegenwart unter den Gestalten, sondern auch im Sinne der Erbauung der Kirche. [119] Zu S. 310. J e deutlicher in der alten Kirche die Ganzheit des eucharistischen Opfers gesehen wurde, das nicht nur in der gültigen Konsekration vollendet, sondern das im Heiligen Geiste dargebrachte Opfer der ganzen Kirche ist, desto weniger konnte man das Opfer der Häretiker und Schismatiker als
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wahres Opfer betrachten. Damit sollte nicht die Frage der sakramentalen Gültigkeit entschieden werden, sondern die des pneumatischen Wertes, wie Thomas in seiner Lösung richtig sagt. — Die von Thomas angeführte Stelle aus Leo hat im Zusammenhang einen anderen Sinn. Es heißt dort (ep. 80: MPL 54, 914): „Anders gibt es nämlich in der Kirche Gottes, die der Leib Christi ist, weder ein gültiges Priestertum noch wahre Opfer, wenn uns nicht in der Wesensart unserer Natur der wahre Pontifex versöhnt, das wahre Blut des unbefleckten Lammes uns reinigt. Es thront zwar zur Rechten des Vaters, im selben Fleische aber, das Er von der Jungfrau nahm, hat Er das Versöhnungsopfer dargebracht." Leo will also nur die Torheit der Monophysiten geißeln, die das Opfer des Leibes und Blutes Christi in der Kirche darbringen wollen und doch nicht die wahre Menschheit Christi bekennen. (Vgl. zur ganzen Frage 64, 9: Bd. 29, S. 121 ff.) [120] Zu S. 311. Die Fragen, die Thomas in Art. 7 u. 8 behandelt, hatten für das Mittelalter wieder eine Bedeutung erlangt durch den Investiturstreit. Manche waren gegen die Gültigkeit der von Simonisten gespendeten Sakramente. Einige Widersacher Gregors VII. beschuldigten diesen, er habe nicht nur die Ungültigkeit der von simonistischen, sondern auch der von unwürdigen Priestern vollzogenen Sakramente gelehrt. Gregor hatte nämlich das Beiwohnen der Messe eines im Konkubinat lebenden Priesters als Idololatrie bezeichnet. Doch wollte der Papst damit nicht sagen, daß dieses Beiwohnen deshalb Idololatrie sei, weil die Konsekration eines solchen Priesters ungültig sei, sondern er wollte damit die Gläubigen darauf hinweisen, daß sie kein frommes Werk täten, wenn sie die Messe eines Exkommunizierten besuchten, sondern in Ungehorsam sich verstrickten, den die Heilige Schrift der Idololatrie gleichstellt (vgl. Bernoldus, Apologeticum, c. 19: MPL 148, 1134 f.). Was die Messen der Schismatiker angeht, hatte der Gregor VII. nahestehende Kardinal Deusdedit (f 1099) sie bestritten. Noch Petrus Lombardus zeigt sich schwankend. In 4 Sent., d. 13 erklärt er, daß die Häretiker und simonistischen Priester zwar taufen, nicht aber die Eucharistie vollziehen könnten, weil diese nur von der ganzen Kirche dargebracht werden könne. Wer aber nicht den Glauben der Kirche habe, könne auch nicht ihre Intention besitzen. In 4 Sent., d. 25, n. 3, erkennt er aber den simonistischen Priestern, die er ausdrücklich zu den Häretikern rechnet, die Konsekrationsgewalt zu. Doch setzt er hinzu, daß sie diese Gewalt mit der Degradation verlören. Das weist schon auf den folgenden Artikel dieser Frage. Auch Wilhelm von Paris spricht sich gegen die Gültigkeit der Konsekration der Häretiker aus, weil die Kirche nicht hinter ihrem Opfer stehe. [121] Zu S. 313. Wenn Petrus Lombardus bezüglich der Konsekrationsgewalt eines häretischen Priesters noch schwankte, so hat er sie doch immer dem degradierten Priester abgesprochen. Wilhelm von Paris ist sogar der Ansicht, daß einem
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degradierten Priester auch der priesterliche Charakter genommen sei (De sacramento ordinis, t. 1, S. 593). Bei den suspendierten und exkommunizierten Priestern dagegen besteht nur das kirchliche Verbot der Darbringung des Meßopfers. Die Ansicht des Petrus Lombardus, des Wilhelm von Paris und anderer über die Konsekrationsgewalt degradierter Priester wird verständlich, wenn man die Forma degradationis" im Pontificale Romanum liest, in der es, nachdem dem Degradandus der Kelch und die Patene mit der Hostie gegeben und dann vom Bischof wieder genommen worden ist, ausdrücklich heißt: „Wir nehmen dir die Gewalt, Gott das Opfer darzubringen und die Messe zu feiern, sei es für Lebende, sei es für Verstorbene." Dann werden ihm vom Bischof Daumen und Finger mit einem scharfen Gegenstande abgekratzt, wobei der Bischof sagt: „Hiermit nehmen wir dir die Gewalt, zu opfern, zu weihen und zu segnen, die du mit der Salbung der Hände und der Daumen empfangen hast." [122] Zu S. 320. Unter den „einigen", von denen Thomas hier spricht, sind wohl Alexander von Haies (Summa Theol., p. IV, q. 11, membr. 2, a. 4, § 1) und Bonaventura (4 Sent., d. 12, p. 2, a. 2, q. 1 Zu 5) gemeint. Alexander von Haies meint, daß der Priester, ohne eine Todsünde zu begehen, aus Ehrfurcht vor dem Sakrament und im Gefühl seiner Unwürdigkeit für immer das Messelesen unterlassen könnte, wenn er keine bestimmte Verpflichtung dazu habe. Bonaventura sagt zur Begründung seiner Ansicht, daß der Priester nicht sündige, wenn e r nicht zelebriert, daß das Priestertum nicht gegeben sei, damit der Mensch es unter allen Umständen ausübe; er scheint also den Gesichtspunkt, den Thomas in diesem Artikel anführt, daß nämlich das Priestertum nicht nur für die Gläubigen, sondern auch zur Verherrlichung Gottes da sei, nicht in Betracht zu ziehen. [123] Zu S . 326. Die hier von Thomas zitierte Augustinusstelle ist einer Karfreitagspredigt des großen Bischofs entnommen. Anscheinend versteht er ,Pascha' (Ostern) hier im weiteren Sinne, in dem es nicht nur die Osternacht und den darauf folgenden Tag bezeichnet, sondern die ganze F e i e r des Leidens und der Auferstehung Christi: Karfreitag, Karsamstag und Osternacht, die Augustinus an anderer Stelle „die hochheilige Dreitagsfeier des Gekreuzigten, Begrabenen und Wiedererweckten" nennt (ep. 55, 14). Augustinus ist sich ja bewußt, daß ,Pascha' ursprünglich ein hebräisches Wort ist und ,Übergang' bedeutet, den Übergang nämlich vom Tode zum Leben, den Christus durch Seinen Tod und S e i n e Auferstehung vollzogen hat und den wir mitvollziehen, indem wir in der Taufe mit Christus vom Tode der Sünde zum Leben der Gerechten übergehen (vgl. Denis, serm. V I , ed. Morin, S . 30). Dieser Übergang vollzieht sich im eigentlichen S i n n e in der Osternacht selbst. Jedoch scheint Augustinus auch das Leiden und Sterben Christi am Karfreitag im übertragenen S i n n e als Erinnerungsbild der „Nacht dieser W e l t " zu
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verstehen, die dem Aufleuchten (serm. 210, n. 6: MPL 38, 1050).
der Ostersonne
voraufgeht
[124] Zu S. 329. Die P r ä s a n k t i f i k a t e n l i t u r g i e , von der Thomas hier spricht, ist ein Kommuniongottesdienst, bei dem an Tagen, an denen keine Messe gefeiert wird, Priester und Volk an einem der Vortage geweihte Hostien kommunizieren. Dieser Brauch verdankt seine Entstehung dem Verlangen nach der heiligen Kommunion auch an solchen Tagen, an denen das heilige Opfer nicht gefeiert wurde. Das war vor allem in der Quadragesima der Fall. Fasten und Eucharistie passen nach altkirchlicher Auffassung, die vor allem im Orient maßgebend geblieben ist, nicht zueinander, da das Fasten als Buße für unsere Sünden eingerichtet ist und also den Charakter der Trauer hat, während das heilige Opfer und die Kommunion einen freudigen Charakter haben als Unterpfand der künftigen Glorie und der Auferstehung. Schließlich verordnete das Trullanum für den Orient, daß während der Osterfasten die Präsanktifikatenliturgie gehalten werden solle mit Ausnahme der Samstage, der Sonntage und des Festes Maria Verkündigung. Heute wird sie nur noch an den Mittwochen und Freitagen der Fastenzeit und an den ersten drei Tagen der Karwoche gehalten. In der römischen Liturgie hat sie sich nur am Karfreitag erhalten, aber so, daß in ihr nur mehr der Priester kommuniziert. Der Ritus wurde mehr und mehr dem der Messe angeglichen („Missa praesanctificatorum"). Daß am Karfreitag und Karsamstag seit alters keine Meßfeier stattfindet, ist im Wesen des Mysteriums begründet. „Ganz aus dem Wesen der Sache geht es hervor, daß diese Vorbereitungszeit auf Pascha ,a-liturgisch' ist, d. h. daß in ihr die Mysterien und insbesondere die ,Liturgie' schlechthin, d. h. die Messe, nicht gefeiert wurden (und daß sie auch heute noch diesen Charakter bewahrt). Der Tod a l s s o l c h e r kann ja nicht gefeiert, d. h. im Mysterium begangen werden, weil er als solcher negativ, vernichtend ist. Gefeiert werden kann nur das L e b e n . Auch kann der Tod, selbst wenn er als Heilstat betrachtet wird, erst dann zum Mysterium werden, wenn er in seiner H e i l s bedeutung vollendet ist; dies aber wird er durch die Auferstehung, in der sich die Annahme des Opfers Christi durch den Vater ausdrückt, weshalb auch der Hebräerbrief das Hohepriestertum Christi in Seiner Erhöhung sieht. Sobald daher durch die Auferstehung das Leben sich aus dem Tode erhoben hat, beginnen wieder die Mysterien, die Sakramente, die das Leben enthalten und weitergeben, blühen die Symbole auf, die auf das Ewige hindeuten und es in das Irdische hineintragen" (0. Casel, Art und Sinn der ältesten christlichen Osterfeier, in: Jahrb. f. Liturgiewiss. 14, S. 51 f.). Ursprünglich wurden beide Gestalten zur Kommunion des Karfreitags aufgehoben (Wilson, The Gelasian Sacramentary, S. 77). Schon im 8. Jahrhundert begegnen wir jedoch der Gewohnheit, nur geweihte Hostien aufzubewahren und von die-
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sen dann nach dem „Libera nos" eine Partikel in den Kelch zu senken und so zu kommunizieren (vgl. Andrieu, Immixtio et consecratio, Paris 1924, S. 28). Amalar von Metz verstand diese Immixtio des geweihten Brotes in den ungeweihten Wein als ,sanctificatio' des letzteren, was gleichbedeutend ist mit der eucharistischen Konsekration. Eine große Reihe Liturgiker und Theologen hielten bis ins 15. Jahrhundert an der Anschauung fest, daß der Kontakt der konsekrierten Hostie den Wein in das Blut Christi verwandle. Andere, wie Sikard von Cremona ( f 1215), haben widersprochen, und diese Ansicht hat sich dann allmählich bei den Theologen allein durchgesetzt. „Die Transsubstantiation geschieht nicht ohne das (Konsekrations-) Wort", sagt Bonaventura (4 Sent., d. 12, p. 2, dub. 2), weil es sich hier um die Verwandlung der Substanz handle, die nur durch die dem Worte assistierende göttliche Macht geschehen sein könne (1. c. p. 1, a. 2, q. 2). Die Klarstellung der Herrnworte als ausschließlicher Konsekrationsform hat also die Anschauung von der consecratio per contactum überwunden (vgl. Fr. J. Peters, Die Karfreitagsmesse und der Ritus der Commixtio, in: Bonner Ztschr. f. Theol. u. Seels., 6 [1929], S. 109 ff., sowie P. Browe, Die Kommunion an den drei letzten Kartagen, in: Jahrb. f. Liturgiewiss., 10 [1930], S. 67 ff.). [125] Zu S. 330. Der geschichtliche Ursprung der drei Weihnachtsmessen ist nicht endgültig aufgehellt. Die älteste ist wohl die Tagesmesse, die ursprünglich in St. Peter gefeiert wurde. Die Messe in der Frühe galt wahrscheinlich zunächst der hl. Anastasia, deren Kultus von Byzanz aus sehr gefördert wurde. Der ,titulus Anastasiae' war die Kirche des griechischen Statthalters und der griechischen Kolonie in Rom. Bei der Messe in der Nacht „ad praesepe" haben wohl die Bräuche der Kirche von Jerusalem Einfluß ausgeübt. Dort war es Sitte, das Gedächtnis der Geburt des Herrn durch eine nächtliche Statio an der Krippe des Herrn in Bethlehem zu begehen. Von da aus zog man am frühen Morgen in die Anastasiskirche, wo aber keine Eucharistiefeier gehalten wurde. Diese fand erst am Tage in der Basilika des Konstantin statt, so daß wir auch in Jerusalem drei Gottesdienste zur Feier der Geburt Christi haben. Die Deutung auf die dreifache Geburt Christi ist mittelalterlichen Ursprungs (vgl. A. Baumstark, Vom geschichtlichen Werden der Liturgie, Freiburg 1923, S. 44). [126] Zu S. 332. Die Nacht ist im Glauben der Völker die Zeit, in der die gottfeindlichen, den Menschen bedrohenden Mächte die Oberhand haben. Sie ist Symbol der Sünde. Aber gerade die Nacht ist die Zeit der großen Epiphanien Gottes. Das göttliche Licht leuchtet in der Finsternis der Sünde als das Licht reiner Gnade und Erbarmung. In der Nacht schloß Gott Seinen Bund mit Abram (Gn 15, 17 f.). Um Mitternacht schlug der Herr alle Erstgeburt im Lande Ägypten (Ex 12, 29). In der Nacht führte Jahve Sein Volk durch das Rote Meer (Ex 14, 20). Deshalb erwarteten die Israeliten auch in der Nacht die Ankunft des Messias. Wirklich ward in der Nacht der Heiland
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geboren (Lk 2, 8). In der Nacht ließ der Herr auf dem Berge der Verklärung Seine Lichtfülle vor den Augen der Jünger aufstrahlen (Lk 9, 32). Nacht war es, als Christus das Sakrament des Neuen Bundes einsetzte, und in der Nacht besiegte Er für immer die Finsternis durch Seine glorreiche Auferstehung. Auch die Wiederkunft Christi am Ende der Zeiten wird in der Nacht erwartet. Der Herr selbst hat den Anlaß dazu gegeben, indem Er häufig Seine Wiederkunft als in der Nacht geschehend voraussagte (vgl. Lk 12, 35 ff.; Mt 25, 6). Mit der in den ersten Zeiten so lebendigen Parusieerwartung hing es wohl zusammen, wenn die ersten Christen ihre Gottesdienste häufig in der Nacht feierten, 1 eine Sitte, die später von den Mönchen wieder geübt wurde (vgl. zum Ganzen B. Steidle, Heilige Osternacht, in: Bened. Monatschr., 17 [1935], S. 137—144). [127] Zu S. 338. Bei der Weihe des Subdiakons sagt der Bischof: „Der Altar der heiligen Kirche ist Christus selbst, die Tücher dieses Altares sind die Glieder Christi." Der Altar ist ein Abbild Christi vor allem durch die Weihe. In ihr wird der Altar zuerst ,getauft' durch die Waschung mit geweihtem Wasser. Dann wird er gesalbt mit Katechumenenöl und Chrisam, wobei der Psalm 44 gesungen wird mit der Antiphon: „Es salbte Dich Gott, Dein Herr, mit dem ö l e der Freude vor allen Deinen Genossen." Die ,Firmung' erhebt den Altar also zum Symbol Christi in Seiner göttlichen Gnadenfülle. Dann wird er zur Opferstätte geweiht durch die Darbringung eines symbolischen Rauchopfers an den fünf Salbungsstellen des Altares. Schließlich wird er mit den ,Taufkleidern' bekleidet, den Altartüchern, und ist so ein vollkommenes Abbild Christi und des Christen geworden. ¡[128] Zu S. 338. Im lateinischen Ritus unterscheidet man Tragaltar (altare portatile) und altare fixum. Letzteres besteht aus Platte (mensa) und Träger (stipes), die bei der Weihe des Altares unzertrennlich miteinander verbunden werden. Die Bestimmung fixum oder immobile bezieht sich also nur auf die Art der Verbindung der Platte und des Trägers, nicht aber auch auf die Verbindung des ganzen Altares mit dem Fußboden, so daß liturgisch nichts im Wege steht, ein altare fixum von seiner ursprünglichen Stelle an eine andere zu versetzen. Das altare portatile dagegen besteht nur aus einer Platte, die wie beim altare fixum aus Naturstein besteht und vom Bischof geweiht sein muß. Auch müssen Reliquien in sie eingeschlossen werden. Als ,altare quasi fixum' bezeichnet man einen nicht konsekrierten Altar, der durch Auflegung eines altare portatile für die Meßfeier brauchbar gemacht wurde (vgl. Braun, Liturg. Handlexikon, Regensburg 1924). [129] Zu S. 339. Die Kirchweihe ist eigentlich nur eine Ausstrahlung der Altarweihe und ist ohne eine solche gar l Vgl. Apg 26, 25 ff., sowie Bithynien, um 117.
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den
Brief
des Statthalters
Plinius
von
nicht möglich. Ist der Altar in siebenmaligem Umgang mit eigens geweihtem Wasser benetzt worden, so wird dasselbe Wasser dreimal auf die Wände des Gotteshauses gesprengt. Mit dem gleichen heiligen Öle wie der Altar wird auch die Kirche an zwölf Wandstellen gesalbt. Die Glut desselben heiligen Opferfeuers wird vom Altar aus auch an den Wänden der Kirche entzündet, und der liebliche Wohlduft Christi füllt in Weihrauchwolken vom Altare aus den ganzen heiligen Raum. Die Kirche erscheint bei der Weihe a ß die Braut, die mit dem Altare, welcher Christus ist, vermählt wird. Dadurch wird die Kirche als Opferstätte im Gegensatz zu einem bloßen Versammlungsraum gekennzeichnet. Aus diesem Grunde gebührt auch architektonisch dem Altar die beherrschende Stellung im Kirchenraum. Die Loslösung von der kirchlichen Tradition, die die Reformation vollzogen hat, tritt nirgendwo augenfälliger in die Erscheinung als gerade im Kirchenbau. Es ist dem Protestantismus nicht gelungen, seiner Auffassung vom Christentum, nach der mit dem Opfer auch der Altar im Grunde überflüssig wird, eine überzeugende Form zu geben, weil die neuen Ideen der Reformation sich mit der Tradition des christlichen Kultbaues schlechterdings nicht vereinigen lassen. [130] Zu S. 342. Anfänglich gebrauchte man als Material für den Altar Holz, was in manchen Gegenden, wie in England und Irland, bis in das Mittelalter hinein die Regel blieb. In der griechischen Kirche ist der Altar bis zum heutigen Tage meist aus Holz, was in der westlichen Kirche nur noch bei dem Altar der Laterankirche im Rom der Fall ist. Nach der Legende soll es der Altar sein, auf welchem der hl. Petrus das Meßopfer darzubringen pflegte. In Wirklichkeit stammt er aus bedeutend späterer Zeit (zur Geschichte und Ausstattung des Altares vgl. J. Braun, Der christliche Altar, München 1924). [131] Zu S. 343. Nach den heute geltenden Bestimmungen muß wenigstens die Kuppa des Kelches aus Gold, Silber oder Zinn sein, nie darf sie aus Bronze oder Glas gemacht werden. Wenn die Kuppa aus Silber oder Zinn ist, soll sie möglichst im Innern vergoldet sein. [132] Zu S. 344. Das Korporale bedeckte früher den ganzen Altartisch zur Aufnahme der für die Konsekration ausgewählten Opferbrote und des Opferweines. Auch hüllte man mit ihm die Opfergaben und den Kelch ein, wie das heute noch bei den Kartäusern üblich ist. Heute bedient man sich zur Bedeckung des Kelches eines eigenen Velums, der Palla, die aus dem zusammengefalteten Korporale entstanden ist und meist steif gestärkt oder gar durch einen eingenähten Karton versteift ist (vgl. Die Betende Kirche, 2. Aufl., Berlin 1927, S. 65 f.). [133] Zu S. 347. Jakobus und Basilius haben mit der römischen Messe recht wenig zu tun. Überhaupt kann man über 30*
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einen apostolischen Ursprung der verschiedenen Liturgien nichts ausmachen. Wenn die Liturgie von Alexandrien als ,Liturgie des hl. Markus', die von Jerusalem als ,Liturgie de9 hl. Jakobus' bezeichnet wurde, so deshalb, weil diese als Begründer der betreffenden Kirche angesehen wurden. „Die Zur ü c k f ü h r u n g . . . eucharistischer Formulare auf bestimmte Persönlichkeiten des apostolischen oder des Zeitalters der großen dogmatischen Auseinandersetzungen hat vielfach nur den Wert einer Heimatangabe. Man brachte das Formular eines bestimmten kirchlichen Zentrums in Verbindung mit dem — tatsächlichen oder legendarischen — apostolischen Begründer seiner Hierarchie oder dem — im Sinne der betreffenden dogmatischen Partei — hervorragendsten unter seinen Hierarchen. So sind die Bezeichnungen Jakobus-, Markus-, Kyrillos-, Nestorios- und Chrysostomosliturgie zu verstehen" (A. Baumstark, Vom geschichtlichen Werden der Liturgie, Freiburg 1923, S. 72). Anders ist es mit der Basiliusliturgie, die noch heute bei bestimmten Gelegenheiten, z. B. an den Sonntagen der Fastenzeit, in der griechischen Kirche in Gebrauch ist. Sie geht nach fast allgemeiner Anschauung in ihrem Grundstock auf den hl. Basilius zurück. Vielleicht hat dieser einen überlieferten Bestand dogmatisch überarbeitet. [134] Zu S. 349. Die mittelalterlichen Erklärer der Liturgie wurden durch die Tatsache, daß der Traktus in der allelujalosen Zeit und an einigen anderen Tagen mit Bußcharakter gesungen wird, dazu verleitet, ihn als ausgesprochenen Bußgesang anzusehen, der die lange Zeit symbolisiert, während der die Väter des Alten Testamentes das Heil erwarteten. Doch schon Sikard von Cremona (f 1215) macht darauf aufmerksam (Mitrale, IV, 2), daß der Traktus in seinen Texten zuweilen eine freudige Stimmung verrät (vgl. Karsamstag). In der Tat hat der Traktus ursprünglich mit Trauer nichts zu tun. Er wurde wohl zwischen der Lesung aus dem Apostel und dem Evangelium gesungen, während das Graduale zwischen der Lesung aus dem Alten Testament und dem Apostel stand. Nach jeder Lesung also wurde ein Psalm gesungen. „An die Stelle des zweiten Psalmes trat später das Alleluja; an Tagen aber, an denen man mit Vorliebe an den alten Einrichtungen festhielt, wie in der Fastenzeit, sang man nach wie vor den Psalm" (L. Eisenhofer, Handbuch der Kath. Liturgik, Bd. II, Freiburg 1933, S. 109 f.). [135] Zu S. 352. Es seien noch einige historische Bemerkungen nachgetragen über die verschiedenen von Thomas hier erwähnten Stücke der Messe, soweit nicht schon im Kommentar darauf hingewiesen wurde. Das G l o r i a ist vom Orient her in die römische Messe übernommen worden. Es ist eigentlich ein Morgenhymnus und hat ursprünglich mit dem Weihnachtsgedanken nichts zu tun, trägt vielmehr einen durchaus österlichen Charakter. — Das C r e d o fand erst sehr spät in die römische Messe Aufnahme. Es wurde 1014 auf Betreiben des deutschen Kaisers Heinrich II. in Rom eingeführt. Bis
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heute wird im römischen Ritus im Unterschied zum orientalischen und mozarabischen das Credo nur an besonderen Tagen gesungen. — Der O f f e r t o r i a l g e s a n g wird uns zuerst von Augustinus bezeugt (Retract., II, 11), der berichtet, daß er vor der Darbringung der Opfergaben und während der Austeilung der Kommunion Psalmen habe singen lassen. Der Offertorialgesang wurde dann bald Sologesang, auf den der Chor mit einer Antiphon antwortete. Als der Opfergang des Volkes, den Thomas noch vorauszusetzen scheint, in Fortfall kam, kamen auch die mit der Antiphon verbundenen Offertorialverse außer Gebrauch, mit Ausnahme des Requiem, weil sich bei den Exequien die Oblation am längsten erhalten hat. 1 — Das G e b e t des Priesters über die Opfergaben, von dem Thomas hier spricht, ist die Sekret. Von den Oblationsgebeten des Priesters spricht Thomas also nicht. Wenn sie auch schon zwischen dem 9. und 11. Jahrh. in Gebrauch kamen, so wurden sie doch erst durch Pius V. (f 1572) allgemein vorgeschrieben. — Gegenüber der scharfen Polemik, mit der Luther den römischen K a n o n als eine Verfälschung des Glaubens hingestellt hatte (vgl. De captivitate babyl. ecclesiae, Erlanger Ausg., vol. V, S. 51 fl.), hatte das Konzil von Trient erklärt, der Kanon, den die katholische Kirche vor vielen Jahrhunderten zur würdigen Feier des Opfers eingeführt habe, bestehe aus den Worten des Herrn, den Traditionen der Apostel und den frommen Einrichtungen der Päpste (sess. 22, de sacrif. missae cap. 4. Dz 942). Die Entwicklung des Kanon ist im wesentlichen mit Gregor d. Gr. abgeschlossen. Die um die Einsetzungsworte sich gruppierenden Opfergebete (,Quam oblationem', ,Unde et memores', ,Supra quae', ,Supplices') sind f ü r das Ende des 4. Jahrhunderts in der ambrosianischen Schrift De sacramentis, IV, 5 bezeugt, doch enthalten sie sicher manches, was wenigstens in seinen Grundgedanken bis auf die Zeiten der Apostel zurückgehen kann, wie die Anamnese. Später in den ursprünglich fortlaufenden Text eingeschoben sind die Fürbitten: das Gedächtnis der Lebenden, ,Communicantes', dessen Heiligenliste im 5. Jahrhundert abgeschlossen ist, Gedächtnis der Verstorbenen und ,Nobis quoque'. —• Das P a t e r n o s t e r ist nachweislich durch Gregor d. Gr. an seine heutige Stelle vor der Brotbrechung gerückt worden. Daß es vorher nach der Brotbrechung schon im römischen Ritus einen Platz gehabt hat, wie es in der altgallikanischen und ambrosianischen Messe der Fall war, ist nicht unwahrscheinlich. Jedenfalls wurde es schon im 4. Jahrhundert bei der öffentlichen Eucharistiefeier gebraucht, wie Cyrill von Jerusalem (Cat. myst., V) bezeugt. Gregor selbst rechnet das Paternoster nicht zum Kanon selbst (ep. 149, 16: „mox post precem"). Allerdings geht aus seinen Worten auch keineswegs hervor, daß er es als Vorbereitung auf die Kommunion betrachtet. Im Mittelalter hat man es freilich hie und da zum Kanon gerechnet, wohl weil man auf Grund einer falsch verstandenen Stelle aus einem Briefe Gregors an Bischof Johannes von Syrakus (ep. IX, 12) annahm, das Vateri In deutscher Übersetzung wieder herausgegeben in ,.Heilige Gabe", Berlin 1927. Vgl. auch Paléographie musicale, I, IV und VIII.
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unser sei das einzige Gebet gewesen, dessen sich die Apostel bei der Konsekration bedienten (vgl. Geiselmann, Abendmahlslehre, München 1933, S. 209—217). Der eigentliche Grund seiner Aufnahme in die Liturgie ist aber sicher die Vorbereitung auf die Kommunion. Darauf weist die eucharistische Erklärung der Brotbitte schon bei Tertullian und Cyprian hin, sowie in der alten Vaterunser-Erklärung, die sich im Sacramentarium Gelasianum findet (I, 36). Auch die Bitte um Sündenvergebung: „et dimitte nobis debita nostra", ließ das Sprechen des Vaterunser vor der Kommunion als angemessen erscheinen (vgl. Hieronymus, Adv. Pelag. 3, 15: MPL 23, 585; J. Jungmann, Das Pater noster im Kommunionritus, in: ZKTh 58 [1934], 552 fl.). — Um die Befreiung von Sünde bittet ja auch die Fortsetzung und Erweiterung des Paternoster, das „ L i b e r a n o s " , Es ist ursprünglich, wie das Vaterunser, laut zu sprechen, wie es heute noch am Karfreitag geschieht. An das Libera schließt sich aus dem gleichen Grunde der F r i e d e n s k u ß an als ein Zeichen gegenseitiger Vergebung. — Das Agnus Dei wird von Thomas wohl erwähnt, ohne aber in den Zusammenhang eingeordnet zu werden. Es wurde erst im 8. Jahrhundert in die römische Messe eingeführt als Gesang zur Begleitung der Brotbrechung, die ja der Austeilung der Kommunion vorausgehen mußte, solange man noch nicht die heute gebräuchlichen kleinen Hostien kannte. Die Kommuniongebete des Priesters erwähnt Thomas wohl deshalb nicht, weil sie zu seiner Zeit noch nicht offiziell vorgeschrieben waren. — Den K o m m un i o n g e s a n g betrachtet Thomas schon als Danksagungsgesang n a c h der Kommunion. Ursprünglich begleitete er ihren Empfang, wobei der Kommunionvers mit einem Psalm gesungen wurde. Das Postkommuniongebet, auf das Thomas am Schluß anspielt, hat im römischen Ritus mehr Bitt- als Danksagungscharakter. Die übrigen Stücke: das Placeat, der Segen und das Letzte Evangelium, sind erst durch Pius V. in der heutigen Ordnung endgültig festgelegt worden. Das Placeat war ursprünglich ein privates Schlußgebet des Priesters n a c h der Messe. Das Letzte Evangelium verdankt seinen Platz am Schluß der Messe der Schätzung, die es im Mittelalter als Sakramentale und Segnungsmittel genoß. (136] Zu S. 353. Der Aufblick zum Himmel als Gebetsgestus war schon bei den Juden geläufig, wie es in Ps 123 (122) heißt: „Zu Dir hab' ich erhoben meine Augen, der Du thronest im Himmel." Dorthin richtet man beim Gebet seinen Blick, wo Gott ,wohnt'. Für den Christen war die Erhebung der Augen zum Himmel selbstverständlich. Denn darin drückte sich seine christliche Haltung im Unterschied zu der der Heiden aus. „Höret doch auf mit den kriechenden Verbeugungen, denn (nur) ,die Feinde des Herrn werden den Staub lecken', heißt e s P s 7 2 (71), 9. Richtet den Kopf auf von der Erde zum Äther, blicket hinauf zum Himmel" (Protreptikos, X, 105, 1). Und Cyprian gibt den Grund an: „Aufrecht hat dich Gott geschaffen . . . Dein Gesicht ist aufwärts zum Himmel und zum Herrn gerichtet. Dorthin schaue, dorthin wende deine Augen, in der Höhe suche
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G o t t . . . B e w a h r e deine aufwärts gerichtete Haltung, in der du g e b o r e n b i s t . . . Mit d e r Richtung deines Antlitzes und der Haltung deines K ö r p e r s richte auch himmelwärts deinen G e i s t " (Ad D e m e t r i a n u m 16). Deshalb konnte man sich Christus auch nicht a n d e r s als mit e m p o r g e h o b e n e n Augen betend denken und setzte diesen Zug im Einsetzungsbericht hinzu, obwohl er in der Heiligen S c h r i f t nicht e r w ä h n t ist (vgl. F r . J . Dölger, S o l salutis 2 [ 1 9 2 5 ] , S . 302 ff.; J a c q u e s B é n i g n e Bossuet, Das Hohepriesterliche G e b e t u n s e r e s H e r r n [Salzb.-Lpzg. o. J . ( 1 9 3 8 ) ] , S . 29). [ 1 3 7 ] Zu S . 354. D e r Ruf „Sursum c o r d a " wird h i e r von Cyprian als , V o r r e d e ' oder ,Vorspruch' bezeichnet (griech. jiQÔçgijoiç ) , der die nun folgende heilige Handlung vor S t ö r u n g und E n t w e i h u n g schützen sollte. S o entspricht das „Sursum c o r d a " dem „ F a v e t e linguis" ( = eüqj-tjßtlve, schweigt! Faveo eigtl. ,die Opferhandlung begünstigen'. Vgl. Horaz, Carm., I I I , 1, V. 2) der heidnischen römischen Opferhandlung. A b e r zugleich welch ein Unterschied zwischen den beiden R u f e n ! Das „ F a v e t e linguis" der Heiden sollte den ä u ß e r e n Vollzug der Opferhandlung sichern, indem k e i n falsches Geräusch, vor a l l e m a b e r kein falsches W o r t den Vollzug u n w i r k s a m machte. B e i dem christlichen R u f e handelt es sich nicht m e h r um einen falschen Ton oder ein falsches Wort, sondern die rechte B e r e i t u n g des Herzens, auch nicht n u r um ein i n n e r e s Stillesein, sondern um die E r h e b u n g des Herzens, und zwar vom F l e i s c h e zum Geiste. 1 [138] Zu S . 355. Hier legt T h o m a s ein Prinzip dar, das für die F e i e r der E u c h a r i s t i e von g r o ß e r p r a k t i s c h e r Bedeutung ist. D a ß die Messe G e m e i n s c h a f t s f e i e r der ganzen K i r c h e ist, zeigt sich auch darin, daß a l l e an i h r e m Vollzuge aktiv beteiligt sind, ein j e d e r e n t s p r e c h e n d s e i n e m Amte und seiner Rangstufe. Es sollen also nicht sämtliche F u n k t i o n e n durch den P r i e s t e r aufgesogen w e r d e n , sondern der P r i e s t e r soll d i e j e n i g e n Handlungen v o r n e h m e n , die ihm s e i n e m Amte g e m ä ß zukommen, nämlich, wie T h o m a s sagt, „ G a b e n und Bitten f ü r das V o l k darz u b r i n g e n " . Wichtig ist auch, w a s T h o m a s hervorhebt, daß nicht alles, was der P r i e s t e r sagt, a l l e angeht, wenn wir auch die n ä h e r e B e s t i m m u n g dieses Grundsatzes uns anders wünschen möchten. Denn d e m geschichtlichen W e r d e n würde es m e h r entsprechen, wenn der P r i e s t e r all das leise sprechen würde, was seine e i g e n e V o r b e r e i t u n g angeht, laut dagegen das, was er für alle tut. J e d e n f a l l s genügen schon diese Hinweise, um vor dem F e h l e r zu w a r n e n , den man bei der Gestaltung der sog. ,Gemeinschaftsmesse' häufig begangen hat, daß man nämlich von dem e i n e n E x t r e m , daß bei der Stillmesse der P r i e s t e r sogut wie alles a l l e i n tat und betete, nun in das a n d e r e fiel, alle G e b e t e des P r i e s t e r s laut durch einen V o r b e t e r oder gar durch die ganze G e m e i n d e beten ließ. Das w ä r e eine V e r wischung der kirchlichen Ordnung und des echten G e m e i n schaftscharakters der Messe, der sich darin zeigt, daß j e d e r tut, was s e i n e m R a n g entspricht. 1 Zur Auslegung des „ S u r s u m c o r " (auch in V e r b i n d u n g m i t Kol. 3, 1—2) durch Augustinus vgl. Liturg. L e b e n , 1 (1934), S. 92—95.
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[139] Zu S. 356. Das Gebet ,Quam oblationem' ist ein Opfergebet, und zwar in der Form der Heiligungsbitte für die Opfergaben. Es ist eine Art ,Epiklese', deren Wesen ja darin besteht, daß die Kraft Gottes durch die Anrufung des Namens Gottes auf die Opfergaben herabgerufen wird, um sie zu heiligen und sie zu einem Gott wohlgefälligen Opfer zu machen. Bis in das hohe Mittelalter hinein hatte man eine gewisse Scheu davor, die Heiligung der Sakramente durch eine indikative oder imperative Formel zu vollziehen, weil es den Anschein hatte, als mache man dadurch die Heiligung der Sakramente von einem menschlichen Wort abhängig. Man zog vielmehr die Form der Bitte vor, weil dadurch die Heiligung des Sakramentes eindeutiger auf das Wirken Gottes gestellt wird. In unserem Gebete ist dieser tiefe Gedanke lebendig geblieben. Die Kirche b i t t e t um die Segnung des Opfers. Die sakramentale Formel ist nicht wie ein magischer Besitz, über den die Kirche nach menschlichem Wollen und Wünschen verfügen könnte. Auch im Vollzuge des Sakramentes, und gerade dann, bleibt die Kirche immer abhängig von der Gnade Gottes. Deshalb sagt Thomas, es sei nicht unangebracht, daß wir von Gott das erbitten, wovon wir mit voller Gewißheit wissen, Er werde es tun. Die Erklärung der einzelnen Termini dieses Gebetes, das dem Verständnis der mittelalterlichen Liturgiker schon früh Schwierigkeiten bereitete, spiegelt selbst ein Stück Liturgiegeschichte wieder, vor allem was ,oblatio rationabilis' angeht (vgl. Ildefons Herwegen, Antike, Germanentum und Christentum, Salzburg 1932, S. 56). Bei Ambrosius und anderen vom griechischen Osten beeinflußten Schriftstellern dient dieses als Übersetzung von /.cr/ty.y '&vola und bezeichnet das eucharistische Opfer als geistiges im Unterschied zu den blutigen Opfern der Heiden, weil in ihm der Logos Gottes selbst im Heiligen Geiste zum Opfer wird (vgl. 0. Casel, Ein orientalisches Kultwort in abendländischer Umschmelzung, in: Jahrb. f. Liturgiewiss., XI [1931], S. 1—19). Für das römische Empfinden ist oblatio rationabilis allerdings mehr das ordnungsgemäß vollzogene Opfer, das sich von aller Willkür freihält. Das ganze Gebet könnte man vielleicht in dieser Weise übersetzen: „Wir bitten Dich, o Gott, Du mögest dieses Opfer in allem geweiht, d. h. aus dem profanen Gebrauch ausgesondert, vollwertig, von Dir bestätigt, recht (geistig) und angenehm machen; es werde uns nun zum Leibe und Blute Deines geliebten Sohnes, unseres Herrn Jesus Christus." [140] Zu S. 357. Das Gebet ,Supplices' ist ebenfalls Gegenstand der verschiedensten Auslegungen gewesen. Wenn in dem voraufgehenden Gebet ,Supra quae' die Einheit des Opfers der Kirche mit den vorbildlichen Opfern des Alten Bundes hervorgehoben wird, so bittet die Kirche nun, daß ihr Opfer vereinigt werden möge mit dem himmlischen Kultus, der sich auf dem erhabenen Altare vor dem Angesicht der göttlichen Majestät vollzieht. Entscheidend für den Sinn des Gebetes ist die Frage, wer unter dem ,heiligen Engel' zu verstehen sei.
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Wenn der Heilige Geist oder Christus hier genieint ist, so hätten wir es in unserer Oration mit einer Epiklese zu tun, wie manche Liturgiker annehmen. 1 Doch ist unsere Oration offensichtlich im engen Anschluß an Offb 8, 3—5 formuliert worden, wo von dem Engel die Rede ist, der vor dem himmlischen Altare im Angesicht der göttlichen Majestät das Rauchfaß schwingt und die Gebete der Heiligen vor Gott bringt. Zudem heißt es an der unserer Oration entsprechenden Stelle des bei Ambrosius, De sacramentis, IV, 6, 27 überlieferten Kanongebetes: „ . . . precamur, ut banc oblationem suscipias in sublimi altari tuo per manus a n g e l o r u m tuorum", so daß wohl auch im ,Supplices' mit ,ángelus' nicht eine göttliche Person, sondern ein Engel bezeichnet ist.2 An einen Engel oder auch an eine Vielheit von Engeln denken auch die mittelalterlichen Liturgiker zum großen Teil (per manus sancti angeli tui = ministerio angelorum tuorum: Innozenz III., De sacri altaris mysterio, lib. V, c. 5: MPL 217, 891; Albert, De sacrificio missae, III, 15: „Non dicit hic Angeli pro uno Angelo vel uno choro Angelorum, sed pro ómnibus Angelis"). Die Beziehung auf Christus als den ,Engel des großen Rates' tritt erst zu Beginn des 12. Jahrhunderts auf (Ivo von Cbartres: MPL 162, 557). Sie wird besonders von Bonaventura vertreten (4 Sent., d. 11, p. 1, dub. 4 und d. 13, dub. 3), der sich dabei zu Unrecht auf Innozenz beruft. Wenn Thomas beide Erklärungen bringt, so trifft er sich darin mit Alexander von Haies (Summa Theologiae, p. IV, q. 10, membr. 5, a. 2). Einige Schriftsteller vom 9. bis zum 12. Jahrhundert haben auch die Anschauung vertreten, daß das Gebet ,Supplices' eine Weihebitte sei. Paschasius Radbertus hatte dazu den Anstoß gegeben. Mit der Verengerung des Konsekrationsbegriffes mußte diese Ansicht, die niemals sich auf eine allgemeine Tradition stützen konnte, wieder verschwinden. 3 Die Beziehung der Bitte auf das corpus Christi mysticum hat Thomas von Innozenz III. übernommen. [141] Zu S. 358. Die Verbindung der Erklärung des Wortes ,Missa' mit dem Gebet ,Supplices' ist auf ein Ps.-AugustinusZitat zurückzuführen, das im 12. Jahrhundert erscheint und dessen Herkunft bisher nicht festgestellt werden konnte: „Messe heißt es, weil der himmlische Gesandte (missus) zur Weihe des lebenspendenden Leibes herabkommt gemäß dem Worte des Priesters: Jube haec perferri etc." Auch Petrus Lombardus zitiert die Stelle, ebenso Thomas in 4 Sent., d. 13, expos. textus. Dieser bringt dort außer den beiden an unserer Stelle angeführten Gründen, die er Hugo von St. Viktor (De sacram. lib. II, p. 8, c. 14: MPL 176, 472) verdankt, noch zwei andere bei: den des Petrus Lombardus und noch einen des Hugo, wo1 Vgl. Hoppe, Die Epiklesis der griechischen und orientalischen Liturgien und der römische Konsekrationskanon. Schaphausen 1864; Cabrol in DACL I, 1885; De la Taille, Mysterium fidei, Paris 1924, S. 273—283, dazu Jahrb. f. Liturgiewiss., IV [1924], S. 233 f. 2 Weitere Belege u. Literatur bietet E. Peterson, D. Buch von den E n s e i n [Leipzig 1935], S. 69 f. und S. 126 f. 3 Vgl. A. Botte, L'Ange du Sacriflce, in: Recherches de Theologie ancienne et médiévale, 1 [1929], S. 285—308.
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nach ,Messe' in Zusammenhang mit jenem ,Wegschicken' der Katechumenen (vgl. 83, 4 Zu 4), denen sich gegebenenfalls die Pönitenten anschließen mußten, gebracht wird. Die Feier des eucharistischen Opfers war also von Entlassungen umrahmt, die zudem früher einen viel feierlicheren Charakter hatten als heute und stets mit einem Segen, häufig durch Handauflegung des Bischofs, verbunden waren. In ähnlicher Weise bezeichnet man ja auch heute als ,Segen' eine Andacht, die mit feierlicher Erteilung des Segens schließt. Das Wort ,Missa' für die eucharistische Opferfeier ist uns zuerst 385 bei Ambrosius (ep. 20, 4/5: MPL 16, 995) und in der Peregrinatio Silviae bezeugt. Im 6. Jahrhundert wird es zum terminus technicus im heutigen Sinne. 1 [142] Zu S. 365. Die Kreuze, welche im Kanon vor und nach der Konsekration über Hostie und Kelch gemacht werden, bilden seit Amalar von Metz bei fast allen Erklärern der Messe den Gegenstand höchst verwickelter Ausdeutungen. Thomas schließt sich im wesentlichen an Innozenz III. an; an der Parallelstelle im Sentenzenkommentar (d. 12, expos. textus) noch enger als hier. Dort verweist er auch ausdrücklich auf Innozenz (De sacro altaris mysterio, vor allem lib. V, c. 14: MPL 217, 896) als seine Quelle. Auf die Frage, die Innozenz in diesem Zusammenhang als eine solche bezeichnet, über die er lieber belehrt werden möchte als selbst etwas darüber lehren, nämlich weshalb man nach der Konsekration noch das Zeichen des Segens über die Opfergaben mache (ibid. c. 2, 887/888), geht Thomas nicht ein, wenn man sie nicht in dem letzten Satze der Lösung beantwortet finden will, daß nämlich die Weihe, die Annahme und die Frucht des Opfers aus der Kraft des Kreuzes Christi hervorgehen und deshalb das Zeichen des Kreuzes gemacht wird, wo von einem dieser die Rede ist. Diesen Gedanken hat Thomas wohl von seinem Lehrer Albert übernommen, der in seinem ,Opus de mysterio missae' (ed. Vives, vol. 38, Paris 1899) der allegorischen Deutung des Meßritus den Krieg erklärt und sich vor allem auch gegen die bisher übliche Deutung der Kreuze gewandt hatte. Allerdings will Thomas im Unterschied zu Albert auch die allegorische Erklärung weiterhin gelten lassen (vgl. A. Franz, Die Messe im deutschen Mittelalter, Freiburg 1902, S. 470). In ähnlicher Weise äußert sich auch Scheeben in seinen ,Studien über den Meßkanon' (Katholik, 1866, II, S. 712) über die Bedeutung der Kreuzzeichen im Kanon: „Die praktische Bedeutung des Kreuzzeichens ist also die, daß die Kirche durch die Kraft desselben Kreuzes, an welchem sie aus der Seite ihres Bräutigams hervorgegangen ist, Ihn auf dem Altare wiedergebiert und Ihn in ihrem Schöße hegt und pflegt; und daß sie ferner, indem sie Ihn als i h r Opfer Seinem Vater darstellt, auch ihrerseits Ihm das Zeichen Seines Opfertodes auf die Stirn drückt und Ihn, mit dem Kreuze besiegelt, aus ihrem Schöße zum Himmel emporsendet." l Vgl. H. Koch. Missa beim hl. Ambrosius und der Ursprung des Wortes, in: Katholik, 1908, II, S. U4—128; Eisenhofen, Handbuch der Liturgik, II [1933], S. 3, 5.
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[143] Zu S. 367. Das Brotbrechen gehört zu den ältesten Bräuchen der Liturgie. Es hat zunächst eine praktische Bedeutung: die tellergroßen, etwa fingerdicken Brote, wie sie bei den Juden üblich waren, konnten nicht verzehrt werden, wenn sie nicht vorher gebrochen waren. Dieses Brotbrechen war ein Ehrenrecht des Hausvaters oder des Gastes. Als Hausvater brach Christus das Brot beim Letzten Abendmahl (Mt 26, 26), als Gast dagegen in der Herberge zu Emmaus (Lk 24, 30). Da sich die alte Brotform durch die Jahrhunderte bei der M«ßfeier erhielt, so blieb das Brechen als Vorbereitung des Opfermahles Bestandteil aller Liturgien. Nach den römischen Ordines vollzog sich die Brechung und Mischung bei der Papstmesse in folgender Weise: zuerst Ankündigung des Friedenskusses durch das Pax Domini, hierauf die erste Vermischung: die von der früheren Messe zurückgehaltene Partikel (Sancta genannt) wurde in den Kelch gesenkt. Es folgte der Friedenskuß; dann die erste Brotbrechung. Der Papst brach von seiner Hostie ein Stück ab, das er auf dem Altare liegen ließ. Es ist die Sancta der nächsten Messe. Hierauf war unter Gesang des Agnus Dei die zweite wichtigste Brotbrechung der für die Kommunion des Klerus und der Gläubigen bestimmten Hostien. Dann folgte die dritte Brotbrechung und die zweite Vermischung: Der Papst brach von ßeiner Hostie ein Stück ab und versenkte es mit den Worten: „Haec c o m m i x t i o . . i n den Kelch (P. Parsch, Meßerklärung, Klosterneuburg 1935, S. 296 ff.). Die sinnbildliche Beziehung der Brechung auf den Tod Christi ist erst in verhältnismäßig später Zeit aufgekommen. Paschasius Radbertus ist einer der ersten gewesen (De corp. et sang. Domini 4, 1: MPL 120, 1278). Ihm folgten Lanfranc (MPL 150, 423) und viele andere (vgl. De la Taille, Mysterium Fidei, S. 434 ff.). Die erste berengarische Formel, nach welcher der Leib Christi ,wahrhaft gebrochen wird', hatte manche Verteidiger der Eucharistie zu der Behauptung veranlaßt, der Leib Christi werde nicht nur ,in sacramento', sondern in seiner Substanz gebrochen (z. B. Abbaudus, De fractione corporis Christi: MPL 166, 1341—1348), ein Irrtum, der auf der noch nicht klar durchgeführten Unterscheidung von Akzidens und Substanz beruhte (77, 7; Anm. '[78] u. [75]). [144] Zu S. 368. Die Brechung geschieht im römischen Ritus in drei Teile. Ein Teil wird in den Kelch gesenkt, der zweite wurde aufbewahrt und war für die Kommunion der Kranken und Sterbenden bestimmt, der dritte für die Kommunion des Klerus und des Volkes. In der Papstmesse genießt auch jetzt noch der Papst nur einen Teil, der andere ist für den Diakon und den Subdiakon bestimmt. [145] Zu S. 369. Der Ritus der V e r m i s c h u n g eines Teiles der Hostie mit dem heiligen Blut ist wohl aus dem Brauche zu erklären, daß die von der vorhergehenden Messe herrührende Partikel, Sancta genannt, durch die die Einheit des Meßopfers bezeichnet werden sollte, an dieser Stelle in den Kelch gesenkt wurde. In anderen Kirchen wurde an
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dieser Stelle das sogenannte ,Fermentuni', ein Stück der heiligen Hostie, das der Papst oder Bischof zum Zeichen der Gemeinschaft an die übrigen Kirchen seiner Stadt oder seines Sprengeis gesandt hatte, in den Kelch gelegt. Außerdem fand in der Papstmesse noch eine zweite Vermischung statt, indem der Papst von dem für seine Kommunion bestimmten Stück ein Stück abbrach und es mit den Worten: „Fiat haec comm i x t i o . . . " in den Kelch senkte (vgl. Anm. [143]). Die heute nur mehr stattfindende eine Vermischung nach dem „Pax D o m i n i . . . " nimmt jene Stelle ein, an der ursprünglich die Sancta in den Kelch gesenkt wurde. Sie ist aber verbunden mit dem Gebet bei der zweiten Vermischung (Eisenhofer, Liturgik, II [1933], S. 200). In diesem Vermischungsritus erblickt die symbolische Meßerklärung ein Symbol der Auferstehung des Herrn, insofern die am Kreuze geschehene Trennung von Leib und Blut am Ostermorgen bei der Auferstehung wieder aufgehoben wurde. Die Griechen bezeichnen diesen Ritus mit dem schönen Namen „ayr'a tvaais*. heilige Einung. [146] Zu S. 370. Den Brauch, Hostien zu konsekrieren, um sie auszusetzen', kennt Thomas also nicht. Er steht noch ganz auf dem Boden des in der alten Kirche für die Aufbewahrung der Eucharistie stets in Geltung gewesenen Prinzips, das im Grunde auch von der heute geltenden kirchlichen Gesetzgebung eingehalten wird (CJC, can. 1265 ff.), daß nämlich die Eucharistie nicht aufbewahrt wird, um angebetet zu werden, sondern man betet sie an, weil man sie aufbewahren muß (vgl. Conc. Trid., sess. X I I I , cap. 5). [147] Zu S. 371. Wir unterscheiden heute verschiedene Formen der Messe. Die feierlichste und älteste ist das P o n t if i k a l a m t des Bischofs. „In der ältesten Zeit, als das Christentum fast ausschließlich Stadtreligion war, pflegte der Bischof an Sonntagen allein als der eigentliche Seelsorger, umgeben von seinen Priestern und Diakonen, in der Vollversammlung der Gemeinde die Messe zu feiern. Die Priester konzelebrierten dabei mit dem Bischof in irgendeiner Form (vgl. Anm. '[115]). Heute stehen als letzte Erinnerung daran beim Pontifikalamt außer Diakon und Subdiakon noch zwei aus der Zahl der Kanoniker genommene Diaconi assistentes und die erste Dignität im Kapitel als Presbyter assistens dem Bischof zur Seite. Das Pontifikalamt hat noch viele altertümliche Züge bewahrt. Während des ersten Teiles der Messe, des Lesegottesdienstes, hält sich der Bischof nicht am Altare auf, sondern an seiner Kathedra. Erst bei Beginn des Opfergottesdienstes begibt er sich, ganz der Sache entsprechend, an den Altar. Auch daß der Subdiakon zum Sanctus und Agnus Dei nicht zum Altar hinaufsteigt, erinnert daran, daß früher der Diakon allein das Recht besaß, neben dem Bischof am Altare zu stehen. Alter Brauch ist es auch, daß der Bischof das Letzte Evangelium beim Auszug aus der Kirche betet. — Die Zweitälteste Form der Meßfeier, die sog. M i s s a c a n t a t a , ein Amt ohne Leviten, ist aus der Messe entstanden, wie sie in
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den Titelkirchen von den Priestern für die Gläubigen, die natürlich nicht alle an der Messe des Bischofs sich beteiligen konnten, gehalten wurde. Zur Assistenz standen hier nur niedere Kleriker zur Verfügung, vor allem ein Lektor zum Vortrage der Lesestücke und auch zum Dienst am Altare. Die Gesänge, wie das Sanctus und Gloria, wurden vom ganzen Volke gesungen, das auch respondierte. Die Wechselgesänge, wie Introitus, Offertorium, Communio, sind wohl von dieser Messe wegzudenken. — Das , l e v i t i e r t e H o c h a m t ' , für das außer dem Chorgesang die Assistenz von Diakon und Subdiakon verlangt ist, stellt eine jüngere Form der Meßfeier dar, die erst seit dem 10. Jahrhundert nachweisbar ist. — Die heute gebräuchlichste Form der Messe ist die P r i v a t - oder S t i l l m e s s e , bei der der Priester ohne Diakon und Subdiakon und ohne Sänger sämtliche Texte nur leise liest unter Beihilfe eines Meßdieners, der zugleich den Diakon und die Gemeinde vertritt. Sie war dem christlichen Altertum unbekannt und kam erst auf mit der Vermehrung der Priester in den Klöstern und der Errichtung von Kapiteln für die Weltpriester. Auch das Aufkommen der Meßstipendien mit der Feier der Messe für die privaten Anliegen der Gläubigen, vor allem für die Verstorbenen, hat zur Verbreitung der Privatmessen wesentlich beigetragen, die seit der zweiten Hälfte des 7. Jahrhunderts immer häufiger werden. Wenn auch die ,Privatmessen' insofern nicht privat sind, als in ihnen das Prinzip der Öffentlichkeit wenigstens rudimentär durch den Meßdiener festgehalten wird und als sie, wie das Trienter Konzil betont (sess. XXII, cap. 6: Dz 944), von dem öffentlichen Diener der Kirche für alle Gläubigen, die zum Leibe Christi gehören, dargebracht werden, so hat ihr Überhandnehmen doch dem rechten Verständnis der Messe von seiten der Gläubigen sehr geschadet und viel zur Auflösung der Opfergemeinschaft, die wir im Mittelalter allerorten feststellen können, beigetragen (vgl. J. Kramp, Opfergemeinschaft und Meßgebräuche im Altertum und Mittelalter, in: Stimmen der Zeit, 110 {1926], S. 283 ff.). Vor allem der Umstand, daß die Privatmesse nicht als ein Ersatz des eigentlichen Gemeindegottesdienstes angesehen wurde, wie es das Trienter Konzil noch tut, sondern als die Regel, hat die Auflösung der Einheit zwischen Priester und Volk bei der Messe sehr gefördert, indem man sich daran gewöhnte, daß die Privatandacht des Priesters und die des Volkes während der Messe nebeneinander bestanden, statt daß Priester und Volk, jeder in seiner Ordnung, bei der Begehung des heiligen Opfers zusammenwirkten. 1 1 Vgl. A. L. Mayer, l)ic Liturgie u n d clor Geis!, der Gotik, in: J a h r b . f. Liturgiewiss., VI (1926), S. 92 f.; ü b e r die verschiedenen F o r m e n der Messe u n d ihre B e d e u t u n g f ü r die Gegenwart, vgl. J . J u n g m a n n , Die Krohbotschaft u n d unsere G l a u b e n s v e r k ü n d i g u n g . R e g e n s b u r g 19il6, S. 170 ff.
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KOMMENTAR
„So geschmückt, eilt die Schar im reichen Schmuck ihrer Insignien zu Christi Altar und spricht: ,Und ich darf hintreten zum Altare Gottes, zu Gott, der meine Jugend erfreut.' Sie hat das Kleid der alteingewurzelten Sündenschuld ausgezogen und verjüngt zur Jugend des Adlers tritt sie eilends zu jenem himmlischen Mahle hinzu mit dem lauten Jubelruf: ,Du hast einen Tisch bereitet vor meinem Angesicht!'" In diesen Worten des hl. Ambrosius (De myst., VIII, 43) lebt die ganze Freude der Neophyten, die nach der Abwaschung ihrer Sünden im Taufbade und nach der Besiegelung mit dem Heiligen Geiste in der Firmung, nun aus dem Baptisterium kommend, in das eigentliche Heiligtum eintreten und in feierlicher Prozession als das neue priesterliche Geschlecht dem Altare Christi sich nähern, um das Mysterium der Eucharistie, den Inbegriff aller Mysterien, zu feiern. Die vorhergehenden Initiationssakramente der Taufe und Firmung hatten ja nur den Sinn, auf die Begehung dieses höchsten aller Sakramente vorzubereiten, indem sie den jungen Christen der Finsternis des Teufels entrissen, ihn in das Licht Christi hineinstellten und ihn mit der Fülle des Heiligen Geistes salbten zum König und Priester. Nun ist er ein Vollendeter', ein ,Vollgeweihter'. Nun darf er sich zur Ekklesia gesellen, um mit ihr zusammen jenes Mysterium zu feiern, in dem die Kirche sich am innigsten ihrem himmlischen Bräutigam, Christus, verbindet, um durch Ihn und mit Ihm und in Ihm dem Vater in der Einheit des Heiligen Geistes jenes reine Opfer des Lobes darzubringen, das der Prophet Malachias (1, 11) in der messianischen Zeit vom Aufgang der Sonne bis zum Niedergang zur Verherrlichung des göttlichen Namens hatte darbringen sehen. In der Eucharistie entfaltet sich erst der wahre Charakter und die ganze Fülle des dem Christen geschenkten neuen göttlichen Lebens. Eis erschöpft sich nicht darin, uns eine Hilfe in moralischen Nöten zuteil werden zu lassen. Es stellt vielmehr ein seinsmäßiges Einbezogenwerden in Christus und die daraus erwachsende wahre Verherrlichung des Vaters durch den Sohn im Heiligen Geiste dar. Was schon bei einem allgemeinen Überblick über die Sakramente (vgl. Bd. 29, S. 477) sich deutlich als ihr eigentlicher Sinn zeigte, nämlich die seinsmäßige Teilnahme am göttlichen Leben, wird in der Eucharistie zur unumgänglichen Voraussetzung jeglichen Verständnisses. Wie könnte man die Feier der Eucharistie als Opfer und Opfermahl überhaupt begreifen, wenn man sie rein als ,Medizin' für sittliche Schäden und Nöte der einzelnen Gläubigen betrachten würde? Nein, hier handelt es sich um unendlich Größeres. Hier l e b t die ganze Kirche in der Verherrlichung
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des Vaters durch die Wiederbegehung des Opfers Christi. Hier wird der Einzelne e i n Fleisch und Blut mit Christus, so daß alle zur Einheit des Leibes Christi zusammenwachsen, um dadurch des göttlichen Lebens teilhaftig zu werden. Diesen a b s o l u t e n Charakter der Eucharistie hat auch der hl. Thomas zur Grundlage seiner theologischen Darstellung gemacht. Wenn etwas Sakrament heißt, sofern es etwas Heiliges enthält, so unterscheidet sich die Eucharistie von allen anderen Sakramenten dadurch, daß sie dieses Heilige a b s o l u t enthält, die übrigen Sakramente dagegen nur in einer relativen Weise. Denn in ihnen ist das Heilige nur als eine Kraft, die unmittelbar auf andere übergeht, während in der Eucharistie das Heilige an und für sich gegenwärtig ist, nämlich der Leib Christi selbst (73, 1 Zu 3). Die Absolutheit der Eucharistie gründet also nach Thomas darin, „daß in ihr Christus selbst wesenhaft enthalten ist; in den anderen Sakramenten ist nur eine werkzeuglich von Christus mitgeteilte Kraft enthalten. Was aber auf Grund des Wesens ist, ist immer wichtiger (potior), als was auf Grund einer Teilnahme ist" (65, 3 Antw.: Bd. '29, S. 141/142). Dieser Gesichtspunkt der w e s e n h a f t e n G e g e n w a r t C h r i s t i also ist es, den der hl. Thomas in den Mittelpunkt seiner Betrachtung rückt. Hier sieht er das Besondere der Eucharistie. Gewiß verliert er dabei nicht aus dem Auge, daß es sich in der Eucharistie nicht um die Gegenwart Christi schlechthin, sondern um die s a k r a m e n t a l e , d. h. durch die ,Form' des Sakramentes bestimmte Gegenwart des Christus passus handelt, so daß die Beziehung zum Opfer Christi am Kreuze stets deutlich bleibt; aber seine eigentliche spekulative Arbeit gilt doch mehr der Lösung all jener Fragen, die sich aus der wirklichen Gegenwart der Substanz Christi unter den Gestalten von Brot und Wein ergeben. Auf diese Fragen hatte der berengarische Streit, unter dessen Einwirkung auch Thomas noch steht, die Aufmerksamkeit der Theologen konzentriert. Diese Fragen mußten auch für jede theologische Untersuchung, die unter dem Einfluß des aristotelischen Wissenschaftsbegriffes der sicheren Erkenntnis aus den Ursachen an diesen Stoff heranging, die wichtigsten sein. Während Petrus Lombardus bei seiner Darstellung der Eucharistie noch von der augustinischen Unterscheidung ,NurSakrament', ,Sakrament und Sache', ,Nur-Sache' ausgeht, baut Thomas auf auf dem aristotelischen Ursachenschema: Zielursache, Stoff, Form und Wdrkursache. Die Zielursache bildet vor allem in der 73. Frage über das Sakrament der Eucharistie an sich die Grundlage der Untersuchung. Doch den breitesten Raum nimmt naturgemäß die Behandlung der mit dem Stoff dieses Sakramentes zusammenhängenden Fragen ein. Denn das Sakrament der Eucharistie wird, weil es Christum selbst enthält und also ein absolutes ist, in der Weihe des Stoffes vollzogen. Während aber die Kirchenväter, z. B. ein hl. Augustin, und auch noch Isidor von Sevilla, sich damit begnügt hatten, die durch die Weihe bewirkte mystische Gegenwart des Fleisches und Blutes Christi als Tatsache anzunehmen und statt dessen mehr die subjektiven Bedingungen und
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Wirkungen der Eucharistie zu beschreiben, wendet Thomas seine Hauptaufmerksamkeit gerade der o b j e k t i v e n Seite des Sakramentes zu. Die Fragen, die hier die patristische Tradition offengelassen hatte und auf die die Frühscholastik durch Berengar gestoßen war, versucht er mit den Mitteln der aristotelischen Naturphilosophie zu lösen. Der Wandlungsprozeß des Brotes und Weines in Fleisch und Blut Christi als Transsubstantiation (Fr. 75); Weise und Seinsumfang der dadurch bewirkten Gegenwart Christi (Fr. 76); der Seinsbestand der Elemente von Brot und Wein nach der Weihe (Fr. 77): das sind die Probleme, die Thomas ausführlich behandelt und die er durch seine Untersuchung für die Folgezeit im wesentlichen zum Abschluß bringt. Er hat aber auch den Gesichtspunkt der Formursache streng durchgeführt (Fr. 78), die für das Sakrament als Zeichen von grundlegender Bedeutung ist. Dadurch wurde der s a k r a m e n t a l e Sinn der Eucharistie und ihr wesentlicher Zusammenhang mit dem O p f e r Christi am Kreuze (vgl. Fr. 83, 1) gewahrt. Aber erst die Polemik der Protestanten und die Definitionen des Trienter Konzils haben die damit zusammenhängenden Fragen in Fluß gebracht. — Über der objektiven Seite dieses Sakramentes vergißt Thomas jedoch auch/ die s u b j e k t i v e nicht, nämlich die Wirkungen (Fr. 79) und die Art des Empfanges (Fr. 80). Er widmet ihnen vielmehr ausgedehnte Untersuchungen, in denen aber der moralische Gesichtspunkt vor dem ontologisohen durchaus den Vorrang hat, so daß von der eigentlichen ,res' der Eucharistie, der durch sie bewirkten Einheit des Leibes Christi, verhältnismäßig wenig die Rede ist. Den Abschluß des Ganzen bildet eine ausgedehnte Behandlung der eigentlichen l i t u r g i s c h e n Seite der Eucharistie, ihres Ritus (Fr. 83). Auch hier sind die leitenden Gedanken des ganzen Traktates, nämlich die H e i l i g k e i t dieses Sakramentes, das Christum selbst enthält, und die Vergegenwärtigung Seines L e i d e n s , die Gesichtspunkte, unter denen die äußeren Formen dieses Sakramentes auf ihren Sinn und ihre Angemessenheit hin geprüft werden.
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7 3.
FRAGE
DAS SAKRAMENT DER EUCHARISTIE 1. ARTIKEL Die
Eucharistie
ist
ein
Sakrament
Die erste Frage, die sich bei der Behandlung der Eucharistie aufdrängt, ist die, ob die Eucharistie überhaupt ein Sakrament sei, die Frage: G i b t es ein Sakrament der Eucharistie? Gewiß ist durch die Heilige Schrift und durch die Tradition der Kirche keines der Sakramente so klar bezeugt wie die Eucharistie. Aber wer gerade durch die vorhergehende Frage darüber belehrt worden ist, daß die Firmung das Sakrament der Vollendung sei, in dem die Fülle des Heiligen Geistes dem Christen mitgeteilt wird, fragt sich doch unwillkürlich, wozu dann noch die Eucharistie nötig sei, besonders wenn er an die Definition des Ps.-Dionysius denkt, der auch die Eucharistie als das Sakrament der Vollendung bezeichnet (1. Einw.). Und doch ist die Eucharistie nicht überflüssig, denn sie erfüllt einen ganz besonderen Zweck für das übernatürlich-geistige Leben: sie soll es als übernatürlich-geistige Nahrung erhalten. Der Unterschied von der Firmung besteht also darin, daß die Firmung das übernatürlich-geistige W a c h s t u m verleiht, die Eucharistie dagegen die übernatürlich-geistige N a h r u n g des Christen ist. Das Wachstum wie die Nahrung vermittelt Vollendung, aber in einem verschiedenen Sinne. ,Voll-endet' im allgemeinen ist alles, was irgendwie zu seinem ,Ende' gekommen, was ,fertig' ist. Zunächst aber ist etwas ,fertig', wenn es das Sein besitzt, das ihm auf Grund seiner Wesensform zukommt. Die zweite Stufe der Vollendung besteht in dem Besitz der zu dem Wesen hinzukommenden Eigenschaften, die zur vollkommenen Tätigkeit befähigen. Die dritte Stufe der Vollendung schließlich ist erreicht, wenn ein Ding zu seinem außer ihm liegenden Ziel gekommen ist (vgl. I 6, 3 Antw.: Bd. 1, 120). Die Vollendung im ersten Sinne gibt die Taufe als übernatürlichgeistige Zeugung, durch die der Christ alles erhält, was zu seiner neuen göttlichen Natur gehört. Die zweite Vollendung gibt die Firmung. Sie ist das Sakrament des übernatürlichgeistigen Wachstums, durch das der neue Mensch zum Erwachsensein, d. h. zu dem in ihm liegenden Ziel seiner Entwicklung gebracht wird. Dieses ist dann erreicht, wenn der Mensch zum vollen Besitz seiner Fähigkeiten gelangt ist, so daß er stark genug ist, sich gegen seine Feinde durchzusetzen. Die Firmung verleiht aber gerade diese Kraft zum Widerstand (vgl. 79, 1 Zu 1). Die dritte Vollendung schließlich wird in einem gewissen Sinne in der Eucharistie erreicht, insofern der Mensch durch die hl. Kommunion schon zu seinem letzten Ziele, der Vereinigung mit Christus, geführt wird. Wenn die Firmung den in der Taufe Wiedergeborenen zu der Vollendung des Erwachsenseins bringt, so fügt die Eucharistie von außen
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die Vollendung des Genährtseins hinzu, die darin besteht, daß die Substanz in die ,Reserven' eingebettet ist, die nötig sind, um sie in ihrem Bestände zu erhalten. Damit soll aber nicht gesagt sein, daß die durch die Eucharistie mitgeteilte Vollendung äußerlicher sei als die in der Taufe oder der Firmung bewirkte. Das Gegenteil ist der Fall. Während der Zeugende mit dem Gezeugten nur verbunden ist durch die Ähnlichkeit der Form und durch die Kraft, verbindet sich die Nahrung mit dem Genährten der Substanz nach. So verbindet sich das fleischgewordene Wort in der übernatürlich-geistigen Zeugung der Taufe nur in der Ähnlichkeit der Form und der Kraft mit dem Getauften. In der Eucharistie aber als der übernatürlich-geistigen Nahrung ist Christus Seiner Substanz nach enthalten und verbindet sich somit der Substanz nach mit dem Gläubigen in der hl. Kommunion (vgl. 4 Cg., cap. 61). Die
innere
Struktur
der
Eucharistie
Die Eucharistie ist also durchaus nicht überflüssig, sondern sie hat innerhalb des Ganzen des sakramentalen Systems ihren eigenen Platz als das Sakrament der übernatürlich-geistigen Nahrung. Doch gerade diese Eigenart fordert auch eine besondere innere Struktur der Eucharistie, die so stark von der der übrigen Sakramente abweicht, daß es im ersten Augenblick schwierig erscheint, die allgemeine Begriffsbestimmung des Sakraments auch auf sie anzuwenden (Einw. 2 u. 3). Dem Wesen der Nahrung entsprechend, die sich der Substanz nach mit dem Genährten verbindet, ist Christus in der Eucharistie der Substanz nach gegenwärtig, während in den übrigen Sakramenten, ihrem Charakter als Werkzeugen der heiligen Menschheit Christi entsprechend, nur eine vorübergehend mitgeteilte geistliche Kraft wirksam ist. Trotzdem bleibt die Eucharistie in der allen Sakramenten gemeinsamen Linie der übernatürlichen Instrumentalität. Der ,fließenden Kraft', die in den übrigen Sakramenten dem äußeren Zeichen mitgeteilt wird, entspricht bei der Eucharistie die unter den Gestalten von Brot und Wein gegenwärtige Substanz des Leibes und Blutes Christi, in deren Kraft die eucharistischen Gestalten wirken (vgl. 79, 2 Zu 3 und 77, 3 Zu 3). Daraus ergibt sich ein weiterer Unterschied in der inneren Struktur zwischen der Eucharistie und den anderen Sakramenten, die einen sinnfälligen Stoff haben, wie Taufe und Firmung. Bei diesen fallen Sein, Vollzug und Empfang des Sakramentes in e i n e r Handlung zusammen. So besteht bei der Firmung das Sakrament in der Salbung mit Chrisam. Da aber bei der Eucharistie das S e i n des Sakramentes Christus selbst unter den Gestalten von Brot und Wein, also nicht eine Handlung, sondern etwas Dauerndes, in sich Stehendes ist, sind das Werden und der Empfang der Eucharistie von ihrem Sein und voneinander unterschieden. Das W e r d e n der Eucharistie vollzieht sich in der Weihe von Brot und Wein 477
durch die Wandlungsworte, während der E m p f a n g nur die subjektive Aneignung der unabhängig von ihm im Sakrament schon vorhandenen Gnade bedeutet. Daraus folgt aber nicht, daß man Werden (Weihe), Sein und Empfang der Eucharistie willkürlich voneinander trennen kann. Fleisch und Blut Christi sind ja in diesem Sakramente gegenwärtig als O p f e r s p e i s e . Als solche sind sie einerseits ihrem ganzen Wesen nach bezogen auf das Opfer selbst, das in der Konsekration vollzogen wird, und andererseits haben sie ihre Bestimmung darin, von den Gläubigen genossen zu werden. Man muß sich also vor zwei Extremen hüten: einmal vor der Ansicht, die Luther zu gewissen Zeiten vertreten hat und die später allgemeine protestantische Lehre wurde, daß Christus nur im Augenblick des Genusses unter den Gestalten gegenwärtig sei. Das würde den Worten Christi widersprechen: „Das i s t Mein Leib", und „Das i s t Mein Blut", durch die Brot und Wein als Leib und Blut Christi bezeichnet werden vor und unabhängig von dem Genüsse seitens der Apostel. Aber ebensowenig darf man die Trennung von Weihe, Sein und Empfang des Sakramentes so weit treiben, daß die Wesensbeziehung aufeinander nicht mehr deutlich bleibt. Die physische Trennung von Weihe und Fortbestand der Eucharistie läßt es zu, daß die Eucharistie auch außerhalb der Messe aufbewahrt und angebetet werden kann. Aber auch die außerhalb der Messe aufbewahrte Hostie verliert nie ihre eigentliche Bestimmung, Opferspeise zu sein. Das Allerheiligste wird nicht aufbewahrt, um verehrt zu werden, sondern es wird verehrt, wenn es zum Nutzen der Gläubigen aufbewahrt wird. Die Trennung von Weihe und Empfang der Eucharistie läßt es zu, daß die Eucharistie auch außerhalb der Messe zum Empfang gereicht werden kann. Aber wenn die Kommunion auch außerhalb der Messe empfangen werden k a n n , so muß das doch eine Ausnahme bleiben, weil die Kommunion ihrem Wesen nach Teilnahme am Opfer ist (vgl. 79, 7 Antw. und Zu 3). Aus diesem Grunde wünscht das Konzil von Trient, 22. Sitzung, Vom Meßopfer, 6. Kap., „daß in jeder Messe die anwesenden Gläubigen nicht nur in einem übernatürlich-geistigen Verlangen (spirituali affectu), sondern auch im sakramentalen Empfang (sacramentali perceptione) der Eucharistie kommunizierten, auf d a ß ihnen die Frucht des allerheiligsten Opfers um so reichlicher zugute käme". Wenn Vollzug und Empfang des Sakramentes bei der Eucharistie voneinander verschieden sind, kann auch das sogenannte ,innere Sakrament' (res et sacramentum) nicht im Empfänger sein wie bei den übrigen Sakramenten, sondern kommt durch die Konsekration im Stoße selbst zustande. Der hl. Thomas unterscheidet ja in jedem Sakrament eine dreifache Wirklichkeitsschicht: das ,äußere Sakrament' (sacramentum exterius oder sacramentum tantum), das in äußerlich sichtbaren Zeichen der inneren Wirkung besteht, bei der Taufe z. B. in der äußeren Abwaschung oder im Untertauchen, dann das ,innere Sakrament' (res et sacramentum), das auf Grund einer dem äußeren Sakrament mitgeteilten ,fließenden Kraft' als erste geistige
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Wirkung hervorgebracht wird, ohne aber schon die letzte Wirkung des Sakramentes zu sein. Es ist vielmehr ein Mittleres zwischen dem äußeren Sakrament und der letzten Gnadenwirkung. In bezug auf das äußere Sakrament ist es ,res', d. h. dessen geistige Wirkung, in bezug auf die letzte Wirkung des Sakramentes ist es noch ,sacramentum', d. h. Zeichen der letzten übernatürlich-geistigen Wirkung, der ,res tantum' (vgl. 63, 3 Zu 2). Das folgende Schema mag das Verhältnis veranschaulichen: sacramentum tantum (bei der Taufe die Waschung) I r e s et sacramentum (Taufcharakter) 1 r e s tantum (heiligmachende Gnade) Als erste unmittelbare Wirkung des äußeren Sakramentes nimmt das innere Sakrament an dessen Sinnfälligkeit teil. Es ist „die Übertragung der sakramentalen Versinnbildung direkt in die ersten geistigen Wirkungen des Sakramentes hinein" (Vonier-Schneider, Das Geheimnis des eucharistischen Opfers, S . 67). Während nun bei den übrigen Sakramenten (vgl. 63, 3 Zu 2 u. 63, 6 Zu 3 : T a u f e ; 84, 1 Zu 3 : B u ß e ; Suppl. 30, 3 Zu 3 : Letzte Ölung; Suppl. 42, 1 Zu 5 : Ehe) das innere Sakrament im Empfänger ist, ist bei der Eucharistie das innere Sakrament im Stoffe, nämlich der unter den Gestalten von Brot und Wein — als dem äußeren Sakrament — gegenwärtige Christus. Die ,res tantum' dagegen ist die Gnade im Empfänger, bzw. die Einheit des mystischen Leibes Christi (Zu 3). Der durch die Weihe unter den Gestalten gegenwärtige Christus ist also nicht nur ,res', sondern auch ,sacramentum'. E r hat an der Zeichenfunktion der Gestalten Anteil und weist also nicht nur auf den neuen, im Blute des Erlösers geschlossenen Bund zwischen Gott und den Menschen, auf das corpus Christi mysticum, hin, sondern auch auf das vergangene Kreuzesopfer. Der unter den Gestalten gegenwärtige Christus ist nicht der Christus schlechthin, sondern der ,Christus passus' (d. h. der geopferte Christus) . Aus dem Gesagten ergibt sich, daß man vom ,Sakrament' der Eucharistie in verschiedenem S i n n e reden kann. Wenn es z. B. heißt, das Sakrament der Eucharistie sei das ,Zeichen' oder ,Symbol' des Leibes Christi, wie uns das bei den Vätern öfter begegnet, so ist ,Sakrament' hier im inadäquaten Sinne von ,Nur-Sakrament' oder ,äußerem S a k r a m e n t ' genommen. Wenn es dagegen heißt: „Das allerheiligste Sakrament sei angebetet ohne End' so ist ,Sakrament' hier ebenfalls im inadäquaten S i n n e für das ,innere Sakrament', d. h. für den Leib Christi, gegenwärtig unter den sakramentalen Zeichen, genommen, wobei allerdings die sakramentale Seite des inneren Sakramentes fast aus dem Auge verloren ist. Im adäquaten Sinne verstanden, besteht das Sakrament der Eucharistie in den sakramentalen Gestalten, insofern sie Fleisch und Blut Christi enthalten.
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2. A R T I K E L Die
Einheit
der
Eucharistie
Die Eucharistie unterscheidet sich auch dadurch von den übrigen Sakramenten, daß wir in ihr scheinbar zwei äußere Zeichen haben, von denen jedes für sich geweiht wird: Brot und Wein. Deshalb wird in den Orationen des Missale auch häufig der Plural ,sacramenta' gebraucht, wenn von der Eucharistie die Rede ist (1. Einw). Doch schon die Tatsache, daß die ,res' der Eucharistie die Einheit des mystischen Leibes Christi ist, muß darauf führen, daß auch das Sakrament, durch das sie bezeichnet und bewirkt wird, eines ist (Anderseits). Aber damit ist die Frage, worin die Einheit des Sakramentes besteht und wie sich die Vielheit und die Einheit in diesem Sakramente zueinander verhalten, noch nicht gelöst. Die mittelalterliche Theologie mußte sie stellen, weil sie einerseits die Siebenzahl der Sakramente festgestellt hatte und anderseits die Lehre von Materie und Form der Sakramente, auf die Eucharistie angewandt, diese zu zwei vollständigen Sakramenten aufzuspalten schien, da beide Elemente, Brot und Wein, ihre eigene Form haben (Einw. 2 u. 3). Auch die klare Herausarbeitung der Gegenwart des g a n z e n Christus unter jeder Gestalt machte die Erklärung des Verhältnisses der beiden Gestalten zueinander schwieriger. Thomas löst die Frage von der Zeichenbedeutung der Eucharistie aus. Diese besteht in der geistlichen Erquickung unter dem Zeichen der leiblichen Speisung. Durch die Gestalten von Brot und Wein werden der Leib und das Blut Christi als Speise und Trank bezeichnet. W i e aber Speise und Trank nicht zwei verschiedene Mahlzeiten sind, sondern beide eine vollständige Mahlzeit ausmachen, weil erst feste und flüssige Nahrung zusammen den Menschen wirklich erquicken und ernähren, so sind auch der Leib Christi unter der Brotsgestalt und das Blut Christi unter der des Weines das vollständige Sakrament der geistigen Erquickung. Die Einheit der Eucharistie ist also nicht die Einheit des physischen Ungeteiltseins, sondern eine Einheit der Vollständigkeit in dem Ziele der geistigen Erquickung, auf das die Eucharistie hingeordnet ist. Aus dem Gesagten folgt für Thomas nicht, daß zur Vollständigkeit des Sakramentes auch sein Empfang unter beiden Gestalten von Seiten der Gläubigen gehöre. Denn das Sakrament kommt ja nach Thomas durch die Weihe des Stoffes, nicht aber durch den Empfang zustande, so daß das Sakrament vollständig ist, wenn der weihende Priester allein beide Gestalten genießt (vgl. 80, 12 Zu 2). Doch bleibt hier immer eine gewisse Schwierigkeit bestehen, weil das Mahl ja nicht nur für den Priester, sondern für alle Tischgenossen bereitet wird. Auch der Hinweis darauf, daß jeder unter der einen Brotsgestalt in Wahrheit Leib u n d Blut Christi empfange, löst die Schwierigkeit nicht. Daraus könnte ja die Folgerung gezogen werden, daß die Gestalt des Weines überhaupt überflüssig sei und gar nicht zur Vollständigkeit des Mahles gehöre. Die ganze Be-
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weisführung des Artikels beruht aber gerade darauf, daß das Sakrament wesentlich Z e i c h e n ist und deshalb zur Vollständigkeit des Sakramentes auch die Vollständigkeit des leiblichen Mahles als Zeichen der geistigen Erquickung gehöre. Man muß deshalb die Zweiheit der Gestalten und der Form auch aus dem Opfercharakter der Eucharistie erklären (vgl. 80, 12 Zu 3). Die beiden getrennten Gestalten stellen die Trennung von Leib und Blut Christi am Kreuze dar (76, 2 Zu 1) und sind deshalb notwendig, weil die Eucharistie die Vergegenwärtigung des Kreuzesopfers ist. Zur Vervollständigung sei noch auf die Auffassung der griechischen Väter hingewiesen, die bei der Erklärung der Doppelgestalt der Eucharistie auch von der Einheit der Nahrung ausgehen, sie aber nicht naturphilosophisch begründen, sondern in echt griechischer Denkart sie mit der Trinität in Zusammenhang bringen. Der Mensch braucht für den Leib Speise und Trank wie für die Seele Wahrheit und Liebe. Durch den Genuß des Fleisches Christi wird in uns das Bild Christi gestaltet, durch den Genuß des Blutes Christi dagegen werden wir mit dem Geiste Christi erfüllt, denn das Blut ist Träger des Lebensgeistes. Brot wird in der Eucharistie gereicht, weil der Logos unsere Nahrung ist; Wein, weil der Heilige Geist unser Trank ist (vgl. Scheeben, Mysterien des Christentums, § 74).
Die
3. ARTIKEL Heilsnotwendigkeit der
Eucharistie
Wenn im vorhergehenden Artikel gezeigt worden war, daß die ,Sache' der Eucharistie die Einheit des mystischen Leibes Christi ist, so scheint sich daraus zu ergeben, daß die Eucharistie unbedingt heilsnotwendig ist, weil „außerhalb der Kirche kein Heil ist". Diese Folgerung würde aber auf den ersten Blick in Widerspruch stehen zu dem, was Thomas früher (65, 4: Bd. 29, S. 144) über die Heilsnotwendigkeit der einzelnen Sakramente gesagt hatte. Dort hatte er nämlich einzig die Taufe als schlechthin und unbedingt zielnotwendig zur Erlangung des Heiles für den Einzelnen bezeichnet, während die anderen Sakramente, also auch die Eucharistie, nur insofern heilsnotwendig seien, als ohne sie das Heil nicht so gut erreicht werde — wenn wir von der Buße und dem Weihesakrament absehen, die ebenfalls schlechthin heilsnotwendig sind, die Buße unter der Voraussetzung einer nach der Taufe begangenen schweren Sünde, die Weihe für das Ganze der Kirche. Auf den Einwand, daß in der Heiligen Schrift die Eucharistie, was die Heilsnotwendigkeit anlangt, der Taufe gleichgestellt werde, da es ja ausdrücklich heißt: „Wenn ihr das Fleisch des Menschensohnes nicht essen und Sein Blut nicht trinken werdet, werdet ihr das Leben nicht in euch haben" (Jo 6, 54), antwortet Thomas, daß sich dieser Satz nur auf den geistigen Empfang der Eucharistie beziehe, nicht aber auf den wirklichen, sakramentalen (65, 4 Zu 2). Unter dem geistigen Emp31 30
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fang der Eucharistie aber versteht er die Eingliederung in den mystischen Leib Christi durch Glauben und Liebe (vgl. In Joan. cap. 6, lect. 7, n. 6). Niemand kann das Heil erlangen, wenn er nicht Glied am mystischen Leibe Christi ist. Da die Eucharistie den geopferten Christus substantiell enthält, so ist sie das Sakrament der Eingliederung in Christus in vollkommenster Weise, und alle anderen Sakramente, die Christus und Sein Leiden nur der Kraft nach enthalten, sind auf die Eucharistie als auf ihr Ziel hingeordnet. Die Eucharistie ist also heilsnotwendig. Aber da die anderen Sakramente von ihr abhängen, so empfangen wir auch durch diese schon geistigerweise den Leib und das Blut Christi. Das gilt vor allem für die Taufe, die der Anfang unserer Eingliederung in Christus ist. Deshalb ist für die noch nicht zum Gebrauch der Vernunft gelangten Kinder der sakramentale Empfang der Eucharistie nicht heilsnotwendig, da sie zwar nicht durch einen Akt ihres persönlichen Verlangens, wohl aber kraft der Taufe aus der Absicht der Kirche und durch die Natur des Sakramentes selbst auf die Eucharistie als auf die Zielursache aller Sakramente und die Vollendung unserer sakramentalen Eingliederung in Christus hingeordnet sind.
4. Die
Namen
ARTIKEL der
Eucharistie
Weil die Eucharistie der Inbegriff aller Sakramente ist, kann ihr umfassendes Wesen schlecht in e i n e m Namen hinreichend ausgedrückt werden, so daß wir seit frühester Zeit verschiedenen Namen für die Eucharistie begegnen, welche verschiedene Eigenschaften und Wirkungen derselben ausdrücken und erst zusammen einen vollkommenen Begriff derselben ergeben. Thomas ordnet die verschiedenen Namen nach der dreifachen Zeichenbedeutung der Eucharistie. Insofern sie das in der Vergangenheit liegende Kreuzopfer bezeichnet, nennt man sie ,Opfer'. Der lateinische Ausdruck ,sacrificium' von ,sacrum facere' weist mehr auf die Opfer h a n d l u n g hin, ebenso wie ,oblatio' und das griechische ,prosphora' = darbringen, d. h. vor das Angesicht Gottes bringen. Das Wort ,hostia' dagegen bezeichnet die Opfer g ä b e (ursprünglich wohl das zur Abwehr der Feinde dargebrachte Opfer; vgl. Scheeben, Handbuch der kath. Dogmatik, Bd. 3 [1882], S. 389). — Eine zweite Gruppe von Namen ist von der Wirkung der Eucharistie, der kirchlichen Einheit, hergenommen. Der Ausdruck ,Synaxis' besagt wie sein lateinisches Äquivalent ,Collecta' zunächst das äußere Zusammenkommen. Da dieses aber bei der Feier der Eucharistie nicht nur eine äußere Bedingung ist, sondern das Wesen der ganzen Feier kennzeichnet, die ja nichts anderes will als die am Kreuz durch das Opfer Christi begründete neue Einheit zwischen Gott und den Menschen und damit auch der Menschen untereinander zu verwirklichen durch die Teilnahme am Opfer Christi, ist der Ausdruck angemessenerweise zum
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Namen für das ganze Sakrament geworden. In diesem Sinne erklärt Johannes Damascenus das Wort, der in gleichem Zusammenhang auch die beiden anderen Namen ,koinonia' — ,communio' und ,metalepsis' erwähnt. Das erstere besagt die Teilnahme mit jemandem an etwas, betont also die Gemeinsamkeit, wie sie auch in der Erklärung des Johannes Damascenus hervorgehoben wird. Heute verstehen wir die ,hl. Kommunion' vielmehr von der inneren Vereinigung des Einzelnen mit Christus, was aber dem eigentlichen Sinne des Wortes nicht ganz entspricht. ,Metalepsis' könnte man im Lateinischen besser durch ,perceptio' oder ,participatio' wiedergeben statt durch ,assumptio', wie Thomas es tut. Vielleicht liegt in dieser Übersetzung der Grund, weshalb Thomas den Ausdruck nicht in die zweite Gruppe miteinordnet. Die dritte Gruppe von Namen, die Thomas unterscheidet, drückt den e s c h a t o l o g i s c h e n Charakter dieses Sakramentes aus. Daß ,eucharistia' gerade in diesem Zusammenhang erwähnt wird, ist sachlich wenig begründet. Das Wort bezeichnet unmittelbar das Kernstück der eucharistischen Feier, das Danksagungsgebet. Es ist aber als Name für das ganze Sakrament besonders geeignet, weil es> die Einheit von Handlung und Gebet, von Hingabe Gottes an die Menschen und Verherrlichung Gottes durch die Menschen, wie sie diesem Sakrament eigen ist, so tief zum Ausdruck bringt. Die Danksagung ist Antwort auf eine Gabe. In ihr stellen wir die empfangene Gabe gleichsam wieder in die Gnade des Gebers hinein, um sie dadurch noch tiefer zu besitzen. Die Danksagung Gott gegenüber ist deshalb der Ausdruck höchster Einheit mit Gott im Geiste der Liebe, und sie bildet das innerste Wesen einer Religion, die wie die christliche ganz auf der schenkenden Liebe Gottes beruht. Im höchsten Sinne des Wortes aber ist das hl. Meßopfer Danksagung, weil in ihm Christus selbst Sein Opfer in die Hände der Kirche gelegt hat, damit sie es dem himmlischen Vater wieder darbringe. (Zur Bedeutungsgeschichte von Eucharistia vgl. Anm. [10].)
5. ARTIKEL Die
Einsetzung
der
hl.
Eucharistie
Hatte Thomas im 1. Artikel dieser Frage das Dasein der Eucharistie als eines besonderen Sakramentes aus ihrem besonderen Zwecke als geistliche Nahrung begründet, so war damit auch an sich schon die Tatsache der Einsetzung gegeben. Wenn Thomas im 1. Einwand auch hier noch einmal anknüpft, so steht in diesem Artikel doch eigentlich die Angemessenheit der Art und Weise der Einsetzung, vor allem des Zeitpunktes, zur Verhandlung. Die Angemessenheit der Einsetzung der Eucharistie beim Letzten Abendmahl erweist Thomas aus ihrem Wesen als Sakrament der wirklichen Gegenwart Christi unter den Gestalten von Brot und Wein und als Sakrament des Leidens Christi. — Wenn Thomas beim zweiten der ange31*
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führten Angemessenheitsgründe sagt, daß die Eucharistie im Neuen Bunde Erinnerungsmal des vergangenen Leidens Christi sei, s o w i e das Osterlamm im Alten Bunde das zukünftige Leiden vorbildete, so will er damit nicht sagen, daß das Sakrament des Neuen Bundes sich auf der gleichen Stufe der Abbildlichkeit bewege wie das des Alten Bundes. Denn in der Lösung des 2. Einwandes heißt es ausdrücklich, daß die Eucharistie das v o l l k o m m e n e (perfectum) Sakrament des Herrnleidens sei, indem sie Christus als den ,passus' enthält, was im Alten Bunde, vor der Menschwerdung Christi, nicht möglich war. Der Gedanke, daß das Abendmahl des Neuen Bundes die E r f ü l l u n g des alttestamentlichen Ostermahles ist und sich zu diesem wie die Wirklichkeit zum Schatten verhält, wird ja auch von Leo d. Gr. in den Worten ausgesprochen, auf die Thomas hier anspielt: „Sollte sich doch deutlich verwirklichen, was schon längst in vorbildlicher und geheimnisvoller Weise verheißen war, daß nämlich an Stelle des a n g e d e u t e t e n Osterlammes das w a h r e trat und die mannigfachen und verschiedenen Opfer in e i n e m ihre Erfüllung fanden. All die Vorschriften, die in früherer Zeit Moses infolge göttlicher Unterweisung über die Schlachtung des Osterlammes gegeben hatte, wiesen auf Christus hin und kündigten eigentlich seinen Opfertod an. Damit also die Schatten der Wirklichkeit weichen und die Vorbilder beim Erscheinen der Wahrheit aufhören, tritt an Stelle der alten Bräuche ein neues Geheimnis, wird Opfer durch Opfer, Blut durch Blut abgelöst und das Ostern des Gesetzes durch Umgestaltung zur Vollendung gebracht." (7. Predigt über das Leiden des Herrn, n. 1.) Möglich, daß diese Worte Thomas zur vierten Strophe seiner Sequenz: „Lobe, Sion, den Heiland" angeregt haben.
6. Die
ARTIKEL
alttestamentlichen Vorbilder Eucharistie
der
Nachdem im vorhergehenden Artikel schon angedeutet war, daß die Eucharistie die Erfüllung der alttestamentlichen Vorbilder ist, werden diese nun im einzelnen angeführt. Es ist bezeichnend, daß Thomas dabei nicht diejenigen als die hauptsächlichen Bilder bezeichnet, die wir heute als solche anzusehen gewohnt sind: das Manna und das Opfer des Melchisedech, sondern das Osterlamm, weil dieses allein das Sakrament in- seinem ganzen Umfang vorbildete. Im einzelnen sind die Ausführungen gewiß noch der Ergänzung fähig. Thomas selbst führt in I—II 102, 5 Zu 2 und Zu 3 die Vorbildlichkeit des Ostermahles als M a h l noch weiter aus. Das Essen des Osterlammes weist hin auf den Empfang des Leibes Christi in der Kommunion. Das ungesäuerte Brot, das man zum Osterlamm essen soll, deutet den reinen Wandel derer an, die die Eucharistie empfangen. Die bitteren Lattichkräuter stellen die vorausgehende Buße dar. Die Vorschrift, daß man das Ostermahl
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innerhalb e i n e s Hauses halten soll, bringt in Erinnerung, daß man die Eucharistie nur in der Einheit der Katholischen Kirche, nicht aber in den Konventikeln der Sekten empfangen darf. — Die Vorbildlichkeit des Ostermahles und seine Erfüllung durch das Abendmahl Christi würde man wohl noch besser verstehen, wenn man sich nicht auf das Schema ,NurSakrament', ,Sache und Sakrament', ,Nur-Sache' festlegen würde. Bedeutungsvoll ist es schon, daß das Osterlamm am 14. des Monats, in der Vollmondnacht, gegessen werden sollte. Die Nacht des Paschahmahles war ja für die Juden nicht nur die Nacht des Auszuges aus Ägypten, sondern auch die Nacht, in der man die Ankunft des Messias und die Aufrichtung seines Reiches erwartete. Der Eintritt des Vollmonds ist aber das Symbol für die Mitte der Zeit. Denn der Mond ist als Beherrscher der Nacht der Zeitmesser (Gn 11, 14 ff.). Man kann wohl einen dreifachen Sinn des Ostermahles unterscheiden. Es war O p f e r m a h l , insofern das Lamm vorher im Tempel in feierlicher Weise geopfert worden war. Weiterhin war es E r i n n e r u n g s m a h l als Wiederholung jenes nächtlichen Mahles in Ägypten, und ein jeder sollte sich dabei nach der Vorschrift der Rabbiner betrachten als einer von denen, die damals aus Ägypten gezogen waren. So sollte diese Stunde der Befreiung aus Leiden und Bedrückung durch die Macht Gottes im Gedächtnis wiederum Gegenwart werden für den einzelnen Israeliten. Beim ersten Hauptteile des Paschahmahles, der sogen. Paschah-Haggadah, mußte der Jüngste in der Tischrunde den Hausvater fragen, was es mit dieser Nacht Besonderes sei vor allen anderen Nächten. Und dann lag es dem Hausvater ob, zu erzählen, was in dieser Nacht geschehen war. Auch die einzelnen Speisen, aus denen das Mahl bestand, wurden durch Deuteworte in das Gedächtnis einbezogen. Die Lattichkräuter wurden vom Hausvater erklärt als Erinnerung an das bittere Leiden, das das Volk in Ägypten zu tragen hatte, das ungesäuerte Brot als Erinnerung an das Elend der Unterdrückung und an die Eile der Befreiung usw. — Schließlich war das Ostermahl ein G e m e i n s c h a f t s - oder B u n d e s m a h l . Darin gipfeln Opfer wie Erinnerung. Auch Thomas erwähnt den bedeutungsvollen Zug, daß das Osterlamm von „der ganzen Menge der Söhne Israels" geopfert werden sollte. Beim Paschahopfer war also dem ganzen Volke priesterliche Würde verliehen (vgl. Philo, De decalogo, § 31) und jedem Hause Rang und Würde eines Tempels (Philo, De septennario, § 18). Niemand durfte das Mahl außerhalb Jerusalems feiern. Die Heilige Stadt gehörte an diesem Tage dem ganzen Volke, und die Pilger, die an diesem Feste nach Jerusalem kamen, hatten Anspruch auf Räume für das Mahl, die ihnen von der Bürgerschaft zur Verfügung gestellt werden mußten. Niemand durfte außerhalb der Gemeinschaft das Osterlamm essen, sondern mußte es im Kreise seiner Familie oder einer eigens für diesen Zweck zusammengekommenen Brüderschaft einnehmen. Niemand durfte sich auch während des Mahles aus dem Kreise der Tischgenossenschaft entfernen. Alle diese Anweisungen finden ihre Sinnerfüllung im Abend-
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mahle Christi. Das Pascha der Juden wird erfüllt als O p f e r m a h l , weil hier Christus selbst Sich darbringt und an Stelle des Blutes der unvernünftigen Tiere Sein eigenes Blut im Heiligen Geiste hingibt für die Sünden der Welt. Es wird weiter erfüllt als E r i n n e r u n g s m a h l , indem an die Stelle der bloßen Erinnerung nun Christus selbst tritt, der sich mit Seinem Heilswerk in wahrhafter Gegenwart Seiner Kirche schenkt. Es wird schließlich erfüllt als G e m e i n s c h a f t s m a h l , indem der Opferleib und das Opferblut Christi den ewigen Bund zwischen Gott und den Menschen begründen und zur engsten Gemeinschaft erheben, die zwischen Gott und den Menschen möglich ist. Denn „der Segenskelch, welchen wir segnen, ist er nicht die Gemeinschaft des Blutes Christi? Das Brot, das wir brechen, ist es nicht die Gemeinschaft des Leibes Christi? Denn e i n Brot ist's, so sind wir viele e i n Leib, die wir alle e i n e s Brotes teilhaftig sind" (1 Kor 10, 16—17). Wenn in der Nacht des Auszuges aus Ägypten die würgende Zornesmacht Gottes an den Türen der Israeliten vorüberging, ohne daß sich einer von ihnen draußen zeigen durfte, und sie alle ängstlich sich im Innern des Hauses hielten, froh des V o r ü b e r g a n g e s oder der S c h o n u n g von Seiten Gottes, so ist es in der Nacht des Abendmahles anders. Nicht der Würgeengel zieht mordend seinen Weg, sondern das Gotteslamm, die Erscheinung der Liebe und Menschenfreundlichkeit Gottes, hält E i n k e h r im neuen Israel, in der kleinen Schar der Apostel. Da wird kein zürnendes Gericht gehalten, sondern der Herr kniet nieder, den Seinen die Füße zu waschen. Keine Schranke wird aufgerichtet, um das Volk vor der verzehrenden Macht der göttlichen Majestät zu schützen. Da werden die Türen nicht ängstlich geschlossen, sondern da werden alle Schranken niedergelegt, da wird das Innerste der Herzen geöffnet mit dem Schlüssel der himmlischen Liebe, indem der Menschensohn sich den Seinen hingibt als Opferspeise und Opfertrank zur Nachlassung der Sünden für die Vielen. Also nicht nur auf das auserwählte Volk ist die Gemeinschaft der Osternacht beschränkt, sondern der Neue Bund erstreckt sich auf die ganze Menschheit, weil die göttliche Liebe alle zu ihrer Tischgemeinschaft berufen hat.
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74.
FRAGE
DER STOFF DER EUCHARISTIE Da das Sakrament der Eucharistie in der Weihe des Stoffes vollzogen wird, durch die der Stoff seinsmäßig verändert wird, so müssen wir zwischen dem Stoff vor und nach der Weihe unterscheiden. Über den Stoff vor der Weihe — er wird auch ,materia remota = entfernterer Stoff' genannt im Unterschiede zur ,materia proxima = unmittelbarer Stoff', nämlich den geweihten Spezies — handelt Thomas in dieser Frage. Es geht also um die Beschaffenheit der Abendmahlselemente, und zwar zunächst im allgemeinen (Art. 1 u. 2). Brot und Wein sind der Stoff der Eucharistie, ohne daß ihre Menge näher bestimmt sein müßte. In Art. 3 und 4 wird die Art des Brotes genauer bestimmt: es soll Weizenbrot sein, und begründeter ist die Bestimmung der lateinischen Kirche, daß es ungesäuert sein soll. Die drei übrigen Artikel handeln über den Stoff, der im Kelche ist: es soll Traubenwein sein, dem Wasser beigemischt ist, das aber für das Zustandekommen des Sakramentes nicht notwendig ist und nur in geringer Menge zugesetzt werden soll. Das Entscheidende für die Bestimmung des Stoffes eines Sakramentes ist eine geschichtliche Tatsache, nämlich die göttliche Einsetzung (vgl. 64, 2: Bd. 29, S. 97 ff.). Von ihr geht Thomas deshalb auch in den Artikeln dieser Frage immer aus. Das ist bei der Eucharistie um so leichter möglich, als ihre Einsetzung in der Heiligen Schrift sehr ausführlich berichtet ist. Der Herr hat die Eucharistie nicht nur, wie die späteren Theologen sich ausdrücken, ,in genere' eingesetzt, d. h. so, daß er das Sakrament im allgemeinen anordnete, ohne den Stoff und die Form selbst im einzelnen zu bestimmen, sondern ,in specie', indem er Stoff und Form selbst festsetzte. Durch die Einsetzung Christi ist Brot und Wein als Stoff dieses Sakramentes so sicher bestimmt, daß die Verwendung anderer Stoffe schlechthin als Irrtum bezeichnet werden kann (Art. 1). Durch die Einsetzung steht aber auch fest, daß nur Traubenwein bei der Eucharistie verwendet werden soll (Art. 5). Bezüglich des Weizenbrotes drückt sich Thomas etwas zurückhaltender aus (Art. 3), da ein ausdrückliches Wort wie beim Weine nicht vorliegt und man nur aus dem allgemeinen Gebrauch schließen kann, daß Christus Weizenbrot benutzt hat. Ebenso kann man auch aus der allgemeinen Sitte schließen, daß der Herr bei der Einsetzung dieses Sakramentes den Wein mit Wasser mischte (Art. 6). Nächst der Einsetzung stützt sich der hl. Thomas bei der Bestimmung des Stoffes auf ein allgemeines Prinzip, das er auch schon bei der Taufe angewandt hatte (66, 3), daß nämlich „aus den sinnenfälligen Dingen jenes in den sakramentalen Zeichendienst aufgenommen wird, das bei der die Wirkung des Sakramentes bezeichnenden Handlung in allgemeinerem Gebrauch ist" (60, 7 Zu 2). Wie nun die Menschen sich bei der körperlichen Waschung, die ein Sinnbild der
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geistigen ist, im allgemeinen des Wassers bedienen, das deshalb Stoff der Taufe ist, so stärken sich die Menschen für gewöhnlich mit Brot und Wein, die deshalb bei der Eucharistie verwendet werden, weil diese ein geistiges Mahl ist (Art. 1), und zwar sind dazu Weizenbrot (Art. 3) und Traubenwein (Art. 5) im allgemeinen Gebrauch. Die Tatsache der Einsetzung und dieses Prinzip ergänzen sich für Thomas gegenseitig bei der Bestimmung des Stoffes (vgl. Art. 3). Die letzte Begründung erfährt dann die Bestimmung des Stoffes durch die Zeichenbedeutung. Jedes Sakrament ist als Zeichen eingesetzt. Deshalb ergibt sich die Angemessenheit eines Stoffes auch aus seiner Eignung als Zeichen. Wie aber in der vorhergehenden Frage dargelegt wurde (73, 4), hat die Eucharistie, wie jedes andere Sakrament, eine dreifache Zeichenfunktion, indem sie das vergangene Kreuzesopfer, die gegenwärtige und die zukünftige Wirkung symbolisch darstellt. Das Leiden Christi ist in der Doppelgestalt von Brot als Sakrament des Leibes und Wein als Sakrament des Blutes dargestellt (Art. 1) sowie in der Beimischung des Wassers zum Wein, das an das Wasser erinnert, das aus der Seite Christi geflossen ist (Art. 6). Die gegenwärtige Wirkung der Eucharistie besteht in einer individuellen für den Einzelnen und in einer allgemeinen für die Gesamtkirche. Der Einzelne wird durch die Eucharistie, wie durch kein anderes Sakrament, in seiner Ganzheit, nach Leib und Seele, gestärkt. Das deutet die Doppelgestalt wieder an. Der Wein als Sakrament des Blutes versinnbildet die seelische Wirkung, weil das Blut Sitz der Seele ist (Art. 1 u. Anm. [23]), das Brot dagegen die leibliche Wirkung, weil es das Sakrament des Leibes Christi ist. Der Wein ist auch insofern noch ein Sinnbild für die Wirkung der Eucharistie für den Einzelnen, weil er „das Herz des Menschen erfreut". Die Freude ist aber gerade eine der besonderen Wirkungen der Eucharistie (Art. 5). Das Weizenbrot schließlich ist besonders zur Stärkung des Menschen geeignet und deutet damit ebenfalls die geistige Stärkung des Einzelnen durch die eucharistische Speise an (Art. 3). Die Hauptwirkung der Eucharistie ist aber die kirchliche Gemeinschaft. Diese wird dargestellt im Brote und im Weine, die aus vielen Körnern, bzw. aus vielen Trauben bereitet sind (Art. 1), und in der Beimischung des Wassers, mit dem das christliche Volk bezeichnet wird, zum Weine, dem Symbol Christi (Art. 6 u. 7). Die zukünftige Wirkung der Eucharistie, den Eingang in das ewige Leben, sieht Thomas nur in der Beimischung des Wassers in den Kelch versinnbildet (Art. 6). Eine besondere Zeichenbedeutung kommt noch dem Gebrauche des Ungesäuerten zu (Art. 4), das den unversehrt empfangenen Leib Christi darstellt und die Lauterkeit der Gläubigen, die für den Empfang der Eucharistie notwendig ist. Für die Griechen dagegen ist im Gesäuerten die Vereinigung des Göttlichen und Menschlichen in Christus dargestellt (vgl. Anm. [30]). Thomas läßt auch diese Zeichenbedeutung zu. Wir können daraus ersehen, daß diese Gründe, die aus der Symbolik der Gestalten genommen sind, keine Beweisgründe im eigentlichen Sinne sind, sondern nur eine ge-
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wisse Angemessenheit oder Sinngemäßheit dartun (rationabiliter, rationabilius Art. 1 Antw. u. Art. 4 Antw.). Das gilt um so mehr, als der symbolischen Beziehung des aus vielen Körnern bereiteten Brotes und des aus vielen Trauben bereiteten Weines sowie des dem Weine beigemischten Wassers auf die kirchliche Einheit ein sakramentaler Charakter nicht zukommt. Es handelt sich da nicht um wirksame Zeichen. Die kirchliche Einheit wird vielmehr durch das nach der Konsekration unter den Gestalten als Opfermahl gegenwärtige Fleisch und Blut Christi (res et sacramentum) sakramental wirksam bezeichnet. Deshalb gehören die ebengenannten symbolischen Beziehungen nicht zum eigentlichen Wesen des Sakramentes (vgl. De la Taille, Mysterium fldei [1924], S. 539 fl.).
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75. F R A G E DIE VERWANDLUNG DES BROTES UND WEINES IN DEN LEIB UND DAS BLUT CHRISTI Diese Frage ist die grundlegendste in dem ganzen Eucharistietraktat des hl. Thomas. Mit ihr aufs engste verbunden sind die beiden folgenden Fragen über die Weise, in der Christus in diesem Sakramente gegenwärtig ist (Fr. 76) und über die zurückbleibenden Eigenschaften (Fr. 77). In ihnen werden eigentlich nur besondere Schwierigkeiten gelöst, die sich aus der in unserer Frage grundgelegten Lehre ergeben. Thomas bestimmt mit den Mitteln des aristotelischen Hylomorphismus die Verwandlung des Brotes und Weines als ,Transsubstantiation', d. h. als Verwandlung der ganzen S u b s t a n z des Brotes und Weines in die ganze S u b s t a n z des Leibes und Blutes Christi. Der spekulativen Untersuchung vorangestellt wird der in der Offenbarung klar enthaltene Satz, daß Leib und Blut Christi in der Eucharistie nicht nur bildlich (wie im Alten Testament) oder wie in einem Zeichen (Berengar), sondern wahrhaft und wirklich gegenwärtig sei (1. Art.). Daraus ergibt sich sofort, daß die Substanz von Brot und Wein nach der Konsekration nicht bleiben kann (Art. 2). Jedoch wird sie nicht v e r n i c h t e t (Art. 3), sondern v e r w a n d e l t in die Substanz Christi, so daß nicht nur eine Formveränderung, sondern eine ,Umsubstanzung' oder ,Wesensverwandlung' vorliegt, die durch die göttliche Allmacht bewirkt wird (Art. 4). Nach der Wandlung bleiben nur die Eigenschaften zurück (Art. 5), nicht aber die Wesensform des Brotes und Weines (Art. 6). Aus dem Wesen der Substanzverwandlung folgt, daß sie nur im punktuellen Jetzt, nicht aber allmählich vor sich gehen kann (Art. 7). Da sie ganz einzigartig ist und weder mit der Schöpfung noch mit den natürlichen Veränderungen sich deckt, so muß sie auch in besonderer Weise ausgedrückt werden (Art. 8).
Über
die
reale
1. ARTIKEL Gegenwart Christi Sakramente
in
diesem
In den Einwänden und dem Anderseits dieses Artikels wird der geschichtliche Hintergrund sichtbar, vor dem die Lösung des hl. Thomas steht. Es begegnen sich der hl. Augustin auf der einen und der hl. Ambrosius auf der anderen Seite, also jene beiden Kirchenväter, deren verschiedenartige Auffassung von der hl. Eucharistie die ganze mittelalterliche Theologie bestimmt und den Streit zwischen ,Realisten' und ,Symbolikern' veranlaßt hatte. Seine eigene Stellungnahme beginnt der hl. Thomas damit zu begründen, daß er zunächst jede philosophische Präokkupation ausschließt mit der Feststellung, daß es sich bei der hl. Eucharistie um ein mysterium fidei im strengsten Sinn des Wortes handle, das also auch sein Licht
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nur vom Worte Gottes erhalten könne als dem allein richtunggebenden Prinzip der Glaubenserkenntnis. Der göttliche Grundsatz, der die Eucharistielehre bestimmt wie das Widerspruchsprinzip die Philosophie, ist in den Einsetzungsworten Christi ausgesprochen: „Das i s t Mein Leib." Sie sind ja auch die ,Form' dieses Sakramentes und bestimmen daher seinen Inhalt. Diese Worte besagen nicht, daß Christus in diesem Sakramente nur wie in einem Zeichen sei. Schon Johannes von Damaskus hatte betont, daß Christus nicht gesagt habe: ,Das ist ein B i l d Meines Leibes.' Wer diese Worte im bildlichen Sinne verstehen wollte, wie Berengar es tat, der hier vom hl. Thomas ausdrücklich erwähnt wird, ist Häretiker, weil er dem klaren Sinn der Worte Christi widerspricht (vgl. Anm. [42]). Sehr tief sind die drei Konvenienzgründe, mit denen der hl. Thomas nun die reale Gegenwart Christi in diesem Sakramente gewiß nicht b e w e i s e n , sondern nur als angemessen erklären will. Sie entspricht in der Tat zunächst ganz dem W e s e n d e s N e u e n B u n d e s , der nicht mehr ein S c h a t t e n der zukünftigen Dinge, auch noch nicht hüllenlose Wahrheit, sondern ein wirklichkeiterfülltes B i l d des Himmlischen ist. So ist auch das Opfer des Neuen Bundes nicht ein bloßer H i n w e i s auf die Zukunft, sondern e n t h ä l t wirklich das Opfer Christi, bzw. den ,Christus passus', wie der hl. Thomas sich ausdrückt (über die Tragweite dieser Stelle bezüglich der Lehre vom Meßopfer und über den Ausdruck ,Christus passus' vgl. unten S. 561). Das Wesen des Neuen Bundes liegt darin, daß er von göttlicher Wirklichkeit erfüllt ist. Er ist ein ,perfectum praesens'. Der in Christus erschienene Messias h a t die Erlösung vollbracht am Kreuze (perfectum), aber die vollbrachte Erlösung gehört nicht der Vergangenheit an, sondern sie ist ständige, wirkende Gegenwart (vgl. E. Burger, Der lebendige Christus, Stuttgart 1933). So wird auch hier in der Eucharistie der ,Christus passus' wieder Gegenwart, nicht nur im Bilde und auch nicht nur der Kraft (virtus) nach, sondern dem Wesen nach (wir könnten hier schon hinzusetzen ,substantialiter'), wodurch die Eucharistie auch zur ,Vollendung aller Sakramente' wird. Indem der hl. Thomas den Unterschied zwischen den anderen Sakramenten, in denen nur die Kraft Christi uns mitgeteilt wird, und der Eucharistie, in der Christus selbst gegenwärtig ist, hervorhebt, belehrt er uns auch über die so überaus wichtige, für das Verständnis des Neuen Bundes und seines göttlichen Wirklichkeitsgehaltes ausschlaggebende Tatsache, daß die mit dem Neuen Bunde gegebene Gemeinschaft mit Christus nicht nur eine solche ,der Kraft nach' ist. Das ganze sakramentale System geht nicht auf die Mitteilung einer Gnadenkraft als ihr letztes Ziel, sondern auf die Eingliederung in Christus selbst. Deshalb ist die Eucharistie das vollkommenste aller Sakramente und begründet das corpus Christi mysticum als wesenhafte Gegenwart Christi in den Gläubigen (vgl. in 4 Sent., d. 10, q. 1, a. 1, sol.). Auch der zweite Angemessenheitsgrund, den der hl. Thomas anführt, ist ganz aus dem Zentrum der Sache heraus genommen. Denn die innerste Triebfeder des Heilswerkes Christi 32*
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ist die sich hingebende Liebe, die das N. T. als ,Agape' bezeichnet. In Christus ist „die Menschenfreundlichkeit unseres Gottheilandes" erschienen, indem Er Sich Seiner Selbst entäußerte und Knechtsgestalt annahm in Seiner heiligen Menschwerdung. Die damit gegebene körperliche Gegenwart will Christus den Menschen nie entziehen, weder in der himmlischen Herrlichkeit noch in der jetzigen Zeit der Pilgerschaft, sondern durch die Wirklichkeit Seines Leibes und Blutes verbindet Er Sich Seiner Person nach mit uns. So ist die Eucharistie das Sakrament der Liebe, denn die Art der Liebe ist es, daß die Geliebten, die Freunde, ständig in engster Lebensgemeinschaft stehen. Was der Heide Aristoteles als Wesensmerkmal m e n s c h l i c h e r Freundschaft aufgewiesen hat, hat Christus als unser h i m m l i s c h e r , g ö t t l i c h e r Freund wunderbar erfüllt und überboten, indem Er als 0 p f e r und G n a d e n g a b e bei uns bleibt und in uns eingeht, so daß hier nicht nur von einem k ö r p e r l i c h e n Beieinandersein und einem m o r a l i s c h e n Miteinanderleben gesprochen werden kann, sondern von einem wesenhaften I n e i n a n d e r b l e i b e n , wie es J o 6, 57 verheißen ist. Der dritte Grund ist wiederum ganz der Eigenart dieses Sakramentes entsprechend, wenn auch vielleicht nicht so überzeugend wie die beiden vorigen. Die Eucharistie ist d a s ,mysterium fidei'. Gerade durch den Glauben an die reale Gegenwart Christi unter den Gestalten von Brot und Wein aber wird unser Glaube gewissermaßen vollendet, indem nun auch die heilige Menschheit Christi wegen ihrer unsichtbaren Gegenwart im Sakramente im vollsten Sinne Gegenstand des Glaubens wird. Gerade diese im Glauben allein erfaßbare unsichtbare Gegenwart Christi in der Eucharistie kann man mit Recht, vor allem auch insofern sie vom Heiligen Geist bewirkt wird, als eine g e i s t i g e bezeichnen, so daß die reale Gegenwart nicht einer fleischlichen Auffassung Vorschub leistet (Einw. 1 u. 2). Immerhin müssen die gemachten Einwände ernst genommen werden. Man darf die hl. Eucharistie nicht so ansehen, wie die Apostel den geschichtlichen Christus ansahen und so an Seinem Fleische hingen, daß sie den Heiligen Geist nicht empfangen konnten (Einw. 4). Man muß stets vor Augen haben, daß die Gegenwart Christi in diesem Sakramente weder mit der geschichtlichen Gegenwart während Seines Erdenwandels noch mit Seiner Gegenwart im Himmel verwechselt werden darf (Einw. 3). Christus hat in der Eucharistie eine durchaus eigene sakramentale Seinsweise. Deshalb muß auch unsere Auffassung und Verehrung der Eucharistie der Eigenart des S a k r a m e n t e s entsprechen. 2 . - 4 . ARTIKEL Über die Art der
Verwandlung
Nachdem im 1. Artikel die T a t s a c h e der realen Gegenwart Christi in der Eucharistie festgestellt war. geht der hl. Thomas in den folgenden Artikeln dazu über, die Verwirklichung dieser
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Tatsache, den Verwandlungsvorgang näher zu bestimmen. Zunächst (Art. 2) wird eine Ansicht zurückgewiesen, die wir als ,Impanation' (,Einbrotung') bezeichnen, weil nach ihr nicht das Brot in den Leib Christi verwandelt wird, sondern vielmehr dieser in das Brot eingeht und mit ihm zusammen existiert (über Impanation und Konsubstantiation im Protestantismus vgl. Anm. [47]). Der hl. Thomas stellt den Irrtum dieser Ansicht klar heraus. Sie versteht im Grunde unter der Wandlung nur eine I d e n t i t ä t d e s O r t e s . Man sagt: das Brot wird zum Leibe Christi, versteht aber damit nur, daß dort, wo Brot ist, nun auch der Leib Christi ist. So wäre die Gegenwart Christi in der Eucharistie nur eine örtliche Identität mit dem Brote. Sie käme also zustande durch eine Ortsveränderung Christi. Das aber ist nicht möglich. Denn dann müßte Christi Leib aufhören im Himmel zu sein, weil nur dann wirklich von einer Orts V e r ä n d e r u n g gesprochen werden kann, wenn er nachher nicht mehr ist, wo er vorher war. Weiter müßte dann Christus auch den Zwischenraum zwischen dem Himmel und dem konsekrierten Brote durchlaufen und sich zugleich an verschiedene Orte begeben (über das Problem der Vielörtlichkeit vgl. Fr. 76, 5). So bleibt also nur die Möglichkeit, daß Christus durch Substanzverwandlung des Brotes in der Eucharistie gegenwärtig wird. Eine V e r w a n d l u n g setzt aber voraus, daß die Substanz des Brotes nicht bleibt. Die Impanation ist keine Verwandlung, sondern nur ein örtliches Sichhinzugesellen Christi zum Brot. Ebensowenig wie man den Vorgang der Gegenwärtigsetzung der Substanz des Leibes und Blutes Christi in der Eucharistie als ein örtliches Hinzukommen zum Brote und Weine verstehen darf, kann er auch als ein äußeres Nacheinander aufgefaßt werden, derart, daß die Substanz des Brotes entweder in den ,Stoff' aufgelöst oder aber vernichtet würde vor der an ihre Stelle tretenden Substanz des Leibes und Blutes Christi. An eine A u f l ö s u n g der Brotsubstanz zu denken ist unmöglich. Denn sie kann nicht in den Urstoff aufgelöst werden, weil dieser dann wenigstens einen Augenblick lang ohne Form existieren müßte, was unmöglich ist, da er reine Möglichkeit ist und also nicht existieren kann. Oder er wird in die vier Grundstoffe (Elemente) aufgelöst, was auch unmöglich ist. Denn diese können weder bleiben, weil unter den Gestalten von Brot und Wein nach der Wandlung ausschließlich Leib und Blut Christi sich befinden, noch verschwinden sie durch ein örtliches Fortgehen, was man ja mit den Sinnen wahrnehmen müßte. Dasselbe beweist der hl. Thomas außerdem noch durch den Hinweis darauf, daß eine substantielle Veränderung wie die Transsubstantiation im punktuellen Jetzt ( = Augenblick) sich vollziehen muß, so daß b i s zum letzten Jetzt der Konsekration die Substanz des Brotes da ist, i m letzten Jetzt aber die Substanz des Leibes Christi (vgl. die nähere Erklärung zu Art. 7). Also gibt es kein Jetzt, in dem der Urstoff dasein könnte. — Ebensowenig wie im Jetzt kann aber der
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Grundstoff in der B e w e g u n g vorhanden sein. Denn diese Bewegung könnte nur entweder im letzten Jetzt der Konsekration beginnen, wo also schon die Substanz des Leibes Christi vorhanden ist, so daß diese gleichzeitig mit der Brotsubstanz da wäre. So fielen wir in die Konsubstantiation zurück. Oder die Bewegung beginnt v o r dem letzten Jetzt der Konsekration, dann müßte, da bei jeder allmählichen Bewegung zwischen den Jetztpunkten immer eine Zwischenzeit liegt, in der die Brotsubstanz den betreffenden Teil der Hostie verlassen hat, die Leibsubstanz aber noch nicht da ist, ein substantielles Vakuum entstehen. Auch von einer V e r n i c h t u n g des Brotes kann keine Rede sein, weil sie die Verwandlung und damit auch die Seinsweise aufheben würde, nach der Christus in diesem Sakramente ist. Denn kraft der Konsekrationsworte ist das, was vorher Brot war, nun Leib Christi. Nicht aber ist das, was vorher Brot war, nun nichts. Der hl. Ambrosius hat den Sachverhalt klassisch ausgedrückt, wenn er sagt (De myst., c. 9): „Was Brot war, ist nun Leib Christi, weil das Wort Christi das Geschöpfliche verwandelt." Nach diesen Abgrenzungen bleibt nun aber eine Art der Veränderung f ü r die eucharistische Verwandlung übrig, die ihresgleichen sonst in der gesamten Natur nicht hat. Schon immer haben die Väter, von denen Thomas einige anführt, betont, daß die eucharistische Verwandlung über den Gesetzen der Natur stehe und allein Gottes Allmacht zuzuschreiben ist. Thomas gibt dafür die Gründe an. Die gewöhnlichen Veränderungen in der Natur sind nie solche, die das g a n z e Wesen der sich verändernden Sache ergreifen. Das ist ganz deutlich bei den akzidentellen Veränderungen, z. B. eines Marmorblockes unter den Händen eines Bildhauers. Die Substanz des Marmors und die meisten Akzidentien bleiben. Es ändert sich nur die äußere Gestalt. Bei substantiellen Veränderungen, z. B. der Verwandlung der Nahrung in die organische Substanz des Tieres, bleibt der Urstoff und verändert sich nur die substantielle Form (vgl. S. th. I 9, 2 u. Bd. 1, Anm. [52] über den ,Urstoff'). Niemals dringt also eine durch natürliche Kräfte hervorgerufene Veränderung bis in das letzte Sein des Dinges. Der Grund dafür liegt darin, daß jedes geschöpfliche Wirkende in seiner Wirklichkeit begrenzt ist und deshalb auch nur auf Begrenztes in begrenzter Weise wirken kann. Nur Gott als unbegrenzte Wirklichkeit kann die g a n z e Natur des Seins erfassen und verändern in der Wesensverwandlung. Da diese also nicht unter irgendeine Art der natürlichen Veränderung fällt, wird sie mit einem eigenen Namen bezeichnet als ,Transsubstantiation'. (Für das Geschichtliche vgl. Anm. [55].) Die Wesensverwandlung setzt in ihrem terminus a quo, hier der Brot- und Weinsubstanz, eine Veränderlichkeit voraus zum Anderssein s c h l e c h t h i n . Worauf gründet sich diese Veränderlichkeit? Ebendarauf, daß das geschöpfliche Sein sein Sein nicht n o t w e n d i g hat. So kann es sein ganzes Sein verlieren und ein anderes erwerben. Wenn der
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hl. Thomas in der Lösung des 3. Einwandes hervorhebt, daß diese totale Verwandlung möglich sei, weil beide termini die Natur des Seins gemeinsam haben, so darf man dieses ,Sein' nicht vom ,ens communissime sumptum' verstehen, das Gott und den Kreaturen gemeinsam ist, sondern von dem den Geschöpfen gemeinsamen, jeweils durch eine artbestimmte Natur begrenzten Sein, das natürlich wiederum nicht als eine besondere Natur aufzufassen ist, da das Sein transzendentalen Charakter hat, d. h. alle Kategorien oder Prädikamente überschreitet und seinerseits nicht als ein besonderer Seinsgrad betrachtet werden kann. Die Art der Wesensverwandlung besteht also darin, daß die ganze Substanz verwandelt wird, aber so, daß die ,Seinsnatur' in dem eben bestimmten Sinne gewahrt bleibt, dagegen die besondere Art des Brotes nicht bleibt (Art. 4 Zu 3). „Nach der Verwandlung nämlich des Brotes in den Leib Christi ist das S e i n des Brotes ein verwandeltes Sein, das verwandelte B r o t aber ist kein Brot mehr" (Cajetan z. St.).
5.-8. Lösung
ARTIKEL
besonderer
Schwierigkeiten
Die folgenden Artikel 5—8 sind im Grunde nur Scholien, in denen Thomas auf besondere Schwierigkeiten eingeht, die sich aus dem Begriff der Transsubstantiation ergeben. Vor allem scheint das Zurückbleiben der Eigenschaften des Brotes und Weines nach der Wandlung gegen die Substanzverwandlung zu sprechen, da die Verwandlung des Trägers, hier der Substanz, doch auch die Verwandlung des Getragenen, der Eigenschaften, nach sich ziehen müßte (Art. 5, Einw. 1). Doch das untrügliche Zeugnis der Sinne zeigt unzweideutig das Zurückbleiben der Eigenschaften. Thomas deutet die Lösung der Schwierigkeit hier nur kurz an (Zu 1), da er auf das ,Wie' des Zurückbleibens der Eigenschaften in einer eigenen Frage (77) eingehen will. Hier bringt er nur die Angemessenheitsgründe dafür, daß die Eigenschaften bleiben. Sie ergeben sich aus dem Mysteriencharakter der Eucharistie als einer verhüllten pneumatischen Wirklichkeit, die nur dem Glauben zugänglich sein soll (vgl. Anm. [57]). Da das Brot ein Kunstprodukt ist und durch äußere menschliche Einwirkungen zustande kommt, so liegt der Schluß nahe, daß die Form des Brotes, die ,Brotheit', wie bei vielen anderen künstlich hergestellten Dingen, z. B. einer Maschine oder einem Hause, nur eine außerwesentliche Eigenschaft ist und also durch die Wesensverwandlung nicht betroffen wird (Art. 6, Einw. 1). Doch das Brot wird dadurch, daß der Mensch die n a t ü r l i c h e n Grundkräfte, vor allem das Feuer, wirken läßt, wodurch dann, ähnlich wie bei den chemischen Synthesen, ein ,unum per se' entsteht (Zu 1). Ist aber die ,Brotheit' eine substantielle Form, so kann sie nach der Wandlung nicht zurückbleiben, da dann ja nur der Stoff
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des Brotes in den Stoff des Leibes Christi verwandelt und die Wesensform von ihrem Stoffe getrennt würde, was unmöglich ist. Eng mit den vorhergehenden Fragen nach dem Vorgang der Wesensverwandlung hängt auch das im 7. Artikel behandelte Problem zusammen, w a n n nun die Gestalten in Leib und Blut Christi verwandelt sind. Muß man diesen Vorgang als einen langsamen Prozeß auffassen oder als im Jetzt geschehend? Nach dem Voraufgehenden ist unbedingt das Letztere anzunehmen. Denn eine zeitliche Entwicklung ist nur dort anzunehmen, wo der Zeitpunkt der Entwicklung eine gradmäßige Verstärkung oder Verminderung erfahren kann, wie das z. B. bei der Gesundheit der Fall ist; oder wo der Träger, in dem sich eine Entwicklung vollzieht, einen höheren oder niederen Grad der Empfänglichkeit oder Bereitschaft zur Aufnahme der neuen Bestimmtheit aufweisen kann. Bei der eucharistischen Wesensverwandlung kommt weder das eine noch das andere in Frage. Denn der Zielpunkt (terminus ad quem) ist hier die Substanz des Leibes oder Blutes Christi. Eine substantielle Form aber läßt, anders wie die Beschaffenheiten, ein gradmäßiges Mehr oder Weniger nicht zu. Sie ist da oder sie ist nicht da; aber sie kann nicht mehr oder weniger dasein, weil sie weder extensiv noch intensiv teilbar ist. Jede Veränderung der substantiellen Form wäre eine Wesensveränderung des Dinges. Die substantielle Form ist der elementarste Akt des Dinges, der als erster unmittelbar den Urstoff bestimmt. Sie ist deshalb auch bei substantiellen Umwandlungen innerhalb des natürlichen Bereiches im Augenblick da. Der erste Augenblick ihres Daseins ist deshalb zugleich der erste Augenblick des Nichtseins der vorhergehenden substantiellen Form, der also dieser Form äußerlich ist. Diesem Augenblick ging nicht ein letztes J e t z t des Seins der vorhergehenden substantiellen Form, sondern eine letzte Z e i t vorauf. Denn die Zeit entsteht ja nicht aus sich folgenden punktuellen Jetzt, sowenig wie aneinandergereihte Punkte eine Linie ergeben würden. Sondern zwischen den Augenblicken ist immer eine ,Zeit', wie zwischen den Punkten ein Ausgedehntes. Deshalb dauert die Brotsubstanz bis zu dem Augenblick, in dem die sakramentale Formel ausgesprochen und ihre Zeichenbedeutung vollendet ist. Dieser Augenblick selbst ist aber der Brotsubstanz schon ,äußerlich' als der erste Augenblick des Daseins der neuen Substanz des Leibes Christi (Zu 1). Im 8. Artikel faßt der hl. Thomas noch einmal die bisherige Lehre über die Wesensverwandlung zusammen, indem er sie mit den anderen Arten der Veränderung vergleicht und daraus den zutreffenden s p r a c h l i c h e n A u s d r u c k feststellt. Wir unterscheiden zunächst metaphysische und physische Veränderungen. Physische Veränderungen sind solche, die einen physischen Träger oder ein Subjekt voraussetzen, in dem sie geschehen und das unter den Veränderungen bleibt Da haben wir zunächst die akzidentelle Veränderung zu einem
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akzidentellen Anderssein wie beim Marmor die Veränderung der Gestalt. Der Marmor bleibt unter der Veränderung bestehen. Schon tiefer in das Sein greift dann die substantielle Veränderung zu einem substantiellen Anderssein, wie aus Wasser Wasserstoff und Sauerstoff entstehen können. Aber auch bei dieser Veränderung bleibt ein Gemeinsames, der Urstoff. Es wird also auch hier nicht das Sein als Sein in seinem ganzen Umfang durch die Veränderung betroffen. Wo dieses Letztere der Fall ist, sprechen wir von einer m e t a p h y s i s c h e n V e r ä n d e r u n g . Eine solche ist vor allem die S c h ö p f u n g , weil das Wesen der Schöpfung ja darin besteht, daß das Sein als solches hervorgerufen wird, ohne daß irgendeine physische Möglichkeit, wie z. B. beim Kneten der Lehm, vorausgesetzt wird, aus der etwa das neue Sein entwickelt würde. — Zu diesen metaphysischen Veränderungen gehört nun offenbar auch die W e s e n s v e r w a n d l u n g , weil sie auf das ganze Sein geht. Trotzdem kann sie nicht als Schöpfung bezeichnet werden, weil bei der Schöpfung nicht ein Ding in das andere ü b e r g e h t , da bei ihr dem Sein nur das Nichts vorhergeht'. Aber auch von der physischen Veränderung ist die Wesensverwandlung verschieden, weil die ganze Substanz von ihr ergriffen wird. Deshalb kann man sie nicht einfachhin als ,Verwandlung' bezeichnen, sondern man muß ,Umsubstanzung' oder Wesensverwandlung sagen. Aus diesen Unterscheidungen wird auch die anzuwendende Redeweise leicht verständlich. Zusammenfassung Rückblickend und zusammenfassend können wir sagen, daß die Wesensverwandlung vor allem nicht verwechselt werden darf mit einem örtlichen Kommen Christi von ,der Rechten des Vaters' in Brot und Wein auf unsere Altäre. Die eucharistische Wesensverwandlung ist nicht eine Ortsbewegung, sondern eine Veränderung, die mit der S u b s t a n z des Brotes, bzw. des Weines im Hinblick auf die S u b s t a n z des Leibes und Blutes Christi vor sich geht. Das ganze substantielle Sein des Brotes wird verwandelt in das substantielle Sein des Leibes Christi. Dabei müssen wir wieder die falsche Vorstellung abweisen, als ob die Substanz des Brotes V e r n i c h t e t und an ihre Stelle die Substanz des Leibes Christi gebracht würde (per ,adductionem'). Es handelt sich nicht um ein zeitliches Aufeinanderfolgen der beiden substantiellen Wirklichkeiten an einem Orte. Das wäre keine V e r w a n d l u n g . Das Wesen der Verwandlung, im allgemeinen genommen, besteht darin, daß das Entstehen der neuen Wirklichkeit geschieht i n i n n e r e r A b h ä n g i g k e i t von dem Verschwinden der alten. Bei den physischen Substanzverwandlungen in der Natur kommt diese innere Abhängigkeit dadurch zustande, daß die Verwandlung in einem gemeinsamen Träger, dem Urstoffe, geschieht, der durch die ,dispositiones praeviae', die durch wirkursächlichen Einfluß in ihm hervorge-
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bracht werden, seinsmäßig hingeordnet wird auf die Aufnahme einer neuen substantiellen Form in den ,dispositiones proximae'. Das Geheimnis der Transsubstantiation besteht nun darin, daß das Verschwinden der Brotsubstanz in innerer Abhängigkeit zum Gegenwärtigwerden des Leibes Christi steht, ohne daß ein gemeinsamer ,Stoff' vorhanden wäre, der zwischen beiden gleichsam die Brücke bildete. Hier erscheint der rein übernatürliche Charakter der Transsubstantiation, insofern sie unmittelbar von der Allmacht Gottes hervorgebracht wird, der allein als Schöpfer die Gewalt über das g a n z e Sein der Naturdinge besitzt. Da die Naturdinge, als geschaffene, ihr Sein nicht aus sich selbst haben und es deshalb auch nicht mit innerer metaphysischer Notwendigkeit besitzen, bietet ihr Sein dem schöpferischen Wirken Gottes die passive Möglichkeit, es in ein s c h l e c h t h i n anderes Sein zu überführen. Die „Brücke" bei dieser radikalen Veränderung ist nicht eine physische, nämlich der Urstoff, sondern eine metaphysische, das geschöpfliche Sein als solches, in seiner relativen Z u fälligkeit' (Kontingenz) als empfangenes Sein oder m. a. W. als aus Wesen und Dasein real zusammengesetztes Sein. Der hl. Thomas bezeichnet es als die communis natura entis (Art. 4 Zu 3). Auf Grund dieser metaphysischen Passivität des geschöpflichen Seins kann die Allmacht Gottes, die das geschöpfliche Sein bis in seine innerste Struktur hinein erreicht, dem, was jetzt noch Brot ist, das Brotsein nehmen, damit es, als Sein, zum Sein des Leibes Christi wird, so daß das, was Brot war, der Leib Christi ist, und man also sagen kann, daß der Leib Christi a u s dem Brote geworden ist.
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76. F R A G E ÜBER DIE SAKRAMENTALE DASEINSWEISE DER EUCHARISTIE
CHRISTI IN
„Wenn jemand leugnen wollte, daß in dem hochwürdigen Sakramente der Eucharistie unter jeder der Gestalten und unter den einzelnen Teilen einer jeden nach der Teilung der g a n z e Christus enthalten sei, so sei er im Bann!" Mit diesen Worten hat das Trienter Konzil die vom hl. Thomas in dieser Frage dargelegte Lehre definiert (sess. X I I I , can. 3). Der g a n z e Christus, Sein Leib, Blut, Seele, Gottheit, ist in diesem Sakramente gegenwärtig. Das ist ein Glaubenssatz, der im kirchlichen Bewußtsein aller Zeiten lebendig war. Stets wurde die hl. Eucharistie als das Sakrament der Gegenwart des lebendigen Christus unter den Seinen gefeiert. So sagt es der hl. Ambrosius als Zeuge der Tradition: „In diesem Sakramente ist Christus" (1. Art., Anderseits). Indessen entstand diesem Glauben gewisse Schwierigkeit aus den Einsetzungsworten selbst, die nur von Leib und Blut des Erlösers, nicht von Seiner Person sprechen (vgl. für den geschichtlichen Verlauf Anm. [62]). J a , das starke Hervorheben der Gegenwart des ganzen Christus schien dem Verständnis des Sakramentes selbst nicht günstig. Es schien, als würde dadurch die Eucharistie eher eine geschichtliche Wiederholung der Menschwerdung als das sakramentale Opfer Christi. Durch das stärkere Vorwiegen der Vorstellung von der gegenwärtig werdenden P e r s o n Christi erfährt die eucharistische Frömmigkeit gewiß manche Antriebe. Aber auf der anderen Seite kann auch kein Zweifel darüber sein, daß dieselbe Vorstellung den sakramentalen Sinn der Eucharistie in den Hintergrund treten läßt. Die Gegenwart der Person Christi lädt ein zum vertrauten Zwiegespräch mit dem Heiland im Tabernakel und lenkt den Blick ab vom Sakrament Seines Sterbens und Auferstehens. Und in der Tat hat dieselbe Vorstellung im Bewußtsein vieler Gläubigen statt des Altares den Tabernakel zum eigentlichen Zentrum ihrer Frömmigkeit gemacht.
1—2. Die
ARTIKEL
natürliche
Mitfolg»
Die in der vorhergehenden Frage erörterte Lehre von der Transsubstantiation erlaubt es nun dem hl. Thomas, das eben angedeutete Problem so zu lösen, daß auf der einen Seite der ganzen Wirklichkeit Christi, wie sie in diesem Sakramente enthalten ist, kein Abbruch geschieht, und daß auf der anderen Seite auch der sakramentale Charakter nicht aufgehoben wird, nämlich durch die Lehre von der n a t ü r l i c h e n M i t f o l g e (naturalis concomitantia). Gemäß der Zeichenbedeutung der sakramentalen Form geht die Transsubstantiation unmittelbar auf die Gegenwärtigsetzung
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des Leibes Christi unter der Brotsgestalt und die des Blutes Christi unter der Gestalt des Weines, „Die Eucharistie ist das Sakrament des Leibes und des Blutes Christi; nichts mehr und nichts weniger" (Vonier a. a. 0 . S. 158). Doch man muß auch betonen: das S a k r a m e n t des Leibes und Blutes Christi. Man darf die Konsekration der beiden Gestalten nicht so verstehen, als ob sie das natürliche, physische Sein Christi in Leib und Blut zertrennten. Dann hätte Christus bei der Einsetzung der Eucharistie sich selbst getötet, da Er noch nicht die Unsterblichkeit besaß (vgl. Héris, Le mystère du Christ, S. 353). Die Transsubstantiation betrifft die Substanz der Elemente, aber sie verändert nicht das natürliche Sein Christi. Leib und Blut Christi auf dem Altare sind also Leib und Blut Christi, wie sie jetzt im Himmel sind, und sind deshalb nicht getrennt von dem, was im Himmel mit ihnen natürlich verbunden ist, nämlich dem ganzen verklärten Christus. Aber demgegenüber bleibt es nicht weniger wahr, daß kraft der Wandlungsworte unter der Gestalt des Brotes unmittelbar nur die Substanz des Leibes Christi gegenwärtig ist, während die Gottheit Christi und Seine Seele (Art. 1 Zu 1), sowie auch das Blut Christi, nur „auf Grund jener naturgemäßen Verknüpfung und Mitfolge, durch welche die Teile' Christi, des Herrn, der bereits von den Toten auferstanden ist und nicht mehr sterben kann, untereinander verbunden sind", wie das Trienter Konzil sich ausdrückt (sess. X I I I , can. 3 : Dz 876). Diese Unterscheidung von ,kraft der Konsekrationsworte', bzw. ,kraft der Wesensverwandlung', bzw. ,kraft des Sakramentes' und ,auf Grund der naturgemäßen Mitfolge' ist für die Lehre von der Eucharistie von grundlegender Bedeutung. Durch sie wird die sakramentale Sphäre deutlich abgegrenzt von den verschiedenen akzidentellen Zuständlichkeiten, wie Sterblichkeit und Herrlichkeit, in denen Christus sich befindet. Ob Christus in seiner historischen Wirklichkeit als sterblicher Mensch beim hl. Abendmahl das Sakrament vollzog, ob er jetzt im Himmel als Verklärter weilt, das Sakrament als solches bleibt davon unberührt (vgl. Fr. 81, Art. 3 Zu 3). Wenn also im 2. Artikel dieser Frage festgestellt wird, daß der ganze Christus auch unter jeder der beiden Gestalten gegenwärtig sei, so darf uns das doch nicht zu der falschen Meinung verleiten, es sei eine der beiden Gestalten überflüssig (1. Einw.). Denn die Konsekrationsworte begründen eine sakramentale, aber doch reale Trennung von Leib und Blut Christi unter den Gestalten von Brot und Wein. Sakramental ist diese Trennung, insofern sie nicht die natürliche Seinsweise Christi berührt, die Er in sich selbst hat. Trotzdem ist sie eine r e a l e Trennung von Leib und Blut in der sakramentalen Ordnung, insofern der ganze Christus unter der Brotsgestalt gegenwärtig ist mittels Seines Leibes, unter der Gestalt des Weines aber mittels Seines Blutes. Die Tatsache, daß unter der Brotsgestalt kraft des Sakramentes n u r der Leib, unter der des Weines aber nur das Blut Christi ist, begründet ein verschiedenes S e i n s v e r h ä l t n i s Christi zum Brote und zum Weine. „Für Christus ist es nicht dasselbe:
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an sich sein und sein im Sakramente, denn indem wir sagen, Er ist im Sakrament, bezeichnen wir ein bestimmtes Verhältnis zum Sakrament" (Art. 6 Antw.). Deshalb ist die Trennung der Gestalten, auch wenn sich unter jeder von ihnen der ganze Christus befindet, für die sakramentale Seinsweise Christi wesentlich, und es bedeutet n i c h t dasselbe, ob unter der Brotsgestalt kraft des Sakramentes nur der Leib Christi, das Blut aber nur auf Grund naturgemäßer Mitfolge, unter der Gestalt des Weines dagegen kraft des Sakramentes nur das Blut Christi, der Leib aber nur auf Grund natürlicher Mitfolge ist. Wenn es also (Zu 1) heißt, diese Trennung der Gestalten stelle das Leiden Christi dar, in dem Leib und Blut voneinander getrennt waren, weshalb auch in der Konsekrationsformel des Blutes sein Vergossenwerden erwähnt werde, so dürfen wir dabei nicht an eine rein bildliche, äußerlich in den getrennten Gestalten zum Ausdruck kommende Darstellung denken, sondern an eine sakramentale, in der Symbol und Wirklichkeit aufs engste miteinander verbunden sind, insofern der verklärte Leib und das verklärte Blut Christi kraft der sakramentalen Worte getrennt gegenwärtig werden. „Es ist Christus selbst, der durch Seine sakramentale Daseinsweise in ganz besonderer Art den Tod, in dem Er sich am Kreuze Seinem himmlischen Vater geopfert hat, wiederhinstellt" (Heris, Le mystere du Christ, S. 355). Die sakramentale Darstellung des Leidens bezieht sich nicht nur auf das ,Nur-Zeichen', sondern auch auf das ,Sache und Zeichen' dieses Sakramentes, so daß die Eucharistie das vollkommene Sakrament des Leidens des Herrn ist, weil es den Christus passus selbst enthält. (Fr. 73, Art. 4 Zu 2.) 3 . - 4 . ARTIKEL D i e D a s e i n s w e i s e d e s e u c h a r is ti s c h e n C h r i s t u s „nach Art der Substanz" Nachdem im 1. Artikel festgestellt war, daß der ganze Christus im Sakrament sei, und im 2. Artikel, daß der ganze Christus unter jeder Gestalt sei, wird im 3. Artikel die weitere Folgerung gezogen, daß der ganze Christus in jedem Teil der Gestalten gegenwärtig sei. Eine Folgerung ist das insofern, als Thomas zum Beweise nur auf das in den vorangehenden Artikeln ausgesprochene Prinzip zu verweisen braucht, daß kraft des Sakramentes nur die Substanz des Leibes Christi gegenwärtig ist. Die Seinsweise Christi in diesem Sakrament ist also die Seinsweise der Substanz. Wir müssen aber unser Denken, wollen wir die Substanz recht begreifen, von allen sinnlichen Vorstellungen reinigen. Wir dürfen nicht meinen, die Substanz befinde sich unter der Hülle der Akzidentien etwa wie der Kern in der Schale. Die Substanz ist nur dem Verstände erkennbar. Dieser erkennt die mit den Sinnen wahrnehmbaren Eigenschaften eines Körpers als relativ. Sie wechseln, während etwas ,Tieferes' bleibt. Die Eigenschaften setzen
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einen Träger voraus, in dem sie sein können. Farbe ist immer die Farbe von etwas, Größe ist die Größe von etwas. Absolute Größe, absolute Farbe gibt es nicht. Sie können nur a n etwas sein. Sie setzen also etwas voraus, das in sich ist und durch das sie sind: die Substanz. Diese i s t nun in sich nicht mehr Farbe oder Größe oder Ausdehnung usw., sondern sie h a t Farbe, Größe, Ausdehnung, ohne mit ihnen identisch zu sein. Deshalb kann man von einer Substanz, die Ausdehnung besitzt, nicht sagen, daß sie unter dieser Eigenschaft der Ausdehnung selbst auf ausgedehnte Weise sei, so daß etwa dem Neben- und Auseinander der Ausdehnung ein Nebenund Auseinander der Substanz entspräche. Nein, „die Natur der Substanz geht aller räumlichen Ausdehnung voran" (Zu 2), sie ist deren Seinsgrund. Deshalb ist sie g a n z unter jedem Teil der Ausdehnung, unter der sie enthalten ist (vgl. dazu auch Gredt, Die aristotelisch-thomistische Philosophie, I, 164 fl.). Wenn nun in der Eucharistie das Sakrament unmittelbar auf die Gegenwart Christi der S u b s t a n z des Leibes, bzw. Blutes nach zielt, so ist Christus hier auf die Weise der Substanz, d. h. er ist ganz unter jedem Teile der Gestalten. Daraus ergibt sich aber sofort die andere Frage: Wenn der ganze Leib Christi unter jedem Teile der geweihten Hostie sich befindet, ist offenbar die Substanz des Leibes o h n e die räumliche Ausdehnung in diesem Sakramente (Art. 4, 1. Einw.), vor allem, da ja die räumliche Ausdehnung der Gestalten bleibt (3. Einw.). Der hl. Thomas antwortet darauf, daß nicht die Substanz ohne die körperliche Ausdehnung in der Eucharistie sei, sondern m i t ihr, aber so, daß die körperliche Ausdehnung in ihrer Seinsweise der Substanz folge. Die sakramentale Verwandlung zielt unmittelbar nur auf die S u b s t a n z des Leibes Christi, während die körperliche Ausdehnung nur wegen ihrer natürlichen Verbindung mit der Substanz mitfolgend gegenwärtig wird. Die Seinsweise des sakramentalen, eucharistischen Christus wird eben bestimmt, wie jedes andere Sein, durch das, was ihm a l s s o l c h e m zukommt, und das ist das Substanz-sein. Infolgedessen ist auch das sakramentale Vorhandensein' ein anderes als das natürliche. Während es bei diesem so ist, daß die Substanz mittels der räumlichen Ausdehnung vorhanden ist, kehrt sich bei dem ersteren die Reihenfolge um. Beim sakramentalen Christus ist die räumliche Ausdehnung mittels der Substanz vorhanden und also auf die Weise der Substanz gegenwärtig. 5.-6. Die Beziehung
ARTIKEL
des e u c h a r i s t i s c h e n zum Orte
Christus
Nach der allgemeinen Anschauung und dem gewöhnlichen Sprachgebrauch, den sich aber auch die offiziellen Äußerungen der Kirche zu eigen gemacht haben (vgl. Dz n. 878), ist der eucharistische Christus dort und nur dort zugegen, wo die sakramentalen Gestalten sind. Andererseits aber muß schon
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eine oberflächliche Betrachtung zu der Einsicht führen, daß Christus in diesem Sakramente nicht auf die gewöhnliche Art örtlich gegenwärtig ist. Denn die örtliche Gegenwart eines Körpers ist naturgemäß so auf einen bestimmten Ort im Raum eingeschränkt, daß er nicht zugleich an anderen Orten zugegen ist, mit anderen Worten, sie ist eine abschließende' (definitive). Der eucharistische Christus ist aber auf vielen Altären gegenwärtig. Weiter sind die innerlich von der Ausdehnung bestimmten Körper so im Orte gegenwärtig, daß ihre Oberfläche von der Innenfläche des umgebenden Ortes umschränkt wird (ubi circumscriptivum). Auch das kann bei dem eucharistischen Christus nicht der Fall sein, da die Ausdehnung des Brotes nicht Seine eigene ist. — Ferner schließen körperliche Gegenstände wegen ihrer Undurchdringlichkeit die Gegenwart eines anderen Körpers am gleichen Orte aus. Mit dem eucharistischen Christus ist aber gleichzeitig die Brotsgestalt gegenwärtig mit allen körperlichen Eigenschaften des Brotes. Christus besitzt also in diesem Sakramente weder eine örtliche Gegenwart im gewöhnlichen Sinne des Wortes (Art. 5), noch ist Er im gewöhnlichen Sinne der Bewegung oder Veränderung unterworfen (Art. 6). Der hl. Thomas hat soeben dem in der Eucharistie gegenwärtigen Christus Seine ganze räumliche Ausdehnung zugeschrieben. Hier spricht er Ihm aber die unmittelbare Beziehung zum Orte ab. Wie ist das zu verstehen? Durch die Wesensverwandlung geht die Substanz des Brotes in die Substanz des Leibes Christi über, diese tritt also in gewisser Beziehung an die Stelle von jener. Schon die Substanz des Brotes war unter der räumlichen Ausdehnung des Brotes selbst nicht auf räumliche Weise, sondern auf die Weise der Substanz, d. h. ganz unter dem Ganzen und ganz unter jedem Teile der räumlichen Ausdehnung. Immerhin aber war die räumliche Ausdehnung des Brotes ihr innerlich eigen, so daß sie durch ihre eigene räumliche Ausdehnung am Orte war. Der Substanz des Leibes Christi dagegen haftet die räumliche Ausdehnung des Brotes nicht innerlich an. Sie wird also nicht die dem Leibe Christi e i g e n e Ausdehnung. Dieser ist vielmehr unter ihr auf die Weise der Substanz gegenwärtig, so daß auch die dem Leibe Christi eigene Ausdehnung m i t t e l s d e r S u b s t a n z unter der Ausdehnung des Brotes gegenwärtig ist, also nicht auf örtliche Weise. Die unter der Brotsgestalt gegenwärtige Substanz des Leibes Christi ist also wohl ausgedehnt a n u n d f ü r s i c h , d. h. die Teile Christi haben unter der Brotsgestalt unter sich eine Ordnung, aber sie sind nicht ausgedehnt in bezug auf den von der Ausdehnung des Brotes (bzw. Weines) bezeichneten Ort. Um das zu verstehen, muß man vor Augen haben, daß die Gegenwart an einem Orte oder das Wo eine Eigenschaft der Ausdehnung und von dieser sachlich verschieden und trennbar ist. Die Ausdehnung ist grundlegend und wesentlich die Ordnung des Nebeneinander der Teile i m G a n z e n d e r K ö r p e r s u b s t a n z . Daraus ergibt sich dann, daß sie diese Teile auch i m O r t e ordnet, d. h. in bezug auf die unmittelbar um-
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gehende Ausdehnung, von der jeder Körper umschlossen ist, wie z. B. der Fisch von der Oberfläche des ihn unmittelbar umgebenden Wassers. Das ist jedoch nicht das eigentliche Wesen der Ausdehnung, sondern eine Eigenschaft der Ausdehnung, die nicht vorhanden ist, wenn keine andere umgebende Ausdehnung da ist, wie z. B. das Weltall als Ganzes genommen sich nicht an einem Orte befindet. Während jedoch in diesem Falle das ,Sein im Orte' oder die Ordnung der Teile im Orte auf n a t ü r l i c h e Weise nicht vorhanden ist, weil es keine anderen Ausdehnungen gibt, zu denen das Weltall als Ganzes eine bestimmte Stellung der Nähe oder Entfernung haben könnte, fehlt es in der Eucharistie auf ü b e r n a t ü r l i c h e Weise. Die natürliche Trennbarkeit von Ausdehnung und Stellung im Orte beweist jedoch, daß die übernatürliche Trennung beider in der Eucharistie nicht einen inneren Widerspruch darstellt. Das ,Am-Orte-sein' wird zur Eigenschaft durch die Beziehung auf ein äußeres Umgebendes. Darum braucht Christus nicht in diesem Sakramente zu sein wie an einem Orte (Zu 3). Aus der Tatsache, daß der eucharistische Christus jedenfalls nicht außerhalb des Umfanges der eucharistischen Gestalten sich befindet und auch an keinem anderen Teile des Altares gegenwärtig ist als dort, wo die sakramentalen Gestalten sind, folgern viele neuere Theologen, daß man doch von einer örtlichen Gegenwart des eucharistischen Christus sprechen müsse (vgl. Fr. Schmid, Ist die eucharistische Gegenwart eine örtliche? in ZkTh 27 [1903], 429—454; und: Weitere Erörterungen über die eucharistische Gegenwart, in ZkTh 28 [1904], 486—518). All diese Versuche beruhen auf falschen Phantasiebildern. In Wahrheit ist das sakramentale ,Am-Orte-sein' des eucharistischen Christus (das ,ubi eucharisticum') von dem natürlichen ,Am-Orte-sein' ganz verschieden und besteht in der nicht-örtlichen Vereinigung des Leibes Christi mit der Ausdehnung des Brotes, die dem Leibe Christi äußerlich bleibt. Dadurch, daß der Leib Christi, der örtlich im Himmel ist, durch die Wesensverwandlung zugleich aus diesem Brote (ex pane) ist, ist er durch innere Wesensbeziehung der Ausdehnung des Brotes nicht-örtlich gegenwärtig. Der eucharistische Christus ist durch die Wesensverwandlung wesentlich jeweils der Christus aus und unter diesem Brote (Zu 1; vgl. Gredt, Elementa philosophiae aristotelico-thomisticae 8 I 265/266). Nichts wäre also verkehrter als die Gegenwart Christi unter den Gestalten so aufzufassen, als seien diese wie eine dünne Hülle, die über den Leib Christi gelegt sei (Zu 2). Da Christus unter den Gestalten von Brot und Wein nichtörtlich gegenwärtig ist, so ist Christus auch nicht auf b e w e g l i c h e oder veränderliche Weise in diesem Sakramente (Art. 6). Denn wenn Er nicht-örtlich zugegen ist, kann Er auch nicht Seinen Ort v e r ä n d e r n , ebensowenig wie Er innere Veränderungen erleiden kann durch innere oder qualitative Veränderungen der Gestalten. Wenn der hl. Thomas davon spricht, daß Christus ,per accidens' bewegt werde auf die Bewegung der Gestalten hin, unter
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denen Er sii;h befindet, so ist zu beachten, daß diese Bewegung nicht etwa jener zu vergleichen ist, mit der ein im Wagen sitzender Mensch ,per accidens' bewegt wird. Denn dieser hat tatsächlich an der Bewegung des Wagens innerlich teil. Nicht so der eucharistische Christus. Sein ,Bewegtsein per accidens' ist vielmehr dem eines Engels zu vergleichen, der auf Grund seiner Wirksamkeit in einem Körper gegenwärtig ist und nun durch die Bewegung des Körpers zwar in keiner Weise innerlich bestimmt wird, so daß ihm etwa der Schwung mitgeteilt würde, mit dem der Körper sich bewegt, wie das bei dem im Wagen sitzenden Menschen der Fall ist, sondern der nur durch die Ortsveränderung des Körpers eine neue, rein äußerliche Gegenwartsbeziehung erhält. Ebenso hört auch der eucharistische Christus beim Vergehen der sakramentalen Gestalten auf zu sein, ohne eine innere Veränderung zu erfahren. Der hl. Thomas erläutert das durch den Vergleich mit der Gegenwart Gottes in den geschöpflichen Dingen. Auch f ü r Gott ist das ,In-sich-sein' und das ,Im-Geschöpf-sein' nicht dasselbe. Das ,Im-Geschöpf-sein' bedeutet nur ein bestimmtes Verhältnis zum Geschöpf. Deshalb kann von beiden Seinsweisen Entgegengesetztes richtig sein. Gott ist nämlich ewig, aber in der Kreatur ist Er nicht von Ewigkeit her. Er kann in sich nicht aufhören zu sein, wohl aber im Geschöpf. So ist auch bei Christus das ,In-sich-sein' und das ,Sein im Sakrament' nicht dasselbe. Letzteres bedeutet nur ein bestimmtes Verhältnis zur Ausdehnung eines anderen in Christus Verwandelten. Deshalb beginnt und endigt die sakramentale Gegenwart Christi ohne innere Veränderung Christi. Darin — und nur darin! — liegt auch die Ähnlichkeit mit Gott, insofern Er in sich unbewegt bleibt bei beginnender und wieder endender Gegenwart in den Geschöpfen. Die Ursache dafür ist bei Gott die ganz reine göttliche Wirklichkeit (actus purus), die die Geschöpfe schafft und erhält nach ihren eigenen Gesetzen, ohne dadurch selbst an Seinswirklichkeit zu gewinnen oder zu verlieren. Beim eucharistischen Christus dagegen ist es so, weil der Grund für Sein Gegenwärtigwerden oder Verschwinden nicht in Ihm liegt, sondern einzig in dem Dasein oder Verschwinden der Ihm nicht innerlich zugehörenden Ausdehnung der in Ihn verwandelten Brot- oder Weinsubstanz.
Die
7 . - 8 . ARTIKEL Wahrnehmbarkeit Christi Sakramente
im
Nach der Weise, wie Christus in diesem Sakramente i s t, richtet sich auch die Weise, wie Er in ihm e r k a n n t wird (Art. 7). Da aber zu jeder sinnlichen Erkenntnis ein gewisser Kontakt mit den sinnlich wahrnehmbaren Eigenschaften eines Dinges notwendig gehört, so kann der eucharistische Christus in keiner Weise sinnlich wahrgenommen werden, weil Er ja nicht durch Seine eigenen Eigenschaften, sondern nur durch
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die Gestalten von Brot und Wein mit Seiner Umgebung in Berührung steht. Unter diesen aber ist Er auf die Weise der Substanz. Die Substanz aber kann nur mit dem Verstände erkannt werden, der allein das S e i n eines Dinges erkennt. Aber auch der natürliche Verstand des Menschen oder der Engel reicht zu dieser Erkenntnis nicht aus, sondern allein der Glaube, weil ja Christus auf ganz übernatürliche Weise in der Eucharistie gegenwärtig ist. Gegen diese Aufstellungen sprechen auch die e u c h a r i s t i schen Verwandlungswunder nicht, die entweder durch subjektive Veränderung der Sinne oder durch objektive wunderbare Veränderungen an den eucharistischen Gestalten erklärt werden können, ohne daß wirkliches Fleisch und Blut Christi durch solches Wunder gegenwärtig wird. Trotzdem kann von einer ,Täuschung' nicht geredet werden, da durch solche Wunder nur die Wahrheit der Gegenwart Christi im Sakramente verdeutlicht werden soll (vgl. P. Browe, Die scholastische Theorie der eucharistischen Verwandlungswunder, Tüb. Theol. Qu. 110 [1929], 3 0 5 - 3 3 2 ) .
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77.
FRAGE
VON DEN E I G E N S C H A F T E N , D I E IN D I E S E M S A K R A M E N T E ZURÜCKBLEIBEN Das spekulativ schwierigste Problem, das sich aus der Anwendung aristotelischer Kategorien auf die Eucharistie ergibt, ist zweifellos die Erklärung der Seinsweise der zurückbleibenden Akzidentien. Deshalb widmet Thomas ihm eine eigene Frage, in der er zunächst das S e i n der zurückbleibenden Akzidentien erklärt (Art. 1 u. 2), dann ihr W i r k e n (Art. 3) und schließlich vor allem die mit ihrer Z e r s e t z u n g zusammenhängenden Fragen behandelt (Art. 4 bis 8). 1.—2. Das
Sein
der
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eu ch a r ist isch e n
Akzidentien
Es ist leicht einzusehen, daß die Substanz von ihren Akzidentien real unterschieden ist. Denn die einfachste Beobachtung, vor allem unserer selbst, lehrt uns, daß, auch wenn die Substanz, z. B. das eigene Ich, dieselbe bleibt, doch gewisse Beschaffenheiten, z. B. Denk- oder Willensakte, sich ändern. Eine andere F r a g e aber ist es, ob diese wirkliche Unterschiedenheit auch eine T r e n n b a r k e i t zuläßt. Aristoteles hatte diese Frage entschieden verneint (vgl. P. Sedlmayr O. S . B., Die Lehre des hl. Thomas von den accidentia sine subiecto remanentia untersucht auf ihren Einklang mit der aristotelischen Philosophie, in: Divus Thomas, Frib., 3. Serie, 12 [1934], 315—326). Das Akzidens ist eben seinem Wesen nach unselbständig. Es ist Sein an einem andern, kann also ohne einen Träger nicht existieren. Trotzdem besteht keine innere Unmöglichkeit oder logischer Widerspruch für eine ü b e r n a t ü r l i c h e Trennung des Akzidens von seiner Substanz, weil in der Wesensbestimmung des Akzidens nur der A n s p r u c h auf das aktuelle Sein in der Substanz eingeschlossen ist, nicht aber das a k t u e l l e Sein in der Substanz selbst. Denn wenn Substanz und Akzidens gemäß ihrer realen Unterschiedenheit j e eine eigene abgeschlossene Wesenheit haben, kann das aktuelle ,Sein-in-der-Substanz' unmöglich zum Wesen des Akzidens gehören. Außerdem ist in der Begriffsbestimmung stets nur das W e s e n einer Sache eingeschlossen, das Dasein aber nicht, weil bei allem geschaffenen Sein das Dasein nicht ein Wesensprädikat ist. Die rechte Begriffsbestimmung des Akzidens also muß lauten: „ein Sein, dem es seiner Natur nach zukommt, in einem andern zu sein." Diese transzendentale Hinordnung darauf, in einem andern zu sein, bleibt auch in den übernatürlicherweise von ihrer Substanz getrennten eucharistischen Akzidentien bestehen, so daß bei ihnen die Definition des Akzidens gewahrt bleibt. 1 Die getrennten Akzidentien hängen nun nicht in l Wenn Thomas sagt, übernatürlicherweise von er damit nicht, daß das bei jenen, die nicht E i g
daß Eigenschaften ohne logischen Widerspruch ihren Trägern getrennt sein können, so meint bei jeder Eigenschalt möglich sei, sondern nur e n t ü m l i c h k e i t e n des Trägers sind, d. h.
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der Luft, wie im Mittelalter einige annahmen (vgl. Anm.'[74a]), noch sind sie in Gott als ihrem substantiellen Träger, da das Sein Gottes wegen seiner Vollkommenheit nicht von den Akzidentien bestimmt werden kann. Sie sind aber auch nicht für sich positiv, d. h. aus eigener Kraft, denn dann wären sie keine Akzidentien mehr, sondern Substanzen. Vielmehr erhält Gott sie unmittelbar durch wirkursächlichen Einfluß im Dasein. Denn als Erstursache alles Geschaffenen kann Er alles das unmittelbar durch sich selbst bewirken, was im gewöhnlichen Lauf der Natur durch die geschöpflichen Zweitursachen, in unserm Fall durch die Substanz des Brotes, bzw. Weines bewirkt wird (vgl. Gredt, Die aristotelisch-thomistische Philosophie, II, 123 f.). Betrachtet man die Akzidentien nach dem Verhältnis, in dem sie zueinander stehen, so kann man unter ihnen eine bestimmte Ordnung feststellen. Denn die Farbe, Gestalt, Härte, Geschmack usw., die wir an den sakramentalen Gestalten wahrnehmen, haften der Substanz nicht unmittelbar an, sondern vermittels der Ausdehnung, da sie alle die Ausdehnung voraussetzen. Die Ausdehnung ist das grundlegendste Akzidens der körperlichen Substanz, die ihrer Natur nach die Ausdehnung unmittelbar fordert, wenn sie auch nicht mit ihr identisch ist (vgl. Gredt a. a. O., Bd. I, 164/171). Nachdem also die Substanz verwandelt ist, bleiben die übrigen Akzidentien in der Ausdehnung als ihrem Träger. Die Ausdehnung ist aber vor allen anderen Akzidentien geeignet, Träger der übrigen Eigenschaften zu sein, weil sie aus ihrer Natur heraus eine Weise der Vereinzelung hat und deshalb als Träger auch Grund der Vereinzelung der übrigen Eigenschaften sein kann. Während z. B. das Weiße nur dann individuiert ist, wenn es an einem Ausgedehnten, z. B. an dieser Wand ist, besagt die Ausdehnung aus ihrem Wesen heraus Teile, die durch die bloße Stellung schon der Zahl nach voneinander unterschieden sind, da ihr Wesen „Ordnung des Auseinander der Teile im Ganzen" ist. Man kann also nicht mehrere ,Weiß' voneinander verschieden denken, ohne verschiedene Ausdehnungen hinzuzudenken. Wohl aber sind in der Ordnung der Ausdehnung die Teile der Linien, Flächen oder Körper durch die bloße Lage voneinander verschieden (vgl. S. c. Gent., IV, 64; QuodL, VII, a. 10; Gredt a. a. 0., I, 245/246). 3.-8. Das
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W i r k e n der e u c h a r i s t i s c h e n Eigenschaften und i h r e Zersetzung
Man hat häufig gegen die Transsubstantiationslehre den Einwand erhoben, daß eine ihrer Substanz beraubte Hostie doch nicht mehr schwer sein, nicht mehr Lichtwellen reflektieren, die sich nicht notwendigerweise aus dem Wesen des Trägers ergeben wie etwa die Fähigkeiten aus der Seele. Der Vergleich von 4 Sent., d. 10, a. 2, qa 3 Zu 3 mit Quodl. 8, 5 Zu 1 einerseits, mit 8 Phys., lect. 21; I—II 51, 1 Antw. und Pot. 9, 9 Zu 2 anderseits zeigt, daß sich Thomas dieses Unterschiedes wohl bewußt ist.
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überhaupt keine reale Wirksamkeit nach außen mehr ausüben könne (vgl. J. Ternus, „Dogmatische Physik" in der Lehre vom Altarssakrament? in: Stimmen der Zeit, 67. Jahrg. [1937], S. 221 ff.). Solche Schwierigkeiten lassen sich jedoch nur erheben von einem Substanzbegriff aus, der ,Substanz' und .Masse' verwechselt. Sobald man aber ,Substanz' streng metaphysisch faßt als den überempirischen Seinsgrund der Eigenschaften, versteht man auch, daß Substanz nicht an sich selber ,schwer' ist, sondern kraft ihrer Eigenschaft ,Schwere' hat, wie sie auch nicht an sich selbst weiß oder grün oder blau ist, sondern durch die weiße oder grüne oder blaue Farbe als Eigenschaft. Wenn also die von ihrer Substanz getrennten eucharistischen Eigenschaften durch die göttliche Wirkursächlichkeit in demselben Sein erhalten werden, das sie durch ihre Substanz empfangen hatten, so kann auch in ihrem Wirken keine Veränderung eintreten. Die verwandelte Hostie ist ebenso schwer wie die nichtverwandelte, weil die Eigenschaft der Schwere bleibt. Aber auch auf substantielle Veränderungen kann sich das Wirken der Akzidentien erstrecken, da sie solche Veränderungen nicht als A k z i d e n t i e n bewirken, sondern als Quasi-Werkzeuge der Substanz. Alles, was ihnen damit gegeben war, bleibt ihnen aber auch nach der Wandlung durch die göttliche Macht erhalten (Art. 3 Zu 3). Weil die Akzidentien ihr natürliches Sein behalten, können sie auch der Z e r s e t z u n g verfallen. Sobald diese Zersetzung so weit geht, daß die den Akzidentien eigene Substanz des Brotes oder Weines nicht bleiben würde, hört auch der Leib und das Blut Christi auf, unter den sakramentalen Gestalten zu existieren (Art. 4). Die größte Schwierigkeit in dieser ganzen Frage besteht in der Erklärung, wie aus den zurückbleibenden Akzidentien eine neue Substanz entstehen kann. An der Tatsache selbst kann nicht gezweifelt werden, und die Auffassung eines Guitrnund von Aversa oder eines Alger von Lüttich, daß die sakramentalen Gestalten nur dem A n s c h e i n nach, nicht aber in Wirklichkeit der Verdauung oder anderen substantiellen Umwandlungsprozessen unterlägen, wird heute von den Theologen allgemein abgelehnt (vgl. D. Th. C. 5, 2, 1368—1452). Die Schwierigkeit f ü r die Erklärung liegt darin, daß keine substantielle Umwandlung vor sich gehen kann, ohne daß ein substantielles Prinzip, nämlich der Urstofl, der vergehenden wie der neu entstehenden Substanz gemeinsam ist (vgl. Gredt a. a. 0., Bd. I, 236 ff.). Die eucharistischen Akzidentien existieren jedoch ohne Urstoff und ohne substantielle Form. Auf der anderen Seite kann nicht angenommen werden, daß die Substanz, die durch die Zersetzung der Spezies entsteht, aus dem unter ihnen gegenwärtigen Leibe Christi selbst hervorgehe. Im frühen Mittelalter konnten die Gegner Berengars bei aller Ablehnung des sog. ,Sterkoranismus' (vgl. z. B. Alger von Lüttich, De sacramento, lib. 2, cap. 1: PL 180, 807 ff.) doch das Problem nicht lösen. Nach allem, was oben (vgl. Fr. 76, Art. 6) über die Art der eucharistischen Gegenwart gesagt ist, ist es klar, daß von einer Zersetzung des Leibes
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Christi in der Eucharistie nicht die Rede sein kann. Daß bei der Zersetzung der Gestalten dasselbe aus ihnen entsteht, was auch entstehen würde, wenn keine Wesensverwandlung stattgefunden hätte, ergibt der tatsächliche Befund. Wie das sein kann, ist schwer zu sehen, wie der hl. Thomas hier sagt (Art. 5 Antw.). Deshalb hält er auch verschiedene Erklärungsmöglichkeiten offen. Am gangbarsten scheint ihm der Weg, der kein neues oder gar mehrere neue Wunder außer der Wesensverwandlung fordert. Danach würden im Verlaufe der beschaffenheitlichen Veränderung dieselben Dispositionen für eine neue Substanz in die Gestalten eingeführt, die auch bei Anwesenheit der Brot- und Weinsubstanz entstünden, nur daß diese Dispositionen jetzt letzlich in der Quantität haften und nicht in der Materie. Ist der Augenblick gekommen, da die neue Substanz entsteht, so wird durch göttliche Macht ersetzt, was der zurückgebliebenen Quantität durch die Wesensverwandlung fehlt, nämlich der entsprechende Urstoff, sei es durch göttliche Schöpfung oder durch Verwandlung der Quantität in Urstoff. Das wäre insofern kein neues Wunder, als der Quantität infolge der Wesensverwandlung schon die Fähigkeit gegeben war, erster Träger aller zur Entstehung einer neuen Substanz führenden Dispositionen zu sein, so daß die Entstehung einer neuen Substanz ebenso natürlich gefordert wird, als wenn der Urstoff geblieben wäre (vgl. Billot, De ecclesiae sacramentis, S. 473 ff.; vgl. auch von Splawa-Neyman, Was wird aus den Gestalten von Brot und Wein in der heiligen Eucharistie? in: Theol. u. Glaube, XIII [1921], 284—290). Die beiden letzten Artikel (7—6) dieser Frage könnte man wohl als ,Scholien' zu den vorangehenden ansehen, insofern sie zwei Einzelhandlungen der Liturgie, die noch eine gewisse Schwierigkeit zu bieten scheinen oder früher geboten haben, im Lichte der vorher entwickelten Grundsätze betrachten: Das Brechen der Hostie und die Beimischung von unkonsekriertem Wein zum hl. Blut. Bezüglich des ersteren hatte Berengar unterschreiben müssen, daß der Leib Christi gebrochen werde. Das kann nach dem Vorausgehenden in einem physischen Sinn nicht gelten. Nur insofern, als die sakramentalen Gestalten Z e i c h e n des unter ihnen gegenwärtigen Leibes Christi sind, kann das, was an ihnen geschieht, metonymisch auch von ihm erklärt werden. Alles das aber, was den Gestalten als solchen außerhalb ihrer Zeichenfunktion zukommt, wie z. B. das Weißsein oder Rundsein, kann in keiner Weise vom Leibe Christi ausgesagt werden. Was die Vermischung des konsekrierten Weines mit anderen Flüssigkeiten angeht, so bietet sie ebenfalls keine besondere Schwierigkeit. Das Prinzip ist, daß bei einer Vermischung, die die eigene Substanz der Akzidentien der Art oder der numerischen Identität nach verändern würde, auch die sakramentale Gegenwart Christi aufhört.
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W ü r d i g u n g der L e h r e von Transsubstantiation.
der
Die Lehre von der Transsubstantiation ist bis zum heutigen Tage auch in der katholischen Kirche in verschiedener Beziehung umstritten geblieben. Abgesehen davon, daß die beiden großen Schulen des hl. Thomas und des Duns Scotus über die nähere Erklärung des Transsubstantiationsvorganges sich bisher nicht einigen konnten, fehlt es auch, vor allem in der neueren Zeit, nicht an Stimmen, die vom philosophischen und naturwissenschaftlichen Standpunkt aus die Transsubstantiationslehre als Überbleibsel einer überholten Physik bezeichnen. Zunächst ist klar, das die in den drei vorangehenden Fragen dargestellte Lehre nur eine theologische E r k l ä r u n g des Glaubensgutes^ nicht aber ein rationaler B e w e i s desselben oder der Glaube selbst sein will. Niemals ist der Glaube an ein bestimmtes philosophisches System und an die mit dessen Hilfe unternommene Erklärung gebunden. Das gilt auch von der Transsubstantiationslehre, obgleich in ihr die Berührung mit der aristotelischen Philosophie eine äußerst enge zu sein scheint. Aber auch wenn das Trienter Konzil sich gewisser philosophischer Ausdrücke bedient, die mit der Sprechweise des hl. Thomas eine auffallende Übereinstimmung aufweisen, 60 geht aus den Akten des Konzils doch eindeutig hervor, daß es in keiner Weise seine Absicht war, ein philosophisches System oder eine theologische Schulmeinung zu definieren. Der entscheidende Kanon lautet: „Wenn jemand behauptet, im allerheiligsten Sakramente der Eucharistie bleibe die Substanz des Brotes und des Weines zusammen mit dem Leibe und Blute unseres Herrn Jesus Christus, und leugnet jene wunderbare und einzigartige Verwandlung (conversionem) der ganzen Substanz des Brotes in den Leib und der ganzen Substanz des Weines in das Blut, doch so, daß die Gestalten (species) des Brotes und Weines bleiben, eine Verwandlung, die die katholische Kirche sehr passend ,Transsubstantiation' nennt, so sei er im Banne" (Dz. 884, sess. XIII, can. 2). Die Verwandtschaft mit Thomas (Fr. 75, Art. 4) ist unverkennbar. Die Kirche hat sich derjenigen Ausdrücke bedient, die in der damaligen Zeit am geeignetsten waren, ihre Gedanken auszudrücken. Sie nimmt aber die Ausdrücke nicht in ihrem technisch-philosophischen Sinne, sondern in ihrer dem allgemeinen Menschenverstände unmittelbar zugänglichen Bedeutung. ,Substanz' ist dann nichts anderes als der innere ,Kern' eines jeden Dinges, den die sinnliche Erfahrung nicht wahrnehmen kann, von dem unsere Vernunft uns aber sagt, daß er dasein muß als der letzte selbständige Seinsgrund eines jeden Dinges, als seine eigentliche Wirklichkeit. ,Gestalt' dagegen ist das den Sinnen Zugängliche, das ,Phänomen', die äußere Erscheinungsform des Dinges, alles das, was durch äußere Betrachtung und Experiment feststellbar ist. Das Dogma setzt voraus, daß ,Substanz' und ,Gestalt' nicht identisch sind, und sagt eine Veränderung der Substanz in dem Sinne aus, daß durch die Konsekration die innere Wirklichkeit des Brotes und Weines in die innere
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Wirklichkeit des Leibes und Blutes Christi verwandelt wird, aber so, daß die objektiven äußeren Eigenschaften, das Phänomen' des Brotes und Weines, bleiben, nicht als eine Täuschung, sondern in ihrem objektiven Sein. Damit sind alle jene Auffassungen der eucharistischen Verwandlung ausgeschlossen, die entweder nur eine d y n a m i s c h e Veränderung des Brotes und Weines lehren — etwa in dem Sinne, daß diese mit einer neuen, übernatürlichen K r a f t ausgestattet würden — oder die eine äußere Verbindung der Substanz des Brotes und des Weines mit dem Leibe und Blute Christi annehmen, etwa ein geheimnisvolles örtliches Zusammensein (vgl. oben S. 493) oder auch eine ,Assumption' des Brotes nach Analogie der hypostatischen Union. Das Grundanliegen der Transsubstantiationslehre ist nicht etwa, das Göttliche zu materialisieren und es für den Menschen ,habhaft' zu machen, sondern die Geschichte zeigt, daß die Klärung und Entwicklung der Lehre von der Transsubstantiation von dem Bestreben getragen werden, einerseits die Zeichenhaftigkeit des Sakraments und die Geistigkeit der Existenz Christi in diesem Sakramente zu wahren, ohne doch anderseits die Eucharistie der Subjektivität des Menschen auszuliefern, so daß sie aufhören würde, eine Gabe Gottes an die Menschen zu sein. Viele, wie z. B. Berengar, waren bei dem Versuche, die Eucharistie geistig zu erfassen, in einen Symbolismus geraten, der schließlich die veritas aufheben mußte. Manche seiner Gegner fielen in das entgegengesetzte Extrem und identifizierten den eucharistischen Leib Christi mit seiner figura, so daß sie diese aufhoben. Der Fehler war die mangelnde Unterscheidung zwischen letzterem und Eigenschaften. Zwischen ihnen ist die Transsubstantiationslehre nicht ein Kompromiß, sondern die höhere Mitte der göttlichen Wahrheit. Da nach ihr die S u b s t a n z des Brotes in die S u b s t a n z des Leibes Christi verwandelt wird, wird zunächst die volle objektive Realität des Sakramentes gewahrt, ohne daß es aber auf die Ebene roher Dinglichkeit hinabgezogen würde. Denn indem Christus nach der Weise der Substanz unter der Brotsgestalt gegenwärtig ist, existiert er in der Eucharistie nach der Weise des Geistes: ganz und unteilbar im Ganzen der Hostie und in jedem Teile derselben. Ja, indem der Leib Christi durch die Konsekration an unzähligen Orten gegenwärtig wird, nimmt er in gewisser Beziehung an der göttlichen Daseinsweise teil (vgl. oben S. 505). Damit ist ein alter Gedanke der kirchlichen Tradition gewahrt, den Alger von Lüttich in besonders kühner Weise ausgesprochen hat (De sacr., lib. I, cap. 14: PL 180, 782), daß der Träger des Mysteriums der verklärte Herr sei, dessen Fleisch, ohne der Substanz nach Gott zu sein, doch an göttlichen Prärogativen v i r t u e l l (nicht formell, wie Luther in seiner Lehre von der Ubiquität des Leibes Christi es will!) teilhabe. In falscher Weiterführung dieses Gedankens hatte man hie und da die reale Gegenwart im Sakrament allein dem Logos zugeschrieben, während der Leib Christi nur symbolisch durch Brot und Wein repräsentiert sei (vgl. z. B. M. M a t r o n o l a , Un testo inedito di Berengario
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de Tours..., in : Orbis Romanus, Biblioteca di testi medievali 6, Milano 1936; dazu jetzt G e i s e l m a n n , Ein neu entdecktes Werk Berengars von Tours über das Abendmahl? ThQ 118 (1937], S. 1—31). Die Lehre von der Transsubstantiation führt aus all diesen Schwierigkeiten heraus, indem sie mit der Existenzweise Christi in der Eucharistie nach Art eines Geistes die volle geschichtliche Wirklichkeit des Leibes Christi verbindet, ohne die objektive Realität des Phänomens von Brot und Wein aufzuheben. Das aber war stets die innere Tendenz des theologischen Nachdenkens über die eucharistische Gegenwart von den ersten Zeiten des Christentums an gewesen. Noch bedeutungsvoller ist die Transsubstantiationslehre für die Eucharistie als M i t t e l u n s e r e r E i n k ö r p e r u n g i n C h r i s t u s . Die Einheit des Leibes Christi ist stets der innere Sinn der Eucharistie gewesen (vgl. 1 Kor 10, 17). Wir werden aber nur dann wahrhaft ein Leib mit Christus, wenn Christus nicht nur m i t oder i n dem eucharistischen Brote ist, sondern „wenn die Substanz des Brotes, die ihrer Natur nach dazu angetan ist, in unseren Leib überzugehen, in den Leib Christi übergegangen ist, wenn Christus, in ihre Stelle eingetreten, sich so innig mit uns vereinigt, als wenn Er das Brot selbst w ä r e . . . Christus verwandelt die Nahrung unseres Leibes in Seinen Leib, um in ihr und durch sie unsern Leib selbst als einen Rebzweig in sich als Weinstock aufzunehmen" (Scheeben, Mysterien des Christentums, Mainz 1925, S. 471 bis 472; vgl. auch Fulton J. Sheen, The mystical Body of Christ, New York 1935, S. 358 ff.). In der Tat wird der unbedingte Liebeswille Gottes, der durch Christus die geschöpfliche Welt ergreifen und sie durch die Mitteilung göttlichen Lebens heiligen will, von neuem offenbar durch die Transsubstantiation, in der das innere Sein des Brotes ganz und gar verzehrt wird durch die weihende Gewalt des Geistes Gottes. Indem aber die Transsubstantiation die äußere Wirklichkeit des Brotes und Weines wahrhaft bestehen läßt, bleibt sie durchaus im Rahmen des S a k r a m e n t e s , wie es der Zeit v o r der letzten Offenbarung Christi entspricht, bleibt sie ein ,mysterium f i d e i', das zunächst die i n n e r e Umwandlung des Menschen in der Verborgenheit des Glaubens bewirkt. Schließlich erlaubt die klar gefaßte Transsubstantiationslehre dem hl. Thomas, Sakrament und Opfer in der Eucharistie aufs engste zu verbinden. Die Weihe des Sakramentes ist zugleich die Darstellung des Leidens Christi, wie sie oben S. 501 erklärt ist. Das ist ein Satz, den zwar Alexander Halensis bereits deutlich ausgesprochen hatte, der aber für die mittelalterliche Theologie vor Thomas durchaus keine Selbstverständlichkeit war. Erst die tiefere Einsicht in die Natur der Transsubstantiation erlaubt es dem hl. Thomas, in ihr die eigentliche sakramentale Wirklichkeit des Leidens Christi ausgedrückt zu sehen (vgl. unten zu Fr. 83, 1). Abschließend können wir sagen, daß die weitläufigen Spekulationen des Mittelalters über die Transsubstantiation und die damit zusammenhängenden philosophischen Fragen gewiß der Gefahr nicht immer entgangen sind, das eucharistische Myste33 30
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rium allzusehr der ratio auszuliefern. Der wesentliche Kern aber, wie er dann im Tridentinum definiert wurde, die Unterscheidung von äußerer und innerer Wirklichkeit in einer Weise, die jede Abschwächung der sakramentalen Wirklichkeit oder ihre Umbiegung ins Subjektive ein für allemal ausschloß, ohne doch das S a k r a m e n t aufzuheben, bedeutet die Lösung von Fragen, die in der ganzen Geschichte der Theologie lebendig waren und schon Gregor von Nyssa zu philosophischen Erklärungen der eucharistischen Verwandlung zwangen (vgl. Orat. catech., 37). — Die innere Unterscheidung von Substanz und Akzidens wird aber auch gegenüber aller naturwissenschaftlichen Forschung sich behaupten, da sie einem ganz anderen Erkenntnisbereich angehört und allein dem geistigen Erkennen zugänglich ist.
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78. F R A G E ÜBER DIE FORM DER EUCHARISTIE Nachdem in den vorhergehenden Fragen über den Stoß dieses Sakramentes und über das, was in ihm durch die Wandlung geschieht, gehandelt worden ist, geht Thomas nun zur Betrachtung der Form über. Dabei sind vor allem zwei Fragen zu lösen: worin die sakramentale Form besteht (Art. 1—3), und wie sie wirkt (Art. 4—6).
Die
1—3. ARTIKEL Form der Eucharistie
Die Frage, in welchen Worten die Form der Eucharistie bestehe, ist, von der Geschichte her gesehen, nicht so leicht zu lösen. Denn wenn auch in der Tradition die Zeugnisse dafür nicht fehlen, daß den Einsetzungsworten bei der Konsekration die entscheidende Bedeutung zukomme — und die Einsetzungsberichte selbst sind der beste Beweis dafür —, so sah doch die alte Kirche mehr auf das Ganze der heiligen Mysterienhandlung, in der man das nach Christi Auftrage tun wollte, was Er beim Letzten Abendmahl getan hatte, nämlich unter Danksagung Brot und Wein zum Leibe und Blute Christi zu weihen, zum Gedächtnis Seines Leidens und zur Speisung der Seinen. Dieses nachahmende Tun wurde in seiner Gesamtheit von Danksagung, Gedächtnis (Anamnese) und Anrufung (Epiklese) als die ,Form' betrachtet, mit der Christi Gegenwart und das Gedächtnis Seines Erlösungswerkes verbunden war. Dabei aber muß man wohl beachten, daß der Begriff der ,Form' in seiner strengen, von der aristotelischen Philosophie her bestimmten Fassung den Kirchenvätern noch nicht geläufig war. Erst als man die Eucharistie betrachtete als ein aus Wort und Element wie aus Wesensform und Wesensstoff zusammengesetztes wirksames Zeichen, mußte sich auch die Frage erheben, welche Worte nun im Sinne der Wesensform zur Eucharistie gehören, so daß ohne sie das Sakrament nicht zustande kommt. — Eine ausdrückliche Lehrentscheidung über die Einsetzungsworte als Form der Eucharistie besteht nicht. Doch kann sie als gewöhnlich verkündete allgemeine Lehre gelten. Auf dem Konzil von Florenz gab Kardinal Bessarion für die Griechen eine Erklärung ab, in der betont wird, daß für die Griechen die Autorität des hl. Johannes Chrysostomus maßgebend sei, der lehre, daß die Einsetzungsworte die Wandlung der Gestalten bewirke (vgl. Salaville in DThC V, 198). Das Trienter Konzil setzt die Lehre voraus (sess. XIII, can. 3). Die Angemessenheitsgründe, die Thomas angibt (Art. 1 Antw.), ergeben sich aus dem besonderen Wesen der Eucharistie als dem Sakramente der Wesensgegenwart Christi. Die Einsetzungsworte nämlich unterscheiden sich von den Formen der übrigen Sakramente in doppelter Hinsicht. Einmal drücken 33*
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sie nicht den Gebrauch des Stoffes aus, wie bei der Taufe das Untertauchen im Wasser, bei der Firmung die Besiegelung mit dem heiligen öl in der Form selbst erwähnt wird, sondern sie bezeichnen die Umwandlung des Stoffes, wenn das Brot geweiht wird mit den Worten: „Dies ist Mein Leib", und der Wein mit den Worten: „Dies ist der Kelch Meines Blutes". Zweitens wird bei den übrigen Sakramenten die Form in der Person des Vollziehers des Sakramentes gesprochen: „ I c h taufe d i c h . . . " Bei der Eucharistie dagegen heißt es: „Dies ist M e i n Leib." Der Priester spricht also diese Worte in der Person Christi. Dieser doppelte Unterschied in der Form entspricht durchaus dem sachlichen Unterschied, der zwischen der Eucharistie und den anderen Sakramenten besteht. Denn diese, wie Taufe, Firmung, enthalten nur eine werkzeugliche Kraft, die vom Vollzieher des Sakramentes dem Stoff auf werkzeugliche Weise mitgeteilt wird und die unmittelbar hingeordnet ist auf die im Empfänger hervorzubringende Gnade. Diese werkzeugliche Kraft ist als ein .fließendes Sein' nur im Augenblick des Gebrauches des Sakramentes in diesem enthalten. Deshalb gehört hier zum Vollzuge des Sakramentes wesentlich seine Anwendung auf den Empfänger. Das ist bei der Eucharistie insofern anders, als sie ein ,absolutes Heiliges', nämlich Christus selbst enthält. Deshalb wird sie in der Weihe des Stoffes vollzogen, durch die Brot und Wein in den Leib und das Blut Christi verwandelt werden. Das muß natürlich in der Form dieses Sakramentes zum Ausdruck kommen. Wenn aber der Vollzug dieses Sakramentes in der Weihe des Stoffes besteht, so ist auch klar, daß der Priester hier von sich aus weniger tut als bei den anderen Sakramenten. Denn dann kann der Priester hier nicht eine werkzeugliche Kraft dem Stoffe des Sakramentes mitteilen — sei es durch eine Segnung, sei es im Vollzuge des Sakramentes selbst —, sondern er beschränkt sich darauf, die Worte auszusprechen, durch die Gott die Wesensverwandlung bewirkt. Deshalb spricht der Priester die Einsetzungsworte in der Person Christi. Ergänzend könnte man hinzufügen, daß die Angemessenheit der Einsetzungsworte als Form der Eucharistie auch aus dem O p f e r c h a r a k t e r dieses Sakramentes erwiesen werden kann. In ihm ist Christus zugleich Priester und Opfergabe. Deshalb kann dieses Opfer nur in der Person Christi dargebracht werden und muß in der Opfergabe des Kreuzes, dem Fleische und Blute Christi, bestehen, wie es in der Form zum Ausdruck kommt. In den folgenden beiden Artikeln (2—3) betrachtet Thomas die Form der Eucharistie im einzelnen. Dabei tritt noch deutlicher heraus, wie sehr sie dem Wesen des Sakramentes entspricht. Klar drückt die W e i h e f o r m d e s B r o t e s (Art. 2) die Transsubstantiation aus. Da diese kein allmählicher Prozeß ist, sondern im Jetzt sich vollzieht, drückt auch die Form nicht ein Werden, sondern ein Gewordensein aus: „Dies i s t Mein Leib." Ebenso sind Endziel (terminus ad quem) und Ausgangspunkt (terminus a quo) der sakramentalen Verwandlung mit den Worten ,Leib' und ,dieses' ganz entsprechend be-
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zeichnet. Denn das Endglied der Wesensverwandlung ist der ganze Leib Christi. Das hinweisende Fürwort .dieses' aber bezeichnet im allgemeinen Sprachgebrauch die Substanz in Hinordnung auf die Eigenschaften, durch die sie der sinnlichen Wahrnehmung unterliegt. Da diese Eigenschaften durch die Transsubstantiation nicht verändert werden, so wird durch das hinweisende Fürwort richtig der Ausgangspunkt der Verwandlung ausgedrückt. Die F o r m d e r W e i h e d e s K e l c h e s (Art. 3) ist ihrem Wesen nach der des Brotes gleich. Denn wenn es hier heißt: „Dies ist der Kelch Meines Blutes", so steht hier offenbar in metonymischer Redeweise der Behälter für den Inhalt. Das Wort ,Kelch' kann auch metaphorisch das Leiden Christi bezeichnen. Jedoch umfaßt die Form für die Weihe des Weines noch eine ganze Reihe von Zusätzen. Die Frage, welche von den im liturgischen Gebrauch befindlichen Einsetzungsworten der Form wesentlich sind, wird heute von fast allen Theologen dahin beantwortet, daß nur diejenigen zum Wesen der Form gehören, die die Transsubstantiation ausdrücken: Dieses ist Mein Leib" und ,.Dieses ist Mein Blut". Die Ansicht des Scotus, daß auch die Worte des „Qui p r i d i e . . . " und das „Simili m o d o . . n o t w e n d i g seien, wird von Thomas und von der großen Mehrzahl der Theologen abgelehnt. Man glaubte diese Ansicht daraus begründen zu können, daß ohne sie die Worte der Einsetzung als aus der Person des Priesters gesprochen zu gelten hätten. Doch damit diese Worte aus der Person Christi gesprochen werden, genügt es, daß sie von einem geweihten Priester in der rechten Absicht gesnrochen werden (Art. 1 Zu 4; vgl. Anm. [82]). Was jedoch die Form der Weihe des Kelches angeht, vertritt Thomas die Auffassung, daß auch die folgenden Worte: „novi et aeterni testamenti" bis „Hoc facite" exklusive zur Substanz der sakramentalen Form gehören. Viele Erklärer des hl. Thomas sind der Ansicht, seine Worte: „Man muß also sagen, daß all die genannten Worte vom Wesen (substantia) der Form sind" (Art. 3 Antw.), sollten nicht besagen, daß ohne diese Worte das Wesen der Form nicht gewahrt sei, sondern nur, daß sie zur Vollständigkeit (integritas) gehörten. Doch ist das wohl nicht die Meinung des hl. Thomas. Wenn er sich auch nicht unbedingt entscheidet, so hält er doch die Ansicht für richtiger und wahrscheinlicher, daß die in Frage stehenden Worte wirklich zum Wesen der Form gehören (vgl. Anm. [84]). Der Grund dafür ist der, daß sie eine nähere Bestimmung des Prädikats darstellen, indem sie die Kraft des im Leiden vergossenen Blutes Christi bezeichnen. Das ist zwar nur eine Eigenschaft des Blutes Christi. Sie ist aber wesentlich mit ihm verknüpft, insofern es Opferblut ist. In der Eucharistie wird das Blut Christi getrennt von Seinem Leibe geweiht, weil es im Leiden vergossen worden ist. Deshalb gehören die Worte zum Wesen der Form, weil sie das Blut Christi in der Weise bezeichnen, wie es in diesem Sakramente gegenwärtig gesetzt wird, nämlich als Opferblut (vgl. Sent. IV, dist. 8, q. '2, art. 2, sol. 1). Dieser von Thomas angegebene Grund ist wichtig f ü r das rechte Verständnis seiner
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Auffassung vom Wesen der Eucharistie als Opfer. Die sakramentale Form bezeichnet das Blut Christi nicht schlechthin, sondern insofern es im Leiden vergossen worden ist und so seine Heilskraft entfaltet. In der Weihe des Blutes also wird das Mysterium des Leidens vergegenwärtigt. Deshalb beruht der Opfercharakter der Eucharistie in der Konsekration vor allem des Blutes. Die Konsekration ist wesentlich ein Opferakt. Weil das in den Worten „novi et aeterni testamenti" usw. ausgedrückt wird, deshalb gehören sie, anders als das Wörtchen ,denn', durch dessen Fortlassung der Wortsinn in keiner Weise geändert wird, zum Wesen der sakramentalen Form (vgl. Fr. 60, Art. 8 Antw.: Bd. 29, S. 29). Durch sie wird die innere sakramentale Wirklichkeit der Eucharistie, ,res et sacramentum', als Vergegenwärtigung des Kreuzesopfers bestimmt. — Die Schwierigkeiten, die sich für die Bestimmung der Form der Eucharistie aus der Liturgiegeschichte ergeben (vgl. Anm. [83]), existieren für Thomas noch nicht, wie aus Art. 3 Zu 9 hervorgeht.
4.-6.
ARTIKEL
Die W i r k w e i s e der
Form
Da nach dem allgemeinen Grundsatz der Sakramentenlehre die Sakramente bewirken, was sie bezeichnen, die Form dieses Sakramentes aber Leib und Blut Christi als Opfer unter den Gestalten gegenwärtig bezeichnet, so muß sie auch eine werkzeugliche Kraft besitzen, ihre Gegenwart durch die Wesensverwandlung zu bewirken. Aus der Entschiedenheit, mit der Thomas sich hier (Art. 4) gegen diejenigen wendet, die die Mitteilung einer solchen werkzeuglichen Kraft ablehnen, kann man ersehen, wieviel ihm an der folgerichtigen Durchführung des Grundsatzes der durch das Zeichen wirkenden Kraft als des Prinzips der Sakramente des Neuen Bundes gelegen ist. Eine Schwierigkeit für die Annahme einer den Einsetzungsworten mitgeteilten geschaffenen werkzeuglichen Kraft scheint sich insofern zu ergeben, als die Transsubstantiation nur durch eine unendliche göttliche Kraft vollzogen werden kann (1. Einw.). Doch muß man bedenken, daß die sakramentalen Worte nicht als Hauptursache wirken und daß sie, im Unterschied zur Schöpfung, bei der Wesensverwandlung das Brot und den Wein, den Stoff ihrer Wirksamkeit, vorfinden. Wenn die sakramentale Formel eine verwandelnde ist, fragt es sich, in welchem Sinne das ,hoc' zu verstehen sei. Ist damit der Leib Christi gemeint, so ist damit nur ausgedrückt, daß der Leib Christi der Leib Christi sei. Bezeichnet es das Brot, so stimmt der Satz am Ende nicht mehr, weil kein Brot mehr vorhanden ist. Bei der Lösung dieser Schwierigkeit ist zu beachten, daß die Worte sakramental wirken, d. h. im Augenblick, wo ihre B e d e u t u n g vollständig ist, wenn also alle wesentlichen Worte, aus denen die eine ganze sakramentale Bedeutung erwächst, ausgesprochen sind. In diesem Augen-
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blick vollzieht sich auch die Transsubstantiation. Deshalb bezeichnet auch das ,hoc' nicht das, was vorher da war, das Brot, noch setzt es voraus, was erst kommt, den Leib Christi, sondern bezeichnet ganz allgemein das Substantielle, das unter den Gestalten enthalten ist. Das, was früher Brot war, ist nun der Leib Christi.
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79. F R A G E ÜBER DIE WIRKUNGEN DER EUCHARISTIE „Sooft wir dieses Gedächtnisopfer feiern, wird das Werk unserer Erlösung vollzogen", heißt es in der Sekret des 9. Sonntags nach Pfingsten. Die Eucharistie umfaßt das ganze Erlösungswerk und macht es für die einzelnen fruchtbar. Deshalb ist die Eucharistie die Grundlage unseres gesamten übernatürlichen Lebens. Um den Gnadenreichtum zu entfalten, der in der Eucharistie enthalten ist, geht Thomas aus von dem, woraus sie ihre Wirkkraft schöpft, und das ist der in ihr substantiell enthaltene Christus und das in ihr vergegenwärtigte Leiden des Herrn. Insofern die Eucharistie Christus enthält, vereinigt sie uns mit Christus und vereinigt uns untereinander zum mystischen Leibe Christi (73, 3—4; 80, 4). Als Vergegenwärtigung des Leidens Christi ist die Eucharistie nach der Lehre des hl. Thomas Opfer (79, 7) und wendet in dieser Eigenschaft die sündentilgende und genugtuende Kraft des Kreuzesopfers uns zu. Die Wirkungen der Eucharistie als Opfer behandelt Thomas nicht zusammenhängend. Sie werden dargestellt bei den Fragen nach der Sündentilgung (Art. 4), der Nachlassung der Sündenstrafe (Art. 5) und der Wirkung der Eucharistie für andere (Art. 7; 78, 3 Zu 8; In Jo 6, lect. 6). Die übrigen Wirkungen der Eucharistie werden deutlich aus dem Gebrauch, durch den sie wirksam ist, und zwar sowohl aus der Weise der Spendung wie auch aus den Gestalten, unter denen sie gespendet wird. Insofern die Eucharistie als Speise gespendet wird, wirkt sie nach Analogie der körperlichen Speise auf die Seele ein, indem sie das übernatürliche Leben e r h ä l t (Art. 6), das W a c h s t u m in der Gnade fördert, die verbrauchten Kräfte w i e d e r h e r s t e l l t und den Geist e r f r i s c h t (Art. 1 Antw.). Die Gestalten, unter denen die Eucharistie gespendet wird, sind, wie Augustin sagt (Art. 1 Antw.), „jene Dinge, die aus vielen zu einem einzigen werden", das Brot aus vielen Körnern, der Wein aus vielen Trauben, und bezeichnen damit die E i n h e i t der Kirche als Wirkung dieses Sakramentes. Im folgenden seien der leichteren Übersicht halber die Wirkungen der Eucharistie in der Weise dargestellt, daß wir zuerst über die Verbindung mit Christus und die Einheit des mystischen Leibes handeln, dann über die Wirkungen der Eucharistie f ü r den Körper und die zukünftige Auferstehung und schließlich über die Wirkungen der Eucharistie auf die Seele.
Vereinigung
mit C h r i s t u s durch Eucharistie
die
Weil der Inhalt dieses Sakramentes Christus ist, so ist auch seine erste und grundlegende Wirkung die V e r e i n i g u n g d e s M e n s c h e n m i t C h r i s t u s . Der hl. Thomas führt Art. 1 zum Beleg eine Stelle der Heiligen Schrift und eine aus
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der Tradition der Väter an. Beide sind sie für unseren Zusammenhang die treffendsten. Denn die durch die Eucharistie begründete Lebensgemeinschaft mit Christus und durch Christus mit dem Vater ist kaum deutlicher offenbart worden als in den Worten Christi bei Johannes 1, 17. Und andererseits hat wohl keiner der Väter sie tiefer erklärt als Cyrillus von Alexandrien. Seine Kampfstellung gegen Nestorius schärfte ihm den Blick für die über alle moralische Einheit hinausgehende Einigung, die Christus als Frucht der Eucharistie offenbart hatte. „Wenn einer zwei Kerzen durch Feuer schmelzen läßt, so bringt er beide zur Einheit. Ebenso wird, wenn einer Christi Leib und Sein kostbares Blut empfängt, Christus eins mit uns, und wir werden eins mit Ihm." Christus ist durch die Eucharistie in uns nicht nur nach einer bestimmten geistigen Seinsweise, d. h. gegenständlich durch Glauben und Liebe, Eph. 3, 17, sondern durch physische Teilhabe (xarä (i&DeSiv (pvaixrjv)" (PG 74, 341). Ähnlich sprechen sich andere Väter aus, wie Hilarius und Chrysostomus. „Nicht nur durch die Liebe werden wir eins mit Christus, sondern auch der (physischen) Wirklichkeit nach werden wir dem Fleische Christi angeglichen (dvaxetjaaDm^ev)", sagt der letztere (In Jo hom. 46, n. 3: PG 59, 260). Die Wirkungen dieser Vereinigung mit dem Leibe Christi in der Eucharistie sind nach der Lehre der Väter nicht vorübergehend, sondern dauernd, gemäß dem Worte Christi: „Wer Mein Fleisch ißt und Mein Blut trinkt, der b l e i b t in Mir und Ich in ihm". Die durch die Eucharistie in uns bewirkte Vereinigung mit Christi Leib führt auch unsern Geist zur Teilnahme am Reichtum des innergöttlichen Lebens im Heiligen Geiste. Auf dem Wege, auf dem Christus zu uns gekommen ist, kehren wir zum Vater zurück. Gerade die Eucharistie ist für uns d e r Weg zum Vater, weil wir in ihr e i n Fleisch mit Christi Leib werden, um dadurch auch den göttlichen Logos zu empfangen und so zu vollkommenen Kindern des himmlischen Vaters zu werden. Ähnliche Gedanken hatte — neben Cyrill von Alexandrien — vor allem der hl. Hilarius im Kampfe gegen den Arianismus entwickelt. Die Einheit Christi mit dem Vater sei eine ,physische' und nicht nur eine ,moralische', auf der Einheit des Wollens beruhende, wie auch Christus in uns und wir in Ihm auf ,physische' Weise existieren. Wie der Vater in Christus ist, so sind wir in Christus, indem Christus in der Menschwerdung unser Fleisch als das Seine angenommen hat und es in der Eucharistie wiederum gibt, damit wir in Ihm und Er in uns sei (vgl. u. a. De Trinitate, VIII, 12—13: MPL 10, 245/246). Die E u c h a r i s t i e und die E i n h e i t des Christi.
Leibes
Die Eucharistie macht uns zu Gliedern an Christus als dem Haupte, wie es Nikolaus von Gabasilas so tief ausdrückt: „Sich selbst gibt Er ganz so, wie Er ist. Deshalb sind wir ein Tempel 34
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des lebendigen Gottes, und diese unsere Glieder sind Christi Glieder. Dieser Glieder Haupt beten die Cherubim an. Diese Füße, diese Hände werden von jenem Herzen gelenkt und hängen von ihm ganz und gar ab" (PG 150, 648). So ist die Eucharistie das grundlegende Sakrament des mystischen Leibes Christi, ein Gedanke, der bei den großen Kirchenvätern immer und immer wieder uns begegnet. Ein großer Lehrer der Eucharistie als Quelle der christlichen Einheit ist J o h a n n e s C h r y s o s t o m u s. Die Eucharistie ist nach ihm das Sakrament der göttlichen, sich hinschenkenden Liebe (Agape), und wie die Sünde die Quelle allen Zwiespaltes ist, so ist die in der Eucharistie geschenkte Gabe der Liebe die Quelle aller Einheit. „Er will, daß wir Sein Leib werden, nicht durch die Liebe allein, sondern daß wir in Wirklichkeit Seinem eigenen Fleische beigemischt' werden. Das bewirkt die Nahrung, die Er uns als Beweis Seiner Agape gibt. Er ist also mit uns ,vermischt', Er pflanzt uns Seinen Leib ein, damit wir ein einziges Wesen würden, wie der Leib mit seinem Haupte vereint ist. So etwas tun nur die, die heiß l i e b e n . . . Das hat Christus getan, um zwischen Ihm und uns die engste Freundschaft zu knüpfen, um uns Seine Agape zu zeigen. Er hat sich nicht nur denen g e z e i g t , die nach Ihm seufzen: Er hat sich g e g e b e n zum Betasten, zum Essen, zum Zer.malmtwerden durch unsere Zähne Seinem Fleische nach, um ganz tief in uns einzugehen und all unser Verlangen zu stillen" (In Jo hom. 46: PG 59, 260). — Bei den Erklärungen von 1 Kor 10, 16, ,Das Brot, das wir brechen, ist es nicht die Gemeinschaft des Leibes Christi?', sagt er: „Warum heißt es nicht: ,Teilhabe' (utroxy statt xomovia)? Weil Er mehr sagen und die enge Verbindung zeigen wollte. Nicht nur im Teilhaben, sondern im E i n s w e r d e n haben wir Gemeinschaft. Denn wie dieser Leib Christo geeint ist, so sind auch wir Ihm geeint durch dieses Brot" (In 1 Kor hom. 24: PG 61, 200). Deutlich und tief hat vor allem C y r i l l v o n A l e x a n d r i e n die Lehre von der Eucharistie als Quelle der kirchlichen Einheit dargestellt. „Die hypostatische Union ist das Prinzip auch unserer Teilnahme am Heiligen Geist und unserer Vereinigung mit Gott. Die Menschwerdung des Wortes steht aber mit unserer Einkörperung in Christus in engstem Zusammenhang durch die Eucharistie. Um uns in der Einheit mit Gott und untereinander fest zu begründen, obwohl wir doch der Seele und dem Leibe nach voneinander verschieden sind, hat der Sohn ein Mittel gefunden in Seiner Weisheit, nach dem Rat des Vaters. Durch e i n e n Leib, Seinen eigenen Leib, ,segnet' Er (eucharistisch) die Gläubigen und erhebt sie zur Gemeinschaft eines Leibes mit Sich und untereinander. Wer könnte die trennen und sie ihrer physischen Einheit ((pvoixijg ivuaemg) berauben, die in der Einheit Christi verbunden sind durch Seinen eigenen Leib? . . . Deshalb wird die Kirche ,Leib Christi' genannt und wir Seine Glieder. Denn alle sind dem einen Christus vereint durch Seinen heiligen Leib; in dem wir Ihn alle als Einen und Unteilbaren in unserem eigenen Leibe empfangen, müssen wir unsere Glieder mehr Ihm an-
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gehörend betrachten denn uns" (In Jo 11, 11: PG 74, 560). Der klassische Lehrer der Eucharistie als Sakrament der kirchlichen Einheit ist für das Abendland A u g u s t i n u s geworden. Einmal ist die Eucharistie a l s O p f e r der höchste Ausdruck der kirchlichen Einheit. Das Opfer hat überhaupt den Sinn, daß wir in heiliger Einheit Gott anhängen. In der Eucharistie wird die Kirche selbst in ihrem Haupte geopfert. „Wir alle ein Leib in Christus, das ist das Opfer der Kirche" (Civ. Dei, X, 6). Ebenso erklärt der hl. Augustin die e u c h a r i s t i s c h e n G e s t a l t e n als Sinnbilder der Einheit (vgl. Art. 1 Antw.). Er bezieht die Einheit des mystischen Christus in das eucharistische Sein ein (vgl. Hoffmann Fr., Der Kirchenbegriff des hl. Augustinus, München 1933, S. 390—413). Weil die Eucharistie für ihn das Sakrament der Menschheit Jesu ist (vgl. Adam, Eucharistielehre des hl. Augustin, S. 68), deshalb ist sie auch das Sakrament des mystischen Leibes Christi, also des g a n z e n Christus, des Hauptes und der Glieder. Sakramentsgehalt der Eucharistie ist also die Kirche nur insofern, als sie Leib Christi, also heilig ist, nicht nach ihrer empirischen sichtbaren Gestalt, sondern nach ihrer unsichtbaren Wesenheit (Hofmann, a. a. 0. S. 398). Die starke Betonung des g a n z e n Christus als Inhalt der Eucharistie rührt bei Augustin zweifellos von seiner ungeklärten Auffassung des sakramentalen Seins her. Sosehr er betont, daß das Brot nach der Konsekration nicht bloß Symbol des Leibes Christi, sondern dieser selbst ist, so versteht er es doch vor allem als dinglichobjektives U r b i l d dessen, was es im Empfänger als geistige W i r k u n g hervorbringen soll. „Die Folge war, daß Augustin nie bei der sakramentalen Gegenwart Christi stehenblieb, sondern stets auf das geistige Verständnis des Sakramentes drängte; eine eigene eucharistische Frömmigkeit, ein Verweilen bei dem Gedanken an die reale Gegenwart Christi im heiligsten Sakramente konnte hier nicht aufkommen, während sich ihm umgekehrt die Beziehungen dieses Geheimnisses zur Kirche um so stärker aufdrängen mußten" (Hofmann Fr., a. a. 0. S. 406). Da bei T h o m a s die reale Gegenwart Christi in diesem Sakramente klarer erfaßt ist, kann er auch seine Bedeutung für den mystischen Leib Christi besser begründen. Die Eucharistie gehört zum v o l l k o m m e n e n Aufbau des mystischen Leibes, damit er dem Haupte auch r e a l verbunden würde (IV, dist. 8, q. 1, art. 3, sol. 3). Die Eucharistie steht zum mystischen Leibe Christi in vielfacher Beziehung. Sie ist zunächst dessen äußeres Sinnbild. Denn das Brot, das aus vielen Körnern entstanden ist, und der Wein, der aus vielen Beeren gepreßt ist, bezeichnen die Einheit des mystischen Leibes Christi (IV, dist. 11, q. 2, art. 1, sol. 2; III, 74, 1 Zu 1). Hier folgt Thomas ganz den Spuren Augustins, der in seinen Predigten häufig die Symbolik der Elemente benutzt hatte, um den Gläubigen den geistigen Sinn der Eucharistie anschaulich zu machen (z. B. serm. 227, serm. 272 u. 229: MPL 38). Die Beimischung des Wassers zum Weine versinnbildet die Einheit zwischen Haupt und Gliedern, die Liebe des f ü r die Glieder leidenden Hauptes und — wegen des Übergehens des Wassers in den Wein — das Herabsteigen 34*
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der Erlösung vom Haupte auf die Glieder (IV, dist. 11, q. 2, art. 4, sol. 1; vgl. III, 74, 6). Auch andere mit der Feier der Eucharistie verbundene Riten erinnern an die Einheit des mystischen Leibes (83, 5 Antw.). Vor allem aber ist der unter den Gestalten gegenwärtige Christus als ,Sache und Sakrament' i n n e r e s Zeichen des mystischen Leibes. Die Eucharistie aber versinnbildet nicht nur die Einheit des mystischen Leibes, sondern b e w i r k t sie auch, und zwar zuerst als O p f e r . Weil die Eucharistie die objektive Darstellung des Kreuzesopfers ist, übt sie auch dessen ganze Wirkung auf die Kirche aus (79, 1 u. 7; In Jo 6, lect. 6). Als S a k r a m e n t wirkt die Eucharistie ebenfalls jene Einheit. Schon der Name ,communio' weist darauf hin (73, 4). Die eigentliche Wirkung der Eucharistie ist die vollendete Eingliederung der Einzelnen in Christus (IV, dist. 12, q. 2, art. 2, sol. 3) und des Gesamtleibes der Kirche mit Christus (73, 3; 74, 6; 80, 4; 82, 2 Zu 2; 83, 9 Zu 2; IV, dist. 8, q. 1, art. 1, qa 2), die aber noch unvollendet ist gegenüber der Einheit im Jenseits (79, 2 Antw. Vgl. zum Ganzen Käppeli, Zur Lehre des hl. Thomas vom Corpus Christi mysticum, Freiburg Schw. 1931, S. 94—96). Die W i r k u n g der E u c h a r i s t i e auf den Die z u k ü n f t i g e H e r r l i c h k e i t
Körper
Aus den oben über die Eingliederung in Christus durch die Eucharistie angeführten Väterstellen geht schon hervor, daß viele Väter eine unmittelbare Einwirkung der Eucharistie auf den Körper des das Sakrament Empfangenden annehmen. Im Zusammenhang damit, daß sie überhaupt die durch Christus gewirkte Erlösung mehr unter dem p h y s i s c h e n als unter dem m o r a l i s c h e n Gesichtspunkt sahen, war ihnen die Eucharistie eine Bestätigung ihrer Auffassung. Vor allem Cyrillus von Alexandrien und Hilarius, die beide gegen Irrlehren kämpfen mußten, welche die Wesenseinheit Christi mit dem Vater auflösen wollten, sahen in der Eucharistie das , p h y s i s c h e ' Band, durch das auch der L e i b des Menschen durch Christus in das göttliche Leben aufgenommen werde. Weil sich beim eucharistischen Genüsse das Fleisch des Logos mit dem Fleische des Menschen mischte, müßte auch dieses Anteil an den göttlichen Qualitäten des ersteren bekommen, so daß durch die Eucharistie der Anfang gemacht würde, um den Leib des Menschen auch seiner physischen Beschaffenheit nach dem paradiesischen Zustande anzunähern. Denselben Glauben bezeugen uns zahlreiche Gebete der Liturgie, auch des heutigen römischen Missales. — Thomas steht mehr in der mittelalterlichen Tradition der m o r a l i s c h e n Erlösungslehre. Das beweist schon ein Blick auf die Überschriften der folgenden Artikel. Die Bedeutung der Eucharistie f ü r die Nachlassung der Todsünden und der läßlichen Sünden und der Sündenstrafen, ihr Nutzen für andere, der Einfluß von Zerstreuungen beim Kommunionempfang auf ihre Wirkung, das sind die Fragen, die ihn vornehmlich interessieren. Die Frage der
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Einwirkung auf den Körper aber berührt er ausdrücklich nur in der Lösung eines Einwandes (Art. 1 Zu 3), um sie als u n m i t t e l b a r e Einwirkung zu verneinen. Die Eucharistie bewirkt unmittelbar Gnade. Diese aber ist nur in der Seele als ihrem Träger. Erst von da aus kann sie auch auf den Körper wirken, indem die Seele die Glieder des Leibes in den Dienst der Tugend stellt. Gerade in umgekehrter Reihenfolge hat Cyrill v. Alex, von der Eucharistie gesagt: „Sie beruhigt das tobende Gesetz unserer Glieder, kräftigt die Frömmigkeit" (Horn. 4 in Jo 17). Auch manche neuere Theologen nehmen wieder eine unmittelbare Einwirkung des verklärten Herrenleibes auf unseren Körper an (vgl. Oswald, Sakramentenlehre, I. Bd., Münster i. W. 1870, S. 364; Scheeben-Atzberger, Handbuch der kath. Dogmatik, IV. Bd., Freiburg i. Br., 1898, S. 622). Für Thomas kann von einer direkten Einwirkung der Eucharistie auf den Körper höchstens insofern die Rede sein, als die sakramentalen Gestalten, die durch die Kraft Gottes nach der Wandlung körperlich nähren (77, 6; 77, 5 Zu 3), durch die Kraft des Leibes Christi, dessen Werkzeuge sie sind (79, 2 und Zu 3), auch segnend auf den Körper des Empfängers einwirken. Die lebenspendende Kraft der Eucharistie für unseren Körper zeigt sich vor allem darin, daß sie den K e i m d e r k ü n f t i g e n G l o r i e in uns hineinpflanzt (Art. 2), weil sie uns den Leib desjenigen übermittelt, der den Tod überwunden hat. — Seinem ganzen Wesen nach ist das eucharistische Mahl auf die himmlische Herrlichkeit hingeordnet. Denn in ihm haben wir die engste Gemeinschaft mit dem auferstandenen Christus, der der substantielle Friede ist und auch die Christen untereinander zur Einheit verbindet. Das Mahl war im Empfinden der Völker seit alters ein Bild der himmlischen Seligkeit. Im Alten Bunde hören wir von dem Mahle auf dem Berge Sinai im Angesichte des Herrn (Ex 24, 11). Auch Christus war beim Letzten Abendmahl von Gedanken an die Erfüllung dieses Mahles im himmlischen Hochzeitssaal bewegt. Die alte Christenheit feierte die Eucharistie vor dem Bild des wiederkommenden Christus in der Apsis. Im eucharistischen Mahle wird wirklich die himmlische Herrlichkeit der Communio sanctorum für den Christen schon vorweggenommen. So manches Katakombenbild erinnert uns daran. Doch wird dieses Letzte für uns nicht volle Wirklichkeit, bevor wir der Leiden Christi teilhaftig geworden sind. Insofern ist die Eucharistie nicht schon die himmlische Herrlichkeit in ihrer ungetrübten Fülle, sondern erst ein Vorgeschmack oder Unterpfand (Art. 2 Antw. u. Zu 1). „Nicht anders konnte diese verwesliche Fleischesnatur zur Unsterblichkeit und zum ewigen Leben geführt werden als dadurch, daß der Leib des Lebens selbst ihr verbunden wurde", sagt Cyrill v. Alex. (XI in Jo, c. 27). Und an anderer Stelle: „Wenn auch der Tod, der durch den Fall über uns gekommen ist, den menschlichen Körper dem Gesetze der Verweslichkeit unterworfen hat, so werden wir doch, weil Christus mit Seinem Fleische in uns
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ist, gewiß auferstehen. Unglaublich nämlich, ja unmöglich ist es, daß das Leben diejenigen, in denen es ist, nicht lebendig machte. Denn wie wir den Funken in Stroh einhüllen, um den Feuersamen zu bewahren, so hat auch unser Herr Jesus Christus durch Sein Fleisch Sein Leben uns eingegeben und hat es uns eingesenkt wie den Samen der Unsterblichkeit, der alles, was in uns Verweslichkeit ist, abtun wird" (PG 73, 581). So geschieht also die Einverleibung Christi in der Eucharistie in Hinordnung auf die Auferstehung (vgl. De la Taille, Mysterium fidei, dub. 38). Die Väter hatten sich die Einwirkung der Eucharistie auf die künftige Auferstehung wohl als eine physische vorgestellt. Deutlich spricht sich darüber der hl. I r e n ä u s aus: „Wenn über den gemischten Kelch und das bereitete Brot das Wort Gottes kommt und die Eucharistie des Leibes und Blutes Christi wird, aus welcher unsere Fleischessubstanz genährt und gemehrt wird, wie können sie (die Gnostiker) das Fleisch unempfänglich erklären der Gabe Gottes, welche ist das ewige Leben, da es doch von dem Leibe und Blute des Herrn genährt wird und Sein Glied ist?" (C. Haer. 1. 5, cap. 2, n. 3: PG 7, 1125). Den heilsgeschichtlichen Hintergrund der Eucharistie als „Arznei der Unsterblichkeit" (Ignatius ad Smyrn., cap. 20) erklärt G r e g o r v o n N y s s a in seiner Oratio catech. 37 (PG 45, 93). Nachdem unser Körper im Paradies die tödliche Speise genossen hat, muß er ein Heilmittel in sich aufnehmen, wie der, der ein Gift genossen hat, ein Gegengift empfangen muß. Dieses Heilmittel unseres Leibes ist aber kein anderes als der Leib Christi, der den Tod überwunden hat und die Quelle unseres Lebens ist und der durch Mitteilung der entgegengesetzten Eigenschaften den Schaden jenes Giftes wieder a u f h e b t . . . In derselben Linie der Tradition steht auch noch P a s c h a s i u s R a d b e r t u s (Lib. de corp. et sang. Domini, cap. 19, n. 1: PL 120, 1327): „Keineswegs wird, wie einige wollen, die Seele allein durch dieses Mysterium gespeist, weil sie nicht allein durch den Tod Christi erlöst und gerettet wurde, sondern auch unser Fleisch. Auch unser Fleisch wird dadurch zur Unsterblichkeit und Unvergänglichkeit gerüstet." Da jedoch nicht ersichtlich ist, wie irgendeine dem menschlichen Körper etwa eingegebene physische Beschaffenheit sich bei dem völligen Vergehen der Substanz erhalten soll und wie sie überhaupt dem Körper anhaften soll, betrachten die Scholastiker dieselbe zumeist als eine m o r a l i s c h e Wirkung, indem der Empfang der Eucharistie U n t e r p f a n d der Auferstehung für Gott ist. Jedoch genügt diese Ansicht schwerlich der Heiligen Schrift und den Vätern. Mit Recht sagt H e i m b u c h e r (Die Wirkungen der hl. Kommunion, Regensburg 1884, S. 240): „Ganz unleugbar liegt in Jo 6 angedeutet, daß es sich bei der hl. Kommunion um mehr als Verleihung eines moralischen Anrechtes auf die leibliche Glorie handelt. Warum sonst die starke Betonung des S p e i s e c h a r a k t e r s der hl. Eucharistie? Warum die Versicherung, daß uns der Herr ihretwegen am Jüngsten Tage auferwecken wird und daß jene
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das Leben nicht haben, welche Sein Fleisch und Blut nicht genießen? Die Heilige Schrift bezeichnet den Genuß der heiligen Eucharistie geradezu als Grund der glorreichen Fleischesauferstehung. Warum der Vergleich des Manna in der Wüste mit dem himmlischen Brote, das im Unterschied von jenem im v o l l e n Sinne Leben spenden, den l e i b l i c h e n Tod aufheben soll?" „Lehre der Väter aber ist es, daß es einen Keim der leiblichen Unsterblichkeit in uns gibt und daß dieser durch die heilige Kommunion genährt wird. Die Väter sagen nicht bloß, daß die heilige Eucharistie uns einen neuen Titel verleihe zur e i n s t i g e n Auf erweckung unseres Lebens; sie sprechen vielmehr von der j e t z t infolge der heiligen Eucharistie stattfindenden Verklärung und Vergöttlichung unserer Person, von einer j e t z t vor sich gehenden Nährung unseres Leibes von der Verweslichkeit zur Unverweslichkeit" (a. a. 0 . S. 241/242). „Es dürfte sonach nach der Heiligen Schrift und der Väterlehre kaum zu bestreiten sein, daß die heilige Kommunion einen Keim der leiblichen Unsterblichkeit nährt, daß sie also insofern Unterpfand der leiblichen Glorie ist, als sie direkt heilende Gnaden der habituellen Art, und zwar p h y s i s c h-habituelle Gnaden der leiblichen Integrität verleiht (S. Th. I 95, 1; 100, 1; Comp. Theol., c. 186; I—II 82, 3; Cg. IV 52)." Die Wirkung
der E u c h a r i s t i e leben
auf
das
Seelen-
Die Eucharistie entfaltet ihre Wirkung als S p e i s e . Dadurch unterscheidet sie sich von den anderen Sakramenten wie Taufe oder Firmung, die ja auch Eingliederung in Christus bewirken und aus dem Leiden Christi ihre Kraft schöpfen. Die Speise aber hat im körperlichen Leben zunächst die Aufgabe, den Organismus zu e r h a l t e n . In der geistigen Sphäre bewirkt die Eucharistie dasselbe dadurch, daß sie in besonderer Weise den Menschen vor der Sünde bewahrt (Art.6), i n n e r l i c h , indem sie ihn mit Christus verbindet und ihn der Fülle göttlicher Güte teilhaftig macht und in ihm vor allem die Liebe mehrt, wodurch der Mensch widerstandsfähiger wird, vor allem auch gegen die Versuchungen des Fleisches. Ebenso bedeutet die Eucharistie einen gewissen ä u ß e r e n Schutz gegen die Dämonen, weil sie den Menschen auch äußerlich in das Leiden Christi hineinstellt, dessen Zeichen sie ist. So ist die Eucharistie in besonderer Weise das Sakrament der Beharrlichkeit, des B l e i b e n s in Christo, wie es der Liebe eigentümlich ist. Damit soll jedoch nicht gesagt sein, daß sein Empfang die Möglichkeit des Sündigens überhaupt ausschließe, da seine Wirkung den freien Willen natürlich nicht aufhebt (Art. 6 Zu 1 u. 2). Eine weitere Frucht der Eucharistie ist das innere W a c h s t u m in der Gnade. Die Eucharistie verleiht als besondere, ihr allein eigene Frucht nicht sosehr eine bestimmte Gnade, als vielmehr die Erhöhung und Stärkung aller durch die an-
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deren Sakramente vermittelten Gnaden, weshalb auch ihr Empfang mit dem Empfang der anderen Sakramente meistens verbunden ist. Auch sonst ist es im körperlichen Leben die eigene Aufgabe der Nahrung, den erhaltenen Lebensstand zu erhalten und zu fördern, ohne daß sie einer bestimmten Lebensstufe eigentümlich wäre. Wenn die Firmung auch die F ü l l e des Lebens in Christus verleiht, so unterscheidet sie sich doch eben dadurch von der Eucharistie, daß sie eine bestimmte Stufe der Entwicklung endgültig festlegt, die geistliche Reife, und dadurch, daß sie damit zugleich dem Christen .Vollmacht' gibt, die Sache Christi in öffentlichkeit zu verfechten. Die Eucharistie ist demgegenüber absoluter, indem sie weder auf eine bestimmte Entwicklungsstufe des geistlichen Lebens bezogen ist, noch auf bestimmte äußere Aufgaben, sondern sie will vor allem die Gottverbundenheit des Menschen stärken und steht deshalb ganz im Zentrum des geistlichen Lebens des Menschen und begleitet ihn durch das ganze Leben hindurch (Art. 1 Zu 1). Diese ,Absolutheit' der Eucharistie beruht auf ihrem Inhalt, Christus selbst, wodurch sie ja das Sakrament der Sakramente ist, in dessen Kraft auch die anderen Sakramente wirken. Deshalb kann der hl. Thomas auch den Einwand, daß nach Taufe und Firmung die Eucharistie eigentlich nichts mehr zu geben habe, da die erstere die ,erste Gnade' verleihe, die letztere aber die Gnade vermehre, mit dem Hinweis darauf abweisen, daß die Eucharistie eigentlich auch schon in der Taufe wirksam sei, indem der Täufling sich nach ihr als der höchsten Verbundenheit mit Christus selbst sehne, so daß, wenn sie nun auch in Wahrheit empfangen wird, sie gewiß das geistliche Leben vermehrt und vollendet (Art. 1 Zu 1). Außerdem bewirkt die Eucharistie die W i e d e r h e r s t e l l u n g der im täglichen Leben aufgezehrten, auch durch läßliche Sünden verlorengegangenen geistlichen Energien. Dabei ist zum Unterschied von der protestantischen Auffassung der Wirkung des Abendmahles wohl zu beachten, daß die Nachlassung von Todsünden nicht zur eigentlichen Wirkung der Eucharistie gehört. Sie ist ein ,Sakrament der Lebendigen', wie auch die Speise nur vom lebenden Organismus aufgenommen werden kann. Ebenso setzt die Vereinigung mit Christus, die in diesem Sakramente sich vollzieht, voraus, daß der Mensch sich von allem losgesagt hat, was dieser Vereinigung entgegen ist. Christus kann nicht mit einem Sünder in Lebensgemeinschaft treten. Wenn die Eucharistie also aus sich auch die Kraft hat, die Todsünden zu tilgen, so bedeutet die Todsünde doch für den E m p f ä n g e r ein Hindernis, die Kräfte der Eucharistie zu empfangen, die eben als geistliche Speise nicht, wie die Taufe, darauf hingeordnet ist, die erste Gnade zu geben, die die Todsünde nachläßt, sondern sie setzt das Leben voraus. Trotzdem kann in einem gewissen Sinne der Eucharistie auch die Erlangung der ersten Gnade zugeschrieben werden, weil jeder Christusgläubige, der sich taufen läßt, die Eucharistie ,in voto' empfängt, wie oben gesagt wurde (Fr. 73). Ob die Eucharistie in dem Falle, daß ein Sünder,
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der ein aktuelles Bewußtsein seiner Sünde nicht hat noch den Willen zur Sünde, in gutem Glauben hinzutritt, durch die Eucharistie die Rechtfertigung empfängt, wird von manchen Theologen (Bonaventura) bestritten, vom hl. Thomas bejaht (Art. 3 Antw.). — Der Unterschied zwischen Taufe und Eucharistie besteht eben darin, daß jene Wiedergeburt und Abwaschung ist und deshalb den Toten und Unreinen lebendig und rein macht, die Eucharistie aber nährt den Lebenden. Deshalb genügt es bei der Taufe, daß einer bei vollem Bewußtsein seiner begangenen Sünden nicht mehr den Willen zu sündigen hat. Bei der Eucharistie aber heißt es, der Hinzutretende solle „sich prüfen" und als mit Gott Versöhnter hinzutreten. Auf jeden Fall also bewirkt der Empfang der Eucharistie die Befreiung von der Todsünde und die Eingießung der ersten Gnade nur ,per accidens'. Anders ist es mit den l ä ß l i c h e n S ü n d e n (Art. 4). Wie nämlich die Speise die Aufgabe hat, die im täglichen Lebensprozeß aufgewandten Energien zu ersetzen, so hat auch die Eucharistie die Kraft, die täglichen Schäden zu heilen, die durch die menschliche Schwäche entstehen, indem sie immer wieder das Feuer der Liebe in den Seelen entzündet, das stärker ist als die menschliche Schwäche und die aus ihr sich ergebenden täglichen läßlichen Sünden. Die läßliche Sünde ist an sich nicht fähig, das G e h a b e n der Liebe im Menschen aufzuheben, wohl aber schwächt sie die Liebes a k t e. Deshalb werden die läßlichen Sünden durch die Eucharistie getilgt, nicht insofern diese das G e h a b e n der Liebe in den Seelen vertieft, sondern insofern sie in der Seele das aktuelle Liebesfeuer entzündet, das dann die Lauheit, die durch die läßlichen Sünden entstanden ist, überwindet. Weil die Liebe nicht nur die Schuld, sondern auch die Strafe zu tilgen imstande ist, deshalb hat auch die Eucharistie als S a k r a m e n t einen Einfluß auf die N a c h l a s s u n g d e r S ü n d e n s t r a f e n , zwar nicht unmittelbar, aber doch mitfolgenderweise, denn die unmittelbare Wirkung der Eucharistie ist die Vereinigung mit Christus durch die Liebe, deren Innigkeit dann die Nachlassung der Sündenstrafen nach dem Maße ihrer Stärke bewirkt. Die Eucharistie als O p f e r jedoch hat als objektive Darstellung des Leidens Christi genugtuende Kraft, sowohl für den Opfernden als auch für diejenigen, f ü r die das Opfer dargebracht wird. Wenn sie auch an sich eine unendliche, alle Sündenstrafen tilgende genugtuende Kraft besitzt, so ist die Wirkung im Einzelnen nicht nur abhängig von der Gabe, sondern vor allem von der inneren Verfassung des Opfernden, so daß sie auch nie alle Strafen tilgt, aber nicht etwa weil das Leiden Christi dazu nicht ausreichte, sondern deshalb, weil die menschliche Hingabe und Andacht stets eine begrenzte ist (Art. 5). Mit dem Opfercharakter der Eucharistie hängt es auch zusammen, wenn sich bei diesem Sakrament die besondere Frage erhebt, ob es auch a n d e r e n nützen könne als denen, die es empfangen. Bei der Taufe, der Firmung usw. wäre eine solche Frage nicht möglich gewesen. Als Darstellung des Lei-
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den» Christi aber ist die Eucharistie O p f e r (Art. 7 Antw.). Als Opfer aber kann die Eucharistie auch denen heilbringend sein, f ü r die sie dargebracht wird, insofern und soweit sie durch Glauben und Liebe mit diesem Sakrament verbunden sind, nicht aber denen, die außerhalb der Kirche stehen (Art. 7 Zu 2). Durch Glauben und Liebe des Einzelnen wird die u n i v e r s a l e Ursache einer b e s t i m m t e n Wirkung appliziert (vgl. S. Th. III 52, 1 Zu 2). Dazu muß von Seiten des Priesters die ,intentio applicativa' treten, durch die er die Messe dem bestimmten Gläubigen zuwendet (vgl. Rohner, Die Meßapplikation nach der Lehre des hl. Thomas, in: Divus Thomas, Frib., III. Serie, 2 [1924], 385—410).— Die Eucharistie als Sakrament im strengen Sinne des Wortes dagegen kann nur dem Empfänger selbst heilsam sein. Das ergibt sich schon aus der Natur des sakramentalen Zeichens selbst. Niemand kann für andere essen. So kann auch niemand für andere kommunizieren (Zu 3). Der hl. Thomas ist wohl der erste, der über den Brauch der Aufopferung der hl. Kommunion für andere redet (vgl. P. Browe, Die Aufopferung der Kommunion im Mittelalter, Tüb. Theologische Quartalsehrift 108 ¡[1927], 331—342). Er lehnt sie ab. „Laien, die die Eucharistie f ü r die Seelen im Fegefeuer empfangen, irren", sagt der hl. Thomas kategorisch (In Jo 6, lect. 6). Es kann überhaupt niemals einer f ü r einen andern ein Sakrament empfangen (Suppl. q. 13, art. 2 Zu 2). Etwas anderes ist es, wenn man unter ,Aufopferung der Kommunion' die Zuwendung der Akte, Verdienste und Gebete, die jemand beim Empfang hat oder verrichtet, an andere versteht. Doch ist das kein Aufopfern des Leibes des Herrn, sondern der eigenen Akte. Insofern die Kommunion integrierender Bestandteil des Opfers ist und die Teilnahme am Opfer für den Einzelnen vollendet, kann die Kommunion u. U. als der geeignete Augenblick betrachtet werden, in dem man das Opfer als g a n z e s f ü r einen anderen darbringt. Aber auch dann würde es sich nicht um eine Aufopferung der Kommunion, sondern um eine Aufopferung der Messe b e i der Kommunion handeln. Die Liturgie selbst betrachtet als den geeigneten Augenblick dafür das eigentliche Opfergebet des Kanon, nicht die Kommunion. Die meisten Theologen halten deshalb auch den Ausdruck ,die hl. Kommunion aufopfern' für nicht richtig (Nachweis bei P. Browe a. a. 0. S. 340). Eine der Eucharistie eigentümliche Wirkung, die auch mit ihrem Charakter als M a h l zusammenhängt, besteht in der a k t u e l l e n E r g ö t z u n g u n d E r f r e u u n g d e s G e i s t e s . „Kostet und sehet, wie lieblich der Herr ist", diesen Psalmvers sang man in der alten Kirche sehr häufig beim Empfang der heiligen Kommunion, und wenn Thomas in dieser Frage verschiedentlich auf die innere Seelenfreude zu sprechen kommt, die der Empfang der hl. Kommunion auslöst, so spüren wir, daß er hier aus eigener Erfahrung spricht. Die Freude ist die Frucht der Liebe. Weil die Eucharistie uns mit Christus durch die Liebe vereinigt, die Liebe aber das Streben hat, sich im Handeln und Fühlen auszuwirken, so erfüllt die Eucharistie den Menschen mit der Freude der Liebe, die in der Ge-
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genwart des Geliebten ruht (Art. 1 Zu 2; vgl. Apg 2, 46). Diese Frucht der Eucharistie wird vor allem durch den Wein ausgedrückt (vgl. oben Fr. 74; H. Lewy, Sobria ebrietas, Untersuchungen zur Geschichte der antiken Mystik, Gießen 1929). Natürlich ist damit nicht gesagt, daß jeder Kommunionempfang von Gefühlen geistiger Wonne begleitet sei. Einmal kann es im Ratschluß der göttlichen Vorsehung liegen, daß der Herr Seine beseligende Nähe vor der Seele verbirgt, um sie auf die Probe zu stellen. Anderseits wird die geistliche Freude an der Entfaltung gehindert durch L a u h e i t oder Zerstreutheit beim Kommunionempfang (Art. 8). 1 Die ganze Doktrin des hl. Thomas über die Wirkungen der Eucharistie faßt das Trienter Konzil sehr schön zusammen: „Unser Erlöser also hat, als Er sich anschickte, aus dieser Welt zum Vater zu gehen, dieses Sakrament eingesetzt und hat in ihm die Reichtümer Seiner göttlichen Liebe zu den Menschen ausgegossen... Er wollte aber, daß dieses Sakrament empfangen werde als geistliche Speise der Seelen, durch die sie genährt und gestärkt werden, indem sie das Leben Christi leben, der gesagt hat: ,Wer Mich ißt, wird durch Mich leben' (Jo 6, 58), und als ,Antidotum', durch das wir von den täglichen Fehlern gereinigt und vor Todsünden bewahrt werden. Ein Unterpfand sollte es außerdem sein unserer zukünftigen Herrlichkeit und ewigen Glückseligkeit und ein Sinnbild (symbolum) jenes einigen Körpers, dessen Haupt Er selbst ist, dem Er uns als Glieder durch die engste Verbindung des Glaubens, der Hoffnung und der Liebe einfügen wollte, damit wir alle dasselbe lehrten und keine Spaltungen unter uns seien (1 Kor 1, 10)" (sess. XIII, can. 2: Dz 875). 1 Zur Vermehrung der habituellen Gnade beim Empfang der Kommunion, der ohne einen Akt innerer Liebe und Hingabe stattfindet, vgl. Anm. [97].
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80. F R A G E VOM EMPFANG DER EUCHARISTIE IM ALLGEMEINEN Der letzte Artikel (8) der vorhergehenden Frage beschäftigt sich bereits mit dem Einfluß der subjektiven Verfassung des Empfängers auf die Wirkungen der hl. Kommunion und bildet so den Übergang zu dieser Frage, die über die zum rechten Genuß der Eucharistie erforderlichen Bedingungen handelt. Daß ihre Behandlung einen so großen Raum einnimmt, ergibt sich aus der Natur dieses Sakramentes, bei dem im Unterschied zur Taufe und den anderen Sakramenten Gebrauch und Vollzug nicht zusammenfallen. Bei der Eucharistie ist der Vollzug die Konsekration von Brot und Wein, der Gebrauch dagegen der reale Genuß (Art. 1 Zu 1). Deshalb nehmen die Fragen, die mit dem Genüsse dieses Sakramentes zusammenhängen, von jeher bei den Vätern und den Theologen einen breiten Raum ein. Thomas hat den Stoß übersichtlich geordnet. Art. 1—3 behandeln die Arten des Genusses dieses Sakramentes, Art. 4—6 die geistigen Voraussetzungen im Empfänger, Art. 7—9 die körperlichen Voraussetzungen, Art. 10—12 den Empfang selbst. Da der Wortlaut dem Verständnis kaum Schwierigkeiten bereitet, so können wir uns damit begnügen, hier eine kurze Zusammenfassung der Lehre zu bieten.
1.—3. ARTIKEL Die Arten
des
Empfanges
Gemäß seiner praktischen Einstellung hatte der hl. Augustinus unermüdlich seine Gläubigen ermahnt, beim Empfange der Eucharistie zu essen „usque ad spiritus participationem — bis zur Teilnahme des Geistes" (In Jo tr. 27, 11). Wie er in seiner ganzen Sakramentenlehre zwischen Zeichen und Bezeichnetem, zwischen Symbol und geistiger Wirklichkeit scharf unterschied, so auch beim Empfang der Eucharistie. Dabei trat ihm die geistige Wirklichkeit als die allein wichtige so entschieden in den Vordergrund, daß er darüber die sakramentale Wirklichkeit der eucharistischen ,caro* fast zu vergessen schien. „Wer nicht in Christus bleibt und Christus nicht in ihm, ißt zweifellos nicht von Seinem Fleische, noch trinkt er Sein Blut" (In Jo tr. 26, 18), eine Stelle, die man später korrigierte, um Mißverständnisse auszuschließen, weil sie — zusammen mit anderen ähnlich lautenden — in einer späteren Zeit, deren ganzes Interesse auf die Art der Gegenwart Christi im Sakramente gerichtet war, einen symbolischen Spiritualismus zu fördern schien. Der Spiritualismus des hl. Augustinus hat jedoch mit dem Symbolismus des Mittelalters oder gar der Reformatoren nichts zu tun. Der Leib Christi ist ihm in der Eucharistie nicht gegenwärtig durch die natürliche Symbolkraft des Brotes, sondern durch die Weihe. Ebenso ist die gei-
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stige Wirklichkeit der Eucharistie nicht durch unseren Glauben in sie hineingelegt, sondern objektiv mit ihr verbunden. Nur wer dem ,Fleische' Christi einverleibt ist, kann zum ,Geiste' Christi gelangen. So ist auch das .geistige Essen' bei Augustinus nicht ein rein subjektives Erkennen oder Betrachten, sondern ein Aufsteigen von dem durch die Weihe gegenwärtigen Fleische Christi zu dem mit ihm verknüpften, gleichsam hinter ihm stehenden Geiste Christi, wobei aber das geistige Genießen d u r c h die caro, nicht ohne sie sich betätigt (vgl. Adam, Eucharistielehre des hl. Augustin, S. 98ff.). In den Abendmahlstreitigkeiten des frühen Mittelalters aber hatten die Gegner der metabolisch-realistischen Auffassung der Eucharistie an Augustinus ihre stärkste Stütze gefunden und hatten gerade die Ungeheuerlichkeit eines rein fleischlichen Genusses Christi in der Eucharistie als ein Hauptargument für ihre spiritualistische Auffassung angeführt. Ihnen gegenüber zieht Thomas in dieser Frage gleichsam das Fazit der ganzen bisherigen Auseinandersetzung und zeigt, wie der sakramentale Realismus sich mit einer geistigen Auffassung vom Empfange dieses Sakramentes durchaus vereinigen läßt. Im ersten Artikel unterscheidet der hl. Thomas drei Arten des Empfanges der Eucharistie: 1. den n u r - s a k r a m e n t a 1 e n, bei dem zwar das Sakrament empfangen wird, aber ohne daß es seine geistige Wirkung ausüben kann. Das ist bei denen der Fall, die das Sakrament im Stande der Todsünde empfangen. In den Abendmahlstreitigkeiten waren auch manche Vertreter des Realismus der Ansicht gewesen, der Leib Christi höre auf, unter den Gestalten zu existieren, wenn ein Sünder oder Ungläubiger davon esse. Durch eine solche Auffassung aber würde zweifellos der Wirklichkeitscharakter dieses Sakramentes, wie er durch die Transsubstantiation bestimmt ist, in Gefahr geraten. Deshalb hält der hl. Thomas an dem früher begründeten Grundsatze fest, daß der Leib Christi so lange unter den Gestalten gegenwärtig bleibt, als diese nicht so sehr aufgelöst sind, daß die natürliche Substanz des Brotes oder Weines nicht unter ihnen existieren könnte, wenn sie vorhanden wäre. Somit empfängt also auch der Sünder den Leib Christi sakramental (Art. 3 Antw.). Ebenso bleibt auch beim Empfang durch einen Ungläubigen oder durch einen Unwissenden die Realität des Sakramentes objektiv bestehen, aber es wird von ihnen nicht a l s Sakrament, sondern als einfache Speise empfangen. Deshalb kann von einem sakramentalen Essen hier nicht die Rede sein, sondern nur von einem materiellen. Die gewiß unerträgliche Vorstellung, daß etwa der Leib Christi durch eine Maus zernagt werde, ist eben nur eine Phantasievorstellung, da der Leib Christi s u b s t a n t i e l l unter den Gestalten gegenwärtig ist und deshalb nur die Akzidentien von Brot und Wein in einem solchen Falle berührt werden (Art. 3 Zu 3). Die zweite Art des Empfanges ist der g e i s t i g e . Dieser bleibt stets an das Sakrament gebunden und ist gegenüber dem nur-sakramentalen Empfang das Vollkommenere, weil in ihm das Sakrament auch seine geistige Wirkung hervorbringt
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(Art. 1). Das ,geistige Essen', von dem hier die Rede ist, ist also wohl zu unterscheiden von dem ,geistigen Essen' Christi, das bisweilen von den Engeln ausgesagt wird und in der vollkommenen Vereinigung mit Christus in der Liebe und in der Schau besteht. Die Eucharistie ist nicht ,Brot der Engel', als ob die Engel das Sakrament geistig genössen. Das Sakrament ist ausschließlich für den ,status viae' bestimmt, also für den Menschen, solange er noch im Glauben wandelt und nicht im Schauen ruht (Art. 2 Zu 2). Der sakramentale Realismus bedeutet also keineswegs eine unstatthafte Vorwegnahme dessen, was erst in der Ewigkeit dem Menschen offenbar werden wird. Die reale Gegenwart Christi in der Eucharistie bleibt v e r b o r g e n e , sakramentale Gegenwart, die von der hüllenlosen Offenbarung im Himmel durchaus verschieden ist. Wenn man also davon spricht, daß in der Eucharistie der Mensch das Brot der Engel esse, so kann das nur im a n a l o g e n Sinne verstanden werden (Art. '2 Zu 1), insofern das rein-geistige Essen der Engel im Himmel das Urbild des sakramentalen Essens der Glaubenden auf Erden ist (vgl. Anm. [99]). „Die eucharistische Speise ist nach dem ebenso zarten als tiefen Ausdruck des hl. Augustinus nur die Milch, in welche sich das himmlische Brot des ewigen Lebens im Schöße Maria verwandelt hat, um sich zu unserer Schwäche herabzulassen und uns so zum Genüsse seiner selbst in seiner natürlichen Größe vorzubereiten" (Scheeben, Mysterien des Christentums, Mainz 1925, S. 494). Schließlich können wir noch eine dritte Art des Empfanges unterscheiden: die r e i n - g e i s t i g e , die darin besteht, daß einer das Verlangen hat, die Eucharistie zu empfangen (Art. 1 Zu 3 und Art. 2 Antw.). Dieser rein-geistige Empfang der Eucharistie wirkt jedoch nicht ex opere operato, sondern nur ex opere operantis, so daß dadurch der sakramentale Genuß nicht überflüssig wird (Art. 1 Zu 3). Eine .geistige Kommunion' als E r s a t z der sakramentalen bei Gläubigen, die an sich das Sakrament empfangen könnten, kennt Thomas also nicht. Sie hat in der Tat nur dann einen Sinn, wenn jemand zwangsläufig, etwa durch Krankheit, die das Nüchternbleiben unmöglich macht, am Empfang des Sakramentes gehindert ist. Die drei Arten des sakramentalen Genusses der Eucharistie wurden vom Trienter Konzil in das Dekret über die Eucharistie übernommen (sess. X I I I , can. 8). 4 . - 6 . ARTIKEL Die geistigen
Voraussetzungen
Die Eucharistie ist ein Sakrament der Stärkung und Ernährung des geistlichen Lebens. Es setzt deshalb das Leben voraus, so daß die erste Bedingung zu ihrem Empfang die Taufe ist (Art. 6 Antw.). Diese gibt ein Recht auf den Empfang der Eucharistie. Hat aber jemand nach der Taufe schwer gesündigt, so muß er durch die Beichte dafür sorgen, daß er im Stand der
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Gnade ist (Art. 4 Zu 2). Der Empfang der Eucharistie bedeutet eben innigste Gemeinschaft mit Christus, die ein Sünder nicht haben kann. „Das Heilige den Heiligen!" ruft deshalb in der griechischen Liturgie der Priester vor der Austeilung der heiligen Kommunion. Öffentlichen Sündern kann sie vom Priester verweigert werden (Art. 6). Nach den Bestimmungen des Trienter Konzils muß jeder, der sich einer Todsünde bewußt ist, vor dem Empfange dieses Sakramentes beichten. Das gilt auch für die Priester, die zum Zelebrieren verpflichtet sind. Ist das aus Mangel an Beichtvätern unmöglich, so sollen sie die Beichte möglichst bald nachholen (sess. XIII, cap. 7 u. can. 11). Aus dem, was Thomas über die Sünde der u n w ü r d i g e n K o m m u n i o n sagt (Art. 5), können wir entnehmen, daß er in ihrer Beurteilung sehr maßvoll ist. Die Schwere einer Sünde richtet sich nach dem Gegenstand und nach den Umständen. Die unwürdige Kommunion ist nicht die schwerste der Sünden von ihrem G e g e n s t a n d her gesehen, weil das Sakrament nicht der höchste und heiligste Gegenstand ist, indem es zwar erhabener ist als alle Geschöpfe, aber nicht so erhaben wie die hl. Menschheit Christi in sich oder die Gottheit. Die unwürdige Kommunion ist also nicht mit Gotteslästerung auf eine Stufe zu stellen. Ebenso können die U m s t ä n d e dazu beitragen, die Sünde der unwürdigen Kommunion in ihrer Schwere bedeutend herabzumindern. Wie oft kommt es vor, daß jemand aus Furcht, eine von ihm begangene schwere Sünde könnte durch sein Fernbleiben von der gemeinsamen Kommunion offenbar werden, unwürdig kommuniziert. Manchmal wird gar einem Kinde der Tag seiner ersten hl. Kommunion aus dem freudigsten zum dunkelsten Tag seines Lebens, weil es, vielleicht aus Versehen, das eucharistische Fasten nicht eingehalten hat und nun das Schreckgespenst der unwürdigen Kommunion vor ihm auftaucht. All das mahnt dazu, keine ü b e r t r i e b e n e n Vorstellungen von der Schwere dieser Sünde, vor allem bei Kindern, zu erwecken und auch vorsichtig zu sein in den Vergleichen der unwürdigen Kommunion mit der Sünde der Tötung Christi oder des Verrates des Judas, da hier von einer Gleichheit der Schwere nicht gesprochen werden kann (Zu 2 und Zu 3).
7 . - 9 . ARTIKEL Die k ö r p e r l i c h e n V o r a u s s e t z u n g e n Zu den körperlichen Voraussetzungen f ü r den Empfang der Eucharistie gehört zunächst die körperliche R e i n h e i t (Art. 7). Doch ist weder der eheliche Verkehr noch unfreiwillige Befleckung ein unbedingtes Hindernis, die hl. Kommunion zu empfangen. Nur die unter Umständen dadurch hervorgerufene Ablenkung oder Zerstreutheit des Geistes oder körperliche Unreinheit läßt es angemessen erscheinen, sich der hl. Kommunion zu enthalten (Zu 2; vgl. Anm. [104]). Zur Beobachtung der Nüchternheit vor der hl. Kommunion
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(Art. 8) ist jeder unter schwerer Sünde verpflichtet. Die Grundsätze, die Thomas in diesem Artikel darüber entwickelt, sind die von der Kirche allgemein angenommenen; sie sind zum Teil in die Meßrubriken de defectibus übergegangen (vgl. Anm. [106]; DThC U l i , 500—503). Ist die körperliche Verfassung so, daß der Gebrauch der Vernunft durch geistige Umnachtung gehindert ist und den andächtigen Empfang des Sakramentes unmöglich macht, so soll die hl. Kommunion nicht gereicht werden, es sei denn in der Todesstunde bei denen, die früher Zeichen der Verehrung und Andacht gegenüber der hl. Eucharistie gezeigt haben und bei denen im Augenblick keine Gefahr des Ausspuckens oder sonstiger Verunehrung des Sakramentes besteht. Die nie zum Vernunftgebrauch gelangen, sollen nicht zur heiligen Kommunion zugelassen werden. Ebenso nicht die Kinder bis zum Vernunftgebrauch. Der Brauch der alten Kirche, den getauften Neugeborenen das hl. Blut zu reichen, ist vielfach auf eine zu enge Auffassung von der Heilsnotwendigkeit der Eucharistie zurückzuführen (vgl. Anm. [109]). Unter diesem Gesichtspunkt der Heilsnotwendigkeit der Eucharistie hatte Augustinus die Kommunion der Neugeborenen gefordert, vor allem seitdem er in den antipelagianischen Schriften die Heilsnotwendigkeit der caro Christi als solcher entschiedener betonte, als er es früher getan hatte (vgl. Adam, a. a. 0 . S. 157 ff.). Der hl. Thomas identifiziert sich mit dem früheren Augustin, der die Heilsnotwendigkeit der Eucharistie nicht wie später auf die caro, sondern auf die res der Eucharistie bezogen hatte, das heißt auf die Teilnahme am mystischen Leibe Christi. — Bei der Festsetzung der Altersgrenze für den Empfang dieses Sakramentes wendet der heilige Thomas denselben Grundsatz an wie oben: sobald das Kind fähig ist zur Hingabe. In 4 Sent., dist. 9, q. 1, a. 5, qa 4 drückt er sich ein wenig anders aus: wenn die Kinder das eucharistische vom gewöhnlichen Brote unterscheiden können (vgl. das Nähere in Anm. [109]).
1 0 . - 1 2 . ARTIKEL Der E m p f a n g der
Kommunion
Nicht nur die wachsende Lauheit der Gläubigen, ihre erkaltende Liebe (Zu 5), sondern auch der jansenistische Rigorismus, der für den würdigen Empfang der hl. Kommunion die vorherige Leistung einer den Sünden voll entsprechenden Buße und eine ganz reine Gottesliebe forderte (Dz 1312 f.), hatten die Häufigkeit des Kommunionempfanges stark zurückgehen lassen, bis Pius X. die richtigen Grundsätze in der kirchlichen Praxis wieder zur Anwendung gebracht hat. Sie decken sich im wesentlichen mit dem, was der hl. Thomas in diesen beiden Artikeln darüber entwickelt. Die häufige, ja tägliche Kommunion ist durch die N a t u r d i e s e s S a k r a m e n t e s selbst gefordert, das unter der Gestalt des Brotes, also der ge-
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wohnlichen Nahrung, gereicht wird, in Erfüllung des biblischen Vorbildes, des Manna, das auch den Israeliten auf ihrem Zuge durch die Wüste zur täglichen Nahrung diente (Zu 2); das weiterhin dazu eingesetzt ist, die Liebe ständig zu mehren und die täglichen Fehler zu tilgen (Zu 1). Doch muß außer der Natur des Sakramentes auch die V e r f a s s u n g des einzelnen Gläubigen in Betracht gezogen werden. Gewiß haben die Jansenisten ihre Forderungen übertrieben, da die Eucharistie nicht Lohn für schon vorhandene Tugend ist, sondern ein Mittel, sie zu erlangen und zu vermehren. Anderseits aber darf man sich auch der Einsicht nicht verschließen, daß mit der häufigen Kommunion auch häufig das Gewohnheitsmäßige das Feuer der Liebe erkalten läßt, so daß Gleichgültigkeit an die Stelle der Andacht und Sammlung tritt. Deshalb kann die häufige Kommunion, wenn sie mit einem Leben verbunden sein sollte, das wegen seiner Lauheit und seines weltlichen Charakters der Heiligkeit des Leibes Christi nicht entspricht, der Seele zum Schaden gereichen, weil sie dadurch nur in ihrer Lauheit bestärkt wird und schließlich die Ehrfurcht vor dem Sakramente gänzlich verliert. Deshalb muß in der Praxis darauf geachtet werden, daß bei der häufigen Kommunion sowohl Liebe wie Ehrfurcht lebendig sind, indem die letztere vor dem Empfange zurückhält, wenn sie die Seele nicht bereitet findet, und indem die erstere jedoch als die übermächtigere auch immer wieder die Furcht vertreibt und zur Vereinigung mit Christus drängt (Zu 3). Je häufiger aber die Kommunion, desto besser muß die innere Verfassung des Gläubigen sein, die man jedoch nicht allein nach seiner Seelen S t i m m u n g , sondern auch nach seinem ganzen Verhalten beurteilen muß, ob sich nämlich in seinem Leben die vornehmste Frucht der Eucharistie, die selbstlose Liebe, tätig erweist. Auf keinen Fall ist es den Erwachsenen erlaubt, sich des Empfanges der hl. Kommunion — etwa aus Demut (Art. 11 Zu 1) — ganz zu enthalten, da der zum Heile notwendige geistige Empfang durch das Verlangen betätigt werden muß im sakramentalen Empfang. Die Eucharistie ist Nahrung. Ohne Nahrung kann sich kein Leben erhalten. Das vom Laterankonzil festgesetzte Mindestmaß des jährlichen Empfanges ist vom Trienter Konzil bestätigt worden (sess. XIII, can. 9), das aber auch den Wunsch äußert, es möchten die Gläubigen, die einer Messe beiwohnen, in dieser nicht nur geistig, sondern auch sakramental die hl. Kommunion empfangen, damit sie um so mehr der Früchte des Opfers teilhaftig würden (sess. XXII, cap. 6). Dieser Gedanke, daß die Kommunion die vollendete Teilnahme am Opfer bedeutet, klingt auch in diesen Artikeln verschiedentlich an (vgl. Art. 10 Zu 4). Die F r a g e des
Laienkelches
Bezieht sich aber das Gebot des Empfanges der Kommunion nicht auf die beiden Gestalten, gemäß dem Worte Christi, das Thomas zu seiner Begründung angeführt hatte (Art. 11, Ander-
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seits): „Wenn ihr das Fleisch des Menschensohnes nicht essen und Sein Blut nicht trinken werdet, werdet ihr das Leben nicht in euch haben" (Jo 6, 54)? Deshalb muß Thomas hier noch kurz auf die Frage des L a i e n k e l c h e s zu sprechen kommen (Art. 12). Der Gebrauch des Sakramentes steht in der Mitte zwischen dem Sakrament und den Empfängern. Er muß sich deshalb in seiner praktischen Handhabung nach beiden richten. Einerseits muß alles erfüllt werden, was zum vollkommenen Vollzug des Sakramentes gehört. Anderseits muß auch den Umständen Rechnung getragen werden, die sich auf die Empfänger beziehen, damit nichts geschehe, was ihrer Ehrfurcht vor dem Sakramente Abbruch tun könnte. Deshalb muß einerseits der Priester auch das hl. Blut trinken, weil das zur Vollständigkeit des Opfers gehört, dessen Vollzieher er ist, während der Kommunionempfang der Laien nicht zum vollständigen Vollzuge dieses Sakramentes gehört. Da der Priester aber das Opfer für die ganze Gemeinde und die ganze Kirche vollzieht, hat in ihm auch die Gemeinde am hl. Blute Anteil (Zu 3). Einige Theologen, wie Alexander von Haies (Sent. IV, q. 32, membr. 1, art. 2), die Salmanticenser (tr. 23, disp. 10, dub. 4, § 1), Melchior Cano usw. vertreten die Ansicht, daß jedoch die Kommunion unter beiden Gestalten im Empfänger mehr Gnade bewirke (vgl. auch Fr. 74, 1 Antw.). Das Trienter Konzil wollte diese Frage nicht entscheiden und beschränkte sich auf die Feststellung, daß jedenfalls den Laien durch die Kommunion unter einer Gestalt keine .heils n o t w e n d i g e ' Gnade entzogen werde (sess. XXI, cap. 3). Der Grund ist der von Thomas angedeutete (Zu 3): die beiden Gestalten gehören notwendig zur Realität des sakramentalen Opfers, nicht aber zur Ausübung der sakramentalen Kausalität, weil das heiligende Prinzip der Menschheit Christi unter jeder Gestalt vollständig existiert. So verheißt auch der Herr selbst in Seiner eucharistischen Rede dem Essen des Brotes dieselbe Wirkung (Jo 6, 52. 59) wie dem Genüsse beider Gestalten (vgl. Anm. [111]). In tiefem Verstehen legt Möhler (Symbolik [Mainz 1904], S. 319/320), den Standpunkt der Kirche in der Frage des Laienkelches dar. Es ist nicht so, als habe die Kirche durch ihre Vorschrift den Laien den Kelch geraubt, sondern das Gesetz folgte dem schon allgemein verbreiteten Brauche und billigte ihn. Dieser aber ging aus der frommen Scheu hervor, die Form des Höchsten und Heiligsten, dessen der Mensch gewürdigt werden kann, durch Vergießen und dergleichen zu entheiligen. Indem der Katholik sich des gesegneten Kelches enthält, beweist er, daß es ihm nicht um die Form zu tun ist, da er durch biblische Vorgänge, jedenfalls durch die Autorität der ältesten Kirche belehrt, sich enthalten zu können glaubt, ohne vom Geiste Jesu Christi sich zu entfernen. Für ihn ist der Empfang der Eucharistie unter einer Gestalt ein Bekenntnis zu der Gegenwart des ganzen Christus in diesem Sakrament, während diejenigen, die der Kirche Verkürzung und Verstümmelung der Gottesgabe vorwerfen, vielfach den Leib und das Blut des Herrn hinwegnehmen und dafür nur Brot und Wein zurücklassen, wie die Zwinglianer und mit ihnen fast alle Protestanten
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liberaler Färbung. Möhler schließt dann seine Ausführungen mit dem Wunsche: „Gleichwohl würden wir uns freuen, wenn es einem jeden freigestellt würde, ob er aus dem gesegneten Kelche trinken wolle oder nicht; was auch zuverlässig geschehen wird, wenn sich der allgemeine Wunsch in Liebe und Eintracht ebensosehr für den Genuß desselben aussprechen wird, als er sich vom zwölften Jahrhundert an dagegen ausgesprochen hat."
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81. F R A G E WIE CHRISTUS BEIM LETZTEN ABENDMAHLE VON DIESEM SAKRAMENT GEBRAUCH GEMACHT HAT Durch die Tatsache, daß Christus selbst beim Letzten Abendmahl, also vor Seinem Leiden, dieses Sakrament vollzogen hat, ergeben sich verschiedene Fragen, die Thomas nun behandelt. Hat Christus auch selbst Seinen Leib und Sein Blut im Sakramente genossen? Aus der ganzen Situation des Paschamahles muß man schließen, daß Christus mit Seinen Jüngern zusammen von dem ungesäuerten Brote gegessen und vom Segnungskelche getrunken hat. Das gehörte zum jüdischen Brauche. Niemand durfte sich von der gemeinsamen Speise ausschließen, am allerwenigsten der Hausherr, dessen Stelle Christus hier einnimmt. Denn das gemeinsame Essen war das Zeichen der Gemeinschaft. Da nun der Gemeinschaftsgedanke bei diesem letzten Mahle Christi in besonderer Weise erfüllt werden sollte, wird der Herr in diesem Augenblicke Sich nicht von der Gemeinschaft ausgeschlossen haben. Wäre es dennoch geschehen, so würden die Evangelisten eine so ungewöhnliche Handlungsweise gewiß berichtet haben. Ebenso liegt die Teilnahme Christi am eucharistischen Mahle ganz in der Linie der tieferen Bedeutung des Letzten Abendmahles. Es zeigte den Herrn als denjenigen, der als Priester und Opfergabe die Gemeinschaft mit den Seinen vollendete, was auch Thomas an einer anderen Stelle (III, 84, 7 Zu 4) hervorhebt. Die letzte Vollendung dieser Einheit aber ist das himmlische Mahl, auf das das Letzte Abendmahl aufs engste bezogen war. Es hatte einen ganz eschatologischen Charakter. Thomas gründet seine Ansicht zunächst auf das Zeugnis der T r a d i t i o n , die in der Tat auf seiner Seite ist, wenn auch das im ,Anderseits' angeführte Zeugnis des Hieronymus im Zusammenhang eine weitere Bedeutung hat und sich auf die Erfüllung des göttlichen Gebotes durch uns in der Kirche bezieht, durch die wir dieselbe Speise essen wie Christus, dessen Speise es war, den Willen des Vaters zu tun. Doch klingt gewiß in den Worten des Hieronymus auch der Gedanke an die Eucharistie an (vgl. De la Taille, Mysterium fldei, S. 122). Der A n g e m e s s e n h e i t s g r u n d , den Thomas für seine Ansicht anführt, entspricht einem tiefen heilsökonomischen Gesetz, das Rufinus einmal in die Worte faßt: „Segnungen werden auf dem Haupte Josephs ruhen und auf den Häuptern seiner Brüder, denen er vorsteht. Zu Recht ruhen nach diesem Worte alle Segnungen auf dem Haupte Christi, und von Seinem Haupte kommen sie auf das Haupt derer, denen Er vorsteht. Und nur aus dem Grunde empfing Er alle diese Segnungen als Menschgewordener, um sie, wie sie vom Vater auf Ihn übergeströmt waren, wiederum über die Gläubigen auszugießen" (De bened. Patr., lib. II, n. 2: PL 21, 330 f.). Indem Christus also als erster die Eucharistie genießt, wie er auch als erster die Taufe empfing, werden wir gleichsam Seine Mahlgenossen, die mit Ihm am hl. Opfermahl teilnehmen. —
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Zu dem von Thomas angeführten Angemessenheitsgrund kann man auch noch Sent. IV, dist. 11, q. 3, a. 1 ad 3 hinzufügen. Die ,Selbstkommunion' Christi hatte für Ihn keine Gnadenwirkung, sondern eine Zeichenfunktion. Sie war Ihm Unterpfand und Vorwegnahme der Herrlichkeit im Sinne der Bitte des hohenpriesterlichen Gebetes: „Vater, die Stunde ist gekommen, verherrliche Deinen Sohn!" (Jo 17, 1). Damit hat Thomas selbst auf die eschatologische Bedeutung der ,Selbstkommunion' Christi hingewiesen. Anders ist es bei Judas. Die Frage, ob auch er die Kommunion empfangen habe, wurde von den Vätern verschieden beantwortet. Thomas führt den hl. Hilarius als Gegner an (1. Einw.). Augustinus dagegen bejaht sie (Zu 3). Thomas selbst unterscheidet. Betrachtet man nur die Verworfenheit des Judas, so wäre es gewiß angemessen gewesen, ihm die Kommunion nicht zu reichen. Aber Christus handelt beim Letzten Abendmahle als Lehrer und Beispiel, und in dieser Eigenschaft hat Er Judas die Kommunion gereicht, um den kirchlichen Vorstehern ein Beispiel zu geben, den geheimen Sünder nicht vom Tisch des Herrn auszuschließen. Thomas geht auch auf die exegetischen Schwierigkeiten ein, die dieser Frage zugrunde liegen. Schon Augustin hatte sich gegen diejenigen gewandt, die in dem dem Judas nach dem Bericht des Johannes (13, 26 f.) gereichten Bissen den Leib Christi sehen wollten (3. Einw.). In der Tat braucht ipm/uov nicht mit ,Bröt" übersetzt zu werden, wie die Vulgata es tut. Es bedeutet einfach ,Bissen'. Wenn man dann den Bericht auf dem Hintergrunde des Verlaufes eines jüdischen Paschamahles sieht, so handelt es sich bei diesem ,Bissen' höchstwahrscheinlich um die Bitterkräuter, die man im ersten Teile des Ostermahles zusammen mit einer Salztunke und einem Fruchtmus zu reichen pflegte (vgl. Strack-Billerbeck, Kommentar zum N. T., Bd. IV, 1, S. 64). Mit der Überreichung des Bissens an Judas kennzeichnet Christus diesen als Verräter, mit dem Er die Gemeinschaft aufhebt. Das hat dann zur unmittelbaren Folge, daß Judas zum Besitz des Satans wird (vgl. 1 Kor 5, 5). Da aber die Darreichung des Leibes und Blutes Christi an die Jünger gewiß erst im zweiten Teil des Abendmahles stattgefunden hat, hat Judas auch höchstwahrscheinlich nicht schon vor dem Empfang des Bissens kommuniziert, wie Thomas mit Augustinus, gestützt auf Lukas, annimmt. Doch deutet bei Lukas manches darauf hin, daß er nicht in strenger geschichtlicher Reihenfolge erzählt. Der genauere Bericht des Matthäus (26, 21 ff.) legt jedenfalls die Überreichung des Bissens an Judas auch deutlich in den ersten Abschnitt des Mahles. Exegetisch ist es also wahrscheinlicher, daß Judas nicht den Leib des Herrn empfangen hat. Die beiden folgenden Artikel (3 u. 4) sind für die Eucharistielehre des hl. Thomas insofern von Bedeutung, als in ihnen das Verhältnis berührt wird, in dem die sakramentale Daseinsweise Christi zu Seinem gleichzeitigen außersakramentalen (geschichtlichen) Sein steht. Art. 3 behandelt die Beziehung zu dem jeweiligen Seins z u s t a n d e Christi, Art. 4 diejenige
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zu vorübergehenden V e r ä n d e r u n g e n , die sich geschichtlich in und an Christus vollziehen. Schon aus dem früher über die Transsubstantiation Gesagten ergibt sich, daß der Leib Christi im Sakramente nicht in einem anderen Seinszustande gegenwärtig sein kann, als der ist, den er gleichzeitig in Wirklichkeit hat. Die Transsubstantiation bringt keine physische Veränderung in ihm hervor (vgl. oben S. 500). Deshalb war der Leib Christi im Abendmahl so unter den Gestalten gegenwärtig, wie Er zur selben Zeit geschichtlich existierte, also als leidensfähiger. Daraus folgt aber nicht, daß Christus nun etwa durch den Genuß dieses Sakramentes tatsächlich gelitten hätte. Denn wenn Christus auch beim Letzten Abendmahl als i n s i c h Leidensfähiger unter den Gestalten gegenwärtig war, so konnte Ihn doch das, was den sakramentalen Gestalten von außen angetan wurde, in sich nicht treffen. Dazu wäre nötig, daß Er mittels Seiner eigenen Ausdehnung in diesem Sakramente gegenwärtig wäre, weil nur durch die körperliche Berührung die Möglichkeit gegeben ist, Christus durch Gewalt von außen dem Leiden zu unterwerfen. Da Er aber nicht durch Seine Ausdehnung, sondern durch Seine Substanz unter den Gestalten von Brot und Wein gegenwärtig ist, die Substanz als solche aber jeder körperlichen Berührung unzugänglich ist, so war Christus beim Letzten Abendmahle zwar als in sich Leidensfähiger unter den Gestalten gegenwärtig, aber nicht so, daß man Ihn in diesem Sakramente dem Leiden unterwerfen konnte. Daraus ergibt sich sofort, daß Christus unter diesem Sakramente nur Schmerz empfinden und sterben kann, wenn Er außerhalb des Sakramentes Schmerz empfinden und sterben kann. Ebensowenig wie die sakramentale Seinsweise einen b e s o n d e r e n physischen Z u s t a n d Christi bedeutet, der von dem gleichzeitigen geschichtlichen verschieden wäre, ebensowenig bedeuten auch Veränderungen, die an den eucharistischen Gestalten vor sich gehen, physische Veränderungen f ü r Christus, wie Er in sich ist (Art. 4). „Eine Veränderung Christi im Sakramente rührt nur von einer Veränderung in der natürlichen Seinsweise Christi her" (Vonier-Schneider, Das Geheimnis des eucharistischen Opfers, S. 97). Die Identität zwischen Christus, wie Er in diesem Sakramente gegenwärtig ist, mit Christus, wie Er außerhalb desselben existiert, hat zur Folge, daß alles das, was sich geschichtlich in [und nicht an] Christus selbst abspielt zu der Zeit, da Er im Sakramente gegenwärtig ist, sich auch in dem Christus des Sakramentes abspielt. Da aber Christus im Sakramente nach Weise der Substanz gegenwärtig ist, so spielt sich in diesem Sakramente nur das ab, was Christus angeht, wie Er in sich selbst ist. Deshalb sagt Thomas, daß Christus in diesem Sakrament nicht von außen leiden, wohl leben, sterben, Schmerz empfinden, beseelt und unbeseelt sein könne. Bei der Interpretation dieser Worte muß man den Zusammenhang vor Augen behalten. Thomas will hier nicht sagen, die sakramentale Seinsweise Christi erlaube es, daß die Substanz' des Opfertodes Christi im Sakramente gegenwärtig werde ohne
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die äußeren geschichtlichen Umstände. Es handelt sich in diesem Zusammenhang überhaupt nicht in erster Linie um die Frage der s a k r a m e n t a l e n Vergegenwärtigung des Leidens Christi, sondern um das g e s c h i c h t l i c h e Leiden Christi in seiner Beziehung zu dem vielleicht gleichzeitig im Sakramente gegenwärtigen Christus. Man kann aus diesem Artikel aber auch nicht schließen, daß nach der Ansicht des hl. Thomas das gleichzeitige Leben Christi außerhalb des Sakramentes den s a k r a m e n t a l e n Inhalt der Eucharistie ausmache, und schon aus diesem Grunde der hl. Thomas vom Leiden Christi als sakramentalem Inhalt der Eucharistie nicht reden könne. Es geht vielmehr aus diesem Artikel deutlich hervor, daß Thomas unter der sakramentalen Seinsweise' Christi in diesem Sakramente die durch die ,vis verborum' eindeutig bestimmte und von Christi gleichzeitigem außersakramentalem Sein unabhängige Seinsweise versteht, das sogenannte ,innere Sakrament" oder .Sache und Sakrament', das der ,Christus passus' ist.
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8 2. F R A G E ÜBER DEN VERWALTER DER
EUCHARISTIE
Da das Besondere der Eucharistie gegenüber den anderen Sakramenten darin liegt, daß das Sakrament in der W e i h e der Elemente vollzogen wird, zu der dann die Ausspendung als ein neuer, zeitlich späterer Akt hinzutritt, so unterscheiden wir auch bei der Eucharistie den V o l l z i e h e r und den S p e n d e r des Sakramentes. Diese Unterscheidung liegt auch der Einteilung des Stoffes in dieser Frage zugrunde. Art. 1—2 handeln über den Priester als V o l l z i e h e r des Sakramentes; Art. 3—4 über den Priester als A u s s p e n d e r ; Art. 5—6 über die U n w ü r d i g k e i t des Priesters und ihren Einfluß auf den Vollzug des Sakramentes; Art. 7—9 über den u n e r l a u b t e n Vollzug (bzw. Empfang); Art. 10 schließlich über die V e r p f l i c h t u n g des Priesters, das Sakrament zu vollziehen. Über
den
P r i e s t e r a l s V o 11 z i e h e r Eucharistie
der
Bei der Einsetzung der hl. Eucharistie hatte Christus den um Ihn versammelten Aposteln, und nur diesen, den ausdrücklichen Auftrag und die Vollmacht gegeben, das Mysterium Seines Leibes und Blutes zu vollziehen. Es ist stete Überlieferung der Kirche gewesen, daß der Herr mit diesen Worten das Priestertum der Kirche eingesetzt und ihm zugleich seine vornehmste Aufgabe übertragen hat. Diese priesterliche Gewalt wird weitergegeben durch die Priesterweihe, durch die dem Geweihten ein inneres, geistiges Mal verliehen wird, kraft dessen er die Vollmacht hat, das Opfer in der Kirche darzubringen in der Person Christi. Die A n g e m e s s e n h e i t dessen, daß nur der geweihte Priester dieses Sakrament vollziehen kann, leitet der hl. Thomas aus der W ü r d e der Eucharistie ab. Diese besteht darin, daß die Eucharistie nicht, wie die übrigen Sakramente, vollzogen wird durch die Anwendung eines mit übernatürlich-geistiger Kraft ausgestatteten Elementes, wie die Taufe durch die Abwaschung mit Wasser, sondern durch die Verwandlung der Elemente des Brotes und Weines in den Leib und das Blut Christi. Weil dieses Sakrament also Christus selbst enthält, deshalb handelt der Priester bei seiner Weihe ganz und gar als Stellvertreter Christi und in Seiner Person, wie wir das bei der Feier der hl. Messe sehen, im Unterschied z. B. von der Taufe. Während in dieser der Vollzieher des Sakramentes sich selbst als das (nächste) Subjekt der sakramentalen Handlung bezeichnet, indem er sagt: „ I c h taufe dich im Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes", tritt beim Vollzuge der Eucharistie die eigene Person vollständig zurück und das Wort ,Mein' in der Weihe des Brotes „Das ist Mein Leib" bezieht sich auf das Ich Christi und nicht auf das des Priesters. Es ist also einleuchtend, daß
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niemand sagen kann: „Das ist m e i n Leib", wenn nicht in der Person Christi, und das wiederum ist nicht möglich, wenn Christus ihn nicht als Seinen Vertreter bevollmächtigt hat. Ja, weil die Eucharistie das Sakrament der Sakramente' ist, so werden alle kirchlichen Weihegrade auf die Eucharistie hingeordnet und empfangen von ihr ihren Sinn. Wenn der Grad des Priesters sich auszeichnet durch die Weihegewalt, so hat er doch neben sich ,cooperatores' in der Verwaltung der Eucharistie: die Diakone, die dem Priester bei der S p e n d u n g des Sakramentes zur Seite stehen, die S u b d i a k o n e , die den Stoff der Eucharistie auf dem Altare zurichten, Wein und Wasser im Kelche mischen, dann die A k o l u t h e n , die die Elemente herbeibringen. Die anderen Weihegrade üben ihre Tätigkeit aus in der Vorbereitung des Volkes auf die Teilnahme am eucharistischen Mysterium: die 0 s t i a r i e r, indem sie die Ungläubigen fernhalten, die L e k t o r e n , indem sie die Willigen (Katechumenen) belehren, die E x o r z i s t e n , indem sie die Besessenen vom Teufel befreien (vgl. Suppl. III 87, 3 Antw.). Die Würde der Eucharistie beruht aber nicht nur darauf, daß sie Christus selbst enthält, sondern auch darauf, daß sie das Opfer Christi ist. Gerade vom Opfercharakter der Eucharistie her wird deutlich, weshalb nur der geweihte Priester dieses Sakrament vollziehen kann. Wenn die Eucharistie das sichtbare Opfer des Neuen Bundes ist, das die Kirche durch göttliche Einsetzung empfangen hat (Konzil von Trient, eess. XXIII, can. 1: Dz 957), so kann sie nur das Opfer Christi sein, das am Kreuze einmal dargebracht ist und durch das der Herr e w i g e Erlösung gewirkt hat. „Das Opfer, das täglich in der Kirche dargebracht wird, ist kein anderes als das Opfer, das Christus selbst dargebracht hat, sondern dessen ,commemoratio' (Gedächtnis)" (Iii 22, 3 Zu 2). Christus selbst ist also in der Eucharistie Priester und Opfer zugleich, wie Er es am Kreuze gewesen ist. Ein anderer kann also dies Opfer nur darbringen in der Person Christi (4 Sent., dist. 8, q. 2, art. 1, sol. 4 ad 4). Der Weihecharakter gibt aber dem Priester die Fähigkeit, in der Person des Hohenpriesters Christus zu handeln. Das
allgemeine Priestertum bei der Eucharistie
der
Feier
Hier aber drängt sich nun die Frage auf: wird nicht auch der christliche Laie, jeder Getaufte, in der Heiligen Schrift (1 Petr 2, 5—9; Oflb 1, 6) und bei den Vätern ,Priester' genannt? Und hat nicht gerade der hl. Thomas das in der Taufe und in der Firmung verliehene sakramentale Mal als „von Christus selbst hergeleitete Teilnahme am Priestertum Christi" erklärt (III 63, 3 u. 5: Bd. 29, S. 80)? In der Tat war in der alten Kirche der Gedanke des allgemeinen Priestertums aller Getauften eine lebendige Wirklichkeit, was allerdings niemals heißen sollte, daß jeder Christ sein eigener Prie35 30
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ster sei. Die hierarchische Ordnung wurde immer anerkannt (vgl. die Briefe des hl. Ignatius; Clemens v. Rom, Brief an die Korinther, 42 ff.). „Den Beruf des Geistlichen betrachtete man als den ordentlichen und öffentlichen, aber nicht als den ausschließenden: dies würde eine allmähliche Erstarrung und den Tod des Ganzen verkünden, denn es würde nicht nur anzeigen, daß bei äußerst wenigen, bei den Geistlichen nur, eine lebhafte Teilnahme an der Verbreitung und Begründung der christlichen Frömmigkeit sich fände, sondern daß sie selbst keine Kraft besitzen, weil sie keine zu erregen vermöchten. Davon war man in den ersten Jahrhunderten durchdrungen" (J. A. Möhler, Die Einheit in der Kirche, Mainz 1925, S. 243). Priester sind alle Christen, weil sie in der Taufe in den Tod Christi eingepflanzt worden sind und sich so selbst Gott zum Opfer gebracht, ihren eigenen Leib geopfert haben und zum Opfer geworden sind, wie der hl. Chrysostomus ausführt (In epist. ad Cor. II, hom. 3, 7: MPG 61, 417 f.). Dieses Opferpriestertum der Getauften aber wirkt sich im ganzen Leben der Christen aus. „Du hast also Priesterwürde, weil du ein ,priesterliches Geschlecht' bist, und deshalb mußt du Gott das Opfer des Lobes darbringen, das Opfer der Gebete, das Opfer der Barmherzigkeit, das Opfer der Keuschheit, das Opfer der Gerechtigkeit, das Opfer der Heiligkeit" (Hom. in 1 Lev. 9, 1: MPG 12, 508 f., Origenes' Werke ed. W. A. Bäehrens, Bd. VI, S. 418). Vor allem aber macht die in der Taufe den Gläubigen verliehene Anteilnahme am Priestertum Christi diese fähig zur Darbringung des eucharistischen Opfers, ohne daß dadurch die Konsekrationsgewalt des Priesters angetastet würde, ein Gedanke, der schon von Justin dem Märtyrer ( f um 165) und Cyrill von Jerusalem ( f 386) ausgesprochen wird, 1 der aber hauptsächlich vom hl. Augustin in der Idee des Corpus Christi mysticum tiefer begründet wurde (vgl. A. Gaudel, Art. Messe in DThC X, 972). „Kraft dieses mystischen und geistigen Priestertum» aller Gläubigen", so faßt De Marca, Diss. de discrimine clericorum et laicorum, C. 2, § 8 (zitiert bei Möhler, a. a. 0 . S. 251) die Lehre Augustins zusammen, „ist es möglich, daß das unblutige Opfer des Mittlers, obwohl es nur von eigentlich so genannten Priestern konsekriert wird, ein Opfer der Kirche genannt wird, d. h. der Gesamtheit der Gläubigen, der Braut Christi, die ohne Makel und Runzel ist: so folgt aus der Einheit des Geistes jene wunderbare Verflechtung der Dinge, vermöge welcher Christus durch die Kirche, die Kirche durch Christus dargebracht wird." Bei den großen Scholastikern des Mittelalters, einem Alexander von Haies, Bonaventura, Albert und auch Thomas, finden sich Ausführungen über das allgemeine Priestertum nur als Lösungen von Einwänden gegen die besondere sakramentale Vollmacht des Weihepriestertums. Sie heben hervor, daß die Laien nur in einem uneigentlichen Sinne Priester seien. Denn der Name ,Priester — sacerdos' heißt soviel wie ,Heiliges i Vgl. E . Niebecker, Das allgemeine Priestertum der Gläubigen, born 1936, S. 19 und 29.
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Pader-
Gebender' und ist bestimmt, um denjenigen zu bezeichnen, der Heiliges gibt bei der Ausspendung der Sakramente (4 Sent., dist. 24, q. 1, art. 3, qa 3 Zu 1). Nur der geweihte Priester hat die aktive sakramentale Gewalt, und er allein kann im Namen der Gesamtkirche die Eucharistie als Sakrament der kirchlichen Einheit vollziehen (4 Sent., dist. 24, q. 2, art. 2 ad 2), weil er allein Mittler zwischen Gott und dem Volk ist (III 22, 1). Der im Stande der Gnade sich befindende Laie dagegen ist nur im uneigentlichen Sinne Priester, insofern er aus seiner geistigen Einheit mit Christus durch Glauben und Liebe heraus sich selbst als geistiges Opfer darbringen (82, 1 Zu 2; 4 Sent., dist. 13, q. 1, art. 1, qa 5 ad 1) und seine Verdienste anderen zuwenden kann (4 Sent., dist. 24, q. 1, art. 3, qa 3 ad 1). Nimmt nun der getaufte und gefirmte Laie in keiner Weise aktiv am hl. Meßopfer teil? Thomas betont sehr stark, daß die durch den Taufcharakter jedem Christen verliehene Angleichung an das Priestertum Christi (III 63, 3) nur eine passive sei, die dazu berechtige, die Sakramente zu e m p f a n g e n (z. B. 4 Sent., dist. 4, q. 1, art. 4, qa 3). Doch lassen sich in der Lehre des hl. Thomas auch Ansätze finden, die dem christlichen Laien eine aktivere Rolle auch im kultischen Leben der Kirche einräumen. Zunächst ist die Taufe selbst jenes Sakrament, durch das der Gläubige in die kirchliche Gemeinschaft eingegliedert (III 67, 2 Antw.) und befähigt wird zu geistig-übernatürlichem Handeln (4 Sent., dist. 3, q. 1, art. 1, qa 4 ad 1). Thomas macht sich die Worte des Ps.-Dionysius zu eigen: „Gott verleiht dem, der zur Taufe hinzutritt, durch ein besonderes Zeichen die Teilnahme an Sich Selbst, indem Er ihn zu einem göttlichen Menschen und zu einem Vermittler des Göttlichen macht" (III 63, 2 Antw.: Bd. 29, S. 75), und an anderer Stelle sagt er, ganz in der Ausdrucksweise des Areopagiten: „Dieses Zeichen (das Taufmal) will nichts anderes als ihn (den Getauften) der göttlichen Handlungen teilhaftig machen. Deshalb ist dieses Mal nichts anderes als ein Vermögen, das zu hierarchischen Handlungen befähigt, nämlich zum Dienst und zum Empfang der Sakramente" (4 Sent., dist. 4, q. 1, art. 1). Der Firmcharakter vertieft diese Eingliederung in die kirchliche Einheit noch, indem er den Gläubigen nicht nur zu Handlungen befähigt, die sein eigenes Seelenheil betreffen, sondern auch zu solchen, die sich auf die Kirche als Ganzes beziehen. Thomas nennt vor allem die öffentliche Verkündigung des christlichen Glaubens, zu der der Gefirmte durch den Firmcharakter gleichsam amtlich beauftragt wird (III 72, 5 Antw. u. Zu 2). Der Firmcharakter ist also nicht nur eine passive, sondern eine aktive geistliche Gewalt. Da aber jedes sakramentale Mal auf den Kultus hinordnet (III 63, 1 u. 2), so muß das Firnmial auch in dieser Beziehung den Gläubigen tiefer in die Darbringung des eucharistischen Opfers hineinstellen, da ja die Eucharistie das „Sakrament der ganzen kirchlichen Einheit" ist, bei dessen Feier „das berührt wird, was die ganze Kirche angeht" (83, 4 Zu 3 u. Zu 6). Das findet seinen Ausdruck in der aktiven Beteiligung des Volkes an der 35*
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Feier der Messe, wie sie von Thomas beschrieben wird (83, 4 Zu 6). Diese Beteiligung bedeutet keine unmittelbare Anteilnahme am sakramentalen Weiheakt, der dem Priester allein vorbehalten ist, sondern eine m i t t e l b a r e , insofern die priesterliche Weihehandlung durch das Volk gleichsam bestätigt und häufig im Auftrage des Volkes oder einzelner Gläubiger vollzogen wird. Der Priester ist mit seiner Weihegewalt nicht allein auf sich selbst gestellt. Er empfängt den Auftrag vom Bischof, das Opfer i n d e r K i r c h e darzubringen (Zu 1). Er ist also nicht nur Diener Christi, sondern auch Diener der Kirche, auf deren Verlangen er ja zum Priester geweiht worden ist („Petit sancta mater Ecclesia, ut hos praesentes Diáconos ad onus presbyterii ordinetis — die heilige Mutter Kirche bittet, du mögest die hier anwesenden Diakone zur Bürde des Priestertums weihen", Pontif. Roman.). Seine Erhöhung zum Priestertum ist also die Erhöhung der Kirche, wie Leo d. Gr. in einer Predigt am Jahrestage seiner Bischofsweihe sagt: „Es ist Gott wohlgefällig und löblich, wenn ihr euch über den Tag unserer Erhebung zur höchsten Würde wie über eine euch selbst zuteilgewordene Ehre freut, so daß also der ganze Leib der Kirche das eine Sakrament des Hohenpriesters feiert, welches zwar seine Segnungen im reicheren Maße auf die oberen Glieder überströmen ließ, doch auch die unteren nicht in kärglichem Maße bedachte" (serm. IV, can. 1: MPL 54, 149). So ist also die Kirche berechtigt, in der Weihehandlung des Priesters sich selbst als tätig anzuschauen, da sie selbst das Opfer durch ihn darbringt (Trienter Konzil, sess. X X I I , can. 6: Dz 938). Das Opfer Christi ist also in der Messe auch das Opfer der Kirche. Da wir nun in jedem Opfer zwei Elemente unterscheiden müssen, ein inneres geistiges Opfer, das in der Hingabe der Seelen besteht, und ein äußeres, sichtbares als dessen Ausdruck und Zeichen (II—II 85, 2 Antw.), so ist auch das Meßopfer in dem Maße Opfer der Kirche, als sich die innere Hingabe der Gläubigen mit ihm zu einem einzigen Opfer verbindet. „Auf Grund des Taufmales nimmt jeder Gläubige aktiv am Meßopfer teil, insofern dieses Opfer das innere und unsichtbare Opfer der ganzen Kirche in sich schließt. In dem inneren O p f e r . . . ist jeder Getaufte zugleich Opfernder und Opfergabe. In diesem tiefen Sinne muß man das Wort des hl. Thomas verstehen: „Priester heißen sie, insofern sie Gott geistige Opfer darbringen" (P. Charlier 0 . P., L'idée du sacerdote des fidèles chez les grands docteurs scolastiques, in: Le sacerdoce des fidèles, Louvain 1934). Diese innere Teilnahme am Opfer aber gipfelt in dem Empfang der hl. Kommunion, durch den der Christ, der Priester wie der Laie, zeigt, daß ihm das Opfer innerlich zugehöre (82, 4 Antw.).
Die K o n z e l e b r a t i o n
(Art. 2)
Weil die Weihe der Eucharistie durch den Priester keine private Handlung ist, kann es auch nicht wundernehmen, daß
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sich in der Kirche der Brauch ausgebildet hat, das mehrere Priester gemeinsam die Eucharistie weihen. Vor allem geschah das, wenn der Bischof zusammen mit seinen Priestern das Opfer darbrachte. Schon Ignatius von Antiochien pries die kostbare Einheit, die bei der Feier der Eucharistie als dem Sakrament der kirchlichen Einheit zutage tritt, wenn Bischof und Priester sie zusammen darbringen. Heute ist dieser Brauch im römischen Ritus bei der Bischofs- und Priesterweihe vorgeschrieben, bei der die Neugeweihten mit dem Bischof zusammen konsekrieren. Diesen Brauch mögen gewiß auch praktische Gründe veranlaßt haben, z. B. die Schulung und Prüfung der Neugeweihten, gewiß aber spiegelt sich in ihm, wie Thomas hervorhebt, die Einheit der Apostel wieder, in der sie bei der Einsetzung und ersten Feier der Eucharistie um Christus versammelt waren. Im orientalischen Ritus hat die Konzelebration einen größeren Raum behauptet, weil man im Osten strenger als im Westen an dem alten Grundsatz festhält, daß die Eucharistie nur e i n m a l an einem Tage auf einem Altare gefeiert wird, und daß es an einem Tage nur e i n e n öffentlichen Gottesdienst für eine Gemeinde gibt und jede Kirche für gewöhnlich nur e i n e n Altar hat (vgl. Anm. [115]). Den scholastischen Theologen, vor allem in