189 92 166MB
German Pages 680 Year 1951
DIE
D E U T S C H E
T H O M A S - A U S G A B E
Vollständige,
ungekürzte
deutsch-lateinische
SUMMA
Ausgabe
der
THEOLOGICA
Übersetzt von DOMINIKANERN
UND
DEUTSCHLANDS
BENEDIKTINERN
UND
ÖSTERREICHS
Herausgegeben von der ALBERTUS-MAGNUS
-AKADEMIE
WALBERBERG
KÖLN
BEI
Hauptschriftleiter: P.HEINRICH
M. C H R I S T M A N N
0. P.
8. B A N D
19 5 1 GEMEINSCHAFTSVERLAG K. H. K E R L E HEIDELBERG-MÜNCHEN
ANTON PUSTET GRAZ-WIEN-SALZBURG
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ERHALTUNG UND R E G I E R U N G DER W E L T
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103—119
19 5 1 GEMEINSCHAFTSVERLAG F. H. K E R L E ANTON PUSTET HEIDELBERG-MÜNCHEN GRAZ-WIEN-SALZBURG
S ä m t l i c h e Rechte für die deutsche
und
lateinische
Sprache und Ausgabe vorbehalten C o p y r i g h t 1951 by V e r l a g A n t o n P u s t e t , S a l z b u r g G r a z - W i e n — F. H. K e r l e , München-Heidelberg Das I m p r i m a t u r w u r d e e r t e i l t vom P r o v i n z i a l der n o r d d e u t s c h e n D o m i n i k a n e r p r o v i n z P. D r . W u n i b a l d M. B r a e h t h ä u s e r O. P. u n d d e m F ü r s t e r z b i s c h ö f l i c h e n O r d i n a r i a t zu S a l z b u r g
SCHRIFTLEITER-KOLLEGIUM H a u p t s c h r i f t l e i t e r P. H e i n r i c h M. C h r i s t m a n n O. P., S. T h e o l . L e c t . — P. D r . E b e r h a r d W e l t y 0. P., R e g e n s d e r A l b e r t u s - M a g n u s - A k a d e m i e zu W a l b e r b e r g . — P. D r . A. F r i d o l i n U t z O. P., U n i v. - P r o f., F r e i b u r g, S c h w e i z . — P. B e r n w a r d D i e t s c h e O.P., S. T h e o l . L e c t . , W a l b e r b e r g bei Köln
1. b i s 4. T a u s e n d
Einbandentwurf Druck:
von
Prof. Rudolf
Koch,
Universttats-Buchdruckerei
Offenbach
,,Styria",
Graz
HANS ANDRÉ, dem Bahnbrecher einer im Geiste der aristotelisch-thomasischen Seinslehre ontologisch untergründeten Naturerklärung im Räume der modernen Biologie, zum 60. Geburtstage, 24. März 1951, in Freundschaft, Verehrung und Dankbarkeit Der Gemeinschaftsverlag
Das Schriftleiter-Kollegium
MITARBEITER Die
Einleitung
schrieb
O. P. ; d i e
Übersetzung
arbeit:
P. C h r i s t m a n n
O. P. ;
Anmerkungen:
P. C h r i s t m a n n : Hoff mann sowie
BANDES
Heinrich
und
in
Prof.
Christmann
Dr.
M.
Hans
Dietsche
André
U n i v . - P r o f. P. D r .
P. D i e t s c h e : I:
M.
Gemeinschafts-
P. B e r n w a r d
Professor
Freiburg/Schweiz;
II:
Anhang
(6)
P.
arbeiteten
Kommentar:
O. P.,
Anhang
DIESES
zu F r
Dr. H a n s
zu
Fr
108
115, A r t . 2 André.
und Adolf
u.
109
sowie
VORWORT
Mit tiefem Dank gegen Gott beschließen w i r mit diesem achten Bande die Untersuchungen des ersten Buches der theologischen Summe.
Der außergewöhnlich große Um-
fang des Kommentars ergab sich zwangsläufig nicht nur aus
der
Fülle
und
Mannigfaltigkeit
der
behandelten
Materien, sondern vor allem auch aus der Schwierigkeit, diese
unter
und dem dem
allen
thomasischen
Mißverstehen
wohl
subtilsten
so stark ausgesetzten
Fragen
Probleme
Verständnis auch des Laien
lich zu machen.
einigermaßen
zugäng-
W e n i g e r kurz w ä r e hier leicht z u kurz
und z u knapp gewesen.
W i r vertrauen, daß der
Leser,
der diesen schwierigen Überlegungen nicht nur gedanklich folgt, sondern die in ihnen nach Ausdruck ringenden Wirklichkeiten mit zu vollziehen und zu erleben versucht, das Buch nach der ersten Durcharbeitung nicht aus der Hand legt, sondern es zu seinem treuen Begleiter macht. Für die in diesem Bande behandelten biologischen und naturphilosophischen Fragen haben w i r Professor Doktor Hans André, „einen weit vorausschauenden K o p f , der der Forschung ganz neue W e g e gewiesen hat" (Hans Kayser), ausgiebig zu W o r t kommen lassen. Eine kleine technische Neuerung: U m bei der streckenweise sehr dichten Folge der Zitate, besonders aus Augustinus und Dionysius, die Übersichtlichkeit der
Margina-
lien nicht zu gefährden, wurden die Fundstellen aus CSEL und den Dionysiaca von Solesmes in die vergleichenden Tabellen am Schluß des Bandes verwiesen. Walberberg,
im Juli 1951. Die
Schriftleitung.
(7)
EINLEITUNG Den HERRN s e h ' ich vor Augen allezeit: Er ist z u r Rechten mir, daß ich nicht w a n k e . Ps 15, 8 Wahrlich, ein v e r b o r g e n e r Gott bist d u ! Is 46,15
Mit den 17 Untersuchungen dieses Bandes liegt das erste Buch der theologischen Summe in der deutschen Thomas-Ausgabe abgeschlossen vor. Gerade diese letzten siebzehn Fragen über die Erhaltung und Regierung der Welt, die Weltlenkung, beweisen, daß es sich wirklich um eine Summa handelt und um eine theologische Summa: Summa de Deo et creaturis. Kein Traktat zeigt eindringlicher die Berechtigung des Namens, den Chesterton dem Verfasser dieser Summa zugedacht hat: Thomas a Creatore; beweist wie nichts anderes, daß es Thomas Ernst ist mit dem Schöpfungsgedanken, daß seine. Schöpfungslehre keine bloße Theorie ist. Man kann das Band zwischen Schöpfer und Geschöpf nicht enger knüpfen, als Thomas es getan, ohne beim nächsten Schritt den Dualismus von Schöpfer und Geschöpf aufzuheben und einem pantheistischen Monismus zu verfallen; man kann die Konsequenzen der einen großen grundlegenden Tatsache der Schöpfung nicht leicht weiter und tiefer ausbauen, als es hier geschieht; man kann die Allursächlichkeit Gottes nicht stärker betonen, ohne sofort der Gefahr des Okkasionalismus zu begegnen; man kann anderseits die Selbständigkeit der Schöpfung, ihren Eigenwert und ihre Eigenverwaltung nicht herrlicher herausstellen, ohne die Gefahr des Deismus zu vermeiden. So schreitet Thomas zwischen den Abgründen des Pantheismus oder Okkasionalismus auf der einen, des Deismus oder Atheismus auf der anderen Seite auf dem schmalen Gipfelgrat eines Theismus, der alle diese Extreme vermeidet, mit der sorglosen Sicherheit des Schauenden auf das Ziel aller Schöpfung zu, das Gott ist, den er nicht einen Augenblick aus den Augen verliert. Welt-Lenkung! Es ist selbstverständlich, daß W e l t Lenkung nur von dem ausgehen kann, der Ursache zu-
(9)
gleich u n d Ziel der Welt ist. Wer Welt-Lenkung sagt, bezieht seinen Standort außerhalb der Welt und sieht die unübersehbare Mannigfaltigkeit der Dinge plötzlich als „Welt" vor sich auftauchen. So ist nichts so sehr geeignet, die Welt als geschlossene Ganzheit und dynamisch bewegte Wirkungseinheit vor den Geist zu rücken, wie gerade der Gedanke der überweltlichen Welt-Lenkung. Dieser Weltlenkung kann sich nichts entziehen, nichts kann ihr entgehen, nichts aus ihr herausfallen; es würde soviel bedeuten wie ins Nichts fallen. Es gibt keine Ätherwelle, keinen Schalenwechsel der Elektronen, keine Kernreaktion, die ihren unsichtbaren Anstoß nicht Gott verdankte. Alles Licht hat seinen Ursprung immerfort in Gott. „Durch Jahrmillionen strahlt es das göttliche Schöpfungswort — das erste — das letzte — das einzig-ewige wider: Es werde Licht!" (Gertrud von Le Fort). Prinzip und Ziel, Anfang und Ende, Alpha und Omega der Weltlenkung ist die Güte Gottes. Wie das Hauptmotiv einer symphonischen Tonschöpfung, so klingt dieser Gedanke der alles lenkenden und alle Widerstände überwindenden Güte Gottes in tausend Variationen immer wieder neu an. Aber, wenn Gott alles lenkt und nichts Seiner Lenkung sich entziehen kann, was ist es dann mit der Freiheit, mit dem Zufall, mit dem Übel? Vom Bösen ganz zu schweigen! Was ist es mit dem Schicksal? Alles große, schwere, dunkle Menschheitsfragen, seit den Tagen des Paradieses wie die Sonne brennend in unverminderter Kraft. Die Lösung, die Thomas findet — soweit er sie findet — , kann nur verstehen, wer, wie er, Metaphysiker ist und alle Unklarheiten und Verschwommenheiten eines vom Gefühlsmäßigen her belasteten Anthropomorphismus hinter sich gelassen hat. Erst auf dem Hintergrunde dieses grundlegenden Traktates über die Weltlenkung im allgemeinen sind dann die großen Kapitel über die Roile der Mittelwesen, das dynamische Zueinander und Ineinander von Engel, Mensch und Körperweit zu verstehen. Vor allem erfährt hier die landläufige verharmlosende Vorstellung von den Engeln, ihren Reichen und Hierarchien eine tiefgreifende Korrek-
(10)
tur. Wenn irgendwo, dann gilt es hier, unsere Vorstellung gründlich zu reinigen von einer durch Unterricht, Kunst und Kitsch fast systematisch gezüchteten Vermenschlichung. Alle Schönheit der sichtbaren Schöpfung verblaßt vor der Herrlichkeit der unsichtbaren; aller Kampf der Menschheit vor dem furchtbaren Kampf der Geisterweit, zwischen den Reichen des Lichtes und der Finsternis; alle irdischen Blitze verblassen vor den Lichtblitzen, die vom Throne Gottes ausgehen und vom Anfang bis zum Niedergang die Myriaden der hohen Geistwesen durchzucken, wenn ihnen von Gott eine Erleuchtung oder ein Befehl wird. Und doch, auch das sind Bilder, Vorstellungen, die der menschlichen Sphäre entstammen und die die wahre Wirklichkeit kaum ahnen lassen. Diese unsichtbare Welt steht mit der sichtbaren in ständiger Fühlung, sie unaufhörlich geheimnisvoll beeinflussend. Erst aus diesem Zueinander und Ineinander von Engel- und Menschenwelt erhalten so viele Dinge der täglichen Erfahrung, gute und ungute, ihre einigermaßen befriedigende Erklärung. Demgegenüber ist das, was der Mensch dem Menschen an Hilfe schenken kann, verhältnismäßig wenig. Alles aber, sowohl der Einfluß des Menschen auf den Menschen wie der Engel auf ihn, hat seine Grenze in der Anordnung Gottes, der allein, sei es den Willen des Engels, sei es den des Menschen, unmittelbar innerlich beeinflussen kann, ohne seine Natur zu vergewaltigen. Gott betrügt die Dinge weder um ihren Selbstand noch um ihre relative Selbständigkeit im Wirken und Handeln. Er, der ihnen Sein und Leben gegeben, würde sich selbst widersprechen, wollte Er Seinen Geschöpfen mit der linken Hand wieder nehmen, was Er ihnen mit der rechten gegeben hat. In Seiner herrlichen generösen Freigebigkeit geht Gott im Gegenteil so weit, daß Er den Geschöpfen selbst dann Seine Gaben nicht vorenthält, wenn sie diese gegen Ihn einsetzen. Doch bleibt Er in allem der Allherrscher, der Pantokrator, der nur e i n Gesetz kennt, Seine eigene Gutheit, der deshalb ü b e r der von Ihm begründeten Naturordnung steht, dem die Natur auf den Wink gehorcht, der zum Erweis Seiner (11)
absoluten Souveränität, vor allem zur Bezeugung Seiner Offenbarung und Seiner Gnade herrschgewaltig über alle Naturen hinausschreitet und „vorbei" an der Gesamtordnung der Schöpfung unmittelbar Wirkungen setzt, die alle Kräfte der Natur übersteigen und die wir „Wunder" nennen. Wer daher die Möglichkeit des Wunders leugnet, leugnet Gott, macht Ihn abhängig von Seiner eigenen Schöpfung oder macht ein blind waltendes Naturgesetz zu Gott und damit verantwortlich für die herrlichste, lichtvollste Ordnung. Abgesehen jedoch von der Möglichkeit eines unmittelbaren Eingreifens Gottes haben wir in der Natur strenge, durchgehende Naturgesetzlichkeit und bleibt im untermenschlichen Bereich für Freiheit kein Raum. Das soll nicht heißen, daß die Natur ein toter, starrer Mechanismus sei, wo nur Druck und Stoß und rein quantitative Veränderungen herrschen, sondern alle Natur ist durchwaltet von Sinn und Ziel, wie im Großen und Größten, so auch im Kleinen und Kleinsten. Natur ist „der den Dingen von Gott eingeprägte sinnträchtige Grund". Wie eine Hierarchie der Naturen und Kräfte, so gibt es auch eine Hierarchie der Ursachen, die —• ihr vornehmstes Vorrecht — von Gott haben, daß sie Ursache sein können, wie Er Ursache ist. Nur daß i h r e Ursächlichkeit eben eine empfangene, die Allursächlichkeit Gottes dagegen Sein eigenmächtig-ewiger Besitz ist. So verdanken die Geschöpfe alles, was sie sind, was sie wirken und bewirken, für jeden Augenblick ihres Seins und Tätigseins unmittelbar Gott. Er muß ihnen, wie Thomas sagt, das Sein ununterbrochen unmittelbar einströmen. In dieser Mitteilung der Existenz ist Er allein Hauptursache, das Geschöpf höchstens Werkzeug in Seiner Hand. Also doch Okkasionalismus! ? Nein, denn die Zweitursachen bleiben Hauptbevollmächtigte und damit hauptverantwortlich f ü r d i e P r ä g u n g des von ihnen verursachten Seins. Die Neigung selbst freilich, naturhaft oder willentlich, ist von Gott den Dingen eingeprägt. Die freien Geschöpfe bewegt Er so, daß sie frei handeln können. Sein Einfluß tastet die Freiheit nicht nur nicht (12)
an, sondern begründet sie. So bewegt Er alle Dinge in der ihrer Natur entsprechenden Weise. Deshalb ist das, was Gott in den Dingen wirkt, nie Gewalt, sondern immer der innersten Natur der Dinge gemäß. Daher gibt es in der Schöpfung weder absolute Autonomie noch absolute Heteronomie, sondern immer haben wir, wo Natur wirkt, echte Ontonotnie, seinsgerechte Ordnung, die schließlich nichts anderes ist als verwirklichte Theonomie: die Gesamtordnung der Natur wird zum Abbild der lex aeterna, die identisch ist mit Gottes Natur und Wesen. Einen Sonderfall der unmittelbaren Berührung Gottes mit Seinem Werk, weder Natur noch Wunder, bedeutet der Ursprung der Menschenseele. Hier legt Thomas den Grund für die einzig wirksame Überwindung alles materialistischen Denkens in der These, daß die Geist-Seele nicht aus den Erbanlagen, sondern aus unmittelbarer Schöpfung stammt. Die gegenteilige Auffassung hat solch verheerende Konsequenzen für das gesamte menschliche Sein und Leben, daß Thomas nicht ansteht, sie als direkte Irrlehre zu bezeichnen. So läßt uns Thomas in dem Traktat über die Weltlenkung die Ordnungen der Schöpfung, der sichtbaren und unsichtbaren, und ihr herrliches Ineinanderwirken schauen, das sich nach ewigen Gesetzen vollzieht. Alles ist erfüllt von Leben und Bewegung, von Licht und Ordnung. So wie es die Natur der Güte ist, sich zu verströmen und mitzuteilen, so geht ein allgemeiner Strom des Mitteilens durch die ganze Schöpfung; und je höher die Teilnahme am unendlichen Reichtum Gottes, um so stärker drängen Trieb und Neigung, den empfangenen Reichtum weiterzuleiten an die Mitgeschöpfe. Und schließlich soll alle Schöpfung zurückschwingen in die ewige Gutheit und ihre Vollendung finden in einer möglichst vollkommenen Anähnlichung an Den, von dem sie ausgegangen ist. Das Ziel aller vernunftbegabten Schöpfung im besonderen aber ist die Schau der göttlichen Wesenheit und die wandellose Freude an Seiner Gutheit.
(13)
E I N R I C H T U N G UND B A N D E I N T E I L U N G DER DEUTSCHEN TH0MAS-AUSGABE
NB.: Um den Leser auch bei Verlust des beiliegenden Lesezeichens über Einrichtung und Einteilung des Gesamtwerkes zu orientieren, geben wir beides jedem Bande an dieser Stelle bei. I.
AUFBAU
DES
ARTIKELS
1. Die Titelfrage zum Artikel stammt nicht von Thomas selbst, sondern ist entnommen dem einleitenden Videtur quod non oder Videtur quod. 2. Auf die Titelfrage folgen mehrere, in der Thomas-Literatur als „Objectiones" bezeichnete Argumente, welche die Untersuchung einleiten. In der Übersetzung sind sie mit 1., 2., 3. usw., bei Verweisen mit E. ( = Einwand) bezeichnet. 3. Im „Sed contra" sucht Thomas die den vorausgehenden Argumenten entgegengesetzte These zu begründen und erweist sich durch dieses lebendige Für und Wider, das er in seinen Quaestiones ddsputatae bis zu je 30 Argumenten für These und Anti-These ausweitet, als echter Aporetiker. Die Übersetzung leitet dieses „Sed contra" ein mit „Anderseits". 4. Mit „Respondeo dicendum" (in der Übersetzung: „Antwort)" beginnt der Hauptteil des Artikels, der die eigentliche Lehre des hl. Thomas enthält. 5. Auf die Antwort folgt unter Ad primum, Ad secundum . . . die Lösung der eingangs vorgebrachten Argumente. Sie führt oft den in der „Antwort" entwickelten Gedanken wesentlich weiter. Die Übersetzung leitet sie ein mit Zu 1., Zu 2. usw. 6. Die Angabe der Fundstelle erfolgt in der Übersetzung nur bei Schriftzitaten, und zwar in der heute üblichen Weise. Bei allen anderen Zitaten, in der Regel aus Autoren, die nur dem Wissenschaftler zugänglich sind, gibt die Übersetzung den Namen des Autors, der lateinische Text den Stellennachweis. Abkürzungs- und Literaturverzeichnis am Schluß des Bandes.
(14)
II. E I N T E I L U N G
DER
SUMMA
THEOLOGICA
I. BUCH Band Band
2.
Frage Frage
1-14--
13 26
Band Band Band Band
3. 4. 5. 6.
Frage Frage Frage Frage
27-44— 65-75--
43 64 74 89
Band
7.
Frage
90--102
Band
8.
Frage 103-- 1 1 9
1.
Gottes Dasein und Wesen. Gottes Leben; sein Erkennen und Wollen. Gott, der Dreifaltige. Schöpfung und Engelwelt. Das Sechstagewerk. Wesen und Ausstattung des Menschen. Erschaffung und Urzustand des Menschen. Erhaltung und Regierung der Welt.
I. TEIL DES II. BUCHES
1-22-49--
Band 9. Band 10. Band 11.
Frage Frage Frage
Band 12. Band 13. Band 14.
Frage 71-- 89 Frage 90--105 Frage 106--114
21 48 70
Ziel und Handeln des Menschen. Die menschlichen Leidenschaften. Grundlagen der menschlichen Handlung. Die Sünde. Das Gesetz. Der Neue Bund und die Gnade.
II. TEIL DES II. BUCHES Band Band Band Band Band Band Band Band Band
15. Frage 1-- 16 16. Frage 17-- 33 17. Frage 34-- 56 18. Frage 57-- 79 19. Frage 80--100 20. Frage 101--122: 21. Frage 123--150 22. Frage 151--170 23. Frage 171--182
Band 24.
Frage 183--189
Glaube als Tugend. Hofinung; Liebe (1. Teil). Liebe (2. Teil); Klugheit. Gerechtigkeit. Die Tugend der Gottesverehrung. Tugenden des Gemeinschaftslebens. Starkmut und Mäßigkeit (1. Teil). Mäßigkeit (2. Teil). Besondere Gnadengaben und die zwei Wege menschlichen Lebens. Stände und Standespflichten. I I I . BUCH
Band 25. Band 26.
Frage Frage
1-- 15 16-- 34
Die Menschwerdung Christi. Die Auswirkungen der Menschwerdung. Die Gottesmutter.
(15)
Band 27. Band 28. Band 29.
Frage Frage Frage
3546-
Band 30. Band 31.
Frage Frage
73— 83: 84— 90:
60-
45 59 72
Christi Leben. Christi Leiden und Erhöhung. Die Sakramente. Taufe und Firmung. Das Geheimnis der Eucharistie. Das Bußsakrament.
ERGÄNZUNG ZUM III. BUCH (Supplement) (Band 31) Frage Band 32. Frage Band Band Band Band
33. Frage 34. Frage 35. Frage 36. Frage
1— 16: 17— 40:
(Das Bußsakrament.) Schlüsselgewalt der Kirche. Letzte Ölung und Priesterweihe. 41— 54: Die Ehe (1. Teil). 55— 68: Die Ehe (2. Teil). 69— 87: Auferstehung des Fleisches. 88— 99: Die Letzten Dinge.
1. Zusatzband: Gesamtregister (Personen- und Sachverzeichnis für sämtliche Bände). 2. Zusatzband: Thomas-Lexikon (Wörterbuch der philosophischen und theologischen Fachausdrücke und Einführung in die Grundbegriffe des thomistischen Systems).
(16)
WELTLENKUNG
103.
FRAGE
103, l
VON DER LENKUNG DER DINGE IM ALLGEMEINEN Nach dem über die Erschaffung der Dinge und ihre Unterscheidung Vorausgeschickten bleibt nun drittens die Betrachtung über die Lenkung der Dinge übrig. Und zwar erstens im allgemeinen, zweitens im besonderen über die Wirkungen der Lenkung [1], Zum ersten ergeben sich acht Einzelfragen: 1. Wird die Welt (überhaupt) von irgendwem gelenkt? 2. Welches ist das Ziel dieser Lenkung? 3. Wird sie von Einem gelenkt? 4. Von den Wirkungen der Lenkung. 5. Untersteht alles der göttlichen Lenkung? 6. Wird alles unmittelbar von Gott gelenkt? 7. Versagt die göttliche Lenkung bei irgendeinem Ding? 8. Widerstrebt etwas der göttlichen Lenkung? 1. A R T I K E L Wird die Welt von irgendwem gelenkt?
[2]
1. Gelenkt werden Dinge, die auf ein Ziel hin bewegt werden oder tätig sind. Die Naturdinge aber, die einen großen Teil der Welt bilden, sind nicht in Bewegung und quaestio
cm
DE GUBERNATIONE RERUM IN COMMUNI Postquam praemissum est de creatione rerum, et distinctione earum, restat nunc tertio considerandum de rerum gubernatione; et primo in communi; secundo in speciali de effectibus gubernationis. Circa primum quaeruntur octo: 1. Utrum mundus ab aliquo gubernetur. — 2. Quis sit finis gubernationis ipsius. — 3. Utrum gubernetur ab uno. — 4. De effectibus gubernationis. — 5. Utrum omnia divinae gubernationi subsint. — 6. Utrum omnia immediate gubernentur a Deo. — 7. Utrum divina gubernatio cassetur in aliquo. — 8. Utrum aliquid divinae providentiae contranitatur. ARTICULUSI Utrum mundus gubernetur [Supra 2, 3;
I—II
1, 2; CG
III
ab
aliquo
64; Ver. 5. 21
AD PRIMUM sie proceditur. Videtur quod mundus non gubernetur ab aliquo. Illorum enim est gubernari, quae moventur vel operantur propter finem. Sed res naturales, quae
1*
3
103, i auch nicht tätig auf ein Ziel hin, weil sie das Ziel nicht erkennen. Also steht die Welt nicht unter einer Lenkung. 2. Gelenkt im eigentlichen Sinne wird das, was auf etwas hin bewegt wird. Die Welt aber scheint nicht auf etwas hinbewegt zu werden, sondern hat in sich Beständigkeit. Also steht sie nicht unter einer Lenkung. 3. Das, was in sich Notwendigkeit trägt, wodurch es auf Eines festgelegt wird, bedarf keines äußeren Lenkers. Die hauptsächlicheren Teile der Welt sind nun mit einer gewissen Notwendigkeit in ihren Tätigkeiten und Bewegungen auf Eines festgelegt. Also bedarf die Welt nicht der Lenkung. ANDERSEITS heißt es Weisheit 14, 3: „Du aber, Vater, lenkest alles in Voraussicht." 1 Und Boethius sagt: „0, der Du in ewiger Weisheit die Welt lenkest!" ANTWORT: Einige alte Philosophen sprechen der Welt die Lenkung ab, indem sie sagen, es werde alles durch Zufall gewirkt. Aber diese Annahme erweist sich aus zwei Gründen als unmöglich. E r s t e n s aus dem, was sich in den Dingen selbst findet. Wir sehen nämlich, daß bei den Naturdingen immer oder in der Mehrzahl der Fälle das Bessere eintritt [3]; das wäre nicht der Fall, wenn nicht durch eine Art Vorsorge die Naturdinge auf das Gute als Q U A E S T I O 103, i
sunt magna pars mundi, non moventur aut operantur propter finem, quia non cognoscunt flnem. Ergo mundus non gubernatur. 2. PRAETEREA, eorum est proprie gubernari, quae ad aliquid moventur. Sed mundus non videtur ad aliquid moveri, sed in se stabilitatem habet. Ergo non gubernatur. 3. PRAETEREA, id quod in se habet necessitatem qua determinatur ad unum, non indiget exteriori gubernante. Sed principaliores mundi partes quadam necessitate determinantur ad unum in suis actibus et motibus. Ergo mundus gubernatione non indiget. SED CONTRA est quod dicitur Sap. 14: „Tu autem, Pater, PL gubernas omnia Providentia"; et Boetius dicit [3 de Cons. 63/758a metr. 9 ] : „0 qui perpetua mundum ratione gubernas." RESPONDEO dicendum quod quidam antiqui philosophi 2 gubernationem mundo subtraxerunt, dicentes omnia fortuito agi. Sed haec positio ostenditur esse impossibilis ex duobus: primo quidem ex eo quod apparet in ipsis rebus. Videmus enim in rebus naturalibus provenire quod melius est, aut Semper, aut in pluribus; quod non contingeret, nisi per aliquam providentiam res naturales dirigerentur ad finem boni, quod est 1 Uber das Verhältnis von Lenkung und Voi sehung vgl. 22. 1 Zu 2: Bd. 2. « Vgl. Anm. [2].
4
Ziel hingeleitet würden, was soviel ist wie lenken. Darum 103,1 beweist offensichtlich auch gerade die sichere Ordnung der Dinge die Lenkung der Welt; ebenso wie wenn jemand in ein gut geordnetes Haus einträte, so würde er gerade aus der Ordnung des Hauses die Vernunft des Ordners erkennen, nach dem Satz, den Tullius im Buch ,Von der Natur der Götter' Aristoteles zuschreibt. Z w e i t e n s erhellt dies aus der Betrachtung der göttlichen Güte, durch welche die Dinge ins Dasein hervorgebracht wurden (44, 4 und 45, 2: Bd. 4). Da es nämlich „Sache des Besten ist, das Beste hervorzubringen", widersprach es der göttlichen Güte, die hervorgebrachten Dinge nicht zur Vollendung zu führen. Die letzte Vollendung eines jeden Dinges aber besteht in der Erreichung des Zieles. Darum gehört es zur göttlichen Güte, daß sie, wie sie die Dinge ins Dasein hervorgebracht hat, diese auch zum Ziele hinführe. Das heißt lenken. Z u 1. Ein Ding wird bewegt oder ist auf ein Ziel hin tätig in doppelter Weise. Einmal wie etwas, das sich selbst zum Ziel hinführt. So der Mensch und die anderen geistbegabten Geschöpfe; diese Wesen erkennen die Bewandtnis von Ziel und Mittel. In anderer Weise sagt man von etwas, es sei in Bewegung oder tätig auf ein Ziel hin, wenn es von einem anderen auf das Ziel hin getrieben oder gelenkt wird. So wird der Pfeil zur Scheibe hin vom Schützen Q U A E S T I O 103, i
gubernare. Unde ipse ordo certus rerum manifeste demonstrat gubernationem mundi; eicut si quis intraret domum bene ordinatam, ex ipsa domus ordinatione ordinatoris rationem perpenderet, ut ab Aristotele dictum Tullius introducit.1 Secundo autem apparet idem ex consideratione divinae bonitatis, per quam res in esse productae sunt, ut ex supradictis patet. Cum enim „optimi sit optima producere", non convenit cf. Piaton summae Dei bonitati quod res productas ad perfectum non Timaios perducat. Ultima autem perfectio uniuscujusque est in consecutione finis. Unde ad divinam bonitatem pertinet, ut sicut produxit res in esse, ita etiam eas ad flnem perducat; quod est gubernare. AD PRIMUM ergo dicendum quod aliquid movetur vel operatur propter flnem dupliciter: uno modo sicut agens seipsum in flnem, ut homo et aliae creaturae rationales; et talium est cognoscere rationem finis, et eorum quae sunt ad flnem: — alio modo aliquid dicitur operari, vel moveri propter flnem, quasi ab aliquo actum, vel directum in flnem; sicut sagitta movetur directa ad Signum a sagittante, qui cognoscit 1 Ed. Barri Ducis addit: (De Natura Deorum, lib. 2; vel potius: ut a Cleante: Arist. tarnen quid siraile habet). Cl. 12 Metaph., cap. 10; 1075 a 11 sqq.
5
i bewegt, der das Ziel erkennt, nicht aber [erkennt das Ziel] der Pfeil [4], Wie darum die Bewegung des Pfeiles auf ein bestimmtes Ziel hin klar beweist, daß der Pfeil von einem Erkennenden gelenkt wird, so bekundet der sichere Lauf der Naturdinge, welche der Erkenntnis ermangeln, offensichtlich, daß die Welt von einer Vernunft gelenkt wird. Z u 2. In allen geschaffenen Dingen ist etwas Beständiges, zumindest der erste Stoff; und etwas der Bewegung Unterworfenes, sofern wir unter Bewegung auch die Tätigkeit einbegreifen. Und in beiderlei Hinsicht bedarf ein Ding der Lenkung, weil gerade das, was in den Dingen beständig ist, ins Nichts zurückfallen würde (weil es aus dem Nichts stammt), wenn es nicht durch die Hand eines Lenkenden bewahrt würde (104, 1). Z u 3. Die naturhafte Notwendigkeit, welche jenen Dingen innewohnt, die auf Eines festgelegt sind, ist eine Art Einprägung Gottes, der zum Ziel hinlenkt; wie die Notwendigkeit, mit welcher der Pfeil getrieben wird, auf eine bestimmte Scheibe hinzustreben, eine Einprägung des Schützen ist und nicht des Pfeiles. Sie unterscheiden sich jedoch darin, daß das, was die Geschöpfe von Gott empfangen, ihnen Natur ist; was aber vom Menschen den Naturdingen über ihre Natur hinaus eingeprägt wird, ist Gewalt. Wie darum die aus Gewalt stammende Notwendigkeit in der Bewegung des Pfeiles das ,Ziel-en' des Schützen Q U A E S T I O
103,
1
finem, non autem sagitta. Unde sicut motus sagittae ad determinatum finem demonstrat aperte quod sagitta dirigitur ab aliquo cognoscente; ita certus cursus naturalium rerum cognitione carentium manifeste déclarai mundum ratione aliqua gubernari. AD SECUNDUM dicendum, quod in omnibus rebus creatis est aliquid stabile, ad minus prima materia; et aliquid ad motum pertinens, ut sub motu etiam operationem comprehendamus. Et quantum ad utrumque res indiget gubernatione ; quia hoc ipsum quod in rebus est stabile, in nihilum decideret, quia ex nihilo est, nisi manu gubernatoris servaretur, ut infra patebit. AD TERTIUM dicendum, quod necessitas naturalis inhaerens rebus quae determinantur ad unum, est impressio quaedam Dei dirigentis ad finem; sicut necessitas qua sagitta agitur, ut ad certum Signum tendat, est impressio sagittantis, et non sagittae. 3ed in hoc difiert, quia id quod creaturae a Deo recipiunt, est earum natura; quod autem ab homine rebus naturalibus imprimitur praeter earum naturam, ad violentiam pertinet. Unde sicut necessitas violentiae in motu sagittae demonstrat
6
beweist, so b e w e i s t die naturhafte Notwendigkeit der Geschöpfe die L e n k u n g der göttlichen V o r s e h u n g [ 5 ] . 2. Liegt
das Ziel
der
103,2
ARTIKEL
Weltlenkung
außerhalb
der
Welt?
1. Ziel der L e n k u n g eines D i n g e s ist das, w o z u das gelenkte Ding geführt wird. Das aber, w o z u ein Ding geführt wird, ist ein Gut i m Ding selbst; so w i r d der Kranke zur Gesundheit geführt, w e l c h e ein Gut in ihm selbst ist. A l s o ist das Ziel der L e n k u n g der D i n g e nicht ein ä u ß e r e s Gut, sondern ein Gut in den Dingen selbst. 2. Der P h i l o s o p h sagt: „Unter d e n Zielen sind die einen Tätigkeiten, die a n d e r e n Werke", das heißt Gewirktes. Doch nichts, w a s außerhalb des Weltalls liegt, kann ein Gewirktes s e i n ; die Tätigkeiten aber liegen im Tätigen selbst. A l s o k a n n nichts Ä u ß e r e s das Ziel der Lenkung der D i n g e sein. B. D a s Gut e i n e r Vielheit scheint Ordnung und Friede zu sein, der nichts anderes ist als „Ruhe der Ordnung" (Augustinus). Die Welt aber besteht in einer Vielheit von Dingen. D e m n a c h ist das Ziel der Lenkung der Welt die Q U A E S T I O 103, s
sagittantis directionem; ita necessitas naturalis demonstrat divinae providentiae gubernationem. ARTICULUS ütrum
finis
creaturarum
II
gubernationis mundi extra mundum
sit
aliquid
[CG III 17; Met. 12 1. 12]
AD SECUNDUM sie proceditur. Videtur quod finis gubernationis mundi non sit aliquid extra mundum existens. Illud enim est finis gubernationis rei, ad quod res gubernata perducitur. Sed illud ad quod res aliqua perducitur, est aliquod bonum in ipsa re; sicut infirmus perducitur ad sanitatem, quae est aliquod bonum in ipso. Ergo finis gubernationis rerum non est aliquod bonum extrinsecum, sed aliquod bonum in ipsis rebus existens. 2. PRAETEREA, Philosophus dicit [1 Eth., cap. 1], quod ir9i a 4 „finium quidam sunt operationes, quidam opera", id est, operata. Sed nihil extrinsecum a toto universo potest esse operatum; operatio autem est in ipsis operantibus. Ergo nihil extrinsecum potest esse finis gubernationis rerum. 3. PRAETEREA, bonum multitudinis videtur esse ordo, et pax, quae est „tranquillitas ordinis", ut Augustinus dicit [19 de Civ. PL Dei, cap. 13]. Sed mundus in quadam rerum multitudine 4 1 ' 6 4 0 D consistit. Ergo finis gubernationis mundi est pacificus ordo, qui
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103,2 friedliche Ordnung, die in den Dingen selbst liegt. Also ist das Ziel der Lenkung der Dinge nicht ein äußeres Gut. ANDERSEITS heißt es Spr 16, 4: „Alles insgesamt hat der Herr um Seiner Selbst willen gewirkt." Er selbst aber steht außerhalb der gesamten Ordnung des Alls. Also ist das Ziel der Dinge ein äußeres Gut. ANTWORT: Da das Ziel dem Ursprung entspricht, kann nach der Erkenntnis des Ursprungs nicht im Dunkel bleiben, was Ziel der Dinge ist. Da also der Ursprung der Dinge etwas dem ganzen Weltall Äußeres ist, nämlich Gott (44, 1: Bd. 4), so muß notwendig auch das Ziel der Dinge ein äußeres Gut sein. Und das erhellt aus der Vernunft, denn es ist offenbar, daß das Gute die Bewandtnis des Zieles hat. Darum ist das besonderte Ziel eines Dinges ein besondertes Gut, das allgesamte Ziel aller Dinge aber ist ein allgesamtes Gut. Das allgesamte Gut aber ist das, welches an sich und durch sein Wesen gut, also das Wesen der Gutheit selbst ist; ein besondertes Gut dagegen ist ein Gut, welches durch Teilhabe gut ist. Es ist nun offensichtlich, daß es in der Gesamtheit der Geschöpfe kein Gut gibt, das nicht durch Teilhabe gut wäre. Darum muß jenes Gut, welches Ziel des ganzen Weltalls ist, dem ganzen Weltall äußerlich sein. Z u 1. Wir erlangen ein Gut auf vielfache Weise. Einmal Q Ü A E S T I O 103, !
est in ipsis rebus. Non ergo finis gubernationis rerum est quoddam bonum extrinsecum. SED CONTRA est quod dicitur Prov. 16: ,.Universa propter se operatus est Dominus." Ipse autem est extra totum ordinem universi. Ergo finis rerum est quoddam bonum extrinsecum. RESPONDEO dicendum quod cum finis respondeat principio, non potest fieri ut principio cognito, quis 1 sit rerum finis ignoretur. Cum igitur principium rerum sit aliquid extrinsecum a toto universo, scilicet Deus, ut ex supra dictis patet, necesse est quod etiam finis rerum sit quoddam bonum extrinsecum. Et hoc ratione apparet. Manifestum est enim quod bonum habet rationem finis; unde finis particularis alicujus rei e6t quoddam bonum particulare; finis autem universalis rerum omnium est quoddam bonum universale. Bonum autem universale est quod est per se et per suam essentiam bonum, quod est ipsa essentia bonitatis; bonum autem particulare est, quod est participative bonum. Manifestum est autem quod in tota universitate creaturarum nullum est bonum quod non sit participative bonum. Unde illud bonum quod est finis totius universi, oportet quod sit extrinsecum a toto universo. AD PRIMUM ergo dicendum quod bonum aliquod consei P et L: quid.
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wie eine Form, die in uns da ist, z. B. Gesundheit oder 103, 2 Wissenschaft; sodann wie etwas von uns Gewirktes; so erreicht der Baumeister das Ziel, indem er das Haus baut; dann wiederum wie ein Gut, das man erhält oder in Besitz nimmt, wie der Käufer das Ziel erreicht im Besitz des Ackers. Darum steht nichts im Wege, daß jenes [Ziel], wozu das Weltall geführt wird, ein [ihm] äußerliches Gut ist. Z u 2. Der Philosoph spricht von dem Ziel der Künste, von denen einige die Tätigkeit selbst zum Ziel haben: so ist das Ziel des Zitherspielers das Zitherspiel; andere wieder haben etwas Gewirktes zum Ziel: so ist das Ziel des Baumeisters nicht das Bauen, sondern der Bau. Es kommt aber vor, daß etwas Äußerliches Ziel ist, nicht bloß als etwas Gewirktes, sondern auch als etwas in Besitz oder Eigentum Übergebenes oder als etwas Dargestelltes, wie wenn wir sagen, der Herkules ist das Ziel des Bildes, das entsteht, um ihn darzustellen. So kann also gesagt werden, daß ein dem ganzen Weltall äußerliches Gut Ziel der Lenkung der Dinge ist als etwas Erhaltenes und Dargestelltes; denn darauf strebt ein jedes Ding, daß es an ihm teilnimmt und ihm ähnlich wird, soweit es kann. Z u 3. E i n Ziel des Weltalls ist freilich das Gut, das in ihm selbst liegt, nämlich die Ordnung des Weltalls selbst; dieses Gut aber ist nicht letztes Ziel, sondern ist auf das Q Ü A E S T I O 103, ; quimur multipliciter: uno modo sicut f o r m a m in nobis existentem, ut sanitatem, a u t scientiam; alio modo ut aliquid per nos operatum, sicut aedificator consequitur flnem faciendo doinum; alio modo sicut aliquod bonuin habitum, v e l possessum, ut ille qui emit, consequitur flnem possidendo a g r u m . U n d e nihil prohibet, illud ad quod perducitur universum, esse quoddam bonum extrinsecum. A D S E C U N D U M d i c e n d u m quod Philosophus loquitur de flnibus artium, q u a r u m q u a e d a m h a b e n t pro flnibus operationes ipsas, sicut citharistae flnis est c i t h a r i z a r e ; q u a e d a m v e r o habent pro flne q u o d d a m operatum, sicut aedificatoris flnis non est aedificare, sed domus. Contingit autem aliquid e x t r i n s e c u m esse flnem non solum sicut operatum, sed etiam sicut possessum, seu habitum, v e l etiam sicut r e p r a e s e n t a t u m ; sicut si d i c a m u s quod H e r c u l e s est flnis imaginis, q u a e fit ad e u m r e p r a e s e n t a n dum. S i c igitur potest dici quod b o n u m e x t r i n s e c u m a toto universo est flnis gubernationis r e r u m sicut habitum et r e p r a e s e n t a t u m : q u i a ad hoc u n a q u a e q u e res tendit, ut participet ipsum, et assimiletur ei quantum potest. A D T E R T I U M dicendum quod flnis q u i d e m universi est aliquod b o n u m in ipso existens, scilicet ordo ipsius universi. Hoc autem bonum non est ultimus flnis, 6ed ordinatur ad
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1094 a 1
1103 a 34
103, 3 äußerliche Gut hin geordnet als auf das letzte Ziel, wie auch die Ordnung des Heeres auf den Führer hin geordnet ist (Aristoteles). 3. A R T I K E L Wird die Welt von Einem gelenkt ? 1. Über die Ursache urteilen wir auf Grund der Wirkungen. Bei der Lenkung der Dinge aber zeigt es sich, daß die Dinge nicht auf ein und dieselbe Art in Bewegung und tätig sind, denn manches wirkt zufällig, manches notwendig, und was es sonst noch an Verschiedenheiten geben mag. Also wird die Welt nicht von Einem gelenkt. 2. Die Dinge, welche von Einem gelenkt werden, widerstreben sich nicht gegenseitig, es sei denn wegen der Unerfahrenheit oder Unfähigkeit des Lenkenden, die bei Gott ausgeschlossen ist. Die geschaffenen Dinge aber widerstreben sich gegenseitig und kämpfen widereinander, wie das bei den gegensätzlichen Dingen erhellt. Also wird die Welt nicht von Einem gelenkt. 3. In der Natur findet sich immer das Bessere. Aber „es ist besser, daß zwei beisammen sind als einer" (Prd 4, 9). Also wird die Welt nicht von Einem, sondern von mehreren gelenkt. Q U A E S T I O 103, i
bonum extrinsecum ut ad ultimum flnem; sicut etiam ordo 1075 a 14 exercitus ordinatur ad ducem, ut dicitur [12 Metaph., cap. 10]. Utrum
A R T I C U L U S III mundus gubernetur
ab
uno
tSupra 11, 3; 49, 3; CG III 64; Ver. 5, 3; Met. 12 1. 12]
AD TERTIUM sie proceditur. Videtur quod mundus non gubernetur ab uno. De causa enim per efiectus judicamus. Sed in gubernatione rerum apparet quod res non uniformiter gubernantur 1 et operantur; quaedam enim sunt contingentia, 2 quaedam vero ex necessitate, et secundum alias diversitates. Ergo mundus non gubernatur ab uno. 2. PRAETEREA, ea quae gubernantur ab uno, a se invicem non dissentiunt nisi propter imperitiam aut insipientiam 3 aut impotentiam gubernantis; quae a Deo sunt procul. Sed res creatae a se invicem dissentiunt, et contra se invicem pugnant, ut in contrariis apparet. Non ergo mundus gubernatur ab uno. 3. PRAETEREA, in natura Semper invenitur quod melius est. Sed „melius est simul esse duo quam unum", ut dicitur Eccles. 4. Ergo mundus non gubernatur ab uno, sed a pluribus. 1 e 3
10
L: moventur. L: quaedam enim contingenter. L om.: aut insipientiam.
ANDERSEITS bekennen wir e i n e n Gott und e i n e n 103, 3 Herrn, nach dem Wort des Apostels (1 Kor 8, 6): „Wir haben e i n e n Gott, den Vater . . . und e i n e n Herrn". Beides gehört zur Lenkung, denn zum Herrn gehört die Lenkung der Untergebenen, und der Name Gott wird von der Vorsehung genommen (13, 8: Bd. 1). Also wird die Welt von Einem gelenkt. ANTWORT: Man muß notwendig sagen, daß die Welt von Einem gelenkt wird. Da nämlich Ziel der Weltlenkung das ist, was wesenhaft gut ist — das aber ist das Beste —, muß notwendig die Lenkung der Welt die beste sein. Die beste Lenkung aber ist die, welche durch Einen erfolgt. Der Grund dafür liegt darin, daß lenken nichts anderes ist als Hinführen der gelenkten Dinge zum Ziel, welches [immer] ein Gut ist. Einheit aber gehört zum Wesen der Gutheit, was Boethius dadurch beweist, daß alle Dinge, so wie sie das Gute erstreben, auch die Einheit erstreben, ohne die sie nicht sein können. Denn ein jedes Ding i s t insoweit, als es eines ist. Daher sehen wir, daß die Dinge ihrer Teilung widerstreben, soweit sie können, und daß die Auflösung eines jeden Dinges aus einem Mangel dieses Dinges herrührt. Und daher geht die Absicht dessen, der eine Vielheit lenkt, auf Einheit oder Friede. — Ursache der Einheit aber ist an sich ein Eines. Es ist nämlich offensichtlich, daß mehrere nicht imstande sind, vieles zu Q U A E S T I O 103, J SED CONTRA est quod unum Deum et unum Dominum confitemur, secundum illud Apostoli 1 Cor. 8: „Nobis est unus Deus pater . . . et Dominus unus"; quorum utrumque ad gubernationem pertinet; nam ad dominum pertinet gubernatio subditorum; et Dei nomen ex Providentia sumitur, ut supra dictum est. Ergo mundus gubernatur ab uno. RESPONDEO dicendum quod necesse est dicere quod mundus ab uno gubernetur. Cum enim finiß gubernationis mundi eit quod est essentialiter bonum, quod est Optimum, necesse est quod mundi gubernatio sit optima. Optima autem gubernatio est quae fit per unum. Cujus ratio est, quia gubernatio nihil aliud est quam directio gubernatorum ad finem, qui est aliquod bonum. Unitas autem pertinet ad rationem bonitatäs, ut Boetius probat [3 de Cons., prosa 11], per hoc quod eicut PL omnia desiderant bonum, ita desiderant unitatem, sine qua 63/771D esse non possunt; nam unumquodque intantum est, inquantum unum est. Unde videmus quod res repugnant suae divisiioni quantum possunt, et quod dissolutio uniuscujusque rei provenit ex defectu illius rei. Et ideo id ad quod tendit intentio multitudinem gubsrnantis, est unitas, sive pax. — Unitatis autem causa per se est unum. Manifestum est enim quod plures multa unire et concordare non possunt, nisi ipsi aliquo modo
2*
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103, 3 einen und zur Übereinstimmung zu bringen, wenn sie nicht selbst irgendwie geeint sind. Das aber, was an sich Eines ist, kann sinnvoller und besser Ursache der Einheit sein als viele Geeinte. Darum wird eine Vielheit besser gelenkt durch einen als durch mehrere. — Es bleibt also nur übrig, daß die Lenkung der Welt, welche die beste ist, von e i n e m Lenkenden ausgeübt wird. Und das sagt der Philosoph: „Die seienden Dinge wollen nicht schlecht verwaltet sein, und nicht gut ist Vielherrschaft: Einer [sei] Herrscher." Z u 1. Bewegung ist die „Seinsvollkommenheit eines vom Beweger Bewegbaren" [Aristoteles]. Die Unterschiedlichkeit der Bewegung kommt also von der Verschiedenheit der bewegbaren Dinge, wie die Vollkommenheit des Alls sie erfordert (47, 1 u. 2; 48, 2: Bd. 4), und nicht von der Verschiedenheit der Lenkenden. Z u 2. Wenn entgegengesetzte Dinge in bezug auf ihre nächsten Ziele auch einander widerstreben, so kommen sie doch überein in bezug auf das letzte Ziel, insofern sie unter der einen Ordnung des Alls zusammengeschlossen sind. Z u 3. Bei Teilgütern sind zwei besser als eines; zu dem aber, was wesenhaft das Gute ist, kann keine Hinzufügung von Gutheit erfolgen. Q U A E S T I O 103. i
uniantur. Illud autem quod est per se unum, potest esse causa unitatis convenientius 1 quam multi uniti; unde multitudo melius gubernatur per unum quam per plures. — Relinquitur ergo gubernatio mundi, quae est optima, sit ab uno gubernante. 1076 a 3 Et hoc est quod Philosophus dicit [12 Metaph., cap. 10]: „Entia nolunt disponi male, nec bonum pluralitas principatuum: unus ergo princeps." AD PRIMUM ergo dicendum quod motus est ,actus mobilis a movente'. Difformitas ergo motuum est ex diversitate mobilium, quam requirit perfectio universi, ut supra dictum est, non ex diversitate gubernantium. AD SECUNDUM dicendum quod contraria etsi dissentiant quantum ad fines proximos, conveniunt tarnen quantum ad finem ultimum, prout concluduntur sub uno ordine universi. AD TERTIUM dicendum quod in particularibus bonis duo sunt meliora quam unum; sed ei quod est essentialiter bonum, non potest fieri aliqua additio bonitatis. 1
I' et L addunt: et melius. 2 Cf. Homer. Ilias II 204.
12
4. A R T I K E L Ist die
Wirkung
der Lenkung nur mehrere ?
eine
103,4 oder
sind
deren
1. Das scheint die Wirkung der Lenkung zu sein, was durch die Lenkung in den gelenkten Dingen verursacht wird. Das aber ist eines, nämlich das Gut der Ordnung, wie sich das beim Heer zeigt. Also hat die Weltlenkung [nur] eine Wirkung. 2. Von Einem kann naturgemäß nur Eines ausgehen. Die Welt aber wird von Einem gelenkt [Art. 3 ] . Also ist auch die Wirkung der Lenkung nur eine. 3. Wenn die Wirkung der Lenkung wegen der Einzigkeit des Lenkenden nicht eine ist, so muß sie sich nach der Vielheit der gelenkten Wesen vervielfachen. Diese aber sind für uns unzählbar. Also können die Wirkungen der Lenkung nicht mit einer bestimmten Zahl angegeben werden. A N D E R S E I T S sagt Dionysius: „Die Gottheit hält in vollkommener Vorsehung und Gutheit alles zusammen und erfüllt es mit sich selbst." Die Lenkung aber gehört zur Vorsehung. Also hat die göttliche Lenkung bestimmte Wirkungen. Q U A E S T I O 103,
RESPONDEO dicendum quod eorum quae a Deo Sunt circa creaturam, quaedam proveniunt secundum naturalem cursum rerum; quaedam vero miraculose operantur praeter ordinem naturalem creaturis inditum, ut infra dicetur. Quae autem facturus eöt Deus secundum ordinem naturalem rebus inditum, considerari possunt ex ipsis rerum naturis; quae vero miraculose Sunt, ordinantur ad gratiae manifestationem, eecundum illud Apostoli [1 Cor. 12]: „Unicuique datur manifestatio Spiritus ad utilitatem"; et postmodum inter caetera subdit de miraculorum operatione. Creaturarum autem naturae hoc demonstrant ut nulla earum in nihilum redigatur; quia vel sunt immateriales, et sie in eis non est potentia ad non esse; vel sunt materiales, et sie saltem remanent Semper secundum materiam, quae incorruptibilis est; utpote subjectum existens generationis et corruptionis. Redigere etiam aliquid in nihilum non pertinet ad gratiae manifestationem, cum magis per hoc divina potentia et bonitas ostendatur, quod res in esse conservat. Unde simpliciter dicendum est quod nihil omnino in nihilum redigetur. AD PRIMUM ergo dicendum quod hoc quod res in esse produetae sunt, postquam non fuerunt, declarat potentiam pro4*
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104, 4 Nichts zurückgeführt, so würde das eine solche Offenbarung wieder in Frage stellen, denn Gottes Macht zeigt sich am meisten darin, daß E r die Dinge im Sein erhält, nach Hebr 1, 3 : „Er trägt alles durch das WORT Seiner Macht." Z u 2. Das Vermögen des Geschöpfes, zu sein, ist nur ein empfangsfähiges; das wirkmächtige Vermögen aber ist Gottes allein, von dem der Einfluß zum Sein herrührt. Daraus, daß nun die Dinge ins Unendliche fortdauern, folgt die Unendlichkeit der göttlichen Kraft. Die Kraft jedoch fortzudauern ist für gewisse Dinge auf eine bestimmte Zeit beschränkt, insofern sie gehindert werden können, den Seinseinfluß, der von Ihm stammt, aufzunehmen, und zwar [gehindert werden können] durch eine entgegenwirkende Ursache, der eine begrenzte Kraft nicht auf unendlich lange, sondern nur auf beschränkte Zeit widerstehen kann. Darum verharren die Dinge, die keinem Entgegenwirkenden ausgesetzt sind, trotz ihrer begrenzten Kraft in Ewigkeit. Z u 3. Wesensform und Eigenschaften sind keine in sich abgeschlossenen Seinsheiten, da sie nicht in sich gegründet stehen, sondern eine jede dieser Seinsheiten ist etwas am Seienden; ,seiend' heißen sie nämlich deshalb, weil durch sie etwas ist. Trotzdem werden sie in der Weise, in der sie sind, nicht ganz ins Nichts zurückgeführt; nicht als ob irgendein Teil davon zurückbliebe, sondern sie bleiben in der Grundlage des Stoffes oder Trägers. Q U A E S T I O 104, i
ducentis; sed quad in nihilum redigerentur, hujusmodi manifestationem impediret; cum Dei potentia in hoc maxime ostendatur quod res in esse conservat, secundum illud Apostoli [Hebr. 1] : „Portans omnia verbo virtutis suae." AD SECUNDUM dicendum quod potentia creaturae ad essendum est receptiva tantum; sed potentia activa est ipsius Dei, a quo est influxus essendi. Unde quod res in infinitum durent, sequitur infinitatem divinae virtutis. Determinatur tarnen quibusdam rebus virtus ad manendum tempore determinato, inquantum impediri possunt ex aliquo contrario agente, ne percipiant influxum essendi, qui est ab eo, cui finita virtus non potest resistere tempore infimto, sed solum tempore determinato. Et ideo ea quae non habent contrarium, quamvis habeant finitam virtutem, perseverant in aeternum. AD TERTIUM dicendum, quod formae et accidentia non sunt entia completa, cum non subsistant; sed quodlibet eorum est aliquid entis: sic enim ens dicitur, quia eo aliquid est. Et tarnen eo modo quo sunt, non omnino in nihilum rediguntur, non quia aliqua pars eorum remanet, sed remanent in potentia materiae, vel subjecti.
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105.
105, 1
FRAGE
DIE VERÄNDERUNG DER GESCHÖPFE VON SEITEN GOTTES Hierauf ist eine Betrachtung anzustellen über die zweite Wirkung der göttlichen Regierung, nämlich die Veränderung der Geschöpfe, und zwar zuerst über die Veränderung der Geschöpfe von seiten Gottes, zweitens über die Veränderung des einen Geschöpfes von seiten des anderen. Zum Ersten ergeben sich acht Einzelfragen: 1. Kann Gott unmittelbar den Stoff mit der Form verbinden? 2. Kann Er unmittelbar einen Körper bewegen? 3. Kann Er den Verstand bewegen? 4. Kann Er den Willen bewegen? 5. Wirkt Gott in jedem Wirkenden? 6. Kann Er etwas tun vorbei an der Ordnung, die den Dingen eingeschaffen ist? 7. Ist alles, was Gott auf diese Weise tut, Wunder? 8. Von der Verschiedenheit der Wunder. 1. A R T I K E L Kann Gott unmittelbar den Stoff mit der Form verbinden? 1. Wie der Philosoph beweist, kann eine Form in diesem Stoff nur hervorbringen, was selbst Form im Stoff ist, QUAESTIO
CV
DE MUTATIONE CREATURARUM A DEO Deinde considerandum est de secundo effectu gubernationis divinae, qui est mutatio creaturarum; et primo de mutatione creaturarum a Deo; secundo de mutatione unius creaturae ab alia. Circa primum quaeruntur octo: 1. Utrum Deus immediate possit movere materiam ad formam. — 2. Utrum immediate possit movere aliquod corpus. — 3. Utrum possit movere intellectum. — 4. Utrum possit movere voluntatem. — 5. Utrum Deus operetur in omni operante. — 6. Utrum possit aliquid facere praeter ordinem rebus inditum. — 7. Utrum omnia quae sic Deus facit, sint miracula. — 8. De diversitate miraculorum. Utrum
Deus
ARTICULUSI possit immediate r i a m ad f o r m a m
movere
mate-
[Supra 4, 3; 19, 4; 44, 2; 71, 1 ad 1; infra 110, 2]
AD PRIMUM sic proceditur. Videtur quod Deus non possit immediate movere materiam ad formam. Sicut enim probat Philosophus [7 Metaph., cap. 8], formam in hac materia nihil 1033 b 23
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105, l denn Ähnliches schafft sich Ähnliches. Gott aber ist keine F o r m im Stoff. Also kann E r keine F o r m im Stoff verursachen. 2. Wenn ein Wirkendes in Möglichkeit zu vielem steht, wird es nichts davon hervorbringen, wenn es dazu nicht durch ein anderes bestimmt wird; wie nämlich im ,Buch von der Seele' gesagt wird, hat eine Meinung, die im Allgemeinen steckenbleibt, nicht die Kraft [, zur Zustimmung] zu bewegen, es sei denn durch Vermittlung irgendeiner Einzelwahrnehmung. Die göttliche Kraft aber ist die Allgemeinursache aller Dinge. Also kann E r keine Einzelform schaffen, es sei denn durch Vermittlung irgendeines Einzelwirkenden. 3. Wie das Sein insgesamt abhängt von der ersten Allgemeinursache, so hängt das bestimmte Sein ab von bestimmten Sonderursachen (104, 2). Das bestimmte Sein eines Dinges aber besteht durch dessen Eigenform. Also werden die Eigenformen der Dinge nur durch Vermittlung von Sonderursachen von Gott hervorgebracht. A N D E R S E I T S heißt es im Schöpfungsbericht (Gn 2, 7 ) : „Gott hat den Menschen gebildet aus dem Lehm der Erde." ANTWORT: Gott kann unmittelbar den Stoff mit der Form verbinden. Denn ein der empfangsfähigen Möglichkeit nach Seiendes kann in die Wirklichkeit überführt werden von jeder wirkmächtigen Kraft, die jene [empQUAESTIO 105, 1 facere potest, nisi forma quae est in materia; quia simile facit sibi v simile. Sed Deus non est forma in materia. Ergo non potest causare formam in materia. 2. PRAETEREA, si aliquod agens se habeat ad multa, nullum eorum producet, nisi determinetur ad unum per aliquid aliud; 434 a 16 ut enim [3 de Anima, cap. 11] dicitur, universalis opinio non movet, nisi mediante aliqua particulari apprehensione. Sed virtus divina est universalis causa omnium. Ergo non potest producere aliquam particularem formam nisi mediante aliquo particulari agente. 3. PRAETEREA, sicut esse commune dependet a prima causa universali; ita esse determinatum dependet a determinatis causis particularibus, ut supra habitum est. Sed determinatum esse alicujus rei est per propriam ejus formam. Ergo propriae rerum formae non producuntur a Deo, nisi mediantibus causis particularibus. SED CONTRA est quod dicitur Genes. 2: „Formavit Deus hominem de limo terrae." RESPONDEO dicendum quod Deus immediate potest movere materiam ad formam; quia ens in potentia passiva reduci potest in actum a potentia activa, quae earn sub sua potestate continet.
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fangsfähige Möglichkeit] in ihrer Macht hat. Da also der 105, 1 Stoff, weil er von Gott hervorgebracht ist, unter der göttlichen Macht steht, kann er durch die göttliche Macht in die Wirklichkeit überführt werden. Und das bedeutet es, wenn der Stoff mit der [ W e s e n s - ] F o r m verbunden wird, denn die [Wesens-] F o r m ist nichts anderes als die Wirklichkeit [ = Seinsvollkommenheit] des Stoffes. Z u 1. Auf zweifache Weise kann eine Wirkung der Wirkursache angeglichen werden. Einmal innerhalb derselben A r t ; so wird der Mensch vom Menschen erzeugt und Feuer von Feuer. Sodann auf Grund eines Enthaltenseins ,der Kraft nach', sofern nämlich die [Wesens-] Form der Wirkung in der Kraft der Ursache enthalten ist; so werden die aus Verwesung gezeugten Tiere und die Pflanzen und Gesteine der Sonne und den Sternen angeglichen, durch deren Kraft sie erzeugt werden. So wird also die Wirkung der Wirkursache angeglichen in bezug auf alles, worauf sich die Kraft der Wirkursache erstreckt. Die Kraft Gottes aber erstreckt sich auf Form u n d Stoff (14, 2 : Bd. 2 ; 44, 2; Bd. 4). Darum wird das Zusammengesetzte, das gezeugt wird, Gott angeglichen auf Grund des Enthaltenseins ,der Kraft nach', wie es dem zeugenden Wesensganzen angeglichen wird auf Grund der Artähnlichkeit. Wie darum das zeugende Wesensganze den Stoff mit der Form verbinden kann durch Zeugung eines ihm ähnlichen Wesensganzen, so auch Gott. Nicht aber [kann das] irgendeine andere Form, die nicht im Stoff QUAESTIO 105, i Cum igitur materia contineatur sub potestate divina, utpote a Deo producta, potest reduci in actum per divinam potentiam; et hoc est moveri materiam ad formam; quia forma nihil aliud est quam actus materiae. AD PRIMUM ergo dicendum quod effectus aliquis invenitur assimilari causae agenti dupliciter: uno modo secundum eamdem speciem, ut homo generatur ab homine, et ignis ab igne; alio modo secundum virtualem continentiam, prout scilicet forma eft'ectus virtualiter continetur in causa; et sic animalia ex putrefactione generata, et plantae, et corpora mineralia assimilantur soli et stellis quorum virtute generantur. Sic igitur effectus causae agenti similatur secundum illud totum ad quod se extendit virtus agentis. Virtus autem Dei se extendit ad formam et materiam, ut supra habitum est. Unde compositum, quod generatur, similatur Deo secundum virtualem continentiam, sicut similatur composito generanti per similitudinem speciei. Unde sicut compositum generans potest movere materiam ad formam generando compositum sibi simile, ita et Deus: non autem aliqua alia forma non in materia existens; quia materia
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105, 2 west, weil der Stoff nicht enthalten ist in der Kraft eines anderen stoff-freien Selbstandwesens. Darum wirken die bösen Geister und die Engel in den sichtbaren Dingen nicht durch Einprägung von Formen, sondern durch Benutzung von körperlichem Samen. Z u 2. Jener Grund würde gelten, wenn Gott aus Naturnotwendigkeit heraus wirkte. Weil Er aber durch Willen und Verstand wirkt, der die wesenseigenen Gründe aller Formen kennt und nicht nur die allgemeinen, darum kann Er dem Stoff diese oder jene Form einzeln einprägen. Z u 3. Eben das, daß die Zweitursachen auf bestimmte Wirkungen hin geordnet sind, ist ihnen von Gott gegeben. Darum kann Gott, wie Er die andern Ursachen auf bestimmte Wirkungen hin ordnet, so auch durch sich selbst bestimmte Wirkungen hervorbringen. 2. Kann
Gott
ARTIKEL
den Körper
unmittelbar
bewegen?
1. Da das Bewegende und das Bewegte zugleich sein müssen (Aristoteles), muß eine Art Berührung stattfinden zwischen dem Bewegenden und dem Bewegten. Es kann aber zwischen Gott und dem Körper keine Berührung stattfinden; denn Dionysius sagt: „Bei Gott gibt es kein Q U A E ? T I O 105, 2
non continetur in virtute alterius substantiae separatae. Et ideo daemones et angeli operantur circa haec visibilia, non quidem imprimendo formas, sed adhibendo corporalia semina. AD SECUNDUM dicendum quod ratio illa procederet, si Deus ageret ex necessitate naturae. Sed quia agit per voluntatem et intellectum, qui cognoscit rationes proprias omnium formarum, et non solum universales; inde est quod potest determinate hanc vel illam formam materiae imprimere. AD TERTIUM dicendum quod hoc ipsum quod causae eecundae ordinantur ad determinatos effectus, est illis a Deo; unde Deus, quia alias causas ordinat ad determinatos effectus, potest etiam determinatos effectus producere per eeipsum. Utrum
Deus
A R T I C U L U S II possit immediate quod corpus
movere
ali-
[Supra 18, 1 ad 2 et 3; 53, 3; 75, 1 ad 3; Resp. de 36 art., a. 13]
AD SECUNDUM sie proceditur. Videtur quod Deus non possit immediate movere aliquod corpus. Cum enim movens et motuni 243 a 4 oporteat esse simul, ut probatur [7 Plhys., cap. 2], oportet esse contactum quemdam moventis et moti. Sed non potest esse contactus Dei et corporis alieujus. Dicit enim Dionysius [De
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Berühren." Also kann Gott nicht unmittelbar den Körper 105, 2 bewegen. 2. Gott ist unbewegtes Bewegendes. Ein solches aber ist das wahr-genommene begehrbare Gut. Gott bewegt also wie das Ersehnte und Wahr-genommene. Er wird aber nur vom Verstand wahr-genommen, der kein Körper ist, noch die Kraft eines Körpers. Also kann Gott nicht unmittelbar den Körper bewegen. 3. Der Philosoph erweist, daß eine unendliche Kraft im Nu bewegt. Es ist aber unmöglich, daß ein Körper im Nu bewegt wird; da nämlich jede Bewegung zwischen zwei Polen liegt, so müßten folglich die zwei Pole zusammenfallen, was unmöglich ist. Also kann der Körper nicht unmittelbar von einer unendlichen Macht bewegt werden. Die Macht Gottes aber ist unendlich (25, 2: Bd. 2). Also kann Gott nicht unmittelbar den Körper bewegen. ANDERSEITS: Gott hat die ,Werke der sechs Tage' unmittelbar gewirkt, wobei die Bewegung der Körper mitgesetzt ist, wie aus dem Wort Gn 1, 9 erhellt: „Es mögen sich die Wasser sammeln an einem Orte." Also kann Gott den Körper unmittelbar bewegen. ANTWORT: Es ist irrig, zu sagen, Gott könne nicht durch sich selbst alle bestimmten Wirkungen hervorbringen, die durch irgendeine geschaffene Ursache geQ U A E S T I O 105,
Div. Nom., cap. 1], quod „Dei non est aliquis tactus". Ergo Deus PG3/593B non potest immediate movere aliquod corpus.. 2. PRAETEREA, Deus est movens non motum. Tale autem est appetibile apprehensum. Movet igitur Deus sicut desideratum et apprehensum. Sed non apprehenditur nisi ab intellectu, qui non est corpus, nec virius corporis. Ergo Deus non potest movere aliquod corpus immediate. 3. PRAETEREA, Philosophus probat [8 Phys., cap. 10], quod 266 a3i „potentia inflnita movet in instanti". Sed impossibile est aliquod corpus in instanti moveri; quia cum omnis motus eit inter opposita, sequeretur quod duo opposita simul inessent eidem; quod est impossibile. Ergo corpus non potest immediate moveri a potentia inflnita. Potentia autem Dei est inflnita, ut supra ihabitum est. Ergo Deus non potest immediate movere aliquod corpus. SED CONTRA. Opera sex dierum Deus fecit immediate, in quibus continetur motus corporum, ut patet per hoc quod dicitur Genes. 1: „Congregentur aquae . . . in loeum unum." Ergo Deus immediate potest movere corpus. RESPONDEO dicendum quod erroneum est dicere, Deum non posse facere per seipsum omnes determinatos effectus qui fiunt per quamcumque causam creatam.1 Unde cum corpora movean1 Zu diesem Irrtum vgl. Resp. de art 42, a. 1 u. Resp. de art. 36, a. 13; Manser Nr. 48 u. 49 (S. 29 f.).
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2 schehen. Da nun die Körper unmittelbar von geschaffenen Ursachen bewegt werden, darf niemandem ein Zweifel darüber kommen, daß Gott unmittelbar jeden Körper bewegen kann. Und das schließt sich folgerichtig an das an, was oben (Art. 1) gesagt wurde. Denn die Bewegung eines jeden Körpers folgt entweder auf die Wesensform, wie die örtliche Bewegung der schweren und leichten Körper der Wesensform folgt, die vom Zeugenden stammt (auf Grund dessen der Zeugende ,Beweger' heißt), oder sie ist Weg zur Wesensform, wie Erwärmung Weg zur Feuerform ist. Es liegt aber bei ein und demselben, die Wesensform einzuprägen u n d auf die Wesensform auszurichten u n d die Bewegung zu geben, die auf die Form folgt; denn das Feuer erzeugt nicht bloß anderes Feuer, es erwärmt auch und bewegt aufwärts. Da nun Gott unmittelbar dem Stoff die Wesensform einprägen kann, kann er folglich in jeder beliebigen Weise jeden beliebigen Körper bewegen. Z u 1. Es gibt eine doppelte Berührung: die körperliche, wie zwei Körper sich berühren, u n d die Berührung ,durch Kraft', w i e man sagt, das Betrübende berühre den Betrübten. In der ersten Weise der Berührung also kann Gott, da Er unkörperlich ist, weder berühren noch berührt werden. Nach der Weise der Berührung ,durch Kraft' aber berührt Er zwar die Geschöpfe, indem Er sie bewegt; aber Er wird nicht berührt, denn keines Geschöpfes natürQ U A E S T I C ) 105. !
tur immediate a causis creatis, nulli debet venire in dubium, quin Deus possit movere immediate quodcumque corpus. Et hoc quidem consequens est ad ea quae supra dicta (sunt. Nam omnia motus corporis cujuscumque vel consequitur formam aliquam, 6icut motus localis gravium et levium consequitur formam quae datur a generante, ratione cujus generane dicitur movens; vel est via ad formam aliquam, sicut calefactio est via ad formam ignis. Ejusdem autem est imprimere formam, et disponere ad formam, et dare motum consequentem formam. Ignis enim non solum generat alium ignem, sed etiam calefacit, et sursum movet. Cum igitur Deus possit immediate formam materiae imprimere, consequens est ut possit secundum quemcumque motum corpus quodcumque movere. A D P R I M U M ergo dicendum quod duplex est tactus: scilicet corporalis, sicut duo corpora se tangunt; et virtualis, sicut dicitur, quod contristans tangit contristatum. Secundum igitur primum contactum Deus, cum sit incorporeus, non tangit, nec tangitur; secundum autem virtualem contactum tangit quidem movendo creaturas, sed non tangitur; quia nullius creaturae
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liehe Kraft kann bis zu Ihm hin langen. Und so faßte 105, 2 Dionysius den Satz auf: „Bei Gott gibt es kein Berühren", so nämlich, daß Er berührt würde. Z u 2. Gott bewegt wie das Ersehnte und Erkannte. Es ist aber nicht notwendig, daß Er immer bewegt wie das von dem Bewegten Ersehnte und Erkannte, sondern wie das von Ihm selbst Ersehnte und Erkannte, denn Er wirkt alles um Seiner Güte willen. Z u 3. Der Philosoph will erweisen, daß die Kraft des ersten Bewegers keine Kraft in [Ausdehnungs-] Größe ist, und zwar mit folgender Überlegung: Die Kraft des ersten Bewegers ist unendlich (das beweist er damit, daß sie unendlich lange Zeit bewegen kann). Wenn eine unendliche Kraft aber in einer [Ausdehnungs-] Größe gegeben wäre, würde sie in Nicht-zeit bewegen, was unmöglich ist; darum darf die unendliche Kraft des ersten Bewegers nicht in [Ausdehnungs-] Größe gegeben sein. Daraus geht hervor, daß, wenn ein Körper in Nicht-zeit bewegt wird, das nur auf Grund einer der [Ausdehnungs-] Größe nach unendlichen Kraft geschieht. Der Grund liegt darin, weil eine jede Kraft, welche in [Ausdehnungs-] Größe gegeben ist, ihrem Gesamt nach bewegt, da sie aus Naturnotwendigkeit bewegt. Ein unendliches Vermögen aber übersteigt unverhältnismäßig jedes beliebige endliche Vermögen. Je größer aber das Vermögen des Bewegenden, um so größer ist die Geschwindigkeit der Bewegung. Da QUAESTIO 105, = virtus n a t u r a l i s potest ad i p s u m p e r t i n g e r e . • Et sie i n t e l l e x i t D i o n y s i u s q u o d n o n est tactus D e i , ut s c i l i c e t tangatur. pg3/593 A D S E C U N D U M d i c e n d u m quod movet D e u s sicut desiderat u m et i n t e l l e c t u m . S e d n o n oportet q u o d s e m p e r m o v e a t sicut d e s i d e r a t u m et i n t e l l e c t u m ab e o q u o d m o v e t u r ; s e d ßicut d e s i d e r a t u m et m o t u m 1 a s e i p s o ; quia o m n i a o p e r a t u r propter suam bonitatem. A D T E R T I U M d i c e n d u m q u o d P h i l o s o p h u s [8 Phys., cap. 10] ms a 10 i n t e n d i t p r o b a r e q u o d virtus p r i m i m o t o r i s n o n sit virtus in m a g n i t u d i n e , tali ratione. V i r t u s p r i m i m o t o r i s est virtus infinita, q u o d probat p e r h o c q u o d potest m o v e r e t e m p o r e infinito. 267 b 25 V i r t u s a u t e m infinita s i e s s e t i n a l i q u a m a g n i t u d i n e , m o v e r e t i n n o n t e m p o r e ; q u o d e s t i m p o s s i b i l e . E r g o oportet q u o d infinita virtus p r i m i m o t o r i s sit n o n i n m a g n i t u d i n e . E x q u o p a t e t q u o d c o r p u s m o v e r i i n n o n t e m p o r e n o n c o n s e q u i t u r nisi v i r t u t e m infinitam i n m a g n i t u d i n e . C u j u s ratio est, q u i a o m n i s virtus q u a e est i n m a g n i t u d i n e , m o v e t s e c u n d u m s e totam, c u m m o v e a t p e r n e c e s s i t a t e m n a t u r a e . P o t e n t i a m a u t e m infinita i m p r o p o r t i o n a biliter excedit quamlibet potentiam finitam. Quanto a u t e m m a j o r e s t p o t e n t i a m o v e n t i s , tanto est m a j o r v e l o c i t a s motus. 1
L: notum.
51
b
105, 3 nun ein endliches Vermögen in bestimmter Zeit bewegt, folgt, daß ein unendliches Vermögen nicht in Zeit bewegt, weil zwischen jeder beliebigen Zeit und einer andern ein bestimmtes Verhältnis besteht. Eine Kraft aber, die nicht in [Ausdehnungs-]Größe gegeben ist, ist die Kraft eines erkennenden Wesens, das in den Wirkungen so tätig ist, wie es diesen entspricht. Da es also einem Körper nicht entsprechen kann, in Nicht-zeit bewegt zu werden, folgt nicht, daß sie in Nicht-zeit bewegt. 3. Bewegt
ARTIKEL Verstand
Gott den geschaffenen
unmittelbar?
1. Die Tätigkeit des Verstandes ist v o n dem, i n dem sie ist, denn sie geht nicht in einen äußeren Stoff über (Aristoteles). Die Tätigkeit dessen aber, was von einem anderen bewegt wird, ist nicht v o n dem, i n dem sie ist, sondern vom Bewegenden. Also wird der Verstand nicht von einem andern bewegt. Und so scheint es, daß Gott den Verstand nicht bewegen kann. 2. Das, was in sich einen ausreichenden Grund seiner Bewegung hat, wird nicht von einem andern bewegt. Die Bewegung des Verstandes aber ist sein Verstehen selbst, Q U A E S T I O 105, >
Cum igitur potentia finita moveat tempore determinato, sequitur quod potentia infinita non moveat in aliquo tempore; quia cujuscumque temporis ad aliud tempus est aliqua proportio. Sed virtus quae non est in magnitudine, est virtus alicujus intelligentis, qui operatur in efiectibus secundum quod eis convenit. Et ideo cum corpori non possit esse conveniens moveri in non tempore, non sequitur quod moveat in non tempore. A R T I C U L U S III Utrum
Deus
moveat immediate creatum
intellectum
[Supra a. 2; 12, 2 et 5; 14, 1; 49, 4; 84, 4 c et ad 1; I—II 109, 1; CTh 129]
AD TERTIUM sic proceditur. Videtur quod Deus non moveat immediate intellectum creatum. Actio enim intellectus est ab eo in quo est; non enim transit in exteriorem materiam, ut 1050 a 34 dicitur [9 Metaph., cap. 8]. Actio autem ejus quod movetur s i- ab alio, non est ab eo in quo est, sed a movente. Non ergo intellectus movetur ab alio; et ita videtur quod Deus non possit movere intellectum. 2. PRAETEREA, id quod habet in se principium sufficiens sui motus, non movetur ab alio. Sed motus intellectus est ipsum
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wie man eben sagt, daß Verstehen oder Empfinden eine 105,3 Art ,Bewegung' ist (Aristoteles). Das dem Verstand eingeschaffene geistige Licht aber ist ausreichender Grund des Verstehens. Also wird der Verstand nicht von einem andern bewegt. 3. Wie der Sinn bewegt wird vom Sinnfälligen, so der Verstand vom Verstehbaren. Gott aber ist für uns nicht verstehbar, sondern Er überragt unsern Verstand. Also kann Gott unsern Verstand nicht bewegen. ANDERSEITS: Der Lehrende bewegt den Verstand des Lernenden. Gott aber „lehrt den Menschen Wissenschaft", wie es Ps 94 (93), 10 heißt. Also bewegt Gott den Verstand des Menschen. ANTWORT: Wie bei den körperlichen Bewegungen das ,Bewegendes' heißt, was die Form verleiht, die Grund der Bewegung ist, so heißt das den Verstand bewegend, was die Form verursacht, die Grund der geistigen Tätigkeit ist, die [ihrerseits] ,Bewegung' des Verstandes genannt wird. Es gibt aber einen doppelten Grund der Tätigkeit des Verstandes im Verstehenden; der e i n e ist die erkennende Kraft selbst, und dieser Grund ist auch in dem, der nur der Möglichkeit nach erkennt ; der a n d e r e ist der Grund des Erkennens ,im Vollzug', nämlich die Ähnlichkeit des erkannten Dinges im Erkennenden. Man sagt also, es ,bewege' etwas den Verstand, sowohl, wenn Q U A E S T I O 105, 3
intelligere ejus, sicut dicitur, quad „intelligere vel sentire est motus quidam", secundum Philosophum [3 de Anima, cap. 7]. 4 3 l a i i Sufficieiis autem principium intelligendi est lumen intelligibile inditum intellectui. Ergo non movetur ab alio. 3. PRAETEREA, sicut sensus movetur a sensibili, ita intellectus ab intelligibili. Sed Deus non est intelligibilis a nobis, sed nostrum intellectum excedit. Ergo Deus non potest movere nostrum intellectum. SED CONTRA. Docens movet intellectum addiscentis. Sed Deus „ d o c e t hominem scientiam", sicut dicitur in Psalmo [Ps. 93]. Ergo Deus movet intellectum hominis. RESPONDEO dicendum quod, sicut in motibus corporalibus movens dicitur quod dat formam, quae est principium motus; ita dicitur movere intellectum quod dat formam, quae est principium intellectuals operationis, quae dicitur motus intellectus. Operationis autem intellectus est duplex principium in intelligente: unum scilicet quod est ipsa virtus intellectualis, quod quidem principium est etiam in intelligente in potentia; aliud autem est principium intelligendi in actu, scilicet similitudo rei intellectae in intelligente. Dicitur ergo aliquid movere intel-
53
3 es dem Erkennenden Kraft zum Erkennen verleiht, wie auch, wenn es ihm die Ähnlichkeit des erkannten Dinges einprägt. Auf beiderlei Weise aber bewegt Gott den geschaffenen Verstand. Denn E r selbst ist das unstoffliche Erst-Seiende. Und weil [erkennende] Geistigkeit eine Folge von Unstofflichkeit ist, so folgt, daß E r selbst das Erst-Erkennende ist. Da nun das Erste in einer jeden Ordnung die Ursache alles Folgenden ist, so folgt, daß von Ihm alle Kraft des Verstehens stammt. — Desgleichen, da E r das Erst-Seiende ist und alle Seinsheiten in Ihm als in der Erst-Ursache vorher bestehen, so müssen sie in Ihm ein Erkanntsein haben und zwar nach Seiner Weise. W i e nämlich alle verstehbaren Wesensgründe der Dinge zuerst in Gott Dasein haben und von Ihm auf die anderen Verstandeswesen übergehen, auf daß diese im Vollzug verstehen, so gehen sie auch auf die Geschöpfe über, daß sie [in ihnen] Dasein haben. Gott bewegt also den geschaffenen Verstand, sofern E r ihm die Kraft zum Verstehen verleiht, und zwar entweder eine natürliche oder obendrein gegebene; u n d sofern E r ihm die Erkenntnisbilder einprägt; und beides hält und bewahrt E r im Sein [ 1 3 ] . Z u 1. Die Tätigkeit des Verstandes stammt zwar vom Verstände, in dem sie sich findet, als von der Zweitursache; aber von Gott als von der Erstursache. Denn von Ihm wird es dem Erkennenden verliehen, daß er erkennen kann. Q U A E S T I O 105. 3
lectum, sive det intelligenti virtutem ad intelligendum, sive imprimât ei similitudinem rei intellectae. Utroque autem modo Dens movet intellectum creatum; ipse enim est ipsum primum ens immateriale. Et quia intellectualitas consequitur immaterialitatem, sequitur quod ipse sit primum intelligent. Unde cum primum in quolibet ordine sit causa eorum quae consequuntur, sequitur quod ab ipso sit omnis virtus intelligendi. — Similiter cum ipse sit primum ens, et omnia entia praeexistant in ipso sicut in prima causa, oportet quod sint in eo intelligibiliter secundum modum ejus. Sicut enim omnes rationes rerum intelligibiles primo existunt in Deo, et ab eo derivantur in alios intellectus, ut actu intelligant; sie etiam derivantur in creaturas, ut subsistant. Sic igitur Deus movet intellectum creatum, inquantum dat ei virtutem ad intelligendum, vel naturalem, vel superadditam; et inquantum imprimit ei species intelligibiles, et utrumque tenet et conservât in esse. AD PRIMUM ergo dicendum quod operatio intellectualis est quidem ab intellectu in quo est, sicut a causa secunda, eed a Deo sicut a causa prima. Ab ipso enim datur intelligenti quod intelligere possit.
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Z u 2. Das geistige Licht ist im Verein mit der Ähn- 105,4 lichkeit des erkannten Dinges ausreichender Wirkgrund des Erkennens, ein Wirkgrund zweiten Ranges jedoch, der vom ersten Wirkgrund abhängig ist. Z u 3. Das Verstehbare bewegt unsern Verstand, indem es ihm irgendwie seine Ähnlichkeit einprägt, durch die es verstanden werden kann. Die Ähnlichkeiten jedoch, die Gott dem geschaffenen Verstände einprägt, genügen nicht, um Gott selbst durch Seine Wesenheit zu verstehen (12, 2: Bd. 1; 56, 3: Bd. 4). Darum bewegt Er den geschaffenen Verstand, ohne für diesen verstehbar zu sein (12, 4: Bd. 1). 4. A R T I K E L Kann Gott den geschaffenen Willen bewegen?1 1. Alles, was von außen her bewegt wird, wird genötigt. Der Wille aber kann nicht genötigt werden. Also wird er nicht von irgendeinem Äußeren bewegt. Und so kann er auch von Gott nicht bewegt werden. 2. Gott kann nicht machen, daß einander Widersprechendes zugleich wahr sei. Das wäre aber der Fall, wenn Er den Willen bewegte, denn frei bewegt werden heißt, QUAESTIO
105.
vis secundum se non fuerit manifesta, manifestabatur tarnen in effectibus, ex quibus mirabilis apparebat. ARTICULUS Utrum
unum
miraculum
[I—II 113. 10: CG
VIII sit
majus
alio
I I I 101; Pot. 6, 2 ad 3]
AD OCTAVUM sie proceditur. Videtur quod unum miraculum non sit majus alio. Dicit enim Augustinus in Epistola ad Volusianum [ep. 137]: „In rebus mirabiliter factis tota ratio PL facti est potentia facientis." Sed eadem potentia, scilicet Dei, 3!/519B Sunt omnia miracula. Ergo unum non est majus alio. 2. PRAETEREA, potentia Dei est infinita. Sed infinitum improportionabiliter excedit omne flnitum. Ergo non magis est mirandum quod faciat hunc effectum quam illum; ergo unum miraculum non est majus altero. SED CONTRA est quod Dominus dicit Joan. 14 de operibus miraculosis loquens: „Opera quae ego facio, et ipse faciet, et majora horum faciet." RESPONDEO dicendum quod nihil potest dici miraculum ex comparatione potentiae divinae; quia quodeumque factum divinae potentiae comparatum est minimum, secundum illud Is. 40: „Ecce gentes quasi stilla situlae, et quasi momentum
105,8 und wie ein Stäubchen auf der Waagschale geachtet." Sondern man spricht von Wunder mit Bezug auf das Naturvermögen, über das es hinausliegt. Nach dem größeren Grade also, in welchem es das Naturvermögen überschreitet, nennt man es ein größeres Wunder. Ein Geschehnis überschreitet aber das Naturvermögen auf dreifache Weise: E i n m a l hinsichtlich des Geschehnisses als solchen, wie daß zwei Körper zugleich sind, oder daß die Sonne rückwärts geht, oder daß der menschliche Leib verklärt wird, was die Natur auf keine Weise tun kann: Solche Wirkungen bilden die höchste Stufe unter den Wundern. — Z w e i t e n s überschreitet etwas das Naturvermögen nicht hinsichtlich dessen, w a s geschieht, sondern hinsichtlich dessen, w o r i n es geschieht, wie die Auferweckung der Toten und die Heilung von Blinden und ähnliches. Denn die Natur kann die Ursache von Leben sein, aber nicht in einem Toten, und sie kann das Gesicht geben, aber nicht einem Blinden. Und solche Wirkungen bilden die zweite Stufe unter den Wundern. — Auf eine d r i t t e Weise kann etwas das Naturvermögen überschreiten hinsichtlich der Art und Ordnung des Geschehens, wie wenn jemand plötzlich und durch göttliche Kraft, ohne Pflege vom Fieber geheilt wird mit Umgehung des für ähnliche Fälle gewohnten Naturverlaufes, wie wenn die Luft durch göttliche Machteinwirkung, ohne natürliche Ursachen, sich plötzlich zu Regen verdichtet, wie es auf die Bitten des Samuel (1 Sam 12, 18) QUAESTIO 105, » staterae reputatae sunt." Sed dicitur aliquid miraculum per comparationem ad facultatem naturae, quam excedit. Et ideo secundum quad magis excedit facultatem naturae, secundum hoc majus miraculum dicitur. Excedit autem aliquid facultatem naturae tripliciter: uno modo quantum ad substantiam facti, sicut quod duo corpora sint simul, vel quod sol retrocedat, aut quod corpus humanum gloriflcetur; quod nullo modo natura facere potest; et ista tenent summum gradum in miraculis. — Secundo aliquid excedit facultatem naturae, non quantum ad id quod fit, sed quantum ad id in quo fit, sicut resuscitatio mortuorum, et illuminatio caecorum, et similia. Potest enim natura causare vitam, sed non in mortuo; et potest praestare visum, sed non caeco; et haec tenent secundum locum in miraculis. — Tertio modo excedit aliquid facultatem naturae quantum ad modum et ordinem faciendi; sicut cum aliquis subito per virtutem divinam a febre curatur absque curatione et consueto processu naturae in talibus; et cum statim aer divina virtute in pluvias densatur absque naturalibus causis, sicut factum est ad preces Samuelis et Eliae [1 Reg.
70
und Elias (3 Kg 18, 44 f.) hin geschah. Und solches liegt 105, 8 auf der untersten Stute der Wunder. — Jedes von diesen hat aber noch besondere Grade, je nachdem es das Naturvermögen in verschiedener Weise überschreitet. Damit ist die Lösung der Einwände, die von der göttlichen Macht ausgehen, gegeben. Q Ü A E S T I O 105, s
12, et 3 Reg. 18]; et hujusmodi tenent infimum locum in miraculis. — Quaelibet tarnen horum habent diversos gradus, secundum quod diversimode excedunt facultatem naturae. Et per hoc patet solutio ad objecta, quae procedunt ex parte divinae potentiae.
71
106.
106,1
FRAGE
WIE EIN GESCHÖPF DAS ANDERE BEWEGT Hierauf betrachten wir, wie ein Geschöpf das andere bewegt. Diese Betrachtung wird dreigeteilt sein: Zuerst betrachten wir, wie die Engel bewegen, die rein geistige Geschöpfe sind [Fr. 106—114]; zweitens, wie die Körper bewegen [Fr. 115 u. 116]; drittens, wie die Menschen, die aus der geistigen und körperlichen Natur zusammengesetzt sind [Fr. 117—119], Zum Ersten sind drei Dinge zu betrachten: erstens, wie ein Engel auf einen andern Engel einwirkt; zweitens, wie er auf die körperliche Schöpfung einwirkt [Fr. 110]; drittens, wie er auf die Menschen einwirkt [Fr. 111—114]. Zum Ersten ist eine Betrachtung anzustellen über Erleuchtung [Fr. 106] und Sprache der Engel [Fr. 107], über ihre Ordnung zueinander, sowohl der guten [Fr. 108] wie der bösen Engel [Fr. 109] [18]. Bezüglich der Erleuchtung ergeben sich vier Einzelfragen : 1. Bewegt ein Engel den Verstand des andern Engels durch Erleuchtung? 2. Bewegt ein Engel den Willen des anderen? 3. Kann ein niederer Engel einen höheren erleuchten? 4. Erleuchtet der höhere Engel den niederen über alles, was er erkennt?
QUAESTIO
CVI
QUOMODO UNA CREATURA ALIAM MOVEAT Deinde considerandum est, quomodo una creatura moveat aliam. Erit autem haec consideralo tripartita; ut primo consideremus quomodo angeli moveant, qui sunt creaturae pure spirituales; secundo, quomodo corpora moveant; tertio, quomodo homines, qui sunt ex spirituali et corporali natura compositi. Circa primum tria consideranda occurrunt: primo quomodo angelus agat in angelum; secundo, quomodo in creaturam corporalem; tertio, quomodo in homines. Circa primum considerare oportet de illuminatione et locutione angelorum, et ordinatione eorum ad invicem, tarn bonorum, quam malorum. Circa illuminationem quaeruntur quatuor: 1. Utrum unus angelus moveat intellectum alterius illuminando. — 2. Utrum unus moveat voluntatem alterius. — 3. Utrum inferior angelus possit illuminare superiorem. — 4. Utrum superior angelus illuminet inferiorem de omnibus quae cognoscit.
72
1. Erleuchtet
ARTIKEL ein Engel
106, i
den
andern?
1. Die Engel besitzen schon jetzt dieselbe Seligkeit, die wir für die Zukunft erwarten. Dann aber wird kein Mensch den andern erleuchten, Jer 31, 34: „Nicht mehr wird einer fortan seinen Nächsten oder seinen Bruder lehren." Also erleuchtet auch jetzt kein Engel den andern. 2. Ein dreifaches Licht ist in den Engeln, das Licht der Natur, der Gnade und der Herrlichkeit. Der Engel aber wird erleuchtet durch das Licht der Natur vom Erschaffenden, durch das Licht der Gnade vom Rechtfertigenden, durch das Licht der Herrlichkeit vom Beseligenden, und das alles ist Gottes. Also erleuchtet kein Engel den andern. 3. Das Licht ist eine Art Form des Geistes. Der vernunftbegabte Geist aber „wird von Gott allein geformt, ohne Dazwischentreten eines Geschöpfes" (Augustinus). Also erleuchtet ein Engel nicht den Geist des andern. ANDERSEITS sagt Dionysius: „Die Engel der zweiten Rangstufe werden gereinigt und erleuchtet und vervollkommnet durch die Engel der ersten Rangstufe." ANTWORT: Ein Engel erleuchtet den andern. Zum QUAESTIO
106, 1
ARTICULUS Utrum
unus
angelus
I
illuminet
alium
[Supra 12, 6; 55. 3; 89, 1; 93. 1; Infra 111. 1; 2, d. 9: a. 2; d. 11: 1, 2; Ver. 9, 1 et 5; CTh 126)
A D P R I M U M sic proceditur. Videtur quod unus angelus non illuminet alium. Angeli enim eamdem beatitudinem possident nunc quam nos in futuro expectamus. Sed tunc unus homo non illuminabit alium, secundum illud Jerem. 31: „Non docebit ultra vir proximum suum, et vir fratrem suum." Ergo etiam nunc unus angelus non illuminât alium. 2. PRAETEREA, triplex est lumen in angelis: naturae, et gratiae, et gloriae. Sed angelus illuminatur lumine naturae a creante, lumine gratiae a justifleante, lumine gloriae a beatifleante, quod totum Dei est. Ergo unus angelus non illuminât alium. 3. PRAETEREA, lumen est forma quaedam mentis. Sed mens rationalis „a solo Deo formatur nulla interposita creatura", ut Augustinus dicit [lib. 83 Quaest., q. 51]. Ergo unus angelus non PL 40/33 A illuminât mentem alterius. SED CONTRA est quod dicit Dionysius [De Cael. Hier., PG 3/209 c cap. 7 et 8] quod „angeli secundae hierarchiae purgantur et 3
informis, nisi ipsi primae veritati inhaereat. Aliae vero illuminationes quae sunt ab homine, vel angelo, sunt quasi dispositiones ad ultimam formam. ARTICULUS Utrum
unus
II
angelus possit movere tatem alterius
volun-
[Infra 111. 2; I—II 9, 6; CG III 88; Ver. 22, 9; Mal. 3, 3]
AD SECUNDUM sie proceditur. Videtur quod unus angelus possit movere voluntatem alterius. Quia secundum Dionysium, sieut unus angelus illuminât alium, ita purgat et perfleit, ut patet ex auetoritate supradicta [art. praec. in arg. Sed contra], PG3/240B Sed purgatio et perfectio videntur pertinere ad voluntatem; nam purgatio videtur esse a sordibus culpae, quae pertinent ad voluntatem; perfectio autem videtur esse per consecutionem finis, qui est objectum voluntatis. Ergo unus angelus potest movere voluntatem alterius. 2. PRAETEREA, sicut Dionysius dicit [De Cael. Hier., cap. 7 et PG 8], „nomina angelorum désignant eorum proprietates". Seraphim 3/205 B '29ÜB 57/353 b
1
118. F R A G E
VON DER ABSTAMMUNG DES MENSCHEN AUS DEM MENSCHEN, WAS DIE SEELE ANLANGT Hierauf ist die Abstammung des Menschen vom Menschen zu betrachten. Und zwar zuerst, was die Seele anlangt. Zweitens, was den Leib anlangt. Zum Ersten ergeben sich drei Einzelfragen: 1. Wird die Sinnenseele mit dem Samen weitergegeben? 2. Wird die Geistseele weitergegeben? 3. Sind alle Seelen miteinander erschaffen worden? 1. A R T I K E L Wird die Sinnenseele mit dem Samen
weitergegeben?
1. Jedes vollkommene Selbstandwesen, das nicht aus Stoff und Form zusammengewachsen ist, stammt, wenn es zu sein anfängt, nicht aus Zeugung, sondern aus Erschaffung; denn nichts wird gezeugt, es sei denn aus dem Stoff. Die Sinnenseele aber ist ein vollkommenes Selbstandwesen, sonst könnte sie den Leib nicht bewegen, und da sie die Wesensform des Leibes ist, ist sie nicht aus Stoff und Form zusammengesetzt. Also fängt sie nicht durch Zeugung an, zu sein, sondern durch Erschaffung. QUAESTIO
CXVIII
DE TRADUCTIONE HOMINIS EX HOMINE QUANTUM AD ANIMAM Deinde considerandum est de traductione hominis ex homine : et primo quantum ad animam; secundo quantum ad corpus. Circa prirnum quaeruntur tria: 1. Utrum anima sensitiva traducatur cum semine. — 2. Utrum anima intellectiva. — 3. Utrum omnes animae fuerint simul creatae. Utrum
anima
ARTICULUSI sensitiva traducatur
semine
cum
[Supra 27, 2; 65, 4; 71. 1 ad 1; 76, 7 ad 1; 115, 3 ad 2; 2. d. 18: 2, 3; CG II 86; Pot. 3, 11; Qlb IX 5, 1]
AD PRIMUM sic proceditur. Videtur quod anima sensitiva non traducatur cum semine, sed sit per creationem a Deo. Omnis enim substantia perfecta quae non est composita ex materia et forma, si esse incipiat, hoc non est per generationem, sed per creationem; quia nihil generatur nisi ex materia. Sed anima sensitiva est substantia perfecta; alioquin non posset movere corpus; et cum sit forma corporis, non est ex materia et forma composita. Ergo non incipit esse per generationem. sed per creationem.
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2. Der Grund der Zeugung ist bei den lebendigen Dingen 118,1 die Zeugungskraft; diese steht, da sie unter die Kräfte der pflanzlichen Seele gerechnet wird, unter der Sinnenseele. Nun wirkt aber nichts über seine Art hinaus. Also kann die Sinnenseele nicht durch die Zeugungskraft des Lebewesens verursacht werden. 3. Das Zeugende zeugt ein ihm Ähnliches, und so muß die Form des Gezeugten in der Zeugungsursache schon wirklich sein. Die Sinnenseele aber ist nicht wirklich im Samen, weder sie selbst noch irgendein Teil von ihr; denn es gibt keinen Teil der Sinnenseele, der nicht in einem Teil des Körpers wäre; im Samen aber ist kein Teilchen des Körpers, da es kein Teilchen des Körpers gibt, das nicht aus dem Samen und durch die Kraft des Samens erst entstünde. Also wird die Sinnenseele nicht durch den Samen verursacht. 4. Wenn im Samen ein wirkmächtiger Grund von der Sinnenseele her gegeben ist, so bleibt, wenn das Lebewesen gezeugt ist, dieser Grund entweder oder er bleibt nicht. Er kann aber nicht bleiben; denn entweder wäre er dasselbe wie die Sinnenseele des gezeugten Lebewesens, und das ist unmöglich, denn sonst wäre das Zeugende und das Gezeugte, das Schaffende und das Geschaffene dasselbe. Oder er wäre etwas anderes; und auch das ist unmöglich, denn es ist oben (76, 4: Bd. 6) gezeigt worden, daß in e i n e m Lebewesen nur e i n Formgrund ist, das ist die Q U A E S T I O 118, i
2. PRAETEREA, principium generationis in rebus viventibus est per potentiam generativam; quae cum numeretur inter vires animae vegetabilis, est infra animani sensitivam. Nihil autem agit ultra suam speciem. Ergo anima sensitiva non potest causari per vim generativam animalis. 3. PRAETEREA, generalis generat sibi eimile; et sie oportet quod forma generati sit aetu in causa generationis. Sed anima sensitiva non est actu in semine, nec ipsa, nec aliqua pars ejus; quia nulla pars animae sensitivae est nisi in aliqua parte corporis; in semine autem non est aliqua corporis particula, quia nulla particula corporis est quae non fiat ex semine, et per virtutem seminis. Ergo anima sensitiva non causatur ex eemine. 4. PRAETEREA, si in semine est aliquod principium activum animae sensitivae, aut illud principium manet, generato jam animali, aut non manet. Sed manere non potest; quia vel esset idem cum anima sensitiva animalis generati; et hoc est impossibile, quia sie esset idem generans et generatum, et faciens et factum; vel esset aliquid aliud; et hoc etiam est impossibile, quia eupra ostensum est, quod in uno animali non est nisi unum principium formale, quod est una anima. — Si autem non
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118,1
e i n e Seele. — Wenn er aber nicht bleibt, scheint auch das unmöglich, denn dann würde eine Wirkursache auf ihre eigene Zerstörung hin wirken, was unmöglich ist. Also kann die Sinnenseele nicht aus dem Samen gezeugt werden. ANDERSEITS: Die Kraft, welche im Samen ist, verhält sich zu den Lebewesen, die aus dem Samen gezeugt werden, so, wie sich die Kraft, die in den Grundstoffen der Welt ist, verhält zu den Lebewesen, die aus den Grundstoffen der Welt hervorgebracht werden, zum Beispiel die aus Verwesung entstehenden Tiere. Bei solchen Lebewesen aber werden die Seelen hervorgebracht aus der Kraft, die in den Grundstoffen ist; Gn 1, 20: „Es bringe das Wasser Gewimmel lebender Wesen hervor." Also werden auch die Seelen der Lebewesen, die aus dem Samen gezeugt werden, hervorgebracht aus der Kraft, die im Samen ist. ANTWORT: Einige haben angenommen, die Sinnenseele der Tiere werde von Gott geschaffen. Diese Annahme wäre sinnvoll, wenn die Sinnenseele ein für sich bestehendes Wesen wäre, das durch sich selbst Sein und Tätigkeit hätte. So gebührte ihr nämlich, wie sie durch sich Sein und Tätigkeit besäße, auch das ,Werden an sich'. Und da ein einfaches und für sich bestehendes Wesen nur durch Erschaffung werden kann, so würde folgen, daß die Sinnenseele ins Sein hervorginge durch Erschaffung. Q U A E S T I O 118. l
manet, hoc etiam videtur impossibile; quia sic aliquod agens ageret ad corruptionem sui ipsius; quod est impossibile. Noll ergo anima sensitiva potest generari e x semine. SED CONTRA, ita se habet virtus quae est in semine, ad animalia quae ex semine generantur, sicut se habet virtus quae est in elementis mundi, ad animalia quae e x elementis mundi producuntur, sicut quae ex putrefactione generantur. Sed in hujusmodi animalibus animae producuntur ex virtute quae est in elementis, secundum illud Genes. 1: „Producant aquae reptile animae viventis." Ergo et animalium quae generantur e x semine, animae producuntur e x virtute quae est in semine. RESPONDEO dicendum quod quidam 1 posuerunt, animas sensitivas animalium a Deo creari. Quae quidem positio conveniens esset, si anima sensitiva esset res subsistens, habens per se esse et operationem. Sic enim, sicut per se haberet esse et operationem, ita per se deberetur ei fieri; et cum res simplex et subsistens non possit fieri nisi per creationem, sequeretur quod anima sensitiva procederet in esse per creationem. 1 Plato, Timaeus 41 C/D; cf. Averr., Metaph. VII, c o m m . 31: Ed. cit. fol. 174 r sq. Dort über Themistius und Alexander v. Aphrodisias in dieser F r a g e . Über AI. ausführl. ib. XII, c o m m . 13 u. 18: fol. 281 v u. 286 r. ~ Thomas, In An. I 1. 10 nr. 148; De pot. 3, 11.
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Diese Wurzel aber ist falsch, nämlich die Annahme, daß 118,1 die Sinnenseele durch sich selbst Sein und Tätigkeit besitzt (75, 3 : Bd. 6 ) ; denn so würde sie nicht aufgelöst werden mit der Auflösung des Körpers. Und darum verhält sie sich, da sie keine für sich bestehende Form ist, zum Sein nach der Art der anderen körperlichen Formen, denen durch sich kein Sein zukommt, von denen vielmehr das Sein ausgesagt wird, insofern die zusammengesetzten Selbstandwesen durch sie sind. Darum kommt auch den zusammengesetzten Selbstandwesen das Werden zu. Und weil das Zeugende dem Gezeugten ähnlich ist, müssen notwendig, von Natur aus, sowohl die Sinnens6ele wie auch die anderen derartigen [Wesens-]Formen von gewissen körperlichen Ursachen ins Sein hervorgebracht werden, indem sie den Stoff durch eine in ihnen wesende körperliche Kraft aus dem Zustand der Möglichkeit zur Wirklichkeit umwandeln. J e mächtiger nun eine Ursache ist, auf um so größere Entfernung kann sie ihre Tätigkeit ausdehnen, wie ein Körper, je heißer er ist, die Hitze um so weiter verbreiten kann. So zeugen denn die leblosen Körper, welche der Naturordnung nach die niederen sind, ein ihnen Artähnliches nicht durch ein Mittelglied, sondern durch sich selbst, wie das Feuer durch sich selbst Feuer zeugt. Die belebten Körper dagegen, als die wirkmächtigeren, wirken beim Zeugen eines ihnen Artähnlichen entweder ohne oder mit Mittelursache. Ohne Mittelursache zum Beispiel beim Q U A. E S T I 0 118. i
Sed ista radix est falsa, scilicet quod anima sensitiva per se habeat esse et operationem, ut ex superioribus patet; non enim corramperetur, corrupto corpore. Et ideo cum non sit forma subsistens, habet se in essendo ad modum aliarum formarum corporalium, quibus per se non debetur esse; 6ed esse dicuntur, inquantum composita subsistentia per eas sunt. Unde et ipsis compositis debetur fleri. Et quia generans est simile generato, necesse est quod naturaliter tarn anima sensitiva, quam aliae hujusmodi formae producantur in esse ab aliquibus corporalibus agentibus, transmutantibus materiam de potentia in actum per aliquam virtutem corpoream quae est in eis. Quanto autem aliquod agens est potentius, tanto potest euam actionem diffundere ad magis distans; sicut quanto aliquod corpus est magis calidum, tanto ad remotius calefactionem producit. Corpora igitur non viventia, quae sunt inferiora naturae ordine, generant quidem sibi simile non per aliquod medium, sed per seipsa; sicut ignis per seipsum generat ignem: sed corpora viventia, tanquam potentiora, agunt ad generandum sibi simile et sine medio et per medium; sine medio quidem
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118, i Vorgang der Ernährung, wobei Fleisch Fleisch erzeugt; durch Mittelursache hingegen beim Vorgang der Zeugung, weil aus der Seele des Zeugenden eine wirkmächtige Kraft übergeht auf den Samen des Tieres oder der Pflanze, wie auch von einer Hauptursache eine bewegende Kraft auf das Werkzeug übergeht. Und wie es nicht viel ausmacht, ob man sagt, es wird etwas bewegt vom Werkzeug oder von der Hauptursache, so macht es auch nicht viel aus, ob man sagt, die Seele des Gezeugten wird gezeugt von der Seele des Zeugenden oder von einer Kraft, die von dieser Seele ausgeht und im Samen liegt. Z u 1. Die Sinnenseele ist kein vollkommenes für sich bestehendes Selbstandwesen. Davon ist schon oben (75, 3: Bd. 6) gehandelt worden und eine Wiederholung hier überflüssig. Z u 2. Die zeugende Kraft zeugt nicht allein in eigener Kraft, sondern in der Kraft der ganzen Seele, deren Vermögen sie ist. Und darum zeugt die zeugende Kraft der Pflanze eine Pflanze, die zeugende Kraft des Tieres ein Tier. Denn je vollkommener die Seele ist, auf eine um so vollkommenere Wirkung ist ihre Zeugungskraft hingeordnet. Z u 3. Jene wirkmächtige Kraft, die, aus der Seele des Zeugenden hergeleitet, im Samen ist, ist gleichsam ein Bewegungsantrieb von seiten der zeugenden Seele selbst; sie ist aber weder die Seele noch ein Teil der Seele, es QUAESTIO 118. i in opere nutritionis, in quo caro generat carnem; cum medio vero in actu generationis; quia ex anima generantis derivatur quaedam virtus activa ad ipsum semen animalis, vel plantae; sicut et a principali agente derivatur quaedam vis motiva ad instrumentum: et sicut non refert dicere, quod aliquid moveatur ab instrumento vel a principali agente; ita non refert dicere quod anima generati causetur ab anima generantis, vel a virtute derivata ab ipsa, quae est in semine. AD PRIMUM ergo dicendum quod anima sensitiva non est substantia perfecta per se subsistent; et de hoc supra dictum est, nec oportet hic iterare. AD SECUNDUM dicendum quod virtus generativa non generat solum in virtute propria, sed in virtute totius animae cu jus est potentia; et ideo virtus generativa plantae generat plantam ; virtus vero generativa animalis generat animai. Quanto enim anima fuerit perfectior, tanto virtus ejus generativa ordinatur ad perfectiorem effectum. AD TERTIUM dicendum quod virtus ilia activa quae est in semine, ex anima generantis derivata, est quasi quaedam motio ipsius animae generantis; nec est anima, aut pars animae nisi
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sei denn der Kraft nach, wie in der Säge oder in der Axt 118,1 nicht die Form des Bettes ist, sondern ein Antrieb auf diese Form hin. Und darum ist es nicht notwendig, daß jene wirkmächtige Kraft ein wirklich tätiges Werkzeug besitze, sondern diese Kraft gründet sich auf den Lebensgeist selbst, der im Samen eingeschlossen und etwas Schäumendes ist, was seine weiße Farbe bekundet. In diesem Lebensgeist ist auch Wärme aus der Kraft der Himmelskörper, durch deren Kraft auch die niederen Wirkursachen auf die Hervorbringung der Art hinwirken (115, 3 Zu 2). Und da in einem solchen Lebensgeiste die Kraft der Seele zusammenwirkt mit der Kraft des Himmelskörpers, darum heißt es: „Mensch und Sonne zeugen den Menschen." Das Warme, der Grundstoff, dagegen verhält sich werkzeuglich zur Kraft der Seele wie auch zum Ernährungsvermögen (Aristoteles). Z u 4. Bei den vollkommenen Lebewesen, die aus Vereinigung gezeugt werden, liegt die wirkmächtige Kraft im männlichen Samen (Aristoteles), das Stoffliche an der Frucht hingegen ist das, was vom Weibe hinzugebracht wird. In diesem Stofflichen ist gleich von Beginn an die pflanzliche Seele nicht wie im fertigen Vollzug, sondern als ,erste Seinsvollkommenheit', wie die Sinnenseele im Schlafenden. Sobald sie [die pflanzliche Seele] beginnt, Nährstoff anzuziehen, ist sie schon im Vollzuge tätig. Jenes Stoffliche nun wird von der Kraft, die im männ(JÜAESTIO 118. • in virtute; sicut in serra vel securi non est forma lecti, eed motio quaedam ad talem formam. Et ideo non oportet quod ista vis activa habeat aliquod Organum in actu, sed fundatur in ipso spiritu incluso in semine, quod est spumosum, ut atlestatur ejus albedo; in quo etiam spiritu est quidam calor ex virtute caelestium corporum, quorum etiam virtute agentia inferiora agunt ad speciem; ut supra dictum est. Et quia in hujusmodi spiritu concurrit virtus animae cum virtute caelesti, dicitur, quod „homo generat hominem, et sol". 1 Calidum autein elementare se habet instrumentaliter ad virtutem animae, sicut etiam ad virtutem nutritivam, ut dicitur [2 de Anima, cap. 4]. «6 a 9 AD QUARTUM dicendum quod in animalibus perfectis, quae »28 generantur ex coitu, virtus activa est in semine maris, secundum Philosophum [De Gen. animal., lib. 1, cap. 2 et 20; lib. 2, 716 a l sq. cap. 4 ] ; materia autem foetus est illud quod ministratur a l8sq, femina: in qua quidem materia statim a principio est anima vegetabilis, non quidem secundum actum secundum, sed secundum actum primum, sicut anima sensitiva est in dormientibus; cum autem incipit attrahere alimentum, tunc jam actu operatur. Hujusmodi igitur materia transmutatur a virtute quae est in
1 Arist.. Phys. II 2: 191 b 13. 20 8
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118,2 liehen Samen ist, verwandelt, bis die Sinnenseele ihre Verwirklichung erreicht hat; nicht so, als ob die Kraft selbst, die im Samen war, nun zur Sinnenseele würde, denn so wäre das Zeugende und das Gezeugte dasselbe, und das wäre eher der Ernährung und dem Wachstum ähnlich als einer Zeugung, wie der Philosoph sagt. Nachdem aber einmal durch die Kraft des wirkmächtigen Grundes im Samen die Sinnenseele im Gezeugten hervorgebracht ist, und zwar im hauptsächlichen Teil, dann beginnt diese Sinnenseele der Leibesfrucht schon zu wirken zur Vollendung des "«eigenen Leibes, in der Weise der Ernährung und des Wachstums. — Die wirkmächtige Kraft aber, die im Samen war, hört auf zu sein, sobald der Same aufgelöst ist und der Lebensgeist, der in ihm war, verschwindet. Und das ist nicht ungereimt, denn diese Kraft ist nicht Hauptursache, sondern werkzeugliche; die Bewegung des Werkzeuges aber hört auf, sobald die Wirkung ins Sein hervorgebracht ist [92]. 2. A R T I K E L Wird die Geistseele aus dem Samen
verursacht?
1. Gn 46, 26 heißt es: „Alle Seelen, die aus den Lenden Jakobs hervorgingen, waren Sechsundsechzig." Es geht Q U A E S T I O 118, t
semine maris, quousque perducatur in actum animae sensitivae; non ita quod ipsamet vis quae erat in semine, fiat anima sensitiva, quia sie idem esset generans, et generatum; et hoc magis esset simile nutritioni et augmento quam generationi, ut Philo321 a 22 sophus dicit [1 de Gen. et Corr., cap. 5]. Postquam autem per virtutem prineipii activi quod erat in semine, producta est anima sensitiva in igenerato quantum ad aliquam partem principalem, tunc jam lila anima sensitiva prolis ineipit operari ad complementum proprii corporis per modum nutritionis et augmenti. — Virtus autem activa quae erat in semine, esse desinit, dissoluto semine, et evanescente spiritu qui inerat. Nec hoc est inconveniens, quia vis ista non est principale agens, sed instrumentale; motio autem instrumenti cessat, effectu jam produeto in esse. Utrum
A R T I C U L U S II anima intellectiva causetur s emine
ex
(Supra 49. 2 ad 2: 76, 4 et 5; 90, 2; 93, 3 ad 3; I—II 79, 2; III 2, 5; 2, d. 18: 2, Ii CG II 73 15 86 88 89; Pot. 3, 9 ad 19; Qlb XI 5 ad 1 et 4: XII 7. 2; CTh 93; Resp. de art. 42, a. 32; Rom. 5 ]. 3]
AD SECUNDUM sie proceditur. Videtur quod anima intellectiva causetur ex semine. Dicitur enim Gen. 46: „Cunctae animae quae egressae sunt de femore Jacob, sexaginta sex." Sed nihil
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aber nichts aus den Lenden des Menschen hervor, sofern 118, 2 es nicht aus dem Samen verursacht wird. Also wird die Geistseele aus dem Samen verursacht. 2. Im Menschen ist ein und dieselbe Seele ihrem Wesen nach geistig, sinnenhaft und pflanzlich. Die Sinnenseele im Menschen wird aber aus dem Samen gezeugt wie bei den anderen Lebewesen; darum sagt auch der Philosoph, daß das Sinnenwesen und der Mensch nicht zugleich entsteht, sondern zuerst entsteht ein Sinnenwesen, das eine Sinnenseele besitzt. Also wird auch die Geistseele aus dem Samen verursacht. 3. Ein und derselbe Wirkende ist es, dessen Tätigkeit in der Wesensform u n d im Wesensstoff seinen Abschluß findet; sonst würde aus Form und Stoff nicht ein schlechthin Eines entstehen. Die Geistseele aber ist die Wesensform des menschlichen Leibes, der durch die Kraft des Samens gebildet wird. Also wird auch die Geistseele durch die Kraft des Samens verursacht. 4. Der Mensch erzeugt ein ihm Artähnliches. Die menschliche Art aber wird durch die vernunftbegabte Seele begründet. Also stammt die vernunftbegabte Seele vom Zeugenden. 5. Es ist ungereimt, zu sagen, daß Gott mit den Sündern zusammenwirkt. Wenn nun die vernunftbegabte Seele von Gott geschaffen würde, so würde Gott bisweilen mit den Ehebrechern zusammenwirken, aus deren unerlaubter VerQ l ' A E S T I O 118, !
egreditur de femore hominis, nisi inquantum causatur e x eemine. Ergo anima intellectiva causatur et 6emine. 2. PRAETEREA, sicut supra ostensum est, in homine est una et eadem anima secundum substantiam, intellectiva, sensitiva, et nutritiv«. Sed anima sensitiva in homine generatur e x 6emdne, eicut in aliis animalibus; unde et Philosophus dicit [2 de Gen. Animal., cap. 3] quod non simul fit animal et homo; 736b 2 sed prius fit animal habens animam sensitivam. Ergo et anima intellectiva causatur ex semine. 3. PRAETEREA, unum et idem agens est cujus actio terminatur ad formam et materiam; alioquin e x forma et materia non fieret unum simpliciter. Sed anima intellectiva est forma corporis humani, quod formatur per virtutem seminis. Ergo et anima intellectiva per virtutem seminis causatur. 4. PRAETEREA, homo generat sibi simile secundum speciem. Sed species humana constituitur per animam rationalem. Ergo anima rationalis est a generante. 5. PRAETEREA, inconveniens est dicere quod Deus cooperetur peccantibus. Sed si animae rationales crearentur a Deo, Deus interdum cooperaretur adulteris, de quorum illicito coitu 20*
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118, 2 einigung bisweilen ein Kind gezeugt wird. Also werden die vernunftbegabten Seelen nicht von Gott geschaffen. ANDERSEITS heißt es im Buch ,Von den kirchlichen Dogmen': „Die vernunftbegabten Seelen werden nicht durch die geschlechtliche Vereinigung gezeugt." ANTWORT: Es ist unmöglich, daß eine wirkmächtige Kraft, die im Stoff west, ihre Tätigkeit so hoch richtet, daß sie eine unstoffliche Wirkung hervorbringt. Der geistige Tätigkeitsgrund im Menschen ist aber offenbar ein den Stoff überragender Tätigkeitsgrund, denn er übt eine Tätigkeit aus, an welcher der Leib keinen Anteil hat. Und darum ist es unmöglich, daß die Kraft, die im Samen ist, den geistigen Tätigkeitsgrund hervorbringt. Auch aus d e m Grunde, weil die Kraft im Samen in Kraft der zeugenden Seele wirkt, insofern die Seele des Zeugenden eine Seinsvollkommenheit des Leibes ist, die sich des Leibes selbst bedient in ihrer Tätigkeit. An der Tätigkeit des Verstandes aber hat der Leib nicht teil. Darum kann die Kraft des geistigen Tätigkeitsgrundes, insofern er geistig ist, nicht zum Samen hinabreichen. Und darum sagt der Philosoph: „Es bleibt nur noch, daß der Verstand von außen her kommt." Außerdem ist die geistige Seele, da sie ihre Lebenstätigkeit ohne den Leib ausübt, ,für sich bestehend' (75, 2: Bd. 6); und so kommt ihr ,Sein' und .Entstehen' zu. Und Q Ü A E S T I O 118. ;
proles interdum generatur. Non ergo animae rationales creantur a Deo. PL SED CONTRA est quod dicitur [De Eccl. Dogm., cap. 14; 18] 68| 98ka „animae rationales non seminantur per coitum". RESPONDEO dicendum quod impossibile est virtutem activam quae est in materia, extendere suam actionem ad producendum immaterialem effectum. Manifestum est autem quod principium intellectivum in homine est principium transcendens materiam; habet enim operationem in qua non communicat corpus. Et ideo impossibile est quod virtus quae est in semine, sit productiva intellectivi principii. Similiter etiam, quia virtus quae est in 6emine, agit in virtute animae generantis, secundum quod anima generantis est actus corporis utens ipso corpore in sua operatione; in operatione autem intellectus non communicat corpus. Unde virtus intellectivi principii, prout intellectivum est, non potest a semine 736 b 27 provenire. 1 Et ideo Philosophus [2 de Gen. Animal., cap. 3] dioit: „Relinquitur intellectum solum de foris advenire." Similiter etiam anima intellectiva, cum habeat operationem vitae sine corpore, est subsistens, ut supra habitum est, et ita l P et L: ad semen pervenire.
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da sie ein unstoffliches Selbstandwesen ist, k a n n sie nicht 118, 2 durch Zeugung verursacht werden, sondern nur durch Schöpfung von Gott. Darum, w e n n m a n a n n i m m t , die geistige Seele w e r d e vom Zeugenden verursacht, so ist das so viel, wie w e n n m a n annimmt, sie sei nicht ,für sich bestehend' u n d folgerichtig, sie w e r d e mit dem Leibe aufgelöst. U n d d a r u m ist es eine I r r l e h r e , zu sagen, die geistige Seele w e r d e mit dem Samen fortgepflanzt [93]. Z u 1. Bei j e n e r Stelle wird durch Austausch der Teil f ü r das Ganze gesetzt, das heißt die Seele f ü r den ganzen Menschen. Z u 2. Einige 1 haben gesagt, die Lebenstätigkeiten, die an der Frucht beobachtet w e r d e n , seien nicht von ihrer eigenen, sondern von der Seele der Mutter oder von der F o r m k r a f t des Samens. — Beides ist falsch. Denn die W e r k e des Lebens, Empfinden, E r n ä h r e n u n d Wachsen, können nicht von einem ä u ß e r e n Tätigkeitsgrund stammen. D a r u m m u ß m a n sagen, daß die Seele in der Frucht vorher da ist, zunächst als pflanzliche Seele, später als sinnliche u n d endlich als geistige [94], So sagen denn einige, daß zu der pflanzlichen Seele, die zuerst innewohnt, eine a n d e r e Seele, die sinnenhafte, hinzukommt; und zu dieser w i e d e r eine andere, die geistige. Und so w ä r e n im Menschen drei Seelen, von denen j e d e Q U A E S T I O 118, ! sibi debetur esse et fieri; et cum sit immaterialis substantia, non potest causari per generationem, sed solum per creationem a Deo. Ponere ergo animam intellectivam a generante causari, nihil est aliud quam ponere earn non subsistentem, et per consequens corrumpi eam cum corpore. Et ideo haereticum est dicere, quod anima intellectiva traducatur cum semine. AD PRIMUM ergo dicendum quod in auctoritate illa ponitur per synecdochen pars pro toto, id est, anima pro toto homine. AD SECUNDUM dicendum quod aliqui 1 dixerunt, quod operationes vitae quae apparent in embryone, non sunt ab anima ejus, sed ab anima matris, vel a virtute formativa quae est in semine. — Quorum utrumque falsum est. Opera enim vitae non possunt esse a principio extrinseco, sicut sentire, nutriri et augeri; et ideo dicendum est, quod anima praeexistit in embryone, a principio quidem nutritiva, postmodum autem sensitiva, et tandem intellectiva. Dicunt ergo quidam, quod supra animam vegetabilem, quae primo inerat, supervenit alia anima, quae est sensitiva; supra illam iterum alia quae est intellectiva. Et sic sunt in homine 1 Für die verschiedenen hier erwähnten Meinungen vgl. Anm. [941.
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118,2 in Möglichkeit steht zur anderen. Das ist oben (76, 3: Bd. 6) widerlegt worden. Und darum sagen andere, daß dieselbe Seele, die zunächst nur eine pflanzliche war, nachher durch die Kraft des Samens dazu gebracht wird, daß sie als ebendieselbe Seele eine geistige werde, allerdings nicht durch die wirkmächtige Kraft des Samens, sondern durch die Kraft eines höheren Wirkenden, nämlich Gottes, der von außen erleuchtet. Und darum sagt der Philosoph, der Verstand komme „von außen". — Doch auch das ist nicht haltbar. E r s t e n s , weil keine Wesensform ein Mehr oder Minder verträgt, sondern sobald ein Mehr an Vollkommenheit hinzugefügt wird, ergibt sich eine andere Wesensart, wie die Hinzufügung einer Einheit bei den Zahlen eine andere Art ergibt. Es ist aber nicht möglich, daß ein und dieselbe Wesensform der Zahl nach mehreren Arten zugehört. — Z w e i t e n s , weil dann folgen würde, daß die Zeugung eines Sinnenwesens eine stetige Bewegung wäre, welche allmählich vom Unvollkommenen zum Vollkommenen fortschreitet, wie das bei der Zustandsveränderung geschieht. — D r i t t e n s , weil sich daraus ergäbe, daß die Zeugung eines Menschen oder Tieres keine Zeugung schlechthin wäre, denn ihr Träger wäre ein schon verwirklichtes Sein. Denn wenn von Anfang an die pflanzliche Seele im Stoff der Leibesfrucht ist und diese später QUAESTIO 118, ! tres animae, quarum una est in potentia ad aliam; quod supra improbatum est. Et ideo alii dicunt, quod ilia eadem anima quae primo fuit vegetativa tantum, postmodum per actionem virtutis quae est in semine, perducitur ad hoc 1 ut ipsa eadem flat intellectiva, non quidem per virtutem activam seminis, sed per virtutem superioris agentis, scilicet Dei de foris illustrantis. Et propter 736 b 27 hoc dicit Philosophus [2 de Gen. Animal., cap. 3] quod int e l l e c t s venit ab extrinseco. — Sed hoc stare non potest: primo quidem, quia nulla forma substantialis recipit magis et minus; sed superadditio maj oris perfectionis facit aliam speciem, sicut additio unitatis facit aliam speciem in numeris. Non est autem possibile ut una et eadem forma numero sit diversarum specierum. — Secundo, quia sequeretur quod generatio animalis esset motus continuus paulatim procedens de imperfecto ad perfectum; sicut accidit in alteratione. — Tertio, quia sequeretur quod generatio hominis aut animalis non sit generatio simpliciter, quia subjectum ejus esset ens actu. Si enim a principio in materia prolis est anima vegetabilis, et postmodum 1 L addit: quod flat etiam sensitiva: et tandem perducitur ad hoc . . .
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allmählich bis zum vollen Sein emporgeführt wird, so 118,2 findet stets eine Hinzufügung der folgenden Vollkommenheit statt, ohne daß die vorausgehende verfällt, und das widerspricht dem Begriff einer ,Zeugung schlechthin'. — V i e r t e n s : das von Gott Verursachte ist entweder ein ,Für-sich-Bestehendes', und dann muß es sich seinem Wesen nach von der vorherbestehenden Form unterscheiden, die nicht ein ,Für-sich-Bestehendes' war. Damit haben wir wieder die Meinung derjenigen, die behaupteten, es gebe im Leibe mehrere Seelen; oder es ist nicht ein ,Für-sich-Bestehendes', sondern eine Vollkommenheit der schon vorhandenen Seele. Und daraus folgt mit Notwendigkeit, daß die Vernunftseele bei der Auflösung des Körpers mit aufgelöst wird, was unmöglich ist. Es gibt aber noch eine andere Erklärungsweise derjenigen, die einen einzigen Verstand für alle Menschen annehmen [ A v e r r o e s ] . Das haben wir oben (76, 2: Bd. 6) abgelehnt. Daher ist folgendes zu sagen: Da mit dem Entstehen des einen immer das Vergehen des andern gegeben ist, muß man sagen, daß sowohl beim Menschen wie auch bei den andern Sinnenwesen mit dem Kommen der vollkommeneren Form das Vergehen der früheren gegeben ist, derart jedoch, daß die nachfolgende Form all das besitzt, was auch die frühere hatte, und darüber hinaus noch mehr. Und so kommt es über mannigfaches Vergehen und EntQ U A E S T I O 118. !
usque ad perfectum paulatim perducitur, erit Semper additio perfectionis sequentis sine corruptione perfectionis praecedentis; quod est contra rationem generationis simpliciter. — Quarto. quia aut id quod causatur ex actione Dei, est aliquid subsistens; et ita oportet quod Bit aliud per essentiam a forma praeexistente, quae non erat subsistens; et sie redibit opinio ponentium plures animas in corpore; aut non est aliquid subsistens, sed quaedam perfectio animae praeexistentis; et sie ex necessitate sequitur quod anima intellectiva corrumpatur, corrupto corpore; quod est impossibile. Est autem et alius modus dicendi secundum e o s 1 qui ponunt unum intellectum in Omnibus: quod supra improbatum est. Et ideo dicendum est quod cum generatio unius Semper sit eorruptio alterius, necesse est dicere quod tarn in homine, quam in animalibus aliis, quando perfectior forma advenit, fit eorruptio prioris; ita tarnen quod sequens forma habet quidquid habebat prima, et adhuc amplius: et sie per multas generationes et corruptiones pervenitur ad ultimam formam substantialem, 1 A v e r r oes und die lateinischen Averroisten mit S i g e r v. B r a b a n t (t 1282) und B o e t h i u s v. D a z i e n (f 1284). Vgl. Bd. 6, S. 490.
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2 stehen, sowohl im Menschen als im Tiere, zur letzten Wesensform. Das fällt geradezu in die Sinne bei den aus faulenden Stoffen gezeugten Tieren. In diesem Sinne muß man also sagen, die Vernunftseele, die zugleich Sinnenund Wachstumsseele ist, werde von Gott als Abschluß der menschlichen Zeugung geschaffen, wobei die früheren Formen zugrunde gehen. Z u 3. J e n e Überlegung ist angebracht bei verschiedenen Wirkursachen, die nicht in einer Ordnung stehen. Wenn aber viele Wirkursachen vorhanden sind, die in einer inneren Ordnung stehen, so steht dem niehts entgegen, daß die Kraft der höheren Wirkursache bis zur letzten Wesensform vordringt; die Wirkkräfte der niederen Wirkursachen aber reichen nur für die Ausrichtung des Stoffes; so gibt die Samenkraft dem Stoff seine Ausrichtung, während die Kraft der Seele die Wesensform bei der Zeugung eines Sinnenwesens gibt. Nach dem (105, 5 u. 110, 1) Gesagten wirkt aber offenbar die gesamte körperliche Natur als Werkzeug einer geistigen Kraft, vor allem der Kraft Gottes. Darum steht dem nichts entgegen, daß der Leib von einer körperlichen Kraft gebildet wird, die Vernunftseele aber ausschließlich von Gott stammt. Z u 4. Der Mensch zeugt ein ihm Artähnliches, insofern der Wesensstoff durch die Kraft des Samens auf die Aufnahme dieser bestimmten F o r m , nämlich der Geistseele, ausgerichtet wird. Q U A E S T I O 118, 2 tarn in homine, quam in aliis animalibus. Et hoc ad Bensum apparet in animalibus ex putrefactione generatis. Sic igitur dicendum est, quod anima intellectiva creatur a Deo in fine generationis humanae, quae simul est et sensitiva et nutritiva, corruptis formis praeexistentibus. AD TERTIUM dicendum quod ratio illa locum habet in diversis agentibus non ordinatis ad invicem. Sed si sint multa agentia ordinata, nihil prohibet virtutem superioris agentis pertingere ad ultimam formam; virtutes autem inferiorum agentium pertingere solum ad aliquam materiae dispositionem; sicut virtus seminis disponit materiam, virtus autem animae dat for.mam, in generatione animalis. Manifestum est autem ex praemissis quod tota natura corporalis agit ut instrumentum spiritualis virtutis, et praecipue Dei. Et ideo nihil prohibet quin formatio corporis sit ab aliqua virtute corporali, anima autem intellectiva sit a solo Deo. AD QUARTUM dicendum quod homo generat sibi simile, inquantum per virtutem seminis ejus disponitur materia ad susceptionem talis formae.
304
Z u 5. Im ehebrecherischen Tun ist das, was von der 118, 3 Natur stammt, gut, und mit ihr wirkt Gott. W a s aber an ungeordneter Lust darin ist, ist böse, und darin wirkt Gott nicht mit. Sind
die
3. A R T I K E L Menschenseelen alle zugleich erschaffen worden?
zum
Wellbeginn
1. Gn 2, 2 heißt e s : „Es ruhte Gott vom Werke, das E r vollbracht hatte." Dem wäre aber nicht so, würde E r täglich neue Seelen erschaffen. Also sind alle Seelen zugleich erschaffen worden. Z u 2. Zur Vollkommenheit des Weltalls gehören vor allem geistige Selbstandwesen. Wenn die Seelen also zugleich mit den Leibern erschaffen würden, so würden täglich unzählige geistige Selbstandwesen der Vollkommenheit des Weltalls hinzugefügt. Demnach wäre das Weltall von Anfang an unvollkommen gewesen, was gegen Gn 2, 2 ist: „Gott hatte Sein W e r k vollendet." Z u 3. Das Ende eines Dinges entspricht seinem Anfang. Die Geistseele bleibt aber n a c h dem Verfall des Leibes. Also hat sie ihr Dasein v o r dem Leibe begonnen. Q U A E S T I O 118. s
AD QUINTUM dicendum quod in actione adulterorum illud quod est naturae, bonum est: et huic cooperatur Deus; quod vero est inordinatae voluptatis, malum est; et huic Deus non cooperatur. A R T I C U L U S III Utrum animae humanae fuerint creatae simul a principio mundi [Supra 65, 2; 73, 1 ad 3; 90, 4; 1, d. 8: 5, 2 ad 6; 2, d. 3: 1, 4 ad 1; d. 17: 2, 2; CG II 83 84; Pot. 3, 10; Mal. 5, 4; Hebr. 1 1. 4]
AD TERTIUM sie proceditur. Videtur quod animae humanae fuerint creatae simul a principio mundi. Dicitur enim Genes. 2: „Requievit Deus ab omni opere quod patrarat." Hoc autem non esset, si quotidie novas animas crearet. Ergo omnes animae sunt simul creatae. 2. PRAETEREA, ad perfectionem universi maxime pertinent substantiae spirituales. Si igitur animae simul crearentur cum corporibus, quotidie innumerabiles spirituales substantiae perfectioni universi adderentur; et sie universum a principio fuisset imperfectum; quod est contra illud quod dicitur Genes. 2: „Deum omne opus suum complesse." 3. PRAETEREA, finis rei respondet ejus principio. Sed anima intellectiva remanet, destrueto corpore. Ergo ineepit esse ante corpus.
305
118,3
ANDERSEITS heißt es im Buche ,Von den kirchlichen Dogmen': „Die Seele wird zugleich mit dem Körper geschaffen." ANTWORT: Einige haben behauptet, die Geistseele werde nur nebenher mit dem Leibe vereinigt. Sie sagten nämlich, es eigne ihr dieselbe Zuständlichkeit wie den geistigen Selbstandwesen, die nicht mit einem Leibe vereinigt werden, und so nahmen sie an, die Seelen der Menschen seien von Anfang an zugleich mit den Engeln erschaffen worden. Aber diese Auffassung ist falsch. E r s t e n s hinsichtlich ihrer Wurzel. Denn wenn es der Seele eigentümlich wäre, nur nebenher mit dem Leibe vereinigt zu werden, so würde daraus folgen, daß der Mensch, der aus dieser Vereinigung entsteht, nur nebenher ein Seiender wäre, oder daß die Seele der Mensch sei, was, wie oben (75, 4: Bd. 6) bewiesen, falsch ist. — Daß zudem die menschliche Seele nicht derselben Natur ist wie die Engel, beweist ihre je verschiedene Erkenntnisweise (55, 2: Bd. 4; 85, 1: Bd. 6). Denn der Mensch erkennt dadurch, daß er von den Sinnen empfängt und sich zu den Vorstellungsbildern hinwendet, wie oben (84, 6. 7; 85, 1: Bd. 6) bewiesen wurde; darum ist seine Seele auf die Vereinigung mit dem Leibe angewiesen, dessen sie zur Sinnestätigkeit bedarf, was man vom Engel nicht sagen kann. Die Unrichtigkeit ergibt sich z w e i t e n s aus dem, was Q U A E S T I O 118, s
PL SED CONTRA est quod dicitur [De Eccl. Dogm., cap. 14; 18], -s/985 A 1U0 i Ausdruck der im Glauben erkannten Unbesiegbarkeit des mit Christus verbundenen Christen sein, die Paulus mit den Worten bekennt: „Ich lebe der Überzeugung: Weder Tod noch Leben, weder Engel noch Herrschaften, weder Gegenwärtiges noch Kommendes noch Mächte, weder Höhe noch Tiefe noch irgendein anderes Geschöpf wird uns scheiden können von der Liebe Gottes, die da ist in Christus Jesus, unserm Herrn" (Rom 8, 38 f.). In einem weiteren Sinne darf man a l l e übernatürlichen Gnadengaben Gottes als Rüstung gegen die Ränke des Teufels betrachten, wenngleich sie nicht zunächst als Kampfesrüstung, sondern als Wachstumsgnaden gegeben sind; aber die erhöhte Gnade, die gefestigte Tugend bewirkt in uns doch auch zugleich eine größere Widerstandskraft gegen den Feind des Heiles. Außerdem stehen uns besondere helfende Gnaden gegen die jeweiligen Anfechtungen zur Verfügung. b) D e r S c h u t z d e r E n g e l : Der zweite Helfer im Kampfe mit dem Versucher ist der Schutzengel. Der biblische Ansatzpunkt ist wohl Offb 12, 7 ff., wo berichtet wird, wie Michael und seine Engel mit dem Drachen und seinen Engeln kämpfen. Der „große Drache, die alte Schlange, welche Satan heißt und die ganze Welt verführt", wird hinabgeworfen auf die Erde, und mit ihm werden seine Engel gestürzt. Die theologische Überlegung kommt zu demselben Ergebnis. Wie sollten die guten, reinen Geister, welche zu den überlegenen Kräften ihrer Natur noch die Gnadenausrüstung besitzen, den widergöttlichen Mächten in deren Kampf gegen das Gottesreich in den Menschenseelen tatenlos zusehen? Ein unvollziehbarer Gedanke ! 2. V e r s u c h e n — d a s e i g e n t l i c h e G e s c h ä f t d e s 114, 2 T e u f e l s (Art. 2). — Die Sprache der christlichen Aszese bedient sich des Ausdruckes ,Versuchung' vornehmlich, ja fast ausschließlich zur Bezeichnung des teuflischen Einflusses auf den Menschen. Der unmittelbare Sinngehalt dieses Ausdrucks ist aber nicht derart, daß er nur vom Satan ausgesagt werden könnte. Er wird darum in einem weiteren Sinne sowohl im sakralen als auch im profanen Sprachgebrauch genommen: Im Gebete des Herrn flehen wir zu Gott, Er möge uns nicht in Versuchung führen, und in der Naturwissenschaft hat es in der Wendung ,einen Versuch machen' einen festgelegten Sinn. Im vorliegenden Artikel nun will Thomas den Bedeutungsinhalt festlegen, der dem Ausdruck ,versuchen' zukommt, wenn er von der widergöttlichen Macht des Teufels gebraucht wird. Äußerer Anlaß zu dieser Fragestellung war das im ,Anderseits' angeführte Wort aus der Glosse. ,Versuchen', einen ,Versuch machen' bedeutet ganz allgemein eine Probe machen, irgendeine Wirklichkeit untersuchen, sie beobachtend erforschen, um so ein Erfahrungswissen von ihr zu gewinnen. Das unmittelbare Ergebnis und Ziel jeden Versuches ist also das Wissen um eine Wirklichkeit, auf die der Versuch angewandt wird. Der Versuchende kann freilich dieses Wissen wieder anderen
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114 2 Zielen zuordnen. Er kann, wenn das Versuchsobjekt ein Mensch ist, darauf ausgehen, dessen Zustand kennenzulernen, um einen Anhaltspunkt zu gewinnen, von dem aus er das Wissen oder die Tugend dieses Menschen fördern könnte. Es ist aber auch möglich, daß es ihm nur darum geht, seine Schwächen kennenzulernen, um dann, an sie anknüpfend, ihn zu verwirren und sittlich zu verderben. Von dieser Erkenntnis aus können wir die Form der satanischen Versuchung abgrenzen gegen alle andern möglichen Formen und bestimmen, in welchem Sinne ,versuchen' ein urtümlich teuflisches Tun ist. Gott bedarf eineT besonderen Probe, eines ,Experimentierens' nicht, um die Schwächen des Menschen zu erkunden. Wenn dennoch von Ihm gesagt wird, Er ,versuche' die Menschen, 60 kann das nur den Sinn haben, daß Er den Menschen zur erfahrungsmäßigen Selbsterkenntnis bringen möchte. Der Mensch aber bedarf der beobachtenden Probe, um zum Wissen der Wirklichkeit zu gelangen, und er kann dann dieses Wissen guten oder bösen Zwecken dienstbar machen. Der Teufel jedoch ist direkt darauf angewiesen, Versuche am Menschen zu machen, ihn auf die Probe zu stellen. Denn mag er auch die Umwelt des Menschen kennen und die äußeren Handlungen offen vor ihm daliegen, die inneren Neigungen entziehen sich seinem Blick. Daher sucht er auf mannigfache Weise den inneren Zustand des Menschen zu erforschen, um die Schwächen ausfindig zu machen, an die er mit seinen Lockungen anknüpfen kann. Das Ergebnis seiner Erkundungen, die Kenntnis des inneren Zustandes, verwendet er aber ausschließlich zum Verderben des Menschen. Bei diesem menschenverderbenden Tun nimmt er Menschen, Welt und Fleisch in seinen Dienst. Wer als Verführer sich dem Mitmenschen naht, handelt stets unter dem Einfluß Satans, als dessen bewußter oder unbewußter Handlanger. Wenn wir von einer Versuchung durch das ,Fleisch' und die ,Welt' sprechen, so ist das eine ungenaue Redeweise. Beide verführerischen Mächte stehen im Dienste dessen, den wir den ,Verführer von Anbeginn' nennen. Aus der Stellungnahme des Menschen zu den Regungen der Sinnlichkeit und zu den Lockungen der Welt kann er erkennen, wo die besten Anknüpfungspunkte für seine verwirrenden und zur Sünde anstachelnden Einwirkungen liegen. 114 3 3. D i e R e i c h w e i t e d e s V e r s u c h e r s (Art. 3). — ' Der Teufel macht mit Hilfe aller irdischen Mächte die Schwächen des Menschen ausfindig, um dann dieses Wissen um den inneren Zustand des Menschen seinen seelenmörderischen Absichten dienstbar zu machen. ,Versuchen' in diesem Sinne ist ihm allein eigentümlich. Menschen, ,Welt' und ,Fleisch' macht er sich zu diesen Zwecken hörig. Ist damit nun gesagt, daß jede einzelne Sünde des Menschen auf den Einfluß satanischer Verführung zurückgeht, derart, daß kein sündhafter Akt zustande kommt, ohne daß Satan versuchend dabei im Spiele ist? Oder ist die innere Zuständlichkeit des Menschen so geartet, daß auch aus ihr allein, ohne diese Fremd-
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beeinflussung, das Entstehen einer widergöttlichen Handlung H 4 ; 3 erklärt werden k a n n ? Diese F r a g e ist nicht ohne Bedeutung für die Bewertung des jeder Sünde zukommenden Schuldmaßes. Wenn es ohne freie und bewußte Entscheidung auch keine Sünde gibt, so ist der Grad der Freiheit und der Bewußtheit doch j e verschieden nach den Einflüssen, welche auf das Verstandes- und Affektleben störend und verwirrend einwirken. Das Schuldmaß mindert sich in dem Maße der das Verstandesurteil trübenden und das Affektleben verwirrenden Einflüsse. E i n e besondere eindrucksvolle Anwendung dieses Satzes haben wir in der theologischen Lehre, dergemäß gerade der Mensch und nicht der Engel wieder in die Gnadenordnung heimgeholt wurde, weil er nicht aus rein innerer Bosheit, sondern durch äußeren Einfluß des Satans den Abfall von Gott vollzog. Antworten wir nun, wie Thomas es in unserem Artikel tut, in Hinsicht auf die jetzt bestehende göttliche Vorsehungsordnung, so wissen wir aus der Offenbarung, daß jede vom Menschen vollzogene gottwidrige Handlung irgendwie auf die Versuchung und Verführung des Teufels zurückgeht. So heißt es Offb 12, 9 : „Und der große Drache wurde geworfen, die alte Schlange, der Teufel und Satan heißt, d e r d i e g a n z e E r d e v e r f ü h r t . " In der ersten Sünde der Stammeltern war dieser Einfluß ein unmittelbarer und direkter. Die Psychologie dieser Sünde hat Thomas im einzelnen an anderem Orte beschrieben ( I I - I I 163, 1 u. 2). F ü r alle späteren Sünden Adams und die Sünden seiner Nachkommen bedarf es eines solchen unmittelbaren Einflusses nicht mehr. Aber auch in ihnen wirkt der satanische Einfluß noch nach bis zur letzten Sünde des letzten Menschen, der über diese Erde schreitet. Denn die unter dem unmittelbaren Einfluß des Teufels vollzogene Tatsünde der Stammeltern verursachte in ihnen selbst und in all ihren Nachkommen jenen Zustand, den wir die ,Erbsünde' nennen mit all den sie begleitenden verheerenden Folgen. Der innere Zustand auch des wieder in Gnaden angenommenen Menschen bleibt doch so sehr verschlechtert, daß er von nun an den Keim zur Tatsünde in sich trägt, aus dem auch ohne den akuten Einfluß Satans das widergöttliche Tun erklärt werden kann. Aus der von der ersten durch Verführung Satans veranlaßten Sünde des Stammvaters her besteht im ganzen Menschengeschlechte eine Geneigtheit zu allen nur möglichen Sünden (vgl. Anm. [ 4 3 ] ) . 4. D i e M i t t e l d e s V e r s u c h e r s (Art. 4). — Die Grundsätze für die Lösung der Frage des vierten Artikels kennen wir aus 105, 8 und 110, 4. Dort wurde festgestellt, was wir unter ,Wunder' im eigentlichen S i n n e zu verstehen haben, wie ein echtes Wunder abgegrenzt ist gegen das Staunenerregende, das ,mirum'. Dort hörten wir auch, daß es das Vorrecht Gottes ist, ein Wunder im Vollsinn (miraculum) zu wirken, und daß die Geschöpfe, auch die höchsten Geister, nur werkzeuglich an einer solchen Tat mitwirken können. Ein Wunder im eigentlichen Sinne kann also der Teufel nicht wirken.
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114,4
114 4
Anderseits verlangt die Offenbarungstatsache eine Erklärung, wonach staunenerregende Taten geschahen, die alles Maß menschlicher Kräfte überschritten, für die man jedoch Gott als unmittelbare Ursache nicht angeben kann, ja, die teilweise von der Schrift selbst als Werke Satans bezeichnet werden. Thomas erinnert hier mit Augustinus an die Taten der ägyptischen Zauberer, die als Gegenspieler des Beauftragten Gottes Frösche und Schlangen herbeizauberten (Ex 7, 11 f. 22; 8, 7. 18), sowie an das, was Satan mit Zulassung Gottes dem gerechten Job zufügte, indem er durch Sturm und Feuer dessen Hab und Gut vernichtete. Zudem sagt der Herr selbst, der Antichrist werde große Zeichen und Wunder tun, so daß selbst die Auserwählten in Gefahr stünden, seinen Verführungen zu erliegen (Mt 24, 24). Thomas berücksichtigt aber auch jene Erzählungen, in denen von Totenerweckungen und Wesensverwandlungen, also von wirklichen Wundertaten, als von teuflischen Handlungen berichtet wird. Wie sind solche Berichte zu bewerten? Ist alles teuflisches Blendwerk oder liegen diesen Erzählungen wirkliche Tatsachen zugrunde? Wir müssen mit Thomas hier eine Entscheidung vornehmen. Berichten von Totenerweckungen und Taten ähnlicher Art, die über alle geschöpflichen Kräfte hinausliegen und für die Gott nicht als Ursache angenommen werden kann, kann nach allem bisher Gesagten ein echter Tatbestand nicht zugrunde liegen. Sie sind nur Scheinwunder, satanisches Blendwerk. Nach einer ersten Deutung handelt es sich um nichts anderes als um eine Art von subjektiven Bildern und Vorstellungen, deren Erzeugung nach 111, 3. 4 in der Macht des Satans steht: er kann durch örtliche Bewegung das Sinnen- und Vorstellungsleben des Menschen in umfassendem Maße beeinflussen, so daß der Mensch seine subjektiven Bilder für echte Wirklichkeit nimmt. Aber wir brauchen zur Erklärung solcher Berichte nicht einmal immer auf teuflisches Einwirken zurückgreifen. Thomas selbst deutet hier die Möglichkeit einer rein natürlichen Erklärung an. Unter dem Einflüsse rein körperlicher Kräfte, so sagt er, können diese Vorstellungen entstehen. Über das Wie äußert er sich nicht. Die moderne Seelenforschung und Typenlehre hat manches Licht in dies bisher so dunkle Gebiet gebracht. Sie weist auf Menschentypen hin, die auf Grund bestimmter körperlicher und seelischer Veranlagungen das Unterscheidungsvermögen für reale außersinnliche und rein innerliche Vorgänge einfach nicht besitzen. Sie verwechseln, ohne sich dessen bewußt zu sein, innerseelische Vorgänge mit außerseelischen, realen Tatsachen (Pseudologia phantastica). Ein zweiter Deutungsversuch erklärt jene Berichte nicht als rein subjektive Vorstellungen und Phantasiebilder, sondern nimmt an, daß sich den Sinnen des Menschen ein körperlich reales und sinnlich wahrnehmbares objektives Gebilde darbiete, dessen Gestaltung nicht über die natürlichen Kräfte des Teufels hinausliegt. Wie der Teufel die Macht besitze, in einem Luft- oder gar körperlichen Leibe zu erscheinen, so vermöge er es auch, jedem andern Leib und überhaupt jeder seiner
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Daseinsweisen eine objektive Gestalt zu geben. Er kann unter 114, 4 Verwendung von Stoffen dieser Welt jedem Ding die gewünschte Maske geben und mit ihm Bewegungen vornehmen, die zwar keine echten Lebensbewegungen sind, diesen aber täuschend ähnlich sehen. Ganz anders verhält es sich mit jenen Berichten, in denen Taten des Satans geschildert werden, welche im Menschen wohl Staunen erregen wie ein wirkliches Wunder, die aber doch die Naturkraft des Teufels nicht überschreiten. Gewiß kann es sich auch hier um ein Scheinwunder im eben beschriebenen Sinne handeln, aber es ist nicht notwendig, alles mit solchem Hinweis zu erklären. Es würde z. B. dem Sinn der Schrift nicht entsprechen, wollten wir das Feuer, welches Hab und Gut des Job verzehrte, als Scheinfeuer und den Sturm, der seine Kinder hinwegraffte, als täuschendes Blendwerk auffassen. Es war ein wirklicher, von der Wut Satans entfesselter Sturm und wirkliches, durch die Macht des Teufels herangetragenes Feuer. Thomas glaubt auch die Zaubereien der ägyptischen Beschwörer teilweise so deuten zu können. Er denkt dabei offenbar, der Satan könne die Keime etwa der Frösche oder Schlangen mit überraschender Schnelligkeit herbeiholen und sie beschleunigt zum Reifen bringen. Auch diese Deutung verliert das zunächst Überraschende, wenn wir bedenken, wie selbst der Mensch den natürlichen Entfaltungsprozeß der Pflanzen künstlich beschleunigen kann. 5. D e r b e s i e g t e T e u f e l (Art. 5). — Der fünfte 114,5 Artikel berührt eine Frage, die scheinbar sehr fern liegt und die doch für das aszetische Leben nicht ohne Bedeutung ist. Darf der Mensch, der der satanischen Versuchung einmal widerstanden hat, sich der Gewißheit hingeben, von nun an vor den Anfechtungen des Teufels gesichert zu sein? Gibt der Teufel den Kampf mit dem Menschen, der sich ihm einmal erfolgreich widersetzte, endgültig a u f ? Obschon einige Väter, die Thomas anführt, für diese These eintraten, vertritt Thomas in Anlehnung an die Schrift einen vermittelnden Standpunkt. Bei Mt 4, 11 heißt es zwar: „Da verließ Ihn der Teufel, und siehe, Engel traten herzu und dienten Ihm." Lukas aber fügt ergänzend hinzu: „Als der Teufel mit seiner Verführungskunst zu Ende war, ließ er a u f e i n e Z e i t von Ihm ab" (Lk 4, 13), und Mt 12, 44 wird dem Satan das Wort in den Mund gelegt: „Ich will in mein Haus zurück, aus dem ich ausgezogen bin." Die Schriftlehre kann man also dahin kurz zusammenfassen: Der Teufel zieht sich auf gewisse Zeit von dem Menschen zurück, der über ihn Sieger wurde, aber er gibt den Kampf nicht auf, sondern beginnt die Anfechtung von neuem. Thomas gibt zwei Gründe für diese Tatsache an: Die Güte Gottes, der mit Rücksicht auf den Menschen und seine Schwäche ihn den Anfeindungen des Teufels nicht ausliefern will, und die List des Satans selbst, der eine zu häufige, rasch aufeinanderfolgende Niederlage scheut.
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B. DIE KÖRPERWELT (Fr. 115—119) Erstes Kapitel DAS ZUEINANDER DER KÖRPERLICHEN WESEN (Fr. 115—116) 115, l
Die Aussagen des hl. Thomas über das Wesen der Himmelskörper, ihre Stellung im Kosmos und ihre Einwirkungen auf die irdische Welt sind von einem Weltbild bestimmt, das heute eine volle Anerkennung nicht mehr beanspruchen kann. Es ist das Weltbild, wie man es aus den aristotelischen Schriften und eigenen Beobachtungen gewonnen hatte und das im Mittelalter allgemeingültig war. Von einem eigenen Weltbild des hl. Thomas zu sprechen ist schon darum unzulässig, weil er nicht, wie sein Lehrer A l b e r t d. Gr., den Drang zu eigener Naturbeobachtung besaß, sondern die als gesichert angesehenen Erkenntnisse seiner wissenschaftlichen Vorfahren und Zeitgenossen als gegeben hinnahm, um sie seinen theologischen Aufgaben dienstbar zu machen. Dabei bleibt bestehen, daß Thomas hie und da zu diesem Weltbild seine kritischen Bemerkungen macht (32, 1 Zu 2: Bd. 3). Eine ausgebildete Astronomie im heutigen Sinne können wir aber vernünftigerweise in jener Zeit ebensowenig erwarten, wie etwa eine dem heutigen Wissensstand entsprechende Biologie. Denn die Beobachtungsmittel, die optischen Geräte standen diesen Naturforschern noch nicht zur Verfügung. Ein solcher Mangel des Beobachtungsmaterials wird naturnotwendig in den Aussagen über Stellung und Wesen der Himmelskörper spürbar (vgl. jedoch Anm. [47]). Ihrem Wesen nach sind die Himmelskörper nach Thomas wie nach moderner Lehre zwar stoffliche Wesen, aber — und hier weicht Thomas von der heute gesicherten Lehre ab — sie sind doch in gewissem Sinne von den irdischen Körpern grundverschieden. Ihr Wesensstoff wird von der Wesensform so durchgestaltet, daß im Gegensatz zu den irdischen Körpern für eine qualitative oder gar Wesensveränderung kein Raum mehr bleibt, ihr Stoff kann nicht in zeitlicher Aufeinanderfolge verschiedene Wesensformen annehmen. Ihre Aufnahmefähigkeit ist gleichsam unter der einmal empfangenen Wesensform erschöpft, während der Wesensstoff der irdischen Körper grundsätzlich die Aufnahmefähigkeit für immer neue Wesensformen beibehält. I. D a s W i r k e n
der Körper a u f e i n a n d e r (Fr. 115) 1. D i e T a t s a c h e (Art. 1). — Die Himmelskörper sind also, wie die irdischen Dinge, aus Wesensstoff und Wesensform zusammengesetzte Körper, die jedoch einer qualitativen oder substantialen Veränderung nicht mehr fähig sind, bzw. solcher Veränderungen nicht mehr bedürfen, um zu ihrer vollen Seinsentfaltung zu gelangen. In d i e s e r Hinsicht, aber auch nur in dieser, sind sie seinsmäßig allen irdischen Körpern, auch
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dem vollkommensten, dem menschlichen Leibe, überlegen 115,1 (siehe jedoch Anm. [88]). Nur der örtlichen Veränderung sind sie noch fähig. Sie nehmen also im gesamten Kosmos schon seinsmäßig eine gesonderte Stellung ein. Sie sind nicht wie die Engel einfache geistige Wesen, sondern stofflicher Art, und doch sind sie ihnen ähnlich, insofern sie dem Verfall nicht ausgesetzt sind; sie sind, wie die Engel, unvergänglich. Der experimentelle Ausgangspunkt für diese Lehre mag das Fehlen jeder mit dem bloßen Auge wahrnehmbaren Veränderung gewesen sein. Diese Lehre fügte sich aber auch in die mittelalterliche Auffassung vom stufenhaften Aufbau des Kosmos harmonisch ein. Thomas hat gerade diesen Gesichtspunkt oft hervorgehoben. Überdies konnte sie als Erklärungsgrund für manche rätselhafte Erscheinungen dienen. (Vgl. die Lehre von der Urzeugung und dem Einfluß der Gestaltungsenergie der Sonne auch auf die menschliche Zeugung; Art. 3 Zu 2; Bd. 7 Anm. [26 a ] , S. 206 ff.) Aus dieser Wesensstruktur der Himmelskörper und ihrer seinshaften Stellung im Stufenbau des Kosmos leitet Thomas denn auch den Einfluß der Gestirne auf das irdische Geschehen apriorisch ab. Der Obersatz seiner Beweisführung und seine Begründung: Alles, was bewegt wird, geht letztlich von einem unbeweglichen Beweger aus, weil alle Vielheit auf eine Einheit zurückgeführt werden muß — ist unantastbare metaphysische Wahrheit (vgl. Anm. [76]). Auch die Spezialisierung dieses Satzes in dem Sinne, daß etwas in d e m Maße Ursache von Bewegung ist, als es an der Unbeweglichkeit des ersten unbeweglichen Bewegers teilhat, hat metaphysische Geltung (vgl. Anm. [57]). Der Untersatz: Die Himmelskörper sind darum von allen Körpern die unbeweglichsten, weil ihnen nur örtliche Bewegung eignet, entspricht jedoch nicht der Wirklichkeit. 2. D i e W e l t e n t W i c k l u n g (Art. 2). — Dieser Artikel 115,2 ist wiederum ein besonderes Beispiel dafür, wie wegen der unvollkommenen empirischen Kenntnisse der- Alten gewisse tiefe philosophische Grundkonzeptionen derselben mit den empirischen Erkenntnissen der modernen Naturwissenschaft in neue Übereinstimmung gebracht werden müssen, um dadurch nicht eine abgeschwächte, sondern nur eine um so tiefere Bedeutsamkeit und gesteigerte Präzisierung zu gewinnen. a) Die zweifellos große Entdeckung der Neuzeit im Vergleich zum Mittelalter ist die Herausstellung der W e l t e n t w i c k l u n g s o r d n u n g . Der Kosmos ist von Anfang an in den ihn konstituierenden Urkomponenten so angelegt, daß er sich entwickeln konnte, und dieser Werdegang zeigt, wenn wir ihn auf die uns zunächst angehende Welt, unser Planetensystem und unsere Erde mit der im Menschen aufgipfelnden Stufenfolge des Lebens zurückbeziehen, eine —- wie schon der englische Physiologe H e n d e r 6 o n eingehend begründete — e r s t a u n l i c h e B i o z e n t r i k in der Herausbildung der Geeignetschaften zu einer Umwelt des Lebens. Vernehmen wir darüber auch einen ganz modernen Astronomen und Astro-
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1 1 5 , 2 physiker, K u r t H i m p e l : „Wir haben allen Grund, anzunehmen, daß die Erde für die Entfaltung hochspezialisierter Lebensformen besonders geeignet ist: große, reichgegliederte Kontinentalflächen, günstige Verteilung der Land- und Wassermassen haben die Ansiedlung und Entwicklung erleichtert. Ohne die Abtrennung des Mondes hätten wir vermutlich eine Erdoberfläche, die als Meer mit wenigen Inseln nur wesentlich primitivere Lebensformen zugelassen hätte . . . Wenn es schon auf einem offensichtlich so geeigneten Lebensträger wie der Erde recht lange gedauert hat, bis ein Lebewesen von der geistigen Höhe des Menschen entstehen konnte, dann sollte man für weniger geeignete Planeten wesentlich längere Zeiträume ansetzen. Da aber das Alter des Kosmos das der Erde nicht erheblich übertreffen dürfte, muß daran gezweifelt werden, ob sich auf anderen Planeten ein so hochdiflerenziertes Leben entwickelt hat" (Probleme der Entwicklung im Universum, Stuttgart o. J . [1948]). In seiner vorzüglichen, einer wirklich originär wieder dem „ E r d - s i n n i g e n " nachgehenden Studie: „Geologie — Erdund Lebensgeschichte" (,Kirche in der Welt' 1950, Nr. 8, Münster, Aschendorffl) legt K a r l B e u e r l e n dar, daß im erdgeschichtlichen Geschehen in seiner Hinordnung und E n t s p r e c h u n g s b e g e g n u n g mit dem Werdegang des Lebens alles in der rechten „Z e i t i g u n g" und „ O r t u n g " geschieht. Ein zusammenfassender Überblick über die Geschichte der Erde und des Lebens nach K a r l B e u e r l e n zeigt: „— 1. Die lange währende Urzeit (Archaikum-Algonkium,,Präkambrium') hat in einer Folge außerordentlich tiefgreifender Gebirgsbildungen, bei denen sich die tekto-genetischen und vulkanischen Kräfte mit höchster Intensität äußerten, die Kontinentalblöcke geschaffen, die am Anfang der im einzelnen verfolgbaren Erdgeschichte stehen und die bleibenden Grundlagen der späteren Entwicklung bilden. Das in dieser Urzeit vorhandene Leben stellte sich in äußerst einfachen Formen dar und besiedelte wohl die Erdoberfläche auch nur recht dünn. — 2. Die Zeit der Erdgeschichte im engeren Sinn (Kambrium bis in das Diluvium hinein) zeigt eine in der Folge der Gebirgsbildungen sich vollziehende Ausgestaltung der in der Urzeit angelegten Kontinentalkerne und eine endgültige Kontinentalisierung der noch vorhandenen beweglichen Krustenzonen, im ganzen also eine Ausgestaltung und Differenzierung der vorhandenen Kontinentalanlagen. Gleichzeitig setzt fast sprunghaft am Anfang dieser Entwicklung das Leben mit sämtlichen großen Tierkreisen und Stämmen ein und macht bis zur Gegenwart eine zu immer reicherer Differenzierung führende Entwicklung durch. Bei sich steigernder Besiedlung der Festländer durch Pflanzen- und Tierwelt werden die Wüsten auf wenig ausgedehnte Bezirke in klimatisch extremen Gebieten eingeengt; die Stoffumsetzungen an der Erdoberfläche (Bodenbildung, Verwitterung, Gesteinsablagerung) werden immer stärker von der organischen Natur her beeinflußt. — 3. Am Ende dieser Entwicklung (Eiszeit—Gegenwart) ist mit
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nahezu völliger Kontinentalisierung der beweglichen Krusten- 1 1 5 , 2 zonen, mit mannigfaltiger Reliefdifferenzierung der Erdoberfläche, mit einer weitgehend geschlossenen Biosphäre und reicher Differenzierung von Tier- und Pflanzenwelt e i n a l s Endzustand anzusprechender Zustand err e i c h t : 1 eine Weiterbildung im Sinne der bisherigen Entwicklung scheint nicht mehr möglich; ähnlich wie an der entscheidenden Wende von Präkambrium zu Kambrium, müßte eine Umstellung erfolgen. — 4. In diesem Augenblick der Erdentwicklung tritt der Mensch auf, und mit ihm ein Wesen, das eine Sonderstellung in der organischen Natur einnimmt; der Mensch hat nicht nur ein Bewußtsein seiner selbst und damit die Fähigkeit zur Abstraktion, sondern er vermag auf Grund dieser Eigenschaft das Leben durch Hervorbringung erdachter und hergestellter technischer Hilfsmittel zu bewältigen. Daher bedarf er keiner körperlichen Spezialisierung und Anpassung mehr, sondern kann seine Gestalt autonom ausprägen. Der Mensch steht nicht mehr wie die Tiere in, sondern als Geistwesen über der Natur. Er vermag die Natur tiefgreifend umzugestalten (Landschaftsgestaltung, Verwertung der Naturkräfte, Tier- und Pflanzenzüchtung), sie entweder — in Ehrfurcht vor der kosmischen Ordnung, der er auch angehört — seinem Leben dienstbar einzugliedern oder sie — in Mißachtung der kosmischen Ordnung — zur eigenen Erhöhung zu mißbrauchen. Drei Etappen erkennen wir: die Urzeit mit stärkster Intensität des anorganischen Geschehens und nur untergeordnetem organischem Dasein, die Erdgeschichte im engeren Sinn mit einer die organische Entfaltung beeinflussenden Ausgestaltung der Kontinente und einer sämtliche Möglichkeiten des Lebens ausschöpfenden und auf die anorganische Umwelt zurückwirkenden reichen organischen Entfaltung und Differenzierung, schließlich die Gegenwart mit dem Hervortreten des Menschen als eines gestaltenden Herrn der Natur, während gleichzeitig offensichtlich die anorganische und die organische Entwicklung einen Endzustand e r r e i c h t haben. Sollte dieser Gleichlauf der ,anorganischen' und der ,organischen' Entwicklung nicht darauf hindeuten, daß die anorganische und die organische Seite der Wirklichkeit als verschiedene Äußerungen der auch sonst die Natur (z. B. im Verhältnis zwischen Pflanze und Tier) durchwaltenden Norm der komplementären Entsprechung zueinander stehen, derart, daß zunächst das Schwergewicht ganz im einfach anorganischen Bereich lag, wodurch eine erste Konsolidierung des irdischen Schauplatzes erfolgte, daß sodann auf der Grundlage dieser 1 Von der Schriftleitung gesperrt. — Erst n a c h Auftreten des Menschen mögen freilich in verschiedenen Entwicklungsreihen durch Großund Klein-V e r 1 u s t mutationen noch abgeleitete parasitäre Formen, insbesondere auch das große Heer der pathogenen Bakterien mit zugleich einseitiger Spezialisierung auf den Wirtsorganismus, den sie befallen, entstanden sein. Wie K. M o t h e s in „Fortschritte der Botanik" IV (1935), S. 211, ausführt, dürften die Bakterien wahrscheinlich als „Verlust-Mutanten" aus ursprünglich physiologisch integren Algenurformen hervorgegangen sein.
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115, 2 Konsolidierung eine Entfaltung des Organischen in Wechselwirkung zwischen einer fortschreitenden Differenzierung des anorganischen Schauplatzes sich abspielte, wobei das Schwergewicht sich mehr und mehr zu Gunsten der höheren Strukturform des Organischen verschob, daß schließlich mit dem Hervortreten des Menschen als der ,Grenze der Formen' sich das Schwergewicht der Entwicklung auf ihn als den ,GeistseeleOrganismus' konzentrierte, wodurch der geologische (erdgeschichtliche) und organische (lebensgeschichtliche) Werdegang abgeschlossen und das irdische Geschehen vom Menschen her bewußt gestaltet wird?" So weit K. B e u e r 1 e n. b) Was nun d a s u r s ä c h l i c h e H e r v o r g e h e n d e r L e b e n s s t u f e n und ihre Entfaltung angeht, so muß man wohl zwischen Typenüberhöhung an den jeweiligen Umbruchund Neuaufbruchstellen und Typenentwicklung der je neu entstandenen Stamm- und Wurzelformen unterscheiden, und nichts steht im Wege, bei der echten Typenüberhöhung ein je neues, in die Natur schöpferisch hineingesprochenes Fiat anzunehmen, während die Typenentwicklung selber fundiert ist in den je neu dem materiellen Untergrund einvermählten Wesensentelechien. Der Ursprung der Entelechien liegt jenseits aller möglichen Erfahrungen, ist f r e i und bereichert von Stufe zu Stufe die Ideensphären der Schöpfung, von denen nichts uns wahrscheinlich macht, daß sie alle schon in eine Urmonade hineingestopft waren, die auch als unsere Uramöbe im Urmeer schon herumgeschwommen wäre. Wohl aber sind die Wesensentelechien, wenn sie vermittels der quellfüllhaften Sinnträchtigkeit der von ihnen begründeten Zeugungsmacht diesen potentiellen Reichtum durch die groß- und schließlich kleinmutativen Abwandlungen der Stammesentwicklung zur Auswirkung gelangen lassen, u n f r e i im Sinne der rein vitalgesetzlichen Determiniertheit dieses stammesgeschichtlichen Abwandlungsweges. D e r v o n T h o m a s ü b e r n o m m e n e augustinische Begriff der Saatursächlichk e i t wäre dann durchaus sinngemäß auf die in solcher Entfaltungsordnung sich auswirkende phyletische Potenz der Zeugungsmacht übertragbar und zudem auch mit der aristotelischen Entelechielehre in neue Übereinstimmung gebracht. Eine eingehendere Begründung dieser Anschauung soll ein Exkurs zur Neubearbeitung des Bandes 5 der Thomas-Ausgabe: Das Werk der sechs Tage, bringen. Bedeutsamer noch als die noch soviel mit rein Hypothetischem und Spekulativem belasteten evolutionistischen Erwägungen scheint für die Fassung unseres Problems der Nachweis der Geeignetschaften der lebensdienlichen Elemente für die Bedürfnisse des Organischen zu sein, in Zusammenhang mit dem fundamentalen Thomas-Satze (De pot. 3, 10 Zu 4), der die ganze Biozentrik tellurischer Stoff Verwandlung ausdrückt: „Eine große Seelenzahl gehört wohl zur letzten Wesensvollendung des Universums, nicht aber zur ersten (vorläufigen), d a d i e g a n z e W a n d l u n g , d i e d i e K ö r p e r d i n g e in d e r W e l t d u r c h m a c h e n m ü s s e n , in g e w i s s e r W e i s e hingeordnet ist auf die Vermehrung der
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S e e l e n " (vgl. H. A n d r é , Einheit der Natur, Habelschwerdt 115 2 1923, S. 174.). Sinngemäß auf die heutige Elementenlehre übertragen, würde entsprechend der biozentrischen Verwandlungsrichtung in der V e r b i n d u n g s t e n d e n z der lebensdienlichen Elemente schon gleichsam s a a t u r s ä c h l i c h eine Anähnlichungstendenz an die organischen Strukturen liegen, die aber erst der instrumentalen Ermächtigung durch die ernährende Einzeugungskraft des Organismus bedarf, um in ihrem Synthetisierungsvermögen bei der vitalen Stoffeinzeugung selber wirksam vermittelnd zu sein und auch bei der Selbstvermehrung der erbdeterminativen Substanzen unentbehrliche Vermittlung zu leisten durch die anähnlichende Gruppenanlagerungstendenz der Nucleoproteide. Wo Thomas auf die Stellen bei A u g u s t i n u s zu sprechen kommt, welche die „organische Samenfähigkeit behandeln", erwähnt er auch die Ansicht einiger arabischer Philosophen, die der Meinung waren, die Organismen hätten ohne weiteres aus einer Vermischung unorganischer Substanzen entstehen können. Thomas aber kann in diesen nur ein passives Prinzip erblicken und findet das aktive in einer ihnen ursprünglichst samenartig eingesenkten Kraft, womit die Alten die von ihnen angenommene Urzeugung von einfachen Lebewesen glaubten erklären zu müssen. Heute erübrigt sich eine solche Erklärung mit der empirisch festgestellten Nichtexistenz einer „ U r z e u g u n g " , und die sinngemäß neue Fassung des mit dem Begriff der Saatursächlichkeit zu Verbindenden, sofern sie sich mit den modernen Forschungsergebnissen in Einklang setzt, kommt der konsequent prinzipiellen Durchbildung aristotelisch-thomasischer Naturerklärung, die sie von den zeitbedingten Modifikationen befreit, ungezwungendst entgegen. Das analog aufstufbare Verhältnis zwischen dem aktiven und passiven Prinzip aber, wobei das aktive letztgrundlich auf den substantiellen Akt, das passive auf die substantielle Potenz zurückzuführen ist, gewinnt in der Höherstaffelung der Lebensstufen auch im Ordo agendi eine entscheidende Bedeutung. Denn ist die Materialursache Prinzip der nach außen gewendeten Bedürftigkeit und die Formalursache letztes Prinzip der darauf zurückwendbaren Erfüllungs- oder Bestimmungsmächtigkeit, so spiegelt sich das im Ordo agendi in den immer höheren P o l a r i t ä t s s t u f e n der Bedürftigkeits- und Mächtigkeitsentsprechung ab, die in ihrer Kulmination etwas „Hochzeitliches" gewinnt (vgl. H. A n d r é , „Philosophie der Blüte", in: „Die Begegnung", Mai 1947; und „Die Blüte als polare Ganzheit", Othmar-Spann-Festschrift 1949, deren Grundkonzeption von 1947 L o t h a r W o l f im Goethe-Heft der Zeitschrift „Kosmos" — leider ohne Quellenverweis — bestätigt hat). In der Blüte begegnet sich die ganz verarmte, verwinzigte, selbständiger Ernährungsmacht entbehrende und darum maximal ergänzungsbedürftige geschlechtstragende Generation mit der im entgegengesetzten Maße höchst aufgipfelnden sporenbildenden Generation. Sie wird dadurch nicht nur höchstes Organ der Nachkommenfürsorge, sondern auch Organ der Sinnträchtigkeit
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115 2 in der Saatursächlichkeit der phyletischen Potenz ihres Stam' mes, die in der Herausstellung immer neuer Untertypen den ganzen Reichtum immer neu „bekernbarer Lücken" bis zur Sättigung der realen Möglichkeiten zur Verwirklichung gelangen läßt. In „Wurzelständige Ordnung" (,Kirche in der Welt', III. Jhrg. 1950, Nr. 33) ist A n d r é weiterhin auf den Tiefstabstieg der pflanzlichen Aktivursache der Stoffeinholung und Stoffeinähnlichung zurückgegangen und hat damit die Urordnungsform eines den A n f a n g m i t d e m E n d e v e r b i n d e n d e n Aktuierungsweges aufgezeigt, bei dem immer die Aktivursache dem Aktuierungsbedürftigen voranwalten muß. In analoger Übertragung führt das schließlich zu der Frage, wie der Mensch in einer A n f a n g u n d E r f ü l l u n g s e n d e verbindenden Ordnung „Wurzel fassen" könne, einem anthropologischen Zentralproblem, zu dessen Lösung A u g u s t i n u s , wie R u d o l f S c h n e i d e r in seiner Studie : „Das wandelbare Sein, die Hauptthemen der Ontologie Augustins" (Frankfurt/Main 1938) zeigte, aristotelische Kategorien heranziehen mußte, um die indigentia des Menschen in ihrer tiefsten Rückverbindungsbedürftigkeit mit der 6ufficientia Gottes aufzuzeigen. Deshalb bemerkt — als protestantischer Theologe — S c h n e i d e r in seiner D. E r i c h S e e b e r g gewidmeten Schrift: „Dem Christlichen 6teht die aristotelische Ontologie näher als der Piatonismus. In der allgemeinen Metaphysik, der Lehre vom Sein, ist A u g u s t i n weithin aristotelisch... Die moderne Trennung von Glauben und Wissen, von Theologie und Philosophie wird oft als ein Segen gepriesen, sie kann aber auch angesichts der Möglichkeiten, die die Einheit beider bei Augustin uns vor Augen stellt, als das Unglück der Moderne angesehen werden." Von dem nüchternsten und tiefdringendsten Ursächlichkeitsdenker aller Zeiten, Thomas von Aquin, gilt die von R. Schneider gemeinte fruchtbare Synthese nach dem Zeugnis des Thomisten O e s l a u s M a r i a S c h n e i d e r noch in verstärkterem Maße als bei Augustin: „Die Vernunft macht da von sich aus alles, was sie scharf erfaßt, zu einer Einheit dem V e r m ö g e n nach und erhebt es als etwas rein B e s t i m m b a r e s vor Gott: Sie beginnt hier auf Erden ,das Lobopfer' des Psalmisten, indem sie von Natur aus geeignet ist, in den Geschöpfen die innere Grundlage zu enthüllen, wonach dieselben vor Gott reine Möglichkeit sind und keinerlei endgültige Bestimmtheit oder Vollendung mit sich bringen. Je näher Gott, desto mehr empfangen von Ihm die Grundkräfte in der Natur; desto kraftvoller wirken sie, desto innigere Einheit folgt ihnen" (Die katholische Wahrheit, Bd. 11; Regensburg 1890, S. 1130). 3. D e r
115 3
Einfluß der Himmelskörper irdischen Körper (Artikel 3—6)
auf
die
a) D e r E i n f l u ß d e r G e s t i r n e a u f d i e i r d i s c h e n K ö r p e r (Art. 3). — Die Schlußfolgerung des Artikels kann in ihrer Allgemeinheit nicht aufrecht erhalten wer-
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den, man kann auf Grund der Beweisführung des Artikels nicht 115, 3 behaupten: Alle Bewegungen der irdischen Körper sind ursächlich auf die Bewegungen der Himmelskörper zurückzuführen, sie enthalten nicht, wie Thomas in Zu 3 behauptet, „ähnlich wie Gott, alle irdischen Wirkungen der Kraft nach in sich". In dieser weiten Form müssen wir heute den gestaltenden Einfluß der Gestirne, im besonderen auch der Sonne, ablehnen. Die Zeugungsfaktoren im irdischen Bereiche sind darum nicht nur „Werkzeuge der Himmelskörper" (Zu 2), sondern sie sind, wenn auch als Zweitursachen, so doch als wirkliche Hauptursachen tätig. So ist beim Werden des neuen Menschen die Zeugungskraft der Eltern die Hauptursache. Anderseits steckt in der Lehre vom Einfluß der Gestirne auf die Körperweit ein wahrer Kern, der auch von der modernen Naturwissenschaft gesehen und anerkannt ist. Wir wissen von kosmischen Einwirkungen der Gestirne, besondere von Mond und Sonne auf physikalische und meteorologische Verhältnisse (auf Ebbe und Flut, auf Luftelektrizität, auf Seuchenintensität, Mondsucht usw.; vgl. Anm. [73] u. [74]). Auch der Zoologe weiß von der Bedeutung des Lichtes und der Wärme auf Leben und Gestalt im Tierreich (Brunstzeit, Körpergröße, Farbzeichnungen der Schmetterlinge). Der Botaniker macht ähnliche Feststellungen (Bd. 7, S. 207). Mag die Naturwissenschaft auch weitere Einflüsse der Gestirne auf die Körperwelt feststellen, eine Wirkmacht, wie sie von Thomas anerkannt wird, wird sie nie mehr zugeben. Das wäre gegen die metaphysischen Grundsätze des Aquinaten selbst. Denn wenn die Wirkkraft eines Dinges sich nach seiner Seinsvollkommenheit bemißt und heute gegen Thomas feststeht, daß die Himmelskörper nicht jene seinsmäßig überragende Stellung im Kosmos einnehmen, die Thomas ihnen zusprach, dann muß man im Sinne des Aquinaten sagen: Es kann ihnen auch nicht die von ihm zugegebene Wirkmächtigkeit zukommen. In diesem metaphysischen Grundgedanken sind sich Thomas und moderne Forscher einig. >b) D e r E i n f l u ß d e r G e s t i r n e a u f d i e M e n - 115,4 s e h e n (Art. 4). — Bei dem großen Einfluß, den Thomas den Himmelskörpern, freilich irrtümlicherweise, auf die rein körperliche Welt zuerkennt, ist es besonders interessant zu hören, was er zu der im Mittelalter und Altertum weitverbreiteten Ansicht von der Einwirkungsmächtigkeit der Gestirne auf das geistige Leben, im besonderen auf die menschlichen Handlungen, zu sagen hat (vgl. Anm. [75]).Seine Aussagen hierzu sind darum besonders bemerkenswert, weil gerade zu seiner Zeit die bei allen Kulturvölkern des Ostens heimischen astrologischen Gedankengänge unter dem Staufer Friedrich II. durch den Islam und die Kreuzzüge ins Abendland drangen und bald Gelehrte, Fürsten, Feldherren und Päpste ihnen zu huldigen begannen. Die Lösungsversuche sind auch heute noch von Bedeutung; denn, obgleich die moderne Naturwissenschaft die Astrologie mehr und mehr in den Bereich des Aberglaubens verwies, sind immer wieder unter dem Einflüsse seelischer Nöte astrologische Ideen wirksam geworden und haben ihren
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115, 4 Niederschlag in Zeitschriften, astrologischen Gesellschaften und Kongressen gefunden (vgl. die Artikel Magie und Zauberei im LThK). Thomas hat, dem damaligen Weltbild entsprechend, nicht allen Einfluß der Gestirne auf das geistige Leben geleugnet. Es ist dies aber nicht nur ein Zugeständnis an den Zeitgeist, sondern eine Forderung, die sich aus seiner Lehre vom Menschen ergibt. Selbst wenn man, wie Thomas es im ersten Artikel tut, den Gestirnen eine große Wirkmacht auf die irdische Welt zugesteht, so müßte man doch nach dem thomasischen Grundsatze: „ W a s i m m e r aufgenommen wird, wird nach der Weise des A u f n e h m e n d e n aufgen o m m e n " eine sehr verschieden gestaltete Wirkung in den verschieden gearteten Wesen annehmen. Vor allem muß sich diese Verschiedenartigkeit auswirken bei den Wesen, die nicht mehr rein stofflicher Art sind, sondern aus Geist und Stoff bestehen. Denn die Wirkmacht der Gestirne als rein stofflicher Wesen reicht unmittelbar und geradewegs nur an Wesen stofflicher Art heran. Der Mensch untersteht diesen Einflüssen also nur insoweit, als die tieferen Schichten seines Wesens, die animalischseelisch-geistigen Kräfte, dem Einfluß des Körpers unterstehen. Jene animalischen Kräfte des Menschen, die sich ohne Mitbeteiligung der körperlichen Organe überhaupt nicht betätigen können, sind vom Einfluß der Gestirne auf diese körperlichen Organe besonders stark abhängig und stets in Mitleidenschaft gezogen. Jede Behinderung des ihnen zugeordneten Körperorganes wird notwendig eine Behinderung ihrer Betätigung nach sich ziehen. Die Gestirne wirken also auf diese dem Menschen zugehörigen Kräfte ursächlich auf dem Umweg über die Körperorgane ein. Ob auch V e r s t a n d und W i l l e dieser Wirkmacht der Gestirne in gleicher Weise unterstehen, wird also davon abhängen, in welchem Maße sie in ihrer Betätigung von körperlichen Organen abhängig sind. Der M a t e r i a l i s m u s , der Geistiges nur als Ausfluß des Leiblichen kennt und von diesem eindeutig bestimmt sein läßt, einen Wesensunterschied zwischen Geist und Leib also nicht wahrhaben will, wird sich damit abfinden, daß Verstand und Wille in gleicher Weise wie die animalischen Kräfte dem Einfluß der Gestirne unterliegen. Damit wird der Mensch auf die Stufe rein tierischer Wesen gestellt und dem zwingenden Einfluß der Gestirne und aller von außen auf ihn einstürmenden Mächte ausgeliefert, er ist nicht mehr frei, nicht mehr „Herr seiner Handlungen". Er wäre, wie die untermenschliche Welt, ganz in die Natur hineingebannt und allen ihren nötigenden Einflüssen unterworfen. Die U n h a l t b a r k e i t dieser Auffassung ergibt sich aus der von Thomas an anderm Orte (Fr. 75 u. 83: Bd. 6) bewiesenen Geistigkeit der Menschenseele und ihrer Willensfreiheit. Sie widerspricht außerdem allen Verhaltungsweisen des Menschen. Erziehung und Rechtsverfahren, die Forderungen ßitt-
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licher und religiöser Art setzen die Willensfreiheit und das 115( 4 Verantwortungsbewußtsein des Menschen als gegeben voraus. Wenn Thomas auch gegen den Materialismus einen zwingenden Einfluß äußerer Mächte, der Gestirne also, auf die Seele des Menschen abstreitet, so leugnet er doch nicht mit einem extremen S p i r i t u a l i s m u s jegliche Einflußnahme solcher Mächte auf das geistige Leben. Er geht einen sachgerechten Mittelweg. Gemäß seiner anthropologischen Grundlehre von der Geistseele als dem einzigen Gestaltungsgrund des Stoffes, weist er dem Leibe des Menschen mit seinen vielfachen Organen eine bedeutsame Rolle für. das geistige Leben zu. Die Weltwirklichkeit ist dem menschlichen Geiste nur zugänglich durch das Mittel der leiblichen Sinnesorgane. Der Inhalt der geistigen Erkenntnisse wird ihm von den Sinnen her geboten. In der eigentlichen, geistigen Inbesitznahme dieser Wirklichkeiten ist er freilich s u b j e k t i v nicht mehr an ein sinnenhaftes Organ gebunden, wie das bei den animalischen Funktionen der Fall ist. Aber jene o b j e k t i v e Gebundenheit hinsichtlich der Erkenntnisinhalte genügt, um die Annahme einer mittelbaren Einflußnahme äußerlicher Wirkmächte, auch der Gestirne, auf die geistige Betätigung als berechtigt erscheinen zu lassen. Doch sind Verstand und Wille n i c h t i n gleicher W e i s e dem Einfluß der Gestirne unterworfen, sondern sie unterstehen diesem Einflüsse je nach der größeren Abhängigkeit von den niederen, den äußeren Einwirkungen unmittelbar ausgesetzten Kräften. Diese Abhängigkeit ist nun je eine verschiedene. Die geistige Erkenntnis des V e r s t a n d e s ist ohne die Inhalt vermittelnde Tätigkeit der niederen Erkenntniskräfte, der Sinne und der Vorstellungskraft, überhaupt nicht möglich, der Verstand ist also notwendig angewiesen auf diese „Hilfskräfte", seine Betätigung wird dementsprechend von jeder Störung in diesen Schichten in Mitleidenschaft gezogen. Anders verhält es sich mit dem W i l l e n . . Auch er bleibt von den Einwirkungen der niederen Strebekräfte nicht unberührt. Jede erwachende Leidenschaft bedeutet auch für ihn eine versucherische Verlockung, sich den Werten niederer Ordnung in ungeordneter Weise hinzugeben, aber es steht doch in seiner Gewalt, diesen Lockungen zu folgen oder sich ihnen zu versagen. Er ist also auch den diese niederen Strebekräfte beeinflussenden Mächten, also auch den Gestirnen, weniger ausgesetzt als die geistige Erkenntnisfähigkeit. Die echt menschlichen Handlungen, d. h. die vom Willen gesetzten und vom Willen geleiteten, sind also der Einflußmacht der Gestirne weitgehendst entzogen. Solange das Verstandesurteil nicht gänzlich getrübt ist, kann man von einer Zwangshandlung, die als Ursache den Einfluß der Gestirne haben soll, nicht sprechen. (Zu 3.) Dagegen spricht auch nicht die Erfahrungstatsache, daß, wie Thomas meint, die meisten Menschen doch ihren Leidenschaften folgen, die ihrerseits dem Einfluß der Gestirne in hohem Maße unterstehen. Das beweist nämlich nur, daß eben diese Menschen nicht im Vollsinne als Menschen handeln,
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115, 4 d. h. die ihnen zur Verfügung stehende Willenskraft einfach nicht einsetzen. Aus dieser Tatsache wird auch verständlich, daß die Zukunftsdeutungen der Astrologen und sonstigen Wahrsager zuweilen zutreSen. Die psychischen Reaktionen auf bestimmte Anreize sind nämlich bei vielen Menschen die gleichen. W e r als tüchtiger Psychologe und gewiegter Menschenkenner die Gesetze der psychischen Reaktionen kennt, vermag die mutmaßliche Verhaltungsweise eines Menschen vorauszusagen. Aber da der Mensch j e d e r solchen Einwirkungsmacht gegenüber frei bleibt und die in den niederen Seelenvermögen auftretenden Regungen in,Zucht zu halten vermag, kann es sich hier niemals um unfehlbare Voraussagen handeln. Ob der Mensch im Einzelfalle seinen Willen einsetzt oder sich von den Leidenschaften treiben läßt, kann kein Geschöpf, nicht einmal der Engel und der Dämon, mit Sicherheit voraussagen. 115, 5
c) D e r E i n f l u ß d e r G e s t i r n e a u f d i e Dämonen (Art. 5). — Mit diesen Darlegungen sind auch die Grundsätze für die Beantwortung der F r a g e gegeben, um die es in Art. 5 geht. W e n n die Gestirne als stoffliche, naturhaft wirkende Ursachen schon nur auf dem Umwege über den Körper auf die menschliche S e e l e Einfluß gewinnen können, so muß j e d e r Einfluß auf rein geistige Wesen, wie es die Dämonen sind, abgestritten werden. S i e unterstehen weder mittelbar noch unmittelbar der Wirknaacht der Himmelskörper. Berichte, in denen das W i r k e n der Dämonen doch an bestimmte Einflüsse der Gestirne oder anderer rein körperlicher Dinge gebunden erscheint, finden, falls es sich überhaupt um wirklichkeitsgetreue Berichte handelt, ihre hinlängliche Erklärung in folgenden, den Vätern entnommenen Gedanken: Sollte es wahr sein, daß die Dämonen sich gerade mondsüchtige Menschen besonders gern für ihre peinigenden Anfälle aussuchen, so wäre dies insofern verständlich, als die Dämonen 6ich der ihnen bekannten naturhaften Schwächen der Menschen bedienen, j a bedienen müssen, um auf den Geist des Menschen Einfluß zu gewinnen. Warum sollten sie sich nicht gerade j e n e Menschen und jene Augenblicke im Leben bestimmter Menschen, in denen diese am wenigsten Willenswiderstand zu leisten imstande sind, für ihre gott- und menschenfeindlichen Absichten auswählen? (Zu 2). Auf diese die Schwäche des Menschen ausnützende Schlauheit der Dämonen ist es auch zurückzuführen, daß sie den Beschwörungen ihrer Diener gerade zur nächtlichen Stunde Folge leisten, weil die Menschen gerade in den mondklaren Nächten für die gewünschten Wirkungen empfänglich sind. Der Teufel ist in seinem ganzen Wirken auf Schwäche, Dummheit und Bosheit der Menschen angewiesen und hält dann die größte Ernte, wenn die Menschen sich auf irgendeine Weise, und sei sie noch so fein und kultiviert, narkotisieren und dem rein geistigen W i r k e n verschließen. S i e sind aber in diesem Tun nicht nur auf das Verderben des Menschen aus. S i e handeln nicht nur aus Neid, sondern auch aus Stolz und wollen sich die Gott gebührende Ehre anmaßen (Mt 4, 9) oder wenigstens die Gott zukommende Ehrung unterbinden. Wenn sie ihr Tun an bestimmte Naturerscheinun-
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gen binden, so beabsichtigen sie damit, den Menschen die irrige 115, 5 Vorstellung beizubringen von der Belebung der Gestirne und Pflanzenwelt mit überweltlichen Geistern und suchen damit einen religionsfeindlichen Aberglauben zu fördern (Zu 1 und Zu 3). Hier ist nicht der Ort, darüber zu urteilen, ob es 6ich in diesen Berichten immer um wirkliche dämonische Einflüsse handelt. Aber man wird den Satz des hl. Thomas, die Erfahrung beweise, daß viele Erscheinungen, die durch Einfluß der Gestirne nicht hinreichend erklärt werden können, auf dämonischen Einfluß zurückzuführen seien, nicht als Zeichen leichtgläubigen Geistes betrachten dürfen. Wir werden heute kritischer sein als Thomas. Aber unsere Kritik darf nicht im Unglauben enden: Wir dürfen in übertriebener Vorsicht den Glauben an die Wirkmacht des Teufels nicht ganz preisgeben. Wir wissen zwar, daß im S p i r i t i s m u s , der mit Hilfe der in Hypnose versetzten Medien den Verkehr mit der Geisterwelt herzustellen versucht, in manchen Fällen Hellseherei, in anderen Betrug und Taschenspielerei die Hand im Spiele haben, aber wir können nicht leugnen, daß in einzelnen Fällen dämonische Mächte am Werke sind (vgl. LThK IX, S. 729 f.). Das gleiche gilt von anderen viel geübten Formen des A b e r g l a u b e n s , z. B. dem T i s c h r ü c k e n , insofern man den Klopftönen des Tisches die Kündung verborgener Dinge zuschreibt. Das Klopfen des Tisches geht von rein natürlichen Kräften aus, auch mögen im Unterbewußtsein der beteiligten Personen liegende Kenntnisse, Vermutungen, Ahnungen die Bewegungen des Tisches beeinflussen. Wenn aber Dinge enthüllt werden, die allen Personen unbekannt sind, so sind entweder göttliche oder dämoniche Kräfte im Spiele. Ähnliches gilt von der Z a u b e r e i , durch die man mit Hilfe der bösen Geister wunderbare Dinge zu tun, den Menschen Schaden zuzufügen, Schätze aufzudecken und anderes mehr vorgibt. In all diesen Fällen ist die Möglichkeit teuflischer Einflüsse gegeben. Wer sich der Rolle erinnert, welche die Dämonen im Leben Jesu spielten, wer bedenkt, daß ihnen gemäß der Offenbarung bis zum Ende der Zeiten ein gewisser Spielraum belassen ist, wer vom Glauben her von der Bosheit dieser gottund menschenfeindlichen Geister überzeugt ist, der wird auch an der Tatsächlichkeit solcher satanischer Betätigung nicht grundsätzlich zweifeln. d) D i e G r e n z e n d i e s e s E i n f l u s s e s (Art. 6). — In 115,6 den voraufgehenden Artikeln haben wir die Tatsache und den Umfang des Einflusses der Gestirne auf die irdischen Dinge, auf ihr Werden und ihre Handlungen kennengelernt. Alles Irdische, insofern es körperlicher, stofflicher Art ist, untersteht irgendwie diesem Einfluß. In Art. 6 wird nun noch die Intensität dieses Einflusses erörtert. Ist es etwa so, daß alle Dinge diesem Einflüsse zwangsläufig unterstehen, in dem Sinne, daß alles, was von der Wirkmacht der Gestirne erreicht wird, n o t w e n d i g erfolgt? Bezüglich des menschlichen Verstandes und Willens haben 37 g
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115, 6 wir diese F r a g e bereits in negativem Sinne beantwortet. Die eigentlich menschlichen Handlungen erfolgen, so stark der Einfluß der Gestirne sein mag, nicht zwangsläufig. Der Mensch ist frei. Wie steht es in dieser Hinsicht mit den des Verstandes und des Willens baren, reinen Naturwesen? Gibt es Naturgeschehnisse, die ihrer inneren Struktur nach dem zwingenden Einfluß einer Naturursache, wie es die Gestirne sind, überhaupt nicht unterstehen können, deren Eintreten also nicht als notwendiges Ergebnis der Einwirkung eines Himmelskörpers gelten k a n n ? Zur Beantwortung dieser Frage müssen wir uns kurz die Eigenart des Wirkens der Himmelskörper vergegenwärtigen. S i e sind naturhaft wirkende Ursachen, d. h. sie entbehren der Fähigkeit, erkennend Allgemeinbegriffe zu bilden und sich damit über die Einzelerscheinung zu erheben. Dieser Mangel bedingt das Fehlen des freien Wahlvermögens, sie können also ihre Wirkungen nicht frei bestimmen, können sich nicht selbständig Ziele setzen. S i e sind in ihrer Tätigkeit auf eines festgelegt, weil der einzige Grund ihres Handelns die ihnen eignende e i n e Naturform ist; sie besitzen nicht, wie die verstandbegabten Wesen, eine Vielheit von Erkenntnisformen, die Grund eines mannigfaltigen Tuns und mannigfaltiger Wirkungen sein könnten. Damit sind ihrem zwingenden Einfluß außer den freien Handlungen der verstandbegabten Wesen auch jene naturhaften Geschehnisse entzogen, die in sich k e i n e i n n e r e Einh e i t b i l d e n . Denn Ursache und Wirkung müssen sich entsprechen. Zu solchen der inneren Einheit entbehrenden Naturgeschehnissen gehört nun vor allem das Zusammentreffen zweier naturhaft wirkender Ursachen, die an sich keine Beziehung zueinander haben, und das aus diesem so gearteten Zusammentreffen entstehende Ereignis: etwa wenn gelegentlich des Sturzes eines von der Kugel getroffenen Adlers eine Lawine sich löst und irgendeinen Menschen unter sich begräbt, der eben zu dieser Zeit in diesem Höhengebiete eine Wanderung unternimmt. Selbst wenn man zugeben wollte, der Wanderer weile unter irgendwelchen Einflüssen der Gestirne in diesen Bergen und die Lawine löse sich unter dem Einfluß der sie vorher genügend lockernden Sonne, so steht doch die stürzende Lawine und die Wanderung eines Menschen in gar keinem inneren Zusammenhang. S i e bilden also keine innere Einheit, sondern eine Vielheit. Darum können sie nicht Wirkung einer naturhaft, d. h. auf eine einheitliche Wirkung hingeordneten Ursache sein, wie es die Himmelskörper sind. Ebenso verhält es sich mit Sachverhalten, wie Thomas sie in den Beispielen anführt. Die Unmöglichkeit eines zwingenden Einflusses auf gewisse Geschehnisse gründet also in dem Mißverhältnis, das da besteht einerseits zwischen der eigenartigen Ursächlichkeit der Gestirne, die immer naturhaft und damit einer einheitlichen Wirkung zugeordnet ist, und anderseits der Eigenart bestimmter Geschehnisse, die diese geforderte Einheit nicht darstellen.
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Wenn Thomas hier sagt: quod est per accidens, non habet H 5 ; 6 causam — was ,nebenher' ist, hat keine Ursache —, so will er damit nur sagen, daß solche ,Geschehnisse nebenher' keinen Grund in dem Zusammentreffen geschöpflicher Einzelursachen haben. Daß die Ursächlichkeit Gottes nicht ausgeschlossen werden soll, zeigt 116, 1, wo es ausdrücklich heißt: „Was hier unten, sei es in menschlichen Angelegenheiten, sei es in Naturdingen, ,nebenher' geschieht, wird zurückgeführt auf eine vorordnende Ursache, welche die göttliche Vorsehung ist." Freilich gibt es auch geschöpfliche Ursachen, die Grund solcher ,Geschehnisse nebenher" sind. Jedoch müssen diese Ursachen so geartet sein, daß sie der Eigenart der ,neben-sächlichen' Ursache proportioniert, d. h., daß sie fähig sind, einen inneren Zusammenhang herzustellen zwischen den an sich ohne innere Beziehungen zueinander stehenden Teilursachen. Es ist z. B. möglich, daß ein Totengräber, der beim Ausschaufeln eines Grabes einen Goldschatz findet, von dem Besitzer, der um das Vorhandensein dieses Schatzes weiß, den Auftrag erhielt, gerade an dieser Stelle zu graben. Das Vorhandensein des Schatzes und das Graben des Knechtes stehen von sich aus in gar keinem inneren Zusammenhang, sie stehen beziehungslos nebeneinander, bilden also keine innere Einheit. Erst das Wissen und der Auftrag des Herrn bringen sie in inneren Zusammenhang und zu innerer Einheit. Mit dieser Lehre ist nicht nur der Bereich des freien Geistes, sondern auch eine Vielheit von Naturgeschehnissen dem zwingenden Einfluß der Gestirne entzogen und damit die Möglichkeit sicherer Voraussagen auch für das Naturgeschehen weithin beschränkt. II. D a s S c h i c k s a l (Fr. 116) 1. S e i n e N a t u r (Art. 1). — Die Frage nach dem Wesen H6, 1 und der Einflußkraft des Schicksals fügt sich sachgerecht ein in die Abhandlung über die Weltregierung und im besonderen in jenen Abschnitt, der den Anteil der Zweitursachen an der Verwirklichung des Vorsehungsplanes behandelt; denn eben diese Zweitursachen sind eingeschaltet, um mitzuwirken an dem Zustandekommen jener besonderen Art von Geschehnissen, die wir als schicksalhafte, als glückhafte oder unglückhafte, als von ungefähr eintretende bezeichnen. Daß Thomas diese Frage gerade nach der Darstellung der Einwirkungskraft der Gestirne auf das Irdische lösen will, hat außerdem noch einen historischen Grund. Denn er mußte sich aus apologetischen Rücksichten mit der zu seiner Zeit lebendigen Form des Aberglaubens auseinandersetzen, die den Gestirnen entscheidenden Einfluß auf diese Geschehnisse und auf den menschlichen Willen zuschrieb, indem sie das ganze Leben des Menschen wie alles ihn umgebende Geschehen unter den Zwang dieser „himmlischen" Mächte stellte. Aus den folgenden, auf B o e t h i u s und A u g u s t i n u s fußenden Erörterungen des heiligen Thomas können wir entnehmen, welche christlichen Wahrheiten damals (und heute wieder) von einer falschen Lösung 37*
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116, l der Frage nach dem Wesen des Schicksals bedroht waren, und wir verstehen das Bemühen der Theologen, eine die Gesamtheit der christlichen Wirklichkeiten berücksichtigende Antwort zu finden. Bedroht aber ist durch fast alle außerchristlichen Auffassungen vom Schicksal der Glaube an die Wahrheiten vom Dasein Gottes, von Seiner Macht, Seiner Vorsehung und Weltlenkung, von der menschlichen Freiheit, vom Nutzen des Bittgebetes und die Wahrheit von der Hoffnung, vom Verdienst und Mißverdienst. So ist es verständlich, daß -nicht nur die Theologie, sondern auch das kirchliche Lehramt wenigstens zu der im Abendland weitverbreiteten und auch heute wieder den Glauben gefährdenden Lehre der Astrologie Stellung nahm und sie verwarf (vgl. Aug., De Civ. Dei V, c. 1—8; Leo d. Gr. Ep. XV, c. 11; Bulla ,Caeli et terrae Creator': Sixtus V. am 5. Jänner 1586; Urban VII. am 1. April 1631). Nicht nur die Geistesgeschichte des Abendlandes, sondern auch die alten und neuen Religionen im außerchristlichen Bereiche bezeugen, daß die Frage nach dem Schicksal oder dem ,Verhängnis' eine der großen Menschheitsfragen ist, welche besondeiS die Völker quälte, denen der christliche Vorsehungsglaube fremd war. Die Annahme eines vorherbestimmten und unentrinnbaren Schicksals legt sich dann nahe, wenn der Mensch ein Ereignis beobachtet oder ein Geschehnis an ihm selbst Wirklichkeit wird, das aus der Wirkkraft bekannter Einzelursachen nicht erklärlich ist und seinen Ursprung aus einem uns rätselhaften Zusammentreffen verschiedener Einzelursachen hat, aus einem Zusammentreffen also, das zum Wesen der Einzelursache hinzukommt. Die Tatsache solcher ,von ungefähr' und ,zufällig' eintretender Ereignisse beobachten wir alltäglich. Zur Erläuterung weist Thomas hier, B o e t h i u s folgend, hin auf das Beispiel von zwei Dienern, die, zu gleicher Zeit von ihrem Herrn gesandt, von verschiedenen Ausgangspunkten aus auf den gleichen Ort zugehen und zu gleicher Zeit dort eintreffen, ohne daß der eine um den Weg des andern wußte. Die beiden Diener werden staunend das von ihnen nicht beabsichtigte Zusammentreffen einen Zufall nennen, ein schicksalhaftes Geschehnis, das von ungefähr eingetreten ist und je nach der gegenseitigen Beziehung als Glück oder Unglück empfunden wird. Jeder einzelne hatte nur die ausgesprochene Absicht, selbst zur festgesetzten Zeit am vorbestimmten Ort zu sein. Daß dieser Ort nun Treffpunkt wird, daß der eine dem andern dort begegnet, scheint zunächst außerhalb jeder feststellbaren Absicht zu liegen, in keiner Weise gelenkt und geleitet zu sein. Halten wir den Blick ausschließlich auf die beiden Diener gerichtet, so ist die Absichtslosigkeit dieses Zusammentreffens auch vorhanden. Richten wir die Aufmerksamkeit hingegen auf den Herrn, der jedem den Auftrag gab, so stellt sich uns dieses Zusammentreffen anders dar, dann untersteht es der Absicht des sendenden Herrn, kann also nicht mehr als Zufall, als von ungefähr bezeichnet werden, sondern es hat die Bewandtnis des Sinnvollen, des Vorgeschauten, des Beabsichtigten.
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Derartige von ungefähr und zufällig eintretende Ereignisse H6, 1 gibt es unzählige, und zwar solche, für die wir nicht, wie im erwähnten Beispiele von den zwei Dienern, einen menschlichen Lenker anzugeben vermögen, der das Zusammentreffen beabsichtigt hätte. Wir erfahren oft auf erschütternde Weise, wie unser Wille von einem fremden Geschehen gehemmt und durchkreuzt wird. Der Plan unseres Lebens kann sich nicht frei nach unserem eigenen Ermessen entfalten, wird vielmehr von einem andern, nicht überschaubaren Plan überdeckt. Unser Dasein ist an ein Geschehen ausgeliefert, das wir nicht zu hemmen und nicht zu lenken vermögen. Ist nun für derartige Ereignisse gar kein Lenker angebbar, sind es Schläge eines ,blinden Schicksals', die von ungefähr kommen, von gar niemandem geordnet, vorgeschaut und beabsichtigt sind? Sind sie ganz und gar sinnlos? — Schon Augustinus hatte eine solche Auffassung als mit dem Christentum unvereinbar bekämpft, und nach Thomas genügt es, zu ihrer Widerlegung auf die 22, 2; 23, 6. 8; 104, 5—7 als sicher bestehend erwiesene göttliche Vorsehung zu verweisen, der nichts, was irgendwie die Bewandtnis des Seienden hat, entzogen sein kann. Bekennt man sich einmal zum Dasein Gottes, erkennt man auf Grund eines rechten Gottesbegriffes die Allwissenheit, die Allweisheit und Allursächlichkeit dieses Gottes an, so wird die Oberflächlichkeit des resignierten Verzichtes auf die Lösung der Frage nach dem Woher dieser ,zufälligen' und ,von ungefähr' eintretenden Ereignissen offenbar. Es ist verständlich, daß Menschen aller Zeiten und Kulturkreise sich mit diesem Verzicht auf eine Lösung nicht zufrieden geben wollten und, vielleicht unbewußt, das Prinzip vom zureichenden Grunde anwendend, doch nach Erklärungsgründen für die Zufälligkeiten des Lebens suchten, wobei sie freilich außerhalb der OSenbarungsreligion den einzigen alles befriedigend erklärenden Grund nirgends klar erkannten. Es entsteht der Glaube an fremde, freundliche oder feindliche Mächte, die als Dämonen und Schicksalsgötter gedacht werden. Thomas erwähnt hier, wieder aus A u g u s t i n u s schöpfend, aber auch wohl die zeitgenössischen Irrtümer berücksichtigend, den Glauben an die Gestirne, die als letzte Ursachen alles sowohl im Bereiche des Menschen als der Natur vor sich gehenden Geschehens aufgefaßt werden. Aus der Konstellation der Gestirne bei der Zeugung und Geburt soll alles Tun des Menschen und alles Werden in den Naturdingen die letzte Erklärung finden, ein Glaube, der als Nebenströmung auch im Einflußbereiche des Christentums immer weiterbesteht und heute große Macht über die Menschen besitzt, die die Astrologie zu einer Art Weltanschauung und Ersatzreligion erhoben haben. Zur Widerlegung dieses Irrtums können wir zurückverweisen auf die in Fr. 115 dargelegten Grundsätze von der Macht und Ohnmacht der Gestirne über Natur und Geist. Was die menschlichen Handlungen betrifft, so trägt der Glaube an eine nötigende Macht der Gestirne der 115, 4 festgestellten Wahrheit
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116, 1 nicht Rechnung, dergemäß der freie Wille, wenn nicht von Engeln und Menschen, dann noch weniger von vernunftlosen und damit der niedern Seinsordnung angehörigen Geschöpfen unmittelbar beeinflußt werden kann; wenngleich, wie ebendort gesagt wurde, nicht jeglicher Einfluß der Gestirne abgestritten zu werden braucht und damit der Astrologie mit großen Einschränkungen eine gewisse Berechtigung zugesprochen wird. Aber auch für das zufällige Zusammentreffen und Zusammenwirken von Naturursachen bietet die Einflußkraft der Gestirne keinen hinreichenden Erklärungsgrund. Denn die Himmelskörper üben ihren Einfluß auf das Irdische nicht aus wie die verstandbegabten Wesen, erkennend und wollend, vorschauend und auswählend, sondern eben als Naturdinge naturhaft, blind und notwendig. Die eigentliche und wesensgemäße Wirkung von Naturdingen ist aber immer die gleiche. Hat das Naturding jedoch einmal eine besondere und außerordentliche Wirkung, etwa den Unglücksfall, daß eine Lawine am Bergpfad herziehendes Wild unter sich begräbt, so kommt das nur dadurch zustande, daß mit der eigenen Wirkung eine zweite von einer andern Ursache herkommende Wirkung wie durch Dazukommendes verbunden wird. Diese Verbindung herzustellen vermögen aber die Gestirne als Naturdinge nicht. Ihnen fehlt ja die Fähigkeit des Auswählens, des Vergleichens und Zuordnens. Erkennende Wesen hingegen können in ihrer Erkenntnis und Absicht Dinge und deren Wirkungen zusammenfassen, auf Eines hinordnen. So liegt es z. B. nicht im Wesen des Ortes, den man für ein Grab gewählt hat, daß sich gerade dort ein Schatz befindet. Jedoch kann ein Vernunftwesen das zufällige Dortsein eines Schatzes an einem bestimmten Ort erkennen und dann unter einem andern Vorwande seinen Knecht zum Graben veranlassen. In bezug auf diesen letzteren ist dann das Finden des Schatzes Glück, Zufall, nicht aber in foezug auf den um das Vorhandensein des Schatzes wissenden Menschen. Was im kleinen Maßstabe der vorschauende und ordnende Mensch zu veranlassen vermag, nämlich das Zusammentreffen zweier Ursachen zu einem Gemeinsamen, aber von keiner der beiden Teilursachen beabsichtigten Wirkung, das kann in unendlich höherem Maße die alles erkennende, alles begründende, alles ordnende Erstursache: Gott. Er kann alle geschöpflichen Einzelursachen, auch den Willen des Menschen, unbeschadet der Freiheit, unfehlbar bestimmten von Ihm Selbst von Ewigkeit festge,setzten Wirkungen zuordnen und zubewegen. Will man dieses von den geschöpflichen Ursachen nicht vorgeschaute und nicht beabsichtigte, von Gott aber gewollte Geschehnis, im Hinblick darauf, daß es von Gott vorausgeschaut und gleichsam ,vorausgesprochen' ist, Fatum (das,Gesprochene') nennen, so ist sachlich nichts gegen diese Benennung einzuwenden. Denn dann besagt das Wort ja nichts als einen wahren Sachverhalt, nämlich, daß es auch hinsichtlich dieses Zufallsereignisses eine göttliche Vor-sehung gibt, daß es von Gott erkannt, gewollt und geordnet ist. Doch mahnt Thomas (CG III 93), wiederum A u g u s t i n u s folgend, vom Gebrauche
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dieses Wortes ab, wie wir heute wohl auch den Gebrauch des 116, 1 Wortes ,Schicksal' nicht empfehlen würden, obschon es wahr ist, daß Gott der diese Geschehnisse ,Schickende' oder zumindest Zulassende ist: „Weil wir aber mit den Ungläubigen auch nicht einmal die Namen gemeinsam haben dürfen, damit aus der Gemeinsamkeit des Namens nicht Gelegenheit zum Irrtum genommen werde, ist der Name Schicksal von den Gläubigen nicht zu gebrauchen, damit es nicht so scheine, als stimmten wir denen bei, die über das Schicksal eine falsche Meinung gehabt haben, indem sie alles als Notwendigkeit den Gestirnen unterwarfen. Und deswegen sagt A u g u s t i n u s im Fünften vom Gottesstaat: ,Wenn jemand den Willen oder die Machtgewalt Gottes mit dem Namen Schicksal benennt, behalte er seine Meinung bei, bessere aber die Zunge' (Aug. Civ. Dei V, 1). Und G r e g o r sagt im gleichen Sinne: .Ferne sei es den Herzen der Gläubigen, daß sie sagen, das Schicksal sei etwas' (Greg. Horn, in Ev. I 10. 4)." 2. S e i n e E x i s t e n z (Art. 2). — Was ohne Zutun, ohne 116,2 Absicht, ja gegen den Willen der unmittelbar tätigen und erleidenden Zweitursachen, was zufällig und von ungefähr eintritt, ist, so sahen wir, nicht jeglichem Willen entzogen. Es untersteht einem leitenden Geist, nämlich Gott. Anderseits ist es doch so, daß Gott sich zur Verwirklichung Seiner Schöpfungsziele im weitesten Umfang einer Reihe von geschöpflichen, also Zweitursachen bedient. Damit steht ein Großteil der Geschehnisse in der Welt in einem doppelten Abhängigkeitsverhältnisse: Die Dinge sind abhängig von den ihnen unmittelbar übergeordneten, geschaffenen Zweitursachen, und letztlich von der auch diesen überlegenen Erstursache, von Gott. Der gewaltige Bereich der Zweitursachen ist nun von Gott so aufeinander abgestimmt und gegeneinander ausgewogen, daß sie unfehlbar jene Wirkungen hervorbringen, welche der vorschauende und vorsorgende unendliche Geist, eben Gott, ins Dasein gesetzt wissen will. Der Plan der göttlichen Vorsehung hat gleichsam ein doppeltes Dasein: er west im göttlichen Geiste als seinem Ursprung und ist in den Bereich der Zweitursachen gleichsam hineinprojiziert, ist dort „objektiver Geist" geworden. Für diesen in den Bereich des Geschöpflichen hineinprojizierten göttlichen Weltenplan, demgemäß die Geschöpfe Mitursachen zur Verwirklichung bestimmter Geschehnisse werden, läßt Thomas gleichfalls die Bezeichnung Fatum, Schicksal, gelten. Auch von allen diesen, von Zweitursachen abhängigen Geschehnissen kann man sagen, sie haben ein doppeltes Dasein: sie wesen als von Gott für einen bestimmten Raum und eine bestimmte Zeit vorausgewollt und vorausgesehen im Geiste Gottes selbst. In diesem Vordasein betrachtet, sind sie nichts anderes als der göttliche Vorsehungsplan selbst. Zweitens haben sie, ehe sie selbst in Raum und Zeit eintreten, ein Vordasein in ihren geschöpflichen Ursachen, insofern diese auf jene Wirkungen von Gott hingeordnet sind. Hier liegt nach Thomas das Wesen des Schicksals. Seinem Wesen nach ist es also die in die Zweitursache von
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116.2
Gott hineingelegte Beziehung und Hinordnung auf die Verwirklichung bestimmter Geschehnisse. Es besteht also nicht in den Zweitursachen als solchen, noch weniger in einer bestimmten einzelnen Zweitursache, sondern in der Zuordnung einer Reihe von Zweitursachen auf bestimmte, von ihnen zu setzende Wirkungen. Unmittelbarer Träger des Schicksals sind also die Zweitursachen, aber sie sind es nicht für sich allein betrachtet, d. h. losgelöst von der göttlichen Erstursache, sondern als von dieser gesetzt und von dieser darauf hingeordnet, an der Verwirklichung gottgesetzter Ziele mittätig zu sein. Mit diesem Sachverhalt ist dem Christen die Weisung gegeben, auch den Wahrheitskern in jenem Schicksalsglauben anzuerkennen, der stärkstens hinweist auf die innerweltlichen Faktoren, die an der Gestaltung des Lebens und aller Geschehnisse mitwirken, wie: Blut, Erbmasse, Umwelt, Erziehung, Anlage, darüber hinaus aber sich bewußt zu bleiben, daß alle diese Faktoren kein letzter Erklärungsgrund sind, sondern ihrerseits hinweisen auf den sie ordnenden Geist, auf den vorsehenden und vorordnenden Gott.
116.3
3. S e i n e G e l t u n g (Art. 3). — Die Antwort auf die in Artikel 3 gestellte Frage, ob das Schicksal unerbittlich, unveränderlich sei, muß verschieden ausfallen, je nach der Sinndeutung, die wir mit dieser Benennung verbinden. Nehmen wir das Schicksal als Ausrichtung der Zweitursachen und legen wir dabei den Ton auf diese Reihe der Zweitursachen als solchen, d. h. nach dem ihnen wesentlich zukommenden geschöpflichen Sein, so müssen wir das Schicksal als wandelbar, als nicht notwendig, als nicht ein für allemal feststehend bezeichnen. Denn alle geschöpflichen Zweitursachen können an sich an der Ausführung jener Wirkung, auf die sie anlagegemäß hingeordnet sind, durch das Eingreifen einer anderen, stärkern Ursache behindert werden. Sie tragen in sich nicht die Kraft, jeglichem Angriffe standzuhalten. Mit dieser Defektibilität ist wesensnotwendig die Möglichkeit eines Resultates ihrer Betätigung gegeben, das im Hinblick auf ihre Anlagen und naturhaften Kräfte nicht eintreten sollte. Dieses Behindertwerden einer geschöpflichen Zweitursache durch Eingreifen einer andern, ebenfalls der geschaffenen Ordnung angehörigen Wirkkraft ist seinerseits aber wieder einbegriffen in den göttlichen Weltregierungsplan. Nimmt man ,Schicksal' hingegen gemäß Art. 1 im ursächlichen Sinne, d. h. versteht man darunter den Begründer der in die Zweitursachen eingebauten Hinordnung auf bestimmte Wirkungen, also den allmächtigen Willen Gottes, dann gilt vom Schicksal das gleiche, was vom göttlichen Willen zu sagen ist: Wie der allmächtige Wille Gottes unabänderlich ist und die einmal gefaßten Ratschlüsse nicht widerruft, so auch das Schicksal im ursächlichen Sinne. An dieser Unwandelbarkeit hat die in die Zweitursachen hineingelegte Ordnung Anteil, insofern sie vom unabänderlichen Willen Gottes abhängt. Damit ist jede Form magischer Beeinflussung des göttlichen Willens, mag sie im religiösen oder profanen Kleide auftauchen, abgetan.
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4. S e i n e R e i c h w e i t e (Art. 4). — Die bisher öfters 116,4 wiederkehrende Unterscheidung des Schicksals im ursächlichen und im wesenhaften Sinn ermöglicht nun auch eine klare Antwort auf die Frage, ob a l l e s dem Schicksal unterstehe. Wenn Schicksal seinem Wesen nach geschöpfliche, also Zweitursachen voraussetzt, wenn es die Hinordnung dieser geschöpflichen Zweitursachen auf die von Gott vorgesehenen und vorausbestimmten Wirkungen ist, dann kann dem Schicksal nur das unterworfen sein, dessen Dasein von der Tätigkeit solcher geschöpflicher Zweitursachen abhängig ist. Damit scheidet alles das aus dem Bereiche des Schicksals aus, zu dessen Verwirklichung geschöpfliche Ursachen keinen Beitrag liefern, alles, was allein und unmittelbar Gott wirkt. Zweites Kapitel DIE WIRKMÖGLICHKEITEN DES MENSCHEN (Fr. 117—119) Fr. 117 leitet den abschließenden Teil der Abhandlung über 117, i die Weltlenkung Gottes ein. Der göttliche Weltenlenker läßt, so sahen wir, in der Ausführung Seines Vorsehungsplanes die geschöpflichen Ursachen mit ihren aktiven Kräften teilnehmen. Seine Weisheit und verschwenderische Güte verleihen den vielgestuften Geschöpfen nicht nur gestuften Anteil an Seinen göttlichen Seinsvollkommenheiten, Er will, daß auch Sein Tun in ihnen abbildlich zur Darstellung komme. Er schenkt ihnen den Adel der Mitarbeit und Mitverantwortung in der Verwirklichung Seiner Schöpfungspläne. Den Anteil der rein geistigen und der rein körperlichen Wesen an dieser Mitlenkung haben wir kennengelernt. Welches ist nun der Ort der leibgeistigen Wesen, nämlich der Menschen, in dieser Weltregierung? Es bieten sich folgende Fragen zur Beantwortung dar: Welchen Einfluß hat der Mensch auf die ihn umgebende Welt, auf die ihm artgleichen Wesen, auf die arthöheren, die Engel, auf die artniederen, die rein körperlichen Dinge (Fr. 117) ? Ist er vielleicht sogar am Entstehen irgendwelcher Dinge, besonders der ihm artgleichen, mittätig und in welchem Umfange (Fr. 118 und 119) ? Es wird in dieser abschließenden Abhandlung des ersten Buches der Summa Theologica also der ganze Einflußbereich des Menschen untersucht. I. D i e g e i s t i g e n M ö g l i c h k e i t e n (Fr. 117) 1. D e n M i t m e n s c h e n g e g e n ü b e r (Art. 1). — Der erste Artikel bietet in großen Zügen die psychologischen Grundsätze für eine sachgerechte, das heißt am Wesen des Menschen orientierte Lehrpädagogik. Die Frage nämlich, wie ein Mensch auf den andern belehrend einwirken könne, kann sachgemäß nicht beantwortet werden ohne rechtes Wissen um die innere Struktur dieses Menschen und um die in dieser Struktur verwurzelten Gesetze menschlicher Wissensaneignung. Sowenig der Arzt ohne Kenntnis der Anatomie eine sachgerechte Dia38 g
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117, l gno.se stellen und den Heilprozeß leiten kann, sowenig kann eine Lehrpädagogik, die zu dauerndem Erfolge führen und Anspruch auf Allgemeingültigkeit haben soll, auf die Kenntnis der Geistesstruktur des Menschen verzichten. Die Tatsache, daß der Mensch auf den andern belehrend einzuwirken vermag, ist so 6ehr allgemeines Erfahrungsgut, daß niemand sie füglich bezweifeln kann. Aber über die Art und Weise dieses Belehrungsvorganges wird man verschieden denken, je nach der verschiedenen Vorstellung, die man vom Wesen des Mensc-hen und vor allem von seiner Personhaftigkeit und von der Wechselbeziehung zwischen Leib und Seele, ferner von der Funktion des Lehrers und den durch die Belehrung im Schüler ausgelösten psychologischen Vorgängen hat. Thomas mußte sich auch in diesem Zusammenhange mit einflußreichen philosophischen Systemen auseinandersetzen, denen wir in all seinen Werken auf Schritt und Tritt begegnen: dem A v e r r o i s m u s und dem P i a t o n i s m u s . Der Averroismus wurde hinsichtlich seiner erkenntnistheoretischen Voraussetzungen in 76, 1 und 2 und 79, 5 gewürdigt und widerlegt. Zum Verständnis unserer Frage sei nur an seine Grundvoraussetzung erinnert, die besagt, es gebe nur einen einzigen, allen Menschen gemeinsamen ,möglichen' Verstand, und dementsprechend seien die geistigen Erkenntnisbilder für alle Menschen unterschiedslos die gleichen. So bestehe die Belehrung, die geistige Beeinflussung einzig darin, daß der „Lehrer" die Phantasiebilder des Schülers so ordne und leite, daß auch ihm die ihnen entsprechenden geistigen Inhalte bewußt werden, die seinsmäßig ihm ebenso wie dem Lehrer gegenwärtig seien, da sein Geist ja nur als Teil jenes Allgemeingeistes aufzufassen sei. Es wird hier also nicht nur eine Gemeinsamkeit des Erkenntnisinhaltes, sondern auch eine Gemeinsamkeit des Wissensgehabens angenommen. „Wissen" im subjektiven und objektiven Sinn ist bei beiden, bei Lehrer und Schüler, der Zahl nach identisch. Ein Unterschied besteht nur in den durch den Leib bedingten Vorstellungsbildern. Mit den erkenntnistheoretischen Voraussetzungen (76, 1. 2 und 79, 5: Bd. 6) fallen auch die lehrpädagogischen Voraussetzungen dieses Systems. Auch das p l a t o n i s c h e System geht in der Erklärung des Belehrungsvorganges von falschen Voraussetzungen aus. Es nimmt irrtümlicherweise an, der menschliche Geist besitze auf Grund der Anteilnahme an den ,für sich bestehenden Formen' von Beginn seines Daseins an jeden nur möglichen Wissensinhalt, werde aber durch die Einkerkerung der Seele in den Leib gehindert, sich der Betrachtung dieser Inhalte hinzugeben. Der Lehrer habe also nur die Aufgabe, seinen Schüler vor Ablenkungen durch das körperliche Hemmnis zu bewahren, bzw. ihn zur Konzentration auf die in ihm eingeschriebenen Wissensinhalte zu erziehen. Auch hier wird die Vermittlung neuer Wissensinhalte an den Schüler abgelehnt. Die Voraussetzungen dieser Lehre wurden 79, 2 und 85, 4. 5 als unhaltbar erwiesen. Die Grundsätze der thomasischen Lehrpädagogik sind nur die logischen Folgerungen seiner ganz an A r i s t o t e l e s orien-
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tierten Lehre vom Menschen und im besonderen seiner Er- 117, 1 kenntnispsychologie, die in Fr. 84 und 85 eingehend behandelt wurde. Gegen den pantheisierenden A v e r r o i s m u s steht der Satz: Jeder Mensch besitzt eine individuelle, ihm allein zugehörige Seele, und diese Seele ist — so heißt es gegen den P i a t o n i s m u s — nicht naturwidrigerweise in den Körper eingekerkert, sondern sie ist der naturhafte Gestaltungsgrund des Körpers. Was heißt im thomasischen Sinne ,lehren'? Es bedeutet: kraft des eigenen Wissens den Schüler derart beeinflussen, daß er vermöge der ihm eigenen Erkenntnisfähigkeit Erkenntnisbilder in sich erzeugt, deren Zeichen ihm von außen vorgeführt werden (Zu 3). Es bedeutet: das eigene Wissen an andere vermitteln. Wissen aber besagt, die Dinge der Außenwelt auf geistige Weise zueigen besitzen. Um zu diesem geistigen Besitz zu gelangen, bedarf es zunächst des Erkenntnislichtes, kraft dessen die ersten allgemeinen Leitsätze jeglichen Wissens naturhaft erkannt werden. Es bedarf zweitens der geistigen Erkenntnisbilder, welche die zu erkennende Wirklichkeit abbildlich widerspiegeln. Wie kommt nun die Vereinigung von Erkenntnisbild und Erkenntnisvermögen auf naturgemäße Weise zustande? Wir sehen hier ab von einem außergewöhnlichen Eingreifen Gottes und fragen nur nach der dem Menschen naturgemäßen Weise der Wissensaneignung. Besitzt der ganz auf sich allein angewiesene Mensch, dem kein menschlicher Lehrer zur Verfügung steht, die Möglichkeit, sich aus dem Zustande völliger Unwissenheit zu einem für seine Lebensbedürfnisse nötigen Wissen emporzuarbeiten? Kann er auch zu den wichtigsten sittlichen und religiösen Grundwahrheiten vorstoßen? Für diesen Weg des ganz selbständigen Wissenserwerbes, den Thomas den ,Weg der Auffindung' im Gegensatz zum ,Weg der Fremdbelehrung' nennt, sind den Menschen von Natur aus die Anlagen mitgegeben. Einerseits ist ihm das Licht des tätigen Verstandes eingeboren, kraft dessen er gewisse allumfassende Ursätze naturhaft von Beginn seines geistigen Bewußtseins an erkennt. Zweitens kann der Mensch mittels der Erfahrung und der in der Erfahrung gesammelten Erinnerungen eine Fülle von Einzelerkenntnissen gewinnen. Durch Anwendung der Ursätze auf die mittels der Sinne gewonnene Einzelerfahrung ist es nun möglich, von dieser Einzelerfahrung zu allgemeingültigen Erkenntnissen voranzuschreiten, also ganz neue Erkenntnisse auf dem Wege der selbständigen Auffindung zu gewinnen. Aber auch bei dieser selbständigen Wissensaneignung gilt der Grundsatz: Der Mensch gelangt zu neuen Erkenntnissen nur, indem er ausgeht von Bekanntem und zu Unbekanntem voranschreitet, mag auch in diesem Falle das Bekannte nichts anderes sein als die naturhaft einsichtigen Leitsätze und die mittels der Sinne gewonnene Erfahrung. Dies bleibt nun auch das Grundgesetz für jede Fremdunterweisung: Der Lehrer hat an den Wissensschatz des Schülers anzuknüpfen. Unter dieser Voraussetzung gibt es für den 38*
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117, l Lehrer zwei Hauptwege, den Schüler zu neuen Erkenntnissen zu führen und damit seinen Wissensbereich zu erweitern.i Er kann ihm objektive Handreichungen darbieten, mit deren Hilfe der Verstand eigenständig zu neuem Wissenserwerb vorschreiten kann, und er kann ihn zu schlußfolgerndem Denken erziehen, indem er ihm methodisch den Zusammenhang der Folgerungen mit den Ursätzen zeigt, den Beweisgang in seine einzelnen Phasen auseinanderfaltet. Die Einflußmöglichkeit auf den Geist des Menschen ist also begrenzt. Die Grundvoraussetzung und Hauptursache alles Erkennens, das geistige Erkenntnislicht, ist eine Mitgift der Natur, es stammt, wie die Menschenseele, unmittelbar von Gott. Der Mensch vermag nicht einmal dieses Licht durch eine physische Beeinflussung innerlich zu erhöhen, ihm eine stärkere Leuchtkraft zu geben; auch das ist ein Vorrecht Gottes. Auch die geistigen Erkenntnisbilder, welche die zu erkennende Wirklichkeit widerspiegeln, kann er dem Geiste des Schülers nicht unmittelbar eingeben, der ,Nürnberger Trichter', das volkstümliche Bild für diesen Tatbestand, ist eine Utopie. Von der Eigentätigkeit ist niemand, der zur geistigen Reife gelangen will, dispensierbar. Schließlich setzt jede Belehrung im Schüler den Besitz der ersten Ursätze und eine gewisse durch irgendwelche Wahrnehmung gewonnene Einzelerfahrung voraus. Eine pädagogisch rechte Belehrung hat aber darüber hinaus der Verschiedenartigkeit der geistigen Begabung, d. h. der verschiedenen Stärke des Lichtes des tätigen Verstandes und dem je verschiedenen großen Schatz an Wissen, den der Schüler mitbringt, Rechnung zu tragen. Rechtes Lehren kann nur dies zum Ziele haben: anknüpfend an die vorgegebene Erkenntniskraft und den vorgegebenen Wissensbesitz den Schüler zu jener Eigentätigkeit anzuregen, vermöge deren er eigenständig neue Begriffe bildet und damit zur Erkenntnis der Wirklichkeit gelangt. 117,2
2. D e n E n g e l n g e g e n ü b e r (Art. 2). — Vermag der Mensch, der an der geistigen Bereicherung artgleicher Wesen mitwirken kann, auch arthöhere Wesen in dem Sinne zu beeinflussen, daß deren Erkenntnisbereich erweitert werden könnte? Die Frage ist veranlaßt zunächst durch den logischen Aufbau der Abhandlung, in der die etwa möglichen Einflußsphären des menschlichen Geistes untersucht werden sollen; zweitens aber auch durch die verschiedenartige Ausdeutung einiger Schrifttexte, in denen den Menschen eine solche Einflußmacht auf die Engelwelt zugesprochen zu werden scheint (E. 1 u. 2), die in der Väterzeit eine verschiedenartige Deutung erfahren hatten. i Es handelt sich beim thomasischen Wissenschaftsbegriff nie um Kenntnisnahme oder .Kunde' von Tatsachen, seien sie naturwissenschaftlicher, seien sie geschichtlicher Art, sondern um ein Wissen, das eine E r kenntnis der Dinge aus ihren Ursachen meint; aber auch bei der einlachen Mitteilung von Tatsachen setzt der Lehrende voraus, daß der Schüler seine Sprache versteht und den Sinn der Worte erfaßt, also schon irgendwelches Wissen besitzt.
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Nach den in 107, 2 gegebenen Grundsätzen über die Wechsel- 117, i beziehung zwischen höherer und niederer Engelwelt — der niedere Engel ist, was neue Erkenntnisinhalte angeht, stets der Empfangende, nie der Gebende — dürfen wir auch hier weit eher eine Anwendung dieser pseudo-dionysischen Grundsätze erwarten, da es sich hier ja nicht nur um die Einflußnahme artverschiedener Wesen innerhalb der Ordnung der reinen Geister handelt, sondern um die Beeinflußbarkeit des reinen Geistes durch ein geistig-leibliches Wesen. Wenn der Engel niederer Ordnung einem Engel höherer Ordnung eine Belehrung im Sinne einer Erleuchtung, d. h. einer Mitteilung von bisher unbekannten Wirklichkeiten, deren Existenz nicht einzig vom Willen des niederen Engels abhängt, nicht zu geben vermag, dann ist der Mensch, dieses leibgebundene Wesen, noch viel weniger dazu imstande. Es steht der Annahme aber nichts entgegen, der Mensch könne, wie der niedere Engel dem höheren gegenüber, die gesamte Engelwelt ,belehren' im Sinne der Mitteilung von Herzensgeheimnissen, deren Mitteilung einzig von seinem Willen abhängig ist. Denn durch solche Mitteilungen wird die hierarchische Ordnung der gestuften Welt der Geister nicht verletzt. Auch ein neues Erfahrungswissen von längst bekannten Wirklichkeiten tut dieser Ordnung keinen Eintrag. Darum ist nichts gegen die Annahme einzuwenden, der Engel erkenne die ihm vor der Welterschaffung enthüllten Heilsgeheimnisse auf eine neue Weise, sobald sie in Raum und Zeit an den Menschen und durch die Menschen geschichtliche Wirklichkeit werden. Selbst die Tatsache, daß eine Gruppe von Menschen, die Apostel, unmittelbar vom fleischgewordenen WORTE belehrt wurden, d. h. Offenbarungen über Wesen und Heilsabsichten Gottes empfingen, befähigt sie nicht, den Engeln neue Erkenntnisse darüber zu vermitteln, sie im Sinne der Erleuchtung zu belehren. Denn sie empfingen diese Offenbarungen ja vom menschgewordenen WORT Gottes, von Christus Seiner menschlichen Natur nach, und damit in der ihrer menschlich beschränkten Auffassunigsweise gemäßen Form. Die Engel hingegen erfreuen sich der unmittelbaren Gottesschau, sie sehen im WORTE Gottes, der zweiten Person in der Gottheit, diese Geheimnisse. Die Erkenntnis der Engel bleibt also an Inhalt und Klarheit aller menschlichen Erkenntnis überlegen. Das schließt freilich nicht aus, daß die Engel die gleichen Heilstatsachen, etwa die Menschwerdung oder die Bekehrung der Heiden, die sie von Beginn ihrer Beseligung an im göttlichen WORTE als zukünftig erkannten, nun im Augenblick ihrer geschichtlichen Verwirklichung auch als geschichtliche Tatsachen erkennen. Aber dieses in gewissem Sinne neue Wissen ist nicht das Ergebnis einer Belehrung von Seiten der Apostel als Offenbariingsträger. Dieses Unterlegensein in der Ordnung des Wissens schließt aber die Überlegenheit eines Menschen über den Engel in einer anderen Linie, nämlich der des übernatürlichen Seins, nicht aus. Auch im Pilgerstande können Menschen über die Erde wandeln, deren Gnadenmaß und deren Gottesliebe die
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117, 2 des Engels, auch des höchsten, weit überragen. So ist es ausdrückliche Lehre bezüglich derjenigen, welche die ,Gnadenvolle' genannt wird, der Gottesmutter. Freilich müssen wir hier hinzufügen: Zur vollen Auswirkung dieses höheren Gnadenmaßes kann es erst dann kommen, wenn der Gegenstand der Liebe in der seligen Gottesschau dem geistigen Auge des Seligen unverschleiert entgegentritt. Aber es bleibt wahr, daß es schon im irdischen Leben ein solches Maß an Gnade und Liebe in Menschenseelen geben kann, daß der ihnen entsprechende Seligkeitsgrad denjenigen selbst des höchsten Engels weit überschreitet (Zu 3). So mag etwa eine Eichel an sich kleiner sein als ein ausgewachsener Pfirsichbaum, die in ihr enthaltene Keimkraft zielt aber naturhaft auf umfassendere Größe als die im Pfirsichkern enthaltene Keimkraft. 117,3
3. D e r K ö r p e r w e l t g e g e n ü b e r (Art. 3). — Die Beeinflussungskraft der mit dem Leibe verbundenen Menschenseele hinsichtlich der arthöheren Wesen ist also äußerst gering. Was vermag sie hinsichtlich der artniederen Naturen, der rein körperlichen Wesen? Läßt der göttliche Weltenlenker 6ie vielleicht mitwirken an der Leitung der artniederen Naturen? Ist sie etwa imstande, ohne Vermittlung des Körpers durch rein seelisch-geistige Beeinflussung, etwa durch Befehl oder Beschwörung, Wesensverwandlungen an solchen artniederen Wesen vorzunehmen? Sachlichen Anlaß zu dieser Frage bieten die Wunderberichte der Heiligen Schrift, nach denen auf Bitten und Befehl der Apostel Leben zerstört und wiedererweckt wird, also Wesensverwandlungen stattfinden. Außerdem gehören in diesen Zusammenhang gewisse Erscheinungen der hypnotischen Beeinflussung. Durch seelische Beeinflussung werden so eigenartige Veränderungen in körperlichen Zuständen hervorgerufen, daß man daraus auch auf die Möglichkeit eines wesensverwandelnden Einflusses schließen zu müssen glaubte. Schließlich ist es unbestreitbare Tatsache, daß seelische Erregungen im Menschen die körperlichen Zustände oft stark verändern, ja zum Tode führen können. Sollte dieser seelische Einfluß sich nicht auch auf außerleibliche Dinge ausdehnen können? Für die Lösung dieser Fragen können wir hier mit Thomas auf 110, 2 verweisen, wo das gleiche Problem bezüglich der Engel zur Erörterung stand. Gemäß dein Grundsatz: Jede Wirkung muß eine Ursache haben, die der Wirkung entweder wesensähnlich ist oder wenigstens die ihr eigenen Wesensbestandteile der Kraft nach in sich trägt, kann ein aus Wesensstoff und Wesensform zusammengesetztes Ding nur von Gott, der überragenden, allmächtigen Ursache, oder auch von einem gleichfalls aus Wesensstofl und Wesensform zusammengesetzten Wesen Wesensverwandlungen erfahren. Wenn schon, wie oben festgestellt, dem überlegenen reinen Geiste eine solche Verwandlungskraft abgesprochen werden muß, dann um 60 mehr der sich selbst überlassenen, durch keine übernatürlichen Kräfte unterstützten Menschenseele. Ihre natürlichen, rein
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seelischen K r ä f t e reichen zu einer solchen Beeinflussung nicht 117 3 aus. Solche Wesensverwandlungen k a n n sie n u r mittels des mit ihr v e r b u n d e n e n K ö r p e r s vollziehen, denn n u r in Verbindung mit dem K ö r p e r ist sie eine der zusammengesetzten W i r k u n g zugeordnete ähnliche Ursache, sind also die erforderlichen Vorbedingungen gegeben zu einer wesensverwandelnden Einflußnahme auf einen Körper, nämlich die Wesensähnlichkeit. Wo aber das menschliche Wort befehlend oder beschwörend an W i r k u n g e n beteiligt ist, die tatsächlich oder scheinbar eine Wesensverwandlung darstellen, so k o m m e n d a f ü r folgende Ursachen in F r a g e : Handelt es sich um echte Wesensverwandlungen, so war dieses menschliche Wort als Werkzeug des allmächtigen WORTES tätig. Stehen a n d e r e qualitative Verä n d e r u n g e n geringeren Grades oder Scheinwunder in Frage, so k ö n n e n sie mit Gottes Zulassung durch teuflische Beeinflussung bewirkt sein. 4. W i r k m ö g l i c h k e i t e n der a b g e s c h i e d e n e n S e e l e n (Art. 4). — Die mit dem Leibe v e r b u n d e n e Menschenseele v e r m a g auf ä u ß e r e K ö r p e r einen v e r w a n d e l n d e n oder v e r ä n d e r n d e n Einfluß nicht auszuüben. Ist die Wirkmächtigkeit der vom Leibe gelösten Seele etwa größer hinsichtlich der stofflichen Welt? Daß ihr eine wesensverwandelnde Macht nicht eignet, ist schon d a r a u s ersichtlich, daß selbst die K r a f t des ihr überlegenen Engels nicht ausreicht (110, 2). K a n n sie dann wenigstens, wie die Engel, örtliche Bewegungen an f r e m den K ö r p e r n v o r n e h m e n ? Auch diese Fähigkeit spricht Thomas ihr ab. Daß wohl die reinen Geister solche Macht besitzen, nicht a b e r die vom Leibe gelöste Menschenseele, ist darin begründet, daß die Menschenseele n a t u r h a f t hingeordnet bleibt auf den mit ihr substantiell zu v e r b i n d e n d e n u n d von ihr zu beseelenden Leib. Unmittelbar v e r m a g sie selbst w ä h r e n d ihrer V e r b i n d u n g mit dem Leibe n u r diesen u n d k e i n e n a n d e r e n Körper örtlich zu bewegen. I h r e Beseelungs- und Bewegungsk r a f t ist eben von Natur auf den ihr zugeordneten Leib beschränkt, dessen Wesensform sie ist. Der reine Geist hingegen ist in seiner Wirkmächtigkeit nicht beschränkt auf einen bestimmten Leib (110, 3), da er nicht darauf angelegt ist, Gestaltungsgrund eines bestimmten Stoffes zu sein. Nach dieser Lehre ist der vom Leibe gelösten Seele w ä h r e n d der ganzen Dauer dieses Getrenntseins jeder auf i h r e n natürlichen Kräften b e r u h e n d e r Einfluß auf stoffliche Dinge entzogen. II.
Die
naturhaften
117,4
Möglichkeiten
(Fr. 118 u. 119) Die beiden Fragen 118 und 119 bilden den Abschluß der 118, 1 Abhandlung ü b e r die Weltlenkung Gottes und ü b e r die Mitw i r k u n g geschöpflicher Ursachen zu dieser Weltlenkung. Nachdem der Anteil der reinen Geister, d e r guten und bösen, a n der Leitung der Welt dargelegt und der Einfluß d e r rein körperlichen Weltdinge bestimmt worden ist, w a r noch d i e Stellung
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118 l der leib-geistigen Wesen, der Menschen, im Weltlenkungsplan ' Gottes zu bestimmen. Frage 117 hatte den Einfluß des Menschen auf die ihn umgebende Umwelt, die leib-geistige, die rein geistige und die rein körperliche herausgearbeitet. Frage 118 und 119 gehen einen Schritt weiter und bestimmen den Anteil, den der Mensch auf die Neuentstehung von Wesen gleicher Art hat. Der leib-geistigen Natur des Menschen gemäß müssen zwei Fragen beantwortet werden: Erstens: Ist dem Menschen die Macht gegeben, am Werden einer artgleichen Seele mittätig zu 6ein? Zweites: Was leistet er für die Entstehung des artgleichen Leibes? a. U r s p r u n g d e r S e e l e (Fr. 118) 1. U r s p r u n g d e r S i n n e n s e e l e (Art. 1). — Die e r s t e Frage spaltet sich, entsprechend der dem Aquinaten eigentümlichen Vorstellung vom allmählichen Werden des Menschen im Mutterschoße, in zwei Teilfragen auf: in die Frage nach dem Anteil des Menschen beim Entstehen der Sinnenseele und in die Frage nach dem Entstehen der Geistseele. Sinn hat diese getrennte Fragestellung allerdings nur unter der von Thomas gemachten Voraussetzung, daß Sinnenseele und Geistseele im Menschen in gewissem Sinne zeitlich nacheinander ins Dasein treten. Tatsächlich lehrt Thomas, der menschliche Embryo werde zunächst von einer rein pflanzlichen Seele belebt; es trete dann bei entsprechender Entwicklung dieses Embryos die Sinnenseele an Stelle der pflanzlichen Seele; schließlich belebe nach Entfaltung der zu ihrer Betätigung erforderlichen Organe einzig die Geistseele den Körper, sie sei dann einziger substantialer Gestaltungsgrund des Stoffes, der durch ihre Gestaltungskraft zum menschlichen Leibe werde. Freilich übe diese e i n e Geistseele von nun an auch die Funktionen der pflanzlichen und der Sinnenseele aus; der Kraft nach enthalte sie alles, was vorher der pflanzlichen und der Sinnenseele eigen war (Art. 2 Zu 2). Wenn Thomas hier die Frage stellt, ob die Sinnenseele mit dem Samen fortgepflanzt werde, so denkt er gemäß dem ganzen Zusammenhang und dem vorher Gesagten zunächst an die Sinnenseele des Menschen, die ja nach seiner Voraussetzung vor der Geistseele den menschlichen Embryo belebt und von ihr wesensverschieden ist. Die Frage nach dem Werden der Tierseele als solcher interessiert hier zunächst nicht, obgleich in der Lösung diese Frage grundsätzlich mitbeantwortet wird. Ein Offenbarungswort zu dieser Frage besitzen wir nicht. Die Deutung des Genesistextes in der vorläufigen Antwort (Anderseits) beruht auf falschen Voraussetzungen, nämlich auf der Annahme der generatio aequivoca, der Urzeugung. An zwei Entstehungsweisen könnte man, je nach der Auffassung vom Wesen der Sinnenseele, denken. a) Teilt man die Meinung, welche Thomas (75, 3) als p l a t o n i s c h bezeichnet, die Sinnenseele betätige sich wie die Geistseele unabhängig vom Leibe, und 6ie besitze demgemäß
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ein für sich bestehendes Sein, sie könne also auch losgelöst H 8 1 von der Verbindung mit dem Körper da sein, so darf, ja muß man folgerichtig für ihr Werden einen schöpferischen Akt Gottes annehmen: denn die Weise des Werdens entspricht der Weise des Seins, was ,an sich' ist, so lehrt Thomas ständig mit A r i s t o t e l e s , das ,wird', entsteht auch ,an sich', und für ein einfaches, für sich bestehendes Wesen kann eine andere Entstehungsweise als diejenige mittels eines schöpferischen Aktes Gottes nicht in Frage kommen (vgl. Anm. [11] u. 91, 2: Bd. 7). Nun sind freilich die Voraussetzungen dieser Lehre unhaltbar. Denn die Sinnenseele ist in all ihren Tätigkeiten auf die Mitbetätigunig des Körpers angewiesen (wie Thomas mit A r i s t o t e l e s lehrt) und infolgedessen auch in ihrem Sein von dessen Mitsein abhängig; sie ist also kein für sich bestehendes Wesen, und damit bedarf es zu ihrem Werden nicht notwendig eines schöpferischen Aktes von seiten Gottes. Sie unterscheidet sich, was ihre Beziehung zum Vollzuge des Daseinsaktes angeht, nicht von den anderen rein körperlichen Gestaltungsgründen. Sie kann den Daseinsakt nur in Verbindung mit dem ihr zugeordneten Stoff, also nur in der Zusammensetzung mit ihm, vollziehen. b) Ist hiermit erwiesen, daß sie eines schöpferischen Aktes Gottes zu ihrem Entstehen nicht bedarf, so ist zugleich der Weg angedeutet, der uns auf die Erkenntnis ihrer natürlichen Werdeweise hinweist. Nach dem Grundsatz nämlich: „Jede Wirkung hat eine ihr ähnliche, natürliche Ursache" darf man nun folgern: Ist der Seinsempfänger ein zusammengesetztes Wesen, so ist es auch der Seinsspender, und das bedeutet für unsere Frage: Die naturentsprechende Entstehungsursache der Sinnenseele ist ein aus Gestaltungsgrund und Stoff zusammengesetztes Wesen. Es bleibt nun noch die Frage offen: Wie vollzieht sich dieses Werden im einzelnen, was leistet die elterliche Ursache, insofern sie ein Sinnenwesen ist, bei der Entstehung der neuen Sinnenseele des Gezeugten? In der Antwort geht Thomas auf diese in das Gebiet der Biologie gehörige Frage nicht näher ein. Er 'begnügt sich in seinem Erklärungsversuch mit dem Hinweis auf eine den zusammengesetzten Wesen innewohnende körperliche Kraft, mittels derer sie die dem Stoff naturhaft mitgegebene Anlage zur Sinnenseele zum Daseinsvollzuge bringen. Die Sinnenseele ist dieser Auffassung gemäß anlagehaft im männlichen Samen enthalten, bedarf aber zu ihrer Entbindung, zu ihrer vollen Seinsverwirklichung der von der Seele des Zeugenden ausgehenden anregenden Kraft, vermöge derer die gleichsam noch gebundene Anlage zur Auslösung gelangt. Zum Ganzen vgl. Bd. 7, Anm. [26 a ] : Anmerkungen zur Biologie des hl. Thomas; S. 205—214. 2. U r s p r u n g d e r G e i s t s e e l e (Art. 2). — Über 118,2 den Ursprung der Geistseele des Menschen haben wir schon Grundlegendes gehört (90, 1—3: Bd. 7). Freilich war die dortige Fragestellung formell eine andere. Eis wurde nach dem Ursprung der ersten Menschenseele, der Seele Adams, gefragt,
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118, 2 bei deren Entstehung ein anderes artgleiches Wesen, ein vorher bestehender Mensch, nicht tätig sein konnte. Sinnvoll konnte nur gefragt werden, ob die Seele des ersten Menschen sich aus den schon bestehenden Keimkräften niederer Art zur Geistseele emporentwickelt habe, oder ob etwa der reine Geist, der Engel, als Begründer der Menschenseele angesprochen werden könne. Da nach den Voraussetzungen der Offenbarung Adam im Zustande des ausgereiften Menschen ins Dasein trat, erübrigte sich dort auch die Frage, die Art. 1 gestellt wurde, ob die Sinnenseele des ersten Menschen aus irgendwelchen Keimkräften niederer Art sich entwickelt habe: denn nach thomasischer Lehre hat der durch die Geistseele gestaltete Stoff keine andere niedere Wesensform. Im vorliegenden Artikel wird nun gefragt, ob der menschliche Sam.en, der den Bauplan des ganzen menschlichen Körpers enthält, auch schon keimhaft die Geistseele in sich trage, derart, daß die Eltern im gleichen Sinne am Werden der Geistseele aktiv mittätig sind, wie sie am Entstehen des Leibes mitwirken dürfen, oder ob es sich vielmehr so verhalte, daß Gott, wie bei der Erstbegründung der Seele Adams, so auch beim Entstehen jeder nachfolgenden Menschenseele schöpferisch eingreifen müsse. Mit anderen Worten: Ist der Mensch fähig, seine Artnatur nach den beiden ihr wesentlich zugehörigen Bestandteilen, dem Leibe u n d der Geistseele nach, fortzupflanzen? Geigen ein jeweiliges schöpferisches Eingreifen Gottes haben gläubige Manschen seit A u g u s t i n u s stets geltend gemacht, in diesem Falle sei Gott bei jedem ehebrecherischen Tun mit tätig (E. 4). Vom scholastisch-philosophischen Standpunkte aus ließe sich überdies sagen: Ähnliches leitet seinen Ursprung stets aus Ähnlichem her. Demgemäß wäre als Entstehungsursache des ganzen leib-geistigen Wesens, des Menschen also, auch ein geist-leibliches Wesen, eben der Mensch, anzunehmen (E. 3). Auch aus speziell thomasischen Gedankengängen scheint sich das gleiche zu ergeben. Wir hörten schon, die Sinnenseele, auch des Menschen, werde von den Eltern fortgepflanzt; anderseits unterscheidet sich aber im Menschen die Sinnenseele nicht wesenhaft von der Geistseele, ja, im Menschen gibt es nur die e i n e Seele, und zwar die Geistseele, welche freilich die Funktionen der Sinnen- und Ernährungsseele zu erfüllen die Kraft besitzt (E. 2). Eine eindeutige Offenbarung der Heiligen Schrift über das Wie der Entstehung der einzelnen Menschenseele gibt es nicht. Einzelne Andeutungen können ihr wohl entnommen werden. So heißt es Weish 15, 11: „Er (der Bildfertiger) hat ja Den nicht erkannt, der ihn selbst gebildet, ihm den arbeitenden Sinn eingehaucht und den Lebensodem eingeblasen hat"; und Prd 12, 7 heißt es vom Lebensodem, er kehre zu Gott zurück, „der ihn verlieh". Die Kirche hat sich in diesem Sinne verschiedentlich geäußert, so daß der sogenannte K r e a t i a n i s m u s , die Lehre von der unmittelbaren Erschaffung der Menschenseele durch Gott, als theologisch sicher bezeichnet werden muß (vgl. Dz 170,
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348, 533, 738, 1100, 1910). Damit sind die verschiedenen For- H8, 2 men eines G e n e r a t i a n i s m u s abgelehnt, d. h. die Meinung, die Seele des Kindes werde ebenso wie der Leib von den Eltern gezeugt; und zwar der Generatianismus sowohl in seiner materialistischen Form, der die Elternseele als stofflichen Wesensbestandteil betrachtet, von der sich die Kindesseele abspalte, als auch in seiner geistigen Form, bei der die Seele als neuer geistiger Wesensbestand begriffen wird. Die Gedankengänge, mit denen Thomas die Unmöglichkeit eines Generatianismus erweist, sind alle aristotelischer Herkunft. Der Ursprung der Geistseele aus menschlichem Samen widerspricht der in Fr. 75 erwiesenen UnStofflichkeit, ihrer Unabhängigkeit im Tun und ihrer Unabhängigkeit im Sein, d. h. ihrem Selbstand. Es besteht tatsächlich ein unüberbrückbares Mißverhältnis zwischen einer stofflichen Ursache und einer unstofflichen Wirkung. Jede Ursache muß, wenigstens keimhaft oder der Kraft nach, jenen Seinsgrad in sich tragen, den die Wirkung in sich enthält. Der menschliche Same entbehrt aber eines solchen Seinsgrades ganz und gar. Der zweite Grund unterstreicht den Wahrheitskern des dritten Einwandes, indem er das Zugeständnis macht, im Zeugungsakt wirke auch die Geistseele des Zeugenden insofern mit, als die Kraft des Zeugenden im Samen wirksam ist. Es wird aber zugleich einschränkend betont, die Seele vollziehe in dieser Betätigung nicht den ihr als Geistseele ureigenen Akt, sie handle da nicht als Geist, sondern eben als Seele, d. h. als Gestaltungsgrund des Stoffes. Als solcher eignet ihr ein seelischleibliches Tun, das als solches weit unter dem der Geistseele ureigenen Akt steht. Das Produkt eines leibgebundenen Aktes kann niemals ein stoffloses Wesen sein, dessen arteigene Tätigkeit sich ohne jede subjektive Bindung an den Stoff vollzieht. Es besteht also auch vom Zeugungsakte her gesehen, insofern er unter dem Einfluß der Seele steht, ein Mißverhältnis zur Geistseele des Menschen, insofern sie Urgrund der Verstandesbetätigung ist. Dieser zweite Beweis geht von demselben Grundgedanken aus wie der erste: er stellt das Mißverhältnis zwischen Ursache und Wirkung heraus. Es wird hier aber nicht, wie im ersten Beweis, stoffliche Samenkraft und Geistseele gegenübergestellt, sondern Zeugungsakt als Betätigung eines leibgebundenen Prinzips und Geistseele als Prinzip vom Leibe unabhängiger Akte. Im dritten Beweisgrund kehrt der gleiche Gedanke wieder, den Thomas 90, 2 (Bd. 7) entfaltet hatte. Er geht aus von der 75, 2 gewonnenen Erkenntnis, daß die Seele ein geistiges Selbstandwesen ist. Ihr eignet darum ,an sich' Sein und Werden, d. h. sie bedarf keiner von ihr verschiedenen Bestandteile, um den Akt des Daseins zu vollziehen, wie es bei der auf den Leib angewiesenen Tierseele der Fall ist. Infolgedessen kann sie auch ins Dasein treten, ohne in ihrem Entstehen an einen wesensverschiedenen Mitbestandteil gebunden zu sein, wie es die stofflichen Gestaltungsgründe sind, die nur in Ver-
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118, 2 bindung mit dem Stoff da sein und entstehen können. Ein unstoffliches Selbstandwesen kann nicht einmal seinen Ursprung von einer Ursache herleiten, die nur als stoffgebundene den Zeugungsakt zu vollziehen vermag und die damit auch nur Ursache stoffgebundener Wesen sein kann. Denn nach dem Gesetz, daß Gleiches Gleiches erzeugt, müßte das Ergebnis eines solchen Zeugungsaktes notwendig ein in der gleichen Weise an den Stoff gebundenes Wesen sein. Wer also lehrt, die Geistseele des Menschen trete durch Zeugung ins Dasein, behauptet letzten Endes, daß die Seele als solche kein Selbstandwesen ist. Das kommt aber der häretischen Behauptung gleich, sie sei nicht unzerstörbar, nicht unsterblich. Denn die Unsterblichkeit der Seele gründet in ihrem metaphysischen Selbstand. Mit dieser Lehre von der jeweiligen Neuerschaffung der Menschenseele scheint freilich der Anteil der Eltern bei der Erzeugung des Kindes auf ein Mindestmaß beschränkt zu werden. Aber es ist zu bedenken, daß Gott diesen schöpferischen Akt nie vollzieht, ohne daß die Eltern durch den Zeugungsakt die körperlichen Voraussetzungen schaffen. Der Zeugungsakt ist also der Anlaß dafür, daß Gott jeweils eine Seele schafft. Zweitens schafft Gott jeweils für diesen von den elterlichen Erbanlagen bestimmten Leib diese bestimmte Seele, die in der W e i s e ihrer Betätigung nicht unabhängig ist von den Werkzeugen, die ihr im Körper geboten werden. So wird durch die Herkunft von den Eltern nicht bloß die leibliche, sondern auch die seelisch-geistige Art der Kinder entscheidend geprägt. „Denn es ist nicht möglich", sagt Thomas CG II 73, „daß die Seele d i e s e s bestimmten Menschen in einen anderen Leib einginge (oder einem anderen Leibe eingeschaffen würde) als in den Leib gerade d i e s e s Menschen." Bezüglich des Einwandes, Gott werde nach dieser Lehre mitschuldig am Werden des Kindes, das einem ehebrecherischen Zeugungsakt sein Dasein verdankt, können wir verweisen auf die umfassenden Darlegungen in I-II 79. Das Ergebnis ist in der Antwort zum fünften Einwand zusammengefaßt: im Tun der Ehebrecher ist zu unterscheiden das naturhafte Geschehen und die ungeordnete Lust. Ersteres geschieht unter Mitwirkung Gottes, während Er am zweiten keinen Anteil hat. Die von Thomas (Zu 2) vertretene Auffassung von der zeitlich aufeinanderfolgenden Gestaltung des menschlichen Embryos durch die pflanzliche, die sinnliche und abschließend durch die Geistseele (die in der Lehre von der Unbefleckten Empfängnis eine gewisse Rolle spielte) ist heute innerhalb der katholischen Philosophie weithin aufgegeben. Das praktische Verhalten der Kirche begünstigt die Meinung, daß die Geistseele der entstehenden Frucht im Augenblick ihrer Entstehung von Gott eingeschaffen werde und somit ihr einziger Gestaltungsgrund sei; allerdings wird auch hier vorausgesetzt, daß diese Seele in zeitlicher Aufeinanderfolge ihre verschiedenen Kräfte entfalte: zunächst die pflanzlichen, dann die sinnenhaften und schließlich die geistigen Kräfte.
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3. Z e i t p u n k t der Erschaffung der S e e l e ns, 3 (Art. 3). — Am Werden des Menschen sind also zwei Ursachen beteiligt: Die Eltern bereiten den Stoff, sie bieten den körperlichen Bestandteil; die Seele hingegen tritt jeweils durch einen Schöpfungsakt Gottes ins Dasein. Fällt nun die Betätigung dieser beiden Faktoren zeitlich zusammen, derart, daß die Seele stets erst dann ins Dasein tritt, wenn der elterliche Zeugungsakt vollzogen wird, oder besitzen die Seelen schon ein vorleibliches Dasein, sind sie vielleicht schon beim Beginn der Schöpfung zugleich mit der Seele des ersten Menschen oder gar mit der Erschaffung der reinen Geister durch einen schöpferischen Akt Gottes ins Dasein entlassen worden? Die Frage, ob der Seele ein vorleibliches Dasein zukomme, ist uns schon einmal begegnet (90, 4: Bd. 7). Dort ging es freilich formell nur um den Zeitpunkt der Erschaffung der Seele Adams, des ersten Menschen, während hier nach dem Zeitpunkte der Entstehung der nachadamitischen Menschenseelen gefragt wird. Aber der historische und ideengeschichtliche Anlaß zu dieser Fragestellung ist doch der gleiche. Es ist die auf P l a t o zurückgehende Lehre vom Wesen der Seele, die dann bei O r í g e n e s und einigen anderen frühchristlichen Schriftstellern eine dogmatische Bedeutung gewinnt. Es ist die Lehre, die einen grundsätzlichen Unterschied zwischen Menschenseele und reinem Geiste nicht anerkennt und die Menschenseele mit dem Engel auf die gleiche Seinsstufe erhebt, d. h. ihre naturhafte Zuordnung auf einen von ihr zu gestaltenden Stoff nicht wahrhaben will. Sie folgert diesem Grundgedanken gemäß logisch ganz richtig: Also sind alle Menschenseelen zugleich mit den ihnen naturgleichen reinen Geistern ins Dasein getreten. Die o r i g e n i s t i s c h e Form dieser Lehre ging noch weiter mit der Behauptung, diese Menschenseelen hätten in einem vorweltlichen Dasein gesündigt und seien zur Strafe in den Leib verbannt worden. Näheres zu dieser Auffassung, vor allem die Stellungnahme der Kirche 6iehe Bd. 7, Kommentar zu 90, 4; S. 247—253. Thomas erweist die Lehre von einem vorleiblichen Dasein der Menschenseele von zwei Hauptgesichtspunkten her als falsch. Zunächst sind ihre Voraussetzungen unhaltbar: Leib und Seele des Menschen stehen nicht wie zwei beziehungslose Wesen nebeneinander, noch weniger ist das eine der naturhafte Feind des andern, sondern sie bilden eine gottgewollte, naturhafte, seinsmäßige Ganzheit. In dieser ganzheitlichen Auffassung vom Menschen hat weder die m a t e r i a l i s t i s c h e Lehre Raum, wonach der Mensch ein rein stoffliches Naturprodukt ist, noch eine s p i r i t u a l i e t i s c h e , die, das Stoffliche abwertend, den Menschen erschöpfend erkannt zu haben meint, wenn sie ihn als reines Seelenwesen betrachtet. Daß aber die Menschenseele, sosehr sie mit dem Engel unter den Gattungsbegriff Geistnatur fällt, doch von diesem a r t v e r s c h i e d e n ist, erweist die jeweils ganz verschiedene Weise der Erkenntnisaneignung. Während es dem Engel naturhaft eigen ist, die Erkenntnisinhalte ohne jede Mitbeteiligung
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118, 3 körperlicher Faktoren zu empfangen — das seiner Natur gemäße Erkenntnismittel ist seine eigene Geistnatur, die er intuitiv erschaut, und die in ihr nicht erkannten Wirklichkeiten schaut er in eingegossenen Ideen —, ist der naturgemäße Weg der Kenntnisaneignung beim Menschen über die Sinnesorgane, die ihre Tätigkeiten nur als stoffgebundene ausüben können. Diese artverschiedene Erkenntnisweise ist aber nur eine Auswirkung der artverschiedenen Seinsstruktur. Diese Eigenart der Menschenseele, d. h. ihre naturhafte Hinordnung auf den Leib als Mitwesensbestandteil des Menschenganzen, durch dessen Vermittlung sie überhaupt erst zur inneren Vollendung gelangt, läßt es zum mindesten unangemessen erscheinen, daß Gott sie zeitlich vor dem Leibe erschaffen habe. Denn es ist nicht Gottes, der vollkommensten Ursache, Art, Sein Werk mit der Erschaffung eines halbfertigen Wesens, eines Torso, zu beginnen. Wenn es schon kaum vorstellbar ist, daß Gott ein Naturwesen ohne die zu ihm gehörigen integralen Bestandteile, ohne die Vollzahl der Glieder bei der Erstbegründung ins Dasein entläßt, dann ist es noch weniger mit Seiner Weisheit vereinbar, die Menschenseele ohne den Teil ins Dasein zu setzen, mit dem sie ihrer innersten Naturanlage nach ein Naturganzes bilden soll. Aber auch wer nicht zugeben wollte, daß die Seele naturhaft auf die Vereinigung mit dem Leibe angelegt ist, und darum gegen die Annahme eines vorleiblichen Daseins der Seele von dieser Seite her keine Bedenken hätte, 6tößt von anderen Gesichtspunkten her auf Schwierigkeiten, welche ein solches vorleibliches Dasein zum mindesten sehr unwahrscheinlich machen. Das tatsächliche Verbundensein der Seele mit dem Leibe zu bestimmter Zeit und an bestimmtem Ort wird von keiner Seite geleugnet. Für dieses Zusammenkommen der angeblich nicht zusammengehörigen Naturen, des Leibes und der Seele, muß aber irgendein Grund angegeben werden können. Dieses Zusammenkommen auf einen Wunsch, auf ein Verlangen der vorherbestehenden Seele zurückzuführen, kann vernünftigerweise einmal darum nicht angenommen werden, weil ein solches Verlangen sinnlos wäre, da ja laut Voraussetzung ein Bedürfnis nach dieser Vereinigung nicht vorliegt, und weil zweitens kein Grund angeführt werden kann, der es verständlich machte, warum die über Zeit und Raum erhabene Seele sich in die Grenzen von Zeit und Raum einspannen lassen sollte. Schließlich müßte es als reiner Zufall erscheinen, daß gerade diese Seele sich mit diesem bestimmten Leibe verbindet. Denn der Zeugungsakt, wodurch dieser Körper begründet wird, steht ja in gar keinem inneren Zusammenhang zu dem etwaigen Wunsch der Seele, mit irgendeinem Körper verbunden zu werden. Würde aber die Menschenseele, die nach der hier gemachten Voraussetzung völlig ohne jede innere Beziehung zum Leibe ist, gegen ihren Willen mit dem Leibe vereinigt, so könnte dies nur unter Zwangsanwendung geschehen. Damit würde die
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Vereinigung von Leib und Seele Strafcharakter tragen. Das H8, hätte aber nur unter der glaubenswidrigen Annahme Sinn, daß die Seele sich in ihrem vorleiblichen Dasein sittliche Vergehen hätte zuschulden kommen lassen. All diese Erwägungen lassen ein vorleibliches Dasein der Seele schon vor dem natürlichen Denken als höchst unwahrscheinlich erscheinen. Gegen den Hauptgrund, mit dem Thomas ein vorleibliches Dasein der Seele als höchst unwahrscheinlich, weil nicht naturgemäß, erweist, ließe sich jedoch geltend machen, daß die Seele ja doch nach christlicher Lehre nach dem Tode des Menschen ein vom Leibe getrenntes Dasein führt, also in gewissem Sinne als halbfertiges Wesen, als Torso, weiterexistiert; also bestünde auch keine grundsätzliche Schwierigkeit gegen ein vorleibliches Dasein. Dieser Einwand übersieht die freilich nur aus der Offenbarung bekannte Tatsache, daß diese Trennung von Leib und Seele und das leiblose Weiterbestehen der Seele nach dem Tode nicht gottgewollte Urordnung, sondern Folge der Sünde ist. Eine in der Sünde gründende Zuständlichkeit kann aber nicht maßgebend sein für die Erstbegründung des Menschen durch die schöpferische Tätigkeit Gottes (Zu 3). Mit all diesen Feststellungen ist der immer wieder unter religiöser Verbrämung auftauchenden Lehre von der S e e l e n w a n d e r u n g die Grundlage entzogen. Denn fast alle Systeme, in denen die Lehre von der Seelenwanderung eine Heimstätte hat, gehen von der Voraussetzung aus, die Einkörperung der Seele in diesen und jenen Leib sei Folge eines vorleiblichen Vergehens, eines Abfalls von den Forderungen reinster Geistigkeit. b. U r s p r u n g d e s
Leibes
(Fr. 119) Wichtig erscheint uns vom modern-naturwissenschaftlichen 119, wie auch vom naturphilosophischen Standpunkt aus das von Thomas im Anschluß an A r i s t o t e l e s angeschnittene Ernährungs- und Zeugungsproblem. Ernährung im aristotelischen Sinne sucht das Eigentliche, das Spezifische dieses Vorganges herauszuheben. Sie ist dann nicht rein naturwissenschaftlichphysiologisch zu verstehen als Hervorbringung von organischen Substanzen oder — wie wir heute sagen würden •— als Synthese von verwickelten, dein Körper als Aufbau- und Betriebsstoffe dienenden Kohlenstoffverbindungen. Sie besagt vielmehr in ihrem inneren Abschluß eine echte „ E i n v e r l e i b u n g der verarbeiteten Nahrung in die aktuelle Einheit der belebten Substanz und in diesem Sinne eine wahre Ein- z e u g u n g in dieselbe. „Dasselbe", sagt A r i s t o t e l e s , „ist das Ernährende (Sich-Ernährende) und das Seinesgleichen Erzeugende. Wie die Kraft der ernährenden Seele aus der Nahrung ßpäter das Wachstum bewirkt, indem sie sich als Werkzeug dazu der Wärme und Kälte bedient — denn darauf beruht ihre und gewissermaßen jede Bewegung —, so setzt sie auch v o n G r u n d a u s das, was von Natur wird, zusammen" (De Generat. Animal. II 4, pag. 740 b).
599
I j/2 Die belebten Körper, so sagt Thomas hier im Artikel S. 317, ' haben „die Kraft, etwas zu zeugen, was ihnen a l s E i n z e l w e s e n ähnlich ist. Diese Kraft ist in den belebten Körpern die Nährkraft. " In das heutige Verständnis übersetzt, würde das besagen: die Assimilation der Nahrung läuft auf völlige An-, bzw. Einähnlichung des Materials hinaus. Sie schließt ab mit der Einzeugung ins lebende Plasma selber, mit dem das Material nicht nur in der s p e z i f i s c h e n Kleingliederung über- e i n -stimmt, sondern auch in der Individualprägung. Jedes Individuum, das ist auch Ergebnis der modernen Biologie, hat sein Individualplasma. In der streng naturphilosophischen Bedeutungsebene formuliert Thomas (S. 312 f.) den Satz: „Zur Wahrheit der Natur eines Dinges allgemein genommen gehört Wesensform und Wesensstoff allgemein genommen. Zur Wahrheit einer Natur in diesem Besonderten gehört aber der in seiner Vereinzelung gezeichnete Stoff und die durch diesen Stoff vereinzelte Wesensform. So gehören zur Wahrheit der Menschennatur im allgemeinen die menschliche Seele und der Leib; zur Wahrheit der Menschennatur in Petrus und Martin aber gehört d i e s e Seele und d i e s e r Leib." Zur Wahrung der individualeigenen Leibesstruktur zwischen der Mutter und der mit ihr noch verbundenen Leibesfrucht des Kindes dient der Mutterkuchen oder die Placenta, in welcher in bestimmten Zellschichten die dem Kinde und die der Mutter zukömmlichen Stoffe ausgesiebt oder zugeähnlicht werden —, eines der wunderbarsten Beispiele von Gegensatzvermittlung in der Natur und der Verähnlichungsmacht vitaler Wirkursächlichkeit, die hier den scholastischen Satz: „Omne agens agit sibi simile" in seiner im vitalen Bereich gesteigerten Bedeutung hervortreten läßt. Freilich können besondere in den Körper eingedrungene Stoffe, die Abspaltungsprodukte von lebendem Plasma sind und nicht mehr in geordnet gliedhaft-werkzeuglicher Weise an dasselbe angekoppelt oder von ihm „in Griff" genommen werden können, in der nun von ihnen ausgehenden Selbstanähnlichungstendenz auch zerstörend sich auswirken. Ihre Wirkung ist dann, um einen treffenden Ausdruck von A r m i n M ü l l e r zu gebrauchen: eine kreissotrope (gegen das „Mächtiger"-Seinsollende sich richtende) und sie gehören einer bestimmten Gruppe jener Krankheitserreger an, die man heute als V i r e n bezeichnet. Sie besitzen schon durch ihre chemische Struktur die werkzeugliche Geeignetschaftheit, aus ihrer Umgebung Material eich selbst angleichend anzubauen und so Werkzeug ihrer Eigenvermehrung zu sein, aktivieren aber diese werkzeugliche Potenz nur im lebenden Organismus, also offenbar durch Vitaleinfluß, aber keinen des Werkzeugs genügend mächtigen mehr. Infolgedessen entstehen z. B. bei bestimmten Virusinfektionen bei Pflanzen monströse statt normaler Blütenformen, und zwar sowohl mit überschlagend auflösender als überschlagend zur Verwachsung drängender Tendenz (vgl. dazu H. A n d r é , Hylomorphismus und Biologie II, KW 1950, Nr. 7). In bezug auf die Fortpflanzung geht A r i s t o t e l e s
600
davon
aus, daß in allem, was von Natur oder durch Kunst entsteht, 119, 1/2 durch ein in der Tat Seiendes das der Möglichkeit nach Seiende wird. Der Same nun erhält vom Zeugenden, also von dem „in der Tatwirklichkeit Seienden", eine solche Beschaffenheit und hat von ihm eine solche Bewegung und ein solches Prinzip, daß er aus dem von der Mutter gelieferten Material den Embryo bildet. Aber daß der Same, nachdem er alle oder einige Teile hervorgebracht hat, wieder untergehe, erscheint nach einer von dem berühmten Vererbungsforscher J o h a n n s e n exegisierten A r i s t o t e l e s -Stelle widersinnig. Indem der Befruchtungsstoff unter Zufuhr von Nahrung vermehrt und beim Organisierungsprozeß verbraucht wird, bleibt doch noch etwas unverbrauchtes Samenmaterial übrig, „so", sagt A r i s t o t e l e s , „wie ein Maler oft Farbe übrig läßt, derjenigen ähnlich, die er benutzt hat". Und aus diesem unverbrauchten Material wird im männlichen Organismus wieder neuer Same gebildet, so daß durch diese Samenkontinuität — in unsere heutige Sprache übersetzt — die Erbsubstanz von Generation zu Generation weitergegeben würde. Neuerdings glaubt man freilich zu der von J o h a n n s e n ausgelegten Stelle auch widersprechende Stellen beim Stagiriten gefunden zu haben, welche die Samenkontinuität (im Sinne einer Art „Keimbahn") auszuschließen scheinen. Wie dem nun auch sei, wichtig ist schon der Vergleich des A r i s t o t e l e s , der den Samenstoff in Analogie zu der vom Künstler gebrauchten Farbe bringt und ihm im Organismus die Bedeutung des W e r k z e u g e s der Embryobildung aus dem vorgefundenen Material gibt. So konnte Thomas in der Gesamtordnung der Ursachen, in welcher der Same kraft einer ihm vom Zeugenden werkzeuglich mitgeteilten DarüberhinausErmächtigung dem Stoff die Ausrichtung zur Leibesausbildung und zu seiner schließlichen Aufnahmefähigkeit für die ihn abschließend informierende Geistseele gibt, seine ganze Zeugungslehre auf die letztfundierende Formel zurückführen: „Die gesamte körperliche Natur wirkt offenbar als Werkzeug einer geistigen Kraft, vor allem aber der Kraft Gottes. Darum steht dem nichts entgegen, daß der Leib von einer körperlichen Kraft gebildet wird, die Vernunftseele aber ausschließlich von Gott stammt" (118, 2 Zu 3; S. 304). Diese e i n e Seele aber, als Geistseele, verfügt nach Thomas über die ganze Hierarchie der vegetativen, sensitiven und intellektiven Vermögen. Deshalb fragt es 6ich, ob es nicht viel durchgesetzter in der K o n s e q u e n z des thomasischen Begriffs der Seele (als Substantialform des Leibes) liege, anzunehmen, daß diese gleich von Anfang an, also mit Abschluß der Befruchtung, den für sie durch die Zeugungskraft aufgeschlossenen Stoffuntergrund zu informieren und ihm neben dem Ernährungs- auch die Entwicklungsvermögen zuzueignen vermag, d u r c h d i e s i e s i c h d e n w e r d e n d e n M e n s c h e n l e i b s e l b e r z u b i l d e t . Für diesen ihr von Grund aus zueigen gehörenden und ihr zuzubildenden Leib ist in der befruchteten Eizelle selber 6chon der
601
119, 1/2 W e r d e p l a n festgelegt und in den Gestaltungsvermögen aktuell fundiert. Die Orientierungsmacht dieser n e u e n Auslegung ist vor allem dadurch f r u c h t b a r problemgebend, daß sie die F r a g e nach d e r ersten Entstehung des Menschenleibes und der ihn informierend e n Geistseele a u s allen rein naturwissenschaftsphilosophischen Simplifizierungen h e r a u s f ü h r t in das ihr selbst i n n e w o h n e n d e Gewicht u n d d e n falschen Schein zerstört, d e r die ganze Aporetik solcher v e r e i n f a c h e n d e r Zurechtlegungen verhüllt. I m m e r mehr setzt sich bei den w a h r h a f t kritischen, weil tiefer blickenden Beurteilern des e x t r e m e n Evolutionismus die Erkenntnis von dessen rein machtspruchhafter Position durch, und auch bei d e n j e n i g e n Naturforschern, die zu einer mythologisierenden Exegese der Weltentwicklung gelangten, muß man feststellen, daß mit i h r e r universellen Psychologisierung des Seins, d e r jedes ontologische Tiefenrelief mangelt, nichts erreicht ist, was dem der F r a g e entgegenzubringenden Wahrheitsernst genügen k a n n (vgl. dazu : H e d w i g C o n r a d - M a r t i u « , Abstammungslehre, Kösel-Verlag, München, und derselben Verfasserin A b h a n d l u n g e n : „Abstammungsproblematik" und „Der Ursprung des Menschen", Philos. J a h r b . d. Görres-Ges. 1950). André.
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A N H A N G
Zum Problem
des
I
Todes
(Zu F r . 104, Art. 3 und Anm.
[12])
J e n e s Prinzip, daß die Auflösung des einen die Zeugung Anh. I des anderen ist, gewinnt besondere Bedeutung, wenn wir die Ein-zeugungsstufen von der unbelebten Substanz in die belebte der Pflanze, die von der Pflanze als Nahrung in die animale Substanz des Tieres und die von beiden in die menschliche Leibessubstanz beachten. Das ist ein ausgesprochener Aufstufungsweg in der Hinspannung der Materie zu immer höherer Information hin, die in der Information durch die Menschenseele als Substantialform des menschlichen Leibes ihren natürlichen Abschluß erreicht. Mit dem Tode tritt über die Vermittlung transitorischer Formen eine Hinabstufung bis zu den letzten Verwesungsprodukten infolge auch bakterieller Zersetzungsarbeit ein, aber diese Endprodukte des Zerfalls bilden zugleich wieder das Ausgangsmaterial zu einem neuen Einzeugungsaufweg über die Pflanze hinauf zur animalen und menschlichen Einverleibungsstufe. Indem Thomas die Natürlichkeit des Todes auch beim Menschen (als der aus Stoff und geistseelischer Substantialform sich zusammensetzenden, aber wegen der Einschränkungen des Stoffes der Auflösung nicht widerstehungsmächtigen Einheit) bezeugt, wahrt er die Wahrheit des Natürlichen im Menschen in seinem Abstand zu der ihm von Gott darüber hinaus einschenkbaren Ermächtigung. „Daß der menschliche Körper vergänglich ist", sagt Thomas ( I — I I 85, 6 : Bd. 12), „das rührt von der natürlichen Seinsbeschaffenheit des Stoffes her, und danach ist er nicht erwählt von der Natur; vielmehr würde diese lieber einen unvergänglichen Stoff auswählen, wenn sie könnte. Gott aber, dem alle Natur unterworfen ist, hat bei der Gründung der menschlichen Natur diesem Mangel abgeholfen und dem Körper kraft der Urgerechtigkeit eine gewisse Unvergänglichkeit gegeben. Deshalb also heißt es: ,Gott hat den Tod nicht gemacht' (Weish 1, 13) und: ,Der Tod ist Strafe der Sünde' (Rom 6, 23)." Das Todesproblem gehört zu den biologischen Problemen höherer Ordnung, welche, wenn die Gedankenarbeit nicht willkürlich abgebrochen werden soll, zur Frage nach dem Letztzugrundeliegenden drängt (H. A n d r é , „Das ,Stirb und Werde' als Leitmotiv des Lebens" I u. I I , Braunsberg 1944). Das Letztzugrundeliegende für die Natürlichkeit des Todes beim Menschen ist dessen doppelwesensteilige Zusammensetzung aus Stoffuntergrund und Geistseele, wobei der Stoff als das bedürftigkeitsbegründende und in die Außenabhängigkeit nötigende Prinzip letztlich nicht nur den Körper in die Ausgesetztheit den äußeren Einflüssen gegenüber zwingt, sondern auch im Körper selbst immer nur einen Ablauf der Lebensbewegungen in der Wechselbeeinflussung und wechselseitigen Abhängigkeit der Teile untereinander zuläßt. S o f e r n die in der Wesensform wurzelnden Vitalvermögen selber maßgeblich sind, be-
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Anh. I steht in der korrelativen Verbundenheit der Teile untereinander unter jener vitalen Führung hohe Beweglichkeit der Teile im Untereinander-Siehanpassen und -Sichausgleichen. Aber sofern mit der fortschreitenden Differenzierungsnotwendigkeit die innere Abhängigkeit der physiologischen Regulation von den stoffuntergründlich mitgebrachten Vereinseitigungen wächst, muß sie im Altern ein gesteigertes Maß von Irreversibilität mit sich bringen und die Gesamteinregulierung der Lebensbewegung beeinträchtigen, bis der Tod unvermeidlich wird. Der Tod kann also nie von den in der Seele wurzelnden Vitalagentien a l s s o l c h e n herrühren, sondern nur insofern von ihnen, als sie innerlich vom Stoffuntergrunde abhängige Vermögen und in die zweitursächlichen Abhängigkeiten aller innerlich stoffgebundenen Aktuierungsvorgänge in der Gesamtnatur eingebunden sind. Wo aber der Organismus — wie bei der offenen Form der Pflanze — n i c h t in die Vereinseitigungen der Durchdifferenzierung und dadurch allmählich sich erschwerenden Gesamteinregulierung als Ganzes sich hineinbegeben muß, sondern aus einem allzeit zur Verfügung stehenden embryonalen Knospungsbereich sich erneuern kann, ist eine rhythmisch-permanente Fortsetzung der individuellen Neuausgestaltung recht gut denkbar. Zwar kann ein Baum durch seine Erneuerung aus den Knospen nicht endlos weiterwachsen, da von der Wurzel- bis zur äußersten Wipfelregion die ausreichende Wasser- und Nährßalzversorgung immer mehr erschwert wird. Aber eine Pflanze mit einem Wurzelstock wie unsere Einbeere (Paris quadrifolia) kann in dem Maße, als sie am hinteren Wurzelstockende abstirbt, am vorderen in jedem Frühjahr aus einer neugebildeten Knospe erneut sich entfalten, und rein theoretisch ist kein Grund einzusehen, daß ihre in ihrem Lebensprinzip wurzelnden Gestaltungsagentien nicht endlos weiter sich auswirken könnten, wenn, in der Wechselabhängigkeit zwischen Wurzelstock- und Sprossungsregion, die erstere auf die letztere nicht allmählich gesteigert einschränkend zurückwirkt. Diese einschränkende Rückwirkung ist durch das partielle Absterben des Wurzelstockes aufgehoben, der dadurch für sich immer nur eine konstant begrenzte Ernährung vom oberirdischen Teil benötigt. Hier wird evident, d a ß i n d e n Vitalagent i e n , a l s i n d e r F o r m w u r z e l n d e n A g e n t i e n, k e i n e H i n o r d n u n g z u m N i c h t s e i n l i e g t , wenn aus ihrer inneren Abhängigkeit vom Stoffe und der Notwendigkeit, über andere Teile auf sich selbst zurückzuwirken, das Zerstörende der Rückwirkung behoben wird und der e m b r y o n a l bleibende Erneuerungsbezirk jene Innendifferenzierung vermeidet, welche die führende Einregulierung durch gesteigerte Irreversibilität immer mehr erschweren würde. Ein Partialtod ist aber auch hier zur Vermeidung der von dem Stoffe her gegebenen Einschränkungen möglich. Beim Menschen verhält es sich so, daß er zwar seiner physischen Organisation nach altert und stirbt wie das Tier, aber in seelischer Hinsicht wegen des stets i n n e r l i c h organunabhängigen Kreisschlusses zwischen gewolltem Urteil und
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beurteiltem Wollen zu dem befreitesten Individualzyklus als Anh. I Verjüngungszyklus mit Partialtod ( s e i n e m ,Stirb und Werde') fähig ist, der gleichsam dem Wachstums- und Verjüngungsrhythmus der pflanzlichen Meristeme (Embryonalgewebe) auf personaler Ebene analogisch ist und bezeugt, daß diese innere, dem notwendigen Altern entzogene Entgrenzung seines Tätigseins seinem höheren g e i s t seelischen und in sich selbst unzerstörbaren (unsterblichen) Sein entspricht, im Vergleich zu dem sein Tod eben auch nur ein Partialtod sein kann. Auf diesen inneren Zusammenhang zwischen der von den inneren Stoffeinschränkungen unberührten oberherrschaftlichen Region des Menschen und der höheren E i n h e i t seines substantiellen Personkernes wies in 'der glücklicheren Zeit seines Philosophierens noch M a x S c h e i e r hin in seinem Traktat über die Reue. „Man kann", schreibt er, „die Reue gar nicht voll verstehen, ohne sie in eine tiefere Gesamtanschauung der Eigentümlichkeit unseres Lebensabflusses im Verhältnis zu unserer f e s t s t e h e n d e n P e r s o n hineinzustellen. Das tritt sogleich hervor, wenn man den Sinn des Argumentes untersucht, daß Reue der sinnlose Versuch sei, ein Vergangenes unschädlich zu machen. — Wäre unser persönliches Dasein eine Art Strom, der in derselben objektiven Zeit, in der sich die Naturereignisse abspielen, gleich diesem Strome, wenn auch mit anderem Inhalt, dahinrauscht, so möchte dieser Rede Berechtigung zukommen. Kein Teil dieses Stromes, der ,nachher' ist, könnte dann auf einen Teil, der ,vorher' ist, sich zurückbeugen oder an ihm irgendeine Veränderung bewirken. Aber im Gegensatz zu diesem Abschluß der Veränderung und Bewegungen der toten Natur — deren ,Zeit' ein einförmiges Kontinuum einer Dimension und einer bestimmten Richtung ist ohne die Dreiteilung von Gegenwart, Vergangenheit, Zukunft, sind uns im Erlebnis eines jeden unserer unteilbaren, zeitlichen Lebensmomente Struktur und Idee des Ganzen unseres Lebens und unserer Person mit gegenwärtig" („Vom Ewigen im Menschen" I, S. 12 fl.). Das große philosophische Paradoxon, daß in der Aufstufung der irdischen Lebensbereiche am Aufgipfelungspunkte des Menschen dennoch der Tod (wenn auch nur im obigen Sinne als Partialtod) steht, löst sich nur vom Glauben her in dem „Vita mutatur, non tollitur", wie es die Kirche in der Totenmesse meint und singt. Denn kraft des Opfertodes Christi kann uns im Sterben und Auferstehen in Christus auch der Erdenstoff zur „Mangelerde unserer Hoffnung" werden, unserer Hoffnung auf jene letzte — wie F r i e d r i c h M i c h e l i s Bich ausdrückt — „Resorption" des Körperlichen und seine lichtpleromatische Perfektion in der „Leibwerdung als dem Ende der Wege Gottes", die uns auch verstehen ließe, warum an jeder Umbruchs- und Neuaufbruchsstelle des Lebens in der Entstehung des Lebens für u n s e r eindringenwollendes Verstehen eine echte Aporie (Ausweglosigkeit) eich auftut, die uns in die eigentliche Werkstätte des Schöpfers nicht tiefer hineinschauen läßt. Vielleicht wird diese Erkenntnis auch die letzte
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Anh. 1 Frucht einer tiefergreifentìen, eigenständig philosophischen Auseinandersetzung mit dem extremen Evolutionismus sein und uns zum Bewußtsein bringen, welche problemgebende Aufriittelungsmacht in dem D o g m a d e r l e i b l i c h e n A u f n a h m e M ä r i e n s in den Himmel für unser in die Welttretmühle des naturhaften Todeskreislaufes verfangenes Geschlecht liegt. So finden sich natürliche Offenbarung Gottes in Seinem Schöpfungswerk und übernatürliche in dem gottmenschlichen Erlösungswerk zur Enthüllung der tiefsten Erdenwahrheit: „der Vergänglichkeit unterworfen zu sein auf Hoffnung hin" (Rom 8, 20) zusammen. „Sie (die Erde) kann Ihn (Gott, den rein von sich aus Vollendungsmächtigen) nicht erkennen", ruft Augustinus aus, „aber bekanntmachen will sie Ihn." Und Thomas schreibt, betrachtend, was alles der Urstoff unter der Leitung des Schöpfers werden kann: „Mirabilis potentia materiae!" Tiefe spekulative Ausführungen zu der unmittelbaren Beziehung des Stoffes zur Herrlichkeit der Vollendung bringt O e s l a u s M a r i a S c h n e i d e r in der alten deutschen Thomas-Übersetzung: „Die katholische Wahrheit" (Regensburg 1886 ff.) im 11. (Supplement-)Band 1890: „Die Natur und die Gnade oder Die heilige Kirche Gottes." Vgl. ferner Hans André, „Das ,Stirb und Werde' als Leitmotiv des Lebens" I u. II, Braunsberg 1944. In II, S. 30, heißt es da: „Die Seele geht in der visio beatifica in das letzte ,In', in die innerste Gesammeltheit ein, und in ganz unsagbar höherem Abstände, wie wir das personal Schöne an einem liebeatmenden Menschenantlitz und an der nur naturhaften Lieblichkeit einer Pflanze in uns aufnehmen, nimmt die Seele das ,unergründlich grünende und blühende Nun' der Ewigkeit in sich auf, wobei das Innenlicht dieser Herrlichkeit überstrahlt auf den Leib. Deshalb nehmen auch die Sinne der Seligen von jener Leuchte der ewigen Stadt, welche das Lamm ist, das ihnen Entsprechende unverdürftigt in der Einheit dessen, was in der intentio spiritualis des Lichtes e n t h ü l l e n d lichthaft ihnen zufließen kann, in je ihrer Eigenart auf: in den v e r w a n d e l t e n Gefühlssinn als lautere lichtgewobene Feinheit, in den verwandelten Gehörsinn als schweigende Musik, in den verwandelten Geruchssinn als verströmenden Wohlgeruch rein nur vom Lichte schenkmächtig durchkrafteter Lebensfülle, in den verwandelten Geschmackssinn als Innewerden der unbeeinträchtigten Zukömmlichkeit der himmlischen Lichtspeise, in den verwandelten Gesichtssinn als schleierlose füllehafte Klarheit." Diese apokalyptische Verklärung der Leiblichkeit der Gerechten und mit ihr auch der neuen Erde und des neuen Himmels ist — der ganzen auf D i s t a n z sich aufbauenden Vermählung von Natur und Gnade auf deren Kulminationshöhe entsprechend — nicht das Resultat einer stetig fortschreitenden natürlichen Vervollkommnung, sondern der Reflex der über das ganze Universum sich ausgießenden Herrlichkeit Gottes. André.
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A N H A N G
Die Neunzahl
II
der Engelchöre
1
(Zu F r . 108) I. II. III. IV. V.
Chorgliederungen mit weniger oder mehr als neun Chören. Neunzahl der Chöre in der Väterzeit. Neunzahl der Chöre bei Dionysius Areopagita. Neunzahl der Chöre bei Gregor dem Großen. Schlußfolgerungen. I.
Die weitgehend unerforschte Geschichte der Chorgliederungen läßt sich in der Weise angehen, daß man die Zusammenstellungen von Engelgruppen in mehr oder weniger als neun Chöre untersucht und dann die Ergebnisse dieser Untersuchungen vergleicht. Die Vierzahl ist ungeachtet ihrer hohen Bedeutung an sich — man denke an die vier Himmelsrichtungen — von geringer Wichtigkeit, weil sie, trotzdem Paulus nie über die Vierzahl hinausgeht, zu niedrig liegt, um für die vollständige Anzahl der Engelchöre in Betracht zu kommen; als Grundriß der Achtzahl hat sie hingegen hohe Bedeutung, auf die hier nicht eingegangen werden kann. Auch die Fünfzahl genügt nicht, um den Reichtum möglicher Zusammenstellungen aus A T und NT zu bergen. Anders verhält es sich bereits mit der Sechszahl, die als eine vollkommene Größe gewertet wird; doch reichen die gesammelten patristischen Belege kaum aus, um sie als erfolgreiche Konkurrentin höherer Zahlenreihen durchzusetzen. O r i g e n e s fügt mannigfaltige Engelgruppen aneinander von der Vierzahl bis zur Neunzahl; die Vierzahl kehrt achtmal wieder in Zusammenhang mit gewissen Grundanschauungen, die Fünfzahl dreimal, die Sechszahl sechsmal und s i e ist — da Sinnbild der Vollkommenheit — wohl als endgültige Meinung des großen Exegeten festzuhalten (über die ihm von H i e r o n y m u s zugeschriebene Neunzahl von Engelchören siehe unter H i e r o n y m u s , Abschnitt I I ) . M e t h o d i u s von Olymp kennt eine Sechszahl, T i t u s von Bostra ebenfalls, ohne daß diese oder andere Väter sich irgendwie darauf festzulegen scheinen. Mit der Siebenzahl — die in der Schrift an 745mal vorkommen soll — beginnt ein riesenhaftes Feld der Spekulation, und nichts liegt näher, als die Zahl der Engelchöre entsprechend dem siebenfältigen Aufbaugesetz der Welt einzurichten. Dazu kommt als förderndes Moment die Siebenzahl der Himmel nach H e n o c h und anderen Apokryphen, eine Frage, in welcher die Väter weit von Einhelligkeit entfernt sind. Die Siebenzahl der Himmel ist ungewiß nach O r i g e n e s , 1 Die folgende Darstellung enthält Auszüge aus den Ergehnissen einer LeKtoratsarbeit, welche mit dem Titel: „Das Theologumenon der neun Engelchöre bis auf Gregor den Großen" im J a h r e 1939 vorgelegt wurde. Der hier gezogene engste Rahmen verbietet ausführliche Bezugnahme auf diese umfangreiche, aus den Quellen erhobene Untersuchung, sowie Anführung der zahlreichen Literatur.
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Anh. II
Anh. II G r e g o r v o n N y s s a , H i l a r i u s . Sowohl Chrysos t o m u s als T h e o d o r e t entscheiden sich für einen einzigen Himmel, P r o k o p von Gaza für zwei, A m b r o s i u s und V i k t o r i n von P e 11 a u für sieben Himmel (zur Frage der drei Himmel nach 2 Kor 12, 2 6iehe Abschnitt III). Vielleicht entsprechen dieser Grundidee die sieben Engelchöre, welche nachweisbar sind bei I r e n a u s von Lyon, A u g u s t i n u s , C ä s a r von Nazianz, E p i p h a n i u s , Theodoret von Cyrus, J o h a n n e s C a s s i a n (bei welchem eine unklare Achtzahl dazukommt), C y r i l l von Alexandrien; diese Väter kennen wohl kleinere Zusammenstellungen von Engelgruppen, kommen jedoch im Höchstfall ihrer einzelnen Zählungen meist nicht über sieben Chöre hinaus. Im Bewußtsein der frühen Christenheit, namentlich des 4. Jahrhunderts, hat die Achtzahl den Sieg davongetragen über die Siebenzahl. Wie David den Goliath, so hat die christliche Achtzahl die jüdische Siebenzahl überwunden. Die um eine Einheit vermehrte Siebenzahl — die Oktav — war zugleich Strukturschema des Himmelsgewölbes, welches in der sakralen Architektur (vor allem in Taufkirchen) nachgeahmt wurde. Hymnen auf die Achtzahl werden von vielen Vätern gesungen, meist in Zusammenhang mit der Auferstehung Christi, deren Gedächtnistag paradoxerweise als achter Tag nach dem Sabbat der Synagoge eingefügt wurde, um den Sieg Christi zu symbolisieren und die Überlegenheit des Christentums über das Judentum auch in der Zeitrechnung zum Ausdruck zu bringen. Der Triumph der Achtzahl war so überwältigend, die Ignorierung mythologischer Überlegungen hiebei so eindeutig, die ausschließliche Verwendung biblischer Argumente so durchsichtig und folgerichtig, daß Ausnahmen überhört werden dürfen und das Strukturschema des irdischen und geistigen Kosmos für das vierte bis fünfte Jahrhundert festliegt. Aus diesen Voraussetzungen wurde auf ein ähnliches Gefüge in der Himmelswelt geschlossen und die Engelchöre dementsprechend geordnet. Arianische, semiarianische und orthodoxe Väter wetteifern im Preise der nach Oktaven erklingenden Sphärenharmonie des Himmels und seiner in diesen Harmonien mitschwingenden Bewohner. Der Siegeszug der Achtzahl erstreckt sich über Morgenland und Abendland. E u s e b i u s von Cäsarea: Etwa zehn regelmäßige Viererund drei ebensolche Achtergruppen, deren Glieder nach ein und derselben Vertauschungsregel wechseln, zeigen, wie ee'hr es dem Geschichtsschreiber der jungen Kirche um Harmonie zu tun war. Außerdem finden sich etwa vier Vierergruppen von guten und fünf von bösen Geistern, eine Sechsergruppe und eine ganz undurchsichtige Siebenzahl von zum Teil gnostischen Namen. Es scheint, daß E u s e b i u s das achtgliedrige Chorgefüge als geschlossene Einheit in die Theologie einführt, da frühere Belege nicht zu finden sind; sein Vorbild hat mächtig ausgestrahlt bis ins Abendland hinein; viele Achterreihen der späteren Zeit dürften auf seine Anregung zurückgehen.
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K a p p a d o z i e r : A m p h i l o c h i u s von Ikonium feiert Anh. II die Aditzahl von Engelchören in einer Weihnachtspredigt. Bei G r e g o r von Nyssa lassen sich zwei Dreierreihen, zwei Viererreihen, vier Fünferreihen, eine kunstvoll formulierte Achterreihe liturgischen Ursprungs ausfindig machen. Man sieht dieser letzteren an, daß sie mit Fleiß zusammengestellt ist, um der Oktavenharmonie zu genügen, deren Lob der Nyssener oft verkündet. B a s i l i u s der Große kennt neben kleineren Gruppen, einer Siebenzahl und einer kaum streng beabsichtigten Achtzahl eine klargeprägte Achtergruppe nach dem Schema des E u s e b i u s von Cäsarea; während eines begeisterten Höhenflugs nach aufwärts leuchten vor seinem trunkenen Auge zweimal acht Elemente des irdischen Kosmos und acht Engelchöre auf. Die Liturgie von C ä s a r e a feiert neben anderen Reihen (Neun- und Zehnzahl) auch ein achtgliedriges Chorgefüge, das nach seinem Bearbeiter E n g b e r d i n g verstümmelt sein coli aus einer früheren Neunerreihe: eine These, die sich genau mit unseren Ergebnissen verzahnt. G r e g o r von Nazianz weiß um die Achtzahl (2 + Kol 1,16 + 2 ) ; auch die unter seinem Namen gehende Liturgie huldigt an zwei Stellen den acht Chören. R e i t z e n s t e i n erwähnt in seinem Buch „Poimandres" (Leipzig 1904, S. 294) ein altchristliches Amulett, welches eine klare Achtzahl enthüllt (das oberste Paar der Engel; Kol 1, 16; ,Kräfte' und die Thronwesen der Geheimen Offenbarung). A t h a n a s i u s erinnert sich neben kleineren Aufzählungen an drei Fünferreihen, eine Siebenerreihe und eine einwandfreie Achterreihe (letzteres gegen H u r t e r, J a n s e n s und andere, welche eine Neunzahl annehmen). S e r a p i o n gliedert ebenfalls nach dem Schema der Oktav, wenigstens ergibt die Lesart von D r e w s die Achtzahl; nach anderen Lesarten wären es nur sieben Chöre. Der Zusammenhang spricht eindeutig für die Achtzahl, welche sich aus der vorher erwähnten Vierzahl entwickelt; was einer Vierzahl von Lobeshymnen an Vater und Sohn und einer Vierzahl von Lobeshymnen an den Heiligen Geist entspricht. Aus der Viererpaarung des Ganzen ergibt sich die Lesart von D r e w s notwendig (vgl. Q u a s t e n , Monumenta eucharistica... Bonn 1935, S. 60). Wahrscheinlich schwebten auch D i d y m u s dem Blinden ( f 398) acht Chöre vor, als er eine liturgische Reihe aufzählte; gewiß ist das nicht, weil die „Kirche der Erstgeborenen" (Hebr 12, 23) in der Patristik je nach Sachlage sowohl Menschen als auch Engel bedeuten kann, was analytisch nachweisbar ist, und weil D i d y m u s auch eine Neunzahl von Engelchören, die über jeden Verdacht erhaben ist, anführt. Es ist erstaunlich, daß C y r i l l von Alexandrien, dem in den Arbeiten der dortigen Exegetenschule reiches Gut zur Verfügung stand, in dieser Frage nur wenig zu bieten weiß. Zwischen zwei Dreierreihen, drei Vierergruppen, vier Fünfergruppen ragen empor ein Gefüge von sieben und ein solches von acht Chören. C h r y s o s t o m u s , der die Neunzahl von Engelchören aus der Liturgie kennt, glaubt einmal der Achtzahl weichen zu müssen (Homilie 54 zu Mt; PG 58/540). Die Anaphora des S e v e r u s A n t i o c h e n u s (-¡- 538) enthält 39 8
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Anh. II nach architektonischem Schema unter Auslassung der Seligen 2 + 4 + 2 Engelgruppen. Die syrische Anaphora des heiligen J a k o b u s läßt acht Klassen sichtbarer Geschöpfe, vier Klassen von Menschen und acht Klassen von Engeln (2 + 4 + 2) auftreten. T h e o d o r e t von Cyrus ( f 460) reiht an zwei Stellen sechs, einmal acht Chöre aneinander. In der Theologie des H i l a r i u s von Poitiers erscheinen an zwei Stellen acht Chöre neben kleineren Zusammenstellungen. A u g u s t i n u s endlich weiß neben einer Siebenerreihe um eine klare Achterreih«. Die Zehnerreihen 6ind nicht immer so klar wie die kleineren Zusammenstellungen. Die Anaphora des T i m o t h e u s von Alexandrien, welche im Zeitraum zwischen 457 und 535 angesetzt wird, bietet in einem architektonischen Schema 2 + 6 + 2 Engelgruppen, sofern man die Seligen ausläßt. Die Apostolischen Konstitutionen entfalten in V I I 35, i3 fünf Paare von Geistergruppen: die übliche Neunzahl und die ,Geister'; V I I I 12a die übliche Neunzahl ohne die H e r r schaften', dafür ,Aeonen' und ,Heere'; V I I I 12 b die übliche Neunzahl und die ,Heere'. Die Schwankungen verraten, daß der Autor noch unsicher tastet, sich jedoch in eeinem Grundschema bewußt gleichbleibt. Eine im Zusammenhang unverkennbare Zehnerreihe (in Verbindung mit zehn Attributen des Vaters, zehn Attributen des Sohnes, sieben Attributen des Heiligen Geistes) entwickelt die Liturgie von C ä s a r e a, indem sie der üblichen Neunzahl die ,ewigen Heere' hinzufügt: genau die Formel der Apostolischen Konstitutionen in V I I I 12, 8 (E n g b e r d i n g). Desgleichen kann man eine Zehnzahl herauslesen in den verunechteten Ignatiusbriefen, wo je nach Auffassung der Lesarten und Lücken die ,Heere' und die ,Aeonen' Vollständigkeit bewirken oder nicht. Das aus dem Griechischen ins Syrische übersetzte „ T e s t a m e n t d e s H e r r n " zählt dreizehn Gruppen auf, darunter: ,Kleider', ,Leuchten', ,Herrlichkeiten', ,Freuden', ,Wonnen'. Vielleicht sind noch beizufügen ,Fürsten' und ,Wächter', was eine Reihe von 15 Klassen ergäbe. Nicht wenige Väter wechseln die Elemente ihrer Gruppen aus, so daß zum Beispiel bei C y r i l l von Jerusalem insgesamt zehn oder gar mehr Chöre vorhanden wären, wollte man sämtliche Einzelgruppen, die irgendwo im Gesamtwerk des betreffenden Vaters auffallen, planmäßig verbinden. II. D i e N e u n z a h l
der C h ö r e in d e r
Väterzeit
Das syrische „ T e s t a m e n t d e s A d a m " enthält in einem offensichtlich von anderer Hand hinzugefügten Schlußkapitel eine Aufzählung der himmlischen Mächte und schildert ihre Einzelausgaben mit Beispielen. Da dieses apokryphe Schriftstück altchristlicher Literatur sehr alt sein muß und das vierte Schlußkapitel jedenfalls aus frühchristlicher Zeit stammt, kann es von Bedeutung gewesen sein für die Entstehung der Engelsaufzählung in der kirchlichen Liturgie, um so mehr, als die Reihe exegetisch einwandfrei war; darum verdient sie einen Platz unter den Textzeugen der Neunzahl (Paul R i e s 1 e r, Altjüdisches Schrifttum außerhalb der Bibel, Augsburg 1928).
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C y r i l l von Jerusalem hält im Jahre 348 seine berühmten Anh. II Katechesen, deren fünfte eine liturgische Quelle zitiert, die sehr alt sein muß und nach verschiedenen Gelehrten vielleicht ins zweite oder dritte Jahrhundert zurückreicht, so daß die aufgeführten neun Engelchöre zu den frühesten Textzeugen der Neunzahl gehören. Daneben finden sich im Gesamtwerk C y r i l l s vier Vierergruppen, eine Sechsergruppe, eine Achtergruppe nach dem Schema des E u s e b i u s von Cäsarea, welch letztere privater Initiative zu entspringen scheint, während die Neunzahl einfach schlichter Wiedergabe liturgischer Tatbestände ihre Zitierung verdankt. Es ist völlig überflüssig, anzunehmen, daß Cherubim und Seraphim aus dem Buche H e n o c h übernommen wurden ( T u n n e l ) , denn die Übernahme eines Teiles der jüdischen Liturgie wird von H i e r o n y m u s in seinem Brief an Marcella ausdrücklich bezeugt, wie z. B. B o u s s e t in seiner Abhandlung über eine jüdische Gebetssammlung im siebenten Buch der A p o s t o l i s c h e n K o n s t i t u t i o n e n und B a u m s t a r k in seiner Abhandlung über Trishagion und Queduschah dartun. Der Urliturgie (Anaphora) von C ä s a r e a sind neun Chöre geläufig; es liegen zwei Typen von Formularen vor: A ist uralt und spiegelt den frühesten Zustand wider; B ist jüngeren Datums (E n g b e rd i n g , 1. c.). Vom heiligen E p h r a m ( f 373) kennt man u. a. drei verschiedene Gruppierungen von Geisterklassen, bei welchen jeweils das oberste Paar konstant bleibt, so daß einmal ,Engel', einmal ,Räder' und ,Wächter', einmal ,Mächte' (?), ,Wächter' und ,Dienstengel' beigefügt werden. Die Verknüpfung der in den Werken zerstreuten Einzelelemente bringt es auf insgesamt acht Chöre. Der syrische Kirchenlehrer soll Autor eines Bruchstückes der Ezechielerklärung sein, in welchem die Cherubenvision gedeutet wird. Es läßt sich vereinfacht etwa so übertragen: „Der Thron ist die Schau der Thronengel und der Seraphim und der Cherubim. Die Erscheinung des Saphirartigen, das wie der Himmel aussieht, ist die Schau der Kräfte, der Mächte und der Herrschaften. Die Erscheinung des Kristalls ist die Schau der Engel, der Erzengel und der Fürstentümer." Hier liegt eine im Anschluß an die Schrift versuchte Dreiteilung vor, und wenn das Bruchstück von E p h r a m stammt, haben wir in dieser Dreiteilung den ersten bekannten Versuch v o r D i o n y s i u s , wenn man nicht schon bestimmte Dreiteilungen bei O r í g e n e s in diesem Sinne deuten will. D i o n y s i u s A r e o p a g i t a dürfte dieses Bruchstück kaum gekannt haben, die Versuchung wäre doch wohl zu groß gewesen, eine so geistvolle Deutung zu übernehmen. Jedenfalls liegt auch hier schon eine feste Neunzahl voraus. Näheres dazu hat Johannes M i c h 1 in der Tübinger Quartalschrift 1937 IV veröflentlicht unter dem Titel: „Der hl. Ephräm und die neun Chöre der Engel"; dort ausführliche Nachweise. Der blinde Schrifterklärer D i d y m u s von Alexandrien will den Unterschied von ungeschaflenem Heiligen Geist und geschaffenen Geistern erläutern, er beruft sich zu diesem Behuf in einem hochphilosophischen Gedankengefüge auf eine Engel39*
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Anh. II
reihe, die er in der Neunzahl anführt (PG 39, 554 A ) . Sonst streut er kleinere Gruppen in seine Abhandlungen ein, meistens Vierergruppen. C h r y s o s t o m u s hat um 388 oder 395 in der vierten Genesishomilie eine klare Neunzahl von Chören aufgeführt, welche höchstwahrscheinlich aus der Liturgie übernommen wurden; abgesehen von der problemlosen Sicherheit der Aufzählung ist die liturgiegeschichtliche Situation dieser Aufzählung günstig, denn die Gottesdienstordnung von Byzanz, welche neun Chöre aufzählt, führt ein hohes Alter und ihr Ursprung ist im syrischen Raum, der Heimat angelologischer Spekulationen, zu suchen. Auch die griechische Liturgie des heiligen J a k o b u s, welche syrischen Ursprungs ist, zählt neun Chöre auf. B a s i l i u s von Seleucia ( f nach 458) hat in einer hochpoetischen Predigt zum Fest der Verkündigung Mariä neun Chöre, wahrscheinlich aus liturgischen Erinnerungen, angeführt. Eine von der vorigen stilistisch völlig abweichende Predigt zum selben Thema — vielleicht vom Patriarchen Anastasius I. aus Antiochien — läßt die in drei Hierarchien geordneten neun Engelchöre der Himmelskönigin huldigen. Die Gliederung in drei Rangfolgen ist sichtlich vom Areopagiten abhängig. Der Gegenpapst H i p p o l y t ( f 235) ist vielleicht der erste, der im A b e n d l a n d die neun Chöre erwähnt. Das oben besprochene Ezechielfragment wird nicht nur Ephräm, sondern auch ihm zugeschrieben. Das Bruchstück führt zwar in der griechischen Väterausgabe (GCS I 2, S. 184), wo es unmittelbar auf ein sicher echtes Stück folgt, die Bezeichnung ,unecht', welche von dem Herausgeber auf gewisse Vermutungen hin (spätere Zuschreibung an E p h r ä m ) erlassen wurde. Trotzdem ist die Möglichkeit nicht ausgeschlossen, daß H i p p o l y t der Verfasser ist, wie aus den Überlegungen von M i c h 1 hervorgeht, der über den von ihm gesuchten Autor des Fragmentes die Vermutung äußert: „Hat er vielleicht gar die Septuaginta erklärt? Ist es am Ende ein ins Syrische übersetztes Scholion eines unbekannten griechischen Schriftstellers?" (M i c h l , a. a. O., S. 490). Der deutsche Herausgeber hat keine Septuagintastudien gemacht wie M i c h 1 und so entging ihm, daß dieses Bruchstück noch viel eher von einem griechischen als von einem syrischen Schriftsteller stammen kann. Damit erhöht sich die Wahrscheinlichkeit der Autorschaft H i p p o l y t s gewaltig, denn die frühere Zuweisung besitzt gewisse Vorrechte. Bei A m b r o s i u s erscheinen an zwei Stellen drei Engelgruppen, vier Gruppen werden sechsmal angeführt, fünf Gruppen dreimal, die Sechszahl origenianischen Ursprungs taucht zweimal auf. Der Bischof von Mailand ist gewichtig als Bürge für die Neunzahl, gerade weil er 6onst die Achtzahl verherrlicht, ohne jedoch eine Achtzahl von Engelgruppen in irgendeinem seiner Werke anzuführen. Ist das Zufall? Die Neunzahl figuriert in der Apologie oder „Verteidigung des Propheten David an den Kaiser Theodosius"; diese Apologie wurde nach dem Herausgeber S c h e n k l in den Jahren 382—386, nach P a l a n q u e im Juni 387 geschrieben (CSEL 32/1, 14; P L
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14/130). Wie gelangt A m b r o s i u s zur Neunzahl? Liturgische Anh. II Quellen kommen ernsthaft in Frage, da die Neunzahl ebenfalls bezeugt ist für die mailändische Chrismaweihe und eine mailändische Präfation. Dazu tritt die Tatsache, daß auch eine mozarabische Messe die Chöre in derselben Reihenfolge aufzählt. Die M a i l ä n d e r L i t u r g i e stammt nach vielen Autoren von einer frührömischen Liturgie ab; am wahrscheinlichsten bleibt entweder eine mailändische oder römische Urliturgie als Quelle für die neun Chöre. Ein unbekannter Autor (vielleicht H i e r o n y m u s ? [f 408]) erwähnt in dem teilweise ungeklärten Breviarium in Psalmos zweimal die Neunzahl. Mag nun diese Psalmenerklärung aus dem 6. Jhdt. ( C o l u m b a n von Bobbio) oder aus dem 4. Jhdt. ( J u l i a n von Eclanum) stammen, immer ist sie wertvoll als Fundort der klar bezeugten Neun Chöre (PL 26/888, 1172). H i e r o n y m u s , der von gewaltiger Arbeitskraft besessene Kirchenvater, stellt — oft sichtlich in Eile •— mindestens achtmal drei- und fünfmal vier Engelchöre zusammen. Nur dreimal wird er ausführlicher und bringt eine Fünfzahl von Chören aufs Papier, zweimal die Siebenzahl. In dem von ihm übersetzten Traktat zur Seraphenvision des Isaias will er offenbar dem verschmähten Gegner O r i g e n e s eine im Aufbau lockere Neunzahl zuschreiben (um 400); in der Apologie gegen R u f in u s treffen wir eine geschlossene Neunzahl. Näheres kann hier nicht ausgeführt werden. Zum Fest des Papstes C l e m e n s kennt die mozarabische Liturgie einen Präfationsschluß mit neun Engelchören, welcher nicht gut spanischen Ursprungs sein kann, sondern aus früheren Formularen übernommen cein muß (Jerusalem, Syrien oder Rom selbst; man denke an H i p p o l y t s Fragment). Als ungefähre Zeitgenossen von Papst G r e g o r seien noch angeführt der Bischof S o p h . r o n i u s von Jerusalem (f 638); ferner P s . - C h r y s o s t o m u s , der in Auslegung von Lk 15, 8 das Drachmengleichnis wie Gregor für die Engelchöre auswertet; der Abt B a b ä u e (f nach 628), der das oben erwähnte Ezechielfragment wie Ephräm bzw. Hippolyt formuliert; sie alle bezeugen die neun Chöre bereits als feste Einheit. III. D i e N e u n z a h l d e r C h ö r e b e i D i o n y s i u s A r e o p a g i t a ( u m 500) Alle die Erwägungen, welche Dionysius für den Aufbau Beiner Chorgliederungen verwendet, sind streng biblisch. M i c h 1 anerkennt in seiner Studie über „ E p h r ä m und die neun Chöre der Engel", daß er seine Ideen nie aus Apokryphen schöpfe (S. 482), hingegen neuplatonischen Einflüssen offenstehe. Der Ursprung seiner Liturgie ist syrisch; man wird ohne Verwegenheit schließen dürfen, daß auch die Neunzalil der Engelchöre aus der syrischen Liturgie stammt, um so mehr, als ja die Neunzahl im Orient schon für 348 in Jerusalem verbürgt ist; dafür sprechen auch die Erwägungen bei C h r y s o s t o m u s und B a s i l i u s von Seleucia. Es ist höchstwahrscheinlich, daß kein Autor es auf eigene Faust hätte wagen dürfen, gegen die ausgebildete und siegreiche Mystik der Aoht-
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Anh. II zahl einen Vorstoß zu unternehmen, wenn er nicht aus einer Glaubensquelle ersten Ranges — Schrift und Liturgie — (seine Neuerung begründen konnte. Nur gegen solche Urkunden waren auch zahlenmystische Überlegungen machtlos. Als Quelle wird der Lehrer H i e r o t h e u s angegeben, dessen Persönlichkeit geschichtlich sein dürfte, wenn sie auch bis jetzt erfolglos gesucht wurde. Die Chorgliederung des Dionysius steht im Gegensatz zu der seiner syrischen Nachbarn, welche das Architekturschema der Achtzahl verwenden. Immer wieder fordert er die Befreiung von allen irdischen Phantasiebildern, und so haben denn seine Gliederungen nichts zu tun mit dem Achtecktempel der syrischen Taufkirchen, welche ein Himmelsbild widerspiegeln sollen. Daß die Chorgliederung des Dionysius eine versteckte Polemik gegen die Achtzahl enthält, läßt sich dartun durch Untersuchung der Bedingung, unter welcher sie zustande kommt: Auslassung eines Chores aus der paulinischen Fünfzahl bei anderen Vätern. Welcher Chor war das? Meistens, wenn auch nicht immer, die sehr umstrittenen Virtutes, deren Name allgemein für ,Himmelsgeister' gebraucht wurde, so daß die Auslassung verständlich wird, so etwa bei C y r i l l von Alexandrien, E u s e b i u s , G r e g o r von Nazianz, C h r y s o s t o mus, D i d y m u s , H i l a r i u s , A u g u s t i n u s , Theodor e t. Gerade um diesen Chor zu retten, m. a. W., um die Vollständigkeit der paulinischen Fünfzahl zu wahren, legt Dionysius am Ende seines Buches „Über die himmlische Hierarchie", außerhalb jeder in der Stoffleinteilung zu erwartenden Reihenfolge, ein neues Kapitel ein über den Chor der ,Kräfte'. Kapitel 7 handelt von der obersten Hierarchie, 8 von der mittleren, 9 von der unteren, 10 von der Gesamtgliederung. Man sollte denken, nun wäre das Thema der einzelnen Chöre erschöpft. Wer erwartet eine erneute Abhandlung über einen besonderen Chor? Und wenn sie doch hinzugefügt wird, liegt sie dann nicht außerhalb der Einteilung des Ganzen? Tatsächlich erscheinen die ,Kräfte' noch einmal, und es wird dargetan, daß der Wortgebrauch eine doppelte Verwendung zuläßt: ,Geistermächte' im allgemeinen, sodann die Engelgruppe aus Eph 1, 21. Da unterstes und oberstes Paar der Gesamtgliederung sowohl für die Vertreter der Achtzahl als auch für die Vertreter der Neunzahl festliegen, bedeutet das Eintreten für die .Kräfte' nichts anderes als eine versteckte Polemik gegen die Schmälerung der paulinischen Fünfzahl, das heißt gegen diejenigen, welche die ,Kräfte' nur deswegen auslassen, um eine künstliche Achtzahl konstruieren zu können. Ausführlichere Reihen brauchten die ,Kräfte' nicht zu übergehen, die Achtzahl hingegen kam nicht anders zustande, sie war der Hauptkonkurrent, der erfolgreiche Rivale, und gegen sie richtet sich das Kapitel 11 der ,Himmlischen Hierarchie'. Enthält die dionysianische Chorgliederung neuplatonische Elemente? Die Ableitung des Lichtes vom ersten Urborn in absteigenden und sich nach unten verbreiternden Ketten und Strömen von Geschöpfen, die Vermittlung der Gaben durch
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Mittelstufen, die Dreiteilung des Ganzen und der Teile können Anh. II neuplatonischen Ursprungs sein. Am wahrscheinlichsten jedoch dürfte es die Klärung der trinitarischen Streitigkeiten gewesen sein, welche mit der Verkündung der Gottheit des Heiligen Geistes auf dem Konzil von Konstantinopel 381 abgeschlossen war und das Ergebnis brachte, daß der Dreizahl ein allumfassender und grundlegender Rang zufiel, demgegenüber jedes andere Schema zurücktreten mußte. Ist die Aufteilung der Himmelswelt in neuplatonischen Vorbildern zu suchen, so besteht keine Wahrscheinlichkeit, daß die Dreistufung der Himmel im Sinne von 0 r i g e n e s Einfluß ausübte. Dieser hatte im Johanneskommentar (PG 14/79) drei übereinander liegende Himmel angenommen. Wieweit dabei die Vorstellung des „dritten Himmels" (2 Kor 12, 2) mitspielte oder Apokryphen verantwortlich zu machen sind, läßt sich nur schwer feststellen. Das T e s t a m e n t u m L e v i kennt sieben, in der Urform drei Himmel. Bei der Unabhängigkeit des Areopagiten von Apokryphen ist es wohl aussichtslos, nach religionsgeschichtlichen Vorbildern Ausschau zu halten. Wahrscheinlicher ist eine metaphysische Grundüberlegung, wonach jedes Gebilde drei „Teile", Anfang, Mitte und Ende, aufweist. Jedenfalls ist festzuhalten, daß der unbekannte Autor geflissentlich jede apokryphe Berührung vermeidet und streng biblisch arbeitet, so daß die tatsächliche Abhängigkeit der Chorgliederung vom Neuplatonismus sich auf das Zahlenschema 3 + 3 + 3 und einige allgemeinste metaphysische Wahrheiten beschränkt, die niemand zu bestreiten in der Lage ist, und die in einem aristotelischen Gesamthorizont dieselbe Gültigkeit besitzen wie im Horizont des Neuplatonismus. Das Äußerste, was man behaupten kann, ist dies, der Areopagit sei der Versuchung erlegen, die von ihm vorgefundene Neunzahl mit einer dreimaligen Dreiergliederung der Geister zu verknüpfen. Je später man das Werk des Areopagiten ansetzt, um so unbestreitbarer wird das Faktum, daß er die Neunzahl nicht geschaffen, sondern nur verarbeitet hat. IV. N e u n z a h l d e r C h ö r e b e i G r e g o r d e m G r o ß e n (f 604) Zweimal wird die Neunzahl erwähnt, wie K u r z in seinem Buche „Die Engellehre Gregors des Großen" (Rottenburg 1938) dargetan hat. Die von Gregor angegebene Schriftbegründung für die Neunzahl (Ez 28 und Lk 15, 8—10) ist D i o n y s i u s völlig fremd. Bei näherem Zusehen läßt sich die Meinung, Gregor habe seine Neunzahl von D i o n y s i u s übernommen, nicht mehr halten. Ihre Vertreter wußten oft nicht, daß es schon v o r D i o n y s i u s eine Neunzahl gibt. Die Untersuchung des Kontextes bei Gregor zwingt zu dem Schluß, daß er die Neunzahl als selbstverständliches Gut der Liturgie voraussetzt und sie in eigenständigen Beweisführungen biblisch zu stützen versucht. Gründe f ü r die Selbständigkeit der Engellehre des Papstes lassen sich so zusammendrängen: 1. Gregor war des Griechischen unkundig, und eine lateinische Übersetzung der Werke des D i o n y s i u s A r e o p a g i t a
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Anh. II hat nach S t i g 1 m a y r „schwerlich existiert". Hätte er wirklich als Nuntius des Römischen Stuhles in Byzanz Schriften des D i o n y s i u s kennengelernt, d a n n müßten sich wenigstens Spuren dieser Bekanntschaft in seinen Werken erhalten haben. An drei verschiedenen Stellen betont er seine Unkenntnis der griechischen Sprache. 2. Die Erwähnung des D i o n y s i u s durch Gregor (Horn. 34 in Ev.: PL 76/1607) läßt allerhöchstens auf ein sehr vages Hörensagen schließen: „Dionysius Areopagita, ein alter, ehrwürdiger Vater, soll gesagt haben, daß einige Engel aus der Anzahl der niederen Chöre auf sichtbare oder unsichtbare Weise nach außen gesandt w e r d e n zur Diensterfüllung, indem sie zum Tröste der Menschen als Engel oder Erzengel erscheinen." Der beste Beweis d a f ü r , daß es sich bei dieser Bemerkung nur um ein dunkles Gerücht handeln kann, dessen Inhalt sich d e r Papst schwach entsinnt, ist die Tatsache, daß es im ganzen Werk Gregors überhaupt keine f ü r D i o n y s i u s charakteristischen Ähnlichkeiten gibt, w ä h r e n d einige allgemeinste Übereinstimmungen, welche durch die Natur der Sache geboten sind, naturgemäß unvermeidlich bleiben. Zum schlüssigen Beweis d e r Abhängigkeit müßten typische Eigenheiten übernommen sein; solche hat bis jetzt niemand namhaft gemacht. Außerdem müßte bewiesen werden, daß diese scheinb a r e n Abhängigkeiten von D i o n y s i u s nicht von A u g u s t i n u s oder A m b r o s i u s , welch letzterer ein besonders treuer I n t e r p r e t griechischer Väter ist, entlehnt wurden. Gregor gibt seine Quellen ( A u g u s t i n u s und A m b r o s i u s ) jeweils sorgfältig an. Ähnliches gilt f ü r G r e g o r von Nazianz, den Gregor einmal zitiert. 3. Gregors Verfahren ist rein exegetisch, während sein großer Partner zwar wohl auch Einzelexegese treibt, f ü r die großen Rahmengefüge hingegen sich weitgehend auf metaphysische Ideen stützt. 4. Wie groß ist die psychologische Wahrscheinlichkeit, daß der Bahnbrecher der Engellehre im Abendland — eben der ,Engelpapst' — nicht begierig zu den Quellen gegriffen hätte, wenn sie ihm in extenso von Seiten eines „alten und ehrwürdigen Vaters" vorlagen und w e n n sie wirklich, wie die M a u r i n e r zu glauben scheinen, in aller Händen w a r e n ? Die Abhandlung des D i o n y s i u s „Über die himmlische Hierarchie" war damals die erste und einzige Monographie über die Engelwelt, wenn man nicht den Traktat über die Vision der Seraphim von einem vorläufig noch unbekannten griechischen Autor (Anekdota Maredsolana III, Ausgabe von M o r i n) als eine solche Monographie ansprechen will. 5. Wenn Gregor von D i o n y s i u s abhängig ist, wie viele Autoren wollen, w a r u m schweigt er dann vollkommen über die Chorgliederung (Trichotomie) des griechischen Unbekannten? Warum unterstellt er in der unter Nr. 2 zitierten Erwähnung des D i o n y s i u s eine unrichtige Behauptung? Zitiert man jemand, um ungenau oder falsch wiederzugeben, wenn man die Möglichkeit der Informierung h a t ? D i o n y s i u s lehrt in Ka-
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pitel 9 und 10, daß die Erzengel uns durch Vermittlung der Anh. II Engel die göttlichen Erleuchtungen überbringen lassen. Gregor aber meint, die aus den niederen Ordnungen Gesandten kämen als Engel o d e r Erzengel zu uns. Aus ,Erzengel verkünden durch Engel' wird „Engel und Erzengel verkünden". Damit ist die ganze Struktur des dionysianischen Aufbaus verkannt und durchbrochen. Je stärker man die Abhängigkeit Gregors von seinen Vorgängern veranschlagt, um so unerklärlicher wird die völlige Unabhängigkeit Gregors von Dionys. K u r z meint (a. a. 0., S. 97), es sei vollkommen rätselhaft, wie Gregor die Schutzengellehre hätte übergehen können, wenn ihm die klassischen Stellen des H i e r o n y m u s bekannt gewesen wären. Dasselbe gilt erst recht von dem völligen Schweigen über dionysianische Eigentümlichkeiten aller Art. V. S c h l u ß f o l g e r u n g e n Nach Prüfung der Aussagen, welche in einem guten halben Hundert moderner Werke über die Frage der Chorgliederungen gefällt wurden, zieht man die Bilanz, daß bis heute im Anschluß an die sehr verschiedenen Urteilsunterlagen der betreffenden Autoren ein Wirrwarr von Meinungen herrscht. Darum soll im folgenden versucht werden, die Ergebnisse der in Abschnitt I bis IV vorliegenden Bestandsaufnahme zusammenzufassen. 1. Im Überblick lassen sich die Verhältnisse durch eine Tabelle veranschaulichen. (Siehe folgende Seite.) Gegen verschiedene Autoren, welche allzu leicht eine Neunzahl zu finden glauben, mußte diese nach genauer Einzelanalyse der Elemente ihrer Chorgliederungen, nach vergleichenden Studien über sämtliche Engelreihen des betreffenden Autors, verneint werden. So ist z. B. bei Basilius keine Neunzahl vorhanden, ebensowenig in den Apostolischen Konstitutionen, bei Pseudo-Ignatius, bei Gregor von Nazianz; bei letzterem auch keine Elfzahl. Die Auffassung, daß die Autoren, welche eine Siebenzahl von Engelgruppen anführen, für die Neunzahl zu buchen seien, da sie das oberste Paar auslassen bzw. stillschweigend einschließen sollen, trifft, wenn überhaupt, nur selten zu. 2. Die angegebenen Traditionsströme sind teilweise voneinander unabhängig und nur durch gemeinsame Wurzeln, vor allem liturgischer Art, verbunden. Vor allem wichtig ist die U n a b h ä n g i g k e i t G r e g o r s von D i o n y s i u s . 3. Diese Traditionszeugnisse f ü r die Engelchöre bekunden liturgisches Brauchtum beim gläubigen Volke und theologisches Bewußtsein bei den wenigen, die sich mit solchen Fragen befassen. Sie sind also längst fester Besitz der Kirche, bevor Dionysius die Neunzahl, die auch ihm höchstwahrscheinlich fertig vorlag, zu Dreiergliederungen verarbeitete. 4. Die Theoretiker und Verherrlicher der Achtzahl waren, wenn sie an anderer Stelle neun Chöre aufzählen, nicht folgerichtig. Wenn wirklich der Achtzahl als Grundgesetz der Gesamtschöpfung die hohe Bedeutung eignet, die man von ihr 40 8
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Ungefähre Zeitangabe
185 200 250 300 300 300 348 360 370 370 370 370 370 370 370 380 380 380 380 380 380 400 400 400 400 400 440 440 440 500 500 500 580 580 600 600 600
Quelle
Ort oder Landschaft
Irenaus Lyon Hippolyt ? Rom Origenes Cäsarea Urliturgie Cäsarea Eusebius Cäsarea Methodius Olymp Cyrill Jerusalem Hilarius Poitiers Ephräm Edessa Athanasius Alexandrien Serapion Alexandrien Epiphanius Salamis Didymus Alexandrien Basilius Cäsarea Liturgie Cäsarea Gregor Nazianz Liturgie Nazianz Cäsarius Nazianz Gregor Nyssa ? Ignatiusbriefe Ambrosius Mailand Apost. Konstit. Syrien Hieronymus Bethlehem Liturgie Konstantinopel Chrysostomus Konstantinopel Augustinus Hippo Cyrill Alexandrien Seleucia Basilius Cyrus Theodoret Dionys. Areopag. Syrien Syrien Schatzhöhle Timotheus Alexandrien Gregor I. Rom Anastasius I. ? Antiochien Sophronius Jerusalem Bobbio | Columban ? 1 Eclanum / Julian ? / Syrien Babäus
Zahl der angenommenen Engelchöre 6
7
6
7
4
7
7 7 7
7?
8
9 9? 9
9? 8 9 8 8? 9? 8 8 8 8 8 8
9 10 9? 9
7 6
8 8 8 8
9 9 9
10 10
9 9
8 9 9 9
10
9 9
rühmte und mit biblischen Unterlagen zu beweisen glaubte, 60 mußten auch die Engelchöre entsprechend durchgegliedert werden. Hat man trotzdem neun Chöre beibehalten, 60 haben besondere Gründe dazu gezwungen. Als wahrscheinlichster Grund drängt sich uralter liturgischer Brauch dieser Neunzahl auf. Die Traditionstreue des gläubigen Volkes verhinderte Änderungen, nachdem einmal die neunfache Chorgliederung sich eingebürgert hatte.
618
5. Die exegetisch gewonnene Neunzahl stellt einen Mittelwert Anh. II dar zwischen kritikloser Anhäufung von Engelsbezeichnungen (es gibt an die dreißig schriftgemäße Namen für Engelgruppen) und unwissender oder systembedingter Auslassung von sicheren Gruppen. 6. Im Laufe der ersten zwei Jahrhunderte, spätestens um 250 bis 300, hat sich durch Schwankungen um diesen exegetischen Mittelwert herum, d. h. zwischen Sechszahl und Zwölfzahl, eine Gleichgewichtslage herausgebildet, die in liturgischen Zeugnissen ihren Ausdruck findet. 7. Die Neunzahl an sich (ganz ungegliedert oder nach der mehr bibelgemäßen Gruppierung von Gregor 2 -j- 5 2) und die Neunzahl in der Dreiergliederung von Dionysius (3 + 3 + 3) sind streng auseinanderzuhalten. 8. Die rein exegetisch gewonnene Neunzahl, bei deren Zusammenstellung keine systematische Spekulation obwaltete, wie das bei Gregor offensichtlich ist, darf unter keinen Umständen belastet werden mit den Vorbehalten, welche gegen die neuplatonische Triadengliederung der Neunzahl bei Dionysius erwogen werden könnten. 9. Die Sechszahl, Siebenzahl, Achtzahl, Zehnzahl usw. sind mythologisch viel stärker belastet als die Neunzahl und in einzelnen Fällen, wie das besonders bei der Achtzahl leicht erkennbar ist, konstruktiven Absichten entsprungen; so haben Symmetrie der räumlichen Anordnung, Zahlenmystik usw. mitgespielt. 10. Der theologische Gehalt der Neunzahl kann nicht den Sinn haben, daß ein absolutes Strukturschema der Engelwelt aufgezeigt werden soll. Wer das wollte, würde in schlimmste Gnosis verfallen. 11. Wenn es auch wahr ist, daß die exegetisch sicheren Gegebenheiten der Schrift religiöse Aussagen erlauben, die im Endergebnis ihre Übereinstimmung mit der Bibel bewahren, so wird doch der Schleier nicht gelüftet, der uns den realen übernatürlichen Hintergrund — die Engelwelt und ihre Gliederungen — fast völlig verborgen hält. 12. Liturgische Quellen haben vor allem in Verbindung mit der Eucharistiefeier den methodischen Rang eines locus theologicus. Darum mußte nach dem theologischen Axiom: ,lex orandi lex credendi' die Neunzahl siegen über die mythologisch infizierte und überdies exegetisch unvollständige Achtzahl. Der Sieg der Neunzahl über ihre Rivalen ist ein Sieg der nüchternen Bibelexegese über philosophische Spekulation, mythologische Zahlensymbolik, gnostische Phantastereien. In Anbetracht der über dreimal so hohen Anzahl von Engelgruppen aller Art in der Schrift ist die Zurückhaltung liturgischer Gebete beachtlich. Die Neunzahl hatte nur e i n e n ernsten Rivalen: die Achtzahl. Mit sanfter Gewalt hat sich die Neunzahl auch gegen die Bewunderer der Oktav langsajn durchgesetzt.
40*
619
NACHTRÄGE
UND
I. E r g ä n z u n g
BERICHTIGUNGEN
zu d e n
Marginalien
1. Die Väler-Zilate im Corpus Scriptorum Ecclesiasticorum Latinornm (CSEL), soweit die im Bande zitierten Werke dort erschienen sind. Seite
PL
7 16 34 35 62 63 64 65 67 69 102 111 137 137 137 139 172 212 213 227 229 230 232 234 243
41/640D 41/154A 34/304C 34/383A 42/480D 42/481A 42/481A 42/480D 42/481A 33/519B 41/349A 41/357B 41./357C 40/604C 40/607A 42/553A 34/464B 41/424B 41/424A 41/575A 41/687B 41/575A 15./1623A 41/151D 34/346A
CSF.L
40/11 40/1 28/1 28/1 25/1 25/1 25/1 25/1 25/1 44 40/1 40/1 40/1 41 41 25/11 28/1 40/11 40/11 40/11 40/11 40/11 32/1V 40/1 28/1
395 231 108 250 731 731 731 731 731 107 566 581 581 648 652 856 396 36 36 290 474 290 157 227 182
Seite
PL
246 249 255 255 255 256 257 263 264 264 (Fn) 264 (Fn) 265 (Fn) 267 267 267 267 269 272 272 284 291 322
41/146C 41/146C 41/290C 34/467A 41/290C 41/241A 41/717B 41/150C 41/148 41/142
40./I 40/1 40/1 28/1 40/1 40/1 40/11 40/1 40/1 40/1
218 218 466 402 467 381 525 225 222 211
41/146f
40/1
219f
41/141B
40/1
209
41/141B 41/148 sq. 41/141B 41/148sq. 41/148A 41/141B 41/148sq. 34/335A 41/290B 34/424B
40/1 40/1 40/1 40/1 40/1 40/1 40/1 28/1 40/1 28/1
209 221sq. 209 221sq. 221 209 221sq. 162 466 322
2. Die Zitate aus Dionysius in der Ausgabe Seite
13 26 49 51 73 73 74 75 76 77 77 80 81 81
620
PG/3
969C 732B 593B 593B 209C 240B 209A 332B 693C 240B 205B sq. 537B 181A 504C
Sol.
1/530 1/304 1/35 1/35 11/857 11/877 sq. 11/853 11/1006 sq. 1/149 11/877 sq. 11/835 sq. 11/1004 11/812 11/1330
Seite
83 84 85 85 85 92 98 98 101 101 102 103 103 104
CSEL
von
PG/3
292C sq. 209B 181A 420D 332B 209B 181A 332B 164D 200D 124 A 208A 165B 164D
Solesmes. Sol.
11/936 11/854 11/812 11/882 11/1006 sq. 11/854 11/812 11/1006 sq. 11/785 11/831 11/737 11/844 11/792 11/785
Seite
PG/3
Sol.
Seite
11/1338 sq. 505C 200Dsqq.II/831 sqq. 11/829 200C 273C 11/923 164D 11/785 205B 11/836 205B 11/835 205B sq. 11/835 sq. 237C 11/870 11/892 sq. 257B 196B 11/822 11/821 196B 237D 11/837 969C 1/531 1/534 sq. 972B 237C 11/870 240A 11/876 257B 11/893 257C 11/896 11/836 205B 205C sq. 11/840 205D 11/841 200D 11/831 eq. 11/892 sqq. 257B 205D 11/841 205B 11/835 237D 11/873 11/892 sqq. 257B 205B sq. 11/835 sq. 725A sq. 1/227 sq. 1/407 872B
105 106 109 110 111 111 115 116 116 116 117 118 118 118 118 118 119 120 120 120 121 122 124 124 124 124 124 124 125 141 159
3. Die Zitate Seite
PL/63
4 11 22 25 263. 268 268 270
758A 771D 779A 779 sq. 815A ib. 815B 817A
164 164 165 166 183 185 186 189 190 190 191 191 192 193 198 198 198 198 202 202 203 224 225 236 247 283 283
Sol.
von Boethius im CSEL.
CSEL
Seite
PL/63
815A 270 816A 270 271 817A 272 ib. 272 (E. 3) 815A 273 (Anders.) 273 (Antw.)
63 69 74 75 96 ib. 97 98
II. V e r z e i c h n i s
PG/3
393A s q q . I I / l l l l s q q . 397D (ist zu streichen) 11/807 180B 11/733 121B 300B 11/942 300B 11/942 300B 11/942 209A 11/852 240B 11/878 237C 11/871 11/835 205B 237C 11/871 321A 11/981 321A 11/981 11/812 sq. 181A 301A sq. 11/948 sqq. (nicht 332) 501B 11/1317 (nicht 504) 273A. C 11/917. 923 11/822 196B 260A 11/898 11/921 273A 716A 1/231 716A 1/231 11/998 329B 700A 1/166 696C 1/154 11/807 180B
der
CSEL
96 97 98 ib. 96 97 97f.
Abkürzungen:
1. Werke des hl. Thomas von Aquin (außer Summa theol. und Sentenzenkommentar ) : An. = Quaestio disputata de anima. In An. = In libros Aristotelis de anima expositio. CG = Summa contra Gentes.
621
Col = Expositio in S. Pauli Apostoli epistolam ad Colossenses. Cor = Expositio in S. Pauli Apostoli epistolam ad Corinthios. CTh = Compendium theologiae. Eph = Expositio in S. Pauli Apostoli epistolam ad Ephesios. Gal = Expositio in S. Pauli Apostoli epistolam ad Galatas. Hb = Expositio in S. Pauli Apostoli epistolam ad Hebraeos. J o = Expoisitio in evangelium S. Joannis. Job = Expositio in Job. Mal. = Quaestiones disputatae de malo. Met. = In metaphysicam Aristotelis commentaria. Mt = Expositio in evangelium S. Matthaei. Or. Dom. = Expositio devotissima orationis dominicae. Periherm. = In libros Perihermeneias Aristotelis expositio. Pot. = Quaestiones disputatae de potentia. Qlb = Quodlibetum (quaestiones quodlibetales). Resp. de = Responsio de articulis. Rom = Expositio in S. Pauli Apostoli epistolam ad Romanos. Subst. sep. = De substantiis separatis. Thess = Expositio in S. Pauli Apostoli epistolam ad Thessalonicenses. Unit. int. = De unitate intellectus contra Averroistas. Ver. = Quaestiones disputatae de veritate. 2. Abkürzungen
und Ausgaben
der öfter zitierten
Werke.
a) Abkürzungen: Bg: B. Alberti magni Opera omnia. Hrsg. Auguste B o r g n e t . Parißiis 1890S. B k : Avicebron, Fons vitae. Hrsg. Cl. B a e u m k e r . Beiträge z. Gesch. d. Philosophie d. MA. Hrsg. Cl. Baeumker. Münster 1891fi. Frdl: Maimonides sive Rabbi Moysas, The Guide for the Perplexed, translated from the original arabic text by M. F r i e di ä n d e r . London 1928. K W : Die Kirche in der Welt. Ein Loseblatt-Lexikon. Hrsg. CI. Echelmeyer u. a. Münster 1947ff. L T h K : Lexikon für Theologie und Kirche. 2. Aufl. Hrsg. Dr. Michael Buchberger. Freiburg i. Br. 1930S. Qr: Editio der Werke des hl. Bonaventura und des Alexander Halensis von Quaracchi. b) Ausgaben: Für A v e r r o e s : Aristotelis Stagyritae Libri Metaphy. X I I . cum singulorum Epitomati» hactenus non impressisi Auerroeque ejus fldeliss. interprete ac M. Anto. Zimare apostillis etc. Lugduni 1542. Ebenso : Aristote. Stagyrite Lib. IV d Celo et mundo: subnexis ejus duobus illis de generatione et corrup. cum singulorum Epitomis hactenus non impressisi ac Auerro, fìdiss. interprete: necnon ejusdem de substantia Orbis etc. Lugduni 1529.
622
Ebenso: Aristote. Stagyrite Libri tres d anima: cum singulorum Epitomis hactenus non impressisi Ejusdemqu Parva naturalia: cum Auer, cordube. fìdiss. interprete etc. Lugduni 1530. Für A v i c e n n a : Die Metaphysik Avicennas. Hrsg. M. Horten. Halle u. NewY o r k 1907. Zu S . 288 F n : Opera in lucem redacta ac nuper ars niti potuit per canonicos emendata, translata per Dominicum Gundissalinum, Venetiis 1508. Zu S. 350 u. 359: Eduard M a y , Kleiner Grundriß der Naturphilosophie. Meisenheim 1949.
623
A L P H A B E T I S C H E S
S A C H V E R Z E I C H N I S
A b k ü r z u n g e n a: an, auf, aus Ätinl: Ähnliches, Ähnlichkeit(en) An-Ä: Anähnlichung A n g ( n ) : Angelegenheiten) B g r : Begriff B w g : Bewegung, Beweger b w : bewegen, b e w e g t Bst: Bestimmung bst: bestimmt Chr: Christus D: Dämonen d: der, des usw.. durch E: E n g e l e: ein, einer, eine E-Ch: Engelchor Efl: Einfluß Eigbw: Eigenbewegung Eigtt: Eigentätigkeit Erk: Erkenntnis, Erkennender erk: erkennen E W : Engelwelt F(n): Form(en) f: f ü r G: Gott G g : Gegenstand gg(s): gegen(seitig), gegenüber Gh: Geheimnis Gn: Gnade G-S: Geistseele Gsch(e): Geschöpfte) gschl: geschöpflich Gst: Geist
:
gst: geistig gttl: göttlich h: hat, hatte, haben Hsk: Himmelskörper k: kein, keiner, keine K : Körper K W : Körperweit L: Leben L i : Liebe m : mit M(n): Mensch(en) m l : menschlich Mglk(n): Möglichkeit(en) m g l : möglich Mtl: Mittel mtlb: mittelbar n: nach, nicht, nichts N : Natur nh: naturhaft nl: natürlich Ntw(n): Notwendigkeiten) ntw: notwendig o: oder, ohne O f f b : Offenbarung Ord: Ordnung org: organisch EF: Rangfolge Sch: Schöpfung Sch-E: Schutzengel Sehr: H l . Schrift Spr: Sprache, Sprechen u: und, unter u-bst: unbestimmt u - m g l : unmöglich u - m t l b : unmittelbar
U-O: Ursachenordnung Urs: Ursache, Ursächlichkeit urs: ursächlich U v k ( n ) : Unvollkommenheit(en) uvk: unvollkommen v: von, vom, vor Vk(n): Vollkommenheit(en) v k : vollkommen Vn: Vernunft vn: vernünftig vnl: vernunftlos V s h g : Vorsehung Vst: Verstand, V e r ständnis Vorst: Vorstellung (-s-kraft) W : Welt W A : Weltall W B : Weltbewegung W D : Weltdauer W E : Welterhaltung W f t : Wissenschaft wftl: wissenschaftlich Wkg(n): Wirkung(en) W k l : Wirklichkeit W k s : Wirksamkeit w k s : wirksam W L : Weltlenkung W O : Weltordnung W s h : Weisheit W V : Weltvernichtung W s n ( h ) : Wesen(heit) z: zu, zum, zur
N B . : Innerhalb der größeren Titel ist die alphabetische Reihenfolge, w o es nötig schien, durch Kursivdruck kenntlich gemacht. Die kursiv gedruckten Ziffern beziehen sich auf A n m e r k u n g u n d Kommentar. W o E i n w a n d u n d Auflösung' in den A n g a b e n sich entsprechen, sind sie durch / zusammengefaßt.
Aberglaube 577. Abgeschiedene, Efl. a K W sehr gering 289ff 591. — mischen sich n in ml Ang.n 137. Abhängigkeit d Gsch.e i Sein 422.
— doppelt 583f. Acht, d. a. Tag 608. Achtzahl, Triumph d A . 608f. actio immanens 468. actio transiens 468. Act-Potenz-Prinzip i d Höherstaffelung d L.s-Stufen 571. actus humanus. Untersch. z a. hominis 372.
624
actus primus 464.
u
secundus
Adam, h e Sch-E 204/206. — Sünde A.s 366. — Ursprung d G-S i A . 593f. Aggeneratio, echtes Wachstum d A.
355.
Ähnlichkeit i d absteigenden Linie 325. An-ähnlichung an G Sinn d gschl W k s 470f. — an G Hauptwkg d W L 407f. — Ziel d Sch 558. stendenz d anorgan. Elemente a d organ. Strukturen 355 371 571.
„ Ä h n l - n " d Dinge i d Vorst 172 362. — analoge Ähnl d Dinge m G
395
439f.
— d e r k a n n t e n Gg.s i E r k e n n e n d e n 444. — jd W i r k e n d e wirkt e ihm Ä h n l 156 158 237 2 4 6 299/ 3 0 4 325 345 355 395 535 591 594
596
599f.
A l l e i n - W k s G.s b e i L u t h e r 473. A l l g e m e i n , d A. k n b w o E i n z e l w a h r n e h m u n g 46. es geht a A.es, B e s o n d e r e s a B. zurück 46. A l l m a c h t G.s, „ G r e n z e n " 425f 431.
—
einzige
Gr. d
Sinnwidrige
3401
A l l - U r s G.s 410 —
k
Allein-Urs
415f. 452ff.
A n a l o g i a lucis 337. A n a l o g i e 379 465. — A n w e n d u n g d A. a d W k l 380f.
—
n u r a. Ä h n l d D i n g e m G 395.
— i d Stufen d Leib-Wkl 3 8 0 f . A n f e c h t u n g d D doppelt 220 — z Verherrlichung d Auserw ä h l t e n 221. — H i l f e d Gn u d S c h - E 220. — Ord d A. v G 219f. Anorganisch-organ. Entwicklung, G l e i c h l a u f d 569f. Anthropologie, christl. 411. A n t h r o p o m o r p h i s m u s 446. — d A u f k l ä r u n g s - P h i l . 424. — i V e r s t d r e i n e n Gst.s 3 4 5 f . — i Bgr d W E 419. — i d F r a g e d W V 437. Antichrist
555f
564.
— h e S c h - E 205f. Apostasie 354. applicatio a d a g e n d u m 458ff. A r a b i s c h e P h i l . 571. A r c h a i k u m - A l g o n k i u m 568. Aristotelismus 441 572. — b e i Augustinus 572. Art, B g r e a n d e r e r i d Metaph. u i " d N-Wft 381. Assimilation d N a h r u n g 310H 383.
Assimilation d N a h r u n g m o d e r n e m V e r s t 6¡00. A s t r o l o g i e 2 4 5 — 2 6 2 573ff
Atom, i n n e r a t o m a r e
nach 580ff.
Vorgänge
374jf.
•— als w i r k m ä c h t i g e
N-Einheit
368.
A t o m i s m u s 239. — D e m o k r i t s 368. A u f k l ä r u n g 424. Auflösung d D i n g e k o m m t v e M a n g e l 11. — d Einen, Zeugung d anderen
40
336f
603f.
A u f n a h m e , j d A. v e t w a s e r folgt n A r t d A u f n e h m e n den 574. Aufstufungsweg d M a t e r i e z immer höherer Information 603.
Auge, B a n n u n g d u r c h d K r a f t d A.s 286f/288f 380. — i A. k o n z e n t r i e r t sich d L 288 382. Augustinismus 472. Ausdehnung d K, ihre Funktion 235/240. — k a n n w a c h s e n b e i Stoffbestand 314f. A v e r r o i s m u s 277f 5 8 6 f . B Barmherzigkeit, Gerechtigkt G.s n u r F u n k t i o n S . B . 366. B e d ü r f t i g k e i t d Mn seinsm ä ß i g g e s e h e n 572. B g r - B e s t i m m u n g , R e g e l f saub e r e B. 3 4 8 f . B e l e b e n , e i m m a n e n t e r Akt 382.
B e l e h r u n g , zwei H a u p t w e g e d B.
587f.
Benennungen werden v Vk g e n o m m e n 242. B e s c h a u u n g wird d ä u ß e r e T ä t i g k t " g e h i n d e r t 181f. — hebt ü Zeit u R a u m hinw e g 181. — w i r d d Tätigkt, die aus ihr hervorfließt, n g e h i n d e r t 182. B e s e e l u n g i N a c h e i n a n d e r 299/ 301 fï ' 5 9 2 596.
625
Beseelung, Zeitpunkt d B. d • G-S 601f. Besessenheit 255. Besitz nur vk, wo man ihn mitteilen kann 107. Bessere, d B. i größerer Fülle geschaffen 192 363. Beste, d b. W L geschieht d Einen l l f . Bestimmung, jd B.-bedürftige kann d e B.-mächtiges, das jenes i s Macht h, i d Akt überführt werden 46f. Bewegung 235. — antizipative B.sbilder 361. — d Bewegende muß über d B. stehen 364f. — jd B. wird aufgenommen n d .Eigenart d Bewegten 410. — Priorität d pttl B. n ztl 474. — den Leib bw, b d Seele dass. wie ihn beleben 382. — örtl. u qualitative 48ff. — örtl. B. erste u vk-ste aller B.n 158f 536. — jd B. Ausfluß d Seins 442. — jd B. geht auf e Unbewegtes zurück 567. — verschieden trotz einzigen Bewegers 18. — „»irtuelle B.sbilder" Palägyis 375. — Wesen d B. 12 18. — b w u bewegt werden d gleiche Wkl 474. Bewegungsprimat d Willens 361.
Biotheoretische Probleme höherer Ord 350f. Biozentrik d Kosmos 567ff. Bischof als Vollender 105. Bittgebet u Schicksal 580. Blick, d böse 286/288 380. Blumenteppich d Erde e „organischer Regenbogen" 371.
„Blüte als polare Ganzheit" 571f.
Bonum, commune melius et divinius quam b. unius 85. — diffusivum sui, Grenzen ds Mitteilens 505.
626
Böse, d „B. an sich" kann es n geben 416. — z Bgr d B. gehört Unord 139. — tun Zeichen größten .Elendes 144. — G lenkt d B. z Guten 148. — kann es n geben o Gutes 141. — Forrang i B. Zeichen größeren Elendes 144 354. — Zulassung d B.n 417. Bosheit, gemeinsame B. treibt z Unterwerfung u d Mächt i g e m 143. C Calvinismus 452. Causae per se subordinatae 353.
Cherubim, vierfache Bdtg d Namens 121f. — Stellung i d EW 123ff. — i d Sehr 521. Christus, Chr-Bezogenheit d E 55lf
555f.
— ü allen Ch.n d E 105. — größer als d E d Gesetzes 185. — unsere Hoffnung 605f. — Ursprung d Zeibl. Stoffbestandes i Chr 326. — M-werdung Chr-i als „Ende d Wege G.s" 605. — identifiziert sich m d Jli.en 365.
— Opfertod Chr-i 605. — o männl Samen empfangen 326. — h k Sch-E 204/205f. Corpus diaboli mysticum 529. Corruptio unius generatio alterius 40 336f 603f. D Dämonen, Anfechtung d Mn durch d D 213 233 558ff. — Beschwörung d D 254/257. — Efl a d Vorst v innen u außen 230. — „Eintracht" d D stammt aus d Haß gg G u d Mn 143.
Dämonen, bei d D gibt es k .Erl. 144ff. — ungebrochene Gst.eskraft d D 530. — 6? bedient sich d D um Seiner Selbst willen 141. — trachten n gttl Ehre 257 576.
— fördern Götzendienst u Aberglaube 256f 576f. — Unterord d D u d gt E 1463 531. — e Heer u d Führung Satans 528
— Eil d Hsk a d D 254ff 576f. — ifainpf d Christen gg d D 140. — h k Kenntnis v Innern d Mn 223 576. — erhalten Oflb ü gttl Gh.e 147. —
Ord d
D
527ff.
— bei Paulus 528. — wirken d /Samenübertragung Scheinwunder 229f 241f/244. — können nur Scheinwunder wirken 163 224ff. — u Schicksalsgötter 581. — Spr d D 145. — Stufenord d D 139fl. — Forrang u d D 141fl 529. — was sie sind 256. — können d Stoff k W F einprägen 48. — können k Tfsn-Verwandlungen tätigen oder Tote auferwecken 230 591. — Rolle d D i Weltgeschehen 558/?. — können k Wunder wirken 163 537. — können Zeugungssphäre beeinflussen 369f. Dämonisierung d W e l t 358. Darwinismus 347 389. Dasein, d Verbindung v D. u Wsn muß ständig v G gewirkt werden 422. Dauer d E-Ch.e 131ff 524f. — e w i g e D. d W e l t 42ff 434 bis
438.
— Ursprung u Wsn d D. 423.
Dauerhaftigkeit mi W e r k e nur relativ 29/35 425. Deismus 424 428. — Widersinn d D. 388. Denken k physikalischer Vorgang 379. Diakon, A u f g a b e d D.: Läutern 105. Dienen, d Gesetz d Kosmos 85 362f.
Diener ist e erkennendes W e r k z e u g 180. Dienst, aller echte D. i d Sch ist G.s-D. 362f. — gttl Personen w e r d e n n z D. gesandt 186. — Wsn d D.s 180. Diluvium 568. Dingcharakter, nur Verst erkennt d D. d Dinge 356f. Dionysius, Leistung u Autorität d D. 346. Dispositio, Bgr 378f. Dreifaltigkeit, d gttl Personen w n z Dienste gesandt 186. — ihre Ord nur e d N, n d R F 103. — k „überhimmlische" RF 103. — d Gesetz d Zueignung 426. Dualismus 404. Dynamismus 349f. E Ehebruch, k Mitwirken G.s m E. 299f/305 596. Ehrfurchtslosigkeit gg d N 339. Eigenschaft, im Sein a d Träger beschränkt, n i W i r k e n 241. — i dreifacher W e i s e gegeben 115. — als Urs d W F 236/240f. Einfachheit, als Einheit d Aktfülle 367. Einheit, Bedingung d Existenz
11.
— Gesetz
jd
Gemeinschaft
405.
— Gradmesser d inneren Seinsbeständigkeit 404.
627
Einheit, B e d i n g u n g jd guten L e n k u n g 12. — w a s , n e b e n h e r ' ist, h w e d e r S e i n noch E. 260f 265. — d Seiende u d Eine s vert a u s c h b a r 11 378. — S t r e b e n n E. so s t a r k w i e Str. n S e i n 404. — S t u f e n d E. i Kosmos 404f. — jd F i e l h e i t geht z u r ü c k a E. 247. — d e r W k g . n d Wh 13ff. — d W L 403jf. v e r l a n g t e i n e n Lenker llf. — einheitl. Wkg v e r l a n g t e Urs. 405. E i n w i r k u n g G.s a d Gsch.e, A l l g e m e i n h e i t d. 451—478. — G l a u b e n s w a h r h e i t 451 f . Einzelwesen, d e r n i e d e r e n Bereiche, n u r d A r t w e g e n d a 399. — v G e r k a n n t u g e l e n k t 397. — auch d E. u n t e r s t e h e n d e r W L 17. E i n z e u g u n g s s t u f e n 603. Eizelle, passives V e r h a l t e n d weibl. E. 370. Engel: — b e d ü r f e n d .Erhaltung d G 421f 425. — £ r k d E 497. d r e i S t u f e n 103. S t u f e n d N auch St. d jßrk. 347. — E r l e u c h t u n g , ggs-e d. E 73ff. Ord d Erl 80fl. U m f a n g d Erl 83ff. Tatsache d E r l 496. s. E r l e u c h t u n g — n d Auferstehung Gemeinsch. v E.n u M.n 137. — s t e h e n u gttl Gesetz 83. — w i r k e n v o r n e h m l . z Erl d G l a u b e n s i d M.n 167. — i h r e Tätigkeit geht v G a u s u z G z u r ü c k 180. — d o p p e l t e G r u p p e u d E.n 188.
828
Engel: — k Individuen i ml Sinne 516. — K a m p f u d E.n 215fi. — unsere Kenntnis d E nur u v k 109f — b e t r e u e n d K W 149fi 531 bis 558. — K g e h o r c h e n d E . n a örtl. Bw 158ff 5351 — k Efl d E a d W e r d e n d K 534f. — h k L e i b 256 373. — .Macht d e i n z e l n e n E.s 1533 160 — .Macht d g u t e n E ü b e r d D 146ff 531. — Botschaft a n M a r i a d höchste aller E - D i e n s t e 185. — Efl d E a d M.n 164ff 537 bis 542. — d n i e d e r s t e E h ö h e r als d g r ö ß t e M 107. — Efl d E a d g e s a m t e somatische Geschehen i M.n 177 541f. — JVame d E 113ff 116f 521f. — JVatur d E 497. — i h r e Ord d beste 100f/104. d E-Ch n Dionys 125fi. n G r e g o r 129f. n N- u G n - G a b e n l l l f l 132f 136f 140 184 363 504 517ff. n RF.n u Ch.n lOOff 512 bis 527. — bei P a u l u s 519f 522. — B F d E, Bgr 101. — „ ß e i n i g u n g " d E 77/79f. — H i l f e d E gg S a t a n 220 561. — d h ö h e r e n E n g e l schauen d „ H e i m l i c h k e i t e n " d gttl Gh.e 188f. — alle E g e n i e ß e n die selige G.s-Schau 188. — bleiben i d Schau b ,.äußer e r " Tätigkeit 557. — d e i n z e l n e n Sch.s-Bereichen z u g e o r d n e t 533. — Schutz d E Vollzug d gttl Vshg 198 210. — E W S c h w e r p u n k t d Kosmos 193 331 342f.
Engel: — Sendung d E 178—217 542—558.
n alle E w gesendet 182fl 5 4 6 f . Bgr u Tatsache 5 4 4 f f . —• — z Dienste gesandt f d M.n 132/134 178fi. i d Sehr 542f. bei Thomas 544. Schwierigkeit d thomasischen Lehre 547. — ihr Efl a d /Sinne doppelt 176Ö. — ,Spr. d E 87ff 498 5 1 0 j f . /Sprechen d E m G 94ff. d n i e d e r e n m d höheren E 91ff. n a Raum u Zeit geb 96ff 5111 Wesen u Tatsache 5 0 6 f f . — Ch d „Engel", Stellung i d EW 124ff. — k ö n n e n d Stoff k W F einp r ä g e n 48 157f. — E-Sturz 502. Folgen 559. — n Urs d Täuschung f d M.n 175. — als Thronsassen 187H 5 4 8 f . — irauern w e d e r ü Sünde noch ü S t r a f e d M.n 108/110. — ganz unstofflich 532f. —• F e r k e h r d E miteinander 74ff. s. Erl, S p r d E. — Ferschiedenheit d E auf Grund i h r e r Ord 102ff. — vertikale Ord d E 497. — Engel stehen i d Fisio 73/ 75 90. — Forrang, d guten E ü d bösen 146ff. richtet sich n d N 146/ 148. — Efl d E a d Forst 171fl. — ü WL v G unterrichtet 86. — i m m e r n u r Werkzeug G.s 544.
— E u D k ö n n e n k JFsn.sV e r ä n d e r u n g i d Gsch.n bewirken 440.
Engel: — ggs Efl a d Willen 77fl. doppelt 5 0 1 f f . — Efl. a Willen d Mn n u r indirekt 170. — k ö n n e n k echten IFunder w i r k e n 151ff 537. — Zahl d E 331 364. übersteigt ja zählbare Menge 193. — Ziel d E e doppeltes 112f. — d E d zweiten RF 190ff. Engellehre, allgemeine Bdtg 495f.
— praktische Bdtg d E. 342f. — H e r m e n e u t i k d E. 525. — auch v Protestanten anerkannt 342f. Engeltraktat, Stellung d E.s i d Summa 494f. Engelwelt, Abbild gttl Seinsfülle 343 523. Ens et benum convertuntur 353.
Ent-bindung d gschl K r ä f t e d G 458ff.
Entelechie, U r s p r u n g d E. jenseits d E r f a h r u n g 570. Entelechielehre, aristotelische E. 570. Entropie 42/44 337. Entstehen d einen d Zerstörung d a n d e r e n 40 336f 603f.
Entwicklung d L-Wsn geht v Allgem. z. Individuellen 323 383. Erbsünde 331. Erde, Sinn d E. 5 6 8 f f . — d augenblickl. Zustand e Endzustand 569. Erd- u L.sgeschichte, Etappen d 568ff.
E r f a h r u n g 587. Erhaltung, doppelt: mtlb u umtlb, an sich u beiläufig 31f. — i d E. d Dinge zeigt sich G.s Macht 44. — Ntw d E. 28ff. — ist fortgesetzte Sch 35f. — u-mtlb 36ff. Erkenntnis: —
-Akt,
Efl
G.s
a
d
E.
443jf.
629
Erkenntnis: • Bild, zweifach 444. — gst .Empfängnis 92. — drei Fn 530. — d GS 597. — o (? bleibt F i n s t e r n i s 530. — G.s schöpferische E. 413. — G gibt E.-Licht, - K r a f t u erhält in uns d - B i l d e r 337f. — doppelter Grund 74f. — V e r h ä l t n i s z Li 123/130 352f. — hebt an b d S i n n e n 338. — Untersch. v. V e r s t u SinnesE . 356/. — k Tätigkeit i kategorialen S i n n e 379. — wnsere E. d D i n g e nur s e h r allg 109. — » k E r k setzt E r k d k l e i n sten Verschiedenhtn i d N.en, K r ä f t e n u Tätigkeiten voraus 109. — Follzug in d r e i S t u f e n 88f. — a l l g Foraussetzungen 443f. — JFsn.s-E. 356f. Erleuchtung, aktiv u passiv 501. — B g r 74 145 497f. — durch d E , n ntw e r f a h r b a r 165/167f. — Grenzen 503ff. — u Spr 918. — verschieden bei E u M 165f. — W e i s e d E . 490f. E r n ä h r u n g als metaphysisches P r o b l e m 310ff 599f. Erschafiung, B g r 423. Erzengel 120 518f. — Ableitung d Namens 114/ 120 348 — Ch d E.. S t e l l u n g im Ganzen d E W 120 124ff. Evolutionismus 433 439 472 570, 602, 606. Existentialismus 433. „ E x t r i n s e z i s m u s " 472. F F a c h s p r a c h e , Ausbildung wftl F . wichtig 348. — Chaos d F . n 379.
630
e
Fatalismus 452ff. — W i d e r s i n n d F . 388. F a t u m 582. F e r n - W k g o Medium u-mgl 368. F l e c h s i g - B a h n 361. Fleisch, „ F L a r t l i c h " u „ F l . stofflich" 310f/318f. — u W e l t Bundesgen. d T.s 559 562. F o r m , verleiht d S e i n 334 380. — u Stoff 45fl. F r e i h e i t 414ff. — u gttl. All-Urs 55/57 446ff. — zwei Arten 275f. — w durch d Gn n aufgehob e n 560. — u Nötigung 55/57. — u Schicksal 580ff. — u Vorher-bst 475ff. — G.s V o r h e r - b w begründet ml F r . 476. F r i e d e a b Ziel d W L 11. Fruchtbarkeit, Forderung d S e i n s 454. — Zeichen gttl Macht u. W i r k k r a f t 470. — d Gsch.e Analogie z gttl F r . 471. Funktionalismus 349f. ..Fürstentümer« als E-Ch 119f. — ihre Aufgabe 203. — i h r e Stellung i d E W 123ff. G „ G e b e n seliger als N e h m e n " 414. Geburt, vorgeburtl. E i l a L e i besfrucht 369. Gegensatz u d Dingen 10/12. — s t a r k e G.e im W e l t g e f ü g e 403f. Vermittlung i d N 600. G e h i r n als Zentralorgan 257. — d feuchteste aller Organe 256. Gehorsam u d D stammt a u s d H a ß gg G u d Mn 143. Geist: — dem Hl. G. w d W L zugeeignet 333. — d gesch. G. -.formlos", solange e r n d Erstwahrheit anhängt 77 343ff.
Geist: — G.s-