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German Pages 272 Year 2007
Schriften zum Öffentlichen Recht Band 1080
Die Beteiligung Privater an der Erledigung öffentlicher Aufgaben Eine Untersuchung ihrer verfassungsund verwaltungsrechtlichen Möglichkeiten und Grenzen
Von Torsten Lämmerzahl
asdfghjk Duncker & Humblot · Berlin
TORSTEN LÄMMERZAHL
Die Beteiligung Privater an der Erledigung öffentlicher Aufgaben
Schriften zum Öffentlichen Recht Band 1080
Die Beteiligung Privater an der Erledigung öffentlicher Aufgaben Eine Untersuchung ihrer verfassungsund verwaltungsrechtlichen Möglichkeiten und Grenzen
Von
Torsten Lämmerzahl
asdfghjk Duncker & Humblot · Berlin
Die Juristische Fakultät der Universität Potsdam hat diese Arbeit im Jahre 2006 als Dissertation angenommen.
Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.
Alle Rechte vorbehalten # 2007 Duncker & Humblot GmbH, Berlin Fremddatenübernahme und Druck: Berliner Buchdruckerei Union GmbH, Berlin Printed in Germany ISSN 0582-0200 ISBN 978-3-428-12619-4 Gedruckt auf alterungsbeständigem (säurefreiem) Papier ∞ entsprechend ISO 9706 *
Internet: http://www.duncker-humblot.de
Meinen Eltern
Vorwort Die vorliegende Arbeit wurde im Oktober 2006 von der Juristischen Fakultät der Universität Potsdam als Dissertation angenommen. Bei ihrer Erstellung konnte ich auf die Hilfsbereitschaft und Unterstützung vieler Menschen zurückgreifen. Ihnen bin ich zu tiefstem Dank verpflichtet. Zuallererst möchte ich meinen Eltern danken, die mich während meiner Ausbildung tatkräftig und aufopferungsbereit unterstützten und mir den notwendigen Rückhalt gaben. Größter Dank gebührt auch meinem hochverehrten Doktorvater Herrn Prof. Dr. iur. Heinz Joachim Bonk (Richter am Bundesverwaltungsgericht a.D.), der den Anstoß zu der vorliegenden Untersuchung gab. Er begleitete meine Arbeit stets mit höchstem Interesse und stand mir in zahlreichen Gesprächen mit seinem geschätzten fachlichen Rat zur Seite. Frau Prof. Dr. iur. Heidrun Pohl-Zahn danke ich für die kritische Durchsicht und schnelle Erstellung des Zweitgutachtens. Die Veröffentlichung dieser Arbeit ist durch eine großzügige Zuwendung des Bundesministeriums des Innern gefördert worden. In diesem Zusammenhang bin ich Herrn Ministerialrat Dr. iur. Heribert Schmitz für seine Unterstützung und Fürsprache sehr verbunden. Meine Anerkennung gilt schließlich auch all denjenigen, die in der einen oder anderen Form durch ihre Unterstützung und ihren Rat zum Gelingen dieses Werkes beigetragen haben. Potsdam, im Juli 2007
Torsten Lämmerzahl
Inhaltsübersicht Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
23
Teil 1: Begriffliche Grundlagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
29
Teil 2: Die Entwicklung der Beteiligung Privater an staatlichem Handeln . . . . . . . . . . . . . .
60
Teil 3: Empirischer Befund öffentlich-privater Beteiligungsformen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
70
Teil 4: Die Privatisierungsarten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
96
Teil 5: Staatliche Kernkompetenzen als privatisierungsfestes Reservat öffentlichen Handelns . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 114 Teil 6: Normative Determinanten öffentlich-privater Kooperationen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 127 Teil 7: Die Rechtsstellung der Kooperationspartner . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 181 Teil 8: Implementierung öffentlich-privater Kooperationen in die Rechtsordnung . . . . . . 215 Zusammenfassende Thesen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 241 Literaturverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 248 Sachregister . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 267
Inhaltsverzeichnis Einleitung
23
A. Zur aktuellen Bedeutung der Beteiligung Privater an der Erledigung öffentlicher Aufgaben . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
23
B. Aufgabenstellung und Gang der Untersuchung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
27
I. Grundlegung, Empirie und Systematisierung öffentlich-privater Kooperationen
27
II. Rechtliche Voraussetzungen und Grenzen einer Partnerschaft zwischen öffentlichem Aufgabenträger und Privaten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
28
III. Die rechtliche Ausgestaltung und Umsetzung öffentlich-privater Kooperationen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
28
Teil 1 Begriffliche Grundlagen
29
A. Öffentliche Aufgaben . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
29
I. Der normative Aufgabenbegriff . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
29
II. Das öffentliche Interesse als Bezugspunkt spezifisch öffentlicher Aufgaben . .
33
1. Staats- bzw. Hoheitsaufgaben . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
38
2. Verwaltungsaufgaben . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
41
3. Das Verhältnis der Aufgabenbegriffe zueinander . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
42
III. Das Verhältnis zwischen Staatszwecken, Staatszielen und öffentlichen Aufgaben . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
46
IV. Aufgabenträgerschaft und kompetenzbegründende Funktion der Aufgabenzuweisung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
47
B. Der Private . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
48
I. Das klassische Verständnis von Staat und Gesellschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
48
II. Nicht-Staatlichkeit als Kennzeichen des Privaten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
50
III. Der Standort sog. gemischtwirtschaftlicher Unternehmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
52
IV. Beteiligung Privater an öffentlicher Aufgabenerfüllung oder Beteiligung an der Erfüllung öffentlicher Aufgaben? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
55
12
Inhaltsverzeichnis
C. Die Erfüllung öffentlicher Aufgaben durch Private in der wissenschaftlichen Diskussion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
56
I. Privatisierung aus verwaltungs- und organisationswissenschaftlicher Sicht . . . .
56
II. Privatisierung aus wirtschaftswissenschaftlicher Sicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
57
III. Privatisierung aus politikwissenschaftlicher Sicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
58
IV. Privatisierung aus rechtswissenschaftlicher Sicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
59
Teil 2 Die Entwicklung der Beteiligung Privater an staatlichem Handeln
60
A. Die Dichotomie von Staat und Gesellschaft als theoretisches Ideal . . . . . . . . . . . . . . . . . .
60
B. Die historische Entwicklung der Beteiligung Privater an staatlicher Tätigkeit . . . . . . .
61
I. Die Rolle privater Tätigkeit im staatlichen Bereich seit Beginn der Industrialisierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
61
II. Zur Herkunft der sog. Public Private Partnerships (PPP) bzw. Public Finance Partnerships (PFI) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
63
C. Gründe für die aktuelle Tendenz zur Kooperation in Deutschland . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
68
I. Finanzielle Engpässe des Staates auf Bundes-, Landes- und kommunaler Ebene
68
II. Veränderung des Staat-Bürger-Verhältnisses . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
68
Teil 3 Empirischer Befund öffentlich-privater Beteiligungsformen
70
A. Bund . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
71
I. Fernstraßenbau . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
71
II. Bundeswehr . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
74
III. Entwicklungshilfe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
75
IV. Kernenergie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
76
V. E-Government . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
77
B. Länder . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
78
I. Strafvollzug . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
78
II. Justiz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
79
III. Vermessungswesen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
80
Inhaltsverzeichnis
13
IV. Innere Sicherheit (Police Private Partnership) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
80
V. Gesundheitswesen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
83
C. Kommunen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
83
I. Abfallentsorgung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
84
II. Abwasserentsorgung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
86
III. Trinkwasser- und Energieversorgung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
88
IV. Bauplanungsrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
89
V. E-Government . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
92
VI. Bildungsbereich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
93
VII. Kultur- und Sportförderung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
94
D. Fazit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
94
Teil 4 Die Privatisierungsarten
96
A. Formen der Privatisierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
96
I. Die Systematik der Privatisierungsformen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
96
1. Objektbezogene Systematisierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
96
a) Aufgabenprivatisierung / materielle Privatisierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
96
b) Vermögensprivatisierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
99
2. Subjektbezogene Systematisierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 101 a) Organisationsprivatisierung / formelle Privatisierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 101 b) Popularprivatisierung als „echte“ Privatisierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 105 3. Vollzugsprivatisierung / funktionelle Privatisierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 105 II. Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 108 B. Weitere Schlagworte der Privatisierungsdebatte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 108 I. Outsourcing . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 108 II. Contracting Out . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 109 III. Finanzierungsprivatisierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 110 IV. Verfahrensprivatisierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 110 V. Kostenprivatisierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 111
14
Inhaltsverzeichnis VI. Sog. mittelbare Aufgabenprivatisierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 111 VII. Teil- und Vollprivatisierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 112 VIII. Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 113 Teil 5 Staatliche Kernkompetenzen als privatisierungsfestes Reservat öffentlichen Handelns
114
A. Das staatliche Aufgabenreservat als außerrechtliche Vorfrage der Privatisierbarkeit 114 B. Zu den „notwendigen“ Staatsaufgaben . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 115 I. Zur Frage des relevanten Maßstabs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 115 II. Der inhaltlich determinierte Staatsaufgabenkern . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 116 1. Aufgabentheorie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 116 2. Befugnistheorie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 117 3. Eigene Betrachtung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 118 III. Der dynamisch verstandene Staatsaufgabenkern und die Rolle des zugrunde liegenden Staatsverständnisses . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 120 IV. Die Existenz eines originären Kerns von Staatsaufgaben unter dem Grundgesetz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 121 1. Staatlichkeit als Ausdruck von Souveränität . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 122 2. Das staatliche Gewaltmonopol . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 123 3. Bindung der öffentlichen Gewalt als Legitimation eines Aufgabenreservats, Art. 1 Abs. 1 und 3, 79 Abs. 3 GG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 124 V. Zusammenfassende Betrachtung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 126
Teil 6 Normative Determinanten öffentlich-privater Kooperationen
127
A. Normative Impulse zu funktioneller Privatisierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 129 I. Europäisches Gemeinschaftsrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 129 1. Die europäische Wirtschaftsverfassung, Art. 2 EUV, Art. 3, 4, 98 ff. EGV . . 129 2. Die kartellrechtlichen Bestimmungen, Art. 81 ff. EGV, insb. Art. 86 EGV . . 135 3. Das Beihilfenverbot, Art. 87 ff. EGV . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 142
Inhaltsverzeichnis
15
II. Nationales Verfassungs- und Gesetzesrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 144 1. Die Wirtschaftsordnung des Grundgesetzes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 144 2. Haushaltsrechtliche Vorgaben . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 146 3. Gemeindewirtschaftsrecht, insb. zum Subsidiaritätsprinzip . . . . . . . . . . . . . . . . . 148 III. Fazit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 151 B. Grenzen funktioneller Privatisierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 151 I. Europäisches Gemeinschaftsrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 151 II. Nationales Verfassungs- und Gesetzesrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 153 1. Die institutionelle Garantie des Berufsbeamtentums, Art. 33 Abs. 4 und 5 GG 154 a) Die „hoheitsrechtlichen Befugnisse“ als Kern der Auslegungsprobleme 157 aa) Der konkret-aufgabenbezogene Ansatz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 158 bb) Der abstrakt-typenbezogene Ansatz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 159 cc) Eigener historisch-teleologischer Ansatz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 162 b) Die Dauerhaftigkeit der Aufgabe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 164 c) Das Regel-Ausnahme-Verhältnis des Art. 33 Abs. 4 GG . . . . . . . . . . . . . . . . 165 d) Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 166 2. Die verfassungsrechtliche Verteilung exekutivischer Befugnisse, Art. 83 ff. GG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 166 a) Die These vom organisationsrechtlichen Gehalt der Art. 86 ff. GG . . . . . . 167 b) Die Reichweite der organisationsrechtlichen Vorgaben der Art. 86 ff. GG 170 c) Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 171 3. Die finanzverfassungsrechtlichen Vorgaben der Art. 104a ff. GG, insb. Art. 115 Abs. 1 S. 1 GG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 172 4. Die Staatsfundamentalprinzipien als äußerste Grenzen einer Beteiligung Privater . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 177 a) Demokratieprinzip, Art. 20 Abs. 1 GG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 177 b) Sozialstaatsprinzip, Art. 20 Abs. 1 GG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 179 Teil 7 Die Rechtsstellung der Kooperationspartner
181
A. Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 181 B. Das Außenverhältnis gegenüber Dritten, insb. zur Außenverantwortung des Privaten 182 I. Der Beliehene . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 183 1. Erscheinungsformen der Beleihung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 183 2. Wesentliche Charakteristika der Beleihung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 185
16
Inhaltsverzeichnis II. Der Verwaltungshelfer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 190 1. Erscheinungsformen der Verwaltungshilfe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 191 2. Wesentliche Charakteristika der Verwaltungshilfe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 191 III. Der Erfüllungsgehilfe bzw. Verwaltungsmittler . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 195 IV. Der Beauftragte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 196 V. Die Indienstnahme bzw. Inpflichtnahme Privater . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 197
C. Das Innenverhältnis zwischen öffentlichem Verwaltungsträger und Privatem . . . . . . . . 199 I. Modelle ohne Außenwirkung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 200 1. Betreibermodelle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 201 a) Erwerbermodell . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 202 b) Inhabermodell . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 203 c) Sonderform des Contracting . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 203 2. Betriebsführungsmodell . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 204 3. Betriebsüberlassungsmodell . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 204 4. Finanzierungsmodelle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 204 a) Leasingmodell . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 204 b) Vermietungsmodell . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 205 c) Weitere Finanzierungsmodelle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 206 II. Modelle mit Außenwirkung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 206 1. Konzessionsmodell . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 207 2. Beteiligungsmodell . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 209 D. Gesamtbetrachtung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 212 Teil 8 Implementierung öffentlich-privater Kooperationen in die Rechtsordnung
215
A. Normative Bewältigung der Beteiligung Privater an der Erfüllung öffentlicher Aufgaben . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 215 I. ÖPP-Beschleunigungsgesetz vom 01. 09. 2005 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 215 1. Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen, Art. 1 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 216 2. Vergabeverordnung, Art. 2 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 217 3. Fernstraßenprivatfinanzierungsgesetz, Art. 3 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 218
Inhaltsverzeichnis
17
4. Bundeshaushaltsordnung, Art. 4 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 220 5. Grunderwerbssteuer-, Grundsteuer- und Investmentgesetz, Art. 5 bis 7 . . . . . 222 6. Bewertung des ÖPP-Beschleunigungsgesetzes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 222 II. Verwaltungsverfahrensrechtliche Ausgangslage . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 223 III. Die Vorschläge von Ziekow . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 224 IV. Die Vorschläge von Schuppert . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 224 V. Stellungnahme des Beirats für Verwaltungsverfahrensrecht beim Bundesinnenministerium . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 226 VI. Eigene Position . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 227 B. Zur neuen Rechtsfigur eines Kooperationsvertrags . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 229 I. Der Begriff der Verwaltungstätigkeit i. S. d. § 1 Abs. 1 VwVfG . . . . . . . . . . . . . . . 229 II. Die Reichweite des öffentlich-rechtlichen Vertrages, §§ 54 ff. VwVfG . . . . . . . . 231 III. Zur Notwendigkeit einer positiven Öffnungsklausel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 237 C. Zur Frage eines Verwaltungskooperationsgesetzes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 238 Zusammenfassende Thesen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 241 Literaturverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 248 Sachregister . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 267
Abkürzungsverzeichnis A.
Auflage
a. A.
anderer Ansicht
a. a. O.
am angegebenen Ort
a.F.
alte Fassung
ABBG
Autobahnbenutzungsgesetz
ABl. EG
Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaft
ABl.
Amtsblatt
Abs.
Absatz
AK-GG
Alternativkommentar zum Grundgesetz
AMG
Gesetz zur Einführung von streckenbezogenen Gebühren für die Benutzung von Bundesautobahnen mit schweren Nutzfahrzeugen (Autobahnmautgesetz)
AO
Abgabenordnung
AöR
Archiv des öffentlichen Rechts (Zeitschrift)
Art.
Artikel
AtomG
Atomgesetz
BadWürttGO
Gemeindeordnung Baden-Württemberg
BauGB
Baugesetzbuch
BauGB-MaßnahmenG
Maßnahmengesetz zum Baugesetzbuch
BauR
Zeitschrift Baurecht
BauROG
Bau- und Raumordnungsgesetz
BayGO
Bayerische Gemeindeordnung
BayVBl.
Bayerische Verwaltungsblätter
BB
Betriebs-Berater (Zeitschrift)
BbgGO
Brandenburgische Gemeindeordnung
Bd.
Band
Bek.
Bekanntmachung
BeleihungsVO
Verordnung über die Beleihung der Zulassungsstelle nach dem Umweltauditgesetz
BerlVerfGH
Berliner Verfassungsgerichtshof
BGBl.
Bundesgesetzblatt
BGHSt
Entscheidungen des Bundesgerichtshofs in Strafsachen
Abkürzungsverzeichnis BGHZ
Entscheidungen des Bundesgerichtshofs in Zivilsachen
BHO
Bundeshaushaltsordnung
BImSchG
Bundesimmissionsschutzgesetz
BMI
Bundesministerium des Innern
BMVBW
Bundesministerium für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen
BR-Drs.
Bundesrats-Drucksache
BT-Drs.
Bundestags-Drucksache
BVerfGE
Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts
BVerfG-K
Bundesverfassungsgericht – Kammerentscheidung
BVWP
Bundesverkehrswegeplan
DAR
Deutsches Autorecht
DED
Deutscher Entwicklungsdienst
ders.
derselbe
Diss.
Dissertation
DÖV
Die Öffentliche Verwaltung (Zeitschrift)
DP
Demokratische Partei
DVBl.
Deutsches Verwaltungsblatt
Ed.
Editor (engl.) = Herausgeber
EG
Europäische Gemeinschaft
EGBGB
Einführungsgesetz zum Bürgerlichen Gesetzbuch
EGV
Vertrag über die Europäische Gemeinschaft
EichG
Gesetz über das Meß- und Eichwesen
EL
Ergänzungslieferung
endg.
endgültig
EnWG
Gesetz über die Elektrizitäts- und Gasversorgung
ErdölBevG
Erdölbevorratungsgesetz
EStG
Einkommenssteuergesetz
EU
Europäische Union
EuG
Europäisches Gericht erster Instanz
EuGH
Europäischer Gerichtshof
EuGHE
Entscheidungen des Europäischen Gerichtshofs
EuR
Europa-Recht
EUV
Vertrag über die Europäische Union
EuZW
Europäische Zeitschrift für Wirtschaftsrecht
EWG
Europäische Wirtschaftsgemeinschaft
FAZ
Frankfurter Allgemeine Zeitung
Fn.
Fußnote
FORSI
Forschungsstelle Sicherheitsgewerbe der Universität Hamburg
19
20
Abkürzungsverzeichnis
FS
Festschrift
FStrG
Fernstraßengesetz
FStrPrivFinÄndG
Fernstraßenprivatfinanzierungsänderungsgesetz
FStrPrivFinBestV
Verordnung zur Bestimmung von privatfinanzierten Abschnitten von Bundesfernstraßen
FStrPrivFinG
Fernstraßenprivatfinanzierungsgesetz
GEBBmbH
Gesellschaft für Entwicklung, Beschaffung und Betrieb mbH
GewArch
Gewerbearchiv
GG
Grundgesetz
GmbHR
GmbHRundschau
GMBl.
Gemeinsames Ministerialblatt
GO BW
Gemeindeordnung Baden-Württemberg
GO LSA
Gemeindeordnung Sachsen-Anhalt
GO M-V
Gemeindeordnung Mecklenburg-Vorpommern
GO NRW
Gemeindeordnung Nordrhein-Westfalen
GO S-H
Gemeindeordnung Schleswig-Holstein
GrEStG
Grunderwerbssteuergesetz
GrStG
Grundsteuergesetz
GVBl.
Gesetz- und Verordnungsblatt
GWB
Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen
H.
Heft
h. M.
herrschende Meinung
Hab.
Habilitation
HdbStR
Handbuch des Deutschen Staatsrechts
hessGO
Hessische Gemeindeordnung
HGrG
Haushaltsgrundsätzegesetz
HmbBelG
Hamburgisches Gesetz über die Beleihung von juristischen Personen des privaten Rechts mit der Befugnis zur Einrichtung von Vergabekammern für öffentliche Aufträge
HmbGVBl.
Hamburgisches Gesetz- und Verordnungsblatt
Hrsg.
Herausgeber
HSichG
Haushaltssicherungsgesetz
i. d. F.
in der Fassung
InvG
Investmentgesetz
JuS
Juristische Schulung
JZ
Juristenzeitung
Kap.
Kapitel
KBSt
Koordinierungs- und Beratungsstelle der Bundesregierung für Informationstechnik in der Bundesverwaltung
Abkürzungsverzeichnis KfW
Kreditanstalt für Wiederaufbau
KOM
Dokumente der Kommission der Europäischen Gemeinschaften
KommJur
KommunalJurist (Zeitschrift)
KPBl.
Kommunalpolitische Blätter
krit.
kritisch
KrW- / AbfG
Kreislaufwirtschafts- und Abfallgesetz
lfd. Nr.
laufende Nummer
LHO Bbg.
Landeshaushaltsordnung Brandenburg
LHO LSA
Landeshaushaltsordnung Sachsen-Anhalt
LKV
Landes- und Kommunalverwaltung (Zeitschrift)
LT-Drs.
Landtags-Drucksache
LuftVG
Luftverkehrsgesetz
21
m. w. N.
mit weiteren Nachweisen
ME
Musterentwurf
MIT
Massachusetts Institute for Technology
n.F.
neue Fassung
NJW
Neue Juristische Wochenschrift
NJW-RR
Neue Juristische Wochenschrift – Rechtsprechungs-Report
NRW
Nordrhein-Wetsfalen
NStZ-RR
Neue Zeitschrift für Strafrecht – Rechtsprechungs-Report
NVwZ
Neue Zeitschrift für Verwaltungsrecht
NVwZ-RR
Neue Zeitschrift für Verwaltungsrecht – Rechtssprechungs-Report
NWVBl.
Nordrhein-Westfälische Verwaltungsblätter
NZBau
Neue Zeitschrift für Baurecht
NZG
Neue Zeitschrift für Gesellschaftsrecht
NZV
Neue Zeitschrift für Verkehrsrecht
ÖGDG
Gesetz über den öffentlichen Gesundheitsdienst
ÖPP
Öffentlich Private Partnerschaft = Public Private Partnership (engl.)
p.
page (engl.) = Seite
PCB
Polychlorierte Biphenyle
PFI
Public Finance Initiative (engl.)
PolG Bbg
Polizeigesetz Brandenburg
PostG
Postgesetz
PPP
Public Private Partnership (engl.) = Öffentlich Private Partnerschaft
PR
Parlamentarischer Rat
RiA
Recht im Amt (Zeitschrift)
RL
Richtlinie
Rn.
Randnummer
22
Abkürzungsverzeichnis
Rs.
Rechtssache
sächsGO
Sächsische Gemeindeordnung
SächsVBl.
Sächsische Verwaltungsblätter
SeemG
Seemannsgesetz
Slg.
Sammlung
StenProt.
Stenographie-Protokoll
StVollzG
Strafvollzugsgesetz
StVZO
Straßenverkehrszulassungsordnung
SZ
Süddeutsche Zeitung
ThürKO
Thüringische Kommunalordnung
ThürVBl.
Thüringische Verwaltungsblätter
TierKBG
Tierkörperbeseitigungsgesetz
UAG
Umweltauditgesetz
UPR
Umwelt- und Planungsrecht (Zeitschrift)
Urt.
Urteil
UWG
Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb
VBlBW
Verwaltungsblätter für Baden-Württemberg
VerfGH Rh-Pf
Verfassungsgerichtshof Rheinland-Pfalz
VerwArch
Verwaltungsarchiv
VerwModG
Verwaltungsmodernisierungsgesetz
VerwRspr.
Verwaltungsrechtsprechung
VgV
Verordnung über die Vergabe öffentlicher Aufträge
VOB
Vergabe- und Vertragsordnung für Bauleistungen
VOL
Verdingungsordnung für Leistungen (ausgenommen Bauleistungen)
VR
Verwaltungsrundschau (Zeitschrift)
VVDStRL
Veröffentlichungen der Vereinigung Deutscher Staatsrechtslehrer
VwVfG
Verwaltungsverfahrensgesetz
WG Bbg.
Wassergesetz Brandenburg
WHG
Wasserhaushaltsgesetz
ZBR
Zeitschrift für Beamtenrecht
ZDG
Zivildienstgesetz
ZfBR
Zeitschrift für deutsches und internationales Baurecht
ZfU
Zeitschrift für Umweltpolitik und Umweltrecht
ZG
Zeitschrift für Gesetzgebung
ZGR
Zeitschrift für Unternehmens- und Gesellschaftsrecht
ZHR
Zeitschrift für das gesamte Handelsrecht und Wirtschaftsrecht
ZRP
Zeitschrift für Rechtspolitik
Einleitung A. Zur aktuellen Bedeutung der Beteiligung Privater an der Erledigung öffentlicher Aufgaben Stetig steigende Anforderungen an den modernen (Dienstleistungs-)Staat, ein chronisches Haushaltsdefizit nebst fortbestehenden Sonderaufgaben aus den Folgen der deutschen Trennung, überlastete Sozialversicherungssysteme, ein historisch einmaliger demographischer Wandel, hohe Erwerbslosenzahlen und ein erhebliches Beharrungsvermögen der organisierten Interessenverbände sind nur einige Schlagworte deutscher Tagespolitik. Der zunehmende Globalisierungsdruck, der sich in Form steigender Flexibilität und Mobilität aller Produktionsfaktoren äußert, trägt sein übriges zur Verschärfung der Probleme des Standorts Deutschland bei. Die Verknüpfung und gegenseitige Abhängigkeit dieser einzelnen wirtschaftlichen, sozialen und politischen Phänomene näher zu betrachten, ist hier nicht der richtige Ort. Aus rechtswissenschaftlicher Sicht ist es aber von größtem Interesse, mit welchen Strategien sich der Staat unter der gegenwärtigen haushaltspolitischen Lage und angesichts sich permanent wandelnder Anforderungen leistungsfähig halten kann. Dabei geht es u. a. um die – zugegeben eher politische – Frage des „Ob“ einer staatlichen Aufgabe und das „Wie“ ihrer Wahrnehmung. Zur letzteren gehört auch die Entscheidung, durch wen die einzelne Aufgabe erfüllt werden soll. Neben der herkömmlichen Erledigung durch einen eigenen Verwaltungsunterbau kommt die Hinzuziehung externer Leistungserbringer in Frage. Allen voran steht dabei die Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit bei der Aufgabenwahrnehmung im Vordergrund1. Denn letzten Endes bestimmen die öffentlichen Finanzen die Leistungsfähigkeit des Gemeinwesens. Zugleich wirkt sich die Leistungsfähigkeit des Staates auf seine Wettbewerbsfähigkeit im globalen Vergleich aus. In der Fähigkeit sich veränderten Vorgaben anzupassen liegt ein – wenn nicht der – entscheidende 1 Dies findet auf der Ebene des Bundes seinen Niederschlag in § 7 Abs. 1 S. 1 der Bundeshaushaltsordnung (BHO), in der Fassung der Änderung durch das Gesetz zur Beschleunigung der Umsetzung von Öffentlich Privaten Partnerschaften und zur Verbesserung gesetzlicher Rahmenbedingungen für Öffentlich Private Partnerschaften (ÖPP-Beschleunigungsgesetz) vom 01. 09. 2005 – BGBl. I 2676 –, der die Grundsätze von Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit zu den Leitprinzipien bei Aufstellung und Ausführung des Haushaltsplans erklärt. Folgerichtig schreibt Satz 2 daher eine Privatisierungsprüfungspflicht vor, nach der staatliche Aufgaben oder öffentlichen Zwecken dienende wirtschaftliche Tätigkeiten durch Ausgliederung und Entstaatlichung oder Privatisierung erfüllt werden können. Gem. § 6 Abs. 1 HGrG (Gesetz über die Grundsätze des Haushaltsrechts des Bundes und der Länder, Haushaltsgrundsätzegesetz – HGrG) gelten die genannten Grundsätze auch die Länder.
24
Einleitung
Wettbewerbsvorteil in der globalisierten Weltwirtschaft. Die gegenwärtige gesamtwirtschaftliche Krise muss daher auch als Chance begriffen werden. Bei der Frage wie in der Vergangenheit auf die Krise des Sozialstaats klassischer Prägung reagiert wurde, so ist eine in der Tendenz kontraktive Leistungskürzungspolitik zu beobachten. Zugleich wird versucht, die Einnahmeseite durch unterschiedliche Instrumentarien zu stärken. Mit dem stetigen Abnehmen der finanziellen Handlungsspielräume von Bund, Ländern und Kommunen scheint dies ein probates Mittel zu sein, die öffentlichen Haushalte zu sanieren. U. a. geht es um eine mehr oder weniger vollständige Auslagerung von Aufgabenverantwortung vom Staat auf den privaten, gesellschaftlichen Sektor, die unter dem nebulösen Begriff der Entstaatlichung bzw. Privatisierung seit vielen Jahren Anlass zu wissenschaftlichen Auseinandersetzungen gibt2. Bereits der Regierungserklärung des Alt-Bundeskanzlers Helmut Kohl aus dem Jahre 1983 lag die Forderung zugrunde, der Staat solle sich auf seine Kernaufgaben zurückziehen und – soweit möglich – Verantwortung an den Markt bzw. die Gesellschaft (rück-)übertragen3. Angelehnt an wirtschaftswissenschaftliche Termini wurden in den neunziger Jahren die Forderungen nach dem schlanken Staat4, der sog. lean administration, immer lauter. Diese Strategie umfassender Privatisierungsprogramme gehört neben der Deregulierung ganzer Wirtschaftsbereiche zu den Mitteln externer Staatsentlastung5. Aufgaben werden mehr oder weniger umfassend in private Verantwortung abgegeben. Offen bleibt dabei aber die Frage, ob und wenn ja, inwieweit der dem Gemeinwohl verpflichtete Staat mit gewinnorientierten Wirtschaftsakteuren verglichen werden kann; ob die konkrete Aufgabe für eine privatwirtschaftliche Wahrnehmung überhaupt taugt. Die Forderung nach Entstaatlichung6 hat in der Bundesrepublik Deutschland ihre Ursachen v. a. in den eingangs genannten Faktoren. Diese werden zusätzlich von einem erstarkenden neoliberalen wissenschaftlichen Diskurs begleitet. Die 2 Statt vieler u. a. Däubler, Privatisierung als Rechtsproblem, 1980; Gusy, Privatisierung von Staatsaufgaben: Kriterien – Grenzen – Folgen, 1998 sowie Kämmerer, Privatisierung, 2000; daneben war die Privatisierung auch Thema der Tagung der Staatsrechtslehrer 1995: Heintzen, Beteiligung Privater an öffentlichen Aufgaben und staatliche Verantwortung, VVDStRL 62 (1995), 220 ff. und Voßkuhle, a. a. O., 266 ff. 3 Regierungserklärung vom 04. 05. 1983 (BT-Drs. 9 / 2400). 4 So wurde z. B. am 18. 07. 1995 der Sachverständigenrat „Schlanker Staat“ unter dem Vorsitz von Prof. Dr. Rupert Scholz einberufen, um die Privatisierungspotenziale u. a. im Bereich der Bundesverwaltung auszuloten. Die Arbeit des Ausschusses ist im Abschlussbericht anlässlich der Pressekonferenz am 06. 10. 1997 zusammengefasst, Sachverständigenrat „Schlanker Staat“ (Hrsg.), 2. A., Bonn 1997; ferner Scholz, Schlanker Staat tut not!, in: FS für Zacher, 1998, S. 987 ff. 5 Benz, Privatisierung und Deregulierung – Abbau von Staatsaufgaben?, Die Verwaltung 28 (1995), 337 ff. (337). 6 Di Fabio, Privatisierung und Staatsvorbehalt, JZ 1999, 585 ff. (585); zur Privatisierung als Mittel der Entstaatlichung siehe auch Görgmeier, Möglichkeiten und Grenzen der Entstaatlichung öffentlicher Aufgaben, DÖV 1977, 356 ff. (356 f.).
A. Bedeutung der Beteiligung Privater an der Erledigung öffentlicher Aufgaben
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Vertreter einer solchen Wirtschaftspolitik erhoffen sich in einer Abkehr vom nachfrageorientierten, interventionistischen Wohlfahrtsstaat keynesianischer7 Prägung und durch den Rückzug des Staates die Kräfte des Marktes und seiner Mechanismen zu stärken. Dies soll zugleich zu einer Entlastung der Wirtschaft und so zur Standortstärkung führen8. Das dieser Forderung zugrunde liegende Staatsverständnis und die Ziele der Privatisierungsstrategie beziehen ihre Triebkräfte sowohl aus gesamtwirtschaftlichen, betriebswirtschaftlichen als auch aus sozialpolitischen Aspekten9. Diese Ansätze können jedoch nicht verhehlen, dass letztlich die schlechte Lage der öffentlichen Haushalte der eigentliche Kern des Anstoßes ist. Dieser zuallererst finanzpolitische Befund und die damit verbundene Gefährdung der Erfüllung öffentlicher Aufgaben bilden damit den eigentlichen Hintergrund der aktuellen Privatisierungsdiskussion. Gegenwärtig bedient sich der Staat bereits vielerorts der Mitwirkung privater Akteure zur Erfüllung seiner Aufgaben. Dabei führt die Zusammenarbeit zwischen staatlichem und privatem Sektor teilweise sogar soweit, dass schon vom Kooperationsprinzip10 als echtem Rechtsprinzip die Rede ist. Ob dies, von einzelnen Sachgebieten losgelöst, verallgemeinert werden kann, darf mit Recht bezweifelt werden. Denn noch immer ist der sog. tertiäre Sektor, also das planvolle Zusammenwirken öffentlicher und privater Rechtssubjekte eher der atypische Ausnahmefall. Gleichwohl ist nicht zu leugnen, dass die Felder der Zusammenarbeit immer umfangreicher werden. Am deutlichsten tritt das Zusammenwirken des Staates mit Privaten dort zutage, wo anderenfalls wegen der Haushaltslage öffentliche Aufgaben nicht mehr oder nicht in gleichem Umfang wie bisher erledigt werden könnten. Dies trifft zuallererst auf den Bereich der Bereitstellung öffentlicher Infrastruktur zu. So wurden im Bereich des Fernstraßenbaus mit dem FStrPrivFinG11 i.V. m. dem FStrPriv7 Grundlegend hierfür steht das Hauptwerk John M. Keynes, The General Theory of Employment, Interest and Money, 1936, Amhurst (N.Y.) 1997. 8 Benz, Privatisierung und Deregulierung – Abbau von Staatsaufgaben?, Die Verwaltung 28 (1995), 337 ff. (339); kritisch gegenüber der allgemeinen Befürwortung von Privatisierung unter dem Blickwinkel der Sozialen Marktwirtschaft dagegen Eichhorn, Privates Eigentum ist kein Allheilmittel, KPBl. 1994, 558 ff. 9 Eine ausführliche Aufzählung der Privatisierungsaspekte findet sich bei Rückwardt, Wirtschaftlichkeit durch Privatisierung?, 1983, S. 40; Völmicke, Privatisierung öffentlicher Leistungen in Deutschland, 1996, S. 29. 10 Di Fabio, Das Kooperationsprinzip – ein allgemeiner Rechtsgrundsatz des Umweltrechts, NVwZ 1999, 1153 ff.; Huber, Das Kooperationsprinzip im Umweltrecht, 1999; Fluck, Das Kooperationsprinzip im Kreislaufwirtschafts- und Abfallrecht, UPR 2000, 281 ff.; Kahl, Das Kooperationsprinzip im Städtebaurecht, DÖV 2000, 793 ff. und Westphal, Das Kooperationsprinzip als Rechtsprinzip, DÖV 2000, 996 ff. 11 Gesetz über den Bau und die Finanzierung von Bundesfernstraßen durch Private (Fernstraßenbauprivatfinanzierungsgesetz – FStrPrivFinG) vom 30. 08. 1994, BGBl. I S. 2243, geändert durch das FStrPrivFinÄndG vom 01. 09. 2002, BGBl. I S. 3442 und neu gefasst durch die Bekanntmachung vom 20. 01. 2003, BGBl. I S. 98.
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Einleitung
FinBestV12 und dem AMG13 die gesetzlichen Grundlagen für ein stärkeres finanzielles Engagement privater Investoren geschaffen. Auch im Bereich der kommunalen Ver- und Entsorgung wird verstärkt auf die Kooperation mit Privaten gesetzt, wie die Beispiele der Beauftragung Dritter mit der Verwertung und Beseitigung von Abfällen nach § 16 Abs. 1 KrW- / AbfG14 und von Abwasser nach § 18a Abs. 2a WHG15 belegen. Ein weiteres aktuelles Feld der Beteiligung Privater an der Erfüllung öffentlicher Aufgaben ist gegenwärtig der Bereich des staatlichen Hochbaus, etwa in Form von Schulmodernisierungen16 und Neubauten von Haftvollzugsanstalten17. Aber auch die Erhaltung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung wird in Ermangelung eines staatlichen Sicherheitsmonopols als tauglicher Bereich für eine stärkere Kooperation zwischen Polizei und privaten Sicherheitsdiensten angesehen18. Seit jeher hat sich die Wissenschaft bemüht, diese immer raschere Entwicklung auf dem Gebiet des Privatisierungs- und des Privatisierungsfolgenrechts in geordnete Bahnen zu lenken bzw. eigene Impulse zu setzen. So ist der Stand der gegenwärtig verfügbaren Literatur nahezu unerschöpflich. Und dennoch sind auf nicht wenigen Teilbereichen viele Fragen noch immer offen. Dies gilt zuallererst für den in letzter Zeit ins Blickfeld geratenen Bereich sog. funktioneller Privatisierungen19. Angesichts der hier offen zutage tretenden Verquickung von öffentlichen und privaten Interessen in sog. Öffentlich Privaten Partnerschaften (sog. Public Private Partnerships – PPP)20 oder besser: Verwaltungskooperationsverhältnissen, 12 Verordnung zur Bestimmung von privatfinanzierten Abschnitten von Bundesfernstraßen vom 27. 05. 2003, BGBl. I S. 782 (Warnowtunnel). 13 Gesetz zur Einführung von streckenbezogenen Gebühren für die Benutzung von Bundesautobahnen mit schweren Nutzfahrzeugen (Autobahnmautgesetz – AMG) vom 05. 04. 2002, BGBl. I S. 1234, geändert durch Gesetz vom 28. 06. 2003, BGBl. I S. 1050. 14 Gesetz zur Förderung der Kreislaufwirtschaft und Sicherung der umweltverträglichen Beseitigung von Abfällen (Kreislaufwirtschafts- und Abfallgesetz – KrW- / AbfG) vom 27. 09. 1994, i. d. F. vom 21. 08. 2002, BGBl. I S. 3322. 15 Gesetz zur Ordnung des Wasserhaushalts (Wasserhaushaltsgesetz – WHG) vom 19. 08. 2002, BGBl. I S. 3245. 16 Mohn / Fuchs, Vertrag unter Dach und Fach, PPP-Modell zur Sanierung und zum Betrieb von Schulgebäuden in Monheim, Stadt und Gemeinde 2004, 276 ff. 17 Kruis, Haftvollzug als Staatsaufgabe, ZRP 2000, 1 ff.; Wagner, Privatisierung im Justizvollzug – Ein Konzept für die Zukunft, ZRP 2000, 169 ff. (171) und Wagner, Einmaliges Projekt – Hessen baut hochmoderne und sichere Vollzugsanstalt, KPBl. 3 / 2005, 14 ff. 18 Stober, Private Sicherheitsdienste als Dienstleister für die öffentliche Sicherheit?, ZRP 2001, 260 ff. 19 Burgi, Funktionale Privatisierung und Verwaltungshilfe, Staatsaufgabendogmatik – Phänomenologie – Verfassungsrecht, Tübingen 1999. 20 Der Begriff der Public Private Partnership entzieht sich bislang einer allgemein anerkannten Definition. Der Prozessleitfaden Public Private Partnership der Initiative D21 versteht darunter das partnerschaftliche Zusammenwirken von öffentlicher Hand und Privatwirtschaft mit dem Ziel einer besseren wirtschaftlichen Erfüllung öffentlicher Aufgaben als bisher, Prozessleitfaden Public Private Partnership, 2003, lfd. Nr. 1.1.
B. Aufgabenstellung und Gang der Untersuchung
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stellen sich neben allgemeinen verfassungsrechtlichen Fragen der Privatisierungsdebatte auch zahlreiche Detailfragen auf dem Gebiet des einfachen Gesetzesrechts. Insbesondere die Verankerung kooperationsrechtlicher Instrumente im allgemeinen Verwaltungsrecht ist dabei von grundsätzlichem Interesse21. Dem sich abzeichnenden Problemfeld nachzugehen ist Motiv und Ziel der vorliegenden Arbeit.
B. Aufgabenstellung und Gang der Untersuchung I. Grundlegung, Empirie und Systematisierung öffentlich-privater Kooperationen Im ersten Teil der Arbeit wird auf die begrifflichen Grundlagen der Untersuchung eingegangen. Dazu wird u. a. der ambivalente Begriff der öffentlichen Aufgabe zu definieren und das klassische Verständnis von öffentlichem und privatem Bereich zu überprüfen sein. Nachdem diese Grundlagen geschaffen sind, soll in einem nächsten Schritt der gegenwärtige Stand des wissenschaftlichen Diskurses bzgl. der Erfüllung öffentlicher Aufgaben durch Private aus unterschiedlichen fachwissenschaftlichen Blickwinkeln nachgezeichnet werden. Im Anschluss an diese Grundlegung soll im zweiten Teil die geschichtliche Entwicklung der Teilhabe Privater an öffentlichen Aufgaben grob dargestellt werden. Dabei verfolgt dieser historische Abriss durchaus keinen Selbstzweck. Vielmehr gilt es anhand der Entwicklungslinien die Dynamik zwischen den beteiligten Aufgabenträgern und damit auch des Aufgabenverständnisses als solches aufzuzeigen. In der als drittem Teil folgenden empirischen Untersuchung zu gegenwärtigen Bestrebungen der Auslagerung staatlich wahrgenommener Aufgaben, werden sodann einige Beispiele aufgezeigt und erläutert, die im Fortgang der Untersuchung zur plastischen Veranschaulichung der theoretischen Erörterungen dienen.
21 Vgl. hierzu v. a. die Gutachten im Auftrage des Bundesministeriums des Innern: Schuppert, Grundzüge eines zu entwickelnden Verwaltungskooperationsrechts, Regelungsbedarf und Handlungsoptionen eines Rechtsrahmens für Public Private Partnership, Speyer 2001 und Ziekow, Verwaltungskooperationsrecht, Verankerung verwaltungsrechtlicher Kooperationsverhältnisse (Public Private Partnership) im Verwaltungsverfahrensgesetz sowie die Stellungnahme des Beirats für Verwaltungsverfahrensrecht beim Bundesinnenministerium, NVwZ 2002, 834 ff.
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Einleitung
II. Rechtliche Voraussetzungen und Grenzen einer Partnerschaft zwischen öffentlichem Aufgabenträger und Privaten Im Vorfeld der rechtlichen Aufarbeitung der verfassungs- und verwaltungsrechtlichen Grenzen einer Beteiligung Privater werden weiter in einem vierten Teil die einzelnen Privatisierungsarten dargestellt und voneinander abgegrenzt. Darüber hinaus sollen eine Reihe weiterer Schlagworte der rechtswissenschaftlichen Debatte auf ihren eigenständigen Bedeutungsgehalt hin untersucht werden. Im Anschluss hieran folgt die rechtliche Aufarbeitung der Beteiligung Privater an der Erfüllung öffentlicher Aufgaben. Diese besteht zunächst aus der Frage nach der Existenz eines metarechtlich begründbaren privatisierungsfesten und staatsimmanenten Aufgabenkerns, dem im fünften Teil nachgegangen wird und der eigentlichen Bestimmung des normativen Rahmens von Privatisierungsvorgängen, die ihrerseits Gegenstand des sechsten Teils sein wird. Je nach Tendenz wird dabei zwischen privatisierungsfördernden und -hemmenden Rechtsnormen sowie zwischen den unterschiedlichen Regelungsebenen unterschieden.
III. Die rechtliche Ausgestaltung und Umsetzung öffentlich-privater Kooperationen Im siebten Teil werden die vorherrschenden vertraglichen Modelle öffentlichrechtlicher Partnerschaften mit ihrem jeweiligen Anwendungsbereich auf ihre normative Kompatibilität und verwaltungsrechtsdogmatische Bewältigung untersucht. Dabei rückt v. a. die Leistungsfähigkeit der bekannten Begriffe des Beliehenen bzw. des Verwaltungshelfers vor dem Hintergrund funktioneller Privatisierung in den Mittelpunkt des Interesses. Abschließend wird im achten Teil der Arbeit de lege ferenda auf die Kodifikationswürdigkeit und -fähigkeit eines Verwaltungskooperationsrechts eingegangen. Dazu zählt vor allem auch die nur schwer zu beantwortende Frage nach dem richtigen Standort und Kompetenz für eine etwaige Kodifikation von Öffentlich Privaten Partnerschaften. Die Arbeit schließt mit einer Zusammenfassung der aufgestellten Thesen.
Teil 1
Begriffliche Grundlagen Bevor eine vertiefte Auseinandersetzung mit den Möglichkeiten und Grenzen einer Beteiligung Privater an der Erfüllung öffentlicher Aufgaben erfolgen kann, müssen zunächst die zugrundeliegenden Begrifflichkeiten einer Präzisierung zugeführt werden. Dies trifft zuallererst auf den Begriff der öffentlichen Aufgaben zu, der zwar häufig verwendet, aber nur selten Gegenstand eingehender Untersuchungen wurde. Inhaltlich klarer strukturiert erscheint hingegen der Begriff des Privaten. Gleichwohl lässt sich auch dieser gerade vor dem Hintergrund der hier zu behandelnden Problematik zu Recht hinterfragen. Lässt sich etwa im Fall einer privatrechtlichen Aktiengesellschaft1, die sich zu immerhin 28 % in privater – zu 78 % aber in öffentlicher Hand befindet von einem Privaten sprechen? Und wenn nicht, was sind dann die Kriterien und Maßstäbe, die einer solchen Entscheidung zugrunde liegen?
A. Öffentliche Aufgaben I. Der normative Aufgabenbegriff Dreh- und Angelpunkt jeder Privatisierungsdebatte ist – auch wenn das leicht aus den Augen verloren wird – nicht der Abbau sachlicher und personeller Bestände der öffentlichen Hand und das sich daraus ergebende haushaltsrechtlich interessante Einsparungspotential, sondern der bislang wahrgenommene Tätigkeitsbereich des Staates. Privatisiert werden nicht lediglich die Lasten staatlicher Tätigkeit, sondern die Tätigkeit als solche. Es ist damit eine Vorfrage jeder Form der Entstaatlichung, inwiefern diese als primär staatlich zu erledigende Tätigkeiten anzusehen sind. Bei der Untersuchung der Privatisierungsfähigkeit staatlicher Handlungsräume muss daher zunächst Klarheit über das zu untersuchende Objekt herrschen. Denn es liegt auf der Hand, dass umso weiter der Kreis der in Rede stehenden staatlichen Tätigkeit gezogen wird, man desto eher zum Postulat mangelnder Privatisierungsfähigkeit gelangen muss. So wirft zum Beispiel die Frage nach der Privatisierbarkeit der Aufgabe des Strafvollzugs als solchem zu Recht erhebliche Zweifel 1 Das BVerfG scheint diese Frage zu verneinen, zumindest aber hat es die sich aus der Privatheit ableitende Grundrechtsfähigkeit abgelehnt, BVerfG, NJW 1990, 1783 ff.
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Teil 1: Begriffliche Grundlagen
auf2. Ganz anders dagegen wird die Antwort lauten, wenn nach der Privatisierbarkeit der Aufgabe der Versorgung Gefangener mit Lebensmitteln oder der Aufgabe der Reinigung von Haftvollzugsanstalten gefragt wird. Das Ergebnis wird also schon durch die Bestimmung der Reichweite einer zu privatisierenden Aufgabe beeinflusst. Bevor aber die Charakteristika einer öffentlichen Aufgabe beleuchtet werden können, muss zunächst bestimmt werden was überhaupt als Aufgabe in Betracht kommt. Dabei scheint diese Frage derart banal zu sein, dass sich in der einschlägigen Literatur hierzu kaum Erörterungen finden3. Sofern der Aufgabenbegriff überhaupt zum Untersuchungsgegenstand gemacht wird, wird zumeist umgehend auf den enger umgrenzten Begriff der öffentlichen Aufgabe rekurriert4. Zunächst ist festzuhalten, dass eine Aufgabe mehr ist als nur die Summe von Maßnahmen auf einem bestimmten Sachgebiet, gleich welcher Art – privat oder staatlich. Ihr liegt vielmehr ein auf die Zielerreichung bezogenes, verpflichtendes (normatives) Element zugrunde5. So existieren zumindest im nicht-totalitären Staat staatliche Tätigkeitsfelder nicht um ihrer selbst willen. Vielmehr verfolgen die Staatsgewalten im Rahmen ihrer Aktionssphären vorgegebene Ziele, welche ihr Tätigwerden rechtfertigen. „Aufgegeben“ sind nicht irgendwelche Aktivitäten, sondern stets die Annäherung an einen definierten Soll-Zustand6, der vom vorfindlichen Ist-Zustand verschieden ist. Die auf die Erreichung dieser Zielvorgabe vereinten Tätigkeiten kann man mit dem Begriff der Aufgabe zusammenfassen. Der Aufgabenbegriff setzt demnach zwar die Existenz eines Handlungsziels voraus, darf mit ihm aber nicht gleichgesetzt werden, weil anderenfalls die Grenzen normativer Vorgaben verwischt würden. So liegt der von den Polizei- und Ordnungsbehörden verfolgte Zielzustand 2 Bonk, Rechtliche Rahmenbedingungen einer Privatisierung im Strafvollzug, JZ 2000, 435 ff. (441 f.); ebenfalls zur Privatisierung im Bereich des Strafvollzugs Kulas, Privatisierung hoheitlicher Verwaltung, Zur Zulässigkeit privater Strafvollzugsanstalten, 1996; Lange, Privatisierungspotenziale im Strafvollzug, DÖV 2001, 898 ff.; Kruis, Haftvollzug als Staatsaufgabe, ZRP 2000, 1 ff. sowie Stober, Privatisierung im Strafvollzug?, 2001; zur Entwicklung im Ausland Nibbeling, Privatisierung des Haftvollzugs, Die neuen Gefängnisse am Beispiel der USA, 2001. 3 Dies stellte bereits Dagtoglou fest, der i. Ü. darauf hinweist, dass zumindest bzgl. des Begriffs der Verwaltungsaufgaben ein tief liegender Unterschied zwischen diesen und Verwaltungstätigkeit nicht bestehe, Dagtoglou, Die Beteiligung Privater an Verwaltungsaufgaben, DÖV 1970, 532 ff. (534). Dem muss insoweit widersprochen werden, als nach dem hier zugrunde liegenden Verständnis des Aufgabenbegriffs ein verpflichtender Handlungsauftrag zugrunde liegt, welcher einer Gleichsetzung mit seiner tatsächlichen Erfüllung entgegensteht. 4 So z. B. Heintzen, Beteiligung Privater an öffentlichen Aufgaben und staatliche Verantwortung, VVDStRL 62 (2002), 220 ff. (227 ff.); darauf weist auch Kämmerer zutreffend hin, Privatisierung, 2001, S. 29. 5 Krautzberger, Die Erfüllung öffentlicher Aufgaben durch Private, 1971, S. 42. 6 Bull, Die Staatsaufgaben nach dem Grundgesetz, 1973, S. 44.
A. Öffentliche Aufgaben
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in der Gewährleistung größtmöglicher Sicherheit. Soweit der Gesetzgeber in den einschlägigen Landesgesetzen die Aufgabe der Polizei aber als Abwehr von Gefahren für die öffentliche Sicherheit und Ordnung definiert, ist der Tätigkeitsbereich der Ordnungskräfte unter dem Vorbehalt entsprechender Eingriffsbefugnisse hierauf beschränkt. Die Gefahrenvorsorge und die vorbeugenden Bekämpfung von Straftaten, die zweifelsfrei mindestens ebenso effektiv zur Gewährleistung von Sicherheit beitragen, werden hiervon nicht erfasst. Sollen Polizei und Ordnungsbehörden auch in dieser Richtung tätig werden, bedarf es einer entsprechenden normativen Klarstellung7. Die Zielrichtung des betreffenden Handelns entscheidet damit über die Zugehörigkeit einer Tätigkeit zu einer konkreten Aufgabe. Jegliche Aufgabe lässt sich daher nicht ohne Rückgriff auf dieses Handlungsmotiv inhaltlich umreißen. Das setzt zunächst voraus, dass über das angestrebte Ziel Einigkeit besteht. Diese Prämisse wird hier, soweit konkrete Aufgaben zur Betrachtung kommen, unterstellt. Unter Zugrundelegung des Handlungsziels lassen sich sodann eigennützige und fremdnützige Aufgaben unterscheiden, je nachdem, ob das verfolgte Interesse unmittelbar mit Handlungssubjekt verknüpft ist, oder einem altruistischem Zweck verpflichtet ist8. Zudem können Aufgaben danach unterschieden werden, ob sie auf einen eigenen Willensentschluss zurückzuführen sind, oder von dritter Seite auferlegt wurden. In Betracht kommen insofern fremd als auch selbst bestimmte Aufgaben9. Die Fähigkeit sich Handlungsziele zu setzen und damit eine normative Selbstbindung bzgl. eines definierten Sollzustands herbeizuführen, folgt bereits aus der Befähigung zu autonomer Willensbildung. Sie ist daher dem Einzelnen ebenso eigen, wie dem durch seine Organe handelnden Staat. Das Vorliegen einer fremd bestimmten Aufgabe setzt hingegen ein zusätzliches Element voraus, welches die Normativität des Handlungsziels für das betreffende Rechtssubjekt begründet. Es kann alternativ in einem Akt von Zustimmung10 liegen, oder durch autoritäre Anordnung begründet sein. In jedem Fall bedarf die durch einen vom Aufgabenträger verschiedenen Dritten auferlegte Verpflichtung auf ein fremdnütziges Handlungsziel einer besonderen Legitimation. 7 Eine entsprechende Normierung findet sich für das Land Brandenburg etwa in § 1 Abs. 1 S. 2 PolG Bbg. 8 Hier sind in erster Linie die privat organisierten karitativen Verbände zu nennen, die sich in altruistischer Weise unterschiedlichster Aufgaben im Bereich der Versorgung Bedürftiger annehmen. Das Handlungsziel in Form der Ausgleichs bzw. Vermeidung sozialer Härten und dem Fernziel der Wahrung des gesellschaftlichen Friedens liegt allein im übergeordneten Interesse der Allgemeinheit und ist nicht im Wesen privater Vereinigungen angelegt. 9 Es spricht also nichts gegen die These, dass sich ein Aufgabenträger aufgrund einer Neuausrichtung seiner selbstdefinierten Ziele seiner Aufgaben zu entledigen vermag. Anders wäre dies nur, wenn er bzgl. dieser Zieldefinition selbst einer höheren Autorität unterstände. Das ist aber bei den durch den Volkssouverän eingesetzten Staatsgewalten wegen Art. 20 Abs. 2 GG nicht der Fall. 10 Eine solche kann etwa im Abschluss eines Vertrages über die Übernahme von bestimmten Tätigkeiten gesehen werden.
32
Teil 1: Begriffliche Grundlagen
Damit zeichnen sich nach meiner Ansicht zwei unterschiedliche Kategorien der Aufgabenbegriffe ab, je nachdem ob die Aufgabe vom zugrunde liegenden Interesse (interesseorientiert) oder vom handelnden Subjekt her (trägerorientiert) definiert wird: trägerorientiert: interesseorientiert:
selbst bestimmte Aufgaben
fremd bestimmte Aufgaben –
eigennützige Aufgaben
Befriedigung elementarer Grundbedürfnisse zur Sicherung des eigenen Fortbestands (z. B.: Sicherung vegetativer Funktionen des Organismus bzw. Sicherung der Einrichtungen und Veranstaltung des Staates)
fremdnützige Aufgaben
z. B.: Verfolgung altruistischer z. B.: Formen der Heran(karitativer) Ziele durch private ziehung Privater durch den Staat zu öffentlichen Aufgaben oder öffentliche Träger Legitimation der Fremdbezogenheit: freier und autonomer Willensentschluss
kooperativ: Verwaltungsmittler in Form Beliehener, Verwaltungshelfer etc.
imperativ: Inpflichtnahme, Sozialbindung des Eigentums
Dem Aufgabenbegriff wohnt neben der normativen Zielverpflichtung noch ein zweites Element in Form der Verantwortlichkeit inne. Sie ist gleichsam als Korrelat zum zuständigkeitsbegründenden Akt der Aufgabenfindung bzw. -übertragung zu verstehen. Aufgabe, Handlungsziel, Zuständigkeit und Verantwortung stehen damit in einem notwendigen Spannungsverhältnis, das unabhängig von Art und Wahrnehmung der einzelnen Tätigkeiten mit in die Betrachtung von Privatisierung und Entstaatlichung einzubeziehen ist.
A. Öffentliche Aufgaben
33
II. Das öffentliche Interesse als Bezugspunkt spezifisch öffentlicher Aufgaben Damit stellt sich die Frage, was konkret unter einer öffentlichen Aufgabe11 zu verstehen ist. Dieser Begriff steht im Mittelpunkt der Staatsaufgabenlehre 12 und der Aufgabenkritik13. Erstere sucht nach der inneren Rechtfertigung des Staates, als von der Gesellschaft verschiedenen und damit legitimationsbedürftigen Verbandes, den sie in einem Kanon von Aufgaben, denen sich der Staat notwendigerweise annehmen muss bzw. welcher er sich unter keinen Umständen begeben darf14, zu erkennen glaubt. Ihr Erkenntniswert besteht in erster Linie in einer Antwort auf Fragen, wie der nach dem Sinn und dem Wesen des Staates, sowie in der Grundlegung einer materialen Staatslehre15. Aufgabenkritik hingegen meint die Daueraufgabe einer stetigen Revision tatsächlicher staatlicher und kommunaler Tätigkeit16. Sie ist als Aufforderung an die öffentliche Hand zu verstehen, den Bestand ihrer Aufgaben und ihre Erledigung kritisch zu überprüfen17. Methodisch stellt sie eine komplexe Bündelung einzelner Verfahren und Techniken zur Analyse, Bewertung und Bemessung von Sachverhalten im Rahmen der Aufgabenplanung dar18. Der Begriff der öffentlichen Aufgabe ist damit von höchstem wissenschaftlichem Interesse. Das Begriffspaar private Aufgaben – öffentliche Aufgaben fußt auf der Unterscheidung der mit ihnen verfolgten Interessen. Liegen diese im partikularen, individuellen Bereich begründet, so liegt ein Handeln im privaten Interesse und damit auch eine private Aufgabe vor. Hier lassen sich vor allem Gewinnstreben, Vermögensverwaltung19 und die Sicherung vitaler Grundfunktionen des Organismus, 11 Nach Leisner ist der Begriff der öffentlichen Aufgaben unklar, Werbefernsehen und Öffentliches Recht, S. 22 f. 12 Zu ihr grundlegend Bull, Die Staatsaufgaben nach dem Grundgesetz, 1973. 13 Dazu noch unten Teil 6, A. II. 2. 14 Hierzu Häberle, Verfassungsstaatliche Staatsaufgabenlehre, AöR 111 (1986), 595 ff. (600 ff.). 15 Bull, Die Staatsaufgaben nach dem Grundgesetz, 1973, S. 6. 16 Zur Arbeit der Berliner Expertenkommission „Staatsaufgabenkritik“, Scholz, Staatsaufgabenkritik in Berlin, in: FS Brohm S. 741 ff. In Brandenburg wurde sie 2003 gesetzlich durch das Gesetz über Ziele und Vorgaben zur Modernisierung der Landesverwaltung (VerwModG) GVBl. I, S. 195 (Artikel 2 des Gesetzes zur Sicherung des Landeshaushalts und zur Modernisierung der Landesverwaltung – Haushaltssicherungsgesetz 2003, HSichG 2003) festgeschrieben. 17 Becker, Die Erfüllung öffentlicher Aufgaben durch gemischtwirtschaftliche Unternehmen, 1997, S. 21. 18 Bull, in: König / Siedentopf (Hrsg.), Die öffentliche Verwaltung in Deutschland, 1996 / 1997, S. 343 ff. (350), der weitergehend zwischen Zweck- und Vollzugskritik unterscheidet. 19 Die Einordnung des Gewinnstrebens als genuin privates Interesse rechtfertigt sich aus der alleinigen Partizipation des Vermögensträgers an den Erfolgen einer etwaigen Vermögensvermehrung. Nach diesem Verständnis ist auch das erwerbswirtschaftliche Handeln der öffentlichen Verwaltung als privates Handeln zu verstehen, weil der Staat damit allein eigennützige Zwecke verfolgt und sich letztlich wie ein Privater am Markt verhält.
34
Teil 1: Begriffliche Grundlagen
sowie anderer – auch sozialer – Grundbedürfnisse20 einordnen. Von öffentlichen Aufgaben lässt sich dagegen sprechen, wenn die Zielerreichung in einem übergeordneten Interesse wurzelt21. Dass die Erfüllung öffentlicher Aufgaben mittelbar auch privaten Interessen dienlich sein kann, steht dem nicht entgegen22. Prägend für den Aufgabentyp ist allein, welche Ziele mit den zugehörigen Aktivitäten direkt und unmittelbar verfolgt werden. Während mit privaten Aufgaben nur eigennützige Tätigkeiten verbunden sind, sind öffentliche Aufgaben i. R. d. oberen Darstellung nur als fremdnützige Aufgaben denkbar, da die Allgemeinheit ihr Interesse nicht selbst wahrnehmen kann und sich daher stets anderer Handlungssubjekte, etwa – aber nicht notwendigerweise – des Staates bedient. Da öffentliche Aufgaben von ihrem Destinatär, der Allgemeinheit, mangels handlungsfähiger Organe nicht selbst wahrgenommen werden können, handelt es sich stets um fremdnützige Aufgaben. Die Gewährleistung ihrer Erledigung ist daher ein weiteres Element des Aufgabenbegriffes, welches in Form der Verantwortlichkeit zutage tritt. Anders als bei privaten Aufgaben, für deren Erfüllung nur eine intrasubjektive Verantwortung vorliegt, zeichnen sich öffentliche Aufgaben zudem durch das Element der Fremdverantwortlichkeit aus. Damit ist das prägende Merkmal öffentlicher Aufgaben in Form des mit ihnen verfolgten überindividuellen Interesses ausgemacht23. Auch nach Peters sind öffentliche Aufgaben als verbindendes Element zwischen Staat und Gesellschaft solche, an deren Erfüllung die Öffentlichkeit maßgeblich interessiert ist24. Die Definitionskompetenz liegt auf der überindividuellen Ebene des staatlichen Souveräns bzw. seiner Organe25. Nur unter Rückgriff auf das durch den Beschluss staatlicher Organe fundierte Handlungsziel lassen sich öffentliche Aufgaben inhaltlich konkretisieren. Von zentraler Bedeutung für diesen Begriff ist folglich das auf das allgemeine Wohl ausgerichtete Interesse aller26. Der Begriff der öffentlichen Aufgabe ist daher eng mit dem des Gemeinwohls verzahnt. Ob mit diesem wei20 Dabei kann auf die Maslow’sche Bedürfnispyramide verwiesen werden, nach der eine stufenweise Kategorisierung menschlicher Bedürfnisse anhand ihrer existenziellen Bedeutung vorgenommen werden kann. Auch deren Erfüllung kommt ausschließlich dem Individuum zugute. 21 Klein, Zum Begriff der öffentlichen Begriff, DÖV 1965, 755 ff. (759). 22 So liegt die Bereitstellung eines öffentlichen Bildungssystems etwa auch im eigenen Interesse des am eigenen Fortkommen interessierten Individuums. Die private Bildungschance ist aber nur Reflex des allgemeinen Interesses an der Sicherung eines hohen Bildungsniveaus zum Zwecke einer alle Individuen umfassenden zukunftsorientierten Wohlstandssicherung. 23 Weiss, Beteiligung Privater an der Wahrnehmung öffentlicher Aufgaben, DVBl. 2002, 1167 ff. (1169). 24 Peters, Öffentliche und staatliche Aufgaben, in: FS Nipperdey, Bd. II, 1965, S. 877 ff. (878); Burgi, Funktionale Privatisierung und Verwaltungshilfe, S. 43. 25 Schuppert, Gemeinwohldefinition im pluralistischen Verfassungsstaat, GewArch 2004, 441 ff. (443). 26 Ipsen, Allgemeines Verwaltungsrecht, 3. A., 2003, Rn. 46.
A. Öffentliche Aufgaben
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teren Terminus schon etwas für eine inhaltliche Konturierung der öffentlichen Aufgaben gewonnen ist, lässt sich jedoch bezweifeln27. Ein ganz wesentlicher Bereich öffentlicher Aufgaben ist aber auf dem Gebiet der kommunalen Daseinsvorsorge28 anzutreffen29. Aus der begrenzten Aussagekraft des Begriffs der öffentlichen Aufgabe, auf das damit verfolgte Ziel, lassen sich weitere Schlussfolgerungen ableiten: 1. In der Charakterisierung einer Aufgabe als öffentliche liegt keine Aussage darüber, welchem Akteur derartige Aufgaben zufallen30, sondern nur die Bezugnahme auf das verfolgte Interesse als eines von allgemeiner Bedeutung. Gerade hierin äußert sich die Weite des Begriffs der öffentlichen Aufgaben, die ihm bisweilen ob seines normativen Gehalts Kritik eingetragen hat31. Die Verfolgung öffentlicher Interessen ist kein vornehmliches Monopol des Staates. Allenfalls in totalitären Systemen vermag der Staat diesbezüglich einen dahingehenden – wenn auch fraglichen – Anspruch geltend zu machen. Im freiheitlich verfassten Gemeinwesen sind sowohl Staat als auch Gesellschaft zur Erfüllung öffentlicher Aufgaben in der Lage und z. T. von Verfassungs wegen auch berufen. Damit obliegt es letzten Endes dem Gesetzgeber zu entscheiden, inwiefern die Verfolgung von Interessen des allgemeinen Wohls der öffentlichen Hand anvertraut oder privaten Trägern überlassen wird. Dabei hat er u. a. die durch die Rechtsordnung garantierten wirtschaftlichen Grundfreiheiten und Grundrechte zu beachten. Ein Staatsvorbehalt ist im Hinblick auf öffentliche Aufgaben jedenfalls entschieden abzulehnen32. Neben den Extremen einer rein privat(rechtlich)en Tätigkeit ohne staatliche Beteiligung bzw. Aufsicht und der direkten Erfüllung durch die (un-)mittelbare Bundes-, Landes- oder Kommunalverwaltung mit den Mitteln des Sonderrechts des Staates sind zahlreiche Zwischenformen denkbar. So ist vorstellbar, dass das öffentliche Interesse als so bedeutend angesehen wird, dass die öffentliche Verwaltung die Erfüllung zwar in private Hände abgibt, aber durch Regulierungsbehörden überwachen 27 Kritisch auch Koch, Der rechtliche Status kommunaler Unternehmen in Privatrechtsform, 1993, S. 130 f. 28 Forsthoff, Rechtsfragen der leistenden Verwaltung, 1959, S. 26. 29 In BGHZ 52, 325 (329) und BGHZ 65, 284 (287) bezeichnet der BGH die Daseinsvorsorge, freilich in Bezug auf die Anwendbarkeit des Verwaltungsprivatrechts, explizit als öffentliche Aufgabe. 30 Die Erkenntnis, dass eine Aufgabe im wesentlichen im allgemeinen Interessen liegt, fehlt jeder Kompetenzbezug, so Kempen, Schranken der Privatisierung, 2002, S. 18; ein Katalog öffentlicher Aufgaben, die durch Private wahrgenommen werden findet sich bei Görgmeier, Entstaatlichung öffentlicher Aufgaben, DÖV 1977, S. 356 ff. (360). 31 So vor allem Emmerich, Die Fiskalgeltung der Grundrechte, namentlich bei erwerbswirtschaftlicher Betätigung der öffentlichen Hand – BGHZ 52, 325 und BGH, Betr. 1969, 1791, JuS 1970, 332 (335); a. A. Dürig, in Maunz / Dürig (Hrsg.), Loseblattsammlung Stand: 46. EL, März 2006, Grundgesetz, Art. 3, Rn. 483 und Häberle, Öffentliches Interesse als juristisches Problem, 1970, S. 204 f. 32 Zu einzelnen öffentlichen Aufgaben, die von Verfassungs wegen bzw. aufgrund der gesetzgeberischen Praxis von Privaten erfüllt werden schon Martens, Öffentlich als Rechtsbegriff, 1969, S. 124 ff.
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Teil 1: Begriffliche Grundlagen
lässt oder die Aufgabenträger einem Gefüge von Rechtsvorschriften und Richtlinien unterwirft33. 2. Die bloße Anbindung des Begriffs der öffentlichen Aufgabe an das verfolgte Interesse, macht ihn zum einen höchst flexibel und facettenreich, führt aber auch zu einer gewissen Konturenlosigkeit. Im Einzelfall wird daher die Definition des Begriffs der öffentlichen Aufgabe zusätzlich durch den Umstand erschwert, dass die zugrunde liegenden Sachgebiete selbst einem stetigen inhaltlichen Wandel unterworfen sind. Dies folgt bereits aus der oben dargelegten Zielabhängigkeit der Aufgabeninhalte34. Jede Neuausrichtung des Handlungsziels zieht zwangsläufig eine inhaltliche Änderung des daraus folgenden Handlungsauftrags an das Verpflichtungssubjekt bzw. den Aufgabenträger nach sich. Zwar unterliegen auch private Aufgaben einem steten inhaltlichen Wandel, nur vollzieht sich dieser auf individueller Ebene und gelangt nur in Ausnahmefällen nach außen. Anders hingegen im Fall öffentlicher Aufgaben. Diese können begriffsnotwendig nur aus den am Gemeinwohl ausgerichteten Handlungszielen herrühren, die in einem demokratischen Staatswesen eines öffentlichen Konsenses bedürfen35. Mit jedem Wechsel im Staatsverständnis und der Vorstellungen darüber, was dem staatlichen Aktionsraum angehöre, ergibt sich die Notwendigkeit einer inhaltlichen Neuausrichtung der betroffenen Aufgaben. Dies führt dazu, dass der stete Prozess der Neuausrichtung bei öffentlichen Aufgaben stärker wahrgenommen wird als bei privaten Aufgaben. Die inhaltliche Wandlungsfähigkeit öffentlicher Aufgaben stellt damit ein besonderes Charakteristikum dar. Vor diesem Hintergrund wird auch deutlich, dass der Begriff der öffentlichen Aufgaben kein eigentlicher Rechtsbegriff sein kann36. Hierfür ist er zu sehr den jeweiligen politischen Einflüssen und Leitentscheidungen ausgesetzt. Die Frage, ob die Erreichung eines definierten Sollzustands von allgemeinem Interesse ist und deshalb eine öffentliche Aufgabe darstellt, ist der Frage, wie ihre Wahrnehmung rechtlich auszugestalten ist, vorgreiflich. Sie entzieht sich einer rechtlichen Betrachtung. Das bedeutet nicht, dass der Begriff der öffentlichen Aufgabe für die Rechtswissenschaft irrelevant sei. Die Wandlungsfähigkeit öffentlicher Aufgaben hat vielmehr Auswirkungen auf das Verständnis der Begriffe Staatsaufgaben bzw. hoheitliche Aufgaben und Verwaltungsaufgaben, die Eingang in die Rechtsordnung und die Verfassung gefunden haben. Trotz relativer Beständigkeit des konstitutionellen Normtextes sind allmähliche Veränderungen in der Auslegung durch Rechtsprechung und Wissenschaft zu verzeichnen. Dem steht eine Remanenz in der 33 Ingesamt macht Peters fünf unterschiedliche Stadien der Wahrnehmung öffentlicher Aufgaben aus, Peters, in: FS Nipperdey, Bd. II, 1965, S. 877 ff. (878). 34 Hierauf wurde bereits i. R. d. Aufgabenbegriffes eingegangen, siehe oben Teil 1, A. I. 35 Hierzu Schuppert, Gemeinwohldefinition im pluralistischen Verfassungsstaat, GewArch 2004, 441 ff. (443). 36 Auch Voßkuhle hält diesen Begriff für konturenlos, Voßkuhle, Beteiligung Privater an öffentlichen Aufgaben und staatliche Verantwortung, VVDStRL 62 (2002), 266 ff. (273 f.).
A. Öffentliche Aufgaben
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Dogmatik des Verwaltungsrechts gegenüber, die sich insbesondere in den Strukturen ausdrückt, die dieses für eine Einbeziehung Privater in staatliche Tätigkeitsbereiche zur Verfügung stellt. Was Otto Mayer mit seinem Satz „Verfassungsrecht vergeht, Verwaltungsrecht besteht.“37 ausgedrückt hat, findet so eine erneute Bestätigung. Vor diesem Hintergrund erklären sich die unterschiedlichen Ansätze zur Definition von Staats- bzw. hoheitlichen Aufgaben und Verwaltungsaufgaben, die mehrheitlich als Unterfälle der öffentlichen Aufgaben verstanden werden. Dass an dieser Stelle überhaupt zwischen Staats- bzw. hoheitlichen Aufgaben einerseits und öffentlichen Aufgaben andererseits unterschieden wird, mag angesichts ihres synonymen Gebrauchs, wie er vielerorts vorherrscht, verwundern. Zitiert sei hier nur die – nicht immer einheitliche – Verwendung durch das Bundesverfassungsgericht38. So nahm das BVerfG in seinem Urteil zum Deutschlandfernsehen an, dass jede Aufgabe mit der sich der Staat gesetzgeberisch oder mittels seiner Verwaltungsbehörden befasst, stets auch staatliche Aufgaben seien39. Dem liegt eine – abzulehnende – rein formale Sicht zugrunde40. I. Ü. bezieht sich diese Erkenntnis genau genommen auf nichts weiter, als die reale Zuordnung zum jeweiligen Akteur. Denn dass alle Aufgaben, derer sich der Staat annimmt auch solche sind, die notwendigerweise nur von ihm wahrgenommen werden können, darf mit Recht bezweifelt werden. Allenfalls liegt nach dem obigen Aufgabenverständnis ein besonderes staatliches Interesse an dem konkret verfolgten Tätigkeitsziel zugrunde. Ob staatliche Tätigkeiten zur sachgerechten Aufgabenerfüllung auch erforderlich sind, steht damit noch nicht fest. Nicht selten beansprucht die öffentliche Hand Aufgaben aus politischen, wirtschaftlichen oder strategischen Überlegungen heraus für sich. Aus dem Vorhandensein einer staatlichen Aufgabe i. d. S. dass sich staatliche Organe einer Aufgabe tatsächlich annehmen, kann noch nicht einmal auf ihre Zuordnung zum Bereich der öffentlichen Aufgaben geschlossen werden, denn es steht der öffentlichen Hand ebenso wie jedem Wirtschaftsunternehmen zu, auch eigennützige und damit „private“ Interessen wahrzunehmen41, so etwa im Bereich staatlicher Fiskalaufgaben. Die Begriffe des Öffentlichen und des Staatlichen lassen sich also nicht ohne weiteres gleichsetzen. So muss der gesamte Bereich staatlicher Vermögensverwaltung aus dem Bereich des Öffentlichen ausgeklammert werden, weil hier mit der h. M. zu Recht die Bindungen des Öffentlichen Rechts in Mayer, Deutsches Verwaltungsrecht, 1. A., 1924, Vorwort. BVerfGE 12, 205 (243) (Fernsehurteil), BVerfGE 17, 371 (376 f.); 20, 56 (113); 21, 362; 30, 292 (311); 31, 314 (334 und 337) sowie 68, 193 (206 f.). 39 BVerfGE 12, 205 (243). 40 Sterzel, in: Blanke / Trümner (Hrsg.), Handbuch Privatisierung, 1998, S. 99 ff., Rn. 155. 41 Der von Schachtschneider erhobenen Kritik am hier zugrunde liegenden funktionalistischen Verständnis des Staates kann nicht gefolgt werden, weil sie den Staat nur als Gegenpol zur Gesellschaft zu denken vermag, ein Vorstellungsbild das mit dem aktivierenden auf Kooperation angelegten Staatsverständnis nicht in Einklang gebracht werden kann, Schachtschneider, Staatsunternehmen und Privatrecht, Kritik der Fiskustheorie, exemplifiziert an § 1 UWG, Habilitation, Berlin 1986, S. 459 f. 37 38
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Teil 1: Begriffliche Grundlagen
Ermangelung hoheitlicher Sonderrechte des Staates keine Geltung beanspruchen können. So stieß denn auch der synonyme Gebrauch durch das BVerfG, der sich auch im Schrifttum fortsetzte, schon früh auf Kritik42.
1. Staats- bzw. Hoheitsaufgaben Stärker umrissen als der etwas konturenlose Begriff der öffentlichen Aufgabe ist der der Staats- bzw. Hoheitsaufgaben, der bewusst an den sachlichen Geltungsbereich von Art. 33 Abs. 4 GG anknüpft, wonach die Ausübung hoheitsrechtlicher Befugnisse als ständige Aufgabe in der Regel Angehörigen des öffentlichen Dienstes zu übertragen ist. Damit werden die in Bezug genommenen staatlichen Aufgaben in das Zentrum staatlicher Tätigkeit gerückt. Die Begriff der Staatsaufgaben ist Ausdruck der Unterscheidung von Staat und Gesellschaft sub specie43. Sie können per definitionem nicht von Privaten ohne Staatsaufsicht im verwaltungsrechtlichen Sinne wahrgenommen werden44. Einem Privaten eine Staatsaufgabe als solche zu übertragen, ist wegen der mit diesem Begriff verbundenen Bindungen nicht möglich45. Die Staatsaufgabe benennt den Adressaten der Zielverpflichtung selbst. Hierin unterscheidet sich dieser Terminus von dem empirischen Begriff der staatlichen Aufgaben, der alle Tätigkeiten umfasst, die der Staat – gleich aus welchem Interesse heraus – selbst wahrnimmt. Insoweit kann man auch von Staatsaufgaben im weiteren Sinne sprechen. Staatsaufgaben im engeren Sinne stellen dagegen denjenigen Ausschnitt der öffentlichen Aufgaben dar, die aufgrund der Rechtsordnung in staatlicher Verantwortung liegen46. Der Begriff der Staatsaufgaben weist damit neben einem interessenbezogenen auch ein trägerbezogenes Merkmal auf. Inwieweit die staatliche Aufgabenverantwortung ausgestaltet ist, muss schon aufgrund der Wesentlichkeit dieser Wahrnehmungsmodi für die Abgrenzung der staatlichen und gesellschaftlichen Sphäre und damit für den grundrechtlichen Freiheitsraum in jedem Einzelfall vom Gesetzgeber festgelegt werden. Die Bandbreite reicht dabei von privat(rechtlich)er Erledigung unter staatlicher Aufsicht, bis hin zu rein verwaltungsförmiger, öffentlich-rechtlicher Leistungserbringung. In jedem Fall aber muss die (Letzt-)Verantwortung beim Staat liegen, weil anderenfalls keine Staatsaufgabe i. e. S. mehr vorläge. 42 Beispielhaft Peters, der eine Unterscheidung schon deswegen für notwendig hält, weil sich Staat und Gesellschaft nach hergebrachter Auffassung zueinander im Gegensatz stehen, Peters, Öffentliche und staatliche Aufgaben, in: FS Nipperdey, Bd. II, 1965, S. 877 (879). Dagegen Bull, Die Staatsaufgaben nach dem Grundgesetz, 1973, S. 48. 43 Burgi, Funktionale Privatisierung und Verwaltungshilfe, S. 43. 44 Di Fabio, Privatisierung und Staatsvorbehalt, JZ 1999, 585 ff. (586). 45 Heintzen, Beteiligung Privater an öffentlichen Aufgaben und staatliche Verantwortung, VVDStRL 62 (2002), 220 ff. (228). 46 Zum Verhältnis der Aufgabenbegriffe zueinander noch unten 1 A II c.
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Der Begriff der Staatsaufgabe ist damit vor dem Hintergrund der geltenden Rechtsordnung zu sehen. Entscheidend ist, dass die Rechtsordnung dem Staat die Verantwortung für die Erfüllung einer bestimmten Aufgabe zuweist. Staatsaufgabe ist danach jede öffentliche Aufgabe, mit der sich der Staat in rechtlicher Form befasst und von Verfassungs wegen befassen darf47. Es sind diejenigen Angelegenheiten, die dem Staat zu eigener Erledigung im jeweils geltenden Recht übertragen worden sind48. Es besteht damit zugleich eine unmittelbare rechtliche Verantwortung für die Erfüllung dieser Aufgaben. Es liegt auf der Hand, dass in der Folge einer Privatisierung eine öffentliche Aufgabe ihre Eigenschaft als Staatsaufgabe ebenso verlieren kann, wie aus einer durch Private wahrgenommenen öffentlichen Aufgabe durch Verstaatlichung eine Staatsaufgabe werden kann; jeweils vorausgesetzt, dass staatliche Aufgabenverantwortung beseitigt bzw. begründet wird. Sie bleibt aber in jedem Fall eine öffentliche Aufgabe, weil die Privatisierung und Verstaatlichung nur die Frage des Wahrnehmungsmodus – also das „Wie“ – betreffen, nicht aber die Frage des „Ob“ eines zugrunde liegenden öffentlichen Interesses. Nach diesem Verständnis unterfallen den Staatsaufgaben i. e. S. sowohl diejenigen öffentlichen Aufgaben, deren sich der Staat freiwillig angenommen hat, als auch diejenigen, die er möglicherweise als Pflichtaufgaben wahrnehmen muss, weil nur er als Aufgabenträger in Frage kommt (sog. Kernkompetenzen). Dieser Ansicht folgt auch Häberle, nach dem Staatsaufgaben vom Typus des Verfassungsstaates, vom durch die Verfassung konstituierten politischen Gemeinwesen, zu denken sind49. Staatliche Aufgaben i. e. S. sind danach solche, die die Verfassung, das Gesetz oder das Europäisches Gemeinschaftsrecht dem Staat als verantwortlichen Aufgabenträger überantworten50. Das Vorliegen einer verrechtlichten Handlungskompetenz zugunsten des Staates ist das Kernelement der Staatsaufgaben. Besonders anschaulich wird dies, wenn Art. 30 GG die Ausübung der staatlichen Befugnisse und die Erfüllung der staatlichen Aufgaben vorbehaltlich anderer Regelungen im Grundgesetz den Ländern zuweist51. Allerdings bezieht sich diese Vorschrift dabei auf das gesamte Spektrum staatlichen Handelns und klammert weder die gesetzesfreie Verwaltung52 noch die fiskalische, erwerbswirt47 Heintzen, Beteiligung Privater an öffentlichen Aufgaben und staatliche Verantwortung, VVDStRL 62 (2002), 220 ff. (228). 48 Klein, Zum Begriff der öffentlichen Aufgaben, DÖV 1965, 755 ff. (758). 49 Häberle, Verfassungsstaatliche Staatsaufgabenlehre, AöR 111, 595 ff. (600). 50 Martens, Öffentlich als Rechtsbegriff, 1969, S. 131; Klein, Zum Begriff der öffentlichen Aufgaben, DÖV 1965, 755 ff. (759). 51 Schon Klein sucht den Ausgangspunkt zur Definition der staatlichen Aufgaben in Art. 30 GG, Klein, Zum Begriff der öffentlichen Aufgaben, DÖV 1965, 755 ff. (757); zu den Verwirrungen zu denen die Formulierung des Art. 30 GG mit Hinblick auf das Verhältnis von Aufgaben und Befugnissen zueinander geführt hat Bull, Die Staatsaufgaben nach dem Grundgesetz, S. 52 ff. 52 BVerfGE 12, 205 (246 f.).
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schaftliche Verwaltung53 aus. Gerade für diese letzte Fallgruppe konnte aber festgestellt werden, dass die öffentliche Hand bei der Verfolgung eigenen Gewinnstrebens zur Mehrung staatlichen Vermögens Motive verfolgt, die sich von denen anderer Privatrechtssubjekte nicht unterscheiden. Die fiskalische bzw. erwerbswirtschaftliche Betätigung der öffentlichen Hand kann daher nur dann Art. 30 GG zugeordnet werden, wenn man dem dort verwendeten Begriff der staatlichen Aufgaben als Staatsaufgaben i. w. S. versteht54. Für die Qualifizierung als Staatsaufgabe kommt es also u. a. auf die rechtliche Ausgestaltung des Handlungsziels an55. Anders als der Begriff der öffentlichen Aufgaben liegt in Form der Staatsaufgaben ein Rechtsbegriff vor. Inwiefern solche Aufgaben vom öffentlichen in den privaten Sektor transferiert werden können, ist dann vor allem eine Frage der rechtlichen Zulässigkeit einer solchen Verlagerung. Privatisierbarkeit ist nach dieser Grundvorstellung weniger ein politisches, finanzielles oder soziales, sondern ein rechtliches Problem56. Gleichwohl ist die Zulässigkeit eines Privatisierungsvorhabens ihrerseits Vorfrage der in erster Linie politischen Entscheidung, den Schritt zur Entstaatlichung zu gehen. Eine gewisse Interdependenz der betroffenen Disziplinen lässt sich daher nicht leugnen. Finale Schranke einer Privatisierung aus rechtlicher Perspektive ist aber die Ewigkeitsgarantie des Art. 79 Abs. 3 GG. In dem so vorgegebenen Rahmen kommt dem Staat eine Kompetenz-Kompetenz bzgl. der Findung von Staatsaufgaben zu57. Eng mit dem Begriff der Staatsaufgaben i. e. S. verwoben ist die Frage nach der Natur der hierunter fallenden Sachgebiete. So ließe sich der Begriff der Staatsaufgaben im Verhältnis zu den öffentlichen Aufgaben zunächst so deuten, dass hierunter alle Aufgaben fallen, die aufgrund ihres Wesens nur von staatlichen Einrich53 BVerfGE 12, 205 (224 ff.); Blümel, Verwaltungszuständigkeit, in: Isensee / Kirchhof (Hrsg.), HdbStR, Bd. IV, 2. A., 1999, S. 863 Rn. 8 und Pernice, in: Dreier (Hrsg.), Grundgesetz, Bd. II, 2. A., 2006, Art. 30, Rn. 28; a. A. jedoch Gubelt, in: Kunig (Hrsg.), Grundgesetz, 5. A., 2001, Art. 30 Rn. 8; Lerche, in: Maunz / Dürig (Hrsg.), Grundgesetz, Loseblattsammlung Stand: 46. EL, März 2006, Art. 83 Rn. 42 a.E. 54 Der Streit, ob Art. 30 GG neben öffentlichen Aufgaben auch das erwerbswirtschaftliche Handeln des Staates und seine fiskalischen Hilfsgeschäfte erfasst ist eng verwoben mit der Frage nach einer umfassenden Grundrechtsbindung der öffentlichen Gewalt gem. Art. 1 Abs. 3 GG. Der Frage kann hier nicht vertieft nachgegangen werden, sie ist aber mit einer im Vordringen befindlichen Ansicht zu bejahen: Erbguth, in: Sachs (Hrsg.), Grundgesetz, 3. A., 2003, Art. 30 Rn. 33 m. w. N. 55 Weniger auf die rechtliche Ausgestaltung, als vielmehr auf die tatsächliche Wahrnehmung einer Aufgabe achtet hingegen Peters. Nach seiner Auffassung liegt eine Staatsaufgabe vor, wenn der Staat sie selbst unmittelbar übernimmt oder sie in mittelbarer Verwaltung durch eine Körperschaft oder Anstalt des öffentlichen Rechts oder einen ausdrücklich mit der Aufgabe beliehenen Unternehmer nach öffentlichem Recht erfüllen lässt. Vgl. Peters, Öffentliche und staatliche Aufgaben, in: FS Nipperdey, Bd. II, S. 877 ff. (880). 56 In diesem Sinne auch Däubler, Privatisierung als Rechtsproblem, 1980. 57 von Heimburg, Verwaltungsaufgaben und Private, S. 14; Arndt, Die Privatfinanzierung von Bundesfernstraßen, 1998, S. 145.
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tungen wahrgenommen werden können. Staatsaufgaben wären dann immer auch genuin staatliche Aufgaben58. Ihre Erfüllung wäre für die öffentliche Hand dann obligatorisch, die Erfüllung „nur“ öffentlicher Aufgaben hingegen fakultativ. Es besteht jedoch bereits Streit darüber, ob es einen derartigen Bereich sog. Kernkompetenzen im Verfassungsstaat überhaupt geben kann. Schließlich würde er zugleich einen privatisierungsfesten Kanon staatlicher Kernkompetenzen umschreiben. Eine solche These steht bereits in latentem Widerspruch zur oben dargestellten Wandlungsfähigkeit öffentlicher Aufgaben. Während der überwiegende Teil im Schrifttum wegen dieser Wandelbarkeit der Aufgabeninhalte59 von einem im Grundgesetz angelegten „Prinzip der offenen Staatsaufgaben“ ausgeht und die Existenz von Kernkompetenzen leugnet60, sind andere von dem Vorhandensein eines Nukleus von Aufgaben überzeugt. Der Kreis geborener Staatsaufgaben wird von diesen Vertretern auch als Kern- oder Primäraufgaben des Staates bezeichnet 61. Inwieweit die staatlichen Kernkompetenzen einer inhaltlichen Konturierung zugänglich sind, wird aber auch von ihnen unterschiedlich beantwortet62. Auf diese Kontroverse wird im Einzelnen noch einzugehen sein63. Den Terminus der Staatsaufgaben auf ein solches Verständnis zu verengen, hieße jedenfalls ihn zusätzlich mit dem grundlegenden Streit um die Existenz privatisierungsfester Staatsreservate aufzuladen. Für die Zwecke dieser Untersuchung scheint ein solcher Ansatz nicht geeignet und soll daher auch nicht weiter verfolgt werden.
2. Verwaltungsaufgaben Neben dem Begriff der Staatsaufgaben wird auch der Begriff der Verwaltungsaufgaben verwendet64. Während er von vielen Autoren lediglich zur Unterstreichung der staatlichen Verantwortung eingeführt wird, bemühen sich andere auch um eine inhaltliche Abgrenzung zu den Begriffen der öffentlichen Aufgabe bzw. Zur Unterscheidung der Staatsaufgaben von den staatlichen Aufgaben unten 1 A II c. Lecheler, Privatisierung von Verwaltungsaufgaben, BayVBl. 1994, 555 ff. (558). 60 So Sterzel, in: Blanke / Trümner (Hrsg.), Handbuch Privatisierung, S. 99 ff. Rn. 154; Kämmerer, Privatisierung, 2001, S. 165 f.; Dreier, Die drei Staatsgewalten im Zeichen der Europäisierung und Privatisierung, DÖV 2002, 537 ff. (541); Wolff / Bachof / Stober, Verwaltungsrecht III, § 93 VI 1 Rn. 11, S. 630; Voßkuhle, Beteiligung Privater an öffentlichen Aufgaben und staatliche Verantwortung, VVDStRL 62 (2002), 266 ff. (273 ff.). 61 So etwa Bull, in: König / Siedentopf (Hrsg.), Öffentliche Verwaltung in Deutschland, 1996 / 1997, 343 ff. (351); Stern, in: Häberle (Hrsg.), Verfassungsstaatliche Staatsaufgabenlehre, AöR 111 (1986), 595 ff. (598 f.), in diese Richtung wohl auch schon Martens, Öffentlich als Rechtsbegriff, 1969, S. 131. 62 Kritisch Häberle, Verfassungsstaatliche Staatsaufgabenlehre, AöR 111 (1986), 595 ff. (600 f.). 63 Siehe unten Teil 5, B. 64 Dagtoglou, Beteiligung Privater an der Erfüllung öffentlicher Aufgaben, DÖV 1970, 532 ff. 58 59
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der Staatsaufgabe. Verantwortung65 im hier zugrunde liegenden Sinne ist dabei eine rechtliche Kategorie. Zu bedenken ist daher, dass angesichts des normativ geprägten Staatsaufgabenbegriffs stets auch die rechtliche Verantwortlichkeit des Aufgabenträgers einhergeht. Wenn man dies berücksichtigt, tendiert der Aussagegehalt des Begriffs der Verwaltungsaufgaben neben dem der staatlich verantworteten öffentlichen Aufgaben (Staatsaufgaben) gegen Null. Soll diese neue Kategorie zum Verständnis der Privatisierungsdebatte beitragen, ist daher auch dem Begriff der Verwaltungsaufgaben ein eigenständiger Bedeutungsgehalt beizulegen, der über ein bloßes Unterstreichen der staatlichen Verantwortlichkeit hinausgeht. Bei den Verwaltungsaufgaben handelt es sich daher um denjenigen Teil der öffentlichen Aufgaben, der nach der geltenden Rechtsordnung tatsächlich und unmittelbar vom Staat und seiner Verwaltung wahrzunehmen ist66. Damit liegt der Fokus weniger im Bereich der rechtlichen Verpflichtung auf einen zu erreichenden Sollzustand, sondern bei der realen Umsetzung des Handlungsauftrags. Ähnlich wie im Verhältnis öffentliche Aufgaben – Staatsaufgaben, kann man wiederum zwischen der Frage nach dem Vorliegen einer Staatsaufgabe, also dem „Ob“ einer staatlichen Verantwortung und dem „Wie“ ihrer Erfüllung differenzieren. Besorgt die öffentliche Hand die Staatsaufgabe mit eigenen personellen und sachlichen Mitteln, in Form von Behörden und in einem öffentlich-rechtlich ausgestalteten Verfahren, so liegt eine Verwaltungsaufgabe vor. Dieser Begriff wird somit durch das Sonderrecht des Staates in Form des öffentlichen Rechts dominiert67. Auch der Begriff der Verwaltungsaufgaben lässt dabei bewusst die Frage nach der Existenz geborener Staatsaufgaben beiseite und umreißt das Feld der direkt von der öffentlichen Verwaltung wahrgenommenen Aufgaben. Insofern liegt den Verwaltungsaufgaben ebenfalls ein rechtstatsächliches Verständnis zugrunde.
3. Das Verhältnis der Aufgabenbegriffe zueinander Für den Prozess der Privatisierung ist nicht nur die dogmatische Fundierung der einzelnen Aufgabenbegriffe entscheidend, sondern auch ihre Relation zueinander. 65 Voßkuhle definiert die formale Struktur der Verantwortung durch sechs Elemente. Nach ihm bedarf es dabei eines handlungsfähigen Subjekts (1), das aufgrund eines bestimmten Zurechnungstatbestands (2) für etwas (3) vor einer anderen Instanz (4) einstehen muss, wobei Handlungsspielräume bestehen (5) und ein Maßstab existieren muss (6), an dem er sich bei den eigenen Handlungen orientieren kann; Voßkuhle, Beteiligung Privater an öffentlichen Aufgaben und staatliche Verantwortung, VVDStRL 62 (2002), 266 ff. (270, dort Fn. 9). 66 Ähnlich Koch, Der rechtliche Status kommunaler Unternehmen in Privatrechtsform, 1993, S. 133. 67 Bestätigt wird dies durch Art. 134 Abs. 2 GG, der den Begriff der Verwaltungsaufgaben nur im Zusammenhang mit den öffentlich-rechtlichen Gebietskörperschaften Bund, Länder und Kommunen verwendet, i. Ü. aber vom nunmehr zuständigen Aufgabenträger spricht. Auch Art. 135 Abs. 2 GG spricht nur im Verhältnis zu öffentlich-rechtlichen Körperschaften und Anstalten von Verwaltungsaufgaben.
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Wie noch zu zeigen ist, kann ihr richtiges Verständnis auch zur inhaltlichen Fundierung der unterschiedlichen Privatisierungsarten beitragen68. Von grundlegender Bedeutung ist zunächst das – im einzelnen höchst umstrittene – Verhältnis zwischen den öffentlichen Aufgaben und den Staatsaufgaben. Also zwischen denjenigen Handlungsaufträgen, die im vorrangigen Interesse der Allgemeinheit liegen und denjenigen, für die der Staat die Gesamtverantwortung übernimmt. Hier ergeben sich grundsätzlich zwei Möglichkeiten. Zum einen kann man beide Gruppen als nebeneinander stehende Kategorien betrachten. So versteht etwa Klein als staatliche Aufgaben diejenigen Angelegenheiten, die dem Staat zu eigener Erledigung im jeweils geltenden Recht übertragen worden sind. Insofern lässt sich diese Ansicht mit dem hier vertretenen Aufgabenverständnis vereinbaren. Öffentliche Aufgaben werden seiner Auffassung nach dagegen nicht vom Staat, sondern von der Gesellschaft erfüllt69. Ein derartiges Verständnis widerspricht der oben getroffen Abgrenzung zwischen privaten und öffentlichen Aufgaben. Die Trennlinie zwischen beiden verläuft nämlich zwischen den unterschiedlichen Interessen, die mit den zugrunde liegenden Handlungsaufträgen verfolgt werden und nicht zwischen den Aufgabenträgern selbst. Da ohne weiteres neben eigenen auch fremde Interessen verfolgt werden können, lässt sich der Feststellung, dass eine öffentliche Aufgabe vorliegt, weil Gemeinwohlinteressen verfolgt werden, keine Aussage über den konkreten Aufgabenträger entnehmen. Öffentliche Aufgaben müssen damit nicht zwingend vom Staat oder der Gesellschaft wahrgenommen werden. Der konkrete Verantwortungsträger muss lediglich im Dienste eines allgemeinen Interesses agieren. Warum er dies tut, ist für den Begriff der öffentlichen Aufgabe irrelevant. Man wird daher von einem Verhältnis der Spezialität zwischen beiden Begriffen auszugehen haben. Dabei stellt der Begriff der öffentlichen Aufgaben den allgemeineren, der Begriff der Staatsaufgaben den spezielleren dar. Diese Auffassung liegt auch den Ansätzen von Di Fabio70 und Heintzen71 zugrunde. Für beide ist die Staatsaufgabe lediglich ein Unterfall der öffentlichen Aufgaben. Maßgeblich ist, ob eine bestimmte öffentliche Aufgabe aufgrund gesetzlicher Anordnung der staatlichen Sphäre zuzuordnen ist. Erfolgt diese Zuweisung durch die Verfassung, so qualifiziert sie dies zur Staatsaufgabe. Es kommt mithin allein auf die rechtlichen Vorgaben bzgl. ihrer Trägerschaft an. Diesem Verständnis soll hier gefolgt werden. Legt man dies zugrunde, so wird die Frage der Privatisierbarkeit von staatlich wahrgenommenen Aufgaben von der sachlichen Materie gelöst und zu einem rein rechtlichen Problem abstrahiert. Über die Privatisierbarkeit entscheidet nicht länSiehe unten Teil 4. Klein, Zum Begriff der öffentlichen Aufgabe, DÖV 1965, 755 ff. (758). 70 Di Fabio, Privatisierung und Staatsvorbehalt, JZ 1999, 585 ff. (587). 71 Staatsaufgabe ist jede öffentliche Aufgabe, mit der sich der Staat in rechtlicher Form befasst und von Verfassungs wegen befassen darf oder muss, Heintzen, Beteiligung Privater an öffentlichen Aufgaben und staatliche Verantwortung, VVDStRL 62 (2002), 220 ff. (228). 68 69
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ger das Wesen der betroffenen Materie, welche einem natürlichen, inhaltlichen und gesellschaftlichen Wandel unterliegt, sondern die Flexibilität des zur Aufgabenerfüllung erlassenen rechtlichen Rahmens. Hierin liegt zugleich eine wichtige Weichenstellung für die später zu beantwortende Frage nach der Existenz sog. genuiner Staatsaufgaben72. Für den Fall der verfassungsmäßig bestimmten Staatsaufgaben heißt dies, dass finaler Maßstab für die Privatisierbarkeit dieser Materien die u. a. der Geltungsbereich der sog. Ewigkeitsklausel des Art. 79 Abs. 3 GG sein muss. Ist danach eine Änderung der einschlägigen Verfassungsbestimmungen die die Aufgabe dem Staat zuordnen zulässig, so bedeutet dies zugleich, dass eine notwendige, genuine Staatsaufgabe nicht vorliegt73. Es ist also festzuhalten, dass der Begriff der öffentlichen Aufgabe durch die Fokussierung auf die mit ihr verfolgten Gemeinwohlinteressen zielorientiert zu verstehen, hingegen der Begriff der Staatsaufgabe darüber hinaus auch eine Aussage bzgl. der rechtlichen Ausgestaltung der Aufgabenverantwortung enthält. Aufgrund dieses zusätzlichen Merkmals lässt sich von einem Verhältnis der Spezialität i. w. S. sprechen. Letzteres, weil mit dem empirisch-politisch motiviertem Begriff der öffentlichen Aufgabe und dem normativen Begriff der Staatsaufgabe zwei unterschiedliche Kategorien miteinander in Bezug gesetzt werden. Gegen die Qualifizierung der Staatsaufgaben als derjenige rechtlich definierte Ausschnitt der öffentlichen Aufgaben, die der staatlichen Verantwortung zugeordnet sind, ließen sich diejenigen Handlungsfelder der öffentlichen Verwaltung ins Feld führen, bei denen keine allgemeinen, sondern „private“ Interessen des Staates verfolgt werden. So etwa, wenn staatliche Einrichtungen fiskalische Hilfsgeschäfte besorgen und ihre Bedürfnisse über den Markt befriedigen. Der Fiskustheorie74 zufolge handeln sie dabei wie Privatrechtssubjekte, weil sich wesentliche Unterschiede zum Beschaffungswesen privater Unternehmen nicht feststellen lassen. Zu beachten ist aber, dass die Begriffe der Staatsaufgaben i. e. S. und der staatlichen Aufgaben i. w. S. nicht gleichgesetzt werden können. Letztere sind trägerorientiert zu verstehen, so dass darunter alle Handlungsaufträge an die öffentliche Hand zu verstehen sind, unabhängig davon ob mit ihnen zugleich öffentliche Interessen verfolgt werden. Die die privaten Interessen des Staates verfolgende Fiskalverwaltung etwa gehört danach – da von staatlichen Trägern wahrgenommen – zu den staatlichen Aufgaben, aber eben nicht zu den Staatsaufgaben im vorliegenden Sinne. Auch hier lässt sich von einem Verhältnis der Spezialität i. w. S. sprechen, weil zum Merkmal der staatlichen Trägerschaft der Aufgabe (dann als staatliche Aufgabe zu verstehen) noch die gemeinnützige Ausrichtung am allgemeinen Interesse Dazu unten Teil 5, B. Unzulässig dürfte hingegen der Umkehrschluss sein. Denn aus dem Umstand, dass eine Privatisierung an der Ewigkeitsklausel scheitert folgt nicht, dass die betreffende Aufgabe eine genuine Staatsaufgabe ist. Die normative Kraft des Art. 79 Abs. 3 GG endet nämlich dort, wo das Grundgesetz nicht geändert, sondern abgeschafft und ersetzt wird. Genau dies stellt aber die Bewährungsprobe für die staatlichen Kernkompetenzen dar. 74 Zu ihr schon Mayer, Deutsches Verwaltungsrecht, Bd. II, 3. A., 1924, S. 26. 72 73
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hinzutritt (dann als Staatsaufgabe zu verstehen). Soweit mit staatlichen Aufgaben solche privaten Interessen des Staates verfolgt werden, sollte der Begriff der Fiskalaufgaben verwendet werden. Damit umschreibt der Begriff der Staatsaufgaben letztlich den Schnittbereich der Begriffe der öffentlichen Aufgabe und demjenigen der staatlichen Aufgabe in denen die Merkmale beider aufeinander treffen. Zur abschließenden Veranschaulichung soll folgendes Schema dienen: staatliche Aufgaben i.w.S. staatliche Aufgaben i.w.S.
Staatsaufgaben i.e.S. öffentliche Aufgaben in Verfolgung allgemeiner Interessen
Fiskalaufgaben private Aufgaben in Verfolgung partikularer Interessen
Es sind also nicht alle staatlichen Aufgaben i. w. S. zwingend öffentliche Aufgaben. Dagegen lässt sich auch nicht das Republikprinzip des Art. 20 Abs. 1 GG anführen, nach dessen wörtlichem Verständnis der Staat selbst eine res publica, also eine öffentliche Angelegenheit ist. Denn die veränderungsresistente Festlegung auf die Republikform ist im Zusammenhang mit Art. 20 Abs. 2 S. 1 GG zu lesen, nach dem alle Staatsgewalt vom Volke ausgeht. Der Aussagegehalt des Republikprinzips erschöpft sich somit in einer Absage an eine dynastische Staatsform75 und in der Vorgabe einer Struktur für die Ausübung der Volkssouveränität. Gleichwohl folgt aus dem Republikprinzip, dass die Erfüllung öffentlicher Aufgaben einem staatlichen Recht des ersten Zugriffs unterliegt. Denn wenn die politische Formulierung des allgemeinen Wohls und die normative Ausgestaltung der daraufhin gefundenen öffentlichen Aufgaben dem im Parlament repräsentativ vertretenen Volkssouverän obliegt76, dann ist diesem auch aus rechtswissenschaftlicher Sicht ein öffentliches Aufgabenfindungsrecht und aufgrund des Gesetzgebungsmonopols ein Staatsaufgabenfindungsrecht zu attestieren. Daraus muss der Schluss gezogen werden, dass dem Grundgesetz ein grundsätzlich offenes Staatsaufgabenkonzept77 inhärent ist, das allenfalls durch andere gleichwertige Güter von Verfassungsrang begrenzt wird.
Pieroth, in: Jarass / Pieroth (Hrsg.), Grundgesetz, 7. A., 2004, Art. 20, Rn. 3. Dazu Isensee, Gemeinwohl und Staatsaufgaben im Verfassungsstaat, in: Isensee / Kirchhof (Hrsg.), Bd. III, 1. A., 1988, § 57, S. 39 ff., Rn. 88 ff. 77 Dazu unten Teil 5, B. 75 76
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Teil 1: Begriffliche Grundlagen
III. Das Verhältnis zwischen Staatszwecken, Staatszielen und öffentlichen Aufgaben Weder der öffentliche noch der private Aufgabenbegriff können von konkreten Handlungsprogrammen und Zielbestimmungen losgelöst betrachtet werden. Staatlich wahrgenommene Aufgaben sind aber von diesen strikt zu trennen. Für Programmentscheidungen gilt dies schon deshalb, weil sie als politische Direktiven nicht unmittelbar normative Vorgaben treffen, sondern ihrerseits konkretisierungsbedürftig sind. Zwei Typen derartiger programmatischer Vorgaben an den Staat und die öffentliche Verwaltung sollen hier im Kontext des Aufgabenbegriffes beleuchtet werden. Während bislang mit den Aufgabenbegriffen normative Maßstäbe in Rede standen, liegt den Staatszwecken ein vorrechtliches Verständnis zugrunde. Staatszwecke werden nicht aus real existierenden Verfassungstexten formuliert, sondern stellen das Ergebnis einer staatsphilosophischen Überlegung über den Sinn und Zweck des Gemeinwesens dar. Sie dienen der Beschreibung überzeitlicher Wesenszüge des Staates, der inneren Rechtfertigung und Fundierung der Existenz moderner Staaten und sollen zugleich zu deren rationaler Begrenzung einen Beitrag leisten78. Staatszwecke beschreiben damit nicht mehr, aber auch nicht weniger als einen Idealzustand des Staates. Sie entspringen damit einem inhaltlich geschlossenen theoretischen System. Die Staatszwecke eignen sich daher nicht als Maßstab für eine an normativen Vorgaben ausgerichtete Untersuchung, können aber Handlungsmotive der Privatisierungsakteure erklären. Auf sie wird daher bei der Untersuchung eines metarechtlichen Staatsvorbehalts zurückzukommen sein79. Staatszielbestimmungen hingegen sind durch ihre verbindliche Geltung geprägt, die sich in den meisten Fällen an alle Staatsgewalten wenden. Sie partizipieren inhaltlich an dem übergeordneten Gemeinwohl80 als Grundlage aller öffentlichen Aufgaben und verleihen ihm partiell für einzelne Sachbereiche eine konkrete Gestalt. Als prominentes Beispiel sei hier nur der Schutz der natürlicher Lebensgrundlagen und der Tiere durch die Bestimmung Art. 20 a GG genannt81. Durch derartige Verfassungsbestimmungen werden den staatlichen Organen objektiv verbindliche Handlungsziele vorgegeben, die sie mit den Mitteln ihrer Wahl anzustreben haben82. 78 Isensee, Gemeinwohl und Staatsaufgaben im Verfassungsstaat, in: Isensee / Kirchhof (Hrsg.), HdbStR, Bd. III, 1. A., 1988, § 57, S. 52, Rn. 116. 79 Sieh unten Teil 5, B. 80 Isensee, Gemeinwohl und Staatsaufgaben im Verfassungsstaat, in: Isensee / Kirchhof (Hrsg.), HdbStR, Bd. III, 1. A., 1988, Bd. III, § 57, S. 51 f., Rn. 115. 81 Art. 20a GG: Der Staat schützt auch in Verantwortung für die künftigen Generationen die natürlichen Lebensgrundlagen im Rahmen der verfassungsmäßigen Ordnung durch die Gesetzgebung und nach Maßgabe von Gesetz und Recht durch die vollziehende Gewalt und die Rechtsprechung. 82 Für das Staatsziel Umweltschutz, Degenhart, Staatsrecht, Bd. 1 Staatsorganisationsrecht, 15. A., 1999, Rn. 367 a.
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Daraus folgt noch nicht, dass damit auch etwas über den konkreten Inhalt einer staatlich wahrzunehmenden Aufgabe des Umwelt- und Tierschutzes gesagt sei. Denn trotz dieser verbindlichen Zielvorgabe durch eine Verfassungsbestimmung verbleibt dem Verpflichtungsadressat die Definitionsmacht über Inhalt und Form der daraus folgenden Aufgabe. So ist allgemein anerkannt, dass dem Gesetzgeber bei der Verfolgung der Staatsziele ein weiter Gestaltungsspielraum zukommt83. Staatszielbestimmungen sind in Ermangelung hinreichender inhaltlicher Bestimmtheit im Vorfeld konkreter Handlungsaufträge anzusiedeln. Die ihnen zukommende normative Wirkung ist allenfalls stark genug, die Ausformulierung einzelner Zielbeschreibungen (mit-)zu prägen. Ihnen kommt dabei vor allem eine Art Konservierungsfunktion zu, da sie einmal erreichte Kompromisse mit der Beständigkeit einer verfassungsrechtlichen Verankerung versehen und so über die Zeit retten. Damit sind sie auf einer abstrakteren Ebene der oben beschriebenen Wandlungsfähigkeit (konkreter) öffentlichen Aufgaben enthoben.
IV. Aufgabenträgerschaft und kompetenzbegründende Funktion der Aufgabenzuweisung Abschließend soll noch auf eine weitere Eigenschaft des Aufgabenbegriffs eingegangen werden. In einem modernen Verfassungsstaat kommt diesem, über die aufgezeigte Zuordnung zum allgemeinen Wohl hinaus, eine legitimierende Funktion zu. Wie bereits erwähnt, weist der den öffentlichen Aufgaben immanente Begriff des öffentlichen Interesses eine starke Affinität zu dem schillernden Terminus des Gemeinwohls auf. Dieser strahlt eine derartige Integrationskraft aus, dass nahezu alle staatliche Tätigkeit zugunsten übergeordneter Interessen, also mit Ausnahme der erwerbswirtschaftlichen Betätigung und der fiskalischen Hilfsgeschäfte, unter einem Dach zusammengefasst werden können. Diese Absorptionsfähigkeit zieht andererseits enorme Schwierigkeiten bei der inhaltlichen Ausfüllung dieses Begriffs nach sich, so dass mancherorts schon vom Gemeinwohl als Gemeinplatz die Rede ist84. Und dennoch kann auf das Gemeinwohl schon aus staatsphilosophischer und rechtswissenschaftlicher Sicht kaum verzichtet werden. Allein in der Ausrichtung politischer Entscheidungen am Maßstab eines auf mehrheitlichem Beschluss aller beruhenden Idealzustands, lässt sich diejenige Konsistenz erreichen, die für ein dauerhaftes Gedeihen staatlicher Gebilde erforderlich ist85. Das Gemeinwohl ist damit die vitale Basis des Staates. 83 BVerwG, NJW 1995, 2649 und Degenhart, Staatsrecht, Bd. 1 Staatsorganisationsrecht, 15. A., Rn. 368. 84 Isensee, Gemeinwohl und Staatsaufgaben, in: Isensee / Kirchhof (Hrsg.), HdbStR, Bd. III, 1. A., 1988, § 57, S. 5 Rn. 4 und 35 ff. 85 Isensee sieht in ihm ein das Bild des Gemeinwesens, wie es sein soll, d. h. nicht ein Abbild desselben, sondern ein Vorbild und damit Maßstab staatlichen Lebens: Isensee, Gemeinwohl und Staatsaufgaben, in: Isensee / Kirchhof (Hrsg.), HdbStR, Bd. III, 1. A., 1988, § 57, S. 19 Rn. 39.
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Teil 1: Begriffliche Grundlagen
Es wirkt aber nicht nur stabilisierend auf die Gesellschaft insgesamt, es vermag auch staatliches Handeln und damit den Staat als solchen zu legitimieren, indem es ihm ermöglicht, sich immer wieder neue Handlungsaufträge aufzuerlegen und so seine Existenz zu rechtfertigen. An dieser Legitimation partizipieren über die Auferlegung öffentlicher Aufgaben alle Träger staatlicher Gewalt i. S. v. Art. 20 GG. Dieser Befund wird Konsequenzen für die Frage nach der Existenz eines privatisierungsfesten Staatsaufgabenkerns nach sich ziehen86.
B. Der Private I. Das klassische Verständnis von Staat und Gesellschaft Im Mittelpunkt der Untersuchung stand bislang nicht ohne Grund der öffentliche Aufgabenbegriff und der Staat bzw. die öffentliche Verwaltung als ihre prädestinierten Träger – als eigentliche Hauptdarsteller der Privatisierungsdebatte. Neben der dem allgemeinen Wohl verpflichteten öffentlichen Hand bedarf es aber eines weiteren Kontrapunkts, in dessen Verantwortung die zu privatisierende Materie übergeht. Im Folgenden soll daher Stellung zum Begriff des Privaten genommen werden. Problematisch ist insofern, dass sich das Individuelle auf die private Sphäre bezogene nur in Abgrenzung vom Überindividuellen auf die öffentliche Sphäre definieren lässt. Dieser Umstand ist letzten Endes auf das klassische Verständnis von Staat und Gesellschaft zurückzuführen. Dabei wurde im Laufe der gesellschaftlichen Entwicklung des modernen postfeudalen Staates zumeist ein bestimmtes – von zeitgenössischen Einflüssen geprägtes – Menschenbild zugrunde gelegt, das das jeweilige Staatsverständnis geprägt hat. Die Sozialanthropologie ist danach Ausgangspunkt jeden Staatsverständnisses. Wenn man mit Machiavelli etwa davon ausgeht, dass alle Menschen schlecht sind, und dass sie stets ihren bösen Neigungen folgen sobald sie Gelegenheit dazu haben, dann muss sich dies in den Vorstellungen über den Staat fortsetzen. So verwundert es nicht, wenn Machiavelli den Mensch immer auf der Suche nach Schutz vor seinesgleichen sieht, die ihm letztlich nur Staat und Recht gewähren können87. Dieser Staat kann dann nur als Zwangsanstalt, die Frieden, Ordnung und Gehorsam erzwingt, gedacht werden. Zu einem ähnlichen Verständnis gelangt Hobbes, der aber das Problem nicht in der natürlichen Schlechtigkeit des Menschen, sondern in der ungezügelten Freiheitsbetätigung jedes einzelnen sieht, die nach seinen Vorstellungen zwingend in einem bellum omnium contra omnes enden muss88. Diesem Kriegszustand können Siehe unten Teil 5. Machiavelli, Il Principe / Der Fürst (Reclam), S. 77 ff., zitiert nach Naucke, Rechtsphilosophische Grundbegriffe, 4. A., 2000. 86 87
B. Der Private
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die Menschen nur durch Gründung eines Leviathan, eines Gemeinwesens entgehen, dessen zentrale Macht zwischen ihnen Frieden und Ordnung schafft. Der Staat ist danach auch bei Hobbes ein Mittel den Menschen in eine vorgegebene Ordnung zu zwingen89. Auch bei Rousseau ist der Mensch im Naturzustand zunächst gefährdet. Nur versucht er diesen Ausgangspunkt nicht durch Unterwerfung unter eine von fremder Hand eingesetzte Obrigkeit zu beseitigen. Vielmehr bringt sich der einzelne in einem gedachten Gesellschaftsvertrag (contrat social) in das Gemeinwesen ein und ordnet sich so dem Gemeinwillen (volonté générale) unter, an dem er aber zugleich durch seinen Beitrag partizipiert90. Der Staat ist danach kein dem Individuum entgegengesetztes Wesen, sondern wird durch die Gemeinschaft der Vertragsschließenden geformt. Rousseau gelingt es so, die Elemente natürlicher Freiheit und Gleichheit aus dem Naturzustand in den Staat hinüberzuretten. Sie müssen damit nicht länger für Sicherheit und Ordnung durch staatlichen Zwang geopfert werden. Der Staat ist dann zum Schutz Gleicher unter Gleichen unter dem Primat einer gemeinsam geschaffenen normativen Ordnung berufen. Eine ähnliche Stellung wird später Kant beziehen wenn er schreibt, dass der Staat eine Vereinigung einer Menge Menschen unter Rechtsgesetzen sei91. Wobei das a priori für allgemein verbindlich erkannte Rechtsgesetz im kategorischen Imperativ gipfelt92. Kant erreicht so einen Gleichlauf zwischen individueller privater Freiheit und rechtlicher Ordnung93. Freiheit besteht nur insoweit, als sie mit jedes anderen Freiheit zusammen bestehen kann. Danach bedarf jeder einzelne zur Sicherung seiner Unabhängigkeit vor fremder nötigender Willkür einer übergeordneten Ordnung, die ihm diesen Freiraum garantiert. Individuelle Freiheit und die durch das Gemeinwesen geschaffene Rechtsordnung gehen so eine unauflösliche Symbiose ein. Hegel schließlich geht davon aus, dass es für den Menschen keine Alternative als die eines Lebens in einem rechtlich verfassten Staat geben kann94. Anders als 88 Hobbes, Leviathan oder Stoff, Form und Gestalt eines kirchlichen und bürgerlichen Staates (Suhrkamp), S. 98 f., zitiert nach Naucke, Rechtsphilosophische Grundbegriffe, 4. A., 2000. 89 Hobbes, Leviathan, a. a. O., S. 131. 90 Rousseau, Vom Gesellschaftsvertrag (Reclam), S. 17 ff., zitiert nach Naucke, Rechtsphilosophische Grundbegriffe, 4. A., 2000. 91 Kant, Metaphysik der Sitten, Bd. VI, S. 313 f., zitiert nach Naucke, Rechtsphilosophische Grundbegriffe, 4. A., 2000. 92 „Handle so, dass die Maxime deines Willens jederzeit zugleich als Prinzip einer allgemeinen Gesetzgebung gelten könne.“ Kant, Kritik der praktischen Vernunft, 1788 (Reclam). 93 Eine jede Handlung ist recht, die oder nach deren Maxime die Freiheit der Willkür eines jeden mit jedermanns Freiheit nach einem allgemeinen Gesetz zusammen bestehen kann. Kant, Metaphysik der Sitten, Bd. VI, S. 230, zitiert nach Naucke, Rechtsphilosophische Grundbegriffe, 4. A., 2000. 94 Hegel, Philosophische Propädeutik (Glockner), Bd. 3, S. 70, zitiert nach Naucke, Rechtsphilosophische Grundbegriffe, 4. A., 2000.
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Teil 1: Begriffliche Grundlagen
bei Kant wird Freiheit aber nicht als individuelles Gut begriffen, welches mit der Freiheit anderer in Einklang zu bringen ist. Bei Hegel sichert der Staat nicht nur individuelle Freiheit als Garant, er ist vor allem das Medium, das diese erst zum Entstehen bringt95. Freiheit kann nach Hegel daher nur von und unter einer staatlichen Ordnung verstanden werden. Anhand dieses Exkurses wird klar, wie prägend das Verständnis von rechtlicher Ordnung als Ausdruck staatlicher Autorität und individueller Freiheit auch für die Abgrenzung des Privaten vom Öffentlichen ist. Die Untersuchung der historischen Differenzen zwischen den einzelnen Staatsverständnissen soll an dieser Stelle nicht weiter vertieft werden. Gleichwohl sind die unterschiedlichen Konzepte von rechtlicher Ordnung und individuellen Freiheitsräumen bei der weiteren Untersuchung im Blick zu behalten. Erinnert sei dabei an den Aufruf Ernst-Hasso Ritters aus dem Jahre 1979, eine Verfassungstheorie des kooperativen Staates zu entwerfen, die er in der Nähe einer Lehre vom Gesellschaftsvertrag á la Rousseau ansiedelt96.
II. Nicht-Staatlichkeit als Kennzeichen des Privaten Aufgrund der vorangegangenen Erkenntnisse muss der Private somit aus seiner fehlenden Zugehörigkeit und seiner Ferne zum Staat definiert werden. Privat ist daher zunächst alles, was dem staatlichen Zugriff durch die Rechtsordnung entzogen ist. Der Private kann damit in erster Linie als nichtstaatliches Subjekt in einer staatlichen Rechtsordnung definiert werden97. Diese kryptisch anmutende Aussage bedarf freilich weiterer Präzisierung. Dabei lassen sich ein formeller und ein materieller Ansatz verfolgen98. Zunächst ließe sich sagen, dass privat alle Privatrechtssubjekte seien (formelle Betrachtung). Auf juristische Personen gewendet, sind dann privat alle diejenigen Rechtsträger, die in den Formen des Privatrechts am Rechtsverkehr teilnehmen. Probleme tauchen dann aber schon bei der Betrachtung der Formen auf, in denen der Staat erwerbswirtschaftlicher Betätigung nachgeht. Die vom Bund und den Ländern in den Organisationsformen des Privatrechts unterhaltenen Gesellschaften durchgängig als privat und daher als nicht-staatlich zu definieren, scheint aber befremdlich99. Allenfalls für den fiskalischen Tätigkeitsbereich der staatlichen Aufgaben mag dies aufrecht zu erhalten sein. 95 Hegel, Philosophische Propädeutik (Glockner), Bd. 3, S. 245, zitiert nach Naucke, Rechtsphilosophische Grundbegriffe, 4. A., 2000. 96 Ritter, Der kooperative Staat, AöR 104 (1979), 389 (413). 97 Heintzen, Beteiligung Privater an öffentlichen Aufgaben und staatliche Verantwortung, VVDStRL 62 (2002), 220 ff. (231). 98 So schon Ossenbühl, Die Erfüllung von Verwaltungsaufgaben durch Private, VVDStRL 29 (1971), 137 ff. (144) und v. Heimburg, Verwaltungsaufgaben und Private, 1981, S. 19 f. 99 Dagtoglou möchte dieses Ergebnis korrigieren, indem er diese „öffentlichen Anstalten in Privatrechtsform“ nicht als (echte) Private verstanden wissen will. Wo aber für ihn die
B. Der Private
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Man könnte aber auch materiell darauf abstellen, dass Private zumindest alle Grundrechtsträger seien (materielle Betrachtung). Schließlich setzen die Grundrechte als klassische Abwehrrechte gegen den Staat ein vor diesem zu schützendes, unabhängiges drittes Rechtssubjekt voraus. So logisch dieser Ansatz auch sein mag, so wenig aussagekräftig ist er. Denn wer grundrechtsberechtigt ist, ist wiederum eine Definitionsfrage, die von der fehlenden Identität mit den Grundrechtsverpflichteten gem. Art. 1 Abs. 3 GG auszugehen hat. Grundrechtsträgerschaft stellt somit fehlende Grundrechtsverpflichtung dar. Dagtoglou knüpft deswegen – negativ – an die Ausübung öffentlicher Ämter an, die die Privatheit des Subjekts ausschließe100. Damit ist vor allem die Figur des Beliehenen angesprochen, die zur Erfüllung einer konkreten öffentlichen Aufgabe mit hoheitsrechtlichen Befugnissen ausgestattet wird. Dass diese Übertragung von öffentlicher Gewalt außerhalb des betreffenden Aufgabenbereichs aus dem Adressat kein dem Staat zugeordnetes Rechtssubjekt macht, liegt auf der Hand. Allenfalls ließe sich also partiell – soweit die Beleihung reicht und von ihr funktional Gebrauch gemacht wird – von mangelnder Privatheit sprechen. Ein solches Verständnis widerspricht aber dem allgemeinen Sprachgebrauch der Begriffe wie funktional-privat bzw. funktional-staatlich nicht kennt. Und noch aus einem weiteren Grund bleibt die Grundrechtsberechtigung ein problematischer Ansatzpunkt zur Bestimmung des Privaten. Denn die Grundrechtsberechtigung ist, darauf weist Bracher zutreffend hin, nicht allein den vom Staatsapparat verschiedenen Rechtsträgern vorbehalten101. So billigt etwa das Bundesverfassungsgericht auch den staatlichen Universitäten102, den Kirchen als Körperschaften des öffentlichen Rechts103 und dem öffentlichen Rundfunk104 grundrechtlichen Schutz zu. Voraussetzung ist in allen Fällen, dass die juristische Person des öffentlichen Rechts dem durch das jeweilige Grundrecht geschützten Lebensbereich unmittelbar zugeordnet ist. Diese Zuordnung räumt der betreffenden Körperschaft, Anstalt oder Stiftung zwar funktional den Freiheitsbereich des Grundrechtes zu, kann aber nicht deren enge, vor allem finanzielle Verknüpfungen mit der öffentlichen Hand überspielen. Im hier zu betrachtenden Kontext, der Teilhabe Privater an der Erfüllung öffentlicher Aufgaben, ist die Grundrechtsberechtigung als alleiniger Ansatzpunkt einer Definition daher ungeeignet105. Trennlinie zwischen echten und unechten Privaten verläuft, bleibt im Dunkeln. Dagtoglou, Die Beteiligung Privater an Verwaltungsaufgaben, DÖV 1970, 532 ff. (534). 100 So etwa wenn Dagtoglou die personelle Eingliederung in die Staatsorganisation zum Maßstab des „Nichtprivaten“ erhebt, Dagtoglou, Die Beteiligung Privater an Verwaltungsaufgaben, DÖV 1970, 532 ff. (533). 101 Bracher, Gefahrenabwehr durch Private, 1987, S. 24. 102 BVerfGE 15, 256 (268). 103 BVerfGE 19, 129 (132); BVerfGE 21, 362 (374). 104 BVerfGE 31, 314 (322). 105 So im Ergebnis auch Bracher, Gefahrenabwehr durch Private, S. 24.
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Teil 1: Begriffliche Grundlagen
Allenfalls in einer Kombination beider Ansätze, formell wie materiell, lassen sich brauchbare Ergebnisse finden. Maßgebend muss dabei sein, dass Privatheit strukturell rechtliche Gleichheit im Verhältnis zu anderen Rechtssubjekten bedeutet. Keinesfalls darf Gleichheit hier im Sinne einer Ausgewogenheit wirtschaftlicher Macht verstanden werden106. Eine solche Gleichheit ist nur im Bereich des Privatrechts gewährleistet, nicht aber im Öffentlichen Recht, das strukturell von einer Über- und Unterordnung der Rechtssubjekte ausgeht. Zudem setzt Privatheit als individuelle Unabhängigkeit vom Staat, eine organisatorische Ferne zu dessen Erscheinungsformen voraus. Damit können auch solche Rechtssubjekte des Öffentlichen Rechts ausgeschieden werden, die sich etwa im Rahmen eines koordinationsrechtlichen Vertrages gem. § 54 S. 1 VwVfG gleichberechtigt gegenüberstehen. Private sind danach zunächst natürliche Personen, soweit sie nicht hauptberuflich in einem besonderen Dienstverhältnis zum Staat stehen und das konkrete Verhalten auf diesem Dienstverhältnis beruht. Der Beamte ist seiner Funktion als Amtswalter im Verhältnis zum Staat gerade kein Privater. Bei den juristischen Personen kommen nur diejenigen in Betracht, die in den Rechtsformen des Privatrechts organisiert sind. Juristische Personen des öffentlichen Rechts sind auch dann nicht als Private zu qualifizieren, wenn sie dem Lebensbereich eines Grundrechts in besonderem Maße zugeordnet sind. Da sich ihre Gründung, ihre Tätigkeit und ihr Erlöschen nach dem Sonderrecht des Staates beurteilt, liegt die für die individuelle Freiheit notwendige Staatsferne nicht vor. Schließlich fallen auch diejenigen juristischen Personen des Privatrechts aus dem hier zugrunde liegenden Begriff des Privaten heraus, die unter maßgeblichen Einfluss des Staates stehen. Das leitet über zur Frage des Standorts sog. gemischtwirtschaftlicher Unternehmen.
II. Der Standort sog. gemischtwirtschaftlicher Unternehmen Das klassische Verständnis von Staat und Gesellschaft stößt dort an die Grenzen seiner Leistungsfähigkeit, wo private und öffentliche Aufgabenträger sich zur dauernden Erfüllung konkreter Handlungsaufträge organisatorisch zusammenschließen (sog. gemischtwirtschaftliche Unternehmen). Diese Form der Zusammenarbeit erfreut sich insbesondere bei der Erfüllung kommunaler Aufgaben immer größerer Beliebtheit 107. Problematisch ist eine solche Verknüpfung deswegen, weil derartige 106 Wirtschaftliche Potenz ist in modernen Industriestaaten nicht allein der öffentlichen Hand vorbehalten, sondern konzentriert sich in immer stärkerem Maße auch bei großen mitunter monopolartig aufgestellten Unternehmen und Konzernen. Einer solchen wettbewerbsund gesellschaftsschädlichen Machtkonzentration entgegenzuwirken ist aber nicht Aufgabe des Öffentlichen Rechts, sondern des Privatrechts. 107 Zu den Voraussetzungen eines Zusammenschlusses zu einem gemischtwirtschaftlichen Unternehmen zur Baulanderschließung, Grziwotz, Public-Private-Partnership – Gemischtwirtschaftliche Unternehmen zur Baulanderschließung?, NZG 1999, 55 ff.
B. Der Private
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Kooperationen über einen reinen Leistungsaustausch i. S. d. Vergabewesens hinausgehen. Die Schaffung eines neuen Rechtsträgers an der Schwelle zwischen Staat und Gesellschaft wirft notwendigerweise vielfältige Fragen auf, deren Beantwortung auch heute noch weitgehend offen ist. So ist ungeklärt, inwiefern gemischtwirtschaftliche Unternehmen ihrerseits gegenüber Behörden und Trägern öffentlicher Belange die Grundrechte in Anspruch nehmen können108. Spiegelbildlich ist zudem fraglich, inwiefern sich Dritte solchen Unternehmen gegenüber auf die Grundrechte berufen können. So ließe sich aus einem Kammerbeschluss des BVerfG109 zu Beginn der 1990iger Jahre, in welchem einem solchen Unternehmen der Schutz der Grundrechte versagt wurde, umgekehrt schließen, dass sie wie die öffentliche Verwaltung zum Kreis der Grundrechtsverpflichteten gehören. Damit ist oben erwähnte materielle Abgrenzung des Privaten vom Staat angesprochen. Da derartige gemischtwirtschaftliche Unternehmen aber weit überwiegend in den Formen des Privatrechts gegründet werden, spricht zumindest die formelle Betrachtung trotz staatlicher Beteiligung für deren Einordnung als Private. Freilich bleibt dieses Resultat vage und ist denselben Einwänden ausgesetzt, die oben auch gegen die rein formelle Betrachtung des Privaten vorgebracht wurden. Am Punkt organisatorischer Verschmelzung des privaten und des öffentlichen Sektors zum sog. tertiären Sektor kommt es demnach auf die Tragfähigkeit der Abgrenzung von Staat und Privat an. Den maßgeblichen Ausschlag kann hier nur der zweite Aspekt organisatorischer Staatsferne geben110. Diese darf freilich nicht dahingehend verstanden werden, dass sie nur vorliege, sofern sich der Staat jeglichen Einflusses auf das Unternehmen enthalte. Maßgeblich kann allein sein, ob die öffentliche Hand maßgeblichen Einfluss auf die Geschicke des gemischtwirtschaftlichen Unternehmens hat, mithin eine staatliche Beherrschbarkeit vorliegt111. Das wird bei den Kapitalgesellschaftsformen der AG und GmbH als häufigste Formen solcher Zusammenschlüsse spätestens dann der Fall sein, wenn die öffentliche Hand mit mehr als 50 % des Stammkapitals intern die Stimmmehrheit beansprucht. Es muss aber auch als ausreichend angesehen werden, dass die öffent108 Ablehnend unter Hinweis auf die Erfüllung öffentlicher Aufgaben, BVerfG, Kammerbeschluss vom 16. 05. 1989, BVerfG-K, NJW 1990, 1783; dagegen Koppensteiner, Zur Grundrechtsfähigkeit gemischtwirtschaftlicher Unternehmen, NJW 1990, 3105 ff. (3109). 109 BVerfG-K, NJW 1990, 1783; BGHZ 91, 84 (97 f.); BVerwG, DÖV 1990, 614 f. 110 Ähnlich Jarass, in: Jarass / Pieroth (Hrsg.), Grundgesetz, 7. A., 2004, Art. 1 Rn. 29, der von Grundrechtsbindung dort ausgeht, wo eine staatliche Beherrschung vorliegt, anderenfalls stünde es dem Staat frei durch manipulative Gestaltung im Einzelfall über die (unmittelbare) Geltung der Grundrechte zu disponieren. A. A. Höfling, in: Sachs (Hrsg.), Grundgesetz, 3. A., 2003, Art. 1 Rn. 96 ff. 111 Gersdorf etwa fordert einen bestimmenden Einfluss der öffentlichen Hand auf das gemischt-wirtschaftliche Unternehmen um die Grundrechtsfähigkeit des Unternehmens abzulehnen, Gersdorf, Öffentliche Unternehmen im Spannungsfeld zwischen Demokratie- und Wirtschaftlichkeitsprinzip, 2000, S. 161 und 166.
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Teil 1: Begriffliche Grundlagen
liche Hand über Sperrminoritäten das Verhalten des Unternehmens gegenüber Dritten maßgeblich beeinflussen kann. In derartigen Fällen ist wegen fehlender organisatorischer Staatsferne von mangelnder Privatheit auch insoweit auszugehen, als die privaten Anteilseigner betroffen sind. Die Alternative bei mind. 50 %iger Beteiligung privater Anteilseigner stets von einem privat geführten Unternehmen auszugehen, das seinerseits Grundrechtsträger und nicht -verpflichteter ist, hätte aber zur Folge, dass dennoch erfolgte Eingriffe bei Dritten über den modernen Eingriffsbegriff dem staatlichen Eigner zugerechnet werden müssten, der seinerseits auf das Unternehmen einzuwirken hätte. Eine derartige Verschleierung der Verantwortungssphären mit den negativen Konsequenzen für den beweispflichtigen Betroffenen Dritten wäre unter rechtsstaatlichen Gesichtspunkten in höchstem Maße bedenklich. Wertend kann das Ergebnis dieser Grundrechtsbindung des gemischtwirtschaftlichen Unternehmens auf die Freiwilligkeit des Zusammenschlusses des privaten Anteilseigners mit dem hoheitlichen Grundrechtsträger geschlossen werden. Das kooperative Zusammengehen mit einem grundrechtsverpflichteten Hoheitsträger in Verfolgung gemeinsamer wirtschaftlicher Interessen unterfällt nicht mehr der grundrechtlich durch Art. 12 GG gewährleisteten Berufsfreiheit112. Hier wird ganz bewusst die Grenze des freiheitlichen Aktionsraums überschritten, in dem der Einzelnen ein grundrechtliches Abwehrrecht gegenüber dem Staat hat. Allenfalls der Form nach liegt noch eine von Art. 12 GG gewährleistete wirtschaftliche Betätigung vor. Indem sich der private und der öffentliche Anteilseigner gleichrangig zusammenschließen, geben sie ihrer Kooperation durch den Gesellschaftsvertrag einen Rechtsrahmen, der über die Dimensionen von grundrechtlichem Schutz und grundrechtlicher Verpflichtung hinausgeht und diese ablöst. In der Substitution der grundrechtlichen Ordnung durch den Gesellschaftsvertrag äußert sich die grundrechtliche Freiheit des privaten Anteilseigners auf das Vortrefflichste. Ebenso wie die staatlich gebundenen Berufe in Art. 33 GG eine grundrechtsähnliche Verbürgung erfahren, die der natürlichen Nähe zum Staat Rechnung trägt, muss auch der Unternehmer Modifikationen seiner wirtschaftlichen Betätigungsfreiheit hinnehmen, sofern er sich mit einem Hoheitsträger in einem gemischtwirtschaftlichen Unternehmen zusammenschließt. Die Augenhöhe der Gesellschaftspartner macht den Schutz der Grundrechte für dieses Sonderverhältnis obsolet. Das gemischtwirtschaftliche Unternehmen unterliegt damit als solches nach hier vertretener Auffassung der Grundrechtsbindung des Art. 1 Abs. 3 GG.
112 Anders freilich Erichsen / Ebber, Die Grundrechtsbindung des privatrechtlich handelnden Staates, Jura 1999, 373 (377) und Pünder / Dittmar, Die wirtschaftliche Betätigung der Gemeinden, Jura 2005, 760 (762).
B. Der Private
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IV. Beteiligung Privater an öffentlicher Aufgabenerfüllung oder Beteiligung an der Erfüllung öffentlicher Aufgaben? Schließlich ist der Frage nach dem Bezugspunkt einer privaten Beteiligung an der Aufgabenerfüllung nachzugehen. Konkret geht es um die genaue Herausarbeitung des Objekts der Beteiligung Privater. Beim ersten Hinblick scheinen die Formulierungen Beteiligung an der Erfüllung öffentlicher Aufgaben und Beteiligung an öffentlicher Aufgabenerfüllung auf dasselbe hinauszulaufen. Hier soll aber keiner übertriebenen Pedanterie nachgegangen werden. Vielmehr ist eine Klarstellung erforderlich, weil sich in beiden Fällen der Bezugspunkt der privaten Beteiligung voneinander in wesentlichen Punkten unterscheidet. Die eingangs vorgenommene Untersuchung des Begriffs der öffentlichen Aufgabe hat gezeigt, dass dieser keinerlei Aussage darüber enthält, wer für die Erfüllung der konkreten Aufgabe die rechtliche Verantwortung trägt. Denkbar ist zum einen, dass der Staat eine Aufgabe an deren Erfüllung ein öffentliches Interesse besteht, vollständig und letztverantwortlich dem privaten Sektor überlässt (materielle oder Aufgabenprivatisierung113). In diesem Fall lässt sich nicht von einer bloßen Beteiligung Privater sprechen, da der Staat mit der Aufgabe auch die rechtliche Gesamtverantwortung abgibt. Aus einer vormaligen Staatsaufgabe wird also unter Abgabe der rechtlichen Verantwortung wieder eine reine öffentliche Aufgabe mit Zuordnung an einen privaten Verantwortlichen. Zum anderen kann die öffentliche Verwaltung die Erfüllungsverantwortung aber auch behalten, die Aufgabe mit eigenen personellen und sachlichen Mittel wahrnehmen und sich lediglich beim Vollzug generell (funktionelle oder Vollzugsprivatisierung114) oder im Einzelfall (Verfahrens-privatisierung115) privater Dritter in Form von Erfüllungsgehilfen bedienen. Entscheidet sich die öffentliche Hand dagegen aufgrund des ihr nach der Zweistufenlehre zustehenden Wahlrechts auf der Ebene des „Wie“ der Aufgabenerfüllung für eine Wahrnehmung in den Formen des Privatrechts (formelle oder Organisationsprivatisierung116), so stellt dies nach dem hier zugrunde liegenden Verständnis des Privaten keine Beteiligung Privater an der Erfüllung öffentlicher Aufgaben dar, da es dem neu geschaffenen Aufgabenträger regelmäßig an der erforderlichen organisatorischen Staatsferne fehlen wird, um ihn als Privaten zu kennzeichnen. Allein in den zwischen materieller Aufgabenprivatisierung und formeller Organisationsprivatisierung liegenden Fällen bezieht sich die Beteiligung privater Kräfte auf die Erfüllung der konkreten öffentlichen Aufgabe durch die öffentliche Hand. Dies darf nicht mit der Beteiligung an öffentlicher Aufgabenerfüllung verwechselt werden. Bei ihr liegt der Fokus auf der Form der Aufgabenerfüllung, 113 114 115 116
Siehe unten Teil 4, A. I. 1. a). Siehe unten Teil 4, A. I. 3. Siehe unten Teil 4, B. IV. Siehe unten Teil 4, A. I. 2. a).
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Teil 1: Begriffliche Grundlagen
ohne danach zu differenzieren, ob eine private oder eine öffentliche Aufgabe durch den Staat öffentlich wahrgenommen wird. Da der Staat, von wenigen sicherheitsrelevanten Sachbereichen abgesehen, nahezu alle ihm auferlegten Aufgaben öffentlich wahrnimmt, kommt eine solche Beteiligung nahezu überall in Betracht. Für den Bereich öffentlicher Aufgaben sei nur auf die Bürgerbeteiligung im Bauplanungsverfahren hingewiesen. Beteiligung Privater an öffentlicher Aufgabenerfüllung liegt aber auch in der Teilnahme von Ausschreibungsverfahren vor, unabhängig davon, ob im konkreten Verfahren öffentliche oder fiskalische Interessen durch die Verwaltung wahrgenommen werden. Im Fortgang dieser Untersuchung sollen derartige Formen der Beteiligung privater Dritter in öffentlichen Verfahren nicht weiter verfolgt werden.
C. Die Erfüllung öffentlicher Aufgaben durch Private in der wissenschaftlichen Diskussion Die Beteiligung Privater an der Erfüllung öffentlicher Aufgaben ist kein der Rechtswissenschaft allein vorbehaltenes Thema. Gerade im eingangs aufgezeigten ordnungspolitischen Diskurs und der fachübergreifenden Diskussion über das richtige Verständnis von Staat und Gesellschaft bzw. die jeder Sphäre zuzuweisenden Aufgaben, zeigt sich der interdisziplinäre Ansatz dieser Thematik auf den an dieser Stelle kurz verwiesen sei.
I. Privatisierung aus verwaltungs- und organisationswissenschaftlicher Sicht Aus verwaltungswissenschaftlicher Perspektive zeigt sich das Phänomen der Privatisierung, insbesondere in seiner Ausprägung der auf Kooperation ausgelegten Beteiligung Privater an der Erledigung öffentlicher Aufgaben, vor allem in der Frage nach den Kriterien für die Wahl der konkreten Organisationsformen. Dabei bemüht sich das wissenschaftliche Schrifttum vor allem um die Herausarbeitung sachlicher Maßstäbe, um die Transparenz staatlicher Organisationsentscheidungen zu erhöhen. Die einzelnen Gestaltungsmöglichkeiten werden dabei zusammenfassend als Public Choice bezeichnet. In einer ersten Verfeinerung sind dann der sectoral choice und institutional (oder: organizational) choice zu unterscheiden. Erstere stellt die Zuweisung einer öffentlichen Aufgabe an einen der gesellschaftlichen Sektoren dar, die grob mit Staat oder öffentlicher Sektor, Markt oder selbstgesteuerter Sektor und sog. Drittem Sektor117 umrissen werden können118. Mit der 117 118
Dazu unten Einleitung zu Teil 6. Hierzu Schuppert, in: Grimm (Hrsg.), Staatsaufgaben, 1996, S. 647 (651).
C. Erfüllung öffentlicher Aufgaben durch Private in der Diskussion
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Thematik der institutional choice ist hingegen die Entscheidung für eine konkrete Organisationsform verbunden119. Bei der Frage nach der angemessenen Organisationsform zur Erfüllung öffentlicher Aufgaben bedient man sich neben rechtlichen Kriterien der Rechtsformenwahl der modernen Organisationstheorie120 sowie der ökonomischen Theorie der Institutionen121.
II. Privatisierung aus wirtschaftswissenschaftlicher Sicht Aus der wirtschaftswissenschaftlichen Perspektive stellt sich die Frage der Privatisierung von Staatsaufgaben vor allem unter dem Aspekt der an der ParetoOptimalität ausgerichteten Wohlfahrt aller Wirtschaftsakteure. Dabei bleibt das wissenschaftliche Schrifttum aber keineswegs bei einer rein normativen Betrachtung dessen stehen, was unter utilitaristischen Kriterien wünschenswerter Weise privatisiert werden sollte. Eine solche Untersuchung hätte auch allenfalls das Prädikat einer Theorie der Privatisierung verdient. Keineswegs verhalten sich die Akteure des Wirtschaftslebens stets optimal was die Steigerung der (Gesamt-)Wohlfahrt angeht. Ihr Verhalten, und damit auch jenes des Staates, wird vorrangig von individuellen Interessen und Nutzenvorstellungen gesteuert. Neben der grundsätzlichen Frage, ob die Aktivitäten der Wirtschaftsteilnehmer zentral aufgrund kollektiver Entscheidung – gleichsam durch den Staat – oder dezentral über den Markt koordiniert werden sollen, steht die Wahl der Organisationsformen im Mittelpunkt des wirtschaftswissenschaftlichen Interesses122. Der Fokus entsprechender Abhandlungen liegt in einem Vergleich der Organisationssysteme vom Markt und Staat und in der Analyse von Produktions- und Allokationseffizienz zur pareto-optimalen Maximierung des Gesamtnutzens. Solchen Untersuchungen hat aber zunächst eine Beschreibung beider Systeme vorauszugehen. Neben den Fällen des sog. Marktversagens, das tendenziell gegen eine Privatisierung von Staatsaufgaben ins Feld geführt werden kann, setzt sich allmählich die Erkenntnis durch, dass auch der Staat als geborener Wohlfahrtswalter strukturell parallele Erscheinungen eines Staatsversagens aufweist. So weist die ökonomische Theorie der Politik auf mögliche allokative Ineffizienzen hin, die – systembedingt – durch demokratische Mehrheitsbestimmungen unterhalb der Einstimmigkeit herbeigeführt werden123. Zudem weisen bürokratische Anreize keine oder eine nur geringe Korrelation zu den Kriterien ökonomischer Effizienz auf, was sich Schuppert, in: Grimm (Hrsg.), Staatsaufgaben, 1996, S. 647 (653). Mit Bezug auf den öffentlichen Sektor etwa Litwak, Models of Bureaucracy which permit conflict, American Journal of Sociology, 1961, S. 177 ff. 121 Dazu Frey, Vergleichende Analyse von Institutionen, Staatswissenschaften und Staatspraxis 2 (1990), 158 ff. 122 Budäus in: Gusy (Hrsg.), Privatisierung von Staatsaufgaben, 1998, S. 13. 123 Budäus in: Gusy (Hrsg.), Privatisierung von Staatsaufgaben, 1998, S. 22 f. 119 120
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Teil 1: Begriffliche Grundlagen
wiederum in allokativer Ineffizienz (optimaler Mitteleinsatz bei zu großer Produktion) oder Produktionsineffizienz (optimale Produktion bei zu großem Mitteleinsatz) äußert. Einer Privatisierung kann aus wirtschaftswissenschaftlicher Sicht daher nur zugestimmt werden, wenn der Vergleich zwischen unvollkommenem Markt und unvollkommenen Staat einen größeren Gesamtnutzen bei einer dezentralen Leistungserbringung durch die Marktmechanismen erwarten lässt.
III. Privatisierung aus politikwissenschaftlicher Sicht Aus politikwissenschaftlicher Perspektive stehen vor allem die Entscheidungsfindung und die Umsetzung von Privatisierungsvorgängen im Mittelpunkt der Diskussion. Dabei werden vor allem ökonomische Zwänge aber auch politische Zielsetzungen der Akteure in den Blick genommen. In diesem Zusammenhang wird im politikwissenschaftlichen Schrifttum auf den Wandel weg von politischen Überzeugungen und Grundhaltungen, wie sie im parteipolitischen Links-RechtsSchema hervortreten, hin zu den Zwängen der zunehmenden Globalisierung hingewiesen124. Privatisierungspolitik kann danach nicht mehr allein durch nationale Vorstellungen von richtiger Wirtschaftspolitik erklärt werden. Dies hängt vor allem mit einem Verlust an Steuerungspotential staatlicher Unternehmen in einer globalen Ökonomie und den erheblichen Kostensteigerungen einer „Politisierung“ der Ökonomie zusammen125. Von politikwissenschaftlichem Interesse ist zudem der mit der Privatisierungspolitik einhergehende Funktionswandel des Staates. Letztlich verändert sich das in großem Stile privatisierende Gemeinwesen von einem Leistungs- in einen Regulierungsstaat, was wiederum Rückwirkungen auf das zugrunde liegende Staatsund Politikverständnis hat. Alles in allem lässt sich dabei eine Abwendung des politischen Diskurses von der ursprünglich vorherrschenden Frage nach dem Eigentum an Produktionsmitteln126 zur Frage nach der richtigen Art und Weise der Regulierung des Wirtschaftens durch den Staat verzeichnen. Dabei lassen sich materielle (Welche Sachbereiche sind in welchem Umfang und aus welchem Grund regulierungsbedürftig?) und institutionelle Regulierungsfragen (Wer trägt die Regulierungskompetenz und in welcher Form wird sie wahrgenommen?) voneinander trennen. Das sich zwischen Regulierer und Regulierten ergebende Regulierungsverhältnis bedarf von politikwissenschaftlicher Warte noch eingehender Fundierung, stellt es doch eine völlig neue Form des Politikbetriebs dar, der in diesem Zusammenhang stärker als bislang kooperative Elemente in den Blick nehmen muss. Ein weites Feld für den wissenschaftlichen Diskurs eröffnet sich zudem Grande in: Gusy (Hrsg.), Privatisierung von Staatsaufgaben, 1998, S. 39 f. Grande in: Gusy (Hrsg.), Privatisierung von Staatsaufgaben, 1998, S. 40 f. 126 Lijpphart in: Mair (Hrsg.), The West European Party System, 1990, S. 253 ff. und Grande in: Gusy (Hrsg.), Privatisierung von Staatsaufgaben: Kriterien – Grenzen – Folgen, 1998, S. 46. 124 125
C. Erfüllung öffentlicher Aufgaben durch Private in der Diskussion
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bei den mitunter ungenau bzw. gegensätzlich formulierten Regulierungszielen127. Schließlich birgt auch das hohe Maß an institutioneller und materieller Politikverflechtung im gemeinschaftsrechtlichen Mehrebenensystem zusätzliches Konflikt- und Forschungspotential bei der Auseinandersetzung mit europäischer Privatisierungspolitik.
IV. Privatisierung aus rechtswissenschaftlicher Sicht Aus rechtswissenschaftlicher Perspektive ist vor allem die Frage zu erörtern, welchen Rahmen die gesetzlichen Vorgaben einem Zusammenwirken von öffentlichen Stellen und Privaten gegenwärtig eröffnen. Angesichts der überkommenen Vorstellung vom Staat als universellem Träger der Daseinsvorsorge stehen dabei die Grenzen einer solchen Kooperation naturgemäß im Vordergrund. Denn dort wo die Rechtsordnung eine Aufgabe dem öffentlichen Sektor zur ausschließlichen Wahrnehmung zuweist, grenzt sie private Wirtschaftsteilnehmer aus der Leistungserbringung aus. Die Schranken funktioneller Privatisierung sind daher zu analysieren und nach alternativen Gestaltungsmöglichkeiten zu suchen. Dabei muss die eindeutige Zuweisung von Verantwortlichkeit als Haftungssubstrat im Vordergrund stehen. Der engere Rechtsrahmen wird dabei im wesentlichen durch das Gemeinschaftsrecht, das nationale Verfassungsrecht in Gestalt der Staatsstrukturprinzipien, Art. 20 und den Art. 33 Abs. 4 und 5, den Art. 83 ff., den Vorgaben der Art. 104 a ff. (110, 115) GG und den jeweils einschlägigen Fachgesetzen abgesteckt. Aus rechtswissenschaftlicher Sicht ist aber nicht allein das Verhältnis zwischen den Kooperationspartnern von Interesse, sondern auch die Frage, wie die berechtigten Interessen Dritter, einschließlich etwaiger Schutz-, Teilhabe- und Gewährleistungsansprüche, gesichert werden können.
127 Darauf weist zu recht Grande hin, Grande in: Gusy (Hrsg.), Privatisierung von Staatsaufgaben: Kriterien – Grenzen – Folgen, 1998, S. 48.
Teil 2
Die Entwicklung der Beteiligung Privater an staatlichem Handeln A. Die Dichotomie von Staat und Gesellschaft als theoretisches Ideal Auf das klassische Verständnis der Begriffe Staat und Gesellschaft wurde bereits eingegangen1. Die dabei aufgezeigten unterschiedlichen Konzeptionen im StaatBürger-Verhältnis sollen an dieser Stelle nicht erneut vertieft werden. Vielmehr gilt es zu zeigen, dass es trotz eines scheinbaren Antagonismus zwischen staatlicher Obrigkeit und Wirtschaftsbürgern im Laufe der Zeit immer wieder zu Formen kooperativen Zusammenwirkens gekommen ist. Vor diesem Hintergrund wird deutlich, dass die strikte Trennung beider Bereiche letztlich ihre Ursachen in den im Laufe mehrerer Jahrhunderte immer wieder neu formulierten Staatstheorien hat. Dabei schien sich die strikte Trennung auch im jeweiligen zeitgenössischen Umfeld zu bestätigen. Zu verweisen ist u. a. auf den klassischen Obrigkeitsstaat preußischer Prägung, in dessen Einstellung des „laisser faire“2 zugleich die Zurückhaltung des Staates aus dem Wirtschaftsleben zum Ausdruck kam.
Siehe oben Teil 1. Das Laisser-faire-Prinzip beschreibt das Ordnungsprinzip der Wirtschaft im Sinne eines Naturkreislaufs, das seinerseits auf dem von Adam Smith und David Ricardo entwickelten Konzept der freien Marktwirtschaft beruht. Smith, An Inquiry into the Nature and the Causes of the Wealth of Nations, 1776; Ricardo, On the Principles of Political Economy and Taxation, 1817; zitiert nach Stober, Allgemeines Wirtschaftsverwaltungsrecht, 12. A., 2000, § 3 II 2, S. 47; zu den von Jordan und Eötvös entwickelten pragmatischen Staatslehren unter dem Dach des Laisser-faire-Liberalismus; vgl. Isensee, Subsidiaritätsprinzip und Verfassungsrecht, 1968, 2. A., 2001, S. 55 ff. 1 2
B. Historische Entwicklung der Beteiligung Privater an staatlicher Tätigkeit
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B. Die historische Entwicklung der Beteiligung Privater an staatlicher Tätigkeit I. Die Rolle privater Tätigkeit im staatlichen Bereich seit Beginn der Industrialisierung Die Tätigkeit Privater im Rahmen gemeinwohlorientierter öffentlicher Aufgaben ist durchaus nicht neu. Unnötig ist es zu erwähnen, dass es Staaten in der Reinform, wie sie aufgrund des staatstheoretischen Dualismus von Staat und Gesellschaft denkbar sind, nie gegeben hat. Schon anhand theoretischer Überlegungen lässt sich erahnen, dass es zwischen dem privaten Interesse einzelner und dem Gemeinwohlinteresse zahlreiche Schnittmengen geben mag, ja geben muss3. Aufgrund dieser (Teil-)Identität von privatem und allgemeinem Interesse kam es im Laufe der Herausbildung der heutigen modernen Staaten immer wieder zumindest punktuell zu Annäherungen zwischen dem öffentlichen und dem privaten Sektor. Solche Formen des Zusammengehens privater und staatlicher Kräfte lassen sich mindestens bis zum Entstehen der Nationalstaaten in Europa und darüber hinaus nachweisen. Besonders frühe Formen derartiger Partizipation Privater am Bestand öffentlicher Aufgaben waren die Verleihungen landesherrlicher Sonderrechte (sog. Regalien4) an konzessionierte Unternehmen. Zumeist waren davon Bereiche betroffen, die eine besondere Fachkompetenz bzw. technische Ausstattung für die Wahrnehmung der Aufgabe erforderten. Beispielhaft zu nennen sind etwa Schifffahrts-, Brücken- und Fährrechte5, also unzweifelhaft Aufgaben, die heute dem allgemeinen Interesse einer intakten Verkehrsinfrastruktur zugeordnet werden6. Charakteristisch für diese frühen Formen privater Wahrnehmung öffentlicher Aufgaben war ihre monopolartige Stellung, die den jeweiligen Betreiber in ein beson3 Besonders plastisch führt dies Rousseau (1712 – 1778) im Contrat social, 1762 vor, wonach sich der Wille aller (volonté générale) als Gemeinwille letztlich aus der Summe aller Einzelinteressen (volonté de tous) ergibt. Die Unterstellung des eigenen Willens unter diesen lässt das allgemeine Gesetz als das eigene erkennen und bildet so das Rückgrat der Volkssouveränität. 4 Regalien waren zunächst nach altdeutschem Recht im weitesten Sinne alle dem König (Landesherren) zustehenden Hoheitsrechte. Später wurde der Begriff auf die sog. niederen Regalien, etwa in Form von Nutzungs- und Aneignungsrechten verengt. Vgl. Creifelds Rechtswörterbuch, 16. A., 2000. Der Begriff konnte sich aufgrund der Regelung des Art. 73 EGBGB bis in die heutige Zeit halten. 5 Püttner / Losch, in: Jeserich / Pohl / von Unruh (Hrsg.), Deutsche Verwaltungsgeschichte, Bd. V, S. 369. 6 Es erscheint gerade zu auffällig, dass gerade in heutiger Zeit über die Funktionalprivatisierung derartiger Aufgabenbereiche nachgedacht wird bzw. bereits umgesetzt wird – etwa durch das FStrPrivFinG, vom 30. 08. 1994, BGBl. I S. 2243, zuletzt geändert durch Art. 3 des Gesetzes zur Beschleunigung der Umsetzung von Öffentlich Privaten Partnerschaften und zur Verbesserung gesetzlicher Rahmenbedingungen für Öffentlich Private Partnerschaften vom 01. 09. 2005, BGBl. I S. 2676.
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Teil 2: Die Entwicklung der Beteiligung Privater an staatlichem Handeln
deres (Abhängigkeits-)Verhältnis zum Staat rückte. Gleichzeitig ließ man sie in arbeitsteiliger Weise an der staatlichen Gewalt in Form der Übertragung hoheitlicher Befugnisse teilhaben, was wiederum mit zur Herausbildung der Figur des Beliehenen beitrug7. Am umfassendsten war die Ausstattung mit derartigen Befugnissen freilich dort, wo staatliche Institutionen aufgrund großer Entfernungen (noch) nicht in ausreichendem Maße geschaffen waren. So wurden die Kolonialgesellschaften, als Zusammenschlüsse von Kaufleuten in großem Stile mit Hoheitsgewalt ausgestattet8. Spätestens mit Einsetzen des industriellen Zeitalters im 18. Jahrhundert und dem aufkommenden Bedarf nach technischen Dienstleistungen, insbesondere auf dem Gebiet des Verkehrs, sah sich die öffentliche Verwaltung in den deutschen Teilstaaten immer häufiger an die Grenzen ihrer Leistungsfähigkeit gebracht. Die Erschließung privaten Sachverstands und Kapitals wurde so zwangsläufig zum Ausweg für das vor immer neuen Aufgaben stehende Gemeinwesen. In der Folge entstanden ganze Wirtschaftsbranchen, die im Wesentlichen öffentlichen Aufgaben nachgingen. Die dabei geschaffenen Organisationsstrukturen ließen sich als parastaatliche Einheiten nicht mit der stets erforderlichen Eindeutigkeit dem staatlichen oder gesellschaftlichen Sektor zuordnen9. Die aufkommenden komplexen infrastrukturellen Dienstleistungen, wie etwa der Bau von U-Bahn-Netzen10, trugen so zu einer Zunahme kooperativer Elemente zunächst auf kommunaler Ebene bei. Diese Tendenz sollte sich alsbald verstärken11. Einen neuerlichen Schub erfuhr diese Entwicklung zu Beginn der 1990iger Jahre mit dem Zusammenbruch ganzer Staatssysteme in Osteuropa, die überwiegend auf 7 Dazu grundlegend Wolff / Bachof / Stober, Verwaltungsrecht III, 5. A., 2004, § 90, S. 508 ff. 8 Eindrucksvollstes Beispiel ist wohl die britische Ostindische Kompanie, die von Jakob I. (1566 – 1625) – 1603 Begründer der Stuart-Dynastie – zu Beginn des 17. Jh. als Gegengewicht zum Gewürzmonopol der Holländer in Südostasien gegründet, ihren Einflussbereich bis zu ihrer Auflösung im Jahre 1858 auf weite Teile des indischen Subkontinents ausdehnen konnte. Gleich ihrer Vorgängerin der Gesellschaft The Governor and Company of Merchants of London Trading into the East Indies (125 Anteilseigner und 72.000 |L Grundkapital) wurde sie seitens der englischen Krone mit einem königlichen Freibrief und Handelsmonopol sowie umfassender Territorialherrschaft über die von ihr eroberten Gebiete ausgestattet. Erst 1773 erfolgten aufgrund der Zunahme von Korruption und daraus folgender Gefährdung der britischen Vorherrschaft durch das Regulierungsgesetz (Regulating Act for India, 1773) rechtliche Beschränkungen. Die Gesellschaft wurde 1874 durch Gesetz (East India Stock Dividend Redemption Act, 1774) aufgelöst. 9 Kämmerer, Privatisierung, 2001, S. 527. 10 So wurde etwa 1853 mit der Metropolitan Railway Company eine der ersten gemischtwirtschaftlichen Unternehmen unter Beteiligung der City of London gegründet, die 1860 mit dem Bau einer U-Bahn begann. Die Metropolitan Line zwischen Farringdon und Paddington konnte bereits am 10. 01. 1863 in Betrieb genommen werden. 11 Ausführlich zur Entwicklung der Beteiligung Privater an öffentlichen Aufgaben und zur Privatisierung als rechtszeitgeschichtliches Phänomen Kämmerer, Privatisierung, 2001, S. 61 – 83.
B. Historische Entwicklung der Beteiligung Privater an staatlicher Tätigkeit
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einer ausufernden wirtschaftlichen Staatstätigkeit aufgebaut waren. Infolge der eintretenden Transformationsprozesse kam es zu weitreichenden Systemveränderungen, in deren Verlauf das zeitweilige Zusammenwirken von (noch) staatlichen Betrieben und privaten Investoren unausweichlich wurde12.
II. Zur Herkunft der sog. Public Private Partnerships (PPP) bzw. Public Finance Partnerships (PFI) Auch die vielfach unter den Begriffen Verwaltungskooperation, öffentlich-private Partnerschaft (oder neu-deutsch: Public Private Partnership) geführte Diskussion um die Einbeziehung Privater in die Erfüllung öffentlicher Aufgaben ist durchaus kein neues Thema. Mag die diesbezügliche Diskussion auch hierzulande noch jüngeren Ursprungs sein, so wurde andernorts schon früh nach weiteren Feldern für eine Kooperation zwischen Staat und Privaten gesucht. Ihren Ausgangspunkt hatte die Entwicklung dabei wiederum im angloamerikanischen Raum, wo sie spätestens in den 1970iger Jahren rasant an Fahrt gewann13. Dazu trugen alsbald auch die Privatisierungs- und Deregulierungstrends unter Ronald Reagan und Margaret Thatcher bei14. Erste Kontakte zwischen öffentlicher Hand und privaten Investoren wurden dabei auf den Gebieten der Stadtentwicklungs- und (Wirtschafts-) Strukturpolitik geknüpft15. Ein sehr frühes Beispiel für eine derartige konsensuale Zusammenarbeit zwischen Verwaltung und Privaten findet sich in der Allegheny Conference on Community Development16. Diese von Vertretern der Wirtschaft und der örtlichen Verwaltung und Hochschulen im Jahre 1943 in Pittsburgh gegründete Gesellschaft hatte es sich zur Aufgabe gemacht, den Niedergang der Stadt aufzuhalten. Jener hatte seine Ursprünge vor allem in der von der Stahlindustrie geprägten Monostruktur der Wirtschaft und den daraus resultierenden enormen Umweltbelastun12 Zu den Erfahrungen mit der – aus seiner Sicht überzogenen – Privatisierungsstrategie in Russland, etwa Wegener, Wirtschaftsverwaltung und Privatisierung in Rußland, VR 1997, 118 (123). 13 Gas / Rücker, Die Finanzierung von Public Private Partnerships unter dem Blickwinkel des EG-Beihilferechts, DÖV 2004, 56 ff. (56); Budäus / Grüning, in: Budäus / Eichhorn (Hrsg.), Public Private Partnership, 1997, S. 25 (25); zu Großbritannien Bennett / Krebs, Local Economic Development: Public Private Partnerships Initiatives in Britain and Germany, 1991, S. 96 ff. 14 Strünck / Heinze, in: Blanke / von Bandemer / Nullmeier / Wewer / Plaß (Hrsg.), Handbuch zur Verwaltungsreform, 2. A., 2001, 127 ff. (127). 15 Strünck / Heinze, in: Blanke / von Bandemer / Nullmeier / Wewer / Plaß (Hrsg.), Handbuch zur Verwaltungsreform, 2. A., 2001, 127 ff. (128). 16 Hierzu Budäus / Grüning, Public Private Partnership, Verwaltung und Management 5 (1996), 278 ff. (278) sowie Becker, Rechtsrahmen für Public Private Partnerships, ZRP 2002, 303 ff. (304).
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Teil 2: Die Entwicklung der Beteiligung Privater an staatlichem Handeln
gen. Um die Attraktivität des Wirtschaftsstandorts Pittsburgh zu erhalten, einigte man sich innerhalb der Konferenz auf Maßnahmen zur Verbesserung der Umweltsituation und zur Wiederbelebung des Stadtzentrums. Die dabei institutionalisierte informelle Zusammenarbeit zwischen Vertretern des Staates und Privater erwies sich als ein effektives kooperatives, prozessorientiertes Planungs-, Koordinierungsund Mobilisierungsinstrument17. Als Ausgangspunkt für ein Netzwerk öffentlichprivater Kooperationsprojekte trug die Konferenz alsbald zur Revitalisierung der Region bei. Grundlegendes Motiv der Zusammenarbeit war die wechselseitige Abhängigkeit zwischen örtlicher Wirtschaft einerseits und kommunaler Verwaltung andererseits18. Ein anderes Beispiel fand sich in Fairfield, California19. Hier erlaubte die Gemeinde einem privaten Investor (Developer) in geeigneter Lage zu den Ballungsräumen San Francisco und Sacramento, ein Einkaufszentrum zu bauen. Zudem kümmerte man sich um die Bereitstellung der Grundstücke und einen Autobahnanschluss. Im Gegenzug wurde die Gemeinde an den erzielten Gewinnen des Einkaufszentrums beteiligt. Neben dem dadurch gesteigerten Steueraufkommen trat reflexartig eine Wertsteigerung auch bei den angrenzenden Grundstücken der Gemeinde ein, die so einer weiteren Vermietung an Geschäftsleute zugänglich wurden20. Weitere Modelle folgten rasch21. Während derartige US-amerikanische Kooperationen sich vor allem auf dem Gebiet lokaler Wirtschaftsförderung betätigten, verlegte man sich in Großbritannien auf den Ausgleich von Defiziten in der städtischen Infrastruktur. So wurde die in den 70iger Jahren des letzten Jahrhunderts schon von der Labour-Regierung gegründete Scottish Development Agency zu einem Gremium öffentlich-privater Kooperation ausgebaut22. An ihr waren auch Vertreter von Unternehmen beteiligt. Aufgabe der Agency war es u. a. unter Zuhilfenahme staatlicher Anschubfinanzierungen regionale Initiativen zu entwerfen und umzusetzen. Aufgrund der positiven Erfahrungen schuf man im Bereich der Finanzierung öffentlicher Aufgabenerledigung in Großbritannien einen institutionellen Rahmen in Form der „Private Finance Initiative“. Diese in den 1990iger Jahren von der konservativen britischen Regierung begründete Initiative wurde auch nach dem 17 Kruzewicz / Schuchardt, Public-Private-Partnership – neue Formen lokaler Kooperation in industrialisierten Verdichtungsräumen, Der Städtetag 1989, 761 ff. (763). 18 Fainstein / Fainstein, in: Heinz (Hrsg.), Public Private Partnership, 1993, 65 ff. (69 ff.). 19 Wiederum Budäus / Grüning, Public Private Partnerships, Verwaltung und Management 5 (1996), 278 ff. (279). 20 Osborne / Gaebler, Reinventing Government, 1992, S. 200 f. 21 So etwa die Association for Excellence in Education in Tupelo, dazu Budäus / Grüning, Verwaltung und Management 5 (1996), 278 ff. (279) und Daniels, Real World Partnerships in Tupelo, Mississippi, Business Horizons 4 (1993), S. 60 ff. 22 Strünck / Heinze, in: Blanke / von Bandemer / Nullmeier / Wewer / Plaß (Hrsg.), Handbuch zur Verwaltungsreform, 2. A., 2001, 127 ff. (128).
B. Historische Entwicklung der Beteiligung Privater an staatlicher Tätigkeit
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Regierungswechsel 1997 fortgeführt23. Der Gesamtinvestitionswert der angestoßenen Vorhaben belief sich 2003 auf mittlerweile 30 Mrd. Euro. Ein nahe liegendes Beispiel für die von der Initiative unternommenen Einzelprojekte ist die 2000 fertig gestellte britische Botschaft in Berlin24. Angesichts der positiven Erfahrungen in den USA und Großbritannien übertrug man das Konzept der Einbeziehung Privater in die Erfüllung öffentlicher Aufgaben auch auf das europäische Festland. Ein erstes Beispiel hierfür war die 1985 in Amsterdam gegründete Gesellschaft N.V. Economish Herstel Zeedijk25. Ähnlich wie in Pittsburgh ging es auch hier um die Wiederherstellung der Attraktivität des Stadtzentrums, konkret der berühmten Einkaufsstraße Zeedijk in Amsterdam. Hier waren es die zunehmende Kriminalität und der Drogenhandel, die zu Umsatz- und Gewinnrückgängen bei den ansässigen Gewerbetreibenden führten. Mit der gegründeten Gesellschaft als Plattform, an der die Stadt und private Financiers zu jeweils 50 % beteiligt waren, gelang es mit vereinten Kräften dem Abwärtstrend entgegenzuwirken. Dabei ging man arbeitsteilig vor. Während sich die Gemeinde um die Wiederherstellung der öffentlichen Ordnung sorgte, engagierten sich die Beteiligten aus der Wirtschaft um eine ökonomische Wiederbelebung26. In Deutschland war eine derartige Kooperation zwischen privater und öffentlicher Hand allenfalls im Bereich der Energieversorgung bekannt27. Allmählich zeigten sich aber auch hier erste Ansätze für eine stärkere Zusammenarbeit. Dies galt zunächst für mischfinanzierte Forschungs-, Technologie- und Infrastrukturprogramme28. Aber auch die duale Finanzierung von Krankenhäusern war von Anfang an von Bedeutung29. Ein eher aus der Not geborenes Modell für die Zusammenarbeit findet sich in Dortmund30. Dort war es 1990 zu erheblichen Ent23 Wewer, Rede am 01. 07. 2003 anlässlich des Public-Private-Partnership-Kongresses „Potential für die öffentliche Verwaltung“ in Düsseldorf. 24 Bau und Betrieb der Britischen Botschaft wurden als Dienstleistung durch das deutsche Unternehmenskonsortium Arteos an den Land Großbritannien erbracht. Spätestens nach 60 Jahren geht das Bauwerk in Staatseigentum über. Quelle: www.britischebotschaft.de. 25 Auch hierzu Budäus / Grüning, Public Private Partnership, Verwaltung und Management 5 (1996), 278 ff. (279). 26 Kouwenhouven, in: Kooiman (Ed.), Modern Governance – New Government Society Interactions, 1993, S. 119 ff. (128). 27 Dort aber schon seit den 20iger Jahren der letzten Jahrhunderts, so Strünck / Heinze, in: Blanke / von Bandemer / Nullmeier / Wewer / Plaß (Hrsg.), Handbuch zur Verwaltungsreform, 2. A., 2001, S. 127 (127). 28 Dazu konkret: Mirow, in: Budäus / Eichhorn (Hrsg.), Public Private Partnership, 1997, S. 13 (19 ff.) und Kruzewicz, Lokale Kooperationen in NRW, 1993, S. 54 ff. 29 Eichhorn, in: Budäus / Eichhorn (Hrsg.), Public Private Partnership, 1997, S. 199 (199) und Gröning, Public Private Partnership unter den Zwängen des Vergabe-, Gemeindewirtschafts- und Wettbewerbsrechts, ZIP 2001, 497 ff. (497). 30 Budäus / Grüning, Public Private Partnership, Verwaltung und Management 5 (1996), 278 ff. (279) und Niermann, in: Tettinger (Hrsg.), Rechtlicher Rahmen für Public Private Partnerships auf dem Gebiet der Entsorgung, 1994, S. 19 f.
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Teil 2: Die Entwicklung der Beteiligung Privater an staatlichem Handeln
sorgungsengpässen gekommen, die angesichts einer knappen Haushaltslage bei der Stadt kurzfristig nicht hätten beseitigt werden können. Daher entschied man sich, den bestehenden kommunalen Regiebetrieb in ein gemischtwirtschaftliches Unternehmen einzubringen, das zu 49 % von privater Hand finanziert wurde. Ganz ähnlich stellt sich das Bremer Modell im Rahmen der Abwasserbeseitigung dar31. Die Stadt Bremen beauftragte eine zunächst fast vollständig privatisierte Gesellschaft mit Betrieb, Planung, Bau und Unterhaltung aller Abwasserentsorgungsanlagen der Stadt und zahlt dafür ein Entgelt. Gegenwärtig von großer Bedeutung sind etwa der gemischt finanzierte Bau des Stuttgarter Bahnhofs, der Bau der Sportarena in Frankfurt a.M.32 und der Bau, Betrieb und die Unterhaltung einer Strafvollzugsanstalt in Hessen33. Aber auch die Entwicklungen im Bereich des Bundesfernstraßenbaus sind von großem Interesse. Dies gilt sowohl für die ersten nach dem Modell des FStrPrivFinG34 errichteten Vorhaben, als auch für die Entwicklungen im Bereich der nach dem AMG35 mautfinanzierten Bauvorhaben. Des Weiteren gibt es derzeit auf Bundesebene Bestrebungen nach einer verstärkten Zusammenarbeit zwischen der Bundesregierung und Wirtschaft in den Bereichen Bundeswehr und Entwicklungspolitik36. Darüber hinaus können zahllose andere Beispiele für eine Zusammenarbeit zwischen staatlicher Verwaltung und Privaten aufgezeigt werden. Jüngst hat die Bundesregierung nochmals ihrem Interesse an einer Ausweitung solcher Partnerschaften durch das Gesetz zur Beschleunigung der Umsetzung von Öffentlich Privaten Partnerschaften und zur Verbesserung gesetzlicher Rahmenbedingungen für Öffentlich Private Partnerschaften Ausdruck verliehen37. Klar wird dabei, dass sich die Thematik weder inhaltlich auf einen bestimmten Bereich öffentlicher Aufgaben, noch der Form nach auf einen bestimmten Typus von Kooperation beschränken lässt. Vielmehr ist die Einbeziehung Privater in den Bereich öffentlicher Aufgabenerfüllung von einem enormen Variantenreichtum geprägt. Dieser für die Praxis sowohl positive, als auch für die Theorie missliche 31 Schoer, Die Privatisierung der Abwasserentsorgung in Bremen, in: Ziekow (Hrsg.), Wirtschaft und Verwaltung vor den Herausforderungen der Zukunft, 2000, S. 107 ff. und Becker, Rechtsrahmen für Public Private Partnerships, ZRP 2002, 303 ff. (304). 32 Koenig / Kühling, EG-Beihilfenrecht, private Sportunternehmen und öffentliche Förderung von Sportinfrastruktur, SpuRt 2002, 53 ff. (56, Fn. 34). 33 Hierzu Bonk, Rechtliche Rahmenbedingungen einer Privatisierung im Strafvollzug, JZ 2000, 435 ff. 34 FStrPrivFinG v. 30. 08. 1994, BGBl. I S. 2243 i. d. F. der Bekanntmachung vom 20. 01. 2003, BGBl. I 98, zuletzt geändert durch das FStrPrivFinÄndG v. 01. 09. 2003, BGBl. I S. 3442; gegenwärtig: Warnow-Tunnel in Rostock und Herrentunnel in Lübeck. 35 Autobahnmautgesetz (AMG) vom 05. 04. 2002, BGBl. I 1234, zuletzt geändert das Gesetz zur Änderung des Autobahnmautgesetzes für schwere Nutzfahrzeuge und zur Errichtung einer Verkehrsinfrastrukturfinanzierungsgesellschaft v. 28. 06. 2003, BGBl. I S. 1050. 36 Wewer, a. a. O. 37 Gesetz vom 01. 09. 2005, BGBl. I S. 2676.
B. Historische Entwicklung der Beteiligung Privater an staatlicher Tätigkeit
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Befund gibt Anlass zu sorgsamer Definitionsbildung, bevor die Problematik der öffentlich-privaten Zusammenarbeit einer wissenschaftlichen Untersuchung zugrunde gelegt werden kann. Als problematisch stellt sich in diesem Rahmen dar, dass Kooperation im Sinne Öffentlich Privater Partnerschaften bzw. Public Private Partnerships kaum normativer Gehalt zukommt38. Allenfalls ließe sich diesen Begriffen entnehmen, dass die Beteiligten – wirtschaftswissenschaftlich gesprochen – sowohl dem öffentlichen als auch dem privaten Sektor entstammen müssen. Vereinzelt wird dies bereits als ausreichend erachtet39. Was darüber hinaus alles Inhalt einer solchen Partnerschaft sein kann bzw. welche Mindestvoraussetzungen an Verantwortungsstruktur innerhalb und außerhalb der Kooperation zu stellen sind, bleibt im Einzelnen konkretisierungsbedürftig40. Den Begriff aus diesen Gründen aber für rechtswissenschaftliche Zwecke aufgeben zu wollen, hieße die Augen vor dem aktuellen Bedürfnis nach Rechtssicherheit und Konsistenz angesichts anstehender Finanzvolumina i. H. v. 890 Mio. Euro bei den Kommunen und 1,2 Mrd. Euro bei Bund und Ländern41 zu verschließen. Daher soll im Anschluss eine Darstellung der einzelnen Privatisierungsarten, in deren Kontext das Phänomen institutionalisierter Partnerschaft öffentlicher und privater Träger einzuordnen ist, versucht werden.
38 So auch Kämmerer, der im polyvalenten Begriff der Public-Private Partnership allenfalls eine vertypte Interessenlage, als eine inhaltlich konkretisierbare Rechtslage erkennt, Kämmerer, Privatisierung, 2001, S. 58; ähnlich auch schon Burgi, Funktionale Privatisierung und Verwaltungshilfe, 1999, S. 99. 39 Vereinzelt wird dies bereits als definitorische Umschreibung für ausreichend gehalten. So vor allem Tettinger, Die rechtliche Ausgestaltung von Public Private Partnership, DÖV 1996, 764 (764) und ders., Public Private Partnership, Möglichkeiten und Grenzen – ein Sachstandsbericht, NWVBl. 2005, 1 (2), der indes zugibt dass es sich eher um einen typologischen Sammel- denn einen Rechtsbegriff handelt. 40 Soweit von Teilen des Schrifttums versucht wird einzelne Merkmale einer PPP herauszuarbeiten, bleiben derartige Versuch zum einen hinter den vielfältigen Erscheinungsformen öffentlich-privater Kooperationen zurück und weisen zum anderen eine zu starke wirtschaftsorientierte Tendenz auf, als dass sie sich in rechtliche Kategorien einordnen ließen. So etwa Budäus / Grüning, Public Private Partnership, Verwaltung und Management 1996, 278 (280). 41 Quelle: Studie des Deutschen Instituts für Urbanistik (difu), Public Private Partnership Projekte, September 2005, Kurzfassung, S. 5.
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Teil 2: Die Entwicklung der Beteiligung Privater an staatlichem Handeln
C. Gründe für die aktuelle Tendenz zur Kooperation in Deutschland I. Finanzielle Engpässe des Staates auf Bundes-, Landes- und kommunaler Ebene Auf die Motive, die der gegenwärtigen Tendenz zur Ausweitung kooperativer Elemente bei der Wahrnehmung öffentlicher Aufgaben zugrunde liegen, wurde schon eingangs dieser Abhandlung hingewiesen. Sie liegen vor allem in den fehlenden finanziellen Spielräumen der öffentlichen Haushalte bei gleichzeitiger Zunahme der vom Staat in Anspruch genommener Aufgaben von allgemeinem Interesse. Zur Lösung dieses Konflikts bieten sich zwei alternative Wege an: Zum einen könnte auf die staatliche Wahrnehmung solcher Aufgaben verzichtet werden mit der Folge, dass ihre Erfüllung von der Marktfähigkeit bzw. der Gewinnträchtigkeit der konkreten Dienstleistung abhängt. Im Falle eines Marktversagens bliebe sie freilich unerfüllt, was diese Variante in den meisten Fällen inakzeptabel erscheinen lässt. Zum anderen bleibt die Möglichkeit, die finanziellen Spielräume des Gemeinwesens parallel zum vorhandenen Aufgabenbestand auszuweiten. Da eine Ausgabensenkung bei Ausweitung staatlicher Aktionsräume aber unmöglich erscheint, bleibt allein eine Verbesserung der öffentlichen Einnahmesituation in Form von Steuererhöhungen, die aufgrund ihrer konjunkturellen Auswirkungen jedoch abgelehnt werden, zumindest aber wirtschaftspolitisch zweifelhaft und umstritten sind.
II. Veränderung des Staat-Bürger-Verhältnisses Als eine Art „goldener Mittelweg“ erscheint dagegen die Möglichkeit die konkrete Aufgabe zwar weiterhin in staatlicher Gesamtverantwortung als Staatsaufgabe wahrzunehmen, zugleich ihre tatsächliche Erfüllung aber in private Hände abzugeben. Dadurch könnten einerseits den privaten Wirtschaftsteilnehmern neue Freiheitsräume eröffnet werden. Zum anderen ergäben sich so Felder und Instrumente für ein Anziehen und eine stärkere Ausdifferenzierung staatlicher Binnennachfrage, die wirtschaftspolitisch von erheblicher Bedeutung ist. Dienstleistungen, die unter den Regeln des freien Marktes nicht zum Angebot gekommen wären, werden dann unter dem Schild staatlicher Gesamtverantwortung wahrgenommen. Erkauft wird diese Abweichung von der Logik des Marktes durch die Mitwirkung öffentlich-rechtlicher Körperschaften, die nur in den Grenzen des § 12 InsO konkursfähig und obendrein mit dem Steuerprivileg ausgestattet sind. Damit treffen zwei Ordnungssysteme aufeinander, die unterschiedlicher nicht sein könnten. Zugleich schwingt die staatstheoretische Frage nach der richtigen, d. h. der für die
C. Gründe für die aktuelle Tendenz zur Kooperation in Deutschland
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allgemeine Wohlfahrt besten Aufgabenzuweisung zwischen der staatlichen und der privaten Sphäre mit. Eine mögliche Antwort könnte in der Vorstellung vom aktivierenden Staat zu finden sein, wie sie gegenwärtig sowohl seitens der Bundesregierung als auch aus der Sicht vieler Wissenschaftsdisziplinen42 begrüßt und forciert wird. Inwiefern eine solche – mehr oder weniger – systematische Kooperation von Staat und privaten Wirtschaftsteilnehmern mit der Rechtsordnung de lege lata resp. de lege ferenda im Einklang steht, soll im Fortgang dieser Arbeit untersucht werden. Fest steht jedoch, dass der aktivierende Staat anders als das paternalistische Gemeinwesen auf einem gewandelten Staat-Bürger-Verhältnis aufbaut. Er ist nicht länger universeller Fürsorger, sondern Moderator in Angelegenheiten von gesamtgesellschaftlicher Bedeutung.
42
Vgl. hierzu schon oben Teil 1, C.
Teil 3
Empirischer Befund öffentlich-privater Beteiligungsformen Nachdem die Entwicklung der Kooperationsverhältnisse in groben Zügen nachgezeichnet wurde und bevor das zu untersuchende Phänomen der Beteiligung Privater an der Erfüllung öffentlicher Aufgaben in die Systematik der Privatisierungsarten einbezogen wird, sollen an dieser Stelle die aktuellen Felder der Zusammenarbeit näher beleuchtet werden. Vorweg ist dabei zu bemerken, dass die nachfolgende Betrachtung weder einen Anspruch auf Vollständigkeit erhebt, noch einem solchen gerecht werden könnte. Etwas Gegenteiliges anzunehmen, würde zum einen den Blick auf das Wesentliche versperren und zum anderen die Komplexität derartiger Partnerschaften hinter einem Schleier aus Fakten verhüllen. Derzeit lassen sich die Bestrebungen auf dem Gebiet arbeitsteiligen Zusammenwirkens zwischen Staat und Gesellschaft kaum noch überschauen. Auf die dieser Entwicklung zugrunde liegenden Motive wurde bereits verwiesen1. Der Umstand, dass die vertrauten Grenzen zwischen dem Staat und seiner Gemeinwohlverpflichtung und den partikulären Interessen einzelner Glieder der Gesellschaft zerfließen, entbindet jedoch nicht von der Verpflichtung zu kritischer Beobachtung und Stellungnahme. Im Gegenteil: strukturelle Veränderungen in der Gesellschaftsverfassung zu beobachten und kritisch zu würdigen, ist die vornehmlichste Aufgabe aller Gesellschaftswissenschaften im Allgemeinen und der Rechtswissenschaft im Besonderen. Um die aktuellen Tendenzen für die anschließende Untersuchung aufzubereiten, wird sich die nachfolgende Darstellung auf zwar wenige, dafür aber wesentliche Felder von Kooperationsbestrebungen konzentrieren. Dabei wird vor allem Wert auf Repräsentativität der herangezogenen Beispiele gelegt. Nur so lassen sich strukturelle Gemeinsamkeiten und Unterschiede in der Zusammenarbeit in den verschiedenen Bereichen finden. Zugunsten einer größtmöglichen Übersichtlichkeit erfolgt die Betrachtung dabei getrennt nach den verschiedenen Ebenen der Staatlichkeit, auf denen die Akteure tätig werden.
1
Siehe oben Teil 2, C.
A. Bund
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A. Bund Eine Vorreiterrolle bei der Erschließung neuer Felder für eine durch kooperative Elemente geprägte Aufgabenwahrnehmung kommt dem Bund zu. Dies folgt nicht zuletzt aus der Verteilung der Gesetzgebungskompetenzen. Das gilt für das besondere Verwaltungsrecht ebenso wie für dessen allgemeinen Teil. So verwundert es nicht, dass ausgehend vom Bund und dessen integrativer Kraft die Entwicklung und Verrechtlichung der Öffentlich Privaten Partnerschaften bzw. Public Private Partnership (PPP) immer mehr an Fahrt gewinnt2.
I. Fernstraßenbau Besonders weit vorangeschritten sind die Kooperationsbestrebungen dabei auf dem Feld des Fernstraßenbaus. Dabei kommt diesem Anwendungsfeld nicht von ungefähr eine Anstoßfunktion zu, handelt es sich bei der Aufgabe der Bereiterstellung, Erhaltung und Sanierung eines überregionalen Straßennetzes doch um ein in erhöhtem Maße kostenträchtiges Tätigkeitsfeld3. Nicht zuletzt aufgrund des enormen Nachholbedarfs auf dem Gebiet der fünf neuen Bundesländer, stieß der Bund als Aufgabenträger seit Beginn der 1990iger Jahre vermehrt an die Grenzen seiner finanziellen Leistungsfähigkeit. Die Verfügbarkeit moderner Infrastruktureinrichtungen stellt jedoch einen maßgeblichen Standortfaktor dar und ist somit auch von enormer wirtschaftlicher Bedeutung. Damit treffen auch im Bereich des Fernstraßenbaus die eingangs erwähnten Hauptargumente der Privatisierungsdebatte, dringend erforderliche Investitionen zur Standortsicherung bei gleichzeitiger Schieflage der öffentlichen Haushalte aufeinander. Aber auch die Hoffnung auf eine Verfahrensbeschleunigung beim Einsatz privaten Kapitals trieb die Kooperationsbestrebungen im Bereich der Infrastrukturmaßnahmen ein gutes Stück voran4. Diesen Aspekt hob auch der Sachverständigenrat zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung in seinem Jahresgutachten 1991 / 1992 bzgl. der anstehenden Investitionen im Beitrittsgebiet hervor5. Auf eine Verkürzung der Investitionszeiträume hatte bereits eine von der 2 Vgl. hierzu jüngst das ÖPP-Beschleunigungsgesetz (Gesetz zur Beschleunigung der Umsetzung von Öffentlich-Privaten Partnerschaften und zur Verbesserung gesetzlicher Rahmenbedingungen für Öffentlich-Private Partnerschaften vom 01. 09. 2005, BGBl. I S. 2676; dazu Uechtritz / Otting, Das „ÖPP-Beschleunigungsgesetz“: Neuer Name, neuer Schwung für „öffentlich-private Partnerschaften“?, NVwZ 2005, 1105 ff. 3 Der Bundesverkehrswegeplan 2003 (BVWP 2003) weist allein für die Unterhaltung des vorhandenen Straßennetzes bis 2015 einen Bedarf von 37,7 Mrd. 80 aus. Insgesamt besteht für den Bereich der Bundesfernstraßen ein Finanzbedarf von 77,5 Mrd. 80; Quelle: www. bmvbw.de 4 So auch Grupp, Rechtsprobleme der Privatfinanzierung von Verkehrsprojekten, DVBl. 1994, 140 ff. (141).
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Teil 3: Empirischer Befund öffentlich-privater Beteiligungsformen
Bundesregierung 1990 eingesetzte Arbeitsgruppe abgehoben, indem sie die verstärkte private Finanzierung mit der Erwartung verband, dass sich mit dem privaten Sachverstand auch ein gutes Stück „Zeit einkaufen“ ließe6. Diese Aspekte machen die Anstrengungen erklärlich, die unternommen werden, um privates Kapital für die Erfüllung der Aufgaben des Fernstraßenbaus zu aktivieren. Als revolutionär musste auch die Einschaltung der DEGES7 bei der Realisierung großer Fernstraßenbauvorhaben in den fünf neuen Bundesländer nach der Wiederherstellung der Deutschen Einheit gelten8. Daneben bestand aber auch außerhalb des Beitrittsgebiets ein erheblicher Bedarf an zusätzlichem Kapital und Know-How im Bereich des Fernstraßenbaus. Diesen Anforderungen gerecht zu werden, bedurfte es zunächst einiger Gesetzesänderungen. Einen ersten Schritt hierzu stellte der Erlass des Fernstraßenbauprivatfinanzierungsgesetzes (FStrPrivFinG)9 dar. Ausweislich dessen § 1 Abs. 1 und 2 können Private zur Verstärkung von Investitionen in das Bundesfernstraßennetz Aufgaben des Neu- und Ausbaus von Bundesfernstraßen auf der Grundlage einer Grundlage einer Gebührenfinanzierung wahrnehmen. Dabei werden die diesbezüglichen Aufgaben dem Privaten zur Ausführung übertragen. Damit läuft das dem FStrPrivFinG zugrunde liegende sog. F-Modell mit seiner Konzessionierung Privater jedoch auf eine Beleihung hinaus10. In diesem Rahmen besonders weit gediehen ist derzeit das Projekt Herrentunnel (Travequerung der B 104) in Lübeck11. Bei diesem Projekt versucht die Hansestadt 5 Sachverständigenrat zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung, Die wirtschaftliche Integration in Deutschland, Perspektiven – Wege – Risiken, Jahresgutachten 1991 / 1992, 1991, S. 150 ff. (Rn. 213 ff.). 6 Bericht der Arbeitsgruppe „Private Finanzierung öffentlicher Infrastruktur“, Schriftenreihe des Bundesministeriums der Finanzen, Heft 44, Bonn 1991, S. 17. 7 Die Deutsche Einheit Fernstraßenplanungs- und -bau-Gesellschaft mbH (DEGES) geht auf einen Gesellschaftsvertrag zwischen dem Bund, den neuen Ländern und der Rhein-MainDonau AG vom 07. 10. 1991 zurück. Zu ihren Aufgaben gehörte insbesondere die Verwirklichung der 17 „Verkehrsprojekte Deutsche Einheit“. 8 Hierzu ausführlich Klofat, Einschaltung Privater beim Verkehrswegebau, und Wahl, Die Einschaltung privatrechtlich organisierter Verwaltungseinrichtungen in den Straßenbau, in: Blümel (Hrsg.), Einschaltung Privater beim Verkehrswegebau – Innenstadtverkehr, 1993, S. 7 ff. und 24 ff. 9 FStrPrivFinG v. 30. April 1994, BGBl. I 2243 i.d.F. der Neubekanntmachung vom 20. Januar 2003, BGBl. I S. 98; allgemein hierzu Keppel, in: Ziekow (Hrsg.), Public Private Partnership, 2003, S. 149 ff.; ausführlich zu den verfassungsrechtlichen Grenzen in diesem Bereich auch schon Bucher, Privatisierung von Bundesfernstraßen, 1996; Pabst, Verfassungsrechtliche Grenzen der Privatisierung im Fernstraßenbau, 1997 und Schmitt, Bau, Erhaltung, Betrieb und Finanzierung von Bundesfernstraßen durch Private nach dem FStrPrivFinG, 1998. 10 So auch Brüning, Steht das alte Rechtsinstitut der Beleihung vor einer neuen Zukunft?, SächsVBl. 1998, 201 ff. (204); Reidt, Verfassungsrechtliche Aspekte der Mautfinanzierung von Fernstraßen, NVwZ 1996, 1156 ff. (1156 und 1159); Reidt, Der Rechtsanspruch auf Erlass von untergesetzlichen Normen, DVBl. 2000, 602 ff. (602).
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Lübeck als Konzessionsgeber mit der Projektgesellschaft Herrentunnel Lübeck GmbH & Co. KG, bestehend aus den Firmen Bilfinger Berger AG und der Hochtief AG, die alte Travequerung in Form der Herrenbrücke durch einen modernen Ansprüchen genügenden Straßentunnel zu ersetzen. Darüber hinaus enthält die Projektliste des BVWP 2003 den Albaufstieg der A 8 zwischen AS Mühlhausen und AS Hohenstadt (neu) mit 8 km, die A 52 bei Essen mit 8,7 km, die Weserquerung der A 281 mit 4,4 km, der Hochmoselübergang der B 52n Wittlich / Bernkastel mit 6,1 km und die Elbquerung der A 20 bei Glücksstadt mit 6,1 km12. Zudem wurde der Abschnitt der B 103n im Stadtgebiet Rostock (Warnowtunnel) als Strecke nach § 3 Abs. 1 S. 2 FStrPrivFinG festgelegt13. In der Untersuchungsphase befinden sich derzeit folgende Projekte: A 100 in Berlin-Neukölln – Frankfurter Allee, A 252 Hafenquerspange in Hamburg und B 21 Kirchholztunnel bei Bad Reichenhall14. Gemeinsam ist allen diesen Projekten, dass sie besonders kostenintensive Einzelvorhaben, sog. Erschwernisabschnitte15 darstellen. Diese durch § 3 Abs. 1 FStrPrivFinG begründete Begrenzung ist mit den EG-rechtlichen Bindungen der Richtlinie 93 / 89 / EWG vom 25. 10. 1993 zu erklären, nach der streckenbezogene Gebühren der vorstehenden Art grds. nicht neben zeitbezogenen Benutzungsgebühren erhoben werden dürfen. Letztere waren aber mit dem ABBG16 1993 für LKW mit mehr als 12 t zulässigem Gesamtgewicht eingeführt worden. Ein zweiter Schritt zur Aktivierung privaten Kapitals folgte mit dem Erlass de Autobahnmautgesetzes (AMG)17. Dieses in Ausführung der Richtlinie 1999 / 62 / EG des Europäischen Parlaments vom 17. Juni 199918 verabschiedete und auf Art. 74 Nr. 22 GG gestützte Gesetz statuierte die Gebührenpflichtigkeit der Benutzung von Bundesautobahnen für schwere Nutzfahrzeuge. Es erfüllt die Anforderungen des § 7 Abs. 1 S. 4 Bundesfernstraßengesetzes (FStrG)19 an eine Erhebung von Gebühren für den Gemeingebrauch. Inwiefern damit der Streit um die Vereinbarkeit der Gebührenpflicht einerseits und des zulassungsfreien Gemeingebrauchs 11 Ausführlich hierzu und insbesondere zu den rechtlichen Problemen bei Vorhaben nach dem FStrPrivFinG v. a. Knop, in: Ziekow (Hrsg.), Public Private Partnership, 2003, S. 167 ff. 12 BVWP 2003, S. 36. 13 Verordnung zur Bestimmung von privatfinanzierten Abschnitten von Bundesfernstraßen (Fernstraßenbauprivatfinanzierungs-Bestimmungsverordnung – FStrPrivFinBestV) v. 27. Mai 2003 BGBl. I S. 782. 14 Keppel, in: Ziekow (Hrsg.), Public Private Partnership, 2003, S. 158. 15 Reidt / Stickler, Das Fernstraßenbauprivatfinanzierungsgesetz und der Baukonzessionsvertrag – das Pilotprojekt der Warnow-Querung, BauR 1997, 241 ff. (243). 16 Autobahnbenutzungsgebührengesetz (ABBG), BGBl. II S. 1765. 17 Gesetz zur Einführung von streckenbezogenen Gebühren für die Benutzung von Bundesautobahnen mit schweren Nutzfahrzeugen vom 5. April 2002, BGBl. I S. 1234. 18 ABl. EG Nr. L 187 S. 42. 19 FStrG v. 06. August 1953, BGBl. I S. 903, i. d. F. der Neubekanntmachung vom 19. April 1994, BGBl. I S. 854.
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andererseits ausgestanden ist, bleibt abzuwarten20. Richtet sich die Gebührenpflicht auch zunächst an die Benutzer von Verkehrswegen, so geht doch von dem AMG ein erheblicher Impuls zur Kooperation aus. Dies folgt aus § 4 Abs. 2 S. 1, der das Bundesamt für Güterverkehr ermächtigt, einen privaten Betreiber (TollCollect) mit der Errichtung und dem Betrieb eines Systems zur Mauterhebung zu beauftragen (sog. A-Modell). Zudem weist § 11 S. 2 AMG dem Betreiber einen Anteil aus dem Mautaufkommen zu. Auch bezüglich dieser Form der Aktivierung privater Investitionen enthält der BVWP 2003 eine umfangreiche Projektliste. Insgesamt sind danach 525,4 km zur privaten Vorfinanzierung vorgesehen21.
II. Bundeswehr Auch im Bereich der Verteidigung gibt es Bestrebungen privates Kapital und Know-How für die Erledigung öffentlicher Aufgaben zu gewinnen. Startpunkt derartiger Innovationsansätze war der Rahmenvertrag „Innovation, Investition und Wirtschaftlichkeit in der Bundeswehr“22, mit dessen Hilfe das Bundesministerium für Verteidigung versucht, die Bundeswehr von Aufgaben zu entlasten, die nicht zu den rein militärischen Aufgabenfeldern gehören. Dieses Vorgehen soll Kapazitäten in den Kernkompetenzen der Bundeswehr freisetzen und so die Truppe auf ihre neuen Aufgaben unter einer veränderten internationalen Sicherheitslage vorbereiten. Mitte 2003 hatten bereits 550 nationale und internationale Unternehmen diesen Rahmenvertrag unterzeichnet 23. Hiervon ausgehend wurden im militärischen Bereich mehrere Initiativen unternommen, mit der privaten Wirtschaft zu kooperieren. Beispielhaft hierfür ist der Fall des Gefechtsübungszentrums Heer (GÜZ) in der Colbitz-Letzlinger Heide24. Unter der Bezeichnung Pilotprojekt 9.6 soll dem Heer eine möglichst kostengünstige Nutzung des GÜZ im Rahmen eines sog. Betreibermodells25 ermöglicht werden. Dazu wurden zunächst im Zeitraum 2001 – 2003 alle vergabefähigen Unterstützungsleistungen freihändig an industrielle Leistungserbringer übertragen. Hierzu sind vor allem Dienstleistungen zu zählen wie die Bereitstellung und Unterhaltung des Fuhrparks, der Tank- und Waschanlagen, der Systemtechnik sowie der Kommunikationsdienste. Ab 2004 sollen dann alle Unterstützungsleistungen im Zusammenhang mit dem Betrieb des GÜZ durch Vergabe im Wettbewerb an ein privates Anbieterkonsortium übertragen werden, das seinerseits einzelne Aufgaben 20 Siehe hierzu die Nachweise bei Forsthoff, Lehrbuch des Verwaltungsrechts, 10. A., 1973, S. 390, Fn. 2 und 3 sowie Kodal / Krämer, Straßenrecht, 7. A., 2006, Kap. 24 Rn. 23 ff. 21 BVWP 2003, S. 39. 22 Quelle: http: // sicherheitspolitik.bundeswehr.de / 12 / 24.php. 23 Wewer, a. a. O. 24 Ausführlich hierzu Herkel / Godau, in: Ziekow (Hrsg.), Public Private Partnership, 2003, S. 197 ff. 25 Zu diesen noch unten Teil 7, C. I. 1.
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an Unterauftragnehmer überträgt. Dabei bedarf sowohl das Vergabeverfahren als auch der Vertrag mit dem privaten Generalunternehmer der parlamentarischen Zustimmung des Bundestags. Ziel des Modellprojektes 9.6 ist es letztlich durch eine weitgehende Auslagerung von Unterstützungsleistungen den militärischen Ausbildungsbereich zu stärken, der im Mittelpunkt der Tätigkeit des GÜZ steht. Offen bleiben dabei allerdings viele einfachgesetzliche Fragen wie die der Anwendbarkeit des Kriegswaffenkontrollgesetzes, des Sprengstoffgesetzes, des Waffengesetzes sowie der Gefahrgutverordnung auf den privaten Betreiber26. Wie die anstehenden Probleme zu lösen sind, bedarf noch eingehender rechtlicher Würdigung.
III. Entwicklungshilfe Schließlich zeigen sich erste Ansätze des aktivierenden Staates auch im Bereich der Entwicklungspolitik. So werden seitens des Deutschen Entwicklungsdienstes (DED) in Bonn Anstrengungen unternommen, eine strategische Allianz zwischen Politik und Wirtschaft zu beiderseitigem Nutzen anzustoßen27. Ziel ist es nachhaltig die ökonomische, soziale, ökologische und politische Entwicklung in der Dritten Welt zu fördern. Im Zentrum der Aktivitäten des DED stehen dabei lokal agierende kleine und mittlere Unternehmen als Zentren der Wirtschafts- und Beschäftigungsentwicklung28. Im Rahmen des Aktionsprogramms 2015 (AP 2015) der Bundesregierung zur Bekämpfung extremer Armut gibt es derzeit neun Partnerländer. Derartige Entwicklungspartnerschaften sind dabei u. a. in Bolivien, Jemen, Mosambik und Vietnam, aber auch im Zusammenhang mit NEPAD (New Partnership for Africa’s Development) vorgesehen. Zur besseren Abstimmung von entwicklungspolitischen Zielen auf der einen Seite und den betriebswirtschaftlichen Bedürfnissen und Potenziale der lokalen Partnerunternehmen auf der anderen wurde ein Süd-PPP – Programm ins Leben gerufen, das vom Bundesministerium für wirtschaftliche Entwicklung und Zusammenarbeit finanziert wird29. Für die einzelnen Projekte sind ein Finanzvolumen von 1.000 bis 20.000 Euro sowie eine Laufzeit von einem Jahr vorgesehen. Dabei soll der Eigenanteil der begünstigten Unternehmen bei ca. 50 % liegen. Derart gefördert werden beispielsweise die SAMARTEX Timber Plywood Company Ltd. und die Ghana Prime Wood Ltd. in Ghana im Rahmen eines AgroforstDarauf weist Godau, a. a. O., S. 221 ff. zutreffend hin. Wewer, a. a. O. 28 Handreichung zum PPP-Workshop im DED am 18. 12. 2002 in Bonn, Quelle: www. ded.de. 29 Ein Fachgespräch zu den Süd-PPP fand am 05. 03. 2003 im DED in Bonn statt. Hierzu ebenfalls www.ded.de. 26 27
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wirtschaftsprojekts. Zugunsten eines kontrollierten biologischen Anbaus von zertifizierten Kakaobohnen besteht eine Partnerschaft mit der Firma Rapunzel Naturkost AG sowie der dominikanischen Kleinbauernorganisation CONACADO. Im Sudan tat sich das deutsch-sudanesische Joint Venture Arab German Biociges Manufacturing (AGBM) mit dem DED Sudan zusammen, um auf der Grundlage von Neembaumplantagen biologische Pflanzenschutzmittel für den Export zu produzieren. Zur Verbesserung der Lebensbedingungen der Huoarani-Indianer im Nationalpark Yasuní, Ecuador wurde Mitte 2001 ein Kooperationsprojekt zwischen der Forschungsstation Yasuní, der Universität Ponitificia Universidad Católica de Ecuador (PUCE) und der vor Ort tätigen Erdölfirma Repsol (YPF) gegründet. Damit sind nur einige der gegenwärtigen strategischen Partnerschaften auf dem Gebiet der Entwicklungspolitik aufgezählt. Es darf zudem nicht vernachlässigt werden, dass die Anstrengungen bzgl. dieser Entwicklungspartnerschaften im Zusammenhang mit dem Global Compact der UN stehen, eine Initiative für eine stärkere Verantwortung des privaten Sektors in einer globalisierten Umwelt. Darüber hinaus gibt es Bestrebungen die auf dem Feld der Entwicklungspolitik gemachten Erfahrungen auf die Auswärtige Kulturpolitik zu übertragen. Einen ersten Vorstoß in diese Richtung unternahmen Abgeordnete der Fraktion der F.D.P. am 09. 05. 2001 mit einem Antrag, demzufolge die Bundesregierung aufgefordert wird, auch in diesem Bereich auf die komplementäre Zusammenarbeit zwischen Politik, Wirtschaft und Kultur hinzuwirken30. Mehr denn je trügen sie im globalisierten Wettbewerb der Kulturen zum Gesamtbild der Nation bei und stellten daher eine außenpolitische Einheit dar, die sich auch in der Praxis widerspiegeln müsse.
IV. Kernenergie Ein gesetzlich bis ins Detail normiertes Beispiel für die Kooperation des Bundes bei der Erfüllung seiner Aufgaben findet sich auch im Bereich der Erzeugung und friedlichen Nutzung der Kernenergie nach Art. 74 Abs. 1 Nr. 11a i.V. m. Art. 87 c GG. Insbesondere bei der Endlagerung radioaktiver Abfälle wird eine Beteiligung Privater angestrebt, § 9a Abs. 3 AtomG31. Zu diesem Zweck hat das Bundesamt BT Drs. 14 / 5963 v. 09. 05. 2001. § 9a Abs. 3 AtomG: Die Länder haben Landessammelstellen für die Zwischenlagerung der in ihrem Gebiet angefallenen radioaktiven Abfälle, der Bund hat Anlagen zur Sicherstellung und zur Endlagerung radioaktiver Abfälle einzurichten. Sie können sich zur Erfüllung ihrer Pflichten Dritter bedienen. Der Bund kann zur Erfüllung seiner Pflicht die Wahrnehmung seiner Aufgaben mit den dafür erforderlichen hoheitlichen Befugnissen ganz oder teilweise auf Dritte übertragen, wenn sie Gewähr für die ordnungsgemäße Erfüllung der übertragenen Aufgaben bieten; der Dritte untersteht der Aufsicht des Bundes. Der Dritte nach Satz 3 kann für die Benutzung von Anlagen zur Sicherstellung und Endlagerung anstelle von Kosten ein Entgelt erheben. Soweit die Aufgabenwahrnehmung nach Satz 3 übertragen wird, gelten die nach § 21b erhobenen Beiträge, die nach der auf Grund des § 21b Abs. 3 erlassenen 30 31
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für Strahlenschutz einen Vertrag mit der Deutschen Gesellschaft zum Bau und Betrieb von Endlagern für Abfallstoffe mbH (DBE) geschlossen und diese mit der Planung, der Errichtung und dem Betrieb von Anlagen des Bundes zur Endlagerung von radioaktiven Abfällen beauftragt32. Charakteristisch ist wiederum, dass der Befugnis zur Einschaltung Dritter eine gesetzliche Definition der konkreten Aufgabe vorangestellt wird. Darin wird erneut deutlich, dass die Hinzuziehung externer Kräfte den staatlichen Aufgabenträger nicht aus seiner Aufgabenverantwortung entlässt.
V. E-Government Ein weiteres Feld für ÖPP auf Bundesebene liegt auf dem Gebiet des sog. E-Government. Dabei werden das Internet und andere elektronische Medien zur Einbindung der Bürger und Unternehmen in das Verwaltungshandeln eingesetzt33. Kern der E-Government-Strategie ist es u. a. onlinefähige Dienstleistungen der Bundesverwaltung über das Internet verfügbar zu machen. Zur Bewältigung und Reduzierung der dabei anstehenden erheblichen Transaktionskosten hat die Bundesregierung jüngst die Initiative BundOnline 2005 initiiert34. Bereits seit 2003 widmet sich die Initiative DeutschlandOnline einer gemeinsamen integrierten E-Government-Strategie zwischen Bund, Ländern und den kommunalen Spitzenverbänden, um auf allen Ebenen öffentlicher Gewalt eine einheitliche, benutzerfreundliche IT-Landschaft entstehen zu lassen35.
Rechtsverordnung erhobenen Vorausleistungen sowie die von den Landessammelstellen nach § 21a Abs. 2 Satz 9 abgeführten Beträge als Leistungen, die dem Dritten gegenüber erbracht worden sind. Eine Verantwortlichkeit des Bundes für Amtspflichtverletzungen des Dritten nach Satz 3 besteht nicht; zur Deckung von Schäden aus Amtspflichtverletzungen hat der Dritte eine ausreichende Haftpflichtversicherung abzuschließen. § 25 bleibt unberührt. Soweit die Aufgabenwahrnehmung vom Bund auf den Dritten nach Satz 3 übertragen wird, stellt der Bund diesen von Schadensersatzverpflichtungen nach § 25 bis zur Höhe von 2,5 Milliarden Euro frei. Über Widersprüche gegen Verwaltungsakte, die von dem Dritten nach Satz 3 erlassen worden sind, entscheidet die Aufsichtsbehörde. 32 Zu § 9a Abs. 3 AtomG nimmt das Zweite Senat des BVerfG in seinem Beschluss vom 05. 12. 2001 – 2 BvG 1 / 00 –, BVerfGE 104, 238 (Moratorium Gorleben) Stellung. 33 E-Government – Handbuch des Bundesamts für Sicherheit in der Informationstechnik, 2006, S. 3. Quelle: www.bsi.de. 34 Bei dem Projekt BundOnline 2005 handelt es sich um eine Initiative der Koordinierungs- und Beratungsstelle der Bundesregierung für Informationstechnik in der Bundesverwaltung (KBSt) beim Bundesministerium des Innern (www.kbst.bund.de). Der Abschlussbericht der Initiative wurde am 24. 02. 2006 vorgelegt. 35 Die am 26. 06. 2003 beschlossene Initiative DeutschlandOnline wird ebenfalls federführend durch die KBSt beim Bundesministerium des Innern geleitet.
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B. Länder Auch auf der Ebene der Länder bemüht man sich zunehmend um eine Implementierung kooperativer Elemente. Marode Staatshaushalte und desolate Finanzverfassungen finden sich hier ebenso wie beim Bund. Eine vergleichbare Situation zeichnet sich auch bei der Verfahrensdauer von Innovationsvorhaben ab. So ist es wenig erstaunlich, dass auch auf der Ebene der Länder seit längerer Zeit über eine verstärkte Kooperation mit privaten Investoren und Vorhabenträgern nachgedacht wird.
I. Strafvollzug In einer führenden Rolle sieht sich hierbei das Land Nordrhein-Westfalen. Dort wurde auf der Suche nach best-practice-Lösungen beim Landesfinanzministerium eine „PPP-Task-Force“ eingerichtet, deren Aufgabe es ist neue Kooperationsprojekte zwischen öffentlicher Verwaltung und privaten Unternehmen anzuregen und zu begleiten36. Neben sieben weiteren PPP-Projekten37 wird u. a. über eine privat gebaute und betriebene Justizvollzugsanstalt nachgedacht38. Ein ähnliches Vorhaben wurde zuvor bereits seitens der Hessischen Landesregierung in einer Regierungserklärung am 22. 04. 1999 angekündigt39. Danach soll ein „Modellversuch“ vorbereitet werden, in dessen Rahmen eine Haftanstalt privat geplant, gebaut und betrieben werden soll. Unter Verweisung auf die „sehr positiven“ Erfahrungen mit privat geführten Gefängnissen in den Vereinigten Staaten40, in Großbritannien und Frankreich hofft man so ca. 500 Haftplätze von „hoher Priorität“ bereitstellen zu können. Auch wenn nicht alle Aufgaben auf Private übertragen werden könnten, so könne doch eine Vielzahl von Tätigkeiten in private Hände abgegeben werden41. Das im November 2005 fertig gestellte Projekt hatte ein Auftragsvolumen von 85 Millionen Euro und dürfte daher auch für die Bauwirtschaft von größtem Interesse sein. In Vorbereitung des Modellversuchs wurde zunächst eine Arbeitsgruppe eingesetzt42, die die verschiedenen denkbaren 36 „Eine Chance für die Bauwirtschaft, Das Finanzministerium in Düsseldorf setzt auf privates Kapital und Know-How / Das Monheim-Projekt“, FAZ v. 14. 04. 2004. 37 Eine Übersicht findet sich im Internet unter www.ppp-nrw.de. 38 Hierzu eingehend Kulas, Privatisierung hoheitlicher Verwaltung, Zur Zulässigkeit privater Strafvollzugsanstalten, 1996. 39 „Chancen mutig schaffen – Chancen mutig nutzen“, Regierungserklärung des Hessischen Ministerpräsidenten Koch abgegeben vor dem Hessischen Landtag am 22. 04. 1999, Presseinformation der Hessischen Landesregierung, Umdruck, S. 333. 40 Dass dies nicht einhellig so gesehen wird belegt Schneider, Public-Private-Partnership in the U.S. Prison System, in: Vaillancourt / Rosenau (Ed.), MIT 2000, Public-Private Policy Partnerships, pp. 199 (212). 41 Presseinformation des Hessischen Ministeriums der Justiz vom 15. 05. 1999.
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Modelle verfassungsrechtlich bewerten sollte. Nunmehr liegt der Abschlußbericht43 vor, der zu dem Ergebnis kam, dass eine behutsame Teilprivatisierung des staatlichen Strafvollzugs nicht nur ein richtiger innovativer Lösungsansatz für die bestehenden Probleme im Strafvollzug darstellt, sondern obendrein auch noch der verantwortungsvollere Weg sei44. Neben dem Bau und Betrieb ganzer Justizvollzugsanstalten können aber auch kleinere Teilbereiche des Strafvollzuges Objekte kooperativer Wahrnehmung von privatem und öffentlichem Sektor werden. Dies betrifft zunächst die sozialen Dienste wie die Suchtbetreuung und die Hilfe zur Wiedereingliederung nach dem Haftende, die Unterstützung der Vollzugsbeamten durch private Sicherheitskräfte, aber auch technische Dienstleistungen i. R. d. Durchführung des derzeit diskutierten elektronisch überwachten Hausarrests45.
II. Justiz Neben dem Strafvollzug bieten sich auch auf den anderen Feldern des Justizbereichs Möglichkeiten zur Einschaltung Privater in bisher durch die Gerichte selbst wahrgenommenen Aufgaben. Dies gilt zuallererst für Teile einiger Verfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit, wie etwa im Grundbuchverfahren. Hier bestehen zum Teil ganz erhebliche Potenziale zur Effizienzsteigerung im Falle einer Wahrnehmung durch private Anbieter46. Darüber hinaus bieten sich überall dort Ansatzpunkte zu einer funktionellen Privatisierung, wo die Justizverwaltung Massengeschäfte, wie die Lohnbuchhaltung, Kassenbuchungen etc., vorzunehmen hat.
42 Der im Dezember 1999 vorgelegte Bericht in Form einer Kurzzusammenfassung der Arbeitsgruppe „Modellprojekte zur Privatisierung im Strafvollzug“ ist im Internet über die Homepage des Hessischen Ministeriums der Justiz abrufbar: www.justiz.hessen.de. 43 Presseinformation des Hessischen Ministeriums der Justiz vom 02. 02. 2000, Nr. 13 / 2000. 44 So zumindest der Vorsitzende Wagner, Privatisierung im Justizvollzug – Ein Konzept für die Zukunft, ZRP 2000, 169 ff. (172); kritisch demgegenüber Kruis, Haftvollzug als Staatsaufgabe, ZRP 2000, 1 ff. (5). 45 Zu diesen Beispielen Hoffmann-Riem, Justizdienstleistungen im kooperativen Staat, JZ 1999, 421 ff. (427 f.). 46 Darauf weist Hoffmann-Riem, Justizdienstleistungen im kooperativen Staat, JZ 1999, 421 ff. (429) hin, der zugleich die Verfahrensprivatisierung durch zunehmende Automatisierung dieser Verfahren hervorhebt.
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III. Vermessungswesen Ein weiteres anschauliches Beispiel für eine kooperative Zusammenarbeit zwischen öffentlicher Hand und privater Wirtschaft stellt das Center for Geoinformation GmbH (kurz: CeGi) in Nordrhein-Westfalen dar47. Im Mittelpunkt dieses Vorhabens steht das Bestreben, den Geoinformationsmarkt zunächst landes- und später auch bundesweit zu aktivieren. Zu diesem Zweck wurde zwischen der Staatskanzlei, dem Innenministerium, der Landesinitiative Media NRW, dem Landesvermessungsamt und einem Softwareunternehmen das GI-Komitee gegründet, dessen zentrale Aktivität der Aufbau und Betrieb eines Kompetenzzentrums durch die CeGi GmbH darstellt48. Dabei handelt es sich angesichts der beteiligten Akteure um eine gesellschaftsrechtliche Form kooperativer Zusammenarbeit zwischen öffentlichem und privatem Sektor. Hauptaufgabe der CeGi GmbH ist es, vorhandene Geoinformationsdaten über ihre ursprüngliche Bedeutung als Hilfsmittel bei der Erfüllung öffentlicher Aufgaben auch als Wirtschaftsgut öffentlich zugänglich zu machen. In diesem Zusammenhang ist die endnutzergerechte Aufarbeitung, also die Veredlung behördlich angelegter Datenbanken, vornehmliche Aufgabe der freien Wirtschaft. Aus diesem Grunde wurde alsbald die Notwendigkeit einer dauerhaften, institutionalisierten Zusammenarbeit zwischen öffentlicher Verwaltung und den freien Unternehmen erkannt. Aber auch dieses Modellprojekt bleibt von Schwierigkeiten im Umgang mit dem geltenden Recht nicht verschont. Dies galt zunächst hinsichtlich des Gebührenrechts bei der Preisgestaltung. Es zeigte sich aber auch, dass die Vermarktung von Daten der Verwaltung diese im Sinne des Haushaltsrechts zu Vermögensgegenständen macht. Was finanzpolitisch zu begrüßen ist, wird so zum haushaltsrechtlichen Problem, wenn dieselben Datensätze öffentlichen Schulen unentgeltlich zu Bildungszwecken zur Verfügung gestellt werden sollen49.
IV. Innere Sicherheit (Police Private Partnership) Ein unter dem Gesichtspunkt des staatlichen Gewaltmonopols umstrittenes Anwendungsfeld von Kooperationsbestrebungen ist gegenwärtig der Bereich der Gefahrenabwehr und der Gefahrenvorsorge50. Nicht erst seit den verheerenden 47 Hierzu Brüggemann / Mortsiefer, in: Ziekow (Hrsg.), Public Private Partnership, 2003, S. 83 ff. 48 Brüggemann, in: Ziekow (Hrsg.), Public Private Partnership, 2003, S. 83 ff. (90). 49 Brüggemann, in: Ziekow (Hrsg.), Public Private Partnership, 2003, S. 83 ff. (94 f.). 50 Eine frühe Auseinandersetzung vor allem mit den verfassungsrechtlichen Vorgaben für die Zulassung privater Gefahrenabwehr findet sich bei Bracher, Gefahrenabwehr durch Private, 1987.
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Anschlägen des 11. September 2001 auf das World Trade Center in New York wächst auch in Europa das Sicherheitsbedürfnis der Bevölkerung. Dies belegen u. a. die steigenden Beschäftigungszahlen im privaten Sicherheitsgewerbe51. Der angespannten Sicherheitslage kann sich auch die Bundesrepublik Deutschland nicht entziehen. Dabei wird die Angst vor terroristischen Anschlägen begleitet von den (scheinbaren) Bedrohungen der sog. Alltagskriminalität. Inwiefern derartige Emotionslagen auf empirische Befunde zurückgeführt werden können, oder ob es sich lediglich um ein medial geprägtes Problem handelt, muss dahingestellt bleiben, denn die Ursachen für das Unsicherheitsgefühl breiter Bevölkerungsschichten sind äußerst vielfältiger Natur52. Die Charakterisierung von Sicherheit und Ordnung als öffentliches Gut entzieht seine Bereitstellung indes der Verantwortung des Marktes und weist diese Aufgabe der Allgemeinheit und insbesondere dem Staat zu. Die Gefahrenabwehr gehört damit zu den klassischen öffentlichen Aufgaben. Neben dem stetig steigenden Einsatz kostenintensiver technischer Mittel sind aber die anfallenden Personalkosten gerade im Bereich der Polizei von erheblicher Bedeutung. Diesbezüglich macht die Finanzkrise der öffentlichen Haushalte auch vor dem Sektor der Gefahrenabwehr bzw. -vorsorge nicht halt. Vor dem beschriebenen sicherheitspolitischen Hintergrund wird daher seit geraumer Zeit auch hier nach Möglichkeiten gesucht, wie private Sicherheitsanbieter in die Bereitstellung von öffentlicher Sicherheit und Ordnung eingebunden werden können53. In Abwandlung des bereits eingeführten Begriffs Public Private Partnership hat sich für diesen Bereich die Bezeichnung Police Private Partnership54 (Sicherheitspartnerschaft55) etabliert. Aus dem Bereich des Straßenverkehrsrechts kommen beispielhaft die Überwachung des fließenden Verkehrs in Form von Geschwindigkeitsüberwachungen56 als auch die Überwachung des ruhenden Verkehrs, insbesondere die Ahn51 Waren im Jahre 1986 noch 38.000 sozialversicherte Personen in dieser Branche beschäftigt, so stieg ihre Zahl bis 1998 auf 118.000. So Peilert, Police Private Partnership, DVBl. 1999, 282 ff. (282). 52 Zur Problematik des ideologisch aufladbaren und instrumentalisierbaren Begriff des „Sicherheitsgefühls“ zu Recht Beste, in: Weiß / Plate (Hrsg.), Privatisierung von polizeilichen Aufgaben, 1996, S. 111 ff. (116 f.). 53 Die andauernde Aktualität derartiger Vorhaben unterstreicht der jährlich stattfindende Hamburger Sicherheitsgewerberechtstag der Forschungsstelle Sicherheitsgewerbe der Universität Hamburg (FORSI), siehe hierzu Müller, Neues Sicherheitsdenken und neue Sicherheitsmärkte, DVBl. 2004, 543 ff. zur 5. derartigen Veranstaltung unter dem Thema Neues Sicherheitsdenken und neue Sicherheitsmärkte. 54 So zum Beispiel Kleespies, Police Private Partnership, 2002 und Peilert, Police Private Partnership, Möglichkeiten für das Zusammenwirken von Sicherheitsbehörden und Sicherheitsgewerbe, DVBl. 1999, 282 ff. 55 So zum Beispiel Pitschas, „Sicherheitspartnerschaften“ der Polizei und Datenschutz, DVBl. 2000, 1805 ff. 56 AG Alsfeld, NJW 1995, 1503; OLG Frankfurt a.M., NZV 1995, 368 = DAR 1995, 335; ferner Radtke, Privatisierung von Geschwindigkeitsüberwachung – Einbruch in das staatliche
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dung von Parkverstößen durch Private in Betracht. Für letzteres sei auf einen Berliner Vorstoß aus dem Bereich der Parkraumbewirtschaftung hingewiesen57. Im Jahre 1994 beschloss der Senat des Landes Berlin die flächendeckende Aufstellung von Parkscheinautomaten gem. § 13 StVO58. In diesem Zusammenhang sollten die Aufgaben der Beschaffung, Unterhaltung, Entfernung sowie der Betrieb von Verkehrszeichen und -einrichtungen an private Unternehmen vergeben werden, soweit dies wirtschaftlicher ist. Letztere sollten zudem durch eigene Beschäftigte die Einhaltung der Verkehrsregelungen überwachen und Verstöße gegebenenfalls zur Ahndung melden59. Mit Urteil des AG Tiergarten vom 24. 04. 1996 wurde dieses Vorhaben indes zu Fall gebracht60. Das Gericht erkannte in der Einschaltung der privaten Parkraumbewirtschaftungsunternehmen den Tatbestand einer Verwaltungshilfe, die nicht im Einklang mit der Bestimmung des Art. 33 IV GG stehe61. Danach hätte es zur Ausübung hoheitlicher Tätigkeit einer Beleihung der betreffenden Unternehmen bedurft. Ungeachtet dieses Fehlschlags hatte die Hamburger Innenbehörde 1997 auf einen Vorschlag aus dem Lager des privaten Sicherheitsgewerbes die Prüfung der rechtlichen Zulässigkeit des sog. Pachtmodells angekündigt62. Nach diesem soll die Sicherheit in Fußgängerzonen dadurch erhöht werden, dass die anliegenden Einzelhändel einzelne Straßenabschnitte pachten und hierdurch ihr Hausrecht in den öffentlichen Raum hinaus ausdehnen. Dies würde es ihnen ermöglichen, in privater Regie gegen Kriminalität, Rüpeleien, Verunreinigungen und andere Auswüchse vorgehen zu können63. Ähnlich institutionalisierte Sicherheitspartnerschaften finden sich zudem in Brandenburg, wo die Polizei mit einer privaten Wachschutzfirma einen „Vertrag zur Erhöhung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung“ geschlossen hat, der vor allem den Informationsfluss bei Öffentlichkeitsfahndungen zum Gegenstand hat64. Auch in Düsseldorf wurde auf der Grundlage einer Vereinbarung vom 02. 06. 1999 eine Partnerschaft zwischen Polizei und Wirtschaft geschlossen. Ihr Motiv ist die Erhöhung der örtlichen Sicherheit bei gleichzeitiger Sicherung der wirtschaftlichen Standortqualität65. Gewaltmonopol?, NZV 1995, 428 ff. und Steiner, Möglichkeiten und Grenzen kommunaler und privater Verkehrsüberwachung, DAR 1996, 272 ff. (274). 57 Dazu Scholz, Verkehrsüberwachung durch Private?, NJW 1997, 14 ff. 58 Beschluss Nr. 5016 / 94 vom 26. 07. 1994. 59 Berliner Abgeordnetenhaus 12 / 4683. 60 AG Tiergarten, NStZ-RR 1996, 277 ff. 61 Zu dieser Problematik unten Teil 6, B. I. 62 Dazu Krölls, Privatisierung der öffentlichen Sicherheit in Fußgängerzonen?, NVwZ 1999, 233 ff. (233). 63 SZ vom 21. 04. 1994; Interview mit Kreke, in: Der Handel 6 / 94, 22 ff. 64 ADN-Meldung in: Der Sicherheitsdienst 1999, H. 4, S. 27; Pitschas, „Sicherheitspartnerschaften“ der Polizei und Datenschutz, DVBl. 2000, 1805 (1807).
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Aber auch der Gesetzgeber ist in diesem Bereich nicht untätig geblieben. So finden sich bereits zahlreiche einfachgesetzliche Normierungen wie: § 1 Abs. 2 UZwGBw, §§ 19b, 20a und 29c LuftVG. Äußerst eingehend wird die Zusammenarbeit zwischen privatem Objektschutz und Polizei aber auch in einem Erlass des BMI vom 08. 04. 198666 betreffend die Sektoren Ausbildung und Einsatz beim Schutz kerntechnischer Anlagen geregelt. Ob der Gesetzgeber damit das seinerseits Notwendige getan hat, um die Praxis der Sicherheitspartnerschaften auf eine gefestigte rechtliche Grundlage zu stellen, darf jedoch bezweifelt werden67.
V. Gesundheitswesen Im Bereich des Gesundheitswesens gibt es ebenfalls ähnliche Ansätze zur Heranziehung privater Initiative zur Erfüllung öffentlicher Aufgaben. So können gem. § 5 Abs. 3 S. 3 des Gesetzes über den öffentlichen Gesundheitsdienstes NW (ÖGDG NW)68 die Kommunen Dritte mit der Wahrnehmung von Aufgaben beauftragen. Neben öffentlich-rechtlichen Dritten wie anderen Verwaltungsträgern oder Zweckverbänden können damit auch private Dritte wie private Gesellschaften in die Verantwortung genommen werden69. Damit ist auch auf diesem Gebiet ein Rückzug des Staates auf eine Position reiner Gewährleistungsverantwortung eröffnet worden.
C. Kommunen Die wohl intensivsten und zahlreichsten Bestrebungen zu kooperativer Beteiligung der privaten Wirtschaft an der Erfüllung öffentlicher Aufgaben finden sich gegenwärtig aber auf der kommunalen Ebene. Dies mag einerseits an der schwierigen Lage der Gemeindehaushalte liegen. Mehr noch als dies ist aber die kommunale Praxis von einem Aufgabenspektrum geprägt, das den Gemeinden als pflichtige Angelegenheit zugewiesen ist. Als unterste Verwaltungsebene fehlt den Kommunen damit vielfach die Möglichkeit, zur materiellen Privatisierung zu grei65 Der Sicherheitsdienst 1999, H. 4, S. 15 f.; auch hierzu speziell unter datenschutzrechtlichen Gesichtspunkten Pitschas, a. a. O., S. 1807 ff. 66 Anforderungen an den Objektsicherungsdienst und an Objektsicherungsbeauftragte in kerntechnischen Anlagen der Sicherheitskategorie I – Bek. des BMI vom 08. 04. 1986 – RS I 7 – 513 143 / 20.1 –, GMBl. 1986 / Nr. 14, S. 244. 67 In dieser Richtung auch Pitschas, Gefahrenabwehr durch private Sicherheitsdienste, DÖV 1997, 393 ff. (401). 68 Gesetz über den öffentlichen Gesundheitsdienst (Art. 3 des Gesetzes zur Stärkung der Leistungsfähigkeit der Kreise, Städte und Gemeinden in Nordrhein-Westfalen v. 25. 11. 1997, GVBl. S. 430). 69 Stollmann, Aufgabenerledigung durch Dritte im öffentlichen Gesundheitsdienst, DÖV 1999, 183 ff. (186).
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fen, um sich so von einer Aufgabe endgültig zu lösen. Damit bleibt, will man sich mit einer – kostenneutralen – bloßen Verlagerung in private Rechtsformen durch Organisationsprivatisierung nicht zufrieden geben, nur der Schritt zu einer funktionalen Privatisierung in Form einer Kooperation mit der privaten Wirtschaft. Soll diese zu einer echten Entlastung der Gemeinde führen, muss diese von den Elementen der Verantwortungs- bzw. Risikoteilung zwischen Kommune und privatem Partner geprägt sein. Aufgrund des geschilderten pflichtigen Charakters vieler kommunaler Aufgaben und der grundsätzlichen Bedeutung der Einbeziehung privater Träger in die Wahrnehmung öffentlicher Aufgaben bedarf es nach den Grundsätzen der Wesentlichkeitslehre einer parlamentarischen Entscheidung im Sinne entsprechender Gesetzesänderungen. In diesem Sinne ist der Bund wiederholt aktiv geworden.
I. Abfallentsorgung Im Bereich des Abfallrechts geschah dies mit dem am 07. 10. 1996 in Kraft getretenen Kreislaufwirtschafts- und Abfallgesetz70, welches das Abfallgesetz von 1986 ablöste. Neben anderen grundsätzlichen Änderungen ist in § 16 KrW- / AbfG die Beauftragung Dritter eingehend geregelt71. Nach h. M. ist die Aufgaben70 Gesetz zur Förderung der Kreislaufwirtschaft und Sicherung der umweltverträglichen Beseitigung von Abfällen (Kreislaufwirtschafts- und Abfallgesetz – KrW- / AbfG) v. 27. 09. 1994, BGBl. I S. 2705. 71 § 16 KrW- / AbfG – Beauftragung Dritter: (1) Die zur Verwertung und Beseitigung Verpflichteten können Dritte mit der Erfüllung ihrer Pflichten beauftragen. Ihre Verantwortlichkeit für die Erfüllung der Pflichten bleibt hiervon unberührt. Die beauftragten Dritten müssen über die erforderliche Zuverlässigkeit verfügen. (2) Die zuständige Behörde kann auf Antrag mit Zustimmung der Entsorgungsträger im Sinne der §§ 15, 17 und 18 deren Pflichten auf einen Dritten ganz oder teilweise übertragen, wenn, 1. der Dritte sach- und fachkundig und zuverlässig ist, 2. die Erfüllung der übertragenen Pflichten sichergestellt ist und 3. keine überwiegenden öffentlichen Interessen entgegenstehen. Die Pflichtübertragung der privaten Entsorgungsträger auf Dritte bedarf der Zustimmung der öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger im Sinne des § 15. (3) Zur Darlegung der Voraussetzungen nach Absatz 2 hat der Dritte insbesondere ein Abfallwirtschaftskonzept vorzulegen. Das Abfallwirtschaftskonzept hat zu enthalten 1. Angaben über Art, Menge und Verbleib der zu verwertenden oder zu beseitigenden Abfälle, 2. Darstellung der getroffenen und geplanten Maßnahmen zur Verwertung oder zur Beseitigung der Abfälle, 3. Darlegung der vorgesehenen Entsorgungswege für die nächsten fünf Jahre einschließlich der Angaben zur notwendigen Standort- und Anlagenplanung sowie ihrer zeitlichen Abfolge, 4. gesonderte Darstellung der unter Nr. 1 genannten Abfälle bei der Verwertung oder Beseitigung außerhalb der Bundesrepublik Deutschland.
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übertragung im Sinne des § 16 Abs. 2 S. 2 mit einer Beleihung des Dritten verbunden72. Im Übrigen stellt sie eine Verantwortungssubstitution dar mit der Folge, dass entsprechend dem im Abfallrecht geltenden Verursacherprinzips diese an den eigentlichen Abfallverursacher zurückfällt, sobald der Dritte sich entgegen interner Absprachen seiner Aufgaben entzieht73. Hauptadressat der betreffenden Regelung ist das Duale System Deutschland. Darüber hinaus existieren aber auch punktuell vielfältige Formen kooperativer Zusammenarbeit. Beispielhaft können hier nur die Kompostieranlage Heinsberg, die Mülheimer Entsorgungsgesellschaft mbH74 (beide in Nordrhein-Westfalen) und die Haus- und Siedlungsmüllentsorgung Greifswald (Mecklenburg-Vorpommern) genannt werden. Im Übrigen muss aber auf das hierzu erschienene Schrifttum verwiesen werden75. Als spezialgesetzlich geregeltes Aufgabengebiet sei zudem noch die Tierkörperbeseitigung genannt. Nach dem TierKBG76 aus dem Jahre 1975 kann die Tierkörperbeseitigung anstelle der Körperschaften des öffentlichen Rechts auch von Dritten durchgeführt werden. Hierfür bietet das TierKBG sowohl nach § 4 Abs. 1 S. 277 die Möglichkeit der formlosen Inanspruchnahme einer ErfüllungsBei der Erstellung des Abfallwirtschaftskonzepts sind die Vorgaben der Abfallwirtschaftsplanung nach § 29 zu berücksichtigen. Das Abfallwirtschaftskonzept ist entsprechend § 19 Abs. 3 zu erstellen und fortzuschreiben. Nach Ablauf eines Jahres nach der Übertragung der Pflichten ist darüber hinaus entsprechend § 20 Abs. 1 eine Abfallbilanz zu erstellen und vorzulegen. (4) Die Übertragung ist zu befristen. Sie kann mit Nebenbestimmungen versehen werden, insbesondere unter Bedingungen erteilt und mit Auflagen oder dem Vorbehalt eines Widerrufs verbunden werden. 72 Hoppe / Beckmann / Kauch, Umweltrecht, 2. A., § 30 Rn. 131. 73 So Frenz, Die Verwirklichung des Verursacherprinzips im Abfallrecht, 1996, S. 85 (87). 74 Hierzu ausführlich Baganz / Ehler, in Ziekow (Hrsg.): Public Private Partnership, 2003, S. 235 ff. 75 Kahl, Die Privatisierung der Entsorgungsordnung nach dem Kreislaufwirtschafts- und Abfallgesetz, DVBl. 1995, 1327 ff.; Kummer / Giesberts, Rechtsfragen der Privatisierung kommunaler Abfallentsorgung und Abwasserbeseitigung, NVwZ 1996, 1166 ff.; Weidemann, Die materielle Privatisierung der Hausmüllentsorgung nach § 16 Abs. 2 des Kreislaufwirtschafts- und Abfallgesetzes, DVBl. 1998, 661 ff.; Rose, Die Vorbehandlung von Abfällen durch Drittbeauftragte nach dem Inkrafttreten des Kreislaufwirtschafts- und Abfallgesetzes, NVwZ 1998, 1130 ff.; kritisch aufgrund der begrenzten Zahl potentieller privater Partner einer gesellschaftsrechtlichen PPP auf dem Gebiet der Abfallentsorgung Schink, Organisationsformen für die kommunale Abfallwirtschaft, VerwArch 85 (1994), 251 ff. (279 f.). 76 Gesetz über die Beseitigung von Tierkörpern, Tierkörperteilen und tierischen Erzeugnissen (Tierkörperbeseitigungsgesetz – TierKBG) vom 02. 09. 1975, BGBl. I S. 2313. 77 § 4 Tierkörperbeseitigungsgesetz: (1) Die nach Landesrecht zuständigen Körperschaften des öffentlichen Rechts haben, soweit in diesem Gesetz die Beseitigung in Tierkörperbeseitigungsanstalten vorgeschrieben ist, die in ihrem Gebiet anfallenden Tierkörper, Tierkörperteile und Erzeugnisse zu beseitigen (Beseitigungspflichtige). Sie können sich zur Erfüllung dieser Pflicht Dritter bedienen. (2) Die zuständige Behörde darf nach Anhörung des Beseitigungspflichtigen dem Inhaber einer Tierkörperbeseitigungsanstalt auf Antrag die Pflicht zur Beseitigung von Tierkörpern, Tierkörperteilen und Erzeugnissen übertragen, wenn
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hilfe durch die beseitigungspflichtige öffentlich-rechtliche Körperschaft, als auch nach § 4 Abs. 2 die Möglichkeit der förmlichen Übertragung der Beseitigungspflicht auf den Inhaber der Tierkörperbeseitigungsanlage78. Im letzteren Falle wird der Private Träger des Beseitigungsmonopols und tritt in die gesetzlich normierten Rechte und Pflichten der öffentlich-rechtlichen Körperschaft ein. Damit handelt es sicht um einen Fall der Beleihung. Da im Fall der förmlichen Übertragung auch das wirtschaftliche Risiko auf den Privaten übergeht79, ergibt sich auch hier angesichts fortbestehender Gewährleistungsverantwortung der öffentlichen Verwaltung80 ein Anwendungsbereich für öffentlich-private Kooperationen.
II. Abwasserentsorgung Auch im Bereich der Abwasserentsorgung wurden Gesetzesänderungen vorgenommen, um den Kommunen den Handlungsspielraum für eine kooperative Aufgabenerfüllung mit der freien Wirtschaft zu geben. Hierfür wurde durch eine 1. keine überwiegenden öffentlichen Interessen entgegenstehen, 2. der Inhaber der Tierkörperbeseitigungsanstalt zuverlässig ist, 3. die auf Grund einer Rechtsverordnung nach § 14 vorgeschriebenen Einrichtungen vorhanden sind und 4. gewährleistet ist, dass die Vorschriften dieses Gesetzes und die auf Grund dieses Gesetzes erlassenen Vorschriften beachtet werden. Die Übertragung kann ganz oder teilweise erfolgen; bei Teilübertragung kann sie mit der Auflage verbunden werden, dass der Inhaber der Tierkörperbeseitigungsanstalt alle in einem Gebiet anfallenden Tierkörper, Tierkörperteile und Erzeugnisse beseitigt, sofern das öffentliche Interesse dies erfordert. Ein Rechtsanspruch auf Übertragung besteht nicht. (3) Der Inhaber einer Tierkörperbeseitigungsanstalt kann vorübergehend durch die zuständige Behörde verpflichtet werden, gegen angemessenes Entgelt, bei dem Aufwand und Ertrag zu berücksichtigen sind, einem anderen Beseitigungspflichtigen die Mitbenutzung der Anstalt, zur Beseitigung von Tierkörpern, Tierkörperteilen und Erzeugnissen, die außerhalb des Einzugsbereiches der Tierkörperbeseitigungsanstalt anfallen, zu gestatten, soweit dies für ihn zumutbar ist und der Beseitigungspflichtige die Tierkörper, Tierkörperteile und Erzeugnisse anders nicht zweckmäßig oder nur mit erheblichen Mehrkosten beseitigen kann. Kommt eine Einigung über das Entgelt nicht zustande, so wird es durch die zuständige Behörde festgesetzt. (4) Soweit und solange dem Inhaber einer Tierkörperbeseitigungsanstalt die Beseitigung nach Absatz 2 übertragen worden ist, ist er Beseitigungspflichtiger im Sinne dieses Gesetzes. Im gleichen Umfange ist der Beseitigungspflichtige nach Absatz 1 Satz 1 von seiner Verpflichtung entbunden. 78 Fertig, Die Aufgabenwahrnehmung in der Tierkörperbeseitigung, DÖV 1994, 99 ff. (101). 79 Fertig, Die Aufgabenwahrnehmung in der Tierkörperbeseitigung, DÖV 1994, 99 ff. (105). 80 Hiervon trotz § 4 Abs. 4 S. 2 TierKBG auszugehen. Soweit dieser von der Entbindung der zuständigen Körperschaft des öffentlichen Rechts von den Pflichten nach Abs. 1 spricht ist damit nur die unmittelbare Erledigungspflicht, nicht aber die subsidiäre Gewährleistungspflicht gemeint.
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Novelle im Jahre 1996 die Vorschrift des § 18a in das WHG81 eingefügt und den Abwasserbeseitigungspflichtigen damit die Möglichkeit eingeräumt, sich bei der Erfüllung ihrer Pflichten Dritter zu bedienen82. Umstritten ist bisweilen, wie die Übertragung gemäß § 18 Abs. 2a WHG dogmatisch zu qualifizieren ist83. Zudem darf das innovative Element der Neuregelungen durchaus bezweifelt werden, handelt es sich doch in erster Linie um eine Bestätigung eines seit langem praktizierten Vollzugs bei der Abwasserbeseitigung84. Dies belegt etwa das Beispiel des Klärwerks Krefeld, welches von der Entsorgungsgesellschaft Krefeld GmbH & Co. KG betrieben wird85. Dabei handelt es sich um einen Zusammenschluss der HST GmbH & Co. KG, bestehend aus den Firmen Philipp Holzmann und Trieneken Entsorgungs GmbH (zusammen 49 %) auf der einen sowie der kommunalen SWK Stadtwerke Krefeld AG (51 %) auf der anderen Seite. Dies stellt eine nahezu klassische gesellschaftsrechtliche Public Private Partnership dar. Darüber hinaus soll auch an dieser Stelle lediglich eine beispielhafte Aufzählung gegenwärtiger Projekte eines kooperativen Zusammenwirkens zwischen öffentlichem und privatem Sektor erfolgen. Zu nen81 Gesetz zur Ordnung des Wasserhaushalts (Wasserhaushaltsgesetz – WHG) vom 27. 07. 1957, BGBl. I S. 1110 und 1386 i. d. F. der Bekanntmachung v. 12. 11. 1996, BGBl. I S. 1695. 82 § 18 a WHG – Pflicht und Pläne zur Abwasserbeseitigung: (1) Abwasser ist so zu beseitigen, dass das Wohl der Allgemeinheit nicht beeinträchtigt wird. Dem Wohl der Allgemeinheit kann auch die Beseitigung von häuslichem Abwasser durch dezentrale Anlage entsprechen. Abwasserbeseitigung im Sinne dieses Gesetzes umfasst das Sammeln, Fortleiten, Behandeln, Einleiten, Versickern, Verregnen und Verrieseln von Abwasser sowie das Entwässern von Klärschlamm in Zusammenhang mit der Abwasserbeseitigung. (2) Die Länder regeln, welche Körperschaften des öffentlichen Rechts zur Abwasserbeseitigung verpflichtet sind und die Voraussetzungen, unter denen anderen die Abwasserbeseitigung obliegt. Weist ein für verbindlich erklärter Plan nach Absatz 3 andere Träger aus, so sind diese zur Abwasserbeseitigung verpflichtet. Die zur Abwasserbeseitigung Verpflichteten können sich zur Erfüllung ihrer Pflichten Dritter bedienen. (2a) Die Länder können regeln, unter welchen Voraussetzungen eine öffentlich-rechtliche Körperschaft ihre Abwasserbeseitigungspflicht auf einen Dritten ganz oder teilweise befristet und widerruflich übertragen kann. Zu diesen Voraussetzungen gehört insbesondere, dass 1. der Dritte fachkundig und zuverlässig sein muss, 2. die Erfüllung der übertragenen Pflichten sicherzustellen ist, 3. der Übertragung keine überwiegenden öffentlichen Interessen entgegenstehen dürfen. (3) weggefallen. 83 Während Stober, in: Tettinger (Hrsg.), Public Private Partnerships, S. 31 einen Fall klassischer Beleihung zu erkennen glaubt, geht Brüning, Der Private bei der Erledigung kommunaler Aufgaben, 1997, S. 153 unter Annahme eines staatlichen Kompetenzverzichts von einem Fall der Verwaltungssubstitution aus. 84 In dieser Richtung auch Hoppe / Beckmann / Kauch, Umweltrecht, 2. A., § 18 Rn. 134, Fn. 234. 85 Hierzu Sievert, Das neue Klärwerk in Krefeld – Private und Kommunale in einem Boot, KPBl. 1993, 434.
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nen sind dabei die Abwasserentsorgung der Hansestadt Rostock und die Kanalisation in der Stadt Schwerte. Daneben wird auch hier auf das einschlägige Schrifttum verwiesen86.
III. Trinkwasser- und Energieversorgung Auch im Bereich der Wasser- und Energieversorgung gibt es Ansatzpunkte zu kooperativer Aufgabenwahrnehmung zwischen öffentlicher Verwaltung und freier Wirtschaft. Von Interesse ist dabei der Fall der Stadtwerke Wiesbaden AG87. Im Jahre 1998, nach der Liberalisierung des deutschen Strommarktes durch das Energiewirtschaftsgesetz88, suchte die Stadt Wiesbaden nach einem privaten Mitgesellschafter für ihre Stadtwerke. Dieser wurde alsbald in der Thüga gefunden, einem mittlerweile über hundert Jahre alten Unternehmen das bundesweit als Minderheitsgesellschafter kommunaler Versorgungsunternehmen agiert. Neben einem Kaufvertrag über den Aktienanteil im Vorfeld der gesellschaftsrechtlichen Anteilsübertragung wurde lediglich noch eine Konsortialvereinbarung geschlossen. Dieses unkomplizierte Vorgehen war möglich, weil nach Ansicht der EU-Kommission das öffentliche Vergaberecht auf rein gesellschaftsrechtliche Vorgänge keine Anwendung findet. Das Beispiel zeigt anschaulich, dass nicht jedes Kooperationsvorhaben von zeitraubenden Verhandlungen und rechtlichen Gutachten und Stellungnahmen begleitet sein muss. Vielmehr ist in einer Vielzahl von Fällen bereits gegenwärtig ein ausreichendes Instrumentarium für eine Aktivierung privaten Engagements vorhanden.
IV. Bauplanungsrecht Umfangreiche Änderungen sind auch im Bereich des Bauplanungsrechts vorgenommen worden89. Zu nennen ist zunächst die Vorschrift des § 4b BauGB90. 86 Dedy, Rechtliche Rahmenbedingungen der Organisation der kommunalen Abwasserbeseitigung in Nordrhein-Westfalen, NWVBl. 1993, 245 ff.; Bauer, Privatisierungsimpulse und Privatisierungspraxis in der Abwasserentsorgung, VerwArch 90 (1999), 561 ff.; Zacharias, Privatisierung der Abwasserbeseitigung, DÖV 2001, 454 ff.; zur Praxis in Sachsen Dierkes, Materielle Privatisierung der Abwasserentsorgung nach sächsischem Wasserrecht, SächsVBl. 1996, 269 ff.; zurückhaltend Schoch, Rechtsfragen der Privatisierung von Abwasserbeseitigung und Abfallentsorgung, DVBl. 1994, 1 ff. (10 ff.). 87 Siehe hierzu Horn / Aplenz / Bleicher, in: Ziekow (Hrsg.), Public Private Partnership, 2003, S. 271 ff. 88 Gesetz über die Elektrizitäts- und Gasversorgung vom 07. 07. 2005 (EnWG 2005), BGBl. I S. 1970 (3621). 89 Gesetz zur Änderung des Baugesetzbuchs und zur Neuregelung des Rechts der Raumordnung (Bau- und Raumordnungsgesetz 1998 – BauROG); dazu eingehend Lüers, Die Änderungen des Baugesetzbuchs durch das Bau- und Raumordnungsgesetz 1998 – BauROG,
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Seit Inkrafttreten der Änderungen im Baugesetzbuch im Zuge des BauROG 1998 besteht damit auch im Bereich der kommunalen Bauleitplanung die Möglichkeit, privates Know-How und Organisationstalent für die Erfüllung öffentlicher Aufgaben fruchtbar zu machen. Dritte i. S. d. Vorschrift können beispielsweise spezialisierte Planungs- und Architekturbüros, Rechtsanwälte oder ganze Projektgesellschaften evtl. unter Beteiligung der Gemeinde sein91. Ausweislich des Wortlauts erhofft sich der Gesetzgeber von der Neuregelung vor allem eine Beschleunigung der zuweilen zeitraubenden und fehleranfälligen Verfahrensschritte der Beteiligung von Bürgern und Trägern öffentlicher Belange sowie der grenzüberschreitenden Unterrichtung weiterer Betroffener. Es soll aber nicht unterschlagen werden, dass es in der Praxis bereits vor 1998 zur Einschaltung Privater im Rahmen des Verfahrens zur Aufstellung von Flächennutzungs- und Bebauungsplänen gekommen war92. Gleichwohl kommt der Gesetzesänderung der Verdienst zu, auch auf diesem Gebiet für Rechtssicherheit gesorgt zu haben, indem eine Verfahrensprivatisierung für grundsätzlich zulässig erklärt wird. Unbeantwortet bleibt indes die Frage nach den Grenzen einer solchen Beteiligung93, ebenso wie die Frage nach der dogmatischen Einordnung der Stellung des Dritten94. Nicht mehr von § 4b BauGB dürfte jedenfalls die verantwortungsbefreiende Übernahme des abschließenden Entscheidungsverfahrens durch den beauftragten Dritten erfasst sein95. ZfBR 1997, 231 ff.; Lüers, Die Bauleitplanung nach dem BauROG, DVBl. 1998, 433 ff. und Erbguth, Bauleitplanung und private Investitionen, VerwArch 89 (1998), 189 ff. 90 § 4b BauGB – Einschaltung eines Dritten: Die Gemeinde kann insbesondere zur Beschleunigung des Bauleitplanverfahrens die Vorbereitung und Durchführung von Verfahrensschritten nach den §§ 3 bis 4a einem Dritten übertragen. 91 Reidt, § 4b BauGB – Die Einschaltung Dritter in die Bauleitplanung, NVwZ 1998, 592 ff. (592 f.). 92 Unter diesem Aspekt wurde die Einfügung des § 4b BauGB von Fickert, Zum novellierten Baugesetzbuch, insbesondere zur Erforderlichkeit der Änderung von Grundsatzvorschriften des § 1 des Baugesetzbuchs aus Sicht der Bauleitplanung, BauR 1997, 947 ff. (949) sogar für überflüssig gehalten. 93 So wirft etwa Reidt, § 4b BauGB – Die Einschaltung Dritter in die Bauleitplanung, NVwZ 1998, 592 ff. (593), im Ergebnis ablehnend, die Frage auf, ob auch der durch den Plan unmittelbar Begünstigte Dritter i. S. d. § 4 b BauGB und so auch an der Durchführung von Verfahrensschritten beteiligt sein kann; ähnlich auch Stüer, Städtebaurecht 1998, DVBl. 1997, 1202 (1206) und Wagner, Bauleitplanverfahren – Änderungen durch die BauGB-Novelle 1998, BauR 1997, 709 ff. (717). 94 Während Lüers, Die Änderungen des Baugesetzbuchs durch das Bau- und Raumordnungsgesetz 1998 – BauROG, ZfBR 1997, 231 ff. (237) sowie Lüers, Die Bauleitplanung nach dem BauROG, DVBl. 1998, 433 ff. (444) aufgrund der bloßen Übertragung von einzelnen Verfahrensschritten ohne abschließende Bewertungskompetenz von einem Fall der Verwaltungshilfe ausgeht, erkennt Reidt, § 4b BauGB – Die Einschaltung Dritter in die Bauleitplanung, NVwZ 1998, 592 ff. (592) einen Fall echter Beleihung, weil der Dritte die ihm übertragen Aufgaben nicht weisungsabhängig, sondern selbständig wahrnehme. 95 Insoweit kritisch gegenüber der Praxis in Brandenburg Remmert, Private Dienstleistungen in staatlichen Verwaltungsverfahren, Hab., 2003, S. 510, These IV lfd. Nr. 16.
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Neben dieser Form der Verfahrensprivatisierung wurden auch die anderen konsensualen Handlungsformen im BauGB durch das BauROG 1998 gestärkt96. Hierfür erhielt die Vorschrift über den städtebaulichen Vertrag, § 6 BauGB-MaßnahmenG97, eine sprachlich straffere Fassung und einen klareren Aufbau98. Der Vorhaben und Erschließungsplan, § 7 BauGB-MaßnahmenG wurde in das System der Bebauungspläne eingegliedert und in seinem Anwendungsgebiet erheblich ausgedehnt99. Aber schon vor Einfügung von städtebaulichem Vertrag und Vorhaben96 Hierzu Lüers, Die Änderungen des Baugesetzbuchs durch das Bau- und Raumordnungsgesetz 1998 – BauROG, ZfBR 1997, 231 ff. (236); Lüers, Die Bauleitplanung nach dem BauROG, DVBl. 1998, 433 ff. (444 f.) sowie Erbguth, Bauleitplanung und private Investitionen, VerwArch 89 (1998), 189 ff. 97 Maßnahmengesetz zum Baugesetzbuch (BauGB-MaßnahmenG) i. d. F. der Bekanntmachung vom 28. 04. 1993 (BGBl. I S. 622), geändert durch Gesetz vom 01. 11. 1996 (BGBl. I S. 1626). 98 § 11 BauGB – Städtebaulicher Vertrag: (1) Die Gemeinde kann städtebauliche Verträge schließen. Gegenstände eines städtebaulichen Vertrags können insbesondere sein: 1. die Vorbereitung oder Durchführung städtebaulicher Maßnahmen durch den Vertragspartner auf eigene Kosten; dazu gehören auch die Neuordnung der Grundstücksverhältnisse, die Bodensanierung und sonstige vorbereitende Maßnahmen, die Ausarbeitung der städtebaulichen Planungen sowie erforderlichenfalls des Umweltberichts; die Verantwortung der Gemeinde für das gesetzlich vorgesehene Planaufstellungsverfahren bleibt unberührt; 2. die Förderung und Sicherung der mit der Bauleitplanung verfolgten Ziele, insbesondere die Grundstücksnutzung, die Durchführung des Ausgleichs im Sinne des § 1 a Abs. 3, die Deckung des Wohnbedarfs von Bevölkerungsgruppen mit besonderen Wohnraumversorgungsproblemen sowie des Wohnbedarfs der ortsansässigen Bevölkerung; 3. die Übernahme von Kosten oder sonstigen Aufwendungen, die der Gemeinde für städtebauliche Maßnahmen entstehen oder entstanden sind und die Voraussetzung oder Folge des geplanten Vorhabens sind; dazu gehört auch die Bereitstellung von Grundstücken. (2) Die vereinbarten Leistungen müssen den gesamten Umständen nach angemessen sein. Die Vereinbarung einer vom Vertragspartner zu erbringenden Leistung ist unzulässig, wenn er auch ohne sie einen Anspruch auf die Gegenleistung hätte. (3) Ein städtebaulicher Vertrag bedarf der Schriftform, soweit nicht durch Rechtsvorschriften eine andere Form vorgeschrieben ist. (4) Die Zulässigkeit anderer städtebaulicher Verträge bleibt unberührt. 99 § 12 BauGB – Vorhaben und Erschließungsplan: (1) Die Gemeinde kann durch einen vorhabenbezogenen Bebauungsplan die Zulässigkeit von Vorhaben bestimmen, wenn der Vorhabenträger auf der Grundlage eines mit der Gemeinde abgestimmten Plans zur Durchführung der Vorhaben und der Erschließungsmaßnahmen (Vorhaben- und Erschließungsplan) bereit und in der Lage ist und sich zur Durchführung innerhalb einer bestimmten Frist und zur Tragung der Planungs- und Erschließungskosten ganz oder teilweise vor dem Beschluss nach § 10 Abs. 1 verpflichtet (Durchführungsvertrag). Für den vorhabenbezogenen Bebauungsplan nach Satz 1 gelten ergänzend die Absätze 2 bis 6. (2) Die Gemeinde hat auf Antrag des Vorhabenträgers über die Einleitung des Bebauungsplanverfahrens nach pflichtgemäßem Ermessen zu entscheiden. (3) Der Vorhaben- und Erschließungsplan wird Bestandteil des vorhabenbezogenen Bebauungsplans. Im Bereich des Vorhaben- und Erschließungsplans ist die Gemeinde bei der
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und Erschließungsplan waren konsensuale Instrumente dem Bauplanungsrecht keineswegs fremd. Anzuführen sind insoweit die Regelungen der §§ 124, 157 und 167 BauGB100. Bestimmung der Zulässigkeit der Vorhaben nicht an die Festsetzungen nach § 9 und nach der auf Grund von § 2 Abs. 5 erlassenen Verordnung gebunden; die §§ 14 bis 28, 39 bis 79, 127 bis 135c sind nicht anzuwenden. Soweit der vorhabenbezogene Bebauungsplan auch im Bereich des Vorhaben- und Erschließungsplans Festsetzungen nach § 9 für öffentliche Zwecke trifft, kann gemäß § 85 Abs. 1 Nr. 1 enteignet werden. (4) Einzelne Flächen außerhalb des Bereichs des Vorhaben- und Erschließungsplans können in den vorhabenbezogenen Bebauungsplan einbezogen werden. (5) Ein Wechsel des Vorhabenträgers bedarf der Zustimmung der Gemeinde. Die Zustimmung darf nur dann verweigert werden, wenn Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass die Durchführung des Vorhaben- und Erschließungsplans innerhalb der Frist nach Absatz 1 gefährdet ist. (6) Wird der Vorhaben- und Erschließungsplan nicht innerhalb der Frist nach Absatz 1 durchgeführt, soll die Gemeinde den Bebauungsplan aufheben. Aus der Aufhebung können Ansprüche des Vorhabenträgers gegen die Gemeinde nicht geltend gemacht werden. Bei der Aufhebung kann das vereinfachte Verfahren nach § 13 angewendet werden. 100 § 124 BauGB – Erschließungsvertrag: (1) Die Gemeinde kann die Erschließung durch Vertrag auf einen Dritten übertragen. (2) Gegenstand des Erschließungsvertrages können nach Bundes- oder nach Landesrecht beitragsfähige sowie nicht beitragsfähige Erschließungsanlagen in einem bestimmten Erschließungsgebiet in der Gemeinde sein. Der Dritte kann sich gegenüber der Gemeinde verpflichten, die Erschließungskosten ganz oder teilweise zu tragen; dies gilt unabhängig davon, ob die Erschließungsanlagen nach Bundes- oder Landesrecht beitragsfähig sind. § 129 Abs. 1 Satz 3 ist nicht anzuwenden. (3) Die vertraglich vereinbarten Leistungen müssen den gesamten Umständen nach angemessen sein und in sachlichem Zusammenhang mit der Erschließung stehen. Hat die Gemeinde einen Bebauungsplan im Sinne des § 30 Abs. 1 erlassen und lehnt sie das zumutbare Angebot eines Dritten ab, die im Bebauungsplan vorgesehene Erschließung vorzunehmen, ist sie verpflichtet, die Erschließung selbst durchzuführen. (4) Der Erschließungsvertrag bedarf der Schriftform, soweit nicht durch Rechtsvorschriften eine andere Form vorgeschrieben ist. § 157 BauGB – Sanierungsvertrag: (1) Die Gemeinde kann sich zur Erfüllung von Aufgaben, die ihr bei der Vorbereitung oder Durchführung der Sanierung obliegen, eines geeigneten Beauftragten bedienen. Sie darf jedoch die Aufgabe, 1. städtebauliche Sanierungsmaßnahmen durchzuführen, die der Gemeinde nach den §§ 146 bis 148 obliegen, 2. Grundstücke oder Rechte an ihnen zur Vorbereitung oder Durchführung der Sanierung im Auftrag der Gemeinde erwerben, 3. der Sanierung dienende Mittel zu bewirtschaften, nur einem Unternehmen übertragen, dem die zuständige Behörde nach § 158 bestätigt hat, dass es die Voraussetzungen für die Übernahme der Aufgaben als Sanierungsträger erfüllt. (2) Die Gemeinde soll die Ausarbeitung der Bauleitpläne und die Aufgaben eines für eigene Rechnung tätigen Sanierungsträgers nicht demselben Unternehmen oder einem rechtlich oder wirtschaftlich von ihm abhängigen Unternehmen übertragen. § 167 BauGB – Erfüllung von Aufgaben für die Gemeinde; Entwicklungsträger: (1) Die Gemeinde kann sich zur Erfüllung von Aufgaben, die ihr bei der Vorbereitung oder Durchführung der städtebaulichen Entwicklungsmaßnahme obliegen, eines geeigneten
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Teil 3: Empirischer Befund öffentlich-privater Beteiligungsformen
Diese und die neuen Vorschriften der §§ 4 b, 11 und 12 BauGB geben der bauplanerisch tätigen Kommune eine Reihe von Möglichkeiten an die Hand, sich bei der Gestaltung der örtlichen Siedlungsstruktur privaten Sachverstands zu bedienen101. Ob diese Form der Beteiligung Privater an der öffentlichen Aufgabe der Bauleitplanung und des Städtebaus die Fehleranfälligkeiten kommunaler Bebauungspläne dauerhaft zu senken vermag, oder ob sich die Beteiligung Privater zu neuen Fehlerquellen entwickelt, bleibt abzuwarten. Die zu beobachtende einseitige Stärkung konsensualer Elemente wirft dabei, wohl zu Recht, auch die Frage auf, welches Maß an Steuerungskraft dem Gesetz im Rechtsstaat zukommen muss102.
V. E-Government Ein weiterer Anwendungsfall für kooperative Zusammenarbeit stellt der Bereich der Bereitstellung von Dienstleistungen und Auskünften der Kommunalverwaltung im Internet, das sog. E-Government, und hier insbesondere das Internetportal hamburg.de dar103. Dieses 1996 in Angriff genommene Projekt soll der Freien und Hansestadt helfen, Interesse an der Metropole als touristisches Zentrum zu wecken und ihren Bürgern die Kontaktaufnahme zu erleichtern. Dabei lagen die Gründe für die Wahl des Betreibermodells auf der Hand. Zum einen überstieg es die Leistungsfähigkeit der Stadt, selbständig für einen Internetauftritt zu sorgen, der dem Selbstverständnis der Stadt gerecht wird und darüber hinaus auch Möglichkeiten zur Vornahme von Transaktionen wie z. B. Zahlungsvorgängen eröffnet. Zum anderen stellt die prominente Adresse einen interessanten Werbefaktor für die ortsansässigen Unternehmen dar, die durch die Kooperation mit der Verwaltung die Chance erhielten, um das Angebot der Verwaltung herum eigene Angebote zu platzieren und so einen Bekanntheitszuwachs zu generieren. Zudem bot das Betreibermodell die Möglichkeit zu strikter Trennung der Verantwortungsbereiche zwischen öffentlichen und privaten Angeboten einerseits und den Inhalten und der Bereithaltung technischer Infrastruktur andererseits. Auf diesem Wege konnten GesellschafBeauftragten, insbesondere eines Entwicklungsträgers, bedienen. § 157 Abs. 1 Satz 2 und § 158 sind entsprechend anzuwenden. (2) Der Entwicklungsträger erfüllt die ihm von der Gemeinde übertragenen Aufgaben in eigenem Namen für Rechnung der Gemeinde als deren Treuhänder. § 159 Abs. 1 Satz 3 und Abs. 2 sowie die §§ 160 und 161 sind entsprechend anzuwenden. (3) Der Entwicklungsträger ist verpflichtet, die Grundstücke des Treuhandvermögens nach Maßgabe des § 169 Abs. 5 bis 8 zu veräußern; er ist dabei an Weisungen der Gemeinde gebunden. 101 Zusammenfassend positiv bewertet auch Lüers, Die Bauleitplanung nach dem BauROG, DVBl. 1998, 433 ff. (445) die am BauGB vorgenommenen Änderungen. 102 So abschließend Erbguth, Bauleitplanung und private Investitionen, VerwArch 89 (1998), 189 ff. (219). 103 Hierzu ausführlich Randl, in: Ziekow (Hrsg.), Public Private Partnership, 2003, S. 117 ff.
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ter gewonnen werden wie etwa die Hamburgische Landesbank, die Hamburger Sparkasse sowie die Kreissparkasse Harburg.
VI. Bildungsbereich Auch im Bildungsbereich sind die Beispiele für Kooperationsversuche zwischen öffentlichem und privatem Sektor breit gestreut. Dabei reicht die Palette möglicher Partnerschaften von Kindertagesstätten über allgemeinbildende und Berufsschulen bis hin zu Fachhochschulen, Universitäten, aber auch Volkshochschulen. Ein bekanntes Vorhaben in diesem Bereich bildet das Schulprojekt der Stadt Monheim, Nordrhein-Westfalen104 als eines von derzeit sieben Pilotprojekten der Landesregierung105. Zusätzlich zu einem nicht ausgeglichenen Haushalt sieht sich die Gemeinde derzeit mit einem enormen Sanierungsbedarf an den Schulen der Stadt finanziell belastet106. Der anstehende Sanierungssaufwand von 25 bis 27 Millionen Euro hätte keinesfalls von der Gemeinde als Trägerin der öffentlichen Schulen allein getragen werden können. Daher wurde im Jahre 2002 in Zusammenarbeit mit dem Land Nordrhein-Westfalen, der WestKC und der Kanzlei Heuking Kühn Lüer Wojtek das erste deutsche PPP-Projekt im Schulbereich ins Leben gerufen. Anders als bei den gesellschaftsrechtlichen Formen der Partnerschaft bringt die Stadt Monheim nicht die vorhandenen Grundstücke in eine neu gegründete Gesellschaft ein. Dem Inhalt des Vertragswerks zwischen der Gemeinde Monheim und dem Sanierungsträger, der Kirchner-Gruppe zufolge bleibt die Stadt vielmehr Eigentümerin der Gebäude. Daneben verpflichtet sich die Kirchner-Gruppe gegen Zahlung eines jährlichen Sanierungsbudgets von bis zu 3 Millionen Euro zur Unterhaltung und Bewirtschaftung der Objekte auf 25 Jahre. Die Überwachung und Kontrolle durch die Stadt wird durch eigens eingerichtete Organe und eine Lenkungsgruppe aus Stadtrat, Verwaltung und Beratern sichergestellt. Dabei liegen auch hier die beiderseitigen Vorteile auf der Hand. So kann der Sanierungsträger aufgrund der mit der langen Laufzeit verbundenen Planungssicherheit die anstehenden Maßnahmen (relativ) eigenverantwortlich konzeptionieren. Andererseits weiß die Gemeinde ihre Einrichtungen auf lange Zeit versorgt und hat die Gewissheit sie nach 25 Jahren in besserem Zustand zurückzuerhalten. Ob sich diese angestrebten Vorteile in der Praxis auch so einstellen, bleibt jedoch abzuwarten.
104 „Eine Chance für die Bauwirtschaft, Das Finanzministerium in Düsseldorf setzt auf privates Kapital und Know-How / Das Monheim-Projekt“, FAZ vom 14. 05. 2004. 105 Verwiesen sei auf die Homepage www.ppp-nrw.de. 106 Der Grund hierfür liegt in einer grenzwertigen PCB-Belastung der betreffenden Gebäude.
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Teil 3: Empirischer Befund öffentlich-privater Beteiligungsformen
VII. Kultur- und Sportförderung Zu guter Letzt sei noch darauf verwiesen, dass sich auch im Bereich der Kulturund Sportförderung den Kommunen zahlreiche Wege zu einem Mehr an kooperativen Elementen eröffnen. Dies gilt vor allem für besonders kostenintensive Arbeiten an Hochbauten, wie der grundlegenden Renovierung des Olympiastadions in Berlin107. Das Stadion war aufgrund des schlechten Zustands des Betons in erheblichem Maße sanierungsbedürftig. Da sich aber ein Abriss der bedeutendsten deutschen Sportstätte schon aus denkmalschutzrechtlichen Gründen verbot, wurde eine behutsame Sanierung notwendig. In deren Rahmen wird der gesamte Unterring zu demontieren und der Einbau neuer Fertigteile sowie eine Sanierung des Oberrings bei Erhalt aller Natursteine erforderlich sein. Um dieses komplexe Vorhaben in die Realität umzusetzen, schlossen sich das Land Berlin, der Sportverein Hertha BSC als zukünftiger Hauptnutzer sowie die WALTER BAU AG zu einer Betriebs GmbH zusammen, die über eine Zwischengesellschaft mit der WALTER BAU AG und dem Land Berlin die baulichen Maßnahmen durchführte. Dem ganzen Projekt lag wie bei nahezu allen Vorhaben im Hochbaubereich ein recht komplexes Vertragswerk zugrunde, das über die Einbeziehung der Amsterdam ArenA, einer vorbildlich arbeitenden Stadionbetreiberin, mit zwei Beraterverträgen zudem einen internationalen Anstrich erfährt.
D. Fazit Ansätze für eine Aktivierung privaten Engagements lassen sich in nahezu allen Bereichen öffentlicher Aufgaben finden108. Dies gilt vor allem in den so genannten Querschnittsbereichen der öffentlichen Verwaltung. Als lukrativ sowohl für die kommunale Verwaltung als auch für die Privatwirtschaft könnte sich zum Beispiel der Bereich des Immobilienmanagements erweisen. Die Gebäudebewirtschaftung ist seit jeher ein Betätigungsfeld privater, gewinnorientierter Unternehmen. Durch das Outsourcing der in diesem Bereich anfallenden Aufgaben auf externe Leistungsträger könnte sich in der kommunalen Gebäudebewirtschaftung möglicherweise eine Effizienzerhöhung erreichen lassen, die sich für beide Beteiligten als „Win-win-Situation“ herausstellt109. 107 Hierzu ausführlich Schönwasser / Neubauer, in: Ziekow (Hrsg.), Public Private Partnership, 2003, S. 287 ff. 108 Das belegen beeindruckend die Aufzählungen bei Wolff / Bachof / Stober, Verwaltungsrecht III, 5. Auflage, 2004, § 92 II 2, Rn. 9 ff., S. 614 ff. und im Prozessleitfaden PPP der Initiative D21, S. 29 ff., abrufbar unter www.initiatived21.de / themen / egovernment-pppleitfaden /. 109 Darauf weist Kruse, Public Private Partnership in der kommunalen Gebäudewirtschaft, 2001, S. 175 hin.
D. Fazit
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Wie diese kurze Darstellung gezeigt hat, sind die Bestrebungen zur Beteiligung Privater äußerst vielfältiger Natur. Modellprojekte im Sinne strategischer Partnerschaften sind gegenwärtig auf allen Ebenen anzutreffen. Um den Rahmen der vorliegenden Arbeit nicht zu überdehnen, soll eine Beschränkung auf den Bereich des Bundes und der Länder erfolgen. Die bei ihnen liegenden Gesetzgebungskompetenzen geben der Einführung kooperativer Elemente bei der Wahrnehmung öffentlicher Aufgaben auch im Bezug auf die Rechtsentwicklung erhöhte Intensität. Was den kommunalen Wirkbereich in diesem Zusammenhang angeht, sei an dieser Stelle auf die bereits zahlreich erschienenen Monographien verwiesen110.
110 Vgl. statt vieler: Fettig / Späth, Privatisierung kommunaler Aufgaben, 1997; Grabbe, Verfassungsrechtliche Grenzen der Privatisierung kommunaler Aufgaben, 1979; Hellermann, Örtliche Daseinsvorsorge und gemeindliche Selbstverwaltung, Hab. 2000; Ipsen (Hrsg.), Privatisierung öffentlicher Aufgaben, Private Finanzierung kommunaler Investitionen, 1994; Libbe / Tomerius / Trapp (Hrsg.), Liberalisierung und Privatisierung öffentlicher Aufgabenbereiche in Kommunen, 2002.
Teil 4
Die Privatisierungsarten A. Formen der Privatisierung I. Die Systematik der Privatisierungsformen Nachdem der gegenwärtige Stand der Kooperationsverhältnisse empirisch in groben Zügen nachgezeichnet wurde, sollen an dieser Stelle die dogmatischen Grundlagen der weiteren Untersuchung im Mittelpunkt stehen. Von besonderem Interesse ist dabei die Kennzeichnung und Einordnung der vorgenannten Formen der Zusammenarbeit zwischen öffentlicher und privater Hand in die Dogmatik der Privatisierungsarten. Bei diesen wird – soweit gegenwärtig erkennbar – zwischen der Vermögensprivatisierung, der Organisationsprivatisierung oder formellen Privatisierung, der Aufgabenprivatisierung oder materiellen Privatisierung sowie der Vollzugsprivatisierung oder funktionellen Privatisierung unterschieden. Daneben beherrschen noch andere Begriffe wie etwa Outsourcing, Contracting out, Finanzierungs-, Verfahrens- sowie Teil- und Vollprivatisierung die aktuelle Debatte. Auch sie sollen zunächst ihrer Struktur nach umrissen, und sodann in eine Systematisierung einbezogen werden. Dabei lässt sich der Privatisierungsvorgang als solcher objektbezogen, (Was wird privatisiert?) als auch subjektsbezogen (Wer ist am Privatisierungsprozess beteiligt?) betrachten1.
1. Objektbezogene Systematisierung a) Aufgabenprivatisierung / materielle Privatisierung Die reinste aller Privatisierungsformen ist wohl die der sog. Aufgabenprivatisierung, auch materielle Privatisierung genannt. Sie ist zugleich die stärkste und weitreichendste Ausprägung der objektbezogenen Privatisierungen und steht daher hier zu Recht im Vordergrund2. Dieser differenzierende Ansatz geht auf Kämmerer, Privatisierung 2001, S. 36 ff. zurück. Mayen, Privatisierung öffentlicher Aufgaben: Rechtliche Grenzen und rechtliche Möglichkeiten, DÖV 2001, 110 ff. (111) spricht gar von einer Radikallösung. 1 2
A. Formen der Privatisierung
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Die materielle Privatisierung berührt das Außenverhältnis zwischen Staat und Bürger3, weil bei ihr die Aufgabe als solche privatisiert4 und dem freien Spiel der Kräfte des Marktes und damit der Gesellschaft zur Erfüllung überantwortet wird. Damit trägt die materielle Privatisierung unmittelbar zur Staatsentlastung bei5. Aufgaben, die bisher in staatlicher Regie und Verantwortung wahrgenommen wurden, werden in vollem Umfang unter Aufgabe staatlicher Erfüllungsverantwortlichkeit auf Private übertragen6. Bislang von der öffentlichen Hand produzierte Güter und angebotene Dienstleistungen werden fortan von privaten Wirtschaftssubjekten hergestellt bzw. dargeboten7. Entscheidend ist, dass es zu einem Wechsel des Verantwortungsträgers kommt. Es findet eine tatsächliche Verlagerung der Aufgabenwahrnehmung vom öffentlichen in den privaten Sektor statt8, wodurch zugleich der Bestand öffentlicher Aufgaben reduziert wird9. Daher wird die materielle Privatisierung z. T. in ihren Wirkungen einem Aufgabenverzicht gleichgestellt 10. Heftig umstritten ist dabei die Reichweite der verfassungsrechtlichen Vorgaben und Determinanten einer derart weitgehenden Privatisierung. Im Mittelpunkt der rechtlichen Auseinandersetzungen steht die Frage nach der Existenz und der Her3 Brüning, Der Verwaltungsmittler – eine neue Figur bei der Privatisierung kommunaler Aufgaben, NWVBl. 1997, 286 ff. (287); Görgmeier, Möglichkeiten und Grenzen der Entstaatlichung öffentlicher Aufgaben, DÖV 1977, 356 ff. (358). 4 Brüggen, Das Privatisierungskonzept der sächsischen Staatsregierung, Finanzwirtschaft 1994, 57 ff. (58); König, Die Privatisierung im Landesorganisationsrecht, DÖV 1999, 322 ff. (324); Lecheler, Privatisierung von Verwaltungsaufgaben, BayVBl. 1994, 555 ff. (559); Weiss, Privatisierung und Staatsaufgaben, S. 30 f.; Witte, Privatisierung städtischer Aufgaben, Der Städtetag 1994, 524 ff. (525). 5 Schuppert, Die Privatisierungsdiskussion in der deutschen Staatsrechtslehre, Staatswissenschaften und Staatspraxis 5 (1994), 541 ff. (543); Schoch, Privatisierung von Verwaltungsaufgaben, DVBl. 1994, 962 ff. (963). 6 Müller, Rechtsformenwahl bei der Erfüllung öffentlicher Aufgaben (Institutional choice), 1993, S. 111; Gusy, in: Gusy (Hrsg.), Privatisierung von Staatsaufgaben, 1998, S. 338. 7 Erbguth, Die Zulässigkeit der funktionalen Privatisierung im Genehmigungsrecht, UPR 1995, 369 ff. (370). 8 Benz, Privatisierung und Deregulierung – Abbau von Staatsaufgaben?, Die Verwaltung 28 (1995), 337 ff. (346); Schoch, DVBl. 1994, 962 ff. (962 f.); Schuppert, Die öffentliche Verwaltung im Kooperationsspektrum staatlicher und privater Aufgabenerfüllung: Zum Denken in Verantwortungsstufen, Die Verwaltung 31 (1998), 415 ff. (416); Schuppert, Rückzug des Staates?, DÖV 1995, 761 ff. (766); P. Stelkens / Schmitz, in: Stelkens / Bonk / Sachs (Hrsg.), VwVfG, § 1 Rn. 109; Sterzel, in: Blanke / Trümner (Hrsg.), Handbuch der Privatisierung, 1998, S. 137 Rn. 164; Weiss, Privatisierung und Staatsaufgaben, S. 29 f. 9 Brüning, Der Verwaltungsmittler – eine neue Figur bei der Privatisierung kommunaler Aufgaben, NWVBl. 1997, 286 ff. (287); Hofmann, Privatisierung kommunaler Verwaltungsaufgaben, VBlBW 1994, 121 ff. (122); König, Die Privatisierung im Landesorganisationsrecht, DÖV 1999, 322 ff. (324). 10 Bull, Allgemeines Verwaltungsrecht, § 1, Rn. 39; Dreher, Public Private Partnerships und Kartellvergaberecht – Gemischtwirtschaftliche Gesellschaften, Interne Vergabe, Betreibermodell und Beleihung Privater, NZBau 2002, 245 ff. (246).
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Teil 4: Die Privatisierungsarten
leitung sog. originärer Staatsaufgaben11 bzw. ihrer Unterscheidung in nicht privatisierbare notwendige Staatsaufgaben und privatisierbare fakultative Staatsaufgaben12. Ihren Charakter als öffentliche Aufgabe verliert sie aufgrund einer materiellen Privatisierung jedenfalls nicht13, denn der Privatisierungsvorgang konnte als politisch initiierter, vor allem aber rechtlich determinierter Übergang von Aufgabenverantwortung vom Staat auf den gesellschaftlichen Sektor beschrieben werden. Dies verändert zweifelsohne den Charakter einer Materie bzgl. ihrer Eigenschaft als Staatsaufgabe, nicht aber das ihr zugrunde liegende öffentliche Interesse14. Ein recht früher Fall von Aufgabenprivatisierung war die Übernahme der Lebensmittelkartenausgabe durch die Einzelhändler in der Nachkriegszeit. Die Ausgabe der Lebensmittelkarten wurde zunächst durch staatliche Stellen organisiert und durchgeführt. Mit der Auslagerung dieser Aufgabe auf den Einzelhandel hatte die Staatsaufgabe der Lebensmittelversorgung zwar ihren hoheitlichen Charakter, nicht aber ihre Bedeutung für die Allgemeinheit verloren. Sie wurde fortan als öffentliche Aufgabe in Verantwortung Privater erledigt15. In letzter Zeit sind als Beispiele bedeutender materieller Privatisierung die Umstrukturierungen in den Infrastrukturbereichen Post und Telekommunikation16 – aber auch der Verkauf der Bundesdruckerei17 hinzugetreten. Gegenwärtig ist die Aufgabenprivatisierung vor allem bei denjenigen Tätigkeiten verbreitet, bei denen ein hinreichender Wettbewerb auf dem freien Markt bereits besteht und eine Leistungsbeschreibung einfach erstellt werden kann18. 11 Allgemein zum Aufgabenbegriff Di Fabio, Privatisierung und Staatsvorbehalt, JZ 1999, 585 ff. 12 Bonk, Rechtliche Rahmenbedingungen einer Privatisierung im Strafvollzug, JZ 2000, 435 ff. (437). 13 Davon gehen zumindest Brüning, Der Verwaltungsmittler – eine neue Figur bei der Privatisierung kommunaler Aufgaben, NWVBl. 1997, 286 ff. (287) und Burgi, in: Erichsen (Hrsg.), Allgemeines Verwaltungsrecht, § 54 III 4 Rn. 35 aus; ablehnend Di Fabio, Privatisierung und Staatsvorbehalt, JZ 1999, 585 ff. (588), der in der Aufgabenprivatisierung die Rückgabe einer ehemals öffentlichen Aufgabe an die gesellschaftliche Sphäre sieht. 14 Als Beispiel mögen etwa die umfassenden Privatisierungen von Bahn und Post in den 1990iger Jahren dienen. Handelt es sich bei den Nachfolgeunternehmen auch nicht mehr um Staatsunternehmen, so erfüllen sie mit der Bereitstellung von Fernverkehrsinfrastruktur sowie Bahn- und Postdienstleistungen einen Dienst an der Allgemeinheit, als die moderne Gesellschaft auf solche Dienste in erheblichen Umfang angewiesen ist. Das öffentliche Interesse kommt in diesen Bereichen der privaten Erfüllung öffentlicher Aufgaben v. a. in dem umfangreich ergangenen Regulierungsrecht zum Ausdruck. 15 Zu diesem Beispiel s. Burgi, in: Erichsen (Hrsg.), Allgemeines Verwaltungsrecht, § 54 III 4 Rn. 35. 16 Burgi, in: Erichsen (Hrsg.), Allgemeines Verwaltungsrecht, § 54 III 4 Rn. 36. 17 Dreher, Public Private Partnerships und Kartellvergaberecht – Gemischtwirtschaftliche Gesellschaften, Interne Vergabe, Betreibermodell und Beleihung Privater, NZBau 2002, 245 ff. (245). 18 Benz, Privatisierung und Deregulierung – Abbau von Staatsaufgaben?, Die Verwaltung 28 (1995), 337 ff. (347).
A. Formen der Privatisierung
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Grundsätzlich kann eine materielle Privatisierung von staatlicher Regulierung begleitet werden. Dies ist besonders häufig dann der Fall, wenn zunächst durch eine Organisationsprivatisierung19 ein anfängliches Staatsmonopol in privatrechtliche Rechtsformen überführt wird. Dann stellt die formelle Privatisierung einen notwendigen ersten Schritt dar, um zunächst einen Markt für die betreffenden Dienstleistungen und Güter zu schaffen20. Wird dieser in einem zweiten Schritt liberalisiert, so ist zum Aufbau eines wirksamen Wettbewerbs und zur Sicherung von Marktzutrittschancen eine vorübergehende Regulierung zwingend erforderlich. Anderenfalls bestünde die Gefahr, dass sich das anfängliche Monopol auf dem freien Markt fortsetzt. Je nach dem, ob zu dem Mittel der „regulierten Deregulierung“ gegriffen wird oder nicht, wird vereinzelt weiter zwischen echter und unechter Aufgabenprivatisierung unterschieden21. Dabei zeichnet sich letztere durch eine rechtlich definierte Garantenstellung des Staates bzgl. der tatsächlichen Erfüllung der öffentlichen Aufgabe aus22. Als Fazit kann damit festgehalten werden, dass mit einer Aufgabenprivatisierung notwendigerweise ein Verantwortungsverlust auf der Seite des Staates einhergeht. Der Bestand hoheitlicher Aufgaben wird damit reduziert, was sich regelmäßig auch aus gesamtwirtschaftlicher Sicht in einer Verringerung der Staatsquote ausdrückt. b) Vermögensprivatisierung Neben der Privatisierung von Aufgaben ist aber auch die Privatisierung von staatlichen Anlagen, Grundstücken etc. – kurz: staatlichem Vermögen – denkbar. Mit der Vermögensprivatisierung wird die einfachste und rechtlich unproblematischste23 Form der Privatisierung angesprochen. Sie ist Privatisierung im substantiellen Sinne24. Sie liegt vor, wenn sich die öffentliche Hand von Vermögensgegenständen trennt, die sie zur Erfüllung ihrer Aufgaben nicht mehr benötigt. Dabei tritt sie gleich einem privaten Anbieter auf dem freien Markt auf25 und wird damit erHierzu unten Teil 4, A. I. 2. a). Brüggen, Das Privatisierungskonzept der sächsischen Staatsregierung, Finanzwirtschaft 1994, 57 ff. (59). 21 So bei Krölls, Rechtliche Grenzen der Privatisierungspolitik, GewArch 1995, 129 ff. (131). 22 Sterzel, in: Blanke / Trümner (Hrsg.), Handbuch der Privatisierung, 1998, S. 138 Rn. 165. 23 Di Fabio, Privatisierung und Staatsvorbehalt, JZ 1999, 585 ff. (585); in diesem Sinne auch Kämmerer, Privatisierung – Typologie, Determinanten, Rechtspraxis, Folgen, 2001, S. 39; P. Stelkens / Schmitz, in: Stelkens / Bonk / Sachs (Hrsg.), VwVfG, § 1 Rn. 113; Sterzel, in: Blanke / Trümner (Hrsg.), Handbuch der Privatisierung, 1998, S. 135 Rn. 162. 24 Weiss, Privatisierung und Staatsaufgaben, S. 35 f. sieht in ihr eine Spielart der materiellen Privatisierung. 25 Erbguth, Die Zulässigkeit der funktionalen Privatisierung im Genehmigungsrecht, UPR 1995, 369 ff. (370) und Gusy, in: Gusy (Hrsg.), Privatisierung von Staatsaufgaben, 1998, 19 20
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Teil 4: Die Privatisierungsarten
werbswirtschaftlich tätig26. Die Vermögensprivatisierung besteht somit in einer privatrechtlichen Übertragung des Eigentums von der öffentlichen Hand auf private Rechtssubjekte27. Plastisch wird in diesem Zusammenhang häufig von dem „Verkauf von Tafelsilber“28 gesprochen, weil derartige Vorgänge zwar zu einer kurzfristigen Verbesserung der Einnahmesituation führen, aber langfristig nichts an der desolaten Lage der öffentlichen Haushalte ändern29. Bezugsobjekte von Vermögensprivatisierungen sind in erster Linie Liegenschaften und staatliche Beteiligungen an Unternehmen als besonders werthaltige Anlageformen. Vermögensprivatisierungen erfolgen vor allem, wenn ein unmittelbarer Zusammenhang zwischen der Wahrnehmung staatlicher Aufgaben und betreffendem Vermögensgegenstand nicht mehr erkennbar ist30. Als Rechtmäßigkeitsvoraussetzungen statuieren z. B. die §§ 63, 64 BHO und die §§ 63, 64 LHO Bbg daher dreierlei: in absehbarer Zeit keinen Bedarf des Gegenstands für die Erfüllung öffentlicher Aufgaben, die Vereinbarung einer angemessenen Vergütung und das Vorliegen einer Einwilligung bzw. Zustimmung durch das jeweils zuständige Gremium. Diese – recht geringen – rechtlichen Anforderungen an eine Vermögensprivatisierung sind letztlich darauf zurückzuführen, dass bei dieser Form der Privatisierung der Bestand öffentlicher Aufgaben unangetastet bleibt31. S. 330 (338) bezeichnen ein derartiges Verhalten zu Unrecht als einen Fall materieller Privatisierung und übersehen dabei die notwendige Unterscheidung zwischen wahrgenommener Aufgabe und hierfür erforderlichen Mitteln. 26 Ein solcher Vorgang ist nach der oben vertretenen Klassifizierung staatlichen Handelns als staatliche Aufgabe, nicht aber als Staatsaufgabe zu qualifizieren, weil der äußerliche Veräußerungsvorgang ambivalent ist und genau so gut auch von Privaten durchgeführt wird bzw. werden könnte. Jedenfalls liegt der Vermögensprivatisierung zumindest vordergründig kein gesondertes öffentliches Interesse zugrunde, was die vorherige negative Prognose des weiteren Bedarfs für öffentliche Aufgaben deutlich unterstreicht. Der temporäre Effekt der Haushaltskonsolidierung stellt sich nur mittelbar ein. 27 Bonk, Rechtliche Rahmenbedingungen einer Privatisierung im Strafvollzug, JZ 2000, 435 ff. (436); Kämmerer, Privatisierung – Typologie, Determinanten, Rechtspraxis, Folgen, 2001, S. 39; Schuppert; Die Privatisierungsdiskussion in der deutschen Staatsrechtslehre, Staatswissenschaften und Staatspraxis 5 (1994), 541 ff. (543); Schoch, Privatisierung von Verwaltungsaufgaben, DVBl. 1994, 962 ff. (962); Schuppert, Die öffentliche Verwaltung im Kooperationsspektrum staatlicher und privater Aufgabenerfüllung: Zum Denken in Verantwortungsstufen, Die Verwaltung 31 (1998), 415 ff. (416); Schuppert, Rückzug des Staates?, DÖV 1995, 761 ff. (766); Weiss, Privatisierung und Staatsaufgaben, S. 35 f. 28 Schuppert, Die öffentliche Verwaltung im Kooperationsspektrum staatlicher und privater Aufgabenerfüllung: Zum Denken in Verantwortungsstufen, Die Verwaltung 31 (1998), 415 ff. (416) führt dies auf die britische Redewendung „selling the family silver“ zurück. 29 Deutscher Städtetag, Chancen und Grenzen der Privatisierung – 25 Thesen, Der Städtetag 1995, 317 ff., 2. These. 30 Benz, Privatisierung und Deregulierung – Abbau von Staatsaufgaben?, Die Verwaltung 28 (1995), 337 ff. (347). 31 Di Fabio, Privatisierung und Staatsvorbehalt, JZ 1999, 585 ff. (585); Sterzel, in: Blanke / Trümner (Hrsg.), Handbuch der Privatisierung, 1998, S. 135 Rn. 162; Hofmann, Privatisierung kommunaler Verwaltungsaufgaben, VBlBW 1994, 121 ff. (122).
A. Formen der Privatisierung
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Neben der Veräußerung von Vermögensgegenständen an private Rechtssubjekte soll aber auch der Fall einer Anmietung bzw. des Leasings von Vermögensgegenständen von Privaten eine Form der Vermögensprivatisierung sein32. Dies wird man bejahen müssen, denn zunehmend kommt es im Anschluss an einen Veräußerungsvorgang zu einer Einräumung des Benutzungsrechts zugunsten der öffentlichen Verwaltung an dem betreffenden Gegenstand. Hierfür ist der Begriff sale-and-lease-back-Verfahren gebräuchlich33. Dabei darf dieser letzte Schritt aber nicht ohne den Veräußerungsakt gesehen werden, will man überhaupt von einer Privatisierung, also dem Übergang vom Staat an einen Privaten, sprechen. Bei der bloßen Anmietung privat geplanter und errichteter Gebäude kann zumindest von einer Vermögensprivatisierung keine Rede sein, denn es fehlt jeglicher Eigentumsübergang. Ein solcher Vorgang erschöpft sich in einem vergaberechtlichen Vorgang. Abschließend ist festzuhalten, dass die Vermögensprivatisierung voraussetzt, dass das Bezugsobjekt in absehbarer Zeit nicht mehr für die Erfüllung hoheitlicher Aufgaben benötigt wird. Weder der Bestand der Staatsaufgaben wird somit berührt, noch wird die Staatsquote dauerhaft gesenkt.
2. Subjektbezogene Systematisierung a) Organisationsprivatisierung / formelle Privatisierung Die Organisationsprivatisierung – auch bezeichnet als formelle bzw. formale Privatisierung34 – stellt demgegenüber eine, wenn auch schwache, so doch langfristig ausgerichtete Form der Privatisierung dar. Bei ihr besteht der Privatisierungsvorgang in einem Wechsel der Rechtsform, in der die betreffende Aufgabe wahrgenommen wird35. Privatisiert wird nicht die Aufgabe als solche, sondern nur die Organisation und das Verfahren ihrer Erledigung36. Sie ist eine subjektsbezo32 Bonk, Rechtliche Rahmenbedingungen einer Privatisierung im Strafvollzug, JZ 2000, 435 ff. (436). 33 Insofern war umstritten, inwiefern § 63 Abs. 2 BHO a.F. dem Sale-and-lease-back von Vermögensgegenständen entgegensteht, die noch zur Erfüllung der Aufgaben des Bundes benötigt werden. Abhilfe hat hier Art. 4 Nr. 2 des ÖPP-Beschleunigungsgesetzes vom 01. 09. 2005 (BGBl. I S. 2676) insoweit geschaffen, als nunmehr unbewegliche Vermögensgegenstände, die zur Erfüllung der Aufgaben des Bundes weiterhin benötigt werden, zur langfristigen Eigennutzung veräußert werden dürfen, wenn auf diese Weise die Aufgaben des Bundes nachweislich wirtschaftlicher erfüllt werden können (§ 63 Abs. 2 S. 2 BHO n.F.). 34 Benz, Privatisierung und Deregulierung – Abbau von Staatsaufgaben?, Die Verwaltung 28 (1995), 337 ff. (346). 35 Brüning, Der Verwaltungsmittler – eine neue Figur bei der Privatisierung kommunaler Aufgaben, NWVBl. 1997, 286 ff. (288); Burgi, in: Erichsen (Hrsg.), Allgemeines Verwaltungsrecht, § 54 III 2 Rn. 11; Krölls, Rechtliche Grenzen der Privatisierungspolitik, GewArch 1995, 129 (131); Schuppert, Rückzug des Staates?, DÖV 1995, 761 ff. (766). 36 Brüggen, Das Privatisierungskonzept der sächsischen Staatsregierung, Finanzwirtschaft 1994, 57 ff. (58); Di Fabio, Privatisierung und Staatsvorbehalt, JZ 1999, 585 ff. (588); Pro-
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Teil 4: Die Privatisierungsarten
gene Form der Privatisierung, weil sie sich dadurch von anderen Privatisierungsarten unterscheidet, als dass neben dem Staat keine weiteren bestehenden Rechtsträger beteiligt sind. Der Staat bedient sich bei der Erfüllung seiner Staatsaufgaben nach formeller Privatisierung privatrechtlicher Rechtsformen wie der GmbH, AG oder anderer rechtlich verselbständigter Rechtsformen37. Einzelne bislang behördlich wahrgenommene Aufgaben werden auf Eigengesellschaften der öffentlichen Hand, oder von ihr beherrschte juristische Personen des Privatrechts übertragen38. Diese letztere Form der Beteiligung an privatrechtlichen Gesellschaften ist häufig anzutreffen39. Hierbei handelt es sich um Unternehmungen, zu denen die öffentliche Hand eine auf Dauer angelegte mitgliedschaftliche Beziehung eingeht40. Zu unterscheiden ist diese Organisationsprivatisierung i. e. S. von der Organisationsprivatisierung i. w. S. Letztere bezieht sich nicht auf die Organisationsform, sondern auf die Tätigkeit der einzelnen Akteure41. Sie wird daher auch Verfahrensprivatisierung genannt und soll an späterer Stelle behandelt werden42. Kennzeichnend für die Organisationsprivatisierung i. e. S. ist, dass sich an der Identität des Aufgabenzessleitfaden Public Private Partnership, 2003, lfd. Nr. 1.4.8.1.; Hofmann, Privatisierung kommunaler Verwaltungsaufgaben, VBlBW 1994, 121 ff. (122); König, Die Privatisierung im Landesorganisationsrecht, DÖV 1999, 322 ff. (323); Krölls, Rechtliche Grenzen der Privatisierungspolitik, GewArch 1995, 129 ff. (130); Lecheler, Privatisierung von Verwaltungsaufgaben, BayVBl. 1994, 555 ff. (559); Mayen, Privatisierung öffentlicher Aufgaben: Rechtliche Grenzen und rechtliche Möglichkeiten, DÖV 2001, 110 ff. (111); Schoch, Privatisierung von Verwaltungsaufgaben, DVBl. 1994, 962 ff. (962); Sterzel, in: Blanke / Trüm-ner (Hrsg.), Handbuch der Privatisierung, 1998, S. 136 Rn. 163; Weiss, Privatisierung und Staatsaufgaben, S. 29 f.; Witte, Privatisierung städtischer Aufgaben, Der Städtetag 1994, 524 ff. (525). 37 Bonk, Rechtliche Rahmenbedingungen einer Privatisierung im Strafvollzug, JZ 2000, 435 ff. (436); Bull, Allgemeines Verwaltungsrecht, § 1 Rn. 39; Di Fabio, Privatisierung und Staatsvorbehalt, JZ 1999, 585 ff. (588); Schuppert, Staatswissenschaften und Staatspraxis 5 (1994), 541 (543); Schmidt, Der Übergang öffentlicher Aufgabenerfüllung in private Rechtsformen, ZGR 25 (1996), 345 ff. (347); P. Stelkens / Schmitz, in: Stelkens / Bonk / Sachs (Hrsg.), VwVfG, § 1 Rn. 104. 38 Benz, Privatisierung und Deregulierung – Abbau von Staatsaufgaben?, Die Verwaltung 28 (1995), 337 ff. (346); Erbguth, Die Zulässigkeit der funktionalen Privatisierung im Genehmigungsrecht, UPR 1995, 369 ff. (370); Gusy, in: Gusy (Hrsg.), Privatisierung von Staatsaufgaben, 1998, S. 338; Huber, Die entfesselte Verwaltung, Staatswissenschaften und Staatspraxis 8 (1997), 423 ff. (430). 39 Brüggen, Das Privatisierungskonzept der sächsischen Staatsregierung, Finanzwirtschaft 1994, 57 ff. (58). 40 Brüning, Der Verwaltungsmittler – eine neue Figur bei der Privatisierung kommunaler Aufgaben, NWVBl. 1997, 286 ff. (288), der je nach Beteiligungsgrad weiter zwischen verwaltungsbeherrschten Mehrheits- und verwaltungskontrollierten Minderheitsbeteiligungen differenziert. 41 Bonk, Rechtliche Rahmenbedingungen einer Privatisierung im Strafvollzug, JZ 2000, 435 ff. (436). 42 Siehe unten lfd. Nr. 4.4.
A. Formen der Privatisierung
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verantwortlichen nichts ändert43. Die Aufgabenträgerschaft und die Aufgabenerledigung bleiben im Zugriffsbereich der öffentlichen Hand44 und sind von ihr steuerbar. Eine Abwanderung der Aufgabe vom öffentlichen in den privaten Sektor ist damit nicht verbunden45. Daher kann die formelle Privatisierung auch als „unechte“ Privatisierung gekennzeichnet werden46. Mitunter ist sogar von „Scheinprivatisierung“47, „Etikettenschwindel“ 48 bzw. „falsa demonstratio“49 die Rede. Zumindest kann von einer Privatisierung nur mit Einschränkungen gesprochen werden50. Triebkraft für den Schritt zur Organisationsprivatisierung ist im Allgemeinen das Bestreben, den Vorgaben des öffentlichen Dienst- und Haushaltsrechts zu entgehen, und dadurch einen höheren Grad an Flexibilität zu erreichen51. Die Vorteile unternehmerischen Handelns sollen dabei unter Beibehaltung staatlicher Steuerungsmechanismen gesichert werden52. Darüber hinaus erhofft man sich Vorteile in atmosphärischer und psychologischer Hinsicht53. Die formelle Privatisierung ist gerade auf kommunaler Ebene weit verbreitet. So kann die Überführung einer städtischen Müllbeseitigungsanlage in eine GmbH bei einer Mehrheitsbeteiligung der Kommune als typischer Fall einer formellen Privatisierung angesehen werden. Weitere Beispiele finden sich auch für den gesamten restlichen Bereich kommunaler Ver- und Entsorgungsbetriebe. Für das Beitritts43 Schmidt, Der Übergang öffentlicher Aufgabenerfüllung in private Rechtsformen, ZGR 25 (1996), 345 ff. (347). 44 Burgi, in: Erichsen (Hrsg.), Allgemeines Verwaltungsrecht, 12. A., 2002, § 54 III 2, Rn. 11 ff. 45 König, Die Privatisierung im Landesorganisationsrecht, DÖV 1999, 322 ff. (323). 46 Di Fabio, Privatisierung und Staatsvorbehalt, JZ 1999, 585 ff. (588); ablehnend demgegenüber Kämmerer, Privatisierung – Typologie, Determinanten, Rechtspraxis, Folgen, 2001, S. 231 und 563; sowie Gramm, Privatisierung bei der Bundeswehr, DVBl. 2003, 1366 ff. (1372). 47 Sondergutachten der Monopolkommission, BT-Drs. 12 / 3031, S. 6. 48 Isensee, Privatisierung von Verwaltungsaufgaben, VVDStRL 54 (1995), 303 ff. 49 Krebs, Notwendigkeit und Struktur eines Verwaltungsgesellschaftsrechts, Die Verwaltung 29 (1996), 309 ff. (310). 50 So Görgmeier, Möglichkeiten und Grenzen der Entstaatlichung öffentlicher Aufgaben, DÖV 1977, 356 ff. (357); Gramm, Schranken der Personalprivatisierung bei der inneren Sicherheit, VerwArch 1999, 329 ff. (331 Fn. 6); Möschel, Privatisierung, Deregulierung und Wettbewerbsordnung, JZ 1988, 885 ff. (886); Kulas, Privatisierung hoheitlicher Aufgaben, S. 31; eher „organizational design“, denn Privatisierung laut Schuppert, Die öffentliche Verwaltung im Kooperationsspektrum staatlicher und privater Aufgabenerfüllung, Die Verwaltung 31 (1998), 415 ff. (416). 51 Schmidt, Der Übergang öffentlicher Aufgabenerfüllung in private Rechtsformen, ZGR 25 (1996), 345 ff. (348). 52 Gramm, Privatisierung bei der Bundeswehr, DVBl. 2003, 1366 ff. (1366). 53 Schmidt, Der Übergang öffentlicher Aufgabenerfüllung in private Rechtsformen, ZGR 25 (1996), 345 ff. (348).
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Teil 4: Die Privatisierungsarten
gebiet typisch waren zudem die Gründungen der kommunalen Wohnungsgesellschaften in der Nachfolge der VEB Gebäudewirtschaft54. Seit einiger Zeit kann zudem eine Tendenz zur mittelbaren Aufgabenerfüllung beobachtet werden. Dies ist der Fall, wenn nicht die aus der Organisationsprivatisierung hervorgegangene Wirtschaftseinheit, sondern erst ein von ihr gegründetes Tochterunternehmen die formell privatisierte Aufgabe wahrnimmt. Derartige Holdings sind z. B. die Stadtwerke AG bzw. GmbH55. Aber auch auf Landes- und Bundesebene finden sich wirtschaftlich bedeutende Beispiele für formelle Privatisierungen. Zumeist treten sie als Vorstufe einer Aufgabenprivatisierung auf, weil ein in private Rechtsform überführtes Staatsunternehmen sich überhaupt erst bzw. leichter über den freien Markt veräußern lässt. Zu nennen sind vor allem die in den Infrastrukturbereichen Bahn und Post erfolgten umfangreichen Überführungen in private Rechtsformen56. So werden nach Art. 87e Abs. 3 S. 1 und 2 GG die Eisenbahnen des Bundes in privatrechtlicher Form geführt, wobei das Eigentum an ihnen dem Bund verbleibt. Dabei wird zugleich durch die Regelung der Anteilsübertragung die Tür für eine spätere Vermögensprivatisierung aufgestoßen57. Nach Art. 143b Abs. 1 S. 1 GG wird das Sondervermögen Deutsche Bundespost in ein Unternehmen privater Rechtsform umgewandelt. Auch hier ändert sich an der Eigentümerstellung des Bundes zunächst nichts. Aber auch die Gründung der Gesellschaft für Entwicklung, Beschaffung und Betrieb mbH – GEBBmbH58 und der Bundesrepublik Deutschland Finanzagentur GmbH59 durch den Bund sind als typische Fälle der Organisationsprivatisierung anzusehen60. Gleiches gilt bzgl. der Privatisierung im Bereich der Flugsicherung61. Der rechtliche Gestaltungsspielraum für derartige organisatorische Umwandlungen vor allem im Bereich der Daseinsvorsorge62 findet seine Ursprünge in einer langjährigen Verwaltungsrechtsprechung. Nach dieser steht der öffentlichen Ver54 Brüggen, Das Privatisierungskonzept der sächsischen Staatsregierung, Finanzwirtschaft 1994, 57 ff. (58). 55 Brüning, Der Verwaltungsmittler – eine neue Figur bei der Privatisierung kommunaler Aufgaben, NWVBl. 1997, 286 ff. (288). 56 Bonk, Rechtliche Rahmenbedingungen einer Privatisierung im Strafvollzug, JZ 2000, 435 ff. (436). 57 Schmidt, Der Übergang öffentlicher Aufgabenerfüllung in private Rechtsformen, ZGR 25 (1996), 345 ff. (347); Sterzel, in: Blanke / Trümner (Hrsg.), Handbuch der Privatisierung, 1998, S. 138, Rn. 165 sieht hierin jedoch einen Fall unechter Aufgabenprivatisierung. 58 Aufgabe der GEBBmbH ist u. a. eine effizientere Durchführung der Beschaffung i. R. d. Bundeswehr. 59 Die Finanzagentur ist mit der Schuldenaufnahme und Tilgungsabwicklung für den Bund betraut. 60 Dreher, Public Private Partnerships und Kartellvergaberecht, NZBau 2002, 245 ff. (246). 61 In diesem Sinne auch Lecheler, Privatisierung von Verwaltungsaufgaben, BayVBl. 1994, 555 ff. (559), Fn. 45. 62 Begriffsprägend Forsthoff, Die Verwaltung als Leistungsträger, Stuttgart 1938.
A. Formen der Privatisierung
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waltung im Bereich der Leistungsverwaltung ein weiter Gestaltungsspielraum und ein Ermessen dahingehend zu, in welcher Rechtsform sie öffentliche Aufgaben wahrnimmt63. Diese Wahlfreiheit findet ihre innere Rechtfertigung hauptsächlich in der von Hans J. Wolff begründeten Figur des Verwaltungsprivatrechts64. Erst durch die so dogmatisch begründete Bindung der öffentlichen Hand an die Vorgaben des Grundrechtekatalogs der Verfassung erscheint ein freies Wahlrecht hinnehmbar. Damit wird eine Flucht der Verwaltung in das Privatrecht verhindert65. Festzuhalten bleibt auch hier, dass sich an der Zuordnung der Aufgaben zur öffentlichen Hand nach einer formellen Privatisierung nichts ändert. Damit bleibt auch hier der Bestand hoheitlicher Aufgaben konstant. Gleiches gilt auch unter gesamtwirtschaftlichen Gesichtspunkten für die Staatsquote. b) Popularprivatisierung als „echte“ Privatisierung Theoretischer Kontrapunkt einer innerstaatlichen Organisationsprivatisierung ist die Popularprivatisierung66, ein Begriff der sich im Schrifttum (noch) nicht durchgesetzt hat, hier aber nicht unerwähnt bleiben soll. Als Popularprivatisierung lässt sich im Gegensatz zur formellen Privatisierung jede Aufgaben- bzw. Vermögensverlagerung an außerhalb des staatlichen Sektors stehende Dritte bezeichnen. Hier findet folglich eine Entäußerung an die Öffentlichkeit statt.
3. Vollzugsprivatisierung / funktionelle Privatisierung Gleichsam zwischen der formellen und der materiellen Privatisierung steht die sog. Vollzugsprivatisierung oder funktionelle Privatisierung67. Mitunter wird auch von Heranziehungsprivatisierung68 oder irreführend von Verfahrensprivatisie63 Bonk, Rechtliche Rahmenbedingungen einer Privatisierung im Strafvollzug, JZ 2000, 435 ff. (436); jüngst von Gramm, Privatisierung bei der Bundeswehr, DVBl. 2003, 1366 ff. (1366 f.) auch als Rosinentheorie umschrieben. 64 Wolff / Bachof / Stober, Verwaltungsrecht I, 11. A., 1999, § 23 II; BGHZ 65, 284 (287); Ossenbühl, Die Handlungsformen der Verwaltung, JuS 1979, 681 ff. (686). 65 Wolff / Bachof / Stober, Verwaltungsrecht I, 11. A., 1999, § 23 Rn. 32; BGHZ 91, 97. 66 Nach Kämmerer soll die Popularprivatisierung alle Fälle des Übergangs von Rechtsmacht erfassen, deren Bezugsobjekt eine Person des Privatrechts ist, die natürliche Person ist oder deren Anteilseigner natürliche Personen oder von ihnen gehaltene juristische Personen sind („Popularprivate“). Dem Begriff neben dem der Organisationsprivatisierung eine Auffangfunktion zu. Kämmerer, Privatisierung, 2001, S. 44. 67 Zur Begriffsprägung Di Fabio, Privatisierung und Staatsvorbehalt, JZ 1999, 585 ff. (588 f.); ferner Sterzel, in: Blanke / Trümner (Hrsg.), Handbuch der Privatisierung, 1998, S. 139, Rn. 166; Weiss, Privatisierung und Staatsaufgaben, S. 38 ff. erkennt in ihr hingegen eine Spielart der formellen Privatisierung. 68 So Brüggen, Das Privatisierungskonzept der sächsischen Staatsregierung, Finanzwirtschaft 1994, 57 ff. (59).
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Teil 4: Die Privatisierungsarten
rung69 gesprochen. Für die funktionelle Privatisierung ist kennzeichnend, dass zwar nicht die Aufgabe als solche privatisiert wird, wohl aber ihr planmäßiger Vollzug70. Die Verwaltung bedient sich bei der Erfüllung öffentlicher Aufgaben der Hilfe privater Rechtssubjekte für bestimmte Tätigkeiten71. Es erfolgt damit eine Veränderung in der Verantwortungsstruktur der betreffenden Staatsaufgabe72. Der Verwaltungsmittler73, Verwaltungshelfer74 oder auch Erfüllungsgehilfe75 als einbezogener Dritter trägt gegenüber der öffentlichen Verwaltung als seinem Vertragspartner die sog. Erfüllungs- oder Erledigungsverantwortung, die als man sich am besten als ein Minus zur Aufgabenverantwortung vorstellt, die weiterhin bei der öffentlichen Verwaltung liegt. Sie wird ergänzt um eine fortbestehende Gewährleistungsverantwortung des Staates bzgl. der Aufgabe als solcher. Aufgabenzuständigkeit und -verantwortung verbleiben somit beim Verwaltungsträger76. Um die bestehende Differenz der Verantwortungsübertragung bleibt die Vollzugsprivatisierung somit hinter einer materiellen Privatisierung zurück. Die gegenwärtigen Anwendungsfelder funktionaler Privatisierungen sind kaum noch überschaubar. Hierunter fallen der polizeilich beauftragte Abschleppunternehmer, das geleaste Dienstfahrzeug der Straßenmeisterei und der mit kommunalen Rechtsstreitigkeiten betraute Rechtsanwalt ebenso, wie die gem. § 16 KrW- / AbfG beauftragten Dritten bei Abfallbeseitigung77. Eine besonders intensive Form funktioneller Privatisierung stellt die Gründung eines gemischtwirtschaftlichen 69 So aber Di Fabio, Privatisierung und Staatsvorbehalt, JZ 1999, 585 ff. (589 f.); Hoffmann-Riem, in: Hoffmann-Riem / Schneider (Hrsg.), Verfahrensprivatisierung im Umweltrecht, 1996, S. 9 ff.; kritisch Weiss, Privatisierung und Staatsaufgaben, S. 43 f.; siehe ferner unten lfd. Nr. 5.4. 70 Krölls, Rechtliche Grenzen der Privatisierungspolitik, GewArch 1999, 129 ff. (131) spricht daher von der Privatisierung der Aufgabenerledigung; kritisch gegenüber dieser Differenzierung Kämmerer, Privatisierung – Typologie, Determinanten, Rechtspraxis, Folgen, 2001, S. 39 f.; P. Stelkens / Schmitz, in: Stelkens / Bonk / Sachs (Hrsg.), VwVfG, § 1 Rn. 114; Weiss, Privatisierung und Staatsaufgaben, S. 38; Burgi, Funktionale Privatisierung und Verwaltungshilfe, S. 139; Di Fabio, Privatisierung und Staatsvorbehalt, JZ 1999, 585 ff. (590). 71 Bonk, Rechtliche Rahmenbedingungen einer Privatisierung im Strafvollzug, JZ 2000, 435 ff. (437). 72 Burgi, in: Erichsen (Hrsg.), Allgemeines Verwaltungsrecht, § 54 III 3 Rn. 31. 73 Dieser Begriff wurde bereits von Gallwas, Die Erfüllung von Verwaltungsaufgaben durch Private, VVDStRL 29 (1971), 211 ff. geprägt. 74 Huber, Die entfesselte Verwaltung, Staatswissenschaften und Staatspraxis 8 (1997), 423 (430). 75 Krölls, Rechtliche Grenzen der Privatisierungspolitik, GewArch 1999, 129 ff. (131). 76 Battis / Kersten, Das Outsourcing der Beihilfebearbeitung, ZBR 2000, 145 ff. (146); Bull, Allgemeines Verwaltungsrecht, § 1 Rn. 39; König, Die Privatisierung im Landesorganisationsrecht, DÖV 1999, 322 ff. (324). 77 Aufzählung nach Huber, Die entfesselte Verwaltung, Staatswissenschaften und Staatspraxis 8 (1997), 423 ff. (430 f.).
A. Formen der Privatisierung
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Unternehmens dar. Bei diesem sind die öffentliche Hand und private Unternehmer dauerhaft in einer Gesellschaft verbunden. Frühe Anwendungsbereiche für derartige hybride Formen fanden sich im Bereich der Abwasserbeseitigung und Abfallentsorgung78. Die Vollzugsprivatisierung ist erst in letzter Zeit in das Zentrum des Interesses gerückt, welches am ehesten mit einem abnehmenden Privatisierungspotential im Bereich materieller und formeller Privatisierungen erklärt werden kann. Auf kommunaler Ebene liegt dies vor allem an den vielerorts bestehenden Privatisierungsschranken in Form pflichtiger Selbstverwaltungsaufgaben79. Sie verhindern eine vollständige Abgabe der betreffenden Tätigkeitsfelder in die Privatwirtschaft80. Mit der funktionalen Privatisierung ist zwischenzeitlich ein sog. tertiärer Sektor81 zwischen Staat und Gesellschaft entstanden, der sich einer eindeutigen rechtlichen Beurteilung und Unterwerfung unter das öffentliche oder private Recht zu entziehen scheint. Aufgrund der erst anlaufenden rechtlichen Auseinandersetzung auf diesem Gebiet ist in Bezug auf die Voraussetzungen und Grenzen einer Vollzugsprivatisierung erst wenig gesichert82. Als geklärt gelten kann bislang nur die eingangs geschilderte Einordnung zwischen formeller und materieller Privatisierung. Ungewiss ist dagegen die rechtliche Stellung des herangezogenen Privaten sowohl in Bezug auf seinen Vertragspartner, der Verwaltung als auch in Bezug auf Dritte. Insbesondere in dogmatischer Hinsicht besteht erheblicher Klärungsbedarf. Die hergebrachten Figuren des Beliehenen einerseits und des Verwaltungshelfers andererseits scheinen angesichts der dieser neuen Entwicklungen einer Revision bedürftig. Grundsätzlich kann aber davon ausgegangen werden, dass der öffentliche Charakter einer Aufgabe durch eine Vollzugsprivatisierung nicht verloren geht83. Ob aber mit der Vollzugsprivatisierung eine Reduzierung des Bestandes hoheitlicher Aufgaben einhergeht oder nicht, bedarf eingehender Untersuchung.
78 Brüggen, Das Privatisierungskonzept der sächsischen Staatsregierung, Finanzwirtschaft 1994, 57 ff. (59). 79 Schuppert, Die Privatisierungsdiskussion in der deutschen Staatsrechtslehre, Staatswissenschaften und Staatspraxis 5 (1994), 541 ff. (543); Schuppert, Rückzug des Staates?, DÖV 1995, 761 ff. (766); Schoch, Privatisierung von Verwaltungsaufgaben, DVBl. 1994, 962 ff. (963); Sterzel, in: Blanke / Trümner (Hrsg.), Handbuch der Privatisierung, 1998, S. 140, Rn. 168. 80 Hofmann, Privatisierung kommunaler Verwaltungsaufgaben, VBlBW 1994, 121 ff. (122). 81 Gusy, in: Gusy (Hrsg.), Privatisierung von Staatsaufgaben, 1998, S. 338. 82 Eine erste grundlegende Arbeit stellt etwa Burgi, Funktionale Privatisierung und Verwaltungshilfe, 1999, dar. 83 So Di Fabio, Privatisierung und Staatsvorbehalt, JZ 1999, 585 ff. (589), der gerade in der Einführung der Funktionslogik des Marktes folgender Modelle bei fortbestehendem Charakter als öffentliche Aufgabe das funktionale Element der vorliegenden Privatisierung erblickt.
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Teil 4: Die Privatisierungsarten
II. Ergebnis Diese Darstellung hat gezeigt, dass sich die verschiedenen Formen mit den Kriterien des Privatisierungsobjekts und des Privatisierungssubjekts in ein geschlossenes System von Privatisierungsarten einordnen lassen. Dies gilt auch für die Vollzugsprivatisierung, die letztlich auf einer Kombination von Aufgabenprivatisierung und Organisationsprivatisierung beruht. Inwiefern daneben noch Bedarf für weitere Begrifflichkeiten bestehen soll im Folgenden untersucht werden.
B. Weitere Schlagworte der Privatisierungsdebatte Mit den genannten Privatisierungsarten ist die Fülle der Begriffe rund um die aktuellen Privatisierungs- und Deregulierungsstrategien jedoch noch nicht bewältigt. Daneben existieren mannigfach Schlagworte, deren eigenständige Existenz an dieser Stelle kritisch untersucht werden soll.
I. Outsourcing Zunächst soll der Begriff des Outsourcing genauer betrachtet werden. Darunter wird die vollständige oder teilweise Auslagerung einer definierten Ressource an ein externes Unternehmen verstanden84. Zumeist geht es dabei um Dienstleistungen, die im Rahmen eines umfassenderen Verwaltungsverfahrens den Rang technischer Hilfstätigkeiten einnehmen. Innerhalb der Informationsverarbeitung sind dies vor allem der Betrieb von Rechenzentren und die Erbringung sonstiger Netz- und EDV-Dienstleistungen. Exemplarisch ist dabei die Erstellung von Festsetzungsbescheiden auf dem Gebiet des Beihilferechts, die in letzter Zeit Gegenstand von Outsourcingstrategien geworden ist85. Zum Zwecke einer effizienteren Erledigung dieser Aufgabe werden hiermit verbundene Aufgaben an private Dienstleistungsunternehmen übertragen. Dies betrifft vor allem Tätigkeiten, wie die der Datenspeicherung, Beihilfeberechnung, Benachrichtigung des Beihilfeberechtigten und die Auszahlung des berechneten Betrages. Dabei behält sich der Beihilfeträger jedoch das Recht einer rechtsverbindlichen Festsetzung der Beihilfeleistungen vor. Damit wird gerade der hoheitliche Kern der Beihilfe, die einseitige Festsetzung der zu erstattenden Leistungen, nicht zum Gegenstand der Auslagerung gemacht. Es kommt lediglich zu einer Übertragung nicht-hoheitlicher Tätigkeiten auf den privaten Dienstleister86. Gegenüber den betroffenen 84 Büllesbach / Rieß, Outsourcing in der öffentlichen Verwaltung, NVwZ 1995, 444 ff. (444); ähnlich: Prozessleitfaden Public Private Partnership, 2003, lfd. Nr. 1.4.2. 85 Hierzu Battis / Kersten, Das Outsourcing der Beihilfebearbeitung, ZBR 2000, 145 ff. 86 So im Ergebnis Battis / Kersten, Das Outsourcing der Beihilfebearbeitung, ZBR 2000, 145 ff. (147).
B. Weitere Schlagworte der Privatisierungsdebatte
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Beamten bleibt folglich der Dienstherr für die Festsetzung der Beihilfeleistungen verantwortlich. Dieser, für das Outsourcing i. Ü. typische Befund, – Verantwortungsübertragung bzgl. schlichter Verwaltungstätigkeiten bei fortbestehender Aufgabenverantwortlichkeit des Verwaltungsträgers – lässt dessen Charakter als Fall der Vollzugsprivatisierung deutlich hervortreten. Auch unter dem Schlagwort des Outsourcing kommt es letztlich zu einer dauerhaften Kooperation zwischen der öffentlichen Verwaltung und Privaten, wobei letztere Unterstützungsleistungen für den Aufgabenträger übernimmt und so letztlich zum Verwaltungshelfer87 wird. Dem Begriff des Outsourcing kommt damit neben den o. g. Privatisierungsarten kein eigener Bedeutungsgehalt zu, weshalb er an dieser Stelle nicht weiter vertieft werden soll.
II. Contracting Out Ein weiterer häufig verwendeter Anglizismus in der wissenschaftlichen Diskussion ist der des Contracting out. Darunter werden Verhaltensweisen zusammengefasst, in denen sich die Verwaltung durch den Abschluss von Verträgen sog. Erfüllungsgehilfen bedient, mit deren Hilfe sie die Wahrnehmung öffentlicher Aufgaben vorbereiten oder durchführen lässt. Beispielhaft hierfür ist die Beauftragung privater Gesellschaften mit der Abwasserbeseitigung gem. § 18a II 2 WHG88. Zugleich geht diese Vorschrift davon aus, dass sich durch die Beauftragung Dritter an der Verpflichtung der Kommunen zur Abwasserbeseitigung nichts ändert. Dies wird folgerichtig auch in den Wassergesetzen der Länder so zum Ausdruck gebracht. Die öffentliche Aufgabe der Abwasserbeseitigung ist damit als solche nicht privatisierungsfähig89. Folglich bleiben die Kommunen der Allgemeinheit gegenüber in der Verantwortung. Damit fallen auch hier die Erledigungsverantwortung des beauftragten Dritten und die Aufgabenverantwortung der öffentlich-rechtlichen Körperschaft auseinander. Dieser Befund ist aber bereits aus der Vollzugsprivatisierung bekannt. Folglich handelt es sich auch bei dem sog. Contracting out lediglich um ein Synonym dieser Privatisierungsart. Verschiedentlich werden die Begriffe der funktionalen Privatisierung und des Contracting out bewusst gleichgesetzt 90. Dem soll hier gefolgt werden.
Zu dieser Figur unten Teil 7, B. II. Becker, Rechtsrahmen für Public Private Partnerships, ZRP 2002, 303 ff. (304). 89 Beispielhaft: § 66 I WG Bbg. 90 Beispielhaft: Prozessleitfaden Public Private Partnership, 2003, lfd. Nr. 1.4.8.5.; Sterzel, in: Blanke / Trümner (Hrsg.), Handbuch der Privatisierung, 1998, S. 138, Rn. 165 sowie Becker, Rechtsrahmen für Public Private Partnerships, ZRP 2002, 303 ff. (304). 87 88
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Teil 4: Die Privatisierungsarten
III. Finanzierungsprivatisierung Mit dem Begriff der Finanzierungsprivatisierung sind die Fälle angesprochen, in denen die Erfüllung öffentlicher Aufgaben von privater Seite vorfinanziert wird. Von besonderem Interesse ist dabei die Finanzierung des Fernstraßenbaus durch private Geldgeber91. Hierin liegt aber zuallererst ein staatsschuldenrechtliches Problem92. Die Finanzierungsprivatisierung wird mancherorts auch als materielle Privatisierung bezeichnet 93. Dabei wird indes übersehen, dass mit der bloßen Finanzierung der Aufgabenerledigung ein Übergang der Aufgabenverantwortung nicht verbunden ist. Vielmehr ist auch die Beteiligung eines Privaten in Form der Vorfinanzierung hoheitlicher Aufgabenerfüllung ein Unterfall der Vollzugsprivatisierung. Denn die Finanzierungsverantwortung stellt lediglich einen – wenn auch bedeutenden – Teilausschnitt der globalen Aufgabenverantwortung dar. Daher kommt auch der Finanzierungsprivatisierung als Begrifflichkeit kein eigenständiger Bedeutungsgehalt zu.
IV. Verfahrensprivatisierung Des Weiteren wird zum Teil dem Stichwort der Verfahrensprivatisierung eine weitere eigenständige Privatisierungsart angenommen. Darunter wird mehrheitlich die Übertragung einzelner Verfahrenshandlungen auf Private verstanden94. Der von der öffentlichen Verwaltung eingeschaltete Dritte wird dabei nicht in den Vollzug der Aufgabe als solcher, sondern lediglich in ein konkretes Verwaltungsverfahren einbezogen. Als Beispiele hierfür sind zu nennen das auf privater Initiative durchgeführte Scoping-Verfahren nach § 5 UVPG95 und die private Abwägungsvorbereitung im Rahmen eines Vorhaben- und Erschließungsplans nach § 12 BauGB. Die Beschränkung der Hinzuziehung Dritter auf einzelne Verfahren ist ihrerseits noch kein hinreichendes Argument gegen eine Einordnung dieser Form der Staatsentlastung unter den übergeordneten Begriff Vollzugsprivatisierung. Es gehört zum Wesen des Vollzugs, dass er sich nicht nur in einem umfassenden Sinne, sondern 91 Schuppert, Die öffentliche Verwaltung im Kooperationsspektrum staatlicher und privater Aufgabenerfüllung, Die Verwaltung 31 (1998), 415 ff. (417); Schuppert, Rückzug des Staates?, DÖV 1995, 761 ff. (766). 92 Gusy, in: Gusy (Hrsg.), Privatisierung von Staatsaufgaben, 1998, S. 338. 93 Görgmeier, Möglichkeiten und Grenzen der Entstaatlichung öffentlicher Aufgaben, DÖV 1977, 356 ff. (358). 94 Gusy, in: Gusy (Hrsg.), Privatisierung von Staatsaufgaben, 1998, S. 338; in diesem Sinne auch Schuppert, Die öffentliche Verwaltung im Kooperationsspektrum staatlicher und privater Aufgabenerfüllung, Die Verwaltung 31 (1998), 415 ff. (417 f.); P. Stelkens / Schmitz, in: Stelkens / Bonk / Sachs (Hrsg.), VwVfG, § 1 Rn. 101. 95 Huber, Die entfesselte Verwaltung, Staatswissenschaften und Staatspraxis 8 (1997), 423 ff. (430 f.) sieht hierin jedoch einen Fall der funktioneller Privatisierung.
B. Weitere Schlagworte der Privatisierungsdebatte
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vor allem im Einzelfall konkretisiert. Es fällt aber auf, dass eine solche verfahrensmäßig begrenzte Übertragung einzelner Tätigkeiten auf Private in Relation zu den anderen Privatisierungsvorgängen allenfalls von untergeordneter Bedeutung ist. Denn entscheidet die öffentliche Verwaltung in jedem Verfahren neu ob und an wen sie die einzelne vorbereitende Maßnahme überantwortet, dann fehlt es gerade an einer übergeordneten politisch initiierten abstrakten Grundsatzentscheidung über die Art des Aufgabenvollzugs. Derlei Vorgänge weisen vielmehr wegen ihrer inhaltlichen Begrenzung eine starke Affinität zu vergaberechtlichen Vorgängen auf. Die Verfahrensprivatisierung kann daher nicht in die allgemeine Privatisierungssystematik eingeordnet werden.
V. Kostenprivatisierung Unter dem Begriff der Kostenprivatisierung werden Konstellationen diskutiert, in denen früher staatlich getragene Kosten auf Private überbürdet werden96. Diese Privatisierungsform trägt zwar langfristig zur Sanierung der Haushaltslage bei, senkt aber nicht die Staatsquote, weil sie den Bestand öffentlicher Aufgaben unangetastet lässt. Ähnlich der Finanzierungsprivatisierung werden zwar auch hier Private finanziell herangezogen. Indes wird die Kostenprivatisierung nur selten von einem Konsens aller Beteiligten begleitet sein. Daher kann auch nicht von einer kooperativen Zusammenarbeit zwischen öffentlicher Hand und Privaten gesprochen werden. Jene ist der Privatisierung aber immanent. Damit liegt durchaus ein eigenständiger Gehalt des Begriffs Kostenprivatisierung vor. Gleichwohl stellt sie keine klassische Form der Privatisierung dar. Denn die rein finanzielle Entlastung des Staatshaushaltes, ohne jede Veränderung im Bestand hoheitlicher Aufgaben verändert nicht das Verhältnis zwischen Staat und Gesellschaft. Derartige Verschiebungen sind für die Begriffe Privatisierung bzw. Entstaatlichung aber inhärent.
VI. Sog. mittelbare Aufgabenprivatisierung Vereinzelt wird noch von mittelbarer Aufgabenprivatisierung gesprochen97. Gemeint sind damit Sachverhalte, in denen das geschäftliche Engagement Privater eine indirekte Folge einer veränderten staatlichen Aufgabenwahrnehmung darstellt. Derartige Erscheinungen lassen sich vor allem im Bereich der Sozialversicherungen beobachten. Die dortigen Einschnitte im Niveau der Versicherungsleistungen dienen zunächst der Kostensenkung. Darüber hinaus haben sie aber auch den Effekt, dass die Absicherung der betreffenden Risiken stärker der privaten Vorsorge überlassen bleibt. 96 97
Gusy, in: Gusy (Hrsg.), Privatisierung von Staatsaufgaben, 1998, S. 338. Krölls, Rechtliche Grenzen der Privatisierungspolitik, GewArch 1995, 129 ff. (132 f.).
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Teil 4: Die Privatisierungsarten
Damit liegt auch hier ein Wechsel in der Verantwortungsstruktur vor, der politisch gern positiv als ein Mehr an Eigenverantwortung umschrieben wird. Dabei erfolgt auch zugleich ein Abbau öffentlicher Aufgaben, so dass der Begriff Privatisierung durchaus angebracht ist. Dennoch liegt kein Fall echter Aufgabenprivatisierung vor. Denn dies würde ein konsensuales Zusammenwirken aller Beteiligten voraussetzen. Zudem wird die öffentliche Aufgabe nicht an einzelne Privatrechtssubjekte abgegeben, sondern durch Rückgabe an die Allgemeinheit aufgelöst. Sie wird damit von einer öffentlichen Aufgabe zu einer gänzlich privaten und damit individuellen Aufgabe des einzelnen. Damit geht die mittelbare Aufgabenprivatisierung in ihren Wirkungen noch über die echte Aufgabenprivatisierung hinaus. Inwieweit die der neuen Eigenverantwortlichkeit individuell Rechnung getragen wird, kann staatlicherseits nicht mehr kontrolliert werden.
VII. Teil- und Vollprivatisierung Schließlich wird in der Privatisierungsdebatte noch zwischen Teil- und Vollprivatisierung unterschieden98. Angesprochen ist damit allein der Grad der Privatisierung einer Unternehmung99. Ein Beispiel für den Fall einer Teilprivatisierung ist die Veräußerung von Gesellschaftsanteilen an einer Stadtwerke-GmbH100. In diesem Fall handelt es sich eigentlich um eine teilweise Vermögensprivatisierung. Nicht zu verwechseln ist die Teilprivatisierung zudem mit der Organisationsprivatisierung101. Diese geht der Teilprivatisierung vor, oder fällt mit ihr zusammen. Die Überführung in privatrechtliche Strukturen kann dabei aber nur ganz oder gar nicht erfolgen. Teilweise privatisiert wird nur die Beteiligung der öffentlichen Hand an dem Unternehmen. Dabei entsteht gerade in dem geschilderten Fall eine Plattform für eine kooperative Zusammenarbeit zwischen öffentlicher Hand und Privaten, was mitunter zu einer Öffentlich Privaten Partnerschaft (Public Private Partnership) führen kann. Das kooperative Element konnte bereits als wesentliches Merkmal der Vollzugsprivatisierung identifiziert werden. Daher ist es wenig verwunderlich, dass funktionale Privatisierung und Teilprivatisierung oftmals gleichgesetzt werden102. Gleichwohl sollte in diesen Fällen eher von Vollzugs- oder funktioneller Privatisierung gesprochen werden. Das Begriffspaar Teil- und VollprivaSo z. B. Schoch, Privatisierung von Verwaltungsaufgaben, DVBl. 1994, 962 ff. (963). Allgemein zum Begriff der Unternehmung: Forsthoff, Lehrbuch des Allgemeinen Verwaltungsrechts, § 25, S. 509 ff. (513 ff.). 100 Prozessleitfaden Public Private Partnership, 2003, lfd. Nr. 1.4.8.2. 101 So aber Schmidt, Der Übergang öffentlicher Aufgabenerfüllung in private Rechtsformen, ZGR 25 (1996), 345 ff. (347 f.). 102 Schuppert, Die öffentliche Verwaltung im Kooperationsspektrum staatlicher und privater Aufgabenerfüllung, Die Verwaltung 31 (1998), 415 ff. (417); Sterzel, in: Blanke / Trümner (Hrsg.), Handbuch der Privatisierung, 1998, S. 138, Rn. 165. 98 99
B. Weitere Schlagworte der Privatisierungsdebatte
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tisierung führt lediglich zur Verschleierung, indem es die jeweilige Bezugsgröße offen lässt.
VIII. Ergebnis Damit können die gegenwärtigen Erscheinungsformen der Privatisierung im Wesentlichen in die eingangs beschriebenen Formen von Vermögensprivatisierung, Organisationsprivatisierung (= formelle Privatisierung), Aufgabenprivatisierung (= materielle Privatisierung) und Vollzugsprivatisierung (= funktionelle Privatisierung) eingeordnet werden. Diese decken zugleich den gesamten Bereich der möglichen Strukturveränderungen hinsichtlich der Aufgabenverantwortlichkeit zwischen Staat und Gesellschaft ab, so dass darüber hinaus kein Bedarf nach zusätzlicher Begriffsbildung besteht. Dabei soll nicht unerwähnt bleiben, dass bei aller Differenzierung die Einordnung der konkreten Erscheinungen in der Praxis aufgrund der vielfachen Kombinationsmöglichkeiten mitunter schwierig werden kann103. Hierfür soll allein auf den Fall der Deutsche Einheit Fernstraßen-Planungs- und Baugesellschaft (kurz: DEGES) hingewiesen werden104. Soweit den anderen Begriffen der Privatisierungsdebatte ein von den o. g. Privatisierungsformen unabhängiger Bedeutungsgehalt zukommt, muss eine Eingliederung unterbleiben. Sie umschreiben entweder andere Facetten der Staatsentlastung105 oder betrachten den Privatisierungsvorgang unter einem anderen Blickwinkel, als dem der Intensität der Verantwortungsübertragung106 und sind daher auch weiterhin von Interesse. Da aber gerade die Veränderung in der Verantwortungsstruktur öffentlicher Aufgaben von besonderer Relevanz für die Frage nach den rechtlichen Determinanten einer Privatisierung ist, sollen sie im Fortgang der Untersuchung außer Betracht gelassen werden.
103 So auch Mayen, Privatisierung öffentlicher Aufgaben, DÖV 2001, 110 ff. (110); daneben existieren zahllose eigenständige Ansätze zur Typisierung der Privatisierungsarten, beispielhaft: Völmicke, Privatisierung öffentlicher Leistungen in Deutschland, 1996, S. 45 ff. 104 Ausführliche Betrachtung bei Wahl, in: Schmidt-Aßmann / Hoffmann-Riem (Hrsg.), Verwaltungsorganisationsrecht als Steuerungsressource, 1997, S. 301 ff.; siehe auch Weiss, Privatisierung und Staatsaufgaben, S. 37. 105 So etwa die Phänomen der Verfahrensprivatisierung in Gestalt der Einbeziehung Privater in einzelne Verwaltungsverfahren, siehe oben Teil 4, I. 4. d), der Kostenprivatisierung, siehe oben Teil 4, I. 4. e) oder der mittelbaren Aufgabenprivatisierung, siehe oben Teil 4, I. 4. f). 106 Dies trifft für das Begriffspaar Teil- und Vollprivatisierung zu, siehe oben lfd. Nr. 5.7.
Teil 5
Staatliche Kernkompetenzen als privatisierungsfestes Reservat öffentlichen Handelns A. Das staatliche Aufgabenreservat als außerrechtliche Vorfrage der Privatisierbarkeit Bevor nun auf die einzelnen Bestimmungen der Rechtsordnung, welche funktionale Privatisierungen wie jede andere Form der Privatisierung begleiten, eingegangen werden kann, ist eine andere Frage, und zwar die nach den im Wesen des modernen Verfassungsstaates angesiedelten Schranken der Entstaatlichung zu beantworten. Privatisierung setzt – so wurde festgestellt – den Übergang von Aufgabenverantwortung vom öffentlichen Sektor des Staates auf den privaten Sektor voraus1. Es handelt sich schlicht gesagt um eine Verlagerung von einem Pol zum anderen, wobei die funktionale Privatisierung quasi auf halbem Wege stehen bleibt und die in Frage stehende öffentliche Aufgabe in die gemeinsame Verantwortung von öffentlicher Hand und privatem Partner übergeben wird. Diese Form der Privatisierung setzt also das autonome Fortbestehen beider Pole und damit auch des Staates voraus. Aber auch andere Formen, wie etwa die Aufgabenprivatisierung müssen vom Fortbestehen des Staates ausgehen. Dies erklärt sich v. a. durch den immer stärker in den Blickpunkt geratenen Aspekt der Regulierung der neu gewonnenen wirtschaftlichen Freiräume. Privatisierung in jeglicher Art und Weise kann also nicht bis an den Punkt gehen, an welchem sich der Staat zugunsten der gesellschaftlichen Sphäre aufzulösen beginnt. Schließlich ist es nicht das unausgesprochene Ziel der Privatisierungsdebatte den Staat als Gemeinwesen in der Gesellschaft aufgehen zu lassen. Ein solches Vorhaben könnte auch kaum noch unter der Bezeichnung einer Verschlankung des Staates betrieben werden, weil sie seinen Fortbestand schon begrifflich voraussetzt. Da ein Staat ohne Aufgabe nicht gedacht werden kann, muss es ein Reservat staatlicher Aufgaben geben, die der Privatisierung entzogen sind. Werden diese existenziellen Grenzen des Staates überschritten, stellt sich das Gemeinwesen selbst in Frage2. Siehe oben Teil 4, A. I. 2. Eine ähnliche Entwicklung allerdings unter dem Vorzeichen zunehmender überstaatlicher Organisationen zeichnet Saladin in seinem Werk nach: Wozu noch Staaten? Zu den 1 2
B. Zu den „notwendigen“ Staatsaufgaben
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Damit gelangt man zum Kern jeder Privatisierungsdebatte. In ihrem Zentrum steht die Frage nach dem Wesen des Staates. Erst wenn über diesen Konsens besteht, kann man sich der rechtlichen Umsetzung von Privatisierungsvorgängen widmen. Soweit sich ein solcher Staatsvorbehalt dem Grunde nach oder bzgl. einzelner Staatsfunktionen nachweisen lässt, ist er einer Entstaatlichung begriffsnotwendig entzogen und kann daher als Privatisierungsfrage allgemeiner Art vor die Klammer gezogen werden. Die Tatsache, dass auf einen solchen Kern staatlicher Kompetenzen sowohl von den Befürwortern als auch von Privatisierungsgegnern in freilich umgekehrten Vorzeichen rekurriert wird, unterstreicht die Bedeutung dieser letzten Rückzugsstation im Sog der globalen Privatisierungswelle.
B. Zu den „notwendigen“ Staatsaufgaben I. Zur Frage des relevanten Maßstabs Die Suche nach dem Nukleus und Wesen moderner Staatlichkeit, muss an der (theoretischen) Dichotomie von Staat und Gesellschaft anknüpfen. Betrachtet man Staat und Gesellschaft als konträre Pole, so kann man „staatlich“ auch mit „nichtgesellschaftlich“ und umgekehrt gesellschaftlich / privat als nicht-staatlich beschreiben. Die begriffliche Abgrenzung beider Bereiche hat jede wissenschaftliche Disziplin mit den ihr gegebenen Kriterien und Grundverständnis zu leisten. Aus rechtswissenschaftlicher Sicht steht das Grundgesetz als ranghöchste nationale Norm an erster Stelle. Im modernen Verfassungsstaat werden die Grenzen zwischen staatlicher und privater Sphäre durch die Verfassung wiedergegeben. Das gilt für den Bund ebenso wie für die Länder. Nur ist eben jede Verfassung zugleich vor einem historischen Hintergrund geronnenes Gesellschafts- und Staatsverständnis, das inhaltlich einer dynamischen Interpretation zugänglich sein muss. Zugleich sind Verfassungen ihrerseits textlichen Veränderungen grundsätzlich zugänglich. Die Privatisierungen von Post und Bahn in den 90iger Jahren haben eindrucksvoll gezeigt, dass es häufig auch Veränderungen in der Staatsaufgabenstruktur sind, die sich auf die Verfassung auswirken. Verfassung und die Wirklichkeit der Staatsaufgaben stehen also in einem gegenseitigen Abhängigkeitsverhältnis. Die Frage nach den Charakteristika moderner Staatlichkeit und den daraus zu ziehenden Grenzen der Privatisierung hat dies in den Blick zu nehmen. Daraus ergibt sich die Notwendigkeit einer Abwendung von einem rein normativen Maßstab hin zu einem – auch – (vor-)verfassungsrechtlichen Maßstab. Damit steht nicht weniger auf der Agenda als eine Antwort auf die Frage, bis zu welchem Punkt sich ein moderner Verfassungsstaat wie die Bundesrepublik Deutschland bzw. ihre Bundesländer ihrer Aufgaben durch Abgabe an die GesellFunktionen eines modernen demokratischen Rechtsstaats in einer zunehmend überstaatlichen Welt, 1995.
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Teil 5: Staatliche Kernkompetenzen öffentlichen Handelns
schaft entledigen können, ohne zugleich ihre staatliche Identität einzubüßen. Nur, was macht die Identität des Staates bzw. Staatlichkeit überhaupt aus? Die Antwort darauf ist in den staatsimmanenten Privatisierungsdeterminanten3 zu suchen. Diese finden keine ausdrückliche Erwähnung im Grundgesetz, klingen aber in dem zugrunde liegenden Modell des modernen Verfassungsstaats an.
II. Der inhaltlich determinierte Staatsaufgabenkern Im hier zu betrachtenden Kontext der funktionellen Privatisierung mag solch eine letzte vorrechtliche Schranke der Entstaatlichung in einem inhaltlich determinierten Staatsaufgabenkern zu finden sein, der auf eine solche Art mit dem Wesen der Staatlichkeit verknüpft ist, dass ein moderner Staat ohne ihn nicht denkbar ist. Es gilt also zunächst zu klären, ob ein solcher Nukleus von Aufgaben existieren kann. Zum zweiten wäre zu fragen, ob daraus auch Schlussfolgerungen für deren alleinige Wahrnehmung durch den Staat gezogen werden können. Denn es erscheint wenig plausibel, von der theoretischen Existenz genuiner Staatsaufgaben zugleich auf ein staatliches Wahrnehmungsmonopol zu schließen, wenn ihre Erfüllung allein durch staatliche Beteiligung gesichert werden kann. Während der überwiegende Teil im Schrifttum aufgrund der natürlichen Wandelbarkeit der Aufgabeninhalte4 von einem im Grundgesetz angelegten Prinzip offener Staatsaufgaben ausgeht und die Existenz von Kernkompetenzen leugnet5, sind andere von dem Vorhandensein eines inhaltlich determinierten Nukleus von Aufgaben des Staates überzeugt. Der Kreis geborener Staatsaufgaben wird von seinen Vertretern auch als Kern- oder Primäraufgaben des Staates bezeichnet6. Inwieweit die staatlichen Kernkompetenzen einer inhaltlichen Konturierung zugänglich sind, wird aber auch von den Vertretern dieses Lagers unterschiedlich beantwortet. Schließlich finden sich rechtsethische Ansätze zur Bestimmung staatlicher Reservate7. 1. Aufgabentheorie Von der Existenz vorfindlicher staatlicher Kernkompetenzen im Sinne geborener Staatsaufgaben überzeugt, sind die Vertreter der hier als Aufgabentheorie bezeichneten Lehre. Zu den führenden Stimmen dieses Lagers zählen u. a. Lecheler, Der Ausdruck geht auf Kämmerer zurück, Kämmerer, Privatisierung, 2001, S. 152 ff. Lecheler, Privatisierung von Verwaltungsaufgaben, BayVBl. 1994, 555 ff. (558). 5 So Sterzel, in: Blanke / Trümner (Hrsg.), Handbuch Privatisierung, Rn. 154; Kämmerer, Privatisierung, 2001, S. 165 f.; Dreier, Die drei Staatsgewalten im Zeichen der Europäisierung und Privatisierung, DÖV 2002, 537 ff. (541); Wolff / Bachof / Stober, Verwaltungsrecht III, § 93 VI 1 Rn. 11, S. 630. 6 Ablehnend Häberle, Verfassungsstaatliche Staatsaufgabenlehre, AöR 111, 595 ff. (600 f.). 7 So etwa Saladin, Verantwortung als Staatsprinzip, 1984. 3 4
B. Zu den „notwendigen“ Staatsaufgaben
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Maunz, Stern und Ronellenfitsch8. Sie gehen von der materiellen Bestimmbarkeit dieses a priori privatisierungsfesten Aufgabenkreises aus. Über den Inhalt dieses Kerns staatlicher Tätigkeiten besteht unter den Anhängern weitgehend Einigkeit. Daher sei hier nur die Aufzählung Lechelers beispielhaft genannt. Zum unbedingten Kern staatlicher Aufgaben zählt er die auswärtige Gewalt, die Landesverteidigung, die Währungshoheit, die Besteuerung, die Polizei, die Gesetzgebung und die Rechtsprechung9. In diesem Rahmen werden auch die Erkenntnisse der Staatsaufgabenlehre zu einem Anhaltspunkt für die Bestimmung originärer Staatsaufgaben gemacht. Dies mag zunächst zirkelschlüssig anmuten. Aus Sicht der Staatsrechtslehre stellt die Privatisierungsdiskussion aber nichts weiter als die Weiterführung einer konsequent geführten Staatsaufgabendiskussion dar10. Von diesem Standpunkt aus können auch diese Erkenntnisse bei der Suche nach den metaverfassungsrechtlichen Grenzen einer Privatisierung behilflich sein. Wiederum tritt dabei das dynamische Verständnis von Privatisierung als Verschiebung der Trennlinie zwischen Staat und Gesellschaft zutage. Die konstitutive Bedeutung der Staatsaufgaben für das Wesen des Staates, also seiner Staatlichkeit, erklärt sich aus der Interdependenz von staatlichem Sein und Wirken11. Der breit abgesicherte empirische Befund tatsächlicher staatlicher Tätigkeit lässt den Schluss zu, dass sich die Staaten zu einem derartigen Handeln verpflichtet ansehen. Daraus ergeben sich wertvolle Rückschlüsse auf das Selbstverständnis dieser Staaten. Betrachtet man so mit Herzog die Staatsaufgaben als möglicherweise einzigen Rechtfertigungsgrund12 des Staates, dann liegt die Existenz eines staatlichen Reservats von solchen Aufgaben nahe, ohne die sein Fortbestand gefährdet wäre13. Im Wesentlichen läuft auch dies auf die aufgezählten Bereiche der inneren und äußeren Sicherheit, der Wahrung des Rechtsfriedens sowie der Refinanzierung des Staates durch ein Steuersystem hinaus. 2. Befugnistheorie Die Vertreter der Befugnistheorie hingegen lehnen unter Verweis auf das Wesen des Verfassungsstaates eine solche metaverfassungsrechtliche Begründung staat8 Lecheler, Privatisierung – ein Weg zur Neuordnung der Staatsleistungen?, ZBR 1980, 69 ff.; Maunz, Die Privatisierung von Verkehrsbetrieben des Bundes in der Sicht des Grundgesetzes, in: FS Scupin, 1983, 615 ff. (621 f.); Stern, in: Bitburger Gespräche 1984, S. 5 (11 und 16 f.); Ronellenfitsch, Staat und Markt: Rechtliche Grenzen einer Privatisierung kommunaler Aufgaben, DÖV 1999, 705 ff. (708). 9 Lecheler, Privatisierung – ein Weg zur Neuordnung der Staatsleistungen?, ZBR 1980, 69 (69 f.). 10 Gramm, Privatisierung und notwendige Staatsaufgaben, 2001, S. 20. 11 Kämmerer, Privatisierung, 2001, S. 157. 12 Herzog, Staaten der Frühzeit, 1. A., 1988, S. 302. 13 In diese Richtung weist Saladin, der die Überforderung der Staaten zum Anlass nimmt, ihre Existenz in Frage zu stellen, Saladin, Wozu noch Staaten?, 1995.
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Teil 5: Staatliche Kernkompetenzen öffentlichen Handelns
licher Reservate entschieden ab. Sachbereiche, die von vornherein jeder legitimen Entscheidungsgewalt und staatlichen Dispositionsbefugnis entzogen sind, dürfe es im modernen Staat nicht geben. Zu den Verfechtern dieser Theorie sind u. a. Bull, Däubler, Vogel und Krautzberger zu zählen14. Im Zentrum der Kritik steht dabei der Vorwurf, dass jede vorrechtliche Begründung eines originären Staatsreservats die natürlichen Unterschiede zwischen den modernen Verfassungsstaaten und totalitären Systemen einebnet. Die Grenzziehung zwischen Staat und Gesellschaft könne sich unter der Geltung des Grundgesetzes nur unmittelbar aus diesem ergeben. Damit liegt es letztlich in der Befugnis des Verfassungsgebers die Staatsaufgaben zu definieren, was die Bezeichnung dieser Ansicht als Befugnistheorie erklärt15. Einigkeit besteht in diesem Lager aber nur insoweit, als dass Staatsaufgaben nicht a priori bestimmbar seien. Ob es etwa einen unbestimmten, in der jeweiligen Ausdehnung variablen Mindestkern von Staatsaufgaben geben kann oder muss, wird hingegen unterschiedlich beurteilt. Symptomatisch hierfür ist die Arbeit von Kämmerer16, in welcher er sich gegen die Aufgabentheorie ausspricht. Insbesondere der Hang zur Relativierung, zu der sich ihre Vertreter angesichts der realen Umstände immer wieder genötigt sehen, sei der entscheidende Nachteil des widerspruchsreichen Konzepts des materiell bestimmten Staatsaufgabenkanons17. Aber auch Gramm wendet sich gegen die Annahme, es sei möglich einen für alle Zeit gültigen und abgeschlossenen Katalog eines vorgegebenen staatlichen Mindestaufgabenbestandes zu definieren18. Jedoch hält er es für möglich, die Verfassung um eine tragfähige Theorie der notwendigen Staatsaufgaben anzureichern, die ihrerseits den Prinzipien von Menschenwürde und Menschenrechten verpflichtet sein muss19. 3. Eigene Betrachtung Betrachtet man die Kerntätigkeiten moderner Verfassungsstaaten unter einem tatsächlichen Blickwinkel, so lässt sich eine breite Übereinstimmung auf einigen Feldern durchaus konstatieren. Die Funktionen und Aufgaben, die von einer Vielzahl der Staaten im öffentlichen Interesse übernommen werden, lassen sich abs14 Bull, Die Staatsaufgaben nach dem Grundgesetz, 2. A., 1977, 99 ff.; Däubler, Privatisierung als Rechtsproblem, 1980, S. 64 f.; Vogel, Öffentliche Wirtschaftseinheiten in privater Hand, 1959, S. 63 (81); Krautzberger, Die Erfüllung öffentlicher Aufgaben durch Private, 1971, S. 51 f. 15 Alternativ wurde von Vogel und Krautzberger der Terminus der Rechtstellungstheorie verwendet; Vogel, Öffentliche Wirtschaftseinheiten in privater Hand, 1959, S. 60; Krautzberger, Die Erfüllung öffentlicher Aufgaben durch Private, 1971, S. 53. 16 Kämmerer, Privatisierung, 2001. 17 Kämmerer, Privatisierung, 2001, S. 161. 18 Gramm, Privatisierung und notwendige Staatsaufgaben, 2001, S. 75. 19 Gramm, Privatisierung und notwendige Staatsaufgaben, 2001, S. 79.
B. Zu den „notwendigen“ Staatsaufgaben
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trakt als Sicherung des Fortbestandes nach außen und innen sowie als Gestaltung der Lebensverhältnisse im Allgemeinen wie Konkreten beschreiben. Die äußere, territoriale Sicherung des Staates kann weitgehend mit den Aufgaben der Landesverteidigung und Außenpolitik umschrieben werden. Die Absicherung des Staates nach innen erfolgt hingegen durch Anordnung und Realisierung eines umfassenden Gewaltmonopols, dessen Umsetzung sich mit dem Begriff der Polizei verbindet. Daneben tritt zur Aufrechterhaltung des inneren Friedens die Schaffung einer Rechtsordnung samt einer sie sichernden unabhängigen Justiz. Schließlich kann zum Bereich staatlicher Existenzsicherung auch die Refinanzierung über Steuereinnahmen und damit die Aufgabe des Finanzwesens gezählt werden. Nach diesem empirischen Befund mag die Schlussfolgerung auf einen tatsächlichen genuinen Bestand von Staatsaufgaben nahe liegen. Jedoch erscheint es müßig zu erwähnen, dass es in der Staatenpraxis vielfach auch zu Verwerfungen kommt. So ist die staatliche Außenpolitik nicht notwendig statisch auf die Erhaltung oder Wiederherstellung der äußeren (militärischen) Sicherheit ausgerichtet, sondern kann auch gestalterische Elemente, wie eine aktive Bündnispolitik, aufweisen. Ebenso kann sie u. a. durch den Abschluss von Kulturabkommen auch zivile Züge aufweisen. Neben die klassischen Aufgabenfelder treten zunehmend gestalterische Aufgaben, wie die der Befriedigung wirtschaftlicher Grundbedürfnisse, der Herstellung sozialer Gerechtigkeit oder des Umweltschutzes. Gerade diese Zielvorgaben werden von den Staaten aber in höchst unterschiedlicher Weise aufgenommen und umgesetzt. Daher kann insoweit kaum von „klassischen“ Staatsaufgaben gesprochen werden. Die Variationsbreite des tatsächlichen Befundes staatlicher Tätigkeit und ihrer politischen Umsetzung steht einer Verallgemeinerung i. S. d. Aufgabentheorie im Wege. Wenn etwa der inneren Sicherheit nach dem jeweiligen nationalen temporalen Verständnis ein anderer Inhalt zukommt, erscheint es unzulässig ein genuines Betätigungsmonopol des Staates anzunehmen. Selbst wenn es gelänge, die oben bezeichneten Kernbereiche auf einen gemeinsamen staatsmetaphysischen Nenner zurückzuführen, so fehlte noch immer die entscheidende Verknüpfung mit dem Wesen des Staates. Damit klassische Staatsaufgaben auch als genuine Staatsaufgaben gekennzeichnet werden können, müsste eine wesensmäßige Verbundenheit mit Staatlichkeit nachweisbar sein. Mit anderen Worten dürften nur staatliche Gebilde zu ihrer Gewährleistung in der Lage sein. Dies ist jedoch auf den meisten Gebieten der sog. klassischen Staatsaufgaben zweifelhaft. So existieren zahlreiche (Kleinst-)Staaten, die ihre äußere Sicherheit nicht selbst gewährleisten können, oder aber militärische Aufgaben auf befreundete Nachbarstaaten übertragen20. Andere wiederum entziehen sich der Staatengemeinschaft 20 So liegt etwa die Verteidigung Andorras gemeinsam in den Händen von Spanien und Frankreich. Nach Art. 44 Abs. 1 der andorranischen Verfassung tragen die Co-Fürsten als Symbol und Garanten für das Bestehen und die Fortdauer Andorras die Verantwortung.
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Teil 5: Staatliche Kernkompetenzen öffentlichen Handelns
durch strikte Isolierung, nehmen keinerlei oder nur selten ihre auswärtige Gewalt wahr. Wieder andere verfügen über derart üppig ausgestattete öffentliche Haushalte, dass sie auf Steuereinnahmen nicht oder nur zu einem geringen Anteil angewiesen sind bzw. sich allein durch eigene wirtschaftliche Tätigkeit refinanzieren. In allen diesen Fällen nehmen die betroffenen Staaten die genannten klassischen Staatsaufgaben entweder überhaupt nicht, oder in nur sehr verminderten Maße wahr. Freilich lässt sich auch die Nicht-Wahrnehmung von Aufgaben als negative Form von Aufgabenträgerschaft ansehen. Zudem ließe sich der Vorwurf erheben, dass in diesen Fällen lediglich die Frage nach dem „Ob“ ihrer Wahrnehmung betroffen ist. Richtig ist jedoch, dass sich aus dem Fakt fehlender Wahrnehmung noch nicht darauf schließen lässt, ob solche Aufgaben bereits ihrem Wesen nach den Staaten zugeordnet sind. Jedoch liegt der Schluss nahe, dass eine identitätsstiftende Funktion diesen Bereichen staatlicher Tätigkeiten nicht anhaftet. Dann aber fehlt es auch an einer inneren Verknüpfung zwischen Aufgabe und Wesen des Staates. Anderenfalls müsste man an der Staatlichkeit der betroffenen Gebilde zweifeln – eine Konsequenz, die soweit ersichtlich, auch von den Befürwortern der Aufgabentheorie nicht gezogen wird. Zwar ist zuzugeben, dass es Aufgaben gibt, die durch alle Epochen hinweg mehrheitlich von den Staaten wahrgenommen wurden, gleich welche Staatsform jeweils zugrunde lag. Augenfällig ist dies bei den Bereichen des Inneren, des Militärs, der Justiz und Gesetzgebung, der Finanzverwaltung und der Auswärtigen Angelegenheiten. Die angeführten Beispiele lassen indessen zu Recht daran zweifeln, dass diesen „Kernfunktionen“ staatlicher Tätigkeit eine staatsmetaphysische Begründung innewohnt. Vielmehr steht zu erwarten, dass es auch in diesen Bereichen immer häufiger zur Aktivierung privater Tätigkeit kommt21. Damit sieht sich die Annahme genuiner Staatsaufgaben erheblichen Zweifeln ausgesetzt. Die Annahme einzelne Aufgaben müssten allein aus ihrem Wesen heraus auf alle Zeiten für den staatlichen Sektor reserviert bleiben, geht somit fehl.
III. Der dynamisch verstandene Staatsaufgabenkern und die Rolle des zugrunde liegenden Staatsverständnisses Mit der Ablehnung des statisch verstandenen Staatsaufgabenkerns ist aber noch keine Absage an ein privatisierungsfestes, inhaltlich offenes staatliches Reservat gefallen. Die Analyse der historisch überlieferten Staatstheorien hat gezeigt, dass das Verständnis des Staates vom vordefinierten Menschenbild abhängt22. Aufgrund der anhand des Individuums festgestellten Unzulänglichkeiten werden Staats21 Das Beispiel des Gefechtsübungszentrums Heer (GÜZ) in der Colbitz-Letzlinger Heide und der Bau eines privat errichteten und betriebenen Gefängnisses in Hessen belegen dies für den militärischen bzw. Justiz-Bereich eindrucksvoll; siehe oben Teil 3, A. II. und Teil 3, B. II. 22 Siehe oben Teil 1, B. I.
B. Zu den „notwendigen“ Staatsaufgaben
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zwecke formuliert, die der ungezügelten Wirkkraft des unbeherrschten Einzelnen entgegenwirken sollen. Allen Entwürfen einer Staatstheorie ist dabei gemein, dass sie den Staat nicht als natürlich gegebenes und damit hinzunehmendes Gegenstück zum Individuum begreifen. Dem Staat kommt vielmehr in Verantwortung für ein gedeihliches Zusammenleben seiner Bürger eine mehr oder weniger detailreich ausgestaltete Funktion zu, welche ihm zugleich Sinn und Existenzgrundlage bieten. Ein Staat der keine Funktionen wahrnähme, sich also keiner Aufgaben berühmte, wäre nach allen Staatstheorien ein Sinn-loses Konstrukt und entbehrte jeglicher Legitimationsgrundlage. Denn auch wenn keine der von ihm erfassten Funktionen für sich genommen staatsnotwendig ist, kommt der Staat ohne einen grundlegenden Funktionsbestand nicht aus. Diesen Kern nicht anzutasten liegt in seinem existenziellen Interesse23. Damit bleibt aus staatstheoretischer Sicht festzuhalten, dass es mindestens einer, wenn nicht eines ganzen Bündels von Aufgaben bedarf, die neben den anderen Staatselementen Staatsgebiet, Staatsvolk und effektiver Staatsgewalt dem Gemeinwesen das notwendige Leben einhaucht. Ebenso wie die Staatszwecke vom zugrunde liegenden Staats- und Menschenverständnis abhängig sind, besteht auch eine Abhängigkeit zwischen den in concreto formulierten Staatsaufgaben und den dem Staat zugedachten Staatszwecken. Sie stehen in einer natürlichen Abhängigkeit zur jeweiligen Vorstellung vom Staat und lassen sich daher nur anhand des Staatsbildes, wie es sich in der Verfassung und der ihr zugrunde liegenden Grundstrukturen des jeweiligen Gemeinwesens wieder findet, analysieren. Im modernen Verfassungsstaat sind Staatsaufgaben damit zugleich als Verfassungsaufgaben zu begreifen24. Ein vordefinierter Bestand genuiner Staatsaufgaben lässt sich daraus aber nicht für alle Zeit unabänderlich begründen.
IV. Die Existenz eines originären Kerns von Staatsaufgaben unter dem Grundgesetz Lässt sich metarechtlich kein inhaltlich determinierter Staatsaufgabenkern feststellen, so gilt der nächste Blick den verfassungsimmanenten Vorgaben des Grundgesetzes. Besonderes Augenmerk ist dabei auf die Souveränität des Staates, das verfassungsrechtlich vorausgesetzte Gewaltmonopol und die Bindung der öffentlichen Gewalt an die Grundrechte zu legen.
Kämmerer, Privatisierung, 2001, S. 165. Ähnlich Gramm, Privatisierung und notwendige Staatsaufgaben, 2001, S. 60, der die Notwendigkeit einer Staatsaufgabe nicht metaphysisch sondern allein durch das Grundgesetz begründet sieht. 23 24
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Teil 5: Staatliche Kernkompetenzen öffentlichen Handelns
1. Staatlichkeit als Ausdruck von Souveränität Entscheidendes Abgrenzungsmerkmal des Staates gegenüber der Gesellschaft stellt seine Souveränität dar. Sie ist Ausdruck mangelnder Unterworfenheit und eigener Machtvollkommenheit. Anders als das Individuum kennt der Staat keine ihm übergeordnete Instanz im Sinne eines Normgebers, dessen Direktiven als bindend anzuerkennen wären. Damit könnten die aus der Sicherung der staatlichen Souveränität fließenden Aufgaben einen Ansatzpunkt für die Bestimmung eines genuin staatlichen Aufgabenkreises gemacht werden. Notwendige Prämisse für ein derartiges Unterfangen ist aber, dass Staatlichkeit ein gewisses Maß an Souveränität voraussetzt. Denn wenn sich nachweisen ließe, dass Staatlichkeit auch ohne Souveränität zu existieren vermag, könnte sie nicht zum Ausgangspunkt materieller Privatisierungsgrenzen gemacht werden. Dass überhaupt zwischen Staatlichkeit und Souveränität zu unterscheiden ist, hat bereits Jellinek nachgewiesen25. Ob beide Begrifflichkeiten in einem notwendigen Zusammenhang stehen, ist jedoch zweifelhaft. Das Problem wird in der Bundesrepublik Deutschland anhand der Frage aktuell, inwieweit die Art. 79 Abs. 3 und 20 Abs. 1 GG einer Einbindung Deutschlands in einen sich entwickelnden europäischen Bundesstaat entgegensteht. Insbesondere unter dem Blickwinkel der zunehmenden Übertragung von Hoheitsrechten (Art. 23 Abs. 1 S. 2 GG) ist es entscheidend, wie das verfassungsänderungsresistente Postulat des Art. 20 Abs. 1 GG „Die Bundesrepublik Deutschland ist ein [ . . . ] Bundesstaat“ zu verstehen ist. Sieht man hierin eine Garantie souveräner Staatlichkeit26, so muss eine derart starke Einbindung in ein europäisches Staatengebilde scheitern. Gegen eine so enge Verknüpfung der Begriffe Staatlichkeit und Souveränität sprechen aber erhebliche Bedenken. Hierfür lässt sich das Beispiel der Bundesländer anführen. Ihnen kommt nach unbestrittener Ansicht Staatsqualität zu, obgleich sie in ganz erheblichem Maße dem Diktat der bundesstaatlichen Ordnung unterworfen sind. Das BVerfG hat ihnen aus diesem Grunde sogar Souveränität abgesprochen27. Zumindest aber werden ihre hoheitlichen Befugnisse durch die Kompetenzen des Gesamtstaates in einem solchen Umfang begrenzt und kanalisiert28, dass von freier, voraussetzungs- und bindungsloser Herrschaftsgewalt keine Rede sein kann29. Jellinek, Allgemeine Staatslehre, 3. A., 1928, 7. Neuauflage, 1960, S. 502 ff. So z. B. Schilling, Die deutsche Verfassung und die europäische Einigung, AöR 116 (1991), S. 32 (54 f.). 27 BVerfGE 36, 342 (360 f.). 28 Kämmerer, Privatisierung, 2001, S. 155. 29 In diesem Sinne Sacksofsky, Landesverfassungen und Grundgesetz – am Beispiel der Verfassungen der neuen Bundesländer, NVwZ 1993, 235 (235); ebenso geht Sachs davon aus, dass die Staatlichkeit von Bund und Ländern nicht die gleichzeitige Souveränität beider Teile zur Folge haben könne, sondern sich allein durch den einen Mindestbestand substantieller Kompetenzen auf beiden Ebenen manifestiere, Sachs, in: Sachs (Hrsg.), Grundgesetz, 3. A., 2002, Art. 20 Rn. 65. 25 26
B. Zu den „notwendigen“ Staatsaufgaben
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Wenn aber Staatlichkeit auch ohne, oder zumindest ohne zureichende, Souveränität existent ist, spricht dies gegen eine wesenseigene Verknüpfung unter der Geltung des Grundgesetzes30. Die Souveränität kann daher allenfalls Folge von Staatlichkeit sein, vermag ihrerseits aber nicht einen dem Staat vorbehaltenen Bereich abzustecken. 2. Das staatliche Gewaltmonopol Neben einem staatsimmanenten Aufgabenkern ließe sich das Gewaltmonopol als Ausgangspunkt einer Bestimmung eines privatisierungsfesten Reservats staatlichen Handelns benennen. Das Gewaltmonopol, erstmals eingehend beschrieben von Max Weber in seiner ursprünglich obrigkeitlichen Form staatlichen physischen Zwangs31, verläuft schon aufgrund seiner staatstheoretischen Begründung an der Trennlinie von Staat und Gesellschaft. Das nach innen gerichtete Gewaltmonopol lässt sich nach heutigem Verständnis wohl als Ausdruck innerer Souveränität des Staates32, im Sinne eines allein zur Zwangsausübung legitimierten Teils des Gemeinwesens deuten. Folglich ist die staatsimmanente Privatisierungsschranke dort überschritten, wo es eine derartige Erosion erfährt, dass aufgrund der Quantität und Qualität von Übertragung von Hoheitsgewalt nicht mehr von einem staatlichen Monopol gesprochen werden kann. Zweifelhaft ist aber bereits, wie das Gewaltmonopol im modernen Staat zu erfassen ist. Was dem Gewaltbegriff im hier relevanten Kontext unterfällt, erscheint nicht erst seit dem Begriffswandel in der Rechtsprechung33 fragwürdig. Während z. T. an der Weber’schen Kategorie der physischen Gewalt stehen geblieben wird34, unternehmen andere den Versuch das Gewaltmonopol mittels neuer Definitionsansätze den Lebensumständen im demokratischen Verfassungsstaat moderner Prägung anzupassen35. Ein Ende der Diskussion ist gegenwärtig nicht abzusehen. Aber auch wenn aufgrund eines breiten Verständnisses des staatlichen Gewaltmonopols eine theoretisch klare Grenze der Entstaatlichung gefunden wäre, so ergeben sich doch erhebliche Bedenken bzgl. der Tragfähigkeit dieses Kriteriums. Mit jeder Ausstattung privater Kräfte muss im Rechtsstaat die Unterstellung unter 30 Ebenso Kämmerer, Privatisierung, 2001, S. 155, der zudem auf den erst 1990 zustande gekommenen Zwei-plus-vier-Vertrag der Besatzungsmächte verweist, durch welchen die Bundesrepublik Deutschland die volle Souveränität erlangte. Das Bundesstaatsprinzip gilt dagegen bereits sei Inkrafttreten des Grundgesetzes im Jahr 1949, ohne dass seine angeblich fehlende Umsetzung je gerügt wurde. 31 Weber, Wirtschaft und Gesellschaft, 5. A., 1972, S. 821 f. 32 Pitschas, Gefahrenabwehr durch Private Sicherheitsdienste?, DÖV 1997, 393 (398). 33 BGHSt 1, 145; BGHSt 23, 46 (53 f.) – Laepple – und BGHSt 37, 350 (353) – Sitzblockade – sowie BVerfG 92, 1. 34 So noch Merten, Rechtsstaat und Gewaltmonopol, 1975, S. 30. 35 Hermes, Staatliche Infrastrukturverantwortung, 1998, S. 154 und Gusy, Rechtsgüterschutz als Staatsaufgabe, DÖV 1996, 573 (576).
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Teil 5: Staatliche Kernkompetenzen öffentlichen Handelns
die staatliche Aufsicht einhergehen. Es erscheint dabei schon fraglich, ob diese Kontrolle durch den staatlichen „Gewaltmonopolisten“ die flächenhafte Ausstattung mit entsprechenden Befugnissen zu kompensieren vermag bzw. welche Anforderungen an die Ausformung der exekutiven Kontrolle im Einzelnen zu fordern sind. Des Weiteren ist festzuhalten, dass das Gewaltmonopol freilich nur dort begrenzende Wirkung entfalten kann, wo staatlicherseits auch Gewalt ausgeübt wird. Dort wo Staatsaufgaben in erster Linie durch leistende und gestaltende Elemente – etwa im Sozial- und Kultusbereich – wahrgenommen werden, scheitert das staatliche Gewaltmonopol an seiner einseitig ausgerichteten Funktion.
3. Bindung der öffentlichen Gewalt als Legitimation eines Aufgabenreservats, Art. 1 Abs. 1 und 3, 79 Abs. 3 GG Auf der Suche nach den Schranken einer Entstaatlichung öffentlicher Aufgaben gerät beim Blick in das Grundgesetz Art. 1 Abs. 3 GG in den Mittelpunkt des Interesses. Die hier an prominenter Stelle zum Ausdruck kommende Grundrechtsbindung der öffentlichen Gewalt war eine, wenn nicht die fundamentalste Entscheidung des Verfassungsgebers bei der Formulierung des Grundgesetzes36. Während noch in der Weimarer Reichsverfassung viele Grundrechte zu Programmsätzen abgestuft wurden, wird durch die Inpflichtnahme aller staatlichen Einrichtungen den Grundrechten eine unmittelbare normative Geltung eingeräumt37. Im Gegensatz zu den privaten Rechtssubjekten, die nur im Rahmen der Auslegung unbestimmter Rechtsbegriffe einer mittelbaren Grundrechtsbindung unterworfen sind38, trifft den Staat eine unmittelbare Grundrechtsverpflichtung. Dies ist einer der wesentlichsten Unterschiede zwischen Staat und Gesellschaft. Dennoch taugt auch die Grundrechtsbindung der öffentlichen Gewalt weder zur Umschreibung eines Bereichs durch das Grundgesetz vorgefertigter Staatsaufgaben, noch zur rechtlichen Determinierung und materiellen Limitation von Privatisierungen. Dies folgt aus der klassischen Funktion der Grundrechte als Abwehrrechte des Bürgers gegen den Staat. In ihrer Funktion zur Sicherung des status negativus setzen sie gerade voraus, dass es staatlicherseits zu einer Freiheitsbedrohung beim Individuum kommt. Insofern ist staatliche bzw. hoheitliche Tätigkeit Voraussetzung für eine Grundrechtsbindung. Allenfalls im Privatisierungsakt als solchem ließe sich (auch unter Zuhilfenahme der modernen Dogmatik39) ein Eingriff bejahen. Jedoch bestehen Bedenken, aus der Beteiligung Privater an der Er36 Sie wird von Stern – wohl zu Recht – als Schlüsselnorm des Grundgesetzes bezeichnet, Stern, Das Staatsrecht der Bundesrepublik Deutschland, Bd. III / 1, 1. A., 1988, S. 1179 ff., Höfling, in: Sachs (Hrsg.), Grundgesetz, 3. A., 2003, Art. 1 Rn. 72. 37 Jarass, in: Jarass / Pieroth (Hrsg.), Grundgesetz, 7. A., 2004, Art. 1 Rn. 21. 38 Hierzu ausführlich Stern, Das Staatsrecht der Bundesrepublik Deutschland, Bd. III / 1, 1. A., 1988, S. 1523 ff. 39 Vgl. Sachs, in: Sachs (Hrsg.), Grundgesetz, 3. A, 2003, Vor Art. 1 Rn. 83 ff.
B. Zu den „notwendigen“ Staatsaufgaben
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füllung öffentlicher Aufgaben – wenn auch nur mittelbar – eine Grundrechtsbeeinträchtigung konstruieren zu wollen. Ein subjektiver Anspruch des einzelnen Grundrechtsträgers auf eine bestimmte Form der Aufgabenwahrnehmung ist jedenfalls abzulehnen. Zur Begründung notwendiger staatlicher Aufgabenbereiche taugt die Bindung des Art. 1 Abs. 3 GG daher nicht. Anders sieht es aus, wenn man den status activus der Grundrechte in den Blick nimmt. Jedoch werden gerade hier seitens der Rechtsprechung viele Konzessionen an den Gesetzgeber gemacht40. Diese auf der in Art. 1 Abs. 3 und Art. 20 Abs. 2 und 3 GG festgelegten Gewaltenteilung beruhende Rechtsprechung wirkt derart relativierend, dass auch diese Grundrechtsfunktion kaum zur Begründung staatlicher Reservate fruchtbar gemacht werden kann. Allenfalls dann, wenn der Gestaltungsspielraum des (privatisierenden) Gesetzgebers überschritten wird und der Schutzgegenstand des jeweiligen Grundrechts nicht mehr hinreichend gesichert erscheint, taugen die grundrechtlichen Schutzpflichten als materielle Privatisierungsschranke41. Allenfalls in ihrer objektivrechtlichen Funktion als allgemeine Werteordnung kann dem Grundrechtskatalog der Art. 1 ff. GG eine allgemeine Zielverpflichtung und damit ein durch die Verfassung vorgegebener Aufgabenbereich des Staates, mit entsprechenden Privatisierungsschranken entnommen werden. Dieser mag mit staatlicher Grundrechtsgewährleistung umschrieben werden. Aufgrund des Art. 79 Abs. 3 GG erweist sich der objektivrechtliche Gehalt der Grundrechte, soweit sie sich mit dem Menschenwürdekern des Art. 1 Abs. 1 GG decken und als normative Werteordnung den Geist der Verfassung prägen, auch als änderungsresistent. Sowohl Art. 1 Abs. 1 GG, als auch Art. 79 Abs. 3 GG sind in ihrer Normativität allein von der pouvoir constitutionnel originaire, der unmittelbar verfassungsstiftenden Kraft wie sie in Art. 146 GG Niederschlag in der Verfassung gefunden hat42, abhängig. Zu bedenken bleibt aber in jedem Fall, dass der materiale Gehalt eines so gewonnenen Staatsaufgabenkatalogs derart indifferent ist, dass sich aus ihm kaum verallgemeinerungsfähige Anhaltspunkte für die Bestimmung originärer Staatsaufgaben unter dem Grundgesetz entnehmen ließen.
40 Hesse, Die verfassungsgerichtliche Kontrolle der Wahrnehmung grundrechtlicher Schutzpflichten des Gesetzgebers, in: FS Mahrenholz, 1994, S. 541 ff. 41 Sachs, in: Sachs (Hrsg.), Grundgesetz, 3. A., 2003, Vor Art. 1 Rn. 37. 42 In diesem Sinne auch Huber, in: Sachs (Hrsg.), Grundgesetz, 3. A., 2003, Rn. 11; anders die h. M., die Art. 146 GG zur inhaltsleeren Vorschrift deklariert indem sie neben der pouvoir constituant (d. h. dem verfassungsändernden Gesetzgeber) auch die pouvoir constitués (d. h. die unmittelbar verfassungsgebende Gewalt) durch Art. 79 Abs. 3 GG gebunden sieht und eine Totalrevision des GG für ausgeschlossen hält, so etwa z. B. Isensee, in: Isensee / Kirchhof (Hrsg.), HdbStR, Bd. VII, 1. A., 1992, § 166 S. 301 Rn. 61 m. w. N.
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Teil 5: Staatliche Kernkompetenzen öffentlichen Handelns
V. Zusammenfassende Betrachtung Zusammenfassend bleibt zu konstatieren, dass dem Grundgesetz kein unabänderlich feststehender Kern von Staatsaufgaben zugrunde liegt. Weder das Gewaltmonopol, noch der inhaltlich variable Kern notwendiger Staatsaufgaben lassen sich inhaltlich so aufbereiten, dass hieraus Konsequenzen für Aufgabenverteilung zwischen Staat und Gesellschaft gezogen werden könnten. Vielmehr ist in jedem Einzelfall zu prüfen, ob die Grenzen materieller Entstaatlichung überschritten werden. Dies kann letztlich erst bejaht werden, wenn der Staat infolge stetigen Aufgabenverlustes zur inhaltsleeren Hülle verkommt, unter deren Deckmantel private Träger öffentlicher Aufgaben die Besorgung des gemeinen Wohls unter sich aufteilen. Bis zu diesem Punkt ist dem privatisierenden Gesetzgeber eine weitgehende Gestaltungsfreiheit und Einschätzungsprärogative einzuräumen. Das gilt zum einen für Verteilung öffentlicher Aufgaben als solcher und zum anderen erst recht für deren tatsächliche Wahrnehmung unter Hinzuziehung privater Träger.
Teil 6
Normative Determinanten öffentlich-privater Kooperationen Die Vielzahl existierender Kooperationen zwischen der öffentlichen Verwaltung und Privaten muss aus rechtlicher Sicht die Frage nach einem ordnenden Rahmen aufwerfen. An der Schnittstelle zwischen staatlicher Gemeinwohlbindung und privatem Gewinnstreben steht dabei notwendigerweise der Ausgleich der konfligierenden Interessen. Neben der Konfliktbewältigung bzw. -vermeidung muss der Rechtsrahmen derartiger auf Dauer angelegter Kooperationen beiden Seiten die notwendige Sicherheit in tatsächlicher, finanzieller sowie personeller Hinsicht bieten. Zu diesen ordnenden und sichernden Funktionen eines möglicherweise noch zu schaffenden Kooperationsrechts1 tritt noch eine weitere, grundlegende Dimension. Aus dem Gemeinwohlbezug der Tätigkeit der öffentlichen Verwaltung folgt, dass der Umstand der Beteiligung Privater an der Erfüllung von Aufgaben der öffentlichen Hand auch die Interessen der Allgemeinheit berührt. Dieser Umstand kann bzgl. seiner gesellschaftlichen, politischen, wirtschaftlichen und sozialen Bedeutung kaum überschätzt werden. Mit der zunehmenden Beteiligung privater Investoren an öffentlichen Vorhaben wird aus wirtschafts- und verwaltungswissenschaftlicher Sicht der klassischen Einteilung in privaten und öffentlichen Sektor ein neuer Typus hinzugefügt. Dieser neue, sog. tertiäre oder Dritte Sektor2 droht dabei die klassische Vorstellung von der Dichotomie von Gesellschaft und Staat zu eliminieren. Überwiegend wird das Aufkeimen des modernen Verständnisses vom Staat als aktivierendem Gemeinwesen positiv wahrgenommen. Nicht zuletzt, weil sich so neue Finanzierungsmöglichkeiten für längst überfällige staatliche Investitionen im Bereich der Infrastruktur eröffnen. Infolge eines gewandelten Verständnisses von Aufgabenverantwortlichkeit sollen weite Bereiche der Daseinsvorsorge3, die bislang in öffentlicher Dazu näher unten Teil 8, A. Schuppert, Zur Anatomie und Analyse des Dritten Sektors, Die Verwaltung 28 (1995), 137 ff.; ders., Die Erfüllung öffentlicher Aufgaben durch die öffentliche Hand, private Anbieter und Organisation des Dritten Sektors, in: Ipsen (Hrsg.), Privatisierung öffentlicher Aufgaben, Private Finanzierung kommunaler Investitionen, 1994, S. 17 ff.; ders., Markt, Staat, Dritter Sektor – oder noch mehr?, in: Ellwein / Grimm / Hesse / Schuppert (Hrsg.), Jahrbuch zur Staats- und Verwaltungswissenschaft 1989. 3 Zum Begriffsinhalt der Daseinsvorsorge in der Marktwirtschaft und unter dem Einfluss des europäischen Harmonisierungsdrucks Heinze, Daseinsvorsorge im Umbruch, BayVBl. 2004, 33 ff. 1 2
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Hand lagen, nunmehr in gemeinsamer Verantwortung von öffentlichen und privaten Stellen wahrgenommen werden4. Staatlichkeit setzt jedoch eine Wesensverschiedenheit zur Gesellschaft voraus. Vermag sich der Staat des Grundgesetzes nur als notwendiges Gegengewicht zu seinen Bürgern und als Garant ihrer grundrechtlicher Freiheitsräume zu definieren, so schließt dies einen gesellschaftlichen Zustand aus, in dem er mit ihnen in einer dauerhaften Symbiose aufgeht. Das schließt es nicht aus, dass es funktional zu institutionalisierten Kooperationen kommt. Die Grenzen zwischen Staat und Gesellschaft drohen aber infolge stetig sich ausweitender und inhaltlich zunehmender Kooperationen zu verwischen, was die Legitimation des Staates gefährden kann. In der vorangegangenen Analyse dieser Fragestellung vor einem staatstheoretischen Hintergrund konnte weder aus dem Wesen des Staates, der Staatlichkeit im Allgemeinen, noch aus dem Grundgesetz eine absolute Grenze der Entstaatlichung festgestellt werden. Aufgrund der erheblichen wirtschaftlichen und haushaltspolitischen Interessen ist mit einer Umkehr der gegenwärtigen Tendenz ebenfalls nicht zu rechnen. Umso dringlicher ist es, nach Kriterien zu suchen, die die vorgefundenen Entwicklungen in geordnete Bahnen lenken und dem tertiären Sektor aus rechtlicher Sicht sowohl innere Strukturen, als auch einen äußeren Rahmen geben. Letzteres soll Gegenstand der folgenden Untersuchung sein. Dabei sind vor allem zwei Dimensionen zu beachten. Zum einen gilt es zu klären, inwieweit das geltende Recht auf die Erscheinung der sog. Öffentlich Privaten Partnerschaft hemmend einwirkt. Zum anderen ist es von Bedeutung, in welchem Maße sich die Rechtsordnung fördernd auf solche Beteiligungen auswirkt. Im Vokabular materieller Entstaatlichung kann danach von privatisierungshemmenden und privatisierungsfördernden Vorgaben der Rechtsordnung gesprochen werden. Um die privatisierungshemmende Dimension einzelner Rechtsvorschriften besser erfassen zu können, ist zunächst der rechtliche Hintergrund der gegenwärtigen Tendenz zur Entstaatlichung zu untersuchen. Neben den unterschiedlichen Stoßrichtungen auf den Ebenen des Gemeinschaftsrechts, des nationalen Verfassungs- und des einfachen Gesetzesrechts des Bundes und der Länder, sind dabei auch die spezifischen Charakteristika einer funktionalen Privatisierung zu beachten. Im Schnittpunkt zwischen Aufgabenprivatisierung einerseits und reiner Organisationsprivatisierung andererseits ergibt sich so eine vielschichtige Gemengelage von Privatisierungsgeboten und Privatisierungsverboten.
4 Kritisch hierzu vor dem Hintergrund des Sozialstaatsprinzips Broß, Daseinsvorsorge – Wettbewerb – Gemeinschaftsrecht. JZ 2003, 874 (878).
A. Normative Impulse zu funktioneller Privatisierung
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A. Normative Impulse zu funktioneller Privatisierung I. Europäisches Gemeinschaftsrecht Das zunehmende Vordringen des Gemeinschaftsrechts auch in die letzten Bereiche nationalstaatlicher Gesetzgebung kann auch im Rahmen der vorliegenden Arbeit nicht vernachlässigt werden. Die zunehmende Relevanz des europäischen Gemeinschaftsrechts ist auch im Bereich des Allgemeinen und des Besonderen Verwaltungsrechts nicht mehr zu leugnen5. Dies liegt zum einen an dem vom EuGH aufgestellten und bereits verfestigten Grundsatz des Anwendungsvorrangs6 und zum anderen an der Haltung des BVerfG, nach dessen Auffassung die nationalen Verfassungen der Mitgliedstaaten mit dem Gemeinschaftsrecht verklammert sind7. Damit verbietet sich eine isolierte Betrachtung beider Regelungsebenen. Gleichwohl liegen dem Gemeinschaftsrecht einerseits und dem Grundgesetz andererseits – wie noch zu zeigen sein wird – zum Teil voneinander abweichende Grundvorstellungen über das Verhältnis von Staat und Gesellschaft zugrunde. Jene in einen schonenden Ausgleich zu bringen, setzt zunächst deren autonome Analyse voraus. Nur so ist sichergestellt, dass auftretende Interdependenzen nicht bereits das Vorverständnis beeinflussen und so die Synthese der beiderseitigen Vorgaben verfälschen. Spricht man von Entstaatlichung des öffentlichen Sektors in einem gemeinschaftsrechtlichen Kontext, so können grundsätzlich auch die Rechtsordnungen anderer Mitgliedstaaten nicht ausgeklammert werden. In der zunehmenden Verzahnung nationalstaatlicher und gemeinschaftsrechtlicher Vorgaben im Bereich von Wirtschafts- und Finanzpolitik treten dabei unterschiedliche Konzepte nationaler Ordnungspolitik zutage8. Der mitgliedstaatliche Umgang mit den europarechtlichen Vorgaben wird so zum Kristallisationspunkt verschiedener Verständnisse von Staatlichkeit im Raum der Europäischen Gemeinschaft.
1. Die europäische Wirtschaftsverfassung, Art. 2 EUV, Art. 3, 4, 98 ff. EGV Es entspricht der Eigenart von Verfassungstexten im allgemeinen wie auch dem EU- und EG-Vertrag im besonderen, dass sie nur wenige oder keine konkreten Aussagen zur Privatisierung öffentlicher Aufgaben treffen. Der funktionelle Privatisierungen prägende Antagonismus von Staat und Gesellschaft muss daher erst in einer Gesamtschau aller relevanten Bestimmungen untersucht werden, um kon5 Ebenso Storr, Der Staat als Unternehmer, 2001, S. 255; Weiss, Privatisierung und Staatsaufgaben, 2002, S. 348. 6 Costa / ENEL, EuGHE 1964, 1251 ff.; Erich Ciola, EuGHE 1999, 2517 ff. 7 Solange II, BVerfGE 73, 339 (385). 8 Hierzu Rahmsdorf, Ordnungspolitischer Dissens und europäische Integration, 1982, S. 71 (79).
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krete Aussagen über die Vorgaben einer Entstaatlichung treffen zu können. Die für den Bereich funktioneller Privatisierungen maßgeblichen wirtschaftspolitischen Bestimmungen sind daher einer eingehenden Analyse und Auslegung zuzuführen, um den allgemeinen Vorgaben konkrete Ge- und Verbote in diesem Bereich entnehmen zu können. Dabei besteht die Gefahr, dass durch eine zu detaillierte Beschäftigung mit den Vorgaben der Blick für das zugrunde liegende System verstellt wird. Die Bestimmung des rechtlichen Gehalts einzelner Vorgaben hat sich daher an der gemeinschaftsrechtlichen Wirtschaftsordnung zu orientieren9. Ausgangspunkt jeder Untersuchung der Wirtschaftsverfassung des EG-Vertrages müssen die Vorgaben des EU-Vertrages sein, unter dessen Dach sich auch der Vertrag über die Gründung der Europäischen Gemeinschaft einbettet. Nach dem ambitionierten Auftakt der EU-Verfassung setzt sich die Europäische Union gem. Art. 2 EUV10 das Ziel der Förderung des wirtschaftlichen und sozialen Fortschritts und eines hohen Beschäftigungsniveaus sowie die Herbeiführung einer ausgewogenen und nachhaltigen Entwicklung, insbesondere durch Schaffung eines Raumes ohne Binnengrenzen, durch Stärkung des wirtschaftlichen und sozialen Zusammenhalts und durch Errichtung einer Wirtschafts- und Währungsunion [ . . . ]. Während einzelne Teile wie die Einführung einer gemeinsamen Währung in einem Großteil der Mitgliedstaaten bereits erfolgreich beendet wurden, bleibt die Hauptaufgabe in der Form der Schaffung eines Raumes ohne Binnengrenzen, also die Herbeiführung einer umfassenden Wirtschaftsunion ein dauernder Auftrag an die Europäischen Gemeinschaften. Das Kernstück dieser historisch einzigartigen Kraftanstrengung muss die Formung einer gemeinsamen Wirtschaftsverfassung als Leitbild für alle Mitgliedstaaten sein. Auch der Text des EG-Vertrages nimmt an mehreren Stellen zur Wirtschaftsverfassung, wenn auch nicht explizit, so doch mittelbar Bezug. Entsprechend Art. 2 EGV ist es u. a. Aufgabe der Gemeinschaft, durch die Errichtung eines Gemeinsamen Marktes eine harmonische, ausgewogene und nachhaltige Entwicklung des Wirtschafslebens zu fördern. In dieser Harmonisierung der Wirtschaftsordnungen der Mitgliedstaaten liegt das Kernelement der Wirtschaftsverfassung der Gemeinschaft11. Der EuGH erkennt in der Grundnorm des Art. 2 EGV einen Auftrag zur Beseitigung aller Hemmnisse im innergemeinschaftlichen Handel mit dem Ziele der Verschmelzung der nationalen Märkte zu einem einheitlichen Markt, dessen Bedingungen denjenigen eines wirklichen Binnenmarktes möglichst nahe kommen12. Angesichts dessen muss der Text des EG-Vertrages selbst eine Antwort darauf geben, mit welchem Ziel die genannten Harmonisierungsvorhaben betrie9 In diesem Sinne auch Schmidt, Die Liberalisierung der Daseinsvorsorge, Die Verwaltung 28 (1995), 281 (286). 10 Vertrag zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft, i. d. F. des Vertrags von Amsterdam vom 02. 10. 1997, BGBl. 1998 II, S. 387 ff. 11 Schmidt, Die Liberalisierung der Daseinsvorsorge, Die Verwaltung 28 (1995), 281 (288). 12 EuGHE 1982, 1409 (1431).
A. Normative Impulse zu funktioneller Privatisierung
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ben werden sollen. Dies gilt umso mehr, als die Mitgliedstaaten gem. Art. 10 S. 2 EGV gehalten sind alles zu unterlassen, was die Erreichung der vertraglich vereinbarten Ziele gefährden kann (effet utile). Zu fragen ist daher nach dem Charakter der im EG-Vertrag angelegten gesamteuropäischen Wirtschaftsverfassung, die zugleich Leitbild aller nationalen Anstrengungen auf dem Weg zu dem in Art. 2 EGV genannten Gemeinsamen Markt sein muss. Eine erste Konkretisierung liefert Art. 4 Abs. 1 EGV, der eine gemeinsame, auf einer engen Koordination zwischen den Mitgliedstaaten beruhende Wirtschaftspolitik zum Gegenstand hat. Jene soll dem Grundsatz einer offenen Marktwirtschaft mit freiem Wettbewerb verpflichtet sein. Damit wird erstmals ein ordnungspolitischer Anspruch formuliert, der bislang in keinem der Mitgliedsstaaten so explizit festgeschrieben wurde13. Mit welchem Inhalt diese Grundsatznorm zu füllen ist, bleibt indes dem ordnungspolitischen Diskurs innerhalb und zwischen den Mitgliedstaaten überlassen14. Aus Art. 4 Abs. 1 EGV wird jedoch der Schluss gezogen, dass der Wechsel zu einem anderen Wirtschaftssystem jedenfalls unzulässig sei15. Ob man dennoch von einer offenen Wirtschaftsverfassung des EGV sprechen kann erscheint daher fragwürdig16. Art. 98 S. 2 EGV charakterisiert die offene Marktwirtschaft mit freiem Wettbewerb weitergehend dahin, dass sie den effizienten Einsatz von Ressourcen fördere. Aus den beiden Elementen des freien Wettbewerbs einerseits und der effizienten Güterallokation andererseits wird ferner geschlossen, dass aus der Bandbreite möglicher Wirtschaftsordnungen die Modelle einer zentralistischen Planwirtschaft17, einer sozialistischen Marktwirtschaft bzw. einer durchkartellierten Wirtschaftsordnung entfallen18. Blickt man auf die Erfahrungen in Europa mit derartigen Systemen zurück, so erscheint dieser Schluss als folgerichtig und wird im Grundsatz auch nicht ernstlich in Zweifel gezogen. Der freie Wettbewerb zwischen den Anbietern von Gütern und das Regulativ des Marktes muss somit prägendes Element der ökonomischen Struktur der europäischen Wirtschaftsordnung und des Gemeinsamen Marktes im Sinne des Art. 4 Abs. 1 EGV sein. Er wird dabei von den wirtschaftlichen Grundfreiheiten gem. Art. 23 ff., 39 ff., 49 ff. und 56 ff. EGV und den Gemeinschaftsgrundrechten, wie sie in der Charta der Grundrechte der 13 Wittelsberger, in: von der Groeben / Schwarze (Hrsg.), EGV / EUV, 6. A., 2003, EGV Art. 4 Rn. 4. 14 Lenz, in: Lenz / Borchardt (Hrsg.), Art. 4, Rn. 2; auch Storr, Der Staat als Unternehmer, 2001, S. 256 hält den Aussagegehalt für eher gering. 15 Nicolaysen, Europarecht, Bd. II, Das Wirtschaftsrecht im Binnenmarkt, Baden-Baden 1996, S. 320. 16 So aber Burgi, Funktionale Privatisierung und Verwaltungshilfe, 1999, 229 ff. und Wolff / Bachof / Stober, Verwaltungsrecht III, 5. A., 2004, § 93 IV 1, S. 627 Rn. 8; Sodan, Vorrang der Privatheit als Prinzip der Wirtschaftsverfassung, DÖV 2000, 361 ff. 17 Müller-Graff, Die wettbewerbsverfasste Marktwirtschaft als gemeineuropäisches Verfassungsprinzip?, EuR 1997, 433 (440). 18 Storr, Der Staat als Unternehmer, 2001, S. 256.
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EU19 Ausdruck gefunden haben, flankiert. Diese Prinzipien wurden seitens des EuGH zu allgemeinen Grundsätzen des Gemeinschaftsrechts erhoben20 und stellen somit die tragenden Eckpfeiler eines marktwirtschaftlich geprägten Binnenmarktes dar. Die fundamentalen Strukturentscheidungen des Kartellverbots, des Beihilfenverbots und des Diskriminierungsverbots, stellen dementsprechend sicher, dass der Wettbewerb im Gemeinschaftsraum weitgehend unverfälscht bleibt21, wie dies Art. 3 Abs. 1 lit. g EGV22 fordert. Aus dem Kartellverbot in Art. 81 Abs. 1 EGV23 folgt zudem, dass nicht lediglich irgendeine Form von Wettbewerb anzustreben ist. Er muss vielmehr selbst effektiv sein (sog. workable competition)24. Damit deutet zunächst alles auf eine neoliberale Wirtschaftsordnung hin. Eine These, die durch den fehlenden Zusatz des Sozialen und der Betonung der Freiheit der Kräfte des Marktes gestützt wird. Staatliche Regelungsinstrumente scheinen diesem Wirtschaftssystem fremd zu sein. Ob eine solche Wirtschaftsordnung unter dem EG-Vertrag tatsächlich angestrebt wird, lässt sich aber aufgrund anderer Bestimmungen durchaus in Zweifel ziehen. Zu nennen sind die Bestimmungen über die gemeinsame Agrarpolitik in den Art. 32 ff. EGV und die Gemeinschaftsziele des Umwelt- und Verbraucherschutzes, Art. 3 Abs. 1 lit. l und t EGV, die von dem Phänomen des Marktversagens geprägt sind und daher nahezu ausschließlich durch dirigistische Instrumentarien umgesetzt werden können25. Daraus lässt sich der Schluss ziehen, dass dem Bekenntnis in Art. 4 Abs. 1 EGV kein bindender Gehalt dergestalt zukommt, dass ein Einwirken auf die marktwirtschaftlichen Kräfte mit dem EG-Vertrag grundsätzlich unvereinbar wäre. Näher liegt der Schluss, dass es sich beim anzustrebenden Gemeinsamen Markt um ein Leitmotiv des Vertrages handelt, das schon wegen seiner prominenten Verortung im Vertragstext bei den wirtschaftspolitischen Entscheidungen der Vertragsorgane Eingang finden muss. Der Grundsatz einer offenen Marktwirtschaft mit freiem Wettbewerb kann daher 19 Charta der Grundrechte der Europäischen Union vom Europäischen Rat am 07. 12. 2000 in Nizza feierlich proklamiert, ABl. Nr. C 364 / 1 vom 18. 12. 2000. 20 EuGHE 1985, 531 (548). 21 Storr, Der Staat als Unternehmer, 2001, S. 257. 22 Art. 3 EGV: (1) Die Tätigkeit der Gemeinschaft im Sinne des Artikels 2 umfasst nach Maßgabe dieses Vertrags und der darin vorgesehenen Zeitfolge: ... g) ein System, das den Wettbewerb innerhalb des Binnenmarktes vor Verfälschungen schützt [ . . . ]. 23 Art. 81 Abs. 1 EGV: (1) Mit dem Gemeinsamen Markt unvereinbar und verboten sind alle Vereinbarungen zwischen Unternehmen, Beschlüsse von Unternehmensvereinigungen und aufeinander abgestimmte Verhaltensweisen, welche den Handel zwischen den Mitgliedstaaten zu beeinträchtigen geeignet sind und eine Verhinderung, Einschränkung oder Verfälschung des Wettbewerbs innerhalb des Gemeinsamen Marktes bezwecken oder bewirken, [ . . . ]. 24 Storr, Der Staat als Unternehmer, 2001, S. 257. 25 So auch Schwarze / Hatje, EGV, Art. 4 Rn. 10.
A. Normative Impulse zu funktioneller Privatisierung
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zwar keinen absoluten Geltungsanspruch erheben, Ausnahmen, die dieser ordnungspolitischen Maxime aber zuwiderlaufen, sind ihrerseits rechtfertigungsbedürftig. Die Bedeutung der so charakterisierten Grundentscheidung wird durch Art. 99 EGV noch unterstrichen, in dem die Unterzeichnerstaaten die gemeinsame Wirtschaftspolitik als eine Angelegenheit von gemeinsamem Interesse bezeichnen. Ein absoluter Geltungsanspruch kommt auch ihr nicht zu. Bestätigt wird diese Relativierung auch durch die Rechtsprechung des EuGH, in der dieser ganze Politikbereiche den Wettbewerbsregeln entzogen bzw. ihnen einen Vorrang gegenüber den Wettbewerbsvorschriften eingeräumt hat. Zu verweisen ist insoweit nur auf die Isoglucose-Entscheidung zu verweisen26. Aufgrund der dadurch zum Ausdruck kommenden funktional marktkritischen Grundhaltung ist zum Teil von einer ordnungs- bzw. wirtschaftspolitischen Neutralität des Gemeinsamen Marktes27 oder einer Art wirtschaftspolitischer Mischverfassung28 des EG-Vertrages gesprochen worden. Jedoch war die These von der wirtschaftspolitischen Neutralität des europäischen Gemeinschaftsrechts im Sinne einer Gleichwertigkeit von Wirtschaftsfreiheiten einerseits und Interventionen andererseits schon unter der Geltung des EWG-Vertrags äußerst umstritten und konnte sich letzten Endes nicht durchsetzen29. Andere Stimmen im Schrifttum können in den gegenläufigen gemeinschaftsrechtlichen Bestimmungen nur eine grundsätzlich marktwirtschaftliche Ausrichtung erkennen30. Als zu weitgehend wird man zumindest Stellungnahmen ansehen müssen, die der gemeinschaftsrechtlichen Wirtschaftsverfassung aufgrund der Vielzahl der interventionistischen Instrumentarien gerade im Bereich der Agrarpolitik sogar planwirtschaftliche31 oder zentralverwaltungswirtschaftliche Züge attestieren wollen. Festzuhalten ist, dass der EGV eine ausschließlich marktwirtschaftliche Wirtschaftsverfassung nicht im Blick hat. Vielmehr treten neben den Grundsatz vom freien Wettbewerb zahlreiche andere Politikziele. Um sie zu erreichen, wurden ganze Wirtschaftsbereiche intensiv reguliert. Ordnungspolitisch ist das System des EG-Vertrages damit alles andere als eine freie Marktwirtschaft im Sinne der ordoliberalen Schule32, auch wenn derartiges Gedankengut den Bestimmungen des EU- und des EG-Vertrages durchaus zugrunde liegen mag33. Realiter ergibt sich EuGHE 1980, S. 3393 (3421) – Isoglucose. Everling, Zur neueren EuGH-Rechtsprechung zum Wettbewerbsrecht, EuR 1982, 301 (312) und Hailbronner, Öffentliche Unternehmen im Binnenmarkt – Dienstleistungsmonopole und Gemeinschaftsrecht, NJW 1991, 593 (599). 28 Oppermann, Europarecht, 1991, S. 309. 29 Hierzu Schmidt, Die Liberalisierung der Daseinsvorsorge, Die Verwaltung 28 (1995), 281 (288). 30 Bleckmann, Europarecht, 6. A., 1997, S. 765. 31 Engel, VVDStRL 53 (1994), 132. 32 Storr, Der Staat als Unternehmer, 2001, S. 259. 33 Schmidt, Die Liberalisierung der Daseinsvorsorge, Die Verwaltung 28 (1995), 281 (288). 26 27
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vielmehr eine vielschichtige Gemengelage von sowohl liberalen als auch protektionistischen Motiven, die die gemeinsame Wirtschaftspolitik als eine Angelegenheit vom gemeinsamem Interesse (Art. 99 Abs. 1 EGV) überlagern. Dieses Nebeneinander kann nur durch das oben aufgezeigte Regel-AusnahmeVerhältnis sinnvoll erklärt werden. Ist die Wettbewerbsfreiheit nach der Grundentscheidung des Art. 4 Abs. 1 EGV die Regel, dann stellen die im Vertrag geregelten Interventionen als Begleitprogramm die Ausnahme dar34. Damit deckt sich auch die häufig anzutreffende Feststellung, dass jede Intervention als solche legitimationsbedürftig ist35. Es ist diese Legitimationsbedürftigkeit staatlichen Handelns, die die gemeinschaftsrechtliche Wirtschaftsordnung zumindest in ihrer Tendenz als privatisierungsfreundlich erscheinen lässt36. Ob sich hieraus weitergehend ein rechtlich verwertbares Gebot zu Privatisierung im Allgemeinen ableiten lässt, bleibt offen. Gegen eine derartige Annahme wird v. a. Art. 295 EGV angeführt, nach dem die Eigentumsordnung in den Mitgliedstaaten von den Bestimmungen des Vertrages unberührt bleibt. Diese Vorschrift ist vielfach als Begründung für die These von der wirtschaftspolitischen Neutralität des Vertrags angeführt worden37. Ob diese Bestimmung für sich in der Lage ist, die angeführten Grundentscheidungen der gemeinschaftsrechtlichen Wirtschaftsverfassung derart zu relativieren, erscheint indes fraglich. Zuzugeben ist, dass ein direkter Durchgriff des europäischen Primärrechts auf die bestehenden Eigentumsstrukturen im Bezug auf öffentliche Unternehmen angesichts Art. 295 EGV einen ultra vires – Akt darstellen würde. Insofern stehen Art. 4 und 98 EGV mit ihrem Bekenntnis zur offenen Marktwirtschaft mit freiem Wettbewerb in einem Spannungsverhältnis mit Art. 295 EGV38, weil deren absolute Umsetzung unter Ausschluss mitgliedstaatlicher wirtschaftlicher Tätigkeit an jener Norm scheitern muss. Die Funktion des Art. 295 EGV liegt aber letztlich darin, den Mitgliedstaaten das Recht zu erhalten, ihren wirtschafts-, finanz- und ordnungspolitischen Vorstellungen entsprechend über den (bestehenden) Umfang öffentlicher Wirtschaftstätigkeit frei disponieren zu können. Die Norm ist daher auf die konkrete Eigentumszuordnung zu reduzieren39. Dabei bleibt die materielle Bindung der Mitgliedstaaten an die übrigen Normen des Vertrages aber unberührt40. Sie haben angesichts des Grundsatzes des effet utile in Storr, Der Staat als Unternehmer, 2001, S. 261. Schmidt, Die Liberalisierung der Daseinsvorsorge, Die Verwaltung 28 (1995), 281 (290). 36 Ähnlich Kämmerer, Verfassungsstaat auf Diät?, JZ 1996, 1042 (1046). 37 Siehe Bleckmann, Europarecht, 5. A., 1990, Rn. 452 und Wolff / Bachof / Stober, Verwaltungsrecht III, 5. A., 2004, § 93 IV 1, S. 627 Rn. 8 beide mit Bezug auf Art. 295 EGV. 38 Kämmerer, Verfassungsstaat auf Diät?, JZ 1996, 1042 (1045). 39 Kingreen, in: Callies / Ruffert (Hrsg.), 2. A., 2002, Art. 295 EGV, Rn. 11; ähnlich Burgi, Die öffentlichen Unternehmen im Gefüge des primären Gemeinschaftsrechts, EuR 1997, 261 (273 f.), der in Art. 295 EGV (dort noch Art. 222 EGV) lediglich einen zuordnungsrechtlichen Aspekt zu erkennen vermag und weitergehend auf eine Neutralität des EG-Vertrags in der Frage „Privateigentum oder Staatseigentum“ schließt. 34 35
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Art. 10 EGV bei ihren Privatisierungsentscheidungen die Vorgaben der gemeinschaftsrechtlichen Wirtschaftsverfassung in den Blick zu nehmen. Die gemeinschaftsrechtlichen Grundentscheidungen geben so den Rahmen vor, an dem sich die Mitgliedstaaten bei ihren ordnungspolitischen Entscheidungen zu orientieren haben. Dieser ergibt sich aus dem Rechtsprinzip des Gemeinsamen Binnenmarktes mit seinen Grundfreiheiten, dem Diskriminierungsverbot und der Konstituierung des unverfälschten Wettbewerbs41. Diese vertraglichen Bestimmungen vermögen so zwar nicht unmittelbar, wohl aber indirekt steuernd auf nationale Privatisierungstendenzen einzuwirken. Abschließend lässt sich also feststellen, dass den genannten Bestimmungen nichts entnommen werden kann, was darauf schließen ließe, dass die Wirtschaftsverfassung, wie sie in den Art. 3, 4 und 98 ff. EGV angelegt ist, einer wirtschaftlichen Tätigkeit der Mitgliedstaaten in toto entgegenstünde. Ein unmittelbares Privatisierungsgebot bzgl. öffentlicher Unternehmen, ein gemeinschaftsrechtliches Entstaatlichungsgebot von Staatsaufgaben kann aus diesen Bestimmungen daher nicht folgen. Das gilt umso mehr, als der EGV selbst die Existenz öffentlicher Unternehmen anerkennt. So treffen die Art. 31 und 86 EGV besondere Anordnungen, sofern die Mitgliedstaaten staatliche Handelsmonopole oder öffentliche Unternehmen unterhalten. Dabei fordert insbesondere Art. 31 Abs. 1 S. 1 EGV nicht deren Abschaffung, sondern lediglich ihre Umformung im Sinne einer nicht diskriminierenden Ausgestaltung42. Zwar kann der Stillstandsklausel43 in Art. 31 Abs. 2 EGV eine grundsätzlich kritische Haltung gegenüber derartigen Erscheinungsformen staatsunternehmerischen Handelns entnommen werden. Art. 31 und 86 EGV sind aber ihrerseits Ausdruck einer entsprechenden Toleranz des Gemeinschaftsrechts.
2. Die kartellrechtlichen Bestimmungen, Art. 81 ff. EGV, insb. Art. 86 EGV Nach Art. 86 Abs. 1 EGV dürfen die Mitgliedstaaten im Bezug auf öffentliche Unternehmen keine gegen Art. 12 (allgemeines Diskriminierungsverbot) und 81 bis 89 (Wettbewerbsregelungen) widersprechenden Maßnahmen treffen oder beibehalten44. Dem liegt der Gedanke der Gleichstellung öffentlicher Unternehmen mit privaten Unternehmen zugrunde45. Zudem soll Art. 86 Abs. 1 EGV verhindern, 40 Mitteilung der Kommission, Leistungen der Daseinsvorsorge in Europa, KOM(2000), 580 endg., Rn. 21. 41 Schmidt, Die Liberalisierung der Daseinsvorsorge, Die Verwaltung 28 (1995), 281 (290). 42 Epinay, in: Callies / Ruffert (Hrsg.), 2. A., 2002, Art. 31 EGV, Rn. 4. 43 Epinay, in: Callies / Ruffert (Hrsg.), 2. A., 2002, Art. 31 EGV, Rn. 11. 44 Ipsen, Europäisches Gemeinschaftsrecht, 1972, S. 662 spricht von einer Grundentscheidung des Vertrages über die Behandlung öffentlicher Unternehmen. 45 Mitteilung der Kommission, Leistungen der Daseinsvorsorge in Europa vom 20. 09. 2000, KOM(2000), 580 endg., Rn. 21; von Burchard, in: Schwarze (Hrsg.), Art. 86 EGV Rn. 4;
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dass es durch die Mitgliedstaaten aufgrund ihres bestimmenden Einflusses auf diese Unternehmen zu mittelbaren Vertragsverletzungen kommt46. Eine Relativierung nimmt jedoch Absatz 2 bzgl. derjenigen Unternehmen vor, welche mit Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse betraut47 sind. Zwar gelten auch diesen gegenüber die vertraglichen Bestimmungen und damit vor allem die Wettbewerbsregeln. Jedoch stehen letztere unter einem Funktionsvorbehalt. Dieser ist Ausdruck eines Kompromisses zwischen dem Vertragsziel des unverfälschten Wettbewerbs und der wirtschaftspolitischen Gestaltungskompetenz der Mitgliedstaaten48. Soweit die Anwendung der gemeinschaftsrechtlichen Bestimmungen die Erfüllung der diesen Unternehmen anvertrauten Dienste rechtlich oder tatsächlich verhindert, finden die Vorschriften des EG-Vertrages keine Anwendung. Damit wird die Durchsetzungskraft des Gemeinschaftsrechts für einen ganz erheblichen Bereich öffentlicher wirtschaftlicher Tätigkeit geschwächt, wenn nicht gänzlich ausgehebelt. Als Ausnahmevorschrift ist Art. 86 Abs. 2 EGV dementsprechend eng auszulegen49. Eine äußerste Schranke stellt eine etwaige Beeinträchtigung der Entwicklung des Handelsverkehrs oder ein gegenläufiges Gemeinschaftsinteresse dar50. Dies ist aber erst dann der Fall, wenn der freie Wirtschaftsverkehr innerhalb der Gemeinschaft insgesamt und nicht nur hinsichtlich einzelner Produkte nachteilig beeinflusst wird51. Als öffentliches Unternehmen im Sinne des Art. 86 Abs. 1 EGV ist jedes Unternehmen anzusehen, auf dessen Geschäftsführung die öffentliche Hand einwirken kann, ohne auf hoheitliche Maßnahmen angewiesen zu sein52. Dabei kommt es weniger auf eine tatsächliche, als eine rein hypothetische Einwirkungsmöglichkeit Weiss, Privatisierung und Staatsaufgaben, S. 358; Kämmerer, Verfassungsstaat auf Diät?, JZ 1996, 1042 (1045). 46 EuGH, Rs. 188 – 190 / 80, Slg. 1982, 2545, Rn. 26 (Transparenzrichtlinie). 47 Nachdem sich der anfängliche Streit über die unmittelbare Anwendbarkeit dieser Vorschrift zugunsten einer Bejahung der Frage gelegt hatte, entzündete sich die Diskussion neuerlich an dem Merkmal des Betrautseins und seiner inhaltlichen Anforderungen. Hierzu Schmidt, Die Liberalisierung der Daseinsvorsorge, Der Staat 42 (2003), 225 (234). 48 Jung, in: Callies / Ruffert (Hrsg.), 2. A., 2002, Art. 86 EGV, Rn. 34; Schmidt, Die Liberalisierung der Daseinsvorsorge, Der Staat 42 (2003), 225 (231 f.). 49 Craig / de Búrca, EU Law, 3rd Ed., 2003, p. 113; Jung bezeichnet Art. 86 Abs. 2 EGV als eine eng begrenzte Bereichsausnahme, die entsprechend restriktiv auszulegen sei, Jung, in: Callies / Ruffert (Hrsg.), 2. A., 2002, Art. 86 EGV, Rn. 34 f. 50 Jedoch ist zuzugeben, dass diese letzte Schranke in der Praxis von keiner großen Relevanz ist. Anders als in Art. 81, 82 EGV ist eine tatsächliche Beeinträchtigung des Handels erforderlich, von Burchard, in: Schwarze (Hrsg.), EGV, Art. 86, Rn. 75 f. 51 So global ansetzend Jung, in: Callies / Ruffert (Hrsg.), 2. A., 2002, EGV Art. 86 Rn. 51; Pernice / Wernicke, in: Grabitz / Hilf (Hrsg.), EUV / EGV (Amsterdamer Fassung), Loseblattsammlung Stand: 29. EL, Dezember 2005, EGV Art. 86 EGV, Rn. 59. 52 9. Erwägungsgrund der Richtlinie der Kommission 80 / 723 / EWG v. 25. 06. 1980 über die Transparenz der finanziellen Beziehungen zwischen den Mitgliedstaaten und den öffentlichen Unternehmen, ABl. 1980 Nr. L 195, S. 35; Jung, in: Callies / Ruffert (Hrsg.), 2. A., 2002, Art. 86 EGV, Rn. 13.
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an53. Ebenso wenig ist die Organisationsform entscheidend, so dass auch nach einer Organisationsprivatisierung weiterhin von einem öffentlichen Unternehmen auszugehen ist. Der EuGH definiert den Unternehmensbegriff der Art. 81 ff. EGV in ständiger Rechtsprechung als jede eine wirtschaftliche Tätigkeit ausübende Einheit, unabhängig von ihrer Rechtsform und der Art ihrer Finanzierung54. Auf eine rechtliche Trennung vom Staat bzw. eine eigene Rechtspersönlichkeit des Unternehmens kommt es daher nicht an55. Damit bezieht sich die in Absatz 1 angeordnete Gleichstellung von öffentlichen und privaten Unternehmen auf den gesamten Bereich staatlicher Wirtschaftstätigkeit. Enger ist demgegenüber die Bezeichnung Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse. Anders als Absatz 1 erfasst er nicht den Bereich rein fiskalischen, nicht-hoheitlichen Staatshandelns56. Tritt die öffentliche Hand am Markt wie ein privater Teilnehmer auf, so liegt die treibende Gewinnerzielungsabsicht allein im Interesse des staatlichen Unternehmensträgers. Die Allgemeinheit partizipiert allenfalls über eine Konsolidierung der öffentlichen Haushalte an den Vorteilen derartiger Tätigkeiten, nicht aber an der Dienstleistung als solcher, die auch von privater Seite erbracht werden könnte. Ein wirtschaftliches Interesse der Allgemeinheit an der Vornahme gerade durch den Staat liegt insoweit nicht vor. Nach einer Mitteilung der Kommission vom 11. 09. 1996 sind unter den genannten Dienstleistungen alle marktbezogene Tätigkeiten zu verstehen, die im Interesse der Allgemeinheit erbracht und daher von den Mitgliedstaaten mit besonderen Gemeinwohlverpflichtungen verbunden werden57. Problematisch an dieser Formulierung ist, dass sie zwar einen gemeinschaftsrechtlichen, und folglich autonom auszulegenden Begriff definiert, dabei aber auf ganz unterschiedliche nationale Auffassungen trifft. Dass dem Begriff der gemeinwohlorientierten Leistung je nach Kulturkreis ein anderer Bedeutungsinhalt zugeschrieben wird, hat auch der Wirtschafts- und Sozialausschuss in seiner Stellungnahme zu der genannten Mitteilung der Kommission dargelegt58. Was in den Niederlanden mit „beheer van diensten“, in Italien mit „gestione di pubblica utilità“ in Großbritannien mit „public utility“ und in Frankreich als „service public“ bezeichnet wird, ist notwendig von einem 53 Hochbaum / Klotz, in: von der Groeben (Hrsg.), 2. Bd., 6. A., Baden-Baden 2003, Art. 86 EGV, Rn. 8. 54 EuGH, Rs. C-41 / 90, Slg. 1991, I-1979, Rn. 21 (Höfner und Elser / Macrotron) sowie zuletzt EuGH, Rs. C-218 / 00, 21. 01. 2002, Rn. 22, 23 (Cisal di Batistello Veneziano & C. Sas / INAIL). 55 So wurden sogar die italienischen Arbeitsvermittlungsbehörden als öffentliche Unternehmen i. S. d. Art. 81 ff. EGV behandelt, EuGH, Rs. 55 / 96, Slg. 1997, I-7119, Rn. 20 – 22 (Job Centre). 56 Burgi, Die öffentlichen Unternehmen im Gefüge des primären Gemeinschaftsrechts, EuR 1997, 261 (275). 57 Mitteilung der Kommission über die Leistungen der Daseinsvorsorge in Europa vom 11. 09. 1996, ABl. EG Nr. C 281 / 3. 58 Stellungnahme des Wirtschafts- und Sozialausschusses zum Thema „Leistungen der Daseinsvorsorge“ vom 20. 12. 1999, ABl. EG Nr. C 368 / 51.
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nationalen Staatsverständnis geprägt59. Das gilt nicht minder für die Bundesrepublik Deutschland, wo die Dienste von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse am ehesten mit dem von Forsthoff60 geprägten Begriff der „Daseinsvorsorge“ übersetzt werden können61. Führt man diese nationalen Begrifflichkeiten auf den europarechtlichen relevanten gemeinsamen Kern zurück, so wird erkennbar, dass der Stein des Anstoßes das (partielle) Marktversagen bzgl. einer Reihe von Dienstleistungen und öffentlichen Gütern ist62. Denn erst die mangelnde Fähigkeit des freien Wettbewerbs einzelne Güter für ganze Bevölkerungsschichten ausreichend zur Verfügung stellen zu können, lässt es gerechtfertigt erscheinen von dem Grundsatz der offenen Marktwirtschaft mit freiem Wettbewerb eine Ausnahme zu machen. Jene sieht Art. 86 Abs. 2 EGV vor, wenn er die Vertragsbestimmungen bzgl. der hier relevanten Unternehmen unter einen Funktionsvorbehalt stellt63. So umreißt der Wirtschafts- und Sozialausschuss den Begriff der Daseinsvorsorge dann auch, indem er auf wirtschaftliche und soziale Tätigkeiten verweist, die im allgemeinen nicht dem freien Spiel der Marktkräfte überlassen werden, sondern einem gewissen Maß an staatlicher Regulierung und Kontrolle unterliegen64. Zudem ist der so umgrenzte Begriff der Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse von den Begriffen der öffentlichen Verwaltung in Art. 39 Abs. 4 EGV sowie der Ausübung öffentlicher Gewalt in Art. 45 S. 1 EGV abzugrenzen. Beide Begriffe wirken jeweils beschränkend auf die Grundfreiheiten der 59 Den deutschen Begriff der Daseinsvorsorge und das französische Konzept des service public stellt Bullinger, Französischer service public und deutsche Daseinsvorsorge, JZ 2003, 597 ff. gegenüber. 60 Forsthoff, Die Verwaltung als Leistungsträger, Stuttgart 1938, S. 4 ff. und ders., Lehrbuch des Verwaltungsrechts, Bd. I, AT, 10. A, 1973, S. 368 ff. (370). 61 Zum begrenzten rechtlichen Aussagegehalt dieses Begriffs aber Schmidt, Die Liberalisierung der Daseinsvorsorge, Der Staat 42 (2003), 225 ff. (228 ff.); Moersch, Stand und Perspektiven grenzüberschreitender Raumordnung, BayVBl. 2004, 40 ff. hingegen, sieht den Nutzen dieses Begriffs in der Erkenntnis der Besonderheiten bestimmter Bedürftigkeiten und ihrer Deckung als Gegenstand einer eigen gearteten Leistungsverwaltung und eines egalitären Teilhabeanspruchs. Nach ihm umfasst die Daseinsvorsorge im Sinne der Forsthoff ’schen Lehre die staatlichen Veranstaltungen, Veranlassungen oder Regulierungen der Produktion oder Verteilung von Sachgütern oder (Dienst-)Leistungen des materiellen Lebens- oder Infrastrukturbedarfs für die Allgemeinheit, soweit sie nicht (lediglich) der Realisation privatautonomer Produktion oder Verteilung oder der Herstellung (gruppen-)individueller Gerechtigkeit des Verteilungsergebnisses dienen. 62 Davon geht auch die Kommission in ihrer Mitteilung vom 09. 11. 1996 aus. Mitteilung der Kommission über die Leistungen der Daseinsvorsorge in Europa vom 11. 09. 1996, ABl. EG Nr. C 281 / 3 (5). 63 Hochbaum / Klotz, in: von der Groeben / Schwarze (Hrsg.), Art. 86 EGV, Rn. 53 sprechen gar von einer Legalausnahme, was angesichts des noch zu zeigenden qualitativen Unterschieds zwischen Bereichsausnahmen und Rechtfertigungsgründen irreführend erscheint. 64 Stellungnahme des Wirtschafts- und Sozialausschusses zum Thema „Leistungen der Daseinsvorsorge“ vom 20. 12. 1999, ABl. EG Nr. C 368 / 51.
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Arbeitnehmerfreizügigkeit gem. Art. 39 ff. EGV, der Niederlassungsfreiheit gem. Art. 43 ff. EGV und i.V. m. Art. 55 EGV auch der Dienstleistungsfreiheit gem. Art. 49 ff. EGV. Allein die Kapital- und Zahlungsverkehrsfreiheit nach den Art. 56 ff. EGV entbehrt einer ähnlichen Bereichsausnahme zugunsten des staatlichen Sektors. Von Art. 86 Abs. 2 EGV unterscheiden sich die Funktion dieser Begriffe quantitativ als auch qualitativ. Während die Relativierung in Art. 86 Abs. 2 EGV das gesamte Vertragswerk in Bezug nimmt, beschränken sich Art. 39 Abs. 4 und Art. 45 S. 1 EGV auf eine Limitierung der jeweiligen Freiheitsverbürgungen. Andererseits gelten diese Schutzbereichsverkürzungen im Fall einer Beschäftigung in der öffentlichen Verwaltung oder einer Tätigkeit, die mit der Ausübung öffentlicher Gewalt verbunden ist, absolut. Anders stellt sich dies beim Regelungsgehalt von Art. 86 Abs. 2 EGV dar. Hier müssen neben das Vorliegen von Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse noch weitere Umstände treten. Die Nichtanwendung von Vertragsvorschriften ist nur dann zulässig, wenn anderenfalls die Erfüllung der übertragenen Aufgaben rechtlich oder tatsächlich verhindert würde. Damit wird der Charakter der konkreten Aufgabe als solcher zum Legitimationsgrund für eine Derogation primär- und sekundärrechtlicher Bestimmungen. Art. 86 Abs. 2 EGV ist folglich keine absolute Bereichsausnahme. In ihm wird lediglich anerkannt, dass aufgrund besonderer Aufgabenspezifika die Nichtanwendung einzelner rechtlicher Bindungen geboten sein mag65. Er dient damit dem schonenden Ausgleich der Konflikte mit dem Binnenmarkt im Fall von gemeinwohlbezogenen Aufgaben66. Dies rückt den übergreifenden Ausnahmetatbestand des Art. 86 Abs. 2 EGV zugunsten staatsunternehmerischer Tätigkeit67 zwar in die Nähe der Rechtfertigungsgründe wie sie durch Art. 30 EGV Eingang in das Primärrecht gefunden haben. Gleichwohl ist Art. 86 Abs. 2 EGV auch angesichts der dort angeführten Gründe der öffentlichen Sicherheit und Ordnung kein Super-Art. 36 EGV68. Damit ist im EG-Vertrag ein dreistufiges Modell staatlicher Tätigkeit angelegt: Zum einen der Bereich der mit den Begriffen öffentlicher Verwaltung und Ausübung öffentlicher Gewalt umrissen wird und die Legitimation für eine Beschränkung der Grundfreiheiten in sich trägt, weil ausschließlich Sachbereiche angesprochen werden, die der Sphäre der wirtschaftlichen Grundfreiheiten per se entzogen sind. Dieser Bereich kann als hoheitliche Staatstätigkeit bezeichnet werden. Zum anderen der Bereich in dem Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse erbracht werden, die ein Übergreifen des Mitgliedsstaates in den grundfreiheitlich geschützten Bereich rechtfertigen. In ihm sind Ausnahmen von den 65 Burgi, Die öffentlichen Unternehmen im Gefüge des primären Gemeinschaftsrechts, EuR 1997, 261 (277). 66 Weiss, Europarecht und Privatisierung, AöR 128 (2003), 91 (96). 67 Burgi, Die öffentlichen Unternehmen im Gefüge des primären Gemeinschaftsrechts EuR 1997, 261 (277). 68 In diesem Sinne aber von Wilmowsky, Mit besonderen Aufgaben betraute Unternehmen unter dem EWG-Vertrag, ZHR 155 (1991), 545 (559).
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Vertragsbestimmungen – insbesondere von der Gleichstellung öffentlicher und privat getragener Unternehmen – zulässig, soweit der Charakter der zu erfüllenden Aufgabe dies erfordert. Hier kann von gemeinwohlbezogener wirtschaftlicher Staatstätigkeit gesprochen werden. Und schließlich der Bereich der öffentlichen Unternehmen ohne besonderen Gemeinwohlbezug. Dieser wird durch Art. 86 Abs. 1 EGV ausnahmslos dem privaten Sektor gleichgestellt und kann mit erwerbswirtschaftlicher bzw. fiskalischer Staatstätigkeit umschrieben werden. Während der erste Bereich den wirtschaftlichen Grundfreiheiten entzogen und dem öffentlichen zugeschlagen wird, unterwirft der EG-Vertrag den dritten Bereich den Regeln der offenen Marktwirtschaft mit freiem Wettbewerb. Was folgt daraus für die Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse angesichts ihrer Stellung zwischen Staat und Markt? Aus der Formulierung „soweit“ in Art. 86 Abs. 2 S. 1 EGV und dem Erfordernis einer Verhinderung der Aufgabenerfüllung statt einer bloßen Erschwerung oder Behinderung69, lässt sich eine Vermutung für marktgerechtes Verhalten und damit zugunsten der Wettbewerbsregeln schlussfolgern. Die Nichtanwendung der Wettbewerbsregeln ist als Ausnahme somit legitimationsbedürftig, was die betreffenden Mitgliedstaaten und die betrauten öffentlichen Unternehmen unter einen beachtlichen Druck setzt. Wollen sie diesem gerecht werden, müssen sie darlegen, dass ein den Wettbewerbsregeln unterworfenes Unternehmen die Aufgabe nicht in gleicher Art und Weise erledigen könnte, denn nur dann liegt ein die staatliche unternehmerische Tätigkeit rechtfertigender öffentlicher Zweck vor70. Dieses Unterfangen wird umso seltener gelingen, je mehr sich die konkrete Dienstleistung bereits am Markt verfügbaren Dienstleistungen annähert. Doch selbst wenn die Mitgliedstaaten ihrer diesbezüglichen Beweislast gerecht werden, bleibt zu berücksichtigen, dass ein Zurückdrängen der Vertragsvorschriften nur als ultima ratio in Erwägung zu ziehen ist und zudem unter dem Prinzip der Erforderlichkeit steht71. Zudem sieht der EuGH die ersten beiden Absätze des Art. 86 EGV in einem Gesamtzusammenhang und überträgt den Rechtfertigungsdruck des Absatzes 2 in einer Art Erst-Recht-Schluss auf den Anwendungsbereich der sonstigen öffentlichen Unternehmen im Sinne von Absatz 172. Auf diese Weise übt Art. 86 EGV in den Bereichen außerhalb der öffentlichen Daseinsvorsorge einen schleichenden, mittelbaren Privatisierungsdruck aus73. 69 So noch EuGH, Slg. 1985 873 (887 ff.), Rn. 28 ff. – British Telecommunications und EuG, Slg. 1997, II-997 (1043), Tz. 138 – Air Inter / Kommission; neuerdings soll aber bereits eine sachliche oder rechtliche Gefährdung der Aufgabenerfüllung ausreichend sein, so EuGH, Slg. 1997, I-5815 (5835), Tz. 59 – Kommission / Frankreich und EuGH, Slg. 1997, I-5699 (5780), Tz. 43 – Kommission / Niederlande. 70 So auch Weiss, Privatisierung und Staatsaufgaben, 2002, S. 360. 71 Jung, in: Callies / Ruffert (Hrsg.), 2. A., 2002, Art. 86 EGV, Rn. 47; unlängst wurde der Wettbewerbsausschluss zugunsten der medizinischen Notfallrettung als Teilbereich öffentlicher Daseinsvorsorge durch den EuGH bestätigt, EuGH, Rs. C-475 / 99 (Ambulanz Glöckner / Landkreis Südwestpfalz), Slg. 2001, S. I-8089 ff.; dazu Stadler / Bock, Rettungsdienst auf dem Prüfstand des europäischen Wettbewerbsrechts, BayVBl. 2003, 40 ff. 72 EuGH, EuZW 2000, 281 (283 ff.).
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Diese Tendenz wird auch nicht durch Art. 16 EGV74 beseitigt, durch den sich die Europäische Gemeinschaft und die Mitgliedstaaten positiv zu den Diensten von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse bekennen. Trotz seiner Stellung im Grundsatzteil des Vertrages lässt er ausdrücklich die Regelung des Art. 86 EGV unberührt. So kommt Art. 16 EGV bislang in erster Linie die Funktion einer politischen Absichtserklärung und Handlungsaufforderung zu75. Auch wenn die Mitgliedstaaten durch die Einführung des Art. 16 EGV den Sektor der Daseinsvorsorge nicht auf eine Ebene mit dem Modell der offenen Marktwirtschaft mit freiem Wettbewerb stellen wollten76, so muss doch auch diese neue Zielvorgabe bei den anstehenden Leitentscheidungen Eingang finden. Noch ist die Vorschrift des Art. 16 EGV rechtlich von recht geringer Durchschlagskraft77. So lässt sich aus ihr weder ein absoluter Bestandsschutz zugunsten der gemeinwirtschaftlich arbeitenden Unternehmen78, noch ein subjektiver Anspruch der Unionsbürger auf eine Mindestversorgung mit Leistungen von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse herleiten79. Sie wird aber zunehmend aus ihrem Schattendasein heraustreten und die wirtschaftspolitische Entwicklung im Gemeinschaftsgebiet wesentlich mit beeinflussen80. Dies gilt nicht zuletzt aufgrund der Umformulierung, die die Vorschrift durch die künftige EU-Verfassung erfahren sollte81. Bis zu einer solchen darf aber nicht 73 So auch Weiss, Europarecht und Privatisierung, AöR 128 (2003), 91 (96 f.); Helm, Privatisierung als Rechtspflicht, 1999, S. 128 spricht mit Bezug auf Art. 86 EGV von der erfolgreichsten Privatisierungsnorm überhaupt. 74 Art. 16 EGV: Unbeschadet der Artikel 73, 86 (!) und 87 und in Betracht des Stellenwerts, den Dienste von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse innerhalb der gemeinsamen Werte der Union einnehmen, sowie ihrer Bedeutung bei der Förderung des sozialen und territorialen Zusammenhalts tragen die Gemeinschaft und die Mitgliedsstaaten im Rahmen ihrer jeweiligen Befugnisse im Anwendungsbereich dieses Vertrags dafür Sorge, daß die Grundsätze und Bedingungen für das Funktionieren dieser Dienste so gestaltet sind, daß sie ihren Aufgaben nachkommen können. 75 Jung, in: Callies / Ruffert (Hrsg.), 2. A., 2002, Art. 16 EGV, Rn. 13; Schmidt, Die Liberalisierung der Daseinsvorsorge, Der Staat 42 (2003), 225 (239). 76 Jung, in: Callies / Ruffert (Hrsg.), 2. A., 2002, Art. 16 Rn. 12. 77 Europäisches Parlament, Erste Analyse des Vertrags von Amsterdam, Kapitel 4. Sozialpolitik, 26. 06. 1997, abrufbar unter http: // www.europarl.eu.int / topics / treaty / analysis / section2_de.htm#chap4. 78 Anders Schmidt, Die Liberalisierung der Daseinsvorsorge, Der Staat 42 (2003), 225 (238 f.), der eine Bestandsgarantie annimmt. 79 Jung, in: Callies / Ruffert (Hrsg.), 2. A., 2002, Art. 16 EGV, Rn. 11 f. 80 In diese Richtung auch Jung, in: Callies / Ruffert (Hrsg.), 2. A., 2002, Art. 16 Rn. 13. 81 Art. III-6 EUV (ex-Artikel 16 EGV) sollte lauten: „Unbeschadet der Art. I-5, III-55 und III-136 und in Anbetracht des von allen in der Union anerkannten Stellenwerts der Dienste von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse sowie ihrer Bedeutung bei der Förderung des sozialen und territorialen Zusammenhalts tragen die Union und ihre Mitgliedstaaten im Rahmen ihrer jeweiligen Zuständigkeiten im Anwendungsbereich der Verfassung dafür Sorge, dass die Grundsätze und Bedingungen, insbesondere jener wirtschaftlicher und finanzieller Art, für das Funktionieren dieser Dienste so gestaltet sind, dass diese ihren Aufgaben nachkommen können. Diese Grundsätze und Bedingungen werden durch Europäische Gesetze
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übersehen werden, dass in diesem Zusammenhang die Europäische Gemeinschaft in die Pflicht genommen wird, allgemeinwirtschaftlich motivierte Dienste zu fördern. Die Europäische Kommission hat die so definierte Gemeinschaftsaufgabe zum Anlass genommen, auf der Grundlage von Art. 86 und 16 EGV ein gemeinsames Konzept für Leistungen der Daseinsvorsorge zu entwickeln82.
3. Das Beihilfenverbot, Art. 87 ff. EGV Ein ähnlicher mittelbarer Privatisierungsdruck ergibt sich aus dem Beihilfenverbot des Art. 87 EGV83. Danach sind staatliche oder aus staatlichen Mitteln gewährte Beihilfen, die den Wettbewerb verfälschen oder zu verfälschen drohen mit dem Gemeinsamen Markt unvereinbar, soweit dadurch der Handel zwischen den Mitgliedstaaten beeinträchtigt wird. Dieses Verbot mit Erlaubnisvorbehalt84 verlangt, dass staatliche Kapitalmaßnahmen bzgl. öffentlicher Unternehmen keinen Subventionscharakter aufweisen, die diese gegenüber den privaten Unternehmen privilegieren85. In diesem Zusammenhang waren die europäischen Gerichte wiederholt mit Fällen sog. Quersubventionierung86, also des Transfers von Mitteln aus einem gemeinwirtschaftlichen Aufgabenbereich in den Wettbewerbsbereich eines Unternehmens, der Anstaltslast und Gewährträgerhaftung im Bereich der öffentlichen Sparkassen und Landesbanken, der Gebührenfinanzierung im Rundfunkbereich87 als auch mit der Zuschussfinanzierung im Rahmen des öffentlichen Personennahverkehrs88 beschäftigt. Der gemeinschaftsrechtliche Beihilfenbegriff ist grundsätzlich weit auszulegen. Er umfasst nach Auffassung des EuGH nicht nur positive Leistungen, wie Subventionen, sondern auch Maßnahmen, die in verschiedenen Formen die Belastungen unbeschadet der Zuständigkeit der Mitgliedstaaten festgelegt, diese Dienste im Einklang mit der Verfassung zur Verfügung zu stellen, in Auftrag zu geben und zu finanzieren.“ 82 Europäische Kommission, Leistungen der Daseinsvorsorge in Europa vom 20. 09. 2000, KOM(2000) 580 endg., Rn. 62, 64. 83 Art. 87 Abs. 1 EGV: Soweit in diesem Vertrag nicht etwas anderes bestimmt ist, sind staatliche oder aus staatlichen Mitteln gewährte Beihilfen gleich welcher Art, die durch die Begünstigung bestimmter Unternehmen oder Produktionszweige den Wettbewerb verfälschen oder zu verfälschen drohen, mit dem Gemeinsamen Markt unvereinbar, soweit sie den Handel zwischen Mitgliedstaaten beeinträchtigen. 84 Bär-Bouyssière, in: Schwarze (Hrsg.), EU-Kommentar, 1. A., 2000, EGV Art. 87, Rn. 2. 85 Wolff / Bachof / Stober, Verwaltungsrecht III, 5. A., 2004, S. 628, § 93 IV 1, Rn. 8. 86 Hierzu Britz, Staatliche Förderung gemeinwirtschaftlicher Dienstleistungen in liberalisierten Märkten und Europäisches Wettbewerbsrecht, DVBl. 2000, 1641 ff. 87 Kommission, Nr. NN 70 / 98 vom 24. 02. 1999. 88 EuGH, Rs. C-280 / 00 (Altmark Trans GmbH und Regierungspräsidium Magdeburg / Nahverkehrsgesellschaft Altmark GmbH); hierzu Heiß, EuGHE Altmark Trans, C-280 / 00 oder: Die Revolution findet nicht statt, VBlBW 2003, 429 ff.; Lehr, Europarechtliche Vorgaben für die ÖPNV-Finanzierung, SächsVBl. 2003, 253 ff. und Wachinger, Finanzierung öffentlicher Dienstleistungen und Europäisches Wettbewerbsrecht, ZögU 27 (2004), 56 ff.
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vermindern, die ein Unternehmen normalerweise zu tragen hat, und die somit zwar keine Subventionen im strengen Sinne des Wortes darstellen, diesen aber nach Art und Wirkung gleichstehen89. Im Fall von Kapitalhilfen ist nach dem hypothetischen Verhalten eines privaten Investors von vergleichbarer Größe und in vergleichbarer Lage zu fragen90. Hätte dieser eine Kapitalhilfe dieses Umfangs nicht gewährt, so liegt eine Beihilfe im Sinne des Art. 87 Abs. 1 EGV vor91. Gleichgültig ist dabei, von wem die Beihilfe gewährt wird. Das Gemeinschaftsrecht stellt allein auf die Herkunft der finanziellen Mittel ab und begründet in Art. 87 EGV die staatliche Zurechenbarkeit für jede Art der Beihilfegewährung, die mit staatlichen Finanzmitteln in Zusammenhang gebracht werden kann92. Im Verhältnis zu dem weiten Anwendungsbereich wirkt auch das Erfordernis einer Wettbewerbsverzerrung im Handel zwischen den Mitgliedstaaten kaum beschränkend. Schon aufgrund der starken Verflechtung der nationalen Märkte sind rein lokal, regional oder national wettbewerbsrelevante Beihilfen kaum vorstellbar93. Soweit die Mitgliedstaaten öffentliche Unternehmen im Sinne von Art. 86 Abs. 1 EGV unterhalten, wirkt das Beihilfenverbot des Art. 87 EGV mittelbar privatisierungsfördernd94. Dies einmal dadurch, dass Kapitalzuführungen durch den Unternehmensträger Staat unzulässig95 sind und durch finanzielle Unterstützungsleistungen privater Anleger kompensiert werden müssen. So kommt es zu einer allmählichen (Teil-)Privatisierung der betroffenen Unternehmen, weil der Einfluss privater Geldgeber in dem Maße wächst, in dem finanzielle Mittel zugeführt werden müssen96. Zum anderen wird die privatisierungsfördernde Tendenz durch die Politik der Europäischen Kommission verstärkt. So wurden staatliche Beihilfen in Form von Umstrukturierungshilfen wiederholt nur unter der Bedingung genehmigt, dass alsbald eine Privatisierung des begünstigten Unternehmens erfolgt97. Soweit das öffentliche Unternehmen indes mit Diensten von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse betraut ist, gelangt Art. 86 Abs. 2 EGV zur Anwendung, so dass im Sinne einer ultima ratio auch hier Ausnahmen von dem Beihilfenverbot 89 EuGH, Rs. C-387 / 92 – Banco de Crédito Industrial SA, Urteil vom 15. 03. 1994, Tätigkeitsbericht 9 / 94, S. 3. 90 Zum Grundsatz des marktwirtschaftlich handelnden Kapitalgebers, Mederer / van Ysendyck, in: von der Groeben / Schwarze (Hrsg.), 6. A., 2003, Art. 87 Abs. 1, Rn. 10 ff. 91 Ständige Rechtsprechung seit EuGH, verb. Rs. 296 / 82 und 318 / 82 (Niederlande und Leeuwarder Papierwarenfabriek), Slg. 1985, 809 (823 f., Tz. 20 f.). 92 Mederer / Triantafylluo, in: von der Groeben / Schwarze (Hrsg.), 6. A., 2003, Art. 87 Abs. 1 EGV, Rn. 23. 93 So auch Weiss, Europarecht und Privatisierung, AöR 128 (2003), 91 (108). 94 Weiss, Europarecht und Privatisierung, AöR 128 (2003), 91 (108 f.). 95 EuGH, Rs. 78 / 76, Slg. 1977, 595 (612, Rn. 17 f.) – Steinike und Weinlig. 96 Ähnlich Basedow, Von der Deregulierung zur Privatisierung, in: FS Helmrich, 1994, S. 769 ff. (780). 97 Entscheidung der Kommission vom 12. 10. 1994, ABl. EG 1994, Nr. L 386, S. 1 (12) – Bull; Entscheidung der Kommission vom 26. 07. 1995, ABl. EG 1995, Nr. L 308, S. 92 (118) – Crédit Lyonnais.
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des Art. 87 Abs. 1 EGV zulässig sind. Der so konstruierte Legitimationsdruck kann seiner Tendenz nach aber ebenfalls als privatisierungsfördernd bezeichnet werden. Insofern kann also auf die Ausführungen zu Art. 86 Abs. 1 EGV verwiesen werden.
II. Nationales Verfassungs- und Gesetzesrecht Gebote zu einer Entstaatlichung in Form von funktioneller Privatisierung können sich auch aus nationalen Verfassungsbestimmungen ergeben. Ebenso wie bei den Bestimmungen des EUV und des EGV ist aber auch den Artikeln des Grundgesetzes ein unmittelbares Gebot zu Entstaatlichung nicht zu entnehmen. So hat der Sachverständigenrat „Schlanker Staat“ in seinem Abschlussbericht im Jahre 1997 festgestellt, dass sich aus dem Grundgesetz ein unmittelbares Gebot zur Privatisierung überhaupt nicht ergebe98. Diesem Befund hat sich nun auch Kämmerer angeschlossen99. Zuzugeben ist, dass sich eine ausdrückliche Norm des Inhalts, dass der öffentliche Sektor sich weitestgehend aus der wirtschaftlichen Betätigung zurückzuziehen habe, nicht existiert. Forderungen nach Aufnahme einer entsprechenden Entstaatlichungsklausel in das Grundgesetz sind bislang folgenlos geblieben100. Mit einer entsprechenden Verfassungsänderung kann auch in näherer Zukunft nicht gerechnet werden. Insoweit ist die entsprechende Regelung in Art. 25 des Einigungsvertrages101 bzgl. der Privatisierung der früheren Staatsbetriebe auf dem Gebiet der ehemaligen Deutschen Demokratischen Republik einmalig geblieben.
1. Die Wirtschaftsordnung des Grundgesetzes Eher noch können aus den Bestimmungen über die Ausführung der Bundesgesetze und der Bundesverwaltung in den Art. 87 ff. GG Privatisierungsgebote hergeleitet werden. Denn soweit sich aus ihnen konkrete Aufträge an den Gesetzgeber zur Überführung in private Verantwortung ergeben, schließt dies notwendigerweise ein Verbot schleichender, verdeckter Rückverstaatlichung ein102. So erklärt etwa Sachverständigenrat „Schlanker Staat“, Abschlussbericht 1997, S. 60. So Kämmerer, Privatisierung, 2001, S. 175. 100 Insbesondere der Bund der Steuerzahler hat sich wiederholt für ein derartiges Vorgehen ausgesprochen, vgl. Stern / Werner, in: Bund der Steuerzahler (Hrsg.), Durch Einsparungen die Lasten mindern, Heft 89, 1998, S. 41. 101 In Kraft getreten durch das Gesetz zu dem Vertrag vom 31. August 1990 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Deutschen Demokratischen Republik über die Herstellung der Einheit Deutschlands – Einigungsvertragsgesetz – und der Vereinbarung vom 18 September 1990, v. 23. 09. 1990, BGBl. II S. 885. 102 Helm, Rechtspflicht zur Privatisierung, 1999, S. 186 und Müller, Zur verfassungsrechtlichen Problematik kommunaler Unternehmen auf dem Telekommunikationsmarkt, DVBl. 1998, 1256 ff. 98 99
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Art. 87d Abs. 1 S. 2 GG eine Organisationsprivatisierung bzgl. der Luftverkehrsverwaltung grundsätzlich für zulässig. Ob ein derartiger Schritt tatsächlich vorgenommen wird, bleibt ausdrücklich einem Bundesgesetz überlassen103. Weitergehend ordnet Art. 87e Abs. 3 GG im Bereich des Eisenbahnschienennetzes eine Organisationsprivatisierung und im Bereich des Verkehrsbetriebes eine Privatisierung im Allgemeinen ausdrücklich an. Damit ist die Führung der Eisenbahnen des Bundes als Wirtschaftsunternehmen in privat-rechtlicher Form verfassungsrechtlich festgeschrieben104. Neben dem Auftrag zur Privatisierung der betreffenden Staatsbetriebe folgt aus Art. 87e Abs. 3 GG auch ein Verbot der Deprivatisierung, also der Rückverstaatlichung. Ein ähnlicher Verfassungsauftrag zur Privatisierung ist in Art. 87f Abs. 2 S. 1 GG enthalten105. Danach werden die angemessenen und ausreichenden Dienstleistungen in den Bereichen des Postwesens und der Telekommunikation als privatwirtschaftliche Tätigkeiten flächendeckend durch die aus dem Sondervermögen Deutsche Bundespost hervorgegangenen Unternehmer und andere private Anbieter erbracht106. Auch hieraus folgt zugleich ein an den Staat gerichtetes Verbot des Erbringens postalischer Dienstleistungen in verwaltungsmäßiger Form107. Was aber nur vereinzelt Niederschlag in der Verfassung gefunden hat, lässt sich nicht unter Anerkennung normativer Geltungskraft verallgemeinern. Gerade der eingeschränkte Anwendungsbereich der hier angesprochenen Regelungen verstärkt vielmehr die Annahme, dass dem Grundgesetz ein allgemeines Privatisierungsgebot fremd ist. Daraus darf indes nicht voreilig der Schluss gezogen werden, dass der Verfassung damit auch eine privatisierungsfeindliche Haltung zugrunde liege. Eine solche These wäre auch nur schwer mit der beschriebenen Praxis der Entstaatlichung in Einklang zu bringen. Vielmehr ist der privatisierungsrelevante Gehalt des Grundgesetzes anhand einer Analyse der einschlägigen Verfassungsbestimmungen im Einzelnen vorbehalten. Da die verfassungsrechtlichen Bestim103 Von dieser durch eine Verfassungsänderung im Jahre 1992 eingeräumten Möglichkeit ist nunmehr in Form von § 31b LuftVG Gebrauch gemacht worden. Hiernach kann eine GmbH in ausschließlicher Trägerschaft des Bundes mit der Flugsicherung beauftragt werden. Durch die Verordnung zur Beauftragung eines Flugsicherungsunternehmens (FS-AuftragsVO) vom 11. 11. 1992 (BGBl. I 1928) ist die DFS – Deutsche Flugsicherung GmbH als Nachfolgerin der Bundesanstalt für Flugsicherung (BFS) mit der Aufgabe der Flugverkehrskontrolle im Luftraum der Bundesrepublik Deutschland beauftragt worden. Die DFS befindet sich zu 100 % in der Trägerschaft des Bundes, der durch das Bundesministerium des für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung repräsentiert wird. Bis Ende 2006 ist geplant 74,9 % an private Träger zu veräußern, so dass dem Bund eine Sperrminorität von 25,1 % verbleibt. 104 Pieroth, in: Jarass / Pieroth (Hrsg.), Grundgesetz, 7. A., 2004, Art. 87 e GG, Rn. 4. 105 Pieroth, in: Jarass / Pieroth (Hrsg.), Grundgesetz, 7. A., 2004, Art. 87 f. GG, Rn. 3. 106 Gem. Art. 143b Abs. 1 S. 1 GG wird das Sondervermögen Deutsche Bundespost nach Maßgabe eines Bundesgesetzes in Unternehmen privater Rechtsform umgewandelt. Dieser Gesetzgebungsauftrag wurde durch das Postumwandelungsgesetz v. 14. 09. 1994, BGBl. I S. 2339 erfüllt. 107 BT-Drs. 12 / 7269, S. 5.
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mungen dann aber allenfalls im Sinne einer normativen Beschränkung von Privatisierungsvorhaben relevant werden können, wird auf die entsprechenden Erörterungen unter diesem Stichpunkt verwiesen108.
2. Haushaltsrechtliche Vorgaben Anders verhält es sich auf der Ebene des Haushaltsrechts des Bundes und der Länder. In Zeiten maroder Staatsfinanzen nehmen die Akteure auf beiden Ebenen zunehmend die Aufgabenkritik forciert in Angriff. Darunter ist eine Bestandsaufnahme und kritische Neubewertung gegenwärtiger staatlicher und kommunaler Tätigkeiten von gewissem Kostenaufwand zu verstehen. Aufgabenkritik bezeichnet somit den – zum Teil langwierigen und von Kontroversen begleiteten – Weg zur Entscheidung über das „Ob“ einer Privatisierung. Sie kann nicht als temporär determinierter Abschnitt eines Privatisierungsprozesses begriffen werden, sondern stellt sich vor dem Hintergrund eines sich ständig wandelnden Staatsverständnisses der Politik als Daueraufgabe. Zum Teil ist der stetige Prozess öffentlicher Aufgabenkritik durch Vorschriften des einfachen Gesetzesrechts abgesichert worden. So verpflichten nach § 7 Abs. 1 S. 2 BHO109 die Haushaltsgrundsätze der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit zur Prüfung, inwieweit staatliche Aufgaben oder öffentlichen Zwecken dienende wirtschaftliche Tätigkeiten durch Ausgliederung und Entstaatlichung oder Privatisierung erfüllt werden können. Bei finanzwirksamen Maßnahmen sind angemessene Wirtschaftlichkeitsuntersuchungen anzustellen und nach Absatz 2 Satz 2 nunmehr auch die mit der Maßnahme verbundene Risikoverteilung zu berücksichtigen. Dieser Gesichtspunkt hat erst im Rahmen des ÖPP-Beschleunigungsgesetzes Eingang in § 7 Abs. 2 BHO gefunden und war v. a. deshalb erforderlich, weil bei bloßer Gegenüberstellung der Kosten der optimierten Eigenerbringung durch die öffentliche Verwaltung regelmäßig niedriger sind, als das an den privaten Betreiber zu zahlende Entgelt. Erst durch die Einbeziehung des unternehmerischen Risikos, das der private Betreiber der öffentlichen Hand abnimmt, lassen sich Öffentlich Private Partnerschaften als wirtschaftlichere und sparsamere Erfüllung öffentlicher Aufgaben erfassen110. Schließlich ordnet Satz 3 die Durchführung eines Interessenbekundungsverfahrens an, um privaten Anbietern die Gelegenheit zu geben darzulegen, dass sie in der Lage sind, bislang staatlich wahrgenommene Aufgaben selbst ebenso gut oder besser erbringen zu können. S.u. 6 B III. Bundeshaushaltsordnung (BHO) v. 19. 08. 1969, BGBl. I S. 1284, in der Fassung der Änderung durch Art. 4 des Gesetzes zur Beschleunigung der Umsetzung von Öffentlich Privaten Partnerschaften und zur Verbesserung gesetzlicher Rahmenbedingungen für Öffentlich Private Partnerschaften (ÖPP-Beschleunigungsgesetz) vom 01. 09. 2005, BGBl. I 2676. 110 Zu den Neuerungen durch das ÖPP-Beschleunigungsgesetz noch eingehend vgl. unten 8 A V. 108 109
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Denselben Ansatz verfolgt Artikel 2 des brandenburgischen Haushaltssicherungsgesetzes 2003111. In dem darin niedergelegten Gesetz über Ziele und Vorgaben zur Modernisierung der Landesverwaltung (BbgVerwModG) finden sich jedoch noch weitergehende Vorgaben über die Art und Weise der Aufgabenkritik. Während § 7 BHO das Ziel der Aufgabenkritik nur mit den Grundsätzen der wirtschaftlichen und sparsamen Haushaltsführung andeutet, geht die brandenburgische Regelung darüber hinaus. In § 2 Abs. 2 VerwModG heißt es, dass die Wahrnehmung von Aufgaben auf die Kernkompetenzen staatlichen Handelns im Wege eben dieser Aufgabenkritik zu begrenzen sei. Darüber hinaus differenziert Absatz 1 Satz 2 zwischen Aufgabenwahrnehmung im Sinne von Zuständigkeit und Aufgabenerfüllung im Sinne tatsächlicher Ausführung. Letztere soll nach Absatz 3 auch im Rahmen der Kernkompetenzen staatlichen Handelns weitestgehend auf Dritte übertragen werden. Nach § 3 Abs. 1 wird Aufgabenkritik mit dem Ziel der Ausgliederung von Aufgaben betrieben. Damit wird das Ergebnis einer angestrebten Debatte über den Fortbestand und die Wahrnehmungsstruktur von Staatsaufgaben gesetzlich festgeschrieben. Die erhöhte Wirtschaftlichkeit der Wahrnehmung durch Private ist dabei nur ein, aber kein notwendiger Grund zur Entstaatlichung wie die Formulierung „. . . , insbesondere (!) wenn dies wirtschaftlicher ist.“ nahe legt. Die Entstaatlichung wird durch diese Lösung von Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit zum Selbstzweck. Damit läuft die Privatisierungsdebatte Gefahr ihre Rechtfertigung einzuben, die nicht von ungefähr finanzieller Natur war und noch heute ist112. Ob das Ziel der Aktivierung und Förderung der Eigeninitiative der Adressaten des Verwaltungshandelns (Abs. 4) die schwindende Legitimationskraft dieser Grundsätze zu kompensieren vermag, erscheint zweifelhaft. Was die Kernkompetenzen staatlichen Handelns sind113 bzw. inwieweit die Wahrnehmung von Aufgaben überhaupt auf Dritte übertragen werden kann, bleibt zudem unbeantwortet und wird weder seitens der BHO noch im BbgVerwModG erläutert. Die Privatisierungsfähigkeit ist vielmehr stillschweigende Voraussetzung aller haushaltsrechtlichen Normierungen. Zur Herleitung eines Privatisierungsgebots erscheinen sie allein daher nur bedingt bis wenig geeignet.
111 Gesetz zur Sicherung des Landeshaushalts und zur Modernisierung der Landesverwaltung (Haushaltssicherungsgesetz 2003 – HSichG 2003) v. 10. 07. 2003, GVBl. Bbg. I S. 194. 112 Schon eingangs dieser Untersuchung wurde darauf hingewiesen, dass es letztlich finanzpolitische Gründe waren, die zu der noch immer andauernden Privatisierungsdiskussion der letzten Jahre führten. 113 Die Begründung zum Regierungsentwurf weist darauf hin, dass eine abschließende Liste von Kernkompetenzaufgaben nicht gebe. Ihre Bestimmung unterliege dem gesellschaftlichen Wandel und den damit verbundenen Erwartung der Gesellschaft an den Staat. Gegenwärtig unterfielen den Kernkompetenzen aber die Aufrechterhaltung von Sicherheit und Ordnung, die Bereitstellung eines ausreichenden Bildungsangebots und die grundrechtsrelevante Leistungsverwaltung. LT-Drs. 3 / 5522 v. 20. 02. 2003, S. 31.; Aber auch im Bericht des Hauptausschusses wird eingeräumt, dass es Definitionsschwierigkeiten bzgl. des Begriffs Kernkompetenz gegeben hatte. LT-Drs. 3 / 5967 v. 17. 06. 2003, S. 30.
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3. Gemeindewirtschaftsrecht, insb. zum Subsidiaritätsprinzip Öffentliche Aufgaben werden häufig aufgrund ihres lokalen Bezugs in ganz erheblichem Maße von Kommunen und kommunalen Verbänden wahrgenommen. Von privatisierungsrechtlicher Relevanz sind daher auf einfachgesetzlicher Ebene auch die Vorgaben des Gemeindewirtschaftsrechts der Bundesländer. Den Gemeinden wird durch Art. 28 Abs. 2 S. 1 GG das Recht gewährleistet, alle Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft in eigener Verantwortung zu regeln. Zu diesem funktionalen Selbstverwaltungsrecht der Gemeinden gehört unbestritten auch die Kompetenz zur eigenverantwortlichen Gestaltung der kommunalen Tätigkeiten mit wirtschaftlichem Bezug. Hiervon berührt sind u. a. Bereiche pflichtiger Gemeindeaufgaben innerhalb der kommunalen Daseinsvorsorge wie Trinkwasserversorgung, Abwasserbeseitigung und Abfallbeseitigung. Die kommunale Freiheit zur Beteiligung am wirtschaftlichen Verkehr wird gem. Art. 28 Abs. 2 S. 1 GG jedoch begrenzt durch den Rahmen der Gesetze, wie sie sich in den Gemeindeordnungen der Länder niedergeschlagen haben. Es obliegt damit dem Landesgesetzgeber durch deren Ausgestaltung unter Wahrung des gemeindlichen Selbstverwaltungsrechts den Rechtsrahmen für die kommunale Wirtschaftstätigkeit abzustecken. Je weiter dieser Rahmen gezogen wird, desto eher bietet sich Potential für lokale öffentlich-private Partnerschaften. Nimmt die Gemeindeordnung dagegen eine enge Grenzziehung vor, um der Privatwirtschaft einen größeren Spielraum zu eröffnen, dann bleiben die Kommunen zur Erfüllung ihrer Aufgaben auf die Formen des öffentlichen Rechts beschränkt, was einer Kooperation mit privaten Trägern tendenziell entgegenwirkt. Als gemeinsamer Kern aller Gemeindeordnungen in diesem Bereich kann aber der gemeindewirtschaftliche Schrankentrias aus öffentlichem Zweck, Angemessenheit im Sinne einer Relation zur wirtschaftlichen Kraft der Gemeinde und der Subsidiaritätsklausel angesehen werden. In letzter Zeit ist das Gemeindewirtschaftsrecht erneut in den Mittelpunkt des Interesses gerückt. Dies hängt zum einen mit der durch einige Bundesländer vorgenommenen Erweiterung des kommunalen Betätigungsfeldes über die Grenzen der Kommune hinaus zusammen114. Zum anderen ist seit dem Urteil des BGH vom 25. 04. 2002115 aufgrund eines Wandels in der Rechtsprechung der Zivil114 Vgl. § 102 Abs. 7 GO BW, Art. 87 Abs. 2 BayGO, § 107 Abs. 3 GO NRW, § 116 Abs. 3 GO LSA, § 101 Abs. 2 und 3 (!) GO S-H und § 71 Abs. 4 ThürKO. Diese Entwicklung ruft Fragen nach der Vereinbarkeit mit Art. 28 Abs. 2 S. 1 GG hervor, der die funktionale Selbstverwaltung auf den Bereich der Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft beschränkt. Zu der damit zusammenhängenden Problematik vgl. Becker, Grenzenlose Kommunalwirtschaft, DÖV 2000, 1032 ff.; Heintzen, Zur Tätigkeit kommunaler (Energieversorgungs-) Unternehmen außerhalb der kommunalen Gebietsgrenzen, NVwZ 2000, 743 ff.; Kühling, Verfassungsund kommunalrechtliche Probleme grenzüberschreitender Wirtschaftsbetätigung der Gemeinden, NJW 2001, 177 ff.; Oebbecke, Die örtliche Begrenzung kommunaler Wirtschaftstätigkeit, ZHR 2000, 375 ff. 115 BGH, Urteil vom 25. 04. 2002 – I ZR 250 / 00, NJW 2002, 2645.
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gerichte bzgl. der Wettbewerbswidrigkeit kommunaler Wirtschaftstätigkeit gem. § 1 UWG116 damit zu rechnen, dass sich private Unternehmen, die sich in einem Wettbewerbsverhältnis zu gemeindlichen Unternehmen befinden, verstärkt an die Verwaltungsgerichte wenden werden, um die Einhaltung des Subsidiaritätsprinzips einzuklagen. Jenes geht auf § 67 DGO zurück und ist in nahezu allen Gemeindeordnungen verankert. Von Interesse sind dabei sowohl Sinn und Zweck als auch die Reichweite dieser Subsidiaritätsklauseln. Bislang geht die h. M. in Rechtsprechung und Schrifttum davon aus, dass den Subsidiaritätsklauseln kein subjektivrechtlicher Gehalt innewohnt117, auf den private Konkurrenten eine Abwehrklage stützen könnten. Vielmehr bezwecken die entsprechenden Formulierungen eine Beschränkung der kommunalen Wirtschaftstätigkeit im Interesse des Schutzes des kommunalen Haushalts. Aus diesem Grunde soll das unkontrollierte umfängliche Ausgreifen kommunaler Aufgaben auf den erwerbswirtschaftlichen Bereich verhindert werden118. Für diese Ansicht spricht zunächst der Wortlaut der meisten Gemeindeordnungen119. Zudem wird den Gemeinden eine Einschätzungsprärogative dahingehend eingeräumt, ob eine wirtschaftlichere Erfüllung durch Private möglich ist120. Gleichwohl sind Stimmen im Vordringen, die den Subsidiaritätsklauseln unter Rückgriff auf die Figur des Abgabenstaates auch einen die Privatwirtschaft dienen116 So wurde bislang davon ausgegangen, dass die gegen das Gemeindewirtschaftsrecht verstoßende wirtschaftliche Betätigung bereits aufgrund dieses Gesetzesverstoßes ein wettbewerbswidriges Verhalten darstelle. Nunmehr werden aber zusätzliche Merkmale wie die sittenwidrige Ausnutzung wirtschaftlicher Sondervorteile der öffentlichen Unternehmensträger gefordert, wie sie u. a. in der fehlenden Konkursfähigkeit gegeben sind. Vor dem Hintergrund, dass Art. 12 GG aber weder vor privater noch vor öffentlicher Konkurrenz schützt, sie im Gegenteil unter marktwirtschaftlichen Gesichtspunkten zu begrüßen sind, wurden die Anforderungen an eine Bejahung solcher Umstände in der Vergangenheit jedoch sehr hoch gesetzt. Es bleibt daher abzuwarten, wie die Verwaltungsgerichtsbarkeit auf die neuere Rechtsprechung der Zivilgerichte reagieren wird. 117 OVG Münster, NVwZ 2003, 1520 (1521); Lux, Das neue kommunale Wirtschaftsrecht in Nordrhein-Westfalen, NWVBl. 2000, 7 (8 f.) und Meyer, Wettbewerbsrecht und wirtschaftliche Betätigung der Kommunen, NVwZ 2002, 1075 (1076). 118 So Kämmerer, Privatisierung, 2001, S. 248; BVerwGE 39, 329 (336); VGH Mannheim, NJW 1995, 274; BayVGH, BayVBl. 1976, 628 (629 f.); OLG Düsseldorf, NVwZ 2000, 111 und OLG Hamm, NJW 1998, 3504. 119 So heißt es in § 100 Abs. 3 BbgGO etwa, dass die Gemeinde im Interesse einer sparsamen Haushaltsführung dafür zu sorgen hat, dass Leistungen, die von privaten Anbietern in mindestens gleicher Qualität und Zuverlässigkeit bei gleichen oder geringeren Kosten erbracht werden können, diesen Anbietern zu übertragen hat, sofern dies mit dem öffentlichen Interesse vereinbar ist. Nach § 68 Abs. 1 Nr. 3 KV M-V sind wirtschaftliche Unternehmen der Gemeinde dagegen bereits dann zulässig, wenn die Gemeinde die Aufgabe ebenso gut und wirtschaftlich wie Dritte erfüllen kann. 120 So etwa Schliesky, der zwischen echten und unechten Subsidiaritätsklauseln differenziert: Schliesky, Kommunale und private Gartenbaubetriebe, JA 1998, 930 (932) m. w. N.; Ehlers, Rechtsprobleme der Kommunalwirtschaft, DVBl. 1998, 497 (502) und Schink, Wirtschaftliche Betätigung kommunaler Unternehmen, NVwZ 2002, 129 (137).
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den Schutz entnehmen wollen121. Der private Konkurrent könne daher die Einhaltung der gemeindewirtschaftlichen Vorgaben einklagen, weil sie der öffentlichen Hand bereits ein Übergreifen in den grundrechtlich geschützten Bereich verbieten, ohne dass es auf eine konkrete Wettbewerbsverzerrung ankäme. Entscheidend sei allein, dass die Gemeindeordnungen kein Marktzutrittsrecht gewährten. Zweifellos muss zumindest dort, wo die gemeinderechtlichen Bestimmungen von dem „privaten Dritten“ sprechen von einem Drittschutz der Subsidiaritätsklausel ausgegangen werden122. Im Einklang hierzu steht die genannte zivilgerichtliche Rechtsprechung, die im kommunalen Gemeindewirtschaftsrecht gesetzliche Marktzutrittsregelungen erkennt, die einem Wettbewerbsverhältnis vorgeschaltet sind. Aufgrund der fortbestehenden Rechtsunsicherheiten sind jüngst Gesetzgebungsinitiativen angelaufen, die eine ausdrückliche Verankerung des drittschützenden Charakters der Subsidiaritätsklauseln zum Inhalt haben123. Fragt man sich nun nach den Auswirkungen der gemeinderechtlichen Vorschriften über die wirtschaftliche Betätigung der kommunalen Selbstverwaltungskörperschaften für die Beteiligung Privater an der Erfüllung öffentlicher Aufgaben, so ist die dargelegte Entwicklung zugrunde zu legen. Sollte in den nächsten Jahren die Tendenz zur Versubjektivierung der gemeindewirtschaftlichen Schrankentrias anhalten, dann wird dies schlussendlich zu einem Rückzug der Gemeindewirtschaft in die Bereiche pflichtiger Aufgaben der Daseinsvorsorge zur Folge haben. Zugleich wird der Bereich einer funktionalen Kooperation mit Privaten erheblich eingeengt, weil eine derartige Hinzuziehung die höhere Wirtschaftlichkeit eines privaten Erfüllungsmodus indiziert. Gleichwohl bleibt die diesbezügliche gemeindliche Einschätzungsprärogative zu beachten, die vor dem Hintergrund des Art. 28 Abs. 2 GG bislang von keiner Seite ernsthaft in Frage gestellt wird. Allenfalls dort, wo ein funktionierender privat organisierter Markt besteht, der die bestehenden Bedarfe hinreichend abzudecken vermag, wird man das Hinzutreten kommunaler 121 BGH, NVwZ 2003, 246 (247); OLG Hamm, NJW 1998, 3504 (3505); Mann, Öffentliche Unternehmen im Spannungsfeld von öffentlichem Auftrag und Wettbewerb, JZ 2002, 819 (824); Ruffert, Kommunalwirtschaft und Landes-Wirtschaftsverfassungsrecht, NVwZ 2000, 763 (764) und Schmahl, Umfang und Grenzen wirtschaftlicher Betätigung von Gemeinden in Brandenburg, LKV 2000, 47 (51); mit der verfassungsrechtlichen Verankerungen des Subsidiaritätsprinzips beschäftigt sich Isensee, Subsidiaritätsprinzip und Verfassungsrecht, Eine Studie über das Regulativ des Verhältnisses von Staat und Gesellschaft, 2. A., 2001, mit Nachtrag: Die Zeitperspektive 2001, Subsidiarität – das Prinzip und seine Prämissen. 122 So Pünder / Dittmar, Die wirtschaftliche Betätigung der Gemeinden, Jura 2005, 760 (764), die subjektive Abwehransprüche i. Ü. bereits daraus herleiten wollen, dass die wirtschaftliche Unternehmen der Gemeinde einem öffentlichen Zweck dienen müsse, was ausgeschlossen sei, wenn die unternehmerische Tätigkeit in die Berufsfreiheit der privaten Konkurrenten eingreife. Erforderlich sei aber immer ein im Einzelfall zu prüfendes tatsächliches Wettbewerbsverhältnis. 123 Beispielhaft etwa in Hessen, Begründung zur lfd. Nr. 30 des Gesetzesentwurfs der Landesregierung für ein Gesetz zur Änderung der Hessischen Gemeindeordnung vom 06. 07. 2004 (LT-Drs. 16 / 2463, S. 15 f.).
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Konkurrenz in Kooperation mit Privaten für unzulässig erklären können. In solchen Fällen hindert das Gemeindewirtschaftsrecht aber nicht die funktionale Privatisierung als solche, sondern die wirtschaftliche Betätigung der öffentlichen Verwaltung im Einzelfall. Es kann daher allenfalls am Rande privatisierungshemmende Wirkungen entfalten. Vordergründig sind die gemeindewirtschaftlichen Vorschriften der Kommunalverfassungen vielmehr in der Lage unter dem gegebenen neuen subjektiv-rechtlichen Verständnis zumindest temporär für eine stärkere Einbeziehung Privater in bereits vorhandene wirtschaftliche Unternehmen der Gemeinden zu sorgen.
III. Fazit Abschließend ist festzustellen, dass eine allgemeine Privatisierungsklausel weder expressiv verbis noch in einer Gesamtschau der gemeinschaftsrechtlichen und nationalstaatlichen Rechtsordnung erkennbar ist. Dieses Ergebnis steht im Einklang mit dem Postulat der Offenheit der Wirtschaftsordnung unter dem Grundgesetz, das sich auf der Ebene des einfachen Bundes- und Landesrechts fortsetzen muss. Gleichwohl wirkt das insofern entscheidungsfreudigere Gemeinschaftsrecht mit seinem Bekenntnis zur freien Marktwirtschaft auf die nationale Rechtsordnung ein und transformiert so seine privatisierungsfreundliche Tendenz in die mitgliedsstaatlichen Räume ohne dabei einen Privatisierungsautomatismus auszulösen. Angesichts der gegenwärtigen Krise der öffentlichen Haushalte schärft sich zudem der Blick auf diejenigen normativen Ansatzpunkte, die dem Staat zumindest binnenrechtlich Privatisierungsprüfpflichten auferlegen. Ob daraus mit der Zeit subjektivrechtliche Ansprüche des einzelnen auf (funktionale) Privatisierung ableiten lassen, bleibt abzuwarten.
B. Grenzen funktioneller Privatisierung I. Europäisches Gemeinschaftsrecht Zunächst sei auch an dieser Stelle darauf verwiesen, dass das Gemeinschaftsrecht sich unter Umständen auch als hinderlich für eine funktionale Privatisierung erweisen kann. Das gilt namentlich für das Beihilfenverbot des Art. 87 Abs. 1 EGV. So kann es im Rahmen eines (Teil-)Verkaufs eines öffentlichen Unternehmens sich als erforderlich erweisen, dass die Liquidität durch eine abschließende Kapitalzufuhr durch die öffentliche Hand erhöht werden muss, um Übernahmeangebote Privater zu erhalten. Ein solches Vorgehen kann unter dem Regime des EG-Vertrags ebenso eine Beihilfe darstellen, wie die Vereinbarung eines symbolischen Kaufpreises. Auch die staatliche Übernahme von Altschulden, um dem Unternehmen einen Neuanfang zu ermöglichen, vermag eine gemeinschaftsrechtlich
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relevante Beihilfe darzustellen. Das gleiche gilt bzgl. der Übernahme der Pensionslasten für die im jeweiligen Unternehmen beschäftigten Bundesbeamten, soweit diese weiterbeschäftigt werden124. Dass derartige Finanzspritzen seitens der Kommission unter dem Blickwinkel der anschließenden Privatisierung zumeist großzügig genehmigt werden, ändert nichts an dem Umstand, dass sich das Beihilfenverbot im Einzelfall hemmend auf den Prozess der Entstaatlichung auswirken kann. Eine ähnlich privatisierungshemmende Wirkung kann das Gemeinschaftsrecht auch im Bereich derjenigen öffentlichen Unternehmen, die Aufgaben im Rahmen der Daseinsvorsorge erbringen, entfalten. Dies zumindest dann, wenn sich herausstellt, dass durch die beabsichtigte Privatisierung die Erfüllung der ihnen übertragenen Aufgaben rechtlich oder tatsächlich verhindert wird (Art. 86 Abs. 2 EGV) bzw. das Funktionieren der Dienste von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse generell nicht mehr gewährleistet ist (Art. 16 EGV). Letztere sollte infolge der Umformulierung durch Artikel III-6 EU-Verfassungen eine zusätzliche Verstärkung erfahren. Für diesen äußersten Fall führt die Zurücknahme der Geltung der Vorschriften des EGV nach den genannten Bestimmungen zu einer Reduzierung des gemeinschaftsrechtlichen Privatisierungsdrucks. Schließlich weist Kämmerer zutreffend darauf hin, dass die strengen Konvergenzkriterien im Rahmen der Einführung einer gemeinsamen Währung, soweit ihre Einhaltung durch Vermögensprivatisierungen erkauft wurden, zu Einnahmeverlusten der Mitgliedstaaten in den Folgejahren führen kann. Daraus ergibt sich die Gefahr künftiger Vertragsverletzungen, weil die Defizitgrenze dann überschritten werden muss, wenn weitere Privatisierungseinnahmen ausbleiben. In diesem Sinne steht das Gemeinschaftsrecht bereits der Vermögensprivatisierung hemmend gegenüber125. Gleiches hat für den Fall lediglich funktionaler Privatisierung in Form von Öffentlich Privater Partnerschaften zu gelten. Es soll aber nicht unerwähnt bleiben, dass gerade diese Form der Entstaatlichung öffentlicher Aufgaben sich im Rahmen der durch die Eurostat126 vorzunehmenden volkswirtschaftlichen Gesamtrechnung auch positiv auswirken kann. In einer Grundsatzentscheidung vom 11. 02 2004127 über die Form der Verbuchung von ÖPP hat die Eurostat festgelegt, 124 So geschehen bei der Privatisierung des Sondervermögens Deutsche Bundespost, vgl. Art. 143b Abs. 3 GG. 125 Kämmerer, Privatisierung, 2001, S. 148. 126 Die bereits 1953 gegründete Behörde der Europäischen Kommission mit Sitz in Luxemburg hat die Aufgabe, die Europäische Union mit statistischem Datenmaterial zu versorgen. Im Internet unter: http: // epp.eurostat.ec.europa.eu. Dabei überwacht sie unter anderem das von den Mitgliedstaaten nach Art. 104 Abs. 2 EGV vorgelegte Datenmaterial zum öffentlichen Defizit nach Art. 104 Abs. 2 EGV. Dabei kommt das Europäische System Volkswirtschaftlicher Gesamtrechnung (ESVG) 1995 zur Anwendung, das dem System Volkswirtschaftlicher Gesamtrechnungen (System of National Accounts – SNA) 1993 der Vereinten Nationen, der EG-Kommission, dem Internationalen Währungsfond, der OECD und der Weltbank nachgebildet ist. 127 Pressemitteilung STAT / 04 / 18.
B. Grenzen funktioneller Privatisierung
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dass die aus der Partnerschaft entstandenen Verbindlichkeiten auf der Seite des privaten Betreibers bzw. des gemischtwirtschaftlichen Unternehmens dann nicht mehr dem öffentlichen Sektor zuzurechnen sind, wenn eine hinreichende Übernahme des wirtschaftlichen Risikos vereinbart wird128. Das führt dazu, dass bei entsprechender Risikoverteilung der öffentliche Schuldenstand durch das Eingehen Öffentlich Privater Partnerschaften reduziert werden kann128a. Auch wenn das Gemeinschaftsrecht sich im Einzelfall hemmend auf ein Privatisierungsvorhaben auswirken kann, so vermag dies doch nicht darüber hinwegzutäuschen, dass dem gemeinschaftsrechtlichen Primärrecht gegenüber einer stärkeren Einbeziehung Privater in die Erfüllung öffentlicher Aufgaben eine grundsätzlich offene Haltung zugrunde liegt. Der Fokus der folgenden Untersuchung limitierender Vorgaben soll daher auf der Analyse der mitgliedstaatlichen, nationalen Rechtsordnung liegen.
II. Nationales Verfassungs- und Gesetzesrecht Bereits im Zusammenhang mit der Untersuchung der gemeinschaftsrechtlich relevanten Normen konnte festgestellt werden, dass das Verhältnis von Staat und Markt im Sinne von Regel und Ausnahme zu verstehen ist129. Unterliegt danach die öffentliche Hand auf dem Gebiet des Marktes bzgl. ihrer Tätigkeiten einem Legitimationszwang, so stellt sich gerade mit Hinsicht auf die privatisierungsbeschränkende Dimension nationaler verfassungsrechtlicher Vorgaben die Frage nach einer Begründung staatlicher Aktivitäten mit besonderer Dringlichkeit. Es war bereits die Rede davon, dass den Bestimmungen des Grundgesetzes in Ermangelung einer allgemeinen Privatisierungsklausel, ähnlich Art. 25 Einigungsvertrags, kein unmittelbares Privatisierungsgebot entnommen werden kann. Eine ganz andere Frage ist aber die nach beschränkenden Aussagen der Verfassung zu konkreten Privatisierungsvorhaben. Vor dem Hintergrund der stärkeren Einbeziehung Privater in die Erfüllung öffentlicher Aufgaben gilt es daher eine Antwort darauf zu finden, an welchen Stellen und inwiefern das Grundgesetz bzw. die deutsche Rechtsordnung funktionaler Privatisierung in Form von Öffentlich Privaten Partnerschaften entgegensteht. Die vielfältigen Auseinandersetzungen mit dem Thema der Privatisierung als solcher sollen an dieser Stelle nicht um eine weitere Abhandlung bereichert werden130. Ansinnen des folgenden Abschnitts soll es vielmehr sein, den Stand der 128 Konkret muss der Private das Baurisiko und entweder das Ausfall- oder das Nachfragerisiko übernehmen. Zur Defizitwirksamkeit von ÖPP noch im Rahmen der Änderungen an der BHO durch das ÖPP-Beschleunigungsgesetz unter 8 A V. 128a Vgl. dazu Kleinlein, Auswirkungen der Maastricht-Kriterien auf die Gestaltung öffentlich-privater Partnerschaften, in: Public Private Partnership – Jahrbuch 2006, Knop (Hrsg.), Frankfurt a.M. 2006, S. 27 ff. 129 Siehe oben Teil 6, A. I.
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Teil 6: Normative Determinanten öffentlich-privater Kooperationen
gegenwärtigen Diskussion über die verfassungsrechtlichen Vorgaben des Grundgesetzes in groben Zügen wiederzugeben. Hierdurch wird der Boden für eine Bestimmung der verfassungsrechtlichen Determinanten einer funktionalen (Vollzugs-)Privatisierung gelegt. Unter dieser Vorgabe soll der Blick im Folgenden auf die einzelnen privatisierungsrelevanten Bestimmungen des Grundgesetzes gelenkt werden. Dabei werden von besonderem Interesse die Aussagen des Grundgesetzes zu dem beamtenrechtlichen Funktionsvorbehalt, Art. 33 Abs. 4 GG, den Vorschriften über die Ausführung der Bundesgesetze und die Bundesverwaltung in den Art. 83 ff. GG, den finanzverfassungsrechtlichen Bestimmungen der Art. 104a ff. GG unter besonderer Berücksichtigung des Art. 115 Abs. 1 S. 1 GG, den Staatsfundamentalprinzipien nach Art. 20 und 28 GG in Gestalt des Demokratieprinzips und des Sozialstaatsprinzips sein. Die Gesamtschau der gefundenen Ergebnisse wird schließlich einen Rückschluss auf die normative Grundhaltung der Verfassung bezüglich funktionaler Privatisierung im Bereich hoheitlicher Verwaltung erlauben. 1. Die institutionelle Garantie des Berufsbeamtentums, Art. 33 Abs. 4 und 5 GG Eine häufig untersuchte Verfassungsbestimmung im Zusammenhang mit der Frage nach den Grenzen der Privatisierung ist Art. 33 Abs. 4 GG. Dieser Vorschrift zufolge ist die Ausübung hoheitsrechtlicher Befugnisse als ständige Aufgabe in der Regel Angehörigen des öffentlichen Dienstes, die in einem öffentlich-rechtlichen Dienst- und Treueverhältnis stehen, zu übertragen. Diese Bestimmung stellt zusammen mit Absatz 5 die Zentralnorm des Beamtenrechts dar131. Hält man sich vor Augen, dass die Fähigkeit, Beamte haben zu können (sog. Dienstherrenfähigkeit), nicht zuletzt aufgrund der hergebrachten Grundsätze des Berufsbeamtentums nicht übertragbar bzw. reproduzierbar ist, so erhellt sich die privatisierungsrecht130 Die zu diesen verfassungsrechtlichen Vorfragen erschienenen Aufsätze und Monographien erreichen mittlerweile beachtliche Zahlen. Vgl. nur Burgi, Funktionale Privatisierung und Verwaltungshilfe, Staatsaufgabendogmatik – Phänomenologie – Verfassungsrecht, 1999; Gramm, Privatisierung und notwendige Staatsaufgaben, 2001; Kämmerer, Privatisierung, Typologie – Determinanten – Rechtspraxis – Folgen, 2001; Weiss, Privatisierung und Staatsaufgaben, Privatisierungsentscheidungen im Lichte einer grundrechtlichen Staatsaufgabenlehre unter dem Grundgesetz, 2002; von Hagemeister, Die Privatisierung öffentlicher Aufgaben, 1992; Kulas, Privatisierung hoheitlicher Verwaltung, 1996; Lee, Privatisierung als Rechtsproblem, 1997; Pabst, Verfassungsrechtliche Grenzen der Privatisierung im Fernstraßenbau, 1997; sowie Weisel, Das Verhältnis von Privatisierung und Beleihung, Eine verfassungsrechtlicher Untersuchung der Kombinationsfähigkeit von Privatisierung und Beleihung sowie der Einflüsse der Anwendung des neuen Steuerungsmodells für die öffentliche Verwaltung auf ihre Zulässigkeit, 2003. 131 Während Art. 33 Abs. 4 GG die Existenz des Berufsbeamtentums institutionell garantiert, überführt Abs. 5 die hergebrachten Grundsätze eben dieses Berufsbeamtentums in Form eines Regelungsauftrags an den Beamtenrechtsgesetzgeber in das Rechtssystems unter dem Grundgesetz und gewährt zudem subjektive grundrechtsgleiche Rechte. Der objektivrechtliche Funktionsvorbehalt und der subjektivrechtlich geprägte Regelungsauftrag stehen dabei in einem untrennbaren Zusammenhang und sind stets im systematischen Kontext zu würdigen.
B. Grenzen funktioneller Privatisierung
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liche Relevanz dieser Norm. Das muss zumindest für den Bereich der Staatsaufgaben gelten, der wesensmäßig mit der Ausübung hoheitsrechtlicher Befugnisse eng verknüpft ist. Sinn und Zweck des Art. 33 Abs. 4 GG war bei Schaffung der Bundesrepublik Deutschland im Jahre 1949 zunächst eine positive Verankerung des Berufsbeamtentums gerade im Hinblick auf die Entwicklung in Ostdeutschland132. Darüber hinaus wurde darin zugleich die Chance erkannt, einer übermäßigen Ausdehnung des Berufsbeamtentums entgegentreten zu können133. Prinzipiell sollte keine Gelegenheit zur Erweiterung des Beamtenstandes gegenüber dem nach Kriegsende vorgefundenen Zustand der Dualität von Beamten und Angestellten in der öffentlichen Verwaltung geschaffen werden134. Diese Prägung lag auch dem endgültigen Vorschlag des Allgemeinen Redaktionsausschusses zugrunde, der der Norm ihren bis heute gültigen Wortlaut verlieh135. Abseits dieser Entstehungsgeschichte muss jedoch festgestellt werden, dass Art. 33 Abs. 4 GG in der Praxis kaum mit Leben erfüllt wurde. Vielerorts wird der beamtenrechtliche Funktionsvorbehalt aus finanzpolitischen Gesichtspunkten nicht hinreichend zur Kenntnis genommen, wenn nicht gar wissentlich missachtet136. Der Funktionsvorbehalt zugunsten der Beamtenschaft kann daher als ein geradezu klassisches Beispiel unerfüllten Verfassungsrechts bezeichnet werden137. Die weitgehende Nichtachtung durch die Politik und den verantwortlichen Personalabteilungen bei Bund, Ländern und Kommunen hat bereits dazu geführt, dass der Vorschrift jegliche normative Geltungskraft abgesprochen wurde138. Begünstigt wurde diese Entwicklung von Anfang an durch einen früh entbrannten Streit um die Bindungskraft von Art. 33 Abs. 4 GG139. So wurde u. a. die Auffassung vertreten, es handele sich lediglich um einen bloßen Programmsatz ohne unmittelbare normative Kraft, eine Ansicht die sich freilich nicht durchzusetzen vermochte. Heute 132 So etwa Strauss, CDU in der 12. Sitzung des Zuständigkeitsausschusses vom 14. 10. 1948, StenProt. S. 33; Nachweis bei Bachmann, in: Schneider (Hrsg.), Das Grundgesetz, 1996, S. 373 bzw. 416. 133 So Blomeyer, CDU und Seebohm, DP in der 13. Sitzung des Zuständigkeitsausschusses vom 15. 10. 1948, StenProt. S. 12; Nachweis bei Bachmann, in: Schneider (Hrsg.), Das Grundgesetz, 1996, S. 374 bzw. 421 f. 134 Wagner, SPD in der 12. Sitzung des Zuständigkeitsausschusses vom 14. 10. 1948, StenProt. S. 33; Nachweis bei Bachmann, in: Schneider (Hrsg.), Das Grundgesetz, 1996, S. 373 bzw. 416. 135 Parlamentarischer Rat, Stellungnahme des Allgemeinen Redaktionsausschusses zur Fassung Hauptausschuss 2. Lesung, Stand vom 25. Januar 1949, Drs. PR 1.49 – 543; Nachweis bei Bachmann, in: Schneider (Hrsg.), Das Grundgesetz, 1996, S. 378 bzw. 487. 136 Entsprechend scharf Kämmerer, Privatisierung, 2001, S. 215. 137 Kunig, in: von Münch / Kunig (Hrsg.), Grundgesetz, 3. A., 1995, Art. 33 Rn. 46. 138 So schon Forsthoff, Verfassungsrechtliche Prolegomena zu Art. 33 Abs. 5 GG, DÖV 1951, 460 (461). 139 Zu diesem Streit Peters, Gutachten zur Auslegung des Art. 33 Abs. 4 des Grundgesetzes, 1955, S. 11 ff.
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wird Art. 33 Abs. 4 GG einstimmig als verbindlicher Befehl an den Gesetzgeber und die vollziehende Gewalt interpretiert140. Soweit nach Art. 33 Abs. 4 GG bestimmte ständige Aufgaben, die die Ausübung hoheitsrechtlicher Befugnisse zum Gegenstand haben, regelmäßig Beamten zu übertragen sind, wird daraus geschlussfolgert, dass zumindest in diesem Rahmen eine Entstaatlichung ausgeschlossen sei. Art. 33 Abs. 4 GG garantiere nach diesem Verständnis einen Mindest-Einsatzbereich des Berufsbeamtentums141 und sichere so die Kontinuität hoheitlicher Funktionen des Staates142. Über die institutionelle Garantie des Berufsbeamtentums hinaus komme Art. 33 Abs. 4 GG damit auch eine objektivrechtliche Entscheidung des Verfassungskonvents über das Verhältnis von Staat und Gesellschaft zu. Die Gegenansicht möchte dem Regelungskomplex der Art. 33 Abs. 4 und 5 GG dagegen keine eigenständige privatisierungshemmende Wirkung zukommen lassen. Vor allem im jüngeren Schrifttum finden sich gewichtige Stimmen, die ihnen eine unmittelbare determinierende Dimension absprechen. So sei die Vorschrift nicht darauf gerichtet, die Aktionsräume von Staat und Gesellschaft organisatorisch abzugrenzen, sondern setze eine derartige Grenzziehung ihrerseits voraus143. Vielmehr sei in ihr lediglich der Wahrnehmungsmodus, also das „Wie“ einer vorfindlichen Staatsaufgabe angesprochen144. Die Bestimmung von Staatsaufgaben und damit die Frage des „Ob“ einer hoheitlichen Aufgabenerfüllung soll (ordnungs-)politischen Direktiven vorbehalten bleiben. Erst wenn die Entscheidung gefallen sei eine öffentlichen Aufgabe mit öffentlichrechtlichen Mittel – quasi als Verwaltungsaufgabe – wahrzunehmen, könne Art. 33 Abs. 4 GG zum Zuge kommen145. Angesichts dieser Kontroverse sind die beamtenrechtlichen Bestimmungen des Grundgesetzes in Art. 33 GG zum Fixpunkt jeder Diskussion über die Grenzen eines Rückzugs des Staates geworden. Mit der Beschränkung auf den Wahrnehmungsmodus wird der Bedeutungsgehalt der Norm jedoch bedenklich verkürzt. Zudem verkennt diese Ansicht die Reichweite des beamtenrechtlichen Funktionsvorbehalts. Worin liegt der Wert einer verfassungsrechtlichen institutionellen Garantie des Berufsbeamtentums, wenn sie 140 Auch die Formulierung als Soll-Vorschrift kann die Geltungskraft dieser Verfassungsbestimmung nicht mindern. Darauf weist Ossenbühl hin, Ossenbühl, Eigensicherung und hoheitliche Gefahrenabwehr, 1981, S. 33. 141 Masing, in: Dreier (Hrsg.), Grundgesetz, Bd. II, 2. A., 2006, Art. 33 Rn. 60. 142 BVerfGE 88, 103 (114). 143 Waechter, Die Organisation der Verkehrsüberwachung, NZV 1997, 329 (329) und Scholz, Verkehrsüberwachung durch Private?, NJW 1997, 14 ff. 144 So stellvertretend Kämmerer, der der Gegenansicht eine Wiederbelebung der metaverfassungsrechtlichen These von der Existenz sog. „geborener“ verfassungsordnungs-unabhängiger staatlicher Aufgaben vorwirft, Privatisierung, 2000, S. 215. Vielmehr stelle Art. 33 Abs. 4 GG ein lediglich unselbständiges , von der jeweiligen Organisationsform abhängiges Privatisierungshindernis dar, das zudem dynamisch zu interpretieren sei, Kämmerer, Verfassungsstaat auf Diät?, JZ 1996, 1042 (1047). 145 von Heimburg, Verwaltungsaufgaben und Private, 1981, S. 158.
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nicht zugleich einen Mindestanwendungsbereich impliziert und ihrerseits garantiert146? Gerade der Umstand, dass man sich bei der Schaffung der betreffenden Normen der Vagheit einzelner Begriffe, wie Dauer- und Hoheitsaufgaben bewusst war147, sie aber dennoch zu rate zog, zeigt, dass es losgelöst vom konkreten Verfassungstext einen Grundbestand von Aufgaben geben muss, der zwingend vom Staat wahrzunehmen ist148. Nur im Rekurs auf diesen vorfindlichen, im einzelnen freilich in seiner Reichweite umstrittenen, Aufgabenbestand vermag der beamtenrechtliche Funktionsvorbehalt seine Aufgabe zu erfüllen. Eben dieser Grundbestand lässt sich daher u. a. anhand der Vorgaben der Art. 33 Abs. 4 und 5 GG zurückverfolgen149. Aus dem Umstand, dass nach hier vertretener Auffassung sich dieser Kernbestand von Staatsaufgaben dynamisch entwickelt und sich einer dauerhaften Festschreibung entzieht150, kann nichts Gegenteiliges geschlussfolgert werden. Denn die Schwierigkeit der Bestimmung der inhaltlichen Reichweite der Art. 33 Abs. 4 und 5 GG ist das eine – die vom Verfassungsgeber gleichwohl zum Ausdruck gebrachte Normativität der darin liegenden Grundentscheidung das andere. a) Die „hoheitsrechtlichen Befugnisse“ als Kern der Auslegungsprobleme Aus der privatisierungsrechtlichen Dimension des Art. 33 Abs. 4 GG folgt eine ganze Reihe von Auslegungsproblemen, die durch einen Rekurs auf die Genese der Norm allein nicht zu lösen sind151. Im Zentrum der Auseinandersetzungen steht dabei der Terminus der hoheitsrechtlichen Befugnisse. Über seinen materiellen Gehalt besteht seit jeher Streit. Um diesen Terminus näher bestimmen zu können, werden wiederum unterschiedliche Ansätze verfolgt. Zum einen kann ausSo aber Strauß, Funktionsvorbehalt und Berufsbeamtentum, 2000, S. 201. Vgl. den Disput zwischen Dr. Strauß, CDU und dem Vorsitzenden des Zuständigkeitsausschusses Wagner, SPD in der Sitzung vom 14. 10. 1948, StenProt. der 12. Sitzung, Nachweis bei Bachmann, in: Schneider (Hrsg.), Das Grundgesetz, 1996, S. 408 f. 148 Als Indiz für die Schlüssigkeit dieses integrativen Verständnisses von Art. 33 Abs. 4 GG mag der Anspruch des Beamten auf amtsangemessene Beschäftigung sein, der als hergebrachter Grundsatz des Berufsbeamtentums (Art. 33 Abs. 5 GG) anerkannt ist, vgl. BVerfGE 70, 251 (266). Das Berufsbeamtentum institutionell zu garantieren, ohne zugleich über einen Bestand an notwendigen Staatsaufgaben zu verfügen, zu deren Erfüllung die Ausübung hoheitlicher Befugnisse dauerhaft erforderlich ist, würde diesen Grundsatz tendenziell unterwandern. 149 In diesem Sinne auch Krölls, Rechtliche Grenzen der Privatisierungspolitik, GewArch 1995, 129 (135); Haug, Funktionsvorbehalt und Berufsbeamtentum als Privatisierungsschranken, NVwZ 1999, 816 (816 f.) und Leisner, Berufsbeamtentum und Entstaatlichung, DVBl. 1978, 733 (735). 150 Hierzu oben Teil 1, A. II. a). 151 Gleichwohl traten definitorische Schwierigkeiten bereits der Schaffung dieser Normen auf, vgl. Strauss, CDU in der 12. Sitzung des Zuständigkeitsausschusses vom 14. 10. 1948, StenProt. S. 33, Nachweis bei Bachmann, in: Schneider (Hrsg.), Das Grundgesetz, 1996, S. 374 bzw. 416. 146 147
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gehend von der jeweiligen Sachmaterie, und damit anhand der konkreten Verwaltungsaufgabe, eine Subsumierung unter den Begriff der hoheitsrechtlichen Befugnisse vorgenommen werden (aa)152. Zum anderen bietet sich aber auch die klassische Trennung durch die Begrifflichkeiten Eingriffsverwaltung und Leistungsverwaltung an (bb)153. Die Frage nach dem richtigen Maßstab ist nicht leicht zu beantworten, denn letztlich sehen sich beide Ansätze erheblichen Bedenken ausgesetzt. aa) Der konkret-aufgabenbezogene Ansatz Geht man davon aus, dass nur eine aufgabenmäßige Bestimmung dem Funktionsvorbehalt gerecht wird154, so legt das den Verdacht nahe, dass einer Antwort unter dem Gewand der erforderlichen Einzelfallbeurteilung ausgewichen wird. Der gemeinsame Kern der angesprochenen Staatsaufgaben bleibt in diesem Rahmen verborgen. Darüber hinaus stellt sich bei einer solchen Herangehensweise das Problem der notwendigen Radizierung der zu untersuchenden Aufgabe. Es liegt auf der Hand, dass sich die Notwendigkeit der Ausübung hoheitlicher Befugnisse um so eher bejahen lässt, je größer der Aufgabenzuschnitt gewählt wird. Umgekehrt lässt sich durch stärkere Fokussierung auf immer kleinere Teilausschnitte einer Aufgabe ein gegenteiliger, privatisierungsfreundlicher Befund feststellen. Zweifelsohne sind etwa Rechtsprechung und Rechtspflege genuin mit der Ausübung hoheitsrechtlicher Befugnisse berufen – sieht man von privatautonom eingesetzten Schiedsgerichten einmal ab-. Heißt dies aber zugleich, dass jegliche Dienstleistung im Justizwesen wie etwa der Objektschutz von Justizgebäuden von Beamten wahrzunehmen wäre? Das Problem verlagert sich somit auf die Festlegung des konkreten Aufgabenzuschnitts. Dieser ist aber noch weniger justiziabel als die „Ausübung hoheitlicher Befugnisse“. Der Anwendungsbereich des Funktionsvorbehalts korreliert dann mit der Beliebigkeit der Aufgabenbestimmung. Angesichts der finanziellen Schieflage der öffentlichen Haushalte läuft ein solcher Ansatz darauf hinaus, Art. 33 Abs. 4 GG eine unmittelbare privatisierungsbeschränkende Wirkung abzusprechen und die Entscheidung über die Privatisierbarkeit dem politischen Tagesgeschäft zu überlassen.
152 So Ehlers, Verwaltung in Privatrechtsform, 1984, S. 122; Gramm, Schranken der Personalprivatisierung bei der inneren Sicherheit, VerwArch 1999, S. 329 (337); vom Staatsaufgabenkern ausgehend Schuppert, Rückzug des Staates?, DÖV 1995, 761 (765). 153 Ossenbühl, VVDStRL 29 (1971), S. 137 (161); Lecheler, Die Beamtenaufgaben nach dem Funktionsvorbehalt des GG, 1986, S. 32 ff. und ders., in: Isensee / Kirchhof (Hrsg.), HdbStR, Bd. III, 1. A., 1988, § 72, S. 730 ff. (731), Rn. 33 ff. (37). 154 Diese Tendenz herrschte auch bei den Teilnehmern der Staatsrechtslehrertagung 1978 vor: Burmeister, VVDStRL 37 (1979), 303 (304); Ossenbühl, VVDStRL 37 (1979), 305 (306); von Mutius, VVDStRL 37 (1979), 307 (308) und Bartlsperger, VVDStRL 37 (1979), 309 (310).
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bb) Der abstrakt-typenbezogene Ansatz Aber auch die Dichotomie von Eingriffs- und Leistungsverwaltung, wie sie die noch vorherrschende Meinung im Zusammenhang mit Art. 33 Abs. 4 GG präferiert, kann nicht kritiklos übernommen werden. Denn Einigkeit besteht hier nur insoweit, als dass die Eingriffsverwaltung in den Anwendungsbereich des Funktionsvorbehalts fällt155. Das obrigkeitliche Handeln des Staates im Sinne einseitigen Zwangs wird allseits als prägend für ein hoheitsrechtliches Tätigwerden angesehen. Keine Ausübung hoheitlicher Befugnisse soll hingegen im Bereich der Fiskalverwaltung und dort vorliegen, wo der Staat erwerbswirtschaftlich tätig wird. Ebenfalls übereinstimmend aus dem Anwendungsbereich ausgeschieden werden untergeordnete Tätigkeiten lediglich technischer oder mechanischer Art156. Angesichts zunehmender Auslagerung von vorbereitenden Dienstleistungen auf Private erscheint gerade das Kriterium der untergeordneten Tätigkeit als zu unscharf. Als untergeordnet kann schließlich alles bezeichnet werden, was mit dem abschließenden behördlichen Endprodukt, der Genehmigung, der Erlaubnis, dem Bebauungsplan nicht auf einer Ebene steht. Diese Eigenschaft steckt aber schon in der Charakterisierung als vorbereitende Maßnahme. Hinzu tritt die Gefahr, dass mit zunehmender Auslagerung entscheidungsvorbereitender Phasen – womöglich bei Konzentration auf einen einzigen privaten Träger – dieser einen eigennützig verwertbaren Wissensvorsprung gegenüber privaten Konkurrenten erwirbt157. Noch schwieriger einzuschätzen ist der Bereich der Leistungsverwaltung. Die Anwendbarkeit des Funktionsvorbehalts wird von der h. M. in diesem Bereich von unterschiedlichen Faktoren abhängig gemacht. Das Bundesverwaltungsgericht fokussiert seinen Blick auf die Form staatlicher Verwaltung. Danach soll Art. 33 Abs. 4 GG im Bereich der Leistungsverwaltung Anwendung finden, soweit dort in den Formen des öffentlichen Rechts gehandelt wird158. Anderenorts wird auf die existenzielle Bedeutung der konkreten Leistung abgestellt. Danach werden hoheitPieroth, in: Jarass / Pieroth (Hrsg.), Grundgesetz, 7. A., 2004, Art. 33 Rn. 30. So etwa Wichmann, in: Wind / Schimana / Wichmann / Langer (Hrsg.), Öffentliches Dienstrecht, 5. A., 2002, S. 33 und Bauschke, in: Scheerbarth / Höffken / Bauschke / Schmidt (Hrsg.), Beamtenrecht, 6. A., 1992, § 5 I, S. 86. Angesprochen sind die rein mechanische Ausübung dienstlicher Weisungen und Tätigkeiten des allgemeinen Wirtschaftslebens. 157 Im Rahmen von ÖPP wird dies v.a. unter dem Stichwort der Projektantenproblematik virulent. Hier sollte Art. 2 Nr. 1 des ÖPP-Beschleunigungsgesetzes vom 01. 09. 2005 (BGBl. I S. 2676) durch die Schaffung eines neuen § 4 Abs. 5 der Vergabeverordnung Abhilfe schaffen. Nunmehr hat der öffentliche Auftraggeber im Vergabeverfahren dafür Sorge zu tragen, dass die Teilenahme von Bietern oder Bewerbern, die ihn vor Einleitung des Verfahrens beraten oder sonst unterstützt haben nicht zu einer Verfälschung des Wettbewerbs führt. Ob damit alle Bedenken gegen die Beteiligung von Projektanten am Vergabeverfahren ausgeräumt sind, darf wohl bezweifelt werden. Dazu noch ausführlich unter Teil 8, A. V. 158 BVerwGE 37, 192; Rudolf, Der öffentliche Dienst im Staat der Gegenwart, VVDStRL 37 (1979), 175 (202 f.). 155 156
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liche Befugnisse wahrgenommen, wenn grundrechtsrelevante existenziell wichtige Leistungen durch den Staat für den Bürger erbracht werden159. Auch diese beiden Lösungsansätze sind von erheblichen Schwächen geprägt. So bleibt ungeklärt, welche Leistungen als existenziell unter dem Menschenbild des Grundgesetzes zu bewerten sind. Sind davon nur diejenigen Dienstleistungen erfasst, derer der Mensch zum Überleben bedarf oder prägt die industrialisierte Umwelt die menschlichen Bedürfnisse derart, dass auch gesteigerte Ansprüche zu stellen sind? Nach der Maslow’schen Bedürfnispyramide160 etwa sind verschiedene Stufen menschlicher Bedürfnisse zu unterscheiden161. Bereits auf den untersten finden sich Grundbedürfnisse, wie die auf Dauer angelegte wirtschaftliche Existenzsicherung durch Erwerbstätigkeit, die staatlicherseits gar nicht erfüllt werden können. Ihre Befriedigung bleibt der Gesellschaft und dem Arbeitsmarkt überlassen. Dass diese Enthaltsamkeit des Staates und die (arbeits-)marktmäßige Befriedigung dieses existenziellen Grundbedürfnisses im Einklang mit Menschenbild des Grundgesetzes stehen, lässt sich kaum anzweifeln. Mit welchem Recht aber sollte dann eine Privatisierung bislang staatlich erbrachter existenziell wichtiger Dienstleistungen verboten sein? Das Kriterium der Existenzialität ist für eine Trennung von privatisierbaren und nicht privatisierbaren Aufgabenmaterien untauglich. Zur Bestimmung des Anwendungsbereichs des Art. 33 Abs. 4 GG im Bereich der Leistungsverwaltung ist es daher ungeeignet. Nicht anders verhält es sich mit dem Kriterium der Form, in der die Verwaltung tätig wird. Nach der oft kritisierten162 Zwei-Stufen-Theorie163 bleibt es vielfach der Verwaltung überlassen, wie sie ein Rechtsverhältnis ausgestaltet. Ihr wird im Rahmen der privatisierungsrechtlich interessanten Erbringung von Leistungen der Daseinsvorsorge Wahlfreiheit dahingehend zugestanden, ob sie eine öffentlich-rechtliche oder eine privatrechtliche Ausgestaltung präferiert. Machte man mit dem vom Bundesverwaltungsgericht vorgeschlagenem Kriterium der Form Ernst, so bliebe es dann vom Einzelfall abhängig, ob es sich um einen Bereich der Ausübung hoheitlicher Befugnisse handelt oder nicht. Die Exekutive entschiede abschließend darüber, ob der Funktionsvorbehalt des Art. 33 Abs. 4 GG eingreift oder nicht164. VGH München, ZBR 1994, 350 (352). Vgl. http: // www.lexikon-definition.de / Maslowsche-Beduerfnispyramide.html. 161 Den Grundbedürfnissen, wie Essen, Trinken und Schlafen, auf der ersten Stufe folgen die Sicherheitsbedürfnisse auf der zweiten. Zu ihnen zählen neben einer Behausung und einer gesicherten Erwerbsmöglichkeit auch die soziale Absicherung gegen elementare Risiken und positive Zukunftsaussichten. Dabei mag der Bedarf nach einem festen Dach noch vom Staat zu gewährleisten sein. Schwieriger ist dagegen die Bereitstellung eines sicheren Arbeitsplatzes, wie entsprechende Diskussionen über eine etwaige grundrechtliche Verbürgung Anfang der neunziger Jahre gezeigt hat. 162 So Maurer, Allgemeines Verwaltungsrecht, 16. A., 2006, S. 448 ff. Rn. 11 ff. 163 Grundlegend hierzu Ipsen, Öffentliche Subventionierung Privater, 1956, S. 62 ff. 164 Im dieser formalen Betrachtungsweise auch Ehlers, Verwaltung in Privatrechtsform, 1984, S. 122. 159 160
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Ein solcher Befund erscheint angesichts der Wesentlichkeit der Bestimmung des Geltungsbereichs zentraler Verfassungsnormen kaum akzeptabel. Schließlich sei noch auf ein anderes grundlegendes Problem verwiesen: Thematisiert wird die Reichweite von Art. 33 Abs. 4 und 5 GG nur im Hinblick auf die sog. Leistungsverwaltung, während sie für Eingriffsverwaltung bejaht und für den Bereich erwerbswirtschaftlicher Betätigung der öffentlichen Hand verneint wird. Dabei lässt sich bereits die Dichotomie von Eingriffsverwaltung und Leistungsverwaltung in Frage stellen. Denn die Feststellung, ob ein Eingriff oder eine Leistung vorliegt, hängt entscheidend vom Blickwinkel ab, unter dem das staatliche Handeln bewertet wird. Zum anderen kann in jeder staatlichen Leistung an einzelne auch ein Eingriff zulasten anderer gesehen werden. Dies sei an zwei Beispielen veranschaulicht: 1. Einen der stärksten denkbaren Eingriffe in die grundrechtliche Freiheitssphäre des Einzelnen stellt sicher der Freiheitsentzug i. S. v. Art. 104 GG dar. Die Aufgabe des Strafvollzugs, soweit sie Haftstrafen betrifft, stellt daher – unstreitig – einen klassischen Fall der Eingriffsverwaltung dar. Zum Strafvollzug i. e. S. gehören aber auch die Versorgung der Gefangenen mit Lebensmitteln und die Sicherstellung einer medizinischen Grundversorgung in der Haftanstalt. Angesprochen sind damit Dienstleistungen, die keinen eingreifenden, sondern versorgenden und die Haftorganisation unterstützenden Charakter haben165. Dies sind Aspekte einer vollzugsbezogenen Daseinsvorsorge, denen jeder Eingriffscharakter fehlt. Abermals zeigt sich, dass auch unter Zugrundelegung der Verwaltungstypen der Zuschnitt der zu untersuchenden Aufgabe das Ergebnis beeinflusst166. Wird der Blick auf die Versorgungstätigkeiten verengt, lässt sich kaum mehr von Eingriffsverwaltung reden. Eine Anwendung des beamtenrechtlichen Funktionsvorbehalts wäre abzulehnen. 2. Einen Fall von Leistungsverwaltung stellt es demgegenüber dar, wenn Subventionen, insbesondere in Gestalt sog. verlorener Zuschüsse an Unternehmen ausgekehrt werden. Gänzlich anders werden aber Fälle betrachtet, in denen Presseunternehmen derartige Finanzhilfen seitens der öffentlichen Hand erhalten. Angesichts der Gewährleistung einer freien Presse durch Art. 5 Abs. 1 S. 2 GG wendet sich der Blick den nicht begünstigten Presseunternehmen zu, denen gegenüber die Förderung von Konkurrenten einen Eingriff darstellt, der einer gesetzlichen Grundlage bedarf167. Daher wird eine meinungsbezogene staatliche Förderung von Pres165 Hierzu Bonk, Rechtliche Rahmenbedingungen einer Privatisierung im Strafvollzug, JZ 2000, 435 (439 und 442), der in Anwendung des § 155 Abs. 1 S. 2 StVollzG insoweit eine Vollzugsprivatisierung für zulässig hält. Gegen ein absolutes Privatisierungsverbot aus Art. 33 Abs. 4 GG im Strafvollzug auch Kulas, Privatisierung hoheitlicher Verwaltung, 1996, S. 73. 166 Für eine differenzierende Betrachtung plädieren daher auch Di Fabio, Privatisierung und Staatsvorbehalt, JZ 1999, 585 (590 f.) und Hoffmann-Riem, Justizdienstleistungen im kooperativen Staat, JZ 1999, 421 (425); ihnen folgend Bonk, Rechtliche Rahmenbedingungen einer Privatisierung im Strafvollzug, JZ 2000, 435 (439). 167 BVerwGE 90, 112 (126).
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seunternehmen vom Bundesverfassungsgericht ohne entsprechende Richtlinien als unzulässig angesehen168. An der Zugehörigkeit der Pressesubvention zum Bereich der Leistungsverwaltung ändert dies gleichwohl nichts. Hierin zeigt sich die besondere Ambivalenz sowohl des Begriffes der Eingriffs- als auch des Leistungsverwaltung. Schließlich ist noch auf eine weitere Unschärfe des Begriffs der Eingriffsverwaltung zu verweisen. Sie ist mit der Anerkennung sog. sonstiger Eingriffe nach dem modernen Eingriffsbegriff in Form faktischer, mittelbarer bzw. nicht intendierter Einwirkungen in die grundrechtlich gewährte Freiheitssphäre durch das Bundesverfassungsgericht verbunden169. Die Verwässerung des klassischen Eingriffsbegriffs schafft neue Definitionsschwierigkeiten sowohl hinsichtlich der erforderlichen Qualität des Eingriffs als auch hinsichtlich dessen Quantität, also bzgl. der maßgeblichen Eingriffsschwelle. Diese definitorische Unschärfe hat das Bundesverfassungsgericht bereits zu Konzessionen bzgl. der Reichweite des Gesetzesvorbehalts gezwungen. Während klassische Eingriffe stets durch oder aufgrund eines Gesetzes legitimiert sein müssen, gilt dies für die sonstigen Eingriffe nur soweit sie einer staatlichen Normierung zugänglich, insbesondere vorhersehbar und typisierbar sind170. Will man sich von den hergebrachten dogmatischen Strukturen nicht verabschieden, so wird man diese Gedanken bei den Begrifflichkeiten der Eingriffsverwaltung und der Leistungsverwaltung ebenfalls zu berücksichtigen haben. Eine enumerative Zuordnung von Aufgabenfeldern der staatlichen Verwaltung, wie sie noch unter dem klassischen Eingriffsbegriff möglich war, rückt so in die Ferne. Vielmehr ist es der Prognostizierbarkeit des eingreifenden Charakters vertypten staatlichen Handelns überlassen eine Kategorisierung vorzunehmen. Die Bereiche von Eingriffsverwaltung einerseits und Leistungsverwaltung andererseits verschwimmen zwangsläufig ineinander171. Ihre Unterscheidungskraft verliert sich in der Vielgestaltigkeit der Lebenssachverhalte. Zur Bestimmung, wann mit staatlichen Aufgaben die Ausübung hoheitsrechtlicher Befugnisse dauerhaft einhergeht, sind sie daher untauglich. cc) Eigener historisch-teleologischer Ansatz Umso dringlicher stellt sich daher die Frage nach anderen, praktikableren Ansatzpunkten. Die Radizierung des Anwendungsbereichs von Art. 33 Abs. 4 GG hat sich dabei am telos der Norm zu orientieren. Dieser besteht zunächst – das zeigen die Urkunden zur Entstehungsgeschichte – in der Absicherung der Institution des Berufsbeamtentums. Historisch ist Art. 33 Abs. 4 GG damit dem Eindruck der Ent168 169 170 171
BVerfGE 80, 124 (134). BVerfGE 105, 279 (303). BVerfGE 105, 279 (304). So schon Ehlers, Verwaltung in Privatrechtsform, 1984, S. 122.
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wicklungen in der sowjetischen Besatzungszone in der Folge einer Implementierung eines parteitreuen Verwaltungsapparates durch die Abschaffung des Berufsbeamtentums und der Beseitigung des Verwaltungsrechts als eigenständiges Rechtsgebiet172 geschuldet. Auslöser für den Wunsch nach einer positivrechtlichen Verankerung im Grundgesetz war die Sicherstellung des Gesetzmäßigkeitsprinzips und die Wahrung der parteipolitischen Neutralität innerhalb der Exekutive173. Dabei erschien das Berufsbeamtentum dem Verfassungsgeber als zuverlässiger Garant rechtsstaatlicher Grundsätze174. Seine innere Sicherheit, Unabhängigkeit und Beständigkeit gegenüber wechselnden politischen Verhältnissen waren entscheidende Triebkräfte für die Verankerung im Grundgesetz. Aus diesem historischen Kontext folgt zudem, dass das Berufsbeamtentum nicht um seiner selbst willen in Art. 33 Abs. 4 GG Erwähnung gefunden hat. Vielmehr soll dem Staat ein Stab von Mitarbeitern zur Seite gestellt werden, die auch in schwierigen Zeiten seine Handlungsfähigkeit sicherstellen175. Das Bundesverfassungsgericht legt denn Art. 33 Abs. 4 GG auch die Intention zugrunde, die Kontinuität hoheitlicher Funktionen des Staates zu sichern176. Vor diesem Hintergrund kann die Frage nach der Reichweite des Begriffs der hoheitsrechtlichen Befugnisse in Art. 33 Abs. 4 GG nicht losgelöst von den konkret wahrzunehmenden Aufgaben umrissen werden. Insoweit sind Konzessionen an einen konkret-aufgabenbezogenen Ansatz zu machen (vgl. aa). Soll die Norm ihrem Auftrag in Form einer „Existenzsicherung des Staates in Krisenzeiten“ gerecht werden, so muss sich ihr Anwendungsbereich aber auch mit dem dynamisierten Aufgabenbestand decken, der nach der jeweiligen Rechtsordnung zwingend durch den Staat wahrzunehmen ist. Die Intention des Verfassungsgebers mit der institutionellen Garantie des Berufsbeamtentums zugleich einen unabhängigen, von rechtsstaatlichen Grundsätzen getragenen Gesetzesvollzug zu gewährleisten, qualifiziert so den Kreis der durch Art. 33 Abs. 4 GG angesprochenen Aufgaben. Als Grundregel kann dabei gelten, dass die rechtsstaatlichen Grundsätze umso stärker Beachtung finden müssen, als die Interessen zwischen Staat und Individuum im Einzelfall typischerweise in einem natürlichen Gegensatz stehen. Besonders deutlich wird dies, wenn grundrechtlich verbürgte Freiheitssphären tangiert oder Gleichheitssätze beeinträchtigt werden bzw. typisierend zumindest eine entsprechende Gefährdungslage vorliegt. Allein Aufgaben, die in einem inneren Zusammenhang mit derartigen (potentiellen) Konfliktlagen stehen und 172 Ausgangspunkt hierfür war die Rede Walter Ulbrichts auf der Babelsberger Konferenz 1958, zu dieser Eckert (Hrsg.), Die Babelsberger Konferenz vom 2. / 3. April 1958, BadenBaden 1993. 173 So Manssen, Der Funktionsvorbehalt des Art. 33 Abs. 4 GG, ZBR 1999, 253 (255). 174 Huber, Das Berufsbeamtentum im Umbruch, Die Verwaltung 29 (1996), 437 (441). 175 Die besondere Krisenfestigkeit des Berufsbeamtentums folgt u. a. aus dem Streikverbot, das ebenfalls als hergebrachter Grundsatz durch Art. 33 Abs. 5 GG Eingang in die konstitutionelle Ordnung gefunden hat. 176 BVerfGE 88, 103 (114).
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daher die Wahrung rechtsstaatlicher Verfahren in gesteigertem Maße erfordern, können das Vorhalten von Beschäftigten, die in einem öffentlich-rechtlichen Dienst- und Treueverhältnis stehen, rechtfertigen. Ob die in Art. 33 Abs. 4 GG angesprochenen Aufgaben auch materiell – thematisch näher bestimmt werden können, erscheint dagegen zweifelhaft. Angesichts der notwendigen Offenheit des Grundgesetzes bzgl. der jeweiligen Staats- und Verwaltungsaufgaben177 muss jeder Versuch einer inhaltlichen Begrenzung des Terminus der „Ausübung hoheitlicher Befugnisse“ scheitern178. Dass dieses Ergebnis vielerorts nicht zu befriedigen vermag ist wenig verwunderlich. Nicht von ungefähr klingt im Postulat des offenen Konzepts von Staats- und Verwaltungsaufgaben ein Anschein von Resignation vor dem anstehenden definitorischen Aufwand mit. Man wird aber annäherungsweise umso eher einen Bereich ständiger Ausübung hoheitlicher Befugnisse zu bejahen haben, je stärker sich der konkrete Aufgabenbereich den o. g. klassischerweise staatlich wahrgenommenen, wenn auch nicht genuinen Staatsaufgaben nahe kommt179. Gleichwohl gilt es stets zu bedenken, dass auch im Zentrum klassischer Staatsaufgaben Teilgebiete zu finden sind, die nicht notwendigerweise einen engen Bezug zur Ausübung von Hoheitsgewalt aufweisen180. Dies gilt in besonderem Maße für einzelne funktional abtrennbare Bereiche mit ausschließlich dienstleistendem Charakter, die starke Affinität zu marktmäßig verfügbaren Gütern aufweisen.
b) Die Dauerhaftigkeit der Aufgabe Einen weiteren Anhaltspunkt zur Bestimmung der Reichweite des Funktionsvorbehalts bietet die erforderliche Dauerhaftigkeit der Aufgabe. Diese Anforderung unterstreicht die Bedeutung der angesprochenen staatlichen Funktionen. Nicht jede Aufgabe, die dem Staat zufällt, kann für das Berufsbeamtentum reklamiert werden181. Dies galt in besonderer Weise für viele einigungsbedingte Sonderaufgaben 177 Kämmerer, Privatisierung, 2001, S. 152 (164 ff.); Bull, Die Staatsaufgaben nach dem Grundgesetz, S. 369 f., Dreier, Die drei Staatsgewalten im Zeichen der Europäisierung und Privatisierung, DÖV 2002, 537 (541) und ihnen folgend Wolff / Bachof / Stober, Verwaltungsrecht III, 5. A., 2004, § 93 VI 1, S. 630 Rn. 11. 178 Ähnlich schon Grabbe, Verfassungsrechtliche Grenzen der Privatisierung kommunaler Aufgaben, 1979; Däubler, Privatisierung als Rechtsproblem, 1980, S. 74. 179 Ähnlich Schuppert, in: Denninger (Hrsg.), AK-GG, Bd. I, 3. A., 2001, Art. 33 Abs. 4 und 5 GG, Rn. 4; Schoch, Privatisierung von Verwaltungsaufgaben, DVBl. 1994, 962 (963) und Krölls, Rechtliche Grenzen der Privatisierungspolitik, GewArch 1995, 129 (135). 180 Hierauf weist für den Strafvollzug auch Bonk zutreffend hin, ders., Rechtliche Rahmenbedingungen einer Privatisierung im Strafvollzug, JZ 2000, 435 (439). 181 Ossenbühl spricht insofern von transitorischen Aufgaben, für welche das Ende staatlicher Wahrnehmungszuständigkeit abzusehen ist, selbst wenn sie den Staat noch langandauernd beschäftigen werden. Ossenbühl, Eigensicherung und hoheitliche Gefahrenabwehr, 1981, S. 35.
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in den 1990er Jahren. Die einmalige Sondersituation in der Folge des Beitritts der fünf neuen Bundesländer ist ein Paradebeispiel für einen temporären Aufgabenzuwachs bei Bund und Ländern, der den Aufbau eines zusätzlichen Beamtenstabs mit Blick auf das Lebenszeitprinzip ungerechtfertigt erscheinen ließ. Insoweit konnte also u. U. weitgehend auf Beamte verzichtet werden. Es liegt auf der Hand, dass mit dem Ausscheiden dieser vorübergehenden Aufgaben für die Bestimmung der Reichweite des beamtenrechtlichen Funktionsvorbehalts noch nicht viel gewonnen ist, schließlich sind temporäre Staatsaufgaben empirisch gesehen eher die Ausnahme.
c) Das Regel-Ausnahme-Verhältnis des Art. 33 Abs. 4 GG Der privatisierungslimitierende Gehalt des Art. 33 Abs. 4 GG wird weitergehend dadurch relativiert, dass die Ausübung hoheitsrechtlicher Befugnisse nur in der Regel Beamten zu übertragen ist. Es ist danach zulässig auch auf Sachgebieten, auf denen es regelmäßig zur Inanspruchnahme hoheitsrechtlicher Befugnisse kommt, Angestellte einzusetzen. Schon früh formulierte das Bundesverfassungsgericht jedoch, dass die Betrauung von sonstigen Bediensteten mit der Ausübung hoheitsrechtlicher Befugnisse angesichts des Wortlauts des Art. 33 Abs. 4 GG die Ausnahme bleiben müsse182. In späteren Judikaten des Bundesverfassungsgerichts fand diese Wendung jedoch keine Bestätigung183. Daraus wurde der Schluss gezogen, dass der Formel für sich genommen keine umfangreiche Privatisierungssperre zu entnehmen sei184. Indes deutet vieles darauf hin, eine Personalentscheidung gegen die Betrauung von Beamten unter erhöhten Legitimationsdruck zu setzen. Hierfür sind besondere, sachliche Erwägungen erforderlich185. Zumindest aber muss das angeordnete Regel-Ausnahme-Verhältnis ernst genommen werden186. Anderenfalls verkäme das verfassungsrechtliche Gebot des Art. 33 Abs. 4 GG zu einem unverbindlichen Programmsatz. Angesichts des rechtsstaatlichen Bezugs dieser Verfassungsnorm wird man auch nicht nur auf das zahlenmäßige Verhältnis von Beamten und Angestellten bzw. staatlicher und privater Einrichtungen zueinander abzustellen haben187. Vielmehr ist auch eine Gewichtung anhand der Konfliktträchtigkeit des konkreten Aufgabenbereichs vorzunehmen. Die Beschäftigung von Angestellten bzw. die Beleihung von Selbständigen und Unternehmen in Privatrechtsform mit der Ausübung hoheitsrechtlicher Befugnisse dürfte so im BVerfGE 9, 258 (284). Vgl. nur BVerfGE 17, 371 ff. 184 Bonk, Rechtliche Rahmenbedingungen einer Privatisierung im Strafvollzug, JZ 2000, 435 (439). 185 BVerwG, DÖV 1967, 424; zuletzt BVerwGE 91, 275 (278). 186 von Mutius, Grundfälle zum Kommunalrecht, JuS 1976, S. 652; Däubler, Privatisierung als Rechtsproblem, 1980, S. 74. 187 So aber Kulas, Privatisierung hoheitlicher Verwaltung, 1996, S. 73. 182 183
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Bereich des Verkehrswegebaus etwa eher zulässig sein als im Straf- bzw. Maßregelvollzug. Hier wie dort ist die Ausübung hoheitlicher Befugnisse erforderlich. Man denke nur an die umfangsreichen Enteignungsmaßnahmen in der Umsetzung einer Trassenplanung einerseits bzw. bei Kontrolle von Besuchs- und Briefverkehr der Haftvollzugsinsassen andererseits. d) Ergebnis Art. 33 Abs. 4 GG ist kein unmittelbares Privatisierungsverbot zu entnehmen. Dies folgt zum einen aus dem Umstand, dass sein Anwendungsbereich vom Vorliegen einer Staatsaufgabe abhängig ist und über den Begriff der „Ausübung hoheitsrechtlicher Befugnisse“ bis heute kein Konsens besteht. Zum anderen wird der Aussagegehalt durch die weitgehende Zulassung von Ausnahmen, von denen in der Praxis reger Gebrauch gemacht wird, erheblich relativiert. Festzuhalten bleibt indes, dass Art. 33 Abs. 4 GG als verbindliches Verfassungsgebot den Gesetzgeber unter einen beachtlichen Begründungsdruck setzt, will er Hoheitsaufgaben von Angestellten bzw. Privaten wahrnehmen lassen. Die Norm ist daher bei allen Arten von Privatisierungen zu berücksichtigen, insbesondere aber im Fall formeller (Organisations-)Privatisierungen. Der beamtenrechtliche Funktionsvorbehalt kann daher als beachtliche Privatisierungshürde bezeichnet werden.
2. Die verfassungsrechtliche Verteilung exekutivischer Befugnisse, Art. 83 ff. GG Neben Art. 33 Abs. 4 GG werden auch die Vorschriften des achten Abschnitts des Grundgesetzes als rechtliches Privatisierungshindernis angeführt. Die Art. 83 ff. GG gestalten die kompetentielle Ordnung im Rahmen des Gesetzesvollzugs. Ihr Fokus liegt damit auf einem Teilbereich der Ausübung staatlicher Befugnisse (Art. 30 GG), deren Wahrnehmung auch im siebenten (Gesetzgebungsbefugnisse, Art. 70 ff. GG) und im neunten Abschnitt (Rechtsprechung, Art. 92 ff. GG) der Verfassung thematisiert wird. Im Bezug zur „Generalklausel“ des Art. 30 GG stehen diese Verfassungskomplexe in einem sog. „Dreiklang“. Damit ist jedoch nur die kompetentielle Stoßrichtung der Art. 83 ff. GG angesprochen. Darüber hinaus wird diesem verfassungsrechtlichen Normenkomplex einhellig auch ein privatisierungsrechtlich relevanter Aussagegehalt zugesprochen, was freilich umstritten ist. Dem liegt die Annahme zugrunde, dass in dem Maße, in welchem die Art. 86 ff. GG die Ausführung von Gesetzen auf bestimmten Sachgebieten dem Bund übertragen, die Übertragung der damit verbundenen Tätigkeiten auf Private ausgeschlossen sei. Mit anderen Worten treffe den Bund in diesen Fällen nicht lediglich ein gegen die Länder gerichtetes Wahrnehmungsrecht, sondern auch eine unmittelbare Wahrnehmungslast, derer er sich nicht entziehen dürfe. Gleiches müsste dann auch für die Länder gelten, soweit es bei der Grundregel
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des ländereigenen Vollzugs gem. Art. 83 mit Maßgabe des Art. 84 GG bleibt. Nach dieser These setzt jede Aufgabenprivatisierung der in Art. 86 ff. GG genannten Bereiche eine Verfassungsänderung voraus. Problematisch ist u. a. die durch die Art. 86 ff. GG angestrebte Staatsnähe der Aufgabenwahrnehmung. Dabei geht es zum einen um die Frage des „Ob“ einer Aufgabenwahrnehmung in Privatrechtsform oder in öffentlich-rechtlicher Form mit dem entsprechenden Handlungsinstrumentarium. Dabei kann sich letztere darauf beschränken, die Wahrnehmung im Einzelnen durch private Träger zu veranlassen und lediglich die Auftragsvergabe und die Erfüllungsüberwachung öffentlich-rechtlich auszugestalten. In diesem Fall wird die Aufgabe lediglich funktional privatisiert (sog. Vollzugsprivatisierung). Dies leitet über zur weiteren Fragestellung des „Wie“ der Aufgabenwahrnehmung im Einzelfall. Vor diesem Hintergrund ist heftig umstritten, ob sich aus der Anordnung einer Vollzugskompetenz durch die Art. 86 ff. GG auch in organisationsrechtlicher Hinsicht Anforderungen an die konkrete Wahrnehmung der Aufgaben ergeben. In diesem Rahmen kommt es entscheidend auf den Inhalt des diesem Abschnitt des Grundgesetzes zugrundeliegenden Verwaltungsbegriffs an. Nur wenn dieser in einem weiteren Sinne verstanden werden kann, ist auch die organisationsprivate Wahrnehmung von Vollzugskompetenzen außerhalb unmittelbarer oder mittelbarer Bundes- bzw. Länderverwaltung zulässig. Dabei handelt es sich um eine Thematik, die im hier zu untersuchenden Kontext v. a. dann relevant wird, soweit eine Öffentlich Private Partnerschaft in institutionalisierter Form, ein sog. gemischtwirtschaftlicher Unternehmen, gegründet werden soll.
a) Die These vom organisationsrechtlichen Gehalt der Art. 86 ff. GG Für die These vom organisationsrechtlichen Gehalt der Art. 86 ff. GG spricht zunächst, dass es in der Vergangenheit im Rahmen der Privatisierung von Bahn und Post zu erheblichen Verfassungsänderungen bei den Art. 87e Abs. 3 S. 1 GG188 und Art. 87f Abs. 2 S. 1 GG189 gekommen ist. Warum sollte der privatisierende Gesetzgeber die Hürden der Verfassungsänderung nehmen, wenn den Art. 83 ff. GG kein organisationsrechtlicher Gehalt zukäme? Es erscheint aber auch nicht ausgeschlossen, dass lediglich eine rechtlich nach allen Seiten abgesicherte Lösung angestrebt wurde. Für die Frage nach einem organisationsrechtlichen Gehalt der Art. 83 ff. GG kann aus den Art. 87e Abs. 3 S. 1 und 87f Abs. 2 S. 1 GG daher wenig gewonnen werden. 188 Nach Art. 87e Abs. 3 S. 1 GG werden die Eisenbahnen des Bundes als Wirtschaftsunternehmen in privatrechtlicher Form geführt. 189 Gem. Art. 87f Abs. 2 S. 1 GG werden flächendeckend angemessene und ausreichende Dienstleistungen im Bereich des Postwesens und der Telekommunikation [Abs. 1] durch die aus dem Sondervermögen Deutsche Bundespost hervorgegangenen Unternehmen und durch private Anbieter erbracht.
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Das Bundesverfassungsgericht hat zum Gehalt der Art. 86 ff. GG mehrfach Stellung bezogen. Was den Vollzug von Bundesgesetzen durch die Länder anbelangt, entspricht es ständiger Rechtsprechung, dass letztere zum Vollzug nicht nur berechtigt, sondern auch verpflichtet sind190. Diese Erkenntnis ist aber nicht notwendig Ausdruck der Verwaltungskompetenz, sondern ergibt sich schon aus der Divergenz von Gesetzgebungs- und Vollzugskompetenz bzw. dem Grundsatz des bundesfreundlichen Verhaltens. Soweit die Länder Vollzugskompetenzen für bundesrechtlich geregelte Materien innehaben, müssen sie ihre Verwaltung nach Art, Umfang und Leistungsvermögen entsprechend den Anforderungen sachgerechter Erledigung einrichten191. Inhaltlich erstreckt sich die Befugnis zur Errichtung von Behörden gem. Art. 84 Abs. 1 GG dabei nicht nur, wie der Wortlaut nahe legt, auf deren Errichtung (Gründung), sondern auch auf deren Einrichtung (Ausgestaltung)192. Insofern ist den Ländern damit ein weitgehender Gestaltungsspielraum einzuräumen. In BVerfGE 63, 1 (41) zur Schornsteinfegerversorgung hat das Bundesverfassungsgericht ausgesprochen, dass sich der Bund als Aufgabenträger nach den Art. 86 ff. GG sich grundsätzlicher eigener personeller und sachlicher Mittel zu bedienen hat193. Gleichzeitig hat es aber klargestellt, dass die Formen der Verwaltungshilfe durch Dritte dadurch nicht ausgeschlossen sind. Ihr seien nur insofern Grenzen gesetzt, als es der Grundgedanke der Kompetenznorm erfordere, dass diese Zuhilfenahme die Ausnahme, die eigenständige Aufgabenwahrnehmung dagegen die Regel darstellen müsse. Diese Formulierung, die sich auf das Verhältnis von Bundes- und Landesverwaltung bezog, ist in den weiteren verfassungsgerichtlichen Judikaten nicht wiederholt worden. Die im Schrifttum vertretene Gegenansicht kann den Art. 83 ff. GG daher keine – oder nur vereinzelt – organisationsrechtliche Vorgaben entnehmen194. Ähnlich den anderen grundgesetzlichen Vorschriften über die Verteilung von Kompetenzen bei der Ausübung staatlicher Befugnisse, richte sich der materielle Gehalt des achten Abschnitts in erster Linie an den Bund und die Länder. Angaben zur Ausgestaltung der Verwaltungskompetenzen stünden daher nicht im Fokus dieser Vorschriften. Dies könne vor allem aus den spärlichen Angaben zu konkreten Organisationsformen gefolgert werden. Selbst an Stellen, an denen das Grundgesetz von Verwaltung „durch Behörden“ spricht, ergebe sich kein Verbot privatrechtlicher Strukturen. Dem Behördenbegriff des Grundgesetzes liege keine administrativ öffentlich-rechtliche Vorstellung zugrunde. Vielmehr komme hierin lediglich eine BVerfGE 37, 363 (385); 55, 274 (318) und 75, 108 (150). BVerfGE 55, 274 (318) und BVerwG, NJW 2000, 3151. 192 BVerfGE 75, 108 (149 ff.). 193 BVerfGE 63, 1 (41). 194 Reuß, Öffentliche Verwaltung durch Private, DVBl. 1976, 930 ff.; Püttner, Die öffentlichen Unternehmen, 2. A., 1985, S. 87; Stober, Die privatrechtlich organisierte öffentliche Verwaltung, NJW 1984, 449 (452). 190 191
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besondere Staatsnähe zum Ausdruck, die auch durch die Ressortbindung privatrechtlicher Organisationseinheiten zu gewährleisten sei195. Dem wird entgegengehalten, dass das Grundgesetz in Art. 86 GG bewusst zwischen bundeseigener Verwaltung und bundesunmittelbarer Verwaltung durch Körperschaften des öffentlichen Rechts mit eigener Rechtsfähigkeit unterscheide196. Wenn anschließend Art. 87 Abs. 1 S. 1 GG für bestimmte Fachbereiche eine bundeseigene Verwaltung mit eigenem Verwaltungsunterbau vorschreibt, spreche dies für eine qualitative Stufung beider Verwaltungsstrukturen. Aus dem Verbot bundesunmittelbarer Verwaltung in Form öffentlich-rechtlicher Körperschaften müsse dann erst recht auf ein weitergehendes Verbot privatrechtlicher Strukturen geschlossen werden197. Damit setze Art. 87 Abs. 1 S. 1 GG einer Organisationsprivatisierung eine nur durch Verfassungsänderung zu beseitigende Schranke. Unter Verweis auf den Begriff bundeseigener Verwaltung wird schließlich die Ansicht vertreten, dass in diesen Bereichen auch nur die unmittelbare eigene Wahrnehmung dieser Aufgaben durch den Bund den grundgesetzlichen Vorgaben entspräche, was auch eine Vollzugsprivatisierung ebenfalls ausschließe. Und selbst für die Bereiche in denen das Grundgesetz die mittelbare Bundesverwaltung durch rechtlich verselbständigte Organisationseinheiten zulasse, ergebe sich aus Art. 87 Abs. 3 GG, der nur von öffentlich-rechtlichen Strukturen spricht, ein Verbot privatrechtlicher Formen. Betroffen von einem derart weitreichenden Privatisierungsverbot wären Aufgabenfelder wie der Auswärtige Dienst, die Bundesfinanzverwaltung, die Bundeswasserstraßen- und Schifffahrtsverwaltung, Art. 87 Abs. 1 S. 1 GG; die Bundeswehrverwaltung, Art. 87 b Abs. 1 GG; die Eisenbahnverkehrsverwaltung, Art. 87e Abs. 1 S. 1 GG sowie der Bereich der Hoheitsaufgaben auf den Gebieten des Postwesens und der Telekommunikation, Art. 87f Abs. 2 GG. Gegen diese Ansicht spr5icht allerdings der Wortlaut des Art. 87d Abs. 1 GG198. Danach bleibt die konkrete Ausgestaltung der in bundeseigener Verwaltung zu führenden Luftverkehrsverwaltung einem Bundesgesetz überlassen. Der Begriff der bundeseigenen Verwaltung enthält folglich keine Aussage über die Wahrnehmung einer Aufgabe in öffentlich-rechtlicher oder privatrechtlicher Form, sondern nur eine Aussage über die Aufgabenträgerschaft. Das Konzept bundeseigener Verwaltung und privatrechtlicher Organisationsformen schließen sich folglich nicht gegenseitig aus. Von den Verfechtern des organisationsrechtlichen Gehalts des 8. Abschnitts des Grundgesetzes wird Art. 87 d Abs. 1 GG folgerichtig als eine die 195 So Dittmann, Bundeseigene Verwaltung durch Private?, Die Verwaltung 8 (1975), 431 (443 ff.). 196 Lerche, Fernmeldemonopol und gesetzgeberische Bewegungsfreiheit, in: FS Obermayer, 1986, S. 75 ff. (82). 197 Entsprechend streng Wussow, RiA 1981, 107 f. 198 Art. 87 d Abs. 1 GG: Die Luftverkehrsverwaltung wird in bundeseigener Verwaltung geführt. Über die öffentlich-rechtliche oder privatrechtliche Organisationsform wird durch Bundesgesetz entschieden.
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Regel bestätigende Ausnahme im Gefüge der Art. 86 ff. GG gesehen199. So könne man annehmen, dass die Zulässigkeit privatrechtlicher Strukturen allein aus ihrer Erwähnung im Verfassungstext rühre. Im Umkehrschluss müsse sie in allen anderen Bereichen verneint werden. Gleichwohl finden derlei Überlegungen keine Stütze im Wortlaut des Grundgesetzes. Denn sowohl Art. 87 Abs. 1 S. 1 GG, als auch Art. 87b Abs. 1 S. 1 GG nennen in unmittelbarem Zusammenhang mit dem Begriff der bundeseigenen Verwaltung den Zusatz „mit eigenem Verwaltungsunterbau“. Aus dem Zusatz ergibt sich nicht nur die Zulässigkeit der Schaffung weiterer Instanzen unterhalb der Bundesoberbehörden, sondern auch eine Festlegung auf eine öffentlich-rechtliche Organisationsform, die der Begrifflichkeit „bundeseigene Verwaltung“ noch fehlt. Daraus aber zu schlussfolgern, dass die Art. 83 ff. GG einer Privatisierung, gleich welcher Art, grundsätzlich nicht entgegenstünden ginge zu weit. Die These, dass die in den Art. 86 ff. GG geforderte Staatsnähe der dort erwähnten Aufgabenbereiche sich durch eine bloße Ressortanbindung verwirklichen lasse, geht an der Realität vorbei. Dabei zielt der Blick weniger auf die Unterscheidung zwischen öffentlich-rechtlicher oder privatrechtlicher Organisationsform, sondern vielmehr auf den Fakt rechtlicher Verselbständigung. Bereits dieser Umstand kann als Katalysator einer zunehmenden Eigendynamik derartiger Strukturen wirken200. Allein die Möglichkeit eines solchen Eigenlebens stellt aber die durch die Art. 86 ff. GG vorausgesetzte Staatsnähe der Aufgabenwahrnehmung in Frage. Ein gewisser Grad organisationsrechtlicher Vorgaben ist den Art. 86 ff. GG daher inhärent. Die unmittelbare Zurechnung des Handelns der privatrechtsförmigen Organisationseinheiten zur Bundesrepublik Deutschland ist daher organisatorisch sicherzustellen, soweit Aufgabenbereiche betroffen sind, die die Art. 86 ff. dem Bund zuweisen201.
b) Die Reichweite der organisationsrechtlichen Vorgaben der Art. 86 ff. GG Damit verengt sich die Frage auf die Reichweite des organisationsrechtlichen Gehalts der Art. 86 ff. GG. Teilweise wird vorgeschlagen, diesen bezogen auf die jeweilige Materie differenziert zu bestimmen. So schlägt Lerche vor, das aus den grundgesetzlichen Bestimmungen zu entnehmende Gebot öffentlich-rechtlicher Aufgabenwahrnehmung nur für den Kernbereich der jeweiligen Aufgabe anzuerkennen202. Im Randbereich hingegen müsse auch die privatrechtsförmige WahrSachs, in: Sachs (Hrsg.), Grundgesetz, 3. A., 2003, Art. 87 Rn. 19. Zu diesem soziologischen Phänomen Hood / Schuppert, Verselbständigte Verwaltungseinheiten in Westeuropa, 1988 und Laux, Die „verselbständigten Verwaltungsträger“ in der wissenschaftlichen Diskussion, DÖV 1981, 861 ff. 201 Sachs, in: Sachs (Hrsg.), Grundgesetz, 3. A., 2003, Art. 87 Rn. 19. 202 Lerche, in: Maunz / Dürig (Hrsg.), Grundgesetz, Loseblattsammlung Stand: 46. EL, März 2006, Art. 86, Rn. 52 ff. (62). 199 200
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nehmung der Aufgaben zulässig sein, denn ihre fehlende Erwähnung im achten Abschnitt lasse keinen Rückschluss auf ein entsprechendes Verbot zu. Vielmehr sei die privatrechtsförmige Verwaltung ungeschriebener Bestandteil der einzelnen materiebezogenen Zuweisungen. Die Reichweite des Verbots einer Privatisierung lässt sich danach nur aufgabenbezogenen bestimmen, wobei es entscheidend auf deren Eigenart ankomme. Ist danach eine öffentlich-rechtliche Wahrnehmung sinnvoll, komme ein Einsatz privatrechtlicher Organisationsformen nicht in Betracht203. Dabei muss aber unklar bleiben, worin genau der Kernbereich einer Aufgabe zu sehen ist, was erhebliche Rechtsunsicherheiten mit sich bringt204. Zumindest unterliegt ein etwaiger Aufgabenkern ebenso wie der eingangs erwähnte Staatsaufgabenbegriff einem dynamischen Wandel, ein Umstand der bei der auf Dauer angelegten Organisationsformenwahl erhebliche Schwierigkeiten bereitet. Zum anderen wird verkannt, dass Zweckmäßigkeitserwägungen kein rechtlich hinreichendes Kriterium darstellen. Der Umstand, dass die öffentlich-rechtliche Wahrnehmung eines bestimmten Aufgabenteils sinnvoller erscheint, kann für sich genommen noch nicht zu einem Privatisierungsverbot führen.
c) Ergebnis Den Art. 83 ff. GG jeglichen organisationsrechtlichen Gehalt abzusprechen, hieße den Wortlaut der Verfassung nicht ernst zu nehmen. Nicht ohne Grund fanden die privatrechtlichen Organisationsformen erst im Zuge der privatisierungsbedingten Verfassungsänderungen Eingang in das Grundgesetz205. Diese Vorschriften jüngeren Datums aber als bloße Ausnahme- bzw. Randerscheinungen zu qualifizieren und einem grundsätzlichen Verbot privatrechtsförmiger Aufgabenwahrnehmung im jeweiligen Kernbereich das Wort zu reden, würde den realen Umständen nicht gerecht. Vieles spricht für eine differenzierte Betrachtung anhand der konkreten Aufgabe. Die hierfür entwickelten Kriterien können den – zu recht – erhobenen Ansprüchen nach einer verlässlichen trennscharfen Grenzziehung indes nicht gerecht werden. Es besteht Bedarf nach einer objektiven Bestimmung organisationsrechtlicher Privatisierungsschranken, die bei aller inhaltlichen Dynamisierung der wahrzunehmenden Aufgaben für die erforderliche Konsistenz der Formen sorgen. Insbesondere ist dabei der Gefahr des Formenmissbrauchs entgegenzuwirken206. Ein 203 Lerche, in: Maunz / Dürig (Hrsg.), Grundgesetz, Loseblattsammlung Stand: 46. EL, März 2006, Art. 86, Rn. 52, 57 und 60; ähnlich Schmidt-Aßmann / Fromm, Aufgaben und Organisation der Deutschen Bundesbahn, 1986, S. 114. 204 Ebenso Kämmerer, Privatisierung, 2001, S. 209. 205 Vgl. Art. 87 d Abs. 1 S. 2 GG (Luftverkehrsverwaltung), Art. 87 Abs. 3 S. 1 GG (Deutsche Bundesbahn) und Art. 87 f. Abs. 2 S. 1 GG (Sondervermögen Deutsche Bundespost). 206 Krebs, Verwaltungsorganisation, in: Isensee / Kirchhof (Hrsg.), HdbStR, Bd. III, 1. A., 1988, S. 615 Rn. 79.
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Teil 6: Normative Determinanten öffentlich-privater Kooperationen
solcher liegt nicht schon dann vor, wenn die öffentlich-rechtlichen Organisationsformen aufgrund des Wesens der Aufgabe lediglich sinnvoller erscheinen. Inwieweit die von Schuppert vertretene verwaltungsrechtliche Lehre von der Verantwortungsstufen207 hierauf Antworten geben kann, bleibt abzuwarten. Alles in allem ist dem Bund und den Ländern bei der Wahl der jeweiligen Organisationsstrukturen ein weiter organisatorischer Gestaltungsspielraum zuzugestehen208, was auch privatrechtliche Strukturen umfasst, sollten diese auch nicht explizit erwähnt sein209. Dreierlei ist aber zu beachten: So muss jede Einschaltung privatrechtlicher Organisationsformen als Abkehr von der Regel von einem sachlichen Grund getragen sein; die Aufgabe darf nicht als solche privatisiert werden, weil dies einer Negierung der in den Art. 86 ff. GG angelegten organisatorischen Staatsnähe und der entsprechenden Aufgabenlast210 bedeuten würde; schließlich muss eine – je nach Aufgabenbereich – gestufte Anbindung an die staatlichen Strukturen und die Rückanbindung an den demokratisch legitimierten öffentlichen Aufgabenträger gewährleistet sein211.
3. Die finanzverfassungsrechtlichen Vorgaben der Art. 104a ff. GG, insb. Art. 115 Abs. 1 S. 1 GG Neben dem beamtenrechtlichen Funktionsvorbehalt und den Vorschriften über die Kompetenzverteilung im Bund-Länder-Verhältnis sind auch die verfassungsrechtlichen Vorgaben bzgl. der Finanzierung öffentlicher Aufgaben zu beachten. So ist vor Einschaltung Privater in die Erfüllung solcher Aufgaben danach zu fragen, inwiefern die diese Beteiligung im Einklang mit zehnten Teil des Grundgesetzes, Art. 104a ff. GG, stehen. Dies gilt es v. a. dann zu beachten, wenn die Heranziehung Privater zu Zwecken der Finanzierung geschieht, was angesichts der gegenwärtigen Haushaltslage in nahezu allen Fällen der funktionalen Privatisierung der Fall sein wird212. 207 Schuppert, Die öffentliche Verwaltung im Kooperationsspektrum staatlicher und privater Aufgabenerfüllung: Zum Denken in Verantwortungsstufen, Die Verwaltung 31 (1998), 415 ff. 208 BVerfGE 63, 1 (34 und 41) und BVerfGE 97, 198 (217). 209 Blümel, Verwaltungszuständigkeit, in: Isensee / Kirchhof (Hrsg.), HdbStR, Bd. IV, 2. A., 1999, S. 910 Rn. 89; Lerche, in: Maunz / Dürig (Hrsg.), Grundgesetz, Loseblattsammlung Stand: 46. EL, März 2006, Art. 87 Rn. 201 ff. 210 Darauf weist Sachs, in: Sachs (Hrsg.), Grundgesetz, 3. A., 2003, Art. 87 Rn. 16 ff. zutreffend hin. 211 In diesem Sinne Blümel, Verwaltungszuständigkeit, in: Isensee / Kirchhof (Hrsg.), HdbStR, Bd. IV, 2. A., 1999, S. 911 Rn. 89; Lerche, in: Maunz / Dürig (Hrsg.), Grundgesetz, Loseblattsammlung Stand: 46. EL, März 2006, Art. 86 Rn. 60 ff. und Schmidt-Aßmann / Fromm, Aufgaben und Organisation der deutschen Bundesbahn in verfassungsrechtlicher Sicht, 1986, S. 104 ff. 212 Hierzu schon eingangs 2 C I und 4 A I 3.
B. Grenzen funktioneller Privatisierung
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Am deutlichsten tritt der private Finanzierungsbeitrag bei den kostenintensiven Infrastrukturaufgaben wie dem Fernstraßenbau hervor. Die anstehende verfassungsrechtliche Bewältigung wurde daher vor allem im hierzu ergangenen Schrifttum gesucht213. Im Einzelnen gilt es dabei zu klären, inwieweit die Ausgliederung finanzieller Verantwortung für staatlich verantwortete Aufgaben mit den Grundsätzen der Haushaltswahrheit und -vollständigkeit vereinbar ist. Zum anderen ist zu klären, ob die Gefahr einer Umgehung verfassungsrechtlicher Kreditaufnahmebestimmungen besteht, wenn statt staatlicher Vorfinanzierung die Bereitstellung der benötigten finanziellen Mittel auf den privaten Vertragspartner übertragen wird. Schließlich sind die haushaltsrechtlichen Grundsätze der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit zu beachten, die nicht als Automatismus zugunsten privater Aufgabenerfüllung verstanden werden dürfen214. Gem. Art. 110 Abs. 1 S. 1 GG sind in den Haushaltsplan alle Einnahmen und Ausgaben einzustellen. Durch den so formulierten Grundsatz der Vollständigkeit soll das staatliche Finanzvolumen umfassend der Budgetplanung und -entscheidung durch den Bundestag und die Bundesregierung unterstellt werden215. Der Grundsatz der Haushaltsvollständigkeit dient dabei zugleich der Verwirklichung der nicht nur finanzwissenschaftlichen Postulate216 der Grundsätze der Haushaltsklarheit und -wahrheit, die der Bildung schwarzer Kassen innerhalb der öffentlichen Haushalte entgegenwirken soll217. Zu diesem Zweck ist auch die Leistung von Ausgaben, die nicht durch den Haushaltsplan bewilligt wurden unzulässig218. Vor diesem Hintergrund erscheint es fraglich, ob der Haushaltsplan des Bundes, aber auch der Länder – deren Haushaltsrecht i. Ü. ebenfalls die genannten Grundsätze kennt219 –, noch als vollständig bezeichnet werden kann, wenn in einzelnen 213 Pabst, Verfassungsrechtliche Grenzen der Privatisierung im Fernstraßenbau, 1997, S. 92 ff., Höfling, Private Vorfinanzierung öffentlicher Verkehrsinfrastrukturprojekte – ein staatsschuldenrechtliches Problem?, DÖV 1995, 141 ff.; Kolodziej, Private Finanzierung von Infrastruktur, 1996 und Grupp, Rechtsprobleme der Privatfinanzierung von Verkehrsprojekten, DVBl. 1994, 140 ff. 214 Zwar stehen die Bestimmungen zu den Grundsätzen der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit der Aufgabenerfüllung in engem Zusammenhang mit der Tendenz zur privatwirtschaftlichen Erfüllung öffentlicher Aufgaben. Dies darf aber nicht dahingehend missverstanden werden, dass sich stets ein entsprechender Vorrang automatisch ergäbe. Die vom Gesetzgeber vorgesehen Wirtschaftlichkeitsuntersuchungen, wie etwa in § 7 Abs. 2 BHO einschließlich Interessenbekundungsverfahren, machen gerade deutlich, dass die Entscheidung über eine staatliche, private bzw. öffentlich-private Aufgabenwahrnehmung auf finanzverfassungsrechtlicher Sicht einzelfallabhängig zu treffen ist. Auch in den Bundesländern sind gem. § 6 Abs. 2 HGrG entsprechende Untersuchungen anzustellen. 215 BVerfGE 82, 159 (179). 216 Sieckmann, in: Sachs (Hrsg.), Grundgesetz, 3. A., 2003, Art. 110 Rn. 55. 217 Jarass, in: Jarass / Pieroth (Hrsg.), Grundgesetz, 7. A., 2004, Art. 110 Rn. 3. 218 Grupp, Rechtsprobleme der Privatfinanzierung von Verkehrsprojekten, DVBl. 1994, 140 (143). 219 Für Brandenburg vgl. § 11 LHO Bbg, Landeshaushaltsordnung vom 21. 04. 1999, GVBl. I 1999, S. 106, zuletzt geändert durch Art. 5 des Gesetzes zur Zusammenführung von
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Teil 6: Normative Determinanten öffentlich-privater Kooperationen
Aufgabenbereichen, die aufgrund der Rechtsordnung weiterhin vom Staat wahrzunehmen sind, kostenintensive Tätigkeiten wie Gebäudesanierungen im Schulbereich oder die Erstellung ganzer Gefängnisse an Private übertragen werden. Aufgabenverantwortung und Finanzierungsverantwortung scheinen eklatant auseinander zu fallen. Ein Verstoß gegen den o. g. Grundsatz der Vollständigkeit durch eine Flucht aus dem öffentlichen Budget könnte daher aufgrund der fortwährenden staatlichen Aufgabenverantwortung zu bejahen sein. Dies gilt sowohl für die Ausgabenseite, als auch für die Einnahmenseite. Jedoch ist zu berücksichtigen, dass dem Budgetrecht des Parlaments nur diejenigen Kapitalzu- und -abflüsse unterliegen, die unmittelbar bei Bund bzw. bei den Ländern eintreten. Dies folgt schon aus der historischen Begründung des parlamentarischen Budgetrechts, welches zuallererst der Disziplinierung der Regierung diente. Keinesfalls soll eine umfassende Übersicht über alle finanziellen Mittel ermöglicht werden, die im Rahmen der Erfüllung öffentlicher oder Staatsaufgaben aufgewandt bzw. eingenommen werden. Letzteres ist vor allem eine gesamtwirtschaftliche aber keine spezifisch haushaltsverfassungsrechtliche Aufgabe. I. Ü. ließe sich ein umfassender Überblick über die Kosten der Erfüllung von öffentlichen Aufgaben ohnehin nur unter Hinzuziehung der privatrechtsförmigen Einrichtungen des Bundes und der Länder in ihre Haushalte erreichen. Dem steht aber schon Art. 110 Abs. 1 S. 1 TS. 2 GG entgegen, der für Bundesbetriebe und Sondervermögen nur die Einstellung der Zuführungen und Ablieferungen fordert. Sind aber bereits Einnahmen und Ausgaben der mittelbaren Bundesverwaltung nicht einzeln auszuweisen, so ist erst recht davon auszugehen, dass entsprechende Einnahmen und Ausgaben Privater im Rahmen von Öffentlich Privaten Partnerschaften nicht vom Grundsatz der Haushaltsvollständigkeit erfasst werden. Dagegen sind aber die vereinbarten Entgelte der öffentlichen Hand durch Aufnahme von Verpflichtungsermächtigungen zu kennzeichnen. Zu den Spezifika des Einnahmen- und Ausgabenbegriffs i. S. v. Art. 110 Abs. 1 S. 1 GG gehört zudem, dass sie unmittelbar dem Bund zufließen bzw. von ihm getätigt werden müssen. Sind die Einnahmen und Ausgaben Privater lediglich mittelbar durch den Bund veranlasst, so unterfallen sie schon aus diesem Grunde nicht den Budgetregeln der Art. 104a GG220. Es liegt vielmehr in alleiniger Verantwortung des privaten Investors, wie er die für die Erfüllung seiner vertraglichen Verpflichtungen erforderlichen finanziellen Mittel aufbringt. Es verstößt mithin nicht gegen die Grundsätze der Haushaltsvollständigkeit und -wahrheit, wenn die Einüberörtlicher Prüfung und allgemeiner Kommunalaufsicht sowie zur Änderung des Landesrechnungshofgesetzes und anderer Gesetze vom 22. 06. 2005, GVBl. I 2005, S. 210 f.; für Sachsen-Anhalt vgl. § 11 LHO LSA vom 30. 04. 1991, GVBl I 1991, S. 35, zuletzt geändert durch Gesetz zur Neuordnung der Finanzkontrolle vom 28. 04. 2004, GVBl. I 2004, S. 246. 220 So im Ergebnis auch Pabst, Verfassungsrechtliche Grenzen der Privatisierung im Fernstraßenbau, 1997, S. 102.
B. Grenzen funktioneller Privatisierung
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nahmen und Ausgaben Privater im Zusammenhang mit der funktionellen Privatisierung von Staatsaufgaben nicht in die öffentlichen Haushaltspläne von Bund und Ländern eingestellt werden. Vielmehr käme es auch zu einer doppelten Veranschlagung im Haushaltsplan, da die vertragliche Gegenleistung durch den öffentlichen Partner ohnehin in Form von Verpflichtungsermächtigungen aufzunehmen ist. Letztere sind auch nach Sinn und Zweck der Öffentlich-Privaten Partnerschaft Gegenleistung für private Finanzierung und substituieren die Kreditbelastung, die im Fall eigener Aufnahme der Mittel durch den Staat auszubringen wäre. Problematisch bleibt indes, dass der Bund gem. Art. 115 Abs. 1 S. 1 GG für die Aufnahme von Krediten einer besonderen gesetzlichen Ermächtigung durch ein Bundesgesetz bedarf, das im Erlass des Bundeshaushaltsgesetzes i.V. m. Haushaltsplan zu sehen ist. Dabei dürfen die Einnahmen aus Krediten nach Satz 2 die Summe der im Haushaltsplan veranschlagten Ausgaben für Investitionen grundsätzlich nicht überschreiten221. Hierdurch soll der finanzpolitische Spielraum künftiger Haushalte gesichert222 und der Verbrauch staatlicher und gesamtwirtschaftlicher Substanz verhindert werden. Ähnliche Bestimmungen enthalten auch die Länderverfassungen223. Soweit die für die ordnungsgemäße Aufgabenerfüllung erforderliche Kreditaufnahme dem Privaten auferlegt wird, könnte hierin ein Verstoß gegen diese verfassungsrechtliche Budgetbegrenzung gesehen werden224. Ähnlich wie bei Art. 110 Abs. 1 S. 1 GG müssten aber auch die aufgenommenen Kreditmittel unmittelbar dem Bund zufließen und ihre Verwendung in seiner Verantwortung liegen, beides ist indes nicht der Fall. Auch hier ist die rechtliche Selbstständigkeit des privaten Partners herauszustellen, der die Kreditmittel in eigener Verantwortung aufnimmt und auch eigenständig über ihre Verwendung entscheidet225. Dass die Aufnahme und Verwendung der Mittel für öffentliche Aufgaben vom öffentlichen Vertragspartner veranlasst ist und diesem in Form der Erfüllung der öffentlichen Aufgabe zugute kommt, mag zwar die tatsächliche Zurechnung der Kreditmittel an den Staat verschleiern226. Es ist aber wiederum nicht Aufgabe der finanzverfassungsrechtlichen Vorgaben, eine umfassende Übersicht über die für öffentliche Aufgaben in Anspruch genommenen Kreditmittel wiederzugeben. 221 Nach dem BVerfG steht Art. 115 Abs. 1 S. 2 in engem Regelungszusammenhang mit Art. 109 Abs. 2 GG der Bund und Ländern die Beachtung des gesamtwirtschaftlichen Gleichgewichts bei ihrer Haushaltswirtschaft aufgibt, BVerfGE 79, 311 (331). 222 Jarass, in: Jarass / Pieroth (Hrsg.), Grundgesetz, 7. A., 2004, Art. 115 Rn. 1. 223 Für Brandenburg und Sachsen-Anhalt vgl. jeweils § 18 LHO Bbg / LSA. 224 So etwa Maunz, in: Maunz / Dürig (Hrsg.), Grundgesetz, Loseblattsammlung Stand: 46. EL, März 2006, Art. 115 Rn. 12. 225 In diesem Sinne ist auch die Entscheidung des Berliner Verfassungsgerichtshofs vom 21. 03. 2003 zu verstehen, der maßgeblich darauf abstellt, in wessen Namen die Kreditverpflichtung eingegangen wird, BerlVerfGH, VerfGH 6 / 01, www.berlin.de / senjust / gerichte / lverfgh / 6_01.html. 226 BerlVerfGH, VerfGH 6 / 01, www.berlin.de / senjust / gerichte / lverfgh / 6_01.html.
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Vielmehr sollen die Staatsschulden i. e. S., also die finanziellen Verbindlichkeiten, für die der Staat in künftigen Finanzperioden zu haften hat, ausgewiesen bzw. an eine den Investitionsausgaben entsprechende Obergrenze gebunden werden. Das ist gewährleistet, wenn allein die, unmittelbar aus dem Vertrag der der öffentlichprivaten Partnerschaft zugrunde liegt, erwachsenden Zahlungsverpflichtungen in Ansatz gebracht werden. Lediglich dann, wenn die öffentliche Verwaltung an einer juristischen Person, in deren Namen bzw. Auftrag die Kreditverbindlichkeit eingegangen wird, maßgeblich beteiligt und ihr die Mittel unmittelbar zur Verfügung gestellt werden, weil sie den Finanzierungsdienst für die Unternehmung übernimmt, soll eine Kreditaufnahme i. S. v. Art. 115 GG vorliegen227. Dies erscheint auch gerechtfertigt, da in diesen Fällen die betreffende juristische Person nur zwischengeschaltet ist. Kreditaufnahmen im Rahmen Öffentlich Privater Partnerschaften gehören regelmäßig nicht dazu, weil die Verlagerung des Finanzierungsrisikos vom öffentlichen auf den privaten Partner gerade Ziel einer solchen Partnerschaft ist. Damit ergeben sich auch aus Art. 115 GG keine grundlegenden Schranken für eine funktionelle Privatisierung in Form öffentlich-privater Partnerschaften228. Fraglich bleibt, wie dieses Ergebnis vor dem Hintergrund des Gemeindewirtschaftsrechts zu bewerten ist. Einige Gemeindeordnungen enthalten Regelungen nach denen auch sog. kreditähnliche Rechtsgeschäfte der Genehmigung durch die zuständige Kommunalaufsichtsbehörde bedürfen229. Im Zusammenhang mit den hier untersuchten Öffentlich Privaten Partnerschaften ist etwa das Oderwitz-Urteil des BGH230 von besonderem Interesse. In diesem bejahte der BGH einen Schadensersatzanspruch der Gemeinde gegen den Landkreis als zuständiger Kommunalaufsichtsbehörde wegen Amtshaftung aufgrund rechtsfehlerhafter Genehmigung einer Finanzierung einer gemeindlichen Sporthalle im Wege eines sog. kommunalen Investorenvorhabens. Zu diesem Zweck hatte die Kommune eine GbR gegründet, die den Bau aus eigenen Mitteln finanzieren, auf einem Erbbaugrundstück der Gemeinde errichten und alsbald langfristig an diese vermieten sollte. Bei solchen Finanzierungspartnerschaften wird i. d. R. von kreditähnlichen – und damit genehmigungspflichtigen – Rechtsgeschäften im o. g. Sinne ausgegangen231. Nach Feststellung des Sächsischen Rechnungshofes stellte sich das Geschäft im Verhältnis zum klassischen Kommunalkredit für die Gemeinde als nachteilig heraus, so dass eine Genehmigung rechtswidrig erteilt wurde. VerfGH Rh-Pf, Beschluss vom 20. 11. 1996 – VGH N 3 / 96 – DÖV 1997, 246. Wie hier auch Pabst, Verfassungsrechtliche Grenzen der Privatisierung im Fernstraßenbau, 1997, S. 110. 229 So etwa § 82 Abs. 5 sächsGO, § 103 Abs. 7 hessGO, Art. 72 Abs. 1 BayGO und § 87 Abs. 1 BadWürttGO. 230 Urteil des BGH vom 12. 12. 2002 – III ZR 201 / 01, BGHZ 153, 198 = NJW 2003, 1318 = NVwZ 2003, 634 = LKV 2003, 343 = NZBau 2003, 408 L. 231 So etwa für den Fall von Leasingfinanzierungen im kommunalen Bereich vgl. den Erlass des hessischen Innenministerium vom 07. 07. 1997, Hess. Staatsanzeiger 28. 07. 1997, S. 2174. 227 228
B. Grenzen funktioneller Privatisierung
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Abgesehen von den umstrittenen Folgen der Entscheidung für das Staatshaftungsrecht232, ist die Problematik vorliegend unter dem Aspekt der Kreditähnlichkeit solcher Finanzierungspartnerschaften interessant. Sie scheint in einem Spannungsverhältnis zu dem oben gefundenen Ergebnis zu stehen, nach dem die Kreditbeschaffung Privater zur Erfüllung öffentlicher Aufgaben weder nach Art. 110 Abs. 1 S. 1 GG in den Haushalt einzustellen sind, noch der Kreditvorschrift des Art. 115 GG unterliegen. Es ist jedoch zu beachten, dass beide Regelungskomplexe höchst unterschiedliche Ziele verfolgen. Während das Gemeindehaushaltsrecht die Kreditbelastung der Gemeinde auch unter dem Aspekt staatlicher Verantwortung für die Erhaltung künftiger Selbstverwaltungskraft umfassend unter Rechtsaufsicht stellt, ist dies auf der staatlichen Ebene nicht der Fall. Zwar dienen auch die verfassungsrechtlichen Obergrenzen der Kreditaufnahme dem Ziel die Belastung künftiger Haushalte gering zu halten, nur geschieht dies aufgrund aus einem Akt der Eigenverantwortlichkeit und nicht aufgrund des Fürsorgegedankens.
4. Die Staatsfundamentalprinzipien als äußerste Grenzen einer Beteiligung Privater Neben einzelnen Bestimmungen der Verfassung sind im Zuge funktioneller Privatisierungen auch die grundlegenden Staatsfundamentalprinzipien zu beachten, von denen hier die wichtigsten auf ihren Aussagegehalt bzgl. der Einbeziehung Privater in die Erfüllung öffentlicher Aufgaben untersucht werden sollen.
a) Demokratieprinzip, Art. 20 Abs. 1 GG Zunächst ließe sich einwenden, die umfassende Beteiligung Privater stünde in einem unauflöslichem Spannungsverhältnis zum Demokratieprinzip, wie es sich aus Art. 20 Abs. 1 GG ergibt. Es wird ergänzt durch Abs. 2, demzufolge alle Staatsgewalt vom Volke auszugehen hat. Diese übt es in Wahlen und Abstimmungen aus. Unmittelbare demokratische Legitimation kommt damit nur den gewählten Volksvertretungen und den kommunalen Gemeindevertretungen zu. Entscheidungen der Exekutive müssen sich dagegen auf eine ununterbrochene Legitimationskette stützen können. Dabei kann als Faustregel angenommen werden, dass diese Kette umso kürzer sein muss, je bedeutender die Angelegenheit für das Zusammenleben im Staate ist. Die Legitimationskette erfährt dann Beeinträchtigungen, wenn Private in behördliche Entscheidungsprozesse eingebunden werden, 232 Zu diesen Sponer, Die verfassungsrechtliche Zulässigkeit der Wahrnehmung der Rechtsaufsicht durch ein ausschließlich kommunal ausgerichtetes Landratsamt, LKV 2003, 314 ff. und Pegatzky, Public-Private Partnership im Lichte der Oderwitz-Rechtsprechung, NVwZ 2005, 61 (62), der auf das Haftungsrisiko der Aufsichtsbehörden und die Schwierigkeiten hinweist, die sich aus diesem für die Durchführung von PPP auf kommunaler Ebene ergeben.
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ohne dass sich dies auf eine entsprechende Beauftragung durch das Volk zurückführen lässt. Virulent wird das Problem eines Legitimationsdefizits vor allem in den Fällen gemischtwirtschaftlicher Unternehmen und Fragen der Mitbestimmung in öffentlichen Unternehmen, die in den Formen des privaten Rechts geführt werden. Da die Organisationsprivatisierung oder formelle Privatisierung bereits als rein äußerliche Entstaatlichung öffentlicher Aufgaben beschrieben werden konnte, soll an dieser Stelle nur auf die Problematik der gemischtwirtschaftlichen Unternehmen eingegangen werden. Bedeutung hat insofern die Entscheidung des Berliner Verfassungsgerichtshofs vom 21. 10. 1999233 zum Privatisierungsmodell der Berliner Wasserbetriebe erlangt234. Abgesehen davon, dass sich das Gericht mit dem Spezialfall einer atypisch stillen Beteiligung eines Privaten an einer öffentlich-rechtlichen Anstalt zu befassen hatte, können die hierin aufgestellten Grundsätze für alle Formen gemischtwirtschaftlicher Unternehmen herangezogen werden. Insbesondere hat es der Berliner Verfassungsgerichtshof zur Wahrung des Demokratieprinzips für ausreichend erachtet, wenn die Weisungsgewalt für das Unternehmen letztlich in den Händen des öffentlichen Mehrheitsgesellschafters liegt. So lasse sich die demokratische Legitimation staatsanteiligen Handelns dadurch gewährleisten, dass die Ausschussmehrheit beim öffentlichen Gewährträger für die konkrete Aufgabe verbleibt und deren Berufung seinerseits auf einem demokratisch legitimierten Wahlakt beruht. Wo hingegen der private Kooperationspartner im eigenen Namen gegenüber Dritten handelt, ist das Demokratieprinzip vor dem Hintergrund der Zustimmung des öffentlichen Verwaltungsträgers zum jeweiligen Vertragswerk gewahrt. Dabei wird darauf zu achten sein, dass sich die öffentliche Hand ausreichende Einwirkungsmöglichkeiten und Weisungsbefugnisse gegenüber dem Privaten vertraglich gewähren lässt. Die öffentliche Hand hat prinzipiell kein Wahlrecht, sondern muss ihre Beteiligungspolitik in einer Weise handhaben, dass ihr der verfassungsrechtlich gebotene entscheidende Einfluss auf die Unternehmensführung eröffnet ist und sie damit ihre Politik im Konfliktfall durchsetzen kann235. Das Demokratieprinzip ist in diesen Fällen hinreichend gewahrt.
BerlVerfGH, NVwZ 2000, 794 (795 f.). Gesetz zur Teilprivatisierung der Berliner Wasserbetriebe vom 17. 05. 1999, GVBl. 1999, S. 22. 235 Gersdorf, Öffentliche Unternehmen im Spannungsfeld zwischen Demokratie- und Wirtschaftlichkeitsprinzip, 2000, S. 166. 233 234
B. Grenzen funktioneller Privatisierung
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b) Sozialstaatsprinzip, Art. 20 Abs. 1 GG Eine weitere Schranke funktionaler Privatisierungen kann sich im Einzelfall aus dem Sozialstaatsprinzip ergeben. Der rechtliche Gehalt dieses Staatsprinzips wird seit langem nicht mehr bestritten. Jedoch ist der Regelungsgehalt dieses Prinzips äußerst vage und umstritten236. Zwar wird vereinzelt erwogen, aus dem Sozialstaatsprinzip ergebe sich ein Verschlechterungsverbot im Bezug auf das Angebot an sozialen Leistungen durch den Staat237. Es bleibt aber fraglich, ob hiervon nur das Gesamtangebot an sozialen Leistungen bzw. ein gewisser Standard, oder etwa ganz bestimmte Formen sozialer Angebote erfasst werden sollen. Letzteres wäre schon angesichts der damit einhergehenden Zementierung des staatlichen Angebots ohne Rücksicht auf die Leistungsfähigkeit des Gemeinwesens abzulehnen. Dem modernen Sozialstaat muss ein ausreichendes Maß an Flexibilität zugestanden werden, so dass er auf soziale Veränderungen in der Gesellschaft unter Gewährung etwaigen Vertrauensschutzes angemessen reagieren kann. Dem Gesetzgeber ist daher auch unter Berücksichtigung des Sozialstaatsprinzips eine Einschätzungsprärogative dahingehend einzuräumen, dass er das Angebot sozialstaatlicher Leistungen jederzeit umgestalten kann. Die Grenze des Sozialstaatsprinzips ist erst dort erreicht, wo dem Einzelnen Ansprüche gegen den Staat entzogen werden. Dies ist etwa bei Absenkung der Sozialhilfe unter das Existenzminimum denkbar238. Oberhalb dieser Schranken genießen der Gesetzgeber und die öffentlichen Verwaltungsträger weitgehend Gestaltungsfreiheit. Was für das Angebot sozialer Leistungen durch den Staat gilt, muss erst recht für den Wahrnehmungsmodus öffentlicher Aufgaben mit sozialstaatlichen Bezügen gelten239. Ebenso wie sich aus einem grundrechtlichen Teilhabeanspruch kein Anspruch auf eine bestimmte Form staatlicher Leistungserbringung konstruieren lässt, besteht auch kein subjektives Recht auf unmittelbare Wahrnehmung öffentlicher Aufgaben durch den Staat bzw. durch seine Einrichtungen. Ein Verbot funktioneller Privatisierungen lässt sich aus dem Sozialstaatsprinzip daher nicht ableiten240. 236 Als überholt dürfte jedenfalls die Auffassung Ridders angesehen werden, derzufolge sich aus dem Sozialstaatsprinzip i.V. m. der Sozialisierungsklausel des Art. 15 GG ein „Verschlechterungsverbot“ im Bezug auf ganze „sozialisierungsnahe Unternehmen“ im Verhältnis zu dem 1949 erreichten Stand ergebe. In der Folge leitet er aus Art. 15 GG ein absolutes Privatisierungsverbot für öffentliche Unternehmen her, die – befänden sie sich in privater Hand – umgehend sozialisiert werden könnten. Ridder, Die soziale Ordnung des Grundgesetzes, 1975, S. 102. Diese Ansicht findet im Wortlaut der Verfassung jedoch keinerlei Stütze. Abgesehen von der geringen Praxisrelevanz des Art. 15 GG schreibt dieser auch keine Pflicht zur Sozialisierung fest. Das bedeutet aber im Umkehrschluss, dass sich Art. 15 GG nicht durch das Sozialstaatsprinzip zum bereichsspezifischen Privatisierungsverbot aufladen lässt. Zu Recht ablehnend daher Kämmerer, Privatisierung, 2001, S. 177. 237 Däubler, Privatisierung als Rechtsproblem, 1980, 120 f. und Krölls, Rechtliche Grenzen der Privatisierungspolitik, GewArch 1995, 129 (139). 238 BVerfGE 40, 121 (133); 82, 60 (85); BVerwGE 1, 159 (161); 52, 329 (346). 239 Kämmerer, Privatisierung, 2001, S. 179.
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Jedoch lassen sich Privatisierungsfolgepflichten des Staates begründen, die ihre Rechtfertigung in der fortbestehenden Gewährleistungsverantwortung des Staates finden. So ist für den Fall der Nicht- oder Schlechterfüllung der übernommenen Aufgabenbestandteile vorzusorgen, denn gegebenenfalls aktualisiert sich die staatliche Gesamtverantwortung in einer Selbsteintrittspflicht der öffentlichen Hand.
240 So auch Kulas, Privatisierung hoheitlicher Verwaltung, 1996, S. 89 und Bucher, Privatisierung von Bundesfernstraßen, 1996, S. 100 f.
Teil 7
Die Rechtsstellung der Kooperationspartner A. Einleitung Im vorherigen Abschnitt konnte ein positives Resümee bzgl. der grundsätzlichen Zulässigkeit funktionaler Kooperationen zwischen der öffentlichen Verwaltung und Privaten gezogen werden. Neben der Beachtung der Vorgaben der Rechtsordnung bedarf es jedoch weiterer Anstrengungen seitens des Gesetz- bzw. Verordnungsgebers auf Bundes- und Länderebene. Nur durch die Schaffung transparenter Regelungen kann die Akzeptanz derartiger Partnerschaften gesteigert und sie aus der Grauzone des Rechts1 geholt werden. Neben der Frage nach der grundsätzlichen Zulässigkeit ist aber auch die nach der Rechtsstellung der Beteiligten von größtem Interesse. Naturgemäß steht dabei der Private im Mittelpunkt des Interesses. Neben den grundrechtlich verbürgten wirtschaftlichen Betätigungsfreiheiten wirken auch die öffentlich-rechtlichen Bindungen im Bezug auf die Erfüllung öffentlicher Aufgaben auf dessen Stellung ein. Damit steht der mit der Verwaltung kooperierende Private in einem klassischen Konflikt konträrer Grundentscheidungen. In seiner Position scheinen grundrechtliche Freiheit und Verpflichtung miteinander zu verschmelzen. Angesichts der bisherigen Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zur Grundrechtsträgerschaft einerseits und der Grundrechtsverpflichtung andererseits wird die Brisanz dieser Vorstellung offenbar2. Ob die Annahme einer Verquickung beider Positionen zutrifft, oder ob auch angesichts funktionaler Privatisierungsvorgänge an der hergebrachten Dichotomie von Staat und Gesellschaft festgehalten werden kann, ist Gegenstand des folgenden Abschnitts3. Zur näheren Untersuchung wird die Stellung des in die öffentliche Verwaltung einbezogenen Privaten zunächst anhand der überkommenen dogmatischen Strukturen beleuchtet. Dabei wird das Außenverhältnis zu Dritten im Mittelpunkt stehen. Im Anschluss daran wird das Innenverhältnis zwischen privatem KooperationspartWolff / Bachof / Stober, Verwaltungsrecht III, 5. A., 2004, § 92 VI 1 Rn. 33. Siehe die Sasbach-Entscheidung des BVerfG, nach der sich eine öffentlich-rechtliche Körperschaft angesichts des fraglichen Eigentums an einer Liegenschaft nicht auf eine Verletzung des Art. 14 GG berufen kann, BVerfGE 61, 82; folgend BVerfGE 98, 17 (47). 3 Das BVerfG scheint im Übrigen im Zweifel den Grundrechtsbindungen den Vorrang vor den grundrechtlichen Freiheiten einzuräumen; vgl. BVerfGE 45, 63 (80); BVerfG, NJW 1990,1783 und BVerfGE 68,193 (213). 1 2
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Teil 7: Die Rechtsstellung der Kooperationspartner
ner einerseits und öffentlicher Verwaltung andererseits einer Analyse unterzogen. Zu diesem Zweck werden die häufigsten Vertragsformen bei der Ausgestaltung von Public-Private-Partnerships (PPP) detailliert dargestellt.
B. Das Außenverhältnis gegenüber Dritten, insb. zur Außenverantwortung des Privaten Betrachtet man die dogmatische Bewältigung der Einbeziehung Privater in die Erfüllung öffentlicher Aufgaben näher, so fällt die staatshaftungsrechtliche Grundproblematik ins Auge, die diesen Instituten zugrunde liegt. Dies kommt nicht von ungefähr, wird doch gerade der Staat als finanzkräftiger Schuldner für die Geschädigten ein begehrter Adressat für Ersatzansprüche. Mit der zunehmenden Einschaltung Privater4 im Rahmen öffentlicher Tätigkeiten wurden dabei dogmatische Konstruktionen und Begründungen erforderlich, wollte man nicht auf diesen potenten Anspruchsgegner verzichten und an den Privaten verwiesen werden. Hierzu boten sich etwa im Fall des Beliehenen5 zum einen die Wahrnehmung besonderer, gerade nicht-privater Aufgaben (sog. Aufgabentheorie) und zum anderen der Umstand der Übertragung hoheitlicher Befugnisse (sog. Befugnistheorie) an6. Damit war das Problem aber allenfalls auf der Ebene der sekundären Rechtsbehelfe gelöst. Spätestens seit der Schaffung und Etablierung einer ausgefeilten Verwaltungsprozessordnung musste der Private in Erfüllung öffentlicher Aufgaben auch auf der Ebene der primären Rechtsbehelfe einer dogmatischen Bewältigung zugeführt werden. Wo der eigentliche Entstehungsgrund für die einzelnen dogmatischen Figuren liegt, lässt sich aber nicht immer treffsicher bestimmen. Augenscheinlich wird dies bei den Figuren des Beliehenen (I.) und des Verwaltungshelfers (II.). Beide spielen sowohl auf der Ebene des primären, verwaltungsgerichtlichen Rechtsschutzes, als auch auf der sekundären (haftungsrechtlichen) Ebene eine herausragende Rolle. Neben diesen – wohl bekanntesten – Figuren existieren zahlreiche weitere Varianten der Einbeziehung Privater in die öffentliche Aufgabenerfüllung. Sie verdanken ihre Existenz zum Teil einer vertragsrechtlichen (Erfüllungsgehilfe oder Verwaltungsmittler, III.) oder grundrechtlichen Betrachtung (Beauftragter, IV. und Indienst- bzw. Inpflichtnahme, V.). Im Rahmen ihres Gebrauchs ist eine höchst unterschiedliche inhaltliche Bestimmung dieser Figuren und eine daraus folgende terminologische Unschärfe zu verzeichnen. Darüber hinaus erscheinen nicht wenige dieser Begrifflichkeiten vor dem Hintergrund der allgemeinen Privatisierungsdebatte, die sich gegenwärtig in einer zweiten Welle7 befindet, legitimations4 Zu dieser Entwicklung vor allem Voßkuhle, „Schlüsselbegriffe“ der Verwaltungsrechtsreform, VerwArch 92 (2001), 184 (215). 5 Eingehend hierzu Frenz, Die Staatshaftung in den Beleihungstatbeständen, 1992. 6 Dazu sogleich Teil 7, B. I. 7 Privatisierung – die zweite Welle, FAZ am Sonntag, 05. 12. 2004, S. 40 f.
B. Das Außenverhältnis gegenüber Dritten
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bedürftig. Das gilt in erster Linie für ältere Figuren, wie die der Indienst- bzw. Inpflichtnahme, aber auch für die neuere Figur des Beauftragten.
I. Der Beliehene Eine der schillerndsten dogmatischen Figuren ist die des Beliehenen. Er wird mitunter auch treffend als Klassiker8 des modernen Verwaltungsrechts bezeichnet9. Diese Form der Einbeziehung Privater in die Erfüllung öffentlicher Aufgaben ist seit langem verfassungs- und verwaltungsgerichtlich anerkannt10. Dass der Beliehene auch heutzutage von aktueller Bedeutung ist beweist nicht zuletzt ihre Renaissance auch auf gemeinschaftsrechtlicher Ebene, wo sie v. a. als sog. „benannte Stellen“ auf des Gebiet des Gerätesicherheitsrechts (§ 9 GSG) zu finden sind11.
1. Erscheinungsformen der Beleihung Ebenso vielfältig wie die Motive für eine Beleihung eines Privaten und eines Unternehmens sind auch die Einsatzbereiche der so mit Hoheitsgewalt ausgestatteten Rechtssubjekte. Bei Wolff / Bachof / Stober findet sich hierzu eine reichhaltige Auflistung, die an dieser Stelle nur kurz wiedergegeben werden soll12. Ausgehend von den unterschiedlichen Einsatzgebieten werden dort infrastrukturelle13, sicherheits-14 und wirtschaftsverwaltungsrechtliche 15 Beleihungstatbe8 Frühe Abhandlung bei Mayer, Lehrbuch des Verwaltungsrechts, Bd. II, 3. A., 1924, S. 431 ff. Auf umfassende Beleihungen Privater im Zusammenhang mit frühkapitalistischen privaten Kolonialgesellschaften weisen Wolff / Bachof / Stober, Verwaltungsrecht III, 5. A., 2004, § 90 I Rn. 1, S. 509 hin. 9 Burgi, Der Beliehene – ein Klassiker im modernen Verwaltungsrecht, in: FS Maurer, 2001, S. 581 ff. 10 BVerfG, NJW 1987 2501 ff. und zuvor BVerwG, VerwRspr. 28 (1977), Nr. 50. 11 Hierzu Scheel, „Benannte Stellen“: Beliehene als Instrument für die Verwirklichung des Binnenmarktes, DVBl. 1999, 442 ff. 12 Wolff / Bachof / Stober, Verwaltungsrecht III, 2004, 5. A., § 90 II 1 Rn. 6 ff., S. 510 ff. 13 Beispielhaft § 33 Abs. 1 S. 2 PostG, der den Lizenznehmer für Briefzustellungsdienstleistungen im Rahmen förmlicher Zustellungen mit Hoheitsbefugnissen ausstattet und § 2 Abs. 1 S. 1 i.V. m. § 3 FStrPrivFinG, wonach Private aufgrund landesrechtlicher Verordnungen das Recht zur Erhebung öffentlich-rechtlicher Mautgebühren erhalten können. 14 Diesbezüglich ist vor allem auf die umfangreiche Übertragung von Hoheitsrechten durch das LuftVG hinzuweisen, vgl. §§ 29 Abs. 3, 31a und b LuftVG. Zur Beleihung i.R.d. Tierkörperbeseitigung Fertig, Die Aufgabenwahrnehmung durch Dritte in der Tierkörperbeseitigung, DÖV 1999, 99 (104 ff.). 15 Vgl. § 10 EichG und § 21 StVZO. Nach Winter soll auch der nach § 41a EStG zur Abführung der Lohnsteuer verpflichtete Arbeitgeber ein Beliehener sein. Winter, Der Arbeitgeber im Lohnsteuerrecht 1998, S. 205; dagegen zu Recht krit. Heuermann, Der Arbeitgeber als Beliehener, ThürVBl. 1999, 153 (155).
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Teil 7: Die Rechtsstellung der Kooperationspartner
stände unterschieden. Hinzu treten die unterschiedlichsten Erscheinungsformen auf den Gebieten des Umwelt-16, Dienst-17 und Baurechts18, aber auch auf den Gebieten des Bildungs-19 und des Vergaberechts20. Allein diese beeindruckende Allgegenwärtigkeit der Beleihung lässt den Bedarf nach einer Strukturierung erkennen. Dabei werden recht unterschiedliche Ansätze verfolgt. Folgt man Wolff / Bachof / Stober, so lassen sich die Beleihungstatbestände nach den der Art der Befugnisse des Adressaten (obrigkeitlich oder schlichthoheitlich) 21, als auch nach dem Inhalt dieser Befugnisse22 differenzieren. Eine ähnliche Strukturierung nach Einsatzbereichen findet sich auch bei Bracher, der i. R. d. Gefahrenabwehr zwischen obrigkeitlicher und schlicht-hoheitlicher Gefahrenabwehr ohne Eingriffe in Rechte Dritter unterscheidet23. So überzeugend diese Ansätze auch sein mögen, so kommen sie doch über eine primäre Gruppenbildung nicht hinaus. Insbesondere die Frage nach der inneren Rechtfertigung einer solchen Grenzziehung bleibt unbeantwortet. Des Weiteren wäre aber auch eine Unterscheidung in Bezug auf die staatlichen Motive, die der Beleihung zugrunde liegen denkbar. Wenngleich auch eine dementsprechende Beweisführung ungleich schwieriger ist, so legt sie doch die entscheidenden Gründe für die Hinzuziehung des Privaten im Einzelfall offen. Sind diese offenbar, so erklärt sich die konkrete Ausgestaltung des betreffenden Beleihungsverhältnisses umso leichter. Ansatzpunkt für den Einsatz privater Kräfte bei der Ausübung von öffentlicher Gewalt ist dabei in allen Fällen der Umstand, dass mit den üblichen Mitteln der Verwaltungsorganisation eine angemessene Bewältigung der konkreten Lebenssituation nicht möglich erscheint. Dies kann zum einen daran liegen, dass an dem betreffenden Ort aufgrund seiner besonderen Lage staatliche Organe keine effektive Gewalt ausüben können. Beispielhaft hierfür ist der Fall des Luftfahrzeugführers24 oder des Schiffskapitäns25. Andererseits kann die 16 Hier vor allem § 28 Umweltauditgesetz (UAG), BGBl. I S. 1591, vom 07. 12. 1995, zuletzt geändert durch Art. 8 Abs. 1 des Gesetzes vom 04. 12. 2004, BGBl. I S. 3166, i.V. m. der Verordnung über die Beleihung der Zulassungsstelle nach dem Umweltauditgesetz vom 18. 12. 1995 (BeleihungsVO), BGBl. I S. 2013; aber auch § 16 Abs. 2 KrW- / AbfG. 17 Nennenswert sind § 4 ZDG, aber auch Art. 143 b Abs. 3 S. 2 GG. 18 Dort kann es nach Wolff / Bachof / Stober anlässlich der Verfahrensprivatisierung nach § 4b BauGB zu einer Beleihung kommen: dies., Verwaltungsrecht III, 5. A., 2004, § 90 II 1 Rn. 11, S. 511. 19 BVerwG, DVBl. 1988, 587 ff. 20 Gesetz über die Beleihung von juristischen Personen des privaten Rechts mit der Befugnis zur Einrichtung von Vergabekammern für öffentliche Aufträge (Hamburgisches Beleihungsgesetz – HmbBelG) vom 20. Januar 1997, HmbGVBl. 1997, S. 8. 21 Wolff / Bachof / Stober, Verwaltungsrecht III, 5. A., 2004, § 90 II 2 Rn. 14 f., S. 512 f. 22 Insoweit werden Sanktions- und Abgabenbefugnisse unterschieden; Wolff / Bachof / Stober, Verwaltungsrecht III, 5. A., 2004, § 90 II 3 Rn. 16, S. 513 f. 23 Bracher, Gefahrenabwehr durch Private, 1987, S. 26 ff. 24 § 29 Abs. 3 LuftVG; BGH, NJW 1983, 448 f.; VGH Mannheim, 1976, 1990 ff.; OLG Celle, NJW 1982, 770.
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Situation aber auch so beschaffen sein, dass zur Wahrnehmung der konkreten Aufgabe erhebliches Fachwissen erforderlich ist, eine entsprechende Ausbildung der öffentlich Bediensteten aber zu kostspielig erscheint26. Ferner ist denkbar, dass zum Institut der Beleihung gegriffen wird, um ein unnötiges Aufblähen des Verwaltungsapparates von vornherein zu verhindern bzw. einzelne Privatisierungsvorhaben überhaupt erst zu ermöglichen. Exemplarisch hierfür ist die Beleihung der Deutschen Post AG mit Dienstherrenbefugnissen im Hinblick auf den Beamtenstatus der vom Bund übernommenen Beschäftigten durch Art. 143b Abs. 3 S. 2 GG27. Schließlich kann aber auch eine lange Verwaltungspraxis Grundlage für die Beleihung bestimmter Personengruppen sein. Dies dürfte für Jagdschutzberechtigten gem. § 25 BJagdG und §§ 38 Abs. 2 und 40 LJagdG Bbg zutreffen.
2. Wesentliche Charakteristika der Beleihung Bevor eine eigene Strukturierung der Beleihungstatbestände unternommen werden kann, sollen zunächst die wesentlichen Züge dieser Rechtsfigur dargelegt wegen. Bansch definiert die Beleihung als „. . . Übertragung öffentlich-rechtlicher (hoheitlicher) Kompetenzen (Befugnisse) auf natürliche oder juristische Personen sowie nicht-rechtsfähige Kollektiveinheiten des Privatrechts, die nicht in die staatliche Verwaltungsorganisation eingegliedert sind . . .“28. Maurer umschreibt den Beliehenen als eine Privatperson, dem die Kompetenz zur selbständigen hoheitlichen Wahrnehmung bestimmter Verwaltungsaufgaben im eigenen Namen übertragen worden ist29. Im Kern stellt die Beleihung damit eine Übertragung hoheitlicher Aufgaben i.V. m. den entsprechenden hoheitlichen Befugnissen dar. Die genannten Definitionsansätze deuten an, dass um die begriffliche Fundierung des Beliehenen ein Theorienstreit30 rankt, welcher im wesentlichen zwischen der Aufgabentheorie auf der einen und der Befugnis- bzw. Rechtsstellungstheorie auf der anderen Seite geprägt ist. Nicht durchsetzen konnte sich dagegen die Theorie von Herzog, die entscheidend auf die demokratische Legitimation des Adressaten abstellt31. 25 § 106 Seemannsgesetz vom 26. 07. 1957 (SeemG), BGBl. II 1957, S. 713, zuletzt geändert durch Art. 1 des Gesetzes vom 08. 06. 2005, BGBl. I S. 1530; Hanses, Die rechtliche Stellung des Kapitäns auf deutschen Seeschiffen unter besonderer Berücksichtigung der historischen Entwicklung, 1983. 26 So etwa in den Fällen der Baustatikprüfung durch besondere Prüfingenieure; BVerwG, DÖV 1972, 500 ff.; Herding-Schmalzl, Der Prüfingenieur für Baustatik, seine Tätigkeit und Haftung, 2. A., 1974 und der öffentlich bestellten Vermessungsingenieure, OLG Bautzen, NVwZ 2000, 708. 27 Battis, Beleihung anläßlich der Privatisierung der Postunternehmen, in: FS Raisch 1995, 355 f.; Sterzel, Der Schutz des Privatisierungsbeamten gem. Art. 143 b Abs. 3 GG, 2003. 28 Bansch, Die Beleihung als verfassungsrechtliches Problem, 1973, S. 56. 29 Maurer, Allgemeines Verwaltungsrecht, 16. A., 2006, S. 617 Rn. 56. 30 Ausführlich zu diesem Terrahe, Die Beleihung als Rechtsinstitut der Staatsorganisation, 1961, S. 63 ff. und Vogel, Öffentliche Wirtschaftseinheiten in privater Hand, 1959, S. 60 ff.
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Teil 7: Die Rechtsstellung der Kooperationspartner
Die Aufgabentheorie sieht die wesentlichen Merkmale einer Beleihung in der Übertragung von Staatsfunktionen an ein Subjekt des Privatrechts, ohne dass dies mit Befugnissen – gleich welcher Art – zwingend einhergehen müsse32. Die Vertreter der Befugnistheorie fassen den Begriff der Beleihung hingegen wesentlich enger und scheiden die befugnislose Übertragung von Aufgaben aus dem Begriff der Beleihung aus. Danach komme es entscheidend auf die Delegation hoheitlicher Eingriffsrechte an, gleich welche Aufgabe damit einhergehe33. Der Streit soll an dieser Stelle nicht weiter vertieft werden. Wohl zu Recht resümiert Steiner, dass beide Lager die zwei entscheidenden Elemente jeder Beleihung unzulässigerweise voneinander trennen. Nach ihm muss die Beleihung als die selbständige Wahrnehmung einer staatlichen Aufgabe durch ein mit öffentlicher Gewalt ausgestattetes Subjekt des Privatrechts bezeichnet werden34. Hervorzuheben ist ferner, dass zwischen übertragener öffentlicher Gewalt und der konkreten öffentlichen Aufgaben ein hinreichender Zusammenhang bestehen muss. Insbesondere muss die Aufgabe auch gegenüber demjenigen bestehen, in dessen der Rechte der Beliehene einzugreifen ermächtigt wird. Dabei muss zumindest abstrakt ein natürliches Interesse des Betroffenen an der Erfüllung dieser Aufgabe vorliegen35. Als Adressaten einer Beleihung kommen sowohl natürliche Personen, als auch juristische Personen in Gestalt von Wirtschaftseinheiten in Betracht. Der Beleihungsakt bringt zwischen der öffentlichen Verwaltung und dem Privaten ein öffentlich-rechtliches Auftragsverhältnis zustande36, aufgrund dessen es dem Beliehenen möglich ist, öffentliche Aufgaben der Verwaltung in eigenem Namen in den Handlungsformen des öffentlichen Rechts wahrzunehmen37. Der Private übt die ihm übertragene Befugnis dabei – treuhänderisch – für die beleihende Körperschaft aus. Daraus folgt zugleich, dass er nicht selbst Träger öffentlicher Verwal31 Nach ihm ist Beliehener ein Privater, der persönlich durch das Volk oder einen demokratisch in sein Amt berufenen Amtsträger in seine Funktionen gelangt, Herzog, in: Evangelisches Staatslexikon, 1966, Rn. 146. 32 So schon Mayer, Deutsches Verwaltungsrecht, Bd. II, 3. A., 1924, S. 95 (244); Richter, Verwaltungsrecht der öffentlichen Anstalt, VVDStRL 6 (1929), 69 ff. (89) und Fleiner, Institutionen des deutschen Verwaltungsrechts, 8. A., 1928, S. 348. 33 In diesem Sinne Vogel, Öffentliche Wirtschaftseinheiten in privater Hand, 1959, S. 81, der zu dem zwingend obrigkeitliche Befugnisse für erforderlich hält; i. Ü. werden schlichthoheitliche Befugnisse aber für ausreichend gehalten, so u. a. Martens, Öffentlich als Rechtsbegriff, Hab., Bad Homburg, 1969, S. 134. 34 Steiner, Der „beliehene Unternehmer“, JuS 1969, 69 (70). 35 Strenger insofern Schmidt, der fordert, dass die Aufgabe als solche dem Betroffenen gegenüber besteht. Er muss mit anderen Worten quasi einen öffentlich-rechtlichen Anspruch auf die Erfüllung der Aufgabe haben. Das ist bei den Aufgaben des Straßenbaulastträgers nicht der Fall, da die diese zugunsten der Allgemeinheit besteht. Wegen dieser Diskrepanz zwischen Aufgabenadressat und Eingriffsadressat sieht Schmidt in § 2 a.F. (§ 2 Abs. 1 S. 3 und 4 n.F.) FStrPrivFinG daher eine „hinkende Beleihung“. Schmidt, Die hinkende Beleihung, NVwZ 1995, 38 f. 36 Maurer, Allgemeines Verwaltungsrecht, 16. A., 2006, S. 618 Rn. 58. 37 BVerwG, DVBl. 1990, 712 ff.
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tung nach verwaltungsorganisationsrechtlichen Grundsätzen ist38. Vielmehr nimmt er an der Ausübung von Staatsgewalt i. S. d. Art. 20 Abs. 2 GG lediglich funktional teil39. Nicht zuletzt dieser Umstand macht es unter rechtsstaatlichen Gesichtspunkten erforderlich, das Handeln derart mit hoheitlicher Gewalt ausgestatteter Privatrechtssubjekte dem Regime des öffentlichen Rechts zu unterwerfen. Dies gilt zum einen für die Grundrechtsbindung der vollziehenden Gewalt i. S. d. Art. 1 Abs. 3 GG, aber auch bzgl. der Bindung an die Vorschriften des allgemeinen Verwaltungsrechts, wie sie vor allem im „Grundgesetz der Verwaltung“, dem Verwaltungsverfahrensgesetz Niederschlag gefunden haben. Ersteres wird durch die h. M. bejaht40. Letztere kann sich hingegen nur aufgrund des in § 1 VwVfG näher umrissenen Anwendungsbereichs ergeben. Da das VwVfG lediglich auf Behörden Anwendung findet, kommt es entscheidend darauf an, ob der i. S. d. § 1 Abs. 4 VwVfG als Stelle zu qualifizieren ist, die Aufgaben der öffentlichen Verwaltung wahrnimmt. Dass dem Beliehenen derartige Aufgaben übertragen sind, wurde bereits festgestellt. Allenfalls die fortwährende rechtliche Eigenständigkeit dieses Privatrechtssubjekts könnte Zweifel an der Behördeneigenschaft aufkommen lassen. Zu Recht wird jedoch der Anwendungsbereich des VwVfG und damit sein Behördenbegriff als solcher auch auf die mittelbare Staatsverwaltung erstreckt41. Indes ist der Beliehene nicht per se, sondern nur funktionell entsprechend seinem Kompetenzbereich den Regelungen des VwVfG unterworfen; im Übrigen bleibt er statusmäßig Privatrechtssubjekt42. Stober bezeichnet diesen Umstand treffend als Zwitterstellung des Beliehenen43. Als Teil der mittelbaren Staatsverwaltung haben die Beliehenen ihre Amtspflichten entsprechend den Gesetzen persönlich auszuführen44. Festzuhalten ist, dass der Beliehene nicht in den Staatsapparat eingegliedert wird. Er bleibt vielmehr ein eigenständiges Zuordnungssubjekt von Rechten und Pflichten. Der Beleihungsakt bewirkt lediglich eine Angliederung an die öffentliche Gewalt45. Der identitätswahrende Charakter der Beleihung wird 38 Wolff / Bachof / Stober, Verwaltungsrecht III, 5. A., 2004, § 90 I Rn. 4, S. 509; kritisch zur häufig unzureichenden Trennung zwischen den Begriffen Träger öffentlicher Verwaltung und Behörde P. Stelkens / Schmitz, in: Stelkens / Bonk / Sachs (Hrsg.), VwVfG, 6. A., 2001, § 1 Rn. 231. 39 Schmidt-Aßmann, Verwaltungslegitimation als Rechtsbegriff, AöR 116 (1991), 329, 346 f. 40 Stern, Das Staatsrecht der Bundesrepublik Deutschland, Bd. III / 1, 1. A., 1988, Rn. 1334 f.; Kunig, in: Kunig (Hrsg.), Grundgesetz, 5. A., 2000, Art. 1 Rn. 60; Rüfner, Grundrechtsadressaten, in: Isensee / Kirchhof (Hrsg.), HdbStR, Bd. V, 2. A., 2000, S. 530 Rn. 9 ff. und Jarass, in: Jarass / Pieroth (Hrsg.), Grundgesetz, 7. A., 2004, Art. 1 Rn. 30. 41 P. Stelkens / Schmitz, in: Stelkens / Bonk / Sachs (Hrsg.), VwVfG, 6. A., 2001, § 1 Rn. 231, S. 205 f. 42 Maurer, Allgemeines Verwaltungsrecht, 16. A., 2006, S. 617 Rn. 56. 43 Stober, Die privatrechtlich organisierte öffentliche Verwaltung, NJW 1984, 449 (453). 44 OVG Koblenz, NJW 1990, 465 und VGH Mannheim, NVwZ 1987, 431 (432). 45 So auch Bonk, Rechtliche Rahmenbedingungen einer Privatisierung im Strafvollzug, JZ 2000, 435 (437) und P. Stelkens / Schmitz, in: Stelkens / Bonk / Sachs (Hrsg.), VwVfG, 6. A., 2001, § 1 Rn. 231.
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besonders dadurch deutlich, dass der Beliehene Private nach außen in eigenem Namen handelt46. Somit werden im Fall der Beleihung Verwaltungsaufgaben folglich von verwaltungsexternen, nichtstaatlichen Stellen unter staatlicher Aufsicht ausgeführt. Mit dieser Übertragung von Verwaltungsaufgaben und den entsprechenden Befugnissen ist stets auch ein Übergang der Außenverantwortlichkeit für die Erfüllung dieser öffentlichen Aufgabe verbunden. Die Beleihung könnte daher in die Nähe einer organisatorischen Neustrukturierung öffentlicher Aufgabenwahrnehmung gestellt werden. Die Beleihung aber als schlichte Organisationsalternative47 zu kennzeichnen geht an ihrem Wesen vorbei. Denn häufig fehlt es der öffentlichen Verwaltung nicht nur finanziell und personell an eigenen Möglichkeiten der Aufgabenwahrnehmung, sondern vor allem an fachlichem Know-how48. Durch den Beleihungsakt sollen dann vor allem private Initiative, fachlicher und technischer Sachverstand und privates Verwaltungspotential genutzt werden49. In derartigen Fällen lässt sich kaum von gleichwertigen (Organisations-)Alternativen sprechen. Gleichwohl steht die Beleihung wie die Organisationsprivatisierung in einem gewissen Konkurrenzverhältnis zur Aufgabenprivatisierung, also der vollständigen Entledigung von Verwaltungsaufgaben in die gesellschaftliche Sphäre. Denn dort wo der Private sich nach erfolgter Privatisierung übertragener Hoheitsrechte bedient, kann von echter Privatisierung keine Rede sein. Angesichts des Umstands, dass der Beliehene denselben öffentlich-rechtlichen Bindungen unterliegt wie die beleihende Körperschaft, er gar als Behörde im Sinne des Verwaltungsrechts zu behandeln ist, legt den Schluss nahe in der Beleihung eine weitere Form der Organisationsprivatisierung zu erkennen50. Mit einer derartigen Gleichsetzung werden aber dogmatische Figuren und die Frage nach der Aufgabenträgerschaft51 unzulässig vermengt, und eine differenzierende Betrachtung erschwert52. Die Übertragung hoheitlicher Befugnisse hat durch oder aufgrund eines Gesetzes zu erfolgen53. Diesbezüglich herrscht weitestgehend Einigkeit54. Problema46 Dies lässt es gerechtfertigt erscheinen von einer Behörde im funktionellen Sinne zu sprechen, so Bonk, Rechtliche Rahmenbedingungen einer Privatisierung im Strafvollzug, JZ 2000, 435 (437). 47 Wolff / Bachof / Stober, Verwaltungsrecht III, 5. A., 2004, S. 509, § 90 I Rn. 2. 48 Hierzu Peine, Grenzen der Privatisierung – verwaltungsrechtliche Aspekte, DÖV 1997, 353 (361). 49 P. Stelkens / Schmitz, in: Stelkens / Bonk / Sachs (Hrsg.), VwVfG, 6. A., 2001, § 1 Rn. 231. 50 So vor allem Burgi, in: Erichsen (Hrsg.), Allgemeines Verwaltungsrecht, 2002, 12. A., § 54 III 2 Rn. 25 und Peine, Grenzen der Privatisierung – verwaltungsrechtliche Aspekte, DÖV 1997, 362 ff. 51 Vgl. dazu oben die Privatisierungsarten, Teil 4. 52 Zur Kombinationsfähigkeit von Privatisierung und Beleihung jüngst auch Weisel, Das Verhältnis von Privatisierung und Beleihung, 2003. 53 P. Stelkens / Schmitz, in: Stelkens / Bonk / Sachs (Hrsg.), VwVfG, 6. A., 2001, § 1 Rn. 231, S. 205 f.; OVG NRW, NJW 1980, 1406 (1407); BVerwG, DVBl. 1970, 735 (736).
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tisch ist aber, wie dieser Gesetzesvorbehalt zu rechtfertigen ist. Dabei kommt eine weitere essentialia der Beleihung zum Tragen. Anders als im Fall des noch zu erörternden Verwaltungshelfers ist der Beleihung eine gewisse Dauerhaftigkeit des Verhältnisses zwischen dem Privaten und der öffentlichen Verwaltung immanent. Das zwischen diesen durch den Beleihungsakt zustande gebrachte öffentlich-rechtliche Auftragsverhältnis beansprucht über den konkreten Einzelfall hinaus eine rechtliche Bedeutung, die mit der erwähnten Angliederung des Privaten an die öffentliche Verwaltung zum Ausdruck kommt. Die institutionelle Verankerung des Beliehenen wird in seiner Zugehörigkeit zur mittelbaren Staatsverwaltung und seinem Behördenstatus gem. § 1 Abs. 4 VwVfG55 besonders deutlich. Auch wenn die Beleihung an dieser Stelle nicht auf eine bloße Organisationsalternative zur Errichtung neuer öffentlicher Verwaltungsstrukturen reduziert werden soll, so wird dennoch klar, dass im Wege der Beleihung die Außenverantwortlichkeit gegenüber dem Bürger für die Erfüllung der betreffenden Aufgabe aus dem direkten Verantwortungsbereich der Verwaltung extrahiert wird. Die Beleihung lässt sich daher auch als organisationsrechtliches Instrument bezeichnen56. Eine solche Delegation von Verwaltungskompetenzen bedarf aber – gleich ob sich der Adressat innerhalb oder außerhalb der öffentlichen Verwaltung befindet – einer gesetzlichen Ermächtigungsgrundlage gemäß dem Grundsatz vom institutionellen Gesetzesvorbehalt57. Wie detailliert die gesetzliche Regelung zu sein hat, entzieht sich einer allgemeingültigen Antwort und bedarf einer konkreten Einzelfallbetrachtung. Abstrakt lässt sich aber sagen, dass das Parlamentsgesetz umso ausführlicher gestaltet sein muss, je bedeutender und damit wesentlicher die Erledigung der konkreten Aufgabe für das gesellschaftliche Zusammenleben ist. U. U. können auch generalklauselartige Bestimmungen ausreichend sein58. Die Vorteile einer Beleihung liegen auf der Hand. Zum einen werden die Beliehenen durch das öffentlich-rechtliche Aufsichtsinstrumentarium59 in eine organisatorische Nähe zu den Verwaltungsträgern gestellt60 und wird so die ordnungs54 Gegen die Erstreckung des Grundsatzes des Gesetzesvorbehalts auf die Erledigung von Verwaltungsaufgaben durch privatrechtlicher Organisationsformen (institutioneller Gesetzesvorbehalt) nur Zezschwitz, Rechtsstaatliche und prozessuale Probleme des Verwaltungsprivatrechts, NJW 1983, 1879 ff., dagegen Helfrich, Beleihung auf dem Wege haushaltsrechtlicher Regelungen, DÖV 1990, 553 (554). 55 § 1 Abs. 4 VwVfG (Bund) hat folgenden Wortlaut: Behörde im Sinne dieses Gesetzes ist jede Stelle, die Aufgaben der öffentlichen Verwaltung wahrnimmt. 56 Steiner, Der „beliehene Unternehmer“, JuS 1969, 69 (70). 57 Zu diesem ausführlich Burmeister, Herkunft, Inhalt und Stellung des institutionellen Gesetzesvorbehalts, 1991. 58 So ist nach Helfrich ist z. B. die globale Beleihungsermächtigung im Zuwendungsrecht durch § 44 Abs. 3 BHO ausreichend; Helfrich, Überlegungen zur rechtlichen Problematik einer Beleihung auf dem Wege haushaltsrechtlicher Regelungen, DÖV 1990, 553 (556). 59 Der Beliehene unterliegt dabei sowohl der Rechtsaufsicht, als auch der Fachaufsicht, VG Göttingen, NVwZ-RR 1998, 171 ff.
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gemäße Erfüllung der übertragenen Aufgaben weitestgehend sichergestellt. Zum anderen kann sich die öffentliche Verwaltung auf die Einrichtung einiger weniger Aufsichtsbehörden beschränken. Dieses letzte Argument gewinnt angesichts der aktuellen Haushaltslage zunehmend an Bedeutung. Ein wesentlicher Aspekt der Beleihung liegt zudem darin, dass sie wesentlich zur Rechtssicherheit für alle Beteiligten beiträgt61. Dieser Umstand ist in Zeiten fortschreitender Entstaatlichung von nicht zu unterschätzender Bedeutung. Das wird auch nicht durch die bislang fehlende Kodifikation der Beleihung als solcher in Frage gestellt. Gleichwohl wird man aber im Zuge der immer stärkeren Ausprägung funktioneller Privatisierungen auch über derartige Schritte nachzudenken haben62. Hierauf wird in einem späteren Abschnitt noch einzugehen sein63. Letzten Endes ist auch der moderne, aktivierende Staat bei stärkerer Einbeziehung privaten Sachverstands in die Erfüllung öffentlicher Aufgaben auf einen verlässlichen Rechtsrahmen angewiesen. Nur auf einer derartigen Grundlage sind die anstehenden Konflikte interessengerecht zu lösen. In der dogmatischen Begründung der Stellung der Beteiligten besteht dabei aber noch erheblicher Nachholbedarf. Bis sich anerkannte Strukturen in dem Bereich funktioneller Privatisierung herausgebildet haben, bietet sich so zumindest temporär ein breites Anwendungsfeld für die Rechtsfigur des Beliehenen.
II. Der Verwaltungshelfer Eine weitere – ebenfalls klassische – Form der Einbeziehung Privater in die Erfüllung öffentlicher Aufgaben ist die Figur des Verwaltungshelfers bzw. des Verwaltungsgehilfen. Ebenso wie die Beleihung gewinnt auch die Verwaltungshilfe in Zeiten zunehmender Privatisierungsbestrebungen immer mehr an Bedeutung. Dies zeigt sich u. a. darin, dass ihr in der wissenschaftlichen Literatur ein immer breiterer Raum geboten wird64. Waren es zunächst lediglich Abschleppunternehmer65 und ähnliche private Wirtschaftseinheiten 66, die anders als die staatlichen Kräfte 60 Krebs, Verwaltungsorganisation, in: Isensee / Kirchhof (Hrsg.), HdbStR, Bd. III, 1. A., 1988, S. 590 Rn. 39. 61 Darauf weisen zutreffend auch Wolff / Bachof / Stober, Verwaltungsrecht III, 5. A., 2004, S. 509, § 90 I Rn. 2 hin. 62 Für eine Verankerung im Verwaltungsverfahrensgesetz treten gegenwärtig Becker, Rechtsrahmen für Public Private Partnerships, ZRP 2002, 303 (308) und ihm folgend Wolff / Bachof / Stober, Verwaltungsrecht III, 2004, 5. A., § 90 I Rn. 4, S. 509 ein; hierzu ferner Schmidt, Gesetzliche Regelung der Rechtsverhältnisse der Beliehenen, ZG 17 (2002), 353 ff. 63 S.u. Teil 8. 64 Wolff / Bachof / Stober etwa bieten in ihrer 5. A. den Grundlagen der Verwaltungshilfe und der Inpflichtnahme einen eigenständigen Abschnitt: dies., Verwaltungsrecht III, 5. A., 2004, § 90a, S. 524 ff. 65 Kottmann, Das Abschleppen von Fahrzeugen, DÖV 1983, 493 (502); BGH, DAR 1979, 20 ff.; OVG Hamburg, DAR 1982, 307 ff. 66 So z. B. die Studentenwerke in Form gemeinnütziger Vereine, BVerwGE 32, 283 ff.
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über die geeignete technische Ausrüstung verfügten, so wurden bald auch andere private Rechtssubjekte zur Unterstützung der Verwaltung bei ihrer Aufgabenerfüllung herangezogen67.
1. Erscheinungsformen der Verwaltungshilfe Heute ist der Private als Verwaltungshelfer ebenso wenig aus der täglichen Praxis der öffentlichen Verwaltung hinwegzudenken wie der Beliehene. Auch hier finden sich in nahezu allen Bereichen behördlicher Betätigungsfelder Anwendungsbeispiele. Wie schon für die Figur des Beliehenen bieten Wolff / Bachof / Stober eine umfangreiche Auflistung von Fällen heutiger Verwaltungshilfe, auf die an dieser Stelle Bezug genommen wird68. So werden gegenwärtig Verwaltungshelfer u. a. eingesetzt im Rahmen der Installierung und Instandhaltung technischer Verkehrsanlagen69, bei der Erhebung, Vereinnahmung und Verwaltung öffentlichrechtlicher Gebühren70 und im Bereich des öffentlichen Gesundheitsdienstes71. Diese Aufzählung stellt nur einen kleinen Ausschnitt der aktuell relevanten Tätigkeitsbereiche der Verwaltungshelfer dar und ist nicht abschließend.
2. Wesentliche Charakteristika der Verwaltungshilfe Ebenso wie der Beliehene wird auch der Verwaltungshelfer auf dem Gebiet der Erfüllung öffentlicher Aufgaben tätig. In Abgrenzung zum Beliehenen ist die Verwaltungshilfe in ihrer klassischen Form als unselbständige Verwaltungshilfe tendenziell aber nicht auf eine dauerhafte Einbindung in die Strukturen der öffentlichen Verwaltung angelegt. Dies betrifft vor allem die Fälle, in denen natürliche Personen als Hilfsorgan, als außerordentliche Organwalter i. w. S.72, in Anspruch genommen werden. Ihre Einschaltung in die Aufgabenerfüllung ist oft nur vorübergehender Natur. Zudem tritt der Verwaltungshelfer Dritten gegenüber nicht selbst als Stelle auf, die Aufgaben der öffentlichen Verwaltung wahrnimmt. Er ist damit 67 Zu nennen sind vor allem die Fälle des Schülerlotsen, OLG Köln, NJW 1968, 655 ff. und des Ordnungsschülers, vgl. LG Rottweil, NJW 1970, 474 ff. sowie Martens, Übertragung von Hoheitsgewalt auf Schüler, NJW 1970, 1029. 68 Siehe Wolff / Bachof / Stober, Verwaltungsrecht III, 5. A., 2004, § 90a I 2 Rn. 2 ff., S. 525 ff. 69 OLG Hamm, NVwZ-RR 1999, 223 f. 70 Für den Bereich der kommunalen Abwasserabgaben Kumanoff / Schwarzkopf / Fröse, Die Verwaltungshilfe als Variante der Hoheitsverwaltung durch die Gemeinde, SächsVBl. 1997, 73 (76). 71 So zum Fall der Einschaltung Dritte in die Aufgaben des öffentlichen Gesundheitsdienstes nach § 5 Abs. 3 S. 2 ÖGDG Stollmann, Aufgabenerledigung durch Dritte im öffentlichen Gesundheitsdienst, DÖV 1999, 183 (186 f.). 72 Wolff / Bachof / Stober, Verwaltungsrecht III, 5. A., 2004, § 90a I 1. Rn. 1, S. 524 f.
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Teil 7: Die Rechtsstellung der Kooperationspartner
also – anders als der Beliehene – keine Behörde i. S. d. § 1 Abs. 4 VwVfG (Bund)73. Er wird lediglich im Rahmen eines übergeordneten Verfahrens bei der Behörde vorbereitend und unterstützend tätig.74 Aufgrund der fehlenden Verantwortlichkeit für das gesamte Verfahren treffen ihn daher weder Anhörungs- noch Begründungspflichten. Ferner ist ihm die Verwaltungsaufgabe nur als solche ohne weitergehende Befugnisse übertragen. Eine Übertragung von Hoheitsgewalt, gleich ob obrigkeitlich oder schlichthoheitlich, ist damit nicht verbunden75. Anders als der mit Verwaltungsaufgaben und hoheitlichen Befugnissen ausgestattete Beliehene handelt der Verwaltungsgehilfe in fremden Namen. Er wird nach außen erkennbar funktional im Aufgabenkreis der ihn einschaltende Behörde tätig. Die Parallele zur bürgerlich-rechtlichen Figur des Verrichtungsgehilfen § 831 BGB ist nicht zu übersehen. Ähnlich wie dort wird der öffentlich-rechtlich handelnden Behörde der Handlungsbeitrag des Verwaltungshelfers haftungsmäßig zugerechnet76. Er wird im Auftrag, im Namen und nach Weisung der Behörde tätig77. Beliehener und Verwaltungshelfer lassen sich daher an dieser unterschiedlichen Gestaltung des Außenverhältnisses zu Dritten unterscheiden. Wie der Beliehene beruht auch die Existenz des Verwaltungshelfers vor allem auf staatshaftungsrechtlichen Überlegungen. Nach der klassischen Werkzeugtheorie soll das Handeln eines Privaten dann dem Staat zuzurechnen sein, wenn der Private Dritten gegenüber wie ein verlängerter Arm der Verwaltung gegenübertrete und so letztlich als Werkzeug derselben erscheine78. Damit korrespondiert die Annahme, dass das Verhalten des Verwaltungshelfers im Verhältnis zu Dritten privatrechtlich zu beurteilen sei79. Erst die Zurechnung seines Handelns zum öffentlichen Aufgabenträger mache hieraus eine öffentlich-rechtliche Tätigkeit. Diese klassische Form der Werkzeugtheorie gelangt aber an ihre Grenzen, wenn der eingeschaltete Private nicht unter einer ständigen Beobachtung und Kontrolle durch die staatlichen Behörden steht und ihm vielmehr ein gewisser Freiraum bei der Erledigung seiner Aufgaben eingeräumt ist. In der Tat erscheint es bedenklich, den Privaten als unselbständiges Organ der Verwaltung zu qualifizieren, wenn sich der tatsächliche Einfluss der Behörde auf die Auftragserteilung – beispielsweise im P. Stelkens / Schmitz, in: Stelkens / Bonk / Sachs (Hrsg.), VwVfG, 6. A., 2001, § 1 Rn. 236. Lübbe-Wolff / Steenken, Privatisierung umweltbehördlicher Aufgaben, ZfU 1993, 263 (265), BVerwGE 55, 57 (58 f.); Stollmann, Aufgabenerledigung durch Dritte im öffentlichen Gesundheitsdienst, DÖV 1999, 183 (187). 75 Daher wird auch von unselbständiger Verwaltungshilfe gesprochen. 76 Maurer, Allgemeines Verwaltungsrecht, 16. A., 2006, S. 662 f., Rn. 13 und Fuchs, Verwalten durch Beauftragte, DÖV 1986, 363 ff. 77 Bonk, Rechtliche Rahmenbedingungen einer Privatisierung im Strafvollzug, JZ 2000, 435 (437). 78 Vgl. dazu auch Traeger, Die Haftung des Staates bei der Einschaltung privater Kräfte zur Erfüllung öffentlicher Aufgaben, 1998. 79 LG München, NJW 1978, 48 f. und BGHZ 121, 161 (164); Seibert, Öffentliches Recht: Verbotswidriges Parken, JuS 1985, 625 (631). 73 74
B. Das Außenverhältnis gegenüber Dritten
193
Rahmen einer polizeilich angeordneten Abschleppmaßnahme – beschränkt. Problematisch ist ein solches Weisungsdefizit, weil so Lücken hinsichtlich der öffentlich-rechtlichen Bindungen bei der Erfüllung von Verwaltungsaufgaben entstehen. Nun könnte man auf den Gedanken verfallen, in derartigen Fällen selbständiger Verwaltungshilfe, den Gehilfen selber dem Regime des öffentlichen Rechts zu unterwerfen80. Der Verwaltungshelfer wäre dann Teil der öffentlichen Gewalt i. S. v. Art. 1 Abs. 3 GG. Die fehlende tatsächliche Weisungsgewalt würde also durch eine Ausdehnung der Grundrechtsbindung kompensiert. Dabei wären aber zugleich die Grenzen zwischen Beleihung und Verwaltungshilfe bei fehlender oder mangelhafter Kontrolle verwischt. Allenfalls der Geltungsgrund der öffentlich-rechtlichen Bindungen wäre in beiden Fällen ein anderer. Dass ein solches Vorgehen nicht angebracht ist, zeigt schon die unzureichende Trennschärfe des Begriffspaars selbständig / unselbständig. Von derartigen Unwägbarkeiten dürfen so grundlegende Fragen wie die nach dem anzuwenden Rechtsregime aber nicht abhängig gemacht werden. Zudem bereitete es erhebliche Schwierigkeiten von der fehlenden Kontrolle durch die staatlichen Organe auf die Behördeneigenschaft zu schließen, die ihrerseits Voraussetzung für die Anwendbarkeit des VwVfG ist. In Literatur und Rechtsprechung wird daher zu recht ein anderer Ansatz verfolgt. Statt einer Ausweitung des Anwendungsbereichs öffentlich-rechtlichen Rechtsregimes kommt auch eine Erweiterung des Verwaltungshelferbegriffs als solcher in Betracht. Ausgehend von dem Phänomen zunehmender Selbständigkeit der mit Verwaltungsaufgaben betrauten Privaten, gelangt so eine modifizierte Spielart der Werkzeugtheorie zur Anwendung81. Nach ihr kommt es nicht auf die Weisungsunterworfenheit des Privaten im Innenverhältnis zur Behörde an. Maßgeblich ist allein, dass sich die öffentliche Verwaltung nicht durch die Einschaltung Privater aus ihren öffentlich-rechtlichen Bindungen verabschieden darf82. Dabei treten wieder die staatshaftungsrechtlichen Hintergründe bei der Definition des Verwaltungshelfers offen zutage. Damit ist zugleich die neue, moderne Form der selbständigen Verwaltungshilfe geschaffen. 80 So schließt Burmeister, Die Ersatzvornahme im Polizei- und Verwaltungsvollstreckungsrecht, JuS 1989, 256 ff. von einer mangelnden Einbindung aufgrund fehlender behördlicher Weisungen an den Privaten auf ein öffentlich-rechtliches Handeln. Wolff / Bachof / Stober sprechen hingegen bei gebotener funktionaler Betrachtungsweise einer neuen Form selbständiger Verwaltungshilfe, vgl. Wolff / Bachof / Stober, Verwaltungsrecht III, 5. A., 2004, § 90 a I Rn. 12, S. 527. 81 Grundlegend für diese Entwicklung war eine Entscheidung des BGH; Urt. vom 21. 01. 1993 – III ZR 189 / 91, NJW 1993, 1258 und NVwZ 1993, 603 L (Abschleppfall); dazu Kreissl, Die Haftung des Staates für den Einsatz privater Unternehmer – am Beispiel der polizeilich angeordneten Bergung eines Kraftfahrzeugs durch einen privaten Abschleppunternehmer, NVwZ 1994, 349 ff. 82 Dabei wird vielerorts plakativ von einer „Flucht ins Privatrecht“ gesprochen, die der öffentlich Gewalt zu verwehren sei, so etwa Wolff / Bachof / Stober, Verwaltungsrecht III, 5. A., 2004, § 90a II 1 Rn. 13, S. 527 f.
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Teil 7: Die Rechtsstellung der Kooperationspartner
Ebenso wie für die unselbständige Verwaltungshilfe sind die gegenwärtigen Fälle selbständiger Verwaltungshilfe zahllos. Zu nennen sind vor allem Bestrebungen im Bereich des Sicherheits- und Gefahrenabwehrrechts relevante Informationen durch private Wachdienste an die Polizei weiterzuleiten 83. Auch die nach § 67 FeV anerkannten Sehteststellen werden im Verfahren der Erteilung der Fahrerlaubnis selbständig tätig und erbringen im Rahmen des behördlichen Verfahrens vorbereitende Hilfsleistungen84. Vor dem Hintergrund dieser Ausweitung des Begriffs der Verwaltungshilfe stellt sich die Frage nach der Erforderlichkeit einer gesetzlichen Grundlage, also nach der Geltung des Grundsatzes vom Gesetzesvorbehalt mit erneuter Schärfe. Hinsichtlich der unselbständigen Verwaltungshilfe war man sich schon wegen der marginalen Entscheidungsgewalt dieser Privatrechtssubjekte einig, dass es einer speziellen Ermächtigungsgrundlage nicht bedurfte85. Fraglich ist aber, ob diese Einschätzung unter rechtsstaatlichen Gesichtspunkten auch vor dem Hintergrund selbständiger Verwaltungshelfer Bestand haben kann86. Die Frage stellt sich umso dringlicher, als die Möglichkeit einer Hinzuziehung Privater nur in den wenigsten Fällen gesetzlich verankert ist. Zumeist ist nur eine allgemeine Aufgabenzuweisung an die öffentliche Verwaltung nachweisbar. Eine solche Zuweisung wird zum Teil für ausreichend gehalten. Lediglich bei überragender Bedeutung einer staatlichen Aufgabe für die Allgemeinheit soll eine gesonderte gesetzliche Regelung entsprechend der Wesentlichkeitslehre des BVerfG87 für die Kooperation zwischen Staat und Privaten erforderlich sein88. Diesem qualitativen Verständnis kann auch eine quantitative Herangehensweise gegenübergestellt werden. So soll nach Auffassung von Erbguth eine gesonderte gesetzliche Regelung jedenfalls dann erforderlich sein, wenn es um die systematische und auf Dauer angelegte Betrauung Privater mit grundsätzlich behördlichen Aufgaben (Verwaltungsaufgaben) geht89. Ungeachtet des Grundsatzes der Wahlfreiheit der Verwaltung ist angesichts des Ausnahmecharakters privatrechtlich organisierter öffentlicher Verwaltung im 83 Hierzu Stober, Private Sicherheitsdienste als Dienstleister für die öffentliche Sicherheit, ZRP 2001, 260 (265 f.) und Brauser-Jung, in Stober (Hrsg.), Jahrbuch des Sicherheitsgewerberechts 1999 / 2000, 2000, S. 55 (84 f. und 87 f.). 84 Wolff / Bachof / Stober, Verwaltungsrecht III, 5. A., 2004, § 90a II 2 Rn. 19, S. 529. 85 Steiner, Öffentliche Verwaltung durch Private, 1975, S. 238 f.; Ehlers, Die Erledigung von Gemeindeaufgaben durch Verwaltungshelfer, 1997, S. 30 und Peine, Grenzen der Privatisierung – verwaltungsrechtliche Aspekte, DÖV 1997, 353 (357). 86 Zur Frage der Anwendbarkeit des institutionellen Gesetzesvorbehalts auf die selbständige Verwaltungshilfe, Burgi, Funktionale Privatisierung und Verwaltungshilfe, 1999, S. 287 ff. 87 Vgl. BVerfGE 47, 46 ff.; BVerfGE 49, 89 ff. (126 ff.). 88 So vor allem Wolff / Bachof / Stober, die unter Verweisung auf den Grundsatz der Wahlfreiheit der Verwaltung in organisatorischer Hinsicht diese Aufgabenzuweisung regelmäßig als hinreichende Legitimation selbständiger Verwaltungshelfer ansehen, Wolff / Bachof / Stober, Verwaltungsrecht III, 5. A., 2004, § 90a IV 2 Rn. 35 ff., S. 534. 89 Erbguth, Die Zulässigkeit der funktionalen Privatisierung im Genehmigungsrecht, UPR 1995, 369 (376 f.).
B. Das Außenverhältnis gegenüber Dritten
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Regelfall eine Entscheidung des demokratisch legitimierten Gesetzgebers geboten. Vor dem Hintergrund des Art. 20 Abs. 2 S. 1 GG („Alle Staatsgewalt geht vom Volke aus.“) erscheint es daher angemessen, bei der Frage nach der Geltung des institutionellen Gesetzesvorbehalts einen umfassendes Verständnis der Wesentlichkeit sowohl bzgl. des Inhalts als auch des Umfangs der zu übertragenden Aufgaben anzulegen. Ebenso wie im Fall der Beleihung liegt die Versuchung nahe, diesen Typ der Einbeziehung Privater einer konkreten Privatisierungsform zuzuordnen. Hier bietet sich augenscheinlich die funktionelle Privatisierung in besonderem Maße an90. Anders als die Organisationsprivatisierung, die ihrerseits eine starke Affinität zur Beleihung aufweist91, werden bei ihr Teile der Aufgabenverantwortung aus dem Bereich des Staates ausgegliedert. D. h. es findet zumindest eine Teilverlagerung von Aufgabenverantwortlichkeit zwischen der öffentlichen und der gesellschaftlichen Sphäre statt. In Abgrenzung zur materiellen oder Aufgabenprivatisierung bleibt aber die öffentliche Hand nach außen für die Aufgabenerfüllung letztverantwortlich92. Diese Melange aus funktionaler Vergesellschaftung bei fortwährender staatlicher (Gesamt-)Verantwortlichkeit scheint sich mit den wesentlichen Charakteristika der Verwaltungshilfe zu decken. Auch bei ihr übernimmt der Private im Innenverhältnis die Verantwortung für die Aufgabenerledigung, ohne dass damit auch im Außenverhältnis ein Verantwortungswechsel einherginge93. Diese Ähnlichkeit allein darf aber nicht dahingehend verstanden werden, dass es einen Automatismus gebe, nachdem jede funktionelle Privatisierung mit Verwaltungshilfe gleichzusetzen sei. Auch hier muss strikt zwischen den inhaltlichen Änderungen bei der Aufgabenverantwortlichkeit und der Typik der Einschaltung Privater unterschieden werden.
III. Der Erfüllungsgehilfe bzw. Verwaltungsmittler Im jüngeren Schrifttum wird aufgrund zunehmenden Privatisierungsdrucks eine weitere Figur eingeführt, die erkennbar dem Repertoire zivilrechtlicher Dogmatik entlehnt zu sein scheint. Die Rede ist vom sog. Erfüllungsgehilfen der öffentlichen Verwaltung. Der Fokus liegt hier, wie bei allen anderen Formen der Einbeziehung Privater auch, auf der Erfüllung von Verwaltungsaufgaben. Daher kann diese Figur 90 So wiederum Burgi, in: Erichsen / Ehlers (Hrsg.), Allgemeines Verwaltungsrecht, 12. A., 2002, § 54 III 3 Rn. 31 ff., S. 864 ff. und Wolff / Bachof / Stober, Verwaltungsrecht III, 5. A., 2004, § 90a I 1 Rn. 1, S. 524 f. 91 Darauf wurde bereits oben hingewiesen, 7 B II 2. 92 Freilich kann ein solcher Rest an staatlicher Verantwortung auch in Fällen gefunden werden, die einhellig als Aufgabenprivatisierung bezeichnet werden. Hinzuweisen ist hier auf das sog. Regulierungsrecht, das auch als Privatisierungsfolgenrecht bezeichnet wird, vgl. Burgi, Kommunales Privatisierungsfolgenrecht: Vergabe, Regulierung und Finanzierung, NVwZ 2001, 661 ff. 93 Aus zivilrechtlicher Sicht drängt sich eine Parallelität zum inhaltlichen Wandel von Verkehrssicherungspflichten bei Einschaltung Dritter auf, vgl. BGH, NJW-RR 1989, 394 ff.
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Teil 7: Die Rechtsstellung der Kooperationspartner
nicht ohne weiteres durch eine Anleihe im bürgerlichen Recht erfasst werden. Schon um die Strukturunterschiede zwischen beiden Rechtsgebieten nicht einzuebnen, sollte deswegen eher der Begriff des Verwaltungsmittlers verwandt werden. Zwar wohnt diesem Terminus kein genuiner Bezug gerade zur öffentlichen Verwaltung inne, weil sich auch privatwirtschaftliche Verwaltungseinheiten z. B. juristischer Personen häufig externer Sachwalter bedienen. Dieses Defizit wird aber durch tatsächliche Verwendung des Begriffs Verwaltung mit Beziehung gerade auf die Organisationseinheiten des Staates ausgeglichen. Zudem vermag die Bezeichnung Mittler die besondere Stellung des Privaten in gehobenem Maße zu verdeutlichen. Er wird nicht lediglich zur Erfüllung verwaltungsinterner Angelegenheiten eingeschaltet, sondern nimmt Funktionen zugunsten der Allgemeinheit wahr. Abseits dieser Begrifflichkeiten stellt sich aber die Frage, inwiefern der Figur des Verwaltungsmittlers eine eigenständige Bedeutung neben dem Beliehenen und dem Verwaltungshelfer zukommt. Vielmehr kann er als Klammer für beide Erscheinungsformen dienen, indem er Sachverhalte umschreibt, bei denen zwischen öffentlicher Hand und dem Bürger ein Privatrechtssubjekt bei der Erbringung öffentlicher Aufgaben zwischengeschaltet ist:
Verwaltungsmittler
öffentliche Verwaltung
Beliehener
Verwaltungshelfer
Aufgabenträger
Bürger Begünstigter
VwVfG anwendbar
Staatshaftungsrecht anwendbar
IV. Der Beauftragte In den letzten Jahren hat auch die Figur des Beauftragten einen enormen Bedeutungszuwachs erfahren. Hierunter verbergen sich natürliche Personen, die aufgrund besonderen Fachwissens in einem eng umgrenzten Aufgabenbereich tätig werden. Gegenwärtig können Beauftragte in vielfältigen Formen angetroffen werden. Dazu zählen u. a. der Gewässerschutzbeauftragte 94, der Betriebsbeauftragte 95, der Abfallbeauftragte und der Immissionsschutzbeauftragte 96. §§ 21a bis f WHG. Aus dem Bereich des Arzneimittelrechts können hier beispielhaft der Kontrollleiter und Vertriebsleiter nach §§ 14 Abs. 2 Nr. 2 und 3 AMG genannt werden. 94 95
B. Das Außenverhältnis gegenüber Dritten
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Anders als der Beliehene verfügt der Beauftragte dabei aber über keinerlei Befugnisse gegenüber Dritten. Er übt daher auch keine öffentliche Gewalt i. S. v. Art. 1 Abs. 3 und Art. 20 Abs. 3 GG aus. Daher kann er auch nicht als Behörde i. S. d. Verwaltungsrechts qualifiziert werden und steht auch nicht unter staatlicher Aufsicht. Vielmehr befindet sich der Beauftragte unmittelbar im Einflussbereich einer privatrechtlichen Organisation, von der auch bestellt wird. Aus diesem Grunde kann die Figur des Beauftragten auch dem Bereich privater Selbstkontrolle zugeschrieben werden. Typisch für diese ist, dass durch sie einer drohenden Verstaatlichung von Aufgaben, insbesondere in Form von Aufsichtsfunktionen, vorgebeugt werden soll. Der Beauftragte steht daher nur mittelbar in einem Bezug zur gegenwärtig zu beobachtenden Tendenz zur Privatisierung. Effektiv kann aber auch dieser Typus der Einbeziehung Privater in die Erfüllung öffentlicher Aufgaben zu einer Verringerung der Staatsquote beitragen, in dem die Einrichtung neuer öffentlich-rechtlicher Organisationsstrukturen vermieden wird. Der Beauftragte steht zum Anlagenbetreiber in einem zivilrechtlich zu beurteilenden Rechtsverhältnis. Für daraus entstehende Streitigkeiten ist daher der ordentliche Rechtsweg eröffnet97. Zwischen dem Anlagenbetreiber und der zuständigen Behörde besteht hingegen eine öffentlich-rechtlich zu beurteilende Rechtsbeziehung98. Problematisch ist aber die Qualifizierung des Verhältnisses zwischen der Person des Beauftragten und der Behörde. Angesichts des rein betriebsinternen Vorganges der Bestellung und der Abberufung des Beauftragten wurde das Bestehen eines Rechtsverhältnisses geleugnet99. Auf diese Thematik soll hier nicht vertieft eingegangen werden. Fest steht, dass der Beauftragte durch den Anlagenbetreiber zum Zwecke der Erfüllung eigener Aufgaben eingesetzt wird. Öffentliche Aufgaben – etwa in Form der Vermeidung von Abfall – werden dabei nur mittelbar erfüllt.
V. Die Indienstnahme bzw. Inpflichtnahme Privater Abschließend sei noch auf die im älteren Schrifttum viel diskutierte Form der Inpflicht- bzw. Indienstnahme Privater zugunsten der Erfüllung öffentlicher Aufgaben hingewiesen100. Ausgangspunkt dieser Figur war die nach den Erfahrungen 96 Nach § 53 BImSchG ist der Betreiber genehmigungsbedürftiger Anlagen verpflichtet einen Immissionsschutzbeauftragten zu bestellen. Hierzu umfassend Tettinger, Der Immissionsschutzbeauftragte – ein Beliehener?, DVBl. 1976, 752 ff. 97 Tettinger, Der Immissionsschutzbeauftragte – ein Beliehener?, DVBl. 1976, 752 (757). 98 Tettinger, Der Immissionsschutzbeauftragte – ein Beliehener?, DVBl. 1976, 752 (758). 99 So Speiser, Der Schutzbeauftragte nach dem Bundes-Immissionsschutzgesetz, BB 1975, 1325 ff.; dagegen Tettinger, Der Immissionsschutzbeauftragte – ein Beliehener?, DVBl. 1976, 752 (758). 100 Hierzu schon früh Ipsen, Gesetzliche Indienstnahme Privater für Verwaltungsaufgaben, in: FS für Kaufmann, 1950, S. 141 ff. und sowie ders., Gesetzliche Bevorratungspflicht Privater, AöR 90 (1965), 393 ff.; aus jüngerer Zeit: Jani, Die partielle verwaltungsrechtliche Inpflichtnahme Privater zu Handlungs- und Leistungspflicht, 1992.
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Teil 7: Die Rechtsstellung der Kooperationspartner
der Erdölkrise in den siebziger Jahren vorgeschlagene Bevorratungspflicht der Mineralölkonzerne. Mit dem Gesetz über Mindestvorräte an Erdölerzeugnissen101 fand diese Diskussion einen vorläufigen Abschluss. Heute wird die Problematik durch das Erdölbevorratungsgesetz102 geregelt. Wie stets bei der Zuhilfenahme Privater bei der Erfüllung von Verwaltungsaufgaben bedient sich auch im Falle der Indienstnahme Privater der Staat privater Ressourcen. Dabei steht die Indienstnahme mit der Figur des von privater Seite bestellten Beauftragten deswegen in enger Verwandtschaft, als es an einer Anbindung des Privaten an die öffentliche Verwaltung fehlt. Darin liegt der entscheidende Unterschied zum Beliehenen. Anders als im Fall des Verwaltungshelfers kann das Handeln des Indienstgenommenen aber auch nicht dem Staat zugerechnet werden, so dass eine Haftung des Staates insofern ausscheidet. Zwar bleibt die Aufgabe der Bevorratung wichtiger Rohstoffe ebenso wie die Wiederherstellung der Sicherheit des Straßenverkehrs nach einem Unfall, als klassischer Anwendungsfall des Einsatzes von Verwaltungshelfern, eine öffentliche Aufgabe. Der Unterschied liegt aber darin, dass im ersten Fall der Private nicht aufgrund eines privatautonom mit der Verwaltung abgeschlossenen (zivilrechtlichen) Dienst- oder Werkvertrages, sondern aufgrund eines materiellen Gesetzes unmittelbar selbst zur Erfüllung dieser Aufgabe herangezogen wird. Während also das Handeln des Verwaltungshelfers grundsätzlich auf einem freiwilligen Konsens – zumeist in Form eines zivilrechtlichen Auftrags oder Vertrags – beruht, stellt die Indienstnahme einen zwangsweisen Zugriff des Staates auf die wirtschaftliche Betätigungsfreiheit des Privaten dar. Ihre Legitimität ist am Maßstab des Verbots des Arbeitszwangs nach Art. 12 Abs. 2 GG, der Inhalts- und Schrankenbestimmung des Art. 14 Abs. 2 S. 2 GG, der subsidiären wirtschaftlichen Betätigungsfreiheit nach Art. 2 Abs. 1 GG sowie des verfassungsrechtlichen Übermaßverbots zu überprüfen103.
101 Hierzu Plewa, Die Verfassungsmäßigkeit der Indienstnahme Privater für Verwaltungsaufgaben am Beispiel des Gesetzes über Mindestvorräte an Erdölerzeugnissen vom 09. 09. 1965 in der Fassung vom 04. 09. 1975, 1978. 102 Gesetz über die Bevorratung mit Erdöl und Erdölerzeugnissen (Erdölbevorratungsgesetz – ErdölBevG), BGBl. I, 1998 S. 680 ff. Ziel des Gesetzes ist ausweislich des § 1 ErdölBevG die Sicherung der Energieversorgung. Hierfür sollen Erdöl, Erdölerzeugnisse und -halbfertigungserzeugnisse durch den Erdölbevorratungsverband als Vorrat gehalten werden. 103 Bzgl. des Gesetzes über Mindestvorräte an Erdölerzeugnissen i.d.F. 09. September 1965 (BGBl. I S. 1217); Ipsen, Gesetzliche Bevorratungspflicht Privater, AöR 90 (1965), 393 (421 ff.).
C. Das Innenverhältnis zwischen öffentlichem Verwaltungsträger und Privatem
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C. Das Innenverhältnis zwischen öffentlichem Verwaltungsträger und Privatem Komplexer noch als die äußerliche Beschreibung der Stellung Dritter bei der Erfüllung öffentlicher Aufgaben stellt sich deren rechtliche Bewältigung im Innenverhältnis dar. Zwar existieren auch zahlreiche Formen sog. informeller PPP104, die unter dem Gesichtspunkt eines Bindungswillens unterhalb der Schwelle rechtlicher Verbindlichkeit bleiben, aber auch ihr Einsatz muss rechtliche Fragestellung nach der Einhaltung rechtsstaatlicher und demokratischer Grundsätze provozieren105. Dazu sind v. a. Absprachen, Verständigungen und Agreements zu zählen106. Dennoch soll dieser Bereich in der folgenden Betrachtung außer Acht gelassen werden, weil sich derartige Formen der Zusammenarbeit kaum ohne unter Hinzuziehung verwaltungswissenschaftlicher, soziologischer und psychologischer Aspekte analysieren lassen und zudem keine verlässliche Basis für eine umfangreiche Beteiligung Privater bei der Erfüllung öffentlicher Aufgaben bieten. Der Fokus soll daher an dieser Stelle auf derartigen Partnerschaften zwischen öffentlichen und privaten Trägern liegen, die etwa aufgrund ihrer Bedeutung für die Öffentlichkeit oder aber aufgrund der Größenordnung der einbezogen wirtschaftlichen Interessen und Wirtschaftsgüter zu einem Vertragsabschluß geführt haben. Hier eine umfassende Darstellung aller denkbaren vertraglichen Beziehungen zwischen dem öffentlich-rechtlichen Aufgabenträger und dem beteiligten Privaten auch nur in Ansätzen vorzunehmen, würde den Rahmen der vorliegenden Arbeit überdehnen. Gleichwohl erscheint es ratsam, auch einen Blick auf den Stand gegenwärtiger rechtstatsächlicher Praxis zu werfen, bevor in einem weiteren Schritt schließlich notwendige rechtstechnische Änderungen erörtert werden107. Bei dieser Betrachtung ist zunächst noch irrelevant, ob man zum Ergebnis gelangt, dass die Formen der sog. Public Private Partnerships in die vorhandenen Gesetzestexte, sprich: in die Verwaltungsverfahrensgesetze des Bundes und der Länder, zu integrieren108 sind, oder ob sich aufgrund ihrer eigenartigen Stellung zwischen öffent104 Zu ihnen auch Schuppert, Grundzüge eines zu entwickelnden Verwaltungskooperationsrechts, 2001, S. 13. 105 Für die Aufnahme einer klarstellenden Regelung bzgl. der Zulässigkeit informellen Verwaltungshandelns in das VwVfG im Kontext informeller PPP jüngst Becker, Rechtsrahmen für Public Private Partnership, ZRP 2002, 303 (305). 106 Tettinger, Public Private Partnership, Möglichkeiten und Grenzen – ein Sachstandsbericht, NWVBl. 2005, 1 (4). 107 Dazu unten Teil 8. 108 In diese Richtung einer großen Lösung im VwVfG gehen die Gutachten von Ziekow, Verwaltungskooperationsrecht (Public Private Partnership), Verankerung verwaltungsrechtlicher Kooperationsverhältnisse (Public Private Partnership) im Verwaltungsverfahrensgesetz, 2001 und Schuppert, Verwaltungskooperationsrecht (Public Private Partnership), Grundzüge eines zu entwickelnden Verwaltungskooperationsrechts, Regelungsbedarf und Handlungsoptionen eines Rechtsrahmens für Public Private Partnership, 2001. Eine Stellungnahme dazu findet sich in einer Mitteilung des Beirats Verwaltungsverfahrensrecht beim
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Teil 7: Die Rechtsstellung der Kooperationspartner
lichem und privatem Recht eine eigenständige Kodifikation empfiehlt. Der Erfolg und die Akzeptanz normativer Regelungen durch den Rechtsverkehr hängt nicht zuletzt von ihrer Fähigkeit ab, drohende Konfliktpotentiale zwischen den Beteiligten in angemessener Form und unter weitest gehender Wahrung der beiderseitigen Interessen einer Lösung zuzuführen. Um dies vorab gewährleisten zu können, gilt es die typischen Interessenlagen der Kooperationspartner zu analysieren. Besonders nahe liegend ist dabei eine typisierte Analyse der gängigsten Vertragsarten im Bereich öffentlich-privater Partnerschaften. Dabei kann das konkrete Vertragswerk aber nicht als abschließende Quelle der partikularen Interessen verstanden werden. Wie jeder andere Vertrag folgen auch die hier zu behandelnden Kooperationsverträge dem Konsensprinzip. D. h. gegenläufige Positionen können nur insoweit Berücksichtigung finden, als sich der jeweilige Vertragspartner darauf um des Vertrages willen einlässt. Zwar ist gegenwärtig bei den Beteiligten in Form der öffentlichen Verwaltung einerseits und eines privatwirtschaftlichen Unternehmens andererseits ein strukturelles Ungleichgewicht etwa analog eines Vertrages zwischen Unternehmer und Verbraucher nicht zu erkennen. Gleichwohl sind strukturelle Unterschiede in der Durchsetzungsfähigkeit zwischen den Vertragsbeteiligten im Rahmen einer gesetzlichen Regelung zu berücksichtigen und ggfs. auszugleichen.
I. Modelle ohne Außenwirkung Bei den im Folgenden zu untersuchenden Vertragstypen gilt es zunächst zwischen solchen mit und ohne Außenwirkung zu unterscheiden. Damit ist nicht der Umstand gemeint, dass die betreffende Kooperation zwischen der öffentlichen Verwaltung und Privatem überhaupt gegenüber der Allgemeinheit in Erscheinung tritt. Es ist vielmehr auch bei der Ausgestaltung des Vertragsverhältnisses darauf zu achten, inwiefern der Private im Rahmen der Kooperation gegenüber Dritten in die öffentliche Aufgabenverantwortung eintritt. Ist dies nicht der Fall, d. h. bleibt die Erfüllungsverantwortlichkeit auf das Innenverhältnis beschränkt, so steht naturgemäß ein deutlich weiteres vertragliches Regelungsinstrumentarium zur Verfügung. Derartige Vertragswerke sollen im folgenden kurz nachgezeichnet werden, wobei darauf hinzuweisen ist, dass es sich aufgrund der Vielgestaltigkeit und grds. Offenheit der Vertragspraxis109 letzten Endes nur um eine typisierende Darstellung handelt. Die hier zusammengestellte Auswahl stellt dabei nur eine Möglichkeit der Differenzierung dar. Zur kompakteren Darstellung der Vertragsmodelle wird vielerorts eine bewährte Abkürzungstechnik verwendet, die für jede Vertragsphase den jeweiligen engBundesinnenministerium, NVwZ 2002, 834 ff.; für eine behutsame Weiterentwicklung unter Einbettung einer Rahmenregelung als kleine Lösung in das VwVfG Bonk, Fortentwicklung des öffentlich-rechtlichen Vertrags unter besonderer Berücksichtigung der Public Private Partnerships, DVBl. 2004, 141 (149). 109 Gutachten im Namen des BMVBW, PPP im öffentlichen Hochbau, Bd. II, 2003, S. 3.
C. Das Innenverhältnis zwischen öffentlichem Verwaltungsträger und Privatem
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lischen Terminus zugrundelegt. Dabei kommt abermals die Herkunft der Public Private Partnership aus dem anglo-amerikanischen Rechtsraum zum Tragen. Entsprechend ergeben sich folgende Bezeichnungen für die vom Privaten zu erbringenden Leistungen: Design (D) für Planung, Build (B) für Bau, Finance (F) für Finanzierung, Own (O) für Eigentum, Operate (O) für Betrieb und Transfer (T) für Verwertung110. 1. Betreibermodelle Im Rahmen der sog. Betreibermodelle stellt der Private zunächst im Auftrag des öffentlichen Aufgabenträgers eine bauliche bzw. technische Anlage her bzw. saniert eine bestehende öffentliche Anlage, die zur Erfüllung der konkreten Aufgabe erforderlich ist. In einem zweiten Schritt übernimmt der private Investor darüber hinaus die betriebliche Leitung der gesamten Anlage, wobei er gegenüber den Nutzern nicht in eigenem, sondern im Namen des Aufgabenträgers – der Kommune, des Landkreises etc. – auftritt. In Abgrenzung zum Konzessionsmodell111 wird daher auch der Begriff des unselbständigen Betreibermodells verwandt112. Als Gegenleistung erhält der Private hierfür ein Betreiberentgelt, in das auch die Herstellungs- bzw. Sanierungskosten einkalkuliert sind. Diese Leistungen werden wiederum bei der Kalkulierung der öffentlich-rechtlichen Gebühren durch den öffentlichen Träger zugrunde gelegt. Diese Vertragswerke lassen sich daher als Betreiberverträge charakterisieren. 113 Ist die Betriebsführung durch den Privaten auf die wirtschaftlich schwierige Anlaufphase beschränkt, so wird auch die Bezeichnung Kurzzeit-Betreibermodell verwendet. Das Interesse der öffentlichen Hand liegt dann in erster Linie in der schlüsselfertigen Erstellung neuer bzw. Sanierung bestehender Anlagen114. Im Regelfall hat der private Kooperationspartner neben dem Betreiberentgelt auch ein Interesse daran, dem Aufgabenträger auf längere Sicht auch das Eigentum an der Anlage zu übertragen. Die konkrete Ausgestaltung des Eigentumsübergangs auf die öffentlich-rechtliche Körperschaft ist ein weiteres Differenzierungsmerkmal innerhalb der Betreibermodelle. Zu unterscheiden sind Erwerber- und Inhabermodelle sowie besondere Formen des Contracting.
110 Abkürzung nach Gutachten im Namen des BMVBW, PPP im öffentlichen Hochbau, Bd. II, 2003, S. 2. 111 Dazu weiter unten 7 C II 1. 112 So etwa Wolff / Bachof / Stober, Verwaltungsrecht III, 5. A., 2004, § 92 III 1 Rn. 26, S. 617. 113 Tettinger, Public Private Partnership, Möglichkeiten und Grenzen – ein Sachstandsbericht, NWVBl. 2005, 1 (3). 114 Tettinger, Public Private Partnership, Möglichkeiten und Grenzen – ein Sachstandsbericht, NWVBl. 2005, 1 (3).
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Teil 7: Die Rechtsstellung der Kooperationspartner
a) Erwerbermodell Zunächst bietet sich die Möglichkeit, den Verkauf der erstellten oder sanierten Anlage bereits beim Vertragsabschluss fest zu terminieren. Die Partner vereinbaren also schon zu Beginn des Vertrages den Erwerb durch die öffentlich-rechtliche Körperschaft. Der Aufgabenträger legt sich damit zugleich auf die Konditionen der Übernahme fest. Die vom Betreiber zu erbringenden Leistungen im Rahmen der Betriebsführung sind dann auf den Zeitraum zwischen (Wieder-)Herstellung der Anlage und der Übertragung an den Aufgabenträger beschränkt. Hierbei handelt es sich um eine besonders weit verbreitete Form öffentlich-privater Kooperationen115. Das Erwerbermodell findet vor allem dort Anwendung, wo Anlagen gänzlich neu hergestellt werden müssen oder aber die haushaltsrechtliche Lage des Aufgabenträgers bereits derartigen Investitionsstaus geführt hat, dass zur Aufrechterhaltung einer ordnungsgemäßen Aufgabenerfüllung erhebliche Investitionsmaßnahmen erforderlich sind. So sind etwa alle leitungsbezogenen Infrastrukturen wie etwa im Bereich von Trinkwasserversorgung und Abwasserentsorgung taugliche Anwendungsbereiche des Betreibermodells. Zivilrechtlich ist dieses Vertragsmodell am ehesten als Werklieferungsvertrag gem. §§ 631 ff., 651 BGB mit dienstvertraglichen Elementen, §§ 611 ff. BGB zu qualifizieren116. Im Rahmen dieses Modells übernimmt der Private sowohl die Bauherreneigenschaft als auch die Betreiberfunktion. Er trägt so das wirtschaftliche Risiko des gesamten Vorhabens117. Üblicherweise werden dabei Laufzeiten zwischen 20 und 30 Jahren unter den Vertragsparteien vereinbart118. In diesem Zeitraum verbleibt das Eigentum beim privaten Investor. Während der Vertragslaufzeit ist der Vertrag regelmäßig nicht kündbar. Dies hängt v. a. mit den erheblichen Anfangsinvestitionen des Investors zusammen, die sich erst im Laufe der Betriebsphase amortisieren. Jedoch wird die Einräumung eines Teilkündigungsrechts bzgl. bestimmter Betriebspflichten unter entsprechender Anpassung des Entgeltes nahe gelegt119. 115 Zur Verbreitung dieses Modells vgl. Trinkwasserversorgung und Abwasserentsorgung, Leitfaden zur Einbeziehung Privater in die kommunale Trinkwasserversorgung und Abwasserentsorgung des BMVBW sowie Sinz, in: Budäus / Eichhorn (Hrsg.), Public Private Partnership, 1997, S. 185 f. 116 Anders hingegen das Gutachten der Beratergruppe „PPP im öffentlichen Hochbau“, in dem eine Zuordnung zu den Vertragstypen je nach Phase des Kooperationsvertrages vorgenommen wird, Gutachten im Namen des BMVBW, PPP im öffentlichen Hochbau, Bd. II, 2003, S. 88 ff. Damit wird aber ein einheitlicher wirtschaftlicher Sachverhalt einer unnatürlichen Zersplitterung zugeführt. Die notwendige Einheitlichkeit des Vertrages wird schon durch die notwendige Mischkalkulation des Bertreibers deutlich, der in jeder Vertragsphase auch die anfänglichen Herstellungs- bzw. Sanierungskosten zu berücksichtigen hat. 117 Bauer, Gestaltung von Kooperationsverträgen bei Public Private Partnership, DÖV 1998, 89 (91). 118 Gutachten im Namen des BMVBW, PPP im öffentlichen Hochbau, Bd. II, 2003, S. 81. 119 Gutachten im Namen des BMVBW, PPP im öffentlichen Hochbau, Bd. II, 2003, S. 81 f.
C. Das Innenverhältnis zwischen öffentlichem Verwaltungsträger und Privatem
203
Bei der Verwertung der Anlage im Wege der Eigentumsübertragung bzw. beim Erlöschen des Erbbaurechts fallen für den öffentlichen Haushalt insofern keine zusätzlichen Belastungen an, als die Herstellungs- bzw. Sanierungskosten in die Entgeltkalkulation Eingang gefunden haben. Damit der Aufgabenträger am Ende der Vertragslaufzeit eine betriebsbereite Anlage erhält, sollte bereits zu Beginn des Vertragsverhältnisses ein vom Betreiber sicherzustellender Zustand der Gesamtanlage verbindlich vereinbart werden.
b) Inhabermodell Außerdem ist denkbar, dass die zu sanierenden Anlagen bzw. die betreffenden Grundstücke, auf denen die Neuerrichtung von Anlagen erfolgen soll, sich bereits im Eigentum der öffentlichen Hand befinden. In diesem Fall fließen sämtliche Leistungen bereits aufgrund des gesetzlichen Eigentumsübergangs gem. §§ 94, 946 BGB dem Vermögen der öffentlichen Hand zu. Infolgedessen erfolgt lediglich bei Vertragsbeginn eine Überlassung der Anlage an den privaten Partner, der als bloßer Inhaber diese saniert und instand hält. Damit entfällt bei der Berechnung der Gegenleistung das Entgelt für die Eigentumsübertragung an die öffentliche Hand, was das Transaktionsvolumen erheblich verringert. Aufgrund der darauf beruhenden schnelleren Amortisation der Investitionskosten werden bei Zugrundelegung dieses Modell üblicherweise nur Laufzeiten von 15 bis 20 Jahren vereinbart120. c) Sonderform des Contracting Eine nochmals kürzere Laufzeit von lediglich 5 bis 15 Jahren weist demgegenüber das Vertragsmodell des sog. Contracting121 auf. Es zeigt eine enge Verwandtschaft zu den herkömmlichen Formen des öffentlichen Beschaffungswesens auf. Im Unterschied zu diesen enthält es jedoch weitergehende dienstleistende Elemente. Im Regelfall wird daher auf das Contractingmodell bei der Beschaffung komplexer technischer Anlagen zurückgegriffen, die einen nicht unerheblichen Wartungsaufwand erfordern. Beispielhaft können hier Softwarelösungen für die öffentliche Verwaltung genannt werden. Handelt es sich dagegen um den Einbau technischer Anlagen in bestehende Einrichtungen der öffentlichen Hand, so werden sie als sog. Scheinbestandteile gem. § 95 BGB nicht zugleich Eigentum des Fiskus. Daher steht eine Eigentumsübertragung i. R. d. Vertragslaufzeit oder an deren Ende im Belieben der Vertragsparteien. Aufgrund der punktuellen Gutachten im Namen des BMVBW, PPP im öffentlichen Hochbau, Bd. II, 2003, S. 116 f. Zu diesem Begriff wurde bereits i.R.d. der Privatisierungsarten Stellung genommen, wobei er als Unterform funktionaler Privatisierung klassifiziert werden konnte, siehe oben Teil 4, B. II. Allgemein zum Contracting Denzinger, Mit Contracting aus dem Investitionsstau, Stadt und Gemeinde 2004, 393 ff. und Gutachten im Namen des BMVBW, PPP im öffentlichen Hochbau, Bd. II, 2003, S. 114 ff. 120 121
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Teil 7: Die Rechtsstellung der Kooperationspartner
Beschränkung des Vertragsgegenstands mit entsprechend schneller Amortisation und der Kurzlebigkeit technischer Innovationen sind die kurzen Vertragslaufzeiten gerechtfertigt. 2. Betriebsführungsmodell Anders als das Betreibermodell stellt sich das Betriebsführungsmodell dar. Dies betrifft v. a. die inhaltlichen Verpflichtungen des Privaten, die sich in – wenn auch komplexen – Dienstleistungen erschöpfen. Wie die Bezeichnung nahe legt, beschränken sich diese auf die betriebliche Leitung einer vom Aufgabenträger bereitzustellenden Anlage. Entsprechend beruht die Entgeltkalkulation gegenüber dem öffentlichen Partner allein auf den hierdurch entstehenden Kosten. Für die Instandhaltung zeichnet allein der Aufgabenträger verantwortlich. Aus diesem Grund bietet sich dieses Modell vor allem dort an, wo die rein öffentliche Aufgabenwahrnehmung sich etwa aufgrund des öffentlichen Dienstrechts als besonders personalund damit besonders kostenintensiv darstellt. Aber auch die Möglichkeit eines flexibleren Personaleinsatzes durch den privaten Unternehmer kann ein Motiv für die Wahl des Betriebsführungsmodells sein.
3. Betriebsüberlassungsmodell Zwischen dem Betreiber- und dem Betriebsführungsmodell ist das sog. Betriebsüberlassungsmodell angesiedelt. Zwar hat der Private hier kein Recht grundlegende Sanierungen bzw. den Neubau von Einrichtungen zu veranlassen. Er hat aber über die reine Betriebsführung hinaus erweiterte Entscheidungsspielräume i. R. d. laufenden Betriebs122.
4. Finanzierungsmodelle Des Weiteren existieren Modelle, bei denen sich der Beitrag des privaten Partners funktional auf die Finanzierung der Anlage beschränkt. Er ist also weder i. R. d. Herstellung noch des Betriebs beteiligt. Zu nennen sind v. a. das Leasingund das Vermietungsmodell. a) Leasingmodell Eine Möglichkeit zur Drittfinanzierung von Anlagen zur Erfüllung öffentlicher Aufgaben ergibt sich durch das sog. Leasingmodell, das sich auch der Bezeichnung 122 Tettinger, Public Private Partnership, Möglichkeiten und Grenzen – ein Sachstandsbericht, NWVBl. 2005, 1 ff. (3).
C. Das Innenverhältnis zwischen öffentlichem Verwaltungsträger und Privatem
205
Public Finance Initiative (PFI)123 erfreut. Anders als beim Erwerbermodell wird zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses noch keine verbindliche Übernahme der Anlage durch den Aufgabenträger vereinbart. Stattdessen wird diesem lediglich ein Übernahmerecht zum kalkulierten Restwert der Anlage eingeräumt. Alternativ wird der Verwaltung auch eine Verlängerungsoption eingeräumt. Während der Laufzeit des Vertrages führt sie die Anlage selbst. Fällt die Entscheidung am Ende sowohl gegen eine Übernahme als auch gegen eine Verlängerung, so ist der öffentliche Partner zur Räumung des Objektes verpflichtet. Auf derartige Verträge sind nach zivilrechtlichen Kriterien in erster Linie die mietrechtlichen Vorschriften der §§ 535 ff. BGB mit der Modifikation des werkvertraglichen Leistungsstörungsrechts bzgl. der vom Leasinggeber an den Leasingnehmer abgetretenen Gewährleistungsansprüche anwendbar124. Grds. ist auch denkbar, dass der Aufgabenträger zur Deckung aktueller Haushaltsdefizite die betreffende Anlage zunächst an den privaten Leasinggeber verkauft, um sie darauf von ihm zu leasen, sog. Sale-and-lease-back – Verfahren. Eine besondere Spielart des Leasingverfahrens ist das in jüngerer Zeit heftig diskutierte Cross-Border-Leasing kommunaler Einrichtungen125. Eine weitere Form des Leasingmodells ist zudem das sog. Fondsleasing bei dem zwischen dem privaten Leasinggeber und der öffentlichen Hand eine Objektgesellschaft zwischengeschaltet wird126. b) Vermietungsmodell Ähnlich ausgestaltet ist auch das sog. Vermietungsmodell. Jedoch unterbleibt jede Vereinbarung über einen späteren Erwerb der Anlage durch die öffentliche Hand. Insbesondere der Kaufpreis bleibt den späteren Verhandlungen am Vertrags123 Zu dem Begriff der PFI in Abgrenzung zu PPP insbesondere Bonk, in: Stelkens / Bonk / Sachs (Hrsg.), Verwaltungsverfahrensgesetz, 6. A., 2001, § 54 Rn. 43b. 124 Gutachten im Namen des BMVBW, PPP im öffentlichen Hochbau, Bd. II, 2003, S. 104 ff. 125 Dedy / Güpner, Die etwas andere Finanzierungsform, Cross-Border-Leasing in Kommunen, Stadt und Gemeinde 2004, 78 ff.; Pegatzky, Cross-Border-Leasing und staatliche Zuwendungen, NJW 2004, 324 ff.; Thormann, Zur aktuellen Diskussion um das Cross-BorderLease: Risiken, Verwendung des Barwertvorteils und Möglichkeiten eines Verbots, BayVBl. 2004, 424 ff.; Kempmann, Weder Teufelszeug noch Allheilmittel, Cross-Border-Leasing ist legal und legitim, Der Städtetag 2003, 26 ff.; Waschki, Verwendung von Einnahmen aus Cross-Border-Leasing-Geschäften, KPBl. 2004, 59 ff.; Jordans / Roser, Aktuelle Aspekte des US-Cross-Border-Leasing, KommJur 2004, 208 ff.; Schmid, Gemeindewirtschaftliche Aspekte des Cross-Border-Leasing, Die Kommunalverwaltung 2004, H. 8, Beilage Brandenburg B17; Stopp / Bieneck, Gewinne aus Cross-Border-Leasing-Transaktionen dürfen in den allgemeinen Gemeindehaushalt eingestellt werden, LKV 2004. 540 ff.; Bossert / Träris, CrossBorder-Lease-Finanzierung, des Heizkraftwerkes der DREWAG-Stadtwerke Dresden GmbH – ein Erfahrungsbericht, LKV 2004, 112 ff. 126 Hufnagel / Dahlhoff, Leasing: Sonderform der komm. Außenfinanzierung, VR 2002, 50 ff.
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Teil 7: Die Rechtsstellung der Kooperationspartner
ende überlassen. Scheitert ein solcher Erwerb, ist die Verwaltung wiederum zur Räumung des Objektes verpflichtet. Auf dieses Vertragsmodell findet ausschließlich Mietvertragsrecht Anwendung127.
c) Weitere Finanzierungsmodelle Darüber hinaus lassen sich noch weitere Vertragsmodelle beschreiben, die wie die beiden vorgenannten eine starke Affinität zu bekannten zivilrechtlichen Formen der Kreditfinanzierung größerer Projekte aufweisen. Da die Dauerhaftigkeit dieser Finanzpartnerschaften ebenfalls eine Form öffentlich-privater Kooperation darstellen können, sollen sie an dieser Stelle kurz aufgezählt werden128. Als Gegenstück ist v. a. der klassische Kommunalkredit als Alternative zu öffentlichprivaten Partnerschaften zu bedenken, der durch die Selbstverwaltungskörperschaften auf dem Kapitalmarkt in Anspruch genommen wird. Demgegenüber ist denkbar, dass sich der Verwaltungsträger zur Aufbringung des notwendigen Kapitals eines (Immobilien-)Fonds bedient, dessen Anteile ihrerseits von privaten Anlegern gehalten werden. Zur Finanzierung von bestehenden Public Private Partnership kann sich der private Partner schließlich auch des sog. Factoring129 bzw. der Forfaitierung130 bzgl. der gegenüber dem öffentlichen Partner entstandenen Forderungen bedienen. Durch diese (vereinbarte) Form der Refinanzierung lassen sich Barwertvorteile realisieren, die die Partnerschaft insgesamt für den Privaten attraktiver erscheinen lassen. Letzten Endes weisen derartige Formen der Finanzierung aber nur mittelbar einen Bezug zur Aufgabenerfüllung auf. Mit der Beschränkung auf den – wenngleich wesentlichen – Finanzierungsaspekt verlieren sie in dem hier aktuellen Kontext ihre Bedeutung, weshalb auf derartige Finanzpartnerschaften nicht weiter eingegangen werden soll.
II. Modelle mit Außenwirkung Daneben existieren Vertragsmodelle bei denen der exponierten Stellung des Privaten Rechnung getragen werden muss. Es handelt sich dabei um Partnerschaften, bei denen dieser auch gegenüber Dritten die Verantwortlichkeit für einen Teil der Gutachten im Namen des BMVBW, PPP im öffentlichen Hochbau, Bd. II, 2003, S. 112 f. Eine kurze Auflistung von Finanzierungsmodellen findet sich auch bei Tettinger, Public Private Partnership, Möglichkeiten und Grenzen – ein Sachstandsbericht, NWVBl. 2005, 1 (3). 129 Das Factoring ist ein gemischter verkehrstypischer Vertrag, in dem der Kauf von ( . . . ) Forderungen durch eine Bank o.ä. gegen sofortige Wertstellung oder Kreditierung mit der Übernahme von Dienstleistungspflichten (insbes. Kundenbuchhaltung, Beitreibung von Forderungen) kombiniert ist. Vgl. Creifelds Rechtswörterbuch, 16. A., 2000. 130 Unter Forfaitierung versteht man den Ankauf von Forderungen und deren Abtretung unter Verzicht auf eine Rückgriffsmöglichkeit gegen den bisherigen Forderungsinhaber. Vgl. Creifelds Rechtswörterbuch, 16. A., 2000. 127 128
C. Das Innenverhältnis zwischen öffentlichem Verwaltungsträger und Privatem
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Aufgabenerfüllung übernimmt und daher zu ihnen in eine unmittelbare Rechtsbeziehung tritt. 1. Konzessionsmodell Die Grundform einer derartigen Kooperation zwischen öffentlicher Verwaltung und privaten Unternehmen ist die sog. Konzession. Typische Fälle von Konzessionsmodellen finden sich im Fernstraßenbau, einem Sachbereich der schon aufgrund der hohen Investitionskosten eine Vorreiterrolle in der Beteiligung Privater an der Erfüllung öffentlicher Aufgaben einnimmt. Bei dem Konzessionsmodell verpflichtet sich der Private gegenüber der öffentlichen Hand, die Erfüllung einer öffentlichen (Teil-)Aufgabe in eigener Verantwortung und auf eigenes (wirtschaftliches) Risiko wahrzunehmen131. Dass die Aufgabe dadurch ihren Charakter als öffentliche Aufgabe nicht verliert, konnte bereits festgestellt werden132. Zumeist handelt es sich zumeist nur um Teilbereiche einer umfassenderen öffentlichen Aufgabe. Der Unternehmer übernimmt dabei nicht nur das wirtschaftliche Risiko der Unternehmung, sondern auch die rechtliche Außenverantwortung für deren Erledigung. Je nach Art der übertragenen Teilaufgabe kann weiter zwischen Sach- und Dienstleistungskonzessionen unterschieden werden. Gleichwohl finden sich in der Praxis gemischte Konzessionsmodelle am häufigsten. Bei ihnen wird der durch Ausschreibung ermittelte Private zunächst mit der Herstellung und / oder Sanierung einer bestehenden Anlage beauftragt (Sachkonzession). Alsdann führt er den Betrieb der Anlage mit eigenen sachlichen und persönlichen Mitteln selbst oder durch Subunternehmer aus (Dienstleistungskonzession). Spätestens i. R. dieser zweiten Phase tritt der Private zu den Benutzern der Anlage in ein eigenständiges Rechtsverhältnis. In diesem Rahmen hat der Private nicht lediglich die Pflicht zur Aufgabenerfüllung, sondern darüber hinaus auch das Recht bestimmte festgelegte Gegenleistungen fordern zu dürfen. In den meisten Fällen wird es sich dabei um die Refinanzierung durch Erhebung eines Entgelts handeln133. Anders als in den vorstehenden Beispielen trägt die Finanzierungslast letzten Endes also nicht die öffentliche Hand, sondern der Benutzer. Inwiefern der Private darüber hinaus seinerseits eine Konzessionsgebühr an die öffentliche Verwaltung zu zahlen hat, ist der konkreten Vertragsgestaltung vorbehalten. Das Konzessionsmodell schließt derartige Zahlungen jedenfalls nicht von vornherein aus134. 131 Nach einer Mitteilung der Kommission v. 23. 04. 2003 zeichnen sich Konzessionssysteme dadurch aus, der private Investor den Hauptteil der Risiken trägt und eine aktive Nachfragesteuerung betreiben kann, Mitteilung der Kommission v. 23. 04. 2003 zum Ausbau des transeuropäischen Verkehrsnetzes: Neue Formen der Finanzierung – Interoperable Mautsysteme, KOM(2003) 132 endg., S. 18. 132 Siehe oben Teil 1, A. II. 133 In dieser Umstellung von der herkömmlichen Haushaltsfinanzierung auf eine Nutzerfinanzierung liegt der wesentliche Kern einer Privatisierung, Wolff / Bachof / Stober, Verwaltungsrecht III, 5. A., 2004, § 92 III 1 Rn. 27, S. 617 f.; Gutachten im Namen des BMVBW, PPP im öffentlichen Hochbau, Bd. II, 2003, S. 11 und 133 ff.
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Teil 7: Die Rechtsstellung der Kooperationspartner
In der fehlenden finanziellen Belastung der öffentlichen Haushalte liegt zum einen ein erhebliches Motiv zur umfangreichen Konzessionierung Privater mit der Erledigung öffentlicher Aufgaben. Zum anderen liegt darin aber auch ein erheblicher Unsicherheitsfaktor auf der Seite des privaten Partners. Er trägt – anders als in den vorangegangenen Modellen – nicht nur das Herstellungs- und Unterhaltungs-, sondern auch das Refinanzierungsrisiko durch den Endnutzer135. Das Konzessionsmodell wird daher nur dort Einsatz finden, wo mit einem entsprechenden Nutzungsvolumen gerechnet werden kann bzw. eine Amortisation der Investitionskosten während der Vertragslaufzeit sichergestellt erscheint. Hierin zeichnet sich das Konfliktpotential zwischen öffentlichem Versorgungsauftrag und privatem Interesse an einer Ertragsmaximierung ab. Um eine Verlagerung im Wege der Konzession auch in Fällen zu ermöglichen, in denen die Refinanzierung fraglich erscheint, wird daher seitens der öffentlichen Hand zu Anschubfinanzierungen, Abschlusszahlungen und Nutzungsausfallgarantien gegriffen, was subventionsrechtliche Fragen aufwirft. Hinsichtlich der benutzerbezogenen Finanzierung ist denkbar, dass dem Privaten das Recht eingeräumt wird, die durch die öffentliche Hand erhobenen Benutzungsgebühren an sich abführen zu lassen (sog. A-Modell)136 oder diese unmittelbar selbst zu erheben (sog. F-Modell)137. Im ersten Fall nimmt die öffentliche Verwaltung lediglich die Funktion einer Zahlstelle ein, in dem sie dem Privaten ihren Verwaltungsapparat zur Gebührenerhebung zur Verfügung stellt. Gleichwohl sind auch solche Konstellationen als Konzessionsmodelle zu kennzeichnen. Denn gleichwohl der private Unternehmer nicht i. R. d. Entgelterhebung nach außen in Erscheinung tritt, so tut er dies doch in ganz erheblichem Maße bei der Aufgabenerledigung138. 134 Gutachten im Namen des BMVBW, PPP im öffentlichen Hochbau, Bd. II, 2003, S. 134 (Fn. 184). 135 Gutachten im Namen des BMVBW, PPP im öffentlichen Hochbau, Bd. II, 2003, S. 134. 136 Ein solches Dreiecksverhältnis liegt dem Autobahnmautgesetz (Gesetz zur Einführung von streckenbezogenen Gebühren für die Benutzung von Bundesautobahnen mit schweren Nutzfahrzeugen, AMG) zugrunde. Nach § 4 Abs. 2 S. 1 AMG wird die Maut durch einen privaten Betreiber erhoben und ist nach Abs. 1 an das Bundesamt für Güterverkehr zu entrichten. § 11 S. 1 AMG stellt ausdrücklich fest, dass das Mautaufkommen dem Bund zusteht. Erst S. 2 bestimmt, dass das Entgelt des Anlagenbetreibers gem. § 4 Abs. 2 S. 1 aus diesem Aufkommen zu leisten ist. 137 So sieht z. B. § 2 Abs. 1 FStrPrivFinG i. d. F. der Bekanntmachung der Neufassung vom 20. 01. 2003, BGBl. I S. 99 die Möglichkeit vor, dass die Landesregierungen bzw. die oberste Landestraßenbaubehörde durch Rechtsverordnung Private mit der Befugnis zur Erhebung von Mautgebühren für einen bestimmten Fernstraßenabschnitt beleihen. 138 So tritt der Private i. R. d. des AMG schon aufgrund der erforderlichen Datenerhebung gem. § 4 Abs. 2 S. 2 und der Löschungspflicht gem. § 9 Abs. 1 S. 1 in einem datenschutzrechtlich sensiblen Rechtsverhältnis zum Autobahnbenutzer. Abzulehnen ist daher die Einschätzung Roths, nach der dieses A-Modell den Betreibermodellen zuzurechen sei; Roth, Erstes Betreibermodell für den privaten Ausbau und Betrieb von Autobahnen in Deutschland, NVwZ 2003, 1056 (1057).
C. Das Innenverhältnis zwischen öffentlichem Verwaltungsträger und Privatem
209
In beiden Fällen besteht zwischen dem Privaten und dem Bürger ein als öffentlich-rechtlich zu qualifizierendes Rechtsverhältnis139. Die Qualifizierung dieses Verhältnisses als privatrechtlich setzte voraus, dass die Aufgabe als solche privatisiert werden kann (sog. Aufgabenprivatisierung). Dies ist in den Fällen einer (bloßen) Beteiligung Privater an der Erledigung öffentlicher Aufgaben aufgrund vielfältiger rechtlicher Vorgaben häufig nicht möglich bzw. politisch nicht gewollt. Lassen bzw. sollen aber nur funktionale Aspekte der Aufgabenerfüllung privatisiert werden, so müssen alle Rechtsverhältnisse, die dabei mit Dritten zur Entstehung gelangen als öffentlich-rechtlich qualifiziert werden. Anderenfalls entstünde eine unter rechtsstaatlichen Gesichtspunkten bedenkliche Aufspaltung eines einheitlichen Lebenssachverhalts. In diesem Zusammenhang ist auf das im Bereich der Organisationsprivatisierung akute Problem der sog. Zwei-Stufen-Theorie hinzuweisen, die in jüngerer Zeit unter heftige Kritik geraten ist140. Dieser Einschätzung steht auch nicht entgegen, dass nahezu alle hier besprochenen Kooperationsmodelle im Verhältnis zwischen den beteiligten Partnern als zivilrechtliche Verträge qualifiziert werden141. Insofern gilt es zwischen der rechtlichen Ausgestaltung des Innenverhältnisses unter den Vertragsparteien und den Beziehungen zu Dritten zu unterscheiden. Der Übergang der Aufgabenverantwortlichkeit als öffentlich-rechtliches Element auf den Privaten ist erst die Rechtsfolge des dahingehenden Vertrages. Besonders deutlich wird der Unterschied im Vergleich zum öffentlich-rechtlichen Vertrag nach den §§ 54 ff. VwVfG. Dieser setzt das Vorliegen von Rechtsverhältnissen auf dem Gebiet des öffentlichen Rechts voraus. Nicht ausreichend ist es, wenn ihre Begründung durch den Vertrag erst ermöglicht werden soll. Ohne die hier in Frage stehenden Konzessionsverträge wäre aber kein Privater zur Erfüllung von Verwaltungsaufgaben gegenüber Dritten verpflichtet. Auch ist es der Verwaltung nicht überall möglich, den Privaten durch Verwaltungsakt zur Aufgabenerfüllung heranzuziehen, wie es dem subordinationsrechtlichen öffentlich-rechtlichen Vertrag entspräche. Die Partner stehen daher gleichgeordnet gegenüber und schließen daher zivilrechtliche Verträge. 2. Beteiligungsmodell Den stärksten Grad an Institutionalisierung erreichen schließlich diejenigen öffentlich-privaten Partnerschaften, bei denen sich die Beteiligten in einer neu zu gründenden Gesellschaft zusammenschließen. In diesem Zusammenhang spricht 139 Abweichend das Gutachten im Namen des BMVBW, PPP im öffentlichen Hochbau, Bd. II, 2003, S. 137, danach soll von einem öffentlich-rechtlichen Verhältnis zwischen Konzessionär und Dritten nur auszugehen sein, wenn das Recht zur unmittelbaren Entgelterhebung auf einer Beleihung beruht. 140 Vgl. nur P. Stelkens / U. Stelkens, in: Stelkens / Bonk / Sachs (Hrsg.), VwVfG, § 35 Rn. 69a f. m. w. N. 141 Für das Kooperationsmodell vgl. das Gutachten im Namen des BMVBW, PPP im öffentlichen Hochbau, Bd. II, 2003, S. 137.
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Teil 7: Die Rechtsstellung der Kooperationspartner
man von sog. gemischtwirtschaftlichen Unternehmen142. Diese lassen sich der hier verwendeten Terminologie folgend auch als sog. Beteiligungsmodelle bezeichnen143. Bei ihnen ist seit langem umstritten, inwiefern bei dieser Form gesellschaftsrechtlicher PPP die Grundrechtsbindung des öffentlichen Partners in diese nach wirtschaftlichen Maßstäben operierende Organisationsform hineinwirkt144. Besonders häufig ist diese Form öffentlicher Aufgabenerfüllung auf dem Gebiet der kommunalen wirtschaftlichen Betätigung anzutreffen. Dabei enthalten die meisten Gemeindeordnungen entsprechende Vorschriften145 und Kautelen unter denen eine Beteiligung der Kommunen an privatrechtlich organisierten Unternehmen zulässig ist146. Die Besonderheit dieses Vertragsmodells liegt weniger in einer Andersartigkeit gegenüber den vorangegangenen Ausprägungen praktizierter Kooperationen, sondern in der Institutionalisierung des vertraglichen Bündnisses. Dabei spitzen sich die bereits dargestellten Konfliktpotentiale unter der Geltung des zivilrechtlich konzipierten Gesellschaftsrechts zu147. Andere Fragen sind dagegen leichter zu beantworten. So stellt sich etwa nicht im gleichen Maße die Frage nach der Rechtsnatur des zwischen den Vertragsparteien geschlossenen Vertrages. Da dieser auf die Bildung einer Gesellschaft gerichtet ist, wobei eine Partei notwendig kein Träger öffentlicher Gewalt ist, muss es sich hierbei um einen zivilrechtlich zu beurteilenden Gesellschaftsvertrag handeln. Denn die Beteiligung an einer Gesellschaft des öffentlichen Rechts ist einem Privatrechtssubjekt nicht möglich. Damit ist aber nur dem Grunde nach festgestellt, dass auch diese Form öffentlich-rechtlicher Partnerschaft privatrechtlich zu beurteilen ist. Inwiefern derartige 142 Dazu Püttner, in: Ahrens (Hrsg.), Gemischtwirtschaftlichkeit und öffentliche Aufgabe, 1988, S. 18 ff.; Becker, Die Erfüllung öffentlicher Aufgaben durch gemischtwirtschaftliche Unternehmen, 1997; Kleespies, Police Private Partnership, Recht öffentlicher Aufgabenwahrnehmung durch gemischtwirtschaftliche Unternehmen, 2003. 143 So auch Wolff / Bachof / Stober, Verwaltungsrecht III, 5. A., 2005, § 92 III 1 Rn. 29, S. 618 f. 144 Koppensteiner, Zur Grundrechtsfähigkeit gemischtwirtschaftlicher Unternehmen, NJW 1990, 3105 ff. 145 So stellt beispielsweise § 101 Abs. 3 Nr. 3 GO Bbg. klar, dass die Vorschriften der §§ 100 ff. bzgl. der wirtschaftlichen Betätigung auch auf die Beteiligungen an Gesellschaften als Unternehmen i. S. d. § 101 Anwendung finden. 146 Bzgl. der Rechtslage in Brandenburg finden diese sich in § 102 BbgGO. 147 Dazu Brenner, Gesellschaftsrechtliche Ingerenzmöglichkeiten von Kommunen auf privatrechtlich ausgestaltete kommunale Unternehmen, AöR 127 (2002), 222 ff.; Gundlach / Frenzel / Schmidt, Das kommunale Aufsichtsratsmitglied im Spannungsfeld zwischen öffentlichem Recht und Gesellschaftsrecht, LKV 2001, 246 ff.; Habersack, Public private partnership: Gemeinschaftsunternehmen zwischen Privaten und der öffentlichen Hand, ZGR 25 (1996), 544 ff.; Keßler, Die kommunale GmbH, GmbHR 2000, 71 ff.; Lutter / Grunewald, Öffentliches Haushaltsrecht und privates Gesellschaftsrecht, WM 1984, 385 ff.; Püttner, Die Vertretung der Gemeinden in wirtschaftlichen Unternehmen, DVBl. 1986, 748 ff. und Schön, Der Einfluß öffentlich-rechtlicher Zielsetzungen auf das Statut privatrechtlicher Eigengesellschaften der öffentlichen Hand, ZGR 25 (1996), 429 ff.
C. Das Innenverhältnis zwischen öffentlichem Verwaltungsträger und Privatem
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Kooperationen aufgrund des erheblichen Potentials an möglichen Interessenkonflikten zwischen den Gesellschaftern eines gesonderten Rechtsregimes bedürfen, ist noch nicht abschließend geklärt. Bei seiner Entwicklung ist den wirtschaftlichen Interessen der Beteiligten Rechnung zu tragen. Am Ende der wissenschaftlichen Debatte könnte dabei ein dem bekannten privatrechtlichen Gesellschaftsrecht verwandtes „Verwaltungsgesellschaftsrecht“ 148 stehen, welches die bestehenden Bindungen und Verpflichtungen der öffentlichen Hand aufnimmt und in einen einheitlichen Kontext einbettet. Legt man daher die §§ 705 ff. BGB als Grundmodell diesen Vertragswerken zugrunde, so ist festzustellen, dass die Kooperationspartner einen gemeinsamen Zweck verfolgen müssen. Dieser liegt im Fall gemischtwirtschaftlicher Unternehmen in der Erfüllung der konkreten öffentlichen Aufgabe. Dass auf der Seite des privaten Partners auch ein Gewinnstreben hinzutritt, wohingegen es bei der öffentlichen Verwaltung in erster Linie bei dem vorrangigen Interesse einer sachgemäßen Aufgabenerfüllung verbleibt, ist dabei unschädlich. Anknüpfend an den im Einzelfall verfolgten gemeinsamen Zweck lassen sich sog. Netzwerk-, Projektoder Leistungsgesellschaften unterscheiden. In der Praxis sind die Grenzen freilich fließend. Netzwerkgesellschaften dienen den Beteiligten in erster zur Schaffung fester Foren zum gegenseitigen Gedankenaustausch und zur Entwicklung gemeinsamer Strategien. Da sie zumeist einen globalen Ansatz verfolgen, verbleiben sie zugunsten größerer Flexibilität im eher informellen Rahmen. Ein Beispiel für eine derartige Netzwerkgesellschaft ist etwa die Initiative D21149. Einen enger umrissenen Zweck verfolgen dagegen die Projektgesellschaften, die sich zur Realisierung ganz bestimmter Einzelvorhaben etwa im Bereich des Hoch- und Tiefbaus zusammenfinden. So geschehen etwa im Fall des Monheimer Schulprojekts150. Leistungsgesellschaften schließlich sind Zusammenschlüsse von Leistungsträgern, die im Bereich der Daseinsvorsorge dauerhaft tätig sind. Exemplarisch können hier die zahlreichen Partnerschaften im Bereich der Trinkwasserver- und Abwasserentsorgung genannt werden. Problematisch ist zudem die Einordnung gesellschaftsrechtlicher PPP in die Systematik der Privatisierungsarten. Während bei den vorangegangenen Modellen die Trennung von Aufgabenträgerschaft und (partieller) Erfüllungsverantwortung 148 Dafür Krebs, in: Schmidt-Aßmann / Hoffmann-Riem (Hrsg.), Verwaltungsorganisationsrecht als Steuerungsressource, 1997, 339 ff.; ferner Becker, Verwaltungsprivatrecht und Verwaltungsgesellschaftsrecht, 1994; von Danwitz, Vom Verwaltungsprivat- zum Verwaltungsgesellschaftsrecht, AöR 120 (1995), 595 ff.; Kraft, Das Verwaltungsgesellschaftsrecht, 1982; Mann, Kritik am Konzept des Verwaltungsgesellschaftsrechts, Die Verwaltung 35 (2002), 463 ff. 149 Bei der Initiative D21 handelt es sich um einen eingetragenen Verein aus Mitgliedern aus Politik und Wirtschaft, der sich dem stärkeren Einsatz von Informations- und Kommunikationstechnologien in allen Bereichen der Gesellschaft verschrieben hat; vgl. http: // www.initiatived21.de. 150 Dazu oben Teil 3, C. VI.
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Teil 7: Die Rechtsstellung der Kooperationspartner
schon aufgrund der institutionellen Trennung von öffentlicher Hand und privatem Unternehmer eindeutig war, scheint die gemischte Gesellschaft einen neuartigen Typus darzustellen. An der bislang vorgenommenen Einordnung der hier erörterten Vertragsmodelle in den Bereich funktioneller Privatisierung ließe sich daher zweifeln, wenn man diese auch als Aufgabenträgerin betrachten würde. Da sie zugleich aufgrund der Beteiligung Privater als Gesellschaft des privaten Rechts qualifiziert werden muss, scheint ein Fall materieller Privatisierung vorzuliegen. Indes nehmen gemischtwirtschaftliche Unternehmen öffentliche Aufgaben nicht unmittelbar wahr. Sie tragen daher auch keine entsprechende Verantwortlichkeit. Die unmittelbare Erfüllung öffentlicher Aufgaben obliegt allein der öffentlichen Gewalt151. Werden sie im Wege materieller oder funktioneller Privatisierung auf private Rechtssubjekte delegiert, so erfolgt ihre Erledigung aus Sicht des Privaten als eigene Angelegenheit. Die öffentliche Aufgabe wird dann (lediglich) mittelbar erfüllt. Die Erledigung der öffentlichen Aufgabe ist quasi Reflex privater Aufgabenwahrnehmung. Versagt dieser – etwa weil die Gesellschaft ihren Verpflichtungen nicht oder nur unzureichend nachkommt – so aktualisiert sich die Verantwortung der Verwaltung. Daraus folgt auch, dass die Gesamtverantwortung für die Erfüllung der nach wie vor öffentlichen Aufgabe bei der öffentlichen Hand verbleibt152. Daher stehen auch die Beteiligungsmodelle in einem Sachzusammenhang mit funktionellen Privatisierungen, bei denen nicht Privatrechtssubjekte unmittelbare Aufgabenträger werden, sondern lediglich an der Erfüllung öffentlicher Aufgaben beteiligt werden.
D. Gesamtbetrachtung Abschließend ist festzustellen, dass die gegenwärtig praktizierten Formen öffentlich-privater Kooperationen im Bereich öffentlicher Aufgabenerfüllung vielfältiger Natur sind. Dabei bedient sich die Vertragspraxis überwiegend aus dem Privatrecht bekannter moderner Vertragstypen, was nicht von ungefähr auch auf die Fundierung des Kooperationsgedankens im zivilrechtlichen Konsensprinzip zurückzuführen ist. Daneben konnte auch festgestellt werden, dass die Dogmatik des Verwaltungsrechts, wenn auch zum großen Teil in nicht kodifizierter Form, eine ganze Palette von Modellen zur Einbeziehung Privater in die öffentliche Aufgabenerfüllung bereithält. Anknüpfend an diese Befunde stellt sich die Frage der Einordnung der praktizierten Kooperationsformen in die allgemein anerkannte Systematik der Privatisierungsarten. Dass man sich dabei einer automatisierten 151 In diesem Sinne auch Becker, Rechtsrahmen für Public Private Partnerships, ZRP 2002, 303 (306). 152 Besonders anschaulich ist dies, wenn § 16 Abs. 1 S. 2 KrW- / AbfG bestimmt, dass die Verantwortung der Entsorgungsträger für die Erfüllung ihrer Pflichten durch eine diesbezügliche Beauftragung Dritter, dies können auch gemischtwirtschaftliche Unternehmen sein, unberührt bleibt.
D. Gesamtbetrachtung
213
Gleichsetzung zu enthalten hat, wurde bereits mehrfach festgestellt. Gleichwohl bestehen notwendige Zusammenhänge zwischen den Kooperationsmodellen der Praxis und den Formen der Aufgabenverlagerung vom öffentlichen in den privaten Sektor. Im Zusammenhang mit den Privatisierungsarten stellen sich die gefundenen Vertragsmodelle dabei wie in der folgenden Übersicht (S. 214) dar. Schwieriger ist das Verhältnis der bekannten dogmatischen Figuren wie Beliehener und Verwaltungshelfer etc. zu diesen Modellen zu beurteilen. Da das Handeln des Verwaltungshelfers der öffentlichen Hand zuzurechnen ist, kommt sein Einsatz nur i. R. einer unmittelbaren Wahrnehmung öffentlicher Aufgaben durch den Staat in Frage. Der Beliehene dagegen erfüllt die ihm übertragenen Aufgaben in eigener Verantwortung als Bestandteil der mittelbaren Staatsverwaltung. Diese Form ist daher zunächst dem Bereich der mittelbaren Wahrnehmung öffentlicher Aufgaben durch Privatrechtssubjekte zuzuordnen. Jedoch gilt es zu beachten, dass hier zugleich hoheitliche Befugnisse übertragen werden, die dem Beliehenen ein öffentlich-rechtliches Tätigwerden ermöglichen. Die Beleihung ist aber immer nur punktuell angelegt und ergibt in keinem Fall eine vollständige Kongruenz mit dem übertragenen Aufgabenbereich. Daher kann die Beleihung auch nicht unter Verweis den entstehenden Behördenstatus des Adressaten als Form der Organisationsprivatisierung eingeordnet werden. Auch die Praxis zeigt, dass die Beleihung von Privatrechtssubjekten häufig Folge einer Privatisierung ist. Sie gehört daher zum Privatisierungsfolgenrecht, kann an der Einordnung des Privatisierungsvorgangs selbst aber nichts ändern. Als solches kommt sie aber auch im Anschluss an eine Organisationsprivatisierung in Frage, wenn die organisationsprivatisierte Handlungseinheit unter rechtsstaatlichen Gesichtspunkten punktuell des öffentlich-rechtlichen Handlungsinstrumentariums bedarf. Insofern lässt sich die Beleihung dann als rückwirkende Relativierung der Organisationsprivatisierung kennzeichnen. Was die anderen dogmatischen Formen des Einsatzes Privater anbelangt, so lassen sich diese in das vorstehende Schema nicht einordnen, da ihr Einsatz keine Form der Privatisierung darstellt. Ihre Existenz beruht in den meisten Fällen auf einer Vermeidung der Erweiterung des Staatsaufgabenbestandes. So werden im Fall des Beauftragten und der Indienstnahme Privater neu entstehende öffentliche Aufgaben von vornherein der gesellschaftlichen Verantwortung zugewiesen.
Staat als Garant seiner Einrichtungen
Verwaltungsprivatrecht
privatrechtlich
anwendbares Recht:
Handlungsformen:
öffentlich-rechtlich
Öffentliches Recht
Staat – Verwaltungshilfe –
– Betreibermodell – Betriebführungsmodell – Betriebsüberlassungsmodell – Vermietungsmodell – Finanzierungsmodell etc. unmittelbare Wahrnehmung öffentlicher Aufgaben durch Einrichtungen der öffentlichen Hand
öffentlich-rechtliche Organisationseinheiten werden in privatrechtliche Formen überführt (z. B. AG, GmbH etc.).
Verantwortungsträger:
typische Vertragsmodelle:
Privatrecht
Eine öffentliche Aufgabe wird unter Verzicht des Staates in die private Vollverantwortung abgegeben.
Staat > Privat
Materielle Privatisierung Aufgabenprivatisierung
öffentlich-rechtlich
Öffentliches Recht
Privater – Beleihung –
privatrechtlich
Privatrecht
Privater
mittelbare Wahrnehmung öffentlicher Aufgaben durch Privatrechtssubjekte
Privatrecht Privatrecht / Öffentliches Recht, soweit hoheitliche Befugnisse übertragen werden – Konzessionsmodell Der Staat bzw. die Kom– Beteiligungsmodell mune verliert die Aufetc. gabenverantwortung, Aufsichts- und Regulierungsbefugnisse können u. U. bestehen bleiben.
Eine öffentliche Aufgabe wird zwar weiter vom Staat, jetzt aber in privatrechtlicher Form wahrgenommen.
Kurzdefinition:
Öffentliches Recht
Staat > Staat und Privat unter Gesamtverantwortung des Staates Eine öffentliche Aufgabe wird Wahrung der staatlichen Vollverantwortung z. T. auf Private übertragen. Je nach dem, ob der Private im Verhältnis zu Dritten in ein eigenes Rechtsverhältnis tritt ergeben sich weitere Differenzierungen:
Staat > Staat
Aufgabenträger:
anwendbares Recht:
Funktionelle Privatisierung Verfahrens- oder Vollzugsprivatisierung, Finanzierungsprivatisierung
Systematik der Privatisierungsformen
Formelle Privatisierung Organisationsprivatisierung
Innenverhältnis
Außenverhältnis
214 Teil 7: Die Rechtsstellung der Kooperationspartner
Teil 8
Implementierung öffentlich-privater Kooperationen in die Rechtsordnung Die vorangegangenen Befunde zu den verfassungsrechtlichen und einfachgesetzlichen Vorgaben und zur dogmatischen Bewältigung von ÖPP werfen die Frage auf, ob das Feld öffentlich-privater Kooperationen einer gesetzlichen Normierung bedarf. Insbesondere die kasuistische Vertragspraxis1 ruft bei den Beteiligten ein Bedürfnis nach Rechtssicherheit hervor, das angesichts der Vielfalt möglicher Ausgestaltungen nur durch abstrahierende Regelungen befriedigt werden kann. Zudem muss berücksichtigt werden, dass sich eine zu detaillierte Normierung für das noch junge Rechtsgebiet des Verwaltungskooperationsrechts auch als hinderlich erweisen kann. Zur Absicherung der Entwicklungsmöglichkeiten bietet sich daher idealerweise die Normierung einer Öffnungsklausel an, die als positives Bekenntnis des Gesetzgebers zu ÖPP einen rechtlichen Ausgangspunkt liefert, andererseits die weitere Ausgestaltung den Vertragspartnern sowie Rechtsprechung und Wissenschaft überlässt. Ferner bleibt zu bedenken, dass vielerorts Vorbehalte gegen eine Ausweitung der Zusammenarbeit zwischen öffentlichem und privatem Sektor angemeldet werden. Damit einher geht die Forderung nach ausreichenden und effektiven Kontrollmechanismen. Vor diesem Hintergrund sollen im Folgenden die aktuellen Bestrebungen zur Normierung von Kooperationsverhältnissen zwischen öffentlicher Verwaltung und privater Wirtschaft dargestellt und untersucht werden.
A. Normative Bewältigung der Beteiligung Privater an der Erfüllung öffentlicher Aufgaben I. ÖPP-Beschleunigungsgesetz vom 01. 09. 2005 Angesichts der unterschiedlichen Standpunkte sah sich der Gesetzgeber gezwungen auf das wachsende Bedürfnis nach Rechtssicherheit zu reagieren2. So Zu dieser siehe oben Teil 7, C. Im Vorfeld des parlamentarischen Verfahrens hatte die SPD-Fraktion im Bundestag bereits zwei Wegweiser Öffentlich Private Partnerschaften – Neue Chancen für öffentliche Leistungen“ und Öffentlich Private Partnerschaften für Kommunen“ herausgegeben, im Internet abrufbar unter www.spdfraktion.de / rs_datei / 0„4471,00.pdf bzw. www.spdfraktion.de / rs_ datei / 0„3264,00.pdf. 1 2
216
Teil 8: Implementierung öffentlich-privater Kooperationen in die Rechtsordnung
trat am 01. 09. 2005 das ÖPP-Beschleunigungsgesetz in Kraft3. Es stützt sich in weiten Bereichen auf das Grünbuch der Kommission der Europäischen Gemeinschaft zu öffentlich-privaten Partnerschaften4 und enthält Änderungen des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen, der Vergabeverordnung, des Fernstraßenbauprivatfinanzierungsgesetzes, der Bundeshaushaltsordnung, des Grunderwerbssteuer-, Grundsteuer- und Investmentgesetzes.
1. Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen, Art. 1 So erhielt § 99 GWB einen neuen Absatz 6, der die Abgrenzungsregelung des § 1a Nr. 1 Abs. 2 VOL /A in das GWB überträgt und damit der Rechtsprechung des EuGH folgt, wonach bei gemischten Bau- und Dienstleistungsverträgen von einem Dienstleistungsauftrag ausgegangen wird, wenn deren Wert überwiegt5. Des Weiteren wurde in § 101 Abs. 1 und 5 n.F. die Verfahrensart des wettbewerblichen Dialogs eingeführt6, die neben das Verhandlungsverfahren als zusätzliches Angebot tritt. Damit soll v. a. den Schwierigkeiten begegnet werden, die sich bei der Vergabe besonders komplexer Aufträge ergaben. Nach Abs. 5 S. 2 n.F. erfolgt zunächst eine Aufforderung zur Teilnahme (Teilnahmewettbewerb), danach tritt der Auftraggeber mit ausgewählten Unternehmen in Verhandlungen (Dialogphase). Nachdem alle in Frage kommenden Lösungen erörtert worden sind, schließt sich der Angebotswettbewerb zwischen den verbliebenen Teilnehmern an. Durch § 101 Abs. 6 S. 2 GWB n.F. wird den sog. Sektorenauftraggebern nach § 98 Nr. 4 GWB entsprechend Art. 40 Abs. 2 der RL 2004 / 17 / EG ein Wahlrecht zwischen dem offenen, dem nicht offenen und dem Verhandlungsverfahren eingeräumt. Die Gesetzesbegründung weist zudem daraufhin, dass das Verhandlungsverfahren wie der wettbewerbliche Dialog nach Abs. 5 n.F. ausgestaltet werden kann.
3 Gesetz zur Beschleunigung der Umsetzung von Öffentlich Privaten Partnerschaften und zur Verbesserung gesetzlicher Rahmenbedingungen für Öffentlich Private Partnerschaften vom 01. 09. 2005, BGBl. I S. 2676, vom Bundestag am 30. 06. 2005 beschlossen, BR-Drs. 544 / 05. Zu diesem Uechtritz / Otting, Das ÖPP-Beschleunigungsgesetz“: Neuer Name, neuer Schwung für öffentlich-private Partnerschaften“?, NVwZ 2005, 1105 ff. Vgl. ferner die Dokumentation „Das ÖPP-Beschleunigungsgesetz“ der SPD-Fraktion im Bundestag, im Internet abrufbar unter www.spdfraktion.de / cnt / rs / rs_datei / 0„6039,00.pdf. 4 Kommission der Europäischen Gemeinschaft, Grünbuch zu öffentlich-privaten Partnerschaften und den gemeinschaftsrechtlichen Rechtsvorschriften für öffentliche Aufträge und Konzessionen vom 30. 04. 2004, KOM (2004) 327 endg. 5 EuGH, Slg. 1994, I-1329, NVwZ 1994, 990. 6 Zu dieser schon Artikel 29 der Vergabekoordinierungsrichtlinie 2004 / 18 / EG.
A. Normative Bewältigung der Beteiligung Privater
217
2. Vergabeverordnung, Art. 2 Geändert wurde ferner die Vergabeverordnung. Nach § 4 Abs. 4 VgV n.F. werden die Vorgaben des § 7 Nr. 2 Abs. 1 des 2. Abschnittes der VOL / A dahingehend gelockert, dass sich der Auftragnehmer anderer Unternehmen bedienen kann. Damit wird der bisherigen obergerichtlichen Rechtsprechung, nach der der Auftragnehmer einen substanziellen Eigenanteil an der vertraglich zugesicherten Leistung zu erbringen hat, der Boden entzogen. Demgegenüber geht die Gesetzesbegründung nunmehr davon aus, dass ein Nachweis des Auftragsnehmers genügt, dass er über die Mittel des leistungsfähigen Dritten verbindlich verfügen kann7. Damit wird der Rechtsprechung des EuGH Rechnung getragen, nach dem die verpflichtende Vorgabe eines Eigenanteils nicht mit dem Gemeinschaftsrecht vereinbar ist8. Ferner soll durch die Lockerung der Kreis der Anbieter erweitert und v. a. institutionellen Kapitalgebern die Beteiligung an einer ÖPP ermöglicht werden. Der Projektantenproblematik nimmt sich nunmehr § 4 Abs. 5 VgV n.F. an, indem er dessen Beteiligung am Vergabeverfahren grundsätzlich zulässt, sofern der Auftraggeber sicherstellt, dass der Wettbewerb nicht verfälscht wird. Damit wurde das Problem, welches sich insbesondere bei hochkomplexen Vorhaben stellt, für die erst aufgrund der Initiative eines Anbieters ein Vergabeverfahren eingeleitet werden, zwar erkannt aber nicht abschließend gelöst. Wie eine Verfälschung des Wettbewerbs durch die Teilnahme des Projektanten verhindert werden kann, muss vom Auftraggeber im Einzelfall entschieden werden. Ein Ausschluss des Projektanten ist nur erforderlich, soweit keine Möglichkeiten bestehen, einer Wettbewerbsverzerrung entgegenzuwirken. Dies deckt sich mit der Rechtsprechung des EuGH in der Entscheidung Fabricom9, nach der ein pauschaler Ausschluss solcher Bieter ohne Anzeichen für eine Wettbewerbsbeeinträchtigung – wie im belgischen Recht vorgesehen – unverhältnismäßig ist10. Ferner erhält § 6 VgV zwei neue Absätze, die die Vorgaben der VOB / A für die Vergabe von Bauleistungen an eine Mehrheit von Unternehmen modifizieren. Nunmehr kann von Bietergemeinschaften erst im Zeitpunkt der Auftragsvergabe verlangt werden, dass diese zur ordnungsgemäßen Durchführung der Auftragsvergabe die Rechtsform der künftigen Projektgesellschaft annehmen. Damit werden v. a. Zusammenschlüsse von mittelständischen bzw. kleineren Unternehmen von den u.U. erheblichen Gründungskosten für die Phase des Teilnahmewettbewerbs entlastet11. Auch insoweit nimmt die Gesetzesbegründung auf die Rechtsprechung BT-Drs. 15 / 5668, S. 11. U.a. EuGH, C-314 / 01 – Siemens / ARGE Telekom. 9 EuGH, Urteil vom 03. 03 2005 – Verb. Rs. C-21 / 03 und C-34 / 03, VergabeR 2005, 319 (325). 10 Zur Frage bei welchen Anzeichen von einer Verzerrung des Wettbewerbs ausgegangen werden kann vgl. Müller-Wrede, in: Müller-Wrede (Hrsg.), ÖPP-Beschleunigungsgesetz, 2006, S. 101 Rn. 37. 11 BT-Drs. 15 / 5668, S. 12. 7 8
218
Teil 8: Implementierung öffentlich-privater Kooperationen in die Rechtsordnung
des EuGH in der Rechtssache Makedonio Metro12 Bezug. Ergänzend weist MüllerWrede darauf hin, dass Bietergemeinschaften nach Art. 4 Abs. 2 RL 2004 / 18 / EG und Art. 11 Abs. 2 RL 2004 / 17 / EG nicht dazu verpflichtet werden dürfen, im Rahmen des Vergabeverfahrens eine bestimmte Rechtsform anzunehmen13. Die weitergehenden Regelungen dienen vorwiegend der Klarstellung14. Darüber hinaus wird in § 6a die neue Vergabeform des „Wettbewerblichen Dialogs“ detailliert eingeführt, die sich v. a. für besonders komplexe Vergabeverfahren anbietet15. Voraussetzung hierfür ist, dass der staatliche Auftraggeber objektiv nicht in der Lage ist die technischen Mittel anzugeben, mit denen ihre Bedürfnisse und Ziele erfüllt werden können, Nr. 1, oder die rechtlichen oder finanziellen Bedingungen des Vorhabens anzugeben, Nr. 2. Die Gesetzesbegründung weist zutreffend darauf hin, dass Unzulänglichkeiten oder fehlender Wille des Auftraggebers zu weitergehender Spezifizierung keine hinreichende Voraussetzung für die Durchführung eines wettbewerblichen Dialogs sein können16. Seine Legitimation zieht das Verfahren des Wettbewerblichen Dialogs allein aus dem spezifischen Charakter der Leistung. § 6a VgV n.F. lehnt sich gemeinschaftsrechtlich an Art. 29 der Koordinierungsrichtlinie (RL 2004 / 18 / EG) an. Das GWB verweist in § 101 Abs. 1 und 5 n.F. auf dieses neue Verfahren.
3. Fernstraßenprivatfinanzierungsgesetz, Art. 3 Im Anwendungsbereich des FStrPrivFinG wird durch § 2 Abs. 1 S. 4 n.F. dem Betreiber nunmehr eine Wahlmöglichkeit dahingehend eingeräumt, dass er statt einer öffentlich-rechtlichen Gebühr auch ein privatrechtliches Entgelt zu fordern berechtigt ist17. Zu diesem Zweck und aus Gründen der Rechtssicherheit wird der Begriff der Mautgebühr nach § 1 Abs. 5 n.F. als öffentlich-rechtliche Gebühren oder privatrechtliches Entgelt legal definiert. Der Gesetzgeber ging damit auf Forderungen des Hauptverbandes der Deutschen Bauindustrie18 und der Kreditanstalt EuGH, Rechtssache C-57 / 01 (Makedonio Metro). Müller-Wrede, in: Müller-Wrede (Hrsg.), ÖPP-Beschleunigungsgesetz, 2006, S. 114 Rn. 22. 14 So ordnet § 6 Abs. 2 Nr. 2 VgV n.F. an, dass die § 8 Nr. 2 Abs. 1 und § 25 Nr. 6 VOB / A mit der Maßgabe anzuwenden sind, dass sich Auftragnehmer anderer Unternehmen bedienen kann (vgl. § 4 Abs. 4 VgV n.F.). § 6 Abs. 2 Nr. 3 VgV n.F. stellt klar, dass der Auftragnehmer bei der Weitervergabe allein die VOB / B zugrunde zu legen hat. 15 Bzgl. der Einzelheiten wird auf die Bearbeitung von Kaelble, in: Müller-Wrede (Hrsg.), ÖPP-Beschleunigungsgesetz, 2006, S. 37 ff. verwiesen. 16 BT-Drs. 15 / 5668, S. 12 f. 17 Zu den verfassungsrechtlichen Komplikationen angesichts dessen, dass Art. 74 Abs. 1 Nr. 22 GG, der lediglich von Erhebung und Verteilung von „Gebühren“ spricht, die Gesetzesbegründung BT-Drs. 15 / 5668, S. 13; Uechtritz / Otting, Das ÖPP-Beschleunigungsgesetz“: Neuer Name, neuer Schwung für „öffentlich-private Partnerschaften“?, NVwZ 2005, 1105 (1109). 12 13
A. Normative Bewältigung der Beteiligung Privater
219
für Wiederaufbau19 ein, die auf die fehlende Rechtsbeständigkeit der Mautgebührenverordnung und der daraus folgenden Rechtsunsicherheit für Investoren und Kapitalgeber hinwiesen. Nach § 2 Abs. 2 n.F. hat die zuständige oberste Landesstraßenbaubehörde den Privaten zur Erklärung aufzufordern, ob die Mautgebühr als Gebühr oder als Entgelt erhoben werden soll. Entscheidet sich der Betreiber für die Erhebung eines Entgelts, so tritt an die Stelle der Mautgebührenverordnung nach § 5 FStrPrivFinG n.F. die Mautgebührengenehmigung nach § 6 FStrPrivFinG n.F. Nach Abs. 3 n.F. kann der Private dieses Optionsrecht für jede Kalkulationsperiode erneut ausüben. Gibt der Private keine Erklärung ab, so wird die Mautgebühr als Gebühr erhoben, § 2 Abs. 2 S. 3 n.F. Die Vollstreckung erfolgt damit nach den Vorschriften über die Verwaltungsvollstreckung. In diesem Fall wird nach § 2 Abs. 4 n.F. i.V.m. § 68 Abs. 1 S. 2 VwGO kein Vorverfahren durchgeführt. Ferner wurde in § 2 Abs. 1 S. 1 a.E. durch die Bezugnahme auf den Begriff der Mautgebühr klargestellt, dass einer Beleihung zur Gebührenerhebung auch dann bedarf, wenn der private Betreiber für ein privatrechtliches Entgelt optiert. Die amtliche Begründung führt hierfür den widmungsgemäßen Status der Straßen als öffentliche Straßen an, welcher eine Einordnung des Privaten in die Straßenaufsicht erforderlich macht. Durch § 3 Abs. 4 S. 3 n.F. wird dem Privaten zudem mit der Wahl unterschiedlicher Zinssätze für das eingesetzte Eigenkapital ein Instrument an die Hand gegeben, Kostenunterdeckungen in der Anfangsphase im begrenztem Umfang nachzuholen. Die durchschnittliche Verzinsung über die gesamte Konzessionslaufzeit darf dabei nicht überschritten werden. Ein Widerspruch zum Grundsatz der periodengerechten Zuordnung der Kosten soll darin nicht liegen20. Eine Dynamisierung der Mauterhebung – wie Kritiker sie forderten – geht damit nicht einher, weil die Kalkulation der Maut bezogen auf die Kalkulationsperiode i. S. v. § 2 Abs. 3 FStrPrivFinG n.F. zu ermitteln ist. In jedem Fall aber hat der Private einen Anspruch auf den Erlass bzw. Änderung der Verordnung nach § 5 Abs. 1 S. 3 und Abs. 2 S. 2 bzw. der Genehmigung nach § 6 Abs. 2 bzw. Abs. 3 S. 2 FStrPrivFinG n.F. Dennoch werden in der Literatur diverse Kritikpunkte gegen die Neuregelungen durch Art. 3 des ÖPP-Beschleunigungsgesetzes entgegengebracht21. So weist Müller-Wrede u. a. darauf hin, dass nur beim Entgeltmodell ein Anspruch auf Erteilung der Genehmigung einer konkreten Gebühr bestehe. Zudem bestehe im Fall der Mautgebührenverordnung eine Diskrepanz zwischen der vorläufigen Festset18 Positionspapier des Hauptverbandes der Deutschen Bauindustrie zur Novellierung des FStrPrivFinG, 2001. 19 Stellungnahme der KfW in der öffentlichen Anhörung des Ausschusses für Verkehr-, Bau- und Wohnungswesen am 17. 04. 2002, Prot. 14 / 82, S. 51, zitiert nach Uechtritz / Otting, Das ÖPP-Beschleunigungsgesetz“: Neuer Name, neuer Schwung für „öffentlich-private Partnerschaften“?, NVwZ 2005, 1105 (1108, Fn. 37). 20 BT-Drs. 15 / 5668, S. 14. 21 Vgl. im Einzelnen Müller-Wrede, in: Müller-Wrede (Hrsg.), ÖPP-Beschleunigungsgesetz, 2006, S. 144 f.
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Teil 8: Implementierung öffentlich-privater Kooperationen in die Rechtsordnung
zung anhand der Angebotskalkulation und den später durch den Privaten nachgewiesenen Kosten, § 5 Abs. 1 n.F. Das führt zu Rechtsunsicherheit bzgl. der Ansprüche des Privaten der Höhe nach.
4. Bundeshaushaltsordnung, Art. 4 Von besonderer Bedeutung sind aber auch die Änderungen der Bundeshaushaltsordnung. Nunmehr ist zumindest auf Bundesebene bei der Wirtschaftlichkeitsuntersuchung nach § 7 Abs. 2 S. 2 BHO n.F. auch die mit der konkreten Maßnahme verbundene Risikoverteilung einzubeziehen. Dies begünstigt v. a. ÖPP im Bereich des öffentlichen Hochbaus, weil es nunmehr mit einem Vergleich der Zahlungsflüsse bei Eigenerstellung durch die öffentliche Hand oder konventioneller Beschaffung nicht getan ist. In den Fokus der Wirtschaftlichkeitsuntersuchung rückt nun auch die Verlagerung von projektbezogenen Risiken auf den Privaten. Grundlage für eine solche Betrachtung ist aber ein entsprechendes Risikobewusstsein bei den Verantwortlichen. Dieses ist bislang nur wenig ausgeprägt. So hat für Großbritannien eine 2002 vom National Audit Office dem House of Commons vorgelegte Untersuchung ergeben, dass bei öffentlichen Hochbaumaßnahmen die von der öffentlichen Hand angesetzten Kosten in 73 % der untersuchten Fälle überschritten wurden und es zudem in 70 % der Fälle zu zeitlichen Verzögerungen kam22. Hierfür hat sich im angelsächsischen Raum der Begriff des „optimism bias“ durchgesetzt23. Um der Fehlerhaftigkeit der Kostenansätze entgegenzuwirken, hat das britische Schatzamt eine Arbeitsanleitung zum Umgang mit dieser Erscheinung veröffentlicht24. Für Deutschland ist jüngst der Leitfaden „Wirtschaftlichkeitsuntersuchungen bei PPP-Maßnahmen“ durch das Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung veröffentlicht worden25. Zu den zu betrachtenden Risiken gehören u. a. in der Planungs- und Bauphase das Finanzierungsrisiko einschließlich etwaiger Zins- und Inflationsrisiken, das Risiko einer Überschreitung der veranschlagten Baukosten und das Verzögerungs22 National Audit Office, PFI: Construction Performance, HC 371, Parliamentary Session 2002 – 2003, delivered 23. 02. 2005, p. 3. 23 Optimism bias is the tendency for a project’s costs and duration to be underestimated and / or benefits to be overestimated. It is expressed as the percentage difference between the estimate at appraisal and the final outturn. Review of Large Public Procurement in the UK, July 2002, Mott McDonald. Im Internet: www.hm-treasury.gov.uk / media / A00 / D3 / greenbook_mott.pdf. 24 Supplementary Greenbook des HM Treasury, abrufbar im Internet unter: www.hm-treasury.gov.uk / media / 885 / 68 / Greenbook_optimism-bias. Diese Arbeitsanleitung zum Umgang mit dem „Optimism Bias“ bei der Vergabe öffentlicher Aufträge geht auf die Mott McDonald-Studie “ Review of Large Public Procurement in the UK, July 2002“ zurück. 25 Abrufbar über die Homepage der Public Private Partnership Task Force beim Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung unter http: // www.ppp-bund.de / download / 06-06-20LeitfadenWUfinal.pdf.
A. Normative Bewältigung der Beteiligung Privater
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risiko bzgl. der Fertigstellung. Während der Betriebsphase der Liegenschaft sind Instandhaltungs- und Nachfragerisiken zu betrachten. Am Ende der Vertragslaufzeit stellt sich die Frage, ob eine adäquate Anschlussnutzung gefunden wird. Welche Risiken der Private im Einzelnen übernimmt, bleibt der Vertragsgestaltung vorbehalten. Soweit er aber Finanzierungs-, Nachfragerisiken o. ä. übernimmt, wird er dies seiner Kalkulation zugrunde legen. Spiegelbildlich muss bei der öffentlichen Hand der Abbau von Risikoverantwortung positiv zu Buche schlagen. Die angemessene Berücksichtigung der Allokation wirtschaftlicher Risiken i. R. d. wird durch § 7 Abs. 2 S. 2 BHO n.F. sichergestellt. In dieser Hinwendung zu einer an wirtschaftlichen Maßstäben orientierten Risikobetrachtung ist auch ein Umdenken im öffentlichen Haushaltsrecht zu verzeichnen, weil die Kameralistik bislang nur tatsächliche Zahlungsflüsse berücksichtigt. Nun sind die Länder aufgefordert ihre Haushaltsordnungen bzw. die Gemeindehaushaltsverordnungen entsprechen anzupassen, um die vertragliche Risikoverlagerung durch ÖPP auch auf Länder- und Gemeindeebene angemessen zu honorieren26. Des Weiteren ist auch das Veräußerungsverbot für Bundesvermögen in § 63 BHO a.F. gelockert worden. Nunmehr dürfen unbewegliche Vermögensgegenstände, die zur Erfüllung der Aufgaben des Bundes weiterhin benötigt werden, zur langfristigen Eigennutzung veräußert werden, wenn auf diese Weise die Aufgaben des Bundes nachweislich wirtschaftlicher erfüllt werden können, § 63 Abs. 2 BHO n.F. Mit dieser Änderung durch das ÖPP-Beschleunigungsgesetz, die § 63 Abs. 2 S. 2 LHO Bln. zum Vorbild hat27, wurde der latente Widerspruch zwischen der unbedingten Eigentümerstellung des Bundes und einer wirtschaftlichen Aufgabenwahrnehmung aufgelöst. Damit wird einer seit langem in der freien Wirtschaft erfolgreichen Entwicklung des o. g. „Sale-and-lease-back“ von Immobilienvermögen Rechnung getragen. Damit werden rechtliche Konstruktionen eine Veräußerung i. S. d. § 63 BHO a.F. zu umgehen überflüssig28. ÖPP im Bereich des Immobilienleasings sind nun unter der Voraussetzung der Sicherung einer langfristigen Eigennutzung der öffentlichen Hand zulässig.
26 Daraus weisen Uechtritz / Otting, Das ÖPP-Beschleunigungsgesetz“: Neuer Name, neuer Schwung für „öffentlich-private Partnerschaften“?, NVwZ 2005, 1105 (1111) zutreffend hin. 27 § 63 Abs. 2 S. 2 LHO Bln. hat folgenden Wortlaut: „Die Veräußerung von Grundstücken mit dem Ziel der langfristigen Eigennutzung ist im Einzelfall zulässig, wenn dies ausschließlich der wirtschaftlichen Sanierung dieser Grundstücke dient und die Möglichkeit eines Rückerwerbs gewährleistet ist.“ 28 Zu diesen Neumann / Szabados, in: Weber / Schäfer / Hausmann (Hrsg.), Public Private Partnership, München 2006, S. 173 und das Gutachten „PPP im öffentlichen Hochbau“, Bd. II, Tbd. 1, S. 169.
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Teil 8: Implementierung öffentlich-privater Kooperationen in die Rechtsordnung
5. Grunderwerbssteuer-, Grundsteuer- und Investmentgesetz, Art. 5 bis 7 Weitere Erleichterungen für die Umsetzung von ÖPP wurden durch die Möglichkeit einer Befreiung von der Grunderwerbssteuer geschaffen. Eine solche sieht nunmehr § 4 Nr. 9 n.F. GrEStG vor. Befreiungsvoraussetzungen sind, dass die Übertragung im Rahmen einer Öffentlich Privaten Partnerschaft erfolgt29, das Grundstück für den Öffentlichen Dienst oder im Sinne des § 3 Abs. 2 GrStG benutzt wird und am Ende der Vertragslaufzeit eine Rückübertragung vorgesehen ist. Endet die Nutzung oder verzichtet die öffentliche Hand später auf eine Rückübertragung, so fällt die Grunderwerbssteuer aufgrund eines rückwirkenden Ereignisses rückwirkend an, § 175 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 AO. Flankierend dazu wurde in § 19 Abs. 2 Nr. 5 GrEStG n.F. eine entsprechende Mitteilungspflicht an die Finanzbehörden aufgenommen. Die gesetzliche Befreiung soll den erheblichen Steuerbelastungen entgegenwirken, die allein durch den temporären Eigentümerwechsel am Grundstück entstehen30. Zugleich macht sie aufwendige Vertragsgestaltungen überflüssig, die allein auf die Erhaltung der formalen Eigentümerstellung der öffentlichen Hand abzielten. Der Beseitigung einer Diskriminierung Privater im Rahmen von ÖPP dient auch § 3 Abs. 1 S. 3 GrStG n.F. Danach wird der Ausschluss von der Grundsteuer auch auf solche Grundstücke erweitert, die im Rahmen einer ÖPP von einem Privaten an die öffentliche Hand für einen öffentlichen Dienst überlassen wurden und für die eine Übertragung am Ende der Vertragslaufzeit vereinbart wurde (sog. Erwerbermodelle). Der Verbesserung der Finanzierungsmöglichkeiten für ÖPP-Projektgesellschaften dient auch die Änderung des § 67 Abs. 2 S. 3 InvG n.F. Danach können Kapitalanlagegesellschaften für Rechnung eines Immobiliensondervermögens Nießbrauchrechte an Grundstücken erwerben, die der Erfüllung öffentlicher Aufgaben dienen. Der Wert der Nießbrauchrechte darf 10 % des Wertes des Sondervermögens nicht überschreiten31.
6. Bewertung des ÖPP-Beschleunigungsgesetzes Mit dem ÖPP-Beschleunigungsgesetz ist keine umfassende Normierung von „Öffentlich-Privaten Partnerschaften“ verbunden und erst recht keine gesetzliche Definition dieses neuen Begriffs, auch wenn er v. a. im Rahmen des Grundsteuer29 Damit wird der Begriff der Öffentlich-Privaten Partnerschaft zum ersten Mal normativ erwähnt. Da der Gesetzgeber die inhaltliche Konkretisierung der Wissenschaft überlassen hat, wächst damit der Druck einheitliche Kriterien für diesen Terminus zu entwickeln. 30 BT-Drs. 15 / 5668, S. 17. 31 Zu den Einzelheiten Benz / Franke, Neue Investitionsformen durch Beteiligung von Fondsgesellschaften – Änderung des Investmentgesetzes, in: Müller-Wrede (Hrsg.), ÖPPBeschleunigungsgesetz, 2006, S. 167 ff.
A. Normative Bewältigung der Beteiligung Privater
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rechts Einzug in die Rechtsordnung hält. Es wird aber der Boden für eine weiter zunehmende Umsetzung von öffentlich-privaten Partnerschaften auf allen Ebenen staatlicher Verwaltung bereitet. Man wird daher mit Uechtritz / Otting das ÖPPBeschleunigungsgesetz als deutliches politisches Signal für einen parteiübergreifenden Konsens und Rückhalt für derartige Kooperationsformen werten können32. Gegenwärtig wird der Erlass eines weiteren ÖPP-Vereinfachungsgesetzes vorbereitet mit dem weitere Erleichterungen zugunsten der Umsetzung von ÖPP-Projekten angestrebt werden und die Implementierung der Beteiligung Privater an der Erfüllung öffentlicher Aufgaben weiter vorangetrieben wird33.
II. Verwaltungsverfahrensrechtliche Ausgangslage Die unterschiedlichen Formen und Inhalte von Kooperationen zwischen Privaten und öffentlichen Stellen auf allen staatlichen Ebenen haben (auch) bei dem damit befassten Bundesministerium des Innern (BMI) zu Überlegungen geführt, ob und wie öffentlich-private Kooperationen in das bestehende allgemeine Verwaltungsverfahrensrecht implementiert werden können. Der beim Bundesinnenministerium im Jahr 1997 gebildete unabhängige Beirat Verwaltungsverfahrensrecht, bestehend aus Wissenschaftlern und Praktikern (Erster Vorsitzender bis 2004: Prof. Dr. H. J. Bonk)34, hat im Jahre 1998 dem BMI empfohlen, die Frage vertieft wissenschaftlich prüfen zu lassen, ob (auch) die seit 1977 unverändert fortbestehenden Vorschriften zum öffentlich-rechtlichen Vertrag (§§ 54 ff. VwVfG) im Hinblick auf die neuere Verwaltungspraxis fortentwickelt werden sollen. Das Bundesinnenministerium hat diese Anregung aufgegriffen und dazu Gutachten der Universitätsprofessoren Ziekow (Verwaltungshochschule Speyer) und Schuppert (Humboldt-Universität Berlin) in Auftrag gegeben, um auf dieser Grundlage weitere Entscheidungen treffen zu können35.
32 Uechtritz / Otting, Das ÖPP-Beschleunigungsgesetz“: Neuer Name, neuer Schwung für „öffentlich-private Partnerschaften“?, NVwZ 2005, 1105 (1111); ebenso Fleckenstein, Abbau von Hemmnissen für Public Private Partnership: Das ÖPP-Beschleunigungsgesetz, DVBl. 2006, 75 (82). 33 Am 06. 04. 2006 wurde hierzu eine Arbeitsgruppe „ÖPP-Vereinfachungsgesetz“ durch die Koalitionsparteien eingesetzt. 34 Vgl. Pressemitteilung des Bundesministeriums des Innern – Referat V II 1, abgedruckt in: NVwZ 1998, 596. 35 Gutachten Ziekow, Verankerung verwaltungsrechtlicher Kooperationsverhältnisse (Public Private Partnership) im Verwaltungsverfahrensgesetz, Speyer 2001; Gutachten Schuppert, Grundzüge eines zu entwickelnden Verwaltungskooperationsrechts, Regelungsbedarf und Handlungsoptionen eines Rechtsrahmens für Public Private Partnership, Speyer 2001.
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Teil 8: Implementierung öffentlich-privater Kooperationen in die Rechtsordnung
III. Die Vorschläge von Ziekow Einen integrativen Ansatz verfolgt dabei das Gutachten Ziekows. Es schlägt vor, den Teil IV des Verwaltungsverfahrensgesetzes unter dem Titel „Zusammenwirken bei der Erfüllung öffentlicher Aufgaben“ umzubenennen und in drei Abschnitte zu untergliedern. Diesen soll durch eine Bestimmung zum „Zusammenwirken“ mit Privaten oder anderen Behörden vorangestellt werden (§ 53a)36. Es folgen die Abschnitte zur „Zusammenarbeit mit Privaten“ (§§ 53b und c), zum Öffentlich-rechtlichen Vertrag“ (§§ 54 bis 62) und zum „Verwaltungskooperationsvertrag“ (§§ 62a bis e). Die Verwaltungskooperation ist in diesem Kontext als Unterfall einer weiter gefassten Zusammenarbeit mit Privaten zu verstehen und steht dabei gleichrangig neben dem Handlungsinstrument des öffentlich-rechtlichen Vertrages. Die Implementierung des Verwaltungskooperationsrechts verfolgt bei Ziekow das Ziel eine aufgabenadäquate Initiierung, Gestaltung und Begrenzung von Verwaltungskooperationen zu ermöglichen. Dazu greift er auf das Konzept gestufter Aufgabenverantwortung zurück und unterscheidet die Begriffe Erfüllungsverantwortung, Gewährleistungsverantwortung (die er in die Überwachungsverantwortung, die Regulierungsverantwortung unterteilt) und Auffangverantwortung37. Unter Berücksichtigung der jeweiligen Steuerungsintensitäten der einzelnen Aufgabenmodi leitet er sodann Empfehlungen zur Normierung des Verwaltungskooperationsrechts ab. Dabei weist er auf die Notwendigkeit hin, die verbleibende Gesamtverantwortung des öffentlichen Kooperationspartners klarzustellen, ebenso wie eine möglichst frühzeitige Verantwortungsbilanzierung. Aus dieser sei dann das erforderliche Handlungsinstrumentarium zu entwickeln, welches das Kooperationsrecht typisiert zur Verfügung stellt. Schließlich sei dem öffentlichen Kooperationspartner die Vorhaltung von Erfüllungsalternativen aufzugeben. Insgesamt wird eine angebotsorientierte Rahmenordnung für die Bewältigung komplexer Kooperationsleistungen angestrebt.
IV. Die Vorschläge von Schuppert Einen anderen Ansatz verfolgt das Gutachten Schupperts, in dem er auf einen verklammernden Überbau von öffentlich-rechtlichem Vertrag und Kooperationsvertrag verzichtet. Vielmehr widmet er letzterem einen eigenständigen Teil IV, den er mit „Zusammenarbeit mit Privaten“ überschreibt und den bekannten Vorschrif36 Hierdurch sollen informelle Kooperationen Eingang in das VwVfG finden. Dabei geht es weniger um die Statuierung rechtlicher Verbindlichkeit derartiger Absprachen, sondern um eine Komplettierung der verwaltungsverfahrensrechtlich determinierten Handlungsformen der öffentlichen Verwaltung. Die Vorteile einer solchen positivrechtlichen Normierung sieht Ziekow in der zielbezogenen Optimierung und Risikominimierung informellen Verwaltungshandelns. Ziekow, a. a. O., S. 173 f. 37 Ziekow, a. a. O., S. 179 ff.
A. Normative Bewältigung der Beteiligung Privater
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ten über den öffentlich-rechtlichen Vertrag voranstellt, die sich de lege ferenda in den §§ 59 ff. VwVfG unverändert wiederfinden. Seiner Ansicht nach atmen diese Vorschriften zu sehr den Geist des subordinationsrechtlichen Vertragsmodells, als dass sie angesichts der Reichweite des zu schaffenden Verwaltungskooperationsrechts über eine ausreichende Aufnahmefähigkeit verfügten38. Ausschlaggebend für einen eigenständigen Abschnitt ist aus seiner Sicht aber, dass sich die zu normierenden ÖPP größtenteils in gesellschaftsrechtlichen und sonstigen Verträgen des Bürgerlichen Rechts vollzögen. Sie orientierten sich an den Grundregeln des Verwaltungsprivatrechts und seien daher von dem engen Ausschnitt des öffentlich-rechtlichen Vertrages zu trennen. Leitideen des zu schaffenden neuen Kooperationsrechts seien die Verantwortungsteilung, das Leitmotiv des Gewährleistungsstaats und des Kooperationsprinzips als Steuerungsprinzip. Damit zielt Schuppert auf nichts anderes als ein die bestehenden Grenzen des Öffentlichen und Bürgerlichen Rechts überspielendes Kooperationsgesetz ab, das prinzipiell alle denkbaren Vertragsformen erfassen und damit ein umfassendes und überwölbendes Verwaltungskooperationsrecht bereitstellen solle. Der Umfang eines solchen Regelungsvorhabens lässt sich erahnen – der Konflikt mit der allgegenwärtigen Forderung nach normativer Deregulierung ist vorgezeichnet. Auf diesen Thesen aufbauend enthält sein Normierungsvorschlag für das VwVfG über die Zusammenarbeit mit Privaten einen Katalog von 13 Paragraphen, darunter Vorschriften zur Zulässigkeit einer Kooperation, der Auswahl des privaten Kooperationspartners, der Einfluss- und Qualitätssicherung, sowie zur Nichtigkeit derartiger Verträge. In letzterer werden u. a. die Nichtvereinbarung der Sicherungsbestimmungen sanktioniert, sind Bestimmungen zum Wegfall bzw. Störung der Geschäftsgrundlage und der Einrichtung von Schiedsstellen enthalten. Herauszustellen ist, dass es nach Ansicht Schupperts einer umfassenden Normierung von Kooperationsverträgen im VwVfG bedarf, um Kooperationsverhältnissen jeglicher Art den „normativen Rückenwind“ zu geben. Dabei sei unbeachtlich, ob der spezifische Vertrag gesellschaftsrechtlicher, bürgerlich-rechtlicher oder öffentlich-rechtlicher Natur ist39. Dabei glaubt er, den Wesenzug von öffentlichprivaten Kooperationen in der Parallelschaltung öffentlicher und privater Interessen ausmachen zu können40. Das läuft auf eine Nivellierung der Dichotomie von öffentlichem und privatem Recht hinaus.
38 39 40
Schuppert, a. a. O., S. 130 f. Schuppert, a. a. O., S. 131. Schuppert, a. a. O., S. 9.
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Teil 8: Implementierung öffentlich-privater Kooperationen in die Rechtsordnung
V. Stellungnahme des Beirats für Verwaltungsverfahrensrecht beim Bundesinnenministerium Der Beirat Verwaltungsverfahrensrecht beim Bundesministerium des Innern ist den Vorschlägen der beiden Gutachter nicht gefolgt41. Insbesondere hielt er die vorgeschlagenen „großen Lösungen“ mit jeweils detaillierten Regelungen der Kooperationsverträge für problematisch. So weist der Beirat zutreffend darauf hin, dass angesichts des zumeist zivilrechtlichen Inhalts solcher Verträge ungeklärt sei, inwieweit von öffentlicher Seite ein einseitiges Zugriffsrecht statuiert werden könne. Auch bleibt die Frage nach dem Verhältnis der kooperationsrechtlichen Regelungen im VwVfG zum Vergaberecht ungeklärt. Zudem drohe durch den hohen Grad an Detaillierung eine Überfrachtung des Verwaltungsverfahrensgesetzes, ganz abgesehen von der grundsätzlichen Erweiterung auf die zivilrechtliche Tätigkeit der Behörden. Abschließend wird eine Verschiebung in der gerichtlichen Zuständigkeit von der ordentlichen hin zur Verwaltungsgerichtsbarkeit befürchtet, die angesichts des zivil- und gesellschaftsrechtlichen Gehalts solcher Vereinbarungen systemfremd sei. Alles in allem könne den Vorschlägen der Gutachten daher nicht gefolgt werden. Trotz fehlender Entscheidungsreife einer umfänglichen Regelung der ÖPP-Verträge schlug der Beirat dennoch eine sog. „kleine Lösung“ vor, nach der in einem § 54a der Kooperationsvertrag in einer Grundsatznorm zunächst Eingang in das Verwaltungsverfahrensgesetz finden solle42. Von einer solchen Festschreibung als drittem Vertragstyp neben Austausch- und Vergleichsverträgen verspricht er sich einen normativen Abschluss und eine Kanalisation der wissenschaftlichen Diskussion. Dass der neue Vertragstypus gleichrangig neben den Austausch- und Vergleichsverträgen stehen soll, wird zudem durch den Vorschlag bestätigt, das Wort „insbesondere“ in § 54 S. 2 VwVfG zu streichen. Diese Erwägungen des Beirats für Verwaltungsverfahrensrecht haben Eingang in einen Musterentwurf der Konferenz der Verwaltungsverfahrensrechtsreferenten des Bundes und der Länder vom 21. / 22. 04. 2004 gefunden43, der die Grundlage für weitere Normierungsvorhaben auf Ebene von Bund und Ländern dar41 Ein umfassender Bericht mit Beschlussempfehlungen des Beirats ist in NVwZ 2002, 834 ff. veröffentlicht worden. 42 „§ 54a. Kooperationsverträge können auf dem Gebiet des öffentlichen Rechts geschlossen werden, um Private an der Erledigung öffentlicher Aufgaben zu beteiligen.“, Beirat, NVwZ 2002, 834 (835); zu den Vorschlägen des Beirats auch Bonk, Fortentwicklung des öffentlich-rechtlichen Vertrages unter besonderer Berücksichtigung der Public Private Partnerships, DVBl. 2004, 141 (147 ff.). 43 Musterentwurf der Konferenz der Verwaltungsverfahrensrechtsreferenten des Bundes und der Länder vom 21. / 22. 04. 2004 in München. Zu diesem Reicherzer, Die gesetzliche Verankerung von Public-Private-Partnerships, DÖV 2005, 603 ff. und U. Stelkens, „Kooperationsvertrag“ und Vertragsanpassungsansprüche: Zur beabsichtigten Reform der §§ 54 ff. VwVfG, NWVBl. 2006, 1 ff.
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stellt44. Er beruht im Wesentlichen auf den oben geschilderten Empfehlungen des Beirats, geht aber darüber hinaus. So ist beabsichtigt, § 54 VwVfG a.F. in zwei eigenständige Absätze umzustrukturieren und um einen dritten Absatz zu erweitern, der der vom Beirat angestrebten Grundsatznorm nahe kommt, aber auch wichtige Erweiterungen enthält45. So stellt er u. a. klar, dass auch der Kooperationsvertrag eine (Unter-)Form des öffentlich-rechtlichen Vertrags darstellt und keineswegs Teil eines übergeordneten Verwaltungskooperationsrechts ist, wie es den Schuppert’schen Vorschlägen zugrundeliegt. Diese Absage an eine Ausdehnung des Anwendungsbereichs ist nach hier vertretener Auffassung grundsätzlich zu begrüßen, auch wenn sie – was noch zu zeigen sein wird – zu erheblichen Einbußen hinsichtlich des Regelungsgehalts der geplanten Kodifikation führt46. Darüber hinaus werden durch § 56a VwVfG n.F. die Voraussetzungen eines solchen Kooperationsvertrages festgeschrieben47. Ihre Einhaltung wird durch die Normierung zusätzlicher Nichtigkeitsgründe in § 59 Abs. 2a VwVfG n.F. sanktioniert48. Der Musterentwurf soll im Folgenden einer gesonderten kritischen Würdigung unterzogen werden.
VI. Eigene Position Bezogen auf die weitere wissenschaftliche Fundierung von ÖPP kommt den vom BMI eingeholten Arbeiten ein großer Verdienst zu, liefern sie doch eine Grundlage für die normative und dogmatische Bewältigung von Kooperationsformen zwischen privater und öffentlicher Hand aus verwaltungsverfahrensrechtlicher Perspektive. Angesichts der äußerst vielfältigen Gestaltungsformen, auf die bereits mehrfach verwiesen wurde, werfen sie aber auch eine Reihe von Fragen auf, die noch nicht abschließend geklärt sind. Besonders deutlich wird dies, wenn etwa Schuppert darauf hinweist, dass Kooperationsverträge zwischen öffentlichem Verwaltungsträger und privaten Unternehmen häufig zivilrechtlichen Inhalts sind, gleichwohl aber an ihrer Normierung im Verwaltungsverfahrensgesetz festhält. 44 Hierzu Schmitz, Die Verträge sollen sicherer werden – Zur Novellierung der Vorschriften über den öffentlich-rechtlichen Vertrag, DVBl. 2005, 17 ff. und Waechter, Der öffentlichrechtliche Vertrag, JZ 2006, 166 (169). 45 § 54 Abs. 3 ME VwVfG: „Die Behörde kann einen öffentlich-rechtlichen Vertrag auch schließen, um Private an der Erfüllung öffentlicher Aufgaben zu beteiligen; hoheitliche Befugnisse können nur übertragen werden, soweit dies durch Rechtsvorschriften vorgesehen ist.“ 46 Siehe unten Teil 8, B. 47 § 56a ME VwVfG: „Kooperationsvertrag“: „Ein öffentlich-rechtlicher Vertrag im Sinne des § 54 Abs. 3 kann geschlossen werden, wenn die Behörde sicherstellt, dass ihr ein hinreichender Einfluss auf die ordnungsgemäße Erfüllung der öffentlichen Aufgabe verbleibt. Die Behörde darf nur einen Vertragspartner auswählen, der fachkundig, leistungsfähig und zuverlässig ist.“ 48 § 59 Abs. 2a ME VwVfG: „Ein Vertrag im Sinne von § 54 Abs. 3 ist ferner nichtig, wenn die Behörde bei dessen Abschluss nicht sichergestellt hat, dass ihr ein hinreichender Einfluss auf die ordnungsgemäße Erfüllung der öffentlichen Aufgabe verbleibt.“
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Teil 8: Implementierung öffentlich-privater Kooperationen in die Rechtsordnung
Nach § 1 Abs. 1 des VwVfG liegt der Anwendungsbereich des Verwaltungsverfahrensgesetzes jedoch auf dem Gebiet der öffentlich-rechtlichen Verwaltungstätigkeit der Behörden. Es entspricht bislang allgemeiner Anschauung, dass jegliche privatrechtlich determinierte Tätigkeit der öffentlichen Gewalt, wie etwa fiskalische Hilfsgeschäfte der Verwaltung, hiervon ausgenommen ist49. Will man den Anwendungsbereich nicht erheblich ausweiten, muss man sich daher die Frage stellen, inwiefern eine Behörde noch öffentlich-rechtlich tätig wird, wenn sie mit Privaten Kooperationsverträge abschließt. Mit dieser Frage setzen sich beide Gutachter nur unzureichend auseinander50. Die Frage des Regelungsstandorts eines künftigen Verwaltungskooperationsrechts ist aber nicht nur von wissenschaftlichem Interesse, sondern auch von großer praktischer Bedeutung. Insofern ist dem wissenschaftlichen Beirat zuzustimmen, wenn er die Normierungsvorschläge u. a. aus dem Grunde nicht weiter verfolgte, weil er eine Verlagerung in der Rechtswegzuständigkeit von den Zivilgerichten zu den Verwaltungsgerichten befürchtet. Zustimmung verdient zudem der Hinweis auf die drohende Überfrachtung des Verwaltungsverfahrensgesetzes durch eine detaillierte Normierung möglicher Vertragstypen51. Leider haben weder Beirat noch die Konferenz der Verwaltungsverfahrensrechtsreferenten konsequent an der geäußerten Kritik festgehalten und sind der Frage nachgegangen unter welchen Voraussetzungen der Abschluss eines Kooperationsvertrages eine öffentlich-rechtliche Verwaltungstätigkeit der Behörde darstellt. Die inhaltlichen Mindestanforderungen an einen öffentlich-rechtlichen Kooperationsvertrag bleiben sowohl in der vom Beirat präferierten „kleinen Lösung“, als auch im Vorschlag der Konferenz der Verwaltungsverfahrensrechtsreferenten offen. Die Reformziele die Handlungsform des öffentlich-rechtlichen Vertrages zu stärken und den wissenschaftlichen Diskurs zu kanalisieren, scheinen durch einen solchen Schritt nicht erreichbar. Vielmehr besteht die Gefahr, dass das Regelungsprogramm des öffentlich-rechtlichen Vertrages um einen Baustein erweitert wird, 49 Vgl. nur P. Stelkens / Schmitz, in: Stelkens / Bonk / Sachs (Hrsg.), VwVfG, 6. A., 2001, § 1 Rn. 92 ff. und 96 ff. 50 So blendet etwa Ziekow eine Regelung verwaltungskooperationsrechtlicher Verhältnisse im Bürgerlichen Recht aus, und fragt in der Folge allein, ob im allgemeinen oder besonderen Verwaltungsrecht vorzugswürdig erscheint, Gutachten Ziekow, a. a. O., S. 100 ff. Schuppert hingegen will sich nicht auf die Schaffung eines neuen Typus eines öffentlich-rechtlichen Vertrages beschränken, sondern bevorzugt die Schaffung eines „überwölbenden Verwaltungskooperationsrechts“ als gedanklichen Überbau. Jedoch setzt auch er sich nicht mit der Regelungsalternative im Zivilrecht auseinander. Vgl. Schuppert, a. a. O., S. 130. Für eine Regelung innerhalb der §§ 54 ff. VwVfG jüngst auch Häfner, Aspekte einer Normierung von Pub-lic Private Partnerships (PPP), LKV 2005, 340 (341). 51 Insofern ist auf den detaillierten Abschnitt 1a (§§ 71a-e) hinzuweisen, mit denen der Gesetzgeber 1996 die bisherige Verwaltungspraxis mit normativer Kraft auszustatten versuchte. Die Effektivität dieses Regelungskomplexes mit Blick auf die angestrebte Beschleunigung von Verwaltungsverfahren wird bis heute kritisch beurteilt, so Bonk, in: Stelkens / Bonk / Sachs (Hrsg.), VwVfG, 6. A., 2001, § 71a Rn. 35, und z T. als symbolische Gesetzgebung gegeißelt, Kopp / Ramsauer, VwVfG, 9. A., 2005, § 71a Rn. 7.
B. Zur neuen Rechtsfigur eines Kooperationsvertrags
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dessen inhaltliche Ausgestaltung in den Händen der kautelarjuristischen Praxis liegt. Es ist bislang nicht absehbar, welche der gängigen Vertragsformen sich durchsetzen werden und welche neuen Formen noch hinzutreten werden. Schon aus Gründen der Rechtswegsicherheit bedarf es daher einer gefestigten dogmatischen Grundlage für den Typus des Kooperationsvertrages, die auch Ausdruck in einer gesetzlichen Grundsatznorm finden muss.
B. Zur neuen Rechtsfigur eines Kooperationsvertrags I. Der Begriff der Verwaltungstätigkeit i. S. d. § 1 Abs. 1 VwVfG § 1 Abs. 1 VwVfG eröffnet den Anwendungsbereich der Verwaltungsverfahrensgesetze nur für die öffentlich-rechtliche Verwaltungstätigkeit der Behörden. Die Verwaltungsverfahrensgesetze des Bundes und der Länder setzen den Begriff der Verwaltung voraus. Eine allgemein anerkannte Definition dieses Terminus’ steht aus. Allenfalls annäherungsweise lässt sich bestimmen was Verwaltung bzw. was verwaltende Tätigkeit ist. Dabei bedient man sich v. a. historisch überkommener Vorstellungen. Gerade diesen versagen aber angesichts der noch jungen kooperationsrechtlichen Handlungsinstrumente. Fest steht lediglich, dass verwaltende Tätigkeit i. S. d. § 1 Abs. 1 VwVfG in einem weiteren Sinne verstanden werden muss, als § 9 VwVfG der mit dem Verwaltungsverfahren allein die nach außen wirkende behördliche Tätigkeit im Blick hat52. Die Bezeichnung der Verwaltung als vollziehende Gewalt durch das Grundgesetz lässt nur die besonderen Funktionsunterschiede zu den anderen Gewalten hervortreten53, taugt aber nicht zur inhaltlichen Abgrenzung des Verwaltungsbegriffs54. Im vorliegenden Kontext bietet sich zwar ein aufgabenbezogenes Verständnis an, nach dem (öffentliche) Verwaltung die unmittelbare Wahrnehmung von öffentlichen Aufgaben darstellt. Einem solchen Ansatz ist aber entgegenzuhalten, dass dadurch der Verwaltungsbegriff auch die Unschärfen des Begriffs der öffentlichen Aufgaben teilt. Zum anderen konnte bereits festgestellt werden, dass letzterer ein rein empirisches Phänomen beschreibt55. Erst durch das Hinzutreten normativer Verantwortlichkeit entsteht in Form der Staatsaufgabe ein Rechtsbegriff. 52 Für ein weites Verständnis auch BVerfGE 75, 108; P. Stelkens / Schmitz, in: Stelkens / Bonk / Sachs (Hrsg.), VwVfG, 6. A., 2001, § 1 Rn. 118. 53 Stern, Das Staatsrecht der Bundesrepublik Deutschland, Bd. II, 1. Auflage, 1980, S. 731 f. 54 P. Stelkens / Schmitz, in: Stelkens / Bonk / Sachs (Hrsg.), VwVfG, 6. A., 2001, § 1 Rn. 118 und 169. 55 Siehe oben Teil 1, A. I.
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Teil 8: Implementierung öffentlich-privater Kooperationen in die Rechtsordnung
Darüber hinaus verwendet § 1 Abs. 4 VwVfG des Bundes den Aufgabenbegriff, um den Behördenbegriff zu umreißen. Verstünde man auch den Begriff der Verwaltung aufgabenbezogen, so hieße dies, dass jede behördliche Tätigkeit zugleich verwaltende Tätigkeit ist und umgekehrt. Es entstünde eine Tautologie, die nicht gewollt sein kann. Dennoch liefert gerade ein aufgabenbezogenes Verständnis des Verwaltungsbegriffs ein wichtiges Kriterium gegen eine Einordnung der ÖPP-Verträge in die bekannten Handlungsinstrumente öffentlicher Verwaltung. Die Staatsaufgabe als solche verbleibt auch im Falle einer funktionellen Privatisierung in der Verantwortung des hoheitlichen Aufgabenträgers. Allein ihr Wahrnehmungsmodus wird verändert. Dabei tritt wird deutlich, dass der Vertrag über die Auslagerung funktioneller Elemente öffentlicher Aufgaben nicht zum Bereich unmittelbarer Aufgabenwahrnehmung gehört, sondern wesentliche Vorfragen ihrer Erledigung regelt. Um eine Anleihe bei Ule56 zu nehmen, ließen sich Verwaltungskooperationsverträge als das Grundverhältnis öffentlicher Aufgabenwahrnehmung betreffende Maßnahmen beschreiben, während sich ihre tatsächliche Erfüllung als Betriebsverhältnis darstellt. So gesehen stellt der Kooperationsvertrag zwischen öffentlicher Hand und Privatem gerade keine rein vollziehende Tätigkeit der Verwaltung dar, sondern ist ein Ergebnis eines u. a. politischen Entscheidungsprozesses, in welcher Form eine öffentliche Aufgabe wahrgenommen werden soll. Die Delegation oder Mandatierung eines Privaten mit einer öffentlichen Aufgabe dient nicht unmittelbar ihrer Wahrnehmung, sondern regelt die wesentliche Vorfrage der Aufgabenverantwortung. Der Abschluss Öffentlich-Privater Partnerschaften ist damit aufgrund der Reichweite derartiger Entscheidungen in erster Linie ein Instrument zur Organisation staatlich veranlasster Aufgabenwahrnehmung. Das gilt für das „Ob“ öffentlichprivater Partnerschaften ebenso wie für das „Wie“, also die Vertragsgestaltung. Vom Anwendungsbereich der Verwaltungsverfahrensgesetze wird das Verwaltungsorganisationsrecht aber nicht erfasst57. Die Festlegung der inneren Organisation der Länderverwaltung ist in der Regel den Landesorganisationsgesetzen überlassen. ÖPP-Verträge stellen aber ihrerseits organisatorische Gestaltungsinstrumente dar, mit denen funktionale Elemente öffentlicher Aufgaben an Private übertragen werden. Ihr Inhalt beschränkt sich nicht auf eine verwaltende Tätigkeit der Behörde. Etwas anderes kann lediglich dann angenommen werden, wenn die Beteiligung Privater im Rahmen eines umfassenderen konkreten Verwaltungsverfahrens stattfindet. In diesen Fällen liegt aber lediglich eine Ausgliederung einzelner Verfahrensschritte vor, sog. Verfahrensprivatisierung58. Sie ist gegenwärtig im Rahmen kommunaler Bauleitplanung durch private Planungsbüros gem. § 4b BauGB besonders virulent59. Die Verfahrensprivatisierung ist von der funktionelUle, Das besondere Gewaltverhältnis, VVDStRL 15 (1957), S. 133 ff. P. Stelkens / Schmitz, in: Stelkens / Bonk / Sachs (Hrsg.), VwVfG, 6. A., 2001, § 1 Rn. 138. 58 Siehe oben Teil 4, B. IV. 59 Reidt, § 4b BauGB – Die Einschaltung Dritter in die Bauleitplanung, NVwZ 1998, 592 ff. und Remmert, Private Dienstleistungen in staatlichen Verwaltungsverfahren, Tübingen 2003. 56 57
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len Privatisierung i. S. v. ÖPP jedoch strikt zu trennen, weil die jeweiligen Bezugspunkte – selektive Dienstleistungen im einen, strukturelle Aufgabenbestandteile im anderen Fall – qualitativ höchst unterschiedlich sind. Für den weit überwiegenden Teil der ÖPP-Verträge, die nicht in ein größeres Verwaltungsverfahren eingebettet sind, sondern projektbezogene Vertragswerke darstellen, bleibt es bei der Feststellung, dass sich ihr Regelungsgehalt nicht in einem bloßen Gesetzesvollzug oder einer sonstigen verwaltenden Tätigkeit der Behörde erschöpfen, sondern grundlegende Fragen der Aufgabenverantwortlichkeit regeln. Aus diesem Grunde erscheint zumindest eine umfassende Normierung im VwVfG nicht angezeigt.
II. Die Reichweite des öffentlich-rechtlichen Vertrages, §§ 54 ff. VwVfG Bevor nach dem richtigen Standort für kooperationsrechtliche Verträge gesucht wird, muss ferner klar sein, was derartige Vertragswerke im Wesentlichen ausmacht. Denn neben einer öffentlich-rechtlichen Qualifikation kommt auch eine zivilrechtliche Einordnung in Betracht. In diesem Fall würde sich der Vertragsschluss u. a. nach den Vorschriften des Vergaberechts richten. Aber auch für die Rechtswegzuständigkeit spielt die Frage nach der Rechtsnatur von Kooperationsverträgen wegen der unterschiedlichen Zuweisungen in § 40 VwGO und § 13 GVG eine entscheidende Rolle. Charakteristisch für kooperationsrechtliche Verträge zwischen öffentlicher Hand und privater Wirtschaft ist zunächst, dass sich dabei Partner gegenüberstehen, die bzgl. ihrer öffentlich-rechtlichen Verpflichtungen inkongruente Bindungen aufweisen. Während die Behörde als Teil der vollziehenden Gewalt Adressat der Grundrechtsbindung durch Art. 1 Abs. 3 und 19 Abs. 4 S. 1 GG ist, besteht auf der Seite des Privaten eine solche Bindung nur mittelbar. Ausnahmen stellen lediglich die sog. semi-privat / öffentlichen Unternehmen dar, die je nach Vorliegen einer beherrschenden Stellung des öffentlichen Anteilseigners als privat oder öffentlich-rechtlich einzustufen sind60. Verträge zwischen öffentlicher Hand und Privaten sind jedoch nichts Neues; das Vergaberecht belegt dies deutlich. Es regelt u. a. die Auswahl des Vertragspartners und die Durchführung des Vertrages. Materiell-rechtlich werden solche Verträge – unabhängig von der Beteiligung eines Träger hoheitlicher Gewalt – als zivilrechtliche Verträge behandelt. Ihr dogmatisches Fundament findet dieses Konstrukt in der – stark kritisierten61, aber bis heute herrschenden – Fiskustheo60 Zur Problematik des Begriffs des „Privaten“ vor dem Hintergrund des erstarkenden „tertiären Sektors“ bereits oben Teil 1, B. 61 Schachtschneider, Staatsunternehmen und Privatrecht, Kritik der Fiskustheorie, exemplifiziert an § 1 UWG, Berlin 1986.
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rie, nach der es dem Staat nicht verwehrt sei, selbst wie ein Privater am Markt als Anbieter und Nachfrager von Gütern und Dienstleistungen agieren zu können. Anlass dafür, aus der vergaberechtlichen Relevanz eines öffentlichen Auftrags auf einen öffentlich-rechtlichen Charakter des Vertrages zu schließen, wurde bislang nicht gesehen. Angesichts dieser Prämissen ist fraglich, unter welchem Aspekt eine Einordnung kooperationsrechtlicher Verträge unter das öffentliche Recht gerechtfertigt erscheint. M. a. W. was unterscheidet den Typus des Kooperationsvertrages zwischen öffentlicher Hand und Privaten von den sonstigen öffentlichen Aufträgen? Als Ansatzpunkt für eine Differenzierung könnte zunächst die Dauerhaftigkeit der angestrebten Kooperation gesehen werden. So zeichnen sich ÖPP v. a. dadurch aus, dass sie aus wirtschaftlichen Gesichtspunkten einen Lebenszyklusansatz verfolgen und die betreffenden Vertragswerke in der Regel alle Phasen eines Vorhabens erfassen. Daraus allein kann aber nicht auf eine öffentlich-rechtliche Natur geschlossen werden, denn langlebige partnerschaftliche Zusammenschlüsse sind auch dem Gesellschaftsrecht bekannt, wie etwa § 705 BGB62 belegt. Auch das Vertragsobjekt als solches kann die öffentlich-rechtliche Natur des Vertrages nicht begründen. Dass der Vertrag etwa die Errichtung eines öffentlichen Schulgebäudes oder einer Justizvollzugsanstalt zum Ziel hat, verändert nicht das Pflichtenprogramm der Beteiligten. Die Verwendung des Vertragsobjekts zu einem öffentlichen Zweck liegt allein in der Verantwortung des Bestellers. Maßgeblich kann damit allein eine strukturelle Veränderung in der Verantwortung für eine öffentliche Aufgabe sein. Die Verantwortungsübernahme durch den Privaten ist ein wesentliches Charakteristikum und Bestandteil von ÖPP-Verträgen. Der Vertragsinhalt wird von der h. M. als Hauptabgrenzungskriterium des öffentlich-rechtlichen Vertrages gegenüber sonstigen zivilrechtlichen Verträgen angesehen63. Mit Blick auf den neuen Vertragstyp der „Kooperationsverträge“ i. S. v. § 54 Abs. 3 VwVfG ist jedoch zu prüfen, inwiefern das Kriterium des Vertragsinhalts allein ausreichend ist, eine zweifelsfreie Zuordnung zum öffentlichen Recht oder zum Zivilrecht vorzunehmen. Vergleichend sind dabei die tradierten Formen des öffentlich-rechtlichen Vertrages in Gestalt des subordinationsrechtlichen und des koordinationsrechtlichen Vertrages heranzuziehen. Diesen Vertragstypen liegen jedoch Gestaltungen zugrunde, die eine genuine Verbindung mit dem Regelungsbereich des öffentlichen Rechts aufweisen. So sind die subordinationsrechtlichen Verträge als VA-Surrogate64 ohnehin nur im Falle der öffentlich-rechtlich handelnden Verwaltung denkbar. Nur auf dem Gebiet des öffentlichen Rechts haben die Behörden die Befugnis zur Gestaltung von Rechts62 § 705 BGB: Durch den Gesellschaftsvertrag verpflichten sich die Gesellschafter gegenseitig, die Erreichung eines gemeinsamen Zwecks in der durch den Vertrag bestimmten Weise zu fördern, insbesondere die vereinbarten Beiträge zu leisten. 63 Kopp / Ramsauer, VwVfG, 9. A., 2005, § 54 Rn. 27. 64 Bonk, in: Stelkens / Bonk / Sachs (Hrsg.), VwVfG, 6. A., 2001, § 54 Rn. 61.
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verhältnissen durch einseitigen Verwaltungsakt. Dessen funktionales Substitut muss daher ebenfalls ein öffentlich-rechtliches Handlungsinstrument sein. Koordinationsrechtliche Verträge hingegen sind dadurch geprägt, dass beide Partner Träger hoheitlicher Gewalt sind. Gegenstand koordinationsrechtlicher Verträge ist die Modifikation der Wahrnehmung öffentlicher Aufgaben. Insoweit weist der koordinationsrechtliche öffentlich-rechtliche Vertrag starke Affinität zum geplanten Kooperationsvertrag auf. Ein wesentlicher Unterschied besteht aber darin, dass der Private erst durch den Vertrag Wahrnehmungspflichten hinsichtlich einer konkreten öffentlichen Aufgabe übernimmt. Im Falle koordinationsrechtlicher Vereinbarungen besteht von vornherein eine beiderseitige Pflicht der Vertragspartner zur Aufgabenwahrnehmung. Es wird lediglich über die Form und Organisation der Aufgabenerledigung disponiert. Anders hingegen im Fall der Kooperationsverträge: Bei ihnen wird die Verantwortlichkeit des Privaten erst durch den Vertrag begründet. Auch durch den Erlass eines Verwaltungsakts kann die Aufgabenverantwortung nicht herbeigeführt werden. Kooperationsrechtliche Verträge stellen somit nicht schon deswegen öffentlichrechtliche Verträge i. S. d. §§ 54 ff. VwVfG dar, weil sie wie im Fall des subordinationsrechtlichen Vertrag ohne weiteres durch einseitige hoheitliche Regelung ersetzt werden könnten. Es stehen sich auch nicht Vertragspartner gegenüber die, wie im Fall des koordinationsrechtlichen Vertrages, allein darüber verhandeln, wie sie ihren anderweitig obliegenden Pflichten gemeinsam nachkommen wollen. Der Kooperationsvertrag muss vielmehr regeln, welche Verpflichtungen der Private gegenüber der öffentlichen Hand übernimmt. Die vertragliche Übernahme von Pflichten ist aber Hauptbestandteil nahezu jedes, auch des zivilrechtlichen Vertrages. Dabei ist es irrelevant, warum der jeweils andere Teil in den Vertragsschluss einwilligt und ob er dabei gemeinnützige Ziele und öffentliche Interessen verfolgt. Ein öffentlich-rechtliches Gepräge erhält das Vertragswerk nur dann und insoweit, als der Private unmittelbar auch die Wahrnehmung dieses spezifisch öffentlichen Interesses vertraglich übernimmt. Eine solche Übernahme öffentlicher Interessen muss aber anhand eindeutiger Kriterien verifizierbar sein. Wie bereits dargelegt wurde, stellen Öffentlich-Private Partnerschaften privatisierungssystematisch ein Fall funktioneller Privatisierung dar65. Anders als bei materieller Aufgabenprivatisierung findet also gerade kein Austausch des Aufgaben- und Verantwortungsträgers statt. In Abgrenzung zur formellen Privatisierung stellt die funktionelle Privatisierung aber auch keinen rein staatsinternen Organisationsakt dar. Die funktionelle Privatisierung setzt vielmehr eine Umwandlung in der Verantwortungsstruktur von Staatsaufgaben dar. Zu diesen gehört derjenige Teil der am gemeinen Wohl ausgerichteten öffentlichen Aufgaben, für die die Rechtsordnung eine Letztverantwortung des Staates vorsieht66. Diese Letztbzw. Gesamtverantwortung für die öffentliche Aufgabe bleibt auch dann bestehen, 65 66
Siehe oben Teil 4, A. I. 3. Zur Aufgabendogmatik oben Teil 1, A.
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wenn die öffentliche Hand Kooperationen mit der Privatwirtschaft eingeht. Dies ist unter rechtsstaatlichen Gesichtspunkten auch zwingend erforderlich und geboten, denn zu den Grundprinzipien der rechtsstaatlicher Ordnung gehört eine eindeutige Zuordnung staatlicher Zuständigkeiten und -kompetenzen ebenso, wie eine klare Verantwortungsstruktur bei der Wahrnehmung der Staatsaufgaben. Zumindest aus Sicht Dritter erscheint es daher mig, nach einzelnen Verantwortungsstufen zu differenzieren, aus denen sich keine unmittelbare Rechtsfolgen ergeben67. Der Private übernimmt aber regelmäßig nur gegenüber dem öffentlichen Vertragspartner die Verantwortung für die Erfüllung der vertraglich übernommenen Tätigkeiten. Öffentlich-Private Partnerschaften als Mittel zur Heranziehung Privater zur Erfüllung öffentlicher Aufgaben erscheinen vor diesem Hintergrund vor allem als ein Instrument zur Reorganisation staatlicher Aufgabenwahrnehmung. Die Auslagerung funktionaler Elemente öffentlicher Aufgabenwahrnehmung stellt nicht allein deshalb einen öffentlich-rechtlichen Vertragsinhalt dar, weil es sich der Form nach um Staatsaufgaben handelt. Etwas anderes muss aber in den Fällen gelten, in denen der Privater unmittelbar die Erfüllungsverantwortung gegenüber Dritten übernimmt und damit in eine Stellung einrückt, die derjenigen des Staates entspricht. Nur hinsichtlich dieses „Einrückens“ in die staatliche Aufgabenverantwortlichkeit liegt ein öffentlich-rechtlicher Charakter des Vertrages vor. Besonders deutlich zeigt sich dies bei Vertragsmodellen mit Außenwirkung, bei denen zugunsten des privaten Partners gegenüber Dritten eine herausgehobene Stellung vorgesehen wird68 und ihm hoheitliche Befugnisse übertragen werden69. Dies kann u. a. dadurch geschehen, dass dem privaten Unternehmen die Möglichkeit gegeben wird, selbständig Rechtsverhältnisse mit den Benutzern einer Einrichtung zu begründen bzw. die Bedingungen der Nutzung einseitig festsetzen zu können. Dabei ist es irrelevant welchen Inhalt diese Rechtsverhältnisse aufweisen. Allein die Wahlmöglichkeit des privaten Kooperationspartners, für eine öffentlich-rechtliche oder privatrechtliche Lösung optieren zu können70, erweitert seine Befugnisse gegenüber Dritten, was sich allein durch eine Ableitung aus einem entsprechenden Wahlrecht der Behörde erklären lässt. Die Einräumung eines Wahlrechts begründet daher ebenfalls den öffentlich-rechtlichen Charakter des jeweiligen Vertrages. 67 So aber Schuppert, Die öffentliche Verwaltung im Kooperationsspektrum staatlicher und privater Aufgabenerfüllung: Zum Denken in Verantwortungsstufen, Die Verwaltung 31 (1998), 415 ff. 68 In diesem Sinne nun auch Kopp / Ramsauer, VwVfG, 9. A., 2005, § 54 Rn. 40b. 69 So auch U. Stelkens, „Kooperationsvertrag“ und Vertragsanpassungsansprüche: Zur beabsichtigten Reform der §§ 54 ff. VwVfG, NWVBl. 2006, 1 (2 f.), der zwischen öffentlichrechtlichen Beleihungsverträgen bzw. Verwaltungssubstitutionsverträgen einerseits und privatrechtlichen Verwaltungshelferverträgen andererseits differenziert. 70 So etwa vorgesehen in der Neufassung des § 2 Abs. 2 FStrPrivFinG durch Art. 3 lfd. Nr. 2 b des ÖPP-Beschleunigungsgesetzes.
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Die vertragliche Basis einer Übertragung von Hoheitsgewalt stellt einen öffentlich-rechtlichen Vertrag i. S. d. §§ 54 ff. VwVfG dar. In Betracht kommen etwa Beleihungsverträge und Verwaltungssubstitutionsverträge71. Soweit dem Privaten dagegen keine besonderen öffentlich-rechtlichen Befugnisse übertragen werden, kann nicht bereits deswegen von einem öffentlich-rechtlichen Vertrag gesprochen werden, weil der Vertragsgegenstand einen funktionalen Teil einer Staatsaufgabe betrifft72. Denn derartige Konstellationen werden als zivilrechtliche Rechtsverhältnisse bereits vom öffentlichen Beschaffungswesen hinreichend erfasst. Auch hier verpflichtet sich der private Unternehmer der Behörde bei der Erfüllung ihrer Aufgaben behilflich zu sein, freilich ohne dabei die Verantwortung Dritten gegenüber zu tragen. Welche Schlüsse sind nun aber aus der besonderen Charakteristik kooperationsrechtlicher Verträge zu ziehen und was bedeutet das für ihren Regelungsstandort? Zunächst ist festzuhalten, dass es den Kooperationsvertrag schlechthin nicht gibt. Der Begriff bietet keine hinreichenden Anhaltspunkte für eine Zuordnung zum öffentlichen oder privaten Recht, weil kooperative Elemente nicht allein dem Sonderrecht des Staates vorbehalten sind. Es erscheint daher problematisch, wenn der Musterentwurf diesen Begriff verwendet, ohne ihn näher zu definieren. Dabei hilft auch der Zusatz nicht weiter, dass eine Übertragung hoheitlicher Befugnisse nur erfolgen darf, wenn dies gesetzlich vorgesehen ist. Denn abgesehen davon, dass dieser Zusatz nur klarstellt was wegen des institutionellen Gesetzesvorbehalts73 ohnehin gilt – die Vorschriften über den öffentlich-rechtlichen Vertrag geben für eine solche gesetzliche Grundlage jedenfalls nichts her – könnte er einen Anhaltspunkt dafür geben, dass auch Verträge, in denen eine solche Übertragung nicht stattfindet Kooperationsverträge im Sinne des § 54 Abs. 3 VwVfG n.F. sind74. Solche rein zivilrechtlich zu bewertenden Vorgänge haben aber mit dem subordinationsrechtlichen Vertrag bzw. dem koordinationsrechtlichen Vertrag nichts gemein. 71 U. Stelkens, „Kooperationsvertrag“ und Vertragsanpassungsansprüche: Zur beabsichtigten Reform der §§ 54 ff. VwVfG, NWVBl. 2006, 1 (2). 72 So auch U. Stelkens, „Kooperationsvertrag“ und Vertragsanpassungsansprüche: Zur beabsichtigten Reform der §§ 54 ff. VwVfG, NWVBl. 2006, 1 (2 f.). 73 Zu diesem Burmeister, Herkunft, Inhalt und Stellung der institutionellen Gesetzesvorbehalts, Nürnberg 1991. 74 Zu den möglichen Komplikationen bei unveränderter Übernahme des § 54 Abs. 3 ME VwVfG auch U. Stelkens, „Kooperationsvertrag“ und Vertragsanpassungsansprüche: Zur beabsichtigten Reform der §§ 54 ff. VwVfG, NWVBl. 2006, 1 (3 f.). So weist er zutreffend darauf hin, dass nach ständiger Verwaltungspraxis etwa die Beauftragung privater Planungsbüros durch zivilrechtliche Verträge erfolgt. Die allgemeine Publifizierung des Verwaltungshelfervertragsrechts bringe zudem die Frage mit sich, wie weit der Private in die öffentliche Aufgabe einbezogen sein muss, damit man nicht mehr von zivilrechtlichem Beschaffungsvertrag, sondern bereits von öffentlich-rechtlichen Kooperationsvertrag sprechen kann. Schließlich weist er darauf hin, dass angesichts fehlender Abgrenzungskriterien § 54 Abs. 3 ME VwVfG als Rechtswahlermächtigung (miss-)verstanden werden könnte. Ein Novum, das über das – anerkannte – Wahlrecht zwischen unterschiedlichen Handlungsformen hinausgeht, indem es die Rechtsnatur des Vertrages unabhängig vom Vertragsgegenstand dem Willen der Vertragsparteien unterstellt.
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Teil 8: Implementierung öffentlich-privater Kooperationen in die Rechtsordnung
Ihre Aufnahme in die §§ 54 ff. VwVfG führt zu Verwerfungen innerhalb der Strukturen des öffentlich-rechtlichen Vertrages75. Zudem droht eine schleichende Erweiterung des Anwendungsbereiches des Verwaltungsverfahrensgesetzes auf das privatrechtliche Handeln der Behörden. Will man diese Konsequenzen vermeiden, so bietet sich zum einen die Möglichkeit an, das Wort „öffentlich-rechtliche“ (Verwaltungstätigkeit) aus § 1 VwVfG zu streichen. Das Verwaltungsverfahrensgesetz würde somit zum allumfassenden Grundbaustein jeglichen Verwaltungshandelns, gleich welcher Rechtsnatur. Unter dem Aspekt des Grundrechtsschutzes durch Verfahren wäre dadurch vieles gewonnen, andererseits entstünden aber auch Spannungen zum Verwaltungsprivatrecht76, das einer grundlegenden Revision zu unterziehen wäre. Weiter ist zu bedenken, dass die grundrechtliche Bindung der Verwaltung im Bereich des fiskalischen und erwerbswirtschaftlichen Handelns seit langem Gegenstand kontroverser Diskussion ist, aber noch bei weitem nicht zu einem Abschluss gekommen ist. Die großzügige Erweiterung des Anwendungsbereichs des VwVfG entzöge dem wissenschaftlichen Diskurs dabei jegliche Grundlage, ohne sich auf eine gefestigte Dogmatik stützen zu können. Aus Gründen der Rechtssicherheit scheint ein solches Unterfangen mithin allzu kühn. Zum anderen kommt eine engere Fassung des § 54 Abs. 3 VwVfG n.F. in Betracht, die deutlich zum Ausdruck bringt, dass nicht bereits jeder Vertrag mit dem die Behörde einen Privaten an der Erfüllung öffentlicher Aufgaben beteiligt ein öffentlich-rechtlicher Vertrag ist. Es sollte klargestellt werden, dass ein öffentlichrechtlicher Vertrag i. S. d. §§ 54 ff. VwVfG nur vorliegt, sofern der Private zugleich mit hoheitlichen Befugnissen gegenüber Dritten ausgestattet wird und die vertraglichen Regelungen über das bipolare Vertragsverhältnis verlassen. Als Diskussionsgrundlage bietet sich folgender Wortlaut an: „Die Behörde kann einen öffentlich-rechtlichen Vertrag auch schließen, um Private durch Übertragung hoheitlicher Befugnisse an der Erfüllung öffentlicher Aufgaben zu beteiligen, soweit dies durch Rechtsvorschriften vorgesehen ist.“
Der Passus der Übertragung hoheitlicher Befugnisse wird dabei gegenüber dem Musterentwurf aus dem 2. Teilsatz herausgenommen und als zwingendes Tatbestandsmerkmal vorgezogen. Reine „Verwaltungshelferverträge“ – man denke etwa an die Einschaltung eines privaten Abschleppunternehmers77 – fallen damit nicht in den Anwendungsbereich des § 54 Abs. 3 VwVfG n.F. 75 Unklar insofern Becker, Rechtsrahmen für Public Private Partnership, ZRP 2002, 303 (307 f.), der eine Regelung im VwVfG befürwortet, in seinem Normierungsvorschlag entsprechende Verträge aber den Regelungen des Bürgerlichen Gesetzbuches und den vergaberechtlichen Vorschriften unterstellt, soweit nichts Abweichendes geregelt ist (84A7 62b. Kooperationsvertrag mit Privaten“). 76 Hierzu jüngst U. Stelkens, Verwaltungsprivatrecht – Zur Privatrechtsbindung der Verwaltung, deren Reichweite und Konsequenzen, Habilitation, Universität des Saarlandes, Berlin 2005. 77 BGH, NJW 1977, 628 (629) und NJW 2001, 168 (170 f.).
B. Zur neuen Rechtsfigur eines Kooperationsvertrags
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III. Zur Notwendigkeit einer positiven Öffnungsklausel Es bleibt festzuhalten, dass sich ÖPP-Verträge nur dann als öffentlich-rechtliche Verträge charakterisieren lassen, wenn sie neben Fragen der Wahrnehmung einer öffentlichen Aufgabe zugleich die nach außen wirkenden Befugnisse und Verantwortlichkeit des privaten Partners regeln. Wo solche Regelungen mit Wirkungen gegenüber Dritten fehlen, liegen rein zivilrechtlich zu bewertende Beschaffungsverträge der öffentlichen Hand vor, auf die das Vergaberecht Anwendung findet. In diesen Fällen überträgt die Behörde gerade keine Sonderrechte auf den Privaten und tritt nur wie jeder andere Auftraggeber am Markt auf. Aber selbst dort, wo hoheitliche Befugnisse übertragen und der Private eine Außenverantwortung gegenüber Dritten übernimmt, sind Zweifel daran angebracht, ob wirklich eine Verwaltungstätigkeit vorliegt, oder nicht doch schwerpunktmäßig organisatorische Regelungen im Vordergrund stehen. Schließt man sich dem an, dann bleibt zu konstatieren, dass der öffentlich-rechtliche Kooperationsvertrag eine engere Verwandtschaft zum koordinationsrechtlichen als zum subordinationsrechtlichen öffentlichrechtlichen Vertrag aufweist. Denn auch beim Abschluss koordinationsrechtlicher Verträge steht die Organisation der Wahrnehmung öffentlicher Aufgaben im Vordergrund, jedoch mit dem wichtigen Unterschied, dass beide Vertragspartner schon von rechts wegen Aufgabenträger sind. Beim kooperationsrechtlichen Vertrag wird die (funktionelle) Aufgabenträgerschaft erst durch den Vertrag begründet. Angesichts dieser Wesensverschiedenheit ist es daher erforderlich, die im öffentlich-rechtlichen Kooperationsverhältnis auftretenden Interessenkonflikte zwischen den Partnern bzw. im Verhältnis zu Dritten einer eigenständigen gesetzlichen Grundlage zuzuführen78. Dies hätte den Vorteil, dass das Verwaltungsverfahrensgesetz weitestgehend von Detailregelungen freigehalten werden könnte, wie es der Beirat empfohlen hat. Zum anderen würde damit deutlich werden, dass ein solcher Allgemeiner Teil des öffentlichen-rechtlichen Verwaltungskooperationsrechts Kern eines neuen Verständnisses des aktivierenden Staates ist. Die davon ausgehende Innovationskraft dürfte sich bei weitem stärker auswirken als die bloße Aufnahme eines zusätzlichen Typus des öffentlich-rechtlichen Vertrages. Zugleich besteht 78 Anders als bei Schuppert sollte sich ein solches Gesetz aber allein auf die öffentlichrechtlichen Form der Kooperationsverträge, also diejenigen Vertragsmodelle beziehen, bei denen dem Privaten hoheitlichen Befugnisse und funktionelle Erfüllungsverantwortung gegenüber Dritten übertragen werden. Rein zivilrechtliche Vertragswerke bedürfen angesichts fehlender unmittelbarer Außenwirkung keiner Regelung im Öffentlichen Recht. Eine Vermengung beider Regelungsmaterien in einem einheitlichen Gesetzestext gäbe lediglich Anlass zu neuerlichen Verwerfungen. Stattdessen sollte der Gedanke eines eigenständigen Verwaltungsgesellschaftsrechts weiter verfolgt werden. Hierzu schon Becker, Verwaltungsprivatrecht und Verwaltungsgesellschaftsrecht, 1994; von Danwitz, Vom Verwaltungsprivat- zum Verwaltungsgesellschaftsrecht, AöR 120 (1995), 595 ff.; Krebs, Notwendigkeit und Struktur eines Verwaltungsgesellschaftsrechts, Die Verwaltung 29 (1996), 309 ff.; Kraft, Das Verwaltungsgesellschaftsrecht, 1982 und Mann, Kritik am Konzept des Verwaltungsgesellschaftsrechts, Die Verwaltung 35 (2002), 463 ff.
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Teil 8: Implementierung öffentlich-privater Kooperationen in die Rechtsordnung
damit die Möglichkeit, die inzwischen gewohnheitsrechtlich verfestigten dogmatischen Figuren des Verwaltungshelfers und des Beliehenen positivrechtlich weiterzuentwickeln. Zugleich wäre auch die seit langem diskutierte Frage um die Reichweite der Grundrechtsbindung des Privaten bei Erfüllung öffentlicher Aufgaben zu beantworten. Vor diesem Hintergrund lässt sich fragen, ob angesichts erheblicher struktureller Unterschiede zwischen den drei Typen des öffentlich-rechtlichen Vertrages, die Aufnahme des Kooperationsvertrages in den Katalog der §§ 54 ff. VwVfG sinnvoll erscheint79. Die Antwort darauf kann nur positiv ausfallen, denn wenn dem Verwaltungsverfahrensgesetz des Bundes und der Länder die Funktion eines Grundgesetzes der öffentlich-rechtlich handelnden Verwaltung zukommen soll, so dürfen wesentliche Formen und Instrumente nicht außer Acht gelassen werden. Es ist daher zu empfehlen, eine Öffnungsklausel mit dem o.g. Inhalt quasi als Legaldefinition in § 54 Abs. 3 VwVfG n.F. aufzunehmen, um so zur behutsamen Fortentwicklung des öffentlich-rechtlichen Vertrages beizutragen80. Weitergehender Vorgaben – etwa zur Frage der Rechtmäßigkeitsvoraussetzungen – sollten sich die §§ 54 ff. VwVfG enthalten und stattdessen auf ein zu schaffendes „Verwaltungskooperationsgesetz“ verweisen, dessen wesentlichen Grundzüge im Folgenden dargestellt werden.
C. Zur Frage eines Verwaltungskooperationsgesetzes Zum Ende dieser Untersuchung ist hier nicht der richtige Ort die Regelungsaufträge eines sich abzeichnenden Verwaltungskooperationsrechts im Einzelnen darzustellen und zu begründen bzw. konkrete Vorschläge zu unterbreiten81. Die wesentlichen Punkte können jedoch bereits aufgezeigt werden: Von entscheidender Bedeutung für die Weiterentwicklung und Pflege eines Verständnisses vom Staat als aktivierenden Initiator und Gewährleister einer funktions- und leistungsfähigen Daseinsvorsorge wird es sein, dass die zu schaffende Rahmenordnung für die öffentlich-rechtlichen ÖPP-Verträge sowohl einerseits die 79 Gegen eine Normierung des Verwaltungskooperationsrecht im Allgemeinen und im VwVfG im Besonderen wenden sich u. a. U. Stelkens, „Kooperationsvertrag“ und Vertragsanpassungsansprüche: Zur beabsichtigten Reform der §§ 54 ff. VwVfG, NWVBl. 2006, 1 (7) und Tettinger, Public Private Partnership, Möglichkeiten und Grenzen – ein Sachstandsbericht, NWVBl. 2005, 1 (10). 80 In diesem Sinne auch Bonk, Fortentwicklung des öffentlich-rechtlichen Vertrags unter besonderer Berücksichtigung der Public Private Partnerships, DVBl. 2004, 141 (149). 81 Entsprechende Vorarbeiten enthalten die Gutachten Ziekow, a. a. O., S. 198 ff. und Schuppert, a. a. O., S. 124 ff.; vgl. auch die Checkliste bei Tettinger, Die rechtliche Ausgestaltung von Public Private Partnership, DÖV 1996, 764 (770), der bereits früh die wesentlichen Stichpunkte aus öffentlich-rechtlicher Sicht zusammengetragen hat.
C. Zur Frage eines Verwaltungskooperationsgesetzes
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effektive und effiziente Erfüllung der öffentlichen Aufgaben sicherstellt, andererseits aber der Privatwirtschaft auch ausreichende Gestaltungsspielräume belässt, die sie unter ökonomischen Gesichtspunkten eigenverantwortlich ausschöpfen kann. Nur so lässt sich für alle Beteiligten eine „win-win-Situation“ erreichen, die zum beiderseitigen Vorteil gereicht. Dabei sollte man sich jedoch nicht der Illusion hingeben, man könne die private Wirtschaft zur Verantwortungsübernahme an öffentlichen Aufgaben bewegen, ohne zugleich eine Chance zur Gewinnrealisierung anzubieten. Damit es aber nicht zu einer Auslese der gewinnträchtigsten Bereiche öffentlicher Daseinsvorsorge, die öffentliche Hand aber weiterhin die Verantwortung für defizitäre Aufgabenbereiche behält, sollte schon bei der Leistungsbeschreibung im Sinne einer Mischkalkulation auf ein ausgewogenes Verhältnis von profitablen und defizitären Aufgaben geachtet werden. Von größter Bedeutung ist es weiterhin, dass ausreichende Sanktionen für den Fall mangelhafter oder ganz ausbleibender Aufgabenerfüllung vorgesehen werden. Die öffentliche Hand muss daher stets ihre Gewährleistungsaufsicht effizient mit geeigneten Mitteln durchsetzen können. Unzureichend erscheint es daher, wenn § 56a ME VwVfG etwa fordert, die Behörde müsse sicherstellen, dass ihr ein hinreichender Einfluss auf die ordnungsgemäße Erfüllung der öffentlichen Aufgabe verbleibt. Denn es bleibt gerade offen, wann ein solcher hinreichender Einfluss vorliegt bzw. wie dieser sicherzustellen ist. Die Konkretisierung dieses durchaus richtigen Ansatzes kann nicht der Vertragspraxis im Sinne des trial-and-error-Prinzips überlassen werden. Im Übrigen ist die Frage der Sicherstellung der Aufgabenwahrnehmung durch Privater von so wesentlicher Bedeutung für das Gemeinwesen, dass sie nach den allgemeinen Grundsätzen dem Parlamentsvorbehalt unterliegt. Angesichts der Komplexität der in Rede stehenden Verträge erscheint auch die in § 59 Abs. 2a ME VwVfG vorgesehene Nichtigkeitsfolge nicht praktikabel82. Die üblichen zivilrechtlichen Sanktionen in Form von Vertragsstrafe, Schadensersatz und Rücktritt dürften ebenfalls kaum zureichend sein, weil sie allein auf die Kompensation von Vermögensdefiziten ausgerichtet sind. Der Bestand und die Erfüllung öffentlicher Aufgaben weisen aber keinen rein pekuniären Wert auf, sondern sind von höherem, allgemeinem Interesse. 82 U. Stelkens weist darauf hin, dass insbesondere die vorgesehene Nichtigkeitsfolge bei fehlender Sicherstellung des Einflusses zur kontraproduktiven Ergebnissen führen kann, U. Stelkens, Zur beabsichtigten Reform der §§ 54 VwVfG, NWVBl. 2006, 1 (5). Mit der ipso iure eintretenden Rechtsunwirksamkeit des Vertrages ist weder der Behörde noch der Allgemeinheit geholfen. Man wird in Betracht ziehen müssen, dass die öffentliche Verwaltung schon aus faktischen Gründen nicht in der Lage sein wird jederzeit auf eine mangelhafte Vertragserfüllung angemessen reagieren kann, etwa durch Selbstvornahme der vertraglichen Pflichten. Eine vorläufige mangelhafte Erfüllung durch den Privaten ist dann immer noch besser als gar keine Erfüllung durch die öffentliche Verwaltung. Hierzu bedarf es aber flexiblerer Instrumentarien als des scharfen Schwerts der Nichtigkeit.
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Teil 8: Implementierung öffentlich-privater Kooperationen in die Rechtsordnung
Schließlich sollte ein Verwaltungskooperationsgesetz Regelungen über das schiedsgerichtliche Verfahren und entsprechende Beteiligungsrechte Dritter sowie anerkannter Verbände enthalten. Es zeigt sich, dass es noch weiterer Vorarbeiten für die Realisierung eines integrativen Verwaltungskooperationsrechts bedarf. Die Implementierung des aktivierenden und kooperativen Staates in die Rechtsordnung steht gegenwärtig noch an ihren Anfängen. Ziel muss es sein im Interesse der Beteiligten einen normativen Rahmen vorzugeben, der den Bedürfnissen nach Rechtssicherheit Rechnung trägt, die Risiken angemessen verteilt und dabei zugleich genügend Freiraum lässt, um den Anforderungen im Einzelfall gerecht zu werden. All dies braucht wohl noch Zeit.
Zusammenfassende Thesen 1. Die wissenschaftliche Durchdringung des Zusammenwirkens privater und öffentlicher Partner bei der Erfüllung öffentlicher Aufgaben hat am Gegenstand derartiger Kooperationen anzusetzen. Die innere Dogmatik des Aufgabenbegriffs nimmt daher eine Schlüsselstellung bei der rechtswissenschaftlichen Untersuchung von Privatisierungsvorgängen ein. Der Aufgabenbegriff umfasst dabei alle Tätigkeiten, die zur Erreichung eines vordefinierten Soll-Zustands, unternommen werden. Dabei weist er einen über die Summe dieser Tätigkeiten hinausgehenden normativen – verpflichtenden – Gehalt auf. Erfolgt die Zielvorgabe aus Sicht des Aufgabenträgers fremddefiniert (trägerorientierte Sicht), dann lässt sich von externer Aufgabenverantwortlichkeit sprechen. Des Weiteren lassen sich Aufgaben danach unterscheiden, in wessen Interesse sie wahrgenommen werden (interessenorientierte Sicht). Öffentliche Aufgaben im hier zugrunde liegenden Sinn sind grundsätzlich fremdnützige Aufgaben, weil sie vorrangig in einem überindividuellen, allgemeinen Interesse wahrgenommen werden. Ihnen steht der Begriff der privaten Aufgaben gegenüber. 2. Dem Begriff der öffentlichen Aufgabe liegt ein rein empirisches Verständnis zugrunde. Ihm kann keine Aussage darüber entnommen werden, in wessen Verantwortlichkeit eine konkrete öffentliche Aufgabe fällt. Daher lässt sich auch kein Primat des Staates zur Wahrnehmung solcher Aufgaben formulieren. Grundsätzlich steht es auch Privaten frei fremdnützige Aufgaben zugunsten der Allgemeinheit wahrzunehmen. Als Beispiel hierfür lässt sich die karitative Armenfürsorge anführen. 3. Demgegenüber bezeichnet der Begriff der Staats- bzw. Hoheitsaufgaben, denjenigen Teil der öffentlichen Aufgaben, die nach der Rechtsordnung der Verantwortung des Staates und seiner Einrichtungen anvertraut sind. Der Begriff der Staatsaufgaben ist daher ein Rechtsbegriff und unabhängig vom jeweiligen Wahrnehmungsmodus. Entscheidet sich der öffentliche Aufgabenträger zu einer Erfüllung mit den Mitteln des öffentlichen Rechts, dann liegt eine Verwaltungsaufgabe vor. 4. Die Staats- bzw. Hoheitsaufgaben sind von den Fiskalaufgaben des Staates zu trennen. Letztere werden mittelbar im öffentlichen Interesse wahrgenommen und dienen vorrangig der Pflege und dem Erhalt des staatlichen Vermögens. Staatsund Fiskalaufgaben lassen sich unter dem Oberbegriff der staatlichen Aufgaben zusammenfassen. 5. Von den Staatsaufgaben sind ferner die Staatszwecke und die Staatszielbestimmungen zu unterscheiden. Während erstere Ausdruck staatsphilosophischer
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Zusammenfassende Thesen
Überlegungen zum Wesen des idealen Staates sind, stellen die zweiten rechtlich verpflichtende Zielvorgaben dar, aus denen sich jedoch nur allgemeine Direktiven staatlichen Handelns, aber keine konkreten Handlungsaufträge ableiten lassen. 6. Der Begriff der öffentlichen Aufgaben weist eine gesteigerte Wandlungsfähigkeit auf, was zum einen auf einer Veränderung des angestrebten Handlungsziels selbst und zum anderen in der wechselnden Bewertung der eingesetzten Mittel beruhen kann. Angesichts dessen, dass die Allgemeinheit als Destinatär öffentlicher Aufgaben unterschiedliche Maßstäbe an beide Kriterien anlegt, vollzieht sich der inhaltliche Wandel öffentlicher Aufgaben in einem stetigen Prozess. Drehund Angelpunkt jeglicher Aufgabendiskussion und -kritik ist dabei der Begriff des Gemeinwohls. 7. Neben dem Aufgabenbegriff unterliegt auch der Begriff des Privaten eines inhaltlichen Wandels, der entscheidend vom jeweiligen Menschenbild des zeitgeschichtlichen Kontextes geprägt wird. Im Zeitalter des modernen, kooperierenden und aktivierenden Staates ist daher nicht allein das Staatsverständnis, sondern auch das Verständnis vom Privaten und seinem Verhältnis zur Gesellschaft einer grundlegenden Revision zu unterziehen. 8. Derzeit erscheint allein eine gemischte Definition des Privaten aus Elementen einer formellen und materiellen Betrachtung geeignet, die Figur des Privaten angemessen zu umschreiben. Anders als der Staat zeichnet sich der Private danach dadurch aus, dass er auf der Ebene (rechtlicher) Gleichrangigkeit anderen Rechtssubjekten gegenübertritt (materielles Element) und zudem keinem maßgeblichen Einfluss staatlicher Organe ausgesetzt ist (formelles Element). Die Tragfähigkeit dieses gemischten Ansatzes bewährt sich insbesondere vor dem Hintergrund der gemischtwirtschaftlichen Unternehmen. 9. Ansatzpunkt für eine Beteiligung Privater im hier verstandenen Sinn, ist die Erfüllung einer öffentlichen Aufgabe. Die Einbeziehung Privater in die öffentliche Aufgabenerfüllung stellt demgegenüber eine Frage der Bürgerbeteiligung und der Partizipation an behördlichen Entscheidungsprozessen dar. 10. Die Beteiligung Privater an der Erfüllung öffentlicher Aufgaben weist neben rechtswissenschaftlichen Aspekten auch aus Sicht anderer Wissenschaftszweige wichtige Fragestellungen auf. Eine Untersuchung dieses Phänomens hat stets auch die interdisziplinären Entwicklungen in diesen Bereichen im Blick zu behalten und kritisch zu würdigen. 11. Die Geschichte der Beteiligung Privater an der Ausübung von Staatsgewalt weist mindestens bis in die Anfänge der Industrialisierung zurück. Sie hat durch die Krise des westlichen Wohlfahrtstaates jedoch seit den 1980iger Jahren neuen Schwung erhalten. Ausgangspunkt der gegenwärtigen Bestrebungen zur Implementierung Öffentlich Privater Partnerschaften (ÖPP) sind die sog. Public Private Partnership (PPP) und Private Finance Initiatives (PFI) aus dem angelsächsischen und amerikanischen Rechtsraum.
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12. Die Entwicklung zum kooperierenden Gewährleistungsstaat fällt in Deutschland, wie überall im Raum der Europäischen Gemeinschaft, angesichts der prekären Lage der öffentlichen Haushalte auf fruchtbaren Boden und wird bisweilen je nach parteipolitischer Orientierung positiv oder negativ bewertet. Überwiegend wird aber auf die Gestaltungschancen und entlastende Effekte bei einem erneuerten Staatsverständnis hingewiesen. Dabei darf nicht übersehen werden, dass es aus rechtswissenschaftlicher Sicht einer normativen Ordnung bedarf, die die entstehenden Risiken abschirmt, zugleich aber Raum zu individueller Gestaltung solcher Kooperationen lässt. Die Entwicklung eines entsprechenden Verwaltungskooperationsrechts steckt gegenwärtig noch in den Anfängen. 13. Dabei wirkt es sich erschwerend aus, dass eine überzeugende Definition von PPP (oder nunmehr ÖPP) trotz vielfältiger Untersuchungen und zunehmender kodifikatorischer Anstrengungen bislang nicht gelungen ist. Einigkeit besteht nur insoweit, als Akteure aus dem öffentlichen und privaten Sektor dauerhaft zur Erfüllung öffentlicher Aufgaben zusammenwirken. Als wesentlich wird des Weiteren eine damit verbundene Verteilung des wirtschaftlichen Risikos der gemeinsamen Unternehmung auf die Partner angesehen. Unklar ist, ob nur vertragliche ÖPP oder auch informelle Kooperationen in die Betrachtung einzubeziehen sind. 14. Ansätze zu ÖPP sind in Deutschland in nahezu allen Bereichen öffentlicher Tätigkeit zu erkennen. Vornehmlich auf den Gebieten, wo bei unveränderter öffentlicher Wahrnehmung erhebliche Investitionen erforderlich werden, spielen einzelne Pilotprojekte eine wichtige Vorreiterrolle in der Entwicklung zum kooperierenden Gewährleistungsstaat. Dabei stellt sich die Markttauglichkeit öffentlicher Güter und Dienstleistungen als entscheidender Faktor für die Bereitschaft zu privatem Engagement dar. Besonders hervorzuheben sind der Bereich des öffentlichen Hoch- und Tiefbaus, sowie des Baus und der Unterhaltung leitungsbezogener öffentlicher Infrastrukturen. Aber auch in anderen Bereichen wie Kulturförderung und Entwicklungshilfe nimmt der Rückzug des Staates erste Formen an. 15. ÖPP lassen sich nur vor dem Hintergrund der Privatisierungsarten inhaltlich und dogmatisch voll erfassen. Sie stellen in diesem Zusammenhang einen Typ der sog. funktionellen Privatisierung öffentlicher Aufgaben dar. Sie stehen damit zwischen der materiellen Privatisierung und der formellen Privatisierung. Erstere zielt auf die vollständige Übertragung einer öffentlichen Aufgabe an den privaten Sektor ab; die zweite betrifft allein die Form der Wahrnehmung öffentlicher Aufgaben durch den Staat. Funktionelle Privatisierung meint hingegen nur die teilweise Externalisierung einzelner Aufgabenbestandteile. In jedem Fall trifft die öffentliche Hand weiterhin die Gesamtverantwortung für die öffentliche Aufgabe. Sie bleibt also Staats- bzw. Hoheitsaufgabe. Die Begriffe Outsourcing, Contracting Out, Finanzierungsprivatisierung, Verfahrensprivatisierung beschreiben Untergruppen funktioneller Privatisierung. 16. Die Analyse der rechtlichen Voraussetzungen von ÖPP muss am Wesen des Staates ansetzen, weil dieser bei extensiver Kooperation mit Privaten an Legitima-
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tion einzubüßen droht. Der gewährleistende Staat muss in gesteigertem Maße darauf achten, nicht in eine formale Stellung zu geraten, aus der heraus er zwar die Verantwortung für die Staatsaufgaben trägt, jedoch kaum noch über entsprechende Steuerungsmöglichkeiten verfügt. Die Grundzüge der Staatlichkeit sind bei fortschreitender Kooperation mit Augenmaß zu beachten. 17. Vor diesem Hintergrund sind die sog. notwendigen Aufgaben des Staates bzw. die genuinen Kernaufgaben des Staates zu untersuchen. Dieser Kernbereich lässt sich nicht allein durch das Grundgesetz umreißen, weil ihm ein vorrechtliches Verständnis zugrunde liegt. Genuine Staatsaufgaben zeichnen sich dadurch aus, dass sie von höherer Legitimation sind, als sie die Verfassung verleihen kann. Bei der Frage nach der Existenz eines solchen metarechtlich begründeten Kernbereichs des Staates lassen sich die Aufgabentheorie, die eine bereichsspezifische Konturierung dieses Bereichs verfolgt, und die Befugnistheorie, die einen originären Kern von Staatsaufgaben mit umfassenden Kompetenzen des Verfassungsgebers ablehnt, unterscheiden. Allein letzterer ist zu folgen, da nur sie dem Wesen des modernen Verfassungsstaates Rechnung trägt. 18. Die Befugnis des Verfassungsgebers zur Umstrukturierung des jeweiligen Staatsaufgabenkanons sind jedoch verfassungstheoretische Grenzen gezogen. Sie haben ihre Grundlage in der These der Dichotomie von Staat und Gesellschaft und der darauf fußenden Legitimationsbedürftigkeit des Staates. Da ein Staat ohne Aufgaben ein sinnentleertes Gedankenkonstrukt darstellt, muss zumindest ein temporal variabler Kernbereich staatlicher Tätigkeit fortbestehen, aus dem sich die Legitimität des Staates herleiten lässt. D. h. nicht, dass dieser Kernbereich einer dauerhaften inhaltlichen Ausdeutung zugänglich ist. Allenfalls empirisch lässt sich nachweisen, dass einzelne Aufgaben, wie Innere und Äußere Sicherheit, Justiz, Auswärtige Angelegenheiten, Steuern und Finanzen diesem Bereich näher stehen als andere. Jedoch ist auch insoweit eine inhaltliche Veränderung des Aufgabenverständnisses zu beobachten, wie es in der Entwicklung vom Polizei- und Ordnungsrecht zum kooperativen Sicherheitsrecht, sowie der Zunahme außergerichtlicher Streitschlichtungsverfahren offenbar wird. 19. Auch das Grundgesetz geht von einem Konzept offener Staatsaufgaben aus. Aus seinen inneren Strukturprinzipien lässt sich jedenfalls kein bestimmter Aufgabenkern entnehmen, der unabänderlich vom Staat wahrzunehmen ist. Auch die staatliche Souveränität, das Gewaltmonopol und die Unverletzlichkeit der Menschenwürde verlangen nicht nach einem inhaltlich umrissenen Aufgabenvorbehalt des Staates. Es existiert kein Bereich öffentlicher Aufgaben, der per se jeder Form der Privatisierung entzogen wäre. Die rechtliche Zulässigkeit von ÖPP ist allein eine Frage der rechtlichen Gestaltungsmöglichkeiten bzgl. der Aufgabenverantwortlichkeit. 20. Die geltende Rechtsordnung weist auf allen Regelungsebenen sowohl privatisierungsfördernde als auch privatisierungshemmende Normkomplexe auf. Dabei liegt der Wirtschaftsverfassung der Europäischen Gemeinschaft ein privatisie-
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rungsfreundlicheres Konzept zugrunde als dem grundsätzlich wirtschaftsverfassungsneutralen Grundgesetz. Jedoch können auch die gemeinschaftsrechtlichen Vorgaben einer Privatisierung entgegenstehen. Dies gilt vor allem für die beihilferechtlichen Vorschriften der Art. 87 ff. EGV. Das Grundgesetz enthält keine allgemeine Privatisierungsklausel, wie Art. 25 des Einigungsvertrages und trifft auch kaum privatisierungsrechtliche Vorgaben. Von Relevanz sind jedoch der beamtenrechtliche Funktionsvorbehalt, Art. 33 Abs. 4 GG; die Vorschriften über den Vollzug und die Ausführung der Bundesgesetze, Art. 83 ff. GG; die finanzverfassungsrechtlichen Bestimmungen, Art. 104a ff. (115) GG und die Staatsfundamentalprinzipien, Art. 20 und 28 GG. Sie enthalten jedoch weder explizite Privatisierungsverbote noch -gebote. Sie setzen den privatisierenden Gesetzgeber jedoch unter einen erheblichen Rechtfertigungsdruck, dem in der Praxis oft nicht hinreichend Rechnung getragen wird, wie insbesondere Art. 33 Abs. 4 GG zeigt. Das gleiche gilt für privatisierungsrechtliche Vorgaben auf der Ebene des einfachen Gesetzesrechts, insbesondere für das kommunale Wirtschaftsrecht und das Haushaltsrechts der Länder und Kommunen. 21. Bei der rechtlichen Umsetzung von ÖPP ist zwischen dem Innenverhältnis zwischen den Vertragspartnern und dem Außenverhältnis zu Dritten zu unterscheiden. Während für erstere die Vorgaben des jeweiligen Vertragsrechts maßgebend sind, ist für das zweite die dogmatische Bewältigung des privaten Vertragspartners von Bedeutung. Aus dem Staatshaftungsrecht sind insbesondere die Figuren des Beliehenen und des Verwaltungshelfers auf eine Kooperation mit der öffentlichen Verwaltung angelegt. Den dogmatischen Oberbegriff bildet der Begriff des Verwaltungsmittlers. Beliehener und Verwaltungshelfer sind von den Instituten der Indienstnahme Privater und der Verwaltung durch Beauftragte abzugrenzen, die sich auf entsprechende imperative, gesetzliche Verpflichtungen Privater zurückführen lassen. Angesichts der umfassenden Beteiligung des Privaten im Rahmen von ÖPP sind die Figuren des Verwaltungshelfers und des Beliehenen weiterzuentwickeln, und nach hier vertretener Auffassung einer gesetzlichen Regelung durch ein zu schaffendes öffentliches Verwaltungskooperationsrecht zuzuführen. 22. Angesichts der vagen rechtlichen Vorgaben hat sich im Zuge der Umsetzung von ÖPP eine umfangreiche kasuistische Vertragspraxis herausgebildet. Vor diesem Hintergrund lassen sich die entwickelten Vertragsmodelle danach unterscheiden, ob mit ihnen dem Privaten auch eine öffentlich-rechtliche Sonderstellung gegenüber Dritten eingeräumt werden soll. Entsprechend sind Vertragsmodelle mit und ohne Außenwirkung zu unterscheiden. Vertragsmodelle ohne Außenwirkung sind die verschiedenen Formen der Betreibermodelle, bei denen sich der Verwaltungsträger lediglich vertreten lässt, und die Betriebführungs- und Betriebsüberlassungsmodelle dar. Ohne Außenwirkung sind auch bloße Finanzierungsmodelle. Bei den Vertragsmodellen mit Außenwirkung haben sich das Konzessionsmodell und das Beteiligungsmodell herausgebildet. Dabei kommt das Konzessionsmodell
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einer materiellen Privatisierung relativ nahe, weil der Private gegenüber den Benutzern in eigenem Namen auftritt und auch das wirtschaftliche Risiko allein trägt; jedoch verbleibt die Gewährleistungsverantwortung für die öffentliche Aufgabe beim jeweiligen Verwaltungsträger. Das Beteiligungsmodell beruht dagegen auf einer gesellschaftsrechtlichen Verbindung der Kooperationspartner. 23. Die zunehmende Verbreitung von Öffentlich Privaten Partnerschaften führt angesichts bedeutender Investitionssummen zu einem Bedürfnis nach Rechtssicherheit bei den Beteiligten und macht eine Stellungnahme des Gesetzgebers erforderlich. Die bislang unternommenen Gesetzesinitiativen, etwa in Form des ÖPP-Beschleunigungsgesetzes vom 01. 09. 2005 (BGBl. I 2676) beziehen sich allein auf die punktuelle Beseitigung von Hindernissen für die Etablierung solcher Partnerschaften. Ein der wirtschaftlichen Bedeutung angemessener Kodifikationsstand wurde bislang nicht erreicht, so dass auch weiterhin Handlungsbedarf besteht. 24. Der Frage nach dem richtigen Standort eines künftigen Verwaltungskooperationsrechts muss eine genaue Analyse des rechtlichen Gehalts von ÖPP-Verträgen vorausgehen. Dabei ist festzustellen, dass derartige Verträge größtenteils rein zivilrechtlichen Inhalts sind. Hieran ändert auch die Erfüllung einer öffentlichen Aufgabe als Regelungsgegenstand nichts. Erst die Übertragung hoheitlicher Befugnisse auf den Privaten qualifiziert derartige Vertragswerke zu öffentlich-rechtlichen Verträgen im Sinne des Verwaltungsverfahrensgesetzes (§§ 54 ff. VwVfG). Dies folgt daraus, dass der Abschluss zivilrechtlicher Verträge durch die öffentliche Verwaltung nicht in den Anwendungsbereich dieses Gesetzes fällt. Darüber hinaus ist im Einzelfall zu prüfen, inwiefern der Abschluss von umfassenden ÖPP-Verträgen wegen deren organisationsrechtlichen Einschlags noch Gegenstand eines Verwaltungsverfahrens sein kann, oder aufgrund der Komplexität der jeweiligen Verwaltungsspitze anheim zu stellen ist. In jedem Fall finden allein die Vertragsmodelle mit Außenwirkung (Konzessionsmodell und Beteiligungsmodell) ihren Regelungsstandort im Verwaltungsverfahrensgesetz. Da diese Vertragsmodelle aber wesentliche Unterschiede zu den anderen Typen des öffentlich-rechtlichen Vertrages (subordinationsrechtlicher und koordinationsrechtlicher Vertrag) darstellen, ist von einer abschließenden Kodifizierung im Verwaltungsverfahrensgesetz abzuraten. 25. Nach der hier vertretenen Auffassung ist die Aufnahme einer Öffnungsklausel zum Verwaltungskooperationsvertrag in Gestalt eines dritten Absatzes in § 54 VwVfG aufzunehmen, um so ein positives Bekenntnis zu dem neuen Handlungsinstrument der kooperativen Verwaltung abzugeben. In Verbindung mit den entsprechenden fachgesetzlichen Vorschriften (z. B. § 16 KrW- / AbfG, § 18a WHG, § 9a AtomG und §§ 4b, 11, 12, 157, 167, 214 BauGB) ergibt sich dann für die öffentliche Verwaltung eine dem Gesetzesvorbehalt entsprechende Ermächtigungsgrundlage. Weitergehende Detailregelungen sind dagegen einem gesonderten Verwaltungskooperationsgesetz vorzubehalten. Der Anwendungsbereich dieses Ge-
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setzes ist auf die öffentlich-rechtlichen Kooperationsverträge zu beschränken. Dagegen erfahren die Vertragsmodelle ohne Außenwirkung durch das Zivilrecht bereits eine hinreichende gesetzliche Regelung. Handlungsbedarf wird diesbezüglich nicht gesehen. Zum Mindestinhalt eines Verwaltungskooperationsgesetzes gehören Regelungen zur Leistungsbeschreibung, zur Sicherstellung der Gewährleistungsverantwortung der öffentlichen Verwaltung, zu Sanktionsmechanismen bei Nicht- oder Schlechterfüllung durch einen der Partner sowie zur außergerichtlichen Streitschlichtung. Neben dem öffentlich-rechtlichen Verwaltungskooperationsrecht wird zudem eine behutsame Kodifizierung des öffentlich-rechtlichen Verwaltungsgesellschaftsrechts zu erwägen sein, das sich in einem gesonderten Teil integrieren ließe.
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Behördenbegriff 168, 187, 230 Beihilfe 108, 143, 151 Beihilfenbegriff, gemeinschaftsrechtlicher 142 Beihilfenverbot 142, 143, 151 Beleihung 51, 72, 82, 85, 86, 165, 183, 184, 195, 186, 188, 189, 190, 193, 195, 213, 219 Beleihungsverträge 235 Beliehener 28, 51, 62, 107, 182, 183, 185, 186, 187, 189, 191, 196, 198, 213, 238, 245 bellum omnium contra omnes 48 Berliner Wasserbetriebe 178 Berufsbeamtentum 154, 155, 156, 162, 163 Berufsfreiheit 54 Beschaffungswesen 44, 235 Beteiligungsmodell 210, 212, 245, 246 Betreibermodell 74, 92, 201, 202, 245 Betriebsführungsmodell 204 Betriebsüberlassungsmodell 204 Bildungsbereich 93 Bremer Modell 66 Budgetrecht, parlamentarisches 174 Bundeswehr 66, 74 Contracting out 96, 109, 201, 203, 243 Cross-Border-Leasing 205 Daseinsvorsorge 35, 59, 104, 127, 138, 140, 141, 148, 150, 152, 160, 161, 211, 238, 239 Delegation 186, 189, 230 Demokratieprinzip 154, 177, 178 Deprivatisierung 145 Deregulierung 24, 99, 225 Dialog, wettbewerblicher 216, 218 Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse 136, 137, 138, 139, 140
268
Sachregister
Dienstleistungskonzession 207 Dienstleistungsstaat 23 Diskriminierungsverbot 135 effet utile 131, 134 E-Government 77, 92 Einfluss- und Qualitätssicherung 225 Eingriffsbefugnisse 31 Eingriffsverwaltung 158, 159, 161, 162 Entstaatlichung 24, 29, 32, 40, 111, 114, 115, 116, 123, 124, 126, 128, 129, 130, 144, 145, 146, 147, 152, 156, 178, 190 Entwicklungshilfe 243 Entwicklungspolitik 66, 75, 76 Erdölbevorratungsgesetz 198 Erfüllungsgehilfe 55, 106, 109, 182, 195 Erfüllungsüberwachung 167 Erfüllungsverantwortlichkeit 97, 200 Erledigungsverantwortung 106, 109 Erwerbermodell 222 Eurostat 152 Ewigkeitsklausel 44 Factoring 206 Fernstraßenbau 25, 71, 72, 110 Fernstraßenprivatfinanzierungsgesetz 25, 66, 72, 73, 218, 219 Finanzierungsmodelle 245 Finanzierungsprivatisierung 110, 111, 243 Finanzierungsverantwortung 110, 174 Finanzverwaltung 120 Finanzwesen 119 Fiskalaufgaben 37, 45, 241 Fiskalverwaltung 39, 40, 44, 47, 56, 159, 228 Fiskustheorie 44, 232 F-Modell 72, 208 Fondsleasing 205 Forfaitierung 206 Funktionsvorbehalt, beamtenrechtlicher 136, 138, 154, 155, 157, 158, 160, 166, 172, 245 Garantenstellung des Staates 99 Gebäudebewirtschaftung 94 Gebührenfinanzierung 72, 142 Gefahrenvorsorge 31, 80 Gemeindewirtschaftsrecht 148, 150, 151
Gemeinsamer Markt 130, 131, 133, 135 Gesamtverantwortung 43, 55, 68, 180, 212, 224, 233, 243 Gesellschaftsvertrag, Lehre vom 50 Gesetzesvorbehalt 189, 194, 246 Gesetzesvorbehalt, institutioneller 189, 195, 235 Gesetzgebungsmonopol 45 Gewährleistung der Aufgabenerfüllung 31, 34, 119 Gewährleistungsstaat 225 Gewährleistungsstaat, kooperierender 243 Gewährleistungsverantwortung 83, 86, 106, 180, 224, 246, 247 Gewaltmonopol 80, 119, 121, 123, 124, 126, 244 Globalisierung 23, 58 Grundfreiheiten, wirtschaftliche 35, 131, 139, 140 Grundrechtsbindung 54, 124, 187, 193, 210, 231, 238 Grundrechtsschutz durch Verfahren 236 Grundsatz der Haushaltswahrheit und -vollständigkeit 173 Grundsatz einer offenen Marktwirtschaft mit freiem Wettbewerb 131, 132, 134, 138, 140, 141 Haftvollzugsanstalt 26, 30 Handlungsraum, staatlicher 29 Haushalt, öffentlicher 25 Haushaltsdefizit 23 Haushaltslage 25, 66, 111, 172, 190 Haushaltspolitik 23 Haushaltsrecht 80, 103, 146, 245 Hegel 49 Heranziehungsprivatisierung 105 Hobbes 48 Hochbau, staatlicher 26 Hoheitsgewalt 62, 123, 164, 183, 192, 235 Imperativ, kategorischer 49 Indienst- bzw. Inpflichtnahme 182 Industrialisierung 242 Ineffizienz, allokative 57 Infrastruktur, öffentliche 25 institutional choice 57 Instrumente, kooperationsrechtliche 27
Sachregister Investitionen, staatliche 127 Investor, privater 26 Justiz 119, 120, 244 Justizvollzugsanstalt 78, 232 Kant 49-50 Kapital- und Zahlungsverkehrsfreiheit 139 Kartellverbot 132 Kernaufgaben des Staates 24, 244 Kernenergie 76 Kernkompetenzen 39, 41, 74, 116, 147 Kolonialgesellschaft 62 Kommunalkredit 176, 206 Konsensprinzip 200 Konvergenzkriterien 152 Konzession 61, 72, 207, 208 Konzessionsmodell 201, 207, 208, 245, 246 Kooperation mit Privaten 26, 150, 243 Kooperation, öffentlich-private 202, 212, 215 Kooperationsprinzip 25 Kooperationsprinzip als Steuerungsprinzip 225 Kooperationsvertrag 200, 226, 227, 228, 229, 232, 233, 235, 238, 247 Kostenprivatisierung 111 Kreditaufnahme, öffentliche 175 lean administration 24 Leasing 101 Leasingmodell 204 Legitimation, demokratische 177, 178, 185 Leistungserbringer, externer 23 Leistungserbringung, staatliche 179 Leistungsfähigkeit des Staates 23 Leistungsgesellschaft 211 Leistungsverwaltung 105, 158, 159, 160, 161, 162 Leviathan 49 Liberalisierung 88 Luftfahrzeugführer 184 Machiavelli 48 Mandatierung 230 Marktkräfte 25, 97, 132 Marktversagen 57, 68, 132 Maslow’sche Bedürfnispyramide 160
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Menschenwürde 118, 244 Militär 120 Monheimer Modell 93 Monopol, staatliches 35, 123 Naturzustand 49 Netzwerkgesellschaft 211 Niederlassungsfreiheit 139 Obrigkeitsstaat 60 Oderwitz 176 Öffentlich Private Partnerschaft 26, 28, 63, 66, 67, 71, 77, 146, 152, 153, 174, 176, 215, 217, 219, 220, 221, 222, 225, 227, 231, 232, 242, 243, 244, 245, 246 öffentliche Sicherheit und Ordnung 26, 31, 82, 139 ÖPP-Beschleunigungsgesetz 216, 221, 222 ÖPP-Vereinfachungsgesetz 223 optimism bias 220 Ordnungsbehörden 30 Ordnungspolitik, nationale 129 Organisationsprivatisierung 55, 84, 96, 99, 101, 102, 103, 104, 105, 108, 112, 113, 128, 137, 144, 169, 178, 188, 195, 209, 213 Organisationstheorie 57 Organwalter 191 Outsourcing 94, 96, 108, 109, 243 Pareto-Optimalität 57 Police Private Partnership 81 Polizei 26, 30, 81, 82, 83, 119, 194, 244 Popularprivatisierung 105 PPP, informelle 199 Prinzip offener Staatsaufgaben 41, 116 Privatisierbarkeit 29, 40, 43, 158 Privatisierung, formelle 99, 102, 103, 104, 105, 107, 113, 178, 233, 243 Privatisierung, funktionelle 26, 28, 59, 79, 84, 96, 105, 106, 107, 112, 113, 114, 116, 129, 130, 144, 175, 176, 177, 179, 181, 190, 195, 212, 230, 231, 233 Privatisierung, materielle 83, 96, 97, 98, 99, 105, 106, 107, 110, 113, 212, 243, 246 Privatisierungsarten 28, 43, 67, 70, 96, 102, 108, 109, 113, 211, 212, 243 Privatisierungsbegriff 112
270
Sachregister
Privatisierungsdebatte 27, 29, 42, 48, 71, 112, 113, 114, 115, 147, 182 Privatisierungsdiskussion 25, 117 Privatisierungsdruck 140, 142 Privatisierungsfolgenrecht 26 Privatisierungsfolgepflichten 180 Privatisierungsgebot 134, 135, 145, 153 Privatisierungsklausel, allgemeine 151, 153, 245 Privatisierungspolitik 58 Privatisierungsrecht 26, 63 Privatisierungsstrategie 25 Privatisierungsverbot 166, 169, 171 Produktionsfaktor 23 Produktionsineffizienz 58 Projektgesellschaft 89, 211, 222 Public Choice 56 Public Finance Initiative 205 Public Private Partnership 26, 63, 67, 71, 81, 87, 93, 112, 182, 201, 206, 211, 220, 242, 243 Quersubventionierung 142 Rechtsbegriff, öffentliche Aufgabe als 36 Rechtsformwahl 57 Rechtsgeschäfte, kreditähnliche 176 Rechtsprinzip 25, 135 Refinanzierungsrisiko 208 Regalien 61 Regulierung 58, 99, 114, 138 Regulierungskompetenz 58 Regulierungsstaat 58 Republikprinzip 45 Risikoverteilung 146, 153, 220 Rousseau 49, 50 Sachkonzession 207 Sale-and-lease-back 101, 205, 221 Schiffskapitäne 184 Schulmodernisierung 26 Sektor, tertiärer 25, 53, 56, 127, 128 Sicherheit 26, 31, 49, 81, 82, 117, 119, 127, 139, 163, 198, 244 Sicherheitsbedürfnis 81 Sicherheitsdienste, private 26 Sicherheitsgewerbe 82 Sicherheitsmonopol, staatliches 26
Sicherheitspartnerschaft 81, 83 Sondervermögen 104, 145, 174 Souverän, staatlicher 34 Souveränität 121, 123, 244 Sozialanthropologie 48 Sozialstaat 24 Sozialstaatsprinzip 154, 179 Staat, aktivierender 69, 75, 190, 237, 242 Staatlichkeit 70, 115, 116, 117, 119, 120, 122, 128-, 129, 244 Staatsaufgabe 36, 38, 39, 40, 41, 42, 43, 44, 45, 55, 57, 68, 79, 98, 101, 102, 106, 115, 116, 117, 118, 119, 120, 121, 124, 125, 126, 135, 147, 155, 156, 157, 158, 164, 165, 166, 174, 175, 229, 230, 233, 234, 235, 241, 244 Staatsaufgabenfindungsrecht 45 Staatsaufgabenkern 48, 116, 120, 121 Staatsaufgabenkonzept 45 Staatsaufgabenlehre 33, 117 Staatsentlastung 24, 97, 110, 113 Staatsgebiet 121 Staatsgewalt 45, 121, 177, 187, 195, 242 Staatshaftungsrecht 177, 245 Staatsquote 99, 101, 105, 111, 197 Staatsschulden 176 Staatsstrukturprinzipien 59 Staatsversagen 57 Staatsverständnis 25, 36, 48, 115, 138, 242, 243 Staatsvolk 121 Staatsvorbehalt 35, 115 Staatsvorbehalt, metarechtlicher 46 Staatszielbestimmungen 46, 47, 241 Staatsziele 47 Staatszwecke 46, 121 status activus 125 status negativus 124 status objectivus 125 Strafvollzug 29, 79, 161 Subsidiaritätsklausel 148, 150 Subventionen 142, 161 System, totalitäres 35, 118 Teilprivatisierung 79, 112, 143 Theorie, ökonomische 57 Tierkörperbeseitigung 85 Tierschutz 47
Sachregister ultra vires-Akt 134 Umweltschutz 47, 76, 132, 184 Unternehmen, gemischtwirtschaftliche 52, 53, 54, 66, 107, 153, 167, 178, 210, 211, 212, 242 Unternehmen, öffentliche 135, 137, 140, 142, 152 Ver- und Entsorgung, kommunale 26 Verantwortung, intrasubjektive 34 Verantwortungsstruktur 67, 106, 112, 113, 233 Verantwortungssubstitution 85 Verantwortungsübertragung 106, 109, 113 Verfahrensbeschleunigung 71 Verfahrensprivatisierung 55, 89, 90, 102, 106, 110, 111, 230, 243 Vergabewesen 53 Verkehrsinfrastruktur 61 Vermietungsmodell 204-205 Vermögensprivatisierung 96, 99, 100, 101, 104, 112, 113, 152 Vermögensverwaltung, staatliche 37 Verstaatlichung 39, 197 Verteidigung 117, 119 Vertrag, koordinationsrechtlicher 52, 232, 233 Vertrag, subordinationsrechtlicher 209, 225, 232, 233, 235, 237 Verwaltung, bundeseigene 169 Verwaltungsaufgabe 30, 36, 37, 41, 42, 97, 156, 158, 164, 185, 188, 192, 193, 194, 195, 198, 209, 241, 252 Verwaltungsgesellschaftsrecht 211 Verwaltungshelfer 28, 106, 107, 109, 182, 189, 190, 191, 192, 193, 194, 196, 198, 213, 238, 245 Verwaltungshelferverträge 236
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Verwaltungshilfe 82, 168, 190, 191, 193, 194, 195 Verwaltungskooperation 63, 224 Verwaltungskooperationsgesetz 247 Verwaltungskooperationsrecht 28, 215, 224, 225, 227, 228, 237, 238, 240, 243, 245, 246, 247 Verwaltungskooperationsverhältnis 26 Verwaltungsmittler 106, 182, 196, 245 Verwaltungsprivatrecht 105, 225, 236 Verwaltungssubstitutionsverträge 235 Verwaltungsunterbau 23, 169, 170 Volkssouverän 45 Volkssouveränität 45 Vollprivatisierung 96, 112, 113 Vollzugsprivatisierung 55, 96, 105, 106, 107, 108, 109, 110, 112, 113, 167, 169 Vorfinanzierung, private 74 Wahlfreiheit 105, 160, 194 Wahrnehmungsmonopol, staatliches 116 Werkzeugtheorie 192, 193 Wesentlichkeitslehre 84, 194 Wettbewerbsfähigkeit des Staates 23 Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit 23, 146, 147, 173 Wirtschaftlichkeitsuntersuchung 146, 220 Wirtschaftsordnung 130, 131, 132, 134, 151 Wirtschaftspolitik 25, 58, 131, 133, 134 Wirtschaftspolitik, interventionistische 25, 133 Wirtschaftspolitik, keynesianische 25 Wirtschaftspolitik, nachfrageorientierte 25 Wohlfahrtsstaat 25 Zugriffsrecht 226 Zwei-Stufen-Theorie 160, 209