209 78 29MB
German Pages 1014 [1016] Year 1978
Die Beratung des Bürgerlichen Gesetzbuchs in systematischer Zusammenstellung der unveröffentlichten Quellen
Herausgegeben von Horst Heinrich Jakobs und Werner Schubert
W DE G_ Walter de Gruyter · Berlin · New York
Recht der Schuldverhältnisse I §§ 241 bis 432
w DE
G_ 1978 Walter de Gruyter · Berlin · New York
Es h a b e n bearbeitet: Systemanträge: §§ 2 4 1 - 2 7 5 SS 2 7 5 - 304 SS 3 0 5 - 3 1 9 SS 320-327 SS 3 2 8 - 3 4 5 SS 346-386 SS 3 8 7 - 4 1 9 SS 4 2 0 - 4 3 2 Nachtrag
Schubert Schubert Jakobs Schubert Jakobs Schubert Jakobs Schubert Jakobs Schubert
Gedruckt mit Unterstützung der Deutschen Forschungsgemeinschaft
CIP-Kurztitelaufnahme der Deutschen Bibliothek Die Beratung des Bürgerlichen Gesetzbuchs : in systemat. Zsstellung d. unveröff. Quellen / hrsg. von Horst Heinrich Jakobs u. Werner Schubert. - Berlin, New York : de Gruyter. N E : Jakobs, Horst Heinrich [Hrsg.] —» Schubert, Werner: Materialien zur Entstehungsgeschichte des BGB © Copyright 1978 by Walter de Gruyter & Co., vormals G. J. Göschen'sche Verlagshandlung. J . Guttentag, Verlagsbuchhandlung, Georg Reimer, Karl J . Trübner, Veit 8c Comp., Berlin 30. Alle Rechte, insbesondere das Recht der Vervielfältigung und Verbreitung sowie der Ubersetzung, vorbehalten. Kein Teil des Werkes darf in irgendeiner Form (durch Fotokopie, Mikrofilm oder ein anderes Verfahren) ohne schriftliche Genehmigung des Verlages reproduziert oder unter Verwendung elektronischer Systeme verarbeitet, vervielfältigt oder verbreitet werden. Printed in Germany Satz und Druck: £ . Kieser GmbH, Graphischer Betrieb, Augsburg Bindearbeiten: Berliner Buchbinderei Wübben & Co, Berlin 42
Vorwort Grundlage für die Anordnung der Quellenedition ist das in der Einleitung mitgeteilte und näher erläuterte Herausgabeschema. Über die zahlreichen darüber hinausgehenden Editionsprobleme zu den einzelnen Normen oder Normenkomplexen haben wir uns mehrfach beraten. Die letztendliche Entscheidung darüber blieb jedem der Herausgeber selbst überlassen. Erst nach Abschluß des Umbruchs wurden die Protokolle der XII. Kommission im Reichstage (Näheres dazu Bd. 1) aufgefunden. Die wenigen, deshalb notwendig gewordenen Ergänzungen werden im Nachtrag mitgeteilt. Ferner sei noch erwähnt, daß es den Herausgebern inzwischen gelungen ist, die Originale der Protokolle (einschließlich der Anträge) der 1. Kommission aufzufinden. Neue Gesichtspunkte ergeben sich hieraus nicht, da die metallographisch vervielfältigten Abschriften der Quellen nicht nur mit den Originalen übereinstimmen, sondern auch für die praktische Arbeit der Kommission allein maßgebend waren. Die offiziellen Register usw. sind auf der Grundlage der Metallographien erstellt worden. Lediglich zur Entscheidung von Zweifelsfragen werden in Zukunft die Originale herangezogen werden. Die am Schluß des Bandes enthaltene Zusammenstellung der Paragraphen des 1. Entwurfs mit den Paragraphen früherer und späterer Entwürfe sowie mit dem BGB wird in den folgenden Bänden fortgesetzt. Es ist vorgesehen, im Quellenband zum Allgemeinen Teil dieses Register für die ersten zwei Bücher des BGB im Zusammenhang wiederzugeben. Die zwei weiteren für das Schuldrecht vorgesehenen Quellenbände sollen 1979 und 1980 erscheinen. Der dritte Quellenband zum Schuldrecht wird ein Sachregister enthalten, das insbesondere die Protokolle der 1. Kommission erschließen soll. Wir danken der Deutschen Forschungsgemeinschaft für die Gewährung eines großzügigen Druckkostenzuschusses.
Bonn und Kiel, im August 1978 Die Herausgeber
V
Inhalt Abkürzungsverzeichnis Einleitung (Horst Heinrich Jakobs und Werner Schubert) Quellenverzeichnis (Werner Schubert)
IX 1 11
ZWEITES BUCH Recht der Schuldverhältnisse Materialien zum System des 2. Buches
19
Erster Abschnitt. Inhalt der Schuldverhältnisse Erster Titel. Verpflichtung zur Leistung. §§ 241 bis 292 Zweiter Titel. Verzug des Gläubigers. §§ 293 bis 304 Zweiter Abschnitt. Schuldverhältnisse aus Verträgen Erster Titel. Begründung. Inhalt des Vertrags. §§ 305 bis 319 Zweiter Titel. Gegenseitiger Vertrag. §§ 320 bis 327 Dritter Titel. Versprechen der Leistung an einen Dritten. §§ 328 bis 335 Vierter Titel. Draufgabe. Vertragsstrafe. §§ 336 bis 345 Fünfter Titel. Rücktritt. §§ 346 bis 361 Dritter Abschnitt. Erlöschen der Schuldverhältnisse Erster Titel. Erfüllung. §§ 362 bis 397 Zweiter Titel. Hinterlegung. §§ 372 bis 386
40 40 331 365 365 442 489 525 555 619 619 647
Dritter Titel. Aufrechnung. §§ 387 bis 396
692
Vierter Vierter Fünfter Sechster
727 740 842 887
Titel. Erlaß. § 397 Abschnitt. Uebertragung der Forderung. §§ 398 bis 413 Abschnitt. Schuldübernahme. §§ 414 bis 419 Abschnitt. Mehrheit von Schuldnern und Gläubigern. §§ 420 bis 432
Nachtrag Register der Antragsteller
975 987
Nachweis der abgedruckten Protokolle der 1. Kommission Nachweis der Paragraphen des Teilentwurfs zum Obligationenrecht Zusammenstellung der Paragraphen des 1. Entwurfs mit den Paragraphen der Teilentwürfe, der ZustOR, des Kommissionsentwurfs, des 2. Entwurfs und des Gesetzbuches
989 995 999
VII
Abkürzungsverzeichnis ADHGB ALR Art. Bayr.HStA BGB BGBl. CPO Dresd.E. EI EI-RJA E I-ZustRedKom
E I-VorlZust
Ell
E II rev EHI
EGBGB (EG-BGB) H B G (H.G.B.) K E (K.E.)
K O (K.O.) Kom. Motive
Mugdan Prot. I
Allgemeines Deutsches Handelsgesetzbuch Allgemeines Landrecht für die Preußischen Staaten von 1794 Artikel Bayerisches Hauptstaatsarchiv München Bürgerliches Gesetzbuch in der Fassung vom 18. 8. 1896 (RGBl. 1896,195) Bundesgesetzblatt ( 1 8 6 7 - 1 8 7 1 ; 1949ff) Civilprozeßordnung vom 30. 1.1877 (RGBl. 1877, 83) Entwurf eines für die deutschen Bundesstaaten gemeinsamen Gesetzes über Schuldverhältnisse von 1866 (sogn. Dresdener Entwurf) Entwurf eines Bürgerlichen Gesetzbuches für das Deutsche Reich. Erste Lesung. 1888 (1. Entwurf) BGB-Entwurf in der Paragraphenzählung des E I nach den Beschlüssen der Vorkommission des Reichsjustizamtes (1891 —1893) BGB-Entwurf in der Paragraphenzählung des E I nach der „Zusammenstellung der Beschlüsse der Redaktions-Kommission" der 2. Kommission (1891 - 1 8 9 5 ) BGB-Entwurf in der Paragraphenzählung des E I nach der „Vorläufigen Zusammenstellung der Beschlüsse der Kommission für die zweite Lesung des Entwurfs eines Bürgerlichen Gesetzbuchs" von Planck (1891 - 1 8 9 5 ) Entwurf eines Bürgerlichen Gesetzbuchs für das Deutsche Reich. Nach den Beschlüssen der Redaktionskommission, Zweite Lesung, 1894,1895; sogn. 2. Entwurf Entwurf eines Bürgerlichen Gesetzbuchs für das Deutsche Reich — Zweite Lesung (1895; sogn. Bundesratsvorlage) Entwurf eines Bürgerlichen Gesetzbuchs (1896, Reichstagsvorlage oder 3. Entwurf; Reichstagsdrucksache N r . 87 der Session 1895/1897) Einführungsgesetz zum Bürgerlichen Gesetzbuch vom 18. 8. 1896 (RGBl. 1896,604) Handelsgesetzbuch Entwurf eines Bürgerlichen Gesetzbuchs in der Fassung der ersten Beratung der 1. Kommission (1884—1887; sogn. Kommissionsentwurf) Konkursordnung (vom 10. 2 . 1 8 7 7 ; R G B l 1877,351) Kommission Motive zu dem Entwürfe eines Bürgerlichen Gesetzbuches für das Deutsche Reich (1888). — Sofern die Motive der Redaktoren zu den Teilentwürfen zitiert sind, ist dies besonders vermerkt bzw. ergibt es sich aus dem Zusammenhang. Die gesammten Materialien zum B G B (1899; enthaltend die Motive zum 1. Entwurf und die Protokolle der 2. Kommission). Protokolle der [1.] Kommission zur Ausarbeitung eines bürgerlichen Gesetzbuchs (1881 — 1889; zitiert nach der metellographierten Abschrift)
IX
Abkürzungsverzeichnis Prot. II
Protokolle der [2.] Kommission für die zweite Lesung des Entwurfs eines Bürgerlichen Gesetzbuchs für das Deutsche Reich (1890 — 1896; abgedruckt in der amtlichen Ausgabe von 1897—1899 und bei
Prot-RJA RedKom RedVorl
Protokolle der Vorkommission des Reichs-Justizamts (1891 —1893) Redaktionskommission der 2. Kommission Redationsvorlage für den Redaktionsausschuß der 1. Kommission von Pape (1881 ff) Reichsgesetzblatt Reichsjustizamt Bürgerliches Gesetzbuch für das Königreich Sachsen von 1863 Teilentwurf zum Allgemeinen Teil von Gebhard ( 1881) Teilentwurf zum Erbrecht von v. Schmitt ( 1879) Teilentwurf zum Familienrecht von Planck (1880) Teilentwurf zum Obligationenrecht von v. Kübel (1882) Teilentwurf zum Sachenrecht von Johow (1880) siehe E I-VorlZust Wechsel-Ordnung Zivilprozeßordnung in der Fassung vom 20. 5. 1898 (RGBl 1898, 410) siehe E I-ZustRedKom Zusammenstellung der sachlich beschlossenen Bestimmungen des Obligationenrechts nach den Beschlüssen des Redaktionsausschusses der 1. Kommission (1882-1884)
Mugdan)
RGBl. RJA sächs. BGB TE-AllgT TE-ErbR TE-FamR TE-OR TE-SachR VorlZust WO (W.O.) ZPO ZustRedKom ZustOR
Die Anträge zum Obligationenrecht bzw. zum Recht der Schuldverhältnisse werden nach ihrer ursprünglichen Numerierung und deren Untergliederung zitiert. Soweit sie sich auf andere Bücher des BGB beziehen, ist dies besonders vermerkt. Die Autorenschaft und die Numerierung der Anträge sind nicht Bestandteil der Kommissionsprotokolle.
X
Einleitung 1. Die bewährte Edition der „Gesammten Materialien zum Bürgerlichen Gesetzbuch für das Deutsche Reich" von B. Mugdan hat in ihrem Titel sich den Anschein gegeben und gelegentlich wohl auch den Eindruck erweckt, als seien in ihr die vorhandenen Materialien zum BGB vollständig erfaßt und zugänglich. Wer die Entstehungsgeschichte des BGB auch nur in ihrem äußeren Ablauf kennt, weiß von der Unrichtigkeit des Titels dieser Edition. Mugdan hat in seiner Arbeit aus dem Jahre 1899, deren Nützlichkeit außer Frage steht, lediglich zusammengefaßt und nach Büchern des BGB geordnet, was von den Materialien zum BGB schon damals bekannt und allgemein zugänglich gemacht war: die Motive zum 1. Entwurf, die Protokolle der 2. Kommission, die Reichstagsverhandlungen sowie den Text des 1. Entwurfs, des 2. Entwurfs, der sog. Bundesrats- und Reichstagsvorlagen. Die Edition, von der wir hiermit den ersten Band vorlegen, wird alles dasjenige enthalten, was damals von den Materialien zum BGB unveröffentlicht blieb und geblieben ist, so daß für die innere Entstehungsgeschichte des BGB der Forschung mit dieser Edition die wirklich gesamten Materialien zum BGB verfügbar sein werden. Das Hauptstück der bislang nicht veröffentlichten Vorarbeiten zum BGB sind die authentischen Materialien der 1. Kommission : die Protokolle der Beratungen in den Jahren 1874 bis 1889, die Vorfassungen des 1. Entwurfs in den Redaktionsvorlagen, in den „Vorläufigen Zusammenstellungen der sachlich beschlossenen Bestimmungen" und im Kommissionsentwurf. Die zu den authentischen Materialien der 1. Kommission im übrigen gehörenden Teilentwürfe nebst den Motiven der Redaktoren sind wenigstens als Manuskript für den internen Gebrauch der Kommission gedruckt worden und in einigen öffentlichen Bibliotheken und Seminaren zugänglich. Zu den Materialien zum BGB, die im ganzen unveröffentlicht und nahezu unbekannt sind, gehören sodann die Materialien der „Vorkommission des Reichsjustizamtes für die zweite Lesung des Entwurfs eines Bürgerlichen Gesetzbuches". Diese Kommission, der vornehmlich Mitglieder der 2. Kommission und die Reichskommissare angehört haben, hat den Allgemeinen Teil, das Schuldrecht und Teile des Sachenrechts in den Jahren 1891 bis 1893 einer ausführlichen Beratung unterzogen. Die von dieser Kommission zu den Bestimmungen des 1. Entwurfs gefaßten Beschlüsse sind als Anträge in die 2. Kommission eingebracht worden und haben den 2. Entwurf und damit das BGB weit stärker beeinflußt als die sonst in der 2. Kommission gestellten Anträge. Die Materialien dieser Vorkommission, bestehend aus Anträgen und Beratungsprotokollen, sind deswegen neben den Motiven der Redaktoren und den Protokollen der 1. und 2. Kommission zu den Hauptquellen für die Entstehung des BGB zu rechnen. Vergleichsweise am besten ist die derzeitige Quellenlage für die Beratungen in der 2. Kommission. Von den Materialien der 2. Kommission sind nicht veröffentlicht nur die Vorfassungen des 2. Entwurfs: die Redaktionsvorlagen des Generalreferenten Planck und die Beschlüsse der Redaktionskommission; ferner fehlen in den Protokollen der 2. Kommission gelegentlich die Begründungen zu den dort gestellten Anträgen. 1
Einleitung Nicht veröffentlicht sind die geheimen Materialien des Bundesrates zum BGB. Allerdings existieren über die Beratungen des BGB im Justizausschuß und im Plenum keine detaillierten Protokolle. Die Verhandlungen des Justizausschusses sind aber rekonstruierbar an H a n d der von den Bundesstaaten gestellten Anträge und der Berichte der Länderbevollmächtigten zum Bundesrat. Über die Beratungen des 3. Entwurfs in der XII. Kommission des Reichstags unterrichtet bislang lediglich der systematisch aufgebaute Bericht dieser Kommission. Ihm läßt sich nichts entnehmen über den Diskussionsverlauf in den 53 Sitzungen; ferner sind im Bericht der XII. Kommission die Anträge nur selten vollständig und im ursprünglichen Wortlaut wiedergegeben. Das Fehlende läßt sich den separat gedruckten Anträgen der Kommissionsmitglieder und den Berichten des bayerischen Bevollmächtigten zum Bundesrat, Wilhelm von Heller, entnehmen. Für alle an der Ausarbeitung des BGB beteiligten Kommissionen gilt schließlich, daß die Autorenschaft der gestellten Anträge bislang unbekannt ist; sie wird in dieser Edition erstmalig aufgedeckt werden 1 . 2. Für die Beantwortung der Frage, was das Unternehmen einer Edition der beschriebenen Materialien nach einem dreiviertel Jahrhundert rechtfertigt, hat man sich zunächst den Gründen zuzuwenden, aus denen die Veröffentlichung dieser Materialien bei Inkrafttreten des BGB unterblieben ist. Was die authentischen Materialien der 1. Kommission betrifft, so hat sich der Bundesrat im Jahre 1888 mit der Frage ihrer Veröffentlichung befaßt. Grundlage der Beratung war ein Bericht von Eduard Pape, dem Vorsitzenden der 1. Kommission, den dieser am 27. 12. 1887 zusammen mit dem 1. Entwurf überreicht hatte 2 . In diesem Bericht heißt es zur Frage der Materialien: „Die Beschlüsse des Bundesraths vom 22. 6. 1874 sehen vor, daß der Entwurf des bürgerlichen Gesetzbuchs mit Motiven vorzulegen sei. Die Motive sind vollständig enthalten in den von den Redaktoren ausgearbeiteten Motiven zu den Entwürfen, vornehmlich aber in den über die Berathungen der Kommission fortdauernd geführten Protokollen. Eine besondere Wichtigkeit wohnt den Berathungs-Protokollen bei. Denn dieselben beschränken sich keineswegs auf Mittheilung der Debatten und gefaßten Beschlüsse, sondern es findet sich darin durchgehends die Aufzeichnung der Gründe, auf welchen die beschlossenen einzelnen Vorschriften sowie die Ablehnung der zur Aufnahme vorgeschlagenen, aber nicht angenommenen Bestimmungen beruhen. Diese Gründe sind, da jedes Protokoll alsbald nach der Aufnahme in einer Sitzung der Kommission verlesen und festgestellt ist, als von der letzteren gebilligt anzusehen. Unverkennbar ist das die Motive des vorliegenden Entwurfs umfassende Material ungewöhnlich umfangreich und von einer die Orientierung erschwerenden Beschaffenheit. Es ist daher die Ausarbeitung von gedrängteren, die Übersicht und Aufklärung erleichternden Motiven für sachgemäß erachtet. Die kürzeren, als ein Auszug aus den gedachten vollständigen Motivenmaterial zu betrachtenden Motive sind von den Hülfsarbeitern der Kommission beschafft. Es mußte davon abgesehen werden, diese Motive der Prüfung und Genehmigung der Kommission zu unterbreiten, als deren Werk sie daher nicht unmittelbar und nur im beschränkten Sinne zu betrachten sind" 3 . 1
2
3
2
Über die Materialien im einzelnen vgl. das Quellenverzeichnis in diesem Bande und im Einleitungsband. W e g e n der Einzelheiten der Entstehungsgeschichte des BGB verweisen wir auf die Abhandlung des Hrg. Schubert in Bd. 1 der Edition. D e r Bericht ist enthalten in der Bundesratsdrucksache Nr. 2 der Session 1888 (vollständig abgedruckt in Bd. 1 der Edition unter E II. 1.). Bericht a. a. O., S. 2 - 3 .
Einleitung Die Vorschläge Papes wurden vom Bundesratsausschuß für Justizwesen in der Sitzung vom 24. 1. 1888 und später vom Plenum des Bundesrats im wesentlichen gebilligt4. Der Ausschuß stellte aber gleichzeitig fest, daß es wünschenswert gewesen wäre, wenn der Entwurf mit einer Begründung versehen worden wäre, „welche sich als das Werk der Kommission betrachten ließe". Von einer Veröffentlichung der Protokolle sah man ab, nicht weil man diese geheimhalten wollte, sondern weil sie damals, wo es auf eine Beschleunigung der Arbeiten am BGB ankam, für diese Zwecke zu umfangreich erschienen. Zudem wären die Protokolle, worauf der Berichterstatter Heller hinwies, nur dann voll verständlich gewesen, wenn gleichzeitig die Teilentwürfe und die Motive der Redaktoren publiziert worden wären. Dann hätte man allerdings ein Material veröffentlichen müssen, das drei- bis viermal so umfangreich gewesen wäre wie die „Motive" zum 1. Entwurf. Wegen des Umfangs und der schweren Zugänglichkeit dieser Materialien wäre nach Meinung des Bundesrates die Kritik am 1. Entwurf erheblich erschwert und verzögert worden. Allein aus diesem Grunde ist 1888 auf eine Veröffentlichung insbesondere der Protokolle der 1. Kommission verzichtet worden. Daß man damit die Problematik nur unvollkommen gelöst hatte, dessen war sich der Bundesratsausschuß, wie sich aus einem Bericht von Heller ergibt, sehr wohl bewußt: „Was die Begründung betreffe, so werde es sich, um den Wert der Motive in den Augen der Öffentlichkeit nicht zu sehr herabzusetzen, wohl nicht empfehlen, sie als Werk der Hilfsarbeiter ausdrücklich zu bezeichnen. Es möchte vielmehr angemessen sein, sie als auf Grund der von den Redaktoren ausgearbeiteten Motive zu den Vorentwürfen und der Berathungsprotokolle der Kommission aufgestellte Begründung des Entwurfs der Öffentlichkeit zu übergeben". Diese Formulierung ist dann in etwas veränderter Form in das Vorwort der Amtlichen Ausgabe des E I übernommen worden 5 . Die Gründe, die im Jahre 1888 den Bundesrat bewogen haben, von der Publikation der Materialien der 1. Kommission abzusehen, haben sich spätestens mit Inkrafttreten des BGB erledigt. Eine Veröffentlichung der Protokolle der 1. Kommission ist also längst überfällig. Je weiter wir uns von der Entstehungszeit des BGB entfernen, je häufiger die Einzelforschung die Tradition offenlegt, in der das BGB steht oder mit der es bricht, um so unzulänglicher erweisen sich für Dogmatik und Rechtsgeschichte die Motive. Der Charakter der Motive offenbart ihre Fragwürdigkeit als Quelle für die Arbeit der 1. Kommission. Nicht nur sind sie nicht das Werk dieser Kommission. Sie enthalten vor allem eine für den Leser kaum überschaubare Zusammenfassung von zwei sehr unterschiedlichen Quellen: den Motiven der Redaktoren zu den von diesen verfaßten Teilentwürfen und den Beratungen der 1. Kommission. Sie geben nur ein Kondensat von der Aufbereitung und Durchdringung des gemeinen und partikularen Rechts, von der Auseinandersetzung mit der dogmatischen und rechtspolitischen Diskussion der Zeit, wie sie uns in jenen beiden Quellen entgegentritt. Sie neigen schließlich, indem sie den fertigen 1. Entwurf zu rechtfertigen bestimmt waren, zu einer Identifikation mit diesem Entwurf und zu einer Harmonisierung der Ansichten der Kommissionsmitglieder. In ihnen herrscht die Synthese; hingegen steht der Leser der Motive zu den Teilentwürfen und der der Protokolle vor einer Entwicklung; er sieht in den Protokollen, wie Pappenheim es nur 4
5
Vgl. den Bericht von Heller (München) vom 24. 1. 1888 (Geh. Staatsarchiv München, MA 76 707/2). Vgl. S. VI; doch ist auch hier festgehalten, daß die Motive von der Gesamtkommission nicht geprüft und genehmigt worden sind. 3
Einleitung
etwas zu euphemistisch ausgedrückt hat, „lebhafte Bewegung, wie sie in Angriff und Vertheidigung ursprünglicher Vorschläge und ihrer Begründung unter allseitiger Prüfung der in Betracht kommenden Gesichtspunkte innerhalb der Kommission stattgefunden" 6 hat. Die Motive, durch Jahrzehnte als einzige Quelle für die Arbeit der 1. Kommission benutzt, mußten zu der Einstellung beitragen, die Pappenheim 1889 vorausgesehen und die in der Tat die Dogmatik bis in die jüngste Zeit bestimmt hat, daß nämlich mit dem Inkrafttreten der Kodifikation „nun eine mit der bisherigen Entwicklung nicht in Zusammenhang stehende, der Erklärung aus ihr daher nicht bedürftige Periode der deutschen Rechtsgeschichte" begonnen habe. Diese Anschauung kann heute als überwunden gelten. Die Teilentwürfe der Redaktoren und deren Motive sind zu unerläßlichen Requisiten der wissenschaftlichen Arbeit am BGB geworden. Wer das Gesetz in die Rechtsgeschichte einordnen, wer es aus seinen geschichtlichen und politischen Grundlagen heraus verstehen will, wird bei den Teilentwürfen und ihren Motiven ansetzen und durch die Protokolle der 1. Kommission zu den Regelungen des 1. Entwurfs voranschreiten, und er wird die Motive zum 1. Entwurf nur als eine Interpretation dieses Vorgangs heranziehen. Dem steht bislang entgegen, daß die Protokolle der 1. Kommission nur mit einem den Fortgang der Arbeit lähmenden Zeitaufwand zu beschaffen sind und daher außer Betracht bleiben. Diese Lücke zu schließen, die Protokolle der 1. Kommission als das Bindeglied zwischen den Teilentwürfen der Redaktoren und dem 1. Entwurf zu publizieren, wird keiner weiteren Rechtfertigung bedürfen. Ein nochmaliger Abdruck der Motive zu den Teilentwürfen muß hingegen, so sehr er durch Anlage und Zweck dieser Edition auch nahegelegt wird, bei der beschriebenen Zugänglichkeit dieser Quelle wegen der enormen Kosten ihrer Veröffentlichung unterbleiben. Hinsichtlich der Arbeit der 2. Kommission wird keiner Begründung bedürfen, daß die Materialien der Vorkommission des Reichsjustizamtes in die Edition einbezogen werden. Daß sie die Veröffentlichung verdienen, ergibt der bereits erwähnte Einfluß dieser Kommission auf die Arbeit der 2. Kommission. Als übertriebene Vollständigkeit könnte hingegen die Wiedergabe der Vorfassungen des 2. Entwurfs erscheinen. Sie rechtfertigt sich aus dem Interesse, Sachentscheidung und Redaktion klar trennen zu können, und sie hat im übrigen ihren Wert als Beleg dafür, welche Sorgfalt auch in sprachlicher Hinsicht auf diese Kodifikation verwandt worden ist. Auch die Veröffentlichung der geheimen Materialien des Bundesrats zum BGB geschieht nicht nur der Vollständigkeit halber. Aus ihnen wird deutlich, daß die Ausarbeitung des BGB nicht nur die in der 1. und 2. Kommission dominierende Rechtswissenschaft und Richterschaft anging, sondern auch ein eminent politischer Vorgang war. Der sozialkonservative Grundzug des BGB, insbesondere des 1. Entwurfs, ist durch eine Reihe von Entscheidungen, auf die im Einleitungsband der Edition näher eingegangen wird, vorprogrammiert gewesen. Die Detailberatung im Herbst 1895 im Justizausschuß des Bundesrates betraf dann auch im wesentlichen rechts- und gesellschaftspolitische Fragen: Vereinsrecht, Schadensersatzrecht, Dienstvertragsrecht, Recht der unerlaubten Handlungen, Grundpfandrechte, persönliches Eherecht, Erbrecht und sonderrechtliche Vorbehalte im Einführungsgesetz.
6
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Pappenheim, Jh. Jb. Bd. 27 (1889), S. 300.
Einleitung Geteilter Meinung kann man zu der Entscheidung sein, die Autorenschaft der einzelnen Anträge aufzudecken. Die Kommissionen hatten die Geheimhaltung beschlossen, vornehmlich wohl um der Öffentlichkeit die Entwürfe und damit auch das B G B als Gemeinschaftsarbeit zu präsentieren und einer Identifikation einzelner Regelungen des Gesetzes mit bestimmten Personen vorzubeugen. Wir meinen, daß es heute die Würde des Gesetzes nicht mehr berührt, wenn nunmehr einzelne seiner Bestimmungen auf die an seiner Ausarbeitung beteiligten Personen zurückgeführt werden können. Die Mitglieder der 1. und 2. Kommission, um die es vor allem geht, sind alle seit mehr als 50 Jahren tot. Sie gehören der Geschichte an, und sie verdienen, daß sie durch ihre Arbeit am B G B , durch die Feststellung des Gewichts ihrer Anträge ihren Platz in der Geschichte unseres Rechts einnehmen. Es gehört zudem zu einer vertieften Auseinandersetzung mit den Grundlagen des B G B , die landsmannschaftliche Herkunft der einzelnen Anträge stärker zu berücksichtigen, als dies bisher möglich war. Denn das B G B führt ja nicht nur das gemeine römische Recht fort, es stellt auch einen Kompromiß der Partikularrechtsordnungen der großen deutschen Bundesstaaten dar. O b überhaupt und dann in welchem Maße sich das progressiv-liberale preußische Recht gegenüber den konservativeren Rechtsordnungen der süddeutschen Staaten durchgesetzt hat, ist eine Frage, die nicht nur den Rechtshistoriker angeht. 3. Als Hauptproblem dieser Edition stellte sich die Frage, in welcher Anordnung die Materialien wiedergegeben werden sollen. Es kamen im wesentlichen zwei Verfahren dafür in Betracht: Publikation der Materialien in chronologischer Reihenfolge oder Publikation der Materialien entsprechend der Legalordnung des BGB. Beide Verfahren haben ihre Vor- und Nachteile. Der Vorzug des ersten Verfahrens würde darin bestehen, daß der Zusammenhang der Beratungen voll überschaubar bliebe und Zusammengehöriges nicht zerrissen würde. Auf der anderen Seite ist damit verbunden ein Verzicht auf eine systematische Erschließung der Materialien, die auch nicht durch entsprechende Register herstellbar wäre. Die der Legalordnung des B G B folgende Anordnung dagegen ermöglicht einen umfassenden Überblick über die Entstehung einer Norm oder eines Normenkomplexes. Allerdings besteht dabei die Gefahr, daß der Kontext der Beratungen, soweit er für das Verständnis der Entstehungsgeschichte einer Norm notwendig ist, nicht mehr voll überschaubar ist. Welches der beiden Verfahren zu wählen ist, hängt im wesentlichen von der inneren Ordnung der Protokolle und sonstigen Materialien und vom Zweck der Edition ab. Wenn die Herausgeber der Protokolle der 2. Kommission rein chronologisch verfahren sind, so war das vollauf gerechtfertigt, denn die Protokolle dieser Kommission richten sich nach den Bestimmungen des damals allgemein bekannten 1. Entwurfs 7 . Die entsprechenden Verhandlungen über einzelne Normen sind auch ohne Register relativ leicht aufzufinden. Dagegen sind die Protokolle der 1. Kommission erheblich unübersichtlicher. Die Beratungen gehen zunächst von den Teilentwürfen der Redaktoren aus, die systematisch anders gegliedert waren als der 1. Entwurf und das BGB. Die weiteren Beratungen erfolgten dann auf der Grundlage der „Zusammenstellung der sachlich beschlossenen Bestimmungen" und des Kommissionsentwurfes, der insgesamt zweimal revidiert wurde. Außerdem wurde eine Norm oder ein Normenkomplex im Laufe der ersten Beratung nicht selten mehr als einmal behandelt. Ein Leser, der die Entstehungsgeschichte einer Norm des E I voll überschauen will, müßte also die Protokolle an vier bis fünf weit voneinander 7
Zu den Protokollen im einzelnen vgl. Einleitungsband S. 22 ff. 5
Einleitung getrennten Stellen einsehen. Hinzu k o m m t noch, daß die „Zusammenstellungen" und der Kommissionsentwurf, die bislang beide nicht zugänglich sind, deren Kenntnis f ü r das Verständnis der Protokolle aber unerläßlich ist, separat publiziert und ständig neben den Protokollen benutzt werden müßten, da die Protokolle diese V o r f a s s u n g e n des E I nicht enthalten. Auch die Redaktionsvorlagen Papes und die der R e d a k t o r e n müßten gesondert mitgeteilt werden. Dieser Mangel an Überschaubarkeit der Protokolle und Materialien hat wie erwähnt die 1. Kommission und den Bundesrat im J a h r 1888 von einer Publikation in chronologischer Reihenfolge absehen lassen. Auch heute läßt sich eine solche Edition nicht rechtfertigen, wenn die systematische A n o r d n u n g der Materialien in einer Weise erfolgen kann, bei welcher der Z u s a m m e n h a n g der Beratungen wenigstens auffindbar bleibt. Die Lösung dieses Problems ergab sich aus der dargelegten Notwendigkeit, die von der 1. Kommission gefaßten Beschlüsse in die Protokolle einzufügen, um die späteren, auf diese Beschlüsse bezogenen Beratungen verständlich zu machen: wenn durch die Mitteilung des einzelnen Beschlusses im unmittelbaren Anschluß an die ihm zugrunde liegenden Beratungen in die Protokolle doch eine Zäsur gebracht werden muß, dann ist es das Nächstliegende, auch die weiteren auf diesen Beschluß bezogenen Beratungen in der 1. Kommission und sein späteres Schicksal bis hin zu den einzelnen Bestimmungen des BGB sofort miteinzuschalten. Die A u s f ü h r u n g dieser A n o r d n u n g bereitet in der Regel keine Schwierigkeiten, da sich — und das ist ein bemerkenswertes Ergebnis dieser A n o r d n u n g — die einzelnen Bestimmungen der Teilentwürfe in der Regel einer N o r m des BGB z u o r d n e n lassen, da sie sich also, durch alle Kommissionen hindurch mehr o d e r weniger modifiziert bis in das Gesetz hinein erhalten haben. W o allerdings die 1. Kommission Materialien in einem Z u s a m m e n h a n g gesehen und behandelt hat, der auf das Gesetz nicht durchgeschlagen ist, ist die genannte A n o r d n u n g nicht v o r g e n o m m e n , sondern der sich in den Protokollen findende Zusammenhang der Beratungen erhalten geblieben, so daß gelegentlich mehrere Bestimmungen des BGB wegen des Zusammenhangs ihrer Entstehungsgeschichte zusammengefaßt w o r d e n sind. Ungeachtet der auf die Legalordnung des BGB bezogenen A n o r d n u n g sind es somit die Protokolle der 1. Kommission, in denen diese Edition ihre Grundlage hat und sind die einzelnen Bestimmungen des BGB nur immer äußerer Ausgangspunkt. D e r erste und bezüglich der Sachentscheidungen wichtigste D u r c h g a n g der Beratungen, deren Ergebnis in den „Zusammenstellungen der sachlich beschlossenen Bestimmungen" sich findet, ist in seinem Ablauf ohne besondere Schwierigkeiten noch überschaubar. Für die späteren Beratungen in der 1. Kommission, f ü r die Beratungen, die von den in den Zusammenstellungen enthaltenen Beschlüssen zum Kommissionsentwurf und von diesem zum E I führten, gilt dies allerdings nicht. Aber hier stehen die Beratungen, weil sie in aller Regel nur Revision gefaßter Beschlüsse sind, auch nur noch in einem zeitlichen Zusammenhang. D e r sachliche Z u s a m m e n h a n g besteht zu den im ersten D u r c h g a n g gefaßten Beschlüssen, wie er in dieser Edition hergestellt wird. Aus d e m vorstehend zur Wiedergabe der Materialien der 1. Kommission D a r g e legten ergibt sich, d a ß auch die Materialien der Vorkommission des Reichsjustizamtes (Anträge und Protokolle) nach der Systematik des BGB herauszugeben sind. D e r Beratungszusammenhang ist hier d a d u r c h feststellbar, daß jeweils die Zahl und das D a t u m der Sitzung angegeben werden, in der die betreffende Vorschrift des 1. E n t w u r f s beraten worden ist. Unter dem Gesichtspunkte der Praktikabilität f ü r den Benutzer w ä r e es sinnvoll gewesen, auch die Protokolle der 2. Kommission in
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Einleitung systematischer Form erneut zu edieren. Da diese aber bereits zweimal publiziert sind, war davon Abstand zu nehmen. Mitgeteilt werden von den Materialien der 2. Kommission lediglich die dort gestellten Anträge in der von den Protokollen gewählten Reihenfolge unter Angabe der Namen der Antragsteller; Grundlage der Edition sind hier aber die separat verteilten Anträge, die in den Protokollen nicht immer vollständig wiedergegeben sind. Zusätzlich werden die bislang ebenfalls noch nicht publizierten Verfassungen des 2. Entwurfs mitgeteilt, so daß nunmehr zu jeder einzelnen Bestimmung des Gesetzes die Entwicklung von den Teilentwürfen über den 1. Entwurf bis hin zum BGB in all ihren Stadien nachvollzogen werden kann. Die Herausgabe der Materialien des Bundesrats und Reichstags zum BGB auf der beschriebenen systematischen Grundlage ist am wenigsten problematisch. Die vorhandenen Berichte über die Kommissions- und Ausschußsitzungen sind noch weniger detailliert als die Protokolle der 1. und 2. Kommission, und zudem sind die einzelnen Bestimmungen des BGB hier nicht mehr vollständig und nicht im Zusammenhang beraten worden. Wenn nach alldem die gewählte Anordnung des zu edierenden Materials noch einer Rechtfertigung bedarf, so ergibt sich diese aus dem Zweck unserer Arbeit. Sie geht nicht nur den Rechtshistoriker an, dem vielleicht noch die Mühe, in einer derartigen Menge ungeordneten Stoffes den Zusammenhang aufzufinden, zugemutet werden könnte. Das BGB in seiner ursprünglichen Fassung ist bis heute im wesentlichen unverändert in Geltung. Auch der Rechtsdogmatiker hat deshalb ein eminentes Interesse an seiner Entstehung. Für unsere Entscheidung ist nicht zuletzt der Gesichtspunkt maßgebend gewesen, daß die Stoffanordnung möglichst praktikabel ist und der Rechtsdogmatik sowie den Bedürfnissen der Praxis entgegenkommt. Inwieweit das eingeschlagene Editionsverfahren, das für das gesamte Schuldrecht durchzuhalten ist, auch für die anderen Bücher des BGB praktikabel sein wird, muß die weitere Arbeit an der Edition zeigen. Möglicherweise müssen für bestimmte Abschnitte, die im Laufe der Beratungen grundlegende Änderungen erfahren haben, wie ζ. B. das Vereinsrecht, die einzelnen Materialien im Zusammenhang mitgeteilt werden, weil ihre Zuordnung auf einzelne Bestimmungen des BGB nicht oder nur durch sehr grobe Zerstückelung des Materials möglich wäre 8 . Die vorstehenden Ausführungen werden durch die folgende Gliederung, die wir der Edition zugrunde gelegt haben, zusammengefaßt:
A. 1. Kommission I.
8
Protokoll über die Beratungen der Bestimmungen der Teilentwürfe (im Schuldrecht zum Teil des Dresdener Entwurfs). Die Protokolle beginnen grundsätzlich mit der Mitteilung der Bestimmung des T E und der Anträge, deren Autorenschaft, soweit möglich, anhand der separaten Anträge ermittelt wird. Ferner werden mitgeteilt die Protokolle von Beratungen über Grundsatzfragen in den Jahren 1875 bis 1879.
Aus diesem Grunde haben O. Hartwieg und Fr. Korkisch die geheimen Materialien zum IPR im Jahre 1973 in chronologischer Reihenfolge herausgegeben.
7
Einleitung II.
1. Redaktionsvorlage von Pape und des jeweiligen Redaktors, soweit vorhanden. 2. „Vorläufige Zusammenstellung der sachlich beschlossenen Bestimmungen" zu den einzelnen Büchern des Entwurfs. 3. Beratung über Änderungen der „Zusammenstellung".
III. Kommissionsentwurf. 1. und 2. Beratung des Kommissionsentwurfs. IV. 1. Entwurf.
B. Vorkommission des Reichsjustizamtes (nur für den Allgemeinen Teil, das Schuldrecht und Teile des Sachenrechts) I.
Anträge von Mitgliedern der Vorkommission mit den Namen der Antragsteller. Diese Anträge sind nicht Bestandteil der Protokolle der Vorkommission.
II.
Protokoll der Vorkommission.
C. 2. Kommission I.
Anträge der Kommissionsmitglieder und der Reichskommissare in der Reihenfolge der amtlichen Protokolle und Mitteilung des Ergebnisses der Beratung.
II. Vorläufige Zusammenstellung der Beschlüsse (Redaktionsvorlage von Planck). III. Zusammenstellung der Beschlüsse der Redaktionskommission. IV. E I L Revision des E l l : Mitteilung der Anträge von Kommissionsmitgliedern und Kommissaren in der Reihenfolge der amtlichen Protokolle und des Ergebnisses der Beratung. V.
Ε II rev.
D. Bundesrat (Justizausschuß) I.
Anträge und Anregungen der Bundesregierungen.
II.
Berichte von Ausschußmitgliedern über die Verhandlungen.
III. EIII.
8
Einleitung E. Reichstag I.
Anträge, die in der XII. Kommission gestellt wurden, unter Mitteilung der Autorenschaft (bislang unbekannt). II. Bericht von Heller über die Ausschußberatung. III. Anträge zum E III im Plenum des Reichstags (2. und 3. Lesung). Wegen der Quellen im einzelnen verweisen wir auf das kommentierte Quellenverzeichnis. Die Rechtschreibung folgt, soweit nichts anderes bemerkt, dem Original.
9
Quellenverzeichnis * Α. 1. Kommission 1. Die Vorschläge der Redaktoren von 1875 bis 1879 für die jeweils im Herbst stattfindenden Sitzungen der Gesamtkommission. Die Vorschläge von 1875 liegen nur in einer vervielfältigten Handschrift vor; die Vorschläge von 1876 ab sind als Manuskript für den internen Gebrauch in der Kommission gedruckt worden. Mitgeteilt werden nur die Vorschläge, nicht die diesen beigefügten, zum Teil sehr umfangreichen Motive. Die das Schuldrecht betreffenden Vorlagen sind folgende: Nr. 10 von 1875: Die Gewährleistung für Mängel bei der Veräußerung von Haussieren. Nr. 7 von 1876: Tragung der Gefahr beim Kaufe. Nr. 10 von 1876: Naturalis obligatio (nicht von der Kommission behandelt). Nr. 1 von 1877: Uebertragung von Forderungen. Nr. 3 von 1877: Die natürlichen Verbindlichkeiten. Nr. 11 von 1877: Das einseitige Versprechen als Grund der Verpflichtung zur Erfüllung (Auslobung, Versprechen zu Händen Dritter, Inhaberpapiere). Nr. 4 von 1878: Gesammtschuldverhältniß. Nr. 4 von 1879: Gewährleistung für Mängel bei der Veräußerung von H a u s s i e ren. Für den Quellenband zum Allgemeinen Teil sind die restlichen Vorlagen des Redaktors Kübel für das Obligationsrecht von Bedeutung: Nr. Nr. Nr.
4 von 1875: Die Schließung von Verträgen der in der Geschäftsfähigkeit Beschränkten. 1 von 1876: Form der Verträge. 8 von 1877: Vertragsantrag. Fundort: Bibliothek des Oberlandesgerichts Celle.
2. Protokolle der Kommissionsberatungen von 1875 bis 1879, soweit sie schuldrechtliche Materien betreffen. Fundort: Bibliothek des Oberlandesgerichts Celle. 3. Zusammenstellung der von der Kommission zur Ausarbeitung des Entwurfs eines bürgerlichen Gesetzbuchs gefaßten Beschlüsse: 3. Recht der Schuldverhältnisse (Obligationenrecht), November 1877 und Oktober 1878 (Druck). Fundort: Zentrales Staatsarchiv Potsdam, Reichsjustizministerium, Nr. 3875. "'Nachgewiesen werden in diesem Band nur die Quellen, die für die Edition der schuldrechtlichen Materialien von Bedeutung sind. Die Quellen zur Entstehungsgeschichte des BGB im Allgemeinen sowie die Quellen, die für alle Bände der Edition in Betracht kommen, sind detailliert im Einleitungsband aufgeführt.
11
Quellenverzeichnis
4. Der Teilentwurf des „Rechts der Schuldverhältnisse" ist für den Allgemeinen Teil im Jahre 1882 zusammengefaßt unter dem Titel erschienen: „Entwurf eines bürgerlichen Gesetzbuches für das Deutsche Reich — Recht der Schuldverhältnisse. — I. Allgemeiner Theil mit Begründung. Vorlage des Redaktors Dr. F. Ph. ν. Kübel. Berlin 1882"i. Dieser Teilentwurf enthält folgende Vorlagen von Kübel: Nr. Nr. Nr. Nr. Nr. Nr. Nr. Nr. Nr. Nr. Nr. Nr. Nr. Nr. Nr. Nr. Nr. Nr. Nr. Nr. Nr. Nr. Nr. Nr. Nr. Nr. Nr.
1 : Einseitiges Versprechen 2 : Gewährleistung beim Viehhandel 3 : Uebertragung der Forderungen 7: Gesammtschuldverhältnisse 8 : Form der Verträge 9: Willenserklärung 10: Schuldverhältnisse aus ungerechtfertigter Bereicherung 11 : Gegenstand der Verträge 12: Verpflichtung des Schuldners zur Erfüllung. 1. Mit Rücksicht auf den Gegenstand c) Zinsen. 13: Wirkungen der Schuldverhältnisse im Allgemeinen 14: Wesen und einzelne Arten der Schuldverhältnisse 15: Unerlaubte Handlungen 16: Schuldverhältnisse, bei welchen unter mehreren Leistungen gewählt werden kann. 17: Schuldverhältnisse, bei welchen die Leistung nur der Gattung nach bestimmt ist. 18 : Mehrheit der Gläubiger oder Schuldner bei untheilbarer Leistung 19: Bestärkungsmittel der Verträge 20: Rechte und Verpflichtungen aus Verträgen 21 : Verpflichtung des Schuldners zur Erfüllung. 1. Mit Rücksicht auf die Person. 2. Mit Rücksicht auf den Gegenstand, a. Im Allgemeinen 22 : Folgen der Nichterfüllung der Verbindlichkeit 23 : Verpflichtung des Schuldners zur Erfüllung. 4. Mit Rücksicht auf die Zeit 24: Verpflichtung des Schuldners zur Erfüllung. 5. Mit Rücksicht auf den Ort 25 : Verpflichtung des Schuldners zur Erfüllung. 2. Mit Rücksicht auf den Gegenstand. b. Geldleistung 26 : Uebertragung der Schuld 27: Erfüllung 28 : Aufrechnung 29: Nachlaßvertrag 30: Vertragsaufhebung
1. Die Gliederung dieses Teilentwurfs wird mitgeteilt am Anfang der Edition vor §241 BGB, unten S. 22 ff. Bei Maas, Bibliographie der amtlichen Materialien zum Bürgerlichen Gesetzbuche für das Deutsche Reich, Berlin 1897, S. 13, findet sich in der Fußnote folgender Hinweis: „Ferner findet sich daselbst (d. h. im Katalog des Reichsjustizamtes) der mit Rücksicht auf die Erkrankung des Redaktors v. Kübel durch Struckmann hergestellte und nach ihm benannte Entwurf verzeichnet, welcher den Titel führt: „Vorläufiger Entwurf... zusammengestellt auf der Grundlage des Dresdener Entwurfs in Verbindung mit den vorliegenden Theilentwürfen des Redaktors des Obligationenrechts und nach Maßgabe des von demselben aufgestellten Systems. 1881 (70 S.).° Dieser „Vorl. Entwurf" ist durch den Entwurf Kübels aus dem Jahre 1882 ersetzt worden. Die Gliederung dieses „Vorl. Entwurfs" ist unten auf S. 20 ff. wiedergegeben.
12
Α. 1. Kommission
Nr. 31 : Wegfall des Gläubigers oder Schuldners Aus dem „Besonderen Theil, II. Abschnitt. Von den Schuldverhältnissen im Besonderen" stammen noch von Kübel folgende Teilentwürfe: Nr. Nr. Nr. Nr.
4 : Geschäftsführung ohne Auftrag 5 : Darlehen 6 : Anweisung 32: Kauf. Tausch. (Die nicht in Paragraphen formulierten Vorschläge zur „Vertheilung der Nutzungen und Lasten zwischen Verkäufer und Käufer" stammen nicht von Kübel, sondern von Struckmann.)
Materialzusammenstellungen von Hilfsarbeitern der 1. Kommission auf der Grundlage des Dresd. Entwurfs von 1866 liegen gedruckt vor für folgende Rechtsgebiete (in der Reihenfolge der Beratung durch die Kommission) : Schuldanerkennungsvertrag (Art. 922 — 926 Dresd. E.) Die Schenkung (Art. 4 9 7 - 5 2 2 Dresd. E.) Miethe, Pacht und Viehverstellung (Art. 538 — 597 Dresd. E.) Die Gebrauchsleihe (Art. 5 9 8 - 6 1 3 Dresd. E.) Dienstverdingung, Werkverdingung und Mäklervertrag (Art. 614 — 655, 6 7 5 - 6 8 0 Dresd. E.) Der Auftrag (Art. 6 8 7 - 7 1 6 Dresd. E.) Bürgschaft und Kreditauftrag (Art. 927 — 953 Dresd. E.) Der Trödelvertrag (Art. 7 2 7 - 7 3 1 Dresd. E.) Pfandvertrag (Art. 9 5 4 - 9 5 9 Dresd. E.) Der Vergleich (Art. 9 6 0 - 9 6 8 Dresd. E.) Glücksvertrag (An. 862 - 870 Dresd. E.) Leibrentenvertrag, Versorgungsvertrag und Leibgedingsvertrag (Art. 871 — 893 Dresd. E.) Schuldverhältnisse aus Zuständen I. Vorzeigung und Vorlesung von Sachen und Urkunden (Art. 1041 —1045 Dresd. Ε.), II. Verpflichtung zur Leistung des Offenbarungseides (Entwurf des Redaktors) Hinterlegungsvertrag (einschließlich des receptum cauponum) (Art. 732 — 753 Dresd. E.) Bestimmungen des Dresdener Entwurfs, betreffend Schuldverhältnisse aus unerlaubten und diesen gleichzuachtenden Handlungen (Art. 1007— 1030 Dresd. E.) Schuldverhältnisse aus einer Rechtsgemeinschaft (Art. 769 ff. Dresd. E.) Die Vorlagen von v. Kübel wurden in folgender Reihenfolge beraten : Nr. 14 (ab 24. 2. 1882), Nr. 16 (ab 27. 2. 1882), Nr. 7 (ab 3. 3. 1882), Nr. 17 (ab 13.3.1882), Nr. 18 (ab 17.3. 1882), Nr. 11 (ab 24.3. 1882), Nr. 19 (ab 17. 4. 1882), Nr. 20 (ab 24. 4. 1882), Nr. 2 (ab 31. 5. 1882), Nr. 1 (ab 5. 6. 1882), Nr. 15 (ab 3. 7. 1882), Nr. 13 (ab 20. 9. 1882), Nr. 21 (ab 22. 9. 1882), Nr. 24 (ab 25.9.1882), Nr. 23 (ab 27.9.1882), Nr. 25 (ab 29.9.1882), Nr. 12 (ab 2.10.1882), Nr. 22 (am 1.11.1882), Nr. 3 (ab 1.11.1882), Nr. 26 (ab 15. 11. 1882), Nr. 27 (ab 22. 11. 1882 sowie am 6., 11. und 13. 12. 1882), Nr. 28 (ab 29.11.1882 und am 8.12.1882), Nr. 29 (am 13.12.1882), Nr. 30 (am 15.12.1882), Nr. 31 (am 15.12.1882), Nr. 10 (ab 18.12.1882), Nr. 4 (19. 1. 1883), Nr. 6 (ab 31.1. 1883), Nr. 5 (ab 7. 2.1883), Nr. 32 (ab 12. 3.1883). (Die Vorlagen Nr. 8 und 9 wurden bei den Beratungen des Allgemeinen Teils berücksichtigt). 13
Quellenverzeichnis Fundort: Die Motive zum Teilentwurf sind in einigen großen Bibliotheken und Seminaren sowie in mehreren Archiven vorhanden. Wegen ihres Umfangs können sie hier nicht mitabgedruckt werden. Die von den Redaktoren vorgeschlagenen Bestimmungen (Beratungsgrundlage der 1. Kommission) sind in den Kommissionsprotokollen enthalten. 5. Protokolle der Kommission über die erste Beratung eines Bürgerlichen Gesetzbuches. Beratung des Obligationenrechts: 62. bis 275. Sitzung vom 24. 2. 1882 bis 21. 12. 1883 (S. 4 6 5 - 3 0 8 5 ) 283. Sitzung vom 18.1. 1884 (S. 3 2 0 7 - 3 2 1 2 ) 285. bis 286. Sitzung vom 30. 1. und 1.2. 1884 (S. 3 2 3 3 - 3 2 7 7 ) : Einteilung des Obligationenrechts 287. Sitzung vom 4. 2. 1884 (S. 3 2 7 9 - 3 2 9 5 ) : Fassung der Beschlüsse zum Obligationenrecht 303. bis 304. Sitzung vom 19. und 21. 3. 1884 (S. 3 5 4 7 - 3 5 6 4 ) : Beratung der ersten Fassung des Kommissionsentwurfs 445. bis 446. Sitzung vom 5. und 8 . 6 . 1885 (S. 6 1 7 9 - 6 2 0 5 ) : Redaktion des Rechts der Schuldverhältnisse 678. bis 679. Sitzung vom 13. und 15. 6. 1886 (S. 1 1 2 8 9 - 1 1 3 1 7 ) : Änderungsvorschläge zum Obligationenrecht 70. bis 734. Sitzung vom 30.9. bis 30. 12. 1887 (S. 1 1 6 1 3 - 1 2 3 1 3 ) : Revision des Kommissionsentwurfs (mitgeteilt werden nur die Passagen, die sich auf das Recht der Schuldverhältnisse beziehen). Weitere Protokolle werden auszugsweise mitgeteilt, soweit sie schuldrechtliche Bestimmungen betreffen. Fundort: Niedersächsische Staats- und Universitätsbibliothek Göttingen (unter Berücksichtigung des „Vollständigen Verzeichnisses der Berichtigungen zu den Protokollen S. 1 - 1 1 4 0 2 " ) . 6. Anträge der ersten Lesung (erste Berathung) der Entwürfe zum Bürgerlichen Gesetzbuch (metallographierte Abschrift). Die Anträge sind chronologisch nach Ziffern geordnet und umfassen für das Obligationenrecht einschließlich der Revisionsanträge 634 Nummern 2 . Soweit die Anträge in den Protokollen aufgeführt sind, werden sie nicht gesondert mitgeteilt 3 . — Die Anträge zum Allg. T., SachR, FamR und ErbR wurden nur dann herangezogen, wenn sie sich ausnahmsweise auf das Schuldrecht beziehen. Fundort: Zentrales Staatsarchiv Potsdam, Reichsjustizministerium N r . 3902 (Anträge Nr. 1 - 1 4 9 ) , Nr. 3903 (Anträge Nr. 1 5 0 - 4 0 0 ) , Nr. 3904 (Anträge Nr. 401—664). Die Anträge zu den anderen Büchern des BGB sind in den Akten Nr. 3901, 3905 bis 3914. Die Anträge zum Obligationenrecht befinden sich auch in den Akten Nr. 3983 bis 3985. 7. Redaktionsvorlagen: „Vorläufige Zusammenstellung der Beschlüsse betreffend das Obligationenrecht" (metallographiertes Exemplar) 4 . Diese „Vorläufige Zusam2. Nicht auffindbar ist der Antrag Nr. 574. 3. Sofern Anträge in den Protokollen zu sehr auseinandergerissen sind, werden sie in den Anmerkungen vollständig abgedruckt. 4. Diese Zusammenstellungen befinden sich nicht im Nachlaß Gebhard. Im Nachlaß Schmitt sind sie dagegen zum Teil vorhanden.
14
C. 2. Kommission menstellung" stammt von Pape und enthält neben dem Fassungsvorschlag meist auch eine Begründung. Die im Zentralen Staatsarchiv Potsdam aufgefundene „Vorläufige Zusammenstellung" ist für das Schuldrecht unvollständig. Sie beginnt mit dem 3. Titel: „Schuldverhältnisse aus unerlaubten Handlungen" (§ 145). O b für den Allgemeinen Teil und die §§ 1 — 144 ZustOR ebenfalls eine „Vorläufige Zusammenstellung" existiert, konnte bislang nicht festgestellt werden 5 . Fundort: Zentrales Staatsarchiv Potsdam, Reichsjustizministerium, Nr. 3991. 8. Zusammenstellung der sachlich beschlossenen Bestimmungen des Obligationenrechts (metallographiert, 340 Seiten, ferner Anlage von 6 Seiten Umfang zum Redaktionsentwurfe, betreffend die Folgen der Nichterfüllung der Verbindlichkeit sowie eine „Inhaltsübersicht" von 6 Seiten). Fundort: Hauptstaatsarchiv München (MJu Nr. 16103); Zentrales Staatsarchiv Potsdam, Reichsjustizministerium, Nr. 4003; Nachlaß von Gebhard. 9. Kommissionsentwurf. Als Manuskript f ü r den internen Gebrauch gedruckt unter dem Titel: „Entwurf eines bürgerlichen Gesetzbuches für das Deutsche Reich. Erste Berathung. Erstes Buch. Allgemeiner Theil. Zweites Buch. Recht der Schuldverhältnisse. Berlin 1884 (VII, 199 S.)". Fundort: Zentrales Staatsarchiv Potsdam, Reichskanzlei, Nr. 724. 10. Entwurf eines bürgerlichen Gesetzbuches f ü r das Deutsche Reich, ausgearbeitet von der in Folge des Beschlusses des Bundesrathes vom 22. Juni 1874 eingesetzten Kommission. Erste Lesung, Berlin 1887 (VIII. 646 Seiten), veröffentlicht als Drucksache des Bundesrates Nr. 2 der Session von 1888. Diese Ausgabe des 1. Entwurfs enthält f ü r jeden Paragraphen genaue Hinweise darüber, wann die einzelnen Bestimmungen des Teilentwurfs und des Kommissionsentwurfs von der Kommission beraten worden sind. Diese Nachweise bilden die Grundlage der vorliegenden Edition. Sie sind nicht in der Amtlichen Ausgabe des ersten Entwurfs von 1888 enthalten. 11. Zwei Faszikel Notizen von Gottlieb Schmitt zum Schuldrecht. Diese nur sehr schwer lesbaren Notizen enthalten gegenüber den Protokollen und Anträgen nur wenig Neues. Schmitt hat seine Aufzeichnungen über den Sitzungsverlauf meist vernichtet oder auseinandergerissen, da er sie durch Notizen zum Entwurf in der Reihenfolge des Kommissionsentwurfs bzw. des ersten Entwurfs ersetzt hat. Im übrigen sind die Notizen von höchst unterschiedlicher Qualität und zu knapp, als daß sie die Protokolle ersetzen oder auch nur ergänzen könnten. Zudem dürfte Schmitt den größeren Teil der Notizen erst nach den Sitzungen abgefaßt haben. Auf ihre Wiedergabe wird deshalb f ü r das Schuldrecht verzichtet. Auf neue Erkenntnisse aus diesen Notizen wird in den Anmerkungen hingewiesen. Fundort: Bayer. HStA München, Abt. I.
5. Für die folgenden Bücher des BGB ist die „RedVorl" vollständig erhalten. Zum Sachenrecht und Familienrecht liegen zusätzlich noch umfangreiche Redaktionsvorlagen von Johow bzw. Planck νor (letztere auch im Nachlaß Gebhard). 15
Quellenverzeichnis
Β. Vorkommission des Reichsjustizamtes 1. Protokolle der „Vorkommission des Reichs-Justizamtes für die zweite Lesung des Entwurfs eines bürgerlichen Gesetzbuchs für das Deutsche Reich" 6 . Das Schuldrecht ist in der Zeit vom 1. 9. 1891 bis zum 22. 9. 1891 (S. 2 0 1 - 2 9 0 ; 38. bis 51. Sitzung) und in der Zeit vom 2. 10. 1891 bis zum 26.9. 1892 (S. 317 — 599; 57. bis 89. Sitzung) beraten worden. Vollständig behandelt worden ist nur der Allgemeine Teil des Schuldrechts, während vom Besonderen Teil nur folgende Rechtsmaterien beraten worden sind: Kauf (teilweise), Schenkung, Leihe, Dienst-, Werk- und Mäklervertrag, Auslobung, Anerkennungsvertrag, Vergleich, Schuldverschreibung auf den Inhaber, Unerlaubte Handlungen, Ungerechtfertigte Bereicherung. Fundort: Zentrales Staatsarchiv Potsdam, Reichsjustizministerium, Nr. 3851 und Juristisches Seminar der Universität Heidelberg (Nachlaß Gebhard) 7 . 2. Anträge von Mitgliedern der Vorkommission des Reichsjustizamtes: Nr. 1 von Struckmann, Nr. 2 von Planck, Nr. 3 von Struckmann, Nr. 4, 5 von Jacubezky, Nr. 6 von Planck, Nr. 7 von Struckmann, Nr. 8, 9, 10 von Jacubezky, Nr. 11 von Struckmann. Fundort: Zentrales Staatsarchiv Potsdam, Reichsjustizamt, Nr. 3851
C. 2. Kommission 1. Protokolle der Kommission für die zweite Lesung des Entwurfs eines Bürgerlichen Gesetzbuches. Das Schuldrecht umfaßt die Protokolle Nr. 43 bis 63 (14.10.1891 bis Ende November 1891) und die Protokolle Nr. 72 bis 176 (18. 1. 1892 — 9. 1. 1893). Im Rahmen der Revision des zweiten Entwurfs (Prot. Nr. 4 1 0 - 4 2 8 , 431) vom 6 . 5 . - 1 9 . 5 . 1895, 21.10. 1895 wurde das Schuldrecht nochmals behandelt 8 . 2. Anträge der Kommission für die zweite Lesung des Civilgesetzbuchentwurfs. Diese Anträge sind chronologisch nach Ziffern geordnet und umfassen für das Schuldrecht 325 Nummern. Die Anträge zur Revision des zweiten Entwurfs sind gesondert numeriert und nicht nach Sachgebieten geordnet (insgesamt 102 Anträge). Die Anträge zu den anderen Büchern des BGB werden nur herangezogen, wenn sie sich auf das Schuldrecht beziehen. Grundlage der Edition sind die Anträge der Kommissionsmitglieder und der Reichskommissare. Auf Abweichungen gegenüber den Protokollen wird hingewiesen. Für die Anordnung der Anträge ist die der Protokolle maßgebend. Die zum Teil umfangreichen Begründungen der Anträge werden nur dann mitgeteilt, wenn sie nicht wörtlich in die Protokolle übernommen worden sind. Fundort: Zentrales Staatsarchiv Potsdam, Reichsjustizministerium, Nr. 4105 (Anträge Nr. 1 - 2 4 0 ) , Nr. 4106 (Anträge Nr. 2 4 1 - 3 2 5 ) , Nr. 3910 (Revisionsan6. Diese Protokolle sind von Maas, a. a. O., nicht bibliographisch erfaßt. Maas erwähnt sie lediglich in einer Fußnote auf S. 34. 7. Die Seiten 621 - 6 4 7 , 948 (!) —970 sind lediglich im Nachlaß Gebhard auffindbar gewesen. 8. Einzelheiten zu den Protokollen der 2. Lesung im Bd. 1 der Edition, Quellenverzeichnis unterC. III. 1.
16
C. 2. Kommission
träge). Die Anträge zu den anderen Büchern des BGB und zum EG-BGB sind enthalten in den Akten Nr. 4104, 4108 ff. — Die Anträge befinden sich auch im Nachlaß von Heinrich v. Gagern (Schloß Neuenbürg bei Hessdorf/Erlangen). 3. „ Vorläufige Zusammenstellung der Beschlüsse der Kommission für die zweite Lesung des Entwurfs eines Bürgerlichen Gesetzbuchs" {metallographiert). Diese „Vorläufige Zusammenstellung" stammt vom Generalreferenten Planck, der auf S. 1 der „Vorläufigen Zusammenstellung" folgendes anmerkt: „Die Zusammenstellung beschränkt sich auf die sachlichen Beschlüsse. Die Fassung derselben soll durch die Redaktionskommission erfolgen. Die in der Zusammenstellung aufgenommene Fassung ist nur ein vorläufiger Vorschlag. Nicht besonders erwähnt sind die Beschlüsse, durch welche Anträge zur Berücksichtigung bei der Redaktion an die Redaktionskommission verwiesen sind." — Im Gegensatz zu den Redaktionsvorlagen Papes in der 1. Kommission bringen diejenigen Plancks keine Begründung. — Die „Vorl. Zusammenstellung" der Beschlüsse zur Revision des E II enthält keine eigenen Fassungsvorschläge Plancks. Fundort: Juristisches Seminar der Universität Heidelberg (Nachlaß Gebhard) und Zentrales Staatsarchiv Potsdam, Reichsjustizamt, Nr. 4112 (1. Lesung), 4114 (Revision). 4. „Zusammenstellung der Beschlüsse der Redaktions-Kommission" (metallographiert). Diese von der Redaktionskommission erarbeitete Fassung hat folgende Vorbemerkung: „Die Paragraphenfolge ist die des Entwurfs. Soweit Paragraphen des Entwurfs an anderer Stelle als früher inhaltlich Aufnahme gefunden haben, ist dies an der betreffenden Stelle durch Hinzufügung der entsprechenden Paragraphenzahlen des Entwurfs kenntlich gemacht. Die Zahlen in den eckigen Klammern bezeichnen die Paragraphenzahlen der auf Grund der Kommissionsbescnlüsse von dem Generalreferenten gefertigten vorläufigen Zusammenstellung. Die Hinweisungen beziehen sich auf die Berathungsprotokolle der Kommission" 9 . Fundort: Juristisches Seminar der Universität Heidelberg (Nachlaß Gebhard) und Zentrales Staatsarchiv Potsdam, Reichsjustizministerium, Nr. 4116. 5. Entwurf eines Bürgerlichen Gesetzbuchs für das Deutsche Reich. Zweite Lesung. Nach den Beschlüssen der Redaktionskommission. Auf amtliche Veranlassung. Berlin 1894 —189510. — Benutzt wurde die auf amtliche Veranlassung in den Jahren 1894 und 1895 herausgegebene Ausgabe des zweiten Entwurfs 11 . 6. Der „Entwurf eines Bürgerlichen Gesetzbuchs für das Deutsche Reich — Zweite Lesung"(sog. E II rev) ist zunächst erschienen als Drucksache des Bundesrates vom 22. 10. 1895 (Nr. 103 des Session 1895). Allgemein zugänglich ist dieser Entwurf erst seit der „auf amtliche Veranlassung besorgten Ausgabe" von 1898. Der in der Bundesratsdrucksache abgedruckte Entwurf enthält zu jedem Paragraphen genaue Hinweise auf die Protokolle der Kommission. Diese Hinweise bilden neben den Verweisungen von Gottlieb Planck in seinem Kommentar zum BGB die Grundlage für die Anordnung der Edition. 9. Diese Hinweise und Ziffern in den Klammern werden in der Edition grundsätzlich weggelassen. 10. Die amtliche Ausgabe, die mit der hier genannten übereinstimmt, ist nachgewiesen bei
Maas, a. a. O., S. 25. 11. Weitere Ausgaben weist Maas, a. a. Ó., S. 26 nach.
17
Quellenverzeichnis
7. Berichte von Jacubezky nach München über einzelne Beratungsgegenstände, die für Bayern von besonderer Bedeutung sind. Für das Schuldrecht bringen diese Berichte gegenüber den Protokollen und den Anträgen wenig Neues. Vom Nachlaß Jacubezkys fehlt jede Spur. Fundort /Bayer. Hauptstaatsarchiv München, MJu 16115— 16116.
D. Wegen der Quellen zur Beratung des E II rev im Bundesrat wird auf den Einleitungsband Quellen unter C. IV. verwiesen.
E. Wegen der Quellen zur Beratung des E III in der XII. Kommission des Reichstags und im Plenum wird auf den Einleitungsband, Quellen unter C. V. verwiesen.
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ZWEITES B U C H Recht der Schuldverhältnisse
Materialien zum System des 2. Buches Übersicht A. Beschlüsse der 1. Kommission vom 23. 9. 1874 zur Gliederung des Bürgerlichen Gesetzbuchs B. Gliederung des Obligationenrechts aus dem Jahre 1877 C. Gliederung des Obligationenrechts aus dem Jahre 1879 D. Gliederung des „Vorläufigen Entwurfs der allgemeinen Bestimmungen des Rechts der Schuldverhältnisse" aus dem Jahre 1881 E. Gliederung des Teilentwurfs des Schuldrechts von Kübel aus dem Jahre 1882 F. Gliederung der ZustOR G. Beratung der 1. Kommission über das System des Rechts der Schuldverhältnisse (Protokolle der Sitzungen vom 30. 1. und vom 1. 2. 1884) H . Zum System des E I I. Zum System des E II / E II rev.
A.
Die 1. Kommission hat am 23.9. 1874 beschlossen, daß das Bürgerliche Gesetzbuch zerfallen soll in1 :
A. B.
einen allgemeinen Theil einen besonderen Theil, nämlich: a) das Sachenrecht... b) das Obligationenrecht, wobei vorbehalten bleibt die definitive Beschlußfassung welcher terminus technicus (Recht der Forderungen, Recht der Schuldverhältnisse) zu wählen, aus einem allgemeinen Theil und einem besonderen Theil bestehend. c) das Familienrecht.. . d) Erbrecht."
B.
Aus dem Jahre 1877 existiert folgende Gliederung 2 : . . . Buch Obligationenrecht Erster Abschnitt: Von den Schuldverhältnissen im Allgemeinen
Erster Titel: 1 2
Wesen und einzelne Arten der Schuldverhältnisse
Das Protokoll der Sitzung vom 23. 9. 1874 ist im Einleitungsband vollständig mitgeteilt. Diese Gliederung ist undatiert und stammt von Ende 1877, da sich ein vervielfältigtes Exemplar dieser Gliederung zwischen den Protokollen der Redaktorenkonferenzen von Ende 1877 befindet (ZStA Potsdam, Reichsjustizamt Nr. 3988; auch im Nachlaß Schmitt).
19
Recht der Schuldverhältnisse
Zweiter Titel:
Entstehung der Schuldverhältnisse durch Verträge, einseitiges Versprechen und unerlaubte Handlungen
I.
Vertrag: 1. Erfordernisse zur Eingehung eines Vertrages. a) Gegenstand der Verträge b) Willenserklärung α) das einseitige Versprechen als Grund der Verpflichtung zum Worthalten (V ertragsantrag), ß ) die Schließung von Verträgen der in der Geschäftsfähigkeit Beschränkten, γ) Vertragsantrag. c) Form der Verträge. 2. Bestärkungsmittel der Verträge (Daraufgabe und Reugeld, Konventionalstrafe, Vorbehalt der Rechtsverwirkung). 3. Rechte und Verpflichtungen aus Verträgen. a) Im Allgemeinen b) Gewährleistung des veräußerten Rechtes c) Gewährleistung wegen Mängel der Sache
II.
Einseitiges Versprechen 1. Auslobung 2. Versprechen zu fremden Händen 3. Inhaberpapiere
III. Unerlaubte Handlungen Dritter Titel:
Wirkungen der Schuldverhältnisse
I. Im Allgemeinen II. Verpflichtung des Schuldners zur Erfüllung. Person, Gegenstand, Ort, Zeit. Zurückbehaltungsrecht. Sicherheitsleistung III. Folgen der Nichterfüllung, insbesondere Verzug. Vierter Titel:
Uebertragung der Forderungen
Fünfter Titel:
Schuldübertragung
Sechster Titel:
Erlöschung der Schuldverhältnisse Zahlung. Aufrechnung. Nachlaßvertrag. Vertragsaufhebung. Wegfall des Gläubigers oder Schuldners. Wegfall des Inhalts der Verbindlichkeit. Freisprechendes Erkenntniß.
Zweiter Abschnitt: Von den Schuldverhältnissen im Besonderen
Erster Titel:
Schuldverhältnisse aus Verträgen, welche auf eine Veräußerung von Rechten oder Sachen gerichtet sind. I. Kauf, 1. Kauf im Allgemeinen, 2. Kauf einer Erbschaft II. Tausch III. Schenkung 20
Materialien zum System des 2. Buches
Zweiter Titel:
I. II. III. IV. V.
Schuldverhältnisse aus Verträgen, welche auf ein Ueberlassen z u m V e r b r a u c h e oder Gebrauche gerichtet sind.
Darlehen Miethe Pacht Viehverstellung Gebrauchsleihe
Dritter Titel:
Schuldverhältnisse aus Verträgen, welche auf eine Dienstleistung o d e r eine Werklieferung gerichtet sind.
Vierter Titel:
Schuldverhältnisse aus fremder Geschäftsführung
Fünfter Titel:
Schuldverhältnisse aus einer Rechtsgemeinschaft
I. II.
Gesellschaftsvertrag Zufällige Gemeinschaft
Sechster Titel: I. . . . (im Original offen gelassen) II. Leibrçntenvertrag III. Leibgedingsvertrag Siebenter Titel:
I. II.
Schuldverhältnisse aus Verträgen, welche auf Anerkennung, Sicherstellung oder Feststellung von Ansprüchen gerichtet sind.
. . . (im Original offen gelassen) Bürgschaft
III. Vergleich
Achter Titel:
Schuldverhältnisse aus ungehöriger Bereicherung
Neunter Titel:
Schuldverhältnisse aus unerlaubten gleichgeachteten H a n d l u n g e n
Zehnter Titel:
Schuldverhältnisse aus Zuständen
und
diesen
C . Im Jahre 1879 hat Kübel in einem Schreiben an Pape 3 folgende vorläufige Gliederung des Schuldrechts aufgestellt: „Auskunft des Redaktors des Obligationenrecht über den Stand seiner Arbeiten: D e r allgemeine Theil des Obligationenrechts theilt sich in sechs Abschnitte deren erster vom Wesen der Schuldverhältnisse, von der Naturalobligation, der alternativen Obligation, denTheil- und Gesammtschuld-Verhältnissen und den untheilbaren Obligationen handelt, während der zweite Abschnitt die Entstehung der Schuldverhältnisse durch Verträge (Gegenstand der Verträge, dabei Verträge über die Erbschaft eines bestimmten Dritten, Vertragseingehung, O f f e r t e , Vertragsschließung unter Abwesenden, Form, Bestärkungsmittel der Verträge, Rechte und Verpflich3
Zentrales Staatsarchiv Potsdam, Reichsjustizministerium, Nr. 3876, fol. 187— 188. 21
Recht der Schuldverhältnisse
tungen aus Verträgen, insbesondere Eviktion und Mängelgewähr), der dritte Abschnitt die Entstehung durch einseitiges Versprechen (Auslobung, sogen. Vertrag zu Gunsten Dritter, Inhaberpapiere) behandelt. Der vierte Abschnitt beschäftigt sich mit den Wirkungen der Schuldverhältnisse, insbesondere der Pflicht zur Erfüllung, den Folgen der Nichterfüllung (Verzug), Zusammentreffen mehrerer Forderungen, der fünfte Abschnitt handelt von der Cession, der sechste von der Erlöschung der Schuldverhältnisse. Der besondere Theil soll in zehn Abschnitten die einzelnen Verträge behandeln, im ersten Kauf, Tausch, Schenkung, im zweiten Darlehen, Miethe, Pacht, Gebrauchsmiethe, im dritten Dienstverdingung, Werkverdingung, Maklervertrag, im vierten Mandat, Anweisung, Trödelvertrag, Hinterlegungsvertrag, negotiorum gestio, im fünften Gesellschaftsvertrag und communio incidens, im sechsten Schuldverhältnisse aus gewagten Geschäften, im siebenten Schuldverhältnisse auf Verträgen auf Anerkennung, Feststellung oder Sicherstellung von Versprechen, im achten Schuldverhältnisse aus ungehöriger Bereicherung (Kondiktionen), im neunten Schuldverhältnisse aus unerlaubten Handlungen, im zehnten Schuldverhältnisse aus Zuständen . . D. Der vorläufige Entwurf der allgemeinen Bestimmungen des Rechts der Schuldverhältnisse, in Gemäßheit des Beschlusses der Kommission vom 29. Dezember 1880 zusammengestellt auf der Grundlage des dresdener Entwurfs in Verbindung mit den vorliegenden Theilentwürfen des Redaktors des Obligationenrechts und nach Maßgabe des von demselben aufgestellten und vorgelegten Systems. (Berlin 1881, als Manuskript gedruckt; IV, 70 Seiten) hat folgende Gliederung 4 : Erster Titel.
Wesen und einzelne Arten der Schuldverhältnisse. Einleitung. Wesen (SS 1 - 5 ; Art. 2 - 6 Dresd.E.)
Einzelne Arten: I.
Schuldverhältnisse, bei denen unter mehreren Leistungen gewählt werden kann (§§ 6 - 10; Art. 7 - 11 Dresd.E.) II. Gesammtschuldverhältnisse (§§ 11 — 31 ; Vorlage von Kübel, Nr. 7) III. Mehrheit der Gläubiger und Schuldner bei Untheilbarkeit der Leistung (SS 3 2 - 3 5 ; Art. 2 4 1 - 2 4 4 Dresd.E.) Zweiter Titel.
I.
4
Entstehung der Schuldverhältnisse durch Verträge, einseitiges Versprechen und unerlaubte Handlungen.
Verträge. 1 .Erfordernisse zur Eingehung eines Vertrags : a)Willenserklärung (SS 3 6 - 5 4 ; Vorlage von Kübel, Nr. 9) b)Gegenstand der Verträge ( S S 55 — 68; Vorlage von Kübel, Nr. 11) c)Form der Verträge (SS 69 — 74; Vorlage von Kübel, Nr. 8) 2.Bestärkungsmittel der Verträge: a)Daraufgabe und Reugeld (SS 75 - 80; Art. 118 - 123 Dresd.E.) ^Konventionalstrafe (SS 81 - 88; Art. 1 2 4 - 1 3 1 Dresd.E.) c) Vorbehalt der Rechtsverwirkung (SS 8 9 - 9 2 ; Art. 1 3 2 - 1 3 5 Dresd.E.) 3.Rechte und Verpflichtungen aus Verträgen: a)Im Allgemeinen (SS 9 3 - 9 8 ; Art. 1 5 0 - 1 5 5 Dresd.E.) Die Zusammenstellung stammt von Struckmann (vgl. Maas, a. a. O., S. 13).
22
Materialien zum System des 2. Buches ^ G e w ä h r l e i s t u n g des veräußerten Rechts (§§99 — 114; Art. 156—171 Dresd.E.) (^Gewährleistung wegen Mängel der Sache: α ) I m Allgemeinen (§§ 1 1 5 - 1 3 5 ; Art. 1 7 2 - 1 9 2 Dresd.E.) ß)Gewährleistung beim Viehhandel (§§ 135 — 144; Vorlage von Kübel, N r . 2) II. Einseitiges Versprechen: 1 .Auslobung (§§ 145 - 148; Vorlage von Kübel, N r . l ) 2.Versprechen der Leistung an einen Dritten (§§ 149—153; Vorlage von K ü bel, N r . 1) 3.Inhaberpapiere ( S § 1 5 4 - 1 8 0 ; Vorlage von Kübel, N r . l ) III. Unerlaubte H a n d l u n g e n (SS 181 - 195; Art. 2 1 1 - 2 2 6 Dresd.E.) Dritter Titel.
Wirkungen der Schuldverhältnisse.
I. II.
Im Allgemeinen (§§ 1 9 6 - 2 0 0 ; 2 2 7 - 2 3 1 Dresd.E.) Verpflichtung des Schuldners zur Erfüllung: 1.Mit Rücksicht auf die Person ( § S 2 0 1 - 2 0 3 ; Art. 233, 235, 238 Dresd.E.) 2.Mit Rücksicht auf den Gegenstand: a)Im Allgemeinen ( S S 2 0 4 - 2 0 5 ; Art. 2 3 9 - 2 4 0 Dresd.E.) b)Maß, Gewicht, Münze (§§ 2 0 6 - 2 1 1 ; Art. 2 4 4 - 2 4 9 Dresd.E.) c)Zinsen (SS 2 1 2 - 2 1 4 ; Vorlage von Kübel, N r . 12) 3.Mit Rücksicht auf den O r t (SS 2 1 5 - 2 1 7 ; Art. 2 5 5 - 2 5 7 Dresd.E.) 4.Mit Rücksicht auf die Zeit ( § S 2 1 8 - 2 2 5 ; Art. 2 1 8 - 2 2 5 Dresd.E.) 5.Mit Rücksicht auf ein Zurückbehaltungsrecht (SS 226 — 227; Art. 267 —268 Dresd.E.) 6.Mit Rücksicht auf eine Sicherheitsleistung (SS 2 2 8 - 2 3 1 ; Art. 2 2 8 - 2 3 1 Dresd.E.) III. Folgen der Nichterfüllung der Verbindlichkeit: l.Im Allgemeinen ( S S 2 3 2 - 2 4 1 ; Art. 2 7 3 - 2 8 2 Dresd.E.) 2.Folgen des Verzugs: a)Verzug des Schuldners ( S S 2 4 2 - 2 6 1 ; Art. 2 8 3 - 3 0 1 , 303, 305 Dresd.E.) b) V e r z u g des Gläubigers ( S S 2 6 2 - 2 7 1 ; Art. 3 0 6 - 3 1 5 Dres.E.) c)Gemeinschaftliche Vorschriften über den V e r z u g des Schuldners und des Gläubigers (S 272; Art. 317 Dresd.E.) Vierter I. II.
Titel.
Sondernachfolge in Schuld.
die Forderung
und
in
die
Uebertragung der Forderungen ( S S 273 — 295 ; Vorlage von Kübel, N r . 26) Uebertragung der Schuld ( S S 296 - 300 ; Art. 296 - 300 bayr.E.)
Fünfter Titel.
Erlöschung der Schuldverhältnisse.
I. II. III. IV. V.
Zahlung (SS 3 0 1 - 3 1 8 ; Art. 3 4 1 - 3 6 1 Dresd.E.) A u f r e c h n u n g (Kompensation) (S§ 319 - 329 ; Art. 362 - 372, 374 Dresd.E.) Nachlaßvertrag ( S 330; Art. 382 Dresd.E.) Vertragsaufhebung (§ 331; Art. 384 Dresd.E.) Wegfall des Gläubigers oder Schuldners (SS 3 3 2 - 3 3 3 ; Art. 3 8 5 - 3 8 6 Dresd.E.) VI. Wegfall des Inhalts der Verbindlichkeit ( S S 3 3 4 - 3 3 8 ; Art. 3 8 8 - 3 9 0 , 393, 394 Dresd.E.) VII. Freisprechendes Erkenntniß ( S 339; Art. 396 Dresd.E.) 23
Recht der Schuldverhältnisse
E. Der von Kübel sukzessive vorgelegte Teilentwurf des Schuldrechts : „Erster Abschnitt: Von den Schuldverhältnissen im Allgemeinen" 5 hat folgende Gliederung: Erster Titel:
Wesen und einzelne Arten der Schuldverhältnisse
I.
Schuldverhältnisse, bei welchen unter mehreren Leistungen gewählt werden kann. I. A. Schuldverhältnisse, bei welchen die Leistung nur der Gattung nach bestimmt ist. II. Theil- und Gesammtschuldverhältnisse III. Mehrheit der Gläubiger oder Schuldner bei untheilbarer Leistung Zweiter Titel:
Entstehung der Schuldverhältnisse durch Verträge, einseitiges Versprechen und unerlaubte Handlungen
I.
Vertrag 1 .Erfordernisse zur Eingehung eines Vertrags a) Willenserklärung b)Gegenstand der Verträge c)Form der Verträge 2.Bestärkungsmittel der Verträge a)Daraufgabe und Reugeld ^Konventionalstrafe c) Vorbehalt der Rechtsverwirkung 3.Rechte und Verpflichtungen aus Verträgen a)Im Allgemeinen b) Gewährleistung des veräußerten Rechts c) Gewährleistung wegen Mängel der Sache a)Im Allgemeinen ß)Gewährleistung beim Viehhandel II. Einseitiges Versprechen 1. Auslobung 2.Versprechen der Leistung an einen Dritten 3.Inhaberpapiere III. Unerlaubte Handlungen Dritter Titel:
Wirkungen der Schuldverhältnisse
I. Im Allgemeinen II. Verpflichtung des Schuldners zur Erfüllung 1.Mit Rücksicht auf die Person 2.Mit Rücksicht auf den Gegenstand a)Im Allgemeinen b)Geldleistung c)Zinsen 3.Mit Rücksicht auf den Ort 4.Mit Rücksicht auf die Zeit III. Folgen der Nichterfüllung der Verbindlichkeit l.Im Allgemeinen 2.Folgen des Verzugs a)Verzug des Schuldners 5
Als Manuskript gedruckt in Berlin 1882.
24
Materialien zum System des 2. Buches b)Verzug des Gläubigers c) Gemeinschaftliche Bestimmungen über den V e r z u g des Schuldners u n d des Gläubigers 3.Prozeßzinsen Vierter Titel: I. II.
Fünfter Titel: I. II. III. IV. V.
F.
Sondernachfolge in die Forderung und in die Schuld
Uebertragung der Forderungen Uebertragung der Schuld Erlöschung der Schuldverhältnisse
Erfüllung Aufrechnung Nachlaßvertrag Vertragsaufhebung Wegfall des Gläubigers und des Schuldners Eine Gliederung der folgenden Teile des Schuldrechts hat Kübel nicht
vorgelegt.
Das Obligationenrecht der „Zusammenstellung der sachlich beschlossenen Bestimmungen" (1882— 1884) hat folgende Gliederung:
Erster Titel:
Gegenstand und einzelne Arten der Schuldverhältnisse Gegenstand des Schuldverhältnisses im Allgemeinen (§ 1) I.
Schuldverhältnisse, bei welchen unter mehreren Leistungen zunächst gewählt werden kann (§§ 2 — 7) II. Schuldverhältnisse, bei welchen die Leistung nur der Gattung nach bestimmt ist (SS 8, 9) III. Theil- und Gesammtschuldverhältnisse (§§ 10 — 28) IV. Mehrheit der Gläubiger und Schuldner bei untheilbarer Leistung. (§§ 29 — 31) Zweiter
Titel:
Schuldverhältnisse aus Verträgen und einseitigen Versprechen
Einseitiges Versprechen (§§ a, b) 1.Gegenstand der Verträge (§§ 32 — 44) 2.Bestärkungsmittel der Verträge a ) D a r a u f g a b e (§§ 4 5 - 4 7 ) ^ K o n v e n t i o n a l s t r a f e (§§ 48 — 53) 3.Vorbehalt des Rücktritts vom Vertrage (§§ 54 — 60; 60 a — d) 4.Rechte und Verpflichtungen aus Verträgen a)im Allgemeinen (§§ 61 —68) b) Gewährleistung des veräußerten Rechts (§§ 69 — 80) c) Gewährleistung wegen Mängeln der Sache (§§ 81 —116) 5.Auslobung (§§ 1 1 7 - 1 2 0 ) 6.Versprechen der Leistung an einen Dritten (§§ 121 —125) 7.Schuldverschreibungen auf Inhaber (§§ 126—144) Dritter Titel:
Schuldverhältnisse aus unerlaubten H a n d l u n g e n (§§ 145-165) 25
Recht der Schuldverhältnisse Vierter Titel:
Inhalt der Schuldverhältnisse (§§ 166 — 184)
Fünfter Titel:
Folgen der Nichterfüllung der Verbindlichkeit (§§ 185-209)
Sechster
Sondernachfolge in der Forderung und Schuld
I. II.
Titel:
U e b e r t r a g u n g der Forderung (§§210 — 226) Schuldübernahme (§§ 227 - 231)
Siebenter I. II. III. IV. V.
in die
Titel:
Erlöschen der Schuldverhältnisse
Erfüllung (§§ 2 3 2 - 2 4 9 ) ; Hinterlegung (§§ 2 4 1 - 2 4 9 ) A u f r e c h n u n g (§§ 250 - 258) Erlaß (§ 259) Vereinigung (§ 260) T o d des Gläubigers oder Schuldners ( § 2 6 1 )
Achter
Titel:
Schuldverhältnisse aus ungerechtfertigter Bereicherung ( § § 2 6 2 - 2 7 3 )
I. II.
R ü c k f o r d e r u n g wegen Leistung einer Nichtschuld R ü c k f o r d e r u n g wegen Eintritts o d e r Nichteintritts eines künftigen Ereignisses oder eines rechtlichen Erfolges III. R ü c k f o r d e r u n g wegen weggefallenen Rechtsgrundes IV. R ü c k f o r d e r u n g wegen verwerflichen Empfanges V. R ü c k f o r d e r u n g wegen sonstigen grundlosen H a b e n s Neunter
Titel:
Geschäftsführung ohne Auftrag (§§ 274 — 286)
Zehnter Titel:
Darlehen (§§ 287 - 292)
Elfter Titel:
Anweisung (§§ 293 - 301)
Zwölfter
Schuldversprechen und Schuldanerkennung (§§ 302,
Titel:
303) Dreizehnter
Titel:
Schenkung (§§ 304 — 317)
Vierzehnter
Titel:
Kauf
I.
II.
26
Kauf (§§ 3 1 8 - 3 5 8 ) 1.Kauf im Allgemeinen 2.Kauf nach Probe oder Muster 3.Kauf auf Besicht oder auf Probe 4.Kauf mit Vorbehalt eines besseren Gebotes 5.Kauf mit Vorbehalt des Wiederkaufes Ö.Vorkaufsrecht 7.Kauf einer Erbschaft Tausch (§ 359)
Materialien zum System des 2. Buches
Fünfzehnter Titel:
Miethe und Pacht
I.
Miethe ( S S 3 6 0 - 3 8 5 )
II.
Pacht (S§ 3 8 6 - 4 0 3 ) Gebrauchsleihe (SS 4 0 4 - 4 1 3 )
Sechszebnter Titel:
Dienstvertrag (SS 4 1 4 - 4 2 1 )
Siebzehnter Titel: Achtzehnter
Werkvertrag ( S S 4 2 2 - 4 3 4 )
Titel:
Neunzehnter
Titel:
Zwanzigster
Titel:
Mäklervertrag ( S 435) Auftrag ( S S 4 3 6 - 4 5 5 )
Einundzwanzigster
Titel:
Zweiundzwanzigster
Titel:
Dreiundzwanzigster
Titel:
Vierundzwanzigster
Titel:
Fünfundzwanzigster
Titel:
Bürgschaft und Kreditauftrag ( S S 456 - 468) Verpfändungsvertrag (SS 469, 470) Vergleich ( S S 471, 472) Spiel und Wette (SS 473, 474) Leibrentenvertrag ( S S 475 — 479)
Sechsundzwanzigster
Titel:
Schuldverhältnisse 480-483)
Siebenundzwanzigster
Titel:
Hinterlegungsvertrag (SS 484 — 495)
Achtundzwanzigster
Titel:
Neunundzwanzigster
Titel:
anderen
Gründen* (
Setzung der Berathung des vorliegenden Theilentwurfs sich richtete, so mußte die Erledigung desselben der Prüfung bei der Schlußredaktion überlassen werden. Dabei wurde nicht verkannt, daß die mora solvendi und die mora accipiendi keineswegs Unterbegriffe eines gemeinsamen Gattungsbegriffs bildeten, da Schuldner und Gläubiger in Ansehung der von ihnen bei Aufhebung der Obligation durch Erfüllung zu entwickelnden Thätigkeit unter gänzlich verschiedenen juristischen Gesichtspunkten ständen, und daß der Vorgang des Schweizer Obligationenrechts, welches den Verzug des Gläubigers in dem Abschnitte über die Erfüllung (Unterabschnitt: Zahlung, Verzug des Gläubigers, Hinterlegung) behandle, um nicht irrigen Auffassungen Vorschub zu leisten, Beachtung verdiene, wenn auch in Gesetzgebung und Wissenschaft der Gegenstand bisher vorwiegend an einer anderen Stelle, im Anschluß an den Verzug des Schuldners, behandelt sei. Der § 29 des Entwurfs lautet: „Der Gläubiger kommt in Verzug, wenn ihm oder einem von ihm zur Emp- TE-OR (Nr 22) fangnahme der Leistung Ermächtigten von dem Schuldner oder einem Dritten, S 29 welcher namens des Schuldners leisten darf, die Leistung nach Maßgabe der Verbindlichkeit angeboten, die Annahme jedoch verweigert worden ist, sofern nicht die Weigerung durch ge- | rechte Gründe entschuldigt wird." | Prot 11219 Folgende Anträge lagen vor: 1. den § 29 zu fassen: Windscheid „Der Gläubiger kommt in Verzug, wenn er die ihm vom Schuldner angebotene (Nr 166, 2) Leistung nicht annimmt." Eventuell als zweiten Absatz hinzuzufügen: „Dem Anbieten des Schuldners steht gleich das Anbieten desjenigen, welcher statt des Schuldners leisten darf. Dem Anbieten an den Gläubiger steht gleich das Anbieten an denjenigen, welchem statt dem Gläubiger der Schuldner leisten darf." 2. In dem § 29 die Worte: „oder einem von ihm zur Empfangnahme der Leistung Ermächtigten" zu streichen und an statt der Worte: „die Annahme jedoch verweigert... bis zu Ende", zu setzen: „die Annahme jedoch unterbleibt". 331
Planck (Nr 167, 1)
§293
1. Abschnitt: Inhalt der Schuldverhältnisse
Planck (Nr 167, 5)
3. Ferner lag ein A n t r a g vor, welcher im Anschluß an Antrag 2 f ü r den nach diesem Antrage zu streichenden Schlußpassus des § 29 einen Ersatz in einer besonderen hinter § 32 des Entwurfs einzureihenden Vorschrift in Vorschlag bringt, dahin lautend : „Der Gläubiger k o m m t nicht in V e r z u g , w e n n ihm bei dem Unterlassen der nach §§ 29 bis 32 ihm obliegenden H a n d l u n g e n ein Verschulden nicht zur Last fällt, es wäre denn, d a ß er nach Maßgabe des Schuldverhältnisses f ü r die V o r n a h me jener H a n d l u n g e n einzustehen verpflichtet wäre." 1 I Im Laufe der Berathung wurde der Antrag 3 vom Antragsteller dahin modifiI P r o t ! 1220 zirt, daß statt „ein Verschulden" „eine Fahrlässigkeit" gesetzt, und die W o r t e von „es wäre d e n n " bis zu Ende hinweggelassen wurden. Die Mehrheit faßte folgende Beschlüsse: 1. Im § 29 braucht entsprechend der Fassung des Antrages 1 nicht ausgesprochen zu werden, daß das Anbieten der Leistung nach Maßgabe der Verbindlichkeit erfolgt sein müsse. Man ging davon aus, daß die Erfordernisse des Anbietens in den folgenden §§ im einzelnen bestimmt w ü r d e n , und deshalb die hervorgehobenen und in dem folgenden § wiederholten W o r t e an dieser Stelle entbehrlich seien. 2. Die Fälle der N i c h t a n n a h m e seitens eines Stellvertreters des Gläubigers sowie des namens des Schuldners geschehenden Anbietens durch eine dritte Person brauchen im Gesetze nicht erwähnt zu werden. M a n hatte e r w o g e n : W a s zunächst die Nichtannahme seitens eines Stellvertreters des Gläubigers betreffe, so stehe nach dem Beschluß vom 9. D e z e m b e r 1881, Prot. S. 221 —223 (Zusammenstellung der beschlossenen Bestimmungen des allgemeinen Theils § 88 Abs. 3) fest, daß die Abgabe von Willenserklärungen auch an den Stellvertreter rechtlich von gleicher W i r k u n g sei mit der Abgabe von Willenserklärungen an den Vertretenen, vorausgesetzt, daß der Stellvertreter die zu dieser passiven Stellvertret u n g erforderliche Vertretungsmacht besitze. W a n n solche Vertretungsmacht vorI P r o t i 1221 liege und ob insbesondere der zur E m - | p f a n g n a h m e bevollmächtigte Spezialmandatar eine solche Vertretungsmacht habe, sei eine Frage des einzelnen Falles, die der Entwurf auch nicht zur Lösung bringe, obwohl die Motive S. 57, 58 in Ansehung des Spezialmandatars die Lösung in dem § 29 zu geben beabsichtigten. Hiernach müsse in Ubereinstimmung mit den Anträgen 1 und 2 der E r w ä h n u n g der Stellvertreter des Gläubigers f ü r entbehrlich erachtet werden. W a s ferner das Anbieten der Leistung durch einen Dritten namens des Schuldners anbelange, so sei nach dem Beschlüsse vom 22. September 1882, Protokolle S. 1071—73, außer Zweifel gestellt, daß wenn der Schuldner nicht widerspreche, jeder Dritte mit Erfolg anbieten könne und sei deshalb in Übereinstimmung mit Antrag 1 auch dieses Falles nicht zu erwähnen. Für die Streichung k a m außerdem noch in Betracht, daß ähnliche Zusätze noch in einer großen Zahl anderer §§ erfordert werden würden. 3. Es ist nicht eine Verweigerung der A n n a h m e mit dem Entwürfe zur V o r a u s setzung des Eintritts des Annahmeverzuges, sondern die Voraussetzung einfach dahin zu bestimmen, d a ß nicht angenommen wird. Die Fassung und insbesondere die Berücksichtigung der Vorschläge in Antrag 1 und 2 („der Gläubiger nicht an1 In den met. Prot, heißt es: „nicht verpflichtet wäre".
332
2. Titel: Verzug des Gläubigers
§293
nimmt" „die Annahme unterbleibt") wird der Prüfung bei der Redaktion überlassen. Maßgebend war die Betrachtung, daß nicht in allen Fällen eine, wenn auch stillschweigende, die Ablehnung enthaltende Willenserklärung des Gläubigers vorzuliegen braucht, sondern ζ. Β. | bei Holschulden je nach Lage des Falles ein passi- | Proti 1222 ves Verhalten genügt. 4. Die rechtlichen Folgen der Nichtannahme sind nicht mit dem Entwürfe für den Fall auszuschließen, daß die Nichtannahme des Gläubigers „durch gerechte Gründe entschuldigt wird". Der Antrag 1, welcher diese Bestimmung beseitigt, wurde angenommen, und die Anträge 2 und 3, in denen die Bestimmung zwar beseitigt, aber ein Ersatz gegeben wird, wurden abgelehnt. Die Gründe waren: Vom theoretischen Standpunkt sei eine doppelte Auffassung möglich. Man könne zunächst aufstellen: Die Verpflichtung des Schuldners könne sich nicht soweit erstrecken, daß der Schuldner die zur Wirksamkeit der Leistung erforderliche Annahmehandlung des Gläubigers herbeizuführen habe. Der Schuldner habe vielmehr seiner Verbindlichkeit genügt, wenn er seinerseits Alles gethan habe, was er zur Bewirkung der Leistung zu thun habe, auch wenn ein passives Verhalten des Gläubigers den Erfolg der Leistung vereitele. Die juristische Konsequenz werde also dahin führen, daß der Schuldner, der Alles Seinige gethan hat, dessen Erfüllungsversuch aber an dem passiven Verhalten des Gläubigers gescheitert, liberirt sei, wenn er des Gegenstandes der Leistung sich einfach thatsächlich entäußere. Diese strenge Konsequenz lasse sich nun freilich nicht durchführen, aber man müsse anerkennen, daß diejenigen Rechtsvorschriften, welche diese Konsequenz beseitigen, positive, die Begünstigung des Gläubigers bezweckende Rechtsnormen seien, die I nicht soweit gehen dürften, daß der Schuldner für den Zufall verantwortlich | Proti 1223 werde, welcher in der Person des Gläubigers sich zutrage. Der vorstehenden Auffassung lasse sich aber auch eine andere Ansicht gegenüberstellen, nämlich diejenige, welche dem Entwürfe und dem Antrage 3 zu Grunde liege: Durch die mora accipiendi erlitten die Verbindlichkeiten des Schuldners nach allgemeinen Grundsätzen noch keine Aenderung oder Abschwächung und wenn das Gesetz ein Anderes bestimme, so seien darin positive, zu Gunsten des Schuldners ergangene Anordnungen zu finden, die nicht soweit erstreckt werden dürften, daß auch der an der Annahme ohne Fahrlässigkeit gehinderte Gläubiger darunter leide. Stelle man sich aber auf den praktischen Standpunkt, der unter solchen Umständen vorzugsweise Beachtung verdiene, so sei nicht zu bestreiten, daß die in Antrag 1 vorgeschlagene Bestimmung den Vorzug verdiene. Wenn der Gläubiger, der durch Zufall oder ohne seine Fahrlässigkeit verhindert sei anzunehmen, nicht in den Verzug der Annahme gerathe, so werde der Schuldner zur Deposition gedrängt, in Bezug auf welche feststehe, daß der Grund der Hinderung des Gläubigers für die Depositionsbefugniß des Schuldners gleichgültig sei, da die Deposition gerade für Hinderungsfälle ihre Hauptbedeutung habe, bei denen den Gläubiger keine Fahrlässigkeit treffe. Es erscheine aber in hohem Maße fraglich, ob durch eine Regelung, welche den Schuldner zur Deposition dränge, dem Interesse des Gläubigers | gedient werde. Zu verkennen sei auch nicht, daß | Prot I 1224 eine große Inkonsequenz darin liege, die mora accipiendi durch Umstände auszuschließen, welche dem Depositionsrecht nicht entgegenständen. Endlich führe die entgegengesetzte Vorschrift zu einer Menge von Streitigkeiten, verrathe auch den 333
§293
1. Abschnitt: Inhalt der Schuldverhältnisse
Gedanken, der Gläubiger sei als solcher und schlechthin zur Annahme verpflichtet, eine bedenkliche Auffassung, die zu schwer zu übersehenden Konsequenzen führe. II. In der RedVorl und der ZustOR hat die beschlossene Vorschrift als § 201 die Fassung: ZustOR ξ 201 Der Gläubiger kommt in Verzug, wenn er die ihm von dem Schuldner angebotene Leistung nicht annimmt 2 . III. Die Fassung der Vorschrift ist im KE § 252 und im E I § 254 unverändert.
B. Vorkommission des Reichsjustizamtes I. Beantragt war: Den § 254 zu fassen: Jacubezky Der Gläubiger kommt in Verzug, wenn er die ihm angebotene Leistung nicht (Nr 4, 34) annimmt.
I ProtRJA 230
II. 43. Sitzung vom 8. 9. 1891 | Im § 254 wurden die Worte „von dem Schuldner" gestrichen, weil der Gläubiger auch dann in Verzug gerathen werde, wenn ihm die geschuldete Leistung von einem Dritten angeboten werde.
C. 2. Kommission Struckmann I. Beantragt wurde (Prot. II, Bd. 1, S. 328; Mugdan, Bd. 2, S. 538), im § 254 die (Nr 1, 40) Worte „von dem Schuldner" zu streichen 3 . Der Antrag wurde gebilligt. II., III., IV., V. In der VorlZust der Beschlüsse der 2. Kom., in der ZustRedKom, im Ell (S 249) und Ell rev (S 287) hat die Vorschrift die in § 293 BGB Gesetz gewordene Fassung. Wilke Der bei der Revision des E II gestellte Antrag (Prot. II, Bd. 6, S. 156; Mugdan, (Nr 24, 1) Bd. 2, S. 538 f), den § 249 so zu fassen: Der Gläubiger kommt in Verzug, wenn er die ihm angebotene Leistung nicht annimmt oder in einem Falle, in welchem das Angebot des Schuldners unthunlich ist, die von ihm vorzunehmende Handlung in der nach Verkehrssitte üblichen Zeit nicht vornimmt. (Strohal, Kurze Bemerkungen zum Recht der Schuldverhältnisse S. 3) wurde abgelehnt.
2
3
In den Prot, wird S. 1237 als zu § 29 TE-OR sachlich beschlossen bezeichnet: Der Gläubiger kommt in Verzug, wenn er die ihm von dem Schuldner angebotene Leistung annimmt. In der met. Fassung lautet der Antrag, „den § 2 5 4 zu fassen: Der Gläubiger kommt in Verzug, wenn er die ihm angebotene Leistung nicht annimmt."
334
2. Titel: Verzug des Gläubigers
§§
294-297
§294 Die Leistung muß dem Gläubiger so, wie sie zu bewirken ist, thatsächlich angeboten werden.
§295 Ein wörtliches Angebot des Schuldners genügt, wenn der Gläubiger ihm erklärt hat, daß er die Leistung nicht annehmen werde, oder wenn zur Bewirkung der Leistung eine Handlung des Gläubigers erforderlich ist, insbesondere wenn der Gläubiger die geschuldete Sache abzuholen hat. D e m Angebote der Leistung steht die Aufforderung an den Gläubiger gleich, die erforderliche Handlung vorzunehmen.
§296 Ist für die von dem Gläubiger vorzunehmende Handlung eine Zeit nach dem Kalender bestimmt, so bedarf es des Angebots nur, wenn der Gläubiger die Handlung rechtzeitig vornimmt. Das Gleiche gilt, wenn der Handlung eine Kündigung vorauszugehen hat und die Zeit für die Handlung in der Weise bestimmt ist, daß sie sich von der Kündigung ab nach dem Kalender berechnen läßt.
§297 Der Gläubiger kommt nicht in Verzug, wenn der Schuldner zur Zeit des Angebots oder im Falle des § 296 zu der für die Handlung des Gläubigers bestimmten Zeit außer Stande ist, die Leistung zu bewirken.
A . 1. Kommission I. 132. Sitzung vom 23. 10. 1882, Schriftführer von Liebe I Die Berathung des Theilentwurfes des Obligationenrechts ( N r S 22) über Folgen der Nichterfüllung, Unterabschnitt „Verzug des Gläubigers" wurde fortgesetzt. Man beschloß, die §§ 30 und 31 zusammen zu berathen. Der § 30 des Entwurfs lautet: „ Z u einem wirksamen Anerbieten genügt die Bereitschaftserklärung, vorausgesetzt, daß der Schuldner oder sein Vertreter zur Leistung nach Maßgabe der Verbindlichkeit im Stande und bereit ist. Wenn jedoch der Schuldner bewegliche Sachen zu überbringen oder eine Handlung an einem bestimmten Orte vorzunehmen hat, so ist außerdem ein der Verbindlichkeit entsprechendes thatsächliches Anerbieten erforderlich, es hätte denn der Gläubiger im Voraus bestimmt erklärt, daß er die Leistung nicht annehmen werde." 335
| Prot 11225
TE-OR (Nr 22) § 30
§§ 294—297
1. Abschnitt: Inhalt der Schuldverhältnisse
Der § 31 des Entwurfs lautet: TE-OR (Nr 22) »Der Gläubiger kommt, ohne daß es eines Anerbietens bedarf, in Verzug, wenn §31 er in Fällen, w o die Leistung des Schuldners von der Mitwirkung des Gläubigers I Prot I 1226 abhängig ist, auf die Aufforderung des Schuldners die Vor- | nähme der erforderlichen Handlung unterläßt, ohne durch gerechte Gründe entschuldigt zu sein, desgleichen, wenn in Fällen, in welchen es der Klarstellung der Leistung des Schuldners durch den Gläubiger bedarf, um dem Schuldner die Leistung zu ermöglichen, auf dessen Aufforderung jene Klarstellung verzögert ohne durch gerechte Gründe entschuldigt zu sein." Zu den
30, 31 lagen folgende Anträge vor:
1. die §§ in folgender Fassung aufzunehmen : Windscheid § 30. „Ein wirksames Anbieten liegt vor, wenn der Schuldner die ihm nach (Nr 166, 2) Maßgabe seiner Verbindlichkeit obliegende Tätigkeit hat eintreten lassen. H a t der Gläubiger im voraus mit Bestimmtheit erklärt, daß er die Leistung nicht annehmen werde, so genügt Bereitschaft zu dieser Thätigkeit und die davon dem Gläubiger gemachte Mittheilung." Eventuell : a) die Worte „und die davon dem Gläubiger gemachte Mitteilung" wegzulassen. b) als dritten Satz hinzuzufügen: „Bereitschaft zur Leistung setzt voraus, daß der Schuldner im Stande ist, die ihm obliegende Thätigkeit sofort eintreten zu lassen". § 31. „Ohne Anbieten kommt der Gläubiger in Verzug, wenn er diejenige T h ä tigkeit unterläßt, ohne welche es dem Schuldner unmöglich ist, seinerseits die ihm obliegende Thätigkeit eintreten zu lassen. Desgleichen kommt der Gläubiger in Verzug, wenn er in Fällen pp. (wie im Entwurf)." Planck 2. a) in dem § 30 Absatz 2 die Worte: „es hätte denn der Gläubiger . . . u.s.w. bis (Nr 167, 2) zu Ende" | zu streichen und statt derselben folgende Bestimmung als Absatz 3 I Prot 1 1227 hinzuzufügen: „Hatte der Gläubiger im Voraus bestimmt erklärt, daß er die Leistung nicht annehmen werde, so genügt es, wenn der Schuldner zur Zeit der Bereitschaftserklärung im Stande ist, die Leistungsbereitschaft, sobald der Gläubiger seine Weigerung zurücknimmt, herzustellen und bedarf es in solchem Falle insbesondere des in Absatz 2 vorgeschriebenen thatsächlichen Anerbietens nicht." Planck (Nr 167, 3)
b) an Stelle des § 31 folgende Bestimmung zu setzen: „Der Gläubiger kommt, ohne daß es eines Anerbietens bedarf, in Verzug, 1. wenn er die Vorbereitungen, ohne welche der Schuldner zu erfüllen nicht im Stande ist, auf Aufforderung des Schuldners oder, sofern für die Vornahme der Vorbereitungshandlungen eine nach dem Kalender bestimmte oder von einer Kündigung ab zu berechnende Zeit festgesetzt war, zu der festgesetzten Zeit nicht trifft, der Schuldner aber, soweit dies vor der Vornahme der Vorbereitungshandlungen möglich ist, zur Leistung im Stande und bereit war; 2. wenn er in Fällen, in welchen es der Klarstellung der Leistung des Schuldners durch den Gläubiger bedarf, um dem Schuldner die Leistung zu ermöglichen, auf dessen Aufforderung jene Klarstellung verzögert; 336
2. Titel: Verzug des Gläubigers
§§ 2 9 4 - 2 9 7
3. wenn er in Fällen, in welchen für die Leistung eine nach dem Kalender bestimmte oder von einer Kündigung an zu berechnende Zeit festgesetzt war, sich zu der bestimmten Zeit an dem für die Leistung bestimmten Orte nicht einstellt, der Schuldner aber gegenwärtig und nach M a ß - | gäbe seiner Verbindlichkeit zur Lei- | Prot I 1228 stung im Stande und bereit war. Hatte der Gläubiger in den Fällen N§ 1 und 3 im Voraus bestimmt erklärt, daß er die Leistung nicht annehmen werde, so findet die Vorschrift des § 30 Absatz 3 (vergleiche den Antrag N s 2 a) entsprechende Anwendung." 3. Dem § 31 die Bestimmung hinzuzufügen: v. Weber „Der Gläubiger kommt, ohne daß es eines Anerbietens bedarf, in Verzug, wenn (Nr 168) er sich zur Empfangnahme der Leistung bei dem Schuldner oder an einem bestimmten Ort einzufinden hat und für die Leistung eine nach dem Kalender bestimmte oder nach demselben bei erfolgter Kündigung zu bestimmende Zeit festgesetzt ist, der Gläubiger aber (ohne durch gerechte Gründe entschuldigt zu sein) sich zur bestimmten Zeit am Orte der Leistung zur Empfangnahme einzufinden unterläßt, der Schuldner dagegen zu dieser Zeit und an dem bestimmten Orte zur Leistung bereit ist." 4. Die §§ 30, 31 durch folgende Bestimmung zu ersetzen: Kurlbaum „Damit der Gläubiger in Verzug komme, muß das Anbieten von Seiten des (Nr 170, 1) Schuldners in der Art erfolgen, daß er die ihm obliegende Thätigkeit eintreten läßt, soweit nicht die Mitwirkung des Gläubigers erforderlich ist und ausbleibt. Ist die Mitwirkung des Gläubigers erforderlich, und die Zeit der Leistung weder nach dem Kalender bestimmt noch von einer Kündigung an zu berechnen, so tritt der Verzug des Gläubigers nur ein, wenn dieser von dem Schuldner nach eingetretener Fälligkeit zur Mitwirkung aufgefordert worden ist und die Mitwirkung unterI läßt. I Prot 11229 H a t der Gläubiger erklärt, daß er die Leistung nicht annehmen werde, so ist ein solches Anbieten nicht erforderlich. Es genügt in diesem Falle, daß der Schuldner im Stande ist, die ihm obliegende Thätigkeit eintreten zu lassen, und daß er, sofern nicht die Zeit der Leistung nach dem Kalender bestimmt oder von einer Kündigung an zu berechnen ist, dem Gläubiger seine Bereitwilligkeit zur Leistung erklärt." Die Beschlüsse waren: 1. Man verständigte sich dahin, daß zunächst zur Entscheidung zu bringen sei, wie das Anbieten (Beschluß zum ξ 29, S. 1220) beschaffen sein müsse, wenn der Gläubiger zur Perfektion der Leistung einzig und allein durch Annahme mitzuwirken und eine weitere Thätigkeit nicht vorzunehmen habe, so daß ins Besondere auch ausscheiden die Fälle der Holschuld und der Tradition eines Grundstücks. Die Mehrheit entschied: nöthig sei die sogenannte Realoblation oder das thatsächliche Anbieten, so daß der Schuldner dem Gläubiger den Leistungsgegenstand vorlegen und, wenn eine Handlung zu leisten ist, zu deren Vornahme, geeigneten Falls gehörig ausgerüstet, sich einfinden muß, und so daß das Vermögen des Schuldners zu leisten, was er schuldet, weil es sich thatsächlich offenbart, nicht besonders in Frage kommt, während der Wille, die Leistung zu bewirken, erklärt sein oder aus den Umständen sich ergeben muß. 2. Sodann wurde zur Entscheidung gestellt: wie das Anbieten beschaffen sein müsse, wenn der Gläubiger, bevor der Schuldner leisten kann, mit | einer Handlung | Prot I 1230 vorauszugehen hat, wohin insbesondere der Fall der Holschuld gehört. 337
§§ 294-297
1. Abschnitt: Inhalt der Schuldverhältnisse
Die Mehrheit entschied : nöthig sei das Vermögen des Schuldners, die Leistung zu bewirken, sobald von dem Gläubiger die Handlung, die vorauszugehen hat, bewirkt ist, und die von dem Schuldner dem Gläubiger gegenüber abzugebende Erklärung, er wolle die Leistung bewirken beziehungsweise die Aufforderung von Seiten des Schuldners an den Gläubiger, die Handlung, welche vorauszugehen hat, vorzunehmen (Verbaloblation). 3. Endlich gelangte zur Prüfung, wie das Anbieten beschaffen sein müsse, wenn der Gläubiger, damit die Leistung zur Perfektion gelange, gleichzeitig mit dem Schuldner in Thätigkeit zu treten hat. Die Mehrheit entschied: nöthig sei das Vermögen des Schuldners, die Handlungen vorzunehmen, die seinerseits zur Perfektion der Leistung, sofern der Gläubiger die von ihm zu gewährende Mitwirkung leiht, erforderlich sind, und die von dem Schuldner dem Gläubiger gegenüber abzugebende Erklärung, er wolle jene von ihm vorzunehmenden Handlungen bewirken bzw. die Aufforderung von Seiten des Schuldners an den Gläubiger, die Handlungen, die von diesem zur Perfektion der Leistung zu bewirken sind, vorzunehmen, zugleich aber in Ansehung der von dem Schuldner, wenn und insoweit der Schuldner ohne des Gläubigers Mitwirkung thätig zu werden hat, vorzunehmenden Handlungen, die Realoblation im Sinne des ersten Beschlusses. Eine besondere Entscheidung für den Fall, wenn der Schuldner mit einer HandI Prot 11231 lung vorauszugehen hat und | demnächst eine Handlung des Gläubigers nachfolgen muß, sei es, daß der Schuldner vor einem weiteren Handeln des Gläubigers oder gleichzeitig mit einem solchen thätig zu sein hat, hielt man, weil der Fall durch die gefaßten Beschlüsse schon zur Genüge gedeckt sei, nicht für erforderlich. Als leitendes Prinzip der gefaßten Beschlüsse wurde erkannt: Zum wirksamen Anerbieten wird Realoblation erfordert, soweit jedoch Mitwirkung des Gläubigers nöthig ist, genügt Verbaloblation verbunden mit Leistungsvermögen. An die vorstehenden Beschlüsse schlossen sich folgende auf spezielle Fälle sich beziehende Entscheidungen: 4. Hat der Gläubiger vor der Realoblation (im Voraus) dem Schuldner erklärt, er werde nicht annehmen, so ist die sonst nöthige Realoblation nicht erforderlich; es genügt, Verbaloblation verbunden mit Leistungsvermögen. Einverständniß bestand, daß es, das Leistungsvermögen betreffend, wie in allen Fällen der Annahmeweigerung, so auch im vorliegenden Falle selbstverständlich als genügend anzusehen sei, wenn der Schuldner sich in der Lage erhalte, die Leistung sofort oder intra modicum tempus zu bewirken, sobald der Gläubiger von der Weigerung der Annahme absteht und die Leistung begehrt. Eine dahin gehende Bestimmung: wenn der Gläubiger nach Eintritt der Leistungszeit auf die Frage, ob er annehmen werde, schweige, so gelte das Schweigen als Weigerung, wurde für bedenklich erachtet. 5. Ist für die vorherige oder gleichzeitige Mitwirkung des Gläubigers (nicht für die Leistung des Schuldners) eine nach dem Kalender bestimmte oder nach KündiIProti 1232 |gung aus dem Kalender sich ergebende Zeit festgesetzt, so ist die Aufforderung 338
2. Titel: Verzug des Gläubigers
§§ 2 9 4 - 2 9 7
des Schuldners an den Gläubiger zu dieser Mitwirkung (die Verbaloblation nach den Beschlüssen 2 und 3) nicht erforderlich. 6. Liegt eine Bringeschuld vor, für die eine Leistungszeit nach dem Kalender bestimmt ist, oder nachdem eine vorgeschriebene Kündigung erfolgt ist, aus dem Kalender sich ergibt, so entbindet die vorläufige Erklärung des Gläubigers, er werde nicht annehmen, den Schuldner nicht von der späteren Verbaloblation. 7. Besondere Bestimmungen in Ansehung der Inhaber- und Ordrepapiere sind nicht erforderlich. 8. Eine besondere Bestimmung in Betreff des Falls, wenn die Leistung des Schuldners von einer vorherigen Klarstellung des Gläubigers abhängt, ist nicht erforderlich. Endlich wurde beschlossen: 9. Der Schuldner hat das Erforderniß des Leistungsvermögens zu beweisen und nicht der Gläubiger das Gegentheil darzuthun. 10. Das Prinzip: dem Gläubiger kommt die ohne seine Fahrlässigkeit eingetretene Behinderung an der Annahme nicht zu Statten, gilt auch für die seinerseits zur Perfektion der Leistung vorzunehmenden sonstigen Handlungen. Durch die vorstehenden Beschlüsse galten Entwurf und Anträge für erledigt. Die Fassung der den Beschlüssen entsprechenden Vorschriften blieb der Redaktion vorbehalten. Die leitenden Erwägungen waren: Zu 1, 2, 3. Die Beschlüsse 1, 2, 3 finden ihre unmittelbare Rechtfertigung in dem juristischen Wesen der mora accipiendi. In dieser Beziehung wurde von verschiedenen Seiten insbesondere folgendes geäußert: I Von dem Schuldner sei zur Begründung der mora accipiendi zu verlangen, daß | Prot I 1233 er diejenige Thätigkeit entwickele, welche das besondere Schuldverhältniß ihm vorschreibe und welche, wenn der Gläubiger den, aus der konkreten Obligation für das von seiner Seite zu beobachtende Verhalten sich ergebenden, Voraussetzungen entspreche, zur Erfüllung der Obligation führe. Diese ihm obliegende Thätigkeit habe der Schuldner bis zu dem Punkte fortzuführen, an welchem ihm eine Fortsetzung und eine Erreichung des Zieles dadurch unmöglich werde, daß der Gläubiger die obligationsmäßigen Voraussetzungen für sein Verhalten nicht erfülle. Ein solches nicht obligationsmäßiges Verhalten des Gläubigers könne früher oder später die fernere Thätigkeit des Schuldners abschneiden, ja es könne nach der konkreten Obligation ein solches Verhalten des Gläubigers vor dem Beginn der schuldnerischen Thätigkeit liegen und diesen Beginn ausschließen. Hiernach gelange man zu dem Prinzipe: Erforderlich sei Realoblation, darunter verstanden das wirkliche obligationsmäßige Thätigwerden des Schuldners, insoweit dasselbe nicht wegen des Verhaltens des Gläubigers unmöglich werde. Die auf Seiten des Schuldners erforderliche Thätigkeit könne eine mehr oder weniger ausgedehnte sein. Zweierlei sei aber in der Regel zu erfordern : Erstlich sei zu verlangen, die thatsächliche Bereitschaft des Schuldners, wohl zu unterscheiden von der bloßen Geneigtheit und Bereitwilligkeit, also ein Im „Stande" sein oder Vermögen. Von diesem Erfordernisse gebe es auch keine Ausnahme. Zweitens sei zu verlangen die subjektive Richtung der Thätigkeit des Schuldners gegenüber dem hierdurch Kenntniß von der Oblation erlangenden Gläubiger. Die subjektive Richtung ergebe sich schon aus dem Erfordernisse, | daß die Thätigkeit | Prot 11234 des Schuldners eine obligationsmäßige sein müsse. Diese Thätigkeit schließe die 339
§§ 294-297
1. Abschnitt: Inhalt der Schuldverhältnisse
thatsächliche Bereitschaftserklärung ein; wo jedoch die Entwicklung einer solchen Thätigkeit dem Schuldner durch das Verhalten des Gläubigers versperrt werde, sei mindestens eine besondere Bereitschaftserklärung beziehungsweise eine Aufforderung an den Gläubiger, das seinerseits Erforderliche vorzunehmen, nöthig. Aus dem vorstehenden Prinzipe ließen sich für die verschiedenen Gestaltungen der Schuldverhältnisse folgende Konsequenzen ableiten: 1. Wenn die auf Seiten des Gläubigers vorausgesetzte Mitwirkung auf das geringste Maß beschränkt sei, nämlich darauf, daß der Gläubiger einfach zustimme, die ihm dargebotene bewegliche Sache annehme, die ihm versprochene Handlung geschehen lasse, müsse die Thätigkeit des Schuldners soweit vorgeschritten sein, daß lediglich jene einfache Thätigkeit des Gläubigers zur Erfüllung der Obligation fehle. 2. Wenn eine andere Mitwirkung des Gläubigers und zwar eine solche erforderlich sei, ohne welche die Realoblation nicht beginnen könne, so bleibe, wenn die Mitwirkung nicht stattfinde, nur möglich, aber auch nöthig, daß der Schuldner bereit, d. h. im Stande sei, zu leisten, und seine Bereitschaft an den Gläubiger erkläre, damit dieser den für ihn geltenden obligationsmäßigen Voraussetzungen nachkomme. Sei eine gleichzeitige Mitwirkung beider Theile erforderlich, so habe der Schuldner seine Thätigkeit bis zu dem Punkte zu führen, daß wenn nur der Gläubiger es an sich nicht fehlen lasse, der Erfüllungsakt vor sich gehen könne, und, sofern der Gläubiger mit seiner Thätigkeit zurückbleibe, denselben zu dieser aufzufordern, beziehungsweise, sich bereitzuerklären, das ihm Obliegende vorzunehI Prot I 1235 men, auch soweit möglich, ζ. B. bei einer Handlung durch Erscheinen | am rechten Orte und zur rechten Zeit, mitzuwirken. Zu 4. Die unter 4 beschlossene Vorschrift werde gerechtfertigt durch ein praktisches Bedürfniß. Die darin erwähnte einseitige Erklärung des Gläubigers möge nach allgemeinen Grundsätzen für wirkungslos zu erachten sein. Allein es würden sich praktische Uebelstände ergeben, wenn ihr nicht die in dem Beschluß bezeichnete Wirkung beigelegt werde. Ihre Wirkungslosigkeit würde den Schuldner zu einem Verhalten zwingen, welches mit größeren oder geringeren, dem schuldigen Theile zur Last bleibenden Aufwendungen verbunden zu sein pflege und im Interesse keines Theils liege. Zudem erscheine es nur billig, den Gläubiger gleichsam an seiner Erklärung festzuhalten, so lange er sie nicht widerrufe und dadurch ihre Wirksamkeit beseitige, wozu er, wie sich von selbst verstehe, zu jeder Zeit befugt sei. Die am Ende des Beschlusses erwähnte Bestimmung würde dagegen zum Nachtheil des Gläubigers zu weit führen. Der letztere könne oft gerechte Gründe haben, sich schweigend zu verhalten. Sofern dies nicht der Fall sei, würde allerdings nicht selten der Richter aus den Umständen des Falls den Schluß zu ziehen haben, aber auch ohne ausdrückliche Gesetzesbestimmung ziehen, daß in dem Schweigen die Ablehnung der Annahme ausgedrückt sei. Zu 5. Der Beschluß unter 5 finde schon in der Betrachtung seine genügende Begründung, daß, wenn bei einer ähnlichen Bestimmung der Leistungszeit mora solvendi vermöge des Prinzips dies interpellât pro homine von Rechts wegen eintrete, ein Aehnliches auch in den betreffenden Fällen für die mora accipiendi zu gelten habe. Die beschlossene Vorschrift sei das gerechtfertigte Analogon zu dem für die mora solvendi angenommene Prinzip dies interpellât pro homine. Hieraus 340
2. Titel: Verzug des Gläubigers
§§ 2 9 4 - 2 9 7
erhelle zugleich, daß in derselben nicht von der Leistung des Schuldners, sondern nur von der erforderlichen Thätigkeit des Gläubigers zu reden sei. I Zu 6. In dem Falle, welcher Gegenstand des Beschlusses unter 6 sei, die Verbaloblation für überflüssig zu erklären, erscheine ungerechtfertigt. Eine solche Bestimmung würde zur Folge haben, daß in vielen Fällen mora accipiendi anzunehmen sei, obschon der Schuldner niemals zur Leistung bereit und diesselbe zu bewirken Willens gewesen sei. Wenn für die Bestimmung geltend gemacht sei, gegen die Nothwendigkeit der Verbaloblation sprächen dieselben Gründe, wie im Falle des Beschlusses unter 5, so sei dies als richtig nicht anzuerkennen, da im letzteren Falle der Gläubiger zu einem speziellen über die bloße Annahme hinausgehenden und einer besonderen juristischen Beurtheilung unterliegenden Mitwirkung gehalten sei. Auch könne man für die Vorschrift nicht anführen, die Nothwendigkeit der Verbaloblation beruhe in dem Falle des Beschlusses unter 4, sofern die Bestimmung einer Zeit nach dem Kalender fehle, nur auf der Erwägung, daß ohne Verbaloblation der Anfang der mora accipiendi sich nicht ermitteln lasse. Diese Voraussetzung treffe keineswegs zu. Zu erwägen sei, daß der betreffenden Erklärung nur durch eine positive Satzung zur Erreichung eines bestimmten Zwecks die in dem Beschlüsse unter 4 bezeichnete Wirkung beigelegt sei. Ob endlich in Ermangelung der Vorschrift der vom Leistungsorte abwesende Schuldner oft zur Realoblation werde genöthigt sein, könne als entscheidend nicht in Betracht kommen.
| Prot 11236
Zu 7. Der Beschluß unter 7 sei deshalb gerechtfertigt, weil bei Inhaber- und Ordrepapieren fast immer die Voraussetzungen des Beschlusses unter 5 vorliegen würden und dessen Inhalt genügend erscheine. Ob, wie von einer Seite bemerkt ist, auch die auf Sicht zahlbaren Papiere unter den Beschluß 5 fielen, da ein solches Papier dem auf bestimmte Zeit, nach Sicht oder Kündigung lautenden gleichzustellen und die Kündigungsfrist gleichsam auf die geringste Frist reduziert sei, brauche hier nicht entschieden zu werden. I Zu 8. Der im Beschluß unter 8 gedachte Fall sei nur ein Unterfall desjenigen, in | Prot 11237 welchem der Gläubiger mit einer Handlung vorauszugehen habe. Zu 9. Betreffend den Beschluß unter 9, so sei kein Bedürfniß, eine Ausnahme von allgemeinen Beweisgrundsätzen zu bestimmen. In denjenigen Fällen, in welchen das Leistungsvermögen nach der Beschaffenheit der Leistung und der Persönlichkeit des Schuldners keinem Bedenken unterliege, werde der Richter zumal bei dem Prinzip der freien Beweiswürdigung einen weiteren Beweis nicht erfordern und dies am wenigsten dann, wenn das Leistungsvermögen nur bei Unterstellung der durch Nichts angezeigten Insolvenz des Schuldners in Zweifel sich ziehen lasse. Zu 10. Für den Beschluß unter 10 sei ausschlaggebend, daß kein Grund obwalte, das darin erwähnte Prinzip nicht mit Konsequenz durchzuführen. Nach den Protokollen über die vorige und die heutige Sitzung ergab sich als zu den §§ 29, 30, 31 des Entwurfs sachlich beschlossen Folgendes: § a (§ 29). „Der Gläubiger kommt in Verzug, wenn er die ihm vom Schuldner angebotene Leistung nicht1 annimmt." § b (SS 30, 31). „Zur Wirksamkeit des Anbietens ist erforderlich, daß dem Gläubiger die Leistung, so wie sie dem Schuldner nach dem Schuldverhältnisse obliegt, 1
Dieses Wort fehlt in den met. Protokollen.
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§§ 294-297
1. Abschnitt: Inhalt der Schuldverhältnisse
insbesondere auch zur gehörigen Zeit und am gehörigen Orte, nicht blos wörtlich sondern auch thatsächlich angeboten wird. Das nur wörtliche Anbieten in Verbindung mit dem Leistungsvermögen ist jedoch genügend, 1. wenn der Gläubiger dem Schuldner im Voraus erklärt hat, daß er die Leistung nicht annehmen werde; 2. wenn der Gläubiger, damit die Ausführung der Leistung beginnen könne, I Prot I 1238 vorher eine Handlung vor- | zunehmen hat; 3. wenn und soweit zur Ausführung der Leistung eine gleichzeitige Handlung des Gläubigers erforderlich ist. In den Fällen unter 2 und 3 steht dem wörtlichen Anbieten gleich die an den Gläubiger gerichtete Aufforderung, die ihm obliegende Handlung vorzunehmen. Auch das wörtliche Anbieten oder die Aufforderung ist in diesem Falle nicht erforderlich, wenn für die Handlung des Gläubigers eine Zeit nach dem Kalender oder dergestalt bestimmt ist, daß sie, nachdem eine vorgeschriebene Kündigung erfolgt ist, aus dem Kalender sich ergiebt." I Prot I 1239 | Zunächst lag zur Berathung ein Antrag vor, welcher hinter den § 30 des EntDerscheid wurfs als § 30 a folgende Bestimmung eingeschaltet wissen will : (Nr 169) „Geschieht die Zustellung des Anerbietens durch einen Gerichtsvollzieher (§ 52 der Zusammenstellung des Allgem. Theils), so muß die Zustellungsurkunde diejenigen Mittheilungen enthalten, aus welchen hervorgeht, daß die zur Wirksamkeit des Anerbietens nach § 30 erforderlichen Voraussetzungen erfüllt sind. Geschuldetes Geld kann durch den Gerichtsvollzieher bar angeboten werden; in diesem Falle sind die Münzsorten, in welchen die geschuldete Summe angeboten wird, in der Zustellungsurkunde zu verzeichnen. Die Erklärung des Gläubigers oder des zur Empfangnahme der Leistung ErI Prot I 1240 mächtigten, daß und aus welchen Gründen er die Annahme der | Leistung verweigere, ist in die Zustellungsurkunde aufzunehmen und von dem Erklärenden zu unterschreiben; erfolgt die Unterschrift nicht, so ist der Grund in der Zustellungsurkunde anzugeben." Die Mehrheit lehnte die Aufnahme einer derartigen Vorschrift ab. Erwogen war: Nach dem Beschluß vom 23. Dezember 1881, Protokolle S. 273 (§ 52 der Zusammenstellung der beschlossenen Bestimmungen des allgemeinen Theils) sei der Gerichtsvollzieher nur befugt und verpflichtet, die Zustellung von Schriftstücken, welche eine zivilrechtliche Willenserklärung enthalten, zu bewirken und über die geschehene Zustellung eine öffentliche Urkunde auszustellen. Der Antrag bezwekke, dem Gerichtsvollzieher weitere amtliche Pflichten und Befugnisse dahin beizulegen, daß derselbe berufen sei, soweit es um Geldzahlungen sich handle, die Realoblation namens des Schuldners vorzunehmen und allgemein den die Oblation ergebenden Thatbestand zu beurkunden. Eine solche Kompetenz der Gerichtsvollzieher reichsgesetzlich festzusetzen, dazu liege kein Bedürfniß vor. Bei der Verschiedenheit der in den einzelnen Rechtsgebieten in Beziehung auf die Beurkundung von rechtlich erheblichen Thatsachen bestehenden Einrichtungen, die durch das bürgerliche Gesetzbuch mindestens zunächst unberührt blieben, müsse es den Landesgesetzen überlassen bleiben, die Kompetenz der Gerichtsvollzieher nach Maßgabe des Antrags aber noch über denselben hinaus, auszudehnen oder aufrecht zu erhalten. 342
2. Titel: Verzug des Gläubigers
§§ 294-297
II. In der RedVorl ist die Bestimmung des § b in § 202 enthalten. Die Fassung weicht von der des § b wie folgt ab : In Abs. 2 ist hinter „Leistungsvermögen" eingefügt „des Schuldners", in Abs. 2 Nr. 1 sind die Worte „im Voraus" in Klammem gesetzt, Abs. 2 Nr. 3 lautet: „wenn und insoweit zur Ausführung der Leistung (zur Leistung) eine gleichzeitige Handlung des Gläubigers nöthig ist", Abs. 3 lautet: in den Fällen unter N ° 2 und 3 gilt als wörtliches Anbieten auch die Aufforderung an den Gläubiger, die von demselben zu bewirkende Handlung vorzunehmen. Ist in diesen Fällen für die Handlung des Gläubigers eine Zeit nach dem Kalender oder dergestalt bestimmt, daß sie, nachdem Kündigung erfolgt ist, aus dem Kalender sich ergiebt, so ist zum Verzug des Gläubigers, wenn dieser die Handlung zu der bestimmten Zeit nicht vornimmt, ein auch nur wörtliches Anbieten der Leistung nicht erforderlich." In der ZustOR ist die Bestimmung des § b (o. Prot. S. 1237) in § 202 enthalten. Die Fassung des § 202 weicht von der des § b wie folgt ab : In Abs. 2 ist hinter „Leistungsvermögen" eingefügt „des Schuldners", in Abs. 2 Nr. 1 fehlen hinter „dem Schuldner" die Worte „im Voraus"; in Abs. 2 Nr. 2 fehlen hinter „damit die" die Worte „Ausführung der"; in Abs. 2 Nr. 3 heißt es „in so weit" statt „soweit" und „nöthig" statt „erforderlich". Abs. 3 lautet wie Abs. 3 des § 202 RedVorl, jedoch der Schluß: „. . . wenn dieser die Handlung zu der bestimmten Zeit nicht vornimmt, nur das Leistungsvermögen, nicht außerdem ein auch nur wörtliches Anbieten der Leistung erforderlich." III. Die Fassung der Vorschrift in § 235 KE entspricht derjenigen des § 202 ZustOR. Bei der Beratung der Anträge, die in Betreff der Drucklegung der auf den OR sich beziehenden Beschlüsse gestellt waren, wurde aufgrund eines entsprechenden Antrags — wie in §§ 365 3 , 714, 747, 752 KE — in Abs. 2 Nr.3 statt „in soweit" Kurlbaum gesetzt „soweit" (Prot. I 3551, 3559). (Nr 570 IV 1) IV. Im £ / i s t die Vorschrift als §255 in unveränderter Fassung enthalten; jedoch ist in Abs. 2 Nr. 3 „insoweit" ersetzt durch „soweit".
B. Vorkommission des Reichsjustizamtes I. Beantragt war: 1. a) Den § 255 Abs. 1, 2 zu fassen: Zur Wirksamkeit des Anbietens ist erforderlich, daß der Schuldner die Leistung, so wie sie nach dem Schuldverhältnisse ihm obliegt, nicht bloß wörtlich, sondern auch thatsächlich dem Gläubiger anbietet. Eines thatsächlichen Anbietens bedarf es nicht: 1. wenn der Gläubiger dem Schuldner bereits erklärt hat, daß er die Leistung nicht annehmen werde; 2. wenn zur Ausführung der Leistung eine vorgängige oder gleichzeitige Handlung des Gläubigers erforderlich ist, insbesondere wenn er den Gegenstand der Leistung abzuholen hat. In den Fällen des Abs. 2 tritt der Verzug des Gläubigers nicht ein, wenn der Schuldner zur Zeit des Anbietens der Leistung dieselbe zu bewirken außer Stande gewesen ist. 343
Struckmann (Nr 1, 33)
§§ 2 9 4 - 2 9 7
1. Abschnitt: Inhalt der Schuldverhältnisse
b) An Stelle des § 255 Abs. 3 als S 255 a zu bestimmen: In den Fällen des § 255 Abs. 2 N r . 2 steht dem Anbieten der Leistung die A u f f o r d e r u n g an den Gläubiger gleich, die von ihm zu bewirkende H a n d l u n g vorzunehmen. Ist f ü r diese eine Zeit nach dem Kalender oder dergestalt bestimmt, daß sie nach erfolgter K ü n d i g u n g aus dem Kalender sich ergiebt oder soll nach dem Vertrage die H a n d l u n g genau zu einer festbestimmten Zeit oder binnen einer festbestimmten Frist vorgenommen werden, so vertritt der Ablauf der Zeit das Anbieten der Leistung. Planck (Nr 2, 26)
Jacubezky (Nr 4, 35)
2. In dem § 255 die N u m m e r n 2 und 3 dahin zusammenzufassen: 2. w e n n der Gläubiger, um die Leistung zu ermöglichen, vorher o d e r gleichzeitig eine H a n d l u n g vorzunehmen hat, insbesondere wenn er den Gegenstand der Leistung von d e m Schuldner abzuholen hat. und im Eingange des dritten Absatzes statt N r . 2 und 3 zu setzen N r . 2. 3. Im § 255 die N r . 2 des Absatz 2 zu fassen: 2. wenn z u r A u s f ü h r u n g der Leistung eine H a n d l u n g des Gläubigers nöthig ist, die N r . 3 des Absatz 2 zu streichen und den Eingang des Absatz 3 zu fassen: In den Fällen der N r . 2 genügt als wörtliches Anbieten die A u f f o r d e r u n g u.s.w.
II. 43. Sitzung v o m 8. 9. 1891 | In § 255 Abs. 1 w u r d e die ausdrückliche H e r v o r h e b u n g des Erfordernisses des wörtlichen Anbietens neben dem des thatsächlichen Anbietens als entbehrlich gestrichen. Für überflüssig wurde es auch erachtet, zu bestimmen, daß das Angebot an gehörigem O r t e und zu gehöriger Zeit erfolgen müsse, zumal auch im § 245 die I ProtRJA 231 E r f o r d e r - 1 nisse der M a h n u n g in diesen Richtungen nicht besonders bestimmt seien. Zu Abs. 3 w u r d e f ü r die dort bezeichneten Fälle die U m k e h r u n g der Beweislast f ü r angemessen erachtet. H a b e in diesen Fällen der Schuldner die Leistung wörtlich angeboten, so entspreche es nicht den Bedürfnissen des Lebens, dem Schuldner den Nachweis aufzuerlegen, daß er zur Zeit des Eintritts des Verzugs die Leistung zu bewirken im Stande gewesen sei, vielmehr habe der Gläubiger das Gegentheil zu beweisen, falls er die an sich nach dem Gesetze eintretenden Folgen des V e r z u g s von sich abwenden wolle. Diese Art der Regelung der Beweislast trete auch schikanösen Weiterungen des Gläubigers entgegen. D e m g e m ä ß w u r d e der § 255 durch folgende Vorschriften ersetzt. I ProtRJA 230
E I-RJA § 255
§ 255. Z u r Wirksamkeit des Anbietens ist erforderlich, daß dem Gläubiger die Leistung so, wie sie nach dem Schuldverhältnisse zu bewirken ist, angeboten wird.
S 255 a. Ein wörtliches Anbieten genügt, w e n n der Gläubiger d e m Schuldner erklärt hat, d a ß er die Leistung nicht annehmen werde oder wenn z u r A u s f ü h r u n g der Leistung eine H a n d l u n g des Gläubigers erforderlich ist, insbesondere wenn er den Gegenstand der Leistung abzuholen hat. D e r Gläubiger kommt nicht in V e r zug, wenn der Schuldner zur Zeit des Anbietens die Leistung zu bewirken außer Stande gewesen ist. Ist zur A u s f ü h r u n g der Leistung eine H a n d l u n g des Gläubigers erforderlich, so steht dem Anbieten der Leistung die A u f f o r d e r u n g an den Gläubiger gleich, die von ihm zu bewirkende Handlung vorzunehmen. Ist f ü r diese eine Zeit nach d e m ProtRJA 232 Kalender oder derge- | stalt bestimmt, daß sie nach erfolgter Kündigung aus dem Kalender sich ergiebt, so vertritt der Ablauf der Zeit das Anbieten der Leistung. 344
2. Titel: Verzug des Gläubigers
§§
294-297
C. 2. Kommission I. Beantragt w u r d e (Prot. II, Bd. 1, S. 329; Mugdan, Bd. 2, S. 539)
Struckmann
§ 255 E I durch die beiden in der V o r k o m . des RJA beschlossenen Vorschriften zu ersetzen, wobei § 255 E I-RJA im A n t r a g Struckmanns die Fassung hat:
( N r '>
41
)
Z u r Wirksamkeit des Anbietens ist erforderlich, daß dem Gläubiger die Leistung so, wie sie zu bewirken ist, thatsächlich angeboten wird. Die Kommission nahm den Antrag an. II. In der VorlZust der Beschlüsse der 2. Kom. ist die Fassung der §§ 255, 255 a gleich derjenigen des E I-RJA in der Fassung des Antrags Struckmann. III. In der ZustRedKom
ist die Fassung des § 255 unverändert. § 255 a lautet:
Ein wörtliches Anbieten des Schuldners genügt, wenn der Gläubiger ihm erklärt hat, daß er die Leistung nicht annehmen werde, oder wenn zur A u s f ü h r u n g der Leistung eine H a n d l u n g des Gläubigers erforderlich ist, insbesondere, wenn er die geschuldete Sache abzuholen hat. D e m Anbieten der Leistung steht die A u f f o r d e r u n g an den Gläubiger gleich, die von ihm zu bewirkende H a n d l u n g vorzunehmen. Ist f ü r die von dem Gläubiger v o r z u n e h m e n d e H a n d l u n g eine Zeit nach dem Kalender oder dergestalt bestimmt, daß sie nach erfolgter Kündigung aus dem Kalender sich ergiebt, so bedarf es, wenn der Gläubiger die H a n d l u n g nicht rechtzeitig vornimmt, des Anbietens nicht. D e r Gläubiger k o m m t nicht in V e r z u g , wenn der Schuldner zur Zeit des Anbietens oder im Falle des Absatzes 2 zu der f ü r die H a n d l u n g des Gläubigers bestimmten Zeit außer Stande ist, die Leistung zu bewirken. IV. Im E II ist § 255 E I-RJA in § 250 enthalten; die Anfangsworte der V o r schrift lauten: Z u r Wirksamkeit des Angebots ist erforderlich . . . § 2 5 5 a E I-RJA ist in § 2 5 1 enthalten, wobei die Fassung gegenüber § 2 5 5 a Z u s t R e d K o m wie folgt geändert ist: In Abs. 1 und 2 ist das W o r t „Anbieten" und in Abs. 2 und 3 der Genetiv dieses W o r t e s ersetzt durch „Angebot" bzw. den Genetiv dieses Wortes. Satz 1 des Abs. 2 des § 255 a Z u s t R e d K o m bildet den Satz 2 des 1. Absatzes des § 251 ; es heißt in diesem Satz „die seinerseits erforderliche" statt „die von ihm zu bewirkende". Satz 2 des 2. Absatzes des § 255 a Z u s t R e d K o m lautet als Abs. 2 des § 251 E II: Ist f ü r die vom dem Gläubiger v o r z u n e h m e n d e H a n d l u n g eine Zeit nach dem Kalender oder, sofern eine Kündigung vorauszugehen hat dergestalt bestimmt, d a ß sie sich von der Kündigung ab nach dem Kalender berechnen läßt, so bedarf es des Angebots nicht, wenn der Gläubiger die H a n d l u n g nicht rechtzeitig vornimmt. Z u r Revision des E II w a r ein A n t r a g gestellt: Im § 251 Abs. 2 nach den W o r t e n „berechnen läßt" folgendermaßen f o r t z u f a h ren: „oder ist sie innerhalb einer bestimmten Frist vorzunehmen, so bedarf es des Angebots nicht, wenn der Gläubiger die H a n d l u n g nicht rechtzeitig vornimmt." (Vgl. Bähr, Gegenentwurf, § 249 Abs. 2.) D e r Antrag wurde zurückgezogen. V . Im Ell rev sind die §§ 250, 251 E II in die §§ 288, 289, 290, 291 zerlegt. Die Fassung dieser §§ entspricht derjenigen der §§ 294 — 297 BGB. 345
v. Cuny ( N r 3 2 > 2)
§298
1. Abschnitt: Inhalt der Schuldverhältnisse §298
Ist der Schuldner nur gegen eine Leistung des Gläubigers zu leisten verpflichtet, so kommt der Gläubiger in Verzug, wenn er zwar die angebotene Leistung anzunehmen bereit ist, die verlangte Gegenleistung aber nicht anbietet.
Λ. I. Kommission I. 133. Sitzung vom 25. 10. 1882, Schriftführer von Liebe I Der 5 32 des Entwurfs lautet: „Hat bei gegenseitigen, Zug um Zug zu erfüllenden Verbindlichkeiten der eine I P r o t i 1241 Theil seine Leistung dem Andern unter Verlangen der Gegenleistung | angeboten, TE-OR (Nr 22) so kommt der Letztere auch dann in Verzug der Annahme, wenn er die angebote§ 3 2 ne Leistung zwar anzunehmen bereit ist, aber die Gegenleistung, ohne durch gerechte Gründe entschuldigt zu sein, verweigert." I P r o t i 1240
Es war beantragt: Kurlbaum (Nr 170, 2)
1. den Schluß des § zu fassen: „aber die Gegenleistung nicht nach Maßgabe des ] 30 anbietet."
Planck (Nr 167, 4)
2. die Worte: „ohne durch gerechte Gründe entschuldigt zu sein", zu streichen. Daneben war der Streichungsantrag gestellt. Die Mehrheit lehnte den Antrag auf Streichung des § 32 ab, beschloß aber nach Antrag 2 die Worte „ohne durch gerechte Gründe entschuldigt zu sein" zu streichen und die Schlußworte in der im Antrag 1 vorgeschlagenen Weise zu ändern. Erwogen war: Wenn für den Antrag auf Beseitigung des § 32 geltend gemacht sei, er enthalte nach den in der vorigen Sitzung gefaßten Beschlüssen etwas Selbstverständliches, so erscheine dies nur bei der Voraussetzung richtig, die von dem Schuldner angebotene Leistung sei nur im Falle der Mitwirkung des Gläubigers mittels Bestätigung der Gegenleistung möglich. Die gedachte Voraussetzung sei aber keineswegs zweifellos und bei der Wichtigkeit des Gegenstandes daher die Unterdrückung des § bedenklich. Dagegen seien die Worte „ohne durch gerechte Gründe entschuldigt zu sein" zu streichen. Dazu nöthige der Beschluß, durch welchen die gleichen Worte im § 29 des Entwurfs beseitigt seien. (Vgl. Prot. S. 1222). Wenn für die Beibehaltung derselben im vorliegenden § angeführt sei, die mora solvendi erfordere culpa des I Prot I 1242 Schuldners oder | einen anderen besonderen Thatumstand, während die mora accipiendi von einem gleichen Erfordernisse nicht abhänge, demzufolge es im Falle der Streichung der Worte sich zutragen könne, daß der Gläubiger als solcher in mora accipiendi, aber als Schuldner der Gegenleistung nicht in mora solvendi gerathe, — ein ohne Zweifel wenig befriedigendes Ergebniß —, so sei das Ergebniß eine n o t wendige und vom praktischen Standpunkte aus nicht für besonders bedenklich zu erachtende Konsequenz der zum § 29 über die Erfordernisse der mora accipiendi gefaßten Beschlüsse. Betreffend endlich das Wort: „verweigert" am Schlüsse des § 32, so müsse in Gemäßheit derselben und der in der vorigen Sitzung gefaßten Beschlüsse die Passivität des Gläubigers hinsichtlich der ihm obliegenden Gegenleistung genügen. 346
2. Titel: Verzug des Gläubigers
§298
Im Uebrigen war man einverstanden, daß die Motive Seite 63, sofern sie den Ausspruch enthalten, daß bei gegenseitigen Verbindlichkeiten durch den Annahmeverzug des einen Theils der Anspruch des anderen Theils von der in der Wechselseitigkeit der Leistungsverbindlichkeiten liegenden Verbindung schlechthin frei werde, der Berichtigung bedürften und den Sinn der Beschlüsse vom 28. April 1882, Prot. S. 653, 654, 658 — 660 (Zusammenstellung der beschlossenen Bestimmungen des Obligationenrechts §§ 64 —66 1 ) nicht ganz deutlich wiedergäben. II. In der RedVorl und der ZustOR lautet die beschlossene Bestimmung als §203: H a t bei gegenseitigen, Z u g zum Z u g zu erfüllenden Verbindlichkeiten der eine ZustOR S 203 Theil die ihm obliegende Leistung dem anderen Theile mit dem Verlangen der Gegenleistung angeboten, so kommt der andere Theil in den Verzug der Annahme, wenn er zwar die angebotene Leistung anzunehmen bereit ist, jedoch die Gegenleistung anzubieten unterläßt. In der RedVorl ist lediglich hinter „zu erfüllenden Verbindlichkeiten" in Klammern gesetzt „oder: H a t aus einem gegenseitigen, Zug um Z u g zu erfüllenden Vertrage", und der Satzteil „zwar die . . . jedoch" ist in Klammern gesetzt. III. Im KE ist die Vorschrift in unveränderter Fassung in § 254 enthalten. Bei der Redaktion der KE wurde aufgrund eines entsprechenden Antrages der Kurlbaum § 254 wie folgt gefaßt: (Nr 576, 1) I „ D e r Gläubiger, welchem gegen die ihm gebührende Leistung eine Gegenlei- | Prot 16186 stung obliegt, kommt in Verzug der Annahme, wenn er | die mit dem Verlangen | Prot 16187 der Gegenleistung angebotene Leistung anzunehmen bereit ist, jedoch die Gegenleistung nicht anbietet." Erwogen war: Der Wortlaut des § 254 sei, insofern er nur von gegenseitigen, Zug um Z u g zu erfüllenden Verbindlichkeiten spreche, zu enge. Der Vorschlag sichere die Anwendung des § 254, dem Sinne dieser Vorschrift entsprechend, auch für diejenigen Fälle, in welchen durch die dem Leistenden vielleicht nicht obliegende Leistung der Empfänger erst zu einer Gegenleistung verpflichtet wird (ζ. B. § 1054 Abs. 2 der Zusammenstellung der Beschlüsse zum Sachenrecht, § 267 des K E ) , sowie für die Fälle der sogenannten actio contraria. Er gebe außerdem für die Schlußworte eine korrektere Fassung (vergi. § 252, Prot. S. 1224 2 ). IV. Im E I hat § 256 die von Kurlbaum beantragte Fassung.
B . / C . Vorkommission des Reichsjustizamtes und 2. Kommission I. Der § 256 wurde in beiden Kom. nicht beanstandet. II. In der VorlZust unverändert.
der Beschlüsse der 2. Kom. ist die Fassung des § 256 E I
III. In der ZustRedKom ist die Fassung der Vorschrift insofern verändert als der Schluß lautet: „wenn er zwar die angebotene Leistung anzunehmen bereit ist, jedoch die verlangte Gegenleistung nicht anbietet." 1 S. bei ι § 320, 322 BGB. 2 S. bei ι 293 BGB.
347
§299
1. Abschnitt: Inhalt der Schuldverhältnisse
I V . Im E II hat die Vorschrift als § 2 5 2 die in § 2 9 8 B G B G e s e t z g e w o r d e n e F a s s u n g , nur heißt es a m Schluß „ j e d o c h " (statt wie im G e s e t z „ a b e r " ) . V . Im E II rev entspricht die F a s s u n g des § 292 derjenigen des § 2 9 8 B G B .
§299 Ist die L e i s t u n g s z e i t nicht b e s t i m m t o d e r ist der S c h u l d n e r berechtigt, v o r der b e s t i m m t e n Zeit z u leisten, so k o m m t der G l ä u b i g e r nicht d a d u r c h in V e r z u g , d a ß er v o r ü b e r g e h e n d a n der A n n a h m e der a n g e b o t e n e n L e i s t u n g verhindert ist, es sei denn, d a ß der S c h u l d n e r i h m die L e i s t u n g eine a n g e m e s s e n e Zeit v o r h e r a n g e k ü n digt h a t .
A . 1. K o m m i s s i o n Eine dem § 299 entsprechende Vorschrift enthielt weder der T E - O R noch w u r d e eine solche Vorschrift in den Beratungen der 1. K o m . in Erwägung gezogen. T E - O R § 29 sah allerdings vor, daß der Gläubiger nicht in Verzug k o m m e , wenn „die Weigerung (der Annahme) durch gerechte G r ü n d e entschuldigt w i r d " und ein Antrag Plancks ( N r . 167, 5) ging dahin, durch eine besondere Bestimmung auszusprechen, daß der Gläubiger nicht in Verzug komme, „wenn ihm bei dem Unterlassen der nach §§ 29 bis 32 ( T E - O R ) ihm obliegenden Handlungen ein Verschulden nicht zur Last fällt." 1 Jene in § 29 T E - O R enthaltene Einschränkung w u r d e jedoch gestrichen, und der Antrag Plancks fand nicht die Billigung der 1. K o m . 2
B . V o r k o m m i s s i o n des Reichsjustizamtes Jacubezky (Nr 4, 36)
I ProtRJA 232
I. B e a n t r a g t w a r , f o l g e n d e n § 2 5 5 a einzuschalten: D a r f der Schuldner vor der f ü r die Leistung bestimmten Zeit leisten, so k o m m t d e r G l ä u b i g e r , sofern ihm nicht die bevorstehende Leistung a n g e m e s s e n e Zeit vorher a n g e z e i g t w o r d e n ist, dadurch nicht in V e r z u g , daß er v o r ü b e r g e h e n d an der A n n a h m e verhindert ist. II. 43. S i t z u n g v o m 8. 9. 1891 | V o n dem den §§ 2 5 4 , 255 z u G r u n d e liegenden Prinzip, daß der G l ä u b i g e r durch N i c h t a n n a h m e der Leistung auch ohne ein ihm z u r Last fallendes V e r s c h u l d e n in V e r z u g k o m m e , w u r d e unter billiger Rücksichtnahme auf die L a g e des G l ä u b i g e r s eine A u s n a h m e in dem Sinne beschlossen, d a ß in den Fällen, w o eine Zeit z u r B e w i r k u n g der Leistung nicht bestimmt ist o d e r der Schuldner v o n seinem R e c h t e , v o r der Fälligkeit z u leisten, G e b r a u c h macht, der G l ä u b i g e r durch eine
1 2
S. den Wortlaut des Antrags Prot. I 1219 (o. bei § 293 BGB). S. die Gründe Prot. I 1222 ff.
348
2. Titel: Verzug des Gläubigers
§300
vorübergehende Verhinderung, die Leistung anzunehmen, nicht in Verzug gesetzt werde, es sei denn, daß der Schuldner ihm die bevorstehende Leistung angezeigt habe. Demgemäß wurde hinter § 255 a folgender § 255 b eingeschaltet: Ist die Leistungszeit nicht bestimmt oder darf der Schuldner vor der für die E I-RJA Leistung bestimmten Zeit leisten, so kommt der Gläubiger dadurch nicht in Ver- § 225 b zug, daß er vorübergehend an der Annahme verhindert ist, es sei denn, daß die bevorstehende Leistung ihm angemessene Zeit vorher angezeigt worden ist.
C. 2. Kommission I. Beantragt wurde (Prot. II, Bd. 1, S. 329 f; Mugdan, Bd. 2, S. 539), die von der Vorkom. beschlossene Vorschrift 3 .
Struckmann (Nr 1, 42)
Hierzu lagen die Unteranträge vor: a) nach den Worten „oder darf" einzuschalten die Worte „und will"4 v. Mandry b) die Worte „oder darf der Schuldner vor der für die Leistung bestimmten Zeit (Nr 23, 1) leisten" zu ersetzen durch die Worte „oder macht der Schuldner von dem ihm gemäß §231 Abs. 2 zustehenden Rechte Gebrauch, vor der für die Leistung bestimmten Zeit zu leisten." Der Hauptantrag fand Annahme, die Unteranträge wurden der RedKom. überwiesen. II. In der VorlZust der Beschlüsse der 2. Kom. ist die Fassung des § 255 b gegenüber dem E I-RJA unverändert, hinter dem Worte „Annahme" ist jedoch eingefügt „der angebotenen Leistung", und im Schlußteil des Satzes steht das Wort „ihm" hinter dem Wort „vorher". 5 III. In der ZustRedKom heißt es am Schluß des im übrigen unveränderten § 255 b: „daß das Bevorstehen der Leistung ihm . . ." IV. Im E II hat die Vorschrift als § 253 die in § 299 BGB Gesetz gewordene Fassung erhalten. Sie steht nunmehr auch im Anschluß an die dem § 298 BGB entsprechende Vorschrift des § 252 ( = § 256 E I).
§300 Der Schuldner hat während des Verzuges des Gläubigers nur Vorsatz und grobe Fahrlässigkeit zu vertreten. Wird eine nur der Gattung nach bestimmte Sache geschuldet, so geht die Gefahr mit dem Zeitpunkte auf den Gläubiger Uber, in welchem er dadurch in Verzug kommt, daß er die angebotene Sache nicht annimmt. 3
In der met. Fassung des Antrags heißt es statt „die bevorstehende Leistung ihm angemessene Zeit vorher" „die bevorstehende Leistung angemessene Zeit vorher ihm". * Dem Antrag ist hinzugefügt: „(wohl nur Fassungsfrage)". 5 Letzteres entspricht dem Antrag Struckmann (Nr. 1, 42).
349
1300
1. Abschnitt: Inhalt der Schuldverhältnisse
Α. 1. Kommission I. 133. Sitzung vom 25. 10. 1882, Schriftführer von Liebe I Der § 33 des Entwurfs lautet:
I P r o t ! 1242
TE-OR (Nr 22) »Vom Beginne des Verzuges an haftet der Schuldner, auch wenn er vorher eine § 33 weitergehende Verantwortlichkeit hatte, nur für absichtliche Verschuldung und grobe Fahrlässigkeit. Wenn der Schuldner durch einen von ihm hiernach nicht zu vertretenden UmI Prot 1 1243 stand die Leistung unmöglich gemacht oder wenn die zu leistende Sache | durch einen solchen Umstand verschlechtert wird, so ist der Schuldner, soweit dies zutrifft, von seiner Verbindlichkeit befreit und der Gläubiger bleibt zur vollen Gegenleistung verpflichtet. Dies gilt auch dann, wenn Sachen aus einer Gattung zu leisten sind und der bestimmte Vorrath, aus welchem der Schuldner dem Gläubiger die Leistung angeboten hat, in Folge eines derartigen Umstandes untergeht oder verschlechtert wird." Die beiden Absätze des § 33 wurden getrennt berathen. 1. § 33 Absatz 1. Es war beantragt: Windscheid 1. in § 33 Absatz 1 hinter „der Schuldner" einzurücken „welcher die zu leistende (Nr 166, 3) Sache zur Verfügung des Gläubigers hält", eventuell den Absatz 1 zu streichen. 2. vor den Worten: „nur für" die Worte einzurücken: „in Ansehung eines zu leistenden Gegenstandes". 3. an derselben Stelle die Worte einzurücken: „in Ansehung der Aufbewahrung und Erhaltung eines zu leistenden Gegenstandes". 4. den Absatz 1 zu streichen. Die Mehrheit lehnte die Streichung sowie die Anträge 1 und 3 ab und stimmte dem Antrage 2 zu. Die Gründe waren: Der erste Absatz enthalte eine positive Vorschrift über die Wirkungen der mora accipiendi. Ausgehend von dem Grundsatze: Durch die mora accipiendi werde die Verpflichtung des Schuldners nicht aufgehoben, bestimme der erste Absatz nur eine Abschwächung der Schuldverpflichtung. Diese Abschwächung sei nicht allein I Prot I 1244 im geltenden Rechte begründet, sondern auch im hohen | Maße billig, weil dem Schuldner nicht füglich zugemutet werden könne, dem im Verzug befindlichen Gläubiger gegenüber für den Leistungsgegenstand mit der Sorgfalt eines ordentlichen Hausvaters zu haften. Gleichgültig erscheine es auch hier, daß nach den zum § 29 gefaßten Beschlüssen der Gläubiger möglicher Weise schuldfrei sei. Andererseits gehe aber der Wortinhalt des Entwurfs zu weit. Jene Abschwächung der Schuldverpflichtung dürfe nur insofern eintreten, als es sich um die Sorge für einen in den Händen des Schuldners befindlichen Leistungsgegenstand handle, nicht aber auch auf die von dem Schuldner in Erfüllung seiner fortdauernden Verbindlichkeit vorzunehmenden sonstigen Handlungen erstreckt werden. Soweit aber die Abschwächung Platz greife, müsse sie unbeschränkt gelten, gleichviel ob der Schuldner den Gegenstand in Gebrauch und Benutzung nehme, beziehungsweise einem Dritten zum Gebrauch und zur Benutzung überlasse oder nicht. Wenn die Anträge 350
2. Titel: Verzug des Gläubigers
§300
1 und 3 in dieser Hinsicht zu unterscheiden bezwecken, so sei ein innerer Grund für eine solche Unterscheidung nicht erkennbar. Ob der Schuldner, wenn er ausschließlich im eigenen Interesse eine Verfügung über die Sache sich erlaube, für die dabei durch geringe Fahrlässigkeit verursachte Vernichtung oder Beschädigung des Gegenstandes verantwortlich sei, weil das gesammte Verhalten sich dem Gläubiger gegenüber als ein vorsätzliches charakterisire, sei eine der Lösung durch das Gesetz nicht bedürfende faktische Frage und von dem Richter nach den Umständen des Falls zu entscheiden. II. Absatz 2 des § 33. Es war beantragt: 1. den Satz 2 des Absatzes 2 zu streichen 1 ; 2. den ersten Satz dahin zu fassen: „Wird bei einem gegenseitigen Vertrage nach Be-1 ginn des Verzuges des Gläubigers die Leistung durch einen von dem | Prot 11245 Schuldner nicht zu vertretenden Umstand unmöglich, so behält der Schuldner den Anspruch auf die Gegenleistung." 3. für den zweiten Satz zu bestimmen : „Ist der Gegenstand der Leistung nur der Gattung nach bestimmt, so geht mit dem Zeitpunkt, in welchem der Gläubiger durch Nichtannahme der ausgewählten und ihm angebotenen Sache in Verzug geräth, die Gefahr auf den Gläubiger über." Die Anträge 2 und 3 gelangten zur Annahme aus folgenden Gründen: Gegen den ersten Satz des zweiten Absatzes sei nur zu erinnern, daß in Rücksicht auf die früheren Beschlüsse von dem nur subjektiven Unvermögen des Schuldners keine Rede sein dürfe, daß die Befreiung des Schuldners als nothwendige Folge der nachträglichen von ihm nicht zu vertretenden objektiven Unmöglichkeit unerwähnt bleiben müsse, daß es auch überflüssig sei, der Verschlechterung der Sache besonders zu gedenken, daß endlich zum besseren Verständniß die Hinweisung auf den Fall des gegenseitigen Vertrags erforderlich erscheine. Ob es sich empfehle, die Bestimmung auf alle gegenseitigen, Zug um Zug zu erfüllenden Verbindlichkeiten auszudehnen (vgl. Beschlüsse vom 21. und 28. April, vom 17., 19., 24. und 26. Mai 1882, Prot. S. 625, 627, 653, 654, 659, 660, 740, 743, 746, 749, 760, 761, 769, 773, 781, 782, 785, 786 Zusammenstellung der beschlossenen Bestimmungen des Obligationenrechts §§ 57, 64, 66, 90, 102 2 ), könne gegenwärtig noch nicht entschieden werden. Es handle sich in dieser Beziehung um die allgemeinere Frage, inwiefern jene Verbindlichkeiten den aus gegenseitigen Verträgen entspringenden gleichzustellen seien 3 . Der zweite Satz beruhe auf der Voraussetzung, die in dem Antrage 3 vorgeschlagene Bestimmung bedürfe | keines besonderen Ausdrucks. Allein diese Bestim- | Prot 11246 mung dürfe keineswegs fehlen. Die Gefahr könne auf den Gläubiger nur dann
1 2
3
Vorhanden ist ein Antrag von Kurlbaum (Nr. 170, 3), der dahin geht, Abs. 2 zu streichen. S. §§ 57, 90 beim Rücktritt (§ 346 BGB), §§ 64, 66 bei §§ 320, 322 BGB, § 102 bei § 480 BGB. Dazu heißt es in der ZustOR als Anmerkung zu § 203 : die Prüfung, ob nicht durch eine allgemeine Bestimmung vorzusehen sei, daß und welche Vorschriften über die aus gegenseitigen Verträgen entspringenden Verbindlichkeiten für alle Zug um Zug zu erfüllenden gegenseitigen Verbindlichkeiten gelten sollen, ist einer späteren Zeit vorbehalten.
351
§300
1. Abschnitt: Inhalt der Schuldverhältnisse
übergehen, wenn der Schuldner an die gehörig beschaffene und dem Gläubiger durch das Anbieten kundgemachte Ausscheidung gebunden sei. Nach dem Beschlüsse vom 13. März 1882 (Prot. S. 534, 536, § 9 der Zusammenstellung der beschlossenen Bestimmungen des Obligationenrechts 4 ) trete die Bindung erst mit dem Uebergang der Gefahr auf den Gläubiger ein. Die vorgeschlagene Bestimmung sei also nothwendig zur Klarstellung des Gebundenseins des Schuldners. Sie sei aber auch wichtig, weil sich aus ihr ergebe, daß eine dem Gläubiger behufs der Annahme nicht kundgegebene Ausscheidung weder für den Schuldner bindend sei, noch die Gefahr auf den Gläubiger übertrage. Ihr noch die im letzten Satze des Entwurfs enthaltene Vorschrift anzuschließen, sei entbehrlich. Die Beurtheilung des darin erwähnten Falls sei zur Fernhaltung einer kasuistischen Behandlung der Wissenschaft zu überlassen. II. 1., 2. In der RedVorl und der ZustOR lautet die beschlossene Vorschrift als § 204, jedoch mit der Maßgabe, daß in der RedVorl in Abs. 2 hinter „Umstand" in Klammern „dauernd" und in Abs. 3 hinter „Gefahr" in Klammern „dieser Sache" eingefügt ist: ZustOR § 204 Der Schuldner haftet vom Beginne des Verzuges des Gläubigers an in Ansehung eines dem Gläubiger zu gewährenden Gegenstandes nur wegen Vorsatzes und grober Fahrlässigkeit, auch wenn er vorher in weiterem Umfang haftbar war. Wird bei einem gegenseitigen Vertrage die Leistung nach Beginn des Verzuges des Gläubigers durch einen von dem Schuldner nicht zu vertretenden Umstand unmöglich, so behält der Schuldner das Recht auf die Gegenleistung. Ist der Gegenstand der Leistung eine nur der Gattung nach bestimmte Sache, so geht mit dem Zeitpunkte, in welchem der Gläubiger durch Nichtannahme der ausgewählten und angebotenen Sache in Verzug kommt, die Gefahr auf den Gläubiger über. 3. In der 221. Sitzung vom 15. 6. 1883 (Prot I 2327ff.) wurde im Anschluß an I Prot I 2334 den Antrag Nr. 421 Ziff. 2 zu Art. 646 des Dresdener Entwurfs | weiter beantragt: Planck den § 204 der Zusammenstellung der das Obligationenrecht betreffenden Be(Nr 421, 3) Schlüsse (Protokoll vom 25. Oktober 1882 S. 1 2 4 3 - 1 2 4 6 ) dadurch zu ergänzen, daß dem zweiten Absätze desselben die Worte hinzugefügt werden: „nach Abzug oder gegen Vergütung der ersparten Aufwendungen, es wäre denn, daß die Leistung auch ohne den Verzug des Gläubigers unmöglich geworden wäre," so daß der gedachte zweite Absatz nun lauten würde: „Wird bei einem gegenseitigen Vertrage die Leistung nach Beginn des Verzuges I Prot I 2335 des Gläubigers durch einen von dem Schuldner nicht zu vertreten- | den Umstand unmöglich, so behält der Schuldner das Recht, auf die Gegenleistung nach Abzug oder gegen Vergütung der ersparten Aufwendungen, es wäre denn, daß die Leistung auch ohne den Verzug des Gläubigers unmöglich geworden wäre." Der Antrag wurde dahin verbessert, daß die letzten Worte lauten sollen: „daß die Leistung auch ohne den Verzug des Gläubigers nicht erfolgt wäre." Die erste Ergänzung wurde als der Schlußbestimmung des § 189 der Zusammenstellung der das Obligationenrecht betreffenden Beschlüsse 5 entsprechend und
4 5
S. bei $ 243 BGB. S. bei S 275 BGB.
352
2. Titel: Verzug des Gläubigers
§ 300
durch dieselbe geboten gebilligt; die zweite Ergänzung („es wäre um pp.") fand dagegen keine Billigung, weil man dieselbe wegen des aus dem § 189 der Zusammenstellung (Protokoll vom 18. Oktober 1882, S. 1207-1209) 6 sich ergebenden Prinzips und wegen Seltenheit des fraglichen Falls, der nur vorkommen könne, wenn nach dem Annahmeverzuge des Bestellers die Ausführung des Werks durch einen solchen Zufall, welcher auch dann die Unmöglichkeit der Ausführung veranlaßt hätte, wenn der Verzug nicht eingetreten wäre, unmöglich wurde, für überflüssig erachtete. 7 III. Im KE ist die Fassung der hier den § 255 bildenden Vorschrift unverändert; jedoch ist Abs. 2 des § 204 ZustOR nicht mehr in § 255 KE enthalten, sondern aufgrund des Antrags von Kurlbaum (Nr. 555 und 557, 2) mit ZustOR §§ 189 Abs. 3 und 190 Satz 2 zu § 365 KE verbunden 8 . IV. Im EIist § 255 KE unverändert in § 257 enthalten.
B. Vorkommission des Reichsjustizamtes I. Beantragt war 1. Den § 257 zu fassen: Struckmann Der Schuldner haftet nach eingetretenem Verzuge des Gläubigers bezüglich des (Nr 1, 34) diesem zu gewährenden Gegenstandes nur wegen Vorsatzes und grober Fahrlässigkeit. Ist der Gegenstand der Leistung eine nur der Gattung nach bestimmte Sache, so geht mit dem Zeitpunkte, in welchem der Gläubiger durch Nichtannahme der angebotenen Sache in Verzug kommt, die Gefahr auf ihn über. 2. Im § 257 Absatz 2 die Worte „ausgewählten und" zu streichen.
Jacubezky (Nr 4, 37)
II. 43. Sitzung vom 8. 9. 1891 I Der § 257 erhielt folgende Fassung: Der Schuldner haftet nach Eintritt des | ProtRJA 232 Verzugs des Gläubigers nur wegen Vorsatzes und grober Fahrlässigkeit. Ist der Gegenstand der Leistung eine nur der Gattung nach bestimmte Sache, so geht mit dem Zeitpunkte, in welchem der Gläubiger durch Nichtannahme der angebotenen Sache in Verzug kommt, die Gefahr auf ihn über.
C. 2. Kommission I. Beantragt wurde (Prot. II, Bd. 1, S. 331 ; Mugdan, Bd. 2, S. 540), § 257 die von Struckmann der Vorkommission des RJA beschlossenen Fassung zu geben. Der Antrag wurde (Nr 1,43) angenommen. II. In der VorlZust der Beschlüsse der 2. Kommission ist § 257 Abs. 1 unverändert. Der Anfang des Abs. 2 des § 257 ist jedoch gefaßt: „Insbesondere geht auch, wenn der Gegenstand . . . ist, mit dem Zeitpunkt. .." 6 7 8
S. bei § 287 BGB. In den Protokollen endet der Satz bei „überflüssig". Die weitere Geschichte des § 365 KE s. bei § 275 BGB. 353
§§ 301,302
1. Abschnitt: Inhalt der Schuldverhältnisse
III. In der ZustRedKom ist Abs. 1 des § 257 in unveränderter Fassung enthalten; Abs. 2 lautet: Wird eine nur der Gattung nach bestimmte Sache geschuldet, so geht die Gefahr auf den Gläubiger mit dem Zeitpunkt über, in welchem er durch Nichtannahme der angebotenen Sache in Verzug kommt. IV. Im E II hat Abs. 1 der Vorschrift als § 254 die Fassung, wie sie in § 300 Abs. 1 BGB Gesetz geworden ist. Abs. 2 des § 254 E II ist gegenüber § 257 Abs. 2 ZustRedKom unverändert. V. Im E II rev, in dem die Vorschrift den § 294 bildet, hat auch Abs. 2 die in § 300 Abs. 2 BGB Gesetz gewordene Fassung.
§301
Von einer verzinslichen Geldschuld hat der Schuldner während des Verzuges des Gläubigers Zinsen nicht zu entrichten.
§302
Hat der Schuldner die Nutzungen eines Gegenstandes herauszugeben oder zu ersetzen, so beschränkt sich seine Verpflichtung während des Verzuges des Gläubigers auf die Nutzungen, welche er zieht.
A. 1. Kommission I. 133. Sitzung vom 25. 10. 1882, Schriftführer von Liebe I Prot I Í246 I Zu § 34 des Entwurfs, welcher lautet: TE-OR (Nr 22) „Ist der Gläubiger mit der Annahme einer fruchttragenden Sache in Verzug, so % 34 hat der Schuldner von da an nur die wirklich gezogenen Früchte, nach Abzug der
darauf verwendeten Kosten, zu ersetzen. Bei Geldschulden hört die bisherige Zinsverpflichtung des Schuldners auf." war beantragt: Kurlbaum (Nr 170, 4)
1. das Wort „fruchttragende" zu streichen und statt „Früchte" zu setzen „Nutzungen" ; 2. das Wort „Sache" zu ersetzen durch „Gegenstand";
Planck (Nr 167, 6) Derscheid (Nr 169)
3. den zweiten Satz zu streichen. Der § 34 wurde satzweise berathen. Zum ersten Satze. Nach den Motiven wohnt dem ersten Satze der Sinn bei, daß I Proti 1247 der Schuldner die gezoge-| nen Früchte unter allen Umständen und insbesondere deshalb ersetzen soll, weil der Gläubiger die Gefahr trägt. Eine solche Bestimmung wurde von der Mehrheit nicht für gerechtfertigt erachtet. Dagegen genehmigte 354
2. Titel: Verzug des Gläubigers
§ § 301, 302
dieselbe eine dahin gehende Bestimmung: Der Schuldner, welcher nach dem obwaltenden Schuldverhältniß die Früchte herauszugeben oder zu ersetzen habe, hafte doch nie über die wirklich gezogenen Früchte hinaus. Zugleich wurde entschieden, daß statt „Sache" zu setzen sei „Gegenstand" und zwar ohne ein Adjektivum und daß bei der Redaktion zu prüfen sei, ob statt „Früchte" der Ausdruck „Nutzungen" zu wählen sei. Die Gründe waren : Wenn nach dem obwaltenden Schuldverhältniß der Schuldner die Früchte nicht herauszugeben habe, so fehle es an einem genügenden Grunde, ihm eine solche Pflicht wegen des Verzugs des Gläubigers aufzuerlegen. Der Umstand, daß der Gläubiger die Gefahr trage, könne als ein solcher Grund nicht gelten. Denn das Prinzip: „Tragen der Gefahr und Recht auf die Nutzungen gingen stets Hand in Hand", sei als allgemein richtig nicht anzuerkennen. Dagegen sei es gerechtfertigt, dem zur Herausgabe der Früchte verpflichteten Schuldner von dem Beginn der mora des Gläubigers an in Abschwächung seiner Schuldverpflichtung aus denselben Gründen nur für die fructus percepti haften zu lassen, weshalb er nur für dolus und culpa lata einstehe. Die Ersetzung des Wortes „Sache" durch „Gegenstand" sei wegen der auf Rechte zu nehmenden Rücksicht nothwendig. Ob der Ausdruck „Früchte" oder „Nutzungen" zu wählen sei, falle in das Gebiet der Redaktion. Zum zweiten Satze. Die Mehrheit lehnte | den Streichungsantrag im Wesentli- | Proti 1248 chen aus den in den Motiven für die Vorschrift angeführten Gründen ab. Nur wurde die Ausführung der Motive: „der Schuldner müsse Zinsen zahlen, wenn er solche bezogen habe" nicht gebilligt, weil sie dahin führe, daß von dem Schuldner, der Zinsen bezogen habe, solche auch dann zu zahlen seien, wenn die Schuld unverzinslich war. II. In der RedVorl und der ZustOR lauten die beschlossenen Vorschriften als SS 205 und 206: Der Schuldner, welcher verpflichtet ist, die Nutzungen eines Gegenstandes her- ZustOR § 205 auszugeben oder zu ersetzen, hat vom Beginn des Verzuges des Gläubigers an für nicht gezogene Nutzungen keinen Ersatz zu leisten. Bei der Geldschuld hört von dem Beginne des Verzuges des Gläubigers an die ZustOR § 206 Verpflichtung des Schuldners zur Zahlung von Zinsen auf. In der RedVorl heißt es lediglich in § 205 statt „Nutzungen" im ersten Falle „Früchte (Nutzungen)", im zweiten Fall „Früchte". III., IV. Im KE (SS 256, 257) und im EI (SS 258, 259) ist die Fassung der Vorschriften unverändert, im SS 256 KE, 258 E I heißt es jedoch „von dem Beginne" statt „vom Beginn".
B./C. Vorkommission des Reichsjustizamtes und 2. Kommission I. In beiden Kom. wurden die SS 258, 259 E I unverändert beibehalten. II. In der VorlZust der Beschlüsse der 2. Kom. sind die SS 258, 259 ebenfalls unverändert. III. In der ZustRedKom heißt es in $ 258: . . . ist vom Eintritt des Verzuges . . . Ersatz zu leisten nicht verpflichtet. 355
§303
1. Abschnitt: Inhalt der Schuldverhältnisse
§ 259 hat die Fassung: Bei einer Geldschuld hört vom Eintritt des Verzuges des Gläubigers an die Verpflichtung des Schuldners zur Verzinsung auf.
E II § 255
IV. Im E //lauten die Vorschriften als §§ 255 (E I S 259) und 256 (E I § 258): Bei einer verzinslichen Geldschuld ist der Schuldner während des Verzuges des Gläubigers zur Zahlung von Zinsen nicht verpflichtet. § 256 E II hat die in § 302 BGB Gesetz gewordene Fassung; jedoch heißt der Schluß: „zieht" (statt „gezogen hat"). V. Im Ell rev haben die §§295, 296 die in §§ 301, 302 Gesetz gewordene Fassung erhalten.
§303 Ist der Schuldner zur Herausgabe eines Grundstückes verpflichtet, so kann er nach dem Eintritte des Verzuges des Gläubigers den Besitz aufgeben. Das Aufgeben muß dem Gläubiger vorher angedroht werden, es sei denn, daß die Androhung unthunlich ist.
A. 1. Kommission Eine dem § 303 BGB entsprechende Vorschrift fehlt in T E - O R und ist auch von der 1. Kom. nicht in Erwägung gezogen worden.
B. Vorkommission des Reichsjustizamtes Jacubezky (Nr 4, 38)
I ProtRJA 233
I. Beantragt war, folgenden § 259 a aufzunehmen: Ist der Schuldner zur Uebertragung des Besitzes an einem Grundstücke verpflichtet, so kann er, wenn der Gläubiger im Verzuge der Annahme ist, den Besitz aufgeben. Die Aufgebung des Besitzes ist erst nach vorgängiger Androhung zulässig, sofern diese thunlich ist. II. 43. Sitzung vom 8. 9. 1891 | Im Anschluß an die nicht beanstandeten §§ 258, 259 wurde die Aufnahme einer Bestimmung des Inhalts für erforderlich erachtet, daß der zur Herausgabe eines Grundstücks verpflichtete Schuldner, wenn der Gläubiger in Verzug gerathe, die Innehabung des Grundstücks aufzugeben berechtigt sei. Man ging hierbei von der Erwägung aus, daß dem Schuldner streng genommen überhaupt nicht zugemuthet werden könne, wenn er seinerseits alles zur Bewirkung der Leistung gethan habe, den Gegenstand der Leistung noch länger für den Gläubiger zu verwahren. Die hieraus an und für sich für den Schuldner sich ergebende Befugniß, die geschuldete Leistung im Falle des Verzugs des Gläubigers zu derelinquiren, sei nur um deswillen dem Schuldner nicht ganz allgemein eingeräumt, weil dies mit der Rücksicht auf das Interesse des Gläubigers nicht vereinbar sei und dem Schuldner in Gestalt 356
2. Titel: Verzug des Gläubigers
§304
des Rechts zur Hinterlegung und des Rechts der Verkaufsselbsthülfe (§§ 272, 278) ein genügender Rechtsbehelf zur Seite stehe, um sich der geschuldeten Leistung zu entledigen. Da indessen die Hinterlegungsbefugniß auf gewisse bewegliche Sachen beschränkt und ein anderweiter besonderer Rechtsbehelf für Grundstücke nicht gegeben sei, so empfehle es sich, die im Gemeinen Recht ganz allgemein anerkannte Dereliktionsbefugniß wenigstens für Grundstücke auszusprechen. Einer etwaigen Härte, welche hieraus für den Gläubiger, insbesondere im Fall einer vorübergehenden Behinderung desselben entstehen könne, werde in genügender Weise vorgebeugt, wenn man den Schuldner, soweit dies thunlich, zu einer vorherigen Anzeige an den Gläubiger verpflichte. Demgemäß wurde beschlossen, hinter § 259 folgenden § 259 a einzuschalten: Ist der Schuldner zur Herausgabe eines Grundstücks | verpflichtet, so kann er, | ProtRJA 234 wenn der Gläubiger im Verzuge der Annahme ist, die Inhabung aufgeben. Das E I-RJA Aufgeben ist erst nach vorgängiger Androhung zulässig, soweit diese thunlich ist. § 259 a
C. 2. Kommission I. Der Antrag, als §259 a die von der Vorkom. des RJA beschlossene Vor- Struckmann schrift 1 aufzunehmen, wurde angenommen (Prot. II, Bd. 1, S. 332; Mugdan, Bd. 2, (Nr 1, 44) S. 541). II., III. Die Fassung des § 259 a in der VorlZust der Beschlüsse der 2. Kom. und in der ZustRedKom entspricht dem von der Kom. angenommenen Antrag Struckmann, jedoch lautet in der ZustRedKom der 2. Satz der Vorschrift: Das Aufgeben darf erst nach vorgängiger Androhung, sofern diese thunlich ist, erfolgen. IV. Im E II ist die nunmehr in § 257 enthaltene Vorschrift wie folgt gefaßt: Ist der Schuldner zur Herausgabe eines Grundstücks verpflichtet, so kann er E II § 257 nach dem Eintritt des Verzugs des Gläubigers den Besitz aufgeben. Das Aufgeben ist erst nach vorgängiger Androhung zulässig, es sei denn, daß diese unthunlich ist. V. Im E II rev lautet Satz 2 der in § 297 enthaltenen Vorschrift: Das Aufgeben muß dem Gläubiger vorher angedroht werden, es sei denn, daß die Androhung unthunlich ist. Satz 1 ist unverändert. Damit liegt die in § 303 BGB Gesetz gewordene Fassung vor 2 .
§304 Der Schuldner kann im Falle des Verzuges des Gläubigers Ersatz der Mehraufwendungen verlangen, die er für das erfolglose Angebot sowie für die Aufbewahrung und Erhaltung des geschuldeten Gegenstandes machen mußte. 1 2
Im Antrag Struckmann heißt es lediglich „sofern" (statt „soweit"). Die jetzt geltende Fassung des § 303 beruht auf der V O zur Durchführung des Gesetzes über Rechte an eingetragenen Schiffen und Schiffsbauwerken vom 21. 12. 1940, RGBl. 1609.
357
§304
1. Abschnitt: Inhalt der Schuldverhältnisse
A. 1. Kommission I. 134. Sitzung vom 30. 10. 1882, Schriftführer von Liebe I Der § 35 des Entwurfs lautet: I P r o t i 1252 T E - O R (Nr 22) „Der säumige Gläubiger hat den durch seinen Verzug dem Schuldner verurS 35 sachten Schaden, insbesondere die wegen Aufbewahrung und Erhaltung der geschuldeten Sache aufgewendeten Kosten, zu erstatten." Kurlbaum (Nr 170, 5)
Schmitt (Nr 175) I Prot I 1253
Es lagen folgende Anträge vor: 1. den § 35 dahin zu fassen: „Der Schuldner wird durch den Verzug des Gläubigers von seiner Verpflichtung nicht befreit. Der Gläubiger aber ist verpflichtet, ihm diejenigen Mehraufwendungen zu ersetzen, welche ihm durch das erfolglose Anbieten der Leistung oder durch die Aufbewahrung und Erhaltung einer geschuldeten Sache entstehen. Soll eine Vertragsleistung genau zu einer festbestimmten Zeit oder binnen einer festbestimmten Frist bewirkt werden, so ist der Schuldner im Falle des Verzugs des Gläubigers nach rechtzeitigem Anbieten berechtigt, von dem Vertrage zurückzutreten oder seine Rechte aus dem Vertrage geltend zu machen. Für den Fall des Rücktritts finden die Vorschriften über das vertragsmäßige Rücktrittsrecht entsprechende Anwendung." 2. den § 35 dahin zu fassen: I „Soweit vorstehend nicht anders bestimmt ist, wird der Schuldner von seiner Verpflichtung durch den Verzug des Gläubigers nicht befreit. Der Schuldner kann jedoch, falls er bei nachträglicher Erfüllung im Ganzen mehr aufzuwenden hätte, als bei rechtzeitiger Annahme, insoweit seine Leistung kürzen oder bis zum erlangten Ersätze zurückhalten. Dies gilt insbesondere von denjenigen Mehraufwendungen, welche dem Schuldner durch das erfolglose Anbieten u.s.w. wie im Antrag 1." 3. bei § 35 einen Zusatz, Fassung vorbehalten, einzuschalten „daß der Schuldner die wegen Aufbewahrung und Erhaltung der geschuldeten Sache aufgewendeten Kosten nur insoweit zu fordern habe, als sie den Betrag der von ihm gezogenen Früchte (Nutzungen) übersteigen." Man verständigte sich, daß über den zweiten Absatz des Antrags 1 erst nach Erledigung des § 35 und des ersten Absatzes des Antrags 1 sowie der Anträge 2 und 3 Beschluß zu fassen sei. Zum § 35 und dem ersten Absatz des Antrags 1 und den Anträgen 2 und 3 wurden folgende Beschlüsse gefaßt: 1. Es soll die in den Anträgen 1 und 2 vorgeschlagene Bestimmung keine Aufnahme finden, daß der Schuldner durch den Annahmeverzug von seiner Verbindlichkeit nicht befreit werde.
2. Es soll nicht mit dem Entwürfe bestimmt werden, daß der in Annahmeverzug gerathene Gläubiger den durch den Verzug verursachten Schaden zu ersetzen habe. 3. In Gemäßheit der Anträge 1 und 2 soll bestimmt werden, daß der in AnI Prot 1 1254 nahmeverzug gerathene Gläu-| biger verpflichtet sei, dem Schuldner diejenigen Mehraufwendungen zu ersetzen, welche ihm durch das erfolglose Anbieten der Leistung sowie durch Aufbewahrung und Erhaltung des Leistungsgegenstandes entstanden sind. 358
2. Titel: Verzug des Gläubigers
§304
4. Die aus dem vorstehenden Beschlüsse sich ergebende Haftung des Gläubigers soll nicht bloß eine Einrede und ein Retentionsrecht begründen, sondern einen vollkommenen Ersatzanspruch des Schuldners erzeugen. 5. Die in dem Antrage 3 vorgeschlagene Bestimmung soll keine Aufnahme finden. Die Gründe waren: Zu 1. Die vorgeschlagene Bestimmung sei entbehrlich. Die Fortdauer der Schuldverpflichtung ergebe sich zur Genüge daraus, daß das Gegentheil nicht vorgeschrieben sei, sowie aus dem Abschnitt über die Erlöschung der Schuldverhältnisse. Zu 2, 3, 4. Den Gläubiger für verpflichtet zu erklären, dem Schuldner das volle Interesse zu leisten, stehe wenig mit dem Grundsatze im Einklänge, daß der Gläubiger zur Annahme nicht verpflichtet sei, führe auch zu großen, schwer zu rechtfertigenden Härten in denjenigen Fällen, in welchen den Gläubiger kein Verschulden treffe. Es sei genügend, den Gläubiger für die in den Anträgen 1 und 2 bezeichneten Aufwendungen haften zu lassen. Für diese Aufwendungen müsse derselbe aber dergestalt einstehen, daß der Schuldner nicht auf Einrede und Retentionsrecht beschränkt werden dürfe. Denn der Schuldner habe im Interesse des Gläubigers kraft des Gesetzes gleichsam als dessen negotiorum gestor gehandelt. Dies gelte auch dann, wenn der Gläubiger nachträglich auf sein Forderungsrecht verzichte, I worauf insbesondere für die Fälle des späteren unverschuldeten Untergangs des Leistungsgegenstandes Gewicht zu legen sei. Man dürfe an den Fällen des Legats keinen Anstoß nehmen. Habe der Legatar das Legat noch nicht angenommen und leiste er später, nachdem mora accipiendi eingetreten, Verzicht, so wirke die Ausschlagung des Vermächtnisses dergestalt rückwärts, daß es so anzusehen sei, als wäre der Legatar niemals Gläubiger gewesen, so daß auch der Annahmeverzug jede Bedeutung verliere. Habe aber der Legatar das Legat einmal angenommen und gerathe dann in Annahmeverzug, so sei er wie ein jeder andere Gläubiger zu beurtheilen, dessen späterer Verzicht ihn von der Verpflichtung zur Erstattung der fraglichen Aufwendungen nicht zu befreien vermöge. Aehnlich seien verwandte Fälle, z. B. der Fall der Zuwendung durch ein pactum in favorem tertii, zu beurtheilen. Es gäbe übrigens Fälle, in denen der Gläubiger zur Annahme verpflichtet erscheine. Diese Fälle, in welchen die mora accipiendi, insofern sie sich zugleich als mora solvendi gestalte, ohne Zweifel dahin führe, daß der Gläubiger das volle Interesse zu leisten habe, müßten vorliegend auf sich beruhen.
| Prot 11255
Zu 5. Soweit die vorgeschlagene Bestimmung richtig erscheine, sei sie selbstverständlich; richtig aber sei sie nur insofern, als dem Schuldner nicht kraft des fortdauernden bisherigen Schuldverhältnisses die Früchte gebühren. Daß in einem solchen Falle wegen der Früchte ein Abzug eintreten müsse, erhelle zur Genüge aus dem Worte „A/ieAraufwendungen". Von einer Seite war der Antrag gestellt, dem | |Proti 1256 § 35 die Bestimmung vorauszuschicken oder anzuschließen: „Sind von der Nichtleistung für den Schuldner besondere Rechtsnachtheile abhängig, so treten diese im Falle des Verzugs des Gläubigers nicht ein." Zur Rechtfertigung des Antrags wurde ausgeführt: Es seien die Fälle nicht selten, in welchen den Schuldner besondere rechtliche Nachtheile treffen, wenn er seine Verbindlichkeit nicht erfülle, z. B. Verwirkung einer Konventionalstrafe, Verlust der Rechte aus der Versicherung bei nicht rechtzeitiger Zahlung der Prämie. Unzweifelhaft dürfe der Schuldner diesen Rechtsnachtheilen nicht unterliegen, wenn er an der Leistung durch Annahmeverzug ver359
§304
1. Abschnitt: Inhalt der Schuldverhältnisse
hindert worden sei. In dem Entwürfe fehle aber die desfallsige Bestimmung, so daß eine nothwendig auszufüllende Lücke vorliege. Obschon gegen den Antrag das Bedenken erhoben war, im Wege der Interpretation des Rechtsgeschäfts oder des Gesetzes werde der Schuldner schon den gebührenden Schutz finden, während die vorgeschlagene durch- und eingreifende Bestimmung unter Umständen zumal im Hinblick auf die Fälle der mora accipiendi sine culpa leicht zu weit führen möge, was sich schwer übersehen lasse, fand der Antrag die Billigung der Mehrheit. Es wurde übergegangen zur Berathung des zweiten Absatzes des oben unter 1 aufgeführten Antrags. Die Mehrheit entschied für die Ablehnung des Antrags. Sie war der Ansicht: Der Antrag unterstelle ein Fixgeschäft; wenn bei einem solchen der Gläubiger am Stichtage nicht annehme und in Verzug der Annahme gerathe, so sei die LeiI Prot I 1257 stung | des Schuldners objektiv und dauernd unmöglich geworden. Die Folge sei, daß, sofern den Gläubiger Verschulden treffe, dem Schuldner die Gegenleistung, nach Abzug der ersparten Unkosten, und Schadensersatz gebühre, welche Rechte geltend zu machen der Schuldner nicht verpflichtet sei, woraus das Rücktrittsrecht sich von selbst ergebe, daß ferner bei Voraussetzung der Schuldfreiheit des Gläubigers das Geschäft zerfalle. Die vorgeschlagene Bestimmung sei daher überflüssig, sofern nicht etwa bezweckt sei, den Fall der mora accipiendi sine culpa in Bezug auf die Schadensersatzpflicht dem Falle der verschuldeten mora accipiendi gleichzustellen, zu welcher Gleichstellung jedoch kein Grund vorliege. Auch der Beschluß vom 26. April 1882, Prot. S. 641 —646 (§ 63 der Zusammenstellung der beschlossenen Bestimmungen des Obligationenrechts 1 vermöge die Aufnahme der Vorschrift nicht zu rechtfertigen. In Frage könne nur kommen, ob nicht auch dieser § 63 entbehrlich sei, wogegen aber anzuführen sei, daß derselbe die besondere Bedeutung habe, über das Wesen des Fixgeschäfts und über die Fälle, in welchen ein solches anzunehmen sei, aufzuklären. Der § 36 des Entwurfs lautet: TE-OR (Nr 22) „Kommt der Gläubiger mit der Annahme geschuldeter vertretbarer Sachen in § 36 Verzug, so hat der Schuldner die Wahl, entweder die Sachen selbst gegen Vergütung des Betrags, um welchen sie in der Zeit zwischen dem Beginne des Verzuges und der wirklichen Leistung am Erfüllungsort im Werth gestiegen sind, zu leisten oder statt derselben den Werth zu bezahlen, welchen dieselben zu der Zeit, zu welcher der Gläubiger in Verzug gekommen ist, am Erfüllungsorte gehabt haben." I Prot I 1258 Es wurde die Streichung des $ 36 2 beschlossen. Man | hielt die Streichung schon aus denjenigen Gründen für nöthig, die einestheils zur Unterdrückung des § 26 des Entwurfs und anderntheils zur Ablehnung der Vorschrift des § 35 des Entwurfs, daß von dem in Verzug gekommenen Gläubiger dem Schuldner voller Schadensersatz zu gewähren sei, geführt haben. II. In der RedVorl und der ZustOR lauten die beschlossenen Vorschriften als § 207,208:
1 S. bei § 361 BGB. wohl aufgrund eines Antrags von Kurlbaum (Nr 170, 6).
2
360
2. Titel: Verzug des Gläubigers
§304
Wenn der Gläubiger in Verzug kommt, so treten gegen den Schuldner die be- ZustOR S 207 sonderen rechtlichen Nachtheile nicht ein, welche für den Fall der Nichtleistung bestimmt sind. Der Schuldner hat gegen den Gläubiger, welcher in Verzug gekommen ist, ZustOR § 208 Anspruch auf Erstattung der Mehraufwendungen, die ihm durch das erfolglose Anbieten sowie durch Aufbewahrung und Erhaltung des Gegenstandes der Leistung entstanden sind. Von dem Redaktionsausschuß war in einer Note zu $ 499 ZustOR vorgeschlagen worden, in allen Vorschriften, in denen die Worte „erstatten" oder „Erstattung" verwendet sind, zu setzen „ersetzen" und „Ersatz." Demgemäß wurde in § 208 ZustOR „auf Erstattung" geändert in „auf Ersatz" (Prot. I 3295). III., IV. Mit dieser Änderung entspricht im KE $ 259 und im EI §261 der Bestimmung des § 208 ZustOR. § 207 ZustOR ist unverändert in § 258 KE und § 260 E I enthalten.
B. Vorkommission des Reichsjustizamtes I. Beantragt war, den § 260 zu streichen, weil die in demselben enthaltene VorSchrift sich bei richtiger Auslegung des Parteiwillens von selbst ergebe.
Jacubezky (Nr 4, 39)
II. 43. Sitzung vom 8. 9. 1891 I Der § 260 wurde gestrichen, weil die in demselben enthaltene Vorschrift sich | ProtRJA 234 bei richtiger Auslegung des Parteiwillens von selbst ergebe. Der § 261 wurde nicht beanstandet.
C. 2. Kommission I. Der § 260 wurde auf entsprechenden Antrag gestrichen.
Struckmann (Nr 1,45) Zu § 261 wurde der Antrag (Mugdan, Bd. 2, S. 541; Prot. II, Bd. 1, S. 333) den v . Cuny Relativsatz zu fassen: (Nr 20, 4) welche für das erfolglose Anbieten, sowie für Aufbewahrung und Erhaltung des Gegenstandes erforderlich waren, angenommen. II. In der VorlZust der Beschlüsse der 2. Kom. hat § 261 die Fassung: Der Schuldner hat gegen den Gläubiger . . . Anspruch auf Ersatz der Mehraufwendungen, welche er für das erfolglose Anbieten sowie für Aufbewahrung und Erhaltung des Gegenstandes machen mußte. III. In der ZustRedKom ist der Anfang des § 261 gefaßt: Der Schuldner kann . . . verlangen . . . usw. wie in der VorlZust. IV. Im E II hat die Vorschrift als § 258 die Fassung erhalten, die in § 304 BGB Gesetz geworden ist; vor „Aufbewahrung" fehlt hier jedoch noch der Artikel „die". V. Diesen enthält erst die Fassung des § 298 E II rev. 361
§304
1. Abschnitt: Inhalt der Schuldverhältnisse
A. 1. Kommission I. 134. Sitzung vom 30. 10. 1882, Schriftführer von Liebe I U n t e r der Ueberschrift: „gemeinschaftliche Bestimmung über den V e r z u g des Schuldners und des Gläubigers" bringt der Entwurf als § 37 folgende Vorschrift: „ D e r V e r z u g h ö r t auf, wenn der säumige Theil z u r N a c h z a h l u n g des V e r s ä u m TE-OR (Nr 22) §37 ten nach Maßgabe seiner Verbindlichkeit u n d zugleich zur Leistung dessen, was der andere Theil aus dem bisherigen V e r z u g e zu fordern hat, bereit ist und dieses d e m letzteren erklärt." Es w a r beantragt den § 37 in folgender Weise zu fassen : „ D e r V e r z u g des Schuldners h ö r t auf, w e n n er seine Verpflichtung erfüllt o d e r der Gläubiger in V e r z u g kommt. D e r V e r z u g des Gläubigers hört auf, w e n n er die geschuldete Leistung annimmt o d e r der Schuldner in V e r z u g kommt. D e r Schuldner kann nur dann in V e r z u g k o m m e n , w e n n ihm die nach § 35 zu ersetzenden M e h r a u f w e n d u n g e n ersetzt werden." I P r o t i 1258
Beschlossen w u r d e : 1. Im Einklang mit dem Entwürfe soll nicht bestimmt werden, daß die m o r a solvendi a u f h ö r e , wenn der Schuldner erfülle, die m o r a accipiendi, wenn der Gläubiger annehme. 2. Es soll nicht bestimmt werden, die mora solvendi höre auf, w e n n m o r a accipiendi eintrete und umgekehrt. I Prot 1 1259
| 3. D a g e g e n soll bestimmt werden, der V e r z u g höre auf, wenn der säumige Theil das Versäumte nachhole. 4. Es soll nicht bestimmt werden, bei der m o r a solvendi müsse der Schuldner behufs der p u r g a d o morae zugleich zur Leistung dessen, was er aus der bisherigen m o r a verschuldet, im Stande sein u n d sich bereit erklären. 5. W o h l aber soll in Bezug auf die m o r a accipiendi vorgeschrieben werden, zur purgatio m o r a e sei erforderlich, daß der Gläubiger sich zur Leistung dessen bereit erklärt, was er aus der bisherigen m o r a zu leisten hat. Die G r ü n d e w a r e n : Z u 1. D a ß die mora in den vorausgesetzten Fällen f ü r die Z u k u n f t a u f h ö r e , sei selbstverständlich, aber auch zu bestimmen bedenklich, weil der Gedanke angeregt w ü r d e , es sollten alle Fälle aufgeführt w e r d e n , in welchen die mora ende, und bei einer solchen A u f f ü h r u n g würden noch andere Fälle erwähnt werden müssen, z. B. der Fall der Fristbewilligung. Z u 2. und 3. Es sei nicht richtig, daß die purgatio morae ausnahmslos nur dann eintrete, w e n n die mora des anderen Theils beginne; werde z. B. von dem säumigen Schuldner mit der Leistung der schuldigen, zu ihrer Vollendung eine gewisse Zeit b e d ü r f e n d e n H a n d l u n g begonnen, so höre die mora solvendi f ü r die Z u k u n f t auf, o h n e daß eine m o r a accipiendi vorzuliegen brauche und ähnlich verhalte es sich bei der m o r a accipiendi. Das Richtige sei, daß die N a c h h o l u n g des Versäumten zur purgatio m o r a e genüge. Wie diese N a c h h o l u n g im einzelnen Falle sich gestalte, k ö n n e im Gesetze nicht bestimmt w e r d e n . D e r Zusatz „nach Maßgabe der V e r bindlichkeit" sei entbehrlich, aber auch f ü r die mora accipiendi mindestens inkorrekt. 362
2. Titel: Verzug des Gläubigers
304
I Zu 4. Die Verpflichtung des Schuldners, der in Verzug gerathen sei, erweitere I P r o t i 1260 sich, indem ihr die Verpflichtung zur Ersetzung der aus dem bisherigen Verzuge dem Gläubiger erwachsenen Nachtheile hinzutrete. Wolle der Schuldner das Versäumte später nachholen, so müsse er die ihm obliegende Leistung vollständig, also auch mit der gedachten Erweiterung anbieten, da der Gläubiger eine Theilzahlung nicht anzunehmen brauche. Hieraus erhelle die Entbehrlichkeit einer Bestimmung, wie sie der Entwurf enthalte. Zu 5. Anders verhalte es sich in Betreff der mora accipiendi. Man könne sogar zweifeln, ob es richtig sei, dem Gläubiger zur purgado morae die Pflicht aufzuerlegen, zu den fraglichen Leistungen sich bereit zu erklären, und ob es nicht den Vorzug verdiene, zu erklären, hierüber nichts zu bestimmen, in welchem Falle der Schuldner den nöthigen Schutz im Retentionsrechte finden werde, welches allerdings nicht so weit führe, als die im Entwürfe enthaltene Vorschrift. Allein einfacher und billiger erscheine es, die letztere aufzunehmen, wogegen es wieder gegenüber dem Gläubiger zu unbillig und hart sein würde, die purgatio morae von der wirklichen Leistung abhängig zu machen. Der Redaktion blieb die Prüfung vorbehalten : 1. ob es nöthig sein werde, im Eingang des § hervorzuheben, daß es sich nur um das Aufhören der mora für die Zukunft handle, 2. den § in zwei §§ zu trennen, von denen der eine über die mora des Schuldners, der andere über die mora des Gläubigers bestimme, und den ersteren § in den Abschnitt über die mora des Schuldners, den anderen § in den Abschnitt über die mora des Gläubigers einzustellen. II. In der RedVorl und 209 die Fassung:
und der ZustOR haben die gefaßten Beschlüsse als §§ 200
Der Verzug des Schuldners hört für die Zukunft mit dem Zeitpunkte auf, in ZustOR § 200 welchem er das Versäumte nachgeholt hat. Der Verzug des Gläubigers hört für die Zukunft mit dem Zeitpunkte auf, in ZustOR § 209 welchem er das Versäumte nachgeholt und sich zugleich zur Erstattung der in § 208 bezeichneten Mehraufwendungen bereit erklärt hat. 5 200 ist die letzte Vorschrift des Unterabschnitts „Verzug des Schuldners", § 209 beschließt den Unterabschnitt „Verzug des Gläubigers". In § 209 wurde das Wort „Erstattung" geändert in „Ersatz" (Prot. I 3295) 3 . III., IV. Mit dieser Änderung entspricht im KE § 200 und im £ / § 2 6 2 der Vorschrift des § 209 ZustOR. § 200 ZustOR ist in unveränderter Fassung im K E in § 2 5 1 und im E I in § 2 5 3 enthalten. Ein bei der 2. Beratung des K E gestellter v. Mandry Antrag den § 251 zu fassen: (Nr 585, 8) | „ . . . nachgeholt und die in Folge des Verzuges geschuldeten Leistungen be- Proti 11734 wirkt hat." (Das Nachholen des Versäumten soll auch die aus dem Verzuge geschuldeten Leistungen umfassen. Prot. S. 1258 ff. Wird aber „Versäumtes" ohne weiteres auch auf diese Leistungen bezogen werden, da die Verpflichtung zu denselben erst nach Eintritt des Verzuges entsteht? vgl. außerdem § 260), wurde abgelehnt. Die Kommission erachtete im Hinblick auf die bei der Beschluß3
S. dazu auch oben bei § 304 B G B .
363
§304
1. Abschnitt: Inhalt der Schuldverhältnisse
fassung des §251 leitend gewesenen Erwägungen (Protokolle S. 1258—1260) den vorgeschlagenen Zusatz weder für erforderlich noch für räthlich. Aus jenen Erwägungen sei insbesondere auch die abweichende Fassung des von der purgatio morae créditons handelnden § 260 hervorgegangen, welche darauf beruhe, daß Verpflichtungen des Gläubigers gegenüber dem Schuldner (vgl. § 259) überhaupt erst durch den Verzug hervorgerufen werden.
B. Vorkommission des Reichsjustizamtes Struckmann (Nr 1, 32 u 35) Jacubezky (Nr 4, 32 u 39)
I. Beantragt war, die §§ 253, 262 zu streichen.
II. 43. Sitzung vom 8.9. 1891. Die §§ 253 und 262 wurden als selbstverständlich gestrichen. Zu § 262 wurde bemerkt: I ProtRJA 234 I Soweit durch diese letztere Vorschrift ausgedrückt werden solle, daß der Verzug des Gläubigers mit dem Aufhören der sie bewirkenden Thatsache endige, sei sie selbstverständlich. Insofern sie jedoch hinsichtlich der Endigung des Verzugs darauf abstelle, daß der Gläubiger sich zugleich zum Ersatz der durch seinen Verzug dem Schuldner verursachten Mehrkosten bereit erkläre, sei die Bestimmung von geringem praktischen Wert, da dem Gläubiger der Betrag der Mehrkosten in den meisten Fällen unbekannt, der Schuldner auch durch den § 261 verbunden mit § 256 ausreichend geschützt sei.
C. 2. Kommission Struckmann (Nr 1, 39 u 45)
Auf entsprechenden Antrag wurden die §§ 253, 262 gestrichen.
364
ZWEITER ABSCHNITT Schuldverhältnisse aus Verträgen ERSTER TITEL Begründung. Inhalt des Vertrags §305 Zur Begründung eines Schuldverhältnisses durch Rechtsgeschäft sowie zur Aenderung des Inhalts eines Schuldverhältnisses ist ein Vertrag zwischen den Betheiligten erforderlich, soweit nicht das Gesetz ein Anderes vorschreibt.
A. 1. Kommission I. 1. Protokoll der Sitzung vom 19. 10. 1877 3. Es folgte die Berathung der Vorlage Nr. I I 1 betreffend das einseitige Versprechen als Grund der Verpflichtung zur Erfüllung. Die Thesis I: „Das Versprechen, einem Andern etwas zu leisten, bedarf zu seiner Verbindlichkeit nicht nothwendig der Annahme von Seiten dessen, an welchen die Leistung geschehen soll. — Auch durch das nicht angenommene, einseitige Versprechen wird der Versprechende zur Erfüllung verpflichtet, wenn dies als von ihm gewollt anzunehmen ist", führte zu einer ausführlichen Erörterung über das juristische Wesen des einseitigen Versprechens, über den Rechtssatz, bei Geschäften unter Lebenden erzeuge nur das akzeptirte Versprechen einer Leistung oder der Vertrag die Verpflichtung zur Erfüllung, und über die Nothwendigkeit oder Angemessenheit, diese Regel aufzugeben, oder von ihr Ausnahmen in größerem oder geringerem Umfange anzuerkennen. Das Ergebnis der Berathung war: 1. Der Referent zog den Antrag zurück: „das einseitige nicht angenommene Versprechen im Gesetzbuche allgemein für verpflichtend zu erklären, sofern nur erhelle, daß der Versprechende sich auch ohne Annahme des Versprechens sofort zu verpflichten beabsichtigt und gewollt habe;" 2. die Mehrheit beschloß: a) Bei der Regelung der einen oder andern Rechtsinstitution darf eine sachgemäße und dem Bedürfnisse des Verkehrs entsprechende Regelung oder Bestimmung nicht deshalb zurückgewiesen werden, weil ein wirklicher oder scheinbarer
1
Diese Vorlage umfaßt die Auslobung, das Versprechen zugunsten Dritter und die Inhaberpapiere.
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§305
2. Abschnitt: Schuldverhältnisse aus Verträgen
Konflikt mit dem Rechtsprinzipe sich ergiebt: das einseitige (nicht angenommene) Versprechen unter Lebenden ist unverbindlich; b) das Gesetzbuch muß allerdings von dem Grundsatze ausgehen: das einseitige, nicht angenommene Versprechen einer Leistung unter Lebenden ist unverbindlich, sofern nicht das Gesetz etwas Anderes ergiebt; c) ob der gedachte Grundsatz in das Gesetzbuch aufzunehmen, darüber muß die Entscheidung zur Zeit vorbehalten bleiben. Der Antrag, schon jetzt zu beschließen: Das Gesetzbuch hat die Bestimmung aufzunehmen: Das einseitige Versprechen unter Lebenden ist unverbindlich, sofern nicht das Gesetz ein Anderes bestimmt, — blieb in der Minderheit. I Prot 1821
v. Weber (Nr 85)
2. 95. Sitzung vom 2. 6. 1882, Schriftführer Neubauer I Es wurde übergegangen zur Berathung des „Einseitiges Versprechen" überschriebenen Theilentwurfes (Nr. I) 2 . Von einer Seite war der Antrag gestellt worden, diesen Abschnitt mit folgenden Bestimmungen einzuleiten : § a. „Das einseitige, nicht angenommene, Versprechen einer Leistung unter Lebenden ist unverbindlich, sofern nicht das Gesetz etwas Anderes bestimmt." § b. „Legt das Gesetz dem einseitigen Versprechen einer Leistung unter Lebenden verbindliche Kraft bei, so leiden auf ein solches Versprechen in Ermangelung besonderer Bestimmungen die allgemeinen Vorschriften über Schuldverhältnisse aus Verträgen entsprechende Anwendung." Der § a des vorstehenden Antrages fand nach ausführlicher Diskussion Annahme. Die Mehrheit war der Ansicht: Der § a stehe im Einklänge mit den Auffassungen, von welchen nach dem Protokolle vom 19. Oktober 18773 bei den Vorberathungen ausgegangen sei. Auch empfehle es sich, eine derartige Bestimmung in das Gesetzbuch aufzunehmen, um keinen Zweifel zu lassen, daß das einseitige Versprechen keine Schuldverpflichtung erzeuge, sofern nicht aus einer gesetzlichen Bestimmung einschließlich der analogen Anwendung, sich ein anderes ergebe.
I Prot I 823
I Prot I 833
3. 96. Sitzung vom 5. 6. 1882, Schriftführer Neubauer | Die Diskussion über den § b des Antrages wurde vertagt bis zur Erledigung der damit im Zusammenhange stehenden, von einer anderen Seite eingebrachten V o r schläge, welche eine Ergänzung des Abschnitts über Auslobung durch einige zusätzliche Bestimmungen bezweckten. 4. 97. Sitzung vom 7. 6. 1882, Schriftführer Neubauer | Es wurden berathen die §§ b und c des am Schluß des Protokolls vom 5. Juni 1882 mitgetheilten Antrages in Verbindung mit § b des im Protokolle vom 2. Juni 1882 am Schluß gedachten Antrages. Die §§ b und c des Antrages lauten: § b. Rücksichtlich des Gegenstandes der Auslobung und der dadurch begründe2
3
Die Vorlage N r . 1 des Redaktors v. Kübel ist separat gedruckt und umfaßt mit Begründung 83 Seiten. Wegen der Einzelheiten der Beratung dieser Vorlage vgl. Materialien zu den §§ 657 ff BGB.
366
1. Titel : Begründung. Inhalt des Vertrags
§305
ten Rechte und Verpflichtungen finden die Vorschriften des §§ 1 bis 14 über den Gegenstand der Verträge und der § 1 über Rechte und Verpflichtungen aus Verträgen entsprechende Anwendung 4 . § c. Bei einer durch die Auslobung versprochenen Veräußerung finden, rücksichtlich der Gewährleistung des veräußerten Rechts, die Vorschriften der §§ 7 bis 20, rücksichtlich der Gewährleistung wegen Mängel der Sache der § 38 des Abschnitts über die Rechte und Verpflichtungen aus Verträgen entsprechende Anwendung 5 . Der § b (Prot, vom 2. 6. 1882) wurde angenommen und hierauf der erstgedachte Antrag zurückgezogen. Die Gründe der Beschlüsse waren : Nachdem einmal beschlossen sei, in das Gesetzbuch eine Bestimmung aufzunehmen, welche ergebe, daß das einseitige Versprechen, wenn auch nicht regelmäßig, doch ausnahmsweise verpflichtend sei, müsse zur Ausfüllung einer unverkennbaren Lücke zugleich bestimmt werden, ob und inwiefern die für Schuldverpflichtungen aus Verträgen geltenden Rechtsnormen auch auf die aus einseitigem Versprechen entspringenden Schuldverpflichtungen anwendbar seien. Freilich biete sich der Ausweg, die Lücke für jeden einzelnen Fall, in welchem das Gesetz das ein-1 seitige Versprechen für verpflichtend erkläre, durch spezielle Bestimmungen j Prot 1834 zu decken. Dieser Weg sei aber nicht allein ein außerordentlich umständlicher, der zu großen Weiterungen zu führen drohe, sondern er verbiete sich auch für die Fälle, in welchen das Gesetz, um der Rechtswissenschaft nicht vorzugreifen und um nicht Fragen zu lösen, die ausschließlich dem Gebiete der juristischen Konstruktion angehören, dahingestellt lassen müsse und nach Maßgabe der Vorbeschlüsse unentschieden lassen werde, ob seinen Anordnungen das Prinzip der Verpflichtung aus einseitigem Versprechen zum Grunde liege oder nicht. Schon bei anderen Gelegenheiten (vergi, ζ. Β. Protokoll vom 24. Februar d. J . S. 469 und Protokoll vom 24. März d. J. S. 558) 6 sei die Nothwendigkeit anerkannt, durch eine prinzipielle Vorschrift ergänzend einzugreifen, nicht minder für zweifellos gehalten, wie diese Vorschrift im Allgemeinen zu gestalten sei. Die Schuldverpflichtungen aus einseitigem Versprechen seien den aus Verträgen entspringenden innerlich in ihrem juristischen Wesen nach so nahe verwandt, daß dieselben Rechtsnormen, die für die letzteren gelten, auch für die ersteren zur Geltung gelangen müßten, soweit nicht die Unanwendbarkeit jener Rechtsnormen sich von selbst aus dem besonderen Charakter des einseitigen Versprechens und insbesondere aus dem Umstände ergebe, daß der Gegenkontrahent und die Willenseinigung zweier sich gegenüberstehender Parteien fehle. Es sei zureichend und völlig unbedenklich, nach Anleitung des — nunmehr angenommenen — § b in das Gesetzbuch eine prinzipielle Vorschrift aufzunehmen, welche den angegebenen | Gedanken zum Aus- | Prot 1835 druck bringe. Allerdings werde eine solche Vorschrift zu manchen Zweifeln Anlaß geben können. Indessen die Rechtswissenschaft werde diese Zweifel weit befriedigender zu lösen vermögen, als der Gesetzgeber dazu im Stande sei. Offenbar sei dies auch der Standpunkt des Entwurfs, der sichtbar auf der Voraussetzung beruhe, bei der Auslegung und Anwendung des Gesetzbuchs würden die in Rede stehenden Rechtsnormen im Wege der Gesetzes- und Rechtsanalogie von selbst sich Geltung verschaffen. Allein sachgemäßer erscheine es doch, diese Anwendbarkeit 4
5 6
Vgl. Vorlage Nr. 11 (Gegensund der Verträge", abgedruckt bei 306 ff BGB) und Vorlage Nr. 20, § 11 (abgedruckt bei § 242 BGB). Vgl. die Vorlage Nr. 20 (abgedruckt bei den §§ 434 ff, 459 ff BGB). Prot. I, S. 469 ist abgedruckt bei § 241 BGB, Prot. I, S. 558 bei § 306 BGB.
367
§305
2. Abschnitt: Schuldverhältnisse aus Verträgen
ausdrücklich vorzuschreiben. Eine solche allgemeine Vorschrift mache eine ihr entsprechende spezielle Vorschrift in Ansehung der aus der Auslobung entspringenden Schuldverpflichtungen entbehrlich. Zur Erwägung könnte nur noch gelangen, ob nicht in Betreff der letzteren nach Anleitung der im Protokolle vom 5. Juni d. J. mitgetheilten Vorschläge (S. 830) noch besondere Anordnungen am Platze seien, insbesondere in Beziehung auf die Eviktion und die Gewährleistung wegen Mängel der Sache. Aber auch diese Frage sei zu verneinen. Betreffend die Gewährleistung wegen Mängel, so dürfe nur nicht unbeachtet bleiben, daß, wo eine Verpflichtung aus einseitigem Versprechen zur Entstehung gelange, Wandelung und Minderung begriffsmäßig ausgeschlossen erscheinen, und daß die Entscheidung, ob und in welchem Umfange der Versprechende wegen Mängel hafte, davon abhänge, inwiefern er als Schenkgeber erscheine oder nicht, — eine Frage, die eine allgemeine I Prot I 836 Beantwortung nicht zulasse, weil ihre | richtige Lösung durch die Umstände des Falles bedingt werde. Die Annahme der §§ a und b des im Protokolle vom 2. Juni d. J. (S. 821) mitgetheilten Antrages werde es übrigens um so nöthiger machen, bei der Redaktion zu prüfen, ob nicht die Ueberschrift des Entwurfs: „Einseitiges Versprechen" zu streichen, der Ueberschrift des früheren Abschnitts: „Schuldverhältnisse aus Verträgen" hinzuzufügen sei „und aus einseitigem Versprechen" und ob sodann die obigen §§ a und b entweder an den Schluß oder an den Eingang der zu einem Abschnitte vereinigten beiden Abschnitte zu stellen seien. II., III., IV. Die beschlossene Regelung lautet in der ZustOR (KE, EI): ZustOR §31 a § 31 a. Das einseitige, nicht angenommene Versprechen ist unverbindlich, sofern KE § 340 nicht das Gesetz ein Anderes bestimmt. E I § 342 ZustOR § 31b KE § 341 E I § 343
§ 31 b. Wird ein einseitiges Versprechen von dem Gesetze als verbindlich anerkannt, so finden auf das daraus entstehende Schuldverhältniß die für Schuldverhältnisse aus Verträgen geltenden Grundsätze entsprechende Anwendung, soweit nicht das Gesetz ein Anderes bestimmt.
Β. Vorkommission des Reichsjustizamtes I. Es lagen die Anträge von Struckmann (Nr. 1, 84)7 und von Jacubezky (Nr. 5, 1) vor, die §§ 342 und 343 E I zu streichen. II. Es wurde beschlossen: „Die §§ 342, 343 wurden gestrichen, da man sie theils für überflüssig, theils (mit Goldscbmidt, Zusammenstellung Bd. II S. 107)8 für bedenklich hielt" (Prot.RJA S. 318). 7
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Der vollständige Antrag von Struckmann (Nr. 1, 84) lautet: 84. Die §§ 342, 343 zu streichen und unter der Ueberschrift „I. Form der Verträge" den § 350 Absatz 2 als § 342 und § 351 als § 343 hier einzuschalten (vgl. unten zu $ 350 und zu ξ 351). Für den Fall, daß die §§ 342, 343 beibehalten werden sollen, wird beantragt, aus dem 5 350 Absatz 2 und dem § 351 einen neuen Unterabschnitt „II. Form der Verträge" zu bilden. Goldschmidt, Zeitschrift für HR, 36, S. 134, hielt § 342 für überflüssig und zudem für schädlich, da er für eine gesunde Rechtsentwicklung eine Fesselung bilden könne.
368
1. Titel: Begründung. Inhalt des Vertrags
§305
C. 2. Kommission I. Anträge (Prot. II, Bd. 1, S. 4 4 7 - 4 4 8 , Mugdan, Bd. 2, S. 612 ff.) a) Zu § 342 lagen die Anträge vor: 1. die Bestimmung zu streichen ;
Struckmann (Nr 2,1)
2. unter Streichung des § 343 dem § 342 zu fassen: Das Versprechen einer Lei- v. Mandry stung bedarf der Annahme. (Nr 52, 1) Die Kom. entschied sich für Beibehaltung des § 342 unter Streichung der Worte „sofern nicht das Gesetz ein Anderes bestimmt"; der Antrag 2 wurde der RedKom zur Erwägung überwiesen. b) Zu § 343 lagen die Anträge vor: 1. die Bestimmung zu streichen;
Struckmann
2. für den Fall der Annahme derselben die Schlußworte „soweit nicht das Gesetz ein Anderes bestimmt" zu streichen. Die Kom. entschied sich für den Antrag 1, weil sie die Vorschrift des § 343 für selbstverständlich erachtete. II. In der VorlZust lautet die Regelung als § 342 : Ein Schuldverhältniß kann durch Vertrag zwischen den Parteien begründet werden. Oder: Das einseitige, nicht angenommene Versprechen ist unverbindlich. III. In der ZustRedKom lautet die Regelung als § 342: Das einseitige, nicht angenommene Versprechen ist unverbindlich.
2
' ^
E I-VorlZust S 342
E I-ZustRedKom S 342
IV. 1. Fassung der Bestimmung im E l l : 6. Titel. Einseitiges Versprechen. § 310. Aus einem einseitigen, nicht angenommenen Versprechen entsteht eine Verbindlichkeit nicht.
E II §310
2. Revision des E II (Prot. II, Bd. 6, S. 1 6 3 - 1 6 4 ; Mugdan, Bd. 2, S. 613) Zu § 310 lag der Antrag vor, statt desselben nachstehende Vorschrift als § 258 a Jacubezky aufzunehmen: (Nr 28, 5) Zur Begründung eines Schuldverhältnisses durch Rechtsgeschäft sowie zu einer Aenderung des Inhalts eines Schuldverhältnisses ist, soweit nicht das Gesetz ein Anderes vorschreibt, Vertrag zwischen den Betheiligten erforderlich. Zu dem Verzichte des Schuldners auf eine Einrede genügt einseitige Erklärung gegenüber dem Gläubiger 9 . Hierzu wurde während der Sitzung der Unterantrag gestellt, im Abs. 1 hinter dem Worte „Rechtsgeschäft" einzuschalten „unter Lebenden". Die Kom. beschloß, unter Streichung des § 310 den Abs. 1 des Antrags als § 258 a 1 0 einzustellen. Die Frage, ob nach dem Unterantrage hinter „Rechtsgeschäft" die Worte „unter Lebenden" und nach einer anderen Anregung hinter „Be9
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Die Begründung des Antrags zu § 258 a Abs. 2 ist in den Prot. II, Bd. 6, S. 164, 3. Absatz mitgeteilt. Damit gelangte der dem § 305 BGB entsprechende ξ 258 a Abs. 1 wieder an die ursprüngliche Stelle. 369
§306
2. Abschnitt: Schuldverhältnisse aus Verträgen
gründung" die Worte „und Aufhebung" eingeschaltet werden sollten, wurde als Fassungsfrage der RedKom überwiesen. Der Abs. 2 des Antrags wurde abgelehnt. V. Der § 299 E II rev (S 299 E III) stimmt mit § 305 BGB überein.
§306
Ein auf eine unmögliche Leistung gerichteter Vertrag ist nichtig.
A. 1. Kommission I. 72. Sitzung vom 24. 3. 1882, Schriftführer Neubauer I Prot I 557 | Zu § 1 des Entwurfes: TE-OR(Nrll) „Verträge über Leistungen, welche nicht möglich sind, welche den Gesetzen § 1 oder den guten Sitten widerstreiten, sind nichtig. Insbesondere sind Verträge über die Leistung von Sachen oder von Rechten an Sachen, welche dem Verkehr entzogen sind, nichtig." war beantragt: 1. den § zu streichen;
Planck (Nr 23, 1) Kurlbaum (Nr 27, 1)
2. den § 1 unter Streichung des § 107 des Allgemeinen Theils 1 zu fassen: „Eine Leistung, welche unmöglich ist, kann nicht Gegenstand eines Schuldverhältnisses sein. Das Versprechen einer Leistung, welche unmöglich oder durch Gesetz verboten ist, oder den guten Sitten widerspricht, ist nichtig." Kurlbaum so wie der fernere Antrag, den Inhalt des vorliegenden Abschnitts hinter § 1 des (Nr 27,11) Obligationenrechts dergestalt einzuschalten, daß in den einzelnen Bestimmungen nicht der Vertrag, sondern das Versprechen betont werde. I Prot I 558 | Beschlossen wurde zunächst zum ersten Absätze des § 1 : 1. Die nach Seite 213 der Protokolle zum § 107 des Entwurfs des Allgemeinen Theils beschlossene Vorschrift 2 , welche lautet: „Das Versprechen einer Leistung, welche unmöglich oder durch Gesetz verboten ist oder den guten Sitten widerspricht, ist nichtig." kommt in Wegfall. 2. Der erste Absatz des § 1 wird in der Fassung genehmigt: „Der Vertrag über eine Leistung, welche unmöglich oder durch Gesetz verboten ist, oder den guten Sitten widerspricht, ist nichtig." vorbehaltlich der bei der Redaktion zu erledigenden Frage, ob nicht statt: „über eine Leistung" zu setzen sei: „der auf eine Leistung gerichtet ist", oder „auf eine Leistung" oder: „worin eine Leistung versprochen ist." 1
Vgl. § 83 TE-AllgT (Materialien bei den ; 1134, 138 BGB). 2 Vgl. Anm. 1.
370
1. Titel: Begründung. Inhalt des Vertrags
§306
3. Im übrigen wird der Antrag zu 2 abgelehnt. Die Gründe waren: Die zum § 107 des Allgemeinen Theils beschlossene Vorschrift, welche sachlich mit dem ersten Absatz des § 1 harmonire und nur insofern weitergehe, als sie auf alle Rechtsgeschäfte sich beziehe, beschränke sich in der That nur auf obligatorische Rechtsgeschäfte, bei welchen allein von einem Leistungsversprechen die Rede sein könne; sie gehöre daher dem Obligationenrechte an; freilich passe sie auch für das einseitige obligatorische Versprechen, wenn dasselbe ausnahmsweise bindend sei; werde aber erwogen, daß in der Regel nur das akzeptirte Versprechen oder der Vertrag verbindliche Kraft habe, so verdiene es den Vorzug, die Bestimmung den Vorschriften über den obligatorischen Vertrag einzuverleiben, überhaupt in dem vorliegenden Abschnitte, so wie in allen ähnlichen Abschnitten, nur vom Vertrage zu reden, in dem Abschnitte über das einseitige Versprechen aber, so weit nöthig, klarzustellen, inwiefern auf das ausnahmsweise verbindliche einseitige Versprechen die Vorschriften über Verträge Anwendung fänden. (Vgl. Protokol-| le S. 469 | Prot I 559 oben) 3 . Ob und inwieweit im übrigen das dem Allgemeinen Theile des Obligationenrechts-Entwurfes in bezug auf Eintheilung und Anordnung zugrunde liegende System Billigung verdiene, — es waren in dieser Beziehung bei der Debatte von einer Seite Bedenken erhoben —, könne gegenwärtig nicht entschieden, sondern erst später, und keinesfalls vor Durchberathung des Allgemeinen Theils, der Prüfung unterzogen werden. In Ansehung des zweiten Absatzes des § 1, so wurde dessen Streichung beschlossen. Die Gründe des Beschlusses waren: Für diejenigen dem Verkehre entzogenen Sachen, welche durch die Natur der Dinge der menschlichen Verfügungsmacht entrückt seien, bedürfe es keiner Bestimmung; das auf solche Sachen sich beziehende Leistungsversprechen sei zweifellos wegen Unmöglichkeit der Leistung nach dem ersten Absätze nichtig. Aber auch hinsichtlich derjenigen Sachen, die dem Verkehre durch ein positives Gesetz, welches Verträge über sie zu schließen verbiete, entzogen erschienen, sei eine besondere Bestimmung entbehrlich, da die Nichtigkeit eines über sie abgeschlossenen Vertrages aus dem betreffenden Verbotsgesetze nicht minder zweifellos hervorgehe. Es erübrigten die Sachen, welche zum öffentlichen Gebrauche bestimmt seien und, mindestens nach dem modernen Rechte, nur solche Verträge nicht zuließen, wodurch diese ihre Bestimmung, solange dieselbe auf dem durch das öffentliche Recht bestimmten Weg nicht aufgehoben sei, beeinträchtigt werde, wohin insbesondere die öffentlichen Wege, Straßen und Plätze gehörten. Bei diesen Sachen zeige sich das Eigenthümliche, daß solche Verträge über sie geschlossen werden könnten, deren Erfüllung die erwähnte Bestimmung unberührt lasse. Sei das Gegentheil der Fall, so liege juristische Unmöglichkeit der Leistung vor, so daß der erste Absatz des § 1 an- | wendbar | Prot I 560 werde. Freilich könne sich die Frage erheben, ob die Nichtigkeit wegen Unmöglichkeit der Leistung auch dann anzunehmen sei, wenn die Parteien die beschränkte Verkehrsunfähigkeit nicht gekannt hätten. Lege man den Nachdruck auf die nicht zu leugnende juristische Unmöglichkeit der Leistung, so sei unverkennbar die Frage zu bejahen. Verneint könne sie nur werden, wenn das Hauptgewicht auf den Umstand gelegt werde, daß das Hinderniß durch obrigkeitliche oder behördliche Anordnung gehoben werden könne, demzufolge der Fall demjenigen verwandt zu sein scheine, in welchem über Sachen und Rechte eines Dritten kontrahirt sei. Es bestehe aber kein Bedürfniß, die Frage durch eine positive Bestimmung zu lösen,
3
Abgedruckt bei § 305 BGB. 371
§306
2. Abschnitt: Schuldverhältnisse aus Verträgen
zumal die letztere Auffassung, wie die Mehrheit annahm, wegen der Verschiedenheit der Fälle unbegründet sei, indem, wenn über fremdes Gut kontrahirt sei, eine objektive Leistungsunmöglichkeit nicht vorliege. Anlangend aber den Fall, wenn über die fraglichen Sachen kontrahirt sei in Rücksicht auf die Möglichkeit der Beseitigung des Hindernisses, so erledige sich derselbe durch $ 4 des Entwurfes. II., III. 1. In der ZustOR und im / Œ lautet die Regelung als § 32 (§ 342 KE): ZustOR § 32 I s t ein Vertrag auf eine Leistung gerichtet, welche unmöglich oder durch GeKE 342 setz verboten ist oder den guten Sitten widerspricht, so ist derselbe nichtig. 2. Aufgrund eines Antrags von Gebhard (Nr. 622, 1) (Prot. I, S. 11865 Begründung des Antrags bei § 309 BGB) wurden auf Beschluß der 1. Kommission die Worte „oder den guten Sitten widerspricht" ersetzt durch „oder welche gegen die guten Sitten verstößt" (Prot. I, S. 11866).
EI § 344
IV. Im E /lautet die Regelung als § 344: Ist ein Vertrag auf eine Leistung gerichtet, welche unmöglich oder durch Gesetz verboten ist oder welche gegen die guten Sitten verstößt, so ist derselbe nichtig-
B. Vorkommission des Reichsjustizamtes I. Beantragt war: Struckmann (Nr 1, 85)
1. Den § 344 zu fassen: Ein auf eine unmögliche Leistung gerichteter Vertrag ist nichtig.
Jacubezky (Nr 5, 1)
2. Die §§ 342, 343, 344 zu streichen. II. 51. Sitzung vom 22. 9. 1891
I ProtRJA 318
I 3. Der § 344 wurde sachlich nicht beanstandet. Nur erschien mit Rücksicht auf die beschlossene erweiterte Fassung der §§ 105 und 106 (vgl. Protokolle der Kommission S. 256 —258)4 die Erwähnung der auf eine gesetzlich verbotene oder sittenwidrige Leistung gerichteten Verträge entbehrlich. Soweit die Vorschrift die unmögliche Leistung betrifft, hielt man sie, einem Streichungsantrage gegenüber, für nicht überflüssig und die Beibehaltung auch im E I-RJA Interesse der Deutlichkeit des Gesetzes für zweckmäßig. Die Fassung wurde dahin S 344 festgestellt: „Ein auf eine unmögliche Leistung gerichteter Vertrag ist nichtig."
C. 2. Kommission I. Zu § 344 E I war beantragt (Prot. II, Bd. 1, S. 448; Mugdan, Bd. 2, S. 614): Struckmann (Nr 2, 2)
1. die Fassung des § 344 E I-RJA;
4
Prot. II, Bd. 1, S. 122— 123.
372
1. Titel: Begründung. Inhalt des Vertrags
§307
2. die Bestimmung zu streichen r,
a
Jacubezky
j
(Nr 46, 1)
Der Antrag 1 wurde angenommen. II., III., IV. § 344 E I-VorlZust, §344 Abs. 1 E I-ZustRedKom, §259 Abs. 1, E II, § 300 E II rev, § 300 E III lauten wie § 306 BGB.
§ 307
Wer bei der Schließung eines Vertrags, der auf eine unmögliche Leistung gerichtet ist, die Unmöglichkeit der Leistung kennt oder kennen muß, ist zum Ersätze des Schadens verpflichtet, den der andere Theil dadurch erleidet, daß er auf die Gültigkeit des Vertrags vertraut, jedoch nicht über den Betrag des Interesses hinaus, welches der andere Theil an der Gültigkeit des Vertrags hat. Die Ersatzpflicht tritt nicht ein, wenn der andere Theil die Unmöglichkeit kennt oder kennen muß. Diese Vorschriften finden entsprechende Anwendung, wenn die Leistung nur theilweise unmöglich und der Vertrag in Ansehung des möglichen Theiles gültig ist oder wenn eine von mehreren wahlweise versprochenen Leistungen unmöglich ist.
A. 1. Kommission I. 72. Sitzung vom 24. 3. 1882, Schriftführer Neubauer |Zu dem § 2 des Entwurfes lag ein Antrag vor, diesen hinter § 3 zu setzen 1 . Es I Prot I 560 Windscheid wurde daher beschlossen, erst den § 3 zu erledigen. (Nr 25, 1)
Zu § 3 des Entwurfes, welcher lautet: „Hat derjenige, welcher die Leistung einem Anderen versprochen hat, deren TE-OR (Nr 11) Unmöglichkeit gekannt oder beruhte seine Unkenntniß auf grober Fahrlässigkeit, § 3 so haftet er dem Anderen, wenn dieser die Unmöglichkeit weder kannte noch kennen mußte, für Schadenersatz." war beantragt: 1. das Wort „grober" vor „Fahrlässigkeit" zu streichen; 2. den § 3 dahin zu fassen: I „Hat derjenige, welcher eine unmögliche Leistung einem Anderen versprochen hat, deren Unmöglichkeit gekannt, oder beruhte seine Unkenntniß auf Fahrlässigkeit, so haftet er dem Anderen auf Schadensersatz nach Maßgabe des § 74 Absatz 3 des Allgemeinen Theils 2 (d. h. nach der zu § 95 Absatz 2 des Entwurfs des Allg. Th. Protok. S. 174 bis 176, 183, 188, 189 beschlossenen Vorschrift). Die Haftung tritt nicht ein, wenn der Andere die Unmöglichkeit kannte oder kennen mußte." 1
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Vgl. Materialien zu $ 308 BGB. — Von Planck lag noch folgender Antrag vor: „Die §§ 3 bis 6 in den Allgemeinen Theil zu setzen, die §§ 3 bis 5 hinter §§ 83, den § 6 hinter § 85 oder § 86". (Vgl. §§ 134, 138 BGB.) Vgl. SS 118, 122 BGB. 373
Windscheid (Nr 25, 2) Planck (Nr 23, 2) I Prot 1561
§307 Kurlbaum (Nr 27, 3)
2. Abschnitt: Schuldverhältnisse aus Verträgen
3. den § 3 zu fassen: „Hat derjenige, welcher einem Anderen eine unmögliche Leistung oder für eine unmögliche Leistung eine Gegenleistung versprochen hat, die Unmöglichkeit gekannt oder beruhte seine Unkenntniß auf Fahrlässigkeit, so haftet er dem Anderen auf Schadensersatz, jedoch nicht über den Betrag der versprochenen Gegenleistung oder über denjenigen Betrag hinaus, den er bei Voraussetzung der Gültigkeit des Versprechens wegen Nichterfüllung desselben zu erstatten gehabt hätte. Die Haftung tritt nicht ein, wenn der Andere die Unmöglichkeit kannte oder kennen mußte."
Der Antrag zu 1 wurde zu Gunsten des Antrags zu 2 zurückgezogen, der Antrag zu 2 angenommen, der Antrag zu 3 aber, soweit er sachlich über den Antrag zu 2 hinausgeht, das heißt auch diejenige Partei für haftbar erklärt, welche wissentlich usw. für eine unmögliche Leistung eine mögliche Gegenleistung versprochen hat, abgelehnt, jedoch der Prüfung bei der Redaktion vorbehalten, ob nicht in Ansehung der Fassung dem Antrage zu 3 zu folgen sei. Die Gründe der Beschlüsse waren: Der Entwurf und die Anträge beruhten auf dem Prinzipe, daß auch derjenige, welcher wissentlich oder aus grober FahrlässigI Prot I 562 keit eine unmögliche Leistung versprochen habe, nur | das negative, und niemals das Erfüllungs-Interesse zu leisten habe. Gegen das Prinzip ließen sich gerechte Bedenken erheben, welche um so gewichtiger erschienen, als die zu § 95 des Entwurfs des Allgemeinen Theils nach Seite 174 bis 176, 183, 188, 189 der Protokolle gefaßten Beschlüsse, (welche in den Anträgen zu 2 und 3 zur Richtschnur genommen sind) eine andere Entscheidung zu rechtfertigen schienen. Allein in Betracht komme, daß in vielen Fällen der absoluten Unmöglichkeit das positive oder Erfüllungs-Interesse keine Bedeutung habe und daß es nur angemessen sei, von diesen Fällen als den Normalfällen bei der Bestimmung der Regel auszugehen. Die im Antrage zu 3 vorgeschlagene Ausdehnung der Regel sei nur haltbar, wenn man für die Vertretung der culpa in contrahendo in der größten Ausdehnung entscheide und ob eine solche weittragende Entscheidung sich rechtfertigen lasse, mindestens vorläufig — auf sich beruhen 3 . musse T E - O R (Nr 11)
§2
Planck (Nr 23,1) Kurlbaum (Nr 27, 2) Windscheid (Nr 25, 1)
Zu § 2 des Entwurfs : „Im Falle nur theilweiser Unmöglichkeit der Vertragsleistung ist der Vertrag nichtig, wenn anzunehmen ist, daß ohne die Voraussetzung der Möglichkeit der ganzen Leistung der Vertrag nicht geschlossen worden wäre."
war von mehreren Seiten die Streichung beantragt worden, ferner aber war beantragt, den § 2 in folgender Fassung hinter § 3 zu setzen : „Im Fall theilweiser Unmöglichkeit der Leistung besteht der Vertrag für den möglichen Theil, wenn anzunehmen ist, daß er bei Kenntniß der Unmöglichkeit auf diesen Theil abgeschlossen worden sein würde. Gegenseitige Verträge verpflichten den Vertragschließenden, welcher die theilweise Unmöglichkeit gekannt I Prot I 563 hat, wenn der Gegner sie nicht gekannt hat, zur Erfüllung beziehungs- | weise zur Leistung des Erfüllungsinteresse." Es wurde unter Ablehnung des letztgedachten Antrages die Streichung beschlossen. Die Gründe waren: Der § 2 sei wegen der nach Seite 276 der Protokolle4 für den allgemeinen Teil beschlossenen Vorschrift: 3 4
Vgl. unten unter II 2. Vgl. die Materialien bei \ 139 BGB.
374
1. Titel: Begründung. Inhalt des Vertrags
§307
„Trifft der Grund der Ungültigkeit nur einen Theil eines Rechtsgeschäfts, so ist das ganze Rechtsgeschäft ungültig, sofern nicht erhellt, daß dasselbe auch ohne die ungültige Bestimmung gewollt sein würde." entbehrlich, der gestellte Antrag aber, soweit er es bei jener Vorschrift nicht belassen wolle, sondern eine zusätzliche Bestimmung vorschlage, wegen der Nichtübereinstimmung der letzteren mit dem Prinzipe des § 3 in der vorliegenden Fassung und an dieser Stelle nicht zu billigen. Es schließe dies nicht aus, in dem Abschnitte über Gewährleistung auf die Frage zurückzukommen, ob und inwiefern die Vorschriften über fehlerhafte und mangelhafte Leistungen auch auf unvollständige Leistungen auszudehnen seien. Bei der Debatte war übrigens die Mehrheit der Ansicht, die oben mitgeteilte Vorschrift sei so zu verstehen, daß das Rechtsgeschäft zum Theil in der Weise als dem Willen der Parteien entsprechend aufrechterhalten werden könne, daß eine verhältnißmäßige Minderung der Gegenleistung für die Theilleistung erfolge. Ob nicht der gedachte Beschluß in diesem Sinne zu verdeutlichen sei, soll bei der Redaktion geprüft werden. II. 1. In der ZustOR lautet die beschlossene Regelung als: § 33. Hat derjenige, welcher eine unmögliche Leistung einem Anderen verspro- ZustOR § 33 chen hat, die Unmöglichkeit gekannt oder beruhte seine Unkenntniß der Unmöglichkeit auf Fahrlässigkeit, so haftet er dem Anderen für Schadensersatz, jedoch in keinem Falle über den Betrag hinaus, welchen er bei Voraussetzung der Gültigkeit des Vertrages wegen Nichterfüllung der daraus entstandenen Verpflichtung* zu erstatten gehabt hätte. Die Haftung tritt nicht ein, wenn der Andere die Unmöglichkeit kannte oder kennen mußte. (* Die Worte: „der daraus entstandenen Verpflichtung" sind hier aufgenommen, weil sie auch in § 74 der Zusammenstellung der Beschlüsse zum Allgemeinen Theil 5 stehen. Sie werden künftig in beiden Paragraphen als entbehrlich zu streichen sein.) 2. Es lag der Antrag vor, | in Veranlassung der Bemerkungen S. 8 des Mate- | Prot 12391 rials 6 , dem § 33 ZustOR folgende allgemeine Fassung zu geben: „Hat bei dem auf eine Planck unmögliche Leistung gerichteten Vertrage der eine Vertragsschließende die Un- (Nr 434, 1) möglichkeit gekannt oder beruhte seine Unkenntniß der Unmöglichkeit auf Fahrlässigkeit, so haftet er dem Anderen für Schadensersatz, jedoch in keinem Falle über den Betrag hinaus, welchen er bei Voraussetzung der Gültigkeit des Vertrages wegen Nichterfüllung der daraus entstandenen Verpflichtung zu erstatten gehabt hätte. Die Haftung tritt nicht ein, wenn der Andere die Unmöglichkeit kannte oder kennen mußte." eventuell hinter Art. 687 oder besser wohl unter Artikel 705 7 folgenden § einzuschalten: „War der Auftragsvertrag nach Maßgabe des § 32 ZustOR nichtig, so finden die Vorschriften der §§ 33 und 35 auch rücksichtlich der Haftung des Auftraggebers gegenüber dem Beauftragten entsprechende Anwendung".
5 Vgl. S 122 BGB. Die Bemerkungen befassen sich mit der Frage, wie der auf eine von Anfang an unmögliche Leistung gerichteter Auftrag zu behandeln ist. 7 Art. 687 und 705 Dresd.E. sind Bestimmungen des Auftragsrechts, die als Beratungsgrundlage dienten. 6
375
§307
2. Abschnitt: Schuldverhältnisse aus Verträgen
Der prinzipale Vorschlag fand die Billigung der Mehrheit. Man hatte erwogen: Nach S. 562 der Protokolle sei ein ähnlicher Vorschlag früher abgelehnt, jedoch nur vorläufig, weil für bedenklich erachtet worden, über die culpa in contrahendo einen prinzipiellen Beschluß zu fassen. Gegenwärtig lasse sich übersehen, daß ein I Prot I 2392 solcher prinzipieller Beschluß nicht am Platze sei, vielmehr | es hinsichtlich der zu prästirenden culpa in contrahendo bei speziellen Vorschriften bewenden müsse. Von diesem Standpunkte aus empfehle sich aber die vorgeschlagene Vervollständigung des § 33, wie gerade die Berücksichtigung des Mandatsfalls überzeugend lehre; inkonsequent würde es sein und nur zur Kasuistik führen, die Vorschrift auf den letzteren Fall zu beschränken. Einverständniß bestand, daß die beschlossene Vervollständigung auch für den den § 33 allegirenden § 35 8 gelte. In Bezug hierauf gab die Ausführung S. 9 und 10 des Materials 9 zu der Erinnerung Anlaß, es sei dabei übersehen, daß bei Ertheilung eines Auftrags, dessen Vollziehung, für sich betrachtet, erlaubt erscheine, aber unerlaubt würde, wenn der Beauftragte nachträglich eine Thatsache erfahre, deren Kenntniß die Ausführung des Auftrags nicht gestatte, weil der Beauftragte unerlaubt handeln würde, die Vorschriften über die von einer Partei verschuldete nachträgliche Unmöglichkeit der Erfüllung anwendbar werden könnten und daß unter „verbotswidrig" im Sinne des § 35 jedenfalls auch derjenige Vertrag zu verstehen sei, in welchem eine durch'Gesetz verbotene Leistung versprochen worden (§ 32). ZustOR § 33
3. Die revidierte Fassung des § 33 ZustOR lautet: Hat bei dem Abschlüsse eines Vertrags, in welchem eine unmögliche Leistung versprochen worden ist, der eine Vertragsschließende die Unmöglichkeit gekannt, usw. (wie § 33 ZustOR).
v.Weber 4. Zu § 33 ZustOR stellte ». Weber (Nr 561, 3, Prot. I, S. 3262) den Antrag: (Nr 561, 3) „Die Worte „der daraus entstandenen Verpflichtung" sind hier entbehrlich, auch wenn sie in § 74 des Allgemeinen Theils aus den zu diesem § von mir geltend gemachten Gründen stehenbleiben. Die „Nichterfüllung eines Vertrags" bezieht sich von selbst auf die daraus entstandene Verpflichtung, während in § 74 die Worte „Nichterfüllung", auf „Willenserklärung" bezogen, der Erläuterung bedürfen." Der Antrag wurde von der 1. Kommission angenommen (Prot. I, S. 3273). b) die Note zu § 33 wurde gestrichen (vgl. Prot. I, S. 3277) c) Die Worte „zu erstatten gehabt hätte" wurden auf Antrag (Prot. I, S. 3294) 10 ersetzt durch „zu ersetzen gehabt hätte". 8 9
10
Vgl. § 309 BGB. In den Materialien zum Auftragsrecht heißt es u. a. (S. 9) : „Hinsichtlich der unerlaubten Aufträge dürfte im wesentlichen dieselbe Beurtheilung eintreten zu haben, wie bei den von Anfang an unmöglichen" (Hinweise auf §§ 32, 33, 35 ZustOR und 84 f ZustAT). — Weiter heißt es dann: „Die Frage nach der Rechtslage des Beauftragten, welcher, ohne es zu wissen oder wissen zu müssen, einen Auftrag angenommen und ausgeführt hat, der seinem Inhalte nach gegen die guten Sitten oder die öffentliche Ordnung verstößt, oder der eine durch Gesetz verbotene oder den guten Sitten widersprechende Handlung zum Gegenstande hat, ist auch hier noch eine offene oder doch nicht direkt entschiedene. So sehr man auch geneigt sein mag, dem Beauftragten unter solchen Verhältnissen die actio contraria zuzusprechen, so dürfte dies doch in Ermangelung einer besonderen Vorschrift kaum angängig sein." Als Beispiele führt der Verf. an: Kauf einer gestohlenen Sache, Feilhalten von Gift, Übermittlung von Geld an einen Beamten, das Bestechungszwecken dienen soll. Der Antrag stammt vom Redaktionsausschuß (vgl. ZustOR, S. 283).
376
1. Titel: Begründung. Inhalt des Vertrags
§307
III. 1. Die Regelung lautet als § 343 KE: Hat bei dem Abschlüsse eines Vertrages in welchem eine unmögliche Leistung KE § 343 versprochen worden ist, der eine Vertragsschließende die Unmöglichkeit gekannt, oder beruhte seine Unkenntniß auf Fahrlässigkeit, so haftet er dem Anderen für Schadensersatz, jedoch in keinem Falle über den Betrag hinaus, welchen er bei Voraussetzung der Gültigkeit des Vertrages wegen Nichterfüllung zu ersetzen gehabt hätte. Die Haftung tritt nicht ein, wenn der Andere die Unmöglichkeit kannte oder kennen mußte. 2. Wegen der Änderungen bei der Revision des KE wurde auf die Materialien zu § 265 BGB unter A. III. verwiesen. 3. Ferner wurde auf Antrag von v. Schmitt (Nr. 611, Nr. 1, Prot. I, S. 11791) in § 343 Abs. 1 KE der Ausdruck „Abschluß" mit „Schließung" vertauscht. IV. Im E /lautet die Regelung als § 345: Hat bei der Schließung eines Vertrages, in welchem eine unmögliche Leistung E I § 345 versprochen worden ist, der eine Vertragschließende die Unmöglichkeit gekannt, oder beruhte seine Unkenntniß der Unmöglichkeit auf Fahrlässigkeit, so haftet er dem anderen Vertragschließenden für Schadensersatz, jedoch in keinem Falle über den Betrag hinaus, welchen er bei Voraussetzung der Gültigkeit des Vertrages wegen Nichterfüllung zu ersetzen gehabt hätte. Die Haftung tritt nicht ein, wenn der andere Vertragschließende die Unmöglichkeit kannte oder kennen mußte. Die Vorschriften des ersten Absatzes finden entsprechende Anwendung, wenn die versprochene Leistung nur theilweise oder wenn eine von mehreren wahlweise versprochenen Leistungen unmöglich ist, der Vertrag aber im Uebrigen nach Maßgabe des § 114 oder des S 211 Abs. 1 gültig ist.
B. Vorkommission des Reichsjustizamtes I. Beantragt war: 1. Den § 345 zu fassen: „Wenn bei der Schließung eines auf eine unmögliche Struckmann Leistung gerichteten Vertrages der eine Theil die Unmöglichkeit der Leistung (Nr 1, 86) kannte oder kennen mußte, so ist er dem anderen Theile zum Ersätze des Schadens verpflichtet, welchen er dadurch erleidet, daß er auf die Gültigkeit des Vertrages vertraut hat, jedoch in keinem Falle über den Betrag hinaus, welcher bei Voraussetzung der Gültigkeit des Vertrages wegen Nichterfüllung desselben zu ersetzen sein würde. Die Haftung tritt nicht ein, wenn der andere Theil die Unmöglichkeit kannte oder kennen mußte." 2. Den § 345 in folgender Fassung hinter den § 357 zu versetzen: Jacubezky Hat in einem Vertrage der eine Theil eine unmögliche Leistung versprochen, (Nr 5, 2) deren Unmöglichkeit ihm bekannt war oder nach dem Inhalte seiner Vertragserklärung als ausgeschlossen gelten mußte, so ist er dem anderen Theile zum Ersätze des Schadens verpflichtet, welchen er dadurch erleidet, daß er auf die Gültigkeit des Vertrages vertraut hat, jedoch in keinem Falle über den Betrag hinaus, welchen er bei Voraussetzung der Gültigkeit des Vertrages wegen Nichterfüllung zu ersetzen gehabt hätte. Die Haftung tritt nicht ein, wenn der andere Theil die Unmöglichkeit kannte oder kennen mußte. 377
§307
2. Abschnitt: Schuldverhältnisse aus Verträgen
Ist die Leistung in Folge eines Ereignisses unmöglich geworden, von dessen Eintritt der Versprechende bei Schließung des Vertrages keine Kenntniß hatte, so tritt die Schadensersatzpflicht nur ein, wenn der andere Theil nach den Umständen des Falles darauf vertrauen durfte, daß das Ereigniß dem Versprechenden bekannt sein mußte. Planck (Nr 6, 1)
3. Den § 345 zu fassen: „Hat bei der Schließung Fahrlässigkeit, so ist er verpflichtet, dem anderen Vertragschließenden den Schaden zu ersetzen, welchen derselbe dadurch erleidet, daß er auf die Gültigkeit des Vertrages vertraut hat, jedoch nicht über den Betrag des Interesses hinaus, welches er an der Gültigkeit des Vertrages hat. Die Schadensersatzpflicht tritt nicht ein, wenn auch der andere Vertragschließende die Unmöglichkeit kannte oder kennen mußte." — Abs. 2 wie Abs. 2 des § 345 des Entwurfs. II. 51. Sitzung vom 22. 9. 1891
I ProtRJA 318
| 4. Der § 345 wurde inhaltlich gebilligt, insbesondere hielt man an dem Erforderniß des Verschuldens für den in § 345 Abs. 1 gewährten Schadensersatzanspruch sowie an der Gleichstellung beider Vertragschließenden einem abweichenden Antrage gegenüber fest. Auch der Anregung, den Abs. 2 zu streichen, wurde nicht Folge gegeben, da man denselben für nicht entbehrlich erachtete. Die Bestimmung erhielt nachstehende Fassung: E I-RJA „Wenn bei der Schließung eines auf eine unmögliche Leistung gerichteten Ver§ 345 trags der eine Theil die Unmöglichkeit der Leistung kannte oder kennen mußte, so ist er dem anderen Theile zum Ersätze des Schadens verpflichtet, welchen dieser dadurch erleidet, daß er auf die Gültigkeit des Vertrags vertraut hat, jedoch nicht über den Betrag hinaus, welcher bei Voraussetzung der Gültigkeit des Vertrags wegen Nichterfüllung desselben zu ersetzen sein würde. Die Haftung tritt nicht ein, wenn der andere Theil die Unmöglichkeit kannte oder kennen mußte. Das Gleiche gilt, wenn die versprochene Leistung nur theilweise oder wenn eine von mehreren wahlweise versprochenen Leistungen unmöglich, der Vertrag aber im Uebrigen gültig ist."
C. 2. Kommission I. Zu § 345 war beantragt (Prot. II, Bd. 1, S. 4 5 0 - 4 5 1 ; Mugdan, Bd. 2, S. 615): 1. den § 345 zu fassen: Struckmann Wenn bei der Schließung eines auf eine unmögliche Leistung gerichteten Ver(Nr 2, 3) trags der eine Theil die Unmöglichkeit der Leistung kannte oder kennen mußte, so ist er dem anderen Theile zum Ersätze des Schadens verpflichtet, welchen dieser dadurch erleidet, daß er auf die Gültigkeit des Vertrags vertraut hat, jedoch nicht über den Betrag des Interesses hinaus, welches er an der Gültigkeit des Vertrags hat. Die Haftung tritt nicht ein, wenn der andere Theil die Unmöglichkeit kannte oder kennen mußte. Das Gleiche gilt, wenn die versprochene Leistung nur theilweise oder wenn eine von mehreren wahlweise versprochenen Leistungen unmöglich, der Vertrag aber gültig ist. 378
1. Titel: Begründung. Inhalt des Vertrags
§307
2. an Stelle des § 345 a) folgende Bestimmungen aufzunehmen: Hat in einem Vertrage der eine Theil eine unmögliche Leistung versprochen, deren Unmöglichkeit ihm bekannt war oder nach dem Inhalte seiner Vertragserklärung als ausgeschlossen gelten mußte, so ist er dem anderen Theile zum Ersätze des Schadens verpflichtet, welchen dieser dadurch erleidet, daß er auf die Möglichkeit der Leistung vertraut hat, jedoch nicht über den Betrag des Interesses hinaus, welches der andere Theil an der Möglichkeit der Leistung hat. Die Haftung tritt nicht ein, wenn der andere Theil die Unmöglichkeit kannte oder kennen mußte. (Oder:
Jacubezky (Nr 46, 2)
b) Hat in einem Vertrage der eine Theil eine unmögliche Leistung versprochen, so ist er dem anderen Theile zum Ersätze des Schadens verpflichtet, welchen dieser dadurch erleidet, daß er auf die Wirksamkeit des Vertrags vertraut hat, jedoch nicht über den Betrag des Interesses hinaus, welches der andere Theil an der Wirksamkeit des Vertrags hat. Die Haftung tritt nicht ein, wenn der Versprechende die Unmöglichkeit nicht kannte und nicht kennen mußte oder wenn der andere Theil sie kannte oder kennen mußte.) Dittmar 3. den Abs. 1 des § 345 durch folgende Vorschriften zu ersetzen: Wer in einem Vertrag eine unmögliche Leistung versprochen hat, ist verpflich- (Nr 53) tet, dem anderen Theile den Schaden zu ersetzen, welchen dieser dadurch erleidet, daß er in entschuldbarer Unkenntniß der Unmöglichkeit auf die Gültigkeit des Vertrags vertraut hat, jedoch nicht über den Betrag des Interesses hinaus, welches er an der Gültigkeit des Vertrags hat. Zu gleichem Schadensersatz ist der Vertragschließende, welchem eine Leistung, deren Unmöglichkeit er kannte oder kennen mußte, versprochen worden ist, gegenüber dem Versprechenden verpflichtet, wenn dieser die Unmöglichkeit entschuldbarer Weise nicht gekannt hat.
Im Laufe der Berathung wurde der Antrag 2 a von dem Antragsteller zu Gunsten des Antrags 3 mit der Maßgabe zurückgezogen, daß die Regelung der Beweislast im Anschluß an den Entw. und den Antrag 1 erfolgen solle; der Antrag 2 b wurde fallen gelassen. Die Kom. beschloß die Annahme des Antrags 1 ; sie überwies den sachlich abgelehnten Antrag 3 aus dem formellen Gesichtspunkt an die RedKom, weil man es für übersichtlicher hielt, die Haftung des Versprechenden und des Empfängers nicht gemeinschaftlich, sondern in getrennten Bestimmungen zu ordnen. IV. In der VorlZust lautet die Regelung als ξ 345 : Wenn bei der Schließung eines auf eine unmögliche Leistung gerichteten Ver- E I-VorlZust träges der eine Theil die Unmöglichkeit der Leistung kannte oder kennen mußte, S 345 so ist er dem anderen Theile zum Ersätze des Schadens verpflichtet, welchen dieser dadurch erleidet, daß er auf die Gültigkeit des Vertrages vertraut hat, jedoch nicht über den Betrag des Interesses hinaus, welches er an der Gültigkeit des Vertrages hat. Die Haftung tritt nicht ein, wenn der andere Theil die Unmöglichkeit kannte oder kennen mußte. Das gleiche gilt, wenn die versprochene Leistung nur theilweise oder wenn eine von mehreren wahlweise versprochenen Leistungen unmöglich, der Vertrag aber gültig ist. 379
§308 E I-ZustRedKom § 344 Abs 2,3
2. Abschnitt: Schuldverhältnisse aus Verträgen
III. Fassung der Regelung in der ZustRedKom als § 344 Abs. 2, 3 : H a t bei Schließung des Vertrags der eine Theil die Unmöglichkeit der Leistung gekannt oder kennen müssen, so ist er zum Ersätze des Schadens verpflichtet, welchen der andere Theil dadurch erleidet, daß er auf die Gültigkeit des Vertrages vertraut hat, jedoch nicht über den Betrag des Interesses hinaus, welches er an der Gültigkeit des Vertrags hat. Die Haftung tritt nicht ein, wenn der andere Theil die Unmöglichkeit kannte oder kennen mußte. Die Vorschriften des Absatz 2 finden entsprechende Anwendung, wenn die versprochene Leistung nur theilweise unmöglich und gleichwohl der Vertrag gültig ist, oder wenn eine von mehreren wahlweise versprochenen Leistungen unmöglich ist.
IV. Fassung der Regelung im E II als § 259 Abs. 2, 3: E II J 259 H a t bei der Schließung des Vertrags der eine Theil die Unmöglichkeit der LeiAbs 2, 3 stung gekannt oder kennen müssen, so ist er zum Ersätze des Schadens verpflichtet, welchen der andere Theil dadurch erleidet, daß er auf die Gültigkeit des Vertrags vertraut hat, jedoch nicht über den Betrag des Interesses hinaus, welches derselbe an der Gültigkeit des Vertrags hat. Die Schadensersatzpflicht tritt nicht ein, wenn der andere Theil die Unmöglichkeit kannte oder kennen mußte. Die Vorschriften des Abs. 2 finden entsprechende Anwendung, wenn die versprochene Leistung nur theilweise unmöglich und der Vertrag in Ansehung des möglichen Theiles gültig ist oder wenn eine von mehreren wahlweise versprochenen Leistungen unmöglich ist. V. § 301 E II rev (S 301 £ III) entspricht § 307 BGB.
§308 Die Unmöglichkeit der Leistung steht der Gültigkeit des Vertrags nicht entgegen, wenn die Unmöglichkeit gehoben werden kann und der Vertrag für den Fall geschlossen ist, daß die Leistung möglich wird. Wird eine unmögliche Leistung unter einer anderen aufschiebenden Bedingung oder unter Bestimmung eines Anfangstermins versprochen, so ist der Vertrag gültig, wenn die Unmöglichkeit vor dem Eintritte der Bedingung oder des Termins gehoben wird.
A. 1. Kommission 73. Sitzung vom 27. 3. 1882, Schriftführer Neubauer I Prot I 565 ^
j 4
| Zu § 4 des Entwurfes : „Ueber nicht vorhandene Sachen können für den Fall ihrer möglichen Entstehung, desgleichen über Sachen und Handlungen, bei welchen der Wegfall des Hindernisses möglich ist, wegen dessen eine sie betreffende Leistung nicht Gegenstand eines Vertrages sein kann, für den Fall jenes Wegfalls Verträge giltig geschlossen werden. Auch wenn der Vertrag unter einer aufschiebenden Bedingung anderer 380
1. Titel: Begründung. Inhalt des Vertrags
308
Art geschlossen wird, ist derselbe dann giltig, wenn d a s z u r Zeit der Vertragsschließung bestandene Hinderniß zur Zeit des Eintritts der Bedingung weggefallen ist." lagen die Anträge v o r : 1. den § 4 zu f a s s e n : „Ist eine unmögliche Leistung unter einer aufschiebenden B e d i n g u n g versprochen, s o wird das V e r s p r e c h e n gültig, wenn die Leistung z u r Zeit des Eintritts der B e d i n g u n g oder in der Zwischenzeit möglich g e w o r d e n ist."
Kurlbaum (Nr 27 > 4 )
2. z u bestimmen: „ D e r auf eine unmögliche Leistung gerichtete V e r t r a g ist gültig, wenn er unter einer aufschiebenden B e d i n g u n g abgeschlossen ist, er wird ungültig, wenn z u r Zeit des Eintritts der B e d i n g u n g die Unmöglichkeit fortbesteht." I (Eventuell h i n z u z u f ü g e n : „Ist die B e d i n g u n g auf A u f h ö r e n der U n m ö g l i c h k e i t gestellt, so ist der V e r t r a g gültig, wenn d a s A u f h ö r e n möglich ist.")
Windscheid (Nr 25, 3)
| Prot I 566
3. den S a t z 2 des § 4 zu f a s s e n : „Wird ein V e r t r a g , welcher auf eine Leistung d e r vorbezeichneten B e s c h a f f e n heit gerichtet ist, unter einer anderweiten aufschiebenden B e d i n g u n g geschlossen, so ist der V e r t r a g gültig, die Wirksamkeit desselben aber davon abhängig, daß z u r Zeit der Erfüllung der B e d i n g u n g das Hinderniß w e g g e f a l l e n ist." D e r Antrag z u 2 w u r d e zugunsten des Antrags z u 3 z u r ü c k g e z o g e n , der A n t r a g zu 1 dahin berichtigt, daß die W o r t e : „ s o w i r d " ersetzt w u r d e n durch die W o r t e : „ s o ist". Beschlossen w u r d e : 1. die A n n a h m e des ersten S a t z e s des § 4 des Entwurf e s ; 2. die A n n a h m e des Antrags z u 3 an Stelle des zweiten S a t z e s des E n t w u r f e s , j e d o c h mit der A b w e i c h u n g , daß die W o r t e „ z u r Z e i t " ersetzt wurden durch die W o r t e „bis zur Zeit". D i e leitenden E r w ä g u n g e n w a r e n : D i e Unmöglichkeit der Leistung k ö n n e eine absolute, aber auch nur eine hypothetische oder nicht d a u e r n d e sein. D e r erste S a t z des § | 4 stelle außer Zweifel, daß der § 1 A b s a t z 1 auch auf den Fall der nur hypothetischen oder nicht dauernden Unmöglichkeit A n w e n d u n g finde, w ä h r e n d er noch deutlicher ergebe, daß bei einer solchen U n m ö g l i c h k e i t f ü r den Fall der Beseitigung o d e r Erledigung derselben gültig kontrahirt werden könne. O b s c h o n beides sich f ü r selbstverständlich erachten lasse, empfehle es sich doch, es im G e s e t z e im Interesse der Deutlichkeit auszusprechen. E s k o m m e hinzu, daß es nicht o h n e B e l a n g sei, besonders z u m A u s d r u c k zu bringen, der in R e d e stehende V e r t r a g gelte als eine suspensiv bedingter. D i e Besorgniß, der erste S a t z deute auf die gesetzliche V e r m u t h u n g , es sei auf den Fall der Beseitigung der U n m ö g l i c h k e i t nicht kontrahirt, erscheine unbegründet, d a in dieser Hinsicht die V o r s c h r i f t in der vorgeschlagenen F a s s u n g völlig neutral sei. D e r zweite S a t z des § 4 enthalte das Prinzip: „ D i e Unmöglichkeit bestimmt sich nach der Zeit der V e r t r a g s e r r i c h t u n g ; wenn j e d o c h unter einer aufschiebenden B e d i n g u n g kontrahirt ist, nach der Zeit des Eintritts der Be-1 ding u n g " . D i e s der gemeinrechtlichen D o k t r i n (nicht auch in seinem ersten T h e i l e dem preußischen A . L . R . 1 ) entsprechende Prinzip verdiene in seinem ersten T h e i l e unbedingt in seinem zweiten nur mit einer aus dem N a c h s t e h e n d e n sich ergeben-
IVgl. ALR 1 5 § 58: „Verträge über Sachen, welche dem Verkehr entzogen wurden, sind insofern gültig, als das Hinderniß gehoben werden kann" (vgl. Dernburg, 2. Aufl. 1880, Bd. 2, S. 55) ($ 23,2). 381
| Prot I 567
§308
2. Abschnitt: Schuldverhältnisse aus Verträgen
den Beschränkung Billigung. Der zweite Satz des § 4 gebe andererseits zu der doppelten Erinnerung begründeten Anlaß : a) er erklärte den Vertrag für den Fall der nicht rechtzeitigen Beseitigung der Unmöglichkeit für ungültig, während derselbe doch nach den Grundsätzen über bedingte Rechtsgeschäfte nur als unwirksam sich darstelle; b) er bestimme die Unwirksamkeit des Vertrages auch für den Fall, wenn die Unmöglichkeit vor Eintritt der Bedingung beseitigt, zur Zeit der Erfüllung der Bedingung aber wieder bestanden habe, obschon es an einem genügenden Grunde fehle, den Vertrag bei einer solchen Voraussetzung für unwirksam zu erachten, vielmehr namentlich in Bezug auf die Folgen einer Verschuldung der wieder eingetretenen Unmöglichkeit der Leistung der Vertrag allerdings Wirkung äußern werde. Durch den Antrag zu 3 erledige sich die erste Erinnerung, aber auch die zweite, sofern nur zur Hebung aller Zweifel die Worte: „zur Zeit" durch die Worte „bis zur Zeit" ersetzt würden. Der Antrag zu 1 gehe davon aus: Der betreffende Vertrag werde erst durch Beseitigung der Unmöglichkeit gültig; daran knüpfe sich die Konsequenz, daß der Vertrag in der Zwischenzeit auch nicht als bedingter gelte und folgerecht auch das Recht auf Sicherheitsleistung ausgeschlossen sei. Allein theoretisch lasse sich der Vertrag, wenn er nicht schlechthin für ungültig erklärt werden solle, nur als ein bedingter betrachten und behandeln; lediglich praktische Erwägungen könnten es rechtfertigen, das Gegentheil zu bestimmen. Es sei jedoch nicht anzuerkennen, daß zu einer solchen anomalen Regelung ein Bedürfniß vorliege. In Ansehung der Fassung wurde zur Prüfung bei der Redaktion die Erinnerung erhoben: der erste Satz des § 4 werde zu vereinfachen sein, etwa durch die Fassung: I Prot I 568 | „Ueber eine nicht mögliche Leistung kann für den Fall, daß sie später möglich wird, gültig ein Vertrag geschlossen werden." Hierauf wurde bemerkt: Der § 4 beziehe sich auch auf verbotswidrige Verträge im Gegensatz zu den Verträgen, in welchen verbotswidrige Leistungen bedungen seien, wenigstens werde er auf dieselben auszudehnen und dies bei der Redaktion des Paragraphen zu beachten sein. Es war der Antrag gestellt, dem § 4 einen neuen Paragraphen des Inhalts folgen zu lassen: Windscheid „Die §§2 — 4 finden auf Verträge, welche durch Gesetz verboten sind oder den (Nr 25, 4) guten Sitten widerstreiten, entsprechende Anwendung." Soweit der Antrag auf sittenwidrige Verträge sich bezieht, wurde er abgelehnt, im übrigen angenommen. Die Gründe des Beschlusses waren: Wenn der § 4 auch auf verbotswidrige Verträge sich beziehe oder erstreckt werde, und da der § 2 ausgeschieden sei, so liege der Schwerpunkt des Antrags in der Anwendbarkeit des § 3 2 . Es lasse sich nicht leugnen, daß die Konsequenz erfordere, den § 3 auf den Fall eines verbotswidrigen Vertrages auszudehnen, so geringen praktischen Werth die Ausdehnung auch haben möge, da meist bei demjenigen, welcher die Verbotswidrigkeit thatsächlich nicht gekannt habe, ein unentschuldbarer Rechtsirrthum und daher ein „Kennenmüssen" anzunehmen sein werde.
1
Vgl. bei S 306 BGB.
382
1. Titel: Begründung. Inhalt des Vertrags
§ 308
Der Prüfung bei der Redaktion blieb vorbehalten, ob nicht die beschlossene Vorschrift unter Streichung der Allegation der §§ 2 und 4 in den § 3 aufzunehmen sei. II. Die Regelung hat in der ZustOR (gleichlautend im KE und im E I) die Fassung als § 34. Ist die Unmöglichkeit einer Leistung von der Art, daß sie gehoben werden ZustOR S 34 kann, so kann für den Fall, daß die Leistung später möglich wird, ein Vertrag über KE § 344 dieselbe gültig geschlossen werden. E I § 346 Wird ein Vertrag über eine solche Leistung unter einer anderen aufschiebenden Bedingung geschlossen, so ist der Vertrag gültig, seine Wirksamkeit aber davon abhängig, daß bis zur Zeit der Erfüllung der Bedingung die Unmöglichkeit weggefallen ist.
B. Vorkommission des Reichsjustizamtes I. Beantragt war: 1. den § 346 zu fassen: „Eine unmögliche Leistung kann Gegenstand eines Ver- Struckmann trages sein, wenn die Unmöglichkeit gehoben werden kann und der Vertrag für (Nr 1, 87) den Fall, daß die Leistung möglich werde, oder sonst unter einer aufschiebenden Bedingung geschlossen wird. Im letzteren Falle ist der Vertrag jedoch unwirksam, wenn bis zum Eintritte der Bedingung die Unmöglichkeit der Leistung nicht gehoben ist." 2. den § 346 zu streichen
Jacubezky (Nr 5, 3)
II. 1. 57. Sitzung vom 2. 10. 1891 5. Der § 346 wurde gebilligt, die Fassung aber mit Rücksicht auf das Mißver- ProtRJA 319 ständniß Laband's 3 (Zusammenstellung II S. 107) dahin geändert: „Eine unmögli- E I-RJA § 346 che Leistung kann Gegenstand eines Vertrages sein, wenn die Unmöglichkeit gehoben werden kann und der Vertrag für den Fall, daß die Leistung möglich werde, oder sonst unter einer aufschiebenden Bedingung (oder unter Bestimmung eines Anfangstermins) 4 geschlossen wird. Im letzteren Falle ist der Vertrag jedoch unwirksam, wenn bis zum Eintritte der Bedingung (oder des Termins) die Unmöglichkeit der Leistung nicht gehoben ist." 2. 58. Sitzung vom 5. 10. 1891 I 1. Zu § 346 wurde nachträglich noch beschlossen, dem Falle, wenn ein Vertrag über eine unmögliche Leistung, deren Unmöglichkeit gehoben werden kann, unter 3
Nach Meinung Labands konnte man ξ 346 Abs. 2 E I so interpretieren, daß die Leistung nur einen Augenblick vor dem Eintritt der Bedingung möglich gewesen sein müsse. Seiner Meinung nach sollte Abs. 2 gestrichen oder auf den Fall beschränkt werden, daß der Wiedereintritt der Unmöglichkeit durch einen vom Schuldner zu vertretenden Umstand herbeigeführt worden sei. Die Leistung sollte also grundsätzlich zum Zeitpunkt der Erfüllung der Bedingung noch möglich sein (AcP 74, S. 6 ff). * Die in Klammern vom Verf. zugefügten Worte sind erst im Antrag von Struckmann in der Hauptkommission enthalten. Sie beruhen auf dem im nächsten Absatz mitgeteilten Beschluß.
383
| ProtRJA 321
§ 308
2. Abschnitt: Schuldverhältnisse aus Verträgen
einer aufschiebenden Bedingung geschlossen ist, den Fall gleichzustellen, wenn das Gleiche unter Bestimmung eines Anfangstermins geschehen ist. Die Gleichstellung erschien bei der sonstigen völlig übereinstimmenden Behandlung der Suspensivbedingung mit dem dies a quo geboten. Es sollen sonach im Satz 1 hinter „Bedingung" eingefügt werden die Worte: „oder unter Bestimmung eines Anfangstermins" und in Satz 2 hinter „Bedingung" die Worte „oder des Termins".
C. 2. Kommission
Struckmann (Nr 2, 4) Jacubezky (Nr 46, 3)
E I-VorlZust S 346
E I-ZustRedKom §346
E II § 260
I. Zu § 346 E I war beantragt (Prot. II, Bd. 1, S. 454, Mugdan, Bd. 1, S. 617): 1. die Fassung des $ 346 E I-RJA rev; 2. die Bestimmung zu streichen. Die Kommission nahm den Antrag 1 an. II. In der VorlZust lautet die Regelung als § 346 : Der auf eine unmögliche Leistung gerichtete Vertrag ist gültig, wenn die Unmöglichkeit gehoben werden kann und der Vertrag für den Fall geschlossen ist, daß die Leistung möglich werde. Ist ein solcher Vertrag unter einer anderen Bedingung (oder unter der Bestimmung eines Anfangstermins) geschlossen, so hängt seine Wirksamkeit davon ab, daß die Unmöglichkeit vor dem Eintritt der Bedingung (oder vor dem Anfangstermine) gehoben wird. III. Fassung der Regelung in der ZustRedKom als § 346 : Die Unmöglichkeit der Leistung steht der Gültigkeit eines Vertrages nicht entgegen, wenn die Unmöglichkeit gehoben werden kann und der Vertrag für den Fall geschlossen ist, daß die Leistung möglich werde. Ist eine unmögliche Leistung unter einer anderen aufschiebenden Bedingung oder unter Bestimmung eines Anfangstermins versprochen, so ist der Vertrag unwirksam, wenn die Unmöglichkeit nicht vor Eintritt der Bedingung oder des Termins gehoben wird. IV. Im E II lautet die Regelung als § 260: Die Unmöglichkeit der Leistung steht der Gültigkeit eines Vertrags nicht entgegen, wenn die Unmöglichkeit gehoben werden kann und der Vertrag für den Fall geschlossen ist, daß die Leistung möglich wird. Ist eine unmögliche Leistung unter einer anderen aufschiebenden Bedingung oder unter Bestimmung eines Anfangstermins versprochen, so ist der Vertrag unwirksam, wenn die Unmöglichkeit nicht vor dem Eintritte der Bedingung oder des Termins gehoben wird. V. § 302 E II rev (§ 302 E III) lautet wie § 308 BGB.
384
1. Titel: Begründung. Inhalt des Vertrags
309
§309 Verstößt ein Vertrag gegen ein gesetzliches Verbot, so finden die Vorschriften der §§ 307, 308 entsprechende Anwendung.
A. 1. Kommission 1. Wegen der ersten Beratung wird auf die Materialien zu § 308 BGB verwiesen. II., III. 1. Die im § 309 BGB enthaltene Regelung lautet als § 35 ZustOR (§ 345 ZustOR § 35 KE):
K E § 345
Im Falle des Abschlusses eines verbotswidrigen Vertrages finden die Vorschriften der §§ 33 und 34 entsprechende Anwendung. 2. In § 345 KE wurde auf Grund eines Antrags von v. Schmitt (Nr. 611, 1) das Schmitt Wort „Abschluß" in „Schließung" ersetzt (Prot. I S. 11791-3)1. (Nr 611, 1) 3. Weiter lag der Antrag vor, den § 345 zu fassen (S. 11866) „Auf einen Vertrag, dessen Schließung durch Gesetz verboten oder welcher auf Gebhard eine durch das Gesetz verbotene Leistung gerichtet ist, finden die Vorschriften der (Nr 622, 2) SS 343, 344 entsprechende Anwendung." {Bemerk. : Der Entwurf unterscheidet Verträge, deren Schließung durch Gesetz verboten ist — § 105 — und Verträge, welche auf eine durch das Gesetz verbotene Leistung gerichtet sind. Der S 345 spricht von dem Abschlüsse eines „verbotswidrigen Vertrages"; Der Ausdruck läßt zweifelhaft, ob nur der Vertrag gemeint ist, dessen Schließung verboten ist, oder auch der auf eine verbotene Leistung gerichtete Vertrag. Nach Prot. S. 5682 scheint S 345 beschlossen zu sein, um die Verträge zu treffen, deren Schließung verboten ist; Prot. S. 2392 3 ist aber bemerkt, daß unter „verbotswidrig" im Sinne des S 345 jedenfalls auch derjenige Vertrag zu verstehen sei, in welchem eine durch das Gesetz verbotene Leistung versprochen worden (S 342). — Würde der Ausdruck „verbotswidriger Vertrag" dahin gedeutet werden, daß er nur den Vertrag trifft, dessen Schließung (11867) verboten ist, so würde im' Hinblick auf die Fassung des S 342 nicht wohl angenommen werden können, daß die SS 343 und 344 bei einem auf eine verbotswidrige Leistung gerichteten Vertrage selbstverständlich um deswillen Anwendung fänden, weil die verbotswidrige Leistung eine (rechtlich) unmögliche Leistung sei — vgl. Prot. S. 1549 zu § 737 Nr. 3)1 Der Antrag wurde angenommen. IV. Die beschlossene Regelung lautet im £ / a l s S 347: Auf einen Vertrag, dessen Schließung durch Gesetz verboten oder welcher auf EI § 347 eine durch Gesetz verbotene Leistung gerichtet ist, finden die Vorschriften der SS 345, 346 entsprechende Anwendung.
1 2 3 4
Die Begründung dieses Antrags ist abgedruckt bei § 155 BGB. Vgl. Materialien bei § 308 BGB. Vgl. Materialien bei § 307 BGB. Vgl. SS 817 BGB, 743 E I . 385
§ 309
2. Abschnitt: Schuldverhältnisse aus Verträgen
B. Vorkommission des Reichsjustizamtes I. Beantragt war: Struckmann 1. den Eingang des § 347 zu fassen: „Auf einen Antrag, welcher wegen Versto(Nr 1, 88) ßes gegen ein gesetzliches Verbot nichtig ist, finden usw. (wie im Entw.)". Jacubezky (Nr. 5, 3) E I-RJA §347
2. den § 347 zu streichen. II. Der § 347 wurde in folgender Fassung beibehalten: „Auf einen Vertrag, welcher wegen Verstoßes gegen ein gesetzliches Verbot nichtig ist, finden die Vorschriften der §§ 345, 346 entsprechende Anwendung." (Prot.-RJA S. 319.)
C. 2. Kommission Struckmann I. Zu § 347 lag der Antrag vor, die Bestimmung wie § 347 E I-RJA zu fassen. (Nr 2, 5) Der Antrag, welcher lediglich die Fassung betrifft, wurde angenommen. Ein Jacubezky außerdem gestellter Streichungsantrag war vor Beginn der Berathung zurückgezo(Nr 46, 3) gen. (Prot. II, Bd. 1, S. 455, Mugdan, Bd. 2, S. 618) II. § 347 VorlZust lautet wie § 347 E I-RJA. III. In der ZustRedKom lautet die Regelung als § 347: E I-ZustRedKom Auf einen Vertrag, welcher gegen ein gesetzliches Verbot verstößt, finden die S 347 Vorschriften des § 344 Abs. 2, 3 und des § 346 entsprechende Anwendung. IV. § 261 E / / ( § 303 E II rev, § 303 E III) lautet wie § 309 BGB.
D. Reichstag (XII. Kommission) Zu § 303 lag der Antrag von Frohme und Stadthagen vor, hinter „gesetzliches Verbot" einzuschalten: „die guten Sitten oder die öffentliche Ordnung" (Nr. 130, Ziff. 2). Der Antrag galt als durch die Beschlußfassung zum § 134 (§138 BGB) erledigt. (Bericht von He//er vom 3. 6. 1896.)
Anhang zu § 309 BGB I. Materialien zu § 348 E I II. Materialien zu § 353 E I
386
1. Titel: Begründung. Inhalt des Vertrags
§309
I. § 348 E I Ein Vertrag ist deshalb nicht ungültig, weil die Leistung auf Sachen oder Rechte eines Dritten sich bezieht. Ein Vertrag über die Handlung eines Dritten verpflichtet im Zweifel den Versprechenden, für den Erfolg seines Versprechens einzustehen.
A. 1. Kommission I. 73. Sitzung vom 27. 3. 1882, Schriftführer Neubauer I Der § 5 des Entwurfs : „Ueber Sachen und Rechte eines Dritten können Verträge giltig geschlossen werden." wurde sachlich nicht beanstandet, der Prüfung bei der Redaktion aber vorbehalten, ob nicht zur Vermeidung jedes Mißverständnisses und um insbesondere der Meinung keine Stütze zu leihen, ein über fremdes Gut geschlossener Vertrag könne I nicht unter Umständen wegen Sittenwidrigkeit nichtig sein, die Fassung zu wählen sei: „Ein Vertrag ist deshalb nicht ungültig, weil er die Leistung von Sachen oder Rechten eines Dritten zum Gegenstand hat." Der Antrag, den § 5 zu fassen: „Leistungen, welche sich auf Sachen oder Rechte eines Dritten beziehen, können Gegenstand eines Schuldverhältnisses sein." galt als durch die früher gefaßten Beschlüsse erledigt.
| Prot I 568 TE-OR(Nrll) §5
| Prot I 569
Kurlbaum (Nr 27, 5)
74. Sitzung vom 12. 4. 1882, Schriftführer Neubauer I Zu § 7 des Entwurfs: | Prot I 573 „Ein Vertrag, in welchem die Leistung eines Dritten versprochen wird, ver- TE-OR (Nr 11) pflichtet im Zweifel den Versprechenden, für den Erfolg seines Versprechens ein- S 7 zustehen, und, wenn die Leistung des Dritten nicht erfolgt, dem anderen Vertragschließenden Schadenersatz zu leisten. Geht aus dem Inhalt des Versprechens oder aus anderen Umständen hervor, daß der Versprechende für den Erfolg nicht einstehen wollte, so ist der Vertrag nichtig." war beantragt: 1. den § zu fassen: „Ein Vertrag auf Leistung eines Dritten ist gültig, insoweit durch denselben die Verpflichtung begründet werden soll, für die Leistung des Dritten einzustehen." eventuell den § ganz zu streichen; 12. den letzten Satz: „Geht aus dem Vertrage usw." zu streichen; 3. die vier letzten Zeilen: „und, wenn usw." zu streichen und den Rest als Absatz 2 dem § 5 anzuschließen; 4. den § zu streichen; 5. die Worte in der ersten Zeile: „in welchem — wird" durch die Worte zu ersetzen: „über Handlungen eines Dritten." 387
Windscheid (Nr 25, 5)
I Prot I 574 Planck (Nr 23, 4) Kurlbaum (Nr 27, 7)
§309
2. Abschnitt: Schuldverhältnisse aus Verträgen
Nach Berathung des § 7 und der dazu gestellten Anträge beschloß die Mehrheit: 1. Ablehnung des Antrages, den § zu streichen; 2. Aufnahme der Bestimmung, daß das Versprechen der Leistung eines Dritten zur Haftung für den Erfolg verpflichte; 3. Ablehnung des zweiten Satzes des § 7; 4. Beibehaltung der Worte des ersten Satzes: „im Zweifel"; 5. Streichung der Worte des ersten Satzes: „und, wenn — zu leisten"; 6. Ersetzung der Worte des ersten Satzes: „in welchem — wird" durch die Worte: „über Handlungen eines Dritten". Hiernach ist in sachlicher Hinsicht als § 7 die Vorschrift beschlossen : „Ein Vertrag über die Handlung eines Dritten verpflichtet im Zweifel den Versprechenden, für den Erfolg seines Versprechens einzustehen." Die Gründe waren : Die Streichung des § 7 sei bedenklich schon wegen des zum § 5 gefaßten Beschlusses; das Gesetzbuch würde lückenhaft erscheinen, wenn es die Zulässigkeit der Verträge über Sachen und Rechte eines Dritten ausspreche, dagegen von Verträgen über Handlungen eines Dritten schweige. Noch wichtiger aber sei die N o t wendigkeit, die letztgedachten Verträge nicht blos für zulässig zu erklären, sondern an die desfallsige direkte oder indirekte Vorschrift noch eine andere erhebliche Rechtsnorm anzuschließen. Der Vertrag worin die Handlung eines Dritten I Prot I 575 versprochen werde, lasse immerhin, weil | doch einmal die Handlung des Dritten nicht in der Macht des Versprechenden stehe, den Zweifel zu, ob nicht der Versprechende sich nur habe anheischig machen wollen, alle Bemühungen aufzuwenden, um den Dritten zu der Handlung zu vermögen, ohne das Einstehen für den Erfolg zu übernehmen. Doktrin und Praxis dürften zur Genüge lehren, wie berechtigt dieser Zweifel sei, welcher sogar dahin geführt habe, daß in einigen Gesetzbüchern, ζ. B. dem preußischen A.L.R., ausdrücklich bestimmt sei, die Vermuthung streite für das abgeschwächte Versprechen (I, 5 § 40) Es sei also eine den Zweifel lösende Bestimmung nöthig. Sichtbar empfehle sich aber die Lösung des Entwurfes, weil sie aus dem Wesen und der juristischen Bedeutung des Versprechens sich ergebe. Es müsse sogar noch weiter gegangen und auch für den keineswegs seltenen Fall, wenn der Wortverstand zweifelhaft lasse, ob das eine oder andere Versprechen gemeint sei, die Vermuthung für das strengere Versprechen eintreten, da regelmäßig nur dieses, im Einklang mit der regelmäßigen Absicht der Parteien ein völlig klares und festes Rechtsverhältniß begründe. Demzufolge erscheine es angemessen, den Eingang des Paragraphen dahin zu ändern: „Ein Vertrag über die Handlung eines Dritten", wobei die Ersetzung von „Leistung" durch „Handlung" allerdings nur dem Interesse der größeren Korrektheit diene. Wenn andererseits der Entwurf, wie namentlich die Motive lehrten, den Vertrag für unwirksam erkläre, in welchem das abgeschwächte Versprechen sich fände, so möchten für eine solche Bestimmung immerhin die in den Motiven hervorgehobe-
1
§ 40 I 5 ALR lautet: „Verträge, durch welche jemand die Handlung eines Dritten verspricht, verpflichten denselben in der Regel nur, seine Bemühungen zur Bewirkung der versprochenen Handlung anzuwenden."
388
1. Titel: Begründung. Inhalt des Vertrags
§309
nen Gründe sprechen 2 . Diese könnten jedoch nicht genügen, dem in Rede stehenden Vertrage die Gültigkeit zu versagen. Es gebe Fälle, in welchen jene Gründe keine oder nur eine sehr untergeordnete Bedeutung hätten. Dazu komme, daß der Vorschlag des Entwurfes zu einer weitgreifenden Aenderung des geltenden Rechts führe. Der zweite Theil des ersten Satzes sei zu unterdrücken, weil | er schon in dem ersten Theil enthalten sei. Die Erinnerung: der § 7 werde unmittelbar dem § 5 anzuschließen sein, wurde der Prüfung bei der Redaktion vorbehalten.
| Prot I 575
II., III. Fassung der Regelung in der ZustOR (gleichlautend im KE) als § 36 : Ein Vertrag ist deshalb nicht ungültig, weil sich die Leistung auf Sachen oder ZustOR § 36 Rechte eines Dritten bezieht. KE § 346 Ein Vertrag über die Handlung eines Dritten verpflichtet im Zweifel den Versprechenden, für den Erfolg seines Versprechens einzustehen. IV. § 348 E I ist oben mitgeteilt.
B. Vorkommission des Reichsjustizamtes I. Beantragt war: 1. Aus dem zweiten Absatz des § 348 einen besonderen § 348 a zu bilden, eventuell denselben zu streichen. 2. Den § 348 zu streichen.
Planck (Nr 6, 2) Jacubezky (Nr 5, 3)
II. 57. Sitzung vom 2. 10. 1891 : I 7. Der § 348 wurde gestrichen, der Abs. 1 als selbstverständlich, der Abs. 2 teils | Prot-RJA 319 als überflüssig, teils als sachlich bedenklich, da der die Handlung eines Dritten Versprechende in der Regel nur sich verpflichten wolle, Bemühungen aufzu- | wen- | ProtRJA 320 den um den Dritten zu der Handlung zu veranlassen.
C. 2. Kommission Auf Antrag von Struckmann (Nr. 2, 6; Prot. II, Bd. 1, S. 455, Mugdan, Bd. 2, S. 618) wurde § 348 E I gestrichen.
2
Kübel verneinte „ein beachtenswerthes Verkehrsbedürfniß" (S. 35, Nr. 11), solche Verträge zuzulassen. „Zudem fehlt es einem solchen Vertrage, wenn er vorkommt, an jedem greifbaren, bestimmten oder bestimmbaren Leistungsgegenstand, an einem objektiven Maßstab für die Beschaffenheit der Bemühungen, welche der Versprechende aufzuwenden hätte, und wäre deshalb die übernommene Leistung nicht erzwingbar. . . . Ein solcher Vertrag ist auf eine nach Quantität und Qualität unbestimmte und unbestimmbare Leistung gerichtet und deshalb nichtig" (S. 35).
389
§309
2. Abschnitt: Schuldverhältnisse aus Verträgen II. § 352 E I
Ist die Leistung, welche den G e g e n s t a n d eines Vertrages bilden soll, weder bestimmt bezeichnet, noch nach den im V e r t r a g e enthaltenen Bestimmungen zu ermitteln, so ist der V e r t r a g nichtig.
A . 1. K o m m i s s i o n I. 74. S i t z u n g v o m 12. 4. 1882, S c h r i f t f ü h r e r N e u b a u e r I Prot I 576 T E - O R (Nr 11) S8
| Z u § 8 des E n t w u r f s : „ W e n n die Leistung, welche den G e g e n s t a n d eines V e r t r a g e s bilden soll, w e d e r bestimmt bezeichnet ist, noch nach g e g e b e n e n Bestimmungen ermittelt w e r d e n k a n n , s o ist d e r V e r t r a g nichtig. Insbesondere muß bei Leistungen nur d e r G a t t u n g nach bezeichneter Sachen auch der U m f a n g (Zahl, M a ß , Gewicht) a n g e g e b e n o d e r b e s t i m m b a r sein." war beantragt:
Windscheid
1. d e n § z u streichen;
(Nr 2 6 , 1 )
2. statt „ V e r t r a g e s " zu setzen: „ V e r s p r e c h e n s " ; 3. d e n § z u f a s s e n : „ D i e Leistung, welche den G e g e n s t a n d eines V e r t r a g e s bilden soll, ist g e n ü g e n d bestimmt, wenn sie nach gegebenen B e s t i m m u n g e n ermittelt werden k a n n . " 4. d e n § dahin z u f a s s e n : „ D i e Leistung, welche den G e g e n s t a n d eines V e r t r a g e s bilden soll, muß bestimmt bezeichnet sein o d e r nach g e g e b e n e n Bestimmungen ermittelt werden k ö n u nen.
I Prot I 577
F ü r die Streichung des § 8 war geltend g e m a c h t , sein Inhalt sei ausschließlich theoretischer N a t u r , der § daher entbehrlich. D i e Mehrheit beschloß aber die A n n a h m e des ersten S a t z e s und nur die S t r e i c h u n g des zweiten S a t z e s , indem sie e r w o g : D e r S c h w e r p u n k t des ersten S a t z e s liege darin, daß es z u r Gültigkeit des V e r t r a g e s g e n ü g e , wenn die Leistung in d e m V e r t r a g e nicht unmittelbar, sondern nur mittelbar bestimmt o d e r nach dem V e r t r a g s i n h a l t e nur bestimmbar sei; diese V o r s c h r i f t d ü r f e w e g e n ihrer praktischen Wichtigkeit nicht fehlen; überdies bilde d e r erste S a t z den U e b e r g a n g zu den f o l g e n d e n P a r a g r a p h e n , die in | ihm eine Art v o n G r u n d l a g e f ä n d e n ; der zweite S a t z sei allerdings neben dem ersten S a t z , aus d e m er sich e r g e b e , kein Bedürfniß. D e r A n t r a g zu 2 w u r d e z u r ü c k g e z o g e n ; die z u 3 und 4 blieben w e g e n ihrer nur redaktionellen Bedeutung der P r ü f u n g bei der R e d a k t i o n vorbehalten, e b e n s o der v o n einer Seite a n g e r e g t e G e d a n k e , ob e t w a eine dem § 108 des Erbrechts-Entw u r f s 3 entsprechende F a s s u n g zu wählen sei. II., III., I V . D e r § 38 ZustOR 3
(§ 349 KE)
lautet wie § 352
EI.
§ 108 T E - E r b R lautet: „Die dem Beschwerten auferlegte Leistung muß nach Inhalt und Umfang bestimmt bezeichnet werden, oder nach gegebenen Umständen zu ermitteln sein. — Läßt die dem Beschwerten auferlegte Leistung ein Mehr oder Minder in der Erfüllung zu, so muß der Umfang derselben (Zahl, Maß, Gewicht) erkennbar gemacht sein."
390
1. Titel: Begründung. Inhalt des Vertrags
§ § 310, 311
B. Vorkommission des Reichsjustizamtes I. Von Jacubezky lag der Antrag vor, den § 352 zu streichen (Nr. 5, 7). II. 58. Sitzung vom 5. 10. 1891 4. Der § 352 wurde gestrichen, da er nur eine Konsequenz des gleichfalls nicht ausgesprochenen allgemeineren Satzes enthalte, daß, wenn der Inhalt eines Rechtsgeschäfts nicht genau bestimmt oder nicht bestimmbar ist, ein Rechtsgeschäft überhaupt noch nicht zu Stande gekommen ist. Die Bestimmung des § 352 gehöre daher eventuell nicht hierher, sondern verallgemeinert in den allgemeinen Theil; sie sei hier nur als Ueberleitung zum § 353 aufgenommen und als solche in einem Gesetzbuch entbehrlich. In ihrer Beschränkung auf den Gegenstand des Vertrages lege sie zudem die Gefahr eines argumen- | tum a contrario nahe. | ProtRJA 322
C. Die 2. Kommission strich § 352 E I auf Grund eines Antrages von Struckmann (Nr. 2, 10; Prot. II, Bd. 1, S. 464, Mugdan, Bd. 2, S. 623).
§ 310
Ein Vertrag, durch den sich der eine Theil verpflichtet, sein künftiges Vermögen oder einen Bruchtheil seines künftigen Vermögens zu übertragen oder mit einem Nießbrauche zu belasten, ist nichtig.
§311
Ein Vertrag, durch den sich der eine Theil verpflichtet, sein gegenwärtiges Vermögen oder einen Bruchtheil seines gegenwärtigen Vermögens zu übertragen oder mit einem Nießbrauche zu belasten, bedarf der gerichtlichen oder notariellen Beurkundung.
A. 1. Kommission I. 181. Sitzung vom 28. 2. 1883, Schriftführer Neubauer I Zu Art. 501 des Entwurfs: | Prot I 1788 „Gegenstand einer Schenkung kann das ganze gegenwärtige Vermögen oder Dresd E ein im Verhältniß zu dem Ganzen gedachter Theil desselben sein. Art 501 Die Schenkung des ganzen künftigen Vermögens oder eines im Verhältniß zu dem Ganzen gedachten Theiles ist nichtig." lagen die Anträge vor: 1. den Artikel unter Vorbehalt des zweiten Absatzes zu streichen.
Windscheid (Nr 286) 391
§311
2. Abschnitt: Schuldverhältnisse aus Verträgen
v. Schmitt (Nr 290)
2. an Stelle des Art. 501 zu beschließen: „Ein Vertrag, durch welchen Jemand sein ganzes Vermögen oder einen im Verhältnis zum Ganzen gedachten Theil desselben verschenkt, ist nichtig (eventuell: soweit das Gesetz nicht anders bestimmt).
Johow (Nr 292)
3. in der zu 2. vorgeschlagenen Bestimmung statt: „nichtig" zu setzen: „unverbindlich" und hinzuzufügen: „Der Schenker kann jedoch das auf Grund des Versprechens dem Beschenkten Geleistete nicht auf Grund der Unverbindlichkeit des Versprechens zurückfordern."
Planck (Nr 288, 3)
4. nur zu bestimmen: „Ein Vertrag, durch welchen sich Jemand schenkweise zur Uebertragung seines ganzen künftigen Vermögens oder eines im Verhältniß zu dem Ganzen gedachten Theils desselben verpflichtet, ist nichtig."
Kurlbaum (Nr 291, 2)
5. dem Art. 503 zuzusetzen (statt Art. 501): „Ein Versprechen, das künftige Vermögen oder einen im Verhältniß zum Ganzen bestimmten Theil desselben zu schenken, ist nichtig."
I Prot I 1789
Die Mehrheit lehnte den zum ersten Absätze des | Art. 501 gestellten Antrag: die Schenkung des ganzen Vermögens oder einer Quote desselben für nichtig oder unverbindlich zu erklären, ab, billigte vielmehr den sachlichen Inhalt des ersten Absatzes. Der sachliche Inhalt des zweiten Absatzes des Art. 501 fand keinen Widerspruch. Die Fassung der Beschlüsse blieb der Redaktion vorbehalten.
Erwogen war: 1. Ein Vertrag, durch welchen der Schenker sein ganzes gegenwärtiges Vermögen oder eine Quote desselben verschenke, könne nicht unerhebliche Verwickelungen herbeiführen. Aber hierin lasse sich kein Grund finden, einen solchen Vertrag für unzulässig zu erklären. Die Möglichkeit derartiger Verwickelungen zeige sich bei allen Verträgen, durch welche das Vermögen als Ganzes oder eine Quote desselben, ohne daß gerade eine Schenkung vorliege, übertragen werde. Und doch könne keine Rede davon sein, die Unzulässigkeit dieser, namentlich im Stande der Kleingrundbesitzer usw. in vielen Gegenden ungemein häufigen und eingebürgerten Verträge zu bestimmen, in welcher Beziehung nur an die sogen. Altentheilsverträge erinnert zu werden brauche. In einer die vertragsmäßige Uebertragung des ganzen gegenwärtigen Vermögens für unstatthaft erklärenden Vorschrift würde eine tief eingreifende Neuerung liegen, die sicherlich auf Beifall nicht rechnen könne. Nicht abzusehen sei aber, wenn einmal die vertragsmäßige Uebertragung des ganzen gegenwärtigen Vermögens im Prinzipe zugelassen werden müsse, weshalb gerade eine solche im Wege der Schenkung als statthaft auszuschließen sei. Auch I Prot I 1790 solche Schenkungsverträge seien | in einigen Gegenden nichts weniger, als selten. Sie würden meist in der Weise geschlossen, daß der Beschenkte eine Auflage übernehme, durch welche der Charakter des Vertrages als eines Schenkungsvertrages nicht alterirt werde. O f t seien diese Schenkungsverträge von den vorerwähnten Verträgen nur schwer zu unterscheiden. Man könne die Schenkungsverträge allein nicht für unzulässig erklären, ohne die größte Rechtsunsicherheit herbeizuführen und Anlaß zu vielen Prozessen zu geben. An dieser Betrachtung scheiterten alle Gründe, welche für die Unzulässigkeit der fraglichen Schenkungsverträge sich aufstellen ließen. Von diesen Gründen sei übrigens der: durch den Abschluß eines 392
1. Titel: Begründung. Inhalt des Vertrags
§311
solchen Vertrages bethätige der Schenker eine, den Schutz des Gesetzes nicht verdienende Verschwendung, wie die Erfahrung bei Berücksichtigung der obigen Fälle zur Genüge ergebe, unbegründet, während der: der Schenker könne sein Vermögen im Einzelnen übertragen, von Demjenigen absehe, was im praktischen Leben sich als Bedürfniß herausgestellt habe. Hier sei übrigens nicht der Ort, darüber zu entscheiden, ob bei der Schenkung des ganzen gegenwärtigen Vermögens eine Art von Universalsukzession zuzulassen sei, so daß insbesondere eine Uebergabe der einzelnen Sachen und die Zession der einzelnen Forderungen entbehrlich werde. Diese Frage erhebe sich bei allen Verträgen, durch welche das ganze gegenwärtige Vermögen, ein Handlungsvermögen oder eine erworbene Erbschaft u. dgl. übertragen werde, habe also eine allgemeinere Bedeutung 1 . Ihre Erledigung werde zunächst beim Erbschaftskauf und beim Leibgedingsvertrage ins Auge zu fassen sein. 2. Die Schenkung des ganzen künftigen Vermögens oder einer Quote desselben dürfe nicht zugelassen werden. Beziehe sich der Vertrag nur auf dasjenige Vermögen, welches zur Zeit des | Todes des Schenkers vorhanden sein werde, so verberge | Prot I 1791 sich darin ein erbrechtlicher Vertrag, gegen dessen Gültigkeit nichts zu erinnern sei, wenn die betreffenden erbrechtlichen Normen, namentlich in Ansehung der Form der letztwilligen Verfügung, nicht entgegenständen. Bezwecke aber der Vertrag, daß der Schenker Alles, was er künftig erwerbe, dem Beschenkten auszufolgen habe, so verstoße er gegen die öffentliche Ordnung, die nicht zulasse, daß Jemand sich gleichsam seiner Erwerbsfähigkeit begebe und damit zugleich allen Antrieb zum Erwerb verliere. Aehnlich verhalte es sich bei Uebertragung nur einer Quote des künftigen Vermögens, für welchen letzteren Fall außerdem noch in Betracht komme, daß die Zulassung eines solchen Vertrags zu unabsehbaren Verwickelungen führe. Wie der Vertrag zu beurtheilen sei, durch welchen das gegenwärtige und künftige Vermögen verschenkt werde, ob dieser im Ganzen unverbindlich oder nur insoweit, als er das künftige Vermögen betreffe, hinfällig sei, habe das Gesetz nicht besonders zu entscheiden (zu vergi. Zusammenstellung der zum Allgemeinen Theil gefaßten Beschlüsse § 106, Protokolle vom 23. Dezember 1881, S. 27b)2. Die Ausdehnung der Vorschrift auf alle Verträge, durch welche die Uebertragung des ganzen künftigen Vermögens bestimmt werde, werde bei der Redaktion zu prüfen sein. Betreffend die Fassung kam zur Sprache : 1. Der erste Absatz werde entbehrlich sein, da der zweite genüge, zumal wenn der Art. 508 Aufnahme finde 3 . 2. In Ansehung des zweiten Absatzes werde es richtig sein, nur von „Schenkung", und nicht von „Schenkungsversprechen" u. dgl. zu reden.
1 2 3
Vgl. § 313 E I (von der 2. Kommission gestrichen, Materialien hinter § 413 BGB). Vgl. $ 139 BGB. Art. 508 Dresd. Entwurf, der von der 1. Kommission abgelehnt wurde, lautet: „Hat Jemand sein ganzes gegenwärtiges Vermögen oder einen im Verhältniß zu dem Ganzen gedachten Theil desselben geschenkt, so hat der Beschenkte nur Anspruch auf dasjenige Vermögen oder den bestimmten Theil desjenigen Vermögens, welches nach Abzug der zur Zeit der Schenkung vorhandenen Schulden des Schenkers übrig bleibt." (Prot. I, S. 1817 ff). 393
§311
2. Abschnitt: Schuldverhältnisse aus Verträgen
3. Für „im Verhältniß zum Ganzen gedachter Theil" werde das Wort „Bruchtheil" sich empfehlen. Das Weitere blieb der Prüfung bei der Redaktion vorbehalten.
RedVorl § 37a
ZustOR S 37 a
II. 1. In den RedVorlheißt es: Hinter §37 ist einzuschalten als: §37 a Der Vertrag, durch welchen Jemand sein ganzes künftiges Vermögen oder einen Bruchtheil desselben einem Anderen überträgt (oder zu übertragen verspricht), ist nichtig. (NB: „Bruchtheil"; die §§ 37, 119, 156 werden nicht zu ändern sein). 2. In der ZustOR lautet die Regelung als § 37 a : Der Vertrag, durch welchen Jemand sein ganzes künftiges Vermögen oder einen Bruchtheil desselben zu übertragen sich verpflichtet, ist nichtig.
I Prot 12912
| 3. Es lag der Antrag vor, dem § 37 a der Zusammenstellung der das Obligationenrecht betreffenden Beschlüsse (Protokolle S. 1789—1792) folgenden zweiten Absatz beizufügen : v. Schmitt „Der Vertrag, durch welchen Jemand sein ganzes gegenwärtiges Vermögen oder (Nr 525 I) einen Bruchtheil desselben einem Anderen zu übertragen sich verpflichtet, | erfordert |Prot I 2913 gerichtliche oder notarielle Beurkundung." Die Mehrheit entschied unter Vorbehalt der Fassung für Annahme des Antrags. Erwogen war: 4
1. Es gebe kaum einen Vertrag, der von so inhaltsschwerer Bedeutung sei, als derjenige, durch welchen Jemand sich zur Uebertragung seines ganzen gegenwärtigen Vermögens, sei es unentgeltlich, sei es gegen Entgelt, verpflichte. Sei es unausführbar, das Prinzip der Formfreiheit der Verträge mit voller Strenge durchzuführen, müsse dasselbe nothwendig zur Verhütung von Uebereilungen, zur Befestigung der Rechtssicherheit und um die Umgehung der unerläßlichen Formvorschriften für die Verfügungen auf den Todesfall zu verhüten, einigen Ausnahmen unterliegen (zu vgl. Vorbeschluß vom 21. September 18765 und § 68 der Zusammenstellung der den Allgemeinen Theil betreffenden Beschlüsse, Protokolle S. 145, 146, 150—155) 6 , so lasse sich das Bedürfniß nicht verkennen, vor allem die Gültigkeit des in Rede stehenden Vertrags an eine besondere Form zu knüpfen. Daß dieser Vertrag formfrei bleiben müsse, sei bisher noch nicht beschlossen (zu vgl. Proto|Prot I 2914 kolle S. 1790). Die betreffende Frage | sei noch eine offene und aus den angegebenen Gründen für die Nothwendigkeit einer besonderen Form zu entscheiden. Die Form selbst könne nur diejenige sein, welche bereits im Einklänge mit einem auf die Form der Rechtsgeschäfte sich beziehenden Vorbeschlusse (Protokoll vom 21. September 1876 S. 2) für den im Schenkungsversprechen enthaltenen Vertrag beschlossen sei (§ 307 der Zusammenstellung der das Obligationenrecht betreffenden Beschlüsse, Protokolle S. 1793 u. ff) 7 . Das Bedenken, durch die Bestimmung einer 4
5 6 7
Der Antrag erfolgte im Zusammenhang mit der Beratung der Art. 774 — 775 Dresd. E. (Gesellschaft), die von der 1. Kommission gestrichen wurden (Materialien bei § 706 BGB). Von Planck lag der Antrag vor (Nr. 523, 4), im Gesellschaftsrecht zu bestimmen: „Ist der Gesellschaftsvertrag auf Gemeinschaft des ganzen gegenwärtigen Vermögens gerichtet, so findet die Vorschrift des § 226 a entsprechende Anwendung. — Ein auf Gemeinschaft des ganzen zukünftigen Vermögens gerichteter Vertrag ist nichtig (§ 37 a)". Das Protokoll der 1. Kommission vom 21.9. 1876 ist bei § 125 BGB abgedruckt. § 68 ZustAT entspricht § 125 BGB. § 307 ZustOR entspricht § 518 Abs. 1 BGB.
394
1. Titel: Begründung. Inhalt des Vertrags
§311
besonderen Form f ü r den gedachten Vertrag könnten die Gläubiger des schenkungsweise Uebertragenden im Falle der nur theilweisen Erfüllung des Vertrages von Seiten desselben, weil sich alsdann speziell vollzogene und somit formfreie (§ 308 a . a . O . 8 , Protokolle S. 1796, 1797) Schenkungen annehmen ließen, in Beziehung auf den § 2 3 1 a der gedachten Zusammenstellung (Protokolle S. 1818 — 1823) 9 in Nachtheil geraten, sei unbegründet. D u r c h jene Formvorschrift werde die Anwendbarkeit des § 308 a. a. O . ausgeschlossen; der Uebertragende behalte somit im Falle der auch nur theilweisen Vollziehung das Recht der R ü c k f o r d e r u n g ; dieses Recht unterliege dem Zugriffe seiner Gläubiger, die dadurch genügend geschützt seien. Eine andere Beurtheilung könne nur eintreten, wenn der Uebertragende nicht in der Absicht der Vertragserfüllung, sondern in Kenntniß von der Unverbindlichkeit des Vertrags in der Absicht einer speziellen schenkungsweisen Z u w e n d u n g theilweise erfüllt habe 1 0 . Für solche Fälle seien aber besondere V o r schriften zum Schutze der Gläubiger ebensowenig nöthig, wie in anderen Fällen einer vollzogenen speziellen Schenkung; es genügten die Vorschriften über die actio Pauliana. Ueberdies w ü r d e das Bedenken unter keinen Umständen es rechtfertigen, in W ü r d i g u n g desselben von der an sich als heilsam anzusehenden Formvorschrift abzusehen. 4. Die neu beschlossene Regelung lautet als § 37 a Abs. 2 : D e r Vertrag, durch welchen Jemand sein ganzes gegenwärtiges V e r m ö g e n oder einen Bruchtheil desselben einem Anderen zu übertragen sich verpflichtet, bedarf der gerichtlichen oder notariellen Form. III. 1. § 348 KE lautet wie § 37 a Z u s t O R . 2. In dem Prot. I 4780 heißt es: Im Antrage 2 §342an ist der § 348 KE zur entsprechenden A n w e n d u n g im Falle des Nießbrauches an einem ganzen V e r m ö gen herangezogen. V o n anderer Seite war beantragt, in dem § 348 K E hinter dem W o r t e „übertragen" sowohl in dem ersten als in dem zweiten Absätze einzuschalten „oder den Nießbrauch d a r a n zu bestellen". D e r letztere Antrag w u r d e von der Kommission angenommen. Erwogen w a r : Die G r ü n d e , welche die in § 348 K.E. gegebenen Vorschriften rechtfertigten, träfen in gleichem Maße z u , möchte nun ein V e r m ö g e n zu vollem Rechte oder nur zu Nießbrauch übertragen werden sollen. D a diese G r ü n d e nicht auf Eigenthümlichkeiten des Nießbrauchs, sondern darauf beruhten, daß der Vertragswille auf ein V e r m ö g e n oder auf eine Vermögensquote sich beziehe, so sei es vorzuziehen, statt hier eine Bestimmung a u f z u n e h m e n , den § 348 K.E. zu ergänzen.
8 9
11
Vgl. §518 Abs. 2 BGB. Vgl. §419 BGB. Ahnliche Erwägungen stellte die 1. Kommission bereits bei der Beratung über die Formfreiheit mit der vollzogenen Schenkung an (Prot. I, S. 1805 — 7; abgedruckt bei §518 BGB). Der von Kurlbaum stammende Antrag (Nr. 258, 4 SachR) lautet: „Auf den Nießbrauch an dem ganzen Vermögen eines Anderen oder an einer Erbschaft sollen die Bestimmungen des §311 (KE) entsprechende Anwendung finden", v. Schmitt stellte folgenden Antrag (Nr. 260 SachR): „Die Bestimmungen der §§ 311, 317, 348 KE finden auch auf den Nießbrauch an dem ganzen Vermögen oder an dem Bruchtheile eines solchen entsprechende Anwendung". Der Autor des folgenden, im Text genannten Antrags ist nicht feststellbar. 395
ZustOR § 37 a Abs. 2
§ 311
EI§
350
2. Abschnitt: Schuldverhältnisse aus Verträgen
IV. Im E / l a u t e t die Regelung als § 350: D e r Vertrag, durch welchen J e m a n d sein ganzes künftiges V e r m ö g e n oder einen Bruchtheil desselben einem Anderen zu übertragen o d e r Nießbrauch daran zu bestellen sich verpflichtet, ist nichtig. D e r Vertrag, durch welchen Jemand sein ganzes gegenwärtiges V e r m ö g e n oder einen Bruchtheil desselben einem Anderen zu übertragen o d e r den Nießbrauch daran zu bestellen sich verpflichtet, bedarf der gerichtlichen oder notariellen Form.
B. Vorkommission des Reichsjustizamtes I. Beantragt w a r Struckmann (Nr 1,90 a)
1. a) Den Eingang des § 350 Abs. 1 zu fassen: „Ein Vertrag, durch welchen J e m a n d sein künftiges Vermögen g a n z oder zu einem Bruchtheil einem Anderen usw. (wie im Entw.)." b) D e n Absatz 2 in folgender Fassung an die Stelle des § 342 (vgl. oben unter 88) zu setzen: „Ein Vertrag, durch welchen Jemand sein gegenwärtiges V e r m ö g e n ganz oder zu einem Bruchtheil einem Anderen usw. (wie im Ent.)."
Jacubezky (Nr. 5, 5)
2. Aus dem Absatz 1 des § 350 einen besonderen Paragraphen zu bilden und diesen hinter dem § 351 einzusetzen.
II. 58. Sitzung vom 5. 10. 1891 | D e r § 350 w u r d e inhaltlich genehmigt. Anlangend die Fassung, so sollen die Eingangsworte geändert werden und z w a r : E I-RJA § 350 in Abs. 1 dahin: Ein Vertrag, durch welchen Jemand sein künftiges V e r m ö g e n g a n z oder zu einem Bruchtheil einem Anderen usw. (wie im Entw.), in Abs. 2 dahin: Ein Vertrag, durch welchen Jemand sein gegenwärtiges V e r m ö g e n ganz oder zu einem Bruchtheil einem Anderen usw. (wie im Entw.). I ProtRJA 322 | Hinsichtlich der Stellung war man darüber einverstanden, daß die beiden Absätze zu trennen und in gesonderten Paragraphen an verschiedenen Stellen zu behandeln seien. Es w a r vorgeschlagen, den Abs. 2 an die Stelle des gestrichenen § 342 (und den § 351 an die Stelle des gleichfalls gestrichenen § 343) zu setzen 1 2 ; ein anderer Antrag ging dahin, den § 349 und den § 350 Abs. 1 als §§ 351 a und b einzuschalten 1 3 . Die Entscheidung der Platzfrage blieb vorbehalten 1 4 . |ProtRJA321
C. 2. Kommission I. Z u § 350 E I w a r beantragt (Prot. II, Bd. 1, S. 4 5 7 - 4 5 8 , Mugdan, S. 619): Struckmann (Nr 2, 8)
Bd. 1,
1. die Fassung des § 350 E I-RJA. (Es bleibt vorbehalten, den § 350 Abs. 2 und den § 351 unter der Überschrift „Form der Verträge" an die Stelle der §§ 342, 343 o d e r an eine andere geeignete Stelle zu setzen.)
12 13 14
Antrag von Struckmann (Nr. 1, 84). Antrag von Jacubezky (Nr. 5,5). Aus dem Prot, der Vorkommission ist eine Entscheidung nicht ersichtlich.
396
1. Titel: Begründung. Inhalt des Vertrags
§312
2. den Abs. 2 auf Verträge über die Erbschaft eines Dritten, soweit solche nach dem zu § 349 beschlossenen Zusätze erlaubt sind, auszudehnen. 3. Der Antrag von v. Cuny (Nr. 62, 1) fehlt in den Protokollen. Er lautet: „In § 350 Abs. 1 die Worte ,oder den Nießbrauch daran zu bestellen' zu strei chen und in Abs. 2 statt des Wortes ,daran' zu setzen: an dem ganzen gegenwärti gen oder zukünftigen Vermögen oder einem Bruchtheile desselben." Die Kommission nahm die Anträge 1 u. 2 an.
v. Cuny (Nr 62, 1)
II. § 350, 350 a E I-VorlZust lautet wie § 350 E I-RJA. III. In der ZustRedKom lautet die Regelung: § 350. Ein Vertrag, durch welchen jemand sich verpflichtet, sein künftiges Vermögen oder einen Bruchtheil desselben einem anderen zu übertragen oder den Nießbrauch daran zu bestellen, ist nichtig. § 350 a. Ein Vertrag, durch welchen jemand sich verpflichtet, sein gegenwärtiges Vermögen oder einen Bruchtheil desselben einem anderen zu übertragen, oder den Nießbrauch daran zu bestellen, bedarf der gerichtlichen oder notariellen Form.
E I-ZustRedKom §350 E I-ZustRedKom §350
IV. 1. Fassung der Regelung im E l l : § 262. Ein Vertrag, durch den sich Jemand verpflichtet, sein künftiges Vermö- E II § 262 gen oder einen Bruchtheil desselben zu übertragen oder den Nießbrauch an dem Vermögen oder einem Bruchtheile desselben zu bestellen, ist nichtig. § 263. Ein Vertrag, durch den sich Jemand verpflichtet, sein gegenwärtiges Ver- E II § 263 mögen oder einen Bruchtheil desselben zu übertragen oder den Nießbrauch an dem Vermögen oder einem Bruchtheile desselben zu bestellen, bedarf der gerichtlichen oder notariellen Beurkundung. 2. Revision des E II (Prot. II, Bd. 5, S. 434 ff, 444, Bd. 6, S. 156, Mugdan, Bd. 2, S. 619) Aufgrund eines Vorschlags der Subkommission über die gerichtliche und notarielle Form, wurde der § 263 gefaßt: „Ein Vertrag, durch den . . . zu bestellen, bedarf der gerichtlichen oder notariellen Form". 2. Der Antrag, in den §§ 262, 263 die Worte „oder einen Bruchtheil desselben" v. Mandry und „einem Bruchtheile desselben" zu streichen (vgl. §§994, 1343, 1702 Nr. 1) (Nr 31, 3) wurde der Redaktionskommission überwiesen. V. Die Fassung der §§ 304, 305 Ell §§310,311 BGB 15 .
rev (§§ 304, 305 E III) entspricht der der
§312 Ein Vertrag über den Nachlaß eines noch lebenden Dritten ist nichtig. Das Gleiche gilt von einem Vertrag über den Pflichtteil oder ein Vermächtnis aus dem Nachlaß eines noch lebenden Dritten. 15
Die heutige Fassung des § 311 BGB beruht auf einem Gesetz vom 28. 8. 1969 (BGBl. I. 1513). 397
§312
2. Abschnitt: Schuldverhältnisse aus Verträgen
Diese Vorschriften finden keine Anwendung auf einen Vertrag, der unter den künftigen gesetzlichen Erben über den gesetzlichen Erbtheil oder den Pflichttheil eines von ihnen geschlossen wird. Ein solcher Vertrag bedarf der gerichtlichen oder notariellen Beurkundung.
A. 1. Kommission 73. Sitzung vom 27. 3. 1882, Schriftführer Neubauer I Prot I 569 I Zu § 6 des Entwurfes : TE-OR (Nr 11) „Verträge über die noch nicht angefallene Erbschaft eines bestimmten oder un§ 6 bestimmten Dritten oder über einen Theil derselben, oder über einen einzelnen Gegenstand aus derselben sind nichtig, ausgenommen wenn der Vertrag in Verbindung mit einem Erbverzichts- und Erbeinsetzungsvertrage geschlossen wird." war beantragt: Kurlbaum 1. den § 6 zu fassen: (Nr 27, 6) „Wird eine Leistung, welche sich auf die Erbschaft eines Dritten oder auf ein Vermächtniß aus derselben bezieht, vor Eintritt des Erbfalles versprochen, so ist das Versprechen nichtig." 2. statt des § 6 zu bestimmen: „Verträge, welche über die Erbschaft eines Dritten vor Eintritt des Erbfalles geschlossen werden, sind nichtig, ausgenommen, wenn sie mit Einwilligung des Dritten geschlossen werden." 3. zusätzlich zu bestimmen (vgl. Motive S. 32) r1 „Ist die Erbschaft an einen muthmaßlichen Miterben gültig veräußert worden, so gehen mit dem Anfall an den Veräußernden die Rechte und Pflichten desselben in Beziehung auf die veräußerte Erbschaft oder den veräußerten Gegenstand aus derselben auf den Erwerber über." 1 Dieser Antrag stammt wahrscheinlich von Roth. Jedenfalls trat er in der Kommssion dafür ein, daß unter Miterben eine vorherige Regelung über den Erbteil möglich zulässig sein sollte (Nachlaß v. Schmitt). — Nach dem Vorschlag v. Kübels sollten Erbschaftsverträge unter künftigen Miterben nichtig sein : „Soweit es sich aber um Verträge unter den Miterben handelt, kommt in Betracht, daß solche Verträge mit völliger Sicherheit nur dann geschlossen werden können, wenn der Erblasser selbst an dem Vertrage als Mitkontrahent theilnimmt, während andernfalls mehr oder weniger ungewiß bleibt, ob nicht der Zweck des Vertrages durch eine anderweitige Verfügung des Erblassers vereitelt werde, und somit dem Bedürfnisse, soweit solches anzuerkennen wäre, durch die Zulassung eines Erbschaftsvertrages, bei welchem der Erblasser nicht Mitkontrahent ist, doch nur unvollkommen entsprochen würde" (S. 29). Der Erbschaftsvertrag sollte nach v. Kübel nur Geltung haben, „wenn der muthmaßliche Erbe zugleich einen Erbverzichtsvertrag mit dem Erblasser und der Letztere mit Demjenigen, zu dessen Gunsten der Verzicht erfolgt ist, einen Erbeinsetzungsvertrag geschlossen und hiermit diesem ein unwiderrufliches Recht auf die künftige Erbschaft eingeräumt hat." (S. 32). — Der Eventualvorschlag von v. Kübel lautet: „Verträge . . . (Wie § 6 T E - O R , Nr. 9) . . . geschlossen wird, oder wenn die Vertragsschließenden nach den Verhältnissen zur Zeit der Vertragsschließung als muthmaßliche Erben des Dritten aus dem Gesetze anzusehen waren und der Vertrag notariell oder gerichtlich errichtet ist." Abs. 2 wie Antrag Nr. 3 (a. a. O., S. 32). Die Regelung des Abs. 2 geht auf § 2141 Zürch.GB und die preuß. Praxis zurück. 398
1. Titel: Begründung. Inhalt des Vertrags
§312
Es wurden folgende Beschlüsse gefaßt: Der Antrag zu 2 | wurde abgelehnt und | Prot I 570 das Prinzip des Entwurfes insoweit angenommen, als er den Vertrag über die Erbschaft eines Dritten vor dessen Tode für nichtig erklärt; abgelehnt dagegen der Entwurf, soweit er auch auf Theile und Gegenstände der Erbschaft sich bezieht, und soweit er auch solche Verträge trifft, welche nach dem Tode des Dritten, aber noch vor dem Anfalle geschlossen werden. Abgelehnt wurde sodann der Antrag zu 3, ferner die Schlußbestimmung des Entwurfes: „ausgenommen wenn der Vertrag in Verbindung mit einem Erbverzichts- und Erbeinsetzungsvertrage geschlossen wird". Der Antrag zu 1 war zurückgezogen. Die Gründe der Beschlüsse waren: Das Prinzip, welches in § 6 des Entwurfes enthalten sei, werde durch die in den Motiven (S. 22 ff) 2 entwickelten Gründe zur Genüge gerechtfertigt. Diese Gründe gestatteten weder die Annahme des Antrages zu 2 noch des Antrages zu 3. Von besonderer Bedeutung sei, daß beide Anträge nur dann von praktischem Werth seien, wenn den fraglichen Verträgen nicht nur obligatorische Geltung, sondern auch erbrechtliche Wirkung beigelegt würde, und eine solche Regelung führe zu einem Widerspruche mit dem das Erbrecht beherrschenden Prinzipe, daß nur das Gesetz oder der Wille des Erblassers den Erben bestimme. Nur darin gehe der Entwurf zu weit, daß er das Verbot auch auf den Fall erstrecke, wenn über einen Theil oder Theile und Gegenstände der Erbschaft kontrahirt sei. Daß das Verbot sich auch auf den Fall erstrecke, wenn über eine Quote kontrahirt sei, verstehe sich von selbst. Im übrigen müsse konkret geprüft werden, ob und inwiefern ein nur auf Theile und Gegenstände der Erbschaft sich beziehender Vertrag unter das Verbot falle. Auch darin gehe der Entwurf zu weit, daß er nicht den Tod des Erblassers, sondern den Erbanfall als den entscheidenden Moment hinstelle. Sei der Erblasser mit Tod abgegangen, so zessirten regelmäßig die Hauptgründe, welche das Verbot zu rechtfertigen geeignet seien. Anlangend aber die Schlußvorschrift des Entwurfes, so sei dasjenige, was zu bestimmen bezweckt sei, selbstverständlich und aus der Aufnahme der Bestimmung nur Mißver- | Prot I 571 ständniß zu besorgen. II., III. 1. In der ZustOR (gleichlautend im KE) lautet die Regelung als § 37: Der über die Erbschaft eines Dritten vor dessen Tod geschlossene Vertrag ist ZustOR § 37 nichtig. Dies gilt auch von der Erbschaft eines unbestimmten Dritten. KE $ 347
2
von Kübel ging davon aus, daß Erbschaftsverträge nach den neueren Gesetzen und Entwürfen grundsätzlich nichtig waren. Die heutige Auffassung fasse „den Erbschaftsvertrag mindestens der Regel nach, und soweit nicht der Dritte selbst an dem Vertrags Theil genommen hat, als etwas Verwerfliches und dem sittlichen Gefühle Widerstreitendes auf" (S. 28). Auch stellten sich solche Verträge vom „volkswirthschaftlichen Standpunkte als verderblich dar" und könnten „leicht das Wohl einer ganzen Familie gefährden". (S. 29). Neben konstruktiven Bedenken führte er noch folgenden inneren Grund an: „Die Erbberechtigung beruht im Allgemeinen darauf, daß die Gesellschaft und der Staat eine Vermögensmasse, Demjenigen überlassen, welchem der bisherige Inhaber vermöge der im Familienzusammenhang präsumirten oder in einer letztwilligen Verfügung zum Ausdruck gebrachten Zuneigung es zugewendet wissen wollte oder doch hätte zuwenden sollen. Verfügt daher der präsumtive Erbe über die zu hoffende Erbschaft zu Gunsten eines Anderen, so verstößt er damit gegen die Grundgedanken des Erbrechts und verletzt die Familienpietät, woraus sich die Ungültigkeit des fraglichen Vertrags als eine innerlich begründete Folge ergibt." (S. 2 9 - 3 0 ) . 399
§312
2. Abschnitt: Schuldverhältnisse aus Verträgen
2. Nach § 83 Abs. 1 S. 2 TE-ErbR sollte folgendes bestimmt werden: „Das dem Nachberufenen angefallene Recht auf die Erbschaft ist vererblich; die Veräußerung oder Belastung desselben ist ausgeschlossen." Hierzu lag der Antrag des Referenten v. Schmitt vor, statt dessen folgendes zu beschließen: „Vor dem Eintritte des Falles der Nacherbschaft kann das Recht des Nacherben weder veräußert noch belastet werden". Die 1. Kommission beschloß hierzu folgendes : I Prot 19291 | Die auf die Veräußerung und Belastung des Rechtes sich beziehenden Vorschriften des § 83 Abs. 1 Satz 2 und Antrag 1 wurden abgelehnt. Dagegen soll eine, an § 347 K.E. in der Fassung sich anlehnende Vorschrift folgenden Inhalts aufgenommen werden : „Der über das (bedingte oder betagte) Recht des Nacherben auf die Erbschaft vor Eintritt des Falles der Nacherbschaft abgeschlossene Vertrag ist nichtig." Stellung und Fassung der aufzunehmenden Vorschrift blieben der Prüfung bei der Redaktion vorbehalten. Erwogen war: Die beschlossene Vorschrift beschränkte in erster Linie die obligatorische Vertragsfreiheit des eingesetzten Nacherben. Ohne eine solche Vorschrift würde es dem eingesetzten Nacherben freistehen, sich einer anderen Person dahin zu verpflichten, daß er gegenüber derselben, wenn der Fall der Nacherbschaft eintrete, die Verbindlichkeiten eines Verkäufers der Erbschaft haben wolle. Gegen die Zulassung eines derartigen obligatorischen Vertrages über eine noch nicht angefallene I Prot I 9292 Erbschaft sprä-1 chen zwar nicht alle diejenigen Gründe, welche zu der Vorschrift des § 347 K.E. geführt hätten, da es sich im § 347 K.E. um eine obligatorische Erbschaftsveräußerung vor Eintritt des Erbfalles handele. Für die gegenwärtige Vorschrift lasse sich indessen geltend machen, daß erhoffte Nacherbschaften wenig geeignete Verkehrsobjekte seien und daß eine verfrühte, wenn auch nur obligatorische, Veräußerung unwirthschaftlich und deshalb im öffentlichen Interesse thunlichst zu verhüten sei. In zweiter Linie diene die beschlossene Vorschrift dazu, daß vermöge eines argumentum a potiori klargestellt werde, auch ein dinglicher auf Veräußerung oder Belastung des Rechtes des Nacherben gerichteter Vertrag sei ohne Wirkung. Die Unwirksamkeit eines solchen Vertrages besonders auszusprechen, sei um so weniger nöthig, als es selbstverständlich sei, daß der Nacherbe durch einen Vertrag nicht einen Dritten zum Nacherben machen und den Anfall der Erbschaft an den Dritten nicht herbeiführen könne, weil ein Erbe nur durch Gesetz oder letzten Willen berufen werde.
I P r o t i 10231 v. Mandry (Nr 262, 1) I P r o t ! 10232
3. Im Rahmen der Beratungen des Pflichtteilsrechts stellte v. Mandry den Antrag 3 , dem § 347 KE als zweiten Absatz beizufügen: I „Ingleichen ist der Vertrag über das Seitens eines Dritten zugewendete Vermächtniß und der Vertrag über den Pflichttheilsanspruch gegen die Erben eines Dritten, wenn er vor dem Tode dieses Dritten ge- | schlossen wird, nichtig." (Laut Prot. S. 569 ist allerdings zu § 347 K.E. der Antrag des Entwurfes, das Verbot auszudehnen auf Verträge über „einzelne Gegenstände einer noch nicht angefallenen Erbschaft", abgelehnt worden; für die Ausdehnung war aber nur gel3
Die unter 3. und 4. mitgeteilten Ziffern der Anträge beziehen sich auf das Erbrecht.
400
1. Titel: Begründung. Inhalt des Vertrags
§312
tend gemacht, daß außerdem ein Weg zur Umgehung der Verträge über noch nicht angefallene Erbschaften betreffenden Verbotes offen bleibe [Motive Nr. 11, S. 34]; dementsprechend ist im Protokolle als Grund für die Ablehnung der beantragten Ausdehnung auch nur angeführt: es müsse konkret geprüft werden, ob und inwieweit ein nur auf Theile oder Gegenstände einer Erbschaft sich beziehender Vertrag unter das Verbot falle.) I Der Antrag auf Ergänzung des § 347 K E wurde angenommen, weil man sich | Prot I 10244 überzeugte, daß die inneren Gründe für die Vorschrift des § 347 K E auch für die beantragte Ausdehnung sprechen. 4. Zu den §§ 347, 348 K E war seitens des Referenten (v. Schmitt) beantragt: I die Paragraphen dahin zusammenzufassen: | Prot I 11289 „Der Vertrag, durch welchen Jemand sein ganzes künftiges Vermögen oder die ihm noch nicht angefallene Erbschaft eines bestimmten oder unbestimmten Dritten einem Anderen zu übertragen oder | den Nießbrauch daran zu bestellen sich ver- |Proti 11290 pflichtet, ist nichtig. Der Vertrag, durch welchen Jemand sein ganzes gegenwärtiges Vermögen oder eine ihm angefallene Erbschaft einem Anderen zu übertragen oder den Nießbrauch daran zu bestellen sich verpflichtet, bedarf der gerichtlichen oder notariellen Form. Die Bestimmungen des ersten und zweiten Absatzes finden auf den Vertrag über Bruchtheile eines Vermögens oder einer Erbschaft entsprechende Anwendung." Von anderer Seite lagen folgende Anträge vor: 1. a) den § 347 zu fassen: „Der Vertrag über die Erbschaft eines bestimmten oder unbestimmten Dritten, über ein Vermächtniß oder ein Pflichttheilsrecht ist nichtig, sofern er vor Eintritt des Erbfalles geschlossen wird. Das Gleiche gilt in Ansehung des Vertrages über die Nacherbschaft, sofern er vor Eintritt der Nacherbfolge mit einem Dritten geschlossen wird. Die Vorschriften des ersten Absatzes finden auch Anwendung, wenn der Vertrag einen Bruchtheil der Erbschaft oder Nacherbschaft oder einen Theil des Vermächtnisses oder Pflichttheilsrechtes zum Gegenstande hat."
Kurlbaum (Nr 458, 1 ff)
b) den § 1786 der Zusst. 4 zu streichen . . . I 2. Bei Annahme des Antrages l a den zweiten Satz des ersten Absatzes zu |Proti 11291 fassen: „Das Gleiche gilt in Ansehung des Vertrages über die Nacherbschaft eines Dritten, sofern der Vertrag vor Eintritt der Nacherbfolge mit einem Anderen als dem Vorerben geschlossen ist." 3. die in dem Antrage 1 a vorgeschlagene Vorschrift zu fassen: „Der Vertrag über die Erbschaft eines bestimmten oder unbestimmten Dritten, über das von einem Dritten anzuordnende oder angeordnete Vermächtniß (oder kürzer „über das Vermächtniß eines Dritten") oder über | den Pflichttheil, welchen | Prot 11292 ein Dritter zu hinterlassen hat, ist nichtig, sofern er vor Eintritt des Erbfalles geschlossen wird.
4
§ 1786 der „Zusammenstellung" lautet: „Der vor Eintritt der Nacherbfolge über das nacherbschaftliche Recht abgeschlossene Vertrag ist nichtig."
401
§312
2. Abschnitt: Schuldverhältnisse aus Verträgen
Das Gleiche gilt in Ansehung des Vertrages über die Nacherbschaft, welcher nach Eintritt des Erbfalles, aber vor Eintritt der Nacherbfolge mit einem Anderen als dem Vorerben geschlossen wird. Die Vorschriften des ersten Absatzes... (wie im Antrage 1 Abs. 2, nur daß statt: „Pflichttheilsbetrages" zu setzen ist „Pflichttheils".)" Die Berathung führte zu folgenden Ergebnissen : 1. Es wurde beschlossen, den § 1786 der Zusst. zu streichen und den § 347 Abs. 1 Satz 1 K.E. zu fassen: Der über die Erbschaft eines Dritten oder über den Bruchtheil eines solchen Erbtheiles vor dem Tode des Erblassers geschlossene Vertrag ist nichtig, im übrigen aber den § 347 unverändert zu lassen. Erwogen war: Der § 1786 der Zusst. beruhe auf Gründen, welche mit den gesetzgeberischen Erwägungen, die dem § 347 K.E. zum Grunde liegen, nicht harmonirten und bei konsequenter Durchführung zu einer Ausdehnung der Vorschriften des § 347 K.E. nach Art des von dem Referenten gemachten Vorschlages führten müßten, zu I Prot I 11293 vergi. Prot. S. 570, | 9291. Die Erweiterung müßte dahin gehen, daß nicht bloß der Abschluß von obligatorischen Veräußerungsverträgen über die Erbschaft einer noch lebenden Person, also über eine überhaupt noch nicht angefallene Erbschaft, sondern auch derjenige Vertrag verboten werde, durch welchen Jemand eine Erbschaft veräußere, deren Anfall er auf den Fall der Erledigung des bereits erfolgten Anfalles der Erbschaft an eine andere Person für sich erhoffe. Im letzteren Falle lasse sich konsequenter Weise kein Unterschied zwischen den Fällen der Nacherbschaft und den Fällen machen, in denen der Anfall infolge des Wegfalles des Nächstberufenen an einen ferner Berufenen erfolge. Der Umstand, daß der Nacherbe mit Eintritt des Erbfalles bereits ein festes, wenn auch bedingtes Recht erworben habe, könne einen Unterschied nicht machen, denn immer werde es sich darum handeln, ob man die vorzeitige Realisirung von Erbaussichten zum Schutze des Anwärters gegen die Folgen eines solchen aleatorischen Rechtsgeschäftes verbieten solle. Die vermittelnden Vorschläge der Anträge 1 und 2 seien deshalb nicht zu billigen und stehe man vor der Alternative, entweder das Verbot der obligatorischen Veräußerung auch auf die Zeit nach Eintritt des Erbfalles allgemein auszudehnen auf alle Fälle, in welchen der Veräußerer die Herausgabe einer Erbschaft verspreche, deren Anfall er erhoffe, oder es bei der enger gefaßten Vorschrift des § 347 K.E. zu belassen und den § 1786 der Zusst. zu streichen. Für die Entscheidung im letzteren Sinne spreche, daß eine bevormundende Beschränkung der obliI Prot 1 11294 ga-1 torischen Vertragsfreiheit Bedenken errrege, und daß diese Bedenken bei der Verallgemeinerung der im § 1786 der Zust. enthaltenen Vorschrift das Uebergewicht über die für die Aufnahme des § 1786 geltend gemachten Gründe erhalten würden. Die beschlossene Fassungsänderung des § 347 Abs. 1 K.E. durch Hineinziehung des Bruchtheiles einer Erbschaft entspreche der bisher eingehaltenen Redaktionsmethode. Weitere Aenderungen der Fassung des § 347 erschienen nicht geboten. Der Fall der vertragsmäßigen Verpflichtung zur Bestimmung eines Nießbrauches an der Erbschaft falle an sich schon unter den Begriff eines Vertrages über die Erbschaft. Für Vermächtnisse und Pflichttheilsansprüche aber sei die entsprechende Bestimmung in dem laut Prot. S. 10231, 10232, 10244 beschlossenen zweiten Absätze des § 347 enthalten. Den Ausdruck „Pflichttheilanspruch" in diesem zweiten 402
1. Titel: Begründung. Inhalt des Vertrags
§312
Absätze zu gebrauchen, obwohl ein solcher Anspruch vor dem Tode des Erblassers nicht besteht, also in einem Vertrage der hier fraglichen Art nur als ein künftig entstehender in Betracht kommen kann, fand man unbedenklich. IV. Die beschlossene Regelung lautet im E I als § 349: Der über die Erbschaft eines Dritten oder über den Bruchtheil einer solchen E I § 349 Erbschaft vor dem Tode des Erblassers geschlossene Vertrag ist nichtig. Dies gilt auch von der Erbschaft eines unbestimmten Dritten. Die Vorschriften des ersten Absatzes finden auf Verträge über ein Vermächtniß oder über einen Pflichttheilsanspruch entsprechende Anwendung.
B. Vorkommission des Reichsjustizamtes I. Beantragt war: 1. den § 349 zu fassen: Ein Vertrag über die Erbschaft eines lebenden Dritten oder unbestimmter Dritter ist nichtig. Diese Vorschrift findet usw. (wie Abs. 2 des Entw.). 2. Den § 349 hinter § 351 a 5 zu versetzen.
Struckmann (Nr 1, 89) Jacubezky (Nr 5, 4)
II. 57. Sitzung vom 2. 10. 1891 I 8. Der § 349 wurde sachlich nicht beanstandet. Er erhielt folgenden Wortlaut:
| ProtRJA 320
„Ein Antrag über die Erbschaft eines lebenden Dritten ist nichtig. E I-RJA Diese Vorschrift findet auf Verträge über ein Vermächtniß oder einen Pflicht- § 349 theilanspruch entsprechende Anwendung."
C. 2. Kommission I. Zu § 349 war beantragt (Prot. II, Bd. 1, S. 456; Mugdan, Bd. 2, S. 618): 1. die Fassung des 349 E I-RJA;
Struckmann (Nr 2, 7) v. Rüger
2. dem § 349 als Abs. 3 hinzuzusetzen: die Vorschriften des ersten und zweiten Absatzes finden keine Anwendung auf Verträge, welche unter den zukünftigen gesetzlichen Erben des Dritten zum Zwekke ihrer Auseinandersetzung als zukünftige Miterben geschlossen werden. 3. in das Erbrecht des Entw. eine Vorschrift aufzunehmen, welche unter Beschränkung auf Abkömmlinge und Ehegatten das Bedürfniß befriedigt, welchem der Antrag 2 Rechnung tragen will. Der Antrag 1 wurde angenommen; sachlich ist somit der Entw. nicht beanstandet, die Bestimmung des Abs. 1 Satz 2 jedoch als überflüssig weggelassen. Auch der Antrag 2 fand Annahme, womit der Antrag 3 sich erledigte. 5
Der entspr. Antrag (J 351 a E I ) von Jacubezky ist von der Vorkommission nicht beraten worden. Er wird bei § 253 BGB (Anm. 6) mitgeteilt. 403
(Nr 50, 1)
§313 E I-VorlZust S 349
2. Abschnitt: Schuldverhältnisse aus Verträgen
II. In der VorlZust lautet die Regelung als § 349: Ein Vertrag über eine Erbschaft, über einen Pflichttheilsanspruch oder über ein Vermächtniß ist nichtig, wenn der Erblasser zur Zeit des Abschlusses des Vertrages noch lebt. Diese Vorschrift findet keine Anwendung auf einen Vertrag, welcher unter den zukünftigen gesetzlichen Erben eines Dritten (zum Zwecke der Auseinandersetzung) über ihre gesetzlichen Erbtheile geschlossen wird. Ein solcher Vertrag bedarf indessen der gerichtlichen oder notariellen Form.
III. In der ZustRedKom lautet die Regelung als § 349: E I-ZustRedKom Ein Vertrag über eine Erbschaft, einen Pflichttheil oder ein Vermächtniß ist S 349 nichtig, wenn er den Nachlaß eines noch lebenden Dritten betrifft. Diese Vorschrift findet keine Anwendung auf einen Vertrag, welcher unter künftigen gesetzlichen Erben über den gesetzlichen Erbtheil oder über den Pflichttheil eines desselben geschlossen wird. Ein solcher Vertrag bedarf der gerichtlichen oder notariellen Form.
E II § 264
IV. 1. Fassung der Regelung im E Hals § 264: Ein Vertrag über den Nachlaß eines noch lebenden Dritten ist nichtig. Das Gleiche gilt von einem Vertrag über den Pflichttheil oder ein Vermächtniß aus dem Nachlaß eines noch lebenden Dritten. Diese Vorschriften finden keine Anwendung auf einen Vertrag, der unter künftigen gesetzlichen Erben über den gesetzlichen Erbtheil oder den Pflichttheil eines derselben geschlossen wird. Ein solcher Vertrag bedarf der gerichtlichen oder notariellen Form. 2. Aufgrund einer Vorlage der Subkommission über die gerichtliche und notarielle Form beschloß die 2. Kommission, in § 364 Abs. 2 S. 2 das Wort „Form" durch „Beurkundung" zu ersetzen (Prot. II, Bd. 5, S. 443 ff). Ein von der Kommission abgelehnter Antrag wollte einen Vertrag mit der dinglichen Wirkung zulassen, daß das künftige gesetzliche Erbrecht oder Pflichttheilsrecht auf den anderen Teil übergeht (Prot. II, Bd. 5, S. 610 f). V. § 306 E II rev (E / / / § 306) entspricht § 312 BGB 6 .
§313 Ein Vertrag, durch den sich der eine Teil verpflichtet, das Eigentum an einem Grundstücke zu übertragen, bedarf der gerichtlichen oder notariellen Beurkundung. Ein ohne Beobachtung dieser Form geschlossener Vertrag wird seinem ganzen Inhalt nach gültig, wenn die Auflassung und die Eintragung in das Grundbuch erfolgen.
6
Die heutige Fassung des §312 BGB beruht auf einem Gesetz vom 28.8. 1969 (BGBl. I
1513). 404
1. Titel: Begründung. Inhalt des Vertrags
§313
A. 1. Kommission I. 708. Sitzung vom 19. 10. 1887, Schriftführer Ege I Es wolle folgender neuer § 348 a eingeschaltet werden :
| Prot 111763
„Der Vertrag, durch welchen Jemand zu der Uebertragung des Eigenthums an 533^ einem Grundstücke oder zu der Bestellung oder Aufhebung eines anderen Rechts an einem Grundstücke sich verpflichtet, bedarf der gerichtlichen oder notariellen Form." (Bemerkungen. Unter dem 21. September 1876 wurde von der Kommission die Formfreiheit der obligatorischen Immobil. Verträge beschlossen und dieser Beschluß später [18. November 1881]1 festgehalten, im wesentlichen deshalb, weil die für das Gegentheil vorgebrachten Gründe nicht solche seien, die nicht schon bei der ersten Beschlußfassung [vgl. Vorlage über die Vertragsform S. 10, 13 ff] gewürdigt wären. Prot. S. 151, 1522. Der vorstehende Antrag geht nicht so weit, das abgelehnte Legalitätsprinzip wieder aufzunehmen. Dahingestellt mag auch bleiben, ob von der beantragten Formalisirung nicht diejenigen Verträge auszu-1 nehmen sind, durch welche sich zur | Proti 11764 Abtretung von Hypotheken oder Grundschulden verpflichtet wird. Obschon der Kommissionsbeschluß vom 18. November 1881 auf bereits gewürdigte Gründe für die beantragte Formalisirung sich nicht einließ, glaube ich doch im gegenwärtigen Stadium der Berathung nochmals darauf kurz hinweisen zu sollen, daß es sich um eine aus praktischen Gründen, vorzugsweise der Erfahrung, zu beurtheilende Zweckmäßigkeitsfrage handelt; daß Formgebundenheit im geltenden deutschen Rechte weithin überwiegt [Preuß. Landrecht, Württemb. —, Sachs. —, Hess. - , Bayr. Recht] ja das Ergebniß der neueren Gesetzgebung ist, die von organisatorischen und finanzpolitischen Rücksichten nicht unbeeinflußt war; daß ferner dem Vorgange des Handelsgesetzbuchs eine Bedeutung für Immobiliar-Verträge kaum und um so weniger wird beizumessen sein, als der Handel mit Grundstücken gewiß aus dem Gesichtspunkte einer Verkehrserleichterung nicht vorwiegend in Betracht kommen kann; daß endlich diejenigen Gründe, welche gegen die Privatschriftform sprechen, den Antrag nicht berühren, der die öffentliche Form, im Anschluß an den Kommissionsbeschluß vom 21. September 1876 [Fn.: bei aner-
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Die Protokolle der Sitzungen vom 21. 9. 1876 und vom 18. 11. 1881 sind abgedruckt bei § 125 BGB. Vgl. Materialien bei § 125 BGB. Am 18. 11. 1881 hatte Schmitt bereits einen ähnlichen Antrag gestellt, der mit sieben gegen vier Stimmen abgelehnt worden war. Nach v. Kübel (Motive, Vorlage Nr. 8, S. 14) lag „kein genügender Grund vor, bei den Verträgen an dem im Allgemeinen zu verwerfenden Vormundschaftssysteme festzuhalten. Der aus der größeren Bedeutung und Wichtigkeit des Immobiliarbesitzes hergenommene Grund für das Bedürfniß einer besonderen Fürsorge für die Vertragsschließenden trifft in vielen Fällen, wo es sich um an sich schon unbedeutende Grundstücke handelt, oder das Vertragsobjekt für die Vertragschließenden nach Maßgabe ihrer Vermögensverhältnisse nur eine untergeordnete Bedeutung hat, überhaupt nicht zu. Er müßte aber in seiner Konsequenz viel weiter zu dem Formzwang auf alle Verträge führen, deren Gegenstand einen größeren Werth hat, und es wäre die Beschränkung auf die Veräußerung von Grundstücken bezielende Verträge um so willkürlicher, als im heutigen Verkehrsleben der Mobiliarbesitz eine hervorragende Bedeutung erlangt hat, und an Wichtigkeit hinter dem Immobiliarbesitze nicht zurücksteht." Eine Rücksicht auf Dritte bedurfte es nach Kübels Meinung im Hinblick auf das Abstraktionsprinzip nicht. 405
§313
2. Abschnitt: Schuldverhältnisse aus Verträgen
kanntem Formbedürfniß sei in der Regel die öffentliche Form vorzuschreiben] vor| schlägt, — und all das um so mehr, als bei der letzten Berathung von einer gegen den Antrag votirenden Stimme die Frage für so bedeutend erklärt wurde, daß in derselben das letzte Wort noch nicht gesprochen sein werde. Diese Voraussicht ist dann auch im Laufe der weiteren Kommissionsverhandlungen zur Wirklichkeit geworden. Maßgebend für die Formfreiheit der obligatorischen Veräußerungsverträge überhaupt war ursprünglich die Erwägung, daß der höhere Werth des Vertragsgegenstandes noch keinen Grund für die Formalisirung des Geschäftes bilden könne, eine Betrachtung, welche selbst für Verträge über das ganze [gegenwärtige] Vermögen noch bei der Berathung der Vorschriften über die Schenkung zu dem Beschluß führte: auch dieser Fall gebe zu einer besonderen Bestimmung in Ansehung der Geschäftsform [Fn.: Vorbehaltlich der für Schenkungen beschlossenen Formvorschriften (§ 438 K.E.) und vorbehaltlich der Formalisirung des Geschäfts für den (nicht eingetretenen) Fall, daß die Vermögensabtretung unter Lebenden unter den Gesichtspunkt der Universalsukzession gestellt werden sollte. Die Schenkung des ganzen Vermögens bildet nur einen Unterfall der Vermögensabtretung; darum wurde auch die ursprünglich auf Schenkung beschränkte Bestimmung des § 438 Abs. 1 generalisirt, Prot. S. 1 7 9 1 . ] keinen Anlaß. Prot, vom 2 1 . September 1 8 7 6 , 18. November 1881, 3. März 1883 S. 1805 und ff 3 . Als aber später der Gesellschaftsvertrag zur Berathung gelangte, wurde auf gestellten Antrag die FormalisiI Prot 1 11766 rung aller Vermögensübertragungsverträge beschlossen [§ 348 Abs. 2 KE], | in der Erwägung, daß es einen Vertrag von inhaltsschwererer Bedeutung kaum geben könne, als den über die Abtretung des ganzen gegenwärtigen Vermögens usw. und daß deshalb die Verhütung von Uebereilungen und die Befestigung der Rechtssicherheit [Fn.: Allerdings auch, um zu verhindern, daß die Formvorschriften für Verfügungen von Todeswegen umgangen werden. Allein dieses Motiv konnte nur für Schenkungen, nicht für den onerosen Vertrag der Abtretung des gegenwärtigen Vermögens unter Lebenden Bedeutung haben.] besondere Beachtung erheische. Prot. S. 2 9 1 3 , 2 9 1 4 · » . Maßgebend für die Formfreiheit der obligatorischen Immobiliarverträge war ursprünglich neben der Erwägung, daß viele Immobilien absolut oder relativ einen geringen Wert repräsentirten, die Betrachtung, daß im heutigen Verkehrsleben der Mobiliarbesitz eine hervorragende Bedeutung erlangt hat und an Wichtigkeit hinter dem Immobiliarbesitze nicht zurücksteht. Mot. zum Oblig.-R.-Entw. a. a. O. Später, bei den Fragen über die Verfügungsmacht des in Gütergemeinschaft lebenden Ehemannes in Ansehung von Gesamtgut, sodann des elterlichen Gewaltinhabers und Vormundes in Ansehung von Kinder- oder Mündelvermögen ging man aber von der Betrachtung aus, daß das unbewegliche Vermögen, wenn auch nicht hingesehen auf das Wertverhältniß, so doch hingesehen auf seine wirthschaftliche und soziale Bedeutung, gegenüber dem beweglichen Vermögen auch noch gegenIProti 11767 wärtig eine | hervorragende Stellung einnehme; der bei weitem größere Theil des Grundbesitzes bilde die feste Grundlage des Bauern- und Gutsbesitzer-Standes; der Grundbesitz mache bei diesem Stande regelmäßig den Hauptbestandtheil des Vermögens aus und sei bei demselben die Basis der ganzen wirthschaftlichen Thätigkeit und des Standesverhältnisses, die Veräußerung des Grundbesitzes habe daher in diesen Kreisen der Bevölkerung eine besonders tief eingreifende Wirkung auf I Prot 1 11765
3 Vgl. Anm. in den Prot. I und Materialien zu § 518 BGB. * Materialien bei S 310, 311 BGB.
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1. Titel: Begründung. Inhalt des Vertrags
§313
die Lebensverhältnisse der ganzen Familie . .., auch der bloß obligatorische Immobiliarvertrag nähere sich im ökonomischen Erfolge dem dinglichen Veräußerungsvertrage, da in Ansehung des ersteren Naturalexekution statthabe . . . [vergi, insbesondere Prot. S. 6717] 5 . H a t hiernach die Kommission ihre frühere Anschauung in Hauptgesichtspunkten nicht festgehalten, so dürfte eine nochmalige Erwägung der angeregten Formfrage immerhin veranlaßt sein. Gilt doch wohl Aehnliches wie beim Bauernstande, auch von einem guten Theile des Gewerbsstandes. Freilich hat die Kommission die Konsequenzen ihrer Ueberzeugung nur in Beziehung auf die Dispositionsbefugniß gezogen [§§ 1325, 1475 Nr. 1, 2; 1636 Nr. 1, 2] 6 ; allein wenn dieselben Erwägungen bei Vermögensabtretungsverträgen zur Dispositionsbeschränkung und Formalisirung führten [§§ 348 Abs. 2, 1325, 1475 Nr. 3, 1636 Nr. 3 K.E.], so liegt die volle Konsequenz auch für Immobiliarverträge nahe. Ist es die Bedeutung des Gegenstandes, | welche bei Vermögensverträgen zur Form führt, so | Proti 11768 kann f ü r den Immobiliarvertrag nicht wohl ein Minderes gelten; denn der Zweck ist ja hier wie dort Verhütung von Uebereilung und Befestigung der Rechtssicherheit, Zwecke, welche auch außer den Fällen der Gütergemeinschaft und des Gewaltverhältnisses für Immobiliarveräußerungen ihre Bedeutung haben. Das Interesse Dritter freilich kann keinen Grund für die Form des obligatorischen Immobiliargeschäftes bilden, weil das dingliche Geschäft formalisirt [Buchzwang] und von der materiellen causa losgelöst ist. Aber je gefährlicher hiermit das dingliche Geschäft und je leichter die formalisirte Buchungsbewilligung erfahrungsgemäß zu einer Ueberlegung und Bedachtsamkeit beeinträchtigenden Schablone wird, — um so gerechtfertigter ist der Damm der Formalisirung schon des obligatorischen Vertrags gegen Uebereilung. Liegt doch der Schwerpunkt des Immobiliar-Geschäfts in der materiellen causa, welche von der Form des dinglichen ungedeckt bleibt. Diese hat überhaupt einen ganz anderen Zweck, als die gewöhnliche Form; der Auflassungsvertrag, die beglaubigte Eintragungsbewilligung liefert dem Buchamt nur eine formale Grundlage seines Vorgehens. Nimmt endlich auch der dingliche Vertrag sofort Eigenthum, der obligatorische Immobiliarvertrag ist nicht minder gefährlich, weil sein Vollzug erzwingbar ist.) I Hierzu waren folgende weitere Anträge gestellt:
| Prot I 11769
2. den § 348 a zu fassen: Kurlbaum 59< „Der Vertrag, durch welchen Jemand sich zur Uebertragung des Eigenthumes >, 3) an einem Grundstücke verpflichtet, bedarf der gerichtlichen oder notariellen Form. Wenn der Vertrag in dieser Form nicht geschlossen ist, aber das Eigenthum an dem Grundstücke übertragen wird, so wird mit dieser Uebertragung der in anderer Form geschlossene Vertrag wirksam." 3. Für den Fall, daß beschlossen werden sollte, auf die Prüfung der Frage, ob Immobilien-Verträge formfrei sein sollen, nochmals einzugehen, zu beschließen:
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Hier ging es um die Frage, ob der Ehemann bei einer Gütergemeinschaft allein über Grundstücke sollte verfügen dürfen. Dies wurde von der Mehrheit abgelehnt, da der Grundbesitz beim Bauern- und Gutsbesitzerstand regelmäßig den Hauptbestandteil des Vermögens ausmache und die Basis der ganzen wirtschaftlichen Tätigkeit und des Standesverhältnisses bilde (Näheres bei den Materialien zu den §§ 1444—1448 BGB; ξ 1353 EI). 1453 E I , 1511, 1674 E I (1584, 1643, 1821 - 1 8 2 2 BGB). 407
v. Mandry (Nr 598)
§313
2. Abschnitt: Schuldverhältnisse aus Verträgen
§ 348 a. „Der Vertrag, durch welchen Jemand sich zur Uebertragung des Eigenthums an einem Grundstücke verpflichtet, bedarf der gerichtlichen oder notariellen Form. Im Falle des Mangels dieser Form ist jeder Vertragschließende berechtigt, von dem Vertrage zurückzutreten. Der Verzicht auf das Rücktrittsrecht bedarf der gerichtlichen oder notariellen Form. I Prot 1 11770 Das Rücktrittsrecht erlischt für bei-1 de Vertragschließende, wenn das Eigenthum an dem Grundstücke auf den Erwerber übertragen wird. Im Uebrigen finden auf das Rücktrittsrecht die Vorschriften der §§ 424 bis 427, 430 7 entsprechende Anwendung." eventuell: § 466 a. „Ist bei dem Kauf eines Grundstückes der Vertrag nicht in gerichtliche oder notarielle Form gebracht, so ist jeder Vertragschließende berechtigt, von dem Vertrage zurückzutreten. Das Rücktrittsrecht erlischt, wenn (wie oben im letzten Absätze). Die Vorschriften des ersten und zweiten Absatzes finden auch auf andere Verträge Anwendung, wodurch sich Jemand verpflichtet, das Eigenthum an einem Grundstücke zu übertragen." 4. a) den ersten Absatz des eventuell vorgeschlagenen § 466 a (vgl. Ziff. 3), wie folgt zu fassen: „Ist bei dem Kaufe eines landwirthschaftlicben Grundstückes der Vertrag nicht in gerichtlicher oder notarieller Form geschlossen" pp. I Proti 11771
b) den zweiten Satz des zweiten Absatzes, wie folgt, zu fassen: | „Der Verzicht auf das Rücktrittsrecht oder eine Vereinbarung, durch welche demjenigen, der von dem Rücktrittsrechte Gebrauch macht, besondere Verpflichtungen auferlegt werden, bedarf der gerichtlichen oder notariellen Form." c) den dritten Absatz zu streichen. Die Kommission beschloß die Aufnahme folgender Vorschrift:
§ 348 a. „Der Vertrag, durch welchen Jemand sich zur Uebertragung des Eigenthumes an einem Grundstücke verpflichtet, bedarf der gerichtlichen oder notariellen Form. Der ohne Beobachtung der gerichtlichen oder notariellen Form geschlossene Vertrag erlangt durch die Auflassung und die Eintragung des Erwerbers in das Grundbuch nach seinem ganzen Inhalte Gültigkeit." Maßgebend für diesen Beschluß waren die nachstehenden Erwägungen : Die Kommission habe früher bei wiederholter Berathung der Frage, ob der obligatorische Immobiliarvertrag zu formalisiren sei oder nicht, nach gründlicher Abwägung aller damals in Betracht kommenden Gründe sich für die Formfreiheit dieser Verträge entschieden (Protokolle S. 151, 152). Aber es sei nicht zu verkenI Proti 11772 nen, daß, hervorgerufen durch ernste | Uebelstände, welche sich an die Formfreiheit dieser Verträge je mehr und mehr geknüpft hätten, in jüngster Zeit eine starke Strömung im Sinne der Nothwendigkeit einer Formalisirung derselben sich geltend mache. Diese Strömung sowie die Gründe, durch welche sie vorzugsweise hervorgerufen worden, dürften nicht ignorirt werden, zumal sie schon in Gebieten, in
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Vgl. §§ 346 ff BGB.
408
1. Titel: Begründung. Inhalt des Vertrags
§313
welchen bisher Formfreiheit der fraglichen Verträge gegolten habe, zur legislatorischen Inangriffnahme der Frage der Formalisirung geführt hätten. In Betracht komme insbesondere ein aus dem Schoß der badischen Ständeversammlung in dem Jahre 1883/1884 hervorgegangener Gesetzesvorschlag 8 , betreffend die Kauf- und Tauschverträge über der Landwirtschaft dienende Grundstücke, nach welchem von einem nicht öffentlich beurkundeten Vertrage zurückgetreten werden könne. Handele es sich hiernach um die Einführung des Formzwanges für die obligatorischen Immobiliarverträge, so bestehe kein Grund, die Formvorschrift zu beschränken auf solche Verträge, welche über landwirthschaftliche Grundstücke geschlossen seien. Das Bedürfniß sei auch in Ansehung anderer Grundstücke anzuerkennen, abgesehen von der Zweifelhaftigkeit der Frage, welche Grundstücke zu den landwirthschaftlichen gehören oder als der Landwirthschaft dienend zu betrachten seien. Ebensowenig bestehe ein genügender Anlaß zu einer Beschränkung der Vorschrift auf Kauf- oder Tauschverträge. Dagegen sei ein wirkliches, ernstliches Bedürf-I niß nur hervorgetreten in Ansehung der Verträge, durch welche die Verpflichtung zur Uebertragung des Eigenthums an einem Grundstücke (§ 771) 9 übernommen werde, nicht auch für Verträge, durch welche Jemand sich zu der Bestellung oder Aufhebung eines anderen Rechtes an einem Grundstücke verpflichte. Die einfache Schriftform genüge dem Zwecke, welcher durch die Formalisirung des obligatorischen Immobiliarvertrages erreicht werden solle, nicht. In Ansehung der mit der Formvorschrift zu verbindenden Wirkung komme zunächst in Betracht, daß das unbeschränkte Festhalten am Nichtigkeitsprinzip (§ 9 0 ) 1 0 , abgesehen davon, daß es Dunkelheiten mit sich bringe (insbesondere auch den Buchrichter leicht zu dem Mißverständnisse führen könnte, als dürfe er ohne Vorlegung des Vertrages die Eintragung in das Grundbuch vornehmen) zu weit führe, zumal hiernach bei vollzogener Uebertragung des Eigenthums unter Umständen noch dreißig Jahre lang kondizirt werden könnte. Aber auch das vorgeschlagene System des Rücktritts- oder Reurechtes genüge nicht. Die Verbindung eines solchen Rechtes mit dem Mangel der Form würde im System des Entwurfes etwas durchaus Exzeptionelles haben. Ueberdies aber wäre seine Gestaltung keineswegs eine einfache. Es würden voraussichtlich eine Reihe neuer Zweifel und daraus mancherlei Streitigkeiten | entstehen. Klar und einfach dagegen und für den durch die Form erstrebten Zweck vollkommen genügend werde der Gegenstand geregelt, wenn man, im Anschlüsse an das in dem Antrage Nr. 2 vorgeschlagene System, annehme, daß der für sich allein infolge des Formmangels nichtige Vertrag durch die nachfolgende Auflassung und Eintragung des Erwerbers in das Grundbuch gültig werde. Hierdurch werde jede Schwierigkeit einer späteren Rückforderung ausgeschlossen und doch die Aussicht auf wohlüberlegtes, alle Verhältnisse berücksichtigendes Handeln erhalten. V o r der Auflassung und Eintragung welche zusammen die Uebertragung des Eigenthums bewirken, bestehe keine auch nur obligatorische Bindung der Vertragschließenden, so daß aus dem formlosen Vertrage selbstverständlich auch nicht auf die Mitwirkung zur Auflassung geklagt werden könne. Zu betonen sei noch, daß mit der Auflassung und Eintragung der obli-
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Vgl. Verhandlungen der Stände-Versammlung des Großherzogthums Baden vom Landtag 1 8 8 3 / 8 4 , Karlsruhe 1884, S. 67, 2 0 0 - 2 0 4 , 244 (die 1. Kammer trat dem Beschluß der 2. Kammer nicht bei). — Wegen des Entwurfs und der Ausschußverhandlungen vgl. Beilagenheft, Bd. 4, S. 639 ff, Bd. 5, S. 7 6 f f , 185 ff, 347 ff. § 7 1 1 KE. Vgl. § 125 B G B .
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| Prot I 11774
§ 313
2. Abschnitt: Schuldverhältnisse aus Verträgen
gatorische Vertrag nach seinem ganzen Inhalte Gültigkeit erlange. Dies zu bestimmen sei angemessen, um viele Streitigkeiten über die Gültigkeit, namentlich von Nebenverabredungen, abzuschneiden.
EI § 351
II. Die beschlossene Regelung lautet im E I als § 351 : Der Vertrag, durch welchem Jemand sich zur Uebertragung des Eigenthumes an einem Grundstücke verpflichtet, bedarf der gerichtlichen oder notariellen Form. Der ohne Beobachtung der gerichtlichen oder notariellen Form geschlossene Vertrag erlangt durch die Auflassung und die Eintragung des Erwerbers in das Grundbuch nach seinem ganzen Inhalte Gültigkeit.
B. Vorkommission des Reichsjustizamtes I. Beantragt war: Struckmann (Nr 1, 91)
Den Eingang des § 351 zu fassen: E¡ n Vertrag, durch welchen Jemand das Eigenthum an einem Grundstücke zu übertragen sich verpflichtet, bedarf der gerichtlichen oder notariellen Form. Auch ohne Beobachtung dieser Form erlangt jedoch der Vertrag seinem ganzen Inhalte nach Gültigkeit, wenn die Auflassung und die Eintragung in das Grundbuch erfolgt ist. und diese Vorschrift an die Stelle des § 343 zu setzen. II. 58. Sitzung vom 5. 10. 1891
|ProtRJA 322
| 3. Der § 351 wurde trotz der von vielen Seiten in der Kritik gegen denselben geltend gemachten Bedenken beibehalten. Die Fassung erlitt folgende Aenderung: E I-RJA »Ein Vertrag, durch welchen Jemand das Eigenthum an einem Grundstücke zu S 351 übertragen sich verpflichtet, bedarf der gerichtlichen oder notariellen Form. Auch ohne Beobachtung dieser Form erlangt der Betrag seinem ganzen Inhalte nach Gültigkeit, wenn die Auflassung und die Eintragung in das Grundbuch erfolgt ist." Der sub II mitgetheilte Stellungsvorschlag blieb vorbehalten 11 .
C. 2. Kommission I. Zu §351 E I war beantragt (Prot. II, Bd. 1, S. 4 5 8 - 4 5 9 ; Mugdan, Bd. 2, S. 619ff): Struckmann (Nr 2, 9) v. Mandry (Nr 52, 2)
1. die Fassung des § 351 E I-RJA; 2. a) den Abs. 1 durch folgende Bestimmung zu ersetzen: Ein Vertrag, durch welchen Jemand sich zur Uebertragung des Eigenthums an einem Grundstücke verpflichtet, bedarf der Errichtung in öffentlicher Urkunde.
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Über die Stellung der Bestimmung hat die Vorkommission, soweit ersichtlich, keine Beschlüsse gefaßt.
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1. Titel: Begründung. Inhalt des Vertrags
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b) eventuell im EG (etwa Art. 91 Abs. 4) zu bestimmen: Unberührt bleiben die landesgesetzlichen Vorschriften, nach welchen zur Aufnahme der in § 351 des BGB vorgeschriebenen Urkunden auch andere Behörden und Beamte als die Gerichte und Notare zuständig sind 12 . c) eventualissime in das BGB oder in das EG (nach dem Ermessen der RedKom) die Vorschrift aufzunehmen: Wenn die Führung des Grundbuchs einer anderen Behörde als einem Gericht übertragen ist, kann die Errichtung des Vertrags auch vor dem Grundbuchamt erfolgen. 3. den zweiten Absatz zu streichen;
v. Gagern (Nr 49)
4. dem unter 1 vorgeschlagenen ersten Satze die Fassung zu geben: Hoffmann Ein Vertrag, durch welchen Jemand das Eigenthum an einem Grundstücke zu (Nr 51) übertragen sich verpflichtet, bedarf der schriftlichen Form. 5. den ersten Absatz des § 351 zu fassen: v. Rüger Der Vertrag, durch welchen sich Jemand zur Uebertragung des Eigenthums (Nr 50, 2) oder zur Begründung, Uebertragung oder Belastung eines anderen Rechtes an einem Grundstücke verpflichtet, bedarf der gerichtlichen oder notariellen Form. hierzu die Unteranträge : a) für den Fall der Ausdehnung des Formzwanges auf andere dingliche Rechte als auf Grundeigenthum anstatt der „gerichtlichen oder notariellen Form" die Anwendung der schriftlichen Form zu beschließen; b) dem § 351 an Stelle der im Antrag 5 vorgeschlagenen Aenderung den Zusatz beizufügen: Der Vertrag, durch welchen sich Jemand zur Begründung, Uebertragung oder Belastung eines anderen Rechtes an einem Grundstücke verpflichtet, bedarf der schriftlichen Form. Die Kommission nahm die Anträge 1 und 2 c an; die übrigen Anträge wurden abgelehnt. II. In der VorlZust lautet die Regelung als § 351 : Ein Vertrag, durch welchen sich Jemand verpflichtet, das Eigenthum eines E I-VorlZust Grundstücks zu übertragen, ist nur dann verbindlich, wenn er in gerichtlicher oder S 351 notarieller Form (oder vor dem Grundbuchamte) errichtet oder die Auflassung des Grundstücks und die Eintragung des Erwerbers in das Grundbuch erfolgt ist. Oder: Ein Vertrag, durch welchen sich Jemand verpflichtet, das Eigenthum eines Grundstücks zu übertragen, bedarf der gerichtlichen oder notariellen Form. Auch ohne Beobachtung dieser Form erlangt ein Vertrag seinem ganzen Inhalte nach Gültigkeit, wenn die Auflassung des Grundstücks und die Eintragung des Erwerbers in das Grundbuch erfolgt ist. (Für den Fall, daß die Worte „oder vor dem Grundbuchamte" gestrichen werden, wird vorgeschlagen folgende Vorschrift an geeigneter Stelle in das Einführungsgesetz aufzunehmen: 12
Vgl. Art. 141 EG-BGB (91 Abs. 3 E I , 114 E l l ) . Der Antrag 2 c stammt nicht von v. Mandry. Dem Antrag war als Begründung hinzugefügt: vgl. Äußerung des k. württ. Staatsministeriums.
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§313
2. Abschnitt: Schuldverhältnisse aus Verträgen
Wenn die Führung des Grundbuches einer anderen Behörde als dem Gerichte durch die Landesgesetze übertragen wird, so kann durch dieselbe auch bestimmt werden, daß die Errichtung eines Vertrages, durch welchen sich jemand verpflichtet, das Eigenthum eines Grundstücks zu übertragen, vor derjenigen Behörde erfolgen kann, welcher die Führung des Grundbuchs übertragen ist.)
ZustRedKom §351
E II § 265
III. In der ZustRedKom lautet die Regelung als § 351 : Ein Vertrag, durch welchen sich Jemand verpflichtet, das Eigenthum eines Grundstücks zu übertragen, bedarf der gerichtlichen oder notariellen Form. Ein ohne Beobachtung dieser Form geschlossener Vertrag erlangt seinem ganzen Inhalte nach Gültigkeit, wenn die Auflassung des Grundstücks und die Eintragung des Erwerbers in das Grundbuch erfolgt ist. (Im Einführungsgesetz soll an geeigneter Stelle bestimmt werden : Ist durch die Landesgesetze die Führung des Grundbuchs einer anderen Behörde als dem Gericht übertragen, so kann auch bestimmt werden, daß der im § 351 BGB bezeichnete Vertrag vor dieser Behörde errichtet werden kann.) IV. 1. Fassung der Regelung im Ε II als § 265: Der Vertrag, durch den sich Jemand verpflichtet, das Eigenthum an einem Grundstücke zu übertragen, bedarf der gerichtlichen oder notariellen Form. Ein ohne Beobachtung dieser Form geschlossener Vertrag wird seinem ganzen Inhalte nach gültig, wenn die Auflassung des Grundstücks und die Eintragung in das Grundbuch erfolgt ist. 2. Aufgrund der Vorlage der Subkommission beschloß die 2. Kommission, in § 265 S. 1 E II das Wort „Form" durch „Beurkundung" zu ersetzen. (Prot. II, Bd. 5, S. 443 ff)· V. § 313 BGB entspricht § 307 E II rev (§ 307 E III).
D. Bundesrat I. 1. Anträge zur ersten Lesung: a) Bayern bemerkt, die Vertragsschließung unter Abwesenden passe nicht für den wirthschaftlich wichtigen Vertrag, durch welchen sich Jemand verpflichte, das Eigenthum an einem Grundstücke zu übertragen. Es werde daher zu bestimmen sein, daß ein solcher Vertrag ebenso wie die Auflassung, der Ehevertrag usw., vor Gericht oder Notar bei gleichzeitiger Anwesenheit beider Theile geschlossen werden müsse. Sodann erscheine es dringend wünschenswerth, daß die Formvorschrift des § 265 unter allen Umständen von den Parteien beobachtet werde. Dieses Ziel lasse sich durch eine Vorschrift erreichen, welche die Parteien verpflichte, bei der Auflassung auf Verlangen des Grundbuchrichters die in gesetzlicher Form errichtete Urkunde über den Kausalvertrag vorzulegen. Eine solche Vorschrift würde in die Grundbuchordnung einzustellen sein. Sollte sich dies nicht erreichen lassen, so werde von Seiten Bayerns die Streichung des § 265 Satz 2 befürwortet. b) Baden erachtet es als bedenklich, wenn für den Vertrag, durch welchen sich Jemand zur Uebertragung des Eigenthums an einem Grundstücke verpflichte, nur 412
1. Titel: Begründung. Inhalt des Vertrags
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die gerichtliche oder die notarielle Form zugelassen werde. Die gehörige Beurkundung der auf Veräußerung von Grundstücken gerichteten Verträge sei dringend zu wünschen, werde aber — namentlich in Landestheilen mit zersplittertem Grundbesitze — durch den Umstand erschwert, daß die meisten Gemeinden nicht Sitz eines Gerichts oder Notars seien. Die Bestimmung im zweiten Satze des § 265 würde daher zur Regel werden und zu zahlreichen Prozessen Anlaß geben. Diesem Uebelstande werde auch der nach der Anm. zu § 265 für das Einführungsgesetz beschlossene Vorbehalt nicht genügend abhelfen. Es handle sich vielmehr darum, die Beurkundung von Kauf- und Tauschverträgen über Liegenschaften auch den Gemeindebeamten der betreffenden Gemarkung zu überlassen, wobei zu berücksichtigen sei, daß solche Verträge in der Regel rechtliche Schwierigkeiten nicht böten und daß der Gemeindebeamte sich in der Lage befinde, wirthschaftlich schädlichen Geschäften entgegenzuwirken. Eine solche Regelung werde zugleich den Bedürfnissen derjenigen Staaten Rechnung tragen, welche aus steuerlichen Gründen Werth darauf legen müßten, daß das dem Eigenthumsübergange zu Grunde liegende Rechtsgeschäft in öffentlich beglaubigter Form vollkommen klar gestellt werde. c) Hessen wiederholt seinen schon zu § 351 des Entwurfes erster Lesung (Zusst. z. Entw. I Bd. II S. 14) gemachten Vorschlag, den Satz 2 des § 265 zu streichen. d) Mecklenburg-Schwerin und Mecklenburg-Strelitz glauben, daß die Gewähr für eine vollständige und verständliche Abfassung der Verträge, welche durch die gerichtliche oder notarielle Form bezweckt werde, auch dann gegeben sei, wenn ein anderer öffentlicher Beamter als ein Richter oder Notar mitwirke. Deshalb werde in Anlehnung an den von der württembergischen Regierung (Zusst. z. Entw. I Bd. I S. 46) gestellten Antrag vorgeschlagen, in das Einführungsgesetz die Vorschrift aufzunehmen: „Unberührt bleiben die landesgesetzlichen Vorschriften, nach welchen zur Aufnahme der in § 265 des Bürgerlichen Gesetzbuchs vorgeschriebenen Urkunden auch andere Behörden und Beamte als die Gerichte und Notare zuständig sind." 2. Anträge zur zweiten Lesung: a) Sachsen) den Satz 2 des § 307 in folgender Fassung wiederherzustellen: „Der Mangel dieser Form kann nicht mehr geltend gemacht werden, wenn die Auflassung und die Eintragung in das Grundbuch erfolgt ist." b) Mecklenburg-Schwerin! den § 307 Satz 2 wiederherzustellen. c) Preußen: den Satz 2 des § 307 unter Ablehnung des Antrags Sachsen wiederherzustellen. II. A. 1. Lesung (Justizausschuß) 1. Bericht von Schicker (Württemberg) über die Sitzung vom 9. 10. 1895 Lebhafte und lange Debatten veranlaßten die Anträge zu § 307 (265) auf S. 25 der Zusammenstellung13. Zunächst wurde der Antrag Bayerns, die Beurkundung bei gleichzeitiger Anwesenheit beider Theile zu verlangen, abgelehnt. Nur Hessen stimmte dafür. Der Antrag Badens, die Beurkundung auch durch Gemeindebeamte im Einführungsge13
Vgl. die Anträge unter D. I 1.
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2. Abschnitt: Schuldverhältnisse aus Verträgen
setz zuzulassen, wurde von mir unter Darlegung der Württembergischen Verhältnisse und Interessen unterstützt. Der Vorsitzende erklärte das Einverständniß Preußens. Es wurde fest beschlossen, daß eine entsprechende Bestimmung in das Einführungsgesetz aufzunehmen sei. Dadurch ist auch der Mecklenburgische Antrag erledigt. Von Bayern war Streichung des zweiten Satzes des § 307 (265) zunächst nur für den Fall beantragt, daß nicht in die Grundbuchordnung die Verpflichtung der Parteien zur Vorlage des Kausalvertrages an die Grundbuchbehörde aufgenommen werde, was in erster Linie vorgeschlagen werde. Der Referent erklärte das Einverständniß Badens mit Bayern. Der Vorsitzende und der Kommissar Struckmann sprachen sich mit Entschiedenheit gegen die Streichung des zweiten Satzes von § 307 aus, die diesbezügliche Bestimmung sei ein dringendes Bedürfniß und deren Streichung würde für Preußen einen unannehmbaren Rückschritt bedeuten. Aber auch die für die Grundbuchordnung verlangte Vorschrift könne nicht zugesagt werden, denn dieselbe würde den zweiten Satz des § 307 illusorisch machen. Der Vertreter Sachsens ist für die Streichung des zweiten Satzes von § 307. In der viel älteren Erfahrung Sachsens auf diesem Gebiet habe sich kein Bedürfniß für eine solche Vorschrift ergeben. Gerade bei dem Verkehr mit kleinen Grundstücken habe die Bestimmung ihre großen Bedenken. Geheimer Staatsrath Hallwachs bekämpfte den zweiten Satz des § 307 hauptsächlich deshalb, weil nach den Verhältnissen in Hessen die Juden mittelst dieser Bestimmung die kleinen Leute betrügen und ausbeuten würden, sie würden es schon fertigbringen, das System des reinen Formalvertrags zu benutzen. Ich erklärte mich instruktionsgemäß für Aufrechterhaltung des bei dem Vorherrschen des Kleinbesitzes besonders wichtigen zweiten Satzes des § 307 und sprach die Erwartung aus, daß durch entsprechende Handhabung des Grundbuchwesens ermöglicht werde, daß die Grundbuchbehörden vor den betrügerischen Manipulationen der unreellen Geschäftsleute schützen. Wenn dermalen über die Grundbuchordnung nichts Definitives beschlossen werden könne, so müsse man eben das der Zukunft überlassen, aber nicht daraus folgern, daß der zweite Satz des § 307 abzulehnen sei. — Der Vorsitzende stimmte dem bei. Ministerialrath von Heller aber zog nun den primären Antrag in Betreff der Grundbuchordnung zurück und beharrte bei der Streichung des zweiten Satzes des § 307. Letztere wurde mit den Stimmen von Bayern, Sachsen, Baden und Hessen gegen Preußen, Württemberg und Lübeck angenommen. Im Plenum wird dieser Beschluß ohne Zweifel wieder umgestoßen." 2. Bericht von Schicker über die Sitzung vom 11. 10. 1895. Der Vorsitzende erklärte zunächst in Betreff der Beschlußfassung zu § 307 (265): Er habe sich mit den maßgebenden Stellen der Preußischen Regierung ins Benehmen gesetzt und könne nun mittheilen, daß die Preußische Regierung die Wiederaufnahme der vom Ausschuß gestrichenen Bestimmung des zweiten Satzes des § 307 für absolut nothwendig halte. Die Streichung sei mit dem Prinzip des Instituts der Auflassung in Widerspruch, sie gefährde die Sicherheit des Immobilienverkehrs und des Realkredits und wäre namentlich für den Immobilienverkehr in den in Preußen so stark vertretenen Großstädten von den verderblichsten Folgen. Man hoffe, daß die anderen Regierungen deshalb der Preußischen Regierung in diesem Punkte nachgeben werden. Sie sei bereit, dies durch Entgegenkommen zu erleichtern, indem sie der von anderen Seiten verlangten Ermächtigung der 414
1. Titel: Begründung. Inhalt des Vertrags
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Grundbuchbehörden zur Prüfung des Kaufvertrages soweit als möglich zustimme. Das Reichsjustizamt würde dafür sorgen, daß in der Grundbuchordnung eine entsprechende Bestimmung aufgenommen werde. Es sollte aber die Einigung auf diesem Boden und die Wiederherstellung des § 307 des Entwurfs noch im Ausschuß erfolgen. Die Vertreter von Sachsen und Baden erklärten sich bereit, dieser Vereinbarung zuzustimmen und der Vertreter Bayerns stellte das Gleiche als wahrscheinlich in Aussicht. Der Vergleichsvorschlag entspricht ganz der Württembergischen Abstimmung. 3. Bericht von Sieveking (Hamburg) über die Sitzung vom 9. 10. 1895: Eine längere Besprechung knüpfte sich sodann an den § 307 (§ 265 des gedruckten Entwurfs). Nach diesem Paragraphen bedarf ein Vertrag, durch den sich Jemand verpflichtet, das Eigenthum an einem Grundstück zu übertragen, der gerichtlichen oder notariellen Form. Es soll jedoch ein ohne Beobachtung dieser Form geschlossener Vertrag seinem ganzen Inhalt nach gültig werden, wenn die Auflassung des Grundstücks und die Eintragung in das Grundbuch erfolgt ist. Ein Antrag Bayerns, wonach Verträge der vorbezeichneten Art vor Gericht oder vor einem Notar sollen geschlossen werden, fand nur die Zustimmung Hessens und wurde also abgelehnt. Dagegen wurde angenommen ein Antrag Preußens und Mecklenburgs, demzufolge auch andere, durch Landesgesetz bezeichnete Beamte (ζ. B. Gemeindebeamten) durch eine, in das Einführungsgesetz aufzunehmende Bestimmung autorisiert werden sollen, die Beurkundung jener Verträge vorzunehmen. Vor allem aber stieß der Satz 2 des § 307, wonach der formlos abgeschlossene Vertrag durch die Eintragung in das Grundbuch gültig werden soll, auf lebhaften Widerspruch der badischen, bayerischen und hessischen Bevollmächtigten, welche geltend machten, daß besonders bei der Häufigkeit ganz unbedeutender Grundstücksverkäufe die schwindelhafte Benachtheiligung der ärmeren Grundeigenthümer durch jene Bestimmung erleichtert werden würde. Der Satz 2 müsse gestrichen, jedenfalls aber eine Vorschrift dahin aufgenommen werden, daß der Veräußerungsvertrag bei der Auflassung vorliegen müsse, damit die Behörde, vor welcher die Auflassung erfolgt, die Gültigkeit desselben prüfen kann. Preußen bekämpfte diese Vorschläge nachdrücklichst, doch wurde schließlich gegen die Stimmen Preußens, Württembergs und Lübecks beschlossen, den Satz 2 zu streichen. 4. Bericht von Sieveking vom 11. 10. 1895: Der in der letzten Sitzung zu § 307 gefaßte Beschluß, wonach der zweite Satz dieses Paragraphen gestrichen werden soll, gab zu einer Erklärung der preußischen Regierung Anlaß, welche von dem Vorsitzenden dahin abgegeben wurde: Die preußische Regierung müsse zu ihrem lebhaften Bedauern dabei bleiben, daß die Aufnahme einer Bestimmung entsprechend dem Satz 2 des § 307 von ihrem Standpunkt aus unerläßlich sei. Sie betrachte die Beseitigung dieses Satzes 2 als eine Beeinträchtigung des Prinzips der Auflassung, die es fraglich erscheinen lasse, ob dem ganzen Institut der Auflassung derjenige legale Charakter überhaupt gewahrt bleiben könne, welchen ihr der Entwurf, und zwar in Übereinstimmung mit dem bisherigen preußischen Recht gegeben hat. Außerdem aber sei sie der Ansicht, daß die Beseitigung dieses Satzes 2, also die Beseitigung der absoluten Legalität des Auflassungsaktes derart, daß es ausgeschlossen sein solle, das Resultat der Auflas415
§313
2. Abschnitt: Schuldverhältnisse aus Verträgen
sung noch aus Gründen, die in dem vorhergegangenen Rechtsgeschäft liegen, wieder anzufechten — eine Erschütterung des Eigenthumsverkehrs in Grund und Boden und des Realkredits zur Folge habe, die, wie sie überzeugt sei, die öffentliche Meinung in Preußen auf das Lebhafteste erregen werde und von ihrem Standpunkt aus nicht verantwortet werden könne. Sie müsse unter diesen Umständen die Hoffnung hegen, daß es im weiteren Verlauf der Berathungen des Bundesrathes gelingen werde, für die Auffassung dieses wichtigen Interesses Preußens, welches doch einen überwiegenden Bruchtheil der Bevölkerung Deutschlands repräsentire, bei den hohen Regierungen ein solches Verständniß zu gewinnen, daß die Bestimmung des Satzes 2 in den Gesetzentwurf wieder aufgenommen werde. Dagegen werde nicht verkannt, daß manche Rücksichten mehr lokaler Art es anderen hohen Regierungen schwer machen, dem Entwurf beizustimmen. Die preußische Regierung sei bereit, in anderer Weise und zwar auf dem Gebiet der Grundbuchordnung in der Richtung, welche bereits diskutirt worden und die auch in dem Antrage Bayerns Ausdruck fand, so weit wie möglich entgegenzukommen. Jener Antrag betreffe die Frage, ob nicht den Grundbuchbeamten gestattet sein solle, bei dem Auflassungsakt von den Parteien die Vorlegung der zu Grunde liegenden Urkunde zu verlangen. Er — der Vorsitzende — müsse zwar auch jetzt bei der Erklärung bleiben, daß es für die preußische Regierung unmöglich sei, eine solche Befugniß in ihr Rechtssystem aufzunehmen. Nach der Auffassung Preußens, wonach die Auflassung ein richterlicher, von jedem Ermessen absolut befreiter Akt ist, würde es nicht wohl möglich sein, in der Bevölkerung und in den Richterkreisen ein Verständniß dafür zu gewinnen, daß der Richter befugt sein solle, in dem einen Falle die Vorlage dieses Dokuments zu verlangen, in dem anderen Falle nicht, — in dem einen Falle eine Prüfung eintreten zu lassen, in dem anderen nicht —, in dem einen Falle die Auflassung abzulehnen, in dem anderen nicht, — ganz abgesehen von der Frage, welche Regreßverpflichtungen sich an die Sache knüpfen würden. Zu dem großstädtischen Verkehr, der für Preußen schwer ins Gewicht falle, würde es kaum möglich sein, eine solche Bestimmung zu treffen, derart, daß an der einen Grundbuchstelle so, — an der anderen so verfahren würde. Aber wenn sie ihrerseits eine solche Einrichtung zu treffen sich nicht entschließen könne, so sei die preußische Regierung doch bereit, dem Landesrecht vorzubehalten, — so weit das Bedürfniß reicht — eine entsprechende Fakultät den Grundbuchbeamten des einzelnen Staats beizulegen. Das würde durch einen Vorbehalt in der Grundbuchordnung möglich sein. Sollte auf diesem Wege zu einer Verständigung in dem Ausschuß bereits gelangt werden können, so würde die preußische Regierung sich für die Aufnahme einer entsprechenden Vorschrift in die Grundbuchordnung interessiren, und das Reichsjustizamt würde nicht ermangeln, für diese Aufnahme Sorge zu tragen. Gebeten werde, diesen Vorschlag, der für Preußen bereits schwer werde, weil Preußen nicht erkennen könne, welche prozeßrechtliche Bedeutung diesem Verfahren beiwohnen solle, den hohen Regierungen zu unterbreiten. Er, der Vorsitzende, würde großen Werth darauf legen, wenn es gelingen sollte, noch in den Berathungen des Ausschusses zu einer Verständigung zu gelangen, welche es unnöthig machen würde, die Frage im Plenum vom politischen Standpunkt aus zu behandeln. Für die zweite Lesung würde er das mit Freuden begrüßen. Der königlich sächsische Bevollmächtigte äußerte sich nach dieser Erklärung dahin, daß seine Regierung bestrebt sein werde, wie die preußische Regierung, die Fälle, in welchen die Entscheidung des Plenums angerufen werde, auf eine möglichst geringe Zahl zurückzuführen. Er lege auf diese Frage so erhebliches Gewicht 416
1. Titel: Begründung. Inhalt des Vertrags
§313
nicht, daß er dahin wirken würde, daß die sächsische Regierung auf ihrem Standpunkt durchaus verharre. Den jetzt empfohlenen Antrag halte er nicht für besonders glücklich. Er würde es vorziehen, der preußischen Regierung zuzustimmen, — freilich unter der Voraussetzung, daß einige Bedenken gegen die Fassung beseitigt würden, was im Wege mündlicher Besprechung geschehen könne. Der großherzoglich badische Bevollmächtigte erklärte, nach seiner Instruktion solle entweder durch Beseitigung der formalen Natur der Auflassung oder durch Ermächtigung des Richters die Vorlegung des Kausalkontrakts zu verlangen, der Einfluß des Richters gesichert werden. Er würde dem Kompromißvorschlage schon heute zustimmen können. Der königlich bayerische Bevollmächtigte erklärte, noch nicht in der Lage zu sein, eine Erklärung wie Baden abgeben zu können. Er müsse sich Alles vorbehalten. Die Bayerische Regierung lege größeres Gewicht auf die Streichung des § 307 Satz 2 als auf eine Bestimmung in der Grundbuchordnung. Der Vorsitzende konstatirte hierauf, daß in zweiter Lesung auf die Frage zurückzukommen sein werde. 5. Bericht von Heller (Bayern) über die Sitzung vom 9. 10. 1895: Bei dem § 307 beantragte ich zunächst, den ersten Satz folgendermaßen zu fassen: „Ein Vertrag, durch den sich der eine Teil verpflichtet, das Eigentum an einem Grundstücke zu übertragen, muß bei gleichzeitiger Anwesenheit beider Teile vor Gericht oder einem Notar geschlossen werden". Ich hatte schon bei der Beratung des Bayerischen Antrags zum § 124 die Stellung dieses Antrags angekündigt und das zu seiner Begründung Wesentliche geltend gemacht, kam aber nun nochmals auf die dafür sprechenden gewichtigen Gründe zurück. Nur bei Hessen fand ich Unterstützung, der Berichterstatter und Preußen sprachen sich nachdrücklich gegen ihn aus. Er wurde gegen Bayern und Hessen abgelehnt. Zur Besprechung kamen hierauf die Bemerkungen Badens und der Mecklenburgische Antrag zum § 307. Der Berichterstatter betonte, daß es vom Standpunkte der badischen Verhältnisse schlechthin unabweisbar sei, die Beurkundung von Kauf- und Tauschverträgen über Grundstücke auf den Gemeindebeamten übertragen zu können. Auch Württemberg trat im Hinblick auf die Verhältnisse seines Landes für dieses Verlangen ein. Preußen erklärte sich geneigt, diesen Wünschen Rechnung zu tragen, aber nur im Einführungsgesetze. Man beschloß hierauf, die weitere Erörterung der Sache bis zur Beratung des Einführungsgesetzes auszusetzen. Endlich stellte und begründete ich zum § 307 den auf die Grundbuchordnung bezüglichen Antrag und den eventuellen Antrag auf Streichung des Satzes 2 von § 307. Der Berichterstatter befürwortete warm den ersten Antrag und erklärte, daß Baden zugleich für die Streichung des Satzes 2 von § 307 stimmen werde. Namens Preußens trat der Vorsitzende mit größtem Nachdruck für die Aufrechterhaltung von Satz 2 ein, auch auf den die Grundbuchordnung berührenden Antrag könne sich Preußen nicht einlassen. Es werde keiner Bestimmung zustimmen, die die Sache irgendwie in das Ermessen des Richters stellt. Sachsen verhielt sich ablehnend gegen den primären Bayerischen Antrag, erklärte sich aber für die Streichung des Satzes 2 von ξ 307. Württemberg nahm zu beiden Anträgen im umgekehrten Sinne Stellung. Hessen befürwortete die Streichung des Satzes 2 von § 307. Die Abstimmung ergab hierauf die Streichung dieses Satzes 2 durch die Stimmen Bayerns, Sachsens, Badens und Hessens gegen die Stimmen Preußens, Württembergs und Lübecks. Der primäre Antrag Bayerns kam als nicht auf den Entwurf des 417
§313
2. Abschnitt: Schuldverhältnisse aus Verträgen
BGB selbst bezüglich nicht zur Abstimmung. Obwohl hiernach die von diesem Antrage berührte Frage noch offen ist, glaubte ich doch, ohne weiteres für die Streichung des Satzes 2 von § 307 stimmen zu sollen, weil insbesondere mit Rücksicht auf die ablehnende Haltung Preußens es mir als höchst unwahrscheinlich erschien, daß der primäre Antrag Bayerns bei der Beratung der Grundbuchordnung Berücksichtigung finden werde. Nach der Feststellung des Abstimmungsergebnisses richtete der Berichterstatter von Jagemann an den Vorsitzenden die Frage, wie die Sache hinsichtlich des § 307 wohl im Plenum des Bundesrats verlaufen werde und verband damit den Wunsch, Preußen möchte davon Abstand nehmen, die Wiederherstellung von Satz 2 im Plenum zu beantragen. Der Vorsitzende erwiderte, eine Erklärung hierauf dermalen nicht abgeben zu können, das Ergebnis der Abstimmung sei für Preußen sehr unerwartet. 6. Bericht von Helleriiber die Sitzung vom 11. 10. 1895: Ich erklärte, vorläufig noch nicht im Stande zu sein, dem Vorschlage gegenüber Stellung zu nehmen. Ich erachtete mich zu dieser reservierten Haltung für um so mehr für verpflichtet, als — einigermaßen abweichend von der der „Zusammenstellung" S. 25 zugrunde liegenden Äußerung zum zweiten Buche, in der vorzugsweise auf die Aufnahme der dort bezeichneten Bestimmung in die Grundbuchordnung Wert gelegt ist — in dem mir als vorläufige Instruktion heute zugegangenem Entwürfe einer Note an das K.Staatsministerium des K.Hauses und des Äußeren Nr. 22199 die Unterstützung des hessischen Antrags auf Streichung von Satz 2 des § 307 in die erste Reihe gestellt ist. Der Fall, daß für diesen Antrag eine Mehrheit nicht zu gewinnen ist — nach der veränderten Haltung Badens und voraussichtlich auch Sachsens ist sie nicht einmal mehr im Ausschusse vorhanden —, liegt nunmehr freilich vollständig klar zu Tage. Immerhin wird es ratsam sein, die etwaige Zustimmung Bayerns zur Wiederherstellung des gestrichenen Satzes nicht eher zu geben, als bis völlige Sicherheit für die Aufnahme einer sachgemäßen Bestimmung in die Grundbuchordnung gegeben ist, etwa auch der Wortlaut der Bestimmung feststeht. B. 2. Lesung 1. Bericht von Heller über die Sitzung vom 10. 12. 1896: Zu dem Antrage Preußens auf Wiederherstellung des Satzes 2 des § 307, begründete der Geh. Rat Dr. Rüger den Antrag Sachsens. Der Entwurf gehe insofern zu weit, als durch die Auflassung und die Eintragung in das Grundbuch — wenigstens nach dem Wortlaute — nicht bloß der Mangel der im Satz 2 bezeichneten Form, sondern jeder Mangel des Vertrags geheilt werden solle. Auch Hessen erhob dies Bedenken und schlug deshalb vor, indem es der Wiederherstellung des Satzes 2 im Prinzip zustimmte, die Fassung vor: „Erfolgt die Auflassung pp., so ist der Vertrag nicht deshalb nichtig, weil er ohne Beobachtung dieser Form geschlossen wurde". Struckmann bezeichnete das Bedenken als nicht gerechtfertigt. Aus dem Zusammenhange des Satzes 2 mit dem Satze 1 ergab sich als ganz unzweifelhaft, daß der Vertrag nur insoweit gültig werde, als nicht ein anderer Ungültigkeitsgrad als der Mangel der im Satz 1 bezeichneten Form besteht. Baden erklärte sich für den Antrag Preußens, sprach aber den Wunsch aus, daß die Tragweite des Satzes 2 in der Denkschrift erläutert werde. Der Vorsitzende sagte dies zu. Preußen und Hessen zogen hierauf ihre Anträge 418
1. Titel: Begründung. Inhalt des Vertrags
§313
zurück. Ich legte hierauf nochmals, wie bei der ersten Lesung, die Stellung Bayerns zu dieser Frage dar, fand aber, da alle die Staaten, die damals mit Bayern gestimmt hatten, sich nunmehr der Auffassung Preußens anschlossen, keine Unterstützung. Der Antrag Preußens wurde gegen die Stimme Bayerns angenommen. Die weitere Erörterung der Frage, welche Bestimmung in die Grundbuchordnung aufzunehmen sei, wurde der Beratung des Entwurfs dieses Gesetzes vorbehalten. 2. Bericht von Schicker Uber die Sitzung vom 10. 12. 1895: „Gegen den Antrag auf Wiederherstellung des zweiten Satzes des § 307 äußerte Geh. Rath Dr. Rüger das Bedenken, daß die Fassung zu Mißverständnissen führen könne. Auch Ministerialrath Dittmar hält die Fassung für fehlerhaft, weil sie den Anschein erwecke, als sollen nicht bloß der Formmangel, sondern auch materielle Mängel des obligatorischen Vertrags, ζ. B. Mängel der Willensüberstimmung, geheilt werden. Die Fassung rühre von dem Preußischen Eigenthumsgesetz her, nach welchem die nicht schriftlichen Nebenabreden nicht gültig sind, während dieses nach dem Entwurf nicht der Fall ist. Es werde deshalb zu sagen sein: „Erfolgt die Auflassung und die Eintragung in das Grundbuch, so ist der Vertrag nicht deshalb nichtig, weil er ohne Beobachtung dieser Form geschlossen ist". Wirklicher Geh. Oberjustizrath Struckmann bestreitet, daß der Entwurf zu einem solchen Mißverständniß Anlaß gebe. Ähnliche Formulierungen finden sich auch noch in andern Paragraphen, so in § 1310 14 . Übrigens würden materielle Mängel des Vertrages durch die in der Auflassung liegende Bestätigung wohl in der Regel geheilt. Der Badische Gesandte Dr. von Jagemann glaubt, daß die Worte „geschlossener Vertrag" zeigen, daß es sich nicht um den Ausschluß der materiellen Anfechtungsgründe handle. Übrigens werde sich bald eine Praxis bilden, welche dies außer Zweifel stelle. Er erinnerte daran, daß vereinbart wurde, der zweite Satz solle wiederhergestellt werden, wenn ein dem Bayerischen Antrage entsprechender Satz in der Grundbuchordnung, und ein dem Mecklenburgischen Antrag entsprechender Satz in das Einführungsgesetz aufgenommen werde. Der Vorsitzende versicherte, daß diese Zusagen erfüllt werden würden. Anlangend die Fassung warnte er davor, sich auf redaktionelle Änderungen einzulassen. Eine Erläuterung in der Denkschrift werde thunlich sein. Der Vertreter Bayerns stimmte auch diesmal gegen den zweiten Satz, hofft aber gleichwohl auf die Erfüllung der Zusagen. Der Preußische Antrag wurde angenommen". III. Plenum des Bundesrates: Protokoll vom 16. 1. 1896 Bayern stimmt dem § 309 in der Voraussetzung zu, daß in den Entwurf der Grundbuchordnung eine Bestimmung aufgenommen wird, wonach unberührt bleiben die landesgesetzlichen Vorschriften, nach welchen die Uebertragung des Eigenthums an einem Grundstück in das Grundbuch nur eingetragen werden soll, wenn dem Grundbuchamt eine den gesetzlichen Vorschriften entsprechende Urkunde über den Vertrag vorgelegt wird, durch den die Verpflichtung zur Uebertragung des Eigenthums begründet wird 15 . 14 15
Vgl. § 1325 BGB. Vgl. § 98 G B O : „Durch Landesgesetz kann bestimmt werden, daß das Grundbuchamt die Erklärung der Auflassung nur entgegennehmen darf, wenn die nach § 313 BGB erforderli(Fortsetzung der Fußnote auf Seite 420)
419
§313
2. Abschnitt: Schuldverhältnisse aus Verträgen
E. Reichstag: 1. XII. Kommission (Bericht Nr.440, S. 1965): DziembowskiZu § 307 war beantragt, statt der Worte, „der gerichtlichen oder notariellen Pomian Beurkundung" zu setzen „der schriftlichen Form". Der Antrag wurde mit großer (Nr 17, 2) Mehrheit abgelehnt und der § 307 des Entwurfs in erster Lesung unverändert angenommen. Lerno In zweiter Lesung wurde im Anschluß an eine Petition des deutschen Notariats(Nr 109, 1) Vereins beantragt, den zweiten Satz dieses Paragraphen zu streichen. Auch dieser Antrag wurde mit großer Majorität abgelehnt. II. 1. Bericht von Heller (Bayern) über die Sitzung des Abschlusses des Reichstages vom 25.2. 1896. Der zum § 307 gestellte Antrag vom Dziembowski fand keine Unterstützung und wurde gegen die Stimme des Antragstellers abgelehnt. Der seiner Zeit bei der Beratung im Bundesrate viel umstrittene Satz 2 des § 307 wurde von keiner Seite zum Gegenstand der Besprechung gemacht. Der ganze Paragraph wurde einstimmig angenommen. 2. Bericht von Hellerüber die Sitzung vom 3. 6. 1896. Der Antrag Lerno auf Streichung des zweiten Satzes des § 307, den der Antragsteller unter besonderer Betonung der Bayerischen Einrichtungen und Gewohnheiten begründet, wurde von keiner anderen Seite unterstützt und mit sehr großer Mehrheit abgelehnt; für ihn stimmte nur ein Teil der Mitglieder des Zentrums. Gegen den Antrag hatten sich ausgesprochen die Abgeordneten Enneccerus und von Cuny sowie der Kommissar Struckmann. Dieser betonte hierbei insbesondere, daß schon der erste Satz des § 307 für den größten Teil Deutschlands eine große Erschwerung enthalte. Der vom Antragsteller verfolgte Zweck, Übereilungen bei solchen Verträgen zu verhüten, werde schon dadurch erreicht, daß der Vertrag bis zur Auflassung nichtig ist. Die Streichung des Satzes 2 würde für die Rechtsgebiete, in denen der Grundbesitz sehr zersplittert ist, ein Zwang zu gerichtlicher oder notarieller Beurkundung der Verträge aber bis jetzt nicht besteht, zu einer ganz unerträglichen Belästigung und zu einer erheblichen Verteuerung der Vertragsschließung führen. Für den Entwurf der Grundbuchordnung sei eine Bestimmung in Aussicht genommen, welche der Landesgesetzgebung die Möglichkeit gibt, eine bestehende Gewohnheiten entsprechende Einrichtung zu treffen, insbesondere den Grundbuchrichter zu ermächtigen, die Vorlage des Vertrags zu verlangen 16 .
16
che Urkunde vorgelegt wird". Von dieser Möglichkeit machten insbesondere Bayern, Baden und Württemberg Gebrauch (Staudinger-Kober; 9. Aufl. 1926, Anm. Β I 2 zu § 925). Art. 12 AG-GBO für Bayern lautet: „Das Grundbuchamt soll die Erklärung der Auflassung nur entgegennehmen, wenn die nach § 3 1 3 BGB erforderliche Urkunde vorgelegt wird. Dasselbe gilt für die Notare. Der Vorlegung der Urkunde steht die Aufnahme durch den Notar gleich". Durch § 2 der V O über Auflassungen vom 11. 5. 1934 (RGBl I, 378) wurde die süddeutsche Regelung auf ganz Deutschland ausgedehnt. § 98 GBO entfiel in der Neufassung der GBO vom 5. 8. 1953. Seit dem Gesetz vom 5. 3. 1953 (BGBl I, 33) ist die Regelung in das BGB (§ 925 a) eingefügt worden. Die heutige Fassung des § 313 BGB beruht auf Gesetzen vom 28. 8. 1969 (BGBl. I 1513) und 30. 5. 1973 (BGBl. I 501).
420
1. Titel: Begründung. Inhalt des Vertrags
§§ 314, 315
§314
Verpflichtet sich Jemand zur Veräußerung oder Belastung einer Sache, so erstreckt sich die Verpflichtung im Zweifel auch auf das Zubehör der Sache.
A. § 314 BGB geht auf die §§ 16, 17 TE-SachR, 780 KE, 790 E I zurücki. Wegen der Beratung der 1. Kommission (Prot. I, S. 3347 — 3353) wird auf die Materialien zu § 97 BGB hingewiesen.
C., I. In der 2. Kommission lagen folgende Anträge vor (Prot. II, Bd. 3, S. 19, Mugdan, Bd. 3, S. 496). 1. die Vorschrift zu streichen; 2. § c (790). Ein die Hauptsache betreffendes Rechtsgeschäft erstreckt sich auch auf das Zubehör derselben, sofern nicht aus dem Rechtsgeschäft oder den Umständen ein Anderes sich ergiebt;
Achilles (Nr 1)
3. die Vorschrift zu fassen: Ein auf die Veräußerung oder die Belastung einer Sache gerichtetes Rechtsgeschäft erstreckt sich im Zweifel auch auf das zur Zeit des Abschlusses des Rechtsgeschäfts vorhandene Zubehör. Der Antrag 3 wurde angenommen; die Anträge 1 und 2 abgelehnt. Die RedKom sollte über die Stellung der Vorschrift befinden. II. Die Regelung lautet in der VorlZust: § 790. Ein Rechtsgeschäft, durch welches die Verpflichtung zur Veräußerung E I-VorlZust oder Belastung einer Sache eingegangen wird, erstreckt sich im Zweifel auch auf S 7 9 0 die Zubehörstücke dieser Sache. III. § 265 a EIL Verpflichtet sich Jemand zur Veräußerung oder Belastung einer E II §265 a Sache, so erstreckt sich die Verpflichtung im Zweifel auch auf das Zubehör der Sache (E II rev § 308, E / / / § 308).
§315
Soll die Leistung durch einen der Vertragsschließenden bestimmt werden, so ist im Zweifel anzunehmen, daß die Bestimmung nach billigem Ermessen zu treffen ist. Die Bestimmung erfolgt durch Erklärung gegenüber dem anderen Theile. Soll die Bestimmung nach billigem Ermessen erfolgen, so ist die getroffene Bestimmung für den anderen Theil nur verbindlich, wenn sie der Billigkeit entspricht. Entspricht sie nicht der Billigkeit, so wird die Bestimmung durch Urtheil getroffen; das Gleiche gilt, wenn die Bestimmung verzögert wird.
1
Die Fassung des § 790 E I geht auf einen Antrag von Planck zurück (Antrag Nr. 7, 3 SachR).
421
§ § 315, 316
2. Abschnitt: Schuldverhältnisse aus Verträgen §316
Ist der Umfang der für eine Leistung versprochenen Gegenleistung nicht bestimmt, so steht die Bestimmung im Zweifel demjenigen Theile zu, welcher die Gegenleistung zu fordern hat.
A. 1. Kommission I. 74. Sitzung vom 12. 4. 1882, Schriftführer Neubauer I Prot I 577 | Der § 9 des Entwurfs lautet: TE-OR (Nr 11) „Die Bestimmung der Leistung oder der Gegenleistung kann dem billigen Er§ 9 messen eines bestimmten Dritten oder mehrerer bestimmter Dritter oder des Vertragschließenden, an welchen die Leistung oder die Gegenleistung erfolgen soll, überlassen werden. Insbesondere gilt, wenn die Leistung nach den Umständen nur gegen eine Gegenleistung zu erwarten und die Größe der letzteren nicht bestimmt ist, die Bestimmung der Gegenleistung als dem billigen Ermessen des Leistenden überlassen." Beschlossen wurde, den § 9 zunächst nur insoweit zu berathen, als er von dem Ermessen eines Vertragschließenden handelt, nach seiner Erledigung in dieser Beschränkung den § 10 in Berathung zu nehmen, und dann erst zur Berathung des Falles überzugehen, wenn das Ermessen eines Dritten in Frage kommt, den § 9 in der erwähnten Beschränkung übrigens satzweise zu beraten. I. Zu dem ersten Satz des § 9 lagen folgende Anträge 1 vor: Windscheid 1. statt des vorgeschlagenen Satzes zu bestimmen : (Nr. 26) „Ist der Vertrag gerichtet auf eine durch Einen der Vertragschließenden zu Planck bestimmende Leistung, so ist im Zweifel als gewollt anzusehen, daß die Bestim(Nr 28, 1) m u n g durch d a s billige Ermessen der betreffenden Person getroffen werden soll." 1
Die in den Prot, auseinandergezogenen Anträge von Windscheid, lauten vollständig: I.
422
Planck und
Kurlbaum
Windscheid Antrag N r . 26 : § 8 zu streichen und die folgenden Paragraphen zu fassen wie folgt: § (Entwurf § 9 Satz 1, § 10 Satz 2. § 13 Satz 2) Ist der Vertrag gerichtet auf eine durch Einen der Vertragsschließenden oder durch einen Dritten zu bestimmende Leistung, so ist im Zweifel als gewollt anzusehen, daß die Bestimmung durch das billige Ermessen der betreffenden Person getroffen werden soll. Wird die getroffene Bestimmung als unbillig angefochten, so tritt richterliche Entscheidung ein. § (§ 9 Satz 2 des Entwurfs) Wird eine Leistung, welche nur gegen eine Gegenleistung gemacht zu werden pflegt, ohne Bestimmung einer Gegenleistung gemacht oder versprochen, so ist im Zweifel anzunehmen, daß die Bestimmung der Gegenleistung dem billigen Ermessen des Leistenden hat überlassen werden sollen. § (Entw. §10 Satz 1 und §13 Satz 1) Die von den Vertragsschließenden oder dem Dritten getroffene Bestimmung kann nicht wieder zurückgenommen werden. § (Entw. §11) Wird die von dem Dritten zu treffende Bestimmung verzögert, so kann jeder der Vertragsschließenden von dem Vertrage zurücktreten. § (§ 12 des Entwurfs) Soll die Bestimmung durch mehrere Dritte getroffen werden, so ist Uebereinstimmung Aller erforderlich. Handelt es sich jedoch . . . (wie im Entwurf).
1. Titel: Begründung. Inhalt des Vertrags
§§ 315,316
2. statt des Vorgeschlagenen zu bestimmen: „Die Bestimmung der Leistung kann dem billigen | Ermessen des Gläubigers oder des Schuldners überlassen werden." Beschlossen wurde: 1. entsprechend den Anträgen zu 1 und 2: „Die Bestimmung der Leistung kann sowohl dem billigen Ermessen des Gläubigers als auch des Schuldners überlassen werden"; 2. entsprechend dem Antrage zu 1 : „soll ein Vertragschließender die Leistung bestimmen, so ist im Zweifel anzunehmen, daß derselbe nach billigem Ermessen zu bestimmen habe." Demzufolge war sachlich der Antrag zu 1 gebilligt, wobei jedoch der Redaktion vorbehalten blieb, zu prüfen, ob nicht die kürzere Fassung vorzuziehen sei: „Soll die Leistung durch einen der Vertragschließenden bestimmt werden, so ist im Zweifel anzunehmen, daß derselbe nach billigem Ermessen zu bestimmen habe."
II.
Planck Verbesserungsanträge zu den Anträgen in Nr. 26. Zu den §§9—13. 1. Den 1. Paragraphen dahin zu fassen: ist der Vertrag gerichtet auf eine durch Einen der Vertragsschließenden oder durch einen Dritten zu bestimmende Leistung, so ist im Zweifel als gewollt anzusehen, daß die Bestimmung durch das billige Ermessen der betreffenden Person getroffen werden soll und daß, wenn diese die Bestimmung nicht treffen will oder kann oder nicht innerhalb der vertragsmäßig festgesetzten Zeit trifft oder in Ermangelung einer Zeitbestimmung verzögert oder eine offenbar unbillige Bestimmung getroffen hat, das billige richterliche Ermessen über die Bestimmung entscheiden soll. 2. Dem 3. Paragraphen folgenden Zusatz zu geben: Die von einem der Vertragsschließenden zu treffende Bestimmung gilt als getroffen, wenn sie dem anderen Vertragsschließenden die von einem Dritten zu treffende Bestimmung, wenn sie einem der Vertragsschließenden mitgetheilt ist. 3. Den 4. Paragraphen zu streichen. 4. Folgenden neuen Paragraphen hinzuzufügen: (vollständig abgedruckt bei den Materialien zu den §§317 — 319 BGB, Prot. I, S. 592).
III. Der vollständige Antrag von Kurlbaum zu den §§9—13 lautet: Antrag Nr. 27 unter 9. Die §§9—13 durch folgende Paragraphen zu ersetzen: § a: Die Bestimmung der Leistung kann dem billigen Ermessen des Gläubigers oder des Schuldners überlassen werden. Die Bestimmung einer geschuldeten Gegenleistung ist im Zweifel dem billigen Ermessen des Schuldners überlassen. Eine unbillige Bestimmung ist durch richterliches Urtheil zu berichtigen. Wird die Bestimmung nicht ohne Zögern getroffen, so erfolgt sie durch richterliches Urtheil. § b: Ist die Bestimmung der Leistung dem Ermessen eines Dritten übertragen, so gilt das Schuldverhältniß im Zweifel als dadurch bedingt, daß die Bestimmung von dem Dritten getroffen wird. Der Dritte muß die Bestimmung selbst treffen. Die Bestimmung erfolgt durch Mittheilung an den Gläubiger oder den Schuldner. Die Bestimmung kann durch richterliches Urtheil berichtigt werden, wenn die Voraussetzungen vorliegen, unter welchen nach § 867 Nr. 6 der Civilprozeßordnung die Aufhebung eines Schiedsspruchs beantragt werden kann. 423
Kurlbaum (Nr 27, 9) | Prot I 578
§ § 315, 316
2. Abschnitt: Schuldverhältnisse aus Verträgen
Die G r ü n d e der Beschlüsse waren: 1. Es fehle an genügenden Gründen, die Bestimmung nach billigem Ermessen nur dann zuzulassen, wenn der Gläubiger zu bestimmen habe, nicht auch dann, wenn die Bestimmung dem Schuldner vorbehalten sei. Schuldner und Gläubiger ständen in der fraglichen Beziehung sich völlig gleich, möge man bei der Beurtheilung den theoretischen oder den praktischen Standpunkt wählen. 2. Es sei sachgemäß, die Interpretationsregel auszusprechen, daß, wenn die Bestimmung einer Partei überlassen werde, im Zweifel anzunehmen sei, daß die P a r tei nach billigem Ermessen zu bestimmen habe. Eine derartige Vorschrift entspreche der regelmäßigen Absicht der Parteien und w e r d e dazu dienen, den Bestand einer nicht geringen Zahl von Verträgen zu sichern.
I Prot I 579
3. Es fehle an einem Grunde auf indirektem W e g e zu bestimmen, der Willkür des Gläubigers dürfe die Bestimmung der Leistung nicht überlassen werden. D a ß der Willkür des Schuldners die Bestimmung nicht anheimgegeben | werden könne, brauche als völlig selbstverständlich auch nicht einmal angedeutet zu werden.
Windscheid (Nr 29)
II. Z u dem zweiten Satz des § 9 lagen die Anträge vor, statt des vorgeschlagenen Satzes zu bestimmen: 1. „Wird eine Leistung, welche nur gegen eine Gegenleistung gemacht zu w e r den pflegt, o h n e Bestimmung einer Gegenleistung gemacht oder versprochen, so ist im Zweifel a n z u n e h m e n , daß die Bestimmung der Gegenleistung dem billigen Ermessen des Leistenden hat überlassen werden sollen."
Kurlbaum (Nr 27, 9)
2. „Die Bestimmung einer geschuldeten Gegenleistung ist im Zweifel dem billigen Ermessen des Schuldners überlassen." 3. „Ist f ü r eine versprochene oder bewirkte Leistung eine Gegenleistung ausdrücklich oder stillschweigend ohne nähere Festsetzung der Größe bestimmt, so ist im Zweifel a n z u n e h m e n , daß die nähere Festsetzung dem billigen Ermessen des Leistenden überlassen sei."
I Prot I 580
Bei der Debatte w u r d e allseitig anerkannt, daß die Bedeutung der zu beschließenden V o r s c h r i f t folgende sei: Im praktischen Leben sind zweiseitige Verträge, insbesondere K a u f - und Dienstmietverträge, ungemein häufig, bei welchen nur die Leistung des einen Theils bestimmt ist, w ä h r e n d die Leistung des anderen Theils (die Gegenleistung), unbestimmt gelassen ist, obschon klar vorliegt, daß nach d e m Parteiwillen eine Gegenleistung gewisser Art erfolgen soll, deren Maß nur nicht besonders festgesetzt ist. Es besteht ein dringendes praktisches Bedürfniß, solche Verträge aufrechtzuerhalten und vor dem Einwände zu sichern, sie seien wegen Unbestimmtheit der Gegenleistung, insbesondere bei Kauf und Miete wegen U n b e stimmtheit des Preises, hinfällig. In einfachster Weise wird dieser Zweck unter vollkommener W a h r u n g des Interesses beider Theile erreicht und zugleich die H a r m o n i e mit den einschlagenden Rechtsnormen gesichert, wenn in solchen Fällen die V e r m u t h u n g gilt, die Bestimmung der Gegenleistung sei dem billigen Er- | messen einer der Parteien überlassen. Insofern der Entwurf für diese Art der N o r m i rung entscheidet, fand er keine Anfechtung. In zwei anderen Beziehungen zeigte sich aber eine Verschiedenheit der Ansichten. 1. D e r Entwurf präzisirt den zu entscheidenden Fall anders, als die Anträge zu 1, 2 und 3. Bei der Begründung und Besprechung des Entwurfs und der Anträge stellte sich heraus, daß eine sachliche D i f f e r e n z der Ansichten nicht vorlag. Die 424
1. Titel: Begründung. Inhalt des Vertrags
§§ 315,316
Mehrheit entschied f ü r den Antrag zu 3, indem sie davon ausging: solle die in Frage k o m m e n d e V e r m u t h u n g Platz greifen, so sei es erforderlich, aber auch gen ü g e n d , d a ß ausdrücklich o d e r — was die Regel bilde — stillschweigend f ü r die Leistung eine Gegenleistung gewisser Art bestimmt und nur deren M a ß nicht festgesetzt sei. 2. N a c h dem Entwürfe und den Anträgen zu 1 und 3 soll das billige Ermessen des Leistenden, nach dem Antrag zu 2 das des anderen Theils eintreten. Die M e h r heit entschied f ü r die erste Alternative. Sie glaubte, bei der zweiten Alternative w ü r d e die Ausfüllung der Lücke, welche der V e r t r a g gewissermaßen enthalte, sich meist ungebührlich hinziehen und daraus w ü r d e n manche praktische Unzuträglichkeiten entspringen; auch stehe diese Alternative nicht im Einklänge mit der V e r kehrssitte, wonach stets der Leistende mit Aufstellung einer bestimmten F o r d e r u n g vorgehe; der Gegengrund, den E m p f ä n g e r der Leistung treffe bei der ersten Alternative im Falle der Anfechtung der Bestimmung wegen Unbilligkeit in nicht zu rechtfertigender Weise die Beweislast, sei wegen der geringen Bedeutung der letzteren unerheblich, außerdem lasse sich in dieser Beziehung durch eine besondere, die Beweislast normirende Vorschrift bei der Berathung des folgenden P a r a g r a phen Abhilfe schaffen. Z u m Schluß w u r d e empfohlen, bei der Redaktion den zweiten Satz des § 9 als einen besonderen Paragraphen a u f z u n e h m e n . D e r § 10 des Entwurfs, welcher lautet: I „ D e r Vertragschließende, dessen billiges Ermessen die Leistung bestimmen soll, I Prot 1581 ist diese Bestimmung zu treffen verpflichtet und kann, wenn er sie g e t r o f f e n hat, TE-OR (Nr 11) von derselben zu Ungunsten des anderen Vertragschließenden nicht wieder abge- §10 hen. D e r Letztere aber ist berechtigt, w e n n die getroffene Bestimmung eine unbillige ist, eine billige Festsetzung zu verlangen." w u r d e wieder satzweise berathen. I. Z u dem ersten Satz lagen die Anträge vor, statt desselben zu bestimmen: 1. „Die von dem Vertragschließenden getroffene Bestimmung kann nicht wieder z u r ü c k g e n o m m e n werden."
Windscheid (Nr 26)
2. „Wird die Bestimmung nicht ohne Zögern getroffen, so erfolgt sie durch richterliches Urtheil."
Kurlbaum (Nr 27, 9)
3. 2 a) „Im Zweifel ist als gewollt anzusehen, daß, wenn die betreffende Person die Bestimmung nicht treffen will o d e r nicht innerhalb der vertragsmäßig festgesetzten Zeit trifft oder in Ermangelung einer Zeitbestimmung verzögert, das billige richterliche Ermessen über die Bestimmung entscheiden soll."
Planck (Nr 28, 1)
b) „Die von einem der Vertragschließenden zu treffende Bestimmung gilt als getroffen, wenn sie dem anderen Vertragschließenden mitgetheilt ist."
Planck (Nr 28, 2)
Beschlossen w u r d e : 1. A n n a h m e des Antrags zu 2 in d e r Fassung: „Wird die Bestimmung verzögert, so erfolgt sie durch richterliches Urtheil." 2. Annahme des Antrages zu 3 b. D e r Entwurf und die übrigen Anträge galten hiermit als erledigt. 2
Dieser Antrag dürfte von Planck stammen (vgl. Anm. 1 unter II 1, 2) 425
§ § 315, 316
2. Abschnitt: Schuldverhältnisse aus Verträgen
Die Gründe der Beschlüsse waren: Es sei dem Entwürfe darin beizupflichten, daß die Partei, welcher die Bestimmung zustehe, auch diese zu treffen verpflichtet sein müsse und zwar ohne Unterschied, ob sie der Gläubiger oder der Schuldner I Prot I 582 sei, da in beiden Fällen der andere Theil an der endgültigen Er-1 ledigung der Sache ein dringendes Interesse haben könne. Bedenklich erscheine es dagegen (mit dem Entwürfe) unbestimmt zu lassen, was rechtens sei, wenn die Verpflichtung unerfüllt bleibe. Die Auffassung der Motive (S. 38), es bewende in dieser Beziehung bei den allgemeinen Regeln, so daß an letzter Stelle die prozeßrechtlichen Vorschriften (C.P.O. §§ 773, 774 3 ) über die Zwangsvollstreckung wegen einer von dem Schuldner zu leistenden Handlung Platz griffen, führe zu unerquicklichen Weiterungen. Weit einfacher und passender erscheine es mit den Anträgen zu 2 und 3 f ü r die richterliche Bestimmung zu entscheiden. Es verdiene übrigens der Antrag zu 2 vor dem Antrag zu 3 a den Vorzug, weil er — nur in kürzerer Fassung — dasjenige enthalte, was den Kern des anderen Antrages bilde; jedoch müsse der Eingang des Antrages die beschlossene Modifikation erleiden. Daneben sei aber noch der Antrag zu 3 b als besondere Vorschrift zur Beseitigung jeder Dunkelheit und im Anschluß an den Beschluß vom 27. Februar d. J. (Protokolle S. 477) 4 aufzunehmen, wobei der Redaktion vorbehalten bleiben müsse, zu prüfen, ob nicht, entsprechend dem Beschlüsse vom 27. Februar d. J. (Protokolle S. 478), auszusprechen sei, daß die Bestimmung nicht zurückgenommen werden könne. II. Zu dem zweiten Satz des § 10 lagen die Anträge vor, statt desselben zu bestimmen: Windscheid (Nr 26) Kurlbaum ( N r 27, 9) Planck ( N r 28, 1)
1. „Wird die getroffene Bestimmung als unbillig angefochten, so tritt richterliche Entscheidung ein." 2. „Eine unbillige Bestimmung ist durch richterliches Urtheil zu berichtigen." 3. „Im Zweifel ist als gewollt anzusehen, daß, wenn die betreffende Person eine offenbar unbillige Bestimmung getroffen hat, das billige richterliche Ermessen über die Bestimmung entscheiden soll."
Der Antrag zu 3 wurde zurückgezogen. Zwischen den beiden anderen Anträgen und dem Entwürfe findet sich keine sachliche Differenz. Der Entwurf und die Anträge beruhen übereinstimmend auf dem einfachen Prinzipe: Die von der ParI Prot I 583 | tei getroffene Bestimmung unterliegt der Anfechtung wegen Unbilligkeit, so daß im Falle der Anfechtung richterliche Entscheidung eintritt. N u r in Ansehung der N o r m i r u n g der Beweislast ergab sich eine Verschiedenheit der Ansichten. Von der einen Seite wurde die Meinung vertreten, wenn nach dem zu § 9 Satz 2 gefaßten Beschlüsse der Gläubiger zu bestimmen habe, so müsse der Schuldner, welcher den Richter anrufe, von der Beweislast durch eine positive Vorschrift befreit werden, weil es unzulässig erscheine, dem Bestimmungsrechte des Gläubigers die weittragende Wirkung beizulegen, daß der anfechtende Schuldner die Unbilligkeit der Bestimmung nachzuweisen habe. Dagegen wurde geltend gemacht: Die Konsequenz gebiete, den Schuldner von der Beweislast nicht zu befreien, wobei wiederholt wurde, wie ungefährlich regelmäßig die letztere sei, indem sie nur einige Bedeutung gewinnen könne, wenn die Beschaffenheit der Leistung sich nicht genau feststellen lasse. Von anderer Seite wurde die Ansicht verteidigt: im Falle der An3 4
Vgl. §§ 887, 888 Z P O (§ 888 II, 2. u. 3. Fall neu). Vgl. Materialien zu § 263 BGB.
426
1. Titel: Begründung. Inhalt des Vertrags
§ § 315, 316
fechtung trete das richterliche Ermessen an die Stelle des Ermessens der zur Bestimmung berechtigten Partei; dem Richter sei die Leistung nachzuweisen von derjenigen Partei, welche die Gegenleistung beanspruche; alsdann bestimme er nach freiem Ermessen, indem er allenfalls von Amts wegen Sachverständige höre, das M a ß der Gegenleistung, so d a ß in der letzteren Beziehung von einer Beweislast und deren N o r m i r u n g keine Rede sein könne. U m der ersteren Ansicht A n e r k e n n u n g zu verschaffen, war beantragt, zu bestimmen: „Wird die getroffene Bestimmung von dem anderen Theile als billig nicht anerkannt, so erfolgt die Entscheidung durch richterliches Urtheil. D e r Gläubiger hat zu beweisen, d a ß der von ihm erhobene Anspruch billig ist." U m die zweite Ansicht zur Geltung zu bringen, w u r d e vorgeschlagen, in dem vorstehenden Antrage den zweiten Satz durch die Bestimmung zu ersetzen: „ D e r Schuldner hat die Unbilligkeit der Bestimmung zu beweisen." I D e r erste Satz des obigen Antrages w u r d e von der Mehrheit a n g e n o m m e n , der zweite Satz aber, und sodann auch die an Stelle desselben vorgeschlagene Bestimm u n g abgelehnt, so daß also eine die Beweislast besonders normirende Vorschrift nicht a u f g e n o m m e n werden soll. Sachlich beschlossen ist somit und zu § 9 in der Beschränkung auf das Ermessen einer Partei und zu § 10:
| Prot I 584
§ a. Soll die Leistung von einem der Vertragschließenden bestimmt werden, so ist im Zweifel anzunehmen, daß derselbe die Bestimmung nach billigem Ermessen zu treffen habe. Die Bestimmung gilt als unwiderruflich getroffen, wenn sie dem anderen Theile mitgetheilt ist. Wird die getroffene Bestimmung von dem anderen Theile als billig nicht anerkannt, so erfolgt die Entscheidung durch richterliches Urtheil. Imgleichen erfolgt die Entscheidung durch richterliches Urtheil, wenn der V e r tragschließende, welcher die Bestimmung zu treffen hat, diese verzögert. § b. Ist f ü r eine versprochene o d e r bewirkte Leistung eine Gegenleistung ausdrücklich oder stillschweigend ohne nähere Festsetzung der G r ö ß e bestimmt, so ist im Zweifel anzunehmen, daß die nähere Festsetzung dem billigen Ermessen desjenigen überlassen sei, welcher die Leistung versprochen oder bewirkt hat. II. 1. In der ZustOR
lautet die beschlossene Regelung:
§ 39. Soll die Leistung von einem der Vertragschließenden bestimmt werden, so ZustOR § 39 ist im Zweifel anzunehmen, d a ß derselbe die Bestimmung nach billigem Ermessen KE § 350 zu treffen habe. Die Bestimmung ist getroffen, wenn sie dem anderen Vertragschließenden mitgetheilt ist, die getroffene Bestimmung ist unwiderruflich. Wird die Bestimmung verzögert, so erfolgt sie durch richterliches Urtheil. Imgleichen erfolgt die Entscheidung durch richterliches Urtheil, wenn die von dem einen Vertragschließenden getroffene Bestimmung von dem anderen als billig nicht a n e r k a n n t wird. § 40. Ist f ü r eine Leistung eine Gegenleistung ausdrücklich oder stillschweigend ohne nähere Festsetzung der G r ö ß e bedungen, so ist im Zweifel anzunehmen, d a ß die Bestimmung der Größe der Gegenleistung dem billigen Ermessen desjenigen überlassen sei, welchem die letztere gebührt. 427
ZustOR § 40 KE§351
§ § 315, 3 1 6
2. Abschnitt: Schuldverhältnisse aus Verträgen
2. Aufgrund eines Antrages von Kurlbaum (Nr. 570, IV Ziff. 13) beschloß die 1. Kommission, in § 350 Abs. 2 KE (1. Fassung) statt: „mitgetheilt" zu setzen „gegenüber erklärt" (Prot. I., S. 3553, 3560). III. 1. Bis auf die unter II 2 mitgeteilte Änderung entsprechen die §§ 350, 351 KE den §§ 39, 40 ZustOR. § 350, Abs. 2 - 4 lauten: KE § 350 Die Bestimmung ist getroffen, wenn sie dem anderen Vertragsschließenden geAbs. 2, 3, 4 genüber 5 erklärt ist; die getroffene Bestimmung ist unwiderruflich. Wird die Bestimmung verzögert, so erfolgt sie durch gerichtliches Urtheil. Ingleichen erfolgt die Entscheidung durch gerichtliches Urtheil, wenn die von dem einen Vertragsschließenden getroffene Bestimmung von dem anderen als billig nicht anerkannt wird. 2. Zu § 350 Abs. 4 KE lag der Antrag vor: v. Mandry „Ingleichen erfolgt die Bestimmung durch gerichtliches Urtheil, wenn . . . billig Nr 575 nicht anerkannt und die Nichtanerkennung vom Gerichte für gerechtfertigt erkannt wird." Der Antrag wurde, „nachdem von mehreren Seiten das Bedenken erhoben worden, ob nicht die Annahme desselben eine sachliche Aenderung des § 350 in sich schließe (zu vgl. § 354 Satz 2, 3, Protokolle § 583, 584, 5 9 0 - 5 9 2 ) zurückgezogen" (Prot. I., S. 6178). 2. Auf Antrag von Gebhard (Nr. 444, 1) wurde in § 350 Abs. 3, 4 KE das W o n „gerichtliches" gestrichen (Prot. I, S. 11936). EI§§353,354
IV. Bis auf die Änderung unter III 3. entsprechen die §§ 353 und 354 E I den §§ 350, 351 KE.
B. Vorkommission des Reichsjustizamtes I. Beantragt war: Jacubezky
im § 353 den Absatz 4 zu fassen : Das Gleiche gilt, wenn die getroffene Bestimmung der Billigkeit nicht entspricht.
I ProtRJA 323
II. 58. Sitzung vom 5. 10. 1891 | Der § 353 wurde gleichfalls inhaltlich gebilligt. Ein Antrag, die Beweislast wie im § 357 dahin zu regeln, daß der andere Vertragschließende die Unbilligkeit der von dem einen Vertragschließenden getroffenen Bestimmung nachweisen müsse, wurde abgelehnt. Man hielt in dieser Beziehung den von dem Entw. zwischen den Fällen des § 353 und des § 357 gemachten Unterschied für innerlich gerechtfertigt und eine dem Antrag entsprechende Aenderung des § 353 Abs. 4 auch deshalb für bedenklich, weil die Fälle des § 353 (Bestimmung der Vertragsleistung durch das Ermessen des einen Vertragschließenden) im Leben häufig von den Fällen sich schwer unterscheiden ließen, in denen die Gegenleistung, der Preis, nach dem Maßstabe des allgemein Ueblichen zu bestimmen sei, in letzteren Fällen aber die Beweislast stets den treffen müsse, welchem die zu bestimmende Leistung obliege. 5
Im E I heißt es: „gegenüber dem anderen Vertragsschließenden".
428
1. Titel: Begründung. Inhalt des Vertrags
§§ 315,316
Die Fassung des Abs. 4 wurde, da es selbstverständlich erschien, daß über die Frage der Billigkeit oder Unbilligkeit durch Urtheil zu entscheiden sei, dahin geändert: Die getroffene Bestimmung ist f ü r den anderen Theil nur verbindlich, wenn sie der Billigkeit entspricht. In § 354 wurden die W o r t e „ausdrücklich o d e r stillschweigend" gestrichen und in Zeile 2 und 3 zweimal die W o r t e „der G r ö ß e " durch „des U m f a n g s " ersetzt.
C. 2. Kommission I. Anträge (Prot. II, Bd. 1, S. 4 6 4 - 4 6 6 , Mugdan, Bd. 1, S. 623) a) Z u § 353 w a r folgende Fassung vorgeschlagen: Soll die Bestimmung der Leistung durch einen der Vertragschließenden erfolgen, so ist im Zweifel anzunehmen, daß dieser sie nach billigem Ermessen zu treffen habe. Die Bestimmung ist getroffen, wenn sie dem anderen Theile gegenüber erklärt ist; die getroffene Bestimmung ist unwiderruflich, f ü r den anderen Theil aber nur verbindlich, wenn sie der Billigkeit entspricht. Wird die Bestimmung verzögert, so erfolgt sie durch Urtheil.
Struckmann (Nr 2, 11)
Sachlich wird § 353 bzw. der Antrag gebilligt. b) Z u § 354 lagen folgende Anträge vor: 1. denselben zu fassen: Ist f ü r eine Leistung der U m f a n g der Gegenleistung nicht bestimmt 6 , so ist im Zweifel anzunehmen, d a ß die Bestimmung des U m f a n g e s der Gegenleistung dem billigen Ermessen desjenigen zu überlassen sei, welchem die Gegenleistung gebührt.
Struckmann (Nr 2, 12)
2. a) im Antrag 1 den Vordersatz zu fassen: Ist f ü r eine Leistung der U m f a n g der Gegenleistung nicht ausdrücklich oder stillschweigend b e s t i m m t . . . b) im Falle der Ablehnung des Antrags a den § 354 zu streichen. 3. den Vordersatz im Antrag 1 zu fassen: Ist der U m f a n g der Gegenleistung w e d e r durch V e r a b r e d u n g noch durch die Verkehrssitte b e s t i m m t . . . Die Kom. lehnte die Anträge 2 a und 3 ab und nahm den Antrag 1 a n ; der A n t r a g 2 b w a r hierdurch erledigt. II. In der VorlZust lautet die Regelung: § 353. Soll die Bestimmung der Leistung durch einen der Vertragsschließenden erfolgen, so ist im Zweifel anzunehmen, daß dieser sie nach billigem Ermessen zu treffen habe. Die Bestimmung ist getroffen, wenn sie dem anderen Theile gegenüber erklärt ist; die getroffene Bestimmung ist unwiderruflich, f ü r den anderen Theil aber nur verbindlich, wenn sie der Billigkeit entspricht. 6
In dem von Struckmann eingereichten Antrag heißt es statt dessen: „Ist für eine Leistung eine Gegenleistung ohne nähere Bestimmung des Umfangs bedungen,".
429
E I-VorlZust §353
§§317-319
2. Abschnitt: Schuldverhältnisse aus Verträgen
Wird die Bestimmung verzögen oder ist die getroffene Bestimmung unverbindlich, so erfolgt die Bestimmung durch Urtheil. E I-VorlZust § 354. Ist der Umfang der für eine Leistung versprochenen Gegenleistung nicht S 354 bestimmt, so ist im Zweifel anzunehmen, daß die Bestimmung dem billigen Ermessen desjenigen Vertragsschließenden überlassen sei, welchem die Gegenleistung gebührt. III. Fassung der Regelung in der ZustRedKom: E I-ZustRedKom § 353. Soll die Bestimmung der Leistung durch einen der Vertragsschließenden § 353 erfolgen, so ist im Zweifel anzunehmen, daß dieser sie nach billigem Ermessen zu treffen habe. Die Bestimmung ist getroffen, wenn sie dem anderen Theile gegenüber erklärt ist; die getroffene Bestimmung ist unwiderruflich. Soll die Bestimmung nach billigem Ermessen erfolgen, so ist die getroffene Bestimmung für den anderen Theil nur verbindlich, wenn sie der Billigkeit entspricht. Entspricht sie nicht der Billigkeit, oder wird die Bestimmung verzögert, so erfolgt sie durch Urtheil. E I-ZustRedKom § 354. Ist der Umfang der für eine Leistung versprochenen Gegenleistung nicht S 354 bestimmt, so steht die Bestimmung im Zweifel demjenigen Theile zu, welcher die Gegenleistung zu fordern hat.
E II J 266
IV. 1. Fassung der Regelung im E Ih § 266. Soll die Leistung durch einen der Vertragschließenden bestimmt werden, so ist im Zweifel anzunehmen, daß die Bestimmung nach billigem Ermessen zu treffen ist. Die Bestimmung erfolgt durch Erklärung gegenüber dem anderen Theile. Die Erklärung ist unwiderruflich. Soll die Bestimmung nach billigem Ermessen erfolgen, so ist die getroffene Bestimmung für den anderen Theil nur verbindlich, wenn sie der Billigkeit entspricht. Entspricht sie nicht der Billigkeit, so wird die Bestimmung durch Urtheil getroffen. Das Gleiche gilt, wenn die Bestimmung verzögert wird. § 267 E II lautet wie § 354 ZustRedKom E II.
2. Revision des E II (Prot. II, Bd. 6, S. 153, Mugdan, Bd. 2, S. 624) Sohm Zur Revision des E II war von Sohm beantragt, im § 266 Abs. 2 die Worte „die (Nr 23, 1) Erklärung ist unwiderruflich" zu streichen. Die Kommission erklärte sich damit einverstanden. V. Die §§ 3 0 9 - 3 1 0 Ell rev (§§ 309, 310 E III) entsprechen den §§ 3 1 5 - 3 1 6 BGB.
§317
Ist die Bestimmung der Leistung einem Dritten überlassen, so ist im Zweifel anzunehmen, daß sie nach billigem Ermessen zu treffen ist. Soll die Bestimmung durch mehrere Dritte erfolgen, so ist im Zweifel Uebereinstimmung aller erforderlich; soll eine Summe bestimmt werden, so ist, wenn verschiedene Summen bestimmt werden, im Zweifel die Durchschnittssumme maßgebend. 430
1. Titel: Begründung. Inhalt des Vertrags
§§
317—319
§ 318 Die einem Dritten iiberlassene Bestimmung der Leistung erfolgt durch Erklärung gegenüber einem der Vertragschließenden. Die Anfechtung der getroffenen Bestimmung wegen Irrthums, Drohung oder arglistiger Täuschung steht nur den Vertragschließenden zu; Anfechtungsgegner ist der andere Theil. Die Anfechtung muß unverzüglich erfolgen, nachdem der Anfechtungsberechtigte von dem Anfechtungsgrunde Kenntniß erlangt hat. Sie ist ausgeschlossen, wenn dreißig Jahre verstrichen sind, nachdem die Bestimmung getroffen worden ist.
§319 Soll der Dritte die Leistung nach billigem Ermessen bestimmen, so ist die getroffene Bestimmung f ü r die Vertragschließenden nicht verbindlich, wenn sie offenbar unbillig ist. Die Bestimmung erfolgt in diesem Falle durch Urtheil; das Gleiche gilt, wenn der Dritte die Bestimmung nicht treffen kann oder will oder wenn er sie verzögert. Soll der Dritte die Bestimmung nach freiem Belieben treffen, so ist der Vertrag unwirksam, wenn der Dritte die Bestimmung nicht treffen kann oder will oder wenn er sie verzögert.
A. 1. Kommission I. 75. Sitzung vom 14. 4. 1882, Schriftführer Neubauer I Die Berathung wandte sich zum § 9 zurück behufs Erledigung des Falles, wenn die Leistung durch einen Dritten bestimmt werden soll.
I P r o t ! 585
Der Entwurf beschränkt sich auf die Vorschrift: Die Bestimmung der Leistung oder Gegenleistung könne dem billigen Ermessen eines bestimmten Dritten oder mehrerer bestimmter Dritter überlassen werden. Die Vorschrift war mit dem Gegenantrage 1 bekämpft, vorzuschreiben: „Ist der Vertrag gerichtet auf eine durch einen Dritten zu bestimmende Leistung, so ist im Zweifel als gewollt anzusehen, daß die Bestimmung durch das billige Ermessen des Dritten getroffen werden soll." Die Mehrheit entschied, es müßte dieselbe Bestimmung gelten, welche für den Fall beschlossen worden, wenn die Bestimmung dem Parteiermessen überlassen sei, billigte also den Verbesserungsantrag, vorbehaltlich der Redaktion, welche der des früheren Beschlusses zu entsprechen habe. Sie ging davon aus, dieselben Gründe, welche für den Fall der durch die Partei zu bestimmenden Lei-1 stung den früheren, von dem Entwürfe theilweise abweichenden Beschluß veranlaßt hätten, seien auch im vorliegenden Falle durchgreifend, und sei sodann nicht nöthig, den Fall besonders hervorzuheben, wenn mehrere Dritte zu bestimmen hätten, ferner von ' Zu den Anträgen von Windscheid, Planck und Kurlbaum vgl. Anm. 1 bei den Materialien zu den « 3 1 5 - 3 1 6 BGB.
431
Windscheid (Nr 26) Planck (Nr 28, 1)
I Prot I 586
§§317-319
2. Abschnitt: Schuldverhältnisse aus Verträgen
einem bestimmten Dritten zu reden, da daraus nur mißverständlich gefolgert werden könnte, der Dritte müsse schon im Vertrage genannt sein. TE-OR(Nrll) §11
Zu § 11 des Entwurfes : „Soll die Leistung durch einen Dritten bestimmt werden, so ist der Vertrag nichtig, wenn die Bestimmung von dem Dritten nicht getroffen werden kann oder will oder nicht innerhalb der von dem Vertragschließenden bei oder nach Schließung des Vertrages hierfür vereinbarten Zeit, oder, wenn eine solche nicht vereinbart ist, nicht ohne Zögern getroffen wird." lagen die Anträge vor, stattdessen zu bestimmen:
Windscheid 1. „Wird die von dem Dritten zu treffende Bestimmung verzögert, so kann jeder (Nr 26) der Vertragschließenden von dem Vertrage zurücktreten." Planck 2. „Im Zweifel ist als gewollt anzusehen, daß, wenn der Dritte die Bestimmung (Nr 28,1) nicht treffen will oder kann, oder nicht innerhalb der vertragsmäßig festgesetzten Zeit trifft, oder in Ermangelung einer Zeitbestimmung verzögert, das billige richterliche Ermessen über die Bestimmung entscheiden soll." Kurlbaum 3. „Ist die Bestimmung der Leistung dem Ermessen eines Dritten übertragen, so (Nr 27, 9) gilt das Schuldverhältniß im Zweifel als dadurch bedingt, daß die Bestimmung von dem Dritten getroffen wird." Der Antragsteller zu 1 führte zur Erläuterung seines Antrages an, derselbe beziehe sich keineswegs auch auf den Fall, wenn der Dritte nicht bestimmen könne oder wolle, indem es selbstverständlich erscheine, daß in einem solchen Falle der Vertrag, wie auch der Entwurf vorschlage, unwirksam bleibe; einer besonderen I Prot I 587 Vorschrift bedürfe es nur für | den Fall der Verzögerung der dem Dritten überlassenen Bestimmung und erscheine die vorgeschlagene, beiden Theilen das Rücktrittsrecht gewährende Vorschrift um so angemessener, als nicht selten zweifelhaft sein werde, ob eine Verzögerung des Dritten vorliege, ob also der Vertrag hinfällig geworden sei oder nicht. Für den Antrag zu 2 war geltend gemacht, die vorgeschlagene Bestimmung werde regelmäßig der Absicht der Parteien entsprechen und im Interesse des Verkehrs die unerwartete Hinfälligkeit mancher Verträge, auf deren sicheren Bestand gerechnet sei, in sachgemäßer Weise verhüten. Zur Begründung des Antrags zu 3 wurde hervorgehoben, derselbe weiche in sachlicher Beziehung nur unbedeutend von dem Entwürfe ab, während er andererseits nur als eine schwer abzuweisende, notwendige Konsequenz des in der Sitzung vom 1. März 1882 (Protokolle Seite 491, 492) gefaßten Beschlusses sich darstelle: „Ist die Wahl unter den mehreren· wahlweise geschuldeten Leistungen einem Dritten eingeräumt, so gilt das Schuldverhältniß im Zweifel als ein durch die Wahl des Dritten bedingtes." 2 Beschlossen wurde, zunächst den Fall zu erledigen, wenn der Dritte nicht bestimmen kann oder will. Es erfolgte die Ablehnung zunächst des Antrages zu 2, dann des Antrages zu 3 und hierauf die Annahme des Entwurfes, jedoch mit der Maßgabe, daß die Vorschrift: „so ist der Vertrag nichtig" durch die ersetzt werden soll : „so gilt der Vertrag als nicht geschlossen" oder „so ist der Vertrag unwirksam (hinfällig)", in welcher Hinsicht das Nähere der Redaktion vorbehalten blieb.
2
Vgl. Materialien zu § 265 BGB.
432
1. Titel: Begründung. Inhalt des Vertrags
§§317-319
Betreffend den Fall der Verzögerung, so wurde der Antrag zu 1 abgelehnt und der Entwurf gleichfalls angenommen, jedoch mit der Maßgabe, daß in Bezug auf die Voraussetzung entsprechend dem für den ähnlichen Fall der Verzögerung der Partei-Bestimmung gefaßten Beschluß gesagt werden soll: „Wird die Bestimmung von dem Dritten verzögert." Erwogen war: Könne oder wolle der Dritte nicht bestim-|men, so werde es | Prot 1588 keineswegs in der Mehrzahl der Fälle der Absicht der Parteien entsprechen, die richterliche Bestimmung als Ersatz eintreten zu lassen. Die Regel werde vielmehr sein, daß die Wahl des Dritten auf einem besonderen Vertrauen beruhe, so daß der Vertrag zerfallen müsse, wenn der Dritte nicht bestimmen könne oder wolle. Der Antrag zu 2 sei daher zur Annahme um so weniger geeignet, als er dem geltenden Rechte widerstrebe. Zweifelhafter könne sein, ob eintretenden Falls von der Unterstellung einer Bedingung, von der einer Suspensivbedingung oder Resolutivbedingung, auszugehen sei. Ziehe man in Betracht, daß die Parteien meist das Geschäft als sofort in Wirksamkeit getreten zu betrachten gewohnt seien, so könne es den Anschein gewinnen, als sei die Unterstellung einer Resolutivbedingung vorzuziehen. Angemessener erscheine es jedoch, die Frage, ob eine Suspensiv- oder Resolutivbedingung oder überhaupt eine Bedingung zu unterstellen sei, nicht zu entscheiden, vielmehr die juristische Konstruktion, wie in allen ähnlichen Fällen, der Wissenschaft zu überlassen. Uebrigens würde es kaum einen erheblichen Unterschied machen, ob eine Suspensiv- oder eine Resolutivbedingung vorausgesetzt werde. Die zur Begründung des Antrags zu 3 angerufene Analogie sei endlich nicht entscheidend, da nach den Erfahrungen des Lebens eine völlige Gleichheit der Fälle nicht vorliege. — Uebrigens möge bei der Redaktion geprüft werden, ob nicht der erwähnte frühere Beschluß vom 1. März 1882 (Protokolle Seite 491, 492) zu berichtigen sei. Betreffend den Verzögerungsfall, so lasse es sich schwerlich verkennen, daß, wenn eine Bestimmungszeit angegeben sei, deren Versäumung in gleicher Art, wie die Ablehnung der Bestimmung beurtheilt werden müsse. Die anderen Fälle der Verzögerung aber in gleicher Art zu beurtheilen, empfehle sich im Interesse der Einfachheit des Gesetzes. I Schließlich wurde der Prüfung bei der Redaktion vorbehalten, ob nicht, ent- | Prot I 589 sprechend der bei der Alternativobligation unter dem 1. März d. J. (Protokolle S. 491) beschlossenen Vorschrift, auch hier hinzuzufügen sei, der Dritte müsse selbst wählen. Der § 12 des Entwurfs: „Der Vertrag ist nichtig, wenn die Bestimmung der Leistung in das billige Er- TE-OR (Nr 11) messen mehrerer Dritter gestellt ist und dieselben keinen übereinstimmenden Aus- S 1 2 Spruch abgeben. Handelt es sich jedoch um die Bestimmung einer Summe und weichen die von den Dritten bestimmten Summen voneinander ab, so ist die Durchschnittssumme maßgebend." wurde angenommen, obschon von einer Seite seine Streichung befürwortet, und Planck geltend gemacht war: der erste Satz sei selbstverständlich, der zweite enthalte eine (Nr 28, 3) nicht unbedenkliche und daher kaum gerechtfertigte positive Vorschrift. Die Annahme des S 12 erfolgte mit der Maßgabe, daß : 1. Im Eingange der Ausdruck: „ist nichtig" entsprechend dem zum § 11 gefaßten Beschlüsse zu ersetzen sei durch den Ausdruck: „gilt als nicht geschlossen", oder „ist unwirksam" pp. 433
§§317-319
2. Abschnitt: Schuldverhältnisse aus Verträgen
2. Zeile 1 das Wort „billige" als eine ungerechtfertigte Beengung herbeiführend zu streichen sei.
TE-OR (Nr 11)
§13
Der § 13 des Entwurfs lautet: „Haben der Dritte oder die mehreren Dritten einen Ausspruch abgegeben, so können sie von demselben nicht wieder abgehen. Der Ausspruch kann aber von den Betheiligten wegen Unbilligkeit angefochten und die Bestimmung der Leistung durch richterliches Ermessen verlangt werden." derselbe wurde satzweise berathen.
Windscheid (Nr 26) I Prot I 590
Zu Satz 1 war beantragt, dafür zu bestimmen:
Kurlbaum (Nr 27, 9)
1. „Die von dem Dritten getroffene Bestimmung | kann nicht wieder zurückgenommen werden." 2. „Die Bestimmung erfolgt durch Mittheilung an den Gläubiger oder den Schuldner."
Planck (Nr 28, 2)
3. „Die von dem Dritten zu treffende Bestimmung gilt als getroffen, wenn sie einem der Vertragschließenden mitgetheilt ist." Annahme fand der Antrag zu 3 in Rücksicht auf den in der Sitzung vom 1. März 1882 (Protokolle S. 491, 492) gefaßten Beschluß: „Die Wahl gilt als vollzogen, wenn sie nur dem Gläubiger oder Schuldner mitgetheilt ist." Zu dem zweiten Satz lagen die Anträge 3 vor, statt desselben zu bestimmen: 1. „Die Bestimmung des Dritten unterliegt der Anfechtung, wenn sie offenbar unbillig ist." 2. „Die Bestimmung des Dritten unterliegt der Anfechtung, wenn absichtlich oder aus grober Fahrlässigkeit eine unbillige Bestimmung getroffen, oder wenn die Bestimmung widerrechtlich durch D r o h u n g oder Betrug veranlaßt ist." 3. „Die Bestimmung des Dritten unterliegt der Anfechtung wegen Unbilligkeit; wird die Bestimmung von dem Richter f ü r unbillig erklärt, so gilt der Vertrag f ü r nicht geschlossen (so ist der Vertrag unwirksam)".
Kurlbaum (Nr 27, 9)
4. „Die Bestimmung kann durch richterliches Urtheil berichtigt werden, wenn die Voraussetzungen vorliegen, unter welchen nach § 867 Nr. 6 der Civilprozeßordnung die Aufhebung eines Schiedsspruchs beantragt werden kann, 4 oder wenn absichtlich (vorsätzlich) eine unbillige Bestimmung getroffen ist." 5. „Wird die Bestimmung des Dritten von dem einen oder anderen Theile als billig nicht anerkannt, so erfolgt die Entscheidung durch richterliches Urtheil."
I Prot I 591
Einvernehmen bestand, daß hier nur der Fall zu | unterstellen sei, wenn der Dritte nach billigem Ermessen zu bestimmen hat. Beschlossen wurde, zunächst zu entscheiden, unter welchen Voraussetzungen die Anfechtung zuzulassen, sodann, welche Wirkungen der letzteren beizulegen seien. In der ersteren Beziehung wurden der Vorschlag (zu 4), die Anfechtung nur nach Maßgabe der Civilprozeßordnung § 867 Nr.6 4 und wegen absichtlicher Unbil3
4
Vgl. auch hier die Anträge von Windscheid, Planck und Kurlbaum bei den Materialien zu den SS 315 f BGB. Danach dürfte Antrag Nr. 1 von Planck, Nr. 5 von Windscheid stammen. Vgl. § 1041 ZPO.
434
1. Titel: Begründung. Inhalt des Vertrags
§§317-319
ligkeit zuzulassen, sodann der Vorschlag (zu 1), die Anfechtung nur wegen offenbarer Unbilligkeit zu gestatten, endlich auch der Vorschlag (zu 2), die Anfechtung nur für zulässig zu erklären, wenn absichtlich oder aus grober Fahrlässigkeit eine unbillige Bestimmung getroffen oder die Bestimmung widerrechtlich durch Drohung oder Betrug veranlaßt ist, abgelehnt, angenommen dagegen der dem Entwürfe entsprechende Vorschlag (zu 5), die Anfechtung einfach wegen Unbilligkeit zuzulassen. Betreffend die zweite Frage, so fand der Vorschlag (zu 3), den Vertrag, wenn die Anfechtung für begründet erklärt sei, für unwirksam pp. zu erklären, keine Billigung, vielmehr wurde der Vorschlag zu 5 angenommen, wonach der Richter die Leistung zu bestimmen hat. Die Mehrheit war der Ansicht, es fehle an genügenden Gründen, die Anfechtung anders zu regeln, als sie für den Fall geregelt sei, wenn eine Partei nach billigem Ermessen zu bestimmen habe. Es könne nicht zugegeben werden, daß die in Betracht kommenden Verhältnisse verschieden seien, daß namentlich der für den Fall, wenn der Dritte nicht bestimmen könne oder wolle, gefaßte Beschluß zu einer abweichenden Regelung zwänge, durch welche auch die Harmonie mit dem geltenden Rechte nicht gewahrt bleiben würde. Von einer Seite wurde noch der Antrag gestellt, den gefaßten Beschluß durch den Zusatz zu ergänzen : „Der die Bestimmung anfechtende Theil hat die Un- | billigkeit zu beweisen." | Prot I 592 Der Antrag wurde von der Mehrheit gebilligt. Schließlich kam zur Erörterung, ob es nöthig sein werde, besondere Vorschriften noch für die Fälle aufzustellen, in welchen zwar die Leistung von einem Dritten zu bestimmen ist, die Vereinbarung aber nicht dahin geht, daß der Dritte nach billigem Ermessen zu bestimmen habe. Man erachtete solche Vorschriften für nicht nötig, indem man glaubte, daß die allgemeinen Rechtsnormen zur Erledigung der möglichen Zweifel ausreichten, und daß das nähere Eingehen auf die möglichen Fälle zu einer bedenklichen Kasuistik führen müsse. Der Antrag zu bestimmen in einem besonderen § . „Ging die Absicht der Vertragschließenden dahin, daß der Vertrag nur dann Planck Wirksamkeit erlangen solle, wenn die dem Ermessen eines Dritten überlassene Be- (Nr 29, 4) Stimmung von demselben wirklich getroffen werde, so gilt der Vertrag als ein bedingter. Ist von dem Dritten absichtlich oder aus grober Fahrlässigkeit eine unbillige Bestimmung getroffen, oder ist derselbe widerrechtlich durch Drohung oder Betrug zu einer solchen bestimmt worden, so ist, wenn die Vertragschließenden nicht das Gegentheil verabredet haben, jeder derselben berechtigt, die Aufhebung der getroffenen Bestimmung durch das Gericht zu verlangen und gilt, wenn dieselbe erfolgt, die Bedingung als fehlgeschlagen. Die Vorschrift des § 145 Allgemeinen Theils 5 findet keine Anwendung. Verzögert der Dritte die Bestimmung, so ist jeder der Vertragschließenden von dem Vertrage zurückzutreten berechtigt." wurde zurückgezogen. Hiernach stellen sich die für den Fall, wenn ein Dritter die Leistung zu bestimmen hat, gefaßten sachlichen Beschlüsse | dahin: | Prot I 593 § a. Ist die Bestimmung der Leistung einem Dritten überlassen, so gilt der Vertrag für nicht geschlossen (so ist der Vertrag unwirksam) wenn der Dritte die ' S 145 ZustAllgT entspricht 209 BGB. 435
§§317-319
2. Abschnitt: Schuldverhältnisse aus Verträgen
Bestimmung nicht treffen kann oder will oder wenn er dieselbe verzögert. Dasselbe gilt, wenn die Bestimmung durch mehrere Dritte zu erfolgen hat und diese nicht eine übereinstimmende Bestimmung treffen. Ist jedoch von mehreren Dritten eine Summe zu bestimmen, so ist bei Bestimmung verschiedener Summen die Durchschnittssumme maßgebend. § b. (Der Dritte muß selbst bestimmen). Die Bestimmung des Dritten gilt als (unwiderruflich) getroffen, wenn sie von demselben auch nur einem der Vertragschließenden mitgetheilt ist. § c. Soll die Bestimmung der Leistung durch einen Dritten erfolgen, so ist im Zweifel anzunehmen, daß derselbe nach billigem Ermessen zu bestimmen habe. Wird die Bestimmung des Dritten von einem Theile als billig nicht anerkannt, so erfolgt die Entscheidung durch richterliches Urtheil. Der die Bestimmung anfechtende Theil hat die Unbilligkeit zu beweisen.
ZustOR § 41
II. Die beschlossene Regelung lautet in der ZustOR: § 41. Ist die Bestimmung der Leistung einem Dritten überlassen, so ist der Vertrag unwirksam, wenn der Dritte die Bestimmung nicht treffen kann oder will oder wenn er dieselbe verzögert. Dasselbe gilt, wenn die Bestimmung durch mehrere Dritte erfolgen soll und diese zu einer Uebereinstimmung nicht gelangen. Ist jedoch eine Summe von mehreren Dritten zu bestimmen, so ist bei Bestimmung verschiedener Summen die Durchschnittssumme maßgebend.
ZustOR § 42
§ 42. Die Bestimmung der Leistung durch einen Dritten ist getroffen, wenn sie einem der Vertragsschließenden mitgetheilt ist; die getroffene Bestimmung ist unwiderruflich.
ZustOR § 43
§ 43. Soll die Bestimmung der Leistung durch einen Dritten erfolgen, so ist im Zweifel anzunehmen, daß derselbe die Bestimmung nach billigem Ermessen zu treffen habe. Wird die Bestimmung des Dritten von einem Theile als billig nicht anerkannt, so erfolgt die Entscheidung durch richterliches (im K E : gerichtliches) Urtheil. Der die Bestimmung anfechtende Theil hat die Unbilligkeit zu beweisen. 2. Auf Antrag von Kurlbaum (Nr. 570 IV, Ziff, 13) wurde beschlossen, in § 353 KE (1. Fassung; § 4 2 ZustOR), statt „mitgetheilt" zu setzen „gegenüber erklärt". (Prot. I, S. 3553, 3560)
KE § 353
III. 1. Die §§ 352, 354 / Œ lauten wie die §§ 41, 43 ZustOR. § 353 KE lautet: „Die einem Dritten überlassene Bestimmung der Leistung ist getroffen, wenn sie einem der Vertragsschließenden gegenüber 6 erklärt ist; die getroffene Bestimmung ist unwiderruflich." 2. Aufgrund eines Antrags von Kurlbaum (Nr. 576, Ziff. 13) wurde beschlossen, in § 354 S. 3 statt „anfechtende" zu setzen „nicht anerkennende" (Prot. I, S. 6190). 2. Ferner beschloß die 1. Kommission auf einen Antrag von in § 354 S. 2 das Wort „gerichtliches" zu streichen (Prot. I, S. 11936) IV. Der § 355 E /lautet wie § 41 ZustOR. Der § 356 E /lautet wie § 353 KE. 6
Im E I heißt es statt dessen „gegenüber einem der Vertragsschließenden".
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1. Titel: Begründung. Inhalt des Vertrags
§§
317—319
D e r § 3 5 7 E I lautet: „Soll die B e s t i m m u n g der Leistung durch einen Dritten e r f o l g e n , s o ist im Zweifel a n z u n e h m e n , daß derselbe die Bestimmung nach billig e m E r m e s s e n zu treffen habe. Wird die Bestimmung des Dritten von einem Theile als billig nicht anerkannt, so erfolgt die Entscheidung durch Urtheil. D e r die Bestimmung nicht anerkennende Theil hat die Unbilligkeit z u beweisen."
E I §357
B . V o r k o m m i s s i o n des Reichsjustizamtes I. B e a n t r a g t w a r : 1. D e n § 357 S a t z 2, 3 durch f o l g e n d e Vorschriften z u ersetzen: W e g e n o f f e n barer Unbilligkeit der B e s t i m m u n g kann deren A u f h e b u n g verlangt werden. Im Falle der A u f h e b u n g e r f o l g t die B e s t i m m u n g durch das Gericht. 2. D i e §§ 355 bis 357 zu fassen a) § 355. Ist die Bestimmung der Leistung einem Dritten überlassen, s o ist im Zweifel anzunehmen, daß derselbe die B e s t i m m u n g nach billigem Ermessen zu treffen habe. Soll der Dritte die Bestimmung nach freier Wahl treffen, so ist der V e r t r a g u n w i r k s a m , wenn der Dritte die B e s t i m m u n g nicht treffen kann o d e r will o d e r wenn er dieselbe verzögert.
Struckmann (Nr 1, 92) Jacubezky (Nr 5, 9)
b) § 356. Die einem Dritten überlassene Bestimmung der Leistung ist getroffen, wenn sie g e g e n ü b e r einem der Vertragschließenden erklärt ist. D i e g e t r o f f e n e Bestimmung ist unwiderruflich. D i e A n f e c h t u n g der g e t r o f f e n e n Bestimmung wegen Irrthums, Z w a n g e s o d e r Betruges steht auch den Vertragschließenden z u „ Soll die· Bestimmung durch mehrere Dritte erfolgen, so ist im Zweifel Uebereinstimmung derselben erforderlich. Ist j e d o c h eine S u m m e von mehreren Dritten nach billigem Ermessen zu bestimmen, so ist bei B e s t i m m u n g verschiedener S u m men im Zweifel die Durchschnittssumme maßgebend.
Jacubezky (Nr 5, 9)
c) § 357. Soll die Bestimmung v o n dem Dritten nach billigem Ermessen getroffen w e r d e n , so ist die g e t r o f f e n e B e s t i m m u n g für die Vertragschließenden nicht verbindlich, wenn sie o f f e n b a r unbillig ist.
Jacubezky (Nr 5, 9)
II. 58. S i t z u n g vom 5. 10. 1891 I D e r § 355 w u r d e inhaltlich gebilligt. In S a t z 2 sollen j e d o c h hinter „ D a s s e l b e gilt" die W o r t e „ i m Z w e i f e l " eingeschoben werden. D e r S a t z 3 soll durch ein S e m i kolon mit S a t z 2 verbunden werden unter Streichung d e r W o r t e „von mehreren Dritten". I D e m § 356 soll f o l g e n d e r Abs. 2 a n g e f ü g t w e r d e n : „ D i e A n f e c h t u n g der g e t r o f f e n e n B e s t i m m u n g w e g e n Irrthums, D r o h u n g o d e r arglistiger T ä u s c h u n g steht auch den Vertragschließenden z u . " M a n hielt eine solche B e s t i m m u n g f ü r erforderlich, weil nach den allgemeinen G r u n d s ä t z e n es z u m Mindesten fraglich erscheine, ob den Vertragschließenden selbst w e g e n Irrthums usw. des Bestimmenden d a s Anfechtungsrecht zustehe, es aber nicht angehe, die A n f e c h t u n g in d a s Belieben des Dritten z u stellen u n d damit diesem eine M a c h t e i n z u r ä u m e n , deren G e w ä h r u n g nicht in der Absicht d e r Parteien liege. 437
| ProtRJA 323
I ProtRJA 324
§§ 317—319
2. Abschnitt: Schuldverhältnisse aus Verträgen
E I-RJA S 357
Der § 357 erhielt folgende Fassung: Soll die Bestimmung der Leistung durch einen Dritten erfolgen, so ist im Zweifel anzunehmen, daß dieser sie nach billigem Ermessen zu treffen habe. Die getroffene Bestimmung ist für die Vertragschließenden nicht bindend7, wenn sie offenbar unbillig ist; in diesem Falle erfolgt die Bestimmung durch Urtheil. Eine sachliche Abweichung vom Entwurf ist mit dieser Aenderung nur insoweit beabsichtigt, als die Bestimmung des Dritten nicht schlechthin wegen Unbilligkeit, sondern nur wegen offenbarer Unbilligkeit für unverbindlich erklärt wird. Der Satz 3 des Entw., betreffend die Beweislast, erschien durch die geänderte Fassung als gedeckt und somit entbehrlich. Ein Antrag, für den Fall, daß eine Summe von mehreren Dritten nach billigem Ermessen zu bestimmen sei, in Abweichung von dem § 355 Satz 3 zu bestimmen, daß bei Bestimmung verschiedener Summen die Durchschnitssumme für die Vertragschließenden nicht verbindlich sei, wenn eine I ProtRJA 325 der ver- | schiedenen Summen offenbar unrichtig bestimmt sei, wurde abgelehnt.
C. 2. Kommission I. Anträge (Prot. II, Bd. 1, S. 4 6 7 - 4 7 1 ; Mugdan, Bd. 2, S. 625ff): Struckmann
a) 1, die Fassung der §§ 355 8 bis 357 E I-RJA;
( N r 2, 1 3 - 1 5 )
Jacubezky (Nr 46, 4 - 6 )
2. die §§ 355 bis 357 wie folgt zu gestalten: ) den § 355 zu fassen: Ist die Bestimmung der Leistung einem Dritten überlassen, so ist im Zweifel anzunehmen, daß derselbe die Bestimmung nach billigem Ermessen zu treffen habe. Soll der Dritte die Bestimmung nach freier Wahl treffen, so ist der Betrag unwirksam, wenn der Dritte die Bestimmung nicht treffen kann oder will oder wenn er dieselbe verzögert. b) dem § 356 im Antrag 1 als Abs. 3 hinzuzusetzen: Soll die Bestimmung durch mehrere Dritte erfolgen, so ist im Zweifel Uebereinstimmung derselben erforderlich. Ist eine Summe von mehreren Dritten nach billigem Ermessen zu bestimmen, so ist bei Bestimmung verschiedener Summen im Zweifel die Durchschnitssumme maßgebend. a
c) dem § 357 folgende Fassung zu geben: Soll die Bestimmung von dem Dritten nach billigem Ermessen getroffen werden, so ist die getroffene Bestimmung für die Vertragschließenden nicht verbindlich, wenn sie offenbar unbillig ist. In diesem Falle erfolgt die Bestimmung durch Urtheil. Das Gleiche gilt, wenn der Dritte die Bestimmung nicht treffen kann oder will oder wenn er dieselbe verzögert.
7 8
Im späteren Antrag von Struckmann heißt es „verbindlich". § 355 lautet in der Fassung des Antrags von Struckmann: „Soll die Bestimmung der Leistung durch einen Dritten erfolgen, so ist der Vertrag unwirksam, wenn der Dritte die Bestimmung nicht treffen kann oder will oder wenn er sie verzögert. Dasselbe gilt im Zweifel, wenn die Bestimmung durch mehrere Dritte erfolgen soll und diese zu einer Uebereinstimmung nicht gelangen; ist jedoch eine Summe zu bestimmen, so ist bei Bestimmung verschiedener Summen die Durchschnittssumme maßgebend".
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1. Titel: Begründung. Inhalt des Vertrags
§ § 317—319
D i e Berathung beschränkte sich zunächst auf § 355 Satz 1 und § 357. Mit Bezug auf diese wurden für den Fall der Ablehnung des Antrags 2 a und c folgende Anträge gestellt: 3. den Satz 1 des § 355 im Antrag 1 a durch folgende Vorschriften zu ersetzen: Soll die Bestimmung der Leistung durch einen Dritten erfolgen, so bleibt der Vertrag im Zweifel auch dann gültig, wenn der Dritte die Bestimmung nicht treffen kann oder will oder wenn er sie verzögert. In solchen Fällen erfolgt die Bestimmung im Prozeßverfahren. 4. Den Satz 1 des § 355 durch Zusetzung der Worte „im Zweifel" als eine dispositive Bestimmung zu kennzeichnen. 5. den zweiten Halbsatz des zweiten Satzes im § 357 des Antrags 1 c durch die W o r t e zu ersetzen: „in diesem Fall ist der Vertrag unwirksam". D i e K o m . nahm den Antrag 2 a und c sachlich an und überwies den Antrag 3 im Einverständnisse mit dem Antragsteller, welcher erklärte, daß eine sachliche Abweichung von dem Antrage 2 nicht beabsichtigt sei, der R e d K o m zur Prüfung. Die übrigen Anträge fanden hierdurch ihre Erledigung. Aus dem § 357 ist der erste Satz in den Anträgen 1 c Satz 1 und 2 a Abs. 1 sachlich beibehalten. E r fand die Billigung der K o m . V o n dem zweiten Satz weichen die Anträge 1 c Satz 2 und 2 c Satz 1, 2, abgesehen von der dem Antrage zu § 353 entsprechenden Fassungsänderung, insofern ab, als sie die Bestimmung des Dritten nicht schlechthin wegen Unbilligkeit, sondern nur wegen offenbarer Unbilligkeit für unverbindlich erklären. D e r auf die Beweislast bezügliche dritte Satz des § 357 ist in den Anträgen 1 und 2 lediglich als durch die veränderte Fassung des zweiten Satzes entbehrlich gestrichen. b) Zu § 355 Satz 2 bezwecken die unter a) mitgetheilten Anträge 1 a Satz 2 und 2 b Satz 1, den dispositiven Karakter der Vorschrift durch Hinzufügung der W o r t e „im Zweifel" klarzustellen. Dies wurde als eine bloße Verdeutlichung des Entw. gebilligt. Weiter wurde beantragt, zu § 355 Satz 3 : bei Bestimmung verschiedener Summen die Mehrheit der Stimmen entscheiden zu lassen. Die K o m . nahm den Antrag 1 an und lehnte die beiden anderen Anträge ab. c) Die Vorschrift des § 356, welche in den Antrag 1 b Abs. 1, wörtlich übernommen ist, wurde nicht beanstandet. Zu dem die Anfechtung der Bestimmung betreffenden Abs. 2 dieses Antrags war von anderer Seite vorgeschlagen : 1. den Satz hinzuzufügen :
Planck (Nr 48)
Anfechtungsgegner ist in einem solchen Falle der andere Vertragschließende 2. den vorgeschlagenen Abs. 2 wie folgt zu fassen: D i e Anfechtung der getroffenen Bestimmung wegen Irrthums, Drohung oder arglistiger Täuschung steht nur dem Vertragschließenden zu. Sie muß unverzüglich erfolgen, nachdem der Anfechtungsberechtigte von dem Anfechtungsgrunde Kenntniß erlangt hat. 439
§§ 317-319
2. Abschnitt: Schuldverhältnisse aus Verträgen
Beide Anträge wurden angenommen, der Antrag 1 mit dem Vorbehalte für die RedKom zu prüfen, ob neben der Vorschrift des Antrags 2 eine ausdrückliche Bestimmung im Sinne des Antrags 1 erforderlich ist. II. Fassung der Regelung in der VorlZust: EI-VorlZust § 355. Ist die Bestimmung der Leistung einem Dritten überlassen, so ist im S 355 Zweifel anzunehmen, daß derselbe die Bestimmung nach billigem Ermessen zu treffen habe. Soll der Dritte die Bestimmung nach freier Wahl treffen, so ist der Vertrag unwirksam, wenn der Dritte die Bestimmung nicht treffen kann oder will oder wenn er sie zu treffen verzögert. Soll die Bestimmung durch mehrere Dritte erfolgen, so ist im Zweifel Uebereinstimmung derselben erforderlich; ist jedoch eine Summe zu bestimmen, so ist bei Bestimmung verschiedener Summen die Durchschnittssumme maßgebend. Oder statt des ersten Absatzes : Ist die Bestimmung der Leistung einem Dritten überlassen, so ist im Zweifel anzunehmen, daß derselbe die Bestimmung nach billigem Ermessen zu treffen habe und daß der Vertrag dadurch nicht unwirksam werden soll, daß der Dritte die Bestimmung nicht treffen kann oder will oder daß er sie zu treffen verzögert. E I-VorlZust § 356. Die einem Dritten überlassene Bestimmung der Leistung ist getroffen, § 356 wenn sie einem der Vertragsschließenden gegenüber erklärt ist; die getroffene Bestimmung ist unwiderruflich. Die Anfechtung der getroffenen Bestimmung wegen Irrthums, Zwangs oder Betrugs steht (nur) den Vertragsschließenden zu. Sie muß unverzüglich erfolgen, nachdem der Anfechtungsberechtigte von dem Anfechtungsgrunde Kenntniß erlangt hat. Anfechtungsgegner ist der andere Theil. § 357. Soll die Bestimmung von dem Dritten nach billigem Ermessen getroffen werden, so ist die getroffene Bestimmung für die Vertragsschließenden nicht verbindlich, wenn sie offenbar unbillig ist. In diesem Falle erfolgt die Bestimmung durch Urtheil. Das Gleiche gilt, wenn der Dritte die Bestimmung nicht treffen kann oder will oder wenn er sie zu treffen verzögert. III. In der ZustRedKom lautet die Regelung: E I-ZustRedKom § 355. Ist die Bestimmung der Leistung einem Dritten überlassen, so ist im § 355 Zweifel anzunehmen, daß er sie nach billigem Ermessen zu treffen habe. Abs. 2 wie § 355 Abs. 2 VorlZust E I. § 356. Abs. 1 wie 356 Abs. 1 VorlZust Abs. 2: Die Anfechtung der getroffenen Bestimmung wegen Irrthums, Drohung oder arglistiger Täuschung steht den Vertragsschließenden gegeneinander zu. Sie muß unverzüglich erfolgen, nachdem der Anfechtende von dem Anfechtungsgrunde Kenntniß erlangt hat. § 357. Soll die Bestimmung von dem Dritten nach billigem Ermessen getroffen werden, so ist die getroffene Bestimmung für die Vertragsschließenden nicht verbindlich, wenn sie offenbar unbillig ist. In diesem Falle erfolgt die Bestimmung durch Urtheil. Das gleiche gilt, wenn der Dritte die Bestimmung nicht treffen kann oder will oder wenn er sie verzögert. Soll der Dritte die Bestimmung nach seinem Belieben treffen, so ist der Vertrag unwirksam, wenn der Dritte die Bestimmung nicht treffen kann oder will oder wenn er sie verzögert. 440
1. Utel: Begründung. Inhalt des Vertrags
§§317-319
IV. 1. Fassung der Regelung im E II: § 268. Ist die Bestimmung der Leistung einem Dritten überlassen, so ist im Zweifel anzunehmen, daß sie nach billigem Ermessen zu treffen ist. Soll die Bestimmung durch mehrere Dritte erfolgen, so ist im Zweifel Uebereinstimmung derselben erforderlich; soll jedoch eine Summe bestimmt werden, so ist bei Bestimmung verschiedener Summen die Durchschnittssumme maßgebend.
E II $268
§ 269. Die einem Dritten überlassene Bestimmung der Leistung erfolgt durch Erklärung gegenüber einem der Vertragschließenden. Die Erklärung ist unwiderruflich. Die Anfechtung der getroffenen Bestimmung wegen Irrthums, D r o h u n g oder arglistiger Täuschung steht nur den Vertragschließenden z u ; Anfechtungsgegner ist der andere Theil. Die Anfechtung muß unverzüglich erfolgen, nachdem der Anfechtungsberechtigte von dem Anfechtungsgrunde Kenntniß erlangt hat.
E II § 269
§ 270. Soll der Dritte die Leistung nach billigem Ermessen bestimmen, so ist die E II § 270 getroffene Bestimmung f ü r die Vertragschließenden nicht verbindlich, wenn sie o f f e n b a r unbillig ist. Die Bestimmung erfolgt in einem solchen Falle durch Urtheil. D a s Gleiche gilt, wenn der Dritte die Bestimmung nicht treffen kann oder will o d e r w e n n er sie verzögert. Soll der Dritte die Bestimmung nach freiem Belieben treffen, so ist der V e r t r a g unwirksam, wenn der Dritte die Bestimmung nicht treffen kann oder will o d e r w e n n er sie verzögert. 2. Revision
des E II (Prot. II, Bd. 6, S. 153, 156)
a) Es w a r beantragt, die R e d K o m zu ermächtigen, in dem § 220 den Satz 2 des Abs. 1 zu streichen und das Gleiche mit den sich in anderen Vorschriften findenden Sätzen gleichen Inhalts zu thun, soweit es sich nicht um die Unwiderruflichkeit einer Einwilligung handelt (vgl. § 151) 9 . D e r Antrag wurde angenommen.
Jacubezky (Nr 26, 5)
b) Zu § 269 war beantragt, dem Abs. 2 h i n z u z u f ü g e n : „die Vorschrift des § 99 Abs. 2 findet Anwendung". Die Kom. nahm den Antrag sachlich an.
Jacubezky (Nr 26, 9)
V . Die SS 311 - 313 E II rev (E III §§ 311 - 313) lauten wie §§ 317 - 319
9
BGB.
Sohm hatte beantragt, in den §§ 220, 266 Abs. 2, 269 Abs. 1, 300 E II rev die Worte „die Erklärung ist unwiderruflich" zu streichen (Prot. II, Bd. 6, S. 153; Antrag Nr. 23, 1 der Revisionsanträge). 441
(§ 361)
2. Abschnitt: Schuldverhältnisse aus Verträgen
ZWEITER T I T E L Gegenseitiger Vertrag §361* Ist in einem gegenseitigen Vertrage vereinbart, elafi die Leistung des einen Theiles genau zu einer festbestimmten Zeit oder innerhalb einer festbestimmten Frist bewirkt werden soll, so ist im Zweifel anzunehmen, dafi der andere Theil zum Rücktritte berechtigt sein soll, wenn die Leistung nicht zu der bestimmten Zeit oder innerhalb der bestimmten Frist erfolgt.
A. 1. Kommission I Prot I 639
I. 80. Sitzung vom 26. 4. 1882 Schriftführer Neubauer | Es wurde die Berathung des Theilentwurfs des Obligationenrechts, betreffend Rechte und Verpflichtungen aus Verträgen (Nr. 20), fortgesetzt. Zu § 2 des Entwurfes 1 :
TE-OR (Nr 20) „Erfüllt der eine Vertragschließende seine Verbindlichkeit nicht, so ist der ande§2 re deshalb nicht berechtigt, einseitig von dem Vertrage abzugehen, wenn nicht ein Anderes durch Gesetz oder Vereinbarung bestimmt ist." Planck war die Streichung beantragt. Der Antrag wurde mit der Behauptung gerechtfer(Nr 46, 1) tigt; Was der § 2 bestimme, sei zwar richtig, aber auszudrücken nicht nötig, weil die Bestimmung aus dem Wesen des zweiseitigen Vertrages unmittelbar folge, außerdem aus dem § 3 beziehungsweise den zu demselben gestellten Anträgen sich ergebe. Die Mehrheit beschloß jedoch die Aufnahme des § 2, indem sie erwog: Der § 2 enthalte ein im geltenden Rechte nicht durchgehend anerkanntes Prinzip von der I Prot I 640 größten Bedeutung. Die Selbstverständlichkeit desselben sei | aber wegen der verschiedenen Ansichten über die Natur des gegenseitigen Vertrages bestreitbar und nicht minder bestritten, wie seine Angemessenheit. Je wichtiger er erscheine, um so weniger lasse sich die Notwendigkeit verkennen, ihm einen bestimmten und klaren Ausdruck zu geben. Zu § 3 des Entwurfes : TE-OR (Nr 20) „Ist in einem Vertrage bedungen oder ist als bedungen anzunehmen, daß die S 3 Vertragsleistung von dem einen Vertragschließenden zu einer bestimmten Zeit weder früher noch später, oder bis zu einer bestimmten Zeit und nicht später bewirkt werden soll, so ist, wenn diese Leistung nicht zu der bestimmten Zeit oder nicht bis zu der bestimmten Zeit erfolgt, der andere Vertragschließende berechtigt, von dem
* Die Einordnung des § 361 an dieser Stelle erfolgt, um die Herkunft der Vorschrift aus dem den gegenseitigen Vertrag betreffenden Titel und dadurch den historischen Zusammenhang der Vorschriften über den gegenseitigen Vertrag insgesamt zu verdeutlichen. 1 § 1 T E - O R (Nr 20) s. bei § 242 BGB.
442
2. Titel: Gegenseitiger Vertrag
(§361)
Vertrage abzugehen, gleich als ob derselbe nicht geschlossen wäre und das seinerseits aus dem Vertrage Geleistete z u r ü c k z u f o r d e r n , oder seine Rechte aus d e m Vertrage geltend zu machen." lagen die Anträge vor: 1. unter Streichung der §§ 2 und 3 zu bestimmen: Derscheid „In jedem zweiseitigen Vertrage ist der Vorbehalt der Rechtsverwirkung k r a f t (Nr 39) Gesetzes mit der Maßgabe enthalten, daß, w e n n der eine Vertragschließende mit der Erfüllung seiner Verbindlichkeit im V e r z u g ist, der andere Vertragschließende außer dem Anspruch auf Schadensersatz die Wahl hat, auf der Erfüllung des V e r trages zu bestehen oder die gerichtliche W i e d e r a u f h e b u n g des Vertrages zu beantragen. W i r d die W i e d e r a u f h e b u n g des Vertrags beantragt, so kann das Gericht dem Beklagten auf Verlangen eine den Umständen angemessene Frist z u r N a c h h o l u n g des Versäumten gewähren. Die N a c h h o l u n g des Versäumten ist selbst | vor der Klage auf W i e d e r a u f h e b u n g | Prot I 641 des Vertrags nicht mehr zulässig, wenn die Leistung in Folge des Verzugs f ü r den anderen Vertragschließenden nutzlos geworden ist, oder die Vereinbarung dahin ging, daß nur innerhalb einer bestimmten Zeit geleistet werden könne." 2 2. statt der § 2 und 3 folgendes a n z u n e h m e n : „Ist bei einem zweiseitigen Vertrage der eine Vertragschließende mit der ihm obliegenden Leistung im V e r z u g , so hat der andere Vertragschließende die W a h l , die Erfüllung des Vertrages zu verlangen oder von dem Vertrage zurückzutreten. Will der eine Vertragschließende auf G r u n d der Vorschrift des ersten Absatzes von dem Vertrage zurücktreten, so muß er dies dem anderen anzeigen und ihm dabei noch eine den Umständen angemessene Frist zur N a c h h o l u n g des V e r s ä u m ten gewähren. Wird einer der Vertragschließenden berechtigt, statt der Erfüllung Schadensersatz zu f o r d e r n , so kann er von dem Vertrage ohne Weiteres zurücktreten."
Kurlbaum (Nr 49, 1)
3. den Schluß dahin zu fassen: „. . . der andere Vertragschließende berechtigt, das seinerseits aus dem V e r t r a g e Geleistete z u r ü c k z u f o r d e r n . " 4. statt der letzten W o r t e : „berechtigt, von dem Vertrage abzugehen u.s.w." zu setzen: „berechtigt von dem Vertrage zurückzutreten. Die Vorschriften über das vertragsmäßige Rücktrittsrecht finden hierbei Anwendung." 5. den Eingang des § 3 dahin zu fassen: „Ist ein Vertrag dahin gerichtet, daß u.s.w."
v. Schmitt (Nr 50,1 u 2)
und den Schluß dahin zu fassen: „ . . . berechtigt, entweder seine Rechte aus dem | Vertrage geltend zu machen 2
Planck (Nr 46, 2)
Die vorgeschlagene Bestimmung sollte nach der metallographierten Fassung des Antrages als § l l a eingestellt werden in den TE-OR (Nr. 19), Unterabschnitt: „Vorbehalt der Rechtsverwirkung"; siehe dazu die Materialien zum Rücktritt. Außer auf die Streichung der §§ 2, 3 TE-OR (Nr. 20) war der Antrag gerichtet auf die Streichung des § 261 des vorläufigen Entwurfs der allgemeinen Bestimmungen über das Recht der Schuldverhältnisse ( = Art. 305 Dresd.E., s. die Materialien zur Gliederung des 2. Buches unter D.). 443
| Prot I 642
(§ 361)
2. Abschnitt: Schuldverhältnisse aus Verträgen
oder von dem Vertrage, gleich als ob derselbe nicht geschlossen wäre, abzugehen, das seinerseits aus dem Vertrage Geleistete zurückzufordern und Schadensersatz zu verlangen." v.Weber 6. statt: „oder ist als bedungen anzunehmen" zu setzen: „oder ergiebt sich aus (Nr 48,2) den Verhältnissen, namentlich aus der Beschaffenheit des Gegenstandes." Beschlossen wurde, die Anträge zu Nr. 1 und 2 erst nach Erledigung des § 3 und der Anträge zu Nr. 3, 4, 5 und 6 der Berathung zu unterziehen, weil die Anträge zu Nr. 1 und 2 sich nicht speziell auf die im § 3 behandelten Fälle beziehen, sondern eine allgemeine Regel enthalten, welche zwar auch jene Fälle trifft, aber auf der anderen Seite den Verzug des Schuldners zur Voraussetzung hat, während der § 3 von einer solchen beschränkenden Voraussetzung gänzlich absieht. Der § 3 gab zu einer Diskussion über den ihm beiwohnenden oder beizulegenden Sinn Anlaß. Von einer Seite wurde geltend gemacht: Der § 3 bestimme oder habe zu bestimmen — im Anschluß an die in den Motiven angezogenen Vorschriften des Handelsgesetzbuchs (Art. 357, 354, 355) —, der Gläubiger, welchem in dem unterstellten Falle nicht rechtzeitig geleistet worden, habe die Wahl, ob er einfach vom Vertrage zurücktreten, oder ob er das Interesse wegen Nichterfüllung oder ob er reelle Erfüllung und zugleich das Interesse wegen verspäteter Erfüllung verlangen wolle. Diesen Sinn noch klarer zum Ausdruck zu bringen, bezweckt der Antrag zu 5 im zweiten Theile. Von einer anderen Seite wurde in dem § 3 der Sinn gefunden und als der allein angemessene vertreten: Der Gläubiger, welchem in dem vorausgesetzten Falle nicht rechtzeitig geleistet worden, habe stets und immer das Recht, einfach vom I Prot I 643 Vertrage zurückzutreten; er könne aber auch bei dem Vertrage stehenbleiben | und die Rechte aus demselben geltend machen; welche Rechte dies aber seien, müsse nach den Umständen des Falles und den allgemeinen Rechtsgrundsätzen beurteilt werden; sei der Vertrag von der Art, daß die Erfüllung zu einer anderen als der bestimmten Zeit unbedingt ausgeschlossen sei (ζ. B. Errichtung einer Schaubühne zu einem Einzüge), so könne von einem Rechte auf nachträgliche reale Erfüllung keine Rede sein; es liege gänzliche Unmöglichkeit der Erfüllung vor und der Gläubiger sei beschränkt auf den Anspruch auf das Interesse wegen Nichterfüllung, vorbehaltlich der Befreiung des Schuldners, wenn die Unmöglichkeit durch Zufall herbeigeführt sei; fehle dagegen die gedachte Voraussetzung, indem die Erfüllung zu einer anderen als der bestimmten Zeit nach den obwaltenden Umständen nicht als gänzliche, sondern nur als theilweise Nichterfüllung sich darstelle, so habe der Gläubiger das Recht, die nachträgliche reelle Erfüllung, neben dieser aber das Interesse wegen verspäteter Erfüllung nur insofern zu fordern, als dem Schuldner ein Verschulden oder Verzug zur Last falle. Diesen Sinn zum Ausdruck zu bringen, ist der Zweck des Antrages zu 4. Auf einer ähnlichen Auffassung beruht der Antrag zu 3, zu dessen Rechtfertigung noch hervorgehoben wurde, es sei nicht angemessen, vom Rücktrittsrecht zu reden, sondern vorzuziehen, nur die vorgeschlagene Restitutionspflicht vorzuschreiben; was der § 3 sonst noch bestimme, sei selbstverständlich. Man verständigte sich dahin, zunächst über die dem Gläubiger im vorausgesetzten Falle beizulegenden Rechte prinzipiell zu beschließen. Nachdem die Anträge zu 5, 3 und 4 abgelehnt waren, wurde der Entwurf und somit die Vorschrift angenommen : der Gläubiger sei berechtigt, von dem Vertrage abzugehen oder seine Rechte aus dem Vertrage geltend zu machen, und, wenn 444
2. Titel: Gegenseitiger Vertrag
(§361)
letzteres geschehe, | nach den allgemeinen Grundsätzen Schadensersatz wegen | Prot 1644 Nichterfüllung oder reelle Erfüllung nebst Schadensersatz wegen verspäteter Erfüllung zu fordern, so daß die bei der Begründung des Antrags zu 4 vertretene Ansicht gebilligt wurde. Der Beschluß beruhte auf der Erwägung: Der Schwerpunkt des Paragraphen beruhe in dem zugelassenen Rücktrittsrechte. Durch die Beilegung dieses Rechts erleide das Prinzip des § 2 eine Modifikation; das Recht greife weiter, als die Rechtsbehelfe, welche dem Gläubiger wegen gänzlicher oder theilweiser Nichterfüllung nach den allgemeinen Grundsätzen zuständen. Es könne in Frage kommen, ob nicht dem Gläubiger dasselbe Recht noch in anderen verwandten Fällen, insbesondere allgemein dann zuzugestehen sei, wenn der Schuldner die Unmöglichkeit der ihm obliegenden Leistung verschuldet habe. Hierüber sei jedoch erst später an geeigneter Stelle zu beschließen. Das Rücktrittsrecht müsse übrigens dem Gläubiger mit ausdrücklichen Worten eingeräumt werden. Es könne nicht genügen, das Recht mit dem Antrage zu 3 indirekt beizulegen, andererseits sei es nicht ausreichend, sich mit dem Antrage zu 4 auf Beilegung des Rücktrittsrechts zu beschränken. Klarer werde jedenfalls das Gesetz, wenn zugleich auf die dem Gläubiger außerdem zustehenden Rechte hingewiesen werde. Nach den allgemeinen Rechtsgrundsätzen, von welchen abzuweichen kein Grund vorliege, könnten diese Rechte aber nur die beschlossenen sein. Hierauf wurde beschlossen, in Ansehung des Rücktrittsrechts — entsprechend dem Antrage zu 4 — zu bestimmen : „berechtigt, vom Vertrage zurückzutreten; die Vorschriften über das vertragsmäßige Rücktrittsrecht finden hierbei Anwendung." Der Antrag zu Nr. 6 und der zu Nr. 5 — letzterer, soweit er sich auf den Eingang des Paragraphen bezieht, - sollen bei der Redaktion geprüft werden. Bei dieser sollen auch | folgende Erinnerungen ihre Erledigung finden: | Prot I 645 1. Der Eingang werde zu lauten haben: „Ergiebt sich aus dem Vertrage, daß u.s.w." oder „Ist in dem Vertrage bedungen, daß pp." oder „Ist die Vertragsleistung in der und der Art zu bewirken." 2. statt „nicht später" werde es heißen müssen: „später nicht". 3. statt „zu einer bestimmten Zeit — und nicht später" müsse gesagt werden: „bis zu einer bestimmten Zeit, oder innerhalb einer bestimmten Frist, weder früher noch später". 4. die Ausdrucksweise im Eingange des Artikels 357 des Handelsgesetzbuchs sei beizubehalten. Demnächst wurde zur Berathung der Anträge zu 1 und 2 übergegangen. Der Antragsteller zu 1 hatte seinen Antrag eventuell dahin modifizirt, daß die Schlußworte in Absatz 1 lauten sollen : „oder die Wiederaufhebung des Vertrages zu verlangen" und in Absatz 3 die Worte „selbst vor der Klage auf Wiederaufhebung des Vertrags" wegbleiben. Es wurde nach Begründung der Anträge geltend gemacht, die Beschlußfassung könne erst bei beziehungsweise nach Erledigung der Vorschriften über die mora und über die durch Zufall eintretende Unmöglichkeit der Leistung erfolgen. Die Mehrheit beschloß jedoch, schon jetzt über die Anträge Beschluß zu fassen und lehnte sodann das beiden Anträgen zu Grunde liegende Prinzip ab. Damit waren die Anträge erledigt. 445
(§ 361)
2. Abschnitt: Schuldverhältnisse aus Verträgen
Die Gründe des letzteren Beschlusses waren: Was die Anträge zu bestimmen bezweckten, führe zu einer weitgreifenden Ausnahme von dem Prinzip des § 2. Der § 2 spreche allerdings nur eine Regel aus, von deren strenger Durchführung keine Rede sein könne. Von der Regel werde aus Gründen der praktischen Zweckmäßigkeit in zahlreichen Fällen und nach manI Prot I 646 cherlei Rich-1 tungen abzuweichen sein. Namentlich werde es sich als nothwendig erweisen, bei gewissen Verträgen Vorschriften zu beschließen, welche den vorliegenden Anträgen mehr oder weniger entsprächen. Aber soweit zu gehen, wie in den Anträgen vorgeschlagen werde, sei überaus bedenklich. Der Hauptgrund, welcher für das Prinzip des S 2 spreche, sei gerade der, daß das Prinzip sich leichter modifiziren lasse als das entgegenstehende Prinzip, welches aus praktischen Gründen gleichfalls ohne vielfache Modifikationen nicht durchführbar sei, wenn sich nicht die größten Härten und Unbilligkeiten ergeben sollten. Dieser Hauptgrund behalte aber auch den Anträgen gegenüber bei der Unbeschränktheit derselben seine volle Berechtigung. Hervorgehoben brauche nur zu werden, daß nach den Anträgen zur Begründung des Rücktrittsrechts die Verspätung einer Teilleistung und zwar für alle Arten von Verträgen, auch die von dauernder Wirkung (Pacht, Miete, Gesellschaft) genüge und bei Ausübung des Rechts der Vertrag auch für die Vergangenheit zerfallen würde, für welche Fälle die Antragsteller selbst Modifikationen ihrer Anträge vorbehalten wollten. Die Ablehnung der Anträge lasse übrigens freie Hand, an geeigneter Stelle, namentlich auch bei den Vorschriften über den Kauf u.s.w., Bestimmungen aufzunehmen, durch welche der Hauptzweck der Anträge erreicht werde. Dahingestellt bleiben soll, ob der Ausführung der Motive (S. 3): „Verträge, welche ausschließlich das Interesse des einen Theils bezweckten, begründen keine Verpflichtung zur Annahme." beizupflichten sei. Die Ausführung in den Motiven (S. 6), daß der Rücktritt wegen veränderter Umstände ausgeschlossen sei, war durch entgegenstehende Anträge nicht bekämpft. I Prot 1647 Von einer Seite wurde erinnert, daß die Ablehnung | des Rechtssatzes der sogenannten clausula rebus sie stantibus nicht ausschließe, zu prüfen, ob nicht nach der Absicht der Parteien im konkreten Falle der einen oder anderen Partei der Rücktritt wegen veränderter Umstände habe eingeräumt werden sollen. Ungeachtet der Ablehnung des Rechtssatzes für das bürgerliche Gesetzbuch müsse es dahingestellt bleiben, ob und inwieweit derselbe für völkerrechtliche Verträge Berechtigung habe. II. 2. In der ZustOR ist § 2 TE-OR in unveränderter Fassung als § 62 enthalten. § 3 T E - O R hat als § 63 die Fassung: ZustOR § 63 Ergiebt sich aus dem Vertrage, daß die Vertragsleistung von dem einen Vertragschließenden genau zu einer festbestimmten Zeit oder binnen einer festbestimmten Frist bewirkt werden soll, so ist, wenn die Leistung nicht zu der bestimmten Zeit oder binnen der bestimmten Frist erfolgt, der andere Vertragschließende berechtigt, von dem Vertrage zurückzutreten oder seine Rechte aus dem Vertrage geltend zu machen. Für den Fall des Rücktritts finden die Vorschriften über das vertragsmäßige Rücktrittsrecht (§§ 54 — 58) entsprechende Anwendung. 3. Bei der Beratung der TE-OR (Nr. 22) „Folgen der Nichterfüllung" §§ 4 - 7 3 I Prot I 1149 war beschlossen worden, | an Stelle der §§4 — 7 des Entwurfs zu bestimmen : 3
S. diese beiden Materialien zu § 280 Abs. 2 BGB.
446
2. Titel: Gegenseitiger Vertrag
(§ 361)
„Auf das Rücktrittsrecht finden die §§ 54, 55, 87 — 92, 98 der Zusammenstellung der beschlossenen Bestimmungen des Obligationenrechts entsprechende Anwendung." Zugleich hielt man für nothwendig, den letzten Satz des Beschlusses vom 26. April d. Js. (Prot. S. 641—646, Zusammenstellung §63) in ähnlicher Weise zu fassen, da der dort erledigte Fall wegen Gleichheit der maßgebenden Verhältnisse nicht anders, wie der vorliegende geregelt werden dürfe. | Dementsprechend wurde der letzte Satz des § 63 dahin geändert 4 : „Auf das Rücktrittsrecht finden die §§ 54, 55, 87, 88 Abs. 1 - 4 , 89, 90, 91, 92 und 98 entsprechende Anwendung." In der 191. Sitzung vom 30. 3. 1883 (Prot I 1903 ff.) 5 wurden die das vertragsmäßige Rücktrittsrecht betreffenden §§ 54 — 60 ZustOR und die die Rechtsfolgen der Wandelung betreffenden §§ 87 — 92, 98 ZustOR durch neu beschlossene §§ 54 — 60 d, 87, 98 ZustOR ersetzt. Zugleich wurde der Antrag, das Zitat in § 6 3 ZustOR durch ein auf die neuen Vorschriften sich beziehendes zu ersetzen, angenommen (Prot. I S. 1916, 1922). Dementsprechend ist in der ZustOR das Zitat in § 63 ersetzt worden durch das Zitat der §§ 54, 55, 56, 57, 58, 59 und 60 a. III. Im KE ist die Fassung des § 357 gegenüber § 62 ZustOR und § 2 TE-OR unverändert, es sind jedoch auf Grund eines entsprechenden Antrags die Worte Kurlbaum „ein Anderes" hinter „Vereinbarung" versetzt (Prot I 3550, 3559). § 63 Satz 1 ist in (Nr 570, II) unveränderter Fassung in § 358 Abs. 1 KE enthalten. Der Schlußsatz des § 63 ZustOR hat als Abs. 2 des § 358 KE die Fassung: Auf das Rücktrittsrecht finden die §§ 423 — 428, 430 entsprechende Anwendung. IV. Die §§ 357, 358 sind im E/unverändert in §§ 360, 361 enthalten.
B. Vorkommission des Reichsjustizamtes I. Beantragt war: 1. den § 360 zu streichen, eventuell zu fassen: Struckmann Wegen Nichterfüllung des Vertrages seitens des einen Theiles kann der andere (Nr 1, 95) Theil nicht einseitig von dem Vertrag abgehen, sofern nicht durch Gesetz oder Vereinbarung ein Anderes bestimmt ist. 2. Den § 361 zu fassen: Struckmann Ergiebt sich aus dem Vertrage, daß die Leistung des einen Theiles . . . Frist (Nr 1, 96) erfolgen soll, so i s t , . . . , der andere Theil berechtigt,... geltend zu machen. Auf das Rücktrittsrecht finden die für das vertragsmäßige Rücktrittsrecht geltenden Vorschriften der §§426 bis 433 (der Neufassung, vergi, unten Nr. 114 — 119) entsprechende Anwendung. Planck (Nr 6, 3) Planck (Nr 6, 4)
3. Den § 360 zu streichen. 4. Den zweiten Absatz des § 361 zu fassen: 4
Diese erste Änderung des §63 ZustOR ist in der ZustOR in einer Anmerkung zu § 187 ZustOR enthalten. 5 S. die Materialien zum Rücktritt. 447
(§ 361)
2. Abschnitt: Schuldverhältnisse aus Verträgen
Auf das Rücktrittsrecht finden die für den Fall des vertragsmäßigen Rücktrittsrechts geltenden Vorschriften der §§426 bis 431 und 433 entsprechende Anwendung. Jacubezky (Nr 5, 13 § f)
5. Die §§ 360, 361 durch folgende Vorschriften zu ersetzen: Ergiebt sich aus einem gegenseitigen Vertrage, daß die Leistung von dem einen Theile genau zu einer festbestimmten Zeit oder binnen einer festbestimmten Frist bewirkt werden soll, so ist, wenn die Leistung nicht zu der bestimmten Zeit oder binnen der bestimmten Frist erfolgt, der andere Theil berechtigt, von dem Vertrage zurückzutreten oder seine Rechte aus dem Vertrage geltend zu machen. Ist die Zeit der Leistung nicht in solcher Weise bestimmt, so ist der Gläubiger berechtigt, für die Bewirkung derselben eine angemessene Frist mit der Androhung zu bestimmen, daß er, wenn die Leistung nicht binnen der bestimmten Frist erfolgt, von dem Vertrage zurücktreten werde. Ist die Leistung nicht in der gemäß Absatz 1 oder Absatz 2 bestimmten Frist bewirkt, so kann der Gläubiger Erfüllung des Vertrages nur verlangen, wenn er dies unverzüglich dem Schuldner anzeigt.
Jacubezky (Nr 5, 13 Sg)
6. Ferner an Stelle der §§ 360 und 369 6 zu bestimmen: Hat die aus einem gegenseitigen Vertrage dem Schuldner obliegende Leistung in Folge des Verzuges des Schuldners für den Gläubiger kein Interesse, so ist der Gläubiger berechtigt, von dem Vertrage zurückzutreten. Das Gleiche gilt, wenn die Leistung theilweise unmöglich geworden ist und der Gläubiger an dem möglich gebliebenen Theile der Leistung kein Interesse hat. Das Rücktrittsrecht erlischt, wenn es nicht innerhalb einer von dem Schuldner bestimmten angemessenen Frist ausgeübt wird.
Jacubezky (Nr 5, 13 § h)
7. Die an Stelle der §§ 360, 361, 368, 369 vorgeschlagenen Bestimmungen (Nr. 13 e 7 , f, g) durch die Vorschriften zu ergänzen: Das in den §§ f, g bestimmte Rücktrittsrecht findet in dem im § e Absatz 3 bezeichneten Falle nicht statt. Ist die Leistung theilweise bewirkt, so findet wegen Unterbleibens eines unerheblichen Theiles der Leistung das Rücktrittsrecht nur in Ansehung des noch nicht bewirkten Theiles derselben statt. Macht der Gläubiger von dem Rücktrittsrechte Gebrauch, so mindert sich die ihm obliegende Gegenleistung verhältnißmäßig nach Maßgabe des § 392. (Hat der Gläubiger eine Theilleistung als theilweise Erfüllung angenommen, findet insoweit das Rücktrittsrecht nicht statt.) Ist für den bei dem Verkaufe eines Grundstückes gestundeten Kaufpreis dem Vertrage gemäß Hypothek oder Grundschuld bestellt, so steht dem Gläubiger wegen nicht rechtzeitiger Zahlung desselben das Rücktrittsrecht nicht zu. Auf das in den §§ f, g bestimmte Rücktrittsrecht finden die Vorschriften der §§ 426 — 431, 433 entsprechende Anwendung. Der Schuldner, welcher die Gegenleistung empfangen hat, haftet jedoch wegen Erstattung derselben nur nach den Vorschriften über den Ersatz einer ungerechtfertigten Bereicherung. (Oder: Verliert der Schuldner gemäß § e Absatz 1 oder in Folge des Rücktritts des Gläubigers das Recht auf die Gegenleistung, so haftet er wegen Erstattung dersel-
Jacubezky (Nr 5,13 § i) Jacubezky (Nr 5, 13 S k)
6 7
S. diese Vorschrift unten bei SS 325 - 327 BGB. S. diese Vorschrift bei SS 3 2 5 - 3 2 7 BGB, zu dem Antrag Nr 5, 13 im ganzen s. bei S S 320, 322 BGB N. 10.
448
2. Titel: Gegenseitiger Vertrag
(§ 361)
ben nach Maßgabe des § 745. Die Vorschriften des § 741 Absatz 2 finden schon vor dem Rücktritte des Gläubigers entsprechende Anwendung, wenn die Zeit der Leistung nach Maßgabe des § e bestimmt war. Das Gleiche gilt von der Zeit an, in welcher der Schuldner in Verzug gerathen oder die ihm obliegende Leistung ganz oder theilweise unmöglich geworden ist, sofern die Unmöglichkeit nicht auf einem von ihm zu vertretenden und ihm ohne sein Verschulden nicht bekannt gewordenen Umstände beruht. Im Uebrigen finden auf das in den §§ f, g bestimmte Rücktrittsrecht die Vorschriften der §§ 426 bis 431, 433 entsprechende Anwendung.) II. 59. Sitzung vom 6. 10. 1891 I Die Vorschrift des § 360 wurde mit Rücksicht darauf, daß sie wesentlich nur | ProtRJA 328 retrospektive Bedeutung habe, für entbehrlich gehalten. Der § 361 Abs. 1 wurde sachlich nicht beanstandet. Zu Abs. 2 erachtete man es zum Schutze des Schuldners für notwendig, in geeigneter Weise Vorsorge zu treffen, daß der Gläubiger in der Ausübung des Rücktrittsrechts zeitlich beschränkt werde, da anderenfalls der Gläubiger vermöge seines Wahlrechts in der Lage sei, die Verjährungszeit hindurch auf Kosten des Schuldners spekuliren zu können. Die Kommission glaubte aber, daß es zweckmäßiger sei, in dieser Beziehung sich nicht dem Art. 357 des H.G.B., sondern dem Vorgange in den §§ 242, 247 anzuschließen und das Rücktrittsrecht unter Anwendung des § 432 in der beschlossenen Ergänzung (Prot S. 224) auszugestalten. Man war der Meinung, daß die im Art. 357 H.G.B, bestimmte Anzeigepflicht zwar für den Handelsverkehr, der geschäftskundige Personen voraussetze, nicht aber für den bürgerlichen Verkehr passe, bei welchem auch bei Fixgeschäften trotz des Ablaufs der bestimmten Zeit vielfach noch auf Naturalerfüllung gerechnet werde. Ebenfalls wurde ein Antrag abgelehnt, nach welchem das Maß der Haftung für den Gegner des Rücktrittsberechtigten mit Rücksicht darauf, daß dieser auf den Rücktritt nicht zu rechnen brauche, dahin modifiziert werden sollte, daß derselbe nur nach den Grundsätzen der ungerechtfertigten Bereicherung zu haften habe, während der Rücktrittsberechtigte selbst nach Maßgabe des § 427 des Entw. für jedes Verschulden verantwortlich sein sollte. Gegen diese Unterscheidung wurde geltend ge- | macht, daß eine solche Regelung — abgesehen davon, daß sie dem mit | ProtRJA 329 dem Rücktrittsrecht verbundenen Gedanken der Herstellung des früheren Zustandes nicht entspreche — auch eine Unbilligkeit gegenüber dem Rücktrittsberechtigten enthalte. Es liege in der Natur der gegenseitigen Verträge, daß jeder Theil vor vollendeter Erfüllung mit der Möglichkeit des Rücktritts rechnen und bis dahin sich gewissermaßen nur als Verwalter der empfangenen Leistung betrachten müsse. Dazu komme, daß das Fixgeschäft im Grunde ein stillschweigend vereinbartes Rücktrittsrecht enthalte. V o n einer Seite wurde beanstandet, daß der Entwurf bei gegenseitigen Verträgen, außerhalb des Fixgeschäfts, nicht hinreichende Vorsorge zum Schutze des Gläubigers für den Fall nicht rechtzeitiger Leistung treffe. Der Entw. gestehe dem Gläubiger das Rücktrittsrecht nur unter der Voraussetzung zu, daß dem anderen Theile ein Verzug zur Last falle und in Folge des Verzugs die Leistung für den Gläubiger kein Interesse habe. Gehe man von der naturgemäßen Anschauung aus, daß jeder Vertrag seinem Zweck entsprechend in angemessener Zeit zu erfüllen sei, so ergebe sich daraus, daß der Theil, welcher die ihm zukommende Leistung nicht innerhalb dieser Zeit erlangen könne, von seiner Verbindlichkeit frei werden müsse. Es empfehle sich daher, in diesen Fällen davon abzusehen, ob ein Verschulden auf Seiten des Schuldners vorliege und ob das Interesse an der Leistung für 449
§ § 320, 322
2. Abschnitt: Schuldverhältnisse aus Verträgen
den Empfänger weggefallen sei, und statt dessen eine Bestimmung aufzunehmen, daß der Gläubiger berechtigt sei, wenn die rechtzeitige Leistung ausbleibe, vom Vertrage zurückzutreten, daß er jedoch zuvor dem Schuldner unter der Androhung seines Rücktritts eine Nachfrist zur nachträglichen Bewirkung der Leistung bewilligen müsse. I ProtRJA 330 | Die Mehrheit der Kommission hielt diese Art der Regelung für zu weitgehend, da dadurch die Stellung des Gläubigers auf Kosten des Schuldners zu sehr verstärkt werde und die Festigkeit der Verträge erschüttert zu werden drohe. Andererseits war man jedoch der Ansicht, daß es sich empfehle, den Rücktritt dem Gläubiger im Falle des Verzugs des Schuldners zu erleichtern und zwischen dem bürgerlichen Verkehr und dem Handelsverkehr in der hier fraglichen Beziehung eine Übereinstimmung herzustellen; es wurde demgemäß beschlossen, in dem § 369 Abs. 1 des Entw. eine Vorschrift im Sinne der Art. 355, 356 des H.G.B, und des § 122 des schweizerischen Obligationenrechts aufzunehmen, die nähere Ausgestaltung aber der Berathung des § 369 vorzubehalten. Vorbehalten blieb auch die Entscheidung über die Frage, ob dieses Rücktrittsrecht des Gläubigers im Falle des Kaufes nach dem Vorgange des Art. 354 des H.G.B, und des §264 des Schweiz. Obligationenrechts ausgeschlossen werden solle, wenn seitens des Verkäufers die Leistung bereits bewirkt worden sei.
C. 2. Kommission Struckmann (Nr 2, 17)
I. Zu § 360 E I wurde die beantragte Streichung beschlossen. Die Anträge zu § 361 E I, die mit Anträgen zu § 369 E I in engem Zusammenhang stehen und von der 2. Kom. deswegen erst nach der Beratung des § 369 E I behandelt wurden 8 , sowie das weitere Schicksal des § 361 E I s. im Anschluß an die Entstehungsgeschichte des § 369 E I (bei §§ 3 2 5 - 3 2 7 BGB).
§320 Wer aus einem gegenseitigen Vertrage verpflichtet ist, kann die ihm obliegende Leistung bis zur Bewirkung der Gegenleistung verweigern, es sei denn, daß er vorzuleisten verpflichtet ist. Hat die Leistung an Mehrere zu erfolgen, so kann dem Einzelnen der ihm gebührende Theil bis zur Bewirkung der ganzen Gegenleistung verweigert werden. Die Vorschrift des § 273 Absatz 3 findet keine Anwendung. Ist von der einen Seite theilweise geleistet worden, so kann die Gegenleistung insoweit nicht verweigert werden, als die Verweigerung nach den Umständen, insbesondere wegen verhältnismäßiger Geringfügigkeit des rückständigen Theiles, gegen Treu und Glauben verstoßen würde. §321 Die Materialien zu § 321 werden im Anschluß an die zu den §§ 320, 322 mitgeteilt. 8
S. Prot II, S. 626.
450
2. Titel: Gegenseitiger Vertrag
§ § 320, 3 2 2
§322 Erhebt aus einem gegenseitigen Vertrage der eine Theil Klage auf die ihm geschuldete Leistung, so hat die Geltendmachung des dem anderen Theile zustehenden Rechtes, die Leistung bis zur Bewirkung der Gegenleistung zu verweigern, nur die Wirkung, daß der andere Theil zur Erfüllung Zug um Zug zu verurtheilen ist. Hat der klagende Theil vorzuleisten, so kann er, wenn der andere Theil im Verzuge der Annahme ist, auf Leistung nach Empfang der Gegenleistung klagen. Auf die Zwangsvollstreckung findet die Vorschrift des § 274 Absatz 2 Anwendung.
A. 1. Kommission I. 81. Sitzung vom 28. 4. 1882, Schriftführer Neubauer I Die Berathung des Theilentwurfes des Obligationenrechts, betreffend Rechte | Prot 1649 und Verpflichtungen aus Verträgen (Na 20) wurde fortgesetzt. Zu § 4 des Entwurfes: „Bei zweiseitigen Verträgen darf jeder Vertragschließende, welcher nicht nach TE-OR (Nr 20) dem Inhalt oder der Natur des Vertrages vor dem anderen erfüllen muß, die ganze S 4 ihm obliegende Leistung so lange zurückhalten, als nicht der andere Vertragschließende seinerseits den Vertrag erfüllt hat oder zur sofortigen Erfüllung nach Maßgabe seiner Verbindlichkeit bereit ist." lagen die Anträge vor: 1. in § 4 das Wort „ganze" vor „ihm obliegende Leistung" zu streichen.
v. Weber (Nr 48, 3) 2. in § 4 statt des Zwischensatzes: „welcher nicht — erfüllen muß" zu setzen: Schmitt „sofern nicht erhellt, daß er vor dem anderen erfüllen muß"; und statt: „so lange (Nr 50) zurückhalten" zu setzen: „so lange verweigern". 3. den § 4 zu fassen: Kurlbaum I Bei zweiseitigen Verträgen ist jeder Vertragschließende, welcher nicht vor dem (Nr 49, 2) anderen zu erfüllen verpflichtet ist, nur zur Leistung gegen gleichzeitige Gegenlei- I P r o t I 650 stung verpflichtet. Ist der eine Vertragschließende zur Vorleistung verpflichtet, so kann der andere die ihm obliegende Leistung zurückbehalten, bis der erstere geleistet hat." 4. den § 4 dahin zu fassen: Planck „Bei zweiseitigen Verträgen steht jedem Vertragschließenden, welcher nicht (Nr 46, 3) nach dem Inhalte oder der Natur des Vertrages vor dem anderen erfüllen muß, solange, als nicht der andere Vertragschließende seinerseits den Vertrag erfüllt hat, ein Zurückbehaltungsrecht in Ansehung der ganzen ihm obliegenden Leistung mit der Wirkung zu, daß er nur zur Leistung gegen Gegenleistung (Zug um Zug) angehalten werden kann. Soweit jedoch nach der Beschaffenheit der beiderseitigen Leistungen Leistung Zug um Zug nicht möglich ist, darf jeder Vertragschließende die ganze ihm obliegende Leistung so lange zurückhalten, als nicht der andere Vertragschließende seinerseits den Vertrag erfüllt hat. 451
§ § 320, 322
2. Abschnitt: Schuldverhältnisse aus Verträgen
Der Erfüllung im Sinne dieses Paragraphen steht es gleich, wenn und so lange der andere Theil sich im Annahmeverzug befindet." Windscheid 5. dem § 4 folgenden Zusatz zu geben: (Nr 53, 1) „Hat ein Vertragschließender vorgeleistet, ohne zur Vorleistung verpflichtet zu I Prot 1651 I sein, so kann er das Geleistete zurückfordern, wenn er in der irrigen Annahme, daß die Gegenleistung erfolgt sei oder in der Erwartung, daß sie sofort erfolgen werde, geleistet hat; durch Bewirken der Gegenleistung wird dieses Rückforderungsrecht ausgeschlossen." Der Antrag zu 3 wurde dahin berichtigt, daß der Schluß zu lauten habe: „so hat der andere die ihm obliegende Leistung erst nach erfolgter Vorleistung zu bewirken." Ein Theil der Anträge beruht, wie die Debatten ergaben, in einer wichtigen Beziehung auf einem anderen Prinzip, wie der § 4 des Entwurfs. Der Entwurf behandelt insbesondere den Fall, wenn der zweiseitige Vertrag Zug um Zug zu erfüllen ist. Entschieden wird : jeder Theil könne alsdann die ihm gebührende Leistung erst dann verlangen, wenn er entweder die ihm obliegende Leistung bewirkt, also vorgeleistet habe oder, wenn er zur sofortigen Bewirkung der letzteren bereit sei. Was unter der Leistungsbereitschaft zu verstehen sei, wird nicht näher bestimmt. Nach den Motiven 1 sollen in dieser Beziehung die Umstände des Falles maßgebend sein, so zwar, daß die mora accipiendi genüge, indessen nicht unter allen Umständen erforderlich wäre. Ist das Erforderniß der Leistungsbereitschaft erfüllt, so ist — ähnlich wie im Falle der Vorleistung — das Recht auf die von dem anderen Theile zu bewirkende Leistung begründet und im Wege der Klage verfolgbar. Der Antrag zu 4 weicht von dem Entwürfe darin ab, daß das Erfordernis der I Prot I 652 Leistungsbereitschaft nur unter den | Voraussetzungen der mora accipiendi des Gegners (zu vergi. Dresd.Entwurf Art. 309) genügen soll, jedoch dergestalt, daß die mora jederzeit purgirt werden kann und, wenn sie purgirt wird, der andere Theil wieder auf das Recht beschränkt ist, Erfüllung Zug um Zug zu verlangen. Der Antragsteller führte erläuternd aus: Liege mora accipiendi vor, so sei der andere Theil berechtigt, einfach die ihm gebührende Leistung zu erlangen. Fordere er diese im Prozeßwege, so könne die mora noch im Laufe des Prozesses purgirt werden; in diesem Falle sei der Klageantrag auf Verurtheilung zur Leistung Zug um Zug zu ändern. Die purgatio morae könne auch nach unbeschränkter Verurtheilung zur Leistung noch in der Exekutionsinstanz gemäß $ 686 der Deutschen C.P.O. 2 mit Erfolg nachgeholt und geltend gemacht werden. Auf einem anderen Standpunkte beruht der Antrag zu 3, soweit er sich auf den vorliegenden Gegenstand bezieht. Nach diesem Antrage hat und behält der auf Vertragserfüllung dringende Theil, auch wenn er seinerseits zur Erfüllung bereit und der andere Theil im Verzuge der Annahme ist, nur das Recht auf Erfüllung Zug um Zug; dieses Recht kann nur dann eine Erweiterung erfahren, wenn auf Erfüllung Zug um Zug erkannt ist und von der obsiegenden Partei die Zwangsvollstreckung bewirkt wird. Beschlossen wurde, zunächst zu entscheiden, welches der drei erwähnten Prinzipien unter vorläufiger Außerachtlassung der erforderlichen Modifikationen im Prozeß- und Exekutionsfalle, zu adoptiren sei. 1 2
Abschn. I Tit. 2 I 3 a, S. 9 f. Z P O § 767.
452
2. Titel: Gegenseitiger Vertrag
§ § 320, 3 2 2
Die Mehrheit lehnte zunächst das Prinzip des Entwurfs, sodann das ihm verwandte Prinzip des Antrags zu 4 ab, billigte dagegen das Prinzip des Antrags zu 3. I D i e Gründe waren :
| Prot I 653
Das Prinzip des Entwurfs könne sich schon wegen seiner Unbestimmtheit und da es mancherlei Zweifeln Raum lasse, zur Annahme nicht empfehlen. Gegen das Prinzip des Antrags zu 4 sei aber zu erinnern, daß es zunächst schon bedenklich erscheine, an die mora accipiendi die vorgeschlagene, die Natur des Rechts ändernde Wirkung zu knüpfen, eine Wirkung, welche zu großen Härten, namentlich in den Fällen führen müsse, in welchen die mora accipiendi auf dem guten Glauben beruhe, zur Annahme nicht verpflichtet zu sein. Die Zulässigkeit der purgatio morae bringe keine genügende Abhilfe, weil mindestens in hohem Grade zweifelhaft sei, ob nach der Verurtheilung zur unbeschränkten Leistung in der Exekutionsinstanz noch die purgatio morae statthaft sei und weil, wenn man sie für statthaft erachte, die Zwangsvollstreckung solange ihren Lauf behalte, bis der Verurtheilte im Klagewege beziehungsweise nach Maßgabe des § 688 der Deutschen C.P.O. 3 Remedur erlangt habe. Das Prinzip des Antrags zu 3 erscheine nicht allein theoretisch nicht unbegründet, sondern auch aus praktischen Gründen empfehlenswert; es beseitige alle Schwierigkeiten und vermeide alle Härten. Freilich erheische es die Zulassung der Klage auf Erfüllung Zug um Zug, indem es sogar die Zulässigkeit einer solchen Klage zur Voraussetzung habe. Darin könne aber um so weniger ein Bedenken gefunden werden, als derartige Klagen in den meisten Rechtsgebieten in Befriedigung eines praktischen Bedürfnisses für zulässig gehalten würde, sich eingebürgert hätten und überaus häufig seien. Sei die Verurtheilung auf Erfüllung Zug um Zug erfolgt, dann möge immerhin das Prinzip eine Modifikation erleiden müssen, darüber aber werde dem obigen Vorbehalte gemäß besonders zu entscheiden sein. I Im Anschluß an die vorstehende Entscheidung erachtete es die Mehrheit so- | Prot I 654 dann für nothwendig, im Gesetze ausdrücklich auszusprechen: 1. daß die Klage auf Erfüllung Zug um Zug zulässig sei, 2. daß die Erfüllung Zug um Zug bei zweiseitigen Verträgen die Regel bilde. Die zu dem Beschlüsse zu 2 erhobenen Bedenken, die Regel unterliege so vielen Ausnahmen, daß sie aufhöre, eine Regel zu sein, und andererseits sei die Erfüllung Zug um Zug im praktischen Leben eine Seltenheit, wurden von der Mehrheit wegen der zweifellosen, in mancherlei Richtung sich geltend machenden Wichtigkeit der Regel nicht für durchgreifend erachtet. Hierauf gelangte zur näheren Prüfung, ob und welche Modifikationen das zuvor angenommene Prinzip nach der Verurtheilung zur Erfüllung Zug um Zug in der Exekutionsinstanz zu erleiden habe. Die Mehrheit beschloß, daß alsdann das Prinzip des Antrags zu 4 zu gelten habe, indem sie davon ausging, daß, wenn die Sache in die betreffende Lage gediehen sei, die gegen jenes Prinzip streitenden Bedenken ihre Berechtigung verlören und die Annahme desselben nothwendig sei, um den fortwährend renitenten Schuldner auf einfachem Wege zur Erfüllung seiner Obliegenheit zu zwingen. Es wurden noch folgende Beschlüsse gefaßt: 1. Der Antrag zu 4, soweit er auf den Fall sich bezieht, wenn Leistung Zug um 3
ZPO J 769. 453
§ § 320, 3 2 2
2. Abschnitt: Schuldverhältnisse aus Verträgen
Zug unmöglich ist, wurde abgelehnt; man erachtete die vorgeschlagene Bestimmung für selbstverständlich und daher entbehrlich. 2. Die in dem Antrage zu 1 beantragte Streichung des Wortes „ganze" wurde in I Prot 1655 dem Sinne gebilligt, daß nicht besonders zu betonen sei, daß die Leistung | ganz und voll zurückbehalten werden könne, wenn die Gegenleistung auch nur theilweise nicht bewirkt sei. Man besorgte nämlich, daß die Betonung (so richtig es sei, daß ein solches Recht bestehe,) zu irrigen Entscheidungen und namentlich zur Verwerfung der exceptio doli in Fällen, in welchen sie - wie auch die Motive anerkennen begründet sei, Anlaß geben könnte. 3. Betreffend die mit dem Antrage zu 2 bezweckte Aenderung, so glaubte man, daß weder die darin vorgeschlagene Fassung, noch die betreffende Fassung des Entwurfes unbedenklich sei, daß es vielmehr den Vorzug verdienen werde, bei der Redaktion für die in ähnlichen Fällen gewählte Fassung sich zu entscheiden: „sofern nicht durch das Gesetz oder durch den Vertrag ein Anderes bestimmt ist" oder „sofern nicht aus dem Gesetze oder aus dem Vertrage sich ein Anderes ergiebt", behielt jedoch das Weitere der Redaktion vor. 4. Die in dem Antrage zu 2 gegen das Wort: „zurückhalten" erhobene Erinnerung wurde der Erledigung bei dem § 5 vorbehalten. 5. Das Wort „zweiseitig" wurde, weil es nicht ganz korrekt sei, für nicht angemessen erachtet und dem Worte „gegenseitig" der Vorzug gegeben. Zum Schluß gelangte der Antrag zu 5 zur Berathung. Man verständigte sich dahin, über den Antrag, welcher von vielen Seiten Zustimmung fand, namentlich auch in Ansehung des zweiten Theils in Rücksicht auf die Fälle, in welchen die Leistung Zug um Zug unausführbar ist, erst bei der Berathung der Vorschriften über die Schuldverhältnisse aus ungehöriger Bereicherung (N£ 10) Beschluß zu fassen. Der Redaktor übernahm es, zur geeigneten Zeit und am geeigneten Orte die ausgesetzte Berathung in Anregung zu bringen. I Prot I 656
| Zu § 5 des Entwurfs :
TE-OR (Nr 20) „Wird von dem aus einem zweiseitigen Vertrage auf Erfüllung belangten Ver§ 5 tragschließenden das Zurückbehaltungsrecht des § 4 geltend gemacht, so hat der Kläger zu behaupten und zu beweisen, daß er den Vertrag seinerseits erfüllt habe oder zu der Erfüllung bereit sei." war beantragt: v. Weber (Nr 48, 4)
1. den Nachsatz zu fassen : „so hat der Kläger, wenn er sich nicht zur Erfüllung erbietet, zu behaupten und zu beweisen, daß er den Vertrag seinerseits erfüllt habe."
Kurlbaum (Nr 49, 3)
2. den § 5 zu fassen: „Wird auf Grund des § 4 von dem einen Vertragschließenden eine Leistung verweigert und ist streitig, ob der andere die ihm obliegende Leistung angeboten oder bewirkt habe, so hat der letztere das Anbieten oder Bewirken der Leistung zu beweisen."
Planck (Nr 51)
3. in § 5 statt der Worte: „oder zu der Erfüllung bereit sei" zu setzen: „oder der andere Theil sich im Verzuge der Annahme befindet", und folgenden Satz hinzuzufügen: „Erbietet sich der Kläger zur Erfüllung, so ist er berechtigt, in dem Falle des § 4 Absatz 1 Satz 1 Verurtheilung des Beklagten zur Leistung Zug um Zug, in dem 454
2. Titel: Gegenseitiger Vertrag
§ § 320, 3 2 2
Falle des § 4 Absatz 1 Satz 2 Verurtheilung des Beklagten zur Leistung nach vorheriger Erfüllung von seiner Seite zu fordern." eventuell statt des letzten Absatzes folgende Bestimmung aufzunehmen : „In dem Falle des § 4 Absatz 1 Satz 1 ist der Kläger, wenn er sich zur Erfüllung erbietet, berechtigt, Verurtheilung des Beklagten zur Leistung | Zug um Zug zu fordern." 4. folgenden Zusatz zu § 5 zu beschließen: „Zur Ertheilung einer vollstreckbaren Ausfertigung von Urtheilen der im vorigen Absätze bezeichneten Art bedarf es des vorherigen Nachweises, daß der Gläubiger dem Schuldner die Gegenleistung gemacht oder der letztere sich im Verzuge der Annahme befinde, nicht." Der Antrag zu 3 wurde zurückgezogen, ferner anerkannt, daß der Schluß des § 5 : „oder zu der Erfüllung bereit sei" durch die zum § 4 gefaßten Beschlüsse sich erledigt habe, also in Wegfall kommen müsse, demgemäß auch der Antrag zu 1 sich als erledigt ergebe. Der Antrag zu 2 veranlaßte eine ausführliche Debatte. Es liegt ihm in Verbindung mit dem zu § 4 unter 3 gedachten (vgl. Protokolle S. 649), damit im Zusammenhang stehenden Antrage ein anderes Prinzip zu Grunde als dem § 5 des Entwurfes. Der § 5 des Entwurfs vertritt den Standpunkt: Die Einrede des nicht erfüllten Vertrages wird nicht von Amtswegen berücksichtigt; sie findet nur Beachtung, wenn sie erhoben ist, wird sie aber vorgeschützt, so muß der Kläger die Erfüllung seinerseits nachträglich behaupten und beweisen. Die Behauptung erfüllt zu haben, gehört also niemals zur Substantiirung der Klage. Der Antrag zu 2 beruht umgekehrt auf dem Prinzip: Die Behauptung erfüllt zu haben gehört, wenn auch nicht nach dem jetzt geltenden Prozeßrechte zur Substantiirung der Klage, doch zur Substantiirung des Anspruchs auf Erfüllung. Die praktischen Verschiedenheiten der beiden Prinzipien gestalten sich wie folgt: I Der § 5 hat selbstverständlich keine Bedeutung, wenn auf Erfüllung Zug um Zug geklagt ist. Er ist nur von Belang, wenn der eine Theil einfach auf Verurtheilung zu der ihm zukommenden Leistung die Klage richtet. Wird gegen eine solche Klage die Einrede des nicht erfüllten Vertrages erhoben, so kann der Kläger sowohl nach dem einen, als dem anderen Prinzip den Klageantrag dahin ändern, daß er Verurtheilung zur Leistung Zug um Zug begehrt. Eine unzulässige Klageänderung kann darin nicht erblickt werden. Auch darin kommen beide Prinzipien überein, daß der Kläger, wenn die Einrede erhoben ist, replicando geltend machen kann, seinerseits sei erfüllt, daß der Kläger in Ansehung dieser Replik aber beweispflichtig ist. Die Verschiedenheit der beiden Prinzipien zeigt sich dagegen in anderen Fällen. Läßt sich der Beklagte auf die Klage, in welcher nicht behauptet ist, der Kläger habe erfüllt, nicht ein, so wird er nach dem Prinzip des Entwurfs durch Versäumnißerkenntniß nach dem Klageantrage verurtheilt, nach dem Prinzipe des Antrages zu 2 der Kläger dagegen, sofern er nicht die Behauptung der Erfüllung nachholt und eine neue Ladung des Beklagten bewirkt, mit der Klage abgewiesen. Hat der Beklagte sich ferner auf die Klage eingelassen und sich nur mit anderen Gründen vertheidigt, ohne die Einrede des nicht erfüllten Vertrages zu erheben, so wird, wenn der Richter die Verteidigungsgründe unhaltbar findet, nach dem Prinzipe des Entwurfs der Beklagte verurtheilt, nach dem Prinzipe des Antrages zu 2, der Kläger, sofern nicht die Behauptung der Erfüllung noch nachgeholt wird, umgekehrt mit der Klage abgewiesen. 455
| Prot 1657 Planck (Nr 52)
| Prot I 658
§§ 320,322
2. Abschnitt: Schuldverhältnisse aus Verträgen
Die praktischen Verschiedenheiten der beiden Prinzipien sind also, wenn auch nicht ganz unerheblich, doch von keiner sehr weitreichenden Bedeutung, mit Ausnahme vielleicht des Falles des Urkundenprozesses. I Prot 1659 | Die Mehrheit entschied für das Prinzip des Entwurfs. Sie wurde durch die Erwägung bestimmt: Stelle man sich auf den theoretischen Standpunkt, so erscheine die Entscheidung im höchsten Maße zweifelhaft; es komme dabei das Wesen des gegenseitigen Vertrages in Betracht, worüber sich verschieden urtheilen lasse. Zu verkennen sei auch nicht, wie von einer Seite hinzugefügt wurde, daß das Prinzip des Entwurfes zu einem eigenthümlichen Resultate zu führen scheine, nämlich zu dem, daß die Einrede des nichterfüllten Vertrages für den Kläger die Nothwendigkeit nach sich ziehe, eine Behauptung nachzuholen, durch welche er gleichsam die Klage erst nachträglich substantiire. Werde aber der Standpunkt der praktischen Zweckmäßigkeit eingenommen, so müsse dem Prinzipe des Entwurfs der Vorzug zugestanden werden. Denn das Prinzip des Antrages zu 2 führe, wie auch die Praxis lehre, nur zu leicht dahin, daß der Kläger in Folge eines verzeihlichen Versehens mit der Klage aus einem Grunde abgewiesen werde, mit welchem der Beklagte sich nicht habe vertheidigen können und wollen. Es wurde auf die Frage zurückgegangen, ob der Ausdruck „zurückhalten" und „Zurückbehaltungsrecht" sich empfehle. Die Mehrheit entschied, die Ausdrücke könnten wegen der terminologischen Bedeutung derselben Mißverständnisse verursachen und seien deshalb thunlichst zu vermeiden, überließ das Weitere jedoch der Redaktion. Zum Schluß gelangte der Antrag zu 4 vorbehaltlich einer den bisherigen Beschlüssen entsprechenden Fassung zur Annahme. Der Antrag bezweckte die Lösung einer durch die Deutsche C.P.O. hervorgerufenen Streitfrage, und zwar in dem Sinne, welchen die meisten Autoritäten als den richtigen vertreten haben und I Prot I 660 der einem unverkennbaren praktischen Bedürfnisse entspricht, sodann | auch durch die zum § 4 gefaßten Beschlüsse sich als angemessen ergiebt. Ob der Beschluß demnächst dem Einführungsgesetze oder dem Gesetze über die Revision der C.P.O. einzuverleiben sei, blieb der späteren Prüfung vorbehalten. Zu den §§ 4 und 5 des Entwurfs ist somit sachlich beschlossen: § a. Der gegenseitige Vertrag ist Zug um Zug zu erfüllen, sofern nicht aus dem Gesetze oder dem Vertrage sich ein Anderes ergiebt. § b. Jeder Theil kann Klage auf Verurtheilung des anderen Theils zur Erfüllung Zug um Zug erheben. Ist die Verurtheilung zur Erfüllung Zug um Zug erfolgt, so kann der Kläger die ihm gebührende Leistung ohne vorherige oder gleichzeitige Bewirkung der ihm obliegenden Leistung fordern, wenn und so lange der Beklagte sich im Verzuge der Annahme befindet. Eine vollstreckbare Ausfertigung des Urtheils ist dem Kläger auch ohne den Nachweis zu ertheilen, daß der Beklagte die ihm gebührende Leistung empfangen habe oder im Verzuge der Annahme sich befinde. § c. Wer aus einem gegenseitigen Vertrage nicht auf Verurtheilung zur Leistung Zug um Zug, sondern auf Verurtheilung zu der ihm obliegenden Leistung belangt wird, bevor er die Gegenleistung empfangen hat, kann, sofern er nicht zur Vorleistung verpflichtet ist, die Abweisung der Klage beantragen. I Prot 1661
I Wer aus dem gegenseitigen Vertrage die ihm gebührende Leistung einklagt, hat jedoch erst dann, wenn der Beklagte auf Grund des ersten Absatzes die Abwei456
2. Titel: Gegenseitiger Vertrag
§ § 320, 322
sung der Klage verlangt, zu behaupten und im Bestreitungsfalle zu beweisen, daß er die ihm obliegende Leistung bewirkt habe. II. In der ZustOR haben die beschlossenen Vorschriften als §§ 64, 65, 66, 67 die Fassung : Der gegenseitige Vertrag ist von den Vertragschließenden wechselseitig zu gleieher Zeit (Zug um Zug) zu erfüllen, sofern nicht aus dem Gesetze oder dem Vertrage sich ein Anderes ergiebt. Wer aus einem gegenseitigen Vertrage auf die ihm obliegende Leistung in AnSpruch genommen wird, bevor er die Gegenleistung empfangen hat, kann, sofern er nicht zur Vorleistung verpflichtet ist, die geforderte Leistung solange verweigern, bis die ihm gebührende Leistung bewirkt ist, oder der andere Vertragschließende seinerseits zur gleichzeitigen Bewirkung dieser Leistung bereit ist. Jeder Theil kann bei einem Zug um Zug zu erfüllenden Vertrage Klage erheben auf Verurtheilung des anderen Theils zur Erfüllung Zug um Zug. Ist die Verurtheilung zur Erfüllung Zug um Zug erfolgt, so kann der Kläger die ihm gebührende Leistung ohne vorherige oder gleichzeitige Bewirkung der ihm obliegenden Leistung im Wege der Zwangsvollstreckung fordern, wenn und solange der Beklagte sich im Verzuge der Annahme befindet. Eine vollstreckbare Ausfertigung des Urtheils ist dem Kläger auch ohne den Nachweis zu ertheilen, daß der Beklagte die ihm gebührende Leistung empfangen habe oder im Verzuge der Annahme sich befinde 4 . Wer aus einem gegenseitigen Vertrage die ihm gebührende Leistung einklagt, hat erst dann, wenn der Beklagte sich darauf beruft, daß der Kläger die ihm obliegende Leistung noch nicht bewirkt habe, zu behaupten und im Bestreitungsfalle zu beweisen, daß er die ihm obliegende Leistung bewirkt habe.
ZustOR § 64
ZustOR § 65
ZustOR § 66
ZustOR § 67
Zu § 65 ZustOR wurde beschlossen (Prot. I 3286), die Vorschrift solle mit den Worten schließen : „ . . . die geforderte Leistung so lange verweigern, bis die ihm gebührende Leistung bewirkt wird . . . " , so daß insbesondere die letzten drei Zeilen wegfallen. Zu § 66 ZustOR 134. Sitzung vom 30. 10.1882, Schriftführer v. Liebe I Die Berathung des Theilentwurfs des Obligationenrechts Nr. 22 Folgen der | Prot 11249 Nichterfüllung Unterabschnitt „Verzug des Gläubigers" wurde fortgesetzt. Zunächst war ein Antrag zu erledigen, welcher bezweckt, daß hinter § 34 des Planck Entwurfs 5 ein § folgenden Inhalts eingeschaltet werde: (Nr 167, 7) „Der Schuldner, welchem ein durch die Erfüllung seiner Verbindlichkeit bedingter Anspruch gegen den Gläubiger zusteht, ist, wenn der Gläubiger in Verzug kommt, berechtigt, gegen denselben auf Verurtheilung zur Erfüllung jenes Anspruchs gegen vorherige Erfüllung seiner Verbindlichkeit zu klagen. Die Vorschriften des § 66 Absatz 2 und 3 der Zusammenstellung finden in solchem Falle entsprechende Anwendung." Der Antrag wurde dahin abgeändert: 4
5
Dazu ist angemerkt: „Vorbehalten bleibt, den dritten Absatz seiner Zeit in das Einführungsgesetz oder in das Gesetz über Revision der Civilprozeßordnung aufzunehmen." S. diesen bei § 302 BGB.
457
§ § 320, 322
2. Abschnitt: Schuldverhältnisse aus Verträgen
den § 66 der Zusammenstellung der beschlossenen Bestimmungen des Obligationenrechts (Beschluß vom 28. April 1882, Prot. S. 653, 654, 659, 660) zu berichtigen und zu erweitern, wie folgt: 1. im ersten Absätze wird hinter „zu erfüllenden" eingeschaltet „gegenseitigen". 2. Der erste Absatz erhält den Zusatz: I Prot 1 1250 »Hat der eine Theil vorzuleisten, so kann dersel- | be, wenn der andere Theil in Verzug der Annahme kommt, Klage auf Verurtheilung des andern Theils zu der diesem obliegenden Leistung nach Empfang der demselben gebührenden Leistung erheben." 3. Der Eingang des zweiten Absatzes wird gefaßt: „Ist solche Verurtheilung erfolgt, so kann pp." Hiernach würde der § 66 in der vorgeschlagenen neuen Fassung folgendermaßen lauten: „Jeder Theil kann bei einem Zug um Zug zu erfüllenden gegenseitigen Vertrage Klage erheben auf Verurtheilung des andern Theils zur Erfüllung Zug um Zug. Hat der eine Theil vorzuleisten, so kann derselbe, wenn der andere Theil in Verzug der Annahme kommt, Klage auf Verurtheilung des andern Theils zu der diesem obliegenden Leistung nach Empfang der demselben gebührenden Leistung erheben. Ist eine solche Verurtheilung erfolgt, so kann der Kläger die ihm gebührende Leistung ohne vorherige oder gleichzeitige Bewirkung der ihm obliegenden Leistung im W e g e der Zwangsvollstreckung fordern, wenn und solange der Beklagte sich im Verzuge der Annahme befindet. Eine vollstreckbare Ausfertigung des Urtheils ist dem Kläger auch ohne den Nachweis zu ertheilen, daß der Beklagte die ihm gebührende Leistung empfangen habe oder im Verzuge der Annahme sich befinde." Der Antrag fand die Billigung der Mehrheit. Die Gründe waren: Unverkennbar enthalte der § 66 eine Bestimmung, welche zu den die Folgen des I Proti 1251 Verzugs normirenden Vorschriften gehöre. Er verordne, daß bei gegenseiti-| gen Zug um Zug zu erfüllenden Verträgen der zur Erfüllung Zug um Zug verurtheilte Theil in der Exekutionsinstanz, wenn er hinsichtlich der ihm gebührenden Leistung in dem Annahmeverzuge sich befinde, zu der ihm obliegenden Leistung gezwungen werde, ohne Rücksicht darauf, daß nur Zug um Zug zu erfüllen sei. Der § 66 gebe aber keine Auskunft darüber, wie der zur Vorleistung verpflichtete Theil sich helfen könne, wenn der andere Theil hinsichtlich der ihm gebührenden Leistung in Annahmeverzug gerathe. Dem Gedanken, auf welchem § 66 beruhe, sei es vollkommen entsprechend, in einem solchen Falle dem zur Vorleistung verpflichteten Theil die Klage auf Verurtheilung des anderen Theils zu der diesem obliegenden, nach Empfang der demselben gebührenden Leistung zu gestatten und nach der Verurtheilung den anderen Theil so zu behandeln, wie in dem Falle der Verurtheilung zur Erfüllung Zug um Zug. Die desfallsige Ergänzung des § 66 sei um so n o t w e n diger, als das Recht zur Deposition in vielen Fällen, z. B. wenn eine Handlung in Frage stehe, sichtbar nicht zum Ziele führe. Den § 66 in den vorliegenden Abschnitt einzustellen, sei wegen seines Zusammenhanges mit der Regelung der exceptio non impleti contractus nicht angänglich. Ob aber im vorliegenden Abschnitt auf ihn zu verweisen, sei eine bei der Redaktion zu würdigende Frage. Bei der Diskussion war die Ausdehnung der §§ 65 und 66 der Zusammenstellung der beschlossenen Bestimmungen des Obligationenrechts, Beschlüsse vom 458
2. Titel: Gegenseitiger Vertrag
§ § 320, 3 2 2
28. April 1882, Prot. S. 653, 654, 658 — 660, auf alle gegenseitigen Verpflichtungen angeregt. Man glaubte jedoch, daß diese Ausdehnung aus dem im Protokolle über die vorige Sitzung erwähnten Grunde und in Rücksicht auf die in Ansehung des Retentionsrechts gefaßten Be-1 schlüsse, und weil auch von der Rechtsanalogie, wenn nichts bestimmt würde, Aushülfe zu erwarten ist, mindestens vorläufig auf sich beruhen müsse. Weiter war aufmerksam darauf gemacht, daß, wenn eine eigentliche Bedingung vorliege, der Beschluß vom 6. Januar 1882, Prot. S. 297, 298 (§115 der Zusammenstellung der beschlossenen Bestimmungen des allgemeinen Theils) anwendbar werden könne. | Bei der Beratung des TE-OR Nr. 3 „Sondernachfolge in der Forderung und in die Schuld" wurde in Veranlassung eines zu § 2 Abs. 3 dieser Vorlage gestellten Antrags beschlossen, | den §66 der Zusammenstellung der beschlossenen Bestimmungen des Obligationenrechts durch eine Vorschrift des Inhalts zu ergänzen: „Im Falle der Verurtheilung zur Abgabe einer Willenserklärung darf die vollstreckbare Ausfertigung nur nach Maßgabe des § 664 der C.P.O. 6 ertheilt werden." Die Fassung der ergänzenden Vorschrift blieb der Redaktion vorbehalten, bei der insbesondere auch geprüft werden soll, ob nicht der Zusatz genügen werde: „Die Vorschriften des § 779 der C.P.O. 7 bleiben unberührt." Die Ergänzung des § 66 der Zusammenstellung wurde für nöthig erachtet, weil, wenn die Bestimmung, eine vollstreckbare Ausfertigung des Urtheils sei dem Kläger auch ohne den Nachweis zu ertheilen, daß der Beklagte die ihm gebührende Leistung empfangen habe oder im Verzuge der Annahme sich befinde, auf den Fall der Verurtheilung zur Abgabe einer Willenserklärung für anwendbar erachteth werden würde, sichtbar eine wesentliche Verkürzung der Rechte des Schuldners unvermeidlich sei, daß ferner, wenn auch eine solche Anwendbarkeit für ausgeschlossen zu erachten sein möchte, es an einer Bestimmung fehlen würde, was | dann Rechtens sei, wenn zur Abgabe einer Willenserklärung Zug um Zug gegen eine dem Schuldner gebührende Gegenleistung verurtheilt sei, während es keinem Bedenken unterliegen könne, in einem solchen Falle einfach die Bestimmungen des § 664 der C.P.O. für maßgebend zu erklären. | In der ZustOR sind die zur Änderung und Ergänzung des § 66 ZustOR gefaßten Beschlüsse als Randbemerkung zu § 211 (S. 111, 112) wie folgt wiedergegeben: Der § 66 dieser Zusammenstellung wird in Gemäßheit der gefaßten Beschlüsse (vgl. §§ 207, 211) dahin geändert: 1. 1. Im ersten Absatz wird hinter: „bei einem" hinzugefügt: „gegenseitigen". 2. dem ersten Absatz wird angeschlossen: „Hat der eine Theil vorzuleisten, so kann er, wenn der andere Theil in den Verzug der Annahme kommt, Klage auf Verurtheilung des anderen Theils zu der diesem obliegenden Leistung nach Empfang der demselben gebührenden Leistung erheben." 3. der Eingang des zweiten Absatzes wird gefaßt: „Ist eine solche Verurtheilung erfolgt, so kann pp" II. Der letzte Absatz des § 66 soll den ferneren Zusatz erhalten : „Ist jedoch der Beklagte zur Abgabe einer Willenserklärung verurtheilt, so darf 6 7
ZPO § 726 Abs. 1. ZPO § 894. 459
| Prot 11252
| Prot I 1273 v. Weber (Nr 181)
| Prot 11274
§ § 320, 322
2. Abschnitt: Schuldverhältnisse aus Verträgen
eine vollstreckbare Ausfertigung des Urtheils nur nach Maßgabe des § 664 der Civilprozeßordnung erteilt werden." Zur Redaktion des § 66 ZustOR wurde der Antrag gestellt: | Bei § 66 ist der Seite 111 der Zusammenstellung aufgeführte (erste) Zusatz mit dem zweiten Absätze in einen Absatz zu verbinden. I Prot I 3270 | Der Seite 112 der Zusammenstellung aufgeführte zweite Zusatz ist dem dritten Absätze als zweiter Satz desselben anzuschließen und die Note 8 hinter den Zusatz zu stellen. Der Antrag wurde angenommen (Prot. I 3276). I Prot I 3269
III. Im KE sind die §§ 64, 65, 67 ZustOR in unveränderter Fassung in §§ 359, 361, 363 enthalten; § 361 schließt jedoch mit den Worten: „. . . bis die ihm gebührende Leistung bewirkt wird." KE § 362
§ 66 ZustOR hat als $ 362 KE die Fassung: Jeder Theil kann bei einem gegenseitigen, Zug um Zug zu erfüllenden Vertrage Klage erheben auf Verurtheilung des anderen Theiles zur Erfüllung Zug um Zug. Hat der eine Theil vorzuleisten, so kann er, wenn der andere Theil in Verzug der Annahme kommt, Klage auf Verurtheilung des andern Theiles zu der diesem obliegenden Leistung nach Empfang der demselben gebührenden Leistung erheben. Ist eine solche Verurtheilung erfolgt, so kann der Kläger die ihm gebührende Leistung ohne vorherige oder gleichzeitige Bewirkung der ihm obliegenden Leistung im Wege der Zwangsvollstreckung fordern, wenn und solange der Beklagte sich im Verzuge der Annahme befindet. Eine vollstreckbare Ausfertigung des Urtheils ist dem Kläger auch ohne den Nachweis zu ertheilen, daß der Beklagte die ihm gebührende Leistung empfangen habe oder im Verzuge der Annahme sich befinde. Ist jedoch der Beklagte zur Abgabe einer Willenserklärung verurtheilt, so darf eine vollstreckbare Ausfertigung des Urtheils nur nach Maßgabe des § 664 der Civilprozeßordnung ertheilt werden9. Zur 2. Beratung des KE lagen zu § 362 die Anträge vor: |
I P r o t i 11775
a) Abs. 3 Zeile 1 und 6 statt „Urtheils" zu schreiben „Unheiles".
Johow (Nr 587, 14) Gebhard (Nr 594, 1) Kurlbaum (Nr 591, 3)
b) Abs. 2 statt „wenn und so lange" zu setzen „wenn und solange". c) Absatz 3 zu streichen, dagegen als Note zu § 362 aufzunehmen : „Das Einführungsgesetz wird eine Bestimmung enthalten, durch welche die Civilprozeßordnung dahin ergänzt wird, daß vollstreckbare Ausfertigung des nach Maßgabe des § 362 Abs. 1 erlassenen Unheiles ertheilt wird ohne den Nachweis, daß der Beklagte die ihm gebührende Leistung empfangen hat oder im Verzuge der Annahme sich befindet, ausgenommen den Fall der Verurtheilung zur Abgabe einer Willenserklärung, daß aber die Zwangsvollstreckung aus einer in dieser Weise ertheilten vollstreckbaren Ausfertigung nur durch den Gerichtsvollzieher und nur nach einem den Vorschriften der §§ 253, 254 entsprechenden, erfolglosen Anbieten der Leistung an den Schuldner stattfindet." 8
9
Zu § 66 ZustOR. Dazu findet sich in dem Antrag Nr. 566 von Kurlbaum Ziff. 3 die Bern. : „Anmerkung mit abzudrucken?" Angemerkt ist dazu dasselbe wie zu § 66 ZustOR, s. o. N. 4.
460
2. Titel: Gegenseitiger Vertrag
§§ 320, 3 2 2
Der Antrag zu a wurde angenommen. Der Antrag zu b ist erledigt, da die Ersetzung der Worte „so lange" durch „solange" schon beschlossen ist. Dem Antrage c zufolge wurde beschlossen : I den Abs. 3 des § 362 zu streichen, dagegen als Note zu § 362 aufzunehmen: | Prot I 11776 Das Einführungsgesetz wird eine Bestimmung enthalten, durch welche die Civilprozeßordnung dahin ergänzt wird, daß vollstreckbare Ausfertigung des nach Maßgabe des § 362 Abs. 1 erlassenen Unheiles ertheilt wird ohne den Nachweis, daß der Beklagte die ihm gebührende Leistung empfangen hat oder im Verzuge der Annahme sich befindet, und daß ein Gleiches in allen Fällen gilt, in welchen der § 362 für entsprechend anwendbar erklärt ist, daß dagegen im Falle der Verurtheilung zur Abgabe einer Willenserklärung die Vorschrift des § 664 der Civilprozeßordnung maßgebend ist. Der weitere Inhalt des Antrages zu c wurde abgelehnt, um für die etwa erforderlich werdende weitere Ergänzung der Civilprozeßordnung freie Hand zu behalten. IV. Im E I sind die §§ 359, 361, 363 K E unverändert in den §§ 362, 364, 366 enthalten. § 362 K E ist unter Wegfall seines 3. Absatzes in § 365 E I enthalten, dessen beide Absätze mit der Maßgabe, daß es in Abs. 2 „solange" (statt: „so lange") heißt, den Abs. 1 und 2 des § 362 K E entsprechen. Zu § 362 E I steht in der Anmerkung die von der Kommission (Prot. I 11775 f) beschlossene Note. B. Vorkommission des Reichsjustizamtes I. Es waren die folgenden Anträge gestellt: 1. Den § 362 zu fassen: Ein gegenseitiger Vertrag ist von den Parteien gleichzeitig (Zug um Zug) zu erfüllen, u.s.w. (wie im Entw.).
Struckmann (Nr 1, 97)
2. Die §§ 362 und 364 in der Art zu verbinden, daß der § 364 den zweiten Absatz bildet und dann erst den § 363 folgen zu lassen.
Planck (Nr 6, 5)
3. Den § 364 unter Streichung des § 365 zu fassen: Wer aus einem gegenseitigen Vertrage auf die ihm obliegende Leistung in Anspruch genommen wird, kann diese, sofern er nicht zur Vorleistung verpflichtet ist, so lange verweigern, bis die ihm gebührende Gegenleistung bewirkt wird. Ist jedoch nur ein verhältnismäßig unbedeutender Theil der Gegenleistung noch rückständig, so kann das Recht, die geforderte Leistung zu verweigern, nach dem Ermessen des Gerichtes auf einen entsprechenden Theil der letzteren beschränkt werden. Auf das Recht einer Partei aus einem gegenseitigen Vertrage Klage auf Verurtheilung der anderen zu erheben, ohne ihrerseits die Gegenleistung bewirkt zu haben, finden die Vorschriften des § 234 a Anwendung. 4. Den § 364 um folgenden Absatz 2 zu ergänzen : Ist die Leistung theilweise bewirkt, so kann die Gegenleistung keinen Falles in 10
Struckmann (Nr 1, 99)
Jacubezky (Nr 5, 13)10
Der Antrag von Jacubezky schlug ferner die folgende Anordnung vor: 5 a (wie § 362), § b (S 364), S c (S 365), §d (§ 367), S e (SS 368, 369, s. dazu bei SS 325-327 BGB), § f (SS 360, 361, s. dazu bei S 361 BGB), § g (SS 360, 369), SS h, i, k (s. bei S 361 BGB). 461
§ § 320, 322
2. Abschnitt: Schuldverhältnisse mit Verträgen
weiterem Umfange verweigert werden, als dies zulässig wäre, wenn der nicht bewirkte Theil der Leistung durch einen vom Schuldner zu vertretenden Umstand unmöglich geworden wäre. Struckmann (Nr 1, 100)
Jacubezky (Nr 5, 13)
5. Den § 366 zu fassen: Wer aus einem gegenseitigen Vertrage die ihm gebührende Leistung einklagt, hat die Thatsache, daß er seinerseits die Gegenleistung bewirkt habe, erst dann zu behaupten, wenn der Beklagte sich darauf beruft, daß die Gegenleistung noch nicht erfolgt sei. 6. Den § 366 zu streichen. II. 59. Sitzung vom 6. 10. 1891 § 362 wurde angenommen und erhielt die folgende Fassung:
I ProtRJA 330 I Ein gegenseitiger Vertrag ist von den Parteien Zug um Zug zu erfüllen, sofern E I-RJA $ 362 nicht ein anderes bestimmt ist. I ProtRJA 331 I Der § 364 des Entw. wurde durch eine Zusatzbestimmung in der Richtung
verdeutlicht, daß das auf der Grundlage der bona fides beruhende Retentionsrecht, welches den Parteien aus einem gegenseitigen Vertrage gegeneinander zusteht, von keinem Theile zum Schaden des anderen in doloser Weise ausgebeutet werden dürfe. Handele es sich auf der einen Seite lediglich um einen unbedeutenden Rückstand der Gegenleistung, so solle auch die andere Partei nur einen dementsprechenden Theil ihrer Leistung zurückbehalten dürfen. Es könne hier dem Gerichte überlassen werden, unter Würdigung der Umstände des einzelnen Falles nach freiem Ermessen den Umfang dieses Retentionsrechts zu bestimmen. Der § 365 wurde sachlich nicht beanstandet. Die §§ 364, 365 wurden wie folgt zusammengef aßt : E I-RJA Wer aus einem gegenseitigen Vertrage auf die ihm obliegende Leistung in An¡ 364, 365 spruch genommen wird, kann diese, sofern er nicht zur Vorleistung verpflichtet ist, solange verweigern, bis die Gegenleistung bewirkt wird. Ist jedoch nur ein verhältnismäßig unbedeutender Theil der Gegenleistung noch rückständig, so kann das Recht, die geforderte Leistung zu verweigern, auf einen entsprechenden Theil der letzteren beschränkt werden. Die Vorschrift des § 233 Abs. 2 (in der beschlossenen Fassung; Prot. S. 218) findet keine Anwendung. I ProtRJA 332 I Das Recht einer Partei, aus einem gegenseitigen Vertrage Klage auf Verurtheilung der anderen zu erheben, bestimmt sich nach dem § 234. Der 5 366 wurde inhaltlich gebilligt. Ein Antrag, diese Bestimmung als selbstverständlich zu streichen, wurde mit Rücksicht auf die im gemeinen Rechte bestehende Kontroverse und die gegentheilige Auffassung des Preußischen Rechtes (A.L.R. I, 5 §271) abgelehnt. I Die Vorschrift erhielt die nachstehende Fassung: E I-RJA §366
Wer aus einem gegenseitigen Vertrage auf die ihm gebührende Leistung Klage erhebt, braucht die Thatsache, daß er seinerseits die Gegenleistung bewirkt habe, erst dann zu behaupten, wenn der Beklagte sich darauf beruft, daß die Gegenleistung noch nicht erfolgt sei.
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2. Titel: Gegenseitiger Vertrag
§§ 320, 322
C . 2. Kommission (Prot. II, Bd. 1, S. 626,628f.; Mugdan, Bd. 2, S. 631 ff.) 1. Zu § 362 w a r beantragt: 1. Die von der V o r k o m . des RJA beschlossene Fassung der Vorschrift. 2. a) die Vorschrift zu streichen b) eventuell folgende Fassung anzunehmen : Bei einem gegenseitigen V e r t r a g ist, sofern nicht ein Anderes bestimmt ist, keiner der Vertragschließenden vorzuleisten verpflichtet.
Struckmann (Nr 2, 19) v. Mandry (Nr 70, 2)
Die Kom. n a h m nachdem der Antrag 2 b) vor der Abstimmung zurückgezogen w o r d e n war, den § 362 sachlich an, überließ aber der R e d K o m die P r ü f u n g , an welcher Stelle u n in welcher Weise der G e d a n k e des § 362 z u m Ausdruck zu bringen sei. Zu §§ 364, 365 war beantragt: 1. Die Ersetzung des Paragraphen durch die von der V o r k o m des RJA dazu Struckmann beschlossene Vorschrift, mit der Maßgabe jedoch, daß es in Abs. 1 dieser V o r - (Nr 2, 21) schrift heißt: „sofern er nicht vorzuleisten verpflichtet ist" (statt: „sofern er nicht z u r Vorleistung verpflichtet ist.") und d a ß dem 2. Absatz der folgende Satz 2 a n g e f ü g t wird: H a t der eine Theil vorzuleisten, so kann er, w e n n der andere Theil in V e r z u g Struckmann der Annahme kommt, Klage erheben auf Verurtheilung des anderen Theils zu der (Nr 54) diesem obliegenden Leistung nach E m p f a n g der Gegenleistung. Z u dem Antrage Struckmann w u r d e von a n d e r e r Seite beantragt: eventuell hinter Abs. 1 Satz 2 folgenden Satz einzuschalten: Wird die ganze Leistung verweigert, obwohl die Gegenleistung theilweise bewirkt ist, so kann der andere Theil die Z u r ü c k g e w ä h r u n g des von ihm Geleisteten nach Maßgabe der Vorschriften der §§ 427 bis 429 über das vertragsmäßige Rücktrittsrecht verlangen. 2. folgende Beschlüsse zu fassen: a) dem § 364 als Satz 2 a n z u f ü g e n : Ist die Leistung theilweise bewirkt, so kann die Gegenleistung nicht in weiterem U m f a n g e verweigert w e r d e n , als dies zulässig w ä r e , wenn der nicht bewirkte Theil der Leistung in Folge eines von dem Schuldner zu vertretenden Umstandes unmöglich geworden wäre.
Jacubezky (Nr 60, 2)
b) dem § 365 die Fassung zu geben: Auf die Klage und die Zwangsvollstreckung wegen der Forderung aus einem gegenseitigen Vertrage finden die Vorschriften des § 234 entsprechende Anwendung. Satz 2 wie Abs. 2 Satz 2 in Antrag 1.
Jacubezky (Nr 60, 3)
3. zu beschließen: a) den § 364 wie folgt zu gestalten: W e r aus einem gegenseitigen V e r t r a g einen Anspruch hat, kann auf Verurthei11
In der met. Fassung lautet der Anfang des Antrags: „Wer aus einem gegenseitigen Vertrag einen Anspruch hat, kann, sofern er nicht nach dem Inhalte des Schuldverhältnisses vorzuleisten verpflichtet ist, auf Verurtheilung des Schuldners in die ihm (dem Kläger) gebührende Leistung Klage erheben. Der Beklagte hat jedoch, sofern er nichts seiner Seits . . 463
v. Mandry (Nr 70, 3) 11
§ § 320, 3 2 2
2. Abschnitt: Schuldverhältnisse aus Verträgen
lung des Schuldners zu der ihm (dem Kläger) gebührenden Leistung Klage erheben. Der Beklagte hat jedoch, sofern er nicht seiner Seits vorzuleisten verpflichtet ist, die Befugniß, die Leistung solange zu verweigern, bis die Gegenleistung bewirkt wird. Diese Befugniß ist nicht vorhanden, wenn der Beklagte eine ihm als Erfüllung angebotene Leistung ohne Vorbehalt angenommen hat. Der Vertragschließende kann auch auf Verurtheilung des Schuldners zur Leistung gegen Empfang der diesem gebührenden Leistung Klage erheben. Auf diese Klage finden die Vorschriften des § 234 Anwendung. v. Mandry (Nr 70, 3 b) Planck (Nr 72)
b) den § 365 zu streichen; 4. die unter 1 Abs. 1 Satz 2 vorgeschlagene Bestimmung zu fassen: Ist nur ein Theil der Gegenleistung noch rückständig, so beschränkt sich das Recht, die Leistung zu verweigern, auf einen entsprechenden Theil derselben, wenn (und soweit) die Zurückbehaltung eines größeren Theils nach den Umständen des Falles gegen Treu und Glauben (oder: gegen die Billigkeit) verstoßen würde. Die Kommission nahm den Antrag 1 mit dem eventuellen Zusatzantrag an und lehnte die Anträge 2 und 4 ab. Der Antrag 3 wurde bei der Beratung des § 366 behandelt (Prot. II, Bd. 1, 632 f). Zu § 366 lagen die Anträge vor:
Struckmann (Nr 2, 22) v.Mandry (Nr 70, 3 b)
1. Die Vorschrift, wie von der Vorkom des RJA beschlossen, zu fassen. 2. Die Bestimmung zu streichen. Die Kom. nahm sachlich den § 366 an und beschloß auch, daß der Gedanke desselben zum Ausdruck gebracht werden solle, überließ aber der RedKom zu prüfen, wie und wo dies zu geschehen habe. II. In der VorlZust der Beschlüsse der 2. Kom. sind die zu §§ 362, 364 E I gefaßten Beschlüsse in § 362, die zu §§ 365, 366 E I gefaßten Beschlüsse in § 365 zusammengefaßt.
E I-VorlZust § 362
§ 362 lautet in der Fassung der VorlZust: Ein gegenseitiger Vertrag ist von den Parteien, sofern nicht ein Anderes bestimmt ist, Zug um Zug zu erfüllen. Jeder Theil kann, sofern er nicht vorzuleisten verpflichtet ist, die ihm obliegende Leistung so lange verweigern, bis die ihm gebührende Gegenleistung gemacht wird. Wenn jedoch die Leistung theilweise bewirkt ist und nach den Umständen des Falles die Zurückbehaltung der ganzen Gegenleistung gegen Treu und Glauben verstoßen würde, wenn insbesondere ein verhältnißmäßig unerheblicher Theil der Leistung rückständig ist, so beschränkt sich das Recht, die Gegenleistung zu verweigern, auf einen nach billigem Ermessen zu bestimmenden Theil derselben. Die Vorschrift des § 233 Abs. 2 findet keine Anwendung. § 365 lautet in der Fassung VorlZust:
E I-VorlZust S 365
Auf das Recht einer Partei, aus einem gegenseitigen Vertrage auf Leistung Zug um Zug zu klagen und auf die Zwangsvollstreckung aus dem auf solche Klage ergehenden Urtheil, finden die Vorschriften des § 234 Anwendung. Hat der eine Theil vorzuleisten, so kann er, wenn der andere Theil in Verzug 464
2. Titel: Gegenseitiger Vertrag
§ § 320, 322
der Annahme kommt, auf Leistung nach Empfang der Gegenleistung klagen. In Ansehung der Zwangsvollstreckung findet (auch in diesem Fall) die Vorschrift des § 234 Satz 2 Anwendung. Wird aus einem gegenseitigen Vertrage nicht nach Maßgabe der Vorschriften des ersten und des zweiten Absatzes, sondern schlechthin auf die Leistung geklagt, so braucht die Thatsache, daß die Gegenleistung bewirkt sei, erst dann behauptet zu werden, wenn der andere Theil sich darauf beruft, daß dies noch nicht geschehen sei. III. In der ZustRedKom haben die §§ 362, 365 die folgende Fassung: Bei einem gegenseitigen Vertrage kann jeder Theil, sofern er nicht vorzuleisten verpflichtet ist, die ihm obliegende Leistung bis zur Bewirkung der Gegenleistung verweigern. Hat die Leistung an Mehrere zu erfolgen, so kann dem Einzelnen der ihm gebührende Theil bis zur Bewirkung der ganzen Gegenleistung verweigert werden 12 . Die Vorschrift des § 233 Abs. 2 findet keine Anwendung. Ist von der einen Seite theilweise geleistet, so kann die Gegenleistung insoweit nicht verweigert werden, als die Verweigerung nach den Umständen des Falles, insbesondere wegen verhältnißmäßiger Geringfügigkeit des rückständigen Theiles, gegen Treu und Glauben verstoßen würde. Erhebt aus einem gegenseitigen Vertrage der eine Theil Klage auf die ihm geschuldete Leistung, so hat die Geltendmachung des dem anderen Theile zustehenden Rechtes, die Leistung bis zur Bewirkung der Gegenleistung zu verweigern, nur die Wirkung, daß der Beklagte zur Erfüllung Zug um Zug zu verurtheilen ist. Hat der eine Theil vorzuleisten, so kann er, wenn der andere Theil im Verzuge der Annahme ist, Verurtheilung desselben zur Leistung nach Empfang der Gegenleistung verlangen. Auf die Zwangsvollstreckung findet die Vorschrift des § 234 Abs. 2 Anwendung. (Im Zusammenhange mit § 365 ist die Fassung des § 234 dahin abgeändert worden: Gegenüber der Klage des Gläubigers hat die Geltendmachung des Zurückbehaltungsrechts nur die Wirkung, daß der Schuldner zur Leistung gegen Empfang der ihm gebührenden Leistung (Erfüllung Zug um Zug) zu verurtheilen ist. Aufgrund einer solchen Verurtheilung kann der Kläger seinen Anspruch ohne Bewirkung der ihm obliegenden Leistung im Wege der Zwangsvollstreckung verfolgen, wenn der Beklagte im Verzuge der Annahme ist.)
E I-ZustRedKom S 362
E I-ZustRedKom S 365
IV. Im E II sind die Vorschriften als §§ 271, 273 in gegenüber der ZustRedKom unveränderter Fassung enthalten. Bei der Revision des E II war beantragt, den Abs. 2 des § 273 so zu fassen: Wilke Hat der eine Theil vorzuleisten, so kann er, wenn der andere Theil im Verzuge (Nr 24) der Annahme ist, Verurtheilung desselben zur Leistung bei Fälligkeit nach Empfang der Gegenleistung verlangen. Zur Begründung des Antrages wurde verwiesen auf Strohal, Kurze Bemerkungen zum Recht der Schuldverhältnisse, S. 4. Der Antrag wurde der RedKom zur Prüfung überwiesen.
12
Dieser von der RedKom in § 362 aufgenommene S a u ist hervorgegangen aus TE-OR Nr. 32 (betr. den Kauf) SS 7, 14 = E I § 363, s. dazu im Anhang zu S 444 BGB. 465
§321
2. Abschnitt: Schuldverhältnisse aus Verträgen
V. Im E II rev ist in der dem § 271 E II entsprechenden der Vorschrift des § 314 der 1. Satz des Abs. 1 gefaßt: Wer aus einem gegenseitigen Vertrage verpflichtet ist, kann die ihm obliegende Leistung bis zur Bewirkung der Gegenleistung verweigern, es sei denn, daß er vorzuleisten verpflichtet ist. Im übrigen ist die Fassung der Vorschrift unverändert. In dem § 273 E II entsprechenden § 316 E II rev heißt es in Abs. 2: Hat der klagende Theil vorzuleisten,... (statt: hat der eine Theil vorzuleisten). Damit liegt die in §§ 320, 322 Gesetz gewordene Fassung vor.
§321 Wer aus einem gegenseitigen Vertrage vorzuleisten verpflichtet ist, kann, wenn nach dem Abschlüsse des Vertrags in den Vermögensverhältnissen des anderen Theiles eine wesentliche Verschlechterung eintritt, durch die der Anspruch auf die Gegenleistung gefährdet wird, die ihm obliegende Leistung verweigern, bis die Gegenleistung bewirkt oder Sicherheit für sie geleistet wird.
A. B. Eine dem § 321 BGB entsprechende Vorschrift ist im TE-OR nicht enthalten und weder von der 1. Kom. noch von der Vorkom des RJA erwogen worden.
Wolffson C. 2. Kommission I. In der 2. Kom wurde der Antrag gestellt (Prot. II, Bd. 1, (Nr 58) S. 631), nach §365 (in der Fassung des Antrags Nr. 2 Ziff. 21 von Struckmann) einen Paragraphen folgenden Inhalts einzufügen : Wer aus einem gegenseitigen Vertrag vorzuleisten verpflichtet ist, kann, wenn die Vermögensverhältnisse des anderen Theiles eine wesentliche, den Anspruch auf die Gegenleistung1 gefährdende Verschlechterung erlitten haben, die ihm obliegende Leistung so lange verweigern, bis die Gegenleistung bewirkt oder für deren Erfüllung Sicherheit bestellt wird. § 364 Satz 2 und Abs. 2 finden entsprechende Anwendung. Das Gleiche gilt, wenn schon vor Abschluß des Vertrages Umstände eingetreten waren, aus denen sich eine Gefährdung der Gegenleistung ergiebt, der zur Vorleistung verpflichtete Theil aber, trotz angewandter Sorgfalt (ohne Fahrlässigkeit) keine Kenntniß von diesen Umständen erhalten hat. Dazu wurde der Unterantrag gestellt, dem Abs. 2 folgende Fassung zu geben : Das Gleiche gilt, wenn die den Anspruch auf die Gegenleistung gefährdende Vermögenslage des anderen Theiles, ohne daß der zur Vorleistung verpflichtete Theil es wußte, schon zur Zeit der Schließung des Vertrags bestand und der andere Theil annehmen mußte, daß ersterer sich bei Kenntniß derselben zur Vorleistung nicht verpflichten würde. 1
In der met. Fassung des Antrags heißt es: „den Anspruch auf die Erfüllung der Gegenleistung . .
466
2. Titel: Gegenseitiger Vertrag
(§ 363)
Die Kom. nahm den Abs. 1 der in dem Antrag vorgeschlagenen Bestimmungen an, lehnte dagegen den Abs. 2 und den Unterantrag ab. II. In der VorlZust der Beschlüsse der 2. Kom. ist die dem Antrag Wolffson entsprechende Vorschrift in § 363 a enthalten. III. In der ZustRedKom hat die Vorschrift die Fassung: Wer aus einem gegenseitigen Vertrage vorzuleisten verpflichtet ist, kann, wenn E I-ZustRedKom nach Abschluß des Vertrags eine wesentliche, den Anspruch auf die Gegenleistung S 363a gefährdende Verschlechterung in den Vermögensverhältnissen des anderen Theiles eintritt, die ihm obliegende Leistung solange verweigern, bis die Gegenleistung bewirkt oder Sicherheit für sie geleistet wird. IV. Im E l l ist die Vorschrift in § 272 enthalten. Statt: „nach Abschluß des Vertrags" heißt es hier: „nach dem Abschlüsse des Vertrages". Im übrigen ist die Fassung unverändert. V. Im E II rev ist die Vorschrift in § 315 enthalten. Die Fassung entspricht der des § 321 BGB.
§363
Hat der Gläubiger eine ihm als Erfüllung angebotene Leistung als Erfüllung angenommen, so trifft ihn die Beweislast, wenn er die Leistung deshalb nicht als Erfüllung gelten lassen will, weil sie eine andere als die geschuldete Leistung oder weil sie unvollständig gewesen sei.
A. 1. Kommission I. 82. Sitzung vom 1. 5. 1882, Schriftführer Neubauer I Die Berathung des Theilentwurfes des Obligationenrechts, betreffend Rechte und Verpflichtungen aus Verträgen (N2 20), wurde fortgesetzt.
| Prot I 663
Zu § 6 des Entwurfes : „Hat ein Vertragschließender die ihm als Erfüllung angebotene Leistung als Erfüllung angenommen, so ist derselbe des Zurückbehaltungsrechts aus dem Grunde der Nichterfüllung des Vertrages seitens des anderen Theiles verlustig und kann derselbe nur noch die ihm wegen der Unvollständigkeit oder Mangelhaftigkeit der Leistung zustehenden sonstigen Ansprüche verfolgen." waren außer dem Antrage, den Paragraphen zu streichen, folgende Anträge gestellt:
TE-OR (Nr 20) S6
Windscheid (Nr 53, 2)
1. den § zu fassen : Kurlbaum „Hat der eine Vertragschließende die ihm als Erfüllung angebotene Leistung (Nr 49, 4) angenommen, so darf er die Gegenleistung auf Grund des § 4 wegen eines Mangels 467
(§ 363)
2. Abschnitt: Schuldverhältnisse aus Verträgen
I Prot I 664 der Leistung nicht mehr verweigern, vorbehaltlich der ihm wegen des | Mangels zustehenden Ansprüche. Ist die Mangelhaftigkeit der Leistung streitig, so hat der Annehmende den Mangel zu beweisen. v. Weber (Nr 48,5)
2. den § zu fassen: „Hat ein Vertragschließender die ihm als Erfüllung angebotene Leistung ohne Vorbehalt angenommen, und konnte er vor oder bei der Leistung die Beschaffenheit derselben untersuchen, so trifft ihn, wenn er Unvollständigkeit oder Mangelhaftigkeit der Leistung geltend macht, die Beweislast. Wegen Mangelhaftigkeit der Leistung steht ihm in diesem Falle ein Zurückbehaltungsrecht (§ 4) nicht zu, derselbe kann vielmehr nur die ihm deshalb zustehenden sonstigen Ansprüche verfolgen." Bei der Berathung des Entwurfs und der Anträge ergab sich eine Verschiedenheit der Ansichten, einerseits rücksichtlich der Nothwendigkeit oder Angemessenheit einer Vorschrift, wie sie der § 6 enthält, und andererseits im Falle der Bejahung dieser prinzipiellen Frage in Ansehung verschiedener, den Inhalt des § betreffenden Einzelheiten. Beschlossen wurde, zunächst die auf die letzteren sich beziehenden Differenzen zu erledigen, vorbehaltlich der demnächstigen Beschlußfassung, ob der S 6 in der Gestalt, wie er aus den vorausgegangenen Beschlüssen sich ergeben werde, aufzunehmen sei oder nicht. Anlangend jene Einzelheiten, so stellten sich folgende, der Entscheidung durch gesonderte Abstimmung bedürfende Fragen heraus :
1. Soll mit dem Entwürfe hervorgehoben werden, daß die Leistung nicht allein I Prot I 665 als Erfüllung an- | geboten, sondern auch als Erfüllung angenommen sein müsse? Die Frage wurde bejaht. 2. Soll bestimmt werden, daß der § keine Anwendung finde, wenn die Leistung nur mit Vorbehalt angenommen sei? Die Frage wurde verneint. 3. Soll bestimmt werden, daß der § keine Anwendung finde, wenn der Empfänger außerstande war, die Leistung bei der Annahme zu untersuchen? Auch diese Frage wurde verneint. 4. Soll der § auf den Fall der Mangelhaftigkeit der Leistung beschränkt und der Fall der Unvollständigkeit derselben übergangen werden? Es erfolgte die Bejahung dieser Frage. 5. Soll hervorgehoben werden, daß der Empfänger beweispflichtig sei? Die Frage wurde bejaht. 6. Soll bestimmt werden, daß der Empfänger unter Verlust der exceptio non impleti contractus auf die sonstigen Ansprüche beschränkt sei? Die Frage wurde gleichfalls bejaht. Sodann entschied die Mehrheit unter Ablehnung des Streichungsantrages, daß der § in der aus den vorstehenden Beschlüssen sich ergebenden Gestalt in das Gesetzbuch aufzunehmen sei. Die Beschlüsse beruhten auf folgenden Erwägungen : 1. Unverkennbar stehe eine Vorschrift von großer praktischer Wichtigkeit in I Prot I 666 Frage. Die Erfahrung lehre, wie häufig die Fälle seien, in | welchen der Beklagte, der die Leistung des Klägers angenommen habe, so daß dieser formell den Vertrag erfüllt habe, aus Schikane oder wegen Mangels bereiter Zahlungsmittel hinter der Einrede des nichterfüllten Vertrages Schutz suche, indem er Mangelhaftigkeit oder 468
2. Titel: Gegenseitiger Vertrag
(§ 363)
Fehlerhaftigkeit der Leistung rüge (exceptio non rite adimpleti contractus). Den hieraus entspringenden Uebelständen lasse sich nur abhelfen, wenn der Empfänger nicht allein für beweispflichtig erklärt, sondern ihm zugleich die Einrede des nicht erfüllten Vertrages schlechthin versagt werde. Man könne zugeben, daß eine derartige Bestimmung für manche Fälle, ζ. B. meist bei dem Specieskaufe, überflüssig sei, weil sie schon aus anderweiten Rechtsnormen sich ergebe, daß sie ferner immerhin insofern mißlich bleibe, als unter den betreffenden Voraussetzungen nicht selten noch weiterzugehen und ein Verzicht des Empfängers auf jede Art von Rüge anzunehmen sei. Allein bei der großen praktischen Wichtigkeit des Gegenstandes und da nach den gemachten Erfahrungen auf eine übereinstimmende Lösung der Hauptfrage in der Praxis nicht zu rechnen sei, bleibe nichts übrig, als dem Entwürfe zu folgen. Den Fall vorzubehalten, wenn der Empfänger sich erweislich geirrt habe, sei nicht angemessen, weil ein solcher Vorbehalt den praktischen Wert der Vorschrift zu sehr beeinträchtige. Der Paragraph beziehe sich übrigens keineswegs auch auf den Fall, wenn ein ganz anderer als der geschuldete Gegenstand geleistet sei, folglich auch nicht auf den Fall der Leistung ei- | ner mangelhaften und fehlerhaften Sache bei dem Genuskaufe, vorausgesetzt, daß später beschlossen werden möchte, bei dem Genuskaufe liege in der Leistung und Annahme einer mangelhaften und fehlerhaften Sache, obschon die gelieferte Sache der bedungenen Gattung angehöre, die Lieferung eines anderen, als des geschuldeten Gegenstandes.
| Prot I 667
2. Bedenklich sei es, den Fall der Annahme mit Vorbehalt auszunehmen. Lasse man einen allgemeinen Vorbehalt zu, so verliere die Vorschrift einen großen Theil ihrer praktischen Bedeutung. Beschränke man die Ausnahme auf einen speziellen, die Mängel und Fehler bezeichnenden Vorbehalt, wie dies als im Sinne des Antrags liegend bezeichnet wurde, so werde, wenn nicht eine protestatio facto contraria vorliege, eine Annahme als Erfüllung überhaupt zu verneinen sein. Um so angemessener müsse es erscheinen, mit dem Entwürfe von: „als Erfüllung angeboten und als Erfüllung angenommen" zu reden. Noch weniger rechtfertige sich die Ausnahme des Falles, wenn die Beschaffenheit der Leistung sich nicht untersuchen ließ. Es spreche gegen die Ausnahme gleichfalls der Grund, daß die Ausnahme den praktischen Wert der Vorschrift im erheblichsten Maße verringere, zugleich aber die Erwägung, daß der Empfänger die Leistung nicht eher als Erfüllung anzunehmen brauche, als nachdem er die erforderliche Untersuchung vorgenommen habe. Insofern der Antrag zu 2 das Verständniß zu- | lasse, daß die Regel des § nur | Prot I 668 gelten solle, wenn ohne Vorbehalt angenommen worden war und die Beschaffenheit der Leistung untersucht werden konnte, scheine der Antrag nicht gerechtfertigt. Sollte, wie der Antragsteller erläutert habe — was übrigens der Wortverstand nicht erkennen lasse —, damit zu bestimmen bezweckt sein, daß, wenn die als Erfüllung angebotene Leistung ohne Vorbehalt angenommen worden und die Untersuchung ihrer Beschaffenheit möglich war, die Folgerung gerechtfertigt sei, daß die Leistung auch als Erfüllung angenommen sei, so sei eine solche Bestimmung entbehrlich, weil die gedachte Folgerung sich regelmäßig nicht bestreiten lasse. 3. Der Paragraph dürfe auf den Fall der Unvollständigkeit der Leistung nicht erstreckt werden. So weit zu gehen, sei weder aus inneren Gründen noch aus Gründen eines praktischen Bedürfnisses zu rechtfertigen. Auch der Entwurf habe nach den Motiven eine solche Ausdehnung nicht bezweckt, sondern, wenn er von 469
(§ 363)
2. Abschnitt: Schuldverhältnisse aus Verträgen
Unvollständigkeit rede, nur vorsorglich zugleich die Fälle treffen wollen, in welchen nach den besonderen Umständen sich die Unvollständigkeit als Mangelhaftigkeit oder Fehlerhaftigkeit charakterisire. Eine solche Vorsorge sei aber entbehrlich. Zu § 6 ist also sachlich beschlossen: „Hat ein Vertragschließender die als Erfüllung angebotene Leistung als ErfülI Prot I 669 lung angenommen, so kann er auf Grund der Mangelhaftigkeit der Leistung | wegen Nichterfüllung des Vertrags die Gegenleistung nicht verweigern, sondern nur die ihm sonst zustehenden Ansprüche geltend machen. Auch ist er in Ansehung der behaupteten Mangelhaftigkeit beweispflichtig."
ZustOR S 68
II. In der ZustOR hat die beschlossene Vorschrift als § 68 die Fassung: Hat ein Vertragschließender die ihm als Erfüllung angebotene Leistung als Erfüllung angenommen, so kann er auf Grund der Mangelhaftigkeit der Leistung nicht wegen Nichterfüllung des Vertrages die Gegenleistung verweigern, sondern nur noch die ihm sonst zustehenden Ansprüche geltend machen. Auch ist er in Ansehung der behaupteten Mangelhaftigkeit beweispflichtig. III. Im KE ist § 68 ZustOR in unveränderter Fassung in § 364, im E I in § 367 enthalten.
B. Vorkommission des Reichsjustizamtes I. Beantragt war den § 367 zu fassen: Planck (Nr 6, 6)
1. Hat . . . als Erfüllung angenommen, so kann er auf Grund der Vorschriften der §§ 362 bis 364 die Gegenleistung nicht verweigern, sondern nur noch die ihm wegen Mängel der Leistung zustehenden Rechte geltend machen. Auch ist er in Ansehung der behaupteten Mangelhaftigkeit beweispflichtig.
Jacubezky (Nr 5, 13 S d)1
2. Hat ein Theil die ihm als Erfüllung angebotene Leistung als Erfüllung angenommen, so kann er wegen Mangelhaftigkeit der Leistung die Gegenleistung nicht gemäß § b sondern nur nach Maßgabe der Vorschriften über die ihm zustehenden sonstigen Rechte verweigern. II. 59. Sitzung vom 6. 10. 1891
I Zu Satz 1 des § 367 hielt man es gegenüber der zu Zweifeln Anlaß gebenden Fassung des Entw. für erforderlich, klarzustellen, daß die Vorschrift des Entw. dem Empfänger nur die exceptio non adimpleti contractus, nicht aber das Recht entziehen wolle, die ihm wegen Mängel der Leistung zustehenden Rechte auch einredeweise geltend zu machen. Der Satz 2 des § 367 wurde als entbehrlich gestrichen. Der § 367 erhielt nachstehende Fassung: Hat ein Theil . . . als Erfüllung angenommen, so kann er auf Grund der Vorschriften der §§ 362 bis 364 die Gegenleistung nicht verweigern, sondern nur noch I ProtRJA 333 die ihm wegen Mängel | der Leistung zustehenden Rechte geltend machen.
I ProtRJA 332
1
Zu der Stellung des § d im Antrag Jacubezky s. bei §§ 320, 322 BGB N. 10.
470
2. Titel: Gegenseitiger Vertrag
(§ 363)
C. 2. Kommission (Prot. II, Bd. 2, S. 636; Mugdan, Bd. 2, S. 637) I. Zu § 367 lagen die Anträge vor: 1. die Bestimmungen des Entw. durch folgende Vorschriften zu ersetzen: Struckmann W e r bei einem gegenseitigen Vertrage die ihm als Erfüllung angebotene Lei- (Nr 2, 23) stung als Erfüllung angenommen hat, kann wegen Mangelhaftigkeit der Leistung 2 auf Grund der Vorschriften der §§ 362 bis 364 die Gegenleistung nicht verweigern, sondern nur noch die ihm wegen Mängel der Leistung zustehenden Rechte geltend machen. 2. die Vorschrift zu fassen: Das Recht, auf Grund der Vorschriften der §§ 362 bis 364 die Gegenleistung zu verweigern, erlischt, wenn der Berechtigte die ihm als Erfüllung angebotene Leistung als Erfüllung annimmt;
Jacubezky (Nr 60, 4)
3. dem z u § § 364, 365 gestellten und unter 3 a mitgeteilten Antrag entsprechend den § 367 in den § 364 einzufügen, und zwar durch Einschaltung des Satzes: Diese Befugniß ist nicht vorhanden, wenn der Beklagte eine ihm als Erfüllung angebotene Leistung ohne Vorbehalt angenommen hat; 4. die Bestimmungen des Entw. ersatzlos zu streichen;
v. Mandry (Nr 70, 3 b)
5. von diesen Bestimmungen a) den Satz 1 zu streichen, b) den Satz 2 durch folgende Vorschrift zu ersetzen: W e r eine Leistung als die ihm geschuldete angenommen hat, muß, wenn er nachträglich behauptet, daß die Leistung eine andere als die geschuldete oder daß sie unvollständig oder mangelhaft gewesen sei, den bezüglichen Beweis führen, und der RedKom zu überlassen, die Vorschrift eventuell an einer anderen Stelle unterzubringen. Nachdem im Laufe der Beratung der Antrag 3 zugunsten des Antrags 5 zurückgezogen worden war, beschloß die Kom. unter Ablehnung der Anträge 1 , 2 , 4 die Annahme des Antrags 5. II. In der VorlZust der Beschlüsse der 2. Kom. lautet § 367: Wird eine von dem Schuldner als Erfüllung angebotene Leistung, von dem Gläubiger als Erfüllung angenommen, so liegt dem letzteren der Beweis ob, wenn er behauptet, daß die Leistung eine andere als die geschuldete oder daß sie unvollständig oder mangelhaft gewesen sei.
E I-VorlZust S 367
Dazu ist in einer Fußnote angemerkt: Es wird vorgeschlagen, diese Vorschrift als § 263 a einzustellen. III. In der ZustRedKom ist zu § 367 bemerkt: Hinter ξ 263 3 wird folgende Vorschrift eingestellt: § 263 a (367): H a t der Gläubiger eine ihm als Erfüllung angebotene Leistung als Erfüllung E I-ZustRedKom angenommen, so liegt ihm, wenn er behauptet, daß die Leistung eine andere als die § 263 a (367) geschuldete oder daß sie unvollständig gewesen sei, der Beweis dieser Behauptung ob. 2 3
Die Worte „wegen Mangelhaftigkeit der Leistung" fehlen in der met. Fassung des Antrags. $ 263 E I-ZustRedKom entspricht § 362 BGB. 471
§§ 325—327
2. Abschnitt: Schuldverhältnisse aus Verträgen
IV. Im Ell hat § 263 (367) E I-ZustRedKom als § 312 die Fassung: H a t der Gläubiger eine ihm als Erfüllung angebotene Leistung als Erfüllung angenommen, so trifft ihn die Beweislast, wenn er die Leistung nicht als Erfüllung gelten lassen will, weil sie eine andere als die geschuldete oder weil sie unvollständig gewesen sei. V. Im E II rev ist die Vorschrift in § 357 enthalten. Sie hat hier die in § 363 BGB Gesetz gewordene Fassung.
§§ 323, 324 Die Materialien zu den §§ 323, 324 sind bei § 275 mitgeteilt.
§325 Wird die aus einem gegenseitigen Vertrage dem einen Theile obliegende Leistung in Folge eines Umstandes, den er zu vertreten hat, unmöglich, so kann der andere Theil Schadensersatz wegen Nichterfüllung verlangen oder von dem Vertrage zurücktreten. Bei theilweiser Unmöglichkeit ist er, wenn die theilweise Erfüllung des Vertrags für ihn kein Interesse hat, berechtigt, Schadensersatz wegen Nichterfüllung der ganzen Verbindlichkeit nach Maßgabe des § 280 Absatz 2 zu verlangen oder von dem ganzen Vertrage zurückzutreten. Statt des Anspruchs auf Schadensersatz und des Rücktrittsrechts kann er auch die für den Fall des § 323 bestimmten Rechte geltend machen. Das Gleiche gilt in dem Falle des § 283, wenn nicht die Leistung bis zum Ablaufe der Frist bewirkt wird oder wenn sie zu dieser Zeit theilweise nicht bewirkt ist.
§326 Ist bei einem gegenseitigen Vertrage der eine Theil mit der ihm obliegenden Leistung im Verzuge, so kann ihm der andere Theil zur Bewirkung der Leistung eine angemessene Frist mit der Erklärung bestimmen, daß er die Annahme der Leistung nach dem Ablaufe der Frist ablehne. Nach dem Ablaufe der Frist ist er berechtigt, Schadensersatz wegen Nichterfüllung zu verlangen oder von dem Vertrage zurückzutreten, wenn nicht die Leistung rechtzeitig erfolgt ist; der Anspruch auf Erfüllung ist ausgeschlossen. Wird die Leistung bis zum Ablaufe der Frist theilweise nicht bewirkt, so findet die Vorschrift des § 325 Absatz 1 Satz 2 entsprechende Anwendung. Hat die Erfüllung des Vertrags in Folge des Verzugs für den anderen Theil kein Interesse, so stehen ihm die im Absatz 1 bezeichneten Rechte zu, ohne daß es der Bestimmung einer Frist bedarf. 472
2. Titel: Gegenseitiger Vertrag
§§ 325-327
§ 327 Auf das in den §§325, 326 bestimmte Rücktrittsrecht finden die für das vertragsmäßige Rücktrittsrecht geltenden Vorschriften der §§ 346 bis 356 entsprechende Anwendung. Erfolgt der Rücktritt wegen eines Umstandes, den der andere Theil nicht zu vertreten hat, so haftet dieser nur nach den Vorschriften über die Herausgabe einer ungerechtfertigten Bereicherung. Vorbemerkung: Die §§ 325, 326, 327 BGB sind auf die im folgenden wiederzugebende Weise hervorgegangen aus § 369 E I (KE § 366). Die Bestimmungen dieser Paragraphen gehen zurück auf die in der ZustOR in §§ 187 Abs. 2, 188 und 194 enthaltenen Beschlüsse der 1. Kom.
A. 1. Kommission I., II. Die Fassung des § 187 Abs. 2 ZustOR und die zugrundeliegenden Beratungen sind wiedergegeben bei § 280 BGB die Fassung des § 188 ZustOR und die zugrundeliegenden Beratungen bei § 283 BGB, zu § 194 ZustOR s. bei § 286 BGB. Bei der Beratung der Vorschriften über den Rücktritt wurde der bei den Materialien zum Rücktritt (vor § 346 BGB) wiedergegebene Antrag betreffend die Änderung der Zitierung angenommen (Prot. I 1916, 1922). In Ergänzung des Antrags betr. die Ordnung der gefaßten Beschlüsse wurde zu § 187 Abs. 2 die folgende Fassung beantragt (Nr. 555 und 559, 2): Kurlbaum § b (187 Abs. 2)1 „Ist die Leistung aus einem gegenseitigen Vertrage in Folge eines von dem Schuldner zu vertretenden Umstandes unmöglich geworden, so hat der Gläubiger die Wahl, Schadensersatz wegen Nichterfüllung zu fordern oder vom Vertrage zurückzutreten. Ist die Leistung nur theilweise unmöglich geworden, so steht dem Gläubiger das Rücktrittsrecht nur dann zu, wenn der noch mögliche Theil der Leistung für ihn kein Interesse hat. Das Gleiche gilt in dem in § 188 bezeichneten Falle so wie dann, wenn die Leistung in Folge des Verzugs des Schuldners für den Gläubiger kein Interesse hat. Auf das Rücktrittsrecht finden die §§ 54 — 59, 60 a entsprechende Anwendung."
(Nr 555)
Der Antrag wurde gebilligt (Prot. I 3260). Auf einen weiteren Antrag wurde beschlossen, im (1. und) 2. Absatz des § 187 v. Weber 2 statt „der noch mögliche Theil der Leistung" zu setzen „der nicht unmöglich ge- ( N r 56l) wordene Theil der Leistung" (Prot. I 3266, 3274). III., IV. Die nach diesen Änderungen im KE in § 366 und im EI in § 369 enthaltene Vorschrift lautet: Ist die Leistung zu einem gegenseitigen Vertrage in Folge eines von dem KE § 366 Schuldner zu vertretenden Umstandes unmöglich geworden, so hat der Gläubiger E I S 369 die Wahl, Schadensersatz wegen Nichterfüllung zu fordern oder von dem Vertrage zurückzutreten. 1 2
ξ a dieses Antrags s. bei § 275 BGB. S. den Wortlaut dieses Antrags s. bei § 280 Abs. 2 BGB. 473
§ § 325—327
2. Abschnitt: Schuldverhältnisse aus Verträgen
Ist die Leistung nur theilweise unmöglich geworden, so steht dem Gläubiger das Rücktrittsrecht nur dann zu, wenn der nicht unmöglich gewordene Theil der Leistung für ihn kein Interesse hat. Das Gleiche gilt in dem in § 243 (KE § 241) bezeichneten Falle sowie dann, wenn die Leistung in Folge des Verzuges des Schuldners für den Gläubiger kein Interesse hat. Auf das Rücktrittsrecht finden die Vorschriften der §§421 bis 431, 433 (KE §§ 423 — 428, 430) entsprechende Anwendung.
B. Vorkommission des Reichsjustizamtes I. Beantragt war: Struckmann (Nr 1, 103)
1. Den § 369 durch folgende Bestimmungen zu ersetzen: § 369. Ist die Leistung aus einem gegenseitigen Vertrage in Folge eines von dem Schuldner zu vertretenden Umstandes ganz oder theilweise unmöglich geworden oder ist der Schuldner in Verzug gekommen, so hat der Gläubiger die Wahl, seine Rechte aus dem Vertrage geltend zu machen oder von dem Vertrage zurückzutreten. Das Rücktrittsrecht steht jedoch dem Gläubiger im Falle der nur theilweisen Unmöglichkeit der Leistung oder im Falle des Verzuges des Schuldners nur dann zu, wenn im ersteren Falle der nicht unmöglich gewordene Theil der Leistung, im letzteren Falle in Folge des Verzuges die Leistung kein Interesse mehr für den Gläubiger hat. Auf das Rücktrittsrecht finden die für das vertragsmäßige Rücktrittsrecht geltenden Vorschriften der §§ 426 bis 433 (der Neufassung; vergi, unten Nr. 114 — 119) entsprechende Anwendung. § 369 a. Die Vorschriften des § 369 finden entsprechende Anwendung, wenn im Falle des § 243 der Schuldner die Leistung innerhalb der Frist nicht oder nur theilweise bewirkt hat.
Jacubezky (Nr 5, 13 Se)
Planck (Nr 6, 8)
2. Die §§ 368, 369 durch den folgenden § e zu ersetzen 3 : Wird die aus einem gegenseitigen Vertrage dem Schuldner obliegende Leistung unmöglich, so hat im Falle der gänzlichen Unmöglichkeit der Schuldner kein Recht auf die Gegenleistung, im Falle der nur theilweisen Unmöglichkeit der Gläubiger das Recht, die Gegenleistung verhältnißmäßig nach Maßgabe des § 392 zu mindern. Das Recht des Gläubigers, nach Maßgabe der §§ 240, 242 Schadensersatz wegen Nichterfüllung zu fordern, bleibt unberührt. Der Schuldner behält das Recht auf die Gegenleistung, wenn der Gläubiger u.s.w. wie im § 368 Absatz 3. Ist die Leistung in Folge u.s.w. wie im § 368 Absatz 2. 3. Den letzten Absatz des § 369 zu fassen: Auf das Rücktrittsrecht finden die für den Fall des vertragsmäßigen Rücktrittsrechts geltenden Vorschriften der §§426 bis 431 und 433 entsprechende Anwendung. 3 § 368 E I s. bei § 275 BGB.
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2. Utel: Gegenseitiger Vertrag
§§ 325-327
II. 60. Sitzung vom 8. 10. 1891 I Der § 369 Abs. 1 wurde sachlich gebilligt, doch hielt man es für geboten, im | ProtRJA 337 Falle der verschuldeten theilweisen Unmöglichkeit dem Gläubiger auch die ihm für den Fall der zufälligen theilweisen Unmöglichkeit nach § 368 Abs. 1 zustehenden Rechte, verhältnißmäßige Minderung der Gegenleistung zu verlangen, bezw. die bereits erfolgte Gegenleistung nach Verhältniß zurückzufordern, beizulegen, da der Schuldner, falls die Unmöglichkeit auf einem von ihm zu vertretenden Umstände beruhe, nicht besser gestellt sein dürfe, als im Falle der zufälligen Unmöglichkeit. Von praktischer Bedeutung könne dies sein, wenn der Gläubiger ζ. B. zu theuer gekauft habe und deshalb der Betrag des Schadensersatzanspruchs geringer sei, als der auf Grund der Minderung von dem Kaufpreise abzuziehende Betrag. Der Abs. 2 wurde, insoweit er für den Fall des § 243 die Nichtleistung oder nur theilweise Leistung innerhalb der gestellten Frist der durch den Schuldner verschuldeten Unmöglichkeit gleichstellt, ebenfalls gutgeheißen. Dagegen wurde der im Abs. 2 behandelte Fall des Schuldnerverzugs in einen besonderen § 369 a verwiesen und dort zufolge dem in der letzten Sitzung bei Berathung des § 361 gefaßten Beschlüsse (Prot. S. 329, 330) 4 im Anschlüsse an Art. 355, 356 H.G.B, besonders geregelt. Eine Ausnahme von dieser Regelung soll beim Kaufe bestimmt werden, so daß ein Rücktrittsrecht dort dem Verkäufer wegen Verzugs des Käufers nicht mehr zustehen soll, wenn er die Leistung bereits bewirkt hat. Diese Ausnahme erschien wünschenswert, um nicht in Widerspruch mit dem Handelsgesetzbuche Art. 354 zu gerathen. | Im Uebrigen soll bei gegenseitigen Verträgen folgende Re- | ProtRJA 338 gelung eintreten: Der Gläubiger ist berechtigt, bei Verzug des Schuldners diesem eine angemessene Frist zur nachträglichen Bewirkung der Leistung zu setzen. Erfolgt die Leistung nicht innerhalb der Frist, so kann der Gläubiger, unbeschadet seines Rechts, Erfüllung und Schadensersatz wegen verspäteter Erfüllung zu fordern, statt der Erfüllung Schadensersatz wegen Nichterfüllung fordern oder von dem Vertrage zurücktreten. Einer Fristbestimmung soll es jedoch nicht bedürfen, wenn die Leistung in Folge des Verzugs für den Gläubiger kein Interesse mehr hat. Ist die Leistung innerhalb der Frist nur theilweise nicht bewirkt, so sollen die Vorschriften des § 247 Abs. 2 und des § 369 Abs. 1 Satz 2 entsprechende Anwendung finden. Eine Anzeigepflicht des Gläubigers nach Maßgabe des Art. 356 des H.G.B, hielt man mit Rücksicht darauf nicht für erforderlich, daß dem Schuldner nach dem im § 247 Abs. 2 für entsprechend anwendbar erklärten und zu Abs. 3 des § 369 des Entw. für entsprechend anwendbar zu erklärenden § 432 des Entw. das Recht gewährt werden soll, dem Gläubiger eine angemessene Frist zur Erklärung darüber zu setzen, ob er statt der Erfüllung Schadensersatz wegen Nichterfüllung verlangen bezw. von dem Vertrage zurücktreten wolle. Durch diese Art der Regelung erledige sich das Bedenken, daß der Gläubiger nach dem Entw. während der ganzen Verjährungszeit die Wahl unter den verschiedenen ihm zustehenden Rechten habe. Der Abs. 3 des § 369 wurde entsprechend der Neugestaltung des § 361 Abs. 2 abgeändert (Prot. S. 328)5. Der § 361 Abs. 1 soll jedoch an den § 369 a wegen des Rücktrittsrechts als eine gemeinschaftliche Regel für die Fälle der §§ 369 bis 369 b als § 369 c angeschlossen werden. | Die Fassung der §§ 369 bis 369 c blieb bis zur nächsten Sitzung vorbehal- | ProtRJA 339 ten. 4
S. bei § 361 BGB. 5 S. bei § 361 BGB.
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§ § 325—327
2. Abschnitt: Schuldverhältnisse aus Verträgen
61. Sitzung vom 9. 10. 1891 I ProtRJA 341
11. Die Fassung der §§ 369 bis 369 c wurde wie folgt festgestellt: § 369. „Ist die Leistung aus einem gegenseitigen Vertrage in Folge eines von dem Schuldner zu vertretenden Umstandes ganz oder theilweise unmöglich geworden, so hat der Gläubiger die Wahl, Schadensersatz wegen Nichterfüllung nach Maßgabe des § 238 Abs. 3 und des § 242 zu verlangen oder von dem Vertrage zurückzutreten oder die im § 368 bezeichneten Rechte geltend zu machen. Das Rücktrittsrecht steht jedoch dem Gläubiger im Falle der nur theilweisen Unmöglichkeit nur dann zu, wenn der nicht unmöglich gewordene Theil der Leistung für ihn kein Interesse hat. Das Gleiche gilt, wenn im Falle des § 243 der Schuldner die Leistung innerhalb der Frist nicht oder nur theilweise bewirkt hat."
§ 369 a. „Ist bei einem gegenseitigen Vertrage der Schuldner in Verzug gekommen, so ist der Gläubiger berechtigt, ihm eine angemessene Frist zu bestimmen. Erfolgt die Leistung innerhalb der Frist nicht, so ist der Gläubiger berechtigt, Schadensersatz wegen Nichterfüllung zu verlangen oder von dem Vertrage zurückzutreten. Hat die Leistung in Folge des Verzugs für den Gläubiger kein Interesse, so I ProtRJA 342 bedarf es nicht der Be-1 Stimmung einer Frist. Ist die Leistung innerhalb der Frist nur theilweise bewirkt, so finden die Vorschriften des § 247 Abs. 2 und des § 369 Abs. 1 Satz 2 Anwendung." (Es ist in Aussicht genommen, in den Abschnitt über Kauf folgende Vorschrift aufzunehmen: „Dem Verkäufer steht das im § 369 a bestimmte Rücktrittsrecht nur dann zu, wenn er die ihm obliegende Leistung noch nicht bewirkt hat.") § 369 b. (§361). „Ergiebt sich aus dem Vertrage, daß die Leistung des einen Theiles genau zu einer festbestimmten Zeit oder binnen einer festbestimmten Frist erfolgen soll, so ist, wenn die Leistung nicht zu der bestimmten Zeit oder binnen der bestimmten Frist erfolgt, der andere Theil berechtigt, von dem Vertrage zurückzutreten oder seine Rechte aus dem Vertrage geltend zu machen." § 369 c. „Auf das in den §§ 369 bis 369 b bestimmte Rücktrittsrecht finden die für das vertragsmäßige Rücktrittsrecht geltenden Vorschriften der §§ 426 bis 432 entsprechende Anwendung."
C. 2. Kommission (Prot. II, Bd. 1, S. 639 ff, Mugdan, Bd. 2, S. 639 ff) I. Zu § 369 Abs. 1 lagen die Anträge vor: Struckmann (
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1. den Abs. 1 durch folgende Vorschriften zu ersetzen: Ist die Leistung aus einem gegenseitigen Vertrag in Folge eines von dem Schuldner zu vertretenden Umstandes ganz oder theilweise unmöglich geworden, so hat der Gläubiger die Wahl, Schadensersatz wegen Nichterfüllung nach Maßgabe des § 238 Abs. 3 und des § 242 zu verlangen oder von dem Vertrage zurückzutreten oder die im § 368 bezeichneten Rechte geltend zu machen. Das Rücktrittsrecht steht jedoch dem Gläubiger im Falle der nur theilweisen Unmöglichkeit nur dann zu, wenn der nicht unmöglich gewordene Theil der Leistung für ihn kein Interesse hat. 476
2. Titel: Gegenseitiger Vertrag
j 325-327
2. den § 369 in Konsequenz des bei § 275 BGB mitgeteilten Antrags (Nr 60, 5) Jacubezky (Nr 60, 6) zu streichen 6 . Die Kom. nahm den § 369 Abs. 1 in der Fassung des Antrags 1 an. Es folgte nunmehr die Beratung des § 361. Nachstehende Anträge lagen vor: 1. die Bestimmungen so zu gestalten: a) den § 361 Abs. 1 in folgender Fassung als § 369b hinter § 369a zu versetzen: Struckmann Ergiebt sich aus einem gegenseitigen Vertrage, daß die Leistung des einen (Nr 2, 18) Theils genau zu einer festbestimmten Zeit oder binnen einer festbestimmten Frist 7 bewirkt werden soll, so ist, wenn die Leistung nicht zu der bestimmten Zeit oder binnen der bestimmten Frist erfolgt, der andere Theil berechtigt, von dem Vertrage zurückzutreten oder seine Rechte aus dem Vertrage geltend zu machen. Struckmann b) an Stelle des § 361 Abs. 2 und des § 369 Abs. 3 als § 369c zu bestimmen: Auf das in den §§ 369 bis 369 b bestimmte Rücktrittsrecht finden die für das (Nr 2, 25) vertragsmäßige Rücktrittsrecht geltenden Vorschriften der §§ 426 bis 433 entsprechende Anwendung. Planck 2. dem § 361 in der Fassung des Antrags 1 hinzuzusetzen: Ist der Schuldner im Verzuge, so kann er (der andere Theil) sofort Schadenser- (Nr 65) satz wegen Nichterfüllung verlangen. Der Schuldner ist berechtigt, von ihm eine Erklärung zu verlangen, ob er auf Erfüllung noch bestehe. Erklärt er dies innnerhalb der ihm von dem Schuldner gesetzten Frist nicht, so ist er nicht mehr berechtigt, die Erfüllung zu verlangen.
3. den § 361 in der Fassung des Entw. anzunehmen, dem Abs. 1 aber den Satz Gebhard (Nr 63) anzufügen : Will der wahlberechtigte Theil auf der Erfüllung bestehen, so muß er dies nach Ablauf der Zeit oder der Frist dem anderen Theile unverzüglich anzeigen; unterläßt er die Anzeige, so kann er später nicht auf der Erfüllung bestehen. (Vergi. H.G.B. Art. 357) 4. dem § 361 als Abs. 3 hinzuzufügen: Dem Rücktritte steht es gleich, wenn er nach Empfang einer Aufforderung des anderen Theils nicht binnen zwei Wochen erklärt, daß er seine Rechte aus dem Vertrage geltend machen wolle (oder: daß er auf Erfüllung bestehen wolle). Vergi. H.G.B. Art. 357 Abs. 1«;
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In der met. Fassung heißt es: Der § 369 (Antrag 2 Nr. 25) soll gestrichen werden." In der met. Fassung heißt es statt „Frist" „Zeit". Die metallographische Fassung des Antrags enthält die folgenden Motive: Der Gegner des Wahlberechtigten kann verlangen, daß er nicht bis zum Ablaufe der Verjährungsfrist in Ungewißheit gelassen werde, ob der Andere die Leistung noch haben will oder nicht; vgl. Laband zu §§ 360 und 361. Das hier vorgeschlagene Mittel, sich Gewißheit zu verschaffen, entspricht demjenigen, welches die Kommission bereits in § 69 a (Beschlüsse der RedKom) beschlossen hat. Von Labands Vorschlag und dem Art. 357 S. 1 des Handelsgesetzbuches unterscheidet sich der obige Antrag dadurch, daß er eine dem Schweigen vorhergegangene Aufforderung voraussetzt und eine Frist gewährt.
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ν Cuny (Nr 62, 2)
§§325-327 Wolffson (Nr 56, 1)
2. Abschnitt: Schuldverhältnisse aus Verträgen
5. den unter 1 vorgeschlagenen Bestimmungen folgende Zusätze zu geben:
a) dem § 361 (369 b): Verlangt der Gläubiger nachträgliche Erfüllung, so hat er dies unverzüglich nach Ablauf der Zeit dem Schuldner anzuzeigen; unterläßt er dies, so kann er später nicht auf der Erfüllung bestehen. Wolffson b) dem § 369 c: (Nr 56, 2) jedoch unter Wegfall der Verpflichtung zur Verzinsung einer zurückzugewährenden Geldsumme und zur Ersatzleistung für nicht gezogene Nutzungen. 6. Zu den Anträgen 1,2: Jacubezky a) den § 361 mit den unter 2 vorgeschlagenen Zusätzen anzunehmen, denselben (Nr 66, 1) jedoch unmittelbar vor § 369 a einzustellen; Jacubezky (Nr 66, 5)
b) den unter 1 beantragten § 369 c 9 durch folgende Vorschriften zu ersetzen: Auf das in den §§ 361, 369 a bestimmte Rücktrittsrecht finden die für das vertragsmäßige Rücktrittsrecht geltenden Vorschriften der §§ 426 bis 431, 433 und in den Fällen des § 369 a Abs. 2 auch die Vorschriften des § 432 entsprechende Anwendung. Der Schuldner haftet jedoch wegen der empfangenen Gegenleistung nur nach den Vorschriften einer ungerechtfertigten Bereicherung. Der Antrag 4 wurde im Laufe der Berathung zu Gunsten des Antrags 2 zurückgezogen. Der Antragsteller zu 5 erklärte, seinen dem § 369 c des Antrags 1 b zustimmenden Vorschlag dahin modifiziren zu wollen, daß in dem Zitat der § 432, welcher die Ausübung des Rücktrittsrechts zeitlich begrenze, fortfallen solle. Die Kom. beschloß den Abs. 1 des § 361 in der Fassung des Antrags 1 mit den im Antrage 2 vorgeschlagenen Zusätzen anzunehmen. Zu § 369 Abs. 2 lagen folgende Anträge vor:
Struckmann (Nr 2, 25)
1. als § 369 a zu bestimmen : Ist bei einem gegenseitigen Vertrage der Schuldner in Verzug gekommen, so ist der Gläubiger berechtigt, ihm eine angemessene Frist zur Bewirkung der Leistung zu bestimmen. Erfolgt die Leistung innerhalb der Frist nicht, so ist der Gläubiger berechtigt, Schadensersatz wegen Nichterfüllung zu verlangen oder von dem Vertrage zurückzutreten. Hat die Leistung in Folge des Verzugs für den Gläubiger kein Interesse, so bedarf es nicht der Bestimmung einer Frist. Ist die Leistung innerhalb der Frist nur theilweise nicht bewirkt, so finden die Vorschriften des § 247 Abs. 2 und des § 369 Abs. 1 Satz 2 Anwendung 10 .
Wolffson (Nr 56, 1)
2. den § 369a zu fassen: Ist der Schuldner im Verzuge, so hat der Gläubiger die Wahl, ob er Erfüllung nebst Schadensersatz wegen verspäteter Erfüllung oder statt der Erfüllung Schadensersatz wegen Nichterfüllung verlangen oder von dem Vertrage zurücktreten will. 9
In der met. Fassung heißt es „§ 369 a", was ein Versehen sein dürfte. In einer Anm. zu dem Antrage haue der Antragsteller für den Abschnitt über den Kauf folgende Vorschrift in Aussicht genommen: Dem Verkäufer steht das im § 369 bestimmte Rücktrittsrecht wegen Verzugs des Käufers nur dann zu, wenn er die ihm obliegende Leistung noch nicht bewirkt hat.
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2. Titel: Gegenseitiger Vertrag
§§ 325-327
Will der Gläubiger statt der Erfüllung Schadensersatz wegen Nichterfüllung verlangen oder von dem Vertrage zurücktreten, so muß er dies dem Schuldner anzeigen und ihm dabei noch eine angemessene Frist zur Nachholung des Versäumten gewähren. Hat die Leistung . . . (wie im Antrag 1). 3. dem § 369a folgende Fassung zu geben: Jacubezky Ist in einem gegenseitigen Vertrage die Zeit der Leistung nicht in der im § 361 (Nr 66, 2) bezeichneten Weise bestimmt, so ist der Gläubiger berechtigt, dem Schuldner für die Bewirkung der Leistung eine angemessene Frist mit der Androhung zu bestimmen, daß er, wenn die Leistung nicht binnen der bestimmten Frist erfolgt, dieselbe nicht mehr annehmen werde. Erfolgt die Leistung nicht binnen der bestimmten Frist, so finden die Vorschriften des § 361 Anwendung. Hat die Leistung in Folge des Verzuges des Schuldners für den Gläubiger kein Interesse, so ist der Gläubiger berechtigt, ohne Bestimmung einer Frist von dem Vertrage zurückzutreten. Das Gleiche gilt, wenn die Leistung theilweise unmöglich geworden ist und der Gläubiger an dem möglich gebliebenen Theile derselben kein Interesse hat. 4. sofern nicht der § 369 a auf den Fall des Verzugs beschränkt bleiben soll, die v. Mandry Voraussetzungen der Vorschrift im Anschluß an den Antrag 3 dahin zu bestimmen: (Nr 77, 1) Ist in einem gegenseitigen Vertrage die Zeit der Leistung nicht in der im § 361 bezeichneten Weise bestimmt und wird die Leistung nicht in dem Zeitpunkte (oder binnen der Frist) gemacht, in welchem (oder binnen welcher) der Gläubiger solche erwarten konnte, so ist der letztere 11 berechtigt. . . oder: Ist. . . bestimmt und wird die Leistung nicht rechtzeitig bewirkt, so ist der Gläubiger berechtigt. . . 5. im Anschluß an den Abs. 1 des § 369 (als Abs. 2 der oben mitgetheilten Fas- Struckmann sung) zu bestimmen: (Nr 2, 25) Das Gleiche gilt, wenn im Falle des § 243 der Schuldner die Leistung innerhalb der Frist nicht oder nur theilweise bewirkt hat. a) Die Berathung wurde zunächst auf den in den Anträgen 1 bis 4 behandelten Fall des Verzugs des Schuldners beschränkt. Nach dem Entw. hat der Gläubiger im Falle des Verzugs das Recht, neben nachträglicher Erfüllung Schadensersatz wegen verspäteter Erfüllung zu verlangen (§ 247 Abs. 1). Das Recht, Schadensersatz wegen Nichterfüllung zu verlangen oder von dem Vertrage zurückzutreten, giebt der Entw. dem Gläubiger, abgesehen vom Falle des § 243, also nach Erwirkung eines rechtskräftigen Unheils, nur, wenn die Leistung in Folge des Verzugs für ihn kein Interesse hat (§ 247 Abs. 2). Dies gilt auch bei gegenseitigen Verträgen (§ 369 Abs. 2). Dagegen wollen die Anträge 1 und 2 bei gegenseitigen Verträgen im Anschluß an das H.G.B. Art. 354 bis 356 dem Gläubiger beim Verzuge des andern Theils das Wahlrecht zwischen Schadensersatz wegen Nichterfüllung und Rücktritt auch dann gewähren, wenn letzterer eine ihm von dem Gläubiger gestellte angemessene Nachfrist versäumt. Der Antrag 3 geht noch weiter. Er läßt das Erforderniß des Verzugs, welches ein Verschulden des Schuldners voraussetzt 11
Die metallographische Fassung endet hier; der Anfang lautet: „Für den Fall, daß beschlossen werden sollte, die Vorschrift des § 369 a nicht bloß für den Fall des Verzuges zu geben, die Voraussetzungen der Vorschrift im Anschlüsse an Nr. 66 dahin zu bestimmen".
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§§ 325-327
2. Abschnitt: Schuldverhältnisse aus Verträgen
(§ 246), fallen und gewährt dem Gläubiger das Rücktrittsrecht auch dann, wenn die Leistung durch einen von dem Schuldner nicht zu vertretenden Umstand verzögert wird. Der Antrag 4 bezweckt eine, von dem Antragsteller zu 3 gebilligte, redaktionelle Verdeutlichung des Antrags 3 dahin, daß die Fristsetzung erst zulässig sein soll, wenn die Fälligkeit der Forderung eingetreten ist. Die Kom. entschied sich für den in den Anträgen 1 und 2 eingenommenen Standpunkt, lehnte dagegen den weitergehenden Vorschlag des Antrags 3 ab, wodurch der Antrag 4 sich erledigte. b) Die Kom. erörterte sodann die Frage, welche Rechtsfolgen eintreten sollen, wenn die Leistung innerhalb der von dem Gläubiger gesetzten angemessenen Frist nicht erfolge. Der Antrag 3 (Abs. 1 Satz 2) wollte die Vorschriften über das Fixgeschäft (§361) zur Anwendung bringen. Der Antrag stand in engem Zusammenhange mit dem in der Hauptfrage von dem Antragsteller eingenommenen Standpunkt und wurde nach Ablehnung des letzteren nicht weiter verfolgt. Nach dem Antrag 1 soll der Gläubiger berechtigt sein, „Schadensersatz wegen Nichterfüllung zu verlangen oder von dem Vertrage zurückzutreten". Hierin soll zugleich liegen, daß nach dem Ablaufe der Frist dem Gläubiger nur die Wahl zwischen jenen beiden Rechten, nicht aber auch noch das Recht zustehe, Erfüllung bezw. Schadensersatz wegen verspäteter Erfüllung zu verlangen. Der Antrag 2 fordert in Verbindung mit der Fristsetzung eine Anzeige des Gläubigers, daß er mit Ablauf der Frist statt der Erfüllung Schadensersatz wegen Nichterfüllung oder Rücktritt wählen werde. Damit soll im Anschluß an die Fassung des H.G.B. Art. 355 die Ausschließung des Erfüllungsanspruchs klarer zum Ausdrucke gebracht werden. Die Kom. hielt eine sachliche Verschiedenheit der Anträge 1 und 2 nicht für vorliegend und überwies dieselben insoweit der RedKom. c) Mit dem Abs. 2 des Entw. stimmen die Anträge sämmtlich darin überein, daß es einer vorgängigen Fristsetzung nicht bedürfen soll, wenn die Leistung in Folge des Verzugs des Schuldners für den Gläubiger kein Interesse hat, weil in einem solchen Falle durch die nachträgliche Leistung innerhalb der Frist das Interesse des Gläubigers nicht befriedigt sein würde. Eine Verschiedenheit der Anträge 1 und 2 bestand jedoch hinsichtlich der Frage, wer in diesem Falle die Initiative zu ergreifen habe. Der Antrag 2 verlangt auch hier im Anschluß an das HGB die Initiative des Gläubigers, indem er ,gn dem Erfordernisse der Anzeige, daß die Leistung als nunmehr werthlos zurückgewiesen werde, festhält und nur die Fristbestimmung für unnöthig erklärt. Der Antrag 1 weist dagegen dem Schuldner die Initiative zu und zwar mittelbar dadurch, daß in dem von demselben Antragsteller als Ersatz des § 369 Abs. 3 vorgeschlagenen § 369 c auf den entsprechend abzuändernden § 432 verwiesen wird. Die Kom. nahm den Antrag 1 an. Maßgebend waren die gleichen Erwägungen, welche, abgesehen von dem an den Fristablauf geknüpften Präjudize, zu einer entsprechenden Regelung im §361 Abs. 2 geführt haben (Prot II, Bd. 1, S. 640 bis 642). d) Der Antrag 5, welcher sachlich mit dem Abs. 2 des Entw. übereinstimmt, wurde gleichfalls angenommen. e) Für den Fall, daß die Leistung von dem im Verzuge befindlichen Schuldner innerhalb der von dem Gläubiger bestimmten Frist nur theilweise nicht bewirkt ist, wollen der Antrag 1 (§ 369 a Satz 3) und in Uebereinstimmung mit ihm der Antrag 2 die Vorschriften des § 247 Abs. 2 und des § 369 Abs. 1 Satz 2 zur Anwendung bringen, d. h. es soll der Gläubiger berechtigt sein, die theilweise Erfüllung als 480
2. Titel: Gegenseitiger Vertrag
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gänzliche Nichterfüllung zu behandeln, wenn er darthut, daß sein Interesse dies erfordert. Die Kom. hielt dafür, daß diese Vorschrift, gegen welche Bedenken nicht erhoben wurden, im Wesen der Sache liege und unerläßlich sei. Ist die Leistung theilweise unmöglich geworden, so findet nach dem Entw. (Abs. 1 Satz 2) der Rücktritt nur statt, wenn die Unmöglichkeit auf einem von dem Schuldner zu vertretenden Umstände beruht und der möglich gebliebene Theil der Leistung f ü r den Gläubiger kein Interesse hat. Hiermit stimmt der oben (Prot II, Bd. 1, S. 639) mitgetheilte Antrag (§ 369 Abs. 1 Satz 2) überein. Dagegen geht der in der heutigen Sitzung unter I gestellte Antrag 3 (§ 369 a Abs. 2 Satz 2) insofern weiter, als der Rücktritt wegen theilweiser Unmöglichkeit stets dann gewährt werden soll, wenn der Gläubiger an dem nicht von der Unmöglichkeit betroffenen Theile kein Interesse hat, ohne daß es auf ein Verschulden des Schuldners dabei ankommen soll. Die Kom. beließ es bei der Regelung des Entw. Des Weiteren war beantragt, als § 369 a 1 zu bestimmen: Ist die Leistung theilweise bewirkt, so findet wegen Unterbleibens eines unerheblichen Theiles derselben das Rücktrittsrecht nur in Ansehung des nicht bewirkten Theiles statt. Macht der Gläubiger von dem Rücktrittsrechte Gebrauch, so mindert sich die ihm obliegende Gegenleistung verhältnißmäßig nach Maßgabe des S 392. hierzu der Unterantrag, die Bestimmungen wie folgt zu fassen: Ist die Leistung theilweise bewirkt, so kann der Gläubiger vom Vertrage nach dessen ganzem Umfange nur zurücktreten, wenn der bewirkte Theil der Leistung f ü r ihn kein Interesse hat. In Beschränkung auf den nicht bewirkten Theil der Leistung findet das Rücktrittsrecht statt, wenn nach den Umständen des Falles Leistung und Gegenleistung als theilbar erscheint; macht der Gläubiger in solchem Falle von dem Rücktrittsrechte . . . (Vgl. H.G.B. Art. 359). Die Anträge wurden zurückgezogen, weil nach Ablehnung des mit ihnen zusammenhängenden Antrags 3 die Antragsteller sie nicht aufrecht erhalten zu können glaubten. Es lag ferner der Antrag vor, für den Fall, daß die in der Anm. S. 643 1 2 f ü r den Kauf in Aussicht genommene Vorschrift abgelehnt werden sollte, hinter § 369 folgenden § 369a 1 3 einzuschalten: Ist f ü r den bei dem Verkaufe eines Grundstückes gestundeten Kaufpreis dem Vertrage gemäß Hypothek (oder Grundschuld) bestellt, so steht dem Verkäufer wegen nicht rechtzeitiger Zahlung desselben das Rücktrittsrecht nicht zu. Der Antrag wurde bis zur Berathung des Abschnitts über den Kauf zurückgestellt. Der Antragsteller bemerkte dazu, daß die von ihm vorgeschlagene Bestimmung auch im Falle der Annahme der S. 643 in Anregung gebrachten Vorschrift nicht gegenstandslos sein würde, weil in den Fällen des § 243 ein Rücktritt ohne Verzug des Schuldners immer noch möglich sei.
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Hier ο. N. 10. 13 Dazu ist angemerkt: Die Fassung des § 224 e Abs. 2 ist folgendermaßen geändert worden: Im Falle theilweiser Unmöglichkeit kann der Gläubiger, wenn die theilweise Erfüllung für ihn kein Interesse hat, unter Ablehnung des noch möglichen Theiles der Leistung Schadensersatz wegen Nichterfüllung der ganzen Verbindlichkeit verlangen. Die für das vertragsmäßige Rücktrittsrecht geltenden Vorschriften der §§ 426 bis 493 finden entsprechende Anwendung. Prot. 14. März 1892 S. 1 7 2 7 - 1 7 3 0 . 481
Jacubezky (Nr 66, 3)
v. Mandry (Nr 77, 2)
Jacubezky (Nr 66, 4)
§§325-327
2. Abschnitt: Schuldverhältnisse aus Verträgen
Die Kom. trat nunmehr in die Berathung der Anträge zu § 369 Abs. 3 ein, soweit dieselben nicht bei § 361 Abs. 2 ihre Erledigung gefunden haben. Es lagen folgende, zum Theil bereits mitgetheilte Anträge vor: Struckmann (Nr 2, 25)
1. als § 369c zu bestimmen: Auf das in den §§ 369 bis 369 b bestimmte Rücktrittsrecht finden die für das vertragsmäßige Rücktrittsrecht geltenden Vorschriften der §§ 426 bis 433 entsprechende Anwendung.
Planck (Nr 75)
2. dieser Bestimmung hinzuzufügen: Der Schuldner haftet jedoch, wenn der Rücktritt in Folge eines von ihm nicht zu vertretenden Umstandes erfolgt, wegen der empfangenen Gegenleistung nur nach den Grundsätzen über den Ersatz einer ungerechtfertigten Bereicherung.
Jacubezky (Nr 66, 5)
3. den § 369c wie folgt zu fassen: Auf das in den §§ 361, 369 a bestimmte Rücktrittsrecht finden die für das vertragsmäßige Rücktrittsrecht geltenden Vorschriften der §§ 426 bis 431, 433 und in den Fällen des § 369 a Abs. 2 auch die Vorschriften des § 432 entsprechende Anwendung. Der Schuldner haftet jedoch wegen der empfangenen Gegenleistung nur nach den Vorschriften über den Ersatz einer ungerechtfertigten Bereicherung. a) Der Satz 1 des Antrags 3 wurde, weil er aufs engste mit den abgelehnten Anträgen desselben Antragstellers zusammenhing, zu Gunsten des Antrags 1 zurückgezogen. Es bestand sonach Einverständniß darüber, daß in den Fällen der §§ 369 bis 369 b der § 432 in der von dem Antrag 1 vorgesehenen Abänderung zur entsprechenden Anwendung gelangen soll. b) Der Antrag 3 (Satz 2) weicht von dem mit dem Entw. übereinstimmenden Antrag 1 insofern ab, als er den Schuldner wegen der empfangen Gegenleistung nur nach den Vorschriften über den Ersatz einer ungerechtfertigten Bereicherung haften lassen will. Zwischen beiden Anträgen hält der Antrag 2 die Mitte. Er will die Haftung des Schuldners auf die Bereicherung nur dann beschränkt wissen, wenn der Rücktritt in Folge eines von diesem nicht zu vertretenden Umstandes erfolgt ist (vergi. §§ 361, 243). Die Kom. entschied sich für den Antrag 2.
E I-VorlZust «369
E I-VorlZust I 369 a
II. In der VorlZust der Beschlüsse der 2. Kom. sind die zu E I §§ 369, 361 gefaßten Beschlüsse in §§ 369, 369 a bis 369c enthalten. Die Bestimmungen lauten: Ist die aus einem gegenseitigen Vertrage dem einen Theil obliegende Leistung in Folge eines von demselben zu vertretenden Umstandes ganz oder theilweise unmöglich geworden, so hat der andere Theil die Wahl, Schadensersatz wegen Nichterfüllung nach Maßgabe des § 224 e zu verlangen oder von dem Vertrage zurückzutreten oder die im § 368 bezeichneten Rechte geltend zu machen. Das Rücktrittsrecht steht jedoch ihm im Falle der nur theilweisen Unmöglichkeit nur dann zu, wenn der nicht unmöglich gewordene Theil der Leistung für ihn kein Interessse hat. Das Gleiche gilt, wenn im Falle des § 243 die Leistung innerhalb der Frist nicht oder nur theilweise bewirkt ist. Ist bei einem gegenseitigen Vertrage der eine Theil mit der ihm obliegenden Leistung in Verzug gekommen, so kann der andere Theil ihm eine angemessene Frist zur Bewirkung der Leistung mit der Erklärung bestimmen, daß er die Annahme der Leistung nach Ablauf der Frist ablehne. Erfolgt die Leistung innerhalb der Frist nicht, so ist der andere Theil berechtigt, Schadensersatz wegen Nichterfüllung 482
2. Titel: Gegenseitiger Vertrag
§§ 325-327
zu verlangen oder von dem Vertrage zurückzutreten. Ist die Leistung innerhalb der Frist nur theilweise nicht bewirkt, so finden die Vorschriften des § 224 e Abs. 2 und des § 369 Abs. 1 Satz 2 entsprechende Anwendung. Hat die Leistung, mit welcher der eine Theil im Verzuge ist, in Folge des Verzugs für den anderen Theil kein Interesse mehr, so stehen demselben die im Abs. 1 bezeichneten Rechte, ohne daß es der Setzung einer Frist bedarf, sofort nach dem Eintritte des Verzuges zu. Ergiebt sich aus einem gegenseitigen Vertrage, daß die Leistung des einen Theiles genau zu einer festbestimmten Zeit oder binnen einer festbestimmten Frist bewirkt werden soll, so ist, wenn die Leistung nicht zu der bestimmten Zeit oder binnen der bestimmten Frist erfolgt, der andere Theil berechtigt, (sofort) von dem Vertrage zurückzutreten oder seine Rechte aus dem Vertrage geltend zu machen. Ist der Schuldner im Verzuge, so ist der andere Theil, ohne daß es des Nachweises bedarf, daß er in Folge des Verzuges kein Interesse mehr an der Erfüllung hat, Schadensersatz wegen Nichterfüllung zu fordern berechtigt. Der Schuldner ist berechtigt, von dem anderen Theile eine Erklärung zu verlangen, ob er auf Erfüllung noch bestehe. Erklärt er dies innerhalb der ihm von dem Schuldner gesetzten Frist nicht, so ist er nicht mehr berechtigt, die Erfüllung zu verlangen und gilt, wenn ihm ein Anspruch auf Schadensersatz wegen Nichterfüllung nicht zusteht, als von dem Vertrage zurückgetreten. Auf das in den §§ 369 bis 369 b bestimmte Rücktrittsrecht finden die für das vertragsmäßige Rücktrittsrecht geltenden Vorschriften der §§ 426 bis 433 entsprechende Anwendung. Der nicht zurücktretende Theil haftet jedoch, wenn der Rücktritt in Folge eines von ihm nicht zu vertretenden Umstandes erfolgt, nur nach den Grundsätzen über den Ersatz einer ungerechtfertigten Bereicherung.
E I-VorlZust § 369b (361)
E I-VorlZust 1369 c
III. In der ZustRedKom lauten die Bestimmungen: Wird die aus einem gegenseitigen Vertrage dem einen Theil obliegende Lei- E I-ZustRedKom 12 stung in Folge eines von ihm zu vertretenden Umstandes unmöglich, so kann der § 369 andere Theil Schadensersatz wegen Nichterfüllung verlangen oder vom Vertrage zurücktreten. Bei theilweiser Unmöglichkeit ist er, wenn die theilweise Erfüllung des Vertrages für ihn kein Interesse hat, berechtigt, Schadensersatz wegen Nichterfüllung der ganzen Verbindlichkeit nach Maßgabe des § 224 e Abs. 2 zu verlangen oder von dem ganzen Vertrage zurückzutreten. Statt des Anspruchs auf Schadensersatz und des Rücktrittsrechts kann er auch die für den Fall des § 368 bestimmten Rechte geltendmachen. Das Gleiche gilt, wenn im Falle des §243 1 4 bei Ablauf der Frist die Leistung nicht oder nur theilweise bewirkt ist.
14
Hier ist angemerkt: Die Fassung des § 243 ist folgendermaßen abgeändert worden: Ist der Schuldner rechtskräftig verurtheilt, so kann ihm der Gläubiger eine angemessene Frist zur Bewirkung der Leistung mit der Erklärung bestimmen, daß er die Annahme der Leistung nach Ablauf der Frist ablehne. Auf Antrag des Gläubigers ist die Frist in dem Urtheile zu bestimmen. Erfolgt die Leistung nicht innerhalb der Frist, so kann der Gläubiger Schadensersatz wegen Nichterfüllung verlangen, es sei denn, daß die Leistung in Folge eines von dem Schuldner nicht zu vertretenden Umstandes unmöglich geworden ist; der Anspruch auf Erfüllung ist ausgeschlossen. (Fortsetzung der Fußnote auf Seite 484)
483
§§ 325-327
2. Abschnitt: Schuldverhältnisse aus Verträgen
E I-ZustRedKom Ist bei einem gegenseitigen Vertrage der eine Theil mit der ihm obliegenden § 369 a Leistung im Verzuge, so kann ihm der andere Theil zur Bewirkung der Leistung eine angemessene Frist mit der Erklärung bestimmen, daß er die Annahme der Leistung nach Ablauf der Frist ablehne. Erfolgt die Leistung nicht innerhalb der Frist, so ist der andere Theil berechtigt, Schadensersatz wegen Nichterfüllung zu verlangen oder vom Vertrage zurückzutreten; der Anspruch auf Erfüllung ist ausgeschlossen. Ist die Leistung bei Ablauf der Frist nur theilweise bewirkt, so findet die Vorschrift des § 369 Abs. 1 Satz 2 entsprechende Anwendung. Hat die Erfüllung des Vertrags in Folge des Verzugs für den anderen Theil kein Interesse, so stehen ihm die im Abs. 1 bezeichneten Rechte zu, ohne daß es der Bestimmung einer Frist bedarf. E I-ZustRedKom Ergiebt sich aus einem gegenseitigen Vertrage, daß die Leistung des einen Thei§ 369 b les genau zu einer festbestimmten Zeit oder innerhalb einer festbestimmten Frist (361 Abs. 1) bewirkt werden soll, so kann der andere Theil, wenn die Leistung nicht zu der bestimmten Zeit oder nicht innerhalb der bestimmten Frist erfolgt, vom Vertrage zurücktreten. Der Schuldner ist berechtigt, den Gläubiger unter Bestimmung einer angemessenen Frist zur Erklärung darüber aufzufordern, ob er noch auf Erfüllung bestehe. Erklärt sich der Gläubiger nicht innerhalb der Frist, so ist der Anspruch auf Erfüllung ausgeschlossen. Ist der Schuldner im Verzuge, so kann der Gläubiger,, sofern er nicht vom Vertrage zurücktritt, statt der Erfüllung Schadensersatz wegen Nichterfüllung verlangen. E I-ZustRedKom Auf das in den §§ 369 bis 369 b bestimmte Rücktrittsrecht finden die für das § 369 c vertragsmäßige Rücktrittsrecht geltenden Vorschriften der §§ 426 bis 433 entspre(361 Abs 2) chende Anwendung. Erfolgt der Rücktritt wegen eines von dem anderen Theile nicht zu vertretenden Umstandes, so haftet dieser Theil nur nach den Grundsätzen über die Herausgabe einer ungerechtfertigten Bereicherung. IV. Im E II ist E I-ZustRedKom § 369 in § 276, § 369 a in § 277, § 369 b in § 278 und § 369 c in § 279, jeweils in unveränderter Fassung, enthalten. V. Im Ell rev haben die SS276, 277 und 279 E l l in S S 313, 320, 322 die in SS 325, 326, 327 BGB Gesetz gewordene Fassung. Die Bestimmungen des S 278 E II sind in S 321 E II rev gefaßt: Ergiebt sich aus einem gegenseitigen Vertrage . . ., so kann der andere Theil von dem Vertrage zurücktreten, wenn nicht die Leistung zu der bestimmen Zeit oder innerhalb der bestimmten Frist erfolgt. Der Schuldner kann den Gläubiger unter Bestimmung . . . Ist die Leistung bei Ablauf der Frist nur theilweise nicht bewirkt, so finden die Vorschriften des § 224 e Abs. 2 entsprechende Anwendung. Desgleichen ist auch die Fassung des § 244 folgendermaßen geändert worden: Hat der Schuldner dem Gläubiger einen bestimmten Gegenstand herauszugeben, so bestimmen sich vom Eintritte der Rechtshängigkeit an, soweit sich nicht aus dem Schuldverhältniß oder dem Verzuge des Schuldners zu Gunsten des Gläubigers ein Anderes ergiebt, die Ansprüche des Gläubigers auf Herausgabe oder Vergütung von Nutzungen und auf Schadensersatz wegen Unterganges oder Verschlechterung sowie der Anspruch des Schuldners auf Ersatz von Verwendungen nach den Vorschriften welche für das Rechtsverhältniß zwischen dem Eigenthümer und dem Besitzer von dem Eintritte der Rechtshängigkeit des Eigenthumsanspruchs an gelten. 484
2. Titel: Gegenseitiger Vertrag
§§325-327
Mit dem Ablauf der Frist ist der Anspruch auf Erfüllung ausgeschlossen, wenn nicht der Gläubiger sich rechtzeitig erklärt hat. Ist der Schuldner im Verzuge, so kann der Gläubiger, sofern er nicht von dem Vertrage zurücktritt, statt der Erfüllung Schadensersatz wegen Nichterfüllung verlangen. D. Bundesrat (Bericht v. Sievekings / Hanseatische Gesandschaft Hamburgs über die Sitzung vom 9. 10. 1895) Die Beschlußfassung über einen Antrag Preußens, den §321 (§ 278 E l l ) zu streichen 1 4 3 , wurde vorbehalten bis zur Vorlegung eines von Bayern angekündigten Antrags auf Abänderung dieses § 321 in dem Sinne, daß, wenn in einem gegenseitigen Vertrag vereinbart worden, daß die Leistung des einen Theils zu einer festbestimmten Zeit oder innerhalb einer festbestimmten Frist erfolgen müsse, im Zweifel anzunehmen sei, daß der andere Theil zum Rücktritt berechtigt sein soll, wenn die Leistung nicht zur bestimmten Zeit oder in der festgesetzten Frist erfolgt. (Bericht des Württemberg. Geschäftsträgers Schicker vom 9. 10. 1895:) Zu § 321 (278) lag der Antrag Preußens in Anlage Β vor. Struckmann begründete denselben damit, daß durch die Divergenz des § 321 mit den entsprechenden Bestimmungen des Handelsgesetzbuchs nur Verwirrung geschaffen werde, da nach § 357 des Handelsgesetzbuchs der Schuldner nicht berechtigt ist, den Gläubiger zu einer Erklärung darüber aufzufordern, ob er auf Erfüllung bestehe. Für den gewöhnlichen Verkehr sei kein Bedürfniß auf Bestimmungen wie §321. Wenn die verspätete Erfüllung kein Interesse mehr habe, sei der Gläubiger durch § 320 Abs. 2 gedeckt. Einen anderen Theil der in Betracht kommenden Fälle decke §319. Es erübrige nur der Fall, wenn der Schuldner ohne Verschulden nicht rechtzeitig erfüllen kann. Für diese Fälle komme aber auch die Gegenleistung in Wegfall. Die Bayerische Regierung hat Bedenken, ob nicht doch noch ein gewisser Ersatz für einen Theil der Fälle zu beschaffen sei. Man könne eine Auslegungsregel geben. Ein formulierter Antrag lag von Heller nicht vor. Dem Antrag des Referenten entsprechend wird die Beschlußfassung ausgesetzt, bis der Antrag vertheilt ist. Bericht von Heller (Bayerische Gesandtschaft), vom 9. 10. 1895 Zur Beratung des Antrags, den §321 zu streichen: Dieser Antrag, dann die Anträge 3 a — c, 4 sind veranlaßt durch die Rücksicht auf den Entwurf des revidierten Handelsgesetzbuches 15 . In Ubereinstimmung mit dem Ministerialrat Jacubezky war ich der Meinung, daß die einfache Streichung des § 321 eine Lücke im Bürgerlichen Gesetzbuch erzeugen und die Gefahr nahelegen würde, daß auch bei solchen Verträgen der Rücktritt nur nach § 320, wegen Verzugs, der ein Verschulden voraussetzt, würde zugelassen werden. Ich beantragte deshalb zum Ersätze für den § 321 folgende Vorschrift als § 351 a aufzunehmen: Wird in einem gegenseitigen Vertrage vereinbart, daß die Leistung des einen Teils zu einer festbestimmten Zeit oder innerhalb einer festbestimmten Frist bewirkt werden soll, so ist im Zweifel anzunehmen, daß der andere Teil zum Rücktritte berechtigt sein soll, wenn die Leistung nicht zu der bestimmten oder innerhalb der bestimmten Frist erfolgt. 14 15
» V g l . Nachtrag VIII. S. dazu den Anhang. 485
§§ 325-327
2. Abschnitt: Schuldverhältnisse aus Verträgen
Die Vorschrift würde eine Auslegungsregel bilden, die nur gilt, soweit das Gesetz nicht andere Vorschriften enthält, eine Kollision mit dem Handelsgesetzbuch würde daher nicht eintreten. Die Frist für die Ausübung des Rücktrittsrechts würde sich nach dem § 350 bemessen. Der Ausschuß beschloß, die Beratung beider Anträge zurückzustellen, bis auch mein Antrag vervielfältigt sein wird und Instruktionen dazu eingeholt sein werden. (Bericht von Hellers vom 10.12. 1895 über die 2. Lesung): Zu dem Antrage Preußens auf Streichung des § 321 begründete ich den Bayerischen Antrag auf Einfügung eines neuen § 351 a, wobei ich vorschlug, hinter „Theils" einzuschalten „genau". Württemberg erklärte die Zustimmung zu diesem Antrag. Struckmann trat ihm entgegen. Es bestehe kein Bedürfnis für eine solche Bestimmung. Bei den Fixgeschäften des gewöhnlichen bürgerlichen, nicht handelsrechtlichen Verkehrs liege die Sache fast immer so, daß nach dem Ablauf der bestimmten Zeit die bedungene konkrete Leistung überhaupt nicht mehr möglich ist. Die Bestimmungen über die Unmöglichkeit der Leistung (§319) würden daher für die meisten Fälle ausreichen. In den seltenen Fällen anderer Art helfe der § 320; daß der Rücktritt nur stattfinden könne im Falle des „Verzugs" des Verpflichteten, sei ohne wesentlichen Belang. Denn wenn der Verpflichtete sich den Rücktritt des anderen Teils nicht gefallen lassen will, müsse er den — in der Regel wohl kaum möglichen — Beweis liefern, daß ihn kein Verschulden treffe. Ich hielt den Antrag aufrecht; auch Hessen erklärte sich für ihn mit dem Bemerken, daß es in erster Linie gegen die Streichung des § 321 stimme. Die Streichung des § 321 wurde gegen die Stimme Hessens beschlossen. Der Antrag Bayerns wurde gegen Preußen, Baden und Lübeck angenommen, weil auch Sachsen für ihn stimmte. (Bericht über die 2. Lesung des Entw. am 10./11. Dezember 1895 von Sieveking, Hanseatische Gesandschaft). § 321 — Fixgeschäfte — ist gestrichen und dagegen § 351 a eingestellt im Einvernehmen mit der Ansicht der Konferenz für das Handelsgesetzbuch, über welche Herr Präsident Sieveking berichtete, (s. dazu den Anhang) Ε II §351
VII. Im E III ist die dem §321 E l l rev entsprechende Vorschrift gestrichen; § 351 enthält die Vorschrift, wie sie in § 361 BGB Gesetz geworden ist. Anhang Konferenz über die Revision des HGB
Zu den Art. 354 und 357 ADHGB war vom RJA die folgende Fassung vorgeschlagen: Verlangt der Verkäufer Schadensersatz wegen Nichterfüllung, weil der Käufer ADHGB A n 354 (§315) mit der ihm obliegenden Leistung in Verzug gekommen ist, so kann der Verkäufer seinem Ersatzansprüche das Ergebniß eines anderweit vorgenommenen Verkaufs der Waare nur dann zu Grunde legen, wenn der Verkauf nach den Vorschriften des § 314 Abs. 2 bewirkt ist. Auf den Verkauf finden die Vorschriften des § 314 Abs. 4, 5 Anwendung. 1. Ist bei dem Kaufe einer Waare, die einen Börsen- oder Marktpreis hat, beADHGB Art 35716 (§316) dungen, daß die Leistung genau zu einer festbestimmten Frist erfolgen soll, so finden, wenn der eine Theil die ihm obliegende Leistung nicht zu der bestimmten Zeit oder innerhalb der bestimmten Frist bewirkt, die Vorschriften des § 278 486
2. Titel: Gegenseitiger Vertrag
§§ 3 2 5 - 3 2 7
Abs. 1, Satz 2, 3 des Bürgerlichen Gesetzbuches keine Anwendung. Der andere Theil kann in diesem Falle Erfüllung nur verlangen, wenn er unverzüglich nach dem Ablaufe der Zeit oder der Frist dem Gegner anzeigt, daß er auf Erfüllung bestehe. 11. Sitzung vom 5. 12. 189W Mit Rücksicht auf die bevorstehende Beschlußfassung des Bundesraths über den das Fixgeschäft regelnden § 278 des Bürgerlichen Gesetzbuchs wurde in der heutigen Sitzung noch der den gleichen Gegenstand betreffende § 316 des Entwurfs zur Erörterung gestellt. Die große Mehrheit der Kommissionsmitglieder erklärte es für wünschenswerth, daß der § 278 des Bürgerlichen Gesetzbuchs gestrichen und die Regelung des Fixgeschäfts ausschließlich dem Handelsgesetzbuch überlassen werde. Diese Regelung hätte dann, wie in der Anmerkung zum §316 des Entwurfs vorgesehen, in der Weise zu geschehen, daß auch f ü r den Handelskauf nicht börsen- oder marktgängiger Waaren das geltende Recht aufrecht erhalten werde. Einzelne, theils dem Kreise der Rechtsverständigen, theils dem Handelsstande angehörende Mitglieder sprachen sich noch besonders dahin aus, daß selbst wenn der § 278 des Bürgerlichen Gesetzbuchs nicht gestrichen werde, im Handelsrechte zwischen börsen- oder marktgängigen und anderen Waaren nicht unterschieden werden dürfe. Umgekehrt trat einer der rechtsverständigen Mitglieder dafür ein, daß der § 278, wenn er bestehen bleibe, bei dem Handelskaufe nicht börsen- oder marktgängiger Waaren zur Anwendung zu kommen habe. Ein anderes juristisches Mitglied bemerkte, daß zwar Vorschriften über Fixgeschäfte für den bürgerlichen Verkehr nicht vollständig seien, daß aber, wenn solche Vorschriften im Bürgerlichen Gesetzbuch getroffen werden sollten, dies am besten auf der Basis einer Verallgemeinerung des Grundsatzes des Art. 357 des Handelsgesetzbuchs geschehen würde. Man erwog : Der Grundsatz des Art. 357, wonach das Recht des nichtsäumigen Theiles auf Erfüllung ausgeschlossen ist, wenn er nicht unverzüglich nach Ablauf der bedungenen Lieferungszeit dem Gegner erklärt, daß er auf Erfüllung bestehe, entspreche dem Wesen des Fixgeschäfts. Die Vorschrift des mehrerwähnten § 278, derzufolge der Gläubiger das Recht auf Erfüllung erst verliert, wenn er vom Schuldner unter Bestimmung einer angemessenen Frist zur Erklärung darüber, ob er Erfüllung verlange, aufgefordert wird und sich alsdann nicht erklärt, könne bei Geschäften über Waaren und Werthpapiere mit einem Markt- oder Börsenpreise schon deshalb keine Anwendung finden, weil sie es dem Gläubiger ermöglichen würde, bis zur Ant16
17
Dazu ist angemerkt: Wird der § 278 des Bürgerlichen Gesetzbuchs gestrichen, so sind die Abs. 1 und 2 des § 316 des Entwurfs durch nachstehende Vorschriften zu ersetzen: 1. Ist bedungen, daß die Leistung des einen Theils genau zu einer festbestimmten Zeit oder innerhalb einer festbestimmten Frist bewirkt werden soll, so kann der andere Theil, wenn die Leistung nicht zu der bestimmten Zeit oder nicht innerhalb der bestimmten Frist erfolgt, von dem Vertrage zurücktreten oder, falls der Schuldner im Verzug ist, statt der Erfüllung Schadensersatz wegen Nichterfüllung verlangen. Erfüllung kann er nur beanspruchen, wenn er unverzüglich nach dem Ablaufe der Zeit oder der Frist dem Gegner anzeigt, daß er auf Erfüllung bestehe. 2. Wird Schadensersatz wegen Nichterfüllung verlangt und hat die Waare einen Börsenoder Marktpreis, so kann der Unterschied des Kaufpreises und des Börsen- oder Marktpreises zur Zeit und am Orte der geschuldeten Leistung gefordert werden. Staatsarchiv Bremen 2 — ad M. 6. b. 4. g. 2. k.
487
§ § 325—327
2. Abschnitt: Schuldverhältnisse aus Verträgen
wort auf die Aufforderung des Schuldners auf dessen Kosten zu spekulieren. Den Handelskauf verschiedenen Rechtssätzen zu unterwerfen, je nachdem die Waare einen Markt- oder Börsenpreis habe oder nicht, sei äußerst unzweckmäßig; denn ob eine Waare oder ein Werthpapier einen Markt- oder Börsenpreis habe, lasse sich oft schwer entscheiden; für manche Waaren bestehe ein solcher an dem einen Orte, an anderen Orten dagegen nicht. Es führe aber ferner zu einem verwickelten Rechtszustande und verwische den klaren Begriff des Fixgeschäfts, wenn neben den handelsrechtlichen Vorschriften noch die abweichenden Bestimmungen des § 278 Geltung erlangten. Ein Bedürfniß, neben den allgemeinen Grundsätzen des bürgerlichen Rechts über die Folgen nicht rechtzeitiger Erfüllung noch besondere Regeln für den Fall aufzustellen, daß im bürgerlichen Verkehr eine Leistung zu einem festbestimmten Zeitpunkte versprochen werde, sei bisher nirgends hervorgetreten. Im bürgerlichen Verkehr werde es der Absicht der Parteien meist nicht entsprechen, daß die bloße formelle Verabredung einer festbestimmten Lieferungszeit den Gläubiger ohne Weiteres berechtige, bei Verzug des Schuldners vom Vertrage zurückzutreten. Habe aber der Gläubiger nach Lage der Sache an der nachträglichen Erfüllung kein Interesse mehr oder sei eine nachträgliche Erfüllung der Natur der Leistung nach überhaupt nicht möglich, so gelange man mittels richtiger Würdigung des Parteiwillens und auf Grund des § 277 Abs. 2 des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie auf Grund der Vorschriften über die Unmöglichkeit der Erfüllung zu angemessenen Ergebnissen. Im einzelnen erklärte eines der juristischen Mitglieder, die Fassung des Art. 357, welcher voraussetze, daß die Lieferung der Waare zu einer festbestimmten Zeit erfolgen solle, scheine ihm richtiger zu sein als die des § 316 des Entwurfs, der im Anschluß an den § 278 des Bürgerlichen Gesetzbuchs allgemeiner davon spreche, daß für die Leistung des einen Theiles eine festbestimmte Zeit vereinbart sei; denn wenn der Käufer nicht zur rechten Zeit zahle, brauche ihm doch der Verkäufer, um sich das Recht auf den Kaufpreis zu sichern, nicht anzuzeigen, daß er auf Zahlung des Kaufpreises bestehe. Hierauf wurde von verschiedenen Seiten erwidert: Die Rechte des Verkäufers nach dem bisherigen Art. 357 seien unzweifelhaft von der Bedingung abhängig, daß auch die Zahlungsverpflichtung des Käqfers eine zeitlich festbestimmte war; es sei daher nicht ganz korrekt, wenn der Art. 357 nur von einer festbestimmten Zeit für die Lieferung der Waare spreche. Bei einem Zug um Zug zu erfüllenden Geschäfte ergebe sich freilich aus der festbestimmten Lieferungszeit von selbst auch eine festbestimmte Zahlungszeit. Daß der § 316 des Entwurfs keine Anwendung finden könne, wenn der Verkäufer vorgeleistet habe und nur die Zahlung des Kaufpreises an dem Stichtage nicht erfolge, verstehe sich wohl von selbst, wenn auch zu erwägen sein werde, ob mit Rücksicht auf diesen Fall die Fassung der in der Anmerkung zum § 316 des Entwurfs enthaltenen Bestimmung vielleicht einer Aenderung bedürfe. Ein anderes Mitglied bemerkte im Anschluß hieran, der bisherige Art. 357 unterstelle, daß die Verabredung einer festen Frist für die Leistung der einen Partei von selbst auch für die Verpflichtung des anderen Theiles gelte; es werde sich empfehlen, diesen Gedanken in § 316 gleichfalls zum Ausdruck zu bringen. 17. Sitzung vom 12. 12. 1895 Zum § 316, der bereits in der 11. Sitzung zur Berathung gekommen war (Protokolle S. 206 ff), theilte der Vorsitzende mit, daß im Ausschusse des Bundesraths für Justizwesen inzwischen beschlossen worden sei, den § 278 des Bürgerlichen Gesetzbuchs zu streichen und hinter den § 305 folgende Vorschrift einzufügen : 488
3. Titel: Versprechen der Leistung an einen Dritten
§§
328—335
Ist in einem gegenseitigen Vertrage vereinbart, daß die Leistung des einen Theiles genau zu einer festbestimmten Zeit oder innerhalb einer festbestimmten Frist bewirkt werden soll, so ist im Zweifel anzunehmen, daß der andere Theil zum Rücktritte berechtigt sein soll, wenn die Leistung nicht zu der bestimmten Zeit oder innerhalb der bestimmten Frist erfolgt. Bei einer etwaigen weiteren Erörterung des § 316 des Entwurfs werde demnach die in der Anmerkung vorgesehene Fassung zu Grunde zu legen sein. In der Kommission fand sich indessen keine Veranlassung, andere als die schon in der 11. Sitzung gemachten Abänderungsvorschläge zum § 316 vorzubringen. Nur wurde darauf hingewiesen, daß, wenn der § 315 gestrichen werde, der § 316 Abs. 3 zwar seiner Fassung nach geändert, inhaltlich aber aufrecht erhalten werden müsse.
DRITTER TITEL
Versprechen der Leistung an einen Dritten D a ein Auseinanderreißen der Materialien zu den §§ 328 — 335 BGB den Zusammenhang der Beratungen zerstören würde, werden die Protokolle und Anträge in chronologischer Reihenfolge wiedergegeben. D e r „Vertrag zugunsten Dritter" wurde in der 1. Kommission zunächst am 16., 18. und 21. 10. 1878 beraten. Die Hauptberatung der 1. Kommission erfolgte am 7. und 9. 6. 1882. Dabei nahm die 1. Kommission einige Umstellungen im T E - O R des Redaktors vor. Die Vorkommission des Reichsjustizamtes befaßte sich ebenfalls ausführlich mit dem Vertrag zugunsten Dritter. Die entsprechenden Anträge und Verhandlungen werden im Zusammenhang mitgeteilt. Anschließend erfolgt die Wiedergabe der Anträge in der 2. Kommission und der einzelnen Textstufen des E II. Auch hier wird auf ein Auseinanderreißen der Materialien verzichtet, da die 2. Kommission und deren Redaktionskommission mehrfach Umstellungen vorgenommen haben.
§ 328
Durch Vertrag kann eine Leistung an einen Dritten mit der Wirkung bedungen werden, daß der Dritte unmittelbar das Recht erwirbt, die Leistung zu fordern. In Ermangelung einer besonderen Bestimmung ist aus den Umständen, insbesondere aus dem Zwecke des Vertrags, zu entnehmen, ob der Dritte das Recht erwerben, ob das Recht des Dritten sofort oder nur unter gewissen Voraussetzungen entstehen und ob den Vertragschließenden die Befugniß vorbehalten sein soll, das Recht des Dritten ohne dessen Zustimmung abzuheben oder zu ändern. E I §412 Abs. 1 (TE-OR Nr.l, §§ 5, 8; Prot. I, S. 8 3 6 - 8 4 1 , 849, 850; ZustOR § 121, KE §409); E I §413 (TE-OR §6 Abs. 1; Prot I, S. 8 4 1 - 8 4 4 , 11787; ZustOR § 122, KE § 410); E I 414 (TE-OR Nr. 1, § 7, Prot. I, S. 8 4 6 - 8 4 9 , 3270, 3276, 3292, 3293. ZustOR 123, KE § 411. VorlZust und ZustRedKom § 412; E II § 280; E II rev § 323; E III § 322, Prot. II, Bd. 1,S. 748 ff, 761 ff. 489
§§ 328-335
2. Abschnitt: Schuldverhältnisse aus Verträgen §329
Verpflichtet sich in einem Vertrag der eine Theil zur Befriedigung eines Gläubigers des andern Theiles, ohne die Schuld zu übernehmen, so ist im Zweifel nicht anzunehmen, daß der Gläubiger unmittelbar das Recht erwerben soll, die Befriedigung von ihm zu fordern. E I 318 Abs. 1 (Nachweise bei § 416 BGB) E II § 281 ; E II rev § 324; E III § 323. - Prot. II, Bd. 1, S. 426; Bd. 2, S. 472.
§330
Wird in einem Lebensversicherungs- oder einem Leibrentenvertrage die Zahlung der Versicherungssumme oder der Leibrente an einen Dritten bedungen, so ist im Zweifel anzunehmen, daß der Dritte unmittelbar das Recht erwerben soll, die Leistung zu fordern. Das Gleiche gilt, wenn bei einer unentgeltlichen Zuwendung dem Bedachten eine Leistung an einen Dritten auferlegt oder bei einer Vermögens- oder Gutsübernahme von dem Uebernehmer eine Leistung an einen Dritten zum Zwecke der Abfindung versprochen wird. § 412 a VorlZust E II und ZustRedKom; E II § 282, E II rev § 324, E III § 325 Prot. II, Bd. 1, S. 749 ff.
§331
Soll die Leistung an den Dritten nach dem Tode desjenigen erfolgen, welchem sie versprochen wird, so erwirbt der Dritte das Recht auf die Leistung im Zweifel mit dem Tode des Versprechensempfängers. Stirbt der Versprechensempfänger vor der Geburt des Dritten, so kann das Versprechen, an den Dritten zu leisten, nur dann noch aufgehoben oder geändert werden, wenn die Befugnis dazu vorbehalten worden ist. VorlZust E l l und ZustRedKom E l l §414; E l l §283; E l l rev § 326, E III § 325. Prot. II, Bd. 1, S. 757, 759ff, 765ff, 769.
§ 332
Hat sich der Versprechensempfänger die Befugniß vorbehalten, ohne Zustimmung des Versprechenden an die Stelle des in dem Vertrage bezeichneten Dritten einen Anderen zu setzen, so kann dies im Zweifel auch in einer Verfügung von Todeswegen geschehen. VorlZust E II und ZustRedKom E II § 414a; E II § 284; E II rev § 327; E III § 326. Prot. II, Bd. 1,S. 759, 762. 490
3. Titel: Versprechen der Leistung an einen Dritten
§§
328—335
§ 333 Weist der Dritte das aus dem Vertrag erworbene Recht dem Versprechenden gegenüber zurück, so gilt das Recht als nicht erworben. T E - O R Nr. 1 § 6 Abs. II; ZustOR § 124, KE § 412; E I § 415 - Prot. I, S. 845, 6136 - VorlZust und ZustRedKom E l l §415; E l l §285; E l l rev § 328; E III § 327 - Prot. II, Bd. 1, 767 f; Bd. 6, S. 157.
§334 Einwendungen aus dem Vertrage stehen dem Versprechenden auch gegenüber dem Dritten zu. T E - O R Nr. 1, §9, ZustOR § 125, KE §413; E I §416. Prot. I, S. 8 5 0 - 8 5 3 . 6142, 6143. - VorlZust und ZustRedKom E II § 416, E II § 286; E II rev § 329; E III § 328 - Prot. II, Bd. 1 S. 768 f.
§335 Der Versprechensempfänger kann, sofern nicht ein anderer Wille der Vertragschließenden anzunehmen ist, die Leistung an den Dritten auch dann fordern, wenn diesem das Recht auf die Leistung zusteht. E I §412 Abs. 2 (Nachweise bei § 328 BGB); VorlZust und ZustRedKom § 416 a; E II § 287; E II rev § 330; E III § 329 - Prot. I, Bd. 1, S. 756f.
A. 1. Kommission I. Vorlage des Redaktors von Kübel von 1877 und Kommissionsberatungen von 1878: Das einseitige Versprechen als Grund der Verpflichtung zur Erfüllung (Auslobung, Versprechen zu Händen Dritter, Inhaberpapiere)1. a) Vorschläge I. Das Versprechen, einem Anderen etwas zu leisten, bedarf zu seiner Verbindlichkeit nicht nothwendig der Annahme von Seiten dessen, an welchen die Leistung geschehen soll. Auch durch das nicht angenommene, einseitige Versprechen wird der Versprechende zur Erfüllung verpflichtet, wenn dies als gewollt anzunehmen ist. 1
Die Vorlage Nr. 11 von 1877 (33 Seiten) wird hier, bis auf die Motive, vollständig mitgeteilt. Sie umfaßt, außer Motiven und einer „Begründung", Thesen und den Entwurf.
491
§ § 328—335
2. Abschnitt: Schuldverhältnisse aus Verträgen
II. a) Durch das öffentlich bekannt gemachte (einseitige) Versprechen einer Belohnung oder eines Preises für die Vollbringung einer bestimmten That (Auslobung) wird der Versprechende (kraft seines in dem Versprechen erklärten Willens), Demjenigen, der die That vollbracht hat, zur Erfüllung seines Versprechens verpflichtet. Die Verpflichtung des Versprechenden entsteht in dem Zeitpunkte, in welchem die That vollbracht ist. b) Es macht keinen Unterschied, ob die That mit oder ohne Kenntniß der Auslobung und mit oder ohne Rücksicht auf dieselbe vollbracht worden ist. c) Insolange, als die That nicht in der durch die Auslobung bezeichneten Weise vollbracht ist, kann die Auslobung von dem Anderen widerrufen werden. d) Hat Jemand vor dem Widerruf der Auslobung infolge derselben bereits Arbeit und Kosten aufgewendet, so ist ihm der Auslobende zum Ersätze verpflichtet (s. g. negatives Vertrags-, hier Versprechensinteresse). III. a) Der Vertrag, in welchem der eine Vertragschließende eine Leistung an einen außerhalb des Vertrages stehenden Dritten versprochen hat, ist unter den Vertragschließenden selbst giltig und wirksam. b) Für den Dritten entsteht, ohne daß es seiner Mitwirkung bedarf, unmittelbar aus dem Versprechen ein selbständiges, eigenes Recht, die versprochene Leistung von ihm zu fordern, wenn nicht aus dem Vertrage oder den Umständen erhellt, daß ein Forderungsrecht nur dem Versprechensempfänger zustehen soll. c) Neben dem Forderungsrecht des Dritten kann das Recht des Versprechensempfängers bestehen, die Leistung an den Dritten zu fordern, nicht aber das Recht, die Leistung für sich in Anspruch zu nehmen. d) Das Versprechen kann mit Einwilligung des Versprechensempfängers so lange zurückgenommen oder geändert werden, als das Forderungsrecht des Dritten noch nicht entstanden ist. Der Zeitpunkt der Entstehung dieses Forderungsrechtes bestimmt sich nach dem im Vertrage ausdrücklich oder stillschweigend erklärten Willen des Versprechenden. e) Einreden aus der Person des Versprechensempfängers kann der Schuldner dem Anspruch des Dritten nicht entgegensetzen. b) Entwurf. § 1. Das Versprechen, einem Andern etwas zu leisten, bedarf zu seiner Verbindlichkeit nicht nothwendig der Annahme von Seiten Dessen, welchem die Leistung geschehen soll; auch durch das einseitige Versprechen wird der Versprechende zu dessen Erfüllung verpflichtet, wenn dies als von ihm gewollt anzunehmen ist. § 2. Will das Versprechen einem Abwesenden gegeben werden, so ist daselbe für den Versprechenden erst von dem Zeitpunkte an verbindlich, zu welchem es dem Abwesenden zugekommen ist. Kommt vor diesem Zeitpunkte oder zu gleicher Zeit mit dem Versprechen dessen Widerruf dem Letzteren zu, so gilt das Versprechen als nicht gegeben. § 3. Verspricht Jemand mittelst öffentlicher Bekanntmachung Demjenigen, welcher auf eine in der Bekanntmachung bestimmte Weise thätig geworden sein wer492
3. Titel : Versprechen der Leistung an einen Dritten
§§
328—335
de, einen Preis oder eine Belohnung (Auslobung), so wird der Versprechende (Auslobende) Demjenigen zur Erfüllung seines Versprechens verpflichtet, welcher auf die in der Bekanntmachung bestimmte Weise und, wenn für die That eine Zeit bestimmt ist, innerhalb dieser Zeit die That vollbracht hat. Es ist nicht erforderlich, daß die That mit Kenntniß der Auslobung und mit Rücksicht auf dieselbe vollbracht worden ist. § 4. H a t die Auslobung eine Preisbewerbung mittelst Lieferung eines Werkes zum Zwecke, so ist dieselbe nur dann giltig, wenn in der Bekanntmachung die Zeit für die Lieferung des Werkes bestimmt ist. Auf den ausgesetzten Preis hat im Zweifel nur Derjenige Anspruch, welcher innerhalb der bestimmten Zeit ein preiswürdiges und unter mehreren Bewerbern das vorzüglichere Werk geliefert hat; bei gleicher Preiswürdigkeit mehrerer Werke findet Theilung des Preises und im Falle der Untheilbarkeit desselben Entscheidung durch das Loos statt. Ueber die Preiswürdigkeit entscheidet im Zweifel der Auslobende. Auf das in Folge der Auslobung gelieferte Werk hat der Auslobende nur insoweit einen Anspruch, als sich dies aus dem Inhalt oder dem Zweck der Auslobung ergiebt; das Eigenthum des Werkes verbleibt im Zweifel seinem Urheber. § 5. Haben außer dem Falle des § 4 Mehrere die in der That vollbracht, so hat im Zweifel Derjenige die ausgesetzte chen, welcher die That zuerst vollbracht hat; ist die That von zeitig vollbracht worden, so findet im Zweifel Theilung des der Untheilbarkeit Entscheidung durch das Loos statt.
Auslobung bestimmte Belohnung anzuspreden Mehreren gleichPreises, und im Falle
§ 6. Insolange, als die That nicht in der durch die Auslobung bezeichneten Weise erfolgt ist, kann die Auslobung von dem Auslobenden widerrufen werden. Der Widerruf ist aber nur dann wirksam, wenn er in derselben Weise öffentlich bekannt gemacht wird, in welcher die Auslobung geschehen ist. Hat Jemand vor dem Widerruf der Auslobung in Folge derselben bereits Arbeit oder Kosten aufgewendet, so ist ihm der Auslobende zum Ersätze derselben bis zum Betrage der ausgesetzten Belohnung oder des ausgesetzten Preises verpflichtet, es könnte denn der Auslobende beweisen, daß Jener, auch wenn der Widerruf nicht erfolgt wäre, den Preis oder die Belohnung nicht gewonnen hätte. § 7. H a t Jemand in einem Vertrage eine Leistung an einen Dritten versprochen, welcher an der Vertragschließung weder unmittelbar noch mittelbar Theil genommen hat, so ist der Dritte berechtigt, die versprochene Leistung an ihn von dem Versprechenden zu fordern, wenn nicht aus den Worten des Vertrages oder aus den Umständen sich ergiebt, daß nur dem Vertragschließenden, welcher das Versprechen empfangen hat, das Recht zustehen soll, die Leistung an den Dritten zu fordern. § 8. Das Forderungsrecht des Dritten aus dem Versprechen entsteht in demjenigen Zeitpunkte, in welchem es nach dem aus den Worten des Vertrages oder aus den Umständen erhellenden Willen des Versprechenden entstehen soll. Insolange, als das Forderungsrecht des Dritten noch nicht entstanden ist, kann das Versprechen mit Einwilligung des Versprechensempfängers zurückgenommen oder geändert werden. § 9. Steht dem Dritten das Recht zu, die versprochene Leistung an ihn von dem Schuldner zu fordern, so können, den Fall ausgenommen, in welchem eine Lei493
§§ 328-335
2. Abschnitt: Schuldverhältnisse aus Verträgen
stung an den Dritten oder an den Versprechensempfänger versprochen worden ist, weder dieser noch seine Erben oder Gläubiger die Leistung für sich in Anspruch nehmen. § 10. Einreden aus der Person des Versprechensempfängers kann der Schuldner dem Anspruch des Dritten nicht entgegensetzen, auch kann der Schuldner Forderungen, welche er an den Versprechensempfänger hat, dem Dritten nicht in Aufrechnung bringen.
c) Beratungen zur Vorlage Nr. 11 (1877) aa) Sitzung vom 16. 10. 1878, Schriftführer Neubauer 2. Der Berathung wurden sodann die Anträge des Redaktors des Obligationenrechts in Betreff der Verträge zu Gunsten Dritter in der Vorlage Nr. 11 von 1877, Thesis III, unterstellt 2 . Zunächst war man einverstanden, daß bei der Berathung der Vorlage, welche unmittelbar nur die obligatorischen Verträge ins Auge fasse, auch nur auf diese Verträge Rücksicht zu nehmen sei, daß aber vorbehalten bleibe, demnächst darüber zu befinden, inwieweit die gefaßten Beschlüsse auch auf andere als obligatorische Verträge auszudehnen seien. Zu Thesis III a „Der Vertrag, in welchem der eine Vertragschließende eine Leistung an einen außerhalb des Vertrages stehenden Dritten versprochen hat, ist unter den Vertragschließenden selbst giltig und wirksam." bestand darüber kein Zweifel, daß der Vorschlag sich nur gegen die Anschauung richte, ein Vertrag zu Gunsten Dritter könne rechtswirksam nur geschlossen werden, wenn der Promissar ein besonderes Interesse an der Leistung an den Dritten hat. Der Vorschlag fand Widerspruch. Von einer Seite wurde insbesondere die Ansicht vertreten, der Grundsatz, dessen Zurückweisung die Thesis bezwecke, sei vorbehaltlich gewisser Ausnahmen berechtigt. Von dieser Seite wurde beantragt, zu beschließen 3 : der Vertrag, in welchem der eine Vertragschließende dem andern eine Leistung an einen außerhalb des Vertrages stehenden Dritten versprochen hat, ist unter den Vertragschließenden selbst gültig und wirksam, wenn der Versprechensempfänger bei der Leistung an den Dritten ein eigenes Interesse hat, oder diese Leistung eine Gegenleistung bildet, oder Folge einer Auflage ist, welche der Versprechende für eine ihm von dem Versprechensempfänger gemachte Zuwendung zu erfüllen hat. Entgegen dem vorstehenden Antrage wurden zwei andere Anträge eingebracht, welche bezweckten, dem in der Thesis nach dem obigen enthaltenen Vorschlage einen bestimmteren und deutlicheren Ausdruck zu geben, nämlich 1. der Antrag, zu beschließen: die Leistung an einen Dritten kann Gegenstand eines Vertrages sein, sofern die Leistung an sich Gegenstand eines Vertrages sein kann.
2
3
Auf eine Wiedergabe der Beratungen zu den Thesen I u. II wird hier verzichtet (vgl. Materialien zu den §§ 657 bis 661 BGB). Die Autorenschaft der in den Vorberatungen gestellten Anträge läßt sich nicht ermitteln.
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3. Titel: Versprechen der Leistung an einen Dritten
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2. der Antrag, zu beschließen: Ein Vertrag ist um deswillen nicht ungültig, weil die Leistung, welche darin versprochen ist, an einen Dritten erfolgen soll. Ein besonderes Interesse des Promissars ist zur Gültigkeit des Vertrages nicht erforderlich. Nachdem der erste dieser beiden Anträge zu Gunsten des zweiten zurückgenommen war, wurde der letztere von der Mehrheit angenommen. Man war einverstanden, daß durch diesen Beschluß die Thesis erledigt, der ihr entgegengesetzte oben mitgetheilte Antrag aber abgelehnt sei. Zu Thesis III b „Für den Dritten entsteht, ohne daß es seiner Mitwirkung bedarf, unmittelbar aus dem Versprechen ein selbständiges, eigenes Recht, die versprochene Leistung von ihm zu fordern, wenn nicht aus dem Vertrage oder den Umständen erhellt, daß ein Forderungsrecht nur dem Versprechensempfänger zustehen soll." beschränkte der Referent zunächst die Thesis dahin, daß aus demselben die auf die Beweisfrage sich beziehende Entscheidung vorläufig zu entfernen, die Thesis also dahin zu modifiziren sei: „Für den Dritten entsteht, ohne daß es seiner Mitwirkung bedarf, unmittelbar aus dem Versprechen ein selbständiges, eigenes Recht, die versprochene Leistung zu fordern, wenn es von den Parteien gewollt ist." Von einer Seite wurde der Vorschlag gemacht, zwar darin dem Referenten beizutreten, daß, wenn der Wille der Parteien darauf gerichtet sei, das Recht des Dritten zwar sofort mit Abschluß des Vertrages entstehe, ohne jede Mitwirkung des Dritten, — möge solche in der Annahme des ihm von beiden Kontrahenten noch zu machenden Anerbietens oder in der einfachen Erklärung der Annahme bestehen, daß dagegen das Recht des Dritten an die Bedingung, si voluerit, zu knüpfen sei, mithin nur eine bedingte Gebundenheit eintrete, und, wenn der Dritte nicht wolle, das Forderungsrecht nicht entstehe. Die Debatte gelangte nicht zum Abschluß, die Weiterberathung wurde zur nächsten Sitzung vertagt. bb) Sitzung vom 18. 10. 1878, Schriftführer Neubauer Der Redaktor des Obligationenrechts hatte die Thesen III b bis III e durch eine neue Vorlage ersetzt 4 , welche vor der Sitzung unter die Mitglieder vertheilt war. Die Berathung wandte sich zu der Thesis b der neuen Vorlage, welche Thesis zugleich den am Schluß des Protokolls der vorigen Sitzung präzisirten neuen Vorschlag des Referenten zu ersetzen bestimmt ist, und im Wesentlichen im Einklänge mit jenem Vorschlage lautet: „Ist in einem Vertrage eine Leistung an einen Dritten versprochen, so entsteht für diesen, ohne daß es seiner Mitwirkung bedarf, unmittelbar aus dem Versprechen ein selbständiges, eigenes Recht, die versprochene Leistung zu fordern, wenn dies nach dem Vertrage oder nach den Umständen als gewollt anzunehmen ist." Im Anschluß an die neue Thesis b des Referenten beantragte das Mitglied, welches den am Schluß des letzten Protokolls erwähnten zusätzlichen Antrag gestellt hatte, in der neuen Thesis b bei „eigenes Recht" vor „Recht" einzuschalten: „nur von der Bedingung seiner Annahme abhängiges". 4
Die neuen Thesen III b —e sind auch in einem Anhang zum Protokoll vom 28. 10. 1878 enthalten. Eine schriftliche Begründung der neuen Thesen hat Kübel nicht mehr gegeben. 495
§§328-335
2. Abschnitt: Schuldverhältnisse aus Verträgen
Die Berathungen über die Thesis b hatten folgendes Ergebniß : 1. Die Mehrheit beschloß, zunächst den in Thesis b enthaltenen Vorschlag zu erledigen : Die Parteien können wirksam vereinbaren, daß der Dritte das Recht ohne seine Mitwirkung (insbesondere ohne jede Art von Akzeptation) erwerbe. Der Vorschlag wurde von einer Seite als zu weitgehend und als durch das praktische Bedürfniß oder die moderne Verkehrsentwicklung keineswegs geboten, sowie deshalb bekämpft, weil er vom geltenden Rechte sich entferne und nothwendig in der Praxis zu vielen Schwierigkeiten führen müsse. Die Mehrheit jedoch, von der Erwägung geleitet, nur durch die Annahme des Vorschlags würde, wie die tägliche Erfahrung lehre, dem praktischen Bedürfnisse volle Genüge geschehen, und unleugbar sei der Vorschlag für eine nicht geringe Zahl von Verträgen nach den im Verkehr vorherrschenden Auffassungen unentbehrlich, auch werde es nicht gelingen, diese Verträge, um sie besonderen Rechtsnormen zu unterwerfen, auszuscheiden, entschied sich für die Annahme des Vorschlags. 2. Sodann gelangte der fernere, in der Thesis b enthaltene Vorschlag zur Berathung: Das Recht des Dritten ist in dem betreffenden Falle ein unmittelbar eigenes, d. h. ein von dem Rechte des Promissars nicht abgeleitetes. Als die Bedeutung des Vorschlags bezeichnete der Referent, daß er sich gegen die sogenannte Anwachsungs- oder Durchgangs-Theorie oder die Auffassung richte, der Dritte erwerbe das Recht durch die Person des Promissars im Wege einer fingirten Zession usw., während er der Entscheidung nicht vorzugreifen bezwecke, welche Einreden dem Dritten entgegengestellt werden dürfen, da über diese Frage erst die Thesis e sich verhalte. Auch dieser Vorschlag fand Widerspruch. Man bekämpfte ihn von einer Seite, weil die Anwachsungstheorie Billigung verdiene, von der andern Seite, weil er nach den gegebenen Erläuterungen theoretischer Natur und nach dem unter 1. gefaßten Beschlüsse von keiner oder doch nur sehr geringer praktischer Bedeutung sei. Die Mehrheit entschied für die Annahme des Vorschlags. 3. Hierauf wandte sich die Berathung zu der Frage, ob entsprechend .dem im Eingange erwähnten zusätzlichen Antrage in dem nach Nr. 1 gefaßten Beschlüsse vor „erwerbe" einzuschalten sei : als ein nur von der Bedingung seiner Annahme abhängiges Recht. Gegen einen solchen Zusatz wurde erinnert, dem Dritten müsse allerdings freistehen, die Rechtserwerbung durch eine einfache und einseitige Erklärung abzulehnen, allein bedenklich sei es, das Recht als ein suspensiv bedingtes zu behandeln, vielmehr verdiene es den Vorzug, ein resolutiv bedingtes Recht anzunehmen. Die Vertreter dieser Ansicht beantragten, zusätzlich zu bestimmen: Der Dritte kann die Erwerbung des Rechts mit rückwirkender Kraft ablehnen. Eine dritte Meinung ging dahin, weder die eine noch die andere Bestimmung empfehle sich, es müsse vielmehr bestimmt werden, die Rechtserwerbung sei dergestalt eine unbedingte, daß das Recht nur wie jedes andere unbedingte obligatorische Recht erlösche, inbesondere also nicht durch eine einfache und einseitige Erklärung, sondern nur durch Entsagung nach Maßgabe der für diese geltenden Grundsätze aufgehoben werde. Darüber bestand kein Zweifel, daß im Interesse der Rechtssicherheit eine Entscheidung im Gesetze nöthig sei. Nachdem die zuletzt gedachte Meinung durch Mehrheitsbeschluß abgelehnt und sodann auch der zuerst 496
3. Titel: Versprechen der Leistung an einen Dritten
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erwähnte Antrag von der Mehrheit nicht gebilligt w a r , genehmigte die Mehrheit den zweiten Antrag, w o n a c h zusätzlich bestimmt werden soll : D e r Dritte kann die E r w e r b u n g des Rechts mit rückwirkender K r a f t ablehnen. H i e r a n reihte sich der Beschluß : D e r Referent wird ersucht, bei Ausarbeitung des Entwurfs Bestimmungen vorzuschlagen, welche den Zweifel lösen, w e m gegenüber die ablehnende Erklärung abzugeben sei. 4. Z u m Schluß gelangte die Sachgemäßheit einer Bestimmung zur Erörterung, welche entscheide, ob f ü r oder gegen die Absicht der Parteien, d a ß der Dritte das Recht ohne seine Mitwirkung erwerbe, die V e r m u t h u n g streite. Der Antrag: zu bestimmen, die V e r m u t h u n g streite für eine solche Absicht, blieb in der Minderheit. Die Mehrheit beschloß, von der Aufstellung einer bestimmten V e r m u t h u n g abzusehen, und es bei den Schlußworten der Thesis b : „wenn dies nach dem Vertrage o d e r nach den Umständen als gewollt anzunehmen ist." zu belassen. D e r Referent erklärte, auf die W o r t e in der Thesis b „aus dem Versprechen" und „selbständiges" vorläufig keinen W e r t h zu legen. Die Thesis b ist hiernach in folgender Fassung angenommen: „„Ist in einem Vertrage eine Leistung an einen Dritten versprochen, so entsteht f ü r diesen, o h n e daß es seiner Mitwirkung bedarf, unmittelbar ein eigenes, d. h. ein von dem Rechte des Promissars nicht abgeleitetes Recht, die versprochene Leistung zu f o r d e r n , wenn dies nach dem Vertrage oder nach den Umständen als gewollt a n z u n e h m e n ist. D e r Dritte kann die E r w e r b u n g mit rückwirkender K r a f t ablehua nen. cc) Sitzung vom 19. 10. 1878, Schriftführer N e u b a u e r Die Berathung der Vorlage N r . 11 von 18 77 (Verträge zu Gunsten Dritter) w u r d e fortgesetzt. Zunächst verständigte man sich dahin, daß unter dem in den Protokollen gebrauchten W o r t e : „Promissar" die „Partei zu verstehen sei, welcher gegenüber in dem V e r t r a g e das Versprechen zu Gunsten des Dritten abgegeben ist." Z u r Thesis b blieb vorbehalten, bei der Berathung der Thesis d auf die Frage z u r ü c k z u k o m m e n , inwiefern besondere Vorschriften f ü r den Fall am Platze seien, daß der Dritte nach dem Willen der Parteien das Recht nicht ohne seine Mitwirkung erwerben soll. Betreffend die Thesis c 5 , so wurden dem ersten Satze derselben, welcher lautet: „Neben dem Forderungsrechte des Dritten kann das Recht des Versprechensempfängers bestehen, die Leistung an den Dritten zu fordern." zwei Anträge entgegengestellt, 1) der Antrag, zu beschließen: N e b e m dem Rechte des Dritten besteht das Recht des Promissars, die Leistung an den Dritten zu fordern. D e r Z w e c k dieses Antrages w a r nach dessen näherer Begründung, die Möglichkeit auszuschließen, daß der Dritte allein, und nicht auch der Promissar, entgegen 5
Die alte Thesis III c ist unter A I A abgedruckt. 497
§§328-335
2. Abschnitt: Schuldverhältnisse aus Verträgen
den die Vertragslehre beherrschenden Grundsätzen aus dem Vertrage berechtigt werde. 2) Der Antrag, zu beschließen: Neben dem Rechte des Dritten besteht das Recht des Promissars, die Leistung an den Dritten zu fordern, sofern nicht ein anderes bedungen ist. Nach diesem Antrage soll also im Zweifel für die Mitberechtigung des Promissars die Vermuthung streiten. Derselbe wurde unter Hervorhebung der gewöhnlichen Fälle des Vertrages zu Gunsten eines Dritten mit der Behauptung zu rechtfertigen versucht, daß fast ausnahmslos der Parteiwille dahingehe, auch dem Promissar solle das fragliche Recht gebühren. Beide Anträge beruhten auf der auch von keiner Seite beanstandeten Voraussetzung, mindestens könne die Berechtigung des Promissars bedungen werden. Die Mehrheit lehnte den Antrag unter Nr. 1 ab, während sie den unter Nr. 2 zum Beschluß erhob. Der zweite Satz der Thesis c, lautend : „Steht dem Dritten das Recht zu, die an ihn versprochene Leistung von dem Schuldner zu fordern, so sind, ausgenommen, wenn die Leistung an den Dritten oder den Versprechensempfänger versprochen worden ist, weder dieser, noch seine Erben oder Gläubiger berechtigt, die Leistung für sich in Anspruch zu nehmen." fand insofern allgemeine Zustimmung, als er bestimmt, der berechtigte Promissar dürfe im Zweifel die Leistung an sich selbst nicht fordern. Dagegen erachtete man mehrfach die Fassung, insbesondere deshalb für bedenklich, weil auf die Eigenthümlichkeiten einer alternativen Obligation nicht die nöthige Rücksicht genommen zu sein scheine. Es wurde ein Antrag gestellt, den zweiten Satz durch die Vorschrift zu ersetzen: Der Promissar kann die Leistung an sich selbst nicht in Anspruch nehmen, sofern nicht ein anderes bedungen ist. D e r Antrag fand die Zustimmung der Mehrheit. In Bezug auf die Thesis c bestand übrigens darüber kein Zweifel, daß die zu Thesis b gefaßten Beschlüsse in Abweichung von dem § 7 des von dem Referenten vorgelegten Entwurfs, S. 4 der Vorlage 6 den Grundsatz enthielten, daß, wenn der Vertrag die Leistung zu Gunsten eines Dritten bedinge, nicht auch die Vermuthung Platz greife, es sei bezweckt, dem Dritten zugleich ein Recht auf die Leistung zuzusichern. Die Mehrheit war ferner der Ansicht, daß die Blatt 21 und 22 der Motive bei Widerlegung der Anwachsungstheorie entwickelte Ansicht, das Recht des Promissars auf die Leistung an den Dritten könne diesem nicht zedirt werden, mindestens bedenklich sei, und deshalb in den späteren Motiven ausscheiden müsse oder einer Berichtigung bedürfe. Die Thesis d, welche lautet 7 : „Das Forderungsrecht des Dritten aus dem Versprechen entsteht in demjenigen Zeitpunkte, in welchem es nach dem ausdrücklich oder stillschweigend erklärten Willen des Versprechenden entstehen soll. Insolange als das Forderungsrecht des Dritten noch nicht entstanden ist, ist ihm gegenüber eine Aenderung oder Zurücknahme des Versprechens zulässig."
6 7
§ 7 des Entwurfs: ist unter A I Β abgedruckt. Zur alten Thesis III d vgl. unter A I A .
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3. Titel: Versprechen der Leistung an einen Dritten
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führte zu einer ausführlichen Erörterung des Sinnes und der Tragweite, sowohl des ersten als des zweiten Absatzes. Nachdem beide Absätze zuerst getrennt, sodann in ihrer Verbindung der Prüfung unterzogen waren, wurden im ersten Absätze das Wort „Versprechen" und das Wort „Versprechenden" von verschiedenen Seiten als präjudizirend beanstandet. Zur Beseitigung dieser Anstände beantragten: 1. ein Mitglied: das W o r t „Versprechen" durch „„Vertrag"", das Wort „Versprechenden" durch „„Vertragschließenden"" zu ersetzen, 2. ein anderes Mitglied, statt des ersten Absatzes zu bestimmen: Das Recht des Dritten entsteht in demjenigen Zeitpunkte, in welchem es nach dem Vertrage (d. h. nach dem im Vertrage ausdrücklich oder stillschweigend erklärten Willen der Parteien) entstehen soll. Zugleich beantragte das Mitglied, von welchem der Antrag Nr. 1 herrührte, die zusätzliche Vorschrift: Im Zweifel ist anzunehmen, daß das Forderungsrecht des Dritten bei Leistungen, welche erst nach dem Tode des Versprechensempfängers erfüllt werden sollen, mit diesem Todesfalle, bei Leistungen anderer Art mit dem ausdrücklich oder stillschweigend erklärten Beitritte des Dritten entstehe. zog jedoch diesen Antrag wegen Mangels ausreichender Unterstützung und auf die Erinnerung zurück, das Gegentheil sei bereits bei Thesis b beschlossen. Der zweite Absatz der Thesis d gab zu der Erinnerung Anlaß: er beruhe, wie nach den Motiven anzunehmen, auf der Voraussetzung, das bedingte und nicht minder auch das betagte Recht komme erst mit dem Eintritte der Bedingung oder mit dem betreffenden Tage zur Entstehung, einer Auffassung, welche dem ersten Absätze nicht zu Grunde liegen werde, aber auch, abgesehen hiervon, bleibe es mißlich, schon jetzt darüber zu befinden, ob und inwiefern die bedingten und betagten Forderungsrechte als noch nicht entstanden zu charakterisiren seien, und noch bedenklicher sei es, allgemein vorzuschreiben, wenn das Recht des Dritten bedingt oder betagt sei, könne bis zum Eintritte der Bedingung usw. der Vertrag von den Parteien stets geändert oder aufgehoben werden, während auch in dieser Beziehung der erkennbare Wille der Parteien allein Maß und Ziel geben müsse. Zur Erledigung dieser Bedenken stellte 1. ein Mitglied den Antrag, den zweiten Absatz durch die Vorschrift zu ersetzen: „Ob, unter welchen Voraussetzungen und bis zu welcher Zeit das Versprechen zurückgenommen oder geändert werden kann, bestimmt sich nach dem im Vertrage ausdrücklich oder stillschweigend erklärten Willen der Parteien. 2. Ein zweites Mitglied proponine als Ersatz die Bestimmung: Bevor das Recht des Dritten entstanden ist, können ihm gegenüber die Vertragschließenden den Vertrag ändern oder aufheben. 3. Ein drittes Mitglied beantragte, zusätzlich vorzuschreiben: So lange aber von den Parteien bzw. von einer der Parteien dem Dritten der Vertragsinhalt noch nicht bekannt gemacht ist, ist den Parteien die Aufhebung oder Aenderung des Vertrages stets gestattet. Die Mehrheit faßte folgende Beschlüsse I. zum ersten Absätze und zum Ersätze desselben : „„Das Recht des Dritten entsteht in demjenigen Zeitpunkte, in welchem es nach 499
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2. Abschnitt: Schuldverhältnisse aus Verträgen
dem in dem Vertrage ausdrücklich oder stillschweigend erklärten Willen der Parteien entstehen soll."" Man war einverstanden, daß das Wort „entstehen" auch die bedingten und betagten Rechte betrifft. II. zum zweiten Absätze und zum Ersätze desselben : „„Ob und unter welchen Voraussetzungen und bis zu welcher Zeit das Versprechen zurückgenommen oder geändert werden kann, bestimmt sich nach dem in dem Vertrage ausdrücklich oder stillschweigend erklärten Willen der Parteien."" Der Antrag zum zweiten Absätze zusätzlich zu bestimmen : „So lange aber von den Parteien usw." blieb in der Minderheit. Durch die gefaßten Beschlüsse erachtete man die übrigen Anträge für erledigt. Schließlich wurde dem Referenten die Prüfung empfohlen, ob nicht im Interesse der Rechtssicherheit und zur Vermeidung von Streitfragen eine Bestimmung nöthig sei, welche für die Fälle, in welchen die Annahme gerechtfertigt ist, das Recht des Dritten solle nicht ohne dessen Mitwirkung entstehen, zur Entscheidung bringe, ob alsdann im Zweifel die strenge Beitrittstheorie (preußisches Recht) oder die einfache Akzeptationstheorie (sächsisches Recht) zur Anwendung gelange 8 . dd) Anhang zur Sitzung vom 19. 10. 1878 Die von mir aufgestellten Thesen bitte ich folgendermaßen zu ändern : III. b) Ist in einem Vertrage eine Leistung an einen Dritten versprochen, so entsteht für diesen, ohne daß es seiner Mitwirkung bedarf, unmittelbar aus dem Versprechen ein selbständiges, eigenes Recht, die versprochene Leistung zu fordern, wenn dies nach dem Vertrage oder nach den Umständen als gewollt anzunehmen ist. c) Neben dem Forderungsrechte des Dritten kann das Recht des Versprechensempfängers bestehen, die Leistung an den Dritten zu fordern. Steht dem Dritten das Recht zu, die an ihn versprochene Leistung von dem Schuldner zu fordern, so sind, ausgenommen wenn die Leistung an den Dritten oder an den Versprechensempfänger versprochen worden ist, weder dieser, noch seine Erben oder Gläubiger berechtigt, die Leistung für sich in Anspruch zu nehmen. d) Das Forderungsrecht des Dritten aus dem Versprechen entsteht in demjenigen Zeitpunkte, in welchem es nach dem ausdrücklich oder stillschweigend erklärten Willen des Versprechenden entstehen soll. Insolange als das Forderungsrecht des Dritten noch nicht entstanden ist, ist ihm gegenüber eine Aenderung oder Zurücknahme des Versprechens zulässig. e) Gegen die Forderung des Dritten stehen dem Schuldner nur solche Einreden zu, welche in der Person des Dritten gegründet sind oder zu dem seinem Anspruch zu Grunde liegenden Versprechen in Beziehung stehen. ee) Sitzung vom 21. Oktober 1878, Schriftführer Neubauer Das Protokoll der zehnten Sitzung wurde vorgelesen und genehmigt. Der Referent erklärte jedoch, daß er sich veranlaßt sehe, sich zu Thesis d die Prüfung vorzubehalten, ob nicht eine Vorschrift des Inhalts :
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Z u r alten Thesis III e vgl. unter A I A .
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3. Titel: Versprechen der Leistung an einen Dritten
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im Zweifel könne der Vertrag bis zu der Zeit aufgehoben oder geändert werden, wo das Recht des Dritten entstanden sei, in das Gesetz werde aufgenommen werden müssen. Der Vorbehalt blieb unbeanstandet. In gleicher Weise erfolgte keine Einwendung gegen die Bemerkung eines Mitgliedes : die zu Thesis d gefaßten Beschlüsse ständen der Auslegung eines konkreten Vertrages nicht entgegen, daß bis zum entscheidenden Zeitpunkte der Promittent oder auch der Promissar für sich allein die zu Gunsten des Dritten getroffene Bestimmung einseitig aufzuheben oder zu ändern befugt sei. Man ging zur Berathung der Thesis e der Vorlage über die Verträge zu Gunsten Dritter (Nr. 11 von 1877) über, welche nach dem Vorschlage nunmehr lautet: „Gegen die Forderung des Dritten stehen dem Schuldner nur solche Einreden zu, welche in der Person des Dritten gegründet sind, oder zu dem seinem Ansprüche zu Grunde liegenden Versprechen in Beziehung stehen." Gegen die Thesis erhoben einige Mitglieder die Erinnerung: Ihre Fassung deute auf die Absicht, alle zulässigen Einreden aufzuführen; eine solche Aufführung erscheine jedoch nicht am Platze; es genüge die Entscheidung, ob und inwiefern die Einreden aus dem Hauptvertrage auch dem Dritten gegenüber statthaft seien, und ob in dieser Beziehung der Dritte dem Promissar gleichzustellen sei; freilich werde dies als Regel anzunehmen, aber zuzulassen sein, daß die Parteien das Gegentheil bedingen; eine andere Frage sei, welche weitere Einreden, insbesondere aus der materiellen causa der Zuwendung, je nachdem diese von dem Promissar oder Promittenten ausgehe, dem gegen den Promittenten klagenden Dritten entgegengestellt werden dürfen, zumal in dem Falle, wenn eine wahre Schenkung vorliege; diese Frage werde zur Vermeidung einer sonst unvermeidlichen Kasuistik im Gesetze unentschieden bleiben müssen. Zur Erledigung der erhobenen Bedenken wurde beantragt, die Thesis dahin zu ändern: 1. Gegen die Forderung des Dritten stehen dem Schuldner alle Einreden zu, welche in der Person des Dritten gegründet sind, oder zu dem seinem Ansprüche zugrunde liegenden Vertrage in Beziehung stehen; soweit nicht ein Anderes ausdrücklich oder stillschweigend bedungen ist; oder 2. Einreden aus dem Vertrage sind gegen den Dritten zulässig, soweit nicht ein Anderes ausdrücklich oder stillschweigend bedungen ist; oder 3. Zulässig gegen den Dritten sind Einreden aus dem Vertrage oder Vertragsschlusse, sofern nichts Anderes verabredet ist. Der erste Antrag wurde zu Gunsten des zweiten zurückgezogen und der zweite von der Mehrheit angenommen, wobei Einverständniß bestand, daß „Einreden aus dem Vertrage" im weiteren Sinne zu verstehen sei, so daß insbesondere die auf die Entstehung des Vertrages sich beziehenden Einreden (z. B. exceptio metus) mit einbegriffen seien. In Ansehung der Zulässigkeit der sonstigen, von dem Beschlüsse nicht betroffenen Einreden und der Nothwendigkeit, in dieser Beziehung eine Vorschrift in das Gesetz aufzunehmen, wurde weder ein Beschluß gefaßt, noch ein Antrag gestellt. Bei der Berathung wurde übrigens die eine gesetzliche Regelung erschwerende Verschiedenheit der in Betracht kommenden Fälle, worunter die Fälle der Ausstel501
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2. Abschnitt: Schuldverhältnisse aus Verträgen
lung von Inhaber- oder Ordre-Papieren in dieser oder jener Gestalt, sowie die Fälle einer sich ergebenden abstrakten Obligation mehrfach hervorgehoben. Anlangend endlich die rechtliche Konstruktion des aus den bisherigen Beschlüssen über das pactum in favorem tertii entspringenden Rechtsverhältnisses, so erachtete es die Mehrheit für bedenklich, im Gesetze oder auch nur in den Motiven besonders zu betonen, das Gesetz beruhe weniger auf dem Gedanken, von der Regel: „der Vertrag wirkt nur unter den Parteien" sei abgewichen, als vielmehr der Gedanke mit Strenge durchgeführt sei, dem einseitigen nicht angenommenen Versprechen wohne ausnahmsweise bindende Kraft bei. Es würde die Ausführung in den Motiven genügen, die Bestimmungen des Gesetzes möchten mit der Regel: „das einseitige Versprechen ist nicht bindend" nicht im Einklänge stehen, und dies am wenigsten in dem Falle, wenn bedungen sei, dem Dritten dürften Einreden aus dem Hauptvertrage nicht entgegengestellt werden; indessen an dieser Abweichung von der gedachten Regel sei kein Anstoß zu nehmen, weil die Regel als ein keine Ausnahme zulassendes Axiom, wie schon früher entschieden, sich nicht betrachten lasse. Nur eine solche Ausführung biete Gewähr, daß aus den Motiven nicht weitreichende Konsequenzen abgeleitet werden, vielleicht die Ansicht gefolgert werde, die Bestimmung zu Gunsten des Dritten sei stets als ein besonderes von dem Hauptvertrage losgelöstes Rechtsgeschäft und der Promittent stets als derjenige zu betrachten, von welchem die Zuwendung an den Dritten ausgehe, sofern nicht ein anderes bestimmt sei.
I Prot I 836
II. 1. 97. Sitzung vom 7. 6. 1882, Schriftführer Neubauer | Die Berathung wandte sich zu den „Versprechen der Leistung an einen Dritten" überschriebenen Vorschriften 9 .
Zu § 5 des Entwurfes : TE-OR (Nr 1) „Hat Jemand in einem Vertrage eine Leistung an einen Dritten versprochen, S 5 welcher an der Vertragschließung weder unmittelbar noch mittelbar Theil genommen hat, so ist der Dritte berechtigt, die versprochene Leistung an ihn von dem Versprechenden zu fordern, sofern aus den Worten des Vertrages oder aus den Umständen sich ergiebt, daß ihm dieses Forderungsrecht zustehen solle. Dem Vertragschließenden, welcher das Versprechen empfangen hat, steht im Zweifel das Recht zu, die Leistung an den Dritten zu fordern. Ein besonderes Interesse des Versprechensempfängers, daß die Leistung an den Dritten erfolge, ist zur Giltigkeit des Vertrages nicht erforderlich." I Prot 1 837 v. Schmitt (Nr 92)
| lagen die Anträge vor: 1. den Absatz 1 zu fassen: „In einem Vertrage kann eine Leistung an einen Dritten, welcher an der Vertragschließung weder unmittelbar noch mittelbar Theil genommen hat, mit der Maßgabe versprochen werden, daß der Dritte berechtigt ist, die versprochene Leistung von dem Versprechenden zu fordern (Versprechen zu Gunsten Dritter). Dem Vertragschließenden, welcher das Versprechen empfangen hat, steht im Zweifel das Recht zu, zu fordern, daß die Leistung an den Dritten gemacht werde." 9
Vgl. die Hauptvorlage Nr. 1: „Einseitiges Versprechen", welche die Auslobung (§§ 1 — 4), das Versprechen der Leistung an einen Dritten (§§ 5 — 9) und die Inhaberpapiere (SS 1 0 - 3 6 ) regelt.
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3. Titel: Versprechen der Leistung an einen Dritten
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falls aber dieser Antrag abgelehnt werden sollte, in dem ersten Absätze des § 5 v. Schmitt Folgendes zu ändern: (Nr 87) a) die Worte „an ihn" zu streichen, eventuell statt „die versprochene Leistung an ihn" zu setzen: „die an ihn versprochene Leistung"; b) statt der Worte: „aus den Worten des Vertrages oder aus den Umständen" zu setzen: „aus dem Inhalte des Vertrages"; c) nach den Worten: „zustehen solle" beizufügen: „(Versprechen zu Gunsten Dritter.)" und im Falle der Annahme des Antrages, jeweils diesen terminus technicus in der Ueberschrift und im Folgenden zu gebrauchen; d) statt der Worte: „die Leistung an den Dritten zu fordern" zu setzen: „die Bewirkung der Leistung an den Dritten zu fordern" oder „zu fordern, daß die Leistung an den | Dritten gemacht werde." 2. den § 5 zu fassen: „Verspricht Jemand in einem Vertrage eine Leistung an einen Dritten, so wird der Dritte forderungsberechtigt, wenn der Vertragswille hierauf gerichtet ist. Im Zweifel ist auch der andere Vertragschließende berechtigt, die Leistung an den Dritten zu fordern." und den zweiten Absatz zu streichen;
| Prot I 838 Windscheid (Nr 90)
3. den § 5 zu fassen: Johow „In einem Vertrage kann eine Leistung an einen Dritten in der Weise verspro- (Nr 88, 4) chen werden, daß der Dritte sogleich oder zu einer späteren Zeit unmittelbar das Recht erlangt, die Leistung an ihn von dem Versprechenden zu fordern. Auch der andere Vertragschließende ist in solchem Falle befugt, die Leistung an den Dritten zu fordern, wenn nicht dieses Recht ausgeschlossen ist." 4. in § 5 :
v. Weber
a) die Worte: „welcher an der Vertragschließung weder unmittelbar noch mittelbar theilgenommen hat" zu streichen; b) statt der Worte: „sofern aus den Worten des Vertrages oder aus den Umständen sich ergiebt" zu setzen: „wenn die Absicht der Vertragschließenden dahin ging";
(Nr 91)
c) den Schlußsatz des ersten Absatzes zu fassen: „dem Vertragschließenden, welcher das Versprechen empfangen hat, steht auch in diesem Falle das Recht zu, die Leistung an den Drit-1 ten zu fordern, wenn das Gegentheil nicht besonders | Prot I 839 bedungen ist. " 5. den Absatz 1 zu fassen: „Durch Vertrag kann für einen (an dem Vertragschluß nicht theilnehmenden) Dritten das Recht begründet werden, eine nach dem Vertrage an ihn zu bewirkende Leistung zu fordern. Das Recht der Vertragschließenden, die Bewirkung der Leistung an den Dritten zu fordern, wird durch die Berechtigung des Dritten nicht ausgeschlossen." Insofern der § 5 im Einklänge mit dem Vorbeschlusse vom 16. Oktober 1878 bestimmt: 503
§§ 328-335
2. Abschnitt: Schuldverhältnisse aus Verträgen
„Bei einem Vertrage zu Gunsten eines Dritten können von dem Vertragschließenden mit voller rechtlicher Wirkung vereinbart werden, daß der Dritte unmittelbar durch den Vertrag berechtigt werde, die versprochene Leistung zu fordern." fand er keinen Widerspruch. Im übrigen wurden folgende Beschlüsse gefaßt: 1. Im ersten Satze des ersten Absatzes soll der Nachsatz: „sofern — solle", vorbehaltlich der Redaktion, beibehalten werden. Man fand in diesem Nachsatze eine Regelung der Beweislast zum Nachtheil des Dritten und besorgte, daß bei Unterdrückung desselben in Ansehung der Beweislast verschiedene Ansichten sich geltend machen könnten. 2. In dem gedachten ersten Satze soll besonders hervorgehoben werden, daß der I Prot I 840 Dritte unmittelbar berechtigt wird, d. h. ohne daß ein Beitritt oder ei-1 ne besondere Annahme des Dritten nach den für Verträge geltenden Grundsätzen erforderlich ist. Man war der Ansicht, in dieser unmittelbaren Berechtigung liege der Schwerpunkt der Bestimmung. Auch theilte die Mehrheit die von der Minderheit geäußerte Besorgniß nicht, das Wort: „unmittelbar" lasse das Mißverständniß zu, der Fall der Vorschrift oder der Fall des pactum in favorem tertii im Sinne des § 5 liege nicht vor, wenn unter den Parteien vereinbart sei, daß das Recht des Dritten, obschon nicht nach den für Verträge geltenden Grundsätzen und nach den Bestimmungen über Annahme der Vertragsofferte, andererseits aber auch nicht unmittelbar mit dem Abschlüsse des Vertrages entstehen solle, sondern zur Entstehung des Rechts noch der Hinzutritt einer anderen Thatsache, ζ. B. die einfache Annahmeerklärung des Dritten gegenüber der einen oder anderen Partei, erforderlich bleibe. 3. Im zweiten Satze des ersten Absatzes soll, falls dem Antrage zu 4 c entsprechend die Fassung gewählt wird, der für selbstverständlich erachtete Zusatz: „auch in diesem Falle" als entbehrlich und möglicherweise irreführend keine Aufnahme finden. 4. Der zweite Absatz des § 5 kommt in Wegfall. Man erachtete die Bestimmung für entbehrlich, nachdem in Betreff der Gültigkeit der Verträge beschlossen sei, die Rechtsbeständigkeit einer kontraktlichen Obligation sei von einem besonderen Interesse des Gläubigers nicht abhängig zu machen (vgl. Beschluß vom 24. Februar d.J.; Protokolle S. 465) 10 . Betreffend die durch die vorstehenden Beschlüsse nicht erledigten Anträge, so überzeugte man sich, daß sie dem Gebiete der Redaktion angehören und behielt sie daher der Prüfung bei der letzteren vor. 2. Die beschlossene Regelung lautet in der ZustOR (im KE, EI) als § 121 : KE S 409 Wird in einem Vertrage von einem der Vertragschließenden eine Leistung an EI §412 einen Dritten versprochen, so wird der Dritte hierdurch unmittelbar berechtigt, von dem Versprechenden die Leistung zu fordern, sofern aus dem Inhalte des Vertrages sich ergiebt, daß diese Berechtigung des Dritten gewollt ist. Der Vertragschließende, welcher das Versprechen empfangen hat, ist zu fordern berechtigt, daß die Leistung an den Dritten bewirkt werde, wenn nicht ein Anderes bedungen ist.
ZustOR § 121
10
Abgedruckt bei § 241 BGB.
504
3. Titel: Versprechen der Leistung an einen Dritten
i 328-335
III. 1.1 Zu § 6 des Entwurfes: | Prot I 841 „Das Recht des Dritten, die an ihn versprochene Leistung zu fordern, entsteht TE-OR (Nr 1) in demjenigen Zeitpunkte, in welchem es nach dem aus den Worten des Vertrages § 6 oder aus den Umständen erhellenden Willen der Vertragschließenden entstehen soll. Erklärt der Dritte dem Versprechenden, daß er die Erwerbung des Forderungsrechtes zurückweise, so ist es anzusehen, wie wenn das Forderungsrecht nicht entstanden wäre." lagen die Anträge vor: 1. den § zu streichen 11 und dafür in § 5 in dem Satze: „daß der Dritte das Recht erlangt" einzuschalten „sogleich oder zu einer späteren Zeit".
Johow (Nr 88, 5)
2. den § 6 dahin zu ändern, daß:
v. Schmitt
a) in der ersten Zeile die Worte: „an ihn" gestrichen werden;
(Nr 87)
b) an die Stelle der Worte: „nach dem aus den Worten des Vertrages oder aus den Umständen erhellenden Willen der Vertragschließenden" gesetzt werde: „nach dem Inhalte des Vertrages", eventuell den ganzen Absatz zu streichen. 3. in der ersten Zeile des § 6 die Worte: „an ihn" zu streichen und die in dem Antrage zu 2 b gedachten Worte durch die Worte: „nach dem Vertragswillen" zu ersetzen.
Windscheid (Nr 90)
4. dem ersten Absätze die Bestimmung anzuschließen: v. Weber „Im Zweifel ist anzunehmen, daß das Forderungsrecht des Dritten bei Leistun- (Nr 91) gen, I welche erst nach dem Tode des Versprechensempfängers zu erfüllen sind, mit | Prot I 842 diesem Todesfalle, bei Leistungen anderer Art mit dem Beitritte des Dritten entstehe; zu dem Beitritte genügt die Erklärung des Dritten gegen den Versprechenden, daß er von dem Rechte Gebrauch machen wolle." eventuell wenigstens zu bestimmen : „Ist die Mitwirkung (der Beitritt) des Dritten erforderlich, so genügt im Zweifel die Erklärung des Dritten gegen den Versprechenden, von dem Rechte Gebrauch machen zu wollen." 5. als Zusatz zum ersten Absätze zu bestimmen: „Im Zweifel ist anzunehmen, daß das Forderungsrecht des Dritten vor Mittheilung des Versprechens durch den einen oder anderen Vertragschließenden an den Dritten nicht entstehen soll." Zunächst wurde der erste Absatz der Berathung unterstellt. Die Mehrheit lehnte den Antrag zu 4, sodann den zu 5 ab, und billigte hierauf die Bestimmung des Entwurfes. Die Gründe der Beschlüsse waren: Der erste Absatz bezwecke, die Frage zu beantworten, mit welchem Zeitpunkte das Recht des Dritten entstehe, vorausgesetzt, daß ein pactum in favorem tertii im Sinne des § 5, das heißt ein solches pactum vorliege, bei welchem die unmittelbare Berechtigung des Dritten als gewollt feststehe. Wenn diese Frage dahin beantwortet werde, der Inhalt des Vertrages entscheide, so sei damit nur scheinbar wenig gesagt. Allerdings gebe die Vorschrift keine Auskunft, was | denn gelten solle, wenn der Vertrag keinen besonderen Anhalt f ü r die Entscheidung gewähre. In einem solchen Falle liege die Auffassung nahe, maßgebend werde der Grundsatz, wonach 11
Ob der 2. Teil des Antrags von Johow stammt, ist nicht nachweisbar. 505
| Prot I 843
§§328-335
2. Abschnitt: Schuldverhältnisse aus Verträgen
die Rechte und Pflichten aus Verträgen mit deren Abschluß zur Entstehung gelangen. Die Bedeutung der Vorschrift des Entwurfs sei nun die, daß sie den Richter darauf hinweise, nicht sofort auf jenen Grundsatz zurückzugehen, sondern zunächst sorgfältig zu prüfen, ob nicht nach dem Inhalte des Vertrages und der daraus zu erkennenden Absicht der Parteien ein anderer Zeitpunkt beziehungsweise der Hinzutritt noch einer anderweiten Thatsache erforderlich sei. Betreffend die Anträge zu 4 und 5, so möge dahingestellt bleiben, ob sich beide mit der Vorschrift des Entwurfs, zu deren Ergänzung sie dienen sollten, vertrügen. Beide Anträge seien aber bedenklich. Der Antrag zu 4, soweit er sich auf den Fall beziehe, wenn die Leistung dem Dritten erst nach dem Tode des Promissars zu gewähren sei, passe nur für eine begrenzte Zahl von Fällen, weshalb er als Regel sich nicht empfehle. Im übrigen lieferten die zu 4 aufgeführten Vorschläge das Ergebniß, daß bei dem pactum in favorem tertii im Sinne des § 5 des Entwurfs das Recht des Dritten im Zweifel von der dem Promittenten gegenüber erklärten Annahme desselben abhänge und das Recht des Dritten mit dem Vertragsabschlüsse nur dann entstehe, wenn es besonders bedungen sei. Dies Ergebniß stehe aber wenig im Einklänge mit den Vorbeschlüssen und dem diesen folgenden § 5 des I Prot I 844 Entwurfs. Aehnliche Bedenken ließen sich gegen | den Antrag zu 5 erheben, und wenn für denselben geltend gemacht sei, es könnten sich unerwartete Härten und Unbilligkeiten ergeben, wenn die subsidiäre Regel Platz greife, das Recht des Dritten gelange mit dem Vertragsabschlüsse zur Entstehung, so diene zur Widerlegung dieses Einwurfs, daß in den unterstellten Fällen bei richtiger Auslegung des Parteiwillens die besorgte Gefährdung sich nicht ergeben könne. Die übrigen Anträge, soweit sie durch die obigen Beschlüsse nicht ihre Erledigung gefunden haben, blieben wegen ihrer nur redaktionellen Bedeutung der Prüfung bei der Redaktion vorbehalten. ZustOR § 122 2. Die beschlossene Regelung lautet in der ZustOR (im KE) als §122: Das KE § 410 Forderungsrecht des Dritten entsteht in dem Zeitpunkte, in welchem es nach dem aus dem Inhalte des Vertrages sich ergebenden Willen der Vertragsschließenden zur Entstehung gelangen soll. 3. Aufgrund eines Antrags von Gebhard (Nr. 609, 1; Prot. I 11787) wurden in § 401 KE die Worte „in dem Zeitpunkte, in welchem" ersetzt durch „mit dem Zeitpunkte, in welchem". EI § 413
I Prot I 845
4. Im E I lautet die Regelung als §413: Das Forderungsrecht des Dritten entsteht mit dem Zeitpunkte, in welchem es nach dem aus dem Inhalte des Vertrages sich ergebenden Willen der Vertragsschließenden zur Entstehung gelangen soll. IV. 1. 98. Sitzung vom 9. 6. 1882, Schriftführer Neubauer | Die Berathung des Theilentwurfes betreffend das Versprechen der Leistung an einen Dritten (Nr. 1) wurde fortgesetzt, und zwar zunächst zu Absatz 2 des § 6. Der in dem Protokolle vom 7. Juni d. J. (S. 841) unter Nr. 1 aufgeführte Streichungsantrag wurde zurückgezogen, dagegen aber der Antrag gestellt, statt der Worte „dem Versprechenden" zu setzen: „einem der Vertragschließenden". Der Antrag wurde abgelehnt und der Absatz 2 des Entwurfes angenommen. Die Gründe des Beschlusses waren: Der Entwurf stehe im Einklang mit dem Vorbeschlusse vom 18. Oktober 1878; er weiche von diesem nur darin ab, daß er zusätzlich bestimme, die ablehnende Erklärung des Dritten sei dem Versprechenden gegenüber abzugeben. Diese Normirung verdiene vor der des abgelehnten An506
3. Titel: Versprechen der Leistung an einen Dritten
§§
328-335
träges deshalb den Vorzug, weil der Versprechende allein der Schuldner sei, so daß seine Person bezüglich der ablehnenden Erklärung im Vordergrunde stehe und nur in Frage kommen könne, ob nicht zu bestimmen sei, die Ablehnung sei beiden Theilen gegenüber zu erklären; letztere Vorschrift erscheine aber aus praktischen Gründen nicht sachgemäß. 2. Die beschlossene Regelung lautet in der ZustOR (im KE) als § 124: Erklärt der Dritte dem Versprechenden, daß er das Forderungsrecht zurückwei- ZustOR § 124 se, so ist es so anzusehen, als wenn das Forderungsrecht nicht entstanden wäre. KE S 412 3. Auf gegebene Anregung wurde ferner beschlossen, in § 412 KE statt „anzusehen, als wenn" zu setzen „anzusehen, wie wenn". (Prot. I 6136). 4. Fassung der Regelung im E I als § 415: Erklärt der Dritte dem Versprechen- E I § 415 den, daß er das Forderungsrecht zurückweise, so ist es so anzusehen, wie wenn das Forderungsrecht nicht entstanden wäre. V. I Zu § 7 des Entwurfes :
I Prot I 846
„Ob, von wem, unter welchen Voraussetzungen und bis zu welchem Zeitpunkte TE-OR (Nr 1) das Versprechen der Leistung an den Dritten zurückgenommen oder geändert wer- S 7 den kann, bestimmt sich nach dem aus den Worten des Vertrages oder aus den Umständen erhellenden Willen der Vertragschließenden. Im Zweifel ist eine Aenderung oder Zurücknahme des Versprechens nur insolange zulässig, als ein Forderungsrecht des Dritten noch nicht entstanden ist." lagen die Anträge vor : Johow 1. den § 7 zu fassen: „Hat im Falle des § 5 der Dritte das selbständige Forderungsrecht einmal erwor- (Nr 88) ben, so kann das Versprechen der Leistung an ihn von den Vertragschließenden nur mit seiner Zustimmung geändert oder aufgehoben werden." Schmitt 2. den § 7 zu streichen, eventuell statt des ersten Satzes zu bestimmen: „Ob das Versprechen der Leistung an einen Dritten dem Dritten gegenüber (Nr 87) zurückgenommen werden kann, bestimmt sich nach dem Inhalte des Vertrages."
3. im § 7 die Worte: „nach dem aus den Worten des Vertrages oder aus den Windscheid Umständen erhellenden Willen der Vertragschließenden" zu ersetzen durch die (Nr 90) Worte: „nach dem Vertragswillen". 4. in § 7 zu bestimmen: „So lange das Recht des Dritten noch nicht entstanden ist (das heißt auch nicht als bedingtes oder betagtes) können die Vertragschließenden den Vertrag nach Belieben abändern oder aufheben. Ueber die Zulässigkeit einer späteren Abänderung oder Aufhebung des Vertrages entscheidet der Inhalt des Vertrages." Beschlossen wurde: I Prot I 847 11. Annahme des ersten Satzes des Antrages zu 4. Die Gründe des Beschlusses waren: Der erste Satz des ersten Absatzes des § 7 lasse das Verständniß zu : statthaft sei der Vertrag, durch welchen bedungen werde, der Dritte solle das unmittelbar für ihn aus dem Vertrage entspringende Recht zwar nicht sofort mit dem Vertragsabschlüsse, vielmehr erst später erlangen, das Recht solle selbst als bedingtes oder 507
§§ 328-335
2. Abschnitt: Schuldverhältnisse aus Verträgen
betagtes erst später zur Entstehung kommen, gleichwohl den Parteien vorher nicht erlaubt sein, unter Aenderung des Vertrages durch eine neue Vereinbarung die zu Gunsten des Dritten getroffene Uebereinkunft aufzuheben oder zu ändern. In der Zulassung einer solchen Vereinbarung liege die Zulassung einer kontraktlichen Beschränkung der Dispositionsgewalt ohne gleichzeitige Begründung des der Beschränkung entsprechenden Rechts eines Dritten. Da in dem unterstellten Falle das Recht des Dritten nicht einmal als bedingtes oder betagtes bestehe, so werde evident, daß es sich um die Zulassung der nackten Beschränkung der Dispositionsgewalt handele. Eine solche Zulassung verstoße gegen die allgemeine Rechtsregel, von der für den Fall des pactum in favorem tertii eine Ausnahme zu gestatten, in keiner Weise gerechtfertigt erscheine. An sich möge kein Bedürfniß bestehen, die Zulassung durch eine besondere Vorschrift auszuschließen. Die Ausschließung liege schon in dem Mangel einer die Zulässigkeit bestimmenden Vorschrift. Jenes Bedürfniß lasse sich um so mehr verneinen, als der in Betracht kommende Fall kaum eine praktische Bedeutung habe. Eine Vereinbarung des Inhalts: das Recht des Dritten solle nicht einmal als ein bedingtes bestehen und gleichwohl feste Bindung der Parteien eintreten, werde kaum vorkommen, und, wenn sie vorliege, zunächst Anlaß zu der Frage geben, ob nicht die Parteien sich im Ausdruck verI Prot I 848 | griffen und etwas Anderes, als der Wortverstand ergebe, bezweckt haben. Indessen empfehle sich die beschlossene Vorschrift einmal zur Lösung eines Zweifels, der bei dem eigenthümlichen Wesen des pactum in favorem tertii nicht ausgeschlossen sei, sodann in Rücksicht auf die Fälle, in welchen bei einem einfachen pactum in favorem tertii der Dritte eine noch nicht geborene Person sei, wenn man nicht gerade für diese Fälle die Bindung der Parteien erlauben wolle. Insofern die beschlossene Vorschrift von bedingtem oder betagtem Rechte des Dritten rede, möge die Korrektheit des Ausdrucks anfechtbar sein. Allein schon früher habe man sich überzeugt, daß dies Bedenken nicht abhalten dürfe, sich eines hergebrachten Ausdrucks zu bedienen, der einem Mißverständnisse nicht unterliege und durch einen anderen leichtverständlichen sich kaum ersetzen lasse. 2. Annahme der dem zweiten Satze des § 7 des Entwurfes entsprechenden Vorschrift: „Ist das Recht des Dritten, wenn auch nur als ein bedingtes oder betagtes, entstanden, so können im Zweifel die Parteien dasselbe dem Dritten einseitig nicht entziehen oder schmälern." Erwogen wurde : Unleugbar müsse den Parteien die Befugniß zustehen, in dem Vertrage selbst zu vereinbaren, daß sie durch eine neue Uebereinkunft das Recht des Dritten auch dann noch aufheben oder ändern dürften, nachdem es bereits entstanden sei. Der Entwurf bestimme mit Recht, ob eine solche Befugniß vorbehalten worden sei nach dem Inhalte des Vertrages und dem daraus ersichtlichen Parteiwillen in jedem Falle besonders zu prüfen. Liefere aber der Inhalt des Vertrages keinen Anhalt für die Entscheidung, so bedürfe es einer interpretativen Regel. Als solche stelle der EntI Prot I 849 wurf die auf: | die Befugniß könne nicht als vorbehalten gelten. Dies erscheine aber auch vollkommen gerechtfertigt, weil, wenn einmal das Recht des Dritten als zur Entstehung gelangt anzusehen sei, auch die Vermuthung dafür streite, das Recht sei als ein unwiderrufliches und unentziehbares gewollt. Die Regel aufzunehmen, sei endlich auch keineswegs überflüssig; denn sie könnte leicht verkannt werden, wenn das Recht des Dritten nur als bedingtes oder betagtes entstanden sei. 508
3. Titel: Versprechen der Leistung an einen Dritten
§§
328—335
3. Annahme des ersten Satzes des § 7 des Entwurfes, soweit derselbe sich nicht durch den Beschluß zu 1 erledigt, jedoch unter Vorbehalt der Redaktion. Die Gründe dieses Beschlusses waren: Die Bestimmung empfehle sich, zur Verdeutlichung des Beschlusses zu 2 und in Konsequenz des zum ersten Absätze des § 6 gefaßten Beschlusses (Protokolle S. 842, 843). Die übrigen Anträge, soweit sie nicht durch die vorstehenden sachlichen Beschlüsse erledigt erscheinen, blieben der Prüfung bei der Redaktion vorbehalten. 2. Die beschlossene Regelung lautet in der ZustOR als § 123: So lange das Forderungsrecht des Dritten auch nicht als bedingtes oder betagtes ZustOR § 123 entstanden ist, kann das Versprechen der Leistung an den Dritten von den Vertragschließenden geändert oder wieder aufgehoben werden. Nach der Entstehung des Forderungsrechtes ist eine solche Aenderung oder Aufhebung nur zulässig, wenn der Inhalt des Vertrages ergiebt, daß die Vertragschließenden die Befugniß dazu sich haben vorbehalten wollen1·'. * Beschlossen war der Zusatz: „Im Zweifel ist anzunehmen, daß diese Befugniß nicht vorbehalten sei." Die Aufnahme dieses Zusatzes ist für entbehrlich erachtet, weil er nach der Fassung der vorhergehenden Vorschriften selbstverständlich ist. 3. Der Antrag (Prot. I, S. 3270), den Zusatz zu § 123 ZustOR als entbehrlich zu streichen, wurde von der 1. Kommission angenommen (Prot. I, S. 3276, sub. 32). 4. In Prot. I, S. 3292 — 3293, heißt es ferner: „Es ward der beschlossene Zusatz: Im Zweifel ist anzunehmen, daß diese Befugniß nicht vorbehalten sei, für entbehrlich erachtet, weil er nach der Fassung der vorhergehenden Vorschriften selbstverständlich sei." 5. § 414 £ / ( § 411 KE) entspricht § 123 ZustOR. VI. 1.1 Zu § 8 des Entwurfes: I Prot I 849 „Steht dem Dritten das Recht zu, die versprochene Leistung an ihn von dem TE-OR (Nr 1) Versprechenden zu fordern, so sind weder der Versprechensempfänger noch seine Erben oder Gläubiger berechtigt, die Leistung für sich in Anspruch zu nehmen, wenn dies nicht besonders bedungen ist." war beantragt: Johow (Nr 88) Windscheid (Nr 90) v. Schmitt (Nr. 87)
1. den § 8 zu streichen. 2. in der ersten Zeile die Worte: „an ihn" zu streichen.
3. die Worte „an ihn" zu streichen, eventuell statt: „die versprochene Leistung an ihn" zu setzen: „die an ihn versprochene Leistung"; ferner dem § 8 folgenden Zusatz zu geben 12 : „Unberührt bleiben die Rechte der Gläubiger auf die Anfechtung der Rechts- | geschähe (oder Rechtshandlungen) des Schuldners in dem Kon- I Prot I 850 kursverfahren und außerhalb desselben." eventuell den § 8 mit dem Schlußsatze des ersten Absatzes des § 5 dahin zu v. Schmitt verbinden: „ . . . . zu fordern; die Leistung für sich in Anspruch zu nehmen, ist er (Nr 87) nur berechtigt wenn dies besonders bedungen ist." Die Mehrheit beschloß die Streichung des § 8, indem sie dessen Inhalt für selbstverständlich und seine Aufnahme daher für nicht erforderlich hielt.
12
Der gesamte Antrag Nr. 3 stammt von v. Schmitt.
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§ § 328—335
TE-OR (Nr 1) S9
2. Abschnitt: Schuldverhältnisse aus Verträgen
Zu § 9 des Entwurfes: „Einreden aus dem Vertrage, in welchem die Leistung an den Dritten versprochen worden ist, stehen dem Versprechenden auch gegenüber dem Dritten zu, wenn nicht aus den Worten des Vertrages oder aus den Umständen ein Anderes erhellt. Forderungen, welche der Versprechende an den Versprechensempfänger hat, darf er dem Dritten nicht in Aufrechnung bringen." lagen die Anträge vor:
Johow 1. den Satz zu streichen: „wenn nicht aus den Worten des Vertrages oder aus (Nr 88) den Umständen ein Anderes erhellt." v. Schmitt (Nr 87)
2. den Schlußsatz zu streichen und im ersten Satze statt der Worte: „den Worten des Vertrages oder aus den Umständen" zu setzen: „dem Inhalte des Vertrau ges .
Der Antrag zu 1 wurde von dem Antragsteller zurückgezogen, aber von einem anderen Mitglied wieder aufgenommen. Der erste Satz des § 9 blieb in Bezug auf seinen sachlichen Inhalt unbeanstandet; die nur die Fassung betreffenden Anträge zu 1 und 2 blieben der Prüfung bei der Redaktion vorbehalten. Der zweite Satz des § 9 wurde als selbstverständlich I Prot I 851 und daher | entbehrlich von der Mehrheit abgelehnt. Von einem Mitglied war beantragt, folgende zusätzliche Bestimmungen aufzunehmen: „Die Anfechtung des Vertrages wegen Betruges gegenüber dem Versprechensempfänger wirkt auch gegen den Dritten. Empfänger der Willenserklärung im Sinne der §§ 72, 74, 76, 81 und Anfechtungsgegner im Sinne des § 105 (der Zusammenstellung der sachlich beschlossenen Bestimmungen des allgemeinen Theils) 13 ist der Versprechensempfänger auch dann, wenn nicht für ihn, sondern nur für den Dritten das Forderungsrecht auf die versprochene Leistung entstanden ist." Die Vorschriften fanden zwar in sachlicher Hinsicht keinen Widersprach. Gleichwohl erklärte sich die Mehrheit gegen die Aufnahme derselben, indem sie glaubte, die Rechtswissenschaft werde auch ohne ausdrückliche Bestimmungen zu dem dem Antrage entsprechenden Ergebnisse gelangen und es bestehe kein Bedürfniß, im Interesse der Rechtssicherheit durch eine positive Vorschrift möglichen Streitfragen in dieser Beziehung vorzubeugen. Ein anderes Mitglied beantragte die Aufnahme einer zusätzlichen Vorschrift folgenden Inhalts: „Für die Form des Vertrages ist nur das Verhältniß unter den Vertragschließenden maßgebend". Auch dieser Antrag wurde von der Mehrheit abgelehnt, indem man annahm, es verdiene den Vorzug, die Entscheidung der angeregten Frage der Rechtswissenschaft zu überlassen, wobei von einer Seite hervorgehoben wurde, daß die vorgeschlagene Bestimmung keineswegs für alle Fälle als richtig anerkannt werden könne, insbesondere nicht für die Fälle, in welchen zweifellos nicht der Promissar, I Prot 1 852 sondern der Promittent | derjenige sei, welcher dem Dritten ein Geschenk zuzuwenden bezwecke, und zugleich der Vertrag keinen anderen Inhalt habe, als den Promittenten zu verpflichten, den Dritten zu beschenken. 13
Vgl. Materialien bei §§ 116 ff und 143 BGB.
510
3. Titel: Versprechen der Leistung an einen Dritten
i 328-335
Es war ferner beantragt: hinter § 9 folgende Bestimmungen hinzuzufügen : Planck „§ 9 a. Bei einer durch den Vertrag versprochenen Veräußerung finden zu Gun- (Nr 95) sten des Dritten rücksichtlich der Gewährleistung des veräußerten Rechts die Vorschriften der SS 7 — 2 1 r ü c k s i c h t l i c h der Gewährleistung wegen Mängel der Sache der § 38 des Abschnitts über die Rechte und Verpflichtungen aus Verträgen entsprechende Anwendung. Wenn dem Dritten wegen Mängel der veräußerten Sache ein Recht gegen den Versprechenden nicht zusteht, so hat der Versprechensempfänger, wenn der Vertrag ein entgeltlicher war, einen Anspruch auf Minderung unter entsprechender Anwendung der Vorschriften der §§ 22 — 37." „§ 9 b. Das Versprechen der Leistung an einen Dritten ist auch dann wirksam, wenn der Dritte zur Zeit der Schließung des Vertrages noch nicht geboren war. Der Dritte erwirbt das Recht auf die versprochene Leistung in diesem Falle mit seiner Geburt, sofern der Erwerb nach dem Willen der Vertragschließenden nicht erst in einem späteren Zeitpunkte stattfinden sollte. Eine Vereinbarung, daß die Zurücknahme oder Aenderung des Versprechens auch vor der Geburt des Dritten unzulässig sein solle, ist statthaft." eventuell statt der letzten Worte des ersten Absatzes des § 9 b : „noch nicht geboren war" zu setzen: „zwar noch nicht geboren, aber bereits erzeugt war". I Der Antrag wurde in Ansehung des vorgeschlagenen § 9 a zurückgezogen. Der | Prot I 853 vorgeschlagene § 9 b wurde abgelehnt. Die Mehrheit war der Ansicht, die Bestimmungen der beiden ersten Absätze des § 9 b seien selbstverständlich und daher entbehrlich. Der dritte Absatz erscheine dagegen im höchsten Maße bedenklich; er proponire eine Ausnahme von der allgemeinen Rechtsregel, nach welcher noch nicht geborene Personen unfähig seien, Rechte zu erwerben. Von dieser Regel eine Ausnahme auch nur zu Gunsten der bereits empfangenen noch nicht Geborenen zu machen, sei um so weniger erforderlich, als dem allenfallsigen Bedürfnisse im Wege der letztwilligen Verfügung entsprochen werden könne. In Betracht komme, daß bei Annahme des Vorschlags ähnliche Beschränkungen würden hinzugefügt werden müssen, wie sie im Erbrechts-Entwurfe hinsichtlich der beständigen Fideikommisse sich fänden (vgl. Erbrechts-Entwurf § 72) 15 . 2. Die beschlossene Regelung lautet in der ZustOR (im KE) als § 125: Einreden ZustOR § 125 aus dem Vertrage stehen dem Versprechenden auch gegenüber dem Dritten zu, KE § 413 wenn nicht ein Anderes aus dem Inhalte des Vertrages erhellt. 3. Aufgrund eines Antrags von Gebhard (Nr. 148 I, zum Allg. Teil) wurde in § 413 das Wort „Einrede" durch „Einwendungen" ersetzt (Prot. I 142)16. 4. Fassung der Regelung im EI als §416: Einwendungen aus dem Vertrage EI§416 stehen dem Versprechenden auch gegenüber dem Dritten zu, wenn nicht ein Anderes aus dem Inhalte des Vertrages erhellt. 14 15
16
Vgl. Materialien zu den §§ 370 ff E I (433 ff BGB) und zu den §§381 ff E I (459 ff BGB). § 72 Abs. 1 TE-ErbR lautet: „Dem Erblasser, welcher einen Nacherben berufen hat, ist die Berufung eines zweiten oder folgenden Nacherben nicht gestattet. Ungeachtet einer solchen Anordnung erlangt der erstberufene Nacherbe die Befugniß freier Verfügung über das nacherbschaftliche Vermögen." Die Begründung zu diesem Antrag ist bei § 202 BGB abgedruckt.
511
§§ 328-335
2. Abschnitt: Schuldverhältnisse aus Verträgen
B. Vorkommission des Reichsjustizamtes I. Beantragt w a r : 1. Die SS 412 bis 415 durch folgende Bestimmungen zu ersetzen. § 412. Ein Vertrag, in welchem der eine Theil eine Leistung an einem Dritten Struckmann (Nr 1, 106) verspricht, kann mit der Wirkung geschlossen werden, daß der Dritte nach M a ß g a be des Vertrages unmittelbar berechtigt wird, die Leistung von dem Versprechenden zu fordern. Sofern nicht ein Anderes bedungen ist, kann in einem solchen Falle der andere Theil fordern, daß die Leistung an den Dritten erfolge. Struckmann § 4 1 3 . Sobald der Dritte nach Maßgabe des Vertrages das Recht auf die Lei(Nr 1, 106) stung, wenn auch nur als bedingtes oder betagtes, erworben hat, kann das Versprechen der Leistung an ihn durch die Vertragschließenden nicht mehr aufgehoben oder geändert werden, sofern sie nicht die Befugniß dazu sich vorbehalten haben. H a t der Versprechende kein Interesse daran, daß die Leistung an den Dritten erfolge, so kann, solange die Aufhebung des Versprechens gegenüber dem Dritten zulässig ist, der andere Theil einseitig dasselbe aufheben. § 414. Ist die Leistung an einen zur Zeit der Schließung des Vertrages noch Struckmann (Nr 1, 106) nicht empfangenen oder noch nicht geborenen Dritten versprochen, so erwirbt dieser das Recht auf die Leistung, soweit nicht ein späterer Zeitpunkt für den Erwerb bestimmt ist, mit seiner Geburt; nach dem Tode des Versprechensempfängers kann jedoch von dessen Erben und dem Versprechenden das Versprechen im Zweifel nicht mehr aufgehoben oder geändert werden. Das Versprechen wird unwirksam, wenn, bevor die Geburt des Dritten erfolgt, seit der Schließung des Vertrages dreißig Jahre verstrichen sind und der Versprechensempfänger gestorben ist. Struckmann § 415. Soll die Leistung an den Dritten nach dem Tode des Versprechensemp(Nr 1, 106) fängers erfolgen, so erwirbt der Dritte das Recht auf die Leistung im Zweifel mit dem Tode des Versprechensempfängers. Struckmann § 415a. Das Recht des Dritten auf die Leistung wird als nicht erworben angese(Nr 1, 106) hen, wenn er dasselbe gegenüber dem Versprechenden zurückweist. Ob in einem solchen Falle die Leistung an den Versprechensempfänger oder an einen Anderen zu erfolgen hat oder ob die Leistungspflicht erlischt, bestimmt sich nach dem Inhalte des Vertrages. Das Gleiche gilt, wenn das Versprechen der Leistung an den Dritten aus einem anderen Grunde weggefallen ist. 2. Die SS 412 bis 416 (unter Streichung des S 414) durch folgende Vorschriften zu ersetzen: Jacubezky S a (§§ 412, 413). W i r d in einem Vertrage eine Leistung an einen Dritten zum (Nr 5, 40) Zwecke der Fürsorge für diesen versprochen, so erwirbt der Dritte das Recht, von dem Versprechenden die Leistung zu fordern. Ist die in dem Vertrage bethätigte Fürsorge für den Dritten für einen bei der Schließung des Vertrages noch nicht eingetretenen Fall bestimmt, so entsteht das Recht des, Dritten mit dem Eintritte des Falles, für welchen die Fürsorge bestimmt ist. Der Theil, welcher sich die Leistung an den Dritten hat versprechen lassen, ist zu fordern berechtigt, daß die Leistung an den Dritten bewirkt werde. 512
3. Titel: Versprechen der Leistung an einen Dritten
§§
328—335
§ b. Bildet der Gegenstand des Vertrages eine Leistung an eine zur Zeit der Jacubezky Schließung des Vertrages noch nicht empfangene Person, so entsteht ein Forde- (Nr 5, 40) rungsrecht derselben nicht, wenn, ehe sie empfangen ist, die Vertragschließenden gestorben und seit dem Tode des Theiles, welcher sich die Leistung an den Dritten hat versprechen lassen, dreißig Jahre abgelaufen sind. § c (§ 416). Einwendungen aus dem Vertrage stehen dem Versprechenden auch gegenüber dem Dritten zu. § d. Wie § 415. § e. Wird das Forderungsrecht von dem Dritten zurückgewiesen, so ist der Theil, welcher sich die Leistung an den Dritten hat versprechen lassen, berechtigt, Leistung an sich selbst zu fordern. Bildet jedoch die Leistung an den Dritten eine Auflage auf eine von dem Theile, welcher sich dieselbe hat versprechen lassen, dem Versprechenden gemachte Leistung, so wird durch die Zurückweisung des Forderungsrechtes der Versprechende von seiner Verbindlichkeit frei.
Jacubezky (Nr 5, 40) Jacubezky (Nr 5, 40) Jacubezky (Nr 5, 40)
3 a) Dem § 413 folgenden zweiten Absatz hinzuzufügen: Soll die Leistung an den Dritten erst nach dem Tode des Versprechensempfängers erfolgen, so ist im Zweifel anzunehmen, daß das Recht des Dritten erst mit diesem Todesfalle zur Entstehung gelangen und vorher auch nicht als bedingtes und betagtes Recht bestehen solle.
Planck (Nr 6, 27)
b) Den § 415 zu fassen: Das Forderungsrecht des Dritten gilt als nicht entstanden, wenn es von demselben gegenüber dem Versprechenden abgelehnt wird. Ist die Leistung an den Dritten als Entgelt für eine Leistung des Empfängers des Versprechens zugesagt, so ist im Zweifel anzunehmen, daß, wenn der Dritte das Forderungsrecht ablehnt, die Leistung an den Empfänger des Versprechens erfolgen oder, sofern dies nicht möglich ist, ihm der Werth ersetzt werden solle.
Planck (Nr 6, 28)
II. 64. Sitzung vom 30. 12. 1891 I 1. Zu § 412 billigte die Kommission grundsätzlich den Standpunkt des Entw., | ProtRJA 375 daß bei dem Versprechen einer Leistung an einen Dritten dieser einen unmittelbaren Anspruch gegen den Promittenten erwerbe, wenn dies dem aus den Umständen des Falls zu entnehmenden Willen der Vertragschließenden entspreche. Man verkannte nicht, daß es für die Praxis wünschenswerth sein würde, die unmittelbare Berechtigung des Dritten von objektiven Kriterien abhängig zu machen, allein ein allgemeines, auf objektive Kriterien sich gründendes Prinzip lasse sich nicht aufstellen. Auch der von einer Seite gemachte Vorschlag, eine unmittelbare Berechtigung des Dritten nur in solchen Fällen eintreten zu lassen, in welchen die Leistung an den Dritten zum Zwecke der Fürsorge für diesen versprochen werde, empfehle sich nicht, da diese Abgrenzung einerseits wenig praktikabel, andererseits zu eng sei. In einigen Fällen, beispielsweise bei Lebensversicherungs- und Gutsübernahmeverträgen bilde zwar die Fürsorge zum Besten des Dritten für den Versprechensempfänger das treibende Motiv zum Anschluß des Vertrages, in zahlreichen anderen Fällen verfolge der Empfänger jedoch eigene Zwecke und denke nicht daran, das Interesse des Dritten wahrzunehmen. Insbesondere kämen auch solche Fälle in Betracht, in welchen der Dritte lediglich für Rechnung des Versprechensempfängers das Recht auf die Leistung erwerben solle. Da bei einem Versprechen der Leistung an einen Dritten die causa | zu diesem Versprechen im Verhältnisse zwi- | ProtRJA 376 513
§§328-335
2. Abschnitt: Schuldverhältnisse aus Verträgen
sehen dem Dritten und dem Versprechensempfänger liege, so könne überhaupt der Vertrag zu Gunsten Dritter von dem Versprechensempfänger aus den verschiedensten Gründen benutzt werden, um dem Dritten eine Vermögenszuwendung zu machen. Der praktische Wert des Instituts zeige sich insbesondere auch darin, daß auf diesem Wege eine Vereinfachung erzielt werde, indem dasjenige, was sonst nur durch mehrere Leistungen erreicht werden könnte, durch eine Leistung sich erreichen lasse. Wolle ζ. B. jemand ein ihm nicht gehöriges Grundstück einem anderen schenken, so könne er dies auf dem Wege des Vertrags zu Gunsten Dritter durch eine Auflassung erreichen, indem er in dem Kaufvertrage von dem Verkäufer, die Eigenthumsübertragung an den zu Beschenkenden sich versprechen lasse. Wenn von verschiedenen Seiten, um dem Bedürfnisse der Praxis nach einer festen Grundlage entgegenzukommen, vorgeschlagen worden sei, in allen Fällen, in welchen Jemand eine Leistung an einen Dritten sich versprechen lasse, im Zweifel anzunehmen, daß die unmittelbare Berechtigung des Dritten gewollt sei, so verdiene auch diese Regelung keinen Beifall, da sie die Gefahr mit sich bringe, daß in vielen Fällen eine unmittelbare Berechtigung des Dritten angenommen werde, wo dies den Verhältnissen nicht entspreche. Außerdem helfe eine derartige Auslegungsregel nicht über die Schwierigkeit hinweg, den Zeitpunkt zu ermitteln, in welchem das Recht des Dritten auf die Leistung entstanden sein solle. Weiter komme in Betracht, daß zu § 318 17 des Entw. für die Erfüllungsübernahme die entgegengesetzte Auslegungsregel aufgestellt sei. Sehe man von den Fällen ab, in denen bisher die Praxis einen Vertrag zu Gunsten Dritter angenommen, so sei es richtiger, wegen I ProtRJA 377 der sonstigen Fälle den Richter auf | die Umstände des einzelnen Falles zu verweisen. Auch die bisherige Praxis im gemeinen, preußischen und französischen Recht sei damit ausgekommen. Ebenso hätten die neueren Gesetzgebungswerke, das Sächs. BGB und das Schweizerische Obligationenrecht, auf den Willen der Vertragschließenden als das maßgebende Moment abgestellt. Es könne erwartet werden, daß auch auf den Boden des § 412 die Rechtsprechung den in der bisherigen Praxis anerkannten Fällen eines Vertrags zu Gunsten Dritter die Anerkennung nicht verweigern werde. Andererseits werde durch die Aufstellung des im §412 ausgesprochenen Prinzips eine zweckentsprechende Anwendung des Instituts auf andere Fälle ermöglicht. Billigte somit die Kommission sachlich den Entw., so hielt sie es doch andererseits für erforderlich, die zu eng gewählte Fassung des § 412 zu erweitern und zu verdeutlichen. Es wurde beschlossen, nicht auf den Inhalt des Vertrags abzustellen, wie dies im Entw. vorgeschlagen ist, sondern die Redaktion an den Vorgang des §229 Abs. I ' 8 anzuschließen, um damit der Auslegung eine Direktion zu geben. Regelmäßig werde der Vertrag selbst über die Absicht der Parteien nichts ergeben; es komme deshalb wesentlich darauf an, zu ermitteln, was die Parteien nach den besonderen Umständen gewollt haben würden, wenn sie eine ausdrückliche Vereinbarung getroffen hätten. Zu § 413 hielt man den Zusatz für angemessen, daß, wenn die Leistung an den Dritten nach dem Tode des Versprechensempfängers erfolgen solle, der Dritte den Anspruch auf die Leistung im Zweifel mit dem Tode des Versprechensempfängers erwerbe. Die Fassung der §§412, 413 wurde vorläufig wie folgt festgestellt: 17 Vgl. § 329 BGB. 18 Vgl. §260 BGB. 514
3. Titel: Versprechen der Leistung an einen Dritten
§§
328—335
§ 412. Wird in einem Vertrage von einem Theile der Vertragschließenden 1 9 eine I Leistung an einen Dritten versprochen, so wird der Dritte hierdurch unmittelbar berechtigt, von dem Versprechenden die Leistung zu fordern, wenn aus den U m ständen des Falles, insbesondere aus der besonderen Natur und dem Zwecke des Schuldverhältnisses, zu entnehmen ist, daß die Berechtigung des Dritten dem Willen der Vertragschließenden entspricht. Der Versprechensempfänger kann fordern, daß die Leistung an den Dritten erfolge.
E I-RJA § 412 |ProtRJA378
§ 413. Das Recht des Dritten auf die Leistung entsteht mit dem Zeitpunkte, in welchem es nach dem aus den Umständen des Falles, (insbesondere aus der besonderen Natur und dem Zwecke des Schuldverhältnisses) 20 , zu entnehmenden Willen der Vertragschließenden zur Entstehung gelangen soll. Soll die Leistung an den Dritten nach dem T o d e des Versprechensempfängers erfolgen, so erwirbt der Dritte das Recht auf die Leistung im Zweifel mit dem Tode des Versprechensempfängers.
E I-RJA S 413
2. Der § 414 des Entw. wurde sachlich nicht beanstandet. Der Vorschlag, den Paragraphen durch einen Zusatz zu erweitern, daß der Promissar einseitig das Versprechen aufheben dürfe, solange die Aufhebung dem Dritten gegenüber zulässig sei, wenn der Versprechende kein eigenes Interesse an der Bewirkung der Leistung an den Dritten haben sollte, wurde wegen der gegen die Fassung erhobenen Bedenken abgelehnt. Der §414 erhielt folgende Fassung: Sobald der Dritte das Recht auf die Leistung, wenn auch nur als bedingtes oder betagtes, erworben hat, kann das Versprechen der Leistung an ihn durch die Vertragschließenden nicht mehr aufgehoben oder geändert werden, sofern sie nicht die Befugniß dazu sich vorbehalten haben.
E I-RJA § 414
I 3. Die Kommission beschloß, nachstehende Vorschrift einzufügen: „Ist die | ProtRJA 379 Leistung an einen zur Zeit der Schließung des Vertrags noch nicht geborenen §414a Dritten versprochen, so kann nach dem Tode des Versprechensempfängers von dessen Erben und dem Versprechenden das Versprechen im Zweifel nicht mehr aufgehoben oder geändert werden. Das Versprechen wird unwirksam, wenn vor der Geburt des Dritten die Vertragschließenden gestorben und seit dem Tode des Versprechensempfängers dreißig Jahre verflossen sind." Anlangend die Aufnahme des Abs. 1, so ging die Kommission von der Erwägung aus, daß es den Erben des Versprechensempfängers und dem Versprechenden nach der Intention des Versprechensempfängers im Zweifel nicht habe gestattet werden sollen, dem Dritten die Aussicht auf die ihm zugedachte Leistung zu vereiteln, um so weniger, als in Fällen dieser Art der Vertrag zu Gunsten des Dritten regelmäßig ähnliche Zwecke verfolge, wie letztwillige Verfügungen, insbesondere Vermächtnisse (vgl. § 1957 Abs. I) 2 1 . Die Aufnahme des Abs. 2, welche sich an die Bestimmungen des § 1813 und § 1869 Abs. 2 22 anlehnt, erfolgte unter der Voraussetzung, daß die angeführten Rechtssätze bei der Berathung des Erbrechts nicht abgeändert werden. 19
20
2
Im Antrag von Struckmann in der 2. Kommission heißt es statt „Theile der Vertragsschließenden" nur „der Vertragsschließenden". Der eingeklammerte Satz ist erst im Antrag von Struckmann in der 2. Kommission enthalten.
1 Vgl. § 2290 BGB. Vgl. § 2 1 0 9 - 2 1 1 0 BGB.
22
515
§§328-335
2. Abschnitt: Schuldverhältnisse aus Verträgen
4. Der § 415 des Entw. wurde inhaltlich gebilligt. Man hielt jedoch eine Ergänzung der Vorschrift in der Richtung für erforderlich, wie sich das Schuldverhältniß unter den Kontrahenten gestalte, wenn der Dritte das Forderungsrecht zurückgewiesen habe oder wenn, solange als die Zurückweisung noch möglich ist, die Verpflichtung zur Leistung aus einem anderen I ProtRJA 380 Grunde, beispielsweise wegen | einer in der Person des Dritten eingetretenen Unmöglichkeit, weggefallen sei. Die Kommission war der Ansicht, daß eine Regel in dieser Beziehung nicht gegeben werden könne, sondern daß sich die Folgen nach dem Inhalte des Vertrags bestimmten. Einen dahin gehenden Hinweis hielt man für angemessen. Dem Antrage, für diejenigen Fälle, in welchen die Leistung an den Dritten als Entgelt für eine Leistung des Promissars zugesagt war, die Rechtsvermuthung eintreten zu lassen, daß in Folge der Ablehnung des Dritten die Leistung bezw. deren Ersatz an den Versprechensempfänger zu geschehen habe, wurde von der Mehrheit der Kommission nicht zugestimmt. Es wurde insbesondere dagegen eingewendet, daß diese Präsumtion bei Gutsübernahmeverträgen sowie bei dem Versprechen eines Halftergeldes nicht passe, da in diesen Fällen der Versprechende von der Verpflichtung zur Leistung befreit werden müsse. Ebensowenig erachtet man den Vorschlag für praktikabel, den Versprechenden von seiner Verbindlichkeit zu entlasten, wenn die Leistung an den Dritten sich als eine Auflage darstelle, welche sich der Empfänger für die von ihm gemachte Leistung habe versprechen lassen, da die Fälle, in welchen es sich um eine Auflage im Sinne einer Beschränkung der Leistung durch eine Zwecksatzung handele, von den Fällen, in welchen die Leistung an den Dritten sich als Gegenleistung darstelle, häufig schwer zu unterscheiden seien, mit dem Vorschlage daher praktisch nichts gewonnen werde, vielmehr die Gefahr entstehe, daß die Rechtsprechung zu unrichtigen Ergebnissen gelangen würde. Der § 415 erhielt danach folgende Fassung: E I-RJA „Das Recht des Dritten auf die Leistung wird als nicht erworben angesehen, S 415 wenn er dasselbe gegenüber dem Versprechenden 23 zurückweist. Ob in einem solI ProtRJA 381 chen Falle die Leistung an den Versprechensempfän-| ger oder an einen Anderen zu erfolgen hat oder ob die Leistungspflicht erlischt, bestimmt sich nach dem Inhalte des Vertrags. Das Gleiche gilt, wenn die Verpflichtung zur Leistung an den Dritten, solange die Zurückweisung noch möglich, aus einem anderen Grunde weggefallen ist." 5. Der §416 des Entw. wurde unter Streichung der Schlußworte „wenn nicht ein Anderes . . . erhellt", beibehalten.
C. 2. Kommission I. Anträge (Prot. II, Bd. 1, S. 7 4 9 - 7 5 1 , 757 ff, Mugdan, Bd. 2, S. 703 ff) a) Beantragt war: Struckmann
1. die Fassung der §§ 412 —416 E I-RJA;
(Nr 6 7 , 2 - 6 ) 23
Im späteren Antrag von Struckmann heißt es „dem Versprechenden gegenüber". Im Satz 2 ist das Wort „noch" hinter „Zurückweisung" nicht mehr im Antrag von Struckmann enthalten.
516
3. Titel: Versprechen der Leistung an einen Dritten
§§
328—335
2. die §§ 412 ff zu fassen:
Sohm
(Nr 90)
VI. Vertrag zu Gunsten eines Dritten § 412. Das vertragsmäßige Versprechen der Leistung an einen Dritten erzeugt unmittelbar ein Forderungsrecht zu Gunsten dieses Dritten, wenn die Berechtigung des Dritten von den Vertragschließenden gewollt ist. Auch der Empfänger des Versprechens ist berechtigt, die Leistung an den Dritten zu fordern. Im Zweifel ist die Berechtigung des Dritten als von den Vertragschließenden gewollt anzusehen, wenn das Versprechen zu Gunsten des Dritten seinen Rechtsgrund in einem Verpflichtungsverhältnisse des Versprechenden zu dem Dritten oder in einer Auflage hat, welche der andere Vertragstheil einer von ihm an den Versprechenden gemachten einseitigen Vermögensleistung beigefügt hat. (Als Paradigma für die Fälle, auf welche der zweite Absatz sich bezieht, sind gedacht einerseits die Abfindungsverträge bei der Gutsabtretung, andererseits die donatio sub modo und Verwandtes.) § 413. Soll die Leistung an den Dritten nach dem Tode des Versprechensempfängers erfolgen, so wird im Zweifel mit dem Eintritte dieses Ereignisses dem Dritten das Recht auf die Leistung erworben. § 414 (416). Das Recht des Dritten bestimmt sich nach dem zu seinen Gunsten geschlossenen Vertrage. Einreden aus dem Vertrage sind auch gegen den Dritten zuständig. Durch Auflösung des Vertrags wird auch das Recht des Dritten aufgehoben. Doch ist die Aufhebung lediglich der zu Gunsten des Dritten lautenden Vertragsbestimmung den Vertragschließenden nur so lange zuständig, als der Dritte dem Vertrage noch nicht beigetreten ist. Der Beitritt des Dritten erfolgt auf Grund geschehener Anzeige durch Willenserklärung an einen der Vertragschließenden. Geht das zu Gunsten des Dritten lautende Versprechen lediglich darauf, daß der Versprechende eine Schuld des Versprechensempfängers an den Dritten zahle, so bewirkt schon die Anzeige an den Dritten die Unwiderruflichkeit der Vertragsbestimmung. Beruht das Versprechen zu Gunsten des Dritten auf einem Verpflichtungsverhältnisse des Versprechenden zu dem Dritten, so ist die Aufhebung lediglich dieser Vertragsbestimmung ausgeschlossen. § 415. (Wie im Antrag 1.) S 416. (Wie § 414 a im Antrag 1.) Zu § 412 lagen weiter die Anträge vor: 3. den Satz 1 des unter 1 vorgeschlagenen § 412 zu fassen: Durch einen Vertrag, in welchem eine Leistung an einen Dritten versprochen wird, kann dem Dritten das Recht, die versprochene Leistung zu fordern, in der Weise zugewendet werden, daß es zum Erwerbe des Rechtes einer Annahmeerklärung des Dritten nicht bedarf. Eine solche Zuwendung des Rechtes auf die versprochene Leistung ist insbesondere anzunehmen, wenn diese eine Fürsorge für den Dritten bezweckt.
Jacubezky (Nr. 91, 1)
4. im § 412 an Stelle der Zusätze, welche unter 2 im Abs. 2 und unter 3 im Satze 2 beantragt sind, folgende Sätze aufzunehmen: Ein solcher Wille der Vertragschließenden ist insbesondere im Zweifel anzuneh-
v. Mandry (Nr 100, 2)
517
§§ 328—335
2. Abschnitt: Schuldverhältnisse aus Verträgen
men, wenn bei Abschluß (eines Lebensversicherungs- oder) eines Leibrenten-Vertrags die Zahlung der (Versicherungssumme oder der) Leibrente, bei Uebertragung eines Vermögensgegenstandes die Rückerstattung desselben oder seines Werthes, im Falle der Zuwendung durch Schenkung oder anderweiten unentgeltlichen Vertrag irgend welche Leistung an einen Dritten versprochen ist. Das Gleiche gilt, wenn bei einer Vermögens-(oder Guts-)Uebernahme behufs Abfindung eines Familienangehörigen eine Leistung an denselben versprochen ist. (Ob die eingeklammerten Worte aufgenommen werden können, kann fraglich sein, bei den einen, weil das Versicherungsrecht in den Entwurf nicht einbezogen werden soll, bei den anderen wegen Art. 59 des Einf.Ges. M.E. ist die Frage zu bejahen. O b neben der Schenkung des „anderweiten unentgeltlichen Vertrags" zu gedenken ist, hängt von der Gestaltung der § 437 f namentlich des § 438 ab — zu vgl. auch Antrag Nr. 68 Ziff. 11; d . h . Struckmanns Antrag in den späteren §§ 525 ff. B G B ) 2 4 . hierzu : 5. der Unterantrag, im Satz 1 die Worte „bei Uebertragung eines Vermögensgegenstandes... an einen Dritten versprochen ist" zu ersetzen durch die Worte „bei einer Leistung an den Versprechenden eine Auflage zu Gunsten des Dritten bedungen ist". 6. im § 412 den Abs. 1 zu fassen: Durch Vertrag kann eine Leistung an einen Dritten mit der Wirkung versprochen werden, daß der Dritte unmittelbar das Recht erwirbt, die Leistung zu fordern. Eine solche unmittelbare Berechtigung des Dritten ist insbesondere im Zweifel anzunehmen etc. (wie im Antrag 4). 7. den Abs. 2 des § 412 zu streichen. Der Antrag 2 § 412 Abs. 2 wurde zu Gunsten des Antrags 4 zurückgezogen. Bei der Abstimmung ergab sich folgende Gestaltung der an Stelle des § 412 Abs. 1 zu setzenden Bestimmungen : Es soll der in Antrag 6 vorgeschlagene erste Satz an die Spitze gestellt, sodann im Anschluß an den Antrag 1 § 412 Satz 1 ausgesprochen werden, daß die unmittelbare Berechtigung des Dritten dann eintritt, wenn aus den Umständen des Falles, insbesondere aus der besonderen Natur und dem Zwecke des Schuldverhältnisses zu entnehmen ist, daß die Berechtigung des Dritten dem Willen der Vertragschließenden entspricht, endlich im Anschluß an den Antrag 4 ausgesprochen werden, daß eine unmittelbare Berechtigung des Dritten insbesondere im Zweifel anzunehmen ist, wenn beim Abschluß eines Lebensversicherungs- oder eines LeibrentenVertrags die Zahlung der Versicherungssumme oder der Leibrente, im Falle der Zuwendung durch Schenkung oder anderweitigen unentgeltlichen Vertrag irgend welche Leistung an einen Dritten oder wenn bei einer Vermögens- oder Guts-Uebernahme behufs Abfindung eines Familienangehörigen eine Leistung an denselben versprochen ist. Die Erwähnung des weiteren in dem Antrage 4 aufgeführten Falles, daß bei Uebertragung eines Vermögensgegenstandes die Rückerstattung desselben oder seines Werthes an einen Dritten versprochen ist, wurde abgelehnt; ebenso der Antrag 5 und der Antrag 3 Satz 2.
24
Diese Begründung ist nicht in den Protokollen enthalten. — Art. 59 E G — E I entspricht Art. 96 E G - B G B ; zu §§ 437 f E I vgl. § 516 BGB.
518
3. Titel: Versprechen der Leistung an einen Dritten
§§
328—335
b) Die Berathung wandte sich dem § 413 zu. Es lagen vor: 1. der Antrag : a) die Bestimmung des Entw. zu streichen;
Jacubezky (Nr 91, 2)
b) für den Fall, daß die Streichung nicht beschlossen wird, den § 413 zu fassen: Das Recht des Dritten auf die Leistung entsteht mit dem Eintritte der Voraussetzungen, von welchen seine Entstehung nach dem aus den Umständen des Falles zu entnehmenden Willen der Vertragschließenden abhängig sein soll. Durch den Vertrag kann dem Dritten auch ein bedingtes oder betagtes Recht zugewendet werden 25 . 2. die Fassung des § 413 EI-RJA;
Struckmann
(Nr 67, 3)
3. der Antrag: a) die Vorschrift wie folgt zu fassen: Das Recht des Dritten bestimmt sich nach dem zu Gunsten desselben geschlossenen Vertrage. und diese Vorschrift mit den an Stelle des § 414 vorgeschlagenen Bestimmungen in der unter b 4 angegebenen Weise zu verbinden; b) als § 413 zu bestimmen: wie unter a 2.
Sohm (Nr 90)
Die Kom. beschloß, unter Aussetzung der Beschlußfassung über die Anträge 2 b und 3 b, eine Vorschrift im Sinne des Entw. bzw. der sachlich mit derselben übereinstimmenden Anträge 1 b, 2 a und 3 a anzunehmen, die Fassung und Stellung dieser Vorschrift jedoch der RedKom zu überlassen. c) Es folgte die Berathung über die unter b ausgesetzten Anträge 2 b und 3 b. Zu dem ersteren Antrage lag der Unterantrag vor, der als § 413 Abs. 2 vorgeschlagenen Bestimmung (E I-RJA) hinzuzusetzen : a) und wird (im Zweifel) hinfällig, wenn der Dritte vor dem Versprechensemp- Wolffson fänger stirbt. (Nr 103) b) Ergiebt sich aus den Umständen oder aus dem Inhalte des Vertrags, daß der Versprechensempfänger berechtigt ist, auch ohne Zustimmung des Versprechenden anderweitig über die versprochene Leistung zu bestimmen, so kann er diese Bestimmung, wenn es sich um eine nach seinem Tode zu beschaffende Leistung handelt, auch durch letztwillige Verfügung treffen. Im Laufe der Berathung wurde hierzu von anderer Seite unter Zustimmung des Antragstellers vorgeschlagen : anstatt der Worte „durch letztwillige Verfügung" die Worte zu setzen „in einer letztwilligen Verfügung". Die Kom. beschloß: 1. den unter b vorgeschlagenen Zusatz 2 b bzw. 3 b anzunehmen; 2. den unter c beantragten Zusatz a abzulehnen; 3. den Zusatz b anzunehmen. (Die Annahme erfolgte mit 10 gegen 9 Stimmen.) d) Zu § 414 lagen vor: 1. der Antrag: 25
Der letzte Satz ist in den separat verteilten Anträgen eingeklammert. 519
§§328-335 Jacubezky (Nr 91, 3) Jacubezky (Nr 105)
2. Abschnitt: Schuldverhältnisse aus Verträgen
a) die Bestimmungen des Entw. zu streichen; b) für den Fall, daß die Streichung nicht beschlossen wird, den Bestimmungen hinzuzufügen: Ob mit dem Erwerbe des Rechtes auf die Leistung seitens des Dritten das Recht des Versprechensempfängers, Bewirkung der Leistung an den Dritten zu fordern, erlischt, bestimmt sich nach dem Inhalte des Vertrags. (Solange der Dritte kein Recht, auch nicht ein bedingtes Recht auf die Leistung erworben hat, ist jedenfalls der Versprechensempfänger Gläubiger. In der Regel kann die Forderung, weil sie nicht fällig ist, nicht geltend gemacht werden; aber im Konkurse des Versprechenden kann der Versprechensempfänger, und nur dieser, sein Forderungsrecht geltend machen. Hat der Dritte ein (wenn auch bedingtes) Recht auf die Leistung erworben, so wird es in vielen Fällen, insbesondere bei den eine Versorgung bezweckenden Geschäften, im Sinne des Vertrags liegen, daß nunmehr nur noch der Dritte forderungsberechtigt sein soll. Anders verhält es sich, wenn die Leistung, indem sie an den Dritten gemacht wird, mittelbar dem Versprechensempfänger zu Gute kommen, insbesondere wenn sie diesen von seiner eigenen Verbindlichkeit gegen den Dritten befreien soll26.) 2. die Fassung des § 414 E I-RJA;
Struckmann (Nr 67, 4)
3. der Unterantrag, in dieser Fassung den Zwischensatz „wenn auch nur als bedingtes oder betagtes" zu streichen;
Sohm (Nr 90)
4. der Antrag, die §§413, 414, 416 durch nachstehende Vorschriften zu ersetzen : Antrag von Sohm (a 2)
v. Mandry (Nr 100, 3)
5. der Vorschlag, dem § 414 in der Fassung des Antrags 2 als Abs. 2 hinzuzufügen: Ist das Versprechen der Leistung an den Dritten bei Uebertragung oder Zuwendung eines Vermögensgegenstandes erfolgt, so ist im Zweifel anzunehmen, daß die Vertragschließenden sich die Befugniß vorbehalten haben, für den Fall der Rückgängigmachung der Uebertragung oder Zuwendung das Versprechen der Leistung an den Dritten aufzuheben. Der Antragsteller zu 4 beantragte im Laufe der Berathung, am Schlüsse des ersten Abs. seines Antrags vor dem Worte „Willenserklärung" die Worte „Klagerhebung oder" einzuschalten. Die Kom. beschloß, unter Aussetzung der Berathung des Antrags 4 Satz 2 und des Antrags 5 sowie unter Ablehnung des Unterantrags 3, den § 414 in der Fassung des mit dem Entw. sachlich übereinstimmenden Antrags 2 anzunehmen und den eventuell unter 1 vorgeschlagenen Zusatz sowie den Antrag 4, soweit dieser nicht zurückgestellt worden, abzulehnen. Der RedKom wurde die von einer Seite angeregte Frage zur Erwägung überwiesen, ob die von dem Antragsteller zu 2 vorgeschlagene Fassung des § 414 nicht insofern einer Aenderung bedürfe, als die Worte „durch die Vertragschließenden" das Mißverständniß hervorzurufen geeignet seien, daß in allen Fällen nur der Wille beider Vertragschließenden in Betracht zu kommen habe, und in dem Worte „vorbehalten" das Erforderniß eines ausdrücklichen Vorbehalts gefunden werden kön-
26
Die Begründung ist in den Protokollen nicht enthalten.
520
3. Titel: Versprechen der Leistung an einen Dritten
§§
328—335
e) Es folgte die Berathung des unter d mitgetheilten Antrags 5. Zu demselben wurden im Laufe der Berathung folgende Unteranträge gestellt: 1. hinter „die Vertragschließenden" die Worte einzufügen: „bis zum T o d e des Versprechensempfängers" ; 2. der vorgeschlagenen Bestimmung folgenden Zusatz zu geben: Der Vorbehalt erstreckt sich im Zweifel nicht auf die Erben des Versprechensempfängers. 3. den Eingang der Vorschrift zu fassen: Ist das Versprechen der Leistung an den Dritten bei schenkungsweiser Zuwendung der Leistung erfolgt, Mit den in den Unteranträgen 1 und 2 vorgeschlagenen Zusätzen erklärte sich der Antragsteller einverstanden. Die Kom beschloß zunächst mittelst Eventualabstimmung für den Fall der Annahme des Antrags den vorgeschlagenen Zusatz im Sinne des Unterantrags 3 zu beschränken. Bei der endgültigen Abstimmung wurde die Aufnahme einer Vorschrift auch mit der angenommenen Beschränkung abgelehnt. f) Des Weiteren war beantragt·. 1. die Fassung des § 414 E I-RJA zu ergänzen; 2. Als § 414a zu bestimmen: W a r der Dritte, an welchen geleistet werden soll, zur Zeit der Schließung des Vertrags noch nicht geboren, so wird das Versprechen unwirksam, wenn die Vertragschließenden gestorben, seit dem Tode des Versprechensempfängers 30 Jahre abgelaufen sind und der Dritte noch nicht empfangen ist 27 . Ist der Versprechensempfänger vor der Geburt des Dritten gestorben, so kann das Versprechen, an den Dritten zu leisten, von den Erben des Versprechensempfängers und dem Versprechenden nur dann aufgehoben oder geändert werden, wenn sich der Vorbehalt dieser Befugniß aus dem Inhalte des Vertrags ergiebt.
Struckmann (Nr 67, 4) Gebhard (Nr 101)
3. in dem § 414 a des Antrags 1 den Abs. 1 durch den Abs. 2 des Antrags 2 zu v. Rüger (Nr 107) ersetzen, den Abs. 2 dagegen zu streichen, eventuell wie folgt zu fassen: W a r der Dritte, an welchen geleistet werden soll, zur Zeit der Schließung des Vertrags noch nicht geboren, so wird das Versprechen unwirksam, wenn seit der Schließung des Vertrags dreißig Jahre verstrichen sind, der Versprechende gestorben und der Dritte noch nicht empfangen ist. D e r Antragsteller zu 1 erklärte sich mit der in dem Abs. 2 des Antrags 2 vorgeschlagenen Aenderung einverstanden. Die Kom nahm den Abs. 1 des § 414 a in der Fassung des Antrags 2 Abs. 2 an; im Uebrigen wurden die Anträge abgelehnt. g) Zu § 415 war beantragt: 1. die Fassung des § 415 E I-RJA; 2. die Sätze 2, 3 dieser Fassung durch nachstehende Bestimmungen zu ersetzen: Im Falle der Zurückweisung kann der Versprechensempfänger, wenn er die 27
I m handschriftlichen Antrag heißt es: „so ist das Versprechen unwirksam, wenn der Beschenkte nicht binnen dreißig Jahren nach Schließung des Vertrages geboren wird". 521
Struckmann (Nr 67, 5) Jacubezky (Nr 91, 4)
§§328-335
2. Abschnitt: Schuldverhältnisse aus Verträgen
Leistung an den Dritten sich gegen Entgelt hat versprechen lassen, verlangen, daß die versprochene Leistung an ihn erfolge. Die Leistungspflicht erlischt jedoch mit der Zurückweisung, wenn die versprochene Leistung nach dem Inhalte des Vertrags eine Auflage auf die Leistung des Versprechensempfängers bildet. falls dieser Vorschlag nicht angenommen wird, die Sätze 2 und 3 oder wenigstens im Satze 2 die Worte 2 8 „oder an einen Anderen" zu streichen. Die Kom. nahm den § 415 in der Fassung an, welche der Satz 1 des Antrags 1 enthält; die Sätze 2 und 3 dieses Antrags und des Antrags 2 wurden abgelehnt. h) Der Antrag von Sohm, (RevAnträge Nr. 23, Ziff. 4, Prot. II, Bd. 6, S. 157; Mugdan, Bd. 2, S. 713), in § 285 E II die Worte „dem Versprechenden gegenüber" zu streichen, wurde abgelehnt. i) Zu § 416 lagen vor: Struckmann (Nr 67, 6) Sohm (Nr 90)
1. die Fassung des § 416 E I-RJA 2. der Satz 2 des unter d mitgetheilten Antrags 4. Die Kom entschied sich für die sachlich nicht beanstandete Vorschrift des*§ 416 und überließ es der RedKom zu würdigen, ob in Uebereinstimmung mit der Fassung des Antrags 1 die dispositive Natur der Bestimmung hervorzuheben sei. II. Die beschlossene Regelung lautet in der VorlZust:
§ 412. Durch Vertrag kann eine Leistung an einen Dritten mit der Wirkung E I-VorlZust §412 versprochen werden, daß der Dritte unmittelbar das Recht erwirbt, die Leistung zu fordern. Diese Wirkung tritt, auch wenn sie in dem Vertrage nicht (ausdrücklich) bestimmt ist, ein, wenn aus den Umständen des Falles, insbesondere aus der besonderen Natur und dem Zwecke des Schuldverhältnisses, zu entnehmen ist, daß die unmittelbare Berechtigung des Dritten dem Willen der Vertragschließenden entspricht. Die unmittelbare Berechtigung des Dritten ist insbesondere im Zweifel als gewollt anzunehmen, wenn bei einem Lebensversicherungs- oder einem Leibrenten-Verträge die Zahlung der Versicherungssumme oder der Leibrente an einen Dritten versprochen, oder wenn bei einer unentgeltlichen Zuwendung dem Bedachten eine Leistung an einen Dritten auferlegt, oder wenn bei einer Vermögensoder Guts-Uebernahme von dem Uebernehmer behufs Abfindung eines Familienangehörigen eine Leistung an denselben versprochen ist. E I-VorlZust §412 Abs. 3
§ 412* erhält folgenden dritten Absatz: Der Versprechensempfänger kann, sofern dem Willen der Vertragschließenden nicht ein Anderes entspricht, die Leistung an den Dritten auch dann fordern, wenn dieser unmittelbar durch den Vertrag berechtigt wurde. * Der Vorschlag einer anderen Fassung der §§412 bis 416 bleibt vorbehalten.
E I-VorlZust §413
§413. Das Recht des Dritten auf die Leistung entsteht mit dem Eintritte der Voraussetzungen, von welchen seine Entstehung nach dem aus den Umständen des Falles zu entnehmenden Willen der Vertragschließenden abhängig sein soll. Durch den Vertrag kann für den Dritten auch ein bedingtes oder betagtes Recht begründet werden. Soll die Leistung an den Dritten nach dem Tode des Versprechensempfängers 28
Im separaten Antrag heißt es: „die schwer verständlichen Worte".
522
3. Titel: Versprechen der Leistung an einen Dritten
§§
328—335
erfolgen, so erwirbt der Dritte das Recht auf die Leistung im Zweifel mit dem Tode des Versprechensempfängers. Ist als Wille der Vertragschließenden anzunehmen, daß der Versprechensempfänger berechtigt sein soll, das Recht auf die Leistung ohne Zustimmung des Versprechenden einem anderen als dem in dem Vertrage bezeichneten Dritten zuzuwenden, so kann er diese Bestimmung, (wenn es sich um eine nach seinem Tode zu beschaffende Leistung handelt,) im Zweifel auch in einer Verfügung von Todeswegen treffen. § 414. Hat der Dritte das Recht auf die Leistung, wenn auch nur als bedingtes oder betagtes, erworben, so kann dasselbe ohne Zustimmung des Dritten von den Vertragschließenden nicht mehr aufgehoben oder geändert werden, sofern nicht nach den Umständen des Falles anzunehmen ist, daß die Vertragschließenden das Recht dazu sich haben vorbehalten wollen.
E I-VorlZust §414
§ 414 a. Ist der Versprechensempfänger vor der Geburt des Dritten gestorben, E I-VorlZust so kann das Versprechen, an den Dritten zu leisten, von dem Erben des Verspre- § 414 a chensempfängers und dem Versprechenden nur dann aufgehoben oder geändert werden, wenn die Befugniß hierzu nach den Umständen des Falles als dem Willen der Vertragschließenden entsprechend anzusehen ist. § 415. Das Recht des Dritten auf die Leistung wird als nicht erworben angese- E I-VorlZust hen, wenn er dasselbe dem Versprechenden gegenüber zurückweist. § 415 § 4 1 6 . Einwendungen aus dem Vertrage stehen dem Versprechenden auch gegenüber dem Dritten zu.
E I-VorlZust
S 416
III. In der ZustRedKom hat die Regelung die Fassung: §412. Durch Vertrag kann eine Leistung an einen Dritten mit der Wirkung E I-ZustRedKom bedungen werden, daß der Dritte unmittelbar das Recht erwirbt, die Leistung zu §412 fordern. In Ermangelung einer besonderen Vertragsbestimmung ist nach den Umständen des Falles, insbesondere nach dem Zwecke des Vertrags zu beurtheilen, ob der Dritte das Recht erwerben, ob das Recht des Dritten sofort oder unter gewissen Voraussetzungen entstehen und ob den Vertragschließenden die Befugniß vorbehalten sein soll, das Recht des Dritten ohne dessen Zustimmung aufzuheben oder zu ändern. §412a. Wird in einem Lebensversicherungs- oder einem Rentenvertrage die E I-ZustRedKom Zahlung der Versicherungssumme oder der Leibrente an einen Dritten bedungen, §412a oder bei einer unentgeltlichen Zuwendung dem Bedachten eine Leistung an einen Dritten auferlegt oder bei einer Vermögens- oder Gutsübernahme von dem Uebernehmer eine Leistung an einen Dritten zum Zwecke der Abfindung versprochen, so ist im Zweifel anzunehmen, daß der Dritte aus dem Vertrag unmittelbar das Recht erwerben soll, die Leistung zu fordern. § 4 1 4 . Soll die Leistung an den Dritten nach dem Tode des Versprechensemp- E I-ZustRedKom fängers erfolgen, so erwirbt der Dritte das Recht auf die Leistung im Zweifel mit §414 dem Tode des Versprechensempfängers. Ist der Versprechensempfänger vor der Geburt des Dritten gestorben, so kann das Versprechen, an den Dritten zu leisten, nicht mehr aufgehoben oder geändert werden, es sei denn, daß die Befugniß dazu vorbehalten ist.
523
§§328-335
2. Abschnitt: Schuldverhältnisse aus Verträgen
E I-ZustRedKom § 414 a. Ist dem Versprechensempfänger die Befugniß vorbehalten, ohne Zu§ 414a Stimmung des Versprechenden an die Stelle des in dem Vertrage bezeichneten Dritten einen Anderen zu setzen, so kann dies im Zweifel auch in einer Verfügung von Todes wegen geschehen. E I-ZustRedKom §415. Weist der Dritte das Recht dem Versprechenden gegenüber zurück, so S 415 gilt das Recht als nicht erworben. E I-ZustRedKom §416. Einwendungen aus dem Vertrage stehen dem Versprechenden auch ge§416 genüber dem Dritten zu. E I-ZustRedKom § 416 a. (412 Abs. 2). Der Versprechensempfänger kann, sofern sich nicht ein S 416 a anderer Wille der Vertragschließenden ergiebt, die Leistung an den Dritten auch dann fordern, wenn diesem das Recht auf die Leistung zusteht. IV. Im E //lautet die Regelung E II § 280
§ 280. Durch Vertrag kann eine Leistung an einen Dritten mit der Wirkung bedungen werden, daß der Dritte unmittelbar das Recht erwirbt, die Leistung zu fordern. In Ermangelung einer besonderen Bestimmung ist nach den Umständen, insbesondere nach dem Zwecke des Vertrags, zu beurtheilen, ob der Dritte das Recht erwerben, ob das Recht des Dritten sofort oder unter gewissen Voraussetzungen entstehen und ob den Vertragschließenden die Befugniß vorbehalten sein soll, das Recht des Dritten ohne dessen Zustimmung aufzuheben oder zu ändern.
E II §281
§281. Verpflichtet sich Jemand einem Anderen gegenüber zur Befriedigung eines Gläubigers desselben, ohne die Schuld zu übernehmen, so ist im Zweifel nicht anzunehmen, daß der Gläubiger aus dem Vertrag unmittelbar das Recht erwerben soll, die Befriedigung von ihm zu fordern. § 282 E II entspricht § 412 a ZustRedKom E II. Es heißt lediglich statt „Rentenvertrage" Z,e¿¿rentenvertrage". § 283 entspricht § 414 ZustRedKom. § 284 entspricht § 414 a ZustRedKom. § 285 entspricht § 415 ZustRedKom. § 286 entspricht § 416 ZustRedKom. § 287 entspricht § 416 a ZustRedKom. V. Die §§ 3 2 3 - 3 2 7 , 330 E II rev (§§ 3 2 2 - 3 2 6 , 329 E III) weisen gegenüber dem E II kleine Fassungsänderungen auf. Sie stimmen mit den §§ 328 ff BGB überein.
524
4. Titel: Draufgabe. Vertragsstrafe
§336
VIERTER TITEL Draufgabe. Vertragsstrafe
§336
Wird bei der Eingehung eines Vertrags etwas als Draufgabe gegeben, so gilt dies als Zeichen des Abschlusses des Vertrags. Die Draufgabe gilt im Zweifel nicht als Reugeld. A. 1. Kommission I. 76. Sitzung vom 17. 4. 1882, Schriftführer Neubauer I Zur Ueberschrift: „Bestärkungsmittel der Verträge
I Prot I 597 Schmitt (Nr 38, 1)
a) Daraufgabe und Reugeld. b) pp. „' war beantragt, die Ueberschrift und die Buchstaben a), b) und c) zu streichen. Der Antrag wurde der Erledigung bei der Redaktion vorbehalten. Zu § 1 des Entwurfes :
„Wird bei einem Vertrage etwas als Daraufgabe (Arrha, Haftgeld, Angeld, TE-OR (Nr 19) Handgeld, Daraufgeld) gegeben, so gilt dies als Zeichen der erfolgten Vertrags- 5 1 schließung. Als Reugeld gilt die Daraufgabe nur, wenn dies vereinbar ist." war beantragt: 1. den Schluß des ersten Satzes unter Streichung des zweiten Satzes zu fassen: Schmitt (Nr 38, 2) „. . ., so gilt dies im Zweifel nur als Zeichen der erfolgten Vertragsschließung." 2. den Schluß des zweiten Satzes zu fassen: ,wenn dies vereinbart oder ortsge- v. Weber (Nr 33, 1) bräuchlich ist." Die Mehrheit lehnte den Antrag zu 1) ab, genehmigte den Entwurf zunächst unter Vorbehalt der Beschluß- | fassung über den Zusatzantrag, und lehnte dann I Prot I 598 auch den Antrag zu 2) ab. Es wurde somit der Entwurf unverändert gebilligt. Die Gründe waren folgende: In dem § 1 des Entwurfes seien folgende nicht unwichtige Bestimmungen enthalten : 1. Werde bei der Verhandlung eines Vertrages etwas als Daraufgabe usw. gegeben, so liege darin der Beweis, daß der Vertrag perfekt geworden sei; 2. die Daraufgabe usw. gelte nur dann zugleich als Reugeld, wenn es vereinbart worden; 3. bedienten sich die Parteien des Ausdrucks Daraufgabe, Haftgeld, Angeld, Handgeld, Daraufgeld, Arrha, so werde angenommen, gemeint sei die Daraufgabe im Sinn des Gesetzbuchs.
1
Die vollständige Überschrift der Vorlage Nr. 19 lautet: „Bestärkungsmittel der Verträge b) Konventionalstrafe, c) Vorbehalt der Rechtsverwirkung". 525
§336
2. Abschnitt: Schuldverhältnisse aus Verträgen
Man könne zugeben, daß der Antrag zu 1) die gleichen Bestimmungen erkennen lasse, aber andererseits träten diese darin doch nicht mit der erwünschten Klarheit hervor; es verdiene deshalb der Entwurf den Vorzug. Der Antrag zu 2) ergebe, daß Reugeld anzunehmen sei: 1. wenn der Arrha diese Bedeutung nach der tatsächlichen Verkehrssitte des Ortes zukomme; 2. wenn die erwähnte Bedeutung in einem lokalen Gewohnheitsrechte sich gründe. In der ersteren Beziehung sei aber eine besondere Vorschrift nicht nöthig, weil unter den fraglichen Voraussetzungen das Reugeld als stillschweigend vereinbart zu gelten habe. In der zweiten Beziehung erscheine dagegen der Vorschlag bedenklich. Es fehle an genügenden Gründen, im vorliegenden Falle ausnahmsweise dem Gewohnheitsrechte, und zwar nur dem lokalen, Geltung beizulegen. Hierzu würde nur ein zureichender Anlaß bestehen, wenn es sich um Verhältnisse handelI Prot I 599 te, welche behufs angemessener | Normirung je nach Verschiedenheit der Orte abweichenden Rechtsnormen zu unterstellen seien. Das könne aber deshalb nicht anerkannt werden, weil die Verhältnisse, bei welchen eine solche Nothwendigkeit sich behaupten lasse, zum Theile handelsrechtlicher Natur, also nach den Bestimmungen des Handelsgesetzbuchs zu beurtheilen seien (H.G.B. Art. 28 5)2, zum Theil, wie ζ. B. das Gesindewesen, der landesgesetzlichen Regelung vorbehalten bleiben sollen. Demzufolge könne auch dahingestellt bleiben, ob nicht im Falle der Annahme des Vorschlags die Landesgesetzgebung befugt sein würde, durch Landesgesetze für einzelne Ortschaften die Vorschrift des zweiten Satzes des § 1 außer Kraft zu setzen und hierin ein neues Bedenken gegen den Vorschlag sich finden lasse. II., III., IV. In der ZustOR (KE, Ε Γ) lautet die Regelung: ZustOR § 45 KE § 414 E I § 417
§ 45 (414, 417). Wird bei einem Vertrage etwas als Daraufgabe — Arrha, Haftgeld, Angeld, Handgeld, Daraufgeld — gegeben, so gilt dies als Zeichen der erfolgten Vertragschließung. Als Reugeld gilt die Daraufgabe nur dann, wenn dies vereinbart ist.
B. In der Vorkommission des Reichsjustizamtes wurden aufgrund eines Antrags von Jacubezky (Nr. 5, Ziff. 41) die in Klammern gestellten Worte „Arrha . . g e s t r i chen (Prot.-RJA S. 381).
C. 2. Kommission I. Zu §417 E I war beantragt (Prot. II, Bd. 1, S. 7 6 9 - 7 7 0 ; Mugdan, Bd. 2, S. 714): Struckmann 1. im Abs. 1 die Worte „Arrha, Haftgeld, Angeld, Handgeld, Daraufgeld" zu (Nr 67, 7) streichen; 2
Art. 285 HGB lautet: „Die Daraufgabe (Arrha) gilt nur dann als Reugeld, wenn dieß vereinbart oder ortgebräuchlich ist."
526
4. Titel: Draufgabe. Vertragsstrafe
§336
2. den Abs. 1 zu fassen: Wird bei einem Vertrag etwas als Daraufgabe — Arrha, Sohm Haftgeld, Angeld, Handgeld, Daraufgeld — gegeben, so gilt der Vertrag damit als (Nr 90 und 109) geschlossen. Begründung? Der Entwurf hat das römische Recht von der Arrha. Meine Anträge bezwecken, an die Stelle des römischen Rechts das deutsche Recht vom Handgeld zu setzen. Auch das Handelsgesetzbuch hat lediglich das römische Recht von der Arrha. Aber lediglich aus dem Grunde, weil damals das deutsche Recht vom Handgeld noch unbekannt war. Die römische Arrha unterscheidet sich vom deutschen Handgeld in folgenden Stücken: 1. Die römische Arrha ist lediglich Zeichen des erfolgten Vertragsschlusses, das deutsche Handgeld ist Mittel des Vertragsschlusses. Dadurch daß das Handgeld gegeben und genommen wird, kommt der Vertrag zustande (re contrahitur). Damit hängt zusammen: 2. Die römische Arrha dient, um den Geber zu verpflichten: er verliert die Arrha, wenn er den Vertrag nicht erfüllt; erfüllt er den Vertrag, so wird die Arrha zurückgegeben, bzw. angerechnet (vgl. die Geldsumme, welche der gemiethete Kutscher in Italien „per capare" giebt). Das deutsche Handgeld dient dagegen, den Empfänger zu verpflichten: Hat er das Handgeld genommen, so kann er nicht mehr zurück. Das Handgeld dient lediglich dem verbindlichen Vertragsschluß. Es ist die Scheinleistung, welche für den Ahschluß des Vertrages gleich wirkt der Ernstleistung (nach deutschem Recht waren früher nur die durch Leistung oder Pfandsetzung bekräftigten Verträge rechtsverbindlich). Darum: 3. Das deutsche Handgeld wird nicht angerechnet. Es bildet den Gegensatz der Theilleistung. Weil dem Geber das Handgeld nicht angerechnet wird, so gilt es nach alter Sitte für den Empfänger als unanständig, das Handgeld zu behalten. Das Handgeld muß sofort ausgegeben, verthan werden. Das geschieht entweder in der Form des „Weinkaufs" (das Handgeld wird von Kontrahenten und Zeugen vertrunken) oder in der Form des „Gottespfennings" (das Handgeld wird sofort an Arme verschenkt). Sieht man sich im wirklichen Leben um, so ergiebt sich, daß die römische Arrha thatsächlich gar nicht vorkommt (in allen Ländern der Entscheidungen des Reichsgerichts und Reichsoberhandelsgerichts sowie bei Seuffert kein einziger Fall), sondern nur das deutsche Handgeld. Dies ist noch heute allgemein üblich bei der Gesindemiethe, und es ist zweifellos, daß hier das deutsche Recht gilt und nicht das römische Recht von der Arrha. Außerdem kommt örtlich noch heute der „Weinkauf", vielleicht auch noch der „Gottespfennig" vor. Erst ist darum angezeigt, das lebendige deutsche Recht vom Handgeld aufzunehmen, nicht aber das gänzlich unpraktische und unvolksthümliche römische Recht von der Arrha. In diesem Sinne sind in dem Antrag Nr. 90 die §§417 ff. umgestaltet worden. § 417 Abs. 1 ist gesagt worden, daß durch das Handgeld der Vertrag zu stände kommt (unter den anderen Ausdrücken für Handgeld wäre wohl der Ausdruck „Angeld" zu streichen; derselbe bezeichnet im Zweifel die Theilleistung). 3
Diese Begründung von Sohm (Nr. 109 Anträge zum Schuldrecht) ist in den Protokollen II, Bd. 1, S. 770, nur verkürzt und in indirekter Rede wiedergegeben. 527
§327
2. Abschnitt: Schuldverhältnisse aus Verträgen
§§418, 419 geben dem deutschen Recht Ausdruck, daß das Handgeld grundsätzlich nicht angerechnet bzw. zurückgegeben wird, und daß auch bei Auflösung des Vertrages der Empfänger nur auf Rückgabe der Bereicherung haftet".) 3) den Abs. 1 zu streichen Die Kom. entschied sich sachlich für den Entw. mit der redaktionellen Abweichung des Antrags 1 ; die Entscheidung darüber, ob die Bezeichnung „Daraufgabe" oder ein anderer mehr geeignet erscheinender Kunstausdruck zu wählen sei, blieb der RedKom vorbehalten. II. Fassung der Regelung in der VorlZust als § 417: E I-VorlZust Wird bei einem Vertrage etwas als Draufgabe (oder: Handgeld) gegeben, so gilt §417 dies als Zeichen der erfolgten Vertragschließung. Die Draufgabe gilt im Zweifel nicht als Reugeld. III. In der ZustRedKom lautet die Regelung als § 417: E I-ZustRedKom Wird bei der 4 Schließung eines Vertrags etwas als Draufgabe gegeben, so gilt § 417 dies als Zeichen des Abschlusses des Vertrags. Die Draufgabe gilt im Zweifel nicht als Reugeld. IV. § 288 Ell lautet wie § 417 ZustRedKom. V. § 331 E II rev (§ 330 E III) lautet wie § 336 BGB.
§337 Die Draufgabe ist im Zweifel auf die von dem Geber geschuldete Leistung anzurechnen oder, wenn dies nicht geschehen kann, bei der Erfüllung des Vertrags zurückzugeben. Wird der Vertrag wieder aufgehoben, so ist die Draufgabe zurückzugeben.
A. 1. Kommission I. 76. Sitzung vom 17. 4. 1882, Schriftführer Neubauer I Prot I 599
| Zu § 2 des Entwurfes :
TE-OR (Nr 19) „Wird der Vertrag erfüllt, so ist die Daraufgabe in die Leistung des Gebers § 2 einzurechnen oder von dem Empfänger zurückzugeben, falls nicht ein Anderes vereinbart ist. Die Rückerstattung hat auch dann zu erfolgen, wenn der Vertrag wieder aufgehoben wird." war beantragt: v. Schmitt (Nr 38, 3)
1. im ersten Satze die Worte: „falls nicht ein Anderes vereinbart ist" zu streichen; 4
Das Wort „der" ist erst im E II enthalten.
528
4. Titel: Draufgabe. Vertragsstrafe
§ 337
2. im ersten Satze statt der soeben gedachten Worte zu setzen: „falls nicht ein v. Weber Anderes vereinbart oder ortsüblich ist". (Nr 33, 2) Nachdem diese Anträge zurückgezogen waren, wurde der Entwurf angenommen, der Prüfung bei der Redaktion aber vorbehalten, a) ob nicht entsprechend der Ausführung in den Motiven (S. 2) 1 am Schluß vor „wieder" hinzuzufügen sei „nichtig ist oder" (zu vergleichen § 9), I b) ob es nicht im ersten Satz korrekter und zur Vermeidung eines Mißverständnisses statt „oder — zurückzugeben" heißen müsse: „und wenn dies nicht geschehen kann (wenn sie von anderer Art als die Leistung ist) vom Empfänger zurückzugeben".
| Prot I 600
II., III., IV. In der ZustOR (KE, EI) lautet die Regelung als § 46 (415, 418): Wird der Vertrag erfüllt, so ist in Ermangelung einer anderen Vereinbarung die ZustOR $ 46 Daraufgabe auf die Leistung des Gebers anzurechnen oder, wenn dies nicht ge- KE§415 schehen kann, von dem Empfänger zurückzugeben. Die Rückerstattung hat auch E I § 418 dann zu erfolgen, wenn der Vertrag nichtig ist oder wieder aufgehoben wird.
B. Vorkommission des Reichsjustizamtes I. Beantragt war: 1. den §418 Satz 2 zu fassen: „Sie ist auch dann zurückzugeben, wenn der Vertrag wieder aufgehoben wird". 2. im $ 418 Satz 2 die Worte „nichtig ist oder" zu streichen.
Struckmann (Nr 1, 107) Jacubezky (Nr 5, 42)
II. 64. Sitzung vom 30. 12. 1891 I Im § 418 wurde der Satz 2 wie folgt gefaßt: „Sie ist auch dann zurückzugeben, wenn der Vertrag wieder aufgehoben wird".
| ProtRJA 381
C. 2. Kommission I. Zu § 418 war beantragt (Prot. II, Bd. 1, S. 771, Mugdan, Bd. 2, S. 715): 1. im zweiten Satze die Worte „nichtig ist oder" zu streichen; 2. dem § 418 folgende Fassung zu geben: Die geleistete Daraufgabe ist im Zweifei auf die Leistung des Gebers nicht anzurechnen, noch ist sie, wenn der Vertrag erfüllt wird, vom Empfänger zurückzugeben. Ist der Vertrag nichtig oder wird der Vertrag wieder aufgehoben, so ist die Daraufgabe zurückzuerstatten, soweit der Empfänger durch dieselbe noch bereichert ist.
1
In den Motiven der Vorlage Nr. 19, S. 2, ist auch auf den Fall der Nichtigkeit des Vertrags hingewiesen. 529
Struckmann (Nr 67, 8) Sohm (Nr 90)
§338
2. Abschnitt: Schuldverhältnisse aus Verträgen
3. den ersten Satz des §418 zu fassen: Ob die geleistete Daraufgabe auf die Leistung anzurechnen ist, bestimmt sich nach dem aus Umständen des Falles, insbesondere aus der Sitte des Verkehrs, sich ergebenden Inhalte des Vertrags. 4. für den Fall der Ablehnung des Antrags 2 im ersten Satze des § 418 die Worte „in Ermangelung einer anderen Vereinbarung" durch die Worte „im Zweifel" zu ersetzen. Die Kom. nahm den § 418 mit dem Antrag 1 und dem eventuellen Antrage 4 an; die Anträge 2 und 3 wurden abgelehnt. II. Fassung der Regelung in der VorlZust als § 418: E I-VorlZust Wird der Vertrag erfüllt, so ist die Draufgabe im Zweifel auf die Leistung des §418 Gebers anzurechnen oder, wenn dies nicht geschehen kann, von dem Empfänger zurückzugeben. Die Rückerstattung hat auch dann zu erfolgen, wenn der Vertrag wieder aufgehoben wird. III., IV. § 418 ZustRedKom (§ 289 Ell, § 332 Ell rev, § 331 E III) lauten wie § 337 BGB.
§338
Wird die von dem Geber geschuldete Leistung in Folge eines Umstandes, den er zu vertreten hat, unmöglich oder verschuldet der Geber die Wiederaufhebung des Vertrags, so ist der Empfänger berechtigt, die Draufgabe zu behalten. Verlangt der Empfänger Schadensersatz wegen Nichterfüllung, so ist die Draufgabe im Zweifel anzurechnen oder, wenn dies nicht geschehen kann, bei der Leistung des Schadensersatzes zurückzugeben.
A. 1. Kommission I. 76. Sitzung vom 17. 4. 1882, Schriftführer Neubauer I Prot I 600
I Zu § 3 des Entwurfes :
„Hat der Geber die Wiederaufhebung des Vertrages verschuldet oder die ErfülS3 lung des Vertrages durch sein Verschulden unmöglich gemacht, so verliert derselbe die Daraufgabe an den Empfänger. Der Werth der Daraufgabe ist jedoch in die dem Empfänger weiter zustehende Schadensersatzforderung einzurechnen."
T E - O R (Nr 19)
war beantragt: 1. die Streichung des § ;
v. Schmitt (Nr 38, 4) Derscheid (Nr 30)
2. eventuell als zweiten Absatz hinzuzufügen: „Hat der Empfänger die Wiederaufhebung des Vertrages verschuldet oder die Erfüllung des Vertrages durch sein Verschulden unmöglich gemacht, so hat dersel530
4. Titel: Draufgabe. Vertragsstrafe
§338
be dem Geber die Daraufgabe zurückzuerstatten und außerdem mindestens in Höhe der Daraufgabe Schadensersatz zu leisten 1 ." Beide Anträge wurden, unter Annahme des Entwurfes, abgelehnt, der Prüfung bei der Redaktion aber vorbehalten, ob es nicht richtiger sei: a) im ersten Satze statt: „so verliert derselbe — an den Empfänger" zu setzen: „so behält der Empfänger die Daraufgabe" oder „so verliert derselbe das Recht der Rückforderung" ; b) im zweiten Satze statt: „in — einzurechnen" zu setzen: „auf — anzurechnen". Man war mit den Motiven der Ansicht 2 : Der Verlust der Arrha in dem betreffenden Falle sei | geltendes Recht, entspreche auch der Verkehrssitte, während ein | Prot I 601 Gleiches sich keineswegs von der eventuell beantragten Zusatzvorschrift behaupten lasse, welche nur mit dem in einigen Gebieten geltenden Rechte harmonire und in der im Verkehr vorherrschenden Auffassung keine Stütze finde. Die in den Motiven (S. 6 ff) vertretene Ansicht, die arrha pacto imperfecto data sei zu übergehen, begegnete keinem Widerspruch. Erinnert wurde nur, die Motive gingen zu weit, wenn sie anscheinend ganz allgemein (S. 7 a. E., 8) 3 ein jedes derartige pactum arrhale für unwirksam erklärten 4 . II., III., IV. In der ZustOR (KE, Ε Γ) lautet die beschlossene Regelung als § 4 1 9 (416, 4 1 9 ) : H a t der Geber die Wiederaufhebung des Vertrages verschuldet oder die Erfüllung des Vertrages durch sein Verschulden unmöglich gemacht, so behält der Empfänger die Daraufgabe. Der Werth derselben ist jedoch auf die dem Empfänger zustehende Schadensersatzforderung anzurechnen. 1 Als Begründung für den Eventualantrag führte Derscheid an: „Die Bedeutung des § 3 besteht darin, daß der Geber im Falle seines Verschuldens mindestens in Höhe der Daraufgabe Schadensersatz zu leisten hat. Dazu fehlt es an zureichenden Gründen, da der Schaden des Empfängers geringer sein kann und die Daraufgabe nicht die Natur einer Strafe hat. Eventuell dürfte die Bestimmung auf den Empfänger entsprechend auszudehnen sein." 2 Mot. a. a. O., S. 4. 3 Die entscheidende Stelle in den Mot., S. 7 — 8 lautet: „Der Entwurf hat eine Bestimmung über die arrha pacto imperfecto data nicht aufgenommen, und dürfte dies schon in der Stellung, welche der Entwurf in Absicht auf die Form der Verträge eingenommen hat, sowie im Hinblick auf seine Auffassung der Vorverträge seine Begründung finden. Die in Bezug auf einen erst abzuschließenden Vertrag gegebene Arrha soll dazu dienen, die Schließung des Vertrages durch die Furcht vor dem Verlust, bzw. der doppelten Erstattung der Arrha herbeizuführen, es soll dadurch die Vertragsschließung indirekt erzwungen und gesichert werden. Dies hat insbesondere in den Fällen, in welchen es sich um einen wegen Mangels der dazu erforderlichen Form unfertigen Vertrag handelt, die erheblichsten Bedenken gegen sich. Die Vorschrift des Gesetzes, daß vor Vollendung der für einen Vertrag vorgeschriebenen Form keiner der Vertragsschließenden an denselben gebunden sein solle, würde auf einem anderen Wege wieder aufgehoben, wenn gestattet würde, daß die Kontrahenten sich durch eine vielleicht sehr bedeutende, möglicherweise dem gesammten Vertragsinteresse ökonomisch gleichstehende Arrha indirekt an ihr Wort binden, und es könnte auf solche Weise der Zweck, welcher der Formvorschrift im einzelnen Falle zu Grunde liegt, vollständig vereitelt werden. Man wird daher, wenn der Hauptvertrag an eine Form gebunden und ohne solche nichtig ist, auch dem Vertrage über die Arrha, wodurch die Bewirkung der fehlenden Form gesichert werden soll, keine Giltigkeit zusprechen können". 4
Wegen § 4 T E - O R Nr. 19 über das Reugeld vgl. Materialien zu §§ 346 ff. BGB. 531
ZustOR § 47 KE § 416 E I §419
§339
2. Abschnitt: Schuldverhältnisse aus Verträgen
B. In der Vorkommission des Reichsjustizamtes wurde gegen § 419 nichts erinnert (Prot. S. 381).
C. 2. Kommission Sohm I. Zu §419 war beantragt, die Bestimmung zu fassen: Hat der Geber die (Nr 90) Wiederaufhebung des Vertrags verschuldet, so behält der Empfänger die Draufgabe. Der Antrag wurde abgelehnt (Prot. I, Bd. 1, S. 774, Mugdan, Bd. 2, S. 717). II. Fassung der Regelung in der VorlZust als § 419: E I-VorlZust Hat der Geber die Wiederaufhebung des Vertrages verschuldet oder die Erfül§ 419 lung des Vertrages durch sein Verschulden unmöglich gemacht, so behält der Empfänger die Draufgabe. Der Werth derselben ist jedoch (im Zweifel) auf die den Empfänger zustehende Schadensersatzforderung anzurechnen. III., IV. Fassung der Regelung in der ZustRedKom § 419 (E II % 290): E I-ZustRedKom Ist die von dem Geber geschuldete Leistung in Folge eines von ihm zu vertreten§ 419 den Umstandes unmöglich geworden oder hat der Geber die Wiederaufhebung des E II S 290 Vertrags verschuldet, so ist der Empfänger berechtigt, die Draufgabe zu behalten. Verlangt der Empfänger Schadensersatz wegen Nichterfüllung, so ist die Draufgabe im Zweifel anzurechnen oder, wenn dies nicht geschehen kann, bei der Leistung des Schadensersatzes zurückzugeben. V. § 333 E II rev (E III§ 332) lautet wie § 338 BGB.
§339
Verspricht der Schuldner dem Gläubiger für den Fall, daß er seine Verbindlichkeit nicht oder nicht in gehöriger Weise erfüllt, die Zahlung einer Geldsumme als Strafe, so ist die Strafe verwirkt, wenn er in Verzug kommt. Besteht die geschuldete Leistung in einem Unterlassen, so tritt die Verwirkung mit der Zuwiderhandlung ein.
A. 1. Kommission I. 78. Sitzung vom 21. 4. 1882, Schriftführer Neubauer I Prot 1617
I Zu § 8 des Entwurfes:
TE-OR (Nr 19) „Geht die Verbindlichkeit, zu deren Sicherung die Strafe versprochen worden S 8 ist, dahin, daß Etwas unterlassen werden soll, so ist mit der Zuwiderhandlung die Strafe verwirkt. Besteht die Verbindlichkeit in einem Thun, so ist die Strafe verwirkt, wenn der Schuldner in Verzug kommt." 532
4. Titel: Draufgabe. Vertragsstrafe
§ 339
w a r beantragt, die Bestimmung zu fassen : „Die versprochene Strafe ist im Zweifel nicht eher verfallen, bis der Schuldner in V e r z u g gekommen ist. Geht die Verbindlichkeit nicht 1 auf ein Unterlassen, so verfällt die Strafe mit der Zuwiderhandlung."
Windscheid (Nr 36)
Die in dem Antrage sich findenden W o r t e „im Zweifel" wurden mit der Ausführ u n g gerechtfertigt: Dieselben ergäben, daß der § eine Auslegungsregel und nicht eine dispositive Rechtsnorm enthalte, ein Unterschied, welcher nicht o h n e Belang sei; vorliegend den C h a r a k t e r der Auslegungsregel besonders hervorzuheben | und | Prot 1618 klarzustellen, sei aber um deswillen nöthig, weil die fragliche Regel in vielen Fällen, namentlich in den Fällen, in welchen die Strafe auf die nicht gehörige Erfüllung gestellt sei, gar nicht passe; der Zusatz w ü r d e allerdings insofern bedenklich, als er f ü r den § 6 2 abgelehnt sei; hieraus folge aber n u r die Angemessenheit, ihn auch in den § 6 aufzunehmen, den in der vorigen Sitzung gefaßten entgegenstehenden Beschluß also aufzuheben. Die Mehrheit lehnte es ab, die W i e d e r a u f h e b u n g des früheren Beschlusses in Berathung zu nehmen, und beschloß sodann, auch in dem vorliegenden § von dem Zusätze abzusehen. Sie verkannte zwar nicht den Unterschied zwischen Auslegungsregeln und dispositiven Rechtsnormen und daß der § 8 nur eine Auslegungsregel enthalte, glaubte aber, daß es nicht Aufgabe des Gesetzgebers sei, überall hervorzuheben, ob eine Vorschrift der einen oder anderen Kategorie angehöre, indem die desfallsige Entscheidung regelmäßig der Wissenschaft zu überlassen sei, welcher nur ausnahmsweise im Interesse der Rechtssicherheit durch eine positive Vorschrift vorgegriffen werden dürfe. Im übrigen fand der sachliche Inhalt des § 8 keine Beanstandung. Die P r ü f u n g , ob — abgesehen von dem Zusätze: „im Zweifel" — die Fassung des Antrages den V o r z u g verdiene, blieb der Redaktion vorbehalten. Es w u r d e dafür angeführt, daß der Antrag in passender Weise den Hauptfall an die Spitze stelle und das W o r t „ T h u n " vermeide. Es w u r d e zugleich bemerkt, es werde sich unter allen Umständen empfehlen, im zweiten Satz des Entwurfes die den C h a r a k t e r der Auslegungsregel sichtbar verdunkelnde W e n d u n g „nicht eher, als" zu vermeiden. Es waren z w a r keine Anträge gestellt behufs Lösung der in den Motiven (S. 28, 30) erörterten Fragen, ob und inwiefern die nur teilweise Erfüllung die Konventionalstrafe ausschließe und wie es sich mit der Ver- | Wirkung derselben dann verhalte, wenn mehrere Gläubiger o d e r Schuldner vorhanden seien und nur einem Gläubiger gegenüber oder nur von einem Schuldner nicht erfüllt würde. Spezielle Bestimmungen erachtete man in dieser Beziehung nicht f ü r erforderlich, o h n e jedoch damit die einschlagenden Ausführungen der Motive durchgehends billigen zu wollend 1
2 3
In den Protokollen steht fälschlicherweise hinter Verbindlichkeit das Wort „nicht" (es fehlt im separat verteilten Antrag Nr. 36). Vgl. Materialien zu §§ 340, 341 BGB. Bei v. Kübel heißt es in den „Motiven" über diese Fragen: „Sowohl das gemeine Recht als auch die Kodifikationen gehen davon aus, daß theilweise Erfüllung die Strafe nicht abwendet, weil, wie auch der Entwurf am geeigneten Orte aussprechen wird (vgl. § 204 des vorl. Entwurfs; 206 BGB) der Schuldner Uberhaupt seine Verbindlichkeit ohne Einwilligung des Gläubigers nicht getheilt erfüllen kann. Mit Rücksicht auf letztere Vorschrift hat daher das Schweigen des Entwurfs über diesen Gegenstand die Bedeutung, daß nur theilweise Erfüllung in Hinsicht auf die Strafverwirkung der Nichterfüllung gleichgerechnet wird. Ob in der Fortsetzung der Fußnote auf Seite 534
533
| Prot 1619
§ 339
2. Abschnitt: Schuldverhältnisse aus Verträgen
II., III., IV. Die beschlossene Regelung lautet in der ZustOR (KE, EI) als § 50 (419, 422): ZustOR § 50 Die Konventionalstrafe ist verwirkt, wenn der Schuldner in Verzug kommt. KE § 419 Besteht die Verbindlichkeit in einem Unterlassen, so ist die Strafe mit der ZuwiderE I § 422 handlung verwirkt.
B. Vorkommission des Reichsjustizamtes I. Beantragt war: Struckmann (Nr 1, 108)
1. a) Die Ueberschrift vor den §§ 420 ff durch das Wort „Vertragsstrafe" zu ersetzen.
Struckmann (Nr 1, 111)
b) Den Eingang des § 422 zu fassen: Die Strafe ist usw. (wie im Entw.). Auf Antrag des Schuldners kann die Strafe von dem Richter nach billigem Ermessen herabgesetzt werden, soweit sie nach den Umständen des Falles das verständige Interesse des Gläubigers unverhältnismäßig übersteigt.
Jacubezky (Nr 5, 45)
2. Folgenden § 422 a einzuschalten: Ist der Fall der Verwirkung der Konventionalstrafe nur in Ansehung eines Theiles der Hauptleistung eingetreten, so mindert sich die Konventionalstrafe nach dem Verhältnisse des Werthes des Theiles, in Ansehung dessen sie verwirkt ist, zu dem Werthe der ganzen Hauptleistung.
II. 64. Sitzung vom 30. 12. 1891 | Die Ueberschrift vor den §§420 ff wurde durch das Wort „Vertragsstrafe" ersetzt. I ProtRJA 382 | Gegen den § 422 wurden keine Erinnerungen erhoben. I ProtRJA 381
C. 2. Kommission I. Zu § 422 war beantragt (Prot. II, Bd. 1, S. 779, Mugdan, Bd. 2, S. 720): Struckmann
1. im ersten Satze statt „Konventionalstrafe" zu setzen „Strafe".
(Nr 67, 12)
2 d e n zweiten Satz zu fassen:
Annahme einer Theilerfüllung seitens des Gläubigers ein Verzicht auf die Strafe gefunden werden muß, ist quaestio facti". — „Eine Konsequenz des Satzes, daß bei nur theilweiser Leistung die ganze Strafe verwirkt ist, ergiebt sich auch in dem Falle, . . . , wenn mehrere Gläubiger sich für die Erfüllung einer Verbindlichkeit bei Strafe versprechen lassen, und auch nur gegen einen derselben das bei Strafe Versprochene nicht geleistet worden ist, wo alsdann die ganze Strafe ebenso verwirkt ist, wie in dem Falle, wenn von mehreren Schuldnern, welche die Erfüllung einer Verbindlichkeit bei Strafe versprochen haben, auch nur einer dieser Schuldner der Verbindlichkeit nicht vollständig nachgekommen ist. Das Entscheidende für Verwirkung der Strafe ist hier immer, daß die Hauptobligation durch deren vollständige Erfüllung der Strafeintritt bedingt ist, nicht vollständig erfüllt wurde" (S. 28, 29). — Weiter sollten nach Kübel „nur die nicht befriedigten von mehreren Gläubigern die Konventionalstrafe" fordern dürfen (S. 31). Hinsichtlich des Ausgleiches der Gläubiger oder Schuldner untereinander sollte im Zweifel § 11 ZustOR gelten (S. 31 — 32, vgl. Materialien bei § 426 BGB).
534
4. Titel: Draufgabe. Vertragsstrafe
§§ 3 4 0 - 3 4 2
Besteht die Verbindlichkeit in einem Unterlassen, so ist die Strafe mit der Zuwiderhandlung verwirkt, es sei denn, daß diese Zuwiderhandlung nicht auf Verschulden des Schuldners beruht. Der § 422 fand Annahme. Der Antrag 1 blieb der Prüfung durch die RedKom überlassen; der Antrag 2 wurde abgelehnt. II. Fassung der Regelung in der VorlZust als § 422: Die Vertragsstrafe ist verwirkt, wenn der Schuldner in Verzug kommt. Besteht die Verbindlichkeit in einem Unterlassen, so ist die Strafe mit der Zuwiderhandlung verwirkt.
E I-VorlZust § 422
III. In der ZustRedKom lautet die Regelung als § 419 a (422): H a t der Schuldner für den Fall, daß er seine Verbindlichkeit nicht oder nicht in E I-ZustRedKom gehöriger Weise erfüllen werde, dem Gläubiger die Zahlung einer Geldsumme als S 419 a Strafe versprochen, so ist die Strafe verwirkt, wenn der Schuldner in Verzug kommt; ist die Verbindlichkeit auf ein Unterlassen gerichtet, so tritt die Verwirkung mit der Zuwiderhandlung ein. IV. §291. H a t der Schuldner für den Fall, daß er seine Verbindlichkeit nicht E II §291 oder nicht in gehöriger Weise erfüllt, dem Gläubiger die Zahlung einer Geldsumme als Strafe versprochen, so ist die Strafe verwirkt, wenn der Schuldner in Verzug kommt; besteht die geschuldete Leistung in einem Unterlassen, so tritt die Verwirkung mit der Zuwiderhandlung ein. V. § 334 E II rev (£ III § 333) lautet wie § 339 BGB.
§340 Hat der Schuldner die Strafe für den Fall versprochen, daß er seine Verbindlichkeit nicht erfüllt, so kann der Gläubiger die verwirkte Strafe statt der Erfüllung verlangen. Erklärt der Gläubiger dem Schuldner, daß er die Strafe verlange, so ist der Anspruch auf Erfüllung ausgeschlossen. Steht dem Gläubiger ein Anspruch auf Schadensersatz wegen Nichterfüllung zu, so kann er die verwirkte Strafe als Mindestbetrag des Schadens verlangen. Die Geltendmachung eines weiteren Schadens ist nicht ausgeschlossen.
§341 Hat der Schuldner die Strafe für den Fall versprochen, daß er seine Verbindlichkeit nicht in gehöriger Weise, insbesondere nicht zu der bestimmten Zeit, erfüllt, so kann der Gläubiger die verwirkte Strafe neben der Erfüllung verlangen. Steht dem Gläubiger ein Anspruch auf Schadensersatz wegen der nicht gehörigen Erfüllung zu, so finden die Vorschriften des § 340 Abs. 2 Anwendung. Nimmt der Gläubiger die Erfüllung an, so kann er die Strafe nur verlangen, wenn er sich das Recht dazu bei der Annahme vorbehalten hat. 535
§§ 3 4 0 - 3 4 2
2. Abschnitt: Schuldverhältnisse aus Verträgen
§342 Wird als Strafe eine andere Leistung als die Zahlung einer Geldsumme versprochen, so finden die Vorschriften der §§ 339 bis 341 Anwendung; der Anspruch auf Schadensersatz ist ausgeschlossen, wenn der Gläubiger die Strafe verlangt.
A. 1. Kommission I. 77. Sitzung vom 19. 4. 1882, Schriftführer Neubauer I Prot I 607 I Zu § 6 des Entwurfes : TE-OR (Nr 19) „Wird von einem Schuldner dem Gläubiger eine Leistung als Strafe für den Fall S 6 versprochen, daß er seine Verbindlichkeit nicht erfüllen werde, so hat, wenn dieser Fall eintritt, der Gläubiger die Wahl, die Erfüllung oder die Strafe zu verlangen. Ist die Strafe für den Fall versprochen, daß die Verbindlichkeit nicht zur bestimmten Zeit oder nicht am bestimmten Orte erfüllt werde, so kann, wenn dieser Fall eintritt, die Strafe nebst der Erfüllung verlangt werden." lagen die Anträge vor: 1. die § zu fassen: Kurlbaum „Wird von einem Schuldner dem Gläubiger eine Leistung als Strafe der Nicht(Nr 35, 1) erfüllung einer Verbindlichkeit versprochen (Konventionalstrafe) so ist im Zweifel anzunehmen, daß der Gläubiger die Leistung nur an Stelle der Erfüllung der Verbindlichkeit zu fordern berechtigt sein soll. Der Schuldner ist im Zweifel nicht berechtigt, sich durch Erlegung der KonvenI Prot I 608 tionalstrafe von der Er-1 füllung zu befreien." Windscheid (Nr 42)
2. den § 6 unter Streichung des § 7 in folgender Fassung aufzunehmen 1 : „Hat der Schuldner dem Gläubiger eine Strafe für Nichtleistung oder ungenügende Leistung (korrekter Ungenügendheit der Leistung) versprochen, so ist im Zweifel anzunehmen, daß der Gläubiger berechtigt sein soll, die Strafe oder die Leistung bzw. genügende Leistung zu fordern. In gleicher Weise ist, wenn die Verbindlichkeit des Schuldners sich in eine Verbindlichkeit zum Ersätze des Schadens wegen Nichtleistung oder ungenügender Leistung (Ungenügendheit der Leistung) verwandelt, im Zweifel anzunehmen, daß der Gläubiger die Wahl haben soll zwischen der Forderung der Strafe und der Forderung des Schadensersatzes."
3. an die Stelle des § 6 folgende Bestimmung zu setzen: Planck „Wird von einem Schuldner dem Gläubiger eine Leistung als Strafe für den Fall (Nr 37) versprochen, daß er seine Verbindlichkeit nicht erfüllen werde, so ist im Zweifel anzunehmen, daß, wenn jener Fall eintritt, die Strafe als Mindestbetrag des dem 1
D e r ursprünglich von Windscheid zu den §§ 6 und 7 gestellte Antrag lautet (Nr. 36) : § 6. H a t der Schuldner für den Fall der Nichterfüllung seiner Verbindlichkeit dem Gläubiger eine Strafe als Ersatz der geschuldeten Leistung versprochen, so hat der Gläubiger im Zweifel die Wahl, ob er die Strafe oder die Leistung fordern will. § 7. Verwandelt sich die Verbindlichkeit zur Leistung in eine Verbindlichkeit zum Ersätze des Schadens w e g e n Nichtleistung, so ist es im Fall des § 6 dem Gläubiger gestattet, in der Klage zu verlangen, daß der Schuldner auf Ersatz des zu erweisenden Schadens, jedenfalls auf die Strafe, verurtheilt werde. (Event, den § ganz zu streichen).
536
4. Titel: Draufgabe. Vertragsstrafe
1340-342
Gläubiger wegen Nichterfüllung z u k o m m e n d e n Schadensersatzes gelten und der Gläubiger solchen nach seiner W a h l statt der Erfüllung auch dann zu fordern berechtigt sein soll, wenn die Erfüllung selbst noch möglich ist. In dem Falle des § 5 Abs. 2 der Vorlage über alternative Obligationen geht das dem Gläubiger nach dem ersten Absätze dieses Paragraphen zustehende Wahlrecht nicht auf den Schuldner über, sondern der Gläubiger verliert das Recht, die Strafe statt der Erfüllung zu f o r d e r n . " dahin zu fassen 2 :
Planck (Nr 41)
Planck (Nr 41)
„Wird von einem Schuldner dem Gläubiger eine Leistung als Strafe f ü r den Fall versprochen, daß | er seine Verbindlichkeit nicht erfüllen werde, so ist im Zweifel I Prot I 609 a n z u n e h m e n , daß der Gläubiger das Recht haben soll: 1. wenn der vorausgesetzte Fall eintritt, nach seiner Wahl statt der Erfüllung der Verbindlichkeit die Strafe zu f o r d e r n ; 2. in allen Fällen, in welchen sich die Verbindlichkeit zur Leistung in eine Verbindlichkeit zum Schadensersatze wegen Nichtleistung verwandelt, als Mindestbetrag solchen Schadensersatzes die Strafe zu f o r d e r n . In dem Falle des § 5 Abs. 2 der Vorlage über alternative Obligationen geht das dem Gläubiger nach dem ersten Absätze dieses Paragraphen unter N r . 1 zustehende Wahlrecht nicht auf den Schuldner über, sondern der Gläubiger verliert das Recht, die Strafe statt der Erfüllung zu f o r d e r n . " 5. in § 6 nach den Schlußworten „verlangt w e r d e n " ein Semikolon (;) zu setzen und die W o r t e hinzuzufügen : „nach A n n a h m e der Erfüllung kann die Strafe nur verlangt werden, wenn sie vorbehalten worden 3 ."
v. Weber (Nr 33, 3)
Bei der Diskussion ergab sich, daß dem Antrag zu 1) keineswegs die Auffassung z u m G r u n d e liegt, der Anspruch auf die Strafe sei nur dann gerechtfertigt, wenn die nach den allgemeinen Grundsätzen sich bestimmenden Voraussetzungen des Anspruchs auf das Interesse vorliegen, daß er vielmehr nur das Prinzip z u r Geltung bringen will, der Gläubiger gehe des Rechts auf Strafe durch die Forderung der Erfüllung nicht verlustig. In der letzteren Beziehung beruht der Entwurf, indem er gegebenenfalls einfach eine alternative Obligation unterstellt, auf der entgegenstehenden Auffassung. D e m Prinzip des Entwurfs folgen auch die übrigen Anträge, die Anträge zu 3) und 4) jedoch mit einigen Modifikationen, insbesondere mit der Modifikation, daß der | Gläubiger, sobald er nach allgemeinen Grundsätzen zur | Prot 1610 F o r d e r u n g des Interesse b e f u g t ist, stets und immer als Mindestbetrag des Interesse die Strafe verlangen kann. 2 3
Dieser zweite Antrag von Planck ist nur ein Eventualantrag. Der separat verteilte Antrag von von Weber (Nr. 33, Ziff. 4) enthält noch folgenden Zusatz: „eventuell, wenn dieser Antrag abgelehnt wird, den § 10 dahin zu fassen: ,Wird die Strafe gefordert, weil die Verbindlichkeit zu einem Thun nicht erfüllt worden sei, so hat der Schuldner die Erfüllung seiner Verbindlichkeit zu beweisen. Wird die Strafe bei einer solchen Verbindlichkeit nach geschehener Erfüllung deshalb gefordert, weil die Erfüllung nicht rechtzeitig oder nicht am bestimmten Orte erfolgt sei, so trifft den Gläubiger die Beweislast, daß die Erfüllung verspätet oder an einem anderen als dem bestimmten Orte erfolgt sei, wenn er sich nicht bei Annahme der Erfüllung die Strafe vorbehalten hat; ist die Strafe vorbehalten worden, so hat der Schuldner die vertragsmäßige Erfüllung zu beweisen' (Zu § 10 vgl. Materialien bei § 345 BGB). 537
§§ 340—342
2. Abschnitt: Schuldverhältnisse aus Verträgen
Beschlossen wurde, zunächst zur Entscheidung zu bringen, ob das Prinzip des Antrags zu 1) oder das im ersten Satz des § 6 des Entwurfs ausgedrückte Prinzip anzunehmen sei, vorbehaltlich der nachträglichen Beschlußfassung, ob und welche besonderen Vorschriften nach Maßgabe der Anträge zu 3) und 4) bei Annahme des Prinzips des Entwurfs erforderlich seien. Die Mehrheit lehnte das Prinzip des Antrags zu 1) ab und billigte das Prinzip des ersten Satzes des § 6 des Entwurfs. Bei der Berathung der vorbehaltenen besonderen Vorschriften wurde zunächst die Frage erledigt: ob der Gläubiger, welcher in Ausübung des Wahlrechts die Erfüllung verlangt habe, dann noch die Strafe fordern könne, wenn er später, weil die reelle Erfüllung nicht zu erlangen sei, zur Liquidation des Interesse genöthigt werde, oder ob er in einem solchen Falle auf die Forderung des von ihm nachzuweisenden Interesse beschränkt sei. Die Mehrheit entschied für die erste Alternative. Ingleichen bejahte sie die Frage: ob der Gläubiger, welcher von vornherein das Interesse, also Erfüllung mittels Interesse — Leistung verlangt habe, die Strafe verlangen könne, ohne zu dem Beweise genöthigt zu sein, daß und welchen Schaden er erlitten habe. Der Antrag, zusätzlich zu bestimmen: die Strafforderung sei unzulässig, wenn die Interesseforderung ohne Erwähnung der Strafe im Wege der Klage geltend I Prot 1611 gemacht und über den Interessenanspruch ent-1 schieden sei, wurde abgelehnt. Abgelehnt wurde ferner der Antrag, im Sinne des zweiten Absatzes der Anträge zu 3) und 4), den Gläubiger des Rechts auf die Strafe verlustig zu erklären und auf das Recht die Erfüllung zu fordern, zu beschränken, wenn er in Ansehung der Ausübung der Wahl sich säumig erwiesen habe. Die Gründe der Beschlüsse waren : Der erste Satz des § 6 enthalte ein eben so einfaches als angemessenes Prinzip, welches der doppelten Funktion der Konventionalstrafe gerecht werde, einmal, als Zwangsmittel gegen den Schuldner zu dienen, damit dieser zur wirklichen Erfüllung sich verstehe, sodann, dem Gläubiger die Interesseforderung zu erleichtern und zu sichern. Das Prinzip entspreche auch dem geltenden Rechte. Werde aber einmal dem Gläubiger das Recht zugestanden, eintretendenfalls die Strafe oder Erfüllung zu fordern, und auf diese Weise eine alternative Obligation bestimmt, so müsse auch die für die alternativen Obligationen geltende Regel eintreten, daß der Gläubiger an die einmal getroffene Wahl gebunden sei. Es sei nicht allein kein Grund ersichtlich, weshalb die Anwendung der Regel auszuschließen sei, sondern es sei auch nicht zu leugnen, daß, wenn dies geschehe und wenn dem Gläubiger gestattet würde, seinen Willen beliebig, sei es allgemein, sei es nach Maßgabe des Antrags zu 1) für den Fall, wenn zuerst die Erfüllung verlangt sei, zu ändern, der Schuldner unbilligerweise in eine schlimme Lage versetzt würde. Andererseits erscheine es aber unzulässig, aus der Regel die Konsequenz zu ziehen, der Gläubiger, welcher einmal Erfüllung verlangt habe, sei von der Strafforderung schlechthin, und auch dann, ausgeschlossen, wenn die Interesseforderung in Frage komme. I Prot 1612 Eine solche | Konsequenz zu ziehen, verbiete der eine wesentliche Zweck der Strafe, dem Gläubiger die Interesseforderung zu sichern. Dieser Zweck erheische, dem Gläubiger stets und immer die Befugniß beizulegen, die Strafe als Mindestbetrag des Interesse geltend zu machen. Das letztere ausnahmsweise zu verbieten, wenn das Interesse im Wege der Klage geltend gemacht und über den Interesseanspruch 538
4. Titel: Draufgabe. Vertragsstrafe
§§ 340-342
entschieden sei, könne nicht angemessen erscheinen, denn der Gesetzgeber habe keinen Anlaß, einen solchen speziellen Fall durch eine positive Vorschrift zu entscheiden; die Lösung müsse der Wissenschaft überlassen bleiben, welche möglicherweise auf Grund prozeßrechtlicher Normen und der Rechtsregeln über die Wirkungen der res judicata zu einer mit dem Antrage übereinstimmenden Entscheidung gelangen werde. — Endlich empfehle sich der auf den Verlust des Wahlrechts des Gläubigers wegen Verzugs bei Ausübung desselben sich beziehende Antrag aus dem Grunde nicht, weil er ohne ein zureichendes Bedürfniß die Einfachheit des Gesetzes durch eine kasuistische Vorschrift beeinträchtige. Zur Sprache kam noch, ob der Gläubiger, welcher statt der möglichen Erfüllung die Strafe wähle, das Interesse wegen Nichterfüllung, soweit es sich höher, als die Strafe beläuft, zu verlangen befugt sei, wie in dem Antrage zu 3) zu bestimmen vorgeschlagen wird. Die Frage wurde verneint, indem erwogen wurde, das Gegenteil harmonire weder mit dem Hauptprinzipe, noch lasse es sich aus dem Zweck der Strafe begründen. Sodann wurde zur Berathung des zweiten Absatzes des § 6 übergegangen. Ueber den Sinn der Vorschrift bestand kein Zweifel. Dieselbe betrifft den Fall, wenn die Strafe bestimmt | ist, nicht allein für den Fall der nicht gehörigen Leistung | Prot 1613 im Gegensatz zu der gänzlichen Nichtleistung, sondern auch als Strafe für die bloße Ungehörigkeit. Obschon anerkannt wurde, daß die Bestimmung des Entwurfs, in einem solchen Fall könne Leistung und Strafe verlangt werden, selbstverständlich sei, so glaubte man doch, es werde angemessen sein, den Fall, weil er so häufig und wichtig sei, besonders hervorzuheben. Einverstanden war man, daß der zweite Satz eine Vermuthung dafür, daß die Strafe auf die bloße Ungehörigkeit der Leistung gestellt sei, weder aussprechen noch aussprechen dürfe. Zugleich erachtete man es für nothwendig, von der Beschränkung auf die Ungehörigkeit in bezug auf Zeit und Ort abzusehen. Auf den zweiten Satz bezieht sich der Antrag zu 5). Dieser Antrag wurde mit dem Zusätze angenommen : „Die Vorschrift findet keine Anwendung, wenn der Gläubiger von seinem Rechte nicht unterrichtet war." Man entschied für den Antrag in Rücksicht auf das geltende Recht und weil er dazu diene, in einer großen Zahl von Fällen unbillige Härten gegen den Schuldner zu verhindern. Nachträglich wurden noch folgende Beschlüsse gefaßt: 1. Das Wort „Konventionalstrafe" als termonologisches wurde wegen seiner Einbürgerung in allen Rechtsgebieten gebilligt, so daß von dem Sprachgebrauch der Deutschen Konkursordnung, welche von „Vertragsstrafe" redet (vgl. § 55 Nr. 2 daselbst) 4 , abgewichen wird. Das Wort „Konventionalstrafe" soll im Einklang mit der bisherigen Redaktionsweise im Texte des § 6 eingeklammert werden. 12. Zur Klarstellung, in welchen ähnlichen Fällen eine Konventionalstrafe nicht |Prot 1614 anzunehmen sei, soll mit dem Entwürfe gesagt werden: „eine Leistung als Strafe", wodurch namentlich die Fälle der Verwirkungsklausel mit hinreichender Deutlichkeit ausgeschieden erscheinen.
4
§ 55 Nr. 2 KO entspricht § 62 Nr. 2 KO η. F. 539
§§ 3 4 0 - 3 4 2
2. Abschnitt: Schuldverhältnisse aus Verträgen
3. Die Worte: „im Zweifel", sowie die zusätzliche Bestimmung (vgl. Antrag zu 1): „die Konventionalstrafe gelte im Zweifel nicht als Reugeld", sollen als entbehrlich keine Aufnahme finden (vgl. H.G.B. Art. 284 Abs. 2) 5 . 4. Die Beschränkung der Konventionalstrafe, sei es durch ein absolutes Verbot, sei es durch Bestimmung eines richterlichen Ermäßigungsrechts, wurde nicht für angemessen gehalten (vgl. H.G.B. Art. 284 Abs. I 6 ; vgl. auch Bundesgesetz vom 14. November 1867 - BGBl. S. 159 - § 1). Der § 7 des Entwurfes : TE-OR (Nr 19) „Uebersteigt der dem Gläubiger durch die Nichterfüllung der Verbindlichkeit S 7 entstandene Schaden den Betrag der versprochenen Strafe, so kann der Ersatz des Schadens insoweit, als derselbe den Betrag der Strafe übersteigt, mit dieser gefordert werden." und der dazu gestellte Antrag, den § zu fassen : Kurlbaum „Die Verabredung einer Konventionalstrafe schließt den Anspruch auf einen (Nr 35) den Betrag derselben übersteigenden Schadensersatz nicht aus." galten durch die zu § 6 gefaßten Beschlüsse für erledigt. Der Antrag, in § 7 zu bestimmen : Planck „Ist die Strafe für den Fall versprochen, daß die Verbindlichkeit nicht zur be(Nr 37, 7) stimmten Zeit oder nicht am bestimmten Orte erfüllt werde, so ist im Zweifel I Prot 1615 anzunehmen, daß die Strafe den | Mindestbetrag des dem Gläubiger wegen nicht rechtzeitiger bezw. nicht am rechten Orte erfolgter Erfüllung zukommenden Schadensersatzes bilden, sein Anspruch auf Erfüllung der Verbindlichkeit im Uebrigen aber durch das Strafgeding nicht berührt werden soll." wurde zurückgezogen. Zu den §§ 6 und 7 ist also sachlich beschlossen: „Ist von dem Schuldner für den Fall, daß er eine ihm obliegende Leistung nicht bewirkt, dem Gläubiger eine andere Leistung als Strafe versprochen (Konventionalstrafe), so hat der Gläubiger eintretendenfalls die Wahl, ob er die Hauptleistung oder die Strafleistung und im Falle wegen unterbliebener Bewirkung der Hauptleistung statt dieser Schadensersatz verlangt werden kann, ob er Schadensersatz oder die Strafleistung verlangen will. Wird von dem Gläubiger Schadensersatz verlangt, so kann er stets die Strafleistung als Mindestbetrag des Schadens verlangen. Ist die Strafe für den Fall, daß die Hauptleistung nicht in der bestimmten Art, insbesondere nicht zu der bestimmten Zeit, erfolge und hierfür allein bedungen, so kann eintretenden Falls sowohl die Hauptleistung als die Strafleistung oder statt dieser Schadensersatz nach Maßgabe des ersten Absatzes verlangt werden. In einem solchen Falle kann jedoch der Gläubiger nach Annahme der Hauptleistung 5
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Art. 284 Abs. 2 HGB lautet: „Der Schuldner ist im Zweifel nicht berechtigt, sich durch Erlegung der Conventionalstrafe von der Erfüllung zu befreien." Art. 284 Abs. 1 HGB lautet: „Die Conventionalstrafe unterliegt keiner Beschränkung in Ansehung des Betrags; sie kann das Doppelte des Interesses übersteigen". — § 1 des Bundesgesetzes vom 14. 11. 1867 lautet: „Die Höhe der Zinsen, sowie die Höhe und Art der Vergütung für Darlehne und für kreditirte Forderungen, ferner Konventionalstrafen, welche für die unterlassene Zahlung eines Darlehens oder einer sonst kreditirten Forderung zu leisten sind, unterliegen der freien Vereinbarung" (Gesetz betreffend die vertragsmäßigen Zinsen, BGBl. S. 159-160).
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4. Titel: Draufgabe. Vertragsstrafe
§§ 340-342
die Strafleistung nur dann fordern, wenn die Annahme der Hauptleistung unter Vorbehalt der Strafleistung erfolgt ist. Diese Bestimmung findet keine Anwendung, wenn der Gläubiger bei Annahme der Hauptleistung von seinem Rechte auf die Strafleistung nicht unterrichtet war." II., III. 1. Die beschlossene Regelung lautet in der ZustOR
(KE):
§ 48. H a t der Schuldner für den Fall, daß er eine ihm obliegende Leistung nicht ZustOR § 48 bewirken werde, dem Gläubiger eine andere Leistung als Strafe versprochen (Kon- KE § 417 ventionalstrafe), so hat der Gläubiger eintretenden Falles die Wahl, ob er die Hauptleistung oder die Strafleistung, und im Falle (wenn 7 ) wegen unterbliebener Bewirkung der Hauptleistung statt dieser Schadensersatz verlangt werden kann, ob er Schadensersatz oder die Strafleistung verlangen will. Wird von dem Gläubiger Schadensersatz verlangt, so kann er stets die Strafleistung als Mindestbetrag des Schadens verlangen. § 49. Ist die Konventionalstrafe für den Fall, daß die Hauptleistung nicht in der ZustOR § 49 bestimmten Weise, insbesondere nicht zu der bestimmten Zeit, erfolgen werde, und KE § 418 hierfür allein, bedungen, so kann eintretenden Falls sowohl die Hauptleistung als auch die Strafleistung oder statt dieser Schadensersatz nach Maßgabe des § 48 verlangt werden. Hat in einem solchen Falle der Gläubiger die Hauptleistung angenommen, so kann er die Strafleistung nur dann fordern, wenn die Annahme unter Vorbehalt der Strafleistung erfolgt ist. Die letztere Bestimmung (Vorschrift; E I) findet keine Anwendung, wenn der Gläubiger bei Annahme der Hauptleistung von seinem Rechte auf die Strafleistung oder von dem Eintritte der Voraussetzungen desselben nicht unterrichtet war. 2. Aufgrund eines Antrages von Kurlbaum (Prot. I, S. 3283, Nr. 568 Ziff. 9) wurde in § 48 S. 1 a. E. ZustOR „im Falle" ersetzt durch „wenn" (Prot. I, S. 3290). 3. Ferner lag der Antrag vor: den § 417 Satz 2 KE zu fassen: „Verlangt der Gläubiger Schadensersatz, so pp." oder „Wird . . . verlangt, so kann stets . . . verlangt werden". Der Antrag wurde in Fassung angenommen : „Wählt der Gläubiger Schadensersatz, so pp." (Prot. I, S. 11787). IV. Im E /lautet die Regelung § 420: H a t der Schuldner für den Fall, daß er eine ihm obliegende Leistung nicht E I § 420 bewirken werde, dem Gläubiger eine andere Leistung als Strafe versprochen (Konventionalstrafe), so hat der Gläubiger eintretenden Falles die Wahl, ob er die Hauptleistung oder die Strafleistung, und, wenn wegen unterbliebener Bewirkung der Hauptleistung statt dieser Schadensersatz verlangt werden kann, ob er Schadensersatz oder die Strafleistung verlangen will. Wählt der Gläubiger Schadensersatz, so kann er stets die Strafleistung als Mindestbetrag des Schadens verlangen. § 421 E I stimmt mit § 49 ZustOR (418 KE) überein.
E I § 421
Β. Vorkommission des Reichsjustizamtes I. Beantragt war 1 a) den § 420 zu fassen : 7
Struckmann (Nr 1, 109)
Statt „im Falle" heißt es im KE „wenn" (vgl. unter III 2). 541
§§ 340-342
2. Abschnitt: Schuldverhältnisse aus Verträgen
Hat der Schuldner für den Fall, daß er die ihm obliegende Leistung nicht bewirken werde, dem Gläubiger eine andere Leistung als Strafe versprochen, so hat dieser eintretenden Falles die Wahl, ob er die Hauptleistung oder die Strafe und, wenn er statt der ersteren Schadensersatz verlangen kann, ob er diesen oder die Strafe fordern will. Wählt er Schadensersatz, so kann er gleichwohl die Strafe und in Ermangelung einer entgegenstehenden Vereinbarung daneben den die Strafe übersteigenden höheren Schaden verlangen. Struckmann (Nr 1, 110)
b) den § 421 zu fassen: Ist die Strafe für den Fall bedungen, daß die Hauptleistung nicht in der bestimmten Weise, insbesondere nicht zu der bestimmten Zeit, erfolgen werde, so kann der Gläubiger eintretenden Falles neben der Hauptleistung entweder die Strafe oder Schadensersatz nach Maßgabe des § 420 verlangen. (Hat er jedoch die Hauptleistung angenommen, so kann er die Strafe nur dann fordern, wenn er bei Annahme der Hauptleistung entweder das Recht auf die Strafe sich vorbehalten hat oder von diesem Rechte oder von dem Eintritte der Voraussetzungen desselben nicht unterrichtet war.)
Planck (Nr 6, 29)
2 a) den § 420 zu fassen: Hat der Schuldner ob er die Hauptleistung oder die Strafleistung verlangen will. Tritt an die Stelle des Anspruchs auf die Hauptleistung der Anspruch auf Schadensersatz wegen Nichterfüllung, so kann der Gläubiger stets die Strafleistung als Mindestbetrag des Schadens verlangen.
Planck (Nr 6, 30)
b) den § 421 zu fassen: Ist die Konventionalstrafe sowohl die Hauptleistung als auch Schadensersatz nach Maßgabe des § 420 verlangt werden. Hat in einem solchen Falle erfolgt ist, oder der Gläubiger bei Annahme der Hauptleistung usw. wie im Entwürfe.
Jacubezky (Nr 5, 43)
3 a) den § 420 zu fassen: Hat der Schuldner für den Fall, daß er eine ihm obliegende Leistung nicht bewirken werde, dem Gläubiger eine andere Leistung als Strafe versprochen (Konventionalstrafe), so ist der Gläubiger eintretenden Falles berechtigt, statt der Hauptleistung die Strafleistung zu wählen. Auf die Wahl der letzteren finden die Vorschriften der §§ 208, 209 entsprechende Anwendung. Ist die Strafleistung in Geld bestimmt, so ist der Gläubiger, wenn wegen unterbliebener Bewirkung der Hauptleistung statt dieser Schadensersatz verlangt werden kann, berechtigt, den Betrag der Strafleistung als Mindestbetrag des Schadens zu fordern.
Jacubezky (Nr 6, 44)
b) im § 421 den Satz 3 zu streichen. II. 64. Sitzung vom 30. 12. 1891
I ProtRJA 381
I Die Ueberschrift vor den §§ 420 ff. wurde durch das Wort „Vertragsstrafe" ersetzt. Der Satz 1 des § 420 wurde sachlich nicht beanstandet, der Satz 2, welcher dem Gläubiger die Befugniß zuerkennt, als Schaden neben der Konventionalstrafe noch den entstandenen Mehrbetrag von dem Schuldner verlangen zu können, wurde auf den Fall beschränkt, wo die Strafleistung in Geld bestimmt ist. In diesem Falle soll es aber keinen Unterschied machen, ob der Gläubiger den Schadensersatz oder die 542
4. Titel: Draufgabe. Vertragsstrafe
§§ 3 4 0 - 3 4 2
Strafleistung wählt; vielmehr soll er auch im letzteren Falle den den Betrag der Strafe übersteigenden Schaden fordern können. Ferner wurde beschlossen, im Satz 1 hinzuzufügen, daß die Wahl vollzogen ist, wenn sie von dem Gläubiger gegenüber dem Schuldner erklärt worden, und daß die vollzogene Wahl unwiderruflich ist (vergi, den Beschluß zu § 384). Der § 420 wurde danach wie folgt gefaßt: I H a t der Schuldner für den Fall, daß er die ihm obliegende Leistung nicht | ProtRJA 382 bewirken werde, dem Gläubiger eine andere Leistung als Strafe versprochen, so ist E I-RJA der Gläubiger eintretenden Falles berechtigt, statt der Hauptleistung die Straflei- § 420 stung zu wählen. Die Wahl ist vollzogen, wenn sie von dem Gläubiger gegenüber dem Schuldner erklärt worden ist. Die vollzogene Wahl ist unwiderruflich. Ist die Strafleistung in Geld bestimmt, so ist der Gläubiger, wenn wegen unterbliebener Bewirkung der Hauptleistung statt dieser Schadensersatz verlangt werden kann, berechtigt, den Betrag der Strafleistung als Mindestbetrag des Schadens zu fordern. Zu § 3 2 1 des Entw. wurde Satz 1 angenommen, Satz 2, 3 wurden gestrichen. Die Streichung erfolgte wesentlich in Konsequenz und aus den Gründen des von der Hauptkommission in Ansehung des Erlöschens von Nebenansprüchen gefaßten Beschlusses (Prot, der 36. Sitzung vom 22. Juni 1891 S. 489 — 492) 8 , wonach aus der Natur der Nebenansprüche allein das Erlöschen derselben in Folge vorbehaltloser Annahme der Hauptleistung noch nicht hergeleitet werden könne. Der § 421 erhielt folgende Fassung: „Ist die Strafe für den Fall bedungen, daß die Hauptleistung nicht in der bestimmten Weise, insbesondere nicht zu der bestimmten Zeit, erfolgen werde, so kann der Gläubiger eintretenden Falles neben der Hauptforderung entweder die Strafe oder Schadensersatz nach Maßgabe des § 420 verlangen."
E I-RJA §421
C . 2. Kommission I. Anträge (Prot. II, Bd. 1, 7 7 6 - 7 7 7 , Mugdan, Bd. 2, S. 718 ff) a) Zu § 420 E I wurde der von Struckmann gestellte Antrag (Nr. 67 Ziff. 10; Fassung des § 420 E I-RJA) angenommen.
Struckmann (Nr 67, 10)
b) Zu § 421 waren die Anträge gestellt: Struckmann (Nr 67, 11)
1. die Fassung des § 421 E I - R J A ; 2. den dritten Satz des § 421 zu streichen; 3. den ersten Satz des § 421 zu fassen: Ist die Strafe nur für den Fall bedungen, daß die Hauptleistung nicht zu bestimmter Zeit oder nicht am bestimmten Orte erfolgen werde . . . . (Wie Antrag 1). 4. für den Fall der Ablehnung des Entw., den zweiten und den dritten Satz dahin zusammenzufassen: 8
Prot. II, Bd. 1,245-247. 543
§ § 340—342
2. Abschnitt: Schuldverhältnisse aus Verträgen
Hat in einem solchen Falle der Gläubiger die Hauptleistung ohne Vorbehalt angenommen, so ist im Zweifel davon auszugehen, daß er auf die Strafleistung verzichtet habe. Die Kom. nahm den mit dem ersten Satze des § 421 sachlich sich deckenden Antrag 1 an; der Antrag 3 wurde abgelehnt. Der Satz 2 des Entw. wurde beibehalten, der Satz 3 gestrichen. Der Antrag 4 war hierdurch erledigt. II. In der VorlZust lautet die Regelung: E I-VorlZust § 420
S 420. Hat der Schuldner für den Fall, daß er die ihm obliegende Leistung nicht bewirken werde, dem Gläubiger eine andere Leistung als Strafe versprochen (Vertragstrafe), so ist der Gläubiger eintretenden Falles berechtigt, statt der Hauptleistung die Strafleistung zu wählen. Die Wahl ist vollzogen, wenn sie von dem Gläubiger gegenüber dem Schuldner erklärt worden ist. Die vollzogene Wahl ist unwiderruflich. Ist die Strafleistung in Geld bestimmt, so ist der Gläubiger, wenn wegen unterbliebener Bewirkung der Hauptleistung statt dieser Schadensersatz verlangt werden kann, berechtigt, den Betrag der Strafleistung als Mindestbetrag des Schadens zu fordern.
E I-VorlZust §421. Ist die Strafe für den Fall bedungen, daß die Hauptleistung nicht in der §421 bestimmten Weise, insbesondere nicht zu der bestimmten Zeit, erfolgen werde, so kann der Gläubiger eintretenden Falles neben der Hauptleistung entweder die Strafe oder Schadensersatz nach Maßgabe des § 420 verlangen. Hat in einem solchen Falle der Gläubiger die Hauptleistung angenommen, so kann er die Strafleistung nur dann fordern, wenn die Annahme unter Vorbehalt der Strafleistung erfolgt ist. III. In der ZustRedKom lautet die Regelung: E I-ZustRedKom § 420
§ 420. Ist die Strafe für den Fall versprochen, daß der Schuldner seine Verbindlichkeit nicht erfüllen werde, so kann der Gläubiger die verwirkte Strafe statt der Erfüllung verlangen. Hat der Gläubiger dem Schuldner erklärt, daß er die Strafe wähle, so erlischt der Anspruch auf Erfüllung. Steht dem Gläubiger ein Anspruch auf Schadensersatz wegen Nichterfüllung zu, so kann er die verwirkte Strafe als Mindestbetrag des Schadens verlangen. Hat er die Strafe gewählt, so ist die Geltendmachung eines höheren Schadens nicht ausgeschlossen.
E I-ZustRedKom S 421. Ist die Strafe für den Fall versprochen, daß der Schuldner seine Verbind§ 421 lichkeit nicht in gehöriger Weise, insbesondere nicht zu der bestimmten Zeit, erfüllen werde, so kann der Gläubiger die verwirkte Strafe neben der Erfüllung verlangen. Steht dem Gläubiger ein Anspruch auf Schadensersatz wegen der nicht gehörigen Erfüllung zu, so finden die Vorschriften des § 420 Abs. 2 Anwendung. Hat der Gläubiger die Erfüllung angenommen, so kann er die Strafe nur fordern, wenn er sich das Recht auf dieselbe bei der Annahme vorbehalten hat. E I-ZustRedKom S 422 a. Ist als Strafe nicht die Zahlung einer Geldsumme, sondern eine andere S 421 Leistung versprochen, so finden die Vorschriften der §§419 bis 421 mit der Maßgabe Anwendung, daß durch die Wahl der Strafe der Anspruch auf Schadensersatz ausgeschlossen wird. 544
4. Titel: Draufgabe. Vertragsstrafe
§§ 340-342
IV. 1. Fassung der Regelung im E II: § 292. Ist die Strafe für den Fall versprochen, daß der Schuldner seine Verbind- E II § 292 lichkeit nicht erfüllt, so kann der Gläubiger die verwirkte Strafe statt der Erfüllung verlangen. Hat der Gläubiger dem Schuldner erklärt, daß er die Strafe wähle, so ist der Anspruch auf Erfüllung ausgeschlossen. Steht dem Gläubiger ein Anspruch auf Schadensersatz wegen Nichterfüllung zu, so kann er die verwirkte Strafe als Mindestbetrag des Schadens verlangen. Durch die Wahl der Strafe wird die Geltendmachung eines weiteren Schadens nicht ausgeschlossen. 5 293. Ist die Strafe für den Fall versprochen, daß der Schuldner seine Verbind- E II S 293 lichkeit nicht in gehöriger Weise, insbesondere nicht zu der bestimmten Zeit, erfüllt, so kann der Gläubiger die verwirkte Strafe neben der Erfüllung verlangen. Steht dem Gläubiger ein Anspruch auf Schadensersatz wegen der nicht gehörigen Erfüllung zu, so finden die Vorschriften des § 292 Abs. 2 Anwendung. Hat der Gläubiger die Erfüllung angenommen, so kann er die Strafe nur fordern, wenn er sich das Recht auf dieselbe bei der Annahme vorbehalten hat. § 294. lautet wie § 422 a ZustRedKom. 2. Revision des E II (Prot. II, Bd. 6, S. 157, Mttgdan, Bd. 2, S. 718) Zu den §§ 292, 294 war beantragt, dem Entw. eine Fassung zu geben, die den Gebrauch der Ausdrücke „wählen", „Wahl" vermeidet: (Es handelt sich nicht um eine Alternativobligation, Bd. I S. 776. § 292 Abs. 1 Satz 2: „Macht der Gläubiger von diesem Rechte Gebrauch, so ist § 292 Abs. 2: „. . . als Mindestbetrag des Schadens verlangen; die Geltendmachung eines weiteren Schadens ist nicht ausgeschlossen." § 294: „. . . daß der Anspruch auf Schadensersatz ausgeschlossen ist, wenn der Gläubiger die Strafe verlangt.") Der Antrag wurde der RedKom überwiesen. V. Die §§ 335 — 337 Ell BGB.
rev (§§ 3 3 4 - 3 3 6 E III) lauten wie die §§ 3 4 0 - 3 4 2
D . Bundesrat (Justizausschuß) I. Bremen bemerkt: die Vorschrift des §292 Abs. 1, wonach der Gläubiger, wenn der Schuldner seine Verbindlichkeit nicht erfüllt, nicht neben der Strafe auch Erfüllung erlangen kann, entspreche für den Fall, daß die Verpflichtung zu einem Unterlassen verletzt worden sei, weder der Absicht der Vertragschließenden noch der Billigkeit. Die Bestimmung des § 292 Abs. 2 biete in einem solchen Falle dem Gläubiger keinen genügenden Ersatz für die Erfüllung, da ein Schaden meist schwer nachzuweisen sei und der Gläubiger durch die Ausbedingung der Vertragsstrafe nicht nur gegen den Eintritt des Schadens, sondern auch gegen die Gefahr einer demnächstigen Schädigung gesichert sein wolle. Der Gläubiger müsse hier in 545
Jacubezky (Nr 28, 1)
§343
2. Abschnitt: Schuldverhältnisse aus Verträgen
der Lage sein, neben der Vertragsstrafe das richterliche Verbot einer Fortsetzung des vertragswidrigen Verhaltens zu fordern. Deshalb wird beantragt, den fraglichen Fall aus § 292 auszuscheiden und den § 293 Satz 1 dahin zu fassen: „Besteht die geschuldete Leistung in einem Unterlassen oder ist die Strafe für den Fall versprochen, daß der Schuldner seine Verbindlichkeiten nicht in gehöriger Weise, insbesondere nicht zu der bestimmten Zeit erfüllt, so kann der Gläubiger die verwirkte Strafe neben der Erfüllung verlangen." II. Der Antrag von Bremen fand keine Unterstützung (Schicker am 9. 10. 1895 nach Stuttgart). Im Bericht von Heller nach München heißt es : Der Antrag Bremens zu den §§ 335, 336 wurde vom Berichterstatter nicht befürwortet. Der Senator Dr. Pauli hielt ihn aufrecht und begründete ihn ausführlich. Ihm entgegnete der K. Ministerialrat Jacubezky, der insbesondere ausführte, daß der Sinn des Gesetzes dem schon entspreche, was der Antrag hinsichtlich der in einem Unterlassen bestehenden Leistung anstrebt. Der Vorsitzende schlug vor, eine bezügliche Bemerkung hierüber in der Denkschrift aufzunehmen 9 . Bremen erklärte sich als dadurch befriedigt.
S 343 Ist eine verwirkte Strafe unverhältnismäßig hoch, so kann sie auf Antrag des Schuldners durch Urtheil auf den angemessenen Betrag herabgesetzt werden. Bei der Beurtheilung der Angemessenheit ist jedes berechtigte Interesse des Gläubigers, nicht blos das Vermögensinteresse, in Betracht zu ziehen. Nach der Entrichtung der Strafe ist die Herabsetzung ausgeschlossen. Das Gleiche gilt auch außer den Fällen der §§ 339, 342, wenn Jemand eine Strafe für den Fall verspricht, daß er eine Handlung vornimmt oder unterläßt.
B. Vorkommission des Rechtsjustizamtes I. Beantragt war: 1. Folgende §§ 424a, 424b einzuschalten: Jacubezky § 424 a. Steht die Konventionalstrafe in auffälligem Mißverhältnisse zu dem be(Nr 5, 48) rechtigten Interesse des Gläubigers, so ist, soweit das auffällige Mißverhältniß besteht, das Strafversprechen unwirksam. Als berechtigtes Interesse des Gläubigers gilt nicht bloß sein Vermögensinteresse. Jacubezky § 424 b. Die Vorschrift des $ 424 a findet entsprechende Anwendung, wenn (Nr 5, 48) außer den Fällen der §§ 420, 421 eine Leistung als Strafe für den Fall versprochen wird, daß der Versprechende eine bestimmte Handlung nicht vornehmen oder ein bestimmtes Verhalten nicht beobachten werde. 9
Eine derartige Bemerkung ist in die Denkschrift nicht aufgenommen worden, weil sie Motive zu dieser Bestimmung nicht enthält.
546
4. Titel: Draufgabe. Vertragsstrafe
§343
II. 64. Sitzung vom 30. 12. 1891 I Zusätzlich beschloß die Kommission, noch eine Vorschrift des | Inhalts aufzunehmen, daß der Prozeßrichter befugt sein soll, eine unverhältnißmäßige Vertragsstrafe auf das Anrufen des Schuldners herabzusetzen. Die Kommission verkannte nicht, daß dem richterlichen Ermäßigungsrecht sehr erhebliche Bedenken entgegenständen, daß dadurch der Zweck der Konventionalstrafe, die Herbeiführung des Zwanges vereitelt und die Wortbrüchigkeit erleichtert werden könne. Andererseits aber glaubte man, daß die Aufnahme einer solchen Vorschrift sich deshalb empfehle, weil sie geeignet sei, dem der Praxis vielfach hervorgetretenen Mißbrauche entgegenzutreten, namentlich in Fällen, in denen das Wuchergesetz nicht ausreiche. Es komme hinzu, daß die öffentliche Meinung die Aufnahme eines solchen Rechtssatzes im Bürgerlichen Gesetzbuche verlange, und daß der Gesetzgeber sich diesem Verlangen und dem Zuge der Zeit nicht entziehen könne. Der Vorschlag, das Strafversprechen insoweit für unwirksam zu erklären, als die Strafe in auffälligem Mißverhältnisse zu dem berechtigten Interesse des Gläubigers stehe, fand nicht Zustimmung, da daraus, die nicht angemessene Konsequenz sich ergeben würde, daß der Richter die Strafe von Amtswegen herabsetzen könne und daß auch die bezahlte Strafe unter Umständen mit der condictio indebiti zu dem betreffenden Theile zurückgefordert werden könne. Eine solche Regelung entspreche auch nicht dem französischen Rechte und dem Schweizer Obligationenrechte. Die als Abs. 2 einzustellende Zusatzbestimmung soll lauten: „Auf Antrag des Schuldners kann die Strafe von dem Richter durch Urtheil nach billigem Ermessen herabgesetzt werden, soweit sie nach den Umständen des Falles das verständige Interesse des Gläubigers unverhältnißmäßig übersteigt". I Als § 422 a wurde die Aufnahme folgender Bestimmung beschlossen, welche sich auf solche vom Entw. nicht erwähnte Fälle bezieht, bei denen eine Konventionalstrafe, ohne daß eine Hauptverbindlichkeit besteht, ausbedungen ist: „Die Vorschrift des § 422 Abs. 2 findet entsprechende Anwendung, wenn eine Leistung als Strafe für den Fall versprochen wird, daß der Versprechende eine bestimmte Handlung, zu welcher er nicht verpflichtet ist, nicht vornehmen werde."
| ProtRJA 382, 383
E I-RJA § 422 Abs. 2
I ProtRJA 384 E I-RJA § 422 a
B. 2. Kommission I. Beantragt war (Prot. II, Bd. 1, S. 780 - 787, Mugdan, Bd. 2, S. 720 f) : 1. dem §422 als Abs. 2 hinzuzufügen: §422 Abs. 2, 422 a in der Fassung des Struckmann (Nr 67, 12) E I-RJA; 2. in dem ersten Satze dieses Antrags hinter „Interesse des Gläubigers" einzuschalten „zu der Zeit, in der die Vereinbarung über die Strafe stattgefunden hat" ; Jacubezky 3. den ersten Satz durch nachstehende Vorschriften zu ersetzen: Steht die Strafe in auffälligem Mißverhältnisse zu dem berechtigten Interesse (Nr 91, 5) des Gläubigers, so ist, soweit das auffällige Mißverhältniß besteht, das Strafversprechen unwirksam. Als berechtigtes Interesse des Gläubigers gilt nicht blos sein Vermögensinteresse. eventuell folgende Fassung zu beschließen : Soweit die Strafe nach den Umständen des Falles das verständige Interesse des Gläubigers unverhältnißmäßig übersteigt, ist der Schuldner berechtigt, sie zu min547
§343
2. Abschnitt: Schuldverhältnisse aus Verträgen
dem. Die Minderung erfolgt durch eine dem Gläubiger gegenüber abzugebende Erklärung. 4. den unter 3 in erster Linie vorgeschlagenen Bestimmungen hinzuzufügen: Soweit die Strafleistung bewirkt ist, kann sie nicht deshalb, weil sie in auffälligem Mißverhältnisse zu dem berechtigten Interesse des Gläubigers steht, zurückgefordert werden. 5. statt des ersten Satzes des Antrags 1 folgende Bestimmungen aufzunehmen: Der Schuldner kann die Entrichtung der Strafe insoweit verweigern, als der Betrag derselben nach den Umständen zur Zeit des Strafversprechens das verständige Interesse des Gläubigers unverhältnißmäßig übersteigt. Als verständiges Interesse des Gläubigers gilt nicht blos sein Vermögensinteresse. eventuell statt „des Strafversprechens" zu setzen „der Verwirkung der Strafe"; Jacubezky (Nr 111)
6. folgende Bestimmungen einzustellen: Soweit die Strafe in auffälligem Mißverhältnisse zu dem berechtigten Interesse steht, welches der Gläubiger zur Zeit der Vereinbarung der Strafe an der Hauptleistung hat, ist das Strafversprechen unwirksam. Als berechtigtes Interesse gilt nicht blos das Vermögensinteresse des Gläubigers. Ist das bei der Vereinbarung der Strafe hauptsächlich berücksichtigte Interesse des Gläubigers weggefallen, so ist der Schuldner berechtigt, die Strafe verhältnißmäßig zu mindern. Die Minderung erfolgt durch eine dem Gläubiger gegenüber abzugebende Erklärung. Soweit die Strafleistung bewirkt ist, kann sie nicht aus einem der in Abs. 1, 2 bezeichneten Gründe zurückgefordert werden. 7. die Bestimmungen zu fassen: Auf Antrag des Schuldners kann die Strafe von dem Richter durch Urtheil nach billigem Ermessen herabgesetzt werden, soweit sie in auffälligem Mißverhältnisse zu dem berechtigten Interesse steht, welches der Gläubiger zur Zeit der Vereinbarung der Strafe an der Hauptleistung hat oder das bei der Vereinbarung der Strafe hauptsächlich berücksichtigte Interesse des Gläubigers weggefallen ist. Als berechtigtes Interesse des Gläubigers gilt nicht blos sein Vermögensinteresse. Soweit die Strafleistung bewirkt ist, kann sie nicht aus einem der in Abs. 1 bezeichneten Gründe zurückgefordert werden.
Wilke (Nr 110)
8. den ersten Satz des Antrags 1 zu fassen: Auf Antrag des Schuldners ist der Richter befugt, unverhältnißmäßige Strafen nach billigem Ermessen herabzusetzen. 9. statt dieses Satzes folgende Bestimmung anzunehmen: Der Schuldner kann die Leistung der verwirkten Strafe verweigern, soweit die Strafe nach den Umständen des Falles als unverhältnißmäßig erscheint. Der Antrag 3 wurde zu Gunsten des von demselben Antragsteller herrührenden Antrags 6 zurückgezogen. Die Kom. beschloß, unter Ablehnung der abweichenden Anträge, den Antrag 8 anzunehmen.
II. Fassung der Regelung in der VorlZust als § 422 a : E I-VorlZust Auf Antrag des Schuldners kann das Gericht eine unverhältnißmäßig hohe Ver§ 422 a tragsstrafe herabsetzen. Bei der Beurtheilung der Unverhältnißmäßigkeit ist nicht 548
4. Titel: Draufgabe. Vertragsstrafe
§343
bloß das Vermögensinteresse des Gläubigers, (sondern jedes berechtigte Interesse) in Betracht zu ziehen. Ist die Strafleistung bewirkt, so ist eine Herabsetzung unzulässig. Die Vorschriften des ersten und zweiten Absatzes finden entsprechende Anwendung, wenn eine Leistung als Strafe für den Fall versprochen ist, daß der Versprechende eine bestimmte Handlung, zu welcher er nicht verpflichtet ist, nicht vornehmen werde. III. In der ZustRedKom lautet die Regelung als § 422 b: Eine verwirkte Strafe kann, wenn sie unverhältnißmäßig hoch ist, auf Antrag des Schuldners durch Urtheil auf den angemessenen Betrag herabgesetzt werden. Bei der Beurtheilung der Angemessenheit ist jedes berechtigte Interesse des Gläubigers, nicht blos das Vermögensinteresse, in Betracht zu ziehen. Die Herabsetzung einer entrichteten Strafe ist ausgeschlossen. Das gleiche gilt auch außer den Fällen der §§419, 422 wenn Jemand eine Strafe für den Fall versprochen hat, daß er eine Handlung vernehmen oder unterlassen werde. IV. 1. In E U lautet die Regelung als § 295: Eine verwirkte Strafe kann, wenn sie unverhältnißmäßig hoch ist, auf Antrag des Schuldners durch Urtheil auf den angemessenen Betrag herabgesetzt werden. Bei der Beurtheilung der Angemessenheit ist jedes berechtigte Interesse des Gläubigers, nicht blos das Vermögensinteresse in Betracht zu ziehen. Die Herabsetzung einer entrichteten Strafe ist ausgeschlossen. Das Gleiche gilt auch außer den Fällen der §§291, 294, wenn Jemand eine Strafe für den Fall versprochen hat, daß er eine Handlung vornimmt oder unterläßt.
E I-ZustRedKom § 422 b
E II § 295
2. Revision des £ / / ( P r o t . II, Bd. 6, S. 157, Mugdan, Bd. 2, S. 724) Zu § 295 Abs. 1 lag der Antrag vor, die Sätze 1, 2 zu fassen : Jacubezky Eine verwirkte Strafe kann auf Antrag des Schuldners durch Urtheil herabge- (Nr 28, 2) setzt werden, soweit sie das berechtigte Interesse des Gläubigers unverhältnißmäßig übersteigt. Als berechtigtes Interesse kommt nicht bloß das Vermögensinteresse in Betracht. (Der Vorschlag entspricht einem Wunsche der Bayer. Regierung....)'. Die Kommission lehnte die Wiederaufnahme der Berathung ab. V. § 338 E II rev ( £ / / / § 337) entspricht § 343 BGB.
D. Bundesrat (Justizausschuß) I. Bayern erachtet die im § 295 enthaltene Ausdehnung des richterlichen Ermäßigungsrechts bei Vertragsstrafen für bedenklich, weil der Gläubiger in allen Fällen, in welchen eine Vertragsstrafe von höherem Betrage vereinbart worden sei — wie dies namentlich auch bei der Vergebung von Bauten durch den Staat und die 1
Dieser erste Satz der Begründung fehlt in den Protokollen, auf die im übrigen verwiesen wird. 549
§344
2. Abschnitt: Schuldverhältnisse aus Verträgen
Gemeinde vorkomme — zur Darlegung seines Interesses genöthigt sein und dann häufig Schwierigkeit haben werde, die Verurtheilung des Schuldners zu einer diesen empfindlich treffenden Vertragsstrafe zu erwirken. Die hiernach erforderliche Begrenzung des richterlichen Ermessens würde in zutreffender Form durch folgende Fassung zum Ausdruck kommen : „Auf Antrag des Schuldners kann die Strafe von dem Richter durch Urtheil nach billigem Ermessen herabgesetzt werden, soweit sie nach den Umständen des Falles das verständige Interesse des Gläubigers unverhältnißmäßig übersteigt." Schaumburg-Lippe spricht sich in Bezug auf die Höhe der Vertragsstrafe für den Grundsatz der Vertragsfreiheit aus. Das Ermäßigungsrecht widerstreite der Aufgabe des Richters, welche eine deklaratorische , keine konstitutive Thätigkeit in sich schließe, und führe zur richterlichen Willkür, zur Vermehrung der Prozesse sowie zur Schädigung des Verkehrs. II. Bericht von Heller vom 11.10. 1895 nach München: „Der Antrag Bayerns zum § 338, den ich aufrecht erhielt und begründete, fand keine Unterstützung und wurde, entsprechend dem Antrage des Berichterstatters, der namentlich auch auf den § 4 des Gesetzes über die Abzahlungsgeschäfte verwies, abgelehnt."
§344 Erklärt das Gesetz das Versprechen einer Leistung für unwirksam, so ist auch die für den Fall der Nichterfüllung des Versprechens getroffene Vereinbarung einer Strafe unwirksam, selbst wenn die Parteien die Unwirksamkeit des Versprechens gekannt haben.
A. 1. Kommission I. 78. Sitzung vom 21.4. 1882, Schriftführer Neubauer I Prot 1619 I Zu § 9 des Entwurfs: TE-OR(Nrl9) „Die Strafe kann nicht verlangt werden, wenn die Verbindlichkeit, zu deren S 9 Sicherung sie versprochen wurde, vor Verwirkung der Strafe erloschen, oder wenn die Nichterfüllung der Verbindlichkeit von dem Gläubiger verschuldet ist. Ist die Verbindlichkeit, deren Erfüllung durch die Strafe gesichert werden soll, nichtig oder in Folge Anfechtung aufgehoben, so ist auch das Versprechen der Strafe unwirksam." war beantragt: Planck (Nr 37) Windscheid (Nr 36)
1. den § zu streichen ; 2. statt des zweiten Absatzes zu bestimmen: „Das Strafversprechen ist unwirksam, wenn die zu sichernde Verbindlichkeit nicht besteht, es müßte denn der Versprechende das Nichtbestehen gekannt haben. Mit derselben Maßgabe erlischt, wenn die zu sichernde Verbindlichkeit anfechtbar ist, mit der Anfechtung auch die Verbindlichkeit aus dem Strafversprechen." 550
4. Titel: Draufgabe. Vertragsstrafe
§344
Die Anträge veranlaßten eine ausführliche Debatte Uber den Sinn und die Bedeutung des zweiten Absatzes des § 9. Die Antragsteller gingen davon aus : Der zweite Absatz setze gleich dem ersten eine Konventionalstrafe im Sinn des § 6 voraus, treffe also keineswegs den Fall, wenn eine nichtige Verbindlichkeit vorliege und für den Fall der Nichtleistung eine andere Leistung versprochen, das letztere Versprechen folglich nur an eine gewöhnliche Bedingung geknüpft | sei und daher | Prot I 620 nur nach den allgemeinen Grundsätzen über die suspensiv bedingten Rechtsgeschäfte, nicht aber nach den speziellen Vorschriften über Konventionalstrafe sich beurtheilen lasse. Von anderer Seite wurde hiergegen geltend gemacht: Werde der zweite Absatz so, wie angegeben, verstanden, so erscheine er allerdings gegenstandslos und unhaltbar; seine Bedeutung sei indessen sichtbar auch eine andere; er wolle nach dem Vorgange verschiedener Partikulargesetze, und in Würdigung eines dringenden praktischen Bedürfnisses bestimmen: wenn das Gesetz eine Verbindlichkeit für nichtig (rechtsunwirksam, hinfällig) erkläre, so solle, damit der Zweck des Gesetzes nicht vereitelt werde, auch das Versprechen nichtig sein, durch welches der Schuldner sich für den Fall der Nichterfüllung einer solchen vom Gesetze nicht anerkannten Verbindlichkeit zu einer anderen Leistung verpflichte. Die Mehrheit entschied für die Annahme des zweiten Absatzes, und zwar auch in der Ausdehnung auf Anfechtbarkeit, in dem letzterwähnten Sinne, den klarer auszudrücken der Redaktion vorbehalten blieb, bei welcher auch erwogen werden soll, ob der Vorschrift eine andere Stelle anzuweisen, und ob es nicht bedenklich sei, von „nichtigen Verbindlichkeiten" zu reden statt: „von einer von dem Gesetze für rechtsunwirksam oder für hinfällig erklärten Verbindlichkeit", und ob hinzuzufügen, daß die Vorschrift auch dann gelte, wenn die Parteien die Hinfälligkeit der Verbindlichkeit gekannt haben. Der Antrag zu 2 galt hiermit als erledigt. Der Absatz 1 des § 9 fand keine weitere Beanstandung mit Ausnahme der Erinnerungen: a) die Schlußbestimmung: „oder — verschuldet ist" sei wegen des §8 überflüssig, wogegen bemerkt wurde, sie sei für den Fall von Bedeutung, wenn nach dem besonderen Inhalte des Vertrages, die Strafe wegen Verspätung der Erfüllung ohne mora des Schuldners verfallen solle; b) statt: „zu deren Siche- | rung sie versprochen wurde", werde es heißen müssen, „deren Nichterfüllung das Recht auf die Strafe begründen soll". Die Mehrheit beschloß die Beibehaltung der zu a) gedachten Bestimmung, und verwies die Erinnerung zu b) zur Prüfung bei der Redaktion.
| Prot I 621
II. 1. In der ZustOR lautet die Regelung § 51 : Ist die Verbindlichkeit, deren Nichterfüllung das Recht und die Strafe begrün- ZustOR S 51 det, vor Verwirkung der Strafe erloschen oder ist die Nichterfüllung der Verbindlichkeit von dem Gläubiger verschuldet, so kann die Strafe nicht verlangt werden. § 52. H a t das Gesetz eine Verbindlichkeit für rechtsunwirksam oder für anfechtbar erklärt, so ist das Versprechen einer Strafleistung für den Fall der Nichterfüllung einer solchen Verbindlichkeit gleichfalls unwirksam oder anfechtbar, selbst wenn die Vertragschließenden die Unwirksamkeit oder Anfechtbarkeit gekannt haben.
ZustOR § 52
2. Zu § 52 lag der Antrag vor: I Statt „rechtsunwirksam" ist „unwirksam" zu setzen, da das Gesetzbuch immer unter „Wirksamkeit" und „Unwirksamkeit" die rechtliche Wirksamkeit oder Un-
I Prot I 3262 ν. Weber (Nr 561)
551
§344
2. Abschnitt: Schuldverhältnisse aus Verträgen
Wirksamkeit versteht und der Ausdruck „rechtsunwirksam" sonst im Gesetzbuche nicht vorkommt. Beschluß ist noch darüber zu fassen, ob der § in den Allgemeinen Theil des Gesetzbuchs versetzt werden soll. Er würde wohl in den Abschnitt von den Rechtsgeschäften (hinter § 85, 86) gehören. Es ist aber hervorzuheben, daß dort und in den §§ 100 flg. 1 nur von „Nichtigkeit" und „Anfechtbarkeit" des Rechtsgeschäfts und in § 106 von „Ungültigkeit" gesprochen wird. Es würde deshalb bei Aufnahme der Vorschrift in jenen Abschnitt wohl in dem § 52 statt „unwirksam" der Ausdruck „nichtig" zu setzen sein. Von Unwirksamkeit spricht § 86 des Allgemeinen Theils bei der relativen Nichtigkeit und in § 43 bei den einseitigen Rechtsgeschäften gegenüber geschäftsunfähigen oder in der Geschäftsfähigkeit beschränkten Personen 2 . Ob nicht auch hier besser von „Nichtigkeit" zu sprechen wäre, mag gegenwärtig dahingestellt bleiben. Es wurde beschlossen: In § 52 soll statt: „rechtsunwirksam" „unwirksam" gesetzt werden. Der § 52 soll nicht in den Allgemeinen Theil des Gesetzbuches übernommen werden (Prot. I, S. 3273). KESS 420, 421
III. 1. Mit der unter III. genannten Änderungen entsprechen die §§51, 52 ZustOR den §§ 420, 421 KE. 2. Zu § 420 KE stellte Johow (Prot. I, S. 11787f; Nr. 587, Ziff. 20) den Antrag statt „begründet, vor Verwirkung der Strafe erloschen" zu setzen „begründen würde, vor Eintritt der Erfüllungszeit erloschen" (oder: „begründen würde, erloschen, ohne daß der Schuldner vorher in Verzug gekommen"). (Da in diesem Falle die Strafe überhaupt nicht verwirkt wird, so kann man wohl nicht sagen, daß die Verbindlichkeit „vor Verwirkung der Strafe" erlischt). — Folgende Fassung wurde beschlossen: „Ist die Verbindlichkeit, deren . . . begründen würde, erloschen, ohne daß die Strafe vorher verwirkt war, oder . . . " . IV. In E / lautet die Regelung:
E I § 423
§ 423. Ist die Verbindlichkeit, deren Nichterfüllung das Recht auf die Strafe begründen würde, erloschen, ohne daß die Strafe vorher verwirkt war, oder ist die Nichterfüllung der Verbindlichkeit von dem Gläubiger verschuldet, so kann die Strafe nicht verlangt werden.
E I § 424
§ 424. Erklärt das Gesetz eine Verbindlichkeit für unwirksam oder für anfechtbar, so ist das Versprechen einer Strafleistung für den Fall der Nichterfüllung einer solchen Verbindlichkeit gleichfalls unwirksam oder anfechtbar, selbst wenn die Vertragschließenden die Unwirksamkeit oder Anfechtbarkeit gekannt haben.
B. Vorkommission des Reichsjustizamtes I. Beantragt war Struckmann 1. a) den § 423 zu fassen: „Ist die Verbindlichkeit . . . erloschen oder die Nicht(Nr 1, 112) erfüllung von dem Gläubiger verschuldet, so kann die Strafe nicht verlangt werden, sofern sie nicht schon vorher verwirkt war". 1 2
Vgl. SS 138, 136, 142 ff BGB. Vgl. Materialien bei SS 136, 111 BGB.
552
4. Titel: Draufgabe. Vertragsstrafe
§344
b) den § 424 zu fassen: „Die Vereinbarung einer Strafe f ü r den Fall der Nichterfüllung einer von dem Gesetze für unwirksam oder f ü r anfechtbar erklärten Verbindlichkeit ist unwirksam oder anfechtbar, selbst wenn die Parteien die Unwirksamkeit oder Anfechtbarkeit gekannt haben". 2. a) den § 423 zu streichen. b) den § 424 zu fassen: „Erklärt das Gesetz das Versprechen einer Leistung für unwirksam, so ist das Versprechen einer Strafleistung f ü r den Fall, daß die Leistung nicht bewirkt werde, gleichfalls unwirksam, selbst wenn die Vertragschließenden die Unwirksamkeit des ersteren Versprechens gekannt haben." 3. den § 423 zu streichen.
Struckmann (Nr 1, 113)
Jacubezky (Nr 5, 46)
Planck (6,31)
II. 64. Sitzung vom 30. 12. 1891 I Der § 423 des Entw. wurde als selbstverständlich gestrichen.
I ProtRJA 384
Der § 424 wurde unter Weglassung des die Anfechtbarkeit betreffenden Passus E I-RJA redaktionell wie folgt abgeändert: „Erklärt das Gesetz das Versprechen einer Lei- §424 stung f ü r unwirksam, so ist das Versprechen einer Strafleistung f ü r den Fall, daß die Leistung nicht bewirkt werde, gleichfalls unwirksam, selbst wenn die Vertragschließenden die Unwirksamkeit (des ersteren Versprechens) gekannt haben."
C. I. Die 2. Kommission folgte aufgrund der Anträge von Struckmann (Nr. 67 Ziff. 13 u. 14) den Beschlüssen der Vorkommission des RJA (Prot. II, Bd. 1, S. 787, Mugdan, Bd. 2, S. 725). II. Fassung der Regelung in der VorlZust als § 424: Erklärt das Gesetz das Versprechen einer Leistung f ü r unwirksam, so ist das Versprechen einer Strafleistung für den Fall, daß das unwirksame Versprechen nicht erfüllt werde, gleichfalls unwirksam. Dies gilt auch dann, wenn die Vertragschließenden die Unwirksamkeit gekannt haben.
E I-VorlZust S 424
III. In der ZustRedKom lautet die Regelung als § 424: E I-ZustRedKom Erklärt das Gesetz das Versprechen einer Leistung f ü r unwirksam, so ist auch S 424 die für den Fall der Nichterfüllung des Versprechens getroffene Vereinbarung einer Strafe unwirksam, selbst wenn die Parteien die Unwirksamkeit des Versprechens gekannt haben. IV. Im E II lautet die Regelung: § 296. Erklärt das Gesetz das Versprechen einer Leistung f ü r unwirksam, so ist auch eine f ü r den Fall der Nichterfüllung des Versprechens getroffene Vereinbarung einer Strafe unwirksam, selbst wenn die Parteien die Unwirksamkeit des Versprechens gekannt haben. V. § 339 E II rev (§ 338 E III) lautet wie § 344 BGB.
553
E II § 296
§345
2. Abschnitt: Schuldverhältnisse aus Verträgen §345
Bestreitet der Schuldner die Verwirkung der Strafe, weil er seine Verbindlichkeit erfüllt habe, so hat er die Erfüllung zu beweisen, sofern nicht die geschuldete Leistung in einem Unterlassen besteht.
A. 1. Kommission I. 78. Sitzung vom 21. 4. 1882, Schriftführer Neubauer I Prot I 621 I Zu § 10 des Entwurf es : TE-OR (Nr 19) „Wird die Strafe gefordert, weil die Verbindlichkeit zu einem Thun nicht oder § 10 nicht rechtzeitig oder nicht am bestimmten Orte erfüllt worden ist, so hat der Schuldner die vertragsmäßige Erfüllung seiner Verbindlichkeit zu beweisen". Planck war die Streichung beantragt. Die Mehrheit entschied für die Beibehaltung der (37, 2) Vorschrift, welche eine in der Praxis streitige Frage entscheide. Für die Redaktion wurde bemerkt, die Fassung werde in Gemäßheit der Beschlüsse zu § 6 Satz 2 dahin zu ändern sein, daß alle Fälle der nicht gehörigen Erfüllung getroffen würden; auch werde zu prüfen sein, ob das Wort „Erfüllung" durch „Leistung" zu ersetzen sei. II., III., IV. Die beschlossene Regelung hat in der ZustOR (gleichlautend im KE, EI) die als s § 53 die Fassung: ZustOR § 53 Wird die Strafe gefordert, weil die in einem Thun bestehende Hauptleistung KE § 422 nicht oder nicht in der bestimmten Weise, insbesondere nicht zu der bestimmten E I §425 2eit, bewirkt ist 1 , so liegt dem Schuldner der Beweis ob, daß die Leistung dem Vertrage gemäß bewirkt ist.
Jacubezky (Nr 5, 49)
Β. I. In der Vorkommission des Reichsjustizamtes lag der Antrag vor, den § 425 als § 422 b einzusetzen. II. Der § 425 wurde unter dem Vorbehalt, ihn eventuell an eine andere Stelle, hinter § 422 a zu versetzen, sachlich beibehalten (ProtRJA 384).
C. I. Mit dem § 425 des Entw. erklärte sich die 2. Kommission einverstanden (Prot. II, Bd. 1, S. 787, Mugdan, Bd. 2: nicht auffindbar).
E I-VorlZust S4 2 5
II. Fassung der Regelung in der VorlZust als § 425 : Wird die Strafe gefordert, weil die in einem Thun bestehende Hauptleistung nicht oder nicht in der bestimmten Weise, insbesondere nicht zu der bestimmten Zeit, bewirkt ist, so liegt dem Schuldner der Beweis ob, daß die Leistung dem Vertrage gemäß bewirkt ist.
1
In der ZustOR heißt es statt dessen: „erfolgte" und am Ende: „bewirkt ist".
554
5. Titel: Rücktritt
Vor §§ 346-360
III. In der ZustRedKom lautet die Regelung als § 425: Bestreitet der Schuldner die Verwirkung der Strafe, weil er seine Verbindlichkeit erfüllt habe, so hat er die Erfüllung zu beweisen, es sei denn, daß die Verbindlichkeit auf ein Unterlassen gerichtet ist.
E I-ZustRedKom S 425
IV. § 297. Bestreitet der Schuldner die Verwirkung der Strafe, weil er seine E II § 297 Verbindlichkeit erfüllt habe, so hat er die Erfüllung zu beweisen, es sei denn, daß die geschuldete Leistung in einem Unterlassen besteht. V. § 340 E II rev (§ 339 E I I I ) gleicht § 345 BGB.
FÜNFTER TITEL
Rücktritt Vorbemerkungen Der T E - O R enthielt keine besonderen Vorschriften über den Rücktritt. Die Vorlage Nr. 19 „Bestärkungsmittel der Verträge" enthielt jedoch im Unterabschnitt „Draufgabe und Reugeld" in den §§ 4 und 5 Vorschriften über das Reugeld und in den §§11 und 12 Vorschriften über den Vorbehalt der Rechtsverwirkung. Vorschriften über die Rechtsfolgen bei Aufhebung des Vertrages waren ferner in der Vorlage Nr. 20 „Rechte und Verpflichtungen aus Verträgen" im Unterabschnitt C. Gewährleistung wegen Mängel der Sache in den §§ 30 bis 32 und schließlich in der Vorlage Nr. 32, betr. den Kauf, im Abschnitt über den „Kauf mit Vorbehalt der Reue" in den §§ 22 bis 27 enthalten. Die Vorschriften über den Rücktritt sind aus den Beratungen dieser vier Materien hervorgegangen. Diese Beratungen werden daher im folgenden — jeweils zusammenhängend — mitgeteilt. Der Gesetzestext (§§ 346 — 360) wird den Beratungen der Vorkommission des Reichsjustizamtes vorangestellt.
A. 1. Kommission Die Beratungen der Vorschriften über das Reugeld und den Vorbehalt der Rechtsverwirkung. I. 76. Sitzung vom 17. 4. 1882, Schriftführer Neubauer I Zu § 4 des Entwurfes :
| Prot 1601
„Hat Jemand bei Schließung eines Vertrages Etwas als Reugeld gegeben oder TE-OR (Nr 19) versprochen, so kann er gegen Zurücklassung des gegebenen oder Erlegung des S 4 versprochenen Reugeldes von dem Vertrage zurücktreten. Hat er den Vertrag be555
V o r §§ 3 4 6 - 3 6 0
2. Abschnitt: Schuldverhälmisse aus Verträgen
reits erfüllt oder zu erfüllen begonnen oder von dem anderen Vertragschließenden die «Erfüllung ganz oder theilweise angenommen, so ist der Rücktritt ausgeschlossen. lagen die Anträge vor: Gebhard (Nr 31)
1. den § 4 zu fassen, wie folgt: „Hat Jemand bei Schließung eines Vertrages etwas als Reugeld gegeben oder versprochen, so kann er von dem Vertrage zurücktreten. Das Rücktrittsrecht erlischt, wenn die Leistung des Reugeldes unmöglich wird, desgleichen, sobald der eine Vertragschließende dasjenige, was er zu fordern berechtigt ist, wenn auch nur theilweise, erhalten hat oder der Rücktrittsberechtigte erklärt, daß er den Vertrag erfüllen werde oder daß er Erfüllung desselben verlange. I Prot 1602 Der Rücktritt erfolgt durch eine dem anderen | Theil gegenüber abzugebende Erklärung. Der Zurücktretende hat das versprochene Reugeld zu bezahlen und kann das bezahlte Reugeld nicht zurückfordern. Wird die Leistung des versprochenen Reugeldes nach erfolgtem Rücktritt unmöglich, so muß er für dieselbe auch dann Schadensersatz gewähren, wenn ihn kein Verschulden trifft." Windscheid 2. den § 4 zu streichen und in eine neu zu bildende Rubrik: „3. Vorbehaltenes (Nr 34) Rücktrittsrecht" in folgender Fassung einzurücken : „Ist das Rücktrittsrecht gegen Reugeld vorbehalten, so ist im Zweifel anzunehmen, daß das Rücktrittsrecht von der Leistung des Reugeldes hat abhängig gemacht werden sollen." eventuell die Bestimmung ganz zu streichen. 3. dem ersten Satz des Entwurfes hinzuzufügen: „Die Erklärung des Rücktritts ist für den Erklärenden bindend."
Der Antrag zu 1) führte zu einer ausführlichen Debatte. Der Entwurf beruht auf dem Prinzipe: Der Rücktritt ist nur dann zulässig, wenn bei seiner Erklärung zugleich das Reugeld entrichtet wird, sofern es nicht bereits vorher entrichtet war. Dasselbe Prinzip liegt den Anträgen zu 2) und 3) zum Grunde. Von einem anderen Prinzip geht der Antrag zu 1) aus nämlich von dem: Derjenige, welcher sich den Rücktritt gegen Reugeld vorbehalten hat, kann den Rücktritt wirksam erklären, ohne zugleich das Reugeld entrichten zu müssen; erklärt er den Rücktritt, so wird er Schuldner des Reugeldes und nur dies kann von dem Gegner noch verlangt werden. Das Prinzip des Entwurfes führt dahin, daß die einfache Rücktrittserklärung wirkungslos, also auch für den Erklärenden nicht bindend ist, woraus folglich I Prot I 603 dem auf | die Rücktrittserklärung sich verlassenden Gegner ein erheblicher Nachtheil entspringen kann. Der letzteren Konsequenz zu begegnen, bezweckt der Antrag zu 3), nach welchem, wie zu seiner Erläuterung ausgeführt wurde, der zurücktretende Theil an den Rücktritt gebunden ist, während der andere Theil nach seiner Wahl das Reugeld oder, so lange dieses nicht entrichtet ist, die Erfüllung des Vertrages fordern kann. Man verständigte sich, zunächst über das maßgebende Prinzip zu beschließen. Das Prinzip des Antrages zu 1) wurde abgelehnt und das Prinzip des Entwurfes mit dem Zusätze des Antrages zu 3) angenommen. Der Beschluß beruhte auf der Erwägung: Nur eine lex dispositiva stehe in Frage. Zu entscheiden sei ohne Zweifel für das Prinzip, welches mit dem geltenden Rechte am meisten harmonire und den 556
5. Titel: Rücktritt
Vor §§ 346-360
Auffassungen, welche im Verkehre vorherrschten, gerecht werde. In beiderlei Hinsicht seien aber die für das Prinzip des Entwurfes streitenden Gründe die überwiegenden, wenn auch nur mit der Maßgabe, welche aus dem Antrage zu 3) sich ergebe. Von großem Belange sei, daß nur eine Auslegungsregel in Frage stehe, also nichts entgegenstehe, einen konkreten Vertrag so auszulegen, daß das Prinzip des Antrages zu 1) als von den Parteien gewollt angenommen werde. Nach Erledigung der prinzipiellen Frage gelangte der in Ansehung der Fassung von dem ersten Satze des § 4 des Entwurfes abweichende Antrag zu 2) zur näheren Erörterung. Man gab ihm vor dem ersten Satze des Entwurfes aus dem doppelten Grunde den Vorzug, einmal, weil er vermeidet, von „versprochenem" Reugeld zu | | Prot 1604 reden und in richtiger Präzisirung des zu erledigenden Falles vom „Rücktritt gegen Reugeld" spricht, sodann, weil er den Fall der arrha poenitentialis als nur einen Unterfall des Reugeldes nicht besonders hervorhebt, geschweige denn mit dem Entwürfe an die Spitze stellt. Der Redaktion blieb vorbehalten, zu prüfen, ob nicht die Worte: „im Zweifel", weil kein Grund vorliege, den nur interpretativen Charakter oder die nur dispositive Natur der Vorschrift zu betonen, zu streichen seien, ferner, ob der vorstehende Beschluß nicht nöthige, den Paragraphen an eine andere Stelle zu versetzen, insbesondere unter die etwa aufzunehmenden allgemeinen Vorschriften über das Rücktrittsrecht einzureihen. Die Berathung wandte sich zu dem zweiten Satze des § 4. Beantragt war die Fassung: „Das Rücktrittsrecht erlischt, wenn der eine Theil dasjenige, was er zu fordern berechtigt ist, auch nur theilweise erhalten hat." Der Zweck des Antrages war, nur noch deutlicher auszusprechen, was auch der Entwurf enthält, nämlich, daß die Theilleistung ohne alle Rücksicht darauf, ob der Rücktrittsberechtigte von dem Rücktrittsrecht Kenntniß gehabt habe, das Rücktrittsrecht ausschließe. Diese Auffassung wurde aber als unvereinbar mit den allgemeinen Rechtsgrundsätzen und als in hohem Maße unbillig mit dem Gegenantrage bekämpft, zu bestimmen: „Das Rücktrittsrecht ist ausgeschlossen, wenn der Berechtigte den Vertrag auch nur theilweise erfüllt oder auch nur theilweise Erfüllung angenommen hat. Diese Bestimmung findet keine Anwendung, wenn der Berechtigte von dem | Rücktritts- | Prot I 605 rechte keine Kenntniß hatte." Nachdem zur Rechtfertigung des vorstehenden Antrages noch angeführt war, er stehe im Einklang mit dem in der Sitzung vom 27. Februar d. Js. (Protokolle S. 477, 478) 1 für die alternative Obligation gefaßten und dahin lautenden Beschlüsse: „Die Wahl gilt als vollzogen, wenn der wahlberechtigte Schuldner eine der Leistungen, sei es auch nur theilweise, bewirkt oder wenn der wahlberechtigte Gläubiger eine der Leistungen, sei es auch nur theilweise, angenommen hat." fand derselbe Annahme. Vorbehalten blieb, ob und inwiefern die beschlossene Vorschrift auf alle Fälle des vorbehaltenen Rücktritts auszudehnen und bei Aufnahme einer entsprechenden allgemeinen Vorschrift hier zu streichen sei. Der Antrag, den § 4 zu unterdrücken, da er nur eine Auslegungsregel von zweifelhafter Berechtigung enthalte und in vielen Fällen zu unpassenden Entscheidungen zu führen drohe, blieb in der Minderheit.
1
S. die Materialien zu § 263 BGB. 557
Vor §§ 346-360
2. Abschnitt: Schuldverhältnisse aus Verträgen
Die Anträge, welche sich auf den Fall beziehen, wenn die Leistung des Reugeldes unmöglich geworden ist, wurden zurückgezogen. D e r § 5 des Entwurfes lautet: TE-OR (Nr 19) „Wird der V e r t r a g erfüllt oder wird derselbe wieder aufgehoben, so findet, S 5 wenn das Reugeld bereits gegeben war, die Vorschrift des § 2 entsprechende Anwendung." Die Mehrheit lehnte den § 5 ab, indem sie seinen Inhalt f ü r selbstverständlich und ihn daher f ü r entbehrlich, überdies f ü r nicht passend hielt, nachdem der erste Satz des § 4 geändert sei. | 78. Sitzung vom 21. 4. 1882, Schriftführer N e u b a u e r I Prot 1621 I Z u § 11 des Entwurfs: TE-OR (Nr 19) „Wird ein V e r t r a g unter dem Vorbehalt geschlossen, daß der Vertragschließen§ 11 de, welcher seine Verbindlichkeit zur bestimmten Zeit nicht erfüllen werde, seiner Rechte aus dem Vertrage verlustig sein solle (Vorbehalt der Rechtsverwirkung), so hat eintretenden Falls der andere Vertragschließende die Wahl, von dem Vertrage abzugehen oder Erfüllung des Vertrages zu f o r d e r n . " lagen die Anträge vor: I Prot 1622 v. Weber (Nr 40)
1. in § 11 statt: „eintretenden Falls" zu setzen: „im Falle | des Verzugs"; und als § 11 a zu bestimmen: „Erklärt der Berechtigte, daß er von dem Vertrage abgehe, so gilt unter den Vertragschließenden der Vertrag als nicht geschlossen. Jeder Theil hat dasjenige, was er vermöge des Vertrags empfangen hat, mit Zubehörungen und Zuwachs z u r ü c k z u g e w ä h r e n , die gezogenen N u t z u n g e n zu erstatten, so weit sie nicht durch N u t z u n g e n , welche der andere Theil seinerseits gezogen hat oder hätte ziehen k ö n n e n , ausgeglichen werden, den durch seine Verschuldung verursachten Schaden zu ersetzen, auch Rechte, welche Dritten in der Zwischenzeit an dem G e g e n stande der Rückleistung bestellt w o r d e n sind, wenn sie nicht ohnedieß unwirksam sind, zu beseitigen oder, soweit er dieß nicht vermag, d a f ü r Entschädigung zu leisten. V e r w e n d u n g e n des anderen Theils auf den von ihm z u r ü c k z u g e w ä h r e n d e n Gegenstand sind nach den Vorschriften über den Ersatz der V e r w e n d u n g e n bei dem Eigenthumsanspruche wegen Vorenthaltung der Sache (§ 185 des Sachenrechtsentwurfs) zu ersetzen. Jeder Theil hat den andern von den Verbindlichkeiten zu befreien, welche derselbe vermöge des Vertrags zur Erfüllung seiner Verpflicht u n g ü b e r n o m m e n hat."
Derscheid (Nr 39)
2. folgende Bestimmung als § 11 a einzuschalten, eventuell dieselbe in den Abschnitt von den Rechten und Verpflichtungen aus Verträgen oder von den Folgen des Verzuges zu verweisen : „In jedem zweiseitigen Vertrag ist der Vorbehalt der Rechtsverwirkung k r a f t Gesetzes mit der Maßgabe enthalten, daß, wenn der eine Vertragschließende mit der Erfüllung seiner Verbindlichkeit im V e r z u g ist, der andere Vertragschließende außer dem Anspruch auf Schadensersatz die Wahl hat, auf der Erfüllung des V e r I Prot I 623 trags zu bestehen | o d e r die gerichtliche W i e d e r a u f h e b u n g des Vertrags zu beantragen. W i r d die W i e d e r a u f h e b u n g des Vertrags beantragt, so kann das Gericht dem Beklagten auf Verlangen eine den Umständen angemessene Frist zur N a c h h o l u n g des Versäumten gewähren. 558
5. Titel: Rücktritt
Vor §§ 346-360
Die Nachholung des Versäumten ist selbst vor der Klage auf Wiederaufhebung des Vertrags nicht mehr zulässig, wenn die Leistung in Folge des Verzugs für den anderen Vertragschließenden nutzlos geworden ist, oder die Vereinbarung dahin ging, daß nur innerhalb einer bestimmten Zeit geleistet werden könne" 2 . 3. die weiter unten gedachten Vorschläge zur Normirung der allgemeinen Vorschriften über den Vorbehalt des Rücktrittsrechts, §§ a bis d, aufzunehmen.
Windscheid (Nr 43)
4. den § 11 dahin zu fassen: „Ist dem V e n r a g e der Vorbehalt beigefügt, daß der Schuldner, welcher seine Verbindlichkeit nicht erfülle, seiner Rechte aus dem Vertrage verlustig sein solle (Vorbehalt der Rechtsverwirkung), so ist der Gläubiger, wenn der Schuldner in V e r z u g gerät, zum Rücktritt von dem Vertrage berechtigt. Er verliert das Rücktrittsrecht, wenn er auf die von dem Schuldner an ihn ergangene Aufforderung innerhalb angemessener Frist den Rücktritt nicht erklärt." 3
Planck (Nr 44, 1)
Zunächst wurde beschlossen, die Berathung des Antrags zu 2 bis zur Erledigung der Vorschriften über die Rechte und Pflichten aus Verträgen (Obligationenrecht N ° 20 § 2 4 ) zu vertagen. Sodann vefständigte man sich dahin, daß, bevor der § 11 speziell berathen werde, über den Antrag zu 3 beschlossen werden solle. Diesen Antrag nämlich | betref- | Prot I 624 fend, so erachtete es die Mehrheit für nöthig, allgemeine Vorschriften über das Rücktrittsrecht aufzunehmen. Dabei soll zunächst nur das auf Rechtsgeschäft beruhende Rücktrittsrecht in Betracht gezogen werden, vorbehaltlich der nachträglichen Entscheidung, ob die beschlossenen Vorschriften auf das gesetzliche Rücktrittsrecht auszudehnen seien. D e r § a des Antrages 5 : Windscheid „ D e r Rücktritt wird vollzogen durch Erklärung an den anderen Vertragschlie- (Nr 43) ßenden. Die abgegebene Rücktrittserklärung ist unwiderruflich." wurde angenommen. Die Fassung blieb der Redaktion vorbehalten unter Hinweis auf den Beschluß vom 17. dieses Monats zu § 4 des Entwurfs (Protokolle S. 6 0 3 - 6 0 5 ) . Zu § b des Antrages : „Durch Bewirken der Leistung oder eines Theils derselben, sowie durch Forderung oder Annahme der Gegenleistung oder eines Theils derselben wird das Rücktrittsrecht verloren nach dem Rechte des Verzichtes." wurde beantragt, statt dessen zu bestimmen: 2
3
4 5
In der von Derscheid gezeichneten Fassung lautet dieser Antrag weiter: „Die §§ 2 und 3 der Vorlage N2 20 (Rechte und Verpflichtungen aus Verträgen) und den § 261 des vorläufigen Entwurfs der allgemeinen Bestimmungen über das Recht der Schuldverhältnisse zu streichen" ( = Art. 305 Dresd.E.). Zf. 2 dieses Antrags lautet: „Den § 12 zu streichen." In dem ebenfalls von Planck gestellten, als „Verbesserungsantrag zu dem Antrage NS 44" bezeichneten Antrag Nr. 47 heißt es, der 2. Absatz der im Antrag Nr. 44 unter Zf. 1 vorgeschlagenen Bestimmung sei zu streichen und der Antrag Nr. 44 unter Zf. 2 werde zurückgezogen. S. die Materialien zu § 361 BGB. Die met. Fassung des Antrags lautet eingangs lediglich: „Vorschläge zur Normirung der allgemeinen Vorschriften über den Vorbehalt des Rücktrittsrechts." Es folgen die in den Protokollen als §§ a — d wiedergegebenen vier Paragraphen, jedoch ohne die Bezeichnungen a, b, c, d. 559
Windscheid (Nr 43)
Vor §§ 346-360
2. Abschnitt: Schuldverhältnisse aus Verträgen
„Das Rücktrittsrecht wird verloren, wenn der Rücktrittsberechtigte die ihm obliegende Leistung ganz oder theilweise bewirkt oder die Gegenleistung oder einen Theil derselben fordert oder annimmt. Die vorstehende Bestimmung findet keine Anwendung, wenn der Rücktrittsberechtigte von dem Rücktrittsrechte keine Kenntniß hat." Der Verbesserungsantrag wurde angenommen mit Rücksicht auf die Beschlüsse vom 17. d. Mts. zu § 4 des Entwurfes (Protokolle S. 603 —605) und weil der § b durch die Hinweisung auf das Recht des Verzichts nicht völlig klar erscheine. Windscheid Zu § c des Antrages : (Nr 43) „Das Rücktrittsrecht wird verloren, wenn es nicht auf ergangene Aufforderung I Prot I 625 des anderen | Vertragschließenden binnen angemessener Frist ausgeübt wird." lag der Antrag vor: statt dessen zu bestimmen: „Wenn das Rücktrittsrecht von dem Eintritte einer Bedingung abhängt, so wird es verloren, wenn der Rücktrittsberechtigte auf eine nach Eintritt der Bedingung von dem anderen Vertragschließenden an ihn gerichtete Aufforderung binnen angemessener Frist den Rücktritt nicht erklärt." Der Verbesserungsantrag wurde angenommen in Rücksicht auf die Beschlüsse vom 17. dieses Monats zu § 4 des Entwurfes (Protokolle S. 603 — 605) und wegen der Bedenken, in den Fällen des einfachen pactum displicentiae das Prinzip des § c f ü r anwendbar zu erachten. Windscheid (Nr 43)
Zu § d des Antrages : „Wird der Rücktritt erklärt, so sind die Vertragschließenden verpflichtet, sich in die Lage zu versetzen, als wenn der Vertrag nicht abgeschlossen worden wäre. Hierauf finden die Vorschriften über die Wandelungsklage entsprechende Anwendung. Die durch den Vertrag und die Erfüllung des Vertrages hervorgerufenen rechtlichen Wirkungen hören auf nach dem Recht der auflösenden Bedingung." wurde beantragt, in dem dritten Satze die Worte „und die Erfüllung des Vertrages" zu streichen und hinzuzufügen : „Im Zweifel sind auch die behufs Erfüllung des Vertrages zwischen den Vertragschließenden vorgenommenen Rechtsgeschäfte als unter der auflösenden Bedingung des Rücktritts von dem Vertrage vorgenommen anzusehen."
1. Der erste Satz des § d, als dessen Bedeutung erkannt wurde, in Ansehung der obligatorischen Rechtsbeziehungen unter den Parteien gelte der Vertrag rückwärts I Prot I 626 als nicht geschlossen, wurde gebilligt, und zwar in der | Erwägung, daß die Vorschrift dem Wesen des Rücktrittsrechts und der regelmäßigen Absicht der Parteien entspreche. 2. Der zweite Satz wurde zurückgezogen; es blieb jedoch vorbehalten, nach Erledigung der Vorschriften über die Wandelungsklage zu prüfen, ob und welche dieser Vorschriften f ü r das Rücktrittsrecht passen und folglich zu verallgemeinern und hierher zu versetzen seien. 3. Der dritte Satz des § d wurde abgelehnt und hiermit entschieden, die Rücktrittserklärung wirke im Zweifel nicht als Resolutivbedingung mit der Konsequenz, daß Rückfall ipso jure und dingliche Bindung eintreten. Solle diese letztere Wirkung eintreten, so müßten das die Parteien besonders festsetzen. Der Grund des Beschlusses war: Die Sicherheit des Verkehrs gebiete, die Konsequenzen der Resolutivbedingung thunlichst fern zu halten. | 560
5. Titel: Rücktritt
Vor §§ 346-360
79. Sitzung vom 24. 4. 1882, Schriftführer Neubauer I Die in der Sitzung vom 21. April d. J. über das Rücktrittsrecht im Allgemeinen gefaßten Beschlüsse gehen nach ihrem sachlichen Inhalte dahin:
| Prot I 627
§ a. Hat ein Vertragschließender sich den Rücktritt vom Vertrage vorbehalten, so ist der Rücktritt vollzogen, wenn dieser von dem Berechtigten dem anderen Theile gegenüber erklärt worden ist. Die Erklärung ist unwiderruflich. § b. Das Rücktrittsrecht erlischt, wenn der Berechtigte den Vertrag auch nur theilweise erfüllt oder dessen Erfüllung auch nur theilweise verlangt oder annimmt. Diese Bestimmung findet keine Anwendung, wenn der Rücktrittsberechtigte von seinem Rechte (oder dessen Voraussetzungen) nicht unterrichtet war. § c. Ist das Rücktrittsrecht von einer Bedingung | abhängig, so erlischt es auch | Prot I 628 dann, wenn der Berechtigte nach Eintritt der Bedingung auf die von dem anderen Theile an ihn gerichtete Aufforderung innerhalb angemessener Frist den Rücktritt nicht erklärt. § d. Der Rücktritt bewirkt, daß die Vertragschließenden unter einander so berechtigt und verpflichtet sind, wie wenn der Vertrag nicht abgeschlossen worden. Die über das Rücktrittsrecht gegen Reugeld in der Sitzung vom 17. April d.J. gefaßten Beschlüsse gehen aber dahin : § a. Ist das Rücktrittsrecht gegen Reugeld vorbehalten, so ist anzunehmen, daß das Rücktrittsrecht von der Leistung des Reugeldes dergestalt abhängig sein soll, daß zur Wirksamkeit der Rücktrittserklärung gegenüber dem anderen Theile die Leistung des Reugeldes erforderlich ist. Erklärt der Berechtigte den Rücktritt ohne Leistung des Reugeldes, so kann er seinerseits die Erfüllung des Vertrages nicht mehr fordern. § b. Das Rücktrittsrecht ist ausgeschlossen, wenn der Berechtigte den Vertrag auch nur theilweise erfüllt oder auch nur theilweise Erfüllung angenommen hat. Diese Bestimmung findet keine Anwendung, wenn der Berechtigte von | dem Rück- | Prot I 629 trittsrechte keine Kenntniß hatte. Man verständigte sich, daß die im vorstehenden § a enthaltene Bestimmung den obigen allgemeinen Bestimmungen über das Rücktrittsrecht unmittelbar anzuschließen ist, während die Bestimmung, welche der vorstehende § b enthält, als durch die erwähnten allgemeinen Bestimmungen erledigt und überflüssig geworden in Wegfall kommen muß. Zur Zeit Beschluß darüber zu fassen ob und inwieweit die obigen allgemeinen Vorschriften auf das gesetzliche Rücktrittsrecht anzuwenden seien, wurde nicht für angemessen erachtet. Man glaubte, es werde vorläufig der Grundsatz sich empfehlen, in den einzelnen Fällen des gesetzlichen Rücktrittsrechts über die fragliche Anwendbarkeit besonders zu bestimmen. Es wurde beantragt, den allgemeinen Vorschriften über das Rücktrittsrecht noch folgende besondere Bestimmung hinzuzufügen : § e. „Soll nach der Absicht der Vertragschließenden für den Fall des Rücktritts blos die Auflösung des Vertrages für die Zukunft stattfinden, so ist, wenn der Fall eintritt, für welchen das Rücktrittsrecht vorbehalten, aus dem Umstände, daß der Rücktrittsberechtigte die bis dahin verfallenen Leistungen fordert oder annimmt, ein Verzicht auf das Rücktrittsrecht nicht zu folgern." 561
Vor §§ 346-360
2. Abschnitt: Schuldverhältnisse aus Verträgen
eventuell den Grundsatz wenigstens in Bezug auf den Vorbehalt der Rechtsverwirkung im Anschluß an den § 11 auszusprechen. Der Antrag wurde jedoch, weil er nicht ausreichende Unterstützung fand, nicht weiter verfolgt. Von verschiedenen Seiten wurde gegen den Antrag geltend gemacht: Er beziehe I Prot I 630 sich nur auf einen | Fall, welcher als ein Fall des Rücktritts im strengen und im Gesetzbuch festzuhaltenden Sinne sich nicht betrachten lasse. Von einem Rücktritte in diesem Sinne könne nur die Rede sein, wenn der Rücktritt zur Folge habe, daß der Vertrag schlechthin als nicht geschlossen gelte. Dies würde allerdings der Aufnahme der vorgeschlagenen Bestimmung, wenn auch vielleicht in einer berichtigten Fassung, nicht entgegenstehen. Anzuerkennen sei ferner die große praktische Bedeutung der fraglichen Vorschrift. Dagegen erscheine dieselbe, sofern verordnet werde, aus der Annahme der auf die Vergangenheit sich beziehenden Leistungen nach Eintritt des, die Lossagung von dem Vertrage für die Zukunft begründenden Thatumstandes sei ein Verzicht auf das Recht des Abgehens von dem Vertrage nicht zu folgern, in dieser Allgemeinheit bedenklich. In vielen Fällen werde der vorgeschlagene Satz zwar richtig, aber dann auch selbstverständlich sein, in vielleicht noch zahlreicheren anderen Fällen werde in der Annahme ohne Vorbehalt allerdings ein Verzicht auf jenes Recht zu finden sein und solle einmal eine interpretative Vorschrift aufgenommen werden, so müsse es zweifelhaft erscheinen, ob nicht, wenigstens für gewisse Fälle, das Gegenteil der vorgeschlagenen Vorschrift zu bestimmen sei. Um somehr verdiene es den Vorzug, sich jeder Bestimmung zu enthalten, und die Beurtheilung der einzelnen Fälle nach Maßgabe der konkreten Umstände dem Richter zu überlassen. Daß die Annahme der auf die spätere Zeit sich beziehenden Leistungen nach den im Eingang dieses Protokolls gedachten allgemeinen Vorschriften zu beurtheilen sei, könne übrigens, wie auch der Antrag voraussetze, keinem Bedenken unterliegen. I Prot I 631 I Nachdem noch anerkannt war, daß der im Protokolle vom 21. April d. J. zu 1 (S. 622) gedachte Antrag wegen Anschließung eines § 11 a als erledigt zu gelten habe, wurde auf die Berathung des § 11 des Entwurfes zurückgegangen. Derselbe hat durch die über das Rücktrittsrecht beschlossenen allgemeinen Vorschriften zum Theil sich erledigt, nämlich, insoweit er darüber bestimmt oder nach den Motiven zu bestimmen bezweckt, wie das Rücktrittsrecht auszuüben sei und wie seine Ausübung wirke. In zwei Beziehungen ist er dagegen noch von Bedeutung. Die eine Beziehung ist die, daß er das allgemeine Prinzip verräth: die Verwirkungsklausel sei nicht wörtlich zu verstehen, sondern dahin, daß sie dem Berechtigten die Befugniß gewähre, nach seinem Ermessen entweder die Klausel anzurufen oder bei dem Vertrage stehen zu bleiben. Die zweite Bedeutung ist, wie insbesondere die Motive lehren, die, daß vorgeschrieben werden soll: wenn die Verwirkungsklausel auf Erfüllung zur bestimmten Zeit gestellt sei, genüge schlechthin die Nichterfüllung zur bestimmten Zeit, um dem Berechtigten die Befugniß zum Rücktritte zu verleihen. Beantragt war, bei der gegenwärtigen Sachlage den §11, wie folgt, zu fassen:
Planck (Nr 44)
„Ist einem Vertrage der Vorbehalt beigefügt, daß der Schuldner, welcher seine Verbindlichkeit nicht erfülle, seiner Rechte aus dem Vertrage verlustig sein solle (Vorbehalt der Rechtsverwirkung), so ist der Gläubiger, wenn der Schuldner in Verzug geräth, zum Rücktritt von dem Vertrage berechtigt. Planck (Nr 47) Ging der Vorbehalt dahin, daß die Rechtsverwirkung eintreten solle, wenn die I Prot I 632 Verbindlichkeit | zu einer bestimmten Zeit nicht erfüllt sei, so ist das Rücktritts562
5. Titel: Rücktritt
Vor §§ 346-360
recht ohne Rücksicht auf Verzug begründet, wenn die Erfüllung zur bestimmten Zeit nicht erfolgt ist."6 Die Mehrheit beschloß die Annahme des ersten Absatzes des vorstehenden Antrages, jedoch mit der Abweichung, daß die Worte: „wenn der Schuldner in Verzug geräth", durch die Worte: „eintretenden Falles" ersetzt werden sollen, sodann die Ablehnung des zweiten Absatzes, womit zugleich der Entwurf und der dazu gestellte Antrag : die Worte „eintretenden Falls" durch die Worte „im Falle des Verzugs" zu ersetzen (vgl. Protokolle S. 621), für erledigt galten. Man war der Ansicht: Solle im Gesetze das allgemeine Prinzip einen klaren Ausdruck finden, daß die Verwirkungsklausel dem Berechtigten die Befugniß verleihe, entweder die Klausel geltend zu machen oder von derselben abzusehen und bei dem Vertrage stehen zu bleiben, so erscheine auch der erste Absatz des obigen Antrages zu eng, weil er nur die Fälle treffe, in welchen die Klausel auf Verspätung der Erfüllung gestellt sei; diese ungerechtfertigte Beschränkung werde gehoben, wenn an Stelle der Worte: „wenn der Schuldner in Verzug geräth" die Worte gesetzt würden: „eintretenden Falls". Anlangend aber den speziellen, allerdings wichtigen Fall, in welchem es sich um Verspätung der Erfüllung handele, so könne es sich nicht empfehlen, über denselben noch eine besondere Bestimmung aufzunehmen; insbesondere zu entscheiden, ob und inwiefern die Nichterfüllung zur bestimmten Zeit allein schon dem Berechtigten unbeschränkt das Recht zum Rücktritt gewähre, oder ob und in- I wiefern noch die Erfordernisse der mora hinzutreten müssen, oder ob der | Prot I 633 Schuldner nicht befugt sei, Thatumstände, welche die mora ausschlössen, gegen das Rücktrittsrecht vertheidigungsweise geltend zu machen; denn die einzelnen Fälle pflegten sehr verschieden zu sein und ihre richtige Entscheidung sei nur verbürgt, wenn von einer allgemeinen interpretativen Rechtsnorm abgesehen würde und die näheren Umstände eines jeden Falles der richterlichen Würdigung überlassen blieben. Von einer Seite wurde hinzugefügt: über die Aufstellung einer allgemeinen Regel werde auch erst nach oder bei Berathung der Vorschriften über den Verzug in sachgemäßer Weise Beschluß gefaßt werden können, und sei es nicht ausgeschlossen, auf die Frage demnächst zurückzukommen. Hiergegen wurde von anderer Seite bemerkt: die Vorschriften über den Verzug ständen mit der vorliegenden Frage in keinem inneren Zusammenhange. Der von einer Seite gestellte Antrag, den Bestimmungen über den Vorbehalt der Rechtsverwirkung in § 11 hinzuzufügen : „Gestundung nach Eintritt des Falles, für welchen die Rechtsverwirkung vorbehalten worden (nach Eintritt des Verzuges) gilt als Verzicht auf das Recht, die Rechtsverwirkung geltend zu machen, wenn dieses Recht nicht bei Ertheilung der Gestundung vorbehalten worden (oder: wenn die Gestundung nicht unter Vorbehalt dieses Rechts ertheilt ist)"; eventuell denselben Grundsatz wenigstens auszusprechen in der Beschränkung auf den Fall, wenn die Rechtsverwirkung von der Nichterfüllung des Vertrags bis zu einer bestimmten Zeit abhängig gemacht worden ist, 6
Der von Planck gezeichnete Antrag Nr. 47 lautet eingangs: „Verbesserungsantrag zu dem Antrage N 8 44. Dem ersten Absätze des Antrages unter Nr. 1 folgende Bestimmung hinzuzufügen." 563
Vor §§ 3 4 6 - 3 6 0
I Prot I 634
2. Abschnitt: Schuldverhältnisse aus Verträgen
wurde als nach den gefaßten Beschlüssen nicht mehr | passend zurückgezogen.
TE-OR (Nr 19) S 12
Zu § 12 des Entwurfes: „Behauptet der Vertragschließende, gegen welchen die Rechtsverwirkung geltend gemacht wird, daß er seine Verbindlichkeit rechtzeitig erfüllt habe, so liegt ihm der Beweis ob."
v. Weber (Nr 40)
war beantragt: als ersten Satz einzuschalten: „Der Vertragschließende, welcher vermöge des Vorbehalts der Rechtsverwirkung von dem Vertrage abgeht, hat nur diesen Vorbehalt zu beweisen." Zunächst verständigte man sich dahin, daß die zu beschließenden Vorschriften auf alle Fälle des vorbehaltenen Rücktrittsrechts zu erstrecken und den allgemeinen Bestimmungen über das Rücktrittsrecht anzuschließen seien. Der gedachte Antrag wurde in der Fassung angenommen: „Der Vertragschließende, welcher auf Grund des Vorbehalts des Rücktrittsrechts vom Vertrage zurücktritt, hat diesen Vorbehalt zu beweisen." Die Mehrheit hielt diese Vorschrift wegen des zu §§ 208, 209 des Entwurfs des Allgemeinen Theils, Protokolle S. 444, 445, über die Beweislast gefaßten Beschlusses (Zusammenstellung § 171)7 in Rücksicht auf den Fall, wenn der auf Erfüllung des Vertrages in Anspruch genommene Beklagte die Einrede erhebe, der Vertrag sei unter Vorbehalt des Rücktritts geschlossen und dessen Voraussetzung eingetreten, f ü r nöthig, während die Minderheit geltend gemacht hatte: wenn die Vorschrift die Bedeutung haben solle, jenen Beschluß zu modifiziren und von der Anwendung auszuschließen, so erscheine sie inkorrekt und weder innerlich gerechtfertigt, noch durch ein praktisches Bedürfniß geboten. Sodann erfolgte die Annahme des Entwurfes in der aus dem Beschlüsse vom 19. April zum § 10 (Protokolle S. 621) 8 sich ergebenden Fassung. II. 2. In der ZustOR waren zunächst enthalten: a) die zum Rücktrittsrecht beschlossenen Vorschriften in den §§ 54, 55, 56, 57, 58. Die Fassung der §§ 54 — 57 stimmt mit derjenigen der §§ a, b, c, d (Prot. I 627 f) überein. Jedoch hat der dem § d entsprechende § 57 ZustOR einen 2. Absatz folgenden Wortlauts : Die hieraus hervorgehenden gegenseitigen Verpflichtungen sind Zug um Zug zu erfüllen. § 58 ZustOR lautete: Der Vertragschließende, welcher auf Grund des Vorbehalts des Rücktrittsrechts vom Vertrage zurücktritt, hat diesen Vorbehalt zu beweisen. Wird das Rücktrittsrecht wegen Nichterfüllung der in einem Thun bestehenden Verpflichtung von Seiten des anderen Theils geltend gemacht, so hat dieser die vertragsmäßige Bewirkung der Leistung zu beweisen. b) die zum Reurecht beschlossene Vorschrift in § 59 in folgender Fassung: Ist das Rücktrittsrecht gegen Reugeld vorbehalten, so ist die Erklärung des Rücktritts dem anderen Theile gegenüber nur dann wirksam, wenn das Reugeld bei der Erklärung entrichtet wird oder schon vorher entrichtet war. Der Berechtigte ist 7
8
S. die Materialien zu den von der 2. Kommission gestrichenen, den Beweis betreffenden §§ 193 — 198 E I im Band II, Allgemeiner Teil, dieser Edition. S. die Materialien zu § 345 BGB.
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Vor §§ 346-360
5. Titel: Rücktritt
jedoch, auch wenn er den Rücktritt ohne Leistung des Reugeldes erklärt, seinerseits an diese Erklärung gebunden. c) die zum Vorbehalt der Rechtsverwirkung der folgenden Fassung: Ist einem Vertrage der Vorbehalt beigefügt, Verbindlichkeit nicht erfülle, seiner Rechte aus („Vorbehalt der Rechtsverwirkung"), so ist der Rücktritt von dem Vertrage berechtigt.
beschlossene Vorschrift in § 60 in daß der Schuldner, welcher seine dem Vertrage verlustig sein solle Gläubiger eintretenden Falls zum
3. An die Stelle dieser §§ 54 — 60 Z u s t O R sind auf Grund der Berathungen in der 191. Sitzung vom 3 0 . 3 . 1883, Prot. I 1 9 0 3 f f , neu beschlossene §§ 5 4 - 6 0 d Z u s t O R getreten.
Die Beratungen der Vorschriften über die Rechtsfolgen hei Wandelung eines Kaufvertrages I. 90. Sitzung vom 19. 5. 1882, Schriftführer Neubauer Nach der Beratung der Vorschriften über die Gewährleistung bei Veräußerung mehrerer Sachen (§§ 27 — 29 der Vorlage Nr. 20) ging man über zur Beratung des § 30 des Entwurfs. I D e r § 30 des Entwurfs lautet: „Wenn der Vertrag in Folge des Antrages des Erwerbers auf Wandelung aufgehoben wird, so finden in Ansehung dessen, was der Erwerber und Veräußerer einander zu leisten haben, die Vorschriften der §§ 16, 17 Anwendung." Derselbe verweist auf die § § 1 6 und 17. D a die letzteren gestrichen sind, so ist ihr Inhalt an dieser Stelle zu prüfen, wo sie in der zu beschließenden Fassung Aufnahme zu finden haben.
| Prot I 752 TE-OR (Nr 20) S 30
Dieselben lauten: § 16. „Wird der Vertrag auf den Antrag des Erwerbers aufgehoben, so muß der TE-OR (Nr 20) Letztere die Sache, so- | weit er sie nicht dem Dritten herausgeben mußte, nebst S 16 Zuwachs, den mitübergebenen Zugehörungen und allen Früchten und dem sonsti- I ^ r o t I 7 5 3 gen Gewinne dem Veräußerer zurückgeben, auch wegen der nicht gezogenen Früchte und der Verschlechterungen, soweit er mit Anwendung der Sorgfalt eines ordentlichen Hausvaters jene ziehen und die Verschlechterungen abwenden gekonnt hatte, Ersatz leisten. Wegen Verwendungen auf die Sache stehen ihm die dem redlichen Besitzer gegen den Eigenthumsanspruch eingeräumten Rechte zu." § 17. „Der Veräußerer hat im Falle der Aufhebung des Vertrages dem Erwerber die empfangene Gegenleistung zurückzugeben, die Vertragskosten zu erstatten und denselben von den in Folge des Vertrages übernommenen Verbindlichkeiten zu befreien. Bestand die Gegenleistung in Geld, so hat er davon Zinsen von der Zeit des Empfanges an zu bezahlen. Bestand dieselbe in Sachen anderer Art, so hat er solche nebst den gezogenen Früchten und dem sonstigen Gewinne, dem Zuwachs und den mitübergebenen Zugehörungen zurückzugeben. In Ansehung der nicht gezogenen Früchte und der Verschlechterungen der Sache, sowie der von dem Veräußerer auf die Sache gemachten Verwendungen finden die Bestimmungen in § 16 entsprechende Anwendung." 565
TE-OR (Nr 20) S 17
Vor § § 3 4 6 - 3 6 0
2. Abschnitt: Schuldverhältnisse aus Verträgen
Es waren folgende Anträge gestellt: Windscheid (Nr 73)
1. die Bestimmung einzuleiten 9 : „Macht der Erwerber von dem Rechte der Wandelung Gebrauch, so sind die Parteien sich gegenseitig verpflichtet, sich in diejenige Lage zu versetzen, in welcher sie sein würden, wenn der Vertrag nicht abgeschlossen worden wäre." dann fortzufahren: „Im Besonderen ist der Erwerber verpflichtet pp."
I Prot I 754
»Der Veräußerer ist im Besonderen verpflichtet, dem Er- | werber die empfangene Gegenleistung zurückzugeben und denselben von den in Folge des Vertrages übernommenen Verbindlichkeiten zu befreien, auch die Vertragskosten und das sonst in Folge des Vertrages Geleistete, sowie den durch die Mangelhaftigkeit der Sache verursachten Schaden zu ersetzen. Von der Verpflichtung zum Ersatz des durch die Mangelhaftigkeit der Sache verursachten Schadens kann sich der Veräußerer durch Preisgeben der Sache befreien." 2. an Stelle des § 30 folgende Bestimmungen einzuschalten 10 :
v. Weber (Nr 72, 1)
^ 30. „Macht der Erwerber von dem Rechte der Wandelung Gebrauch oder verlangt er im Falle der Veräußerung einer nur der Gattung nach bestimmten Sache Lieferung einer anderen Sache, so muß derselbe die empfangene Sache nebst Zuwachs pp. (wie in § 16 des Entwurfs bis zum Schlüsse, also bis: „eingeräumten Rechte zu"). Falls der Erwerber die Sache mit Rechten Dritter belastet hat, so kann er die Wandelung oder Lieferung einer anderen Sache nur verlangen, wenn er diese Rechte beseitigt." § 30 a. „Der Veräußerer hat im Falle der Wandelung dem Erwerber pp. (wie im § 17 des Entwurfs). Hat der Veräußerer die Sache mit Rechten Dritter belastet, so hat er diese Rechte zu beseitigen oder, wenn dies nicht möglich ist, Schadenersatz zu leisten. Ist die Sache durch seine Verschuldung untergegangen, so hat er den Werth zu ersetzen."
I Prot I 755
| § 30 b. „Auf die einander gegenüber stehenden Leistungen des Veräußerers und des Erwerbers leiden im Falle der Wandelung oder des Verlangens der Lieferung einer anderen Sache die Vorschriften der §§ a, b, c (Protokoll der 81. Sitzung vom 9
10
Die met. Fassung des Antrages enthält lediglich den Wortlaut der vorgeschlagenen Bestimmungen, von denen die erste: „Macht der E r w e r b e r . . a l s § 29 a und die beiden folgenden jeweils als § 30 bezeichnet sind. In der met. Fassung des Antrags lautet der vorgeschlagene § 30: „Wird der Vertrag auf den Antrag des Erwerbers aufgehoben, so muß der Letztere die Sache nebst Zuwachs pp. (wie in $ 16 des Entwurfs bis zum Schlüsse) eingeräumten Rechten zu. Falls der Erwerber die Sache mit Rechten Dritter belastet hat, so kann er die Aufhebung des Vertrages nur verlangen, wenn er diese Rechte beseitigt." Im Anschluß daran heißt es: „§ 30 a. Den § 17 des Entwurfs einzuschalten mit dem Zusätze: ,Hat der Veräußerer . . . ' " Der § 30 b des Antrags lautet: „Auf die einander gegenüberstehenden Leistungen des Veräußerers und Erwerbers finden die Vorschriften der §§ en (§ a, b, c, Protokoll der 81. Sitzung vom 28. April 1882 S. 660 an Stelle der §§ 4, 5 des Entwurfs) entsprechende Anwendung.!"
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5. Titel: Rücktritt
Vor §§ 3 4 6 - 3 6 0
28. April 1882 S. 660 an Stelle der §§ 4, 5 des Entwurfs) 11 entsprechende Anwendung." 3. in Ansehung der Verschlechterungen zu bestimmen: „Der Erwerber hat für Verschlechterungen Ersatz zu leisten, sofern sie nicht durch die Mangelhaftigkeit der Sache entstanden sind." Es wurde beschlossen, zunächst die Frage zu erledigen, ob in Gemäßheit des Antrags zu 1 den in den SS 16 und 17 enthaltenen Bestimmungen eine prinzipielle Vorschrift vorauszuschicken sei, welche zum Ausdruck bringt, daß die Parteien unter einander so berechtigt und verpflichtet sind, wie wenn der Vertrag nicht abgeschlossen worden wäre. Bei der Berathung dieser Frage zeigte sich zunächst Einverständniß, daß die an die Wandelung sich knüpfenden Rechte und Pflichten der Parteien unmittelbar und nicht erst durch ein sich anschließendes Rechtsgeschäft oder Urtheil hervorgerufen werden. Ein Mitglied behielt sich vor, hierauf bei der Berathung des § 37 zurückzukommen. Die gedachte prinzipielle Vorschrift blieb nicht ohne Widerspruch. Man erinnerte gegen dieselbe, sie würde durch den speziellen Inhalt der zu berathenden §§16 und 17 entbehrlich, deren Angemessenheit im Allge- | meinen außer Frage | Prot 1756 stehe, die aber das vorgeschlagene Prinzip im erheblichsten Maße und dergestalt erschütterten, daß es fast nur eine halbe Wahrheit bleibe. Die Mehrheit billigte jedoch die prinzipielle Vorschrift, indem sie der Ansicht war, der spezielle Inhalt der §§16 und 17 genüge nicht um alle Fälle zu decken, hierzu bedürfe es einer prinzipiellen Anordnung, die, wie keinem Zweifel unterliege und in der Doktrin unanfechtbar feststehe, keine andere, als die vorgeschlagene, sein könne. Der Prüfung bei der Redaktion blieb vorbehalten, ob es nicht den Vorzug verdiene, die prinzipielle Vorschrift den §§16 und 17 in entsprechender Fassung nachfolgen zu lassen und ob ferner die Vorschrift nicht nach Maßgabe des Beschlusses in den Sitzungen vom 21. und 24. April 1882 (Protokolle S. 625, 626, 628) über das vertragsmäßige Rücktrittsrecht zu fassen sei. Die Prüfung wandte sich zum Inhalte des § 16. Abgesehen von den selbstverständlichen Aenderungen, daß der Eingang eine andere Fassung erhalten muß, etwa dahin: „Macht der Erwerber das Recht der Wandelung geltend" und daß der Zwischensatz: „soweit er sie nicht dem Dritten herausgeben mußte" zu streichen ist, wurden folgende Aenderungen beschlossen : 1. Das Wort „mitübergebenen" vor „Zugehörungen" kommt als entbehrlich in Wegfall; bei der Redaktion soll geprüft werden, ob nicht auch das Wort „Zugehörungen" entbehrlich sei. 2. Die Worte „und dem sonstigen Gewinne" kommen in Wegfall. In der letzteren Beziehung war man der Ansicht, jene Worte ließen eine Auslegung zu, welI che sichtbar zu weit führe, in Betracht könne doch nur kommen derjenige Ge- | Prot I 757 winn, welcher aus der Sache selbst gezogen sei (lucrum ex re) und unter den Begriff der Früchte und Nutzungen im weiteren Sinne falle, wie z. B. die Ausbeute bei einem Bergwerke, einem Torfstiche u.s.w.; aber in dieser Hinsicht sei eine besondere Bestimmung um so weniger nöthig, als die beschlossene prinzipielle Vorschrift den richtigen Weg weise. Die Berathung des Antrages zu 3 führte zu der im Entwürfe theilweise erst in 11
S. die Materialien zu § 320 BGB. 567
V o r §§ 3 4 6 - 3 6 0
2. Abschnitt: Schuldverhältnisse aus Verträgen
§31 erledigten Frage: ob der Veräußerer oder der Erwerber den casus interitus und deteriorationis trage. Der Antrag zu 3 bezweckt hinsichtlich des casus deteriorationis diesen dem Erwerber zur Last zu legen, so jedoch, daß ihm das Recht der Wandelung verbleibt. Darüber bestand kein Zweifel, daß, wenn diesem Antrage stattgegeben werde, entgegen dem § 31 des Entwurfes auch der casus interitus dem Erwerber zur Last fallen müsse. Es lagen auch verschiedene Anträge vor, in der fraglichen Beziehung den § 31 zu ändern, nämlich : Derscheid (Nr 62)
1. der Antrag: im ersten Satze des § 31 die Worte „oder durch einen Zufall" zu streichen.
2. Der Grundsatz 6 des im Eingange des Protokolls vom 15. Mai d. J. (Protokolle S. 731)12 mitgetheilten Antrages. Die Mehrheit billigte jedoch, sowohl in Ansehung des casus interitus als auch des casus deteriorationis den Standpunkt des Entwurfs, lehnte also die demselben entgegenstehenden Anträge ab. Sie ging davon aus, der Standpunkt des Entwurfs I Prot 1 758 habe die mehrgedachte | prinzipielle Vorschrift und die Betrachtung für sich: der Erwerber müsse in die Lage gebracht werden, als wenn er auf den Vertrag sich nicht eingelassen hätte; der Standpunkt des Entwurfs könne allerdings unter Umständen zu anscheinenden Härten führen, woraus sich erkläre, daß einige moderne Kodifikationen ihn verlassen hätten; hierauf dürfe aber, wenn jene prinzipielle Vorschrift gerechtfertigt sei, kein entscheidendes Gewicht gelegt werden. Dazu komme, daß der andere Standpunkt, insofern er nöthige, die Fälle, in welchen die Sache in Folge eines vom Veräußerer zu vertretenden Mangels verschlechtert oder untergegangen sei, anders zu beurtheilen, erfahrungsmäßig nicht selten zu schwer zu lösenden Streitigkeiten führe, ob die Sache durch Zufall oder nur in Folge eines zu vertretenden Mangels verschlechtert oder untergegangen sei. Im Uebrigen wurde der Inhalt des § 16 gleichfalls genehmigt. Zur Annahme gelangte sodann der Antrag zu 2, zusätzlich zu bestimmen: „Falls der Erwerber die Sache mit Rechten Dritter belastet hat, so kann er die Wandelung nur verlangen, wenn er diese Rechte beseitigt." Man erachtete diesen Antrag als im Einklänge stehend mit dem in § 32 enthaltenen Prinzipe, wonach das Recht der Wandelung nicht besteht, wenn der Erwerber die Sache nicht zurückgeben kann, weil er darüber verfügt hat, behielt aber der Redaktion vor, ob die Bestimmung nicht zweckmäßiger mit § 32 zu verbinden sei. I Prot I 759
Es wurde zur Berathung des speziellen Inhalts des § 17 übergegangen. | Zunächst gelangte zur Prüfung, ob der Antrag zu 1, betreffend die Verpflichtung des Veräußerers zum Schadensersatze anzunehmen sei. Die Mehrheit entschied für die Verneinung, indem sie erwog : Das geltende Recht stimme, von dem neuen schweizer Rechte abgesehen, überwiegend mit dem Antrage nicht überein; es gelte dies insbesondere für die Fälle, in welchen dem Veräußerer kein Verschulden zur Last falle; nur dem römischen Rechte möge der Antrag entsprechen, obschon auch das nicht ohne Zweifel sei; die gemeinrechtliche Praxis sei jedenfalls schwankend und habe mindestens in früherer Zeit die dem Antrage entgegenstehende Ansicht vorgeherrscht. Der Hauptgrund, welcher gegen den Antrag geltend zu machen sei, bestehe aber in den Unbilligkeiten, welche an die vorgeschlagene Bestimmung sich knüpften und zu mißlichen Beschränkungen nöthigten; eine mißliche Beschränkung sei die in dem Antrage dem Veräußerer vorbehaltene Befugniß, 12
S. die Materialien zu § 4 5 9 BGB.
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5. Titel: Rücktritt
Vor §§ 346-360
die Sache preiszugeben, ebenso mißlich eine andere, welche der Antrag nach seiner Begründung stillschweigend enthalte, nämlich die, daß nur der positive Schaden, nicht auch der entgangene Gewinn zu ersetzen sei. Indessen, auch abgesehen hiervon, lasse sich nicht verkennen, daß Unbilligkeiten sich ergäben, Schuldfreiheit des Veräußerers vorausgesetzt, sei es hart, diesen zu verpflichten, den fraglichen Schaden zu ersetzen, obschon er weder eine Eigenschaft zugesichert, noch einen Mangel verhehlt habe. Der § 17 gelangte hierauf mit der Beschränkung zur Annahme, daß der Schluß des ersten Absatzes: „und denselben . . . zu befreien" gestrichen werden soll. Man erwog, daß eine gleiche Bestimmung auch in § 16 würde aufzunehmen sein, daß aber die Bestimmung überhaupt wegen der oben beschlossenen prinzipiellen Vorschrift überflüssig und daher um so mehr zu unterdrücken sei, als sie zu Mißverständnissen Anlaß geben könne. Der Antrag zu 2, zusätzlich zu bestimmen: „Hat der Veräußerer die Sache mit Rechten Dritter be-1 lastet, so hat er diese | Prot I 760 Rechte zu beseitigen, oder wenn dies nicht möglich ist, Schadenersatz zu leisten. Ist die Sache durch seine Verschuldung untergegangen, so hat er den Werth zu ersetzen." wurde abgelehnt. Derselbe bezieht sich auf den Fall, wenn zugleich der Veräußerer eine Sache empfangen hat, welche er in Folge der Wandelung des Erwerbers zurückzugeben hat. Was nach dem Antrage für einen solchen Fall bestimmt werden soll, hielt die Mehrheit wegen der beschlossenen prinzipiellen Vorschrift, sowie nach dem Inhalte des § 17, insbesondere in Rücksicht auf die Bestimmung über die Verschlechterungen, für selbstverständlich. Vorbehalten blieb jedoch, auf den Gegenstand bei der Erledigung des § 31 zurückzukommen. Der Antrag zu 2 in einem besonderen § auszusprechen: „Auf die einander gegenüberstehenden Leistungen des Veräußerers und des Erwerbers leiden im Falle der Wandelung die Vorschriften der §§ (a, b, c, Protokoll der Sitzung vom 28. April 1882, S. 660 an Stelle der §§ 4, 5 des Entwurfs) Anwendung." wurde angenommen. Der Redaktion blieb jedoch die Prüfung vorbehalten, ob nicht die einfache Bestimmung genüge: „Die Verpflichtungen beider Theile seien Zug um Zug zu erfüllen". Ein Mitglied glaubte die Bestimmung sei noch auf andere verwandte Fälle, insbesondere auf die Fälle des vertragsmäßigen Rücktrittsrechts, auszudehnen und behielt sich in dieser Beziehung weitere Anträge unter Hinweis auf den Beschluß vom 21. April d. Js. (Protokolle S. 626) und auf den Abschnitt über das Zurückbehaltungsrecht für die Zukunft vor. Endlich gelangte zur Prüfung, ob in Uebereinstimmung mit dem Antrage zu 2 der Fall, wenn die Veräußerung eine nur der Gattung nach bestimmte Sache betrifft und d e r | Erwerber eine andere Sache fordert, dem Falle der Wandelung gleich zu stellen sei.
| Prot 1761
Der Antrag fand als der Natur der Sache entsprechend Zustimmung. | 91. Sitzung vom 22. 5. 1882, Schriftführer Neubauer (nicht anwesend Kurlbaum) I Es gelangte zur Berathung der Antrag: einen Paragraphen folgenden Inhalts einzuschalten :
I Prot I 763 · Weber (Nr 72, 2)
v
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Vor §§ 346—360
I Prot 1764
2. Abschnitt: Schuldverhältnisse aus Verträgen
„Ist eine Sache von Mehreren zusammen oder an Mehrere zusammen als ein Ganzes veräußert worden oder sind mehrere Erben des Veräußerers oder Erwerbers vorhanden, so kann Wandelung oder Minderung oder im Falle der Veräußerung einer nur der Gattung nach bestimmten Sache Lieferung einer anderen Sache nur gegen alle oder von allen zusammen verlangt werden. Diese Vorschrift leidet keine Anwendung, wenn es sich bei der Wandelung oder Lieferung einer anderen Sache nur noch um eine theilbare Leistung der Veräußerer oder Erben eines solchen ohne gegenüberstehende Leistung des Erwerbers handelt oder wenn bei der Minderung die übrigen Erwerber oder Erben eines solchen auf die Wandelung verzichten." Ein anderes Mitglied proponine, an Stelle dieses Antrages, | zu beschließen, im Anschluß an Artikel 176 des Dresdener Entwurfes: „Sind mehrere Erwerber oder Veräußerer oder mehrere Erben eines Erwerbers oder Veräußerers vorhanden, so kann die Wandelung nur von Allen und gegen Alle, die Minderung aber von Jedem und gegen jeden Einzelnen nach seinem Antheil verlangt werden. Ist von einem Einzelnen Minderung gewählt, so findet W a n delung nicht mehr statt." Der erstgedachte Antrag wurde zu Gunsten des letzteren Antrages zurückgezogen; aufrecht erhalten wurde jedoch die in dem zweiten Absätze des zuerst erwähnten Antrages vorgeschlagene erste Ausnahme, so wie die in dem ersteren Antrage sich findende Ausdehnung auf das Recht der Nachlieferung im Falle der Veräußerung einer Gattungssache. Beschlossen wurde : 1. Annahme des zweiten Antrages, soweit er den Fall betrifft, wenn mehrere Erwerber vorhanden sind oder ein Erwerber von Mehreren beerbt ist; 2. Annahme desselben Antrages, soweit er den Fall betrifft, wenn mehrere V e r äußerer vorhanden sind oder ein Veräußerer von Mehreren beerbt ist; 3. Ablehnung der aus dem ersten Antrage aufrecht erhaltenen Ausnahme; 4. Gleichstellung des Rechts auf Nachlieferung mit dem Rechte der Wandelung. Die Gründe der Beschlüsse waren :
1. Seien mehrere Veräußerer oder Erwerber vorhanden, so sei die Obligation nach den am 3. M ä r z 1882 (Protokolle S. 4 9 3 — 4 9 5 ) 1 3 gefaßten Beschlüssen nach Quoten getheilt. Die Folge würde sein, daß jeder der mehreren Erwerber in Ansehung seiner Quote das Recht der Wandelung oder Minderung willkürlich und unabhängig von dem Willen der anderen Erwerber ausüben könne und daß von I Prot I 765 Seiten des Erwerbers nach dessen freier Wahl gegen | den einen von mehreren Veräußerern das Recht der Wandelung, gegen den anderen das Recht der Minderung ausgeübt werden könne. Dieses Resultat befriedige aber nicht. Seien mehrere Erwerber vorhanden, so komme der Veräußerer in die Gefahr, daß ihm ein Miteigenthumsverhältniß aufgedrängt werde, worunter sein Interesse erheblich leiden könne. Seien mehrere Veräußerer vorhanden, so ergebe sich insofern zwar kein ähnlicher Uebelstand, als unter denselben ein Kommunionsverhältniß schon bei der Veräußerung bestand, aber wohl die andere Unzuträglichkeit, daß der eine Veräußerer möglicherweise in ein neues Miteigenthumsverhältniß gerathe, während der
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S. die Materialien zu § 420 BGB.
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5. Titel: Rücktritt
Vor § § 346-360
Erwerber im Besitze der Sache sei und sich vorläufig zu erhalten vermöge. Der passendste Ausweg sei, für beide Fälle positiv zu bestimmen, das Recht der Wandelung könne nur von mehreren Erwerbern und gegen mehrere Veräußerer gemeinsam ausgeübt werden, dagegen die getrennte Ausübung des Minderungsrechts unbeschränkt zu gestatten. Werde von einem Erwerber oder gegen einen Veräußerer das Minderungsrecht ausgeübt, so sei zugleich entschieden, daß das Wandelungsrecht ausgeschlossen bleibe. Ob diese Regelung, was den Fall der mehreren Erwerber betreffe, mit den künftig zu beschließenden Rechtsnormen über die Gemeinschaft in voller Harmonie stehe, sei gleichgültig. Es handele sich vorliegend um eine positive, auf Gründen der praktischen Zweckmäßigkeit beruhende Regelung. 2. Der Fall, wenn der Erwerber oder Veräußerer von mehreren Personen beerbt sei, unterliege derselben Beurtheilung, vorausgesetzt, daß es bei dem in dem Erbrechtsentwurfe angenommenen Grundsatze bleibe, daß die zur Erbschaft gehörenden Forderungen und Schulden beim Vorhandensein mehrerer Erben getheilt seien. 3. Die in dem ersterwähnten Antrage vorgeschlagene Ausnahme sei nach der Erklärung des Antragstellers berechnet und auch nur berechtigt für den Fall, wenn die Sache durch Zufall untergegangen sei. In diesem Falle würden aber die mehreI ren Erwerber schon im eigenen Interesse gemeinsam von dem Wandelungsrechte Gebrauch machen. Ein Mißstand könne nur entstehen, wenn einer oder der andere Erwerber aus Schikane oder Eigensinn seine Zustimmung versage. Für solche Fälle bedürfe es aber, abgesehen davon, ob nicht die Rechtsnormen über die Kommunion Abhülfe verschaffen würden, um so weniger einer besonderen, den Mißstand beseitigenden Vorschrift, als wegen des Minderungsrechts eine schwere Verkürzung kaum zu besorgen sei.
| Prot I 766
4. Beziehe sich die Veräußerung auf eine Gattungssache, so sei das in diesem Falle gegebene Recht auf Verschaffung einer anderen Sache bei Gleichheit der in Betracht kommenden Verhältnisse gerade so wie das Wandelungsrecht zu beurtheilen. Zu § 31 des Entwurfes : „Die Wandelung kann verlangt werden, wenn auch die veräußerte Sache in Folge ihrer Fehlerhaftigkeit oder durch einen Zufall untergegangen ist. In diesem Falle kann der Veräußerer gegen Rückerstattung der empfangenen Gegenleistung und Ersatz der Verwendungen nach Maßgabe der §§16, 17 von dem Erwerber außer den von der Sache bis zu deren Untergang gezogenen oder vernachlässigten Früchten nur Auslieferung des von der Sache selbst oder von deren mitveräußerten Zugehörungen noch Vorhandenen verlangen." lagen die bereits zu $ 16 1 4 (Protokolle S. 757) mitgetheilten Anträge vor und ferner der Antrag:
TE-OR(Nr20) S 31
Die §§ 32, 31 zu fassen: Kurlbaum „Kann der Erwerber die Sache nicht zurückgeben, so kann er nur Minderung (Nr 75) verlangen, diese aber auch dann, wenn die Sache, nachdem die Wandelung gewählt worden, durch Zufall untergegangen ist. Die Wandelung findet jedoch statt, wenn die Sache in Folge der Mängel untergegangen ist oder die Mängel sich erst bei der Umgestaltung der Sache gezeigt In den Protokollen heißt es „$ 27", was sachlich falsch ist. 571
Vor §§ 346-360
2. Abschnitt: Schuldverhältnisse aus Verträgen
I Prot 1767 haben. | In diesem Fall ist stau der Sache nur das von derselben noch Vorhandene herauszugeben und das bei der Umgestaltung Verbrauchte zu ersetzen". 1. Die erstgedachten Anträge, sowie der soeben mitgetheilte, — letzterer, soweit er den Fall der kasuellen Verschlechterung oder des kasuellen Unterganges betrifft — galten als erledigt. 2. Der erste Satz des §31 galt als gebilligt. Der Prüfung bei der Redaktion blieben die Erinnerungen vorbehalten : a, statt „wenn auch" werde es heißen müssen: „auch wenn"; b, die Worte: „in Folge ihrer Fehlerhaftigkeit oder durch einen Zufall" würden zu streichen sein (§ 32); c, wenn die zu b gedachten Worte beibehalten werden sollten, müsse das Wort „Fehlerhaftigkeit" durch einen anderen, der beschlossenen Terminologie entsprechenden Ausdruck ersetzt werden. 3. Der zweite Satz des § 3 1 wurde als selbstverständlich gestrichen. Nicht zu bezweifeln sei, so wurde geltend gemacht, daß die in dem Beschlüsse vom 12. Mai d. Js. (Protokolle S. 727 zu 4) beregte 15 Vorschrift, nach welcher im Falle des zufälligen Unterganges des Gegenstandes der Leistung der Schuldner dem Gläubiger herausgeben müsse, was in Folge des Unterganges in sein Vermögen gelangt sei, auch auf den vorliegenden Fall Anwendung zu finden habe, und eine diese Anwendbarkeit aussprechende Vorschrift entbehrlich sein werde, obschon dieser Fall insofern von dem nach dem angegebenen Beschlüsse in Betracht kommenden verschieden sei, als zur Zeit des Untergangs der Sache, wenn* bis dahin der Erwerber die Wandelung noch nicht geltend gemacht habe, ein Anspruch auf Ausfolgung der Sache noch nicht zu Entstehung gelangt sei. Zu § 32 des Entwurfs: TE-OR (Nr 20) „Kann der Erwerber die Sache nicht zurückgeben, weil sie durch seine Ver§ 32 schuldung untergegangen ist oder weil er über sie verfügt hat oder weil er sie durch I Prot I 768 Verarbeitung oder Umbildung in eine Sache ande-1 rer Art umgestaltet hat, so kann er nicht Wandelung, sondern blos Minderung verlangen, es sei denn, daß die Fehlerhaftigkeit der Sache erst bei deren Umgestaltung sich gezeigt hätte." Derscheid lagen der bereits zu § 31 (oben S. 766, 767) mitgeteilte Antrag und ferner der (Nr 62) Antrag vor: „im ersten Satze hinter den Worten „weil sie durch seine Verschuldung" hinzuzufügen: „oder durch Zufall". Der letztere Antrag galt als durch den zu § 16 16 gefaßten Beschluß (Protokolle S. 757, 758) erledigt und abgelehnt. Auch der ersterwähnte Antrag, soweit er im letzten Satze zu bestimmen vorschlägt: „In diesem Falle ist statt der Sache nur das von derselben noch Vorhandene herauszugeben und das bei der Umgestaltung Verbrauchte zu ersetzen". wurde abgelehnt. Man ging davon aus : Die nach dem Beschlüsse vom 12. Mai d. Js. (Protokolle S. 727) aufzunehmende Vorschrift genüge. Die Spezifikation stehe dem Untergange der Sache gleich; habe sie der Erwerber bewirkt, so habe er das Recht der Wandelung verloren; eine 15 16
Gemeint ist wohl „angeregte". Zu Prot I 727 s. die Materialien zu § 523 BGB. In den Protokollen heißt es „§ 27", was sachlich falsch ist.
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5. Titel: Rücktritt
Vor §§ 346-360
Ausnahme müsse gelten, wenn der Mangel erst bei der Spezifikation sich gezeigt habe; in solchem Falle sei die Spezifikation so wie der kasuelle Untergang zu beurtheilen; nach jener Vorschrift habe alsdann der Erwerber dem Veräußerer herauszugeben, was in Folge der Spezifikation in sein Vermögen gelangt sei, also entweder die neue Sache gegen Vergütung der Spezifikationskosten oder den Vermögensvortheil, welcher sich für ihn ergebe, wenn er die neue Sache behalte. Von einer Seite wurde hervorgehoben : Der Fall der verschuldeten Verschlechterung werde nach der Regelung des Entwurfes anders behandelt, als der des verschuldeten Unterganges. Im letzteren Falle stehe der Erwerber ungünstiger wie im ersteren. Darin liege eine ungerechtfertigte, das Rechtsgefühl beleidigende Inkonsequenz. Beide Fälle müßten gleichgestellt | werden. Zu dem Zwecke müsse entwe- | Prot I 769 der bestimmt werden : die Wandelung sei auch im Falle des verschuldeten Unterganges zulässig, nur habe der Erwerber alsdann den Werth der Sache zur Zeit der schuldbaren Handlung zu vergüten, oder es sei mindestens doch vorzuschreiben : daß eine wesentliche Verschlechterung der Sache die Wandelung gleichfalls ausschließe. Beantragt wurde principaliter das Erste, eventuell das Zweite zu bestimmen. Der Antrag wurde abgelehnt. Die Gründe waren: Die verschiedene Behandlung beider Fälle rechtfertige sich durch die Erwägung, daß der Untergang der Sache eine weit eingreifendere Aenderung der Lage der Dinge hervorrufe, daß die in erster Reihe vorgeschlagene Vorschrift zu Schwierigkeiten in Ansehung der Ermittelung des zu vergütenden Werths führe, und daß die an zweiter Stelle proponine Bestimmung wegen der Schwierigkeit, den Begriff der wesentlichen Verschlechterung festzustellen, ähnlichen Bedenken unterliege. Hierauf erfolgte die Annahme des Entwurfes. Einverstanden war man, daß das Recht der Nachlieferung, im Falle die Veräußerung eine Gattungssache betreffe, denselben Regeln zu unterwerfen sei, wie sie in §§31 und 32 des Entwurfes nach den in Betreff der Wandelung gefaßten Beschlüssen sich gestalten. | 93. Sitzung vom 26. 5. 1882, Schriftführer Neubauer (nicht anwesend Kurlbaum) I Die Berathung wandte sich zu den die Korrektur der früheren Beschlüsse | Prot I 786 bezweckenden Anträgen, welche in dem Protokoll über die vorige Sitzung (S. 776, 777) unter 21 mitgetheilt sind. | Prot I 787 Beantragt war:
Planck (Nr 80)
I b, d Die zum § 30 gefaßten Beschlüsse durch folgende Bestimmungen zu erset- | Prot I 777 zen: § a. „Der Anspruch auf Wandelung gewährt dem Erwerber das Recht, zu verlangen, daß er in diejenige Lage versetzt werde, in welcher er sein würde, wenn der Vertrag nicht geschlossen wäre, gegen die Verpflichtung, seinerseits auch den Veräußerer in die entsprechende Lage zu versetzen." § b. „Im Besonderen ist der Veräußerer verpflichtet... (wie zu § 17 beschlossen ist)." § c. „Der Erwerber ist nach Maßgabe des § a im Besonderen verpflichtet... (wie zu § 16 beschlossen ist)." 573
V o r §§ 3 4 6 - 3 6 0
2. Abschnitt: Schuldverhältnisse aus Verträgen
§ d. „Mit der Erhebung der Klage auf Wandelung oder auf Nachlieferung erwirbt der Veräußerer für den Fall, daß die Klage für begründet erkannt wird, seinerseits gegen den Erwerber einen Anspruch auf Erfüllung der in §§ a und c bezeichneten Verpflichtungen." 17 1 I Prot I 787 | Der Antrag b zu § 30 führte zu einer ausführlichen Debatte über die Frage : inwiefern der Veräußerer, wenn der Erwerber ihm gegenüber einmal die Erklärung abgegeben habe, von der Wandelung Gebrauch machen zu wollen, auch seinerseits befugt sei, auf Ausführung der Wandelung zu bestehen. Nachdem die Mehrheit beschlossen hatte, diese Frage müsse in dem Gesetze entschieden werden, wurde der Antrag: dem Veräußerer in dem vorausgesetzten Falle das Recht beizulegen, auch seinerseits die Wandelung zu verlangen, abgelehnt und sodann der Antrag angenommen : jenes Recht dem Veräußerer bis dahin zu versagen, daß von dem Erwerber die Wandelung durch Klage oder Einrede geltend gemacht sei. I Prot I 788 | Die Entscheidung beruhte auf der Erwägung: Die Frage bedürfe wegen ihrer praktischen Wichtigkeit und da sie nach den bisher gefaßten Beschlüssen eine verschiedene Beantwortung zulasse und voraussichtlich finden werde, der Entscheidung. Gehe man davon aus, daß die Mangelhaftigkeit nur dem Erwerber ein Recht, und zwar ein alternatives Recht verleihe, von welchem Gebrauch zu machen in seinem Willen stehe, so könne in der einseitigen Erklärung desselben, er wolle die Wandelung ausüben, kein Verzicht auf die Willkür, die in Folge der Mangelhaftigkeit ihm erwachsenen Rechte wirklich zur Geltung zu bringen oder nicht, gefunden werden. Verzichtet habe er nach den gefaßten Beschlüssen nur auf die Befugniß, wenn er die Rechte ausübe, die Alternative der Minderung zu wählen. Dieser Auffassung folge auch das geltende Recht, mindestens das römische oder gemeine Recht. Davon abzuweichen, könne nur aus Gründen der praktischen Zweckmäßigkeit sich rechtfertigen. Solche Gründe seien aber nicht anzuerkennen. Möge auch in einzelnen Fällen sich eine gewisse Unbilligkeit gegen den auf die Wandelungserklärung des Erwerbers sich verlassenden und danach sich richtenden Veräußerer sich ergeben, so sei es doch bedenklich, zur Abwendung der Unbilligkeit eine Bestimmung zu treffen, die dem Erwerber gegenüber nicht gerecht erscheine und diesen in Schaden bringen könne. Das Interesse des Erwerbers verdiene nachI Prot I 789 drücklicher geschützt zu werden, als das des Veräußerers, | dem allein die Nichterfüllung vertraglicher Pflichten zur Last falle. Nur wenn der Erwerber die Wandelung bereits im Wege der Klage oder Einrede geltend gemacht habe, müsse von der Regel eine Ausnahme gemacht werden, weil, sobald der Streit vor den Richter gebracht sei, die Wandelungserklärung des Erwerbers die schon aus prozessualischen Gründen nicht mehr zu verändernde feste Grundlage der richterlichen Entscheidung bilde. Uebrigens dürfe nicht übersehen werden, daß, wenn der Erwerber nicht blos die Wandelung erkläre, sondern damit zugleich eine andere, die Verwirklichung der Wandelung ganz oder zum Theil enthaltende Erklärung verbinde, ζ. B. die ihm ausgelieferte Sache zur Verfügung stelle und eine solche Erklärung vielleicht sogar von dem Veräußerer angenommen sei, die Beurtheilung sich ändern möge. Der alsdann vorliegende Fall sei ein anderer, als der einfache Fall, worüber
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Der Antrag war von Planck gestellt worden für den Fall der Annahme des von ihm zu § 37 (der Vorlage Nr. 20) eventualiter gestellten Antrages (Nr. 76, 2 — s. dazu die Materialien zu § 477 BGB).
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5. Titel: Rücktritt
Vor §§ 346-360
Beschluß zu fassen sei. Auch über diesen anderen Fall im Gesetze noch Entscheidung zu treffen, sei ohne Kasuistik nicht möglich. Nach Erledigung der vorstehenden Fragen glaubte man den übrigen Inhalt des Antrages b der Prüfung bei der Redaktion vorbehalten zu dürfen. Bei der Redaktion soll auch geprüft werden, ob nicht noch einige andere früher gefaßte Beschlüsse, insbesondere auch der Uber die Erfüllung Zug um Zug (Protokolle S. 760), in Ansehung der Fassung der Berichtigung bedürfen. II. In der ZustOR waren die beschlossenen Vorschriften zunächst als §§ 87, 88, 89, 90, 91, 92 und 98 in der folgenden Fassung enthalten: Wird der Vertrag in Folge der Wandelung rückgängig gemacht, so sind die Vertragsschließenden, soweit nicht das Gesetz ein Anderes bestimmt, unter einander so berechtigt und verpflichtet, wie wenn der Vertrag nicht geschlossen worden wäre.
ZustOR $ 87
Der Veräußerer hat im Falle des § 87 dem Erwerber die empfangene Gegenleistung zurückzugeben, und, wenn diese in Geld bestand, Zinsen davon von der Zeit des Empfangs an zu bezahlen, auch die Vertragskosten zu erstatten. H a t der Veräußerer als Gegenleistung eine Sache empfangen, so muß er die letztere nebst Zubehörungen, Zuwachs und allen Früchten zurückgeben, auch wegen der nicht gezogenen Früchte und wegen Verschlechterungen, soweit er bei Anwendung der Sorgfalt eines ordentlichen Hausvaters die Früchte gezogen und die Verschlechterungen abgewendet haben würde, Ersatz leisten. Wegen Verwendungen auf die Sache hat er die Rechte, welche dem redlichen Besitzer gegen den Eigenthümer zustehen, wenn dieser den Eigenthumsanspruch geltend macht. Kann der Veräußerer die als Gegenleistung empfangene Sache nicht zurückgeben, so ist er zur Ersatzleistung nur dann nicht verpflichtet, wenn die Sache ohne sein Verschulden untergegangen ist 18 .
ZustOR § 88
Der Erwerber muß die empfangene Sache nach Maßgabe der Bestimmungen des zweiten Absatzes des § 88 dem Veräußerer zurückgeben. In Ansehung der von dem Erwerber auf die Sache gemachten Verwendungen findet die Bestimmung des §88 Absatz 3 entsprechende Anwendung.
ZustOR § 89
Die den Vertragsschließenden nach den §§ 87 — 90 obliegenden Verpflichtungen sind Zug um Zug zu erfüllen.
ZustOR § 90
Die Wandelung findet statt, auch wenn die veräußerte Sache in Folge davon, daß sie mit einem Mangel behaftet war, oder durch Zufall untergegangen ist.
ZustOR § 91
Die Wandelung findet nicht statt und nur die Minderung ist zuläßig:
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ZustOR § 92
Dazu ist angemerkt: Der letzte Absatz ist nicht beschlossen. Die Kommission war bei der Berathung der Ansicht, der Fall des von dem Veräußerer verschuldeten Unterganges brauche nicht gedeckt zu werden, weil die Bestimmung, der Veräußerer hafte für die von ihm verschuldeten Verschlimmerungen, den Weg weise. Der Grund befriedigt insofern nur unvollkommen, als das Gesetz den umgekehrten Fall, wenn der Erwerber den Untergang verschuldet hat, besonders hervorhebt. Dazu kommt, daß die in Ansehung des Erwerbers besonders vorgesehenen Fälle der Veräußerung, Spezifikation usw. unerledigt bleiben. Hinsichtlich dieser Fälle beide Theile verschieden zu behandeln, dürfte nicht gerechtfertigt sein. 575
Vor §§ 346-360
2. Abschnitt: Schuldverhältnisse aus Verträgen
1. wenn der Erwerber die Sache deshalb nicht zurückgeben kann, weil dieselbe durch sein Verschulden untergegangen ist oder weil er über sie verfügt hat; 2. wenn der Erwerber die Sache mit einem von ihm nicht zu beseitigenden Rechte eines Dritten belastet hat; 3. wenn der Erwerber die Sache durch Verarbeitung oder Umbildung in eine Sache anderer Axt umgestaltet, es sei denn, daß der Mangel sich erst bei der Umgestaltung gezeigt hat. ZustOR § 98
Sind mehrere Veräußerer oder mehrere Erwerber vorhanden oder ist der Veräußerer oder Erwerber von Mehreren beerbt, so kann die Wandelung nur von allen und gegen Alle, die Minderung von Jedem und gegen jeden Einzelnen verlangt werden. H a t ein Einzelner das Recht der Minderung geltend gemacht, so ist die Wandelung ausgeschlossen. 3. Die vorstehenden §§ 87 — 92, 98 ZustOR wurden aufgrund der im folgenden mitgeteilten Beratungen der 191. Sitzung gestrichen und durch neu beschlossene §§ 87, 98 ZustOR ersetzt. Kauf mit dem Vorbehalt der Reue 1. 191. Sitzung vom 30.3.1883, Schriftführer Neubauer (nicht anwesend v. Schmitt)
I Prot 1 1903
| Die Berathung des Theilentwurfes des Obligationenrechts (Ng 32), betreffend den Kauf, wurde fortgesetzt. Den zuletzt erledigten §§19 — 21 a folgen die von dem „Kauf mit Vorbehalt der Reue" handelnden §§ 22 — 27 des Entwurfs. Zu diesem Abschnitte, welcher lautet:
TE-OR (Nr 32) § 22. „Ist einem Kaufe die Verabredung beigefügt, daß dem Verkäufer oder S 2 2 Käufer freistehen solle, von dem Vertrage nach Belieben zurückzutreten (ReurecKt), so sind die Vertragschließenden im Falle des Rücktritts des Berechtigten unter einander so berechtigt und verpflichtet, wie wenn der Vertrag nicht geschlossen wäre. Die Vorschrift des § 54 findet Anwendung." TE-OR (Nr 32) § 23 § 23. „Das Reurecht erlischt außer in dem im § 55 bezeichneten Falle, wenn es I Prot I 1904 nicht innerhalb der ver- | einbarten Frist und in Ermangelung einer vertragsmäßigen Frist nicht innerhalb dreißig Tagen vom Tage der Schließung des Vertrages an ausgeübt wird." TE-OR (Nr 32) S2 4
§ 24. „Das Reurecht findet nicht statt: 1. wenn der Reuberechtigte einen Gegenstand, welchen er zurückzugeben hätte, deshalb nicht zurückgeben kann, weil derselbe, gleichviel ob durch Verschulden des Reuberechtigten oder durch Zufall, untergegangen ist, oder, weil er über ihn verfügt hat; desgleichen wenn ein solcher Gegenstand, gleichviel ob durch Verschulden des Reuberechtigten oder durch Zufall, verschlechtert worden ist; 2. wenn der Reuberechtigte einen Gegenstand, welchen er zurückzugeben hätte, mit einem von ihm nicht zu beseitigenden Rechte eines Dritten belastet hat; 3. wenn der Reuberechtigte eine von ihm zurückzugebende Sache durch Verarbeitung oder Umbildung in eine Sache anderer Art umgestaltet hat." 576
5. Titel: Rücktritt
Vor §§ 346-360
§ 25. „Der Verkäufer hat im Falle seines Rücktrittes dem Käufer den empfange- TE-OR (Nr 32) nen Kaufpreis zurückzuerstatten und aus demselben Zinsen von der Zeit des Emp- S 25 fanges an zu bezahlen. Hat der Verkäufer als Gegenleistung eine Sache empfangen, so muß er dieselbe nebst Zubehör, Zuwachs und allen Früchten zurückgeben, auch wegen der nicht gezogenen Früchte, soweit er bei Anwendung der Sorgfalt eines ordentlichen Hausvaters die Früchte gezogen | haben würde, Ersatz leisten. | Prot I 1905 Der Käufer hat die empfangene Sache und die sonst empfangenen Leistungen nach Maßgabe der Vorschrift des ersten Absatzes zurückzugeben. Kann er die Sache nicht mehr oder nur in verschlechtertem Zustande zurückgeben, so ist er zur Ersatzleistung verpflichtet, sofern nicht der Untergang oder die Verschlechterung zufolge eines von ihm nicht zu vertretenden Umstandes eingetreten ist. Hat der Käufer die Sache mit Rechten Dritter belastet, so muß er diese beseitigen, oder, soweit ihm die Beseitigung nicht möglich ist, den Verkäufer deshalb entschädigen. Im Falle des Rücktrittes des Käufers finden auf die Verpflichtungen desselben, sowie des Verkäufers die Vorschriften im Absatz 1 und 2 entsprechende Anwendung." § 26. „Wegen Verwendungen auf eine zurückzugebende Sache haben der Ver- TE-OR (Nr 33) käufer und der Käufer die Rechte, welche dem redlichen Besitzer gegen den §26 Eigenthümer zustehen, wenn dieser den Eigenthumsanspruch geltend macht." § 27. „Das Reurecht kann von mehreren Reuberechtigten, oder, wenn der Reu- TE-OR (Nr 32) berechtigte von Mehreren beerbt ist, von den Erben nur insgesammt, sowie, falls dem Reuberechtigten mehrere Käufer oder Verkäufer oder mehrere Erben des Käufers oder Verkäufers gegenüberstehen, nur gegen Alle ausgeübt werden." waren folgende Anträge gestellt: 1. a, die §§ 22 — 27 zu streichen;
Kurlbaum (Nr 318)
I b, den § 56 der Zusammenstellung zu fassen: | p r o t I 1906 „Das Rücktrittsrecht erlischt, wenn der Rücktritt nicht innerhalb der vereinbarten Frist oder in Ermangelung einer solchen nicht innerhalb vier Wochen von der Schließung des Vertrages an erfolgt. Ist das Rücktrittsrecht von einer Bedingung abhängig, so läuft die vierwöchige Frist erst von einer nach Eintritt der Bedingung an den Berechtigten durch den anderen Theil gerichteten Aufforderung zur Erklärung." eventuell c, den § 23 zu fassen: „Das für den Käufer oder den Verkäufer vereinbarte Recht, von dem Kaufvertrage zurückzutreten, erlischt außer dem Falle des § 55 (der Zusammenstellung), wenn es nicht innerhalb der vereinbarten Frist oder in Ermangelung einer solchen nicht innerhalb vier Wochen von der Schließung des Vertrages an ausgeübt wird." 2. die SS 22 — 27 durch folgende Bestimmung zu ersetzen: Planck „Ist einem Kaufe die Verabredung beigefügt, daß dem Verkäufer oder Käufer (Nr 315) freistehen solle, von dem Vertrage nach Belieben zurückzutreten (Reurecht), so finden die §§ 54, 55, 87, 88 Abs. 1 - 4 , 89, 90, 91, 92 und 98 der Zusammenstellung des Obligationen-Rechts entsprechende Anwendung. Das Reurecht erlischt, wenn es nicht innerhalb 30 Tagen, vom Tage der Schließung des Vertrages an, ausgeübt wird." 577
V o r §§ 3 4 6 - 3 6 0
2. Abschnitt: Schuldverhältnisse aus Verträgen
(Vgl. wegen der Fassung des 1. Absatzes den laut Protokolls Seite 1149 beschlossenen Zusatz zu § 63 der Zusammenstellung des Obl.Rechts 19 .) 20 Kurlbaum
3. zu beschließen zu folgenden §§ der Zusammenstellung:
(Nr 322)
I Prot I 1907
| § 57. Absatz 2 hier zu streichen, dagegen zuzusetzen: „Insbesondere hat jeder Theil dem anderen die empfangenen Leistungen zurückzugewähren. Eine empfangene Geldsumme ist mit Zuwachs und Nutzungen zurückzugeben; auch ist wegen der nicht gezogenen Nutzungen, welche der Verpflichtete bei Anwendung der Sorgfalt eines ordentlichen Hausvaters gezogen haben würde, Ersatz zu leisten. Wegen Verwendungen hat der zur Zurückgabe Verpflichtete die Rechte, welche dem redlichen Besitzer gegen den Eigenthümer zustehen, wenn dieser den Eigenthumsanspruch geltend macht. Kann der zur Zurückgabe einer Sache Verpflichtete dieselbe nicht oder nur in verschlechtertem Zustande zurückgeben, so hat er für die Sache oder deren Verschlechterung Ersatz zu leisten, es sei denn, daß die Unmöglichkeit der Zurückgabe oder die Verschlechterung durch einen von ihm nicht zu vertretenden Umstand verursacht worden ist." § 57 a (neu). „Die den Vertragschließenden nach § 57 obliegenden Verpflichtungen sind Zug um Zug zu erfüllen. Kann eine zurückzugebende Sache nicht oder nur in verschlechtertem Zustande zurückgegeben werden, so finden die Vorschriften der §§ 187 bis 19121 über die Folgen der Unmöglichkeit einer Leistung aus einem gegenseitigen Vertrage entsprechende Anwendung."
I Prot 1 1908
§ 57b (neu). „Sind auf der einen oder der anderen Seite | der Vertragschließenden mehrere Personen vorhanden, oder ist Einer der Vertragschließenden von mehreren Personen beerbt worden, so kann der Rücktritt vom Vertrage nur von Allen und gegen Alle geltend gemacht werden." § 63. „Die Verweisung am Schluß soll lauten: „§§ 54, 55, 57, 57a, 57b." § 87. „Im Falle der Wandelung finden die §§ 57, 57 a, 57 b mit folgenden Maßgaben entsprechende Anwendung : 1. Der Veräußerer hat dem Erwerber auch die Vertragskosten zu erstatten; 2. die Wandelung wird nicht dadurch ausgeschlossen, daß die empfangene Sache durch Verarbeitung oder Umbildung in eine andere umgestaltet wird, sofern der Mangel sich erst bei der Umgestaltung gezeigt hat;
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Prot I 1149 s. die Materialien zu § 280 Abs. 2 BGB; zu § 63 ZustOR s. die Materialien zu s 361 BGB. In der von Planck gezeichneten Fassung enthält dieser Antrag noch den Zusatz: Sollten die Bestimmungen über das vertragsmäßige Rücktrittsrecht nach Maßgabe der Anlage zum Redaktionsentwurf, betreffend die Folgen der Nichterfüllung der Verbindlichkeit (s. dazu unten N . 22), geändert und ergänzt werden, so würde auf diese Bestimmungen, statt auf die in dem 1. Absatz allegierten §5 zu verweisen sein. ZustOR; s. diese bei den Materialien zu $ 280 Abs. 2 BGB (§ 187 ZustOR), § 283 BGB (§ 188 ZustOR), § 275 BGB (§§ 189, 190 ZustOR) und § 282 BGB (§ 191 ZustOR).
578
5. Titel: Rücktritt
Vor § § 346-360
3. die Rückforderung der Gegenleistung wird nicht dadurch ausgeschlossen, daß die veräußerte Sache in Folge des Mangels untergegangen oder verschlechtert ist. 4. Tritt der Erwerber auf Grund der Vorschriften des § 57 a Absatz 2 von der Erklärung der Wandelung zurück, so ist der Anspruch auf Minderung des Preises dadurch, daß die Wandelung gewählt war, nicht ausgeschlossen." §§ 8 8 - 92, 98 zu streichen. § 108. „Im Falle der Wandelung wird die Rück- | forderung der Gegenleistung | Proti 1909 auch dadurch nicht ausgeschlossen, daß das Thier durch andere Umstände als in Folge des die Wandelung begründenden Mangels untergegangen oder verschlechtert ist. Der Erwerber des Thieres hat jedoch im Falle einer solchen Verschlechterung den durch dieselbe verursachten Minderwerth zu ersetzen. Der Werth des Thieres ist nach der Zeit der Schließung des Vertrages mit Berücksichtigung des die Wandelung begründenden Mangels zu bestimmen." § 187. Die Verweisung am Schluß soll lauten: „§§ 54, 55, 57, 57 a, 57 b." Der Kauf mit Vorbehalt der Reue ist ein Fall des durch die §§ 54 — 60 der Zusammenstellung der auf das Obligationenrecht sich beziehenden Beschlüsse (Protokolle vom 21. und 24. April 1882 S. 624-633) geregelten Vorbehalts des Rücktritts vom Vertrage. Bei Berathung der Vorschriften über das als Recht des Rücktritts vom Vertrage aufgefaßte Recht der Wandelung sind Bestimmungen beschlossen, welche die Rechte und Pflichten der Parteien für den Fall, wenn der Vertrag in Folge der Wandelung rückgängig wird, in umfassenderer Weise regeln, als in den §§ 54 — 60 a. a. O. für den Fall der Ausübung des vertragsmäßigen Rücktrittsrechts geschehen ist (§§ 87 u. ff. der gedachten Zusammenstellung, Protokolle vom 19. und 26. Mai 1882, S. 755 u. ff.). Diese Vorschriften sind neben den das vertragsmäßige Rücktrittsrecht betreffenden §§ 54 und 55 in großem Umfange, nämlich soweit sie in den §§ 87, 88 Abs. 1—4, 89, 90, 91, 92, 98 sich finden, auf die Fälle ausgedehnt, wenn bei einem genau zu einer festbestimmten Zeit oder binnen einer festbestimmten Frist zu erfüllenden Vertrage wegen Nichterfüllung zur gehörigen Zeit der Rücktritt vom Vertrage erfolgt (§ 63 der Zusammenstellung, Protokolle S. 1149) oder wenn von | dem Vertrage deshalb zurückgetreten wird, weil die | Prot 11910 Leistung des anderen Theils wegen eines von diesem zu vertretenden Umstandes ganz oder theilweise unmöglich geworden ist oder der Schuldner nach rechtskräftiger Verurtheilung nicht leistet (§§ 187 — vgl. zugleich § 76 —, 188 der Zusammenstellung, Protokolle vom 4. Oktober 1882 u. ff., S. 1135 ff.). Der Entwurf bezweckt, die gedachten Bestimmungen, wenn auch nicht ohne einige Ergänzungen und Aenderungen auch auf den Kauf mit Vorbehalt der Reue auszudehnen. Der Antrag Nr. 1 erachtet dagegen besondere Bestimmungen über den Kauf mit Vorbehalt der Reue nicht für erforderlich, vielmehr die allgemeinen, nöthigenfalls — insbesondere durch eine Bestimmung über die Dauer des Rücktrittsrechts — zu ergänzenden Vorschriften über das vertragsmäßige Rücktrittsrecht für genügend. Der Antrag Nr. 2 will einfach die oben erwähnten Bestimmungen (§§ 54, 55, 87, 88 Abs. 1 - 4 , 89, 90, 91, 92, 98) auch auf den Kauf mit Vorbehalt der Reue für anwendbar erklären und für den Reukauf nur eine Besonderheit in Ansehung der Dauer des Rücktrittsrechts noch hinzufügen. Der Antrag Nr. 3 beruht auf der Ansicht: Der vorliegende Abschnitt des Entwurfs liefere doch in der That den Beweis, daß die bisher beschlossenen Vorschrif579
Vor § § 346—360
2. Abschnitt: Schuldverhältnisse aus Venrägen
ten über den Vorbehalt des Rücktritts vom Vertrage unvollständig seien und insbesondere in Beziehung auf die Rechte und Pflichten der Parteien bei Ausübung des Rücktrittsrechts nach Vorbild der Vorschriften über das Recht der Wandelung und das Rücktrittsrecht in den Fällen der §§63, 187, 188 der Zusammenstellung der Ergänzung bedürften. Die letztere nur auf den Kauf mit Vorbehalt der Reue zu beschränken, könne nicht genügen, sie müsse allgemein für alle Verträge erfolgen, in welchen der Rücktritt vorbehalten sei. IProti 1911 I Im Anschluß an die vorstehende Ansicht machte sich die Auffassung geltend, der richtige Weg werde sein, die §§ 54 — 60 der Zusammenstellung so zu vervollständigen, wie sie sich nach dem ersten Absätze des Antrags Ns 2 bei Ausdehnung auf alle Fälle des vorbehaltenen Rücktritts gestalten würden, die solchergestalt vervollständigten Vorschriften zu prüfen, bei der Prüfung die Abweichungen des Antrags N ° 3 so wie des vorliegenden Abschnittes des Theilentwurfs des Redaktors in Berücksichtigung zu ziehen, sodann darüber zu befinden, inwiefern die Ergänzung der §§ 54 — 60 anderweite Berichtigungen der gefaßten Beschlüsse erfordere, endlich zu entscheiden, ob für den Kauf mit Vorbehalt der Reue noch die eine oder andere Besonderheit nöthig sei. Um für die vorstehende Art der Erledigung eine Grundlage zu gewinnen, wurde der Antrag 22 gestellt: I. an Stelle der §§ 54 bis 60 der Zusammenstellung der auf das Obligationenrecht sich beziehenden Beschlüsse, folgende Paragraphen aufzunehmen 23 : § a. Hat ein Vertragschließender sich den Rücktritt vom Vertrage vorbehalten, so ist der Rücktritt vollzogen, wenn dieser von dem Berechtigten dem anderen Theile gegenüber erklärt worden ist. Die Erklärung ist unwiderruflich. (§ 54 der Zusammenstellung.) § b. Der Rücktritt bewirkt, daß die Vertragschließenden unter einander so beI Prot I 1912 rechtigt und ver- | pflichtet sind, wie wenn der Vertrag nicht geschlossen wäre. Insbesondere hat jeder Theil dem anderen die empfangene Leistung zurückzugewähren. 22
23
Der Antrag hat der Kom. in zwei, hinsichtlich der vorgeschlagenen Änderungen aber nicht voneinander abweichenden Fassungen vorgelegen als „Anlage zum Redaktions-Entwurfe, betreffend die Folgen der Nichterfüllung der Verbindlichkeit. (Vgl.: die Anmerkung zu § 187 der Zusammenstellung der Beschlüsse zum Obligationenrechte unter N 2 III)". Dieser Hinweis auf die ZustOR fehlt in der einen Fassung der Anlage. Die angezogene Anmerkung lautet: „III. Wegen Ergänzung der Vorschriften über den Vorbehalt des Rücktritts vom Vertrage zu vergleichen die besondere Anlage. (Prot. S. 1149, 1150.)" Letztere s. bei den Materialien zu § 280 Abs. 2 BGB. Die Anlage enthält die folgende Einleitung: „Bei Gelegenheit der Berathung der Bestimmungen, betreffend den Vorbehalt des Rücktritts vom Vertrage, wurde vorbehalten, nach Erledigung der Vorschriften über die Wandelungsklage zu prüfen, ob und welche dieser Vorschriften für das Rücktrittsrecht passen und folglich zu verallgemeinern und in den Abschnitt über den Vorbehalt des Rücktritts vom Vertrage zu versetzen seien (Prot. S. 626). Aus dem Nachstehenden erhellt, in welcher Weise sich das bewirken läßt und welche Änderungen in der Zusammenstellung nöthig würden." In der Anlage lautet dieser Satz: „An Stelle der §§ 54 bis 60, betreffend den Vorbehalt des Rücktritts vom Vertrage würden folgende Paragraphen aufzunehmen sein."
580
5. Titel: Rücktritt
Vor§§346-360
Eine empfangene Geldsumme ist mit Zinsen von der Zeit des Empfanges an 2 4 , andere Gegenstände sind mit Zubehörungen, Zuwachs und allen Früchten zurückzugeben, auch ist wegen der nicht gezogenen Früchte und wegen Verschlechterungen, soweit bei Anwendung der Sorgfalt eines ordentlichen Hausvaters die Früchte gezogen und die Verschlechterungen abgewendet worden 2 5 sein würden, Ersatz zu leisten. Wegen Verwendungen hat der zur Zurückgabe Verpflichtete die Rechte, welche dem redlichen Besitzer gegen den Eigenthümer zustehen, wenn dieser den Eigenthumsanspruch geltend macht. Kann der Empfänger einen Gegenstand nicht zurückgeben, so ist er zur Ersatzleistung nur dann 2 6 verpflichtet, wenn ihm Vorsatz oder Fahrlässigkeit zur Last fällt 2 ?. (§§ 57 Abs. 1, 88, 89 der Zusammenstellung.) 28 § c. Die den Vertragschließenden nach dem § b obliegenden Verpflichtungen sind Zug um Zug zu erfüllen. (§§ 57 Abs. 2, 90 der Zusammenstellung.) § d. Das Rücktrittsrecht findet statt, auch wenn | ein Gegenstand, welchen der Rücktrittsberechtigte empfangen hat, durch Zufall untergegangen ist. (§91 der Zusammenstellung.) § e. Das Rücktrittsrecht findet nicht statt: 1. wenn der Rücktrittsberechtigte einen empfangenen Gegenstand deshalb nicht zurückgeben kann, weil er den Untergang desselben vorsätzlich oder fahrlässig herbeigeführt hat, oder weil er über ihn verfügt hat 2 9 , 2. wenn der Rücktrittsberechtigte einen empfangenen Gegenstand mit einem von ihm nicht zu beseitigenden Rechte eines Dritten belastet hat; 3. wenn der Rücktrittsberechtigte eine empfangene Sache durch Verarbeitung oder Umbildung in eine Sache anderer Art umgestaltet hat. (§ 92 der Zusammenstellung.) 24 25 26
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In der Anlage heißt es: „ . . . Zinsen seit dem Empfange,. . . " . Das „worden" fehlt in der Anlage. In den Prot, ist hier eingefügt „nicht", was sachlich falsch ist. In der Anlage lautet der letzte Absatz: „Kann der Empfänger den Gegenstand nicht zurückgeben, so ist er zur Ersatzleistung verpflichtet, es sei denn, daß die Sache ohne sein Verschulden untergegangen ist. In der Anlage ist bei § b angemerkt: „Dem § b würde eventuell nach dem Antrage N ° 152 zu § b des Abschnitts über die Folgen der Nichterfüllung der Verbindlichkeit anzuschließen sein: Besteht der Nutzen einer zurückzugebenden Sache in deren Gebrauch, so ist eine Vergütung für den Gebrauch nach dessen ordentlichem Werthe während der Dauer des Gebrauchs zu gewähren. Sind Dienste geleistet worden, welche bezahlt zu werden pflegen, so ist dafür eine Vergütung nach dem ordentlichen Werth derselben zur Zeit der Leistung zu gewähren. Allein der Zusatz erscheint entbehrlich." $ e Ziff. 1 lautet in der Anlage: „wenn . . . , kann, weil derselbe durch sein Verschulden untergegangen ist oder weil er über ihn verfügt hat." Dazu ist angemerkt: Für den Fall, daß der § d nicht aufgenommen werden sollte, sind hinter die Worte „durch sein Verschulden" die Worte: „oder durch Zufall" einzusetzen. 581
| Proti 1913
Vor § § 346-360
2. Abschnitt : Schuldverhältnisse aus Verträgen
§ f. Das Rücktrittsrecht erlischt, wenn der Berechtigte den Vertrag auch nur theilweise erfüllt, oder dessen Erfüllung auch nur theilweise verlangt oder annimmt. Diese Bestimmung findet keine Anwendung, wenn der Rücktrittsberechtigte von seinem Rechte oder dem Eintritte der Voraussetzungen desselben nicht unterrichtet war. (§55 der Zusammenstellung.) I Prot 11914
| § g. Ist das Rücktrittsrecht von einer Bedingung abhängig, so erlischt es, wenn der Berechtigte nach Eintritt der Bedingung auf die von dem anderen Theile an ihn gerichtete Aufforderung innerhalb angemessener Frist den Rücktritt nicht erklärt. (§ 56 der Zusammenstellung.) § h. Sind auf der einen oder anderen Seite mehrere Personen als Vertragschließende betheiligt oder ist der eine oder andere Theil von Mehreren beerbt, so kann das Rücktrittsrecht nur von Allen und gegen Alle geltend gemacht werden. Ist für einen von den mehreren Rücktrittsberechtigten das Rücktrittsrecht erloschen, so ist es auch für die übrigen ausgeschlossen. (§ 98 der Zusammenstellung.) § i. Der Vertragschließende, welcher auf Grund des Vorbehalts des Rücktrittsrechts vom Vertrage zurücktritt, hat diesen Vorbehalt zu beweisen. Wird das Rücktrittsrecht wegen Nichterfüllung der in einem Thun bestehenden Verpflichtung von Seiten des anderen Theils geltend gemacht, so hat dieser die vertragsmäßige Bewirkung der Leistung zu beweisen. (§ 58 der Zusammenstellung.)
I Prot 11915
§ k. Ist das Rücktrittsrecht gegen Reugeld vor-1 behalten, so ist die Erklärung des Rücktritts dem anderen Theile gegenüber nur dann wirksam, wenn das Reugeld bei der Erklärung entrichtet wird oder schon vorher entrichtet war. Der Berechtigte ist jedoch, auch wenn er den Rücktritt ohne Leistung des Reugeldes erklärt, seinerseits an diese Erklärung gebunden. (§ 59 der Zusammenstellung.) § 1. Ist einem Vertrage der Vorbehalt beigefügt, daß der Schuldner, welcher seine Verbindlichkeit nicht erfülle, seiner Rechte aus dem Vertrage verlustig sein solle (Vorbehalt der Rechtsverwirkung), so ist der Gläubiger eintretenden Falls zum Rücktritte vom Vertrage berechtigt. (§ 60 der Zusammenstellung.) II. Die §§ 87 — 92 und 98 der Zusammenstellung zu streichen und durch folgende Bestimmungen zu ersetzen : 30 § 87. Wird der Vertrag in Folge der Wandelung rückgängig gemacht, so finden die §§ b — e und h des Abschnitts über den Vorbehalt des Rücktritts vom Vertrage mit folgenden Abweichungen entsprechende Anwendung: 1. Der Veräußerer hat dem Erwerber auch die Vertragskosten zu erstatten.
30
In der Anlage heißt es unter II: „In dem Abschnitte über die Gewährleistung wegen Mängel der Sache würden die §§ 8 7 - 9 2 und 98 der Zusammenstellung zu streichen und durch folgende Bestimmungen zu ersetzen sein".
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5. Titel: Rücktritt
Vor §§ 346-360
2. Die Bestimmung in § e unter 3 findet keine Anwendung, wenn der Mangel sich erst bei der Umgestaltung gezeigt hat. I 3. Sind mehrere Veräußerer oder mehrere Erwerber vorhanden oder ist der |Proti 1916 Veräußerer oder der Erwerber von Mehreren beerbt, so kann die Minderung von Jedem und gegen jeden Einzelnen verlangt werden. Hat ein Einzelner das Recht der Minderung geltend gemacht, so ist die Wandelung ausgeschlossen. III. Im § 108 Abs. 2 der Zusammenstellung das Zitat des §92 durch das Zitat des $ e zu I zu ersetzen 31 . IV. Die Zitate in den §§ 63 und 187 der Zusammenstellung durch Zitierung der §§ a, b, c, d, e, f und h zu I zu ändern 32 . Nachdem beschlossen war, in der oben angegebenen Weise zu verfahren und dabei den vorstehenden Antrag zum Grunde zu legen, wurde der letztere zur Berathung gestellt, die zu nachstehenden Ergebnissen führte :
Zu I. Der § a, welcher nur den § 54 wiederholt, wurde genehmigt. Der § b wurde absatzweise berathen.
A, Erster Absatz. Der erste Absatz, welcher den ersten Absatz des § 57 wiederholt, wurde gleichfalls genehmigt. Zur Redaktion ward jedoch erinnert: Die Fassung sei ebensowenig wie die des § 109 des Allgemeinen Theils (Protokoll vom 4. und 6. Januar 1882, Seite 284, 285, 293, 294) 33 , | welcher zum Vorbilde gedient habe, korrekt; es müße | Prot 11917 heißen: die Vertragschließenden seien verpflichtet, sich gegenseitig in die Lage zu versetzen, als wenn der Vertrag nicht abgeschlossen worden wäre (Protokolle Seite 625); nur bei einer solchen Fassung komme der richtige Gedanke zum Ausdruck, daß eine obligatorische restitutio in integrum einzutreten habe. Eine andere Erinnerung ging dahin : die Fassung dürfe nicht der Auslegung eine Stütze leihen, daß der Rücktritt nur Ansprüche, die der Verjährung unterliegen, •nicht aber auch unverjährbare Einreden hervorrufe; die — wenn auch vielleicht
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Unter III. heißt es in der Anlage: „Im § 108 Abs. 2 der Zusammenstellung wäre Zeile 2 und 8 das Citat des § 92 durch das Citât des § e des Abschnitts über den Vorbehalt des Rücktritts vom Vertrage zu ersetzen". Zu § 108 ZustOR s. die Materialien zu § 487 BGB. Unter IV. heißt es in der Anlage: „Die Citate in der Vorschrift, welche an Stelle der §§ 4 — 7 des Theilentwurfs NS 22, betreffend die Folgen der Nichterfüllung der Verbindlichkeit, treten soll (Redaktions-Entwurf $ 188), würden sich ebenfalls ändern, indem zu eitleren wären die obigen §§ a, b, c, d, e, f und h. Die vorstehenden Aenderungen sind so eingreifend, daß sie einer späteren Zeit vorbehalten sind. In der anderen Fassung der Anlage lautet der letzte Satz eingangs: „Die vorstehenden, übrigens auch von der Redaktions-Kommission noch nicht berathenen Aenderungen sind so eingreifend,...". Zu § 188 des Redaktions-Entwurfes = § 188 RedVorl s. die Materialien zu § 280 Abs. 2 BGB. S. die Materialien zu S 159 BGB. 583
Vor §§ 346-360
2. Abschnitt: Schuldverhältnisse aus Verträgen
nicht ganz korrekte — Fassung des § b lasse ein solches Mißverständniß weniger besorgen, als der zuvor erwähnte redaktionelle Verbesserungsvorschlag. Die Erinnerungen blieben der Prüfung bei der Redaktion vorbehalten.
B, Zweiter Absatz. Der schon aus dem ersten Absätze sich ergebende, den folgenden Absatz einleitende zweite Absatz wurde als unbedenklich genehmigt.
C, Dritter, vierter und fünfter Absatz. Gegen diese drei Absätze wurde im Wesentlichen nichts erinnert, jedoch einige Einzelheiten betreffend, in Veranlassung des Antrags Ng 3 § 57 (S. 1907) Folgendes beschlossen : 1. Im Absätze 3 sollen die Worte: „mit Zubehörungen" nicht beseitigt werden. Die Mehrheit war der Ansicht: Die Worte würden überflüssig sein, wenn nur die empfangenen Zubehörungen in Frage kämen; allein zu berücksichtigen seien auch die später hinzugetretenen Pertinenzien, die der Empfänger gleichfalls herauszugeI Proti 1918 ben habe, vorbehaltlich seiner Ersatz-| ansprüche wegen Verwendungen zufolge Absatz 4 (zu vgl. Protokolle S. 1859, I860"). 2. Im Absätze 3 soll das Wort: „Früchte" in Gemäßheit des Beschlusses vom 19. März 1883 (Protokolle S. 188335) durch das Wort: „Nutzungen" ersetzt und bei der Redaktion geprüft werden, ob nicht für „zurückgeben" zu setzen sei : „zurückgewähren". Gegen die Ersetzung des Wortes „Früchte" durch das Wort: „Nutzungen" war zwar erinnert: der Empfänger könne nicht füglich für verpflichtet erklärt werden, für versäumten Gebrauch Entschädigung zu gewähren, und dies zumal dann nicht, wenn der Gebrauch eine Werthverringerung nach sich ziehe, die besonders zu vertreten sei. Es wurde der Antrag gestellt: es bei dem Worte : „Früchte" zu belassen und zusätzlich zu bestimmen : „Besteht der Nutzen einer zurückzugebenden Sache in deren Gebrauch, so ist eine Vergütung für den Gebrauch nach dessen ordentlichem Werthe während der Dauer des Gebrauchs zu gewähren. Sind Dienste geleistet worden, welche bezahlt zu werden pflegen, so ist dafür eine Vergütung nach dem ordentlichen Werth derselben zur Zeit der Leistung zu gewähren." Die Mehrheit erklärte sich jedoch gegen diesen Antrag, indem sie sich nicht zu überzeugen vermochte, daß ein haltbarer Grund obwalte, in der fraglichen Rücksicht zwischen Früchten im engeren Sinne und dem Gebrauchsnutzen zu unterscheiden, zumal auch durch Fruchtziehung der Substanzwerth der Sache sich verringern könne. 3. „Vorsatz und Fahrlässigkeit" soll nicht ersetzt werden durch: „ein zu vertretender Umstand". Man besorgte, daß der letztere Ausdruck im Dunkel lasse, welcher Umstand zu vertreten sei oder nicht, war aber einverstanden, daß unter „Vor-
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S. die Materialien zu § 444 BGB. S. die Materialien zu § 452 BGB.
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5. Titel: Rücktritt
Vor §§ 346-360
satz" jede willentliche Verfügung falle, wenn diese auch, an und für sich betrachtet, den Vorwurf | einer Handlungsweise, welche ein ordentlicher Hausvater vermeide, nicht begründe.
|Proti 1919
Der § c, welcher § 57 Absatz 2 wiederholt, wurde genehmigt. Der § d gab zu einer längeren Debatte Anlaß. Er überträgt, in Verbindung mit § e, dasjenige, was für das Recht der Wandelung und für das Rücktrittsrecht in den Fällen der §§63, 187, 188 (der Zusammenstellung der das Obligationenrecht betreffenden Beschlüsse) beschlossen ist, auf das vertragsmäßige Rücktrittsrecht, so daß, wenn der Berechtigte, einen Gegenstand nicht zurückgewähren kann, weil dieser durch Zufall untergegangen ist, der Berechtigte das Recht gleichwohl ausüben darf, ohne eine Vergütung leisten zu müssen, während er von der Ausübung des Rechts ausgeschlossen ist, wenn er den Untergang verschuldet hat, daß ferner die Verschlechterung eines zurückzugewährenden Gegenstandes die Ausübung des Rücktrittsrechts nicht hindert und auch zu einer Vergütung nur verpflichtet, wenn sie auf einem Verschulden des Berechtigten beruht. Der Theilentwurf des Redaktors bestimmt für den Fall des Kaufs mit Vorbehalt der Reue ein Anderes. Nach diesem Entwürfe soll der Rücktritt unstatthaft sein, sobald der Berechtigte einen empfangenen Gegenstand überhaupt nicht oder nicht in unverschlechtertem Zustande zurückgeben kann, gleichviel, ob ihm ein Verschulden zur Last fällt oder nicht. Auf noch anderen Grundsätzen beruht der Antrag Ns 3 § 57 a Absatz 2 (S. 1907). Bei der Debatte wurde mehrfach die Ansicht vertreten: Die Vorschriften der §§ d und e verdienten Billigung, jedoch nicht für den speziellen Fall, wenn das Rücktrittsrecht unbedingt und dergestalt vorbehalten sei, daß seine Ausübung einzig und allein von dem freien Belieben des Berechtigten abhänge, wie es bei dem Kaufe mit Vorbehalt der Reue sich zeige; für einen solchen Fall gebühre den in | dem Entwürfe des Redaktors sich findenden Vorschriften der | Prot I 1920 Vorzug. Die Mehrheit erklärte sich gegen den Antrag Ns 3 § 57 a Absatz 2, billigte sodann die in den §§ d und e enthaltenen Grundsätze unter Vorbehalt der Entscheidung, ob die Vorschriften des Entwurfs des Redaktors Platz zu greifen haben, wenn ein unbedingtes Reuerecht vorbehalten ist, und lehnte endlich die vorbehaltene Ausnahmebestimmung ab. Erwogen war: Nach dem Antrage Nr. 3 § 57 a Absatz 2 sollten die über das Tragen der Gefahr bei gegenseitigen Verträgen geltenden Grundsätze analoge Anwendung finden. Eine derartige Regelung beeinträchtige in hohem Maße die Verständlichkeit des Gesetzes; sie führe außerdem zu Verwickelungen, die sich schwer übersehen ließen; sie nöthige endlich auch zur Aenderung der für das Recht der Wandelung und das Recht des Rücktritts in den Fällen der §§ 63, 187, 188 (der Zusammenstellung der Beschlüsse) nach reiflicher Prüfung gefaßten Beschlüsse, von welcher Aenderung — mindestens in dem gegenwärtigen Stadium der Berathungen — abzusehen sei. An sich könne ferner nicht zweifelhaft sein, daß, wenn die Konsequenzen entscheiden sollten, die aus dem Prinzipe des § b Absatz 1 sich ergäben, die Vorschriften der §§ d und e gebilligt werden müßten. Dies sei auch bei Berathung der Vorschriften über das Recht der Wandelung und das Rücktrittsrecht in den Fällen 585
Vor §§ 3 4 6 - 3 6 0
2. Abschnitt: Schuldverhältnisse aus Verträgen
der SS 63, 187 und 188 anerkannt. Es fehle aber an zureichenden Gründen, jene Konsequenzen zu verleugnen. Ein Zweifel könnte in dieser Beziehung nur in dem Falle entstehen, wenn das Rücktrittsrecht ein unbedingtes sei. Für solche Fälle lasse sich, nicht ohne Grund, geltend machen: es sei hart, wenn der Verpflichtete sich gefallen lassen müsse, daß der Berechtigte, ohne zu einer Vergütung verbunden zu sein, das Rücktrittsrecht ausübe, nachdem durch einen Zufall der betreffende Gegenstand untergegangen oder verschlechtert sei, das zufällige Ereigniß ihm also IProti 1921 vielleicht nur den Anlaß gebe, das Recht auszuüben, | an dessen Geltendmachung er sonst niemals gedacht haben würde. Indessen diese Erwägung habe doch nur scheinbar einige Berechtigung. So wie das Rücktrittsrecht einmal nach den gefaßten Beschlüssen sich gestalte, sei der Berechtigte in seinem vollen Rechte, wenn er durch Ausübung des Rücktritts der Tragung der Gefahr sich entziehe. Diese ihm zur Last zu legen, sei ebenso ungerechtfertigt, wie bei dem Kauf auf Besicht oder auf Probe den Käufer die Gefahr tragen zu lassen. Die Anwendung der beschlossenen Vorschrift bleibe natürlich ausgeschlossen, wenn nach dem Inhalte des Vertrages sich ein anderer Wille der Parteien ergebe, wenn z. B. aus dem Inhalte des Vertrages erhelle, daß der Erwerber sich verpflichtet habe, im Falle des Rücktritts die empfangene Sache unversehrt zurückzugeben. Der S e wurde in Konsequenz der zum S d gefaßten Beschlüsse genehmigt. Der S i, welcher den S 55 wiederholt, und der S g, welcher den S 56 wiederholt, wurden genehmigt. Der S h, welcher den S 98 überträgt, wurde in Anerkennung der Angemessenheit der Uebertragung gleichfalls genehmigt und insbesondere der zweite Satz nicht für entbehrlich erachtet. Der Prüfung bei der Redaktion blieb vorbehalten, ob für: „betheiligt" im Eingange zu setzen sei: „vorhanden". Die S S i> k und 1, von welchen § i den § 58, § k den § 59, S 1 den S 60 wiederholt, wurden genehmigt. Zu II. Die Streichung der S S 8 7 — 92 und 98 und die Ersetzung des S 87 (der Zusammenstellung) durch den vorgeschlagenen neuen Paragraphen wurden genehmigt, I Prot 1 1922 der Prüfung bei der Redaktion jedoch vorbe-1 halten, ob nicht die Bestimmung unter Ziffer 3 des neuen S 87 in einen besonderen S zu verweisen sei und ob nicht der letzte Satz unter Ziffer 3 durch den S h entbehrlich werde. Der Antrag Ng 3 S 87 (S. 1908) galt durch die zu den SS c, d und e zu I gefaßten Beschlüsse für erledigt. Zu III. Die Aenderung des Zitats in S 108 wurde genehmigt. Der Antrag N s 3 S 108 (S. 1908, 1909) war zurückgezogen worden.
Zu IV. Die Aenderung der Zitate in den §§ 63 und 187 wurde genehmigt. 586
5. Titel: Rücktritt
Vor §§ 346-360
Die Berathung wandte sich zum Schluß zur Prüfung, ob und welche Besonderheit für den Kauf unter Vorbehalt der Reue noch zu bestimmen sei. Man überzeugte sich, daß nur die Aufnahme des § 23 des Theilentwurfes des Redaktors noch in Frage kommen könne. In dieser Beziehung war die Mehrheit der Ansicht, daß, wenn die Vorschrift angemessen sei, kein Grund obwalte, dieselbe auf den Reukauf zu beschränken, daß sie vielmehr auf alle Fälle auszudehnen sei, in welchen bei einem gegenseitigen Vertrage ein unbedingtes Rücktrittsrecht vorbehalten werde, die Bestimmung also in den Abschnitt über den Vorbehalt des Rücktritts vom Vertrage zum § 55 gehöre. In dieser Ausdehnung wurde der § 23 aus den in den Motiven (S. 47, 48) dargelegten Gründen gebilligt, zugleich aber der Antrag N s 1 unter b Abs. 2 (S. 1906) angenommen, wonach, wenn das Rücktrittsrecht von einer Bedingung abhängig ist, die vierwöchige Frist des § 23 von einer nach Eintritt der Bedingung an den Berechtigten gerichteten Aufforderung | beginnen soll. Die | Prot I 1923 Mehrheit hielt das Bedenken, daß die letztere Bestimmung in einzelnen Fällen, ζ. B. bei dem pactum commissorium, nicht angemessen erscheine, für nicht gerechtfertigt. Nach den obigen Beschlüssen ist ein besonderer Abschnitt über den Kauf mit Vorbehalt der Reue nicht erforderlich. II. 1. In der RedVorl sind die §§ a, c, d, f, h —1 des der Beratung zugrunde gelegten Antrages in den §§ 54, 56, 57, 59, 60 a —d enthalten. § b Abs. 1 und 2 lautet in der RedVorl als § 55 Abs. 1 und 2: Der Rücktritt bewirkt, daß die Vertragschließenden verpflichtet sind, sich gegenseitig in die Lage zu versetzen, als wenn der Vertrag nicht geschlossen worden wäre, daß insbesondere kein Theil eine nach dem Vertrage ihm gebührende Leistung in Anspruch nehmen kann und daß jeder Theil verpflichtet ist, dem anderen Theile die empfangenen Leistungen zurückzugewähren. oder Der Rücktritt bewirkt, daß zwischen den Parteien der Rechtszustand wieder eintritt, welcher vor Abschluß des Vertrages bestand. Jeder Theil hat dem anderen die empfangenen Leistungen zurückzugewähren. Dazu ist angemerkt: Anlangend Absatz 1, so ist zu beachten : 1. In dem häufigen Falle, daß noch gar nicht erfüllt ist, bewirkt der Rücktritt, daß der Vertrag zerfällt, daß er f ü r nicht geschlossen gilt: daß der frühere Zustand einfach wiederhergestellt wird, demgemäß kein Theil Erfüllung verlangen kann und, wenn er Erfüllung begehrt, ihm die Einrede entgegen steht, der Vertrag sei zerfallen, ohne daß von einem der Verjährung unterliegenden Bereicherungsanspruche die Rede sein kann. 2. Ist vollständig erfüllt, so muß der frühere Zustand dergestalt wiederhergestellt werden, daß jeder Theil Anspruch auf Zurückgewähr seiner Leistungen hat. N u r eine obligatorische restitutio in integrum kommt in Frage. 3. Ist theilweise erfüllt, so gilt, so weit nicht erfüllt ist, Ng 1, so weit erfüllt ist, N s 2. Genügt nun nicht die zweite Fassung und ist nicht die erste unvollständig und inkorrekt? Der § 109 Allg. Th. wird, mindestens vorläufig, bleiben können. 587
V o r §§ 3 4 6 - 3 6 0
2. Abschnitt: Schuldverhältnisse aus Verträgen
§§ 55 Abs. 3 — 5 RedVorl entspricht $ b Abs. 3 — 5 mit der Abweichung, daß es in Absatz 3 „Nutzungen" statt „Früchte" heißt 36 . § 58 RedVorl entspricht § e, jedoch heißt es in Zf. 1 „zurückgewähren" und „herbeigeführt oder" statt „zurückgeben" und „herbeigeführt hat, oder". Als § 60 RedVorl lautet § g: RedVorl ξ 60 Das Rücktrittsrecht erlischt, wenn es nicht innerhalb der verabredeten Frist und in Ermangelung einer solchen Vereinbarung, wenn es nicht binnen einer Frist von vier Wochen ausgeübt wird. Die Frist beginnt, wenn das Rücktrittsrecht von einer Bedingung nicht abhängig ist, mit dem Tage des Abschlusses des Vertrages, wenn es von einer Bedingung abhängig ist, mit dem Tage, an welchem nach Eintritt der Bedingung der Berechtigte von dem anderen Theile zur Erklärung aufgefordert ist. Der von der Kommission neu beschlossene § 87 Zf. 1 und 2 lautet in der RedVorl: RedVorl § 87 Auf das Recht der Wandelung finden die §§ 55 — 58 und 60 a (des Abschnitts über den Vorbehalt des Rücktritts vom Vertrage) mit folgenden Abweichungen entsprechende Anwendung: 1. Der Veräußerer hat, wenn der Vertrag in Folge der Wandelung rückgängig gemacht wird, dem Erwerber auch die Vertragskosten zu erstatten. 2. Die Bestimmung § 58 Ziffer 3 findet keine Anwendung, wenn der Mangel sich erst bei der Umgestaltung gezeigt hat. Der neu beschlossene § 87 Zf. 3 ist in der RedVorl als § 98 enthalten. II. 2. In der ZustOR sind die neu beschlossenen Vorschriften in den §§ 5 4 - 6 0 d, 87 und 98 enthalten: ZustOR § 54
ZustOR S 55
H a t ein Vertragschließender sich den Rücktritt vom Vertrage vorbehalten, so ist der Rücktritt vollzogen, wenn dieser von dem Berechtigten dem anderen Theile gegenüber erklärt worden ist. Die Erklärung ist unwiderruflich. Der Rücktritt bewirkt, daß die Vertragsschließenden unter einander so berechtigt und verpflichtet sind, wie wenn der Vertrag nicht geschlossen worden wäre, daß insbesondere kein Theil eine nach dem Vertrag ihm gebührende Leistung in Anspruch nehmen kann und daß jeder Theil verpflichtet ist, dem anderen Theile die empfangenen Leistungen zurückzugewähren. Eine empfangene Geldsumme ist mit Zinsen von der Zeit des Empfanges an, andere Gegenstände sind mit Zubehörungen, Zuwachs und allen Nutzungen zurückzugewähren, auch ist wegen der nicht gezogenen Nutzungen und wegen Verschlechterungen, soweit bei Anwendung der Sorgfalt eines ordentlichen Hausvaters die Nutzungen gezogen und die Verschlechterungen abgewendet worden sein würden, Ersatz zu leisten. Wegen Verwendungen hat der zur Zurückgabe Verpflichtete die Rechte, welche dem redlichen Besitzer gegen den Eigenthümer zustehen, wenn dieser den Eigenthumsanspruch geltend macht. Kann der Empfänger einen Gegenstand nicht zurückgewähren, so ist er zur Ersatzleistung nur dann nicht verpflichtet, wenn ihm weder Vorsatz noch Fahrlässigkeit zur Last fällt. 36
§ 55 Abs. 5 RedVorl enthält denselben sachlichen Fehler wie die Prot. I 1912 mitgeteilte Fassung des beantragten § b Abs. 5; s. oben N . 26.
588
5. Titel: Rücktritt
Vor §§ 346-360
Die den Vertragsschließenden nach dem § 55 obliegenden Verpflichtungen sind ZustOR § 56 Zug um Zug zu erfüllen. Das Rücktrittsrecht findet statt, auch wenn ein Gegenstand, welchen der Rück- ZustOR § 57 trittsberechtigte empfangen hat, durch Zufall untergegangen ist. Das Rücktrittsrecht findet nicht statt:
ZustOR § 58
1. wenn der Rücktrittsberechtigte einen empfangenen Gegenstand deshalb nicht zurückgewähren kann, weil er den Untergang desselben vorsätzlich oder fahrlässig herbeigeführt oder weil er über ihn verfügt hat; 2. wenn der Rücktrittsberechtigte einen empfangenen Gegenstand mit einem von ihm nicht zu beseitigenden Rechte eines Dritten belastet hat; 3. wenn der Rücktrittsberechtigte eine empfangene Sache durch Verarbeitung oder Umbildung in eine Sache anderer Art umgestaltet hat. Das Rücktrittsrecht erlischt, wenn der Berechtigte den Vertrag auch nur theilweise erfüllt oder dessen Erfüllung auch nur theilweise verlangt oder annimmt. Diese Bestimmung findet keine Anwendung, wenn der Rücktrittsberechtigte von seinem Rechte oder dem Eintritte der Voraussetzungen desselben nicht unterrichtet war. Das Rücktrittsrecht erlischt, wenn es nicht innerhalb der verabredeten Frist und in Ermangelung einer solchen Vereinbarung, wenn es nicht binnen einer Frist von vier Wochen ausgeübt wird. Die Frist beginnt, wenn das Rücktrittsrecht von einer Bedingung nicht abhängig ist, mit dem Tage des Abschlusses des Vertrages, wenn es von einer Bedingung abhängig ist, mit dem Tage, an welchem nach Eintritt der Bedingung der Berechtigte von dem anderen Theile zur Erklärung aufgefordert ist. Sind auf der einen oder anderen Seite mehrere Personen als Vertragschließende betheiligt oder ist der eine oder andere Theil von mehreren beerbt, so kann das Rücktrittsrecht nur von Allen und gegen Alle geltend gemacht werden. Ist für einen von den mehreren Rücktrittsberechtigten das Rücktrittsrecht erloschen, so ist es auch für die übrigen ausgeschlossen. Der Vertragschließende, welcher auf Grund des Vorbehalts des Rücktrittsrechts vom Vertrage zurücktritt, hat diesen Vorbehalt zu beweisen. Wird das Rücktrittsrecht wegen Nichterfüllung der in einem Thun bestehenden Verpflichtung von Seiten des anderen Theils geltend gemacht, so hat dieser die vertragsmäßige Bewirkung der Leistung zu beweisen. Ist das Rücktrittsrecht gegen Reugeld vorbehalten, so ist die Erklärung des Rücktritts dem anderen Theile gegenüber nur dann wirksam, wenn das Reugeld bei der Erklärung entrichtet wird oder schon vorher entrichtet war. Der Berechtigte ist jedoch, auch wenn er den Rücktritt ohne Leistung des Reugeldes erklärt, seinerseits an diese Erklärung gebunden. Ist einem Vertrage der Vorbehalt beigefügt, daß der Schuldner, welcher seine Verbindlichkeit nicht erfülle, seiner Rechte aus dem Vertrage verlustig sein solle (Vorbehalt der Rechtsverwirkung), so ist der Gläubiger eintretenden Falls zum Rücktritte vom Vertrage berechtigt.
ZustOR § 59
ZustOR § 60
ZustOR $ 60 a
ZustOR § 60 b
ZustOR $ 60 c
ZustOR § 60 d
Auf das Recht der Wandelung finden die §§ 55 — 58 und 60 a (des Abschnitts ZustOR §87 über den Vorbehalt des Rücktritts vom Vertrage) mit folgenden Abweichungen entsprechende Anwendung: 1. Der Veräußerer hat, wenn der Vertrag in Folge der Wandelung rückgängig gemacht wird, dem Erwerber auch die Vertragskosten zu erstatten. 589
Vor §§ 346-360
2. Abschnitt: Schuldverhältnisse aus Verträgen
2. Die Bestimmung § 58 Ziff. 3 findet keine Anwendung, wenn der Mangel sich erst bei der Umgestaltung gezeigt hat. ZustOR § 98 Sind mehrere Veräußerer oder mehrere Erwerber vorhanden oder ist der Veräußerer oder Erwerber von Mehreren beerbt, so kann die Minderung von jedem und gegen jeden Einzelnen verlangt werden. Hat ein Einzelner das Recht der Minderung geltend gemacht, so ist die Wandelung ausgeschlossen. Kurlbaum (Nr 566, 1)
3. Bei der Beratung über die zum Obligationenrecht gefaßten Beschlüsse wurde beantragt: § 60 a Zeile 1 und 3 vor „anderen" resp. „andern" einzuhalten „der". Der Antrag wurde abgelehnt (Prot. I 3281, 3286). 303. Sitzung vom 19. 3. 1884, Schriftführer Neubauer
I Der Berathung wurden die Anträge unterstellt, welche gestellt waren in Betreff der Drucklegung der auf das Obligationenrecht sich beziehenden Beschlüsse, unter Zugrundelegung des Revisionsabzugs des zweiten Buches: „Recht der Schuldverhältnisse". Kurlbaum Es lag folgender Hauptantrag vor: (Nr 570) (Die Zahlen der §§ sind die der neuen Ordnung) . . .
I Prot I 3547
II. Die in den nachstehend verzeichneten §§ bei dem vorläufigen Druck bereits ausgeführten redaktionellen Aenderungen zu genehmigen : . . . I 428 (S 59 ZustOR). Verbindung
ι Prot I 3545 I Prot I 3550
I III. Als Ausführung der an anderer Stelle gefaßten Beschlüsse in den nachstehenden §§ folgende weiteren Aenderungen vorzunehmen:. . .
I P r o t ! 3551
I 426 wenn"
ι 57 ZustOR). „findet auch dann statt, wenn" statt „findet statt, auch
429 (§ 60 ZustOR). „nicht innerhalb der vereinbarten Frist und in Ermangelung einer vereinbarten Frist nicht innerhalb" statt „nicht innerhalb der vereinbarten I Prot I 3554 Frist und in Ermangelung einer solchen Vereinbarung, wenn es nicht binnen". | IV. 22. § 431 2 (§ 60b ZustOR). Die Worte „von Seiten" zu streichen. I Außerdem war beantragt: . . .
I Prot I 3557 I Prot I 3558 v. Weber (Nr 571, 4)
I d, In § 428 (§ 59 ZustOR) aus dem zweiten Satze 37 einen besonderen Absatz zu bilden. (Vgl. § 40, § 370 - siehe auch die §§ 8, 36, 38, 368 pp.) Die in dem Hauptantrag vorgeschlagenen Änderungen zu den §§ 426, 429, 431 (57, 60, 60 b ZustOR) wurden gebilligt (Prot I S. 3559, 3560), während im Hinblick auf den Antrag d, diejenige zu § 428 (59 ZustOR) „noch besonderer Berathung zunächst vorbehalten" blieb (Prot I S. 3559).
37
In der met. Fassung des Antrages heißt es — wohl versehentlich — : „aus dem 2. Absätze". Da die beiden Sätze dieser Vorschrift mit der einzigen Ausnahme als § b in Prot I 627 schon vorher jeweils einen besonderen Absatz gebildet hatten, ist ihre Verbindung zu einem Absatz wahrscheinlich erst bei der Drucklegung des K E erfolgt. Auf diese Verbindung dürfte sich der im Text mitgeteilte Hauptantrag II. zu § 428 beziehen.
590
5. Titel: Rücktritt
Vor §§ 346-360
I Auf Grund der während der Berathung gestellten Anträge wurde bestimmt:
| Prot I 3561
. . . In § 424 Abs. 1 (55 ZustOR) soll Zeile 3 das Wort: „insbesondere" mit einem Komma dem Worte: „daß" vorangestellt werden. . . . Zu d wurde beschlossen, aus dem zweiten Satze des § 428 (59 ZustOR) sei ein besonderer Absatz zu bilden und dieser mit den Worten zu beginnen: „Die Bestimmung des ersten Absatzes findet" pp. III. Der KE enthält im 2. Abschnitt „Schuldverhältnisse aus Rechtsgeschäften unter Lebenden", 1. Titel: Allgemeine Vorschriften, den Unterabschnitt IX „Rücktritt vom Vertrage". Die darunter zusammengefaßten Vorschriften lauten: Hat ein Vertragschließender sich den Rücktritt vom Vertrage vorbehalten, so ist KE § 423 der Rücktritt vollzogen, wenn dieser von dem Berechtigten dem anderen Theile gegenüber erklärt worden ist. Die Erklärung ist unwiderruflich. Der Rücktritt bewirkt, daß die Vertragschließenden unter einander so berechtigt und verpflichtet sind, wie wenn der Vertrag nicht geschlossen worden wäre, insbesondere, daß kein Theil eine nach dem Vertrage ihm gebührende Leistung in Anspruch nehmen kann, und daß jeder Theil verpflichtet ist, dem anderen Theile die empfangenen Leistungen zurückzugewähren. Eine empfangene Geldsumme ist mit Zinsen von der Zeit des Empfanges an, andere Gegenstände sind mit Zubehörungen, Zuwachs und allen Nutzungen zurückzugewähren, auch ist wegen der nicht gezogenen Nutzungen und wegen Verschlechterungen, soweit bei Anwendung der Sorgfalt eines ordentlichen Hausvaters die Nutzungen gezogen und die Verschlechterungen abgewendet worden sein würden, Ersatz zu leisten. Wegen Verwendungen hat der zur Zurückgabe Verpflichtete die Rechte, welche dem redlichen Besitzer gegen den Eigenthümer zustehen, wenn dieser den Eigenthumsanspruch geltend macht. Kann der Empfänger einen Gegenstand nicht zurückgewähren, so ist er zur Ersatzleistung nur dann nicht verpflichtet, wenn ihm weder Vorsatz noch Fahrlässigkeit zur Last fällt. Die den Vertragschließenden nach dem § 424 obliegenden Verpflichtungen sind Zug um Zug zu erfüllen. Das Rücktrittsrecht findet auch dann statt, wenn ein Gegenstand, welchen der Rücktrittsberechtigte empfangen hat, durch Zufall untergegangen ist.
KE § 424
KE § 425 KE § 426
Das Rücktrittsrecht findet nicht statt: KE § 427 1. wenn der Rücktrittsberechtigte einen empfangenen Gegenstand deshalb nicht zurückgewähren kann, weil er den Untergang desselben vorsätzlich oder fahrlässig herbeigeführt, oder weil er über ihn verfügt hat; 2. wenn der Rücktrittsberechtigte einen empfangenen Gegenstand mit einem von ihm nicht zu beseitigenden Rechte eines Dritten belastet hat; 3. wenn der Rücktrittsberechtigte eine empfangene Sache durch Verarbeitung oder Umbildung in eine Sache anderer Art umgestaltet hat. Das Rücktrittsrecht erlischt, wenn der Berechtigte den Vertrag auch nur theilweise erfüllt oder dessen Erfüllung auch nur theilweise verlangt oder annimmt. 591
KE § 428
Vor § § 346—360
KE § 429
KE § 430
KE § 431
KE § 432
KE § 433
v. Mandry (Nr 590, 25)
2. Abschnitt: Schuldverhältnisse aus Verträgen
Die Bestimmung des ersten Absatzes findet keine Anwendung, wenn der Rücktrittsberechtigte von seinem Rechte oder dem Eintritte der Voraussetzungen desselben nicht unterrichtet war. Das Rücktrittsrecht erlischt, wenn es nicht innerhalb der vereinbarten Frist und in Ermangelung einer vereinbarten Frist nicht innerhalb einer Frist von vier Wochen ausgeübt wird. Die Frist beginnt, wenn das Rücktrittsrecht von einer Bedingung nicht abhängig ist, mit dem Tage des Abschlusses des Vertrages, wenn es von einer Bedingung abhängig ist, mit dem Tage, an welchem nach Eintritt der Bedingung der Berechtigte von dem anderen Theile zur Erklärung aufgefordert ist. Sind auf der einen oder anderen Seite mehrere Personen als Vertragschließende betheiligt, oder ist der eine oder andere Theil von Mehreren beerbt, so kann das Rücktrittsrecht nur von Allen und gegen Alle geltend gemacht werden. Ist für einen von den mehreren Rücktrittsberechtigten das Rücktrittsrecht erloschen, so ist es auch für die übrigen ausgeschlossen. Der Vertragschließende, welcher auf Grund des Vorbehaltes des Rücktrittsrechtes vom Vertrage zurücktritt, hat diesen Vorbehalt zu beweisen. Wird das Rücktrittsrecht wegen Nichterfüllung der in einem Thun bestehenden Verpflichtung des anderen Theiles geltend gemacht, so hat dieser die vertragsmäßige Bewirkung der Leistung zu beweisen. Ist das Rücktrittsrecht gegen Reugeld vorbehalten, so ist die Erklärung des Rücktrittes dem anderen Theile gegenüber nur dann wirksam, wenn das Reugeld bei der Erklärung entrichtet wird oder schon vorher entrichtet war. Der Berechtigte ist jedoch, auch wenn er den Rücktritt ohne Leistung des Reugeldes erklärt, seinerseits an diese Erklärung gebunden. Ist einem Vertrage der Vorbehalt beigefügt, daß der Schuldner, welcher seine Verbindlichkeit nicht erfülle, seiner Rechte aus dem Vertrage verlustig sein solle (Vorbehalt der Rechtsverwirkung), so ist der Gläubiger eintretenden Falles zum Rücktritte vom Vertrage berechtigt. Zu § 423 wurde bei der 2. Beratung des KE beantragt: Abs. 1 zu fassen: „ . . . wenn der Berechtigte gegenüber dem anderen Teil den Rücktritt erklärt hat." Der Antrag wurde genehmigt. (Prot I 11788) Zu §424:
Kuribaum Ein bei der Redaktion einzelner Vorschriften des Obligationenrechts gestellter (Nr 576, 18) Antrag, in Abs. 2 die Worte „mit Zubehörungen" zu streichen (zu vgl. Prot.
S. 756), wurde zurückgezogen, nachdem festgestellt worden war, daß die Annahme desselben eine sachliche Änderung des § 424 Abs. 2 in sich schließen würde, Prot. S. 1917, 1918. (Prot I 6191). Bei der 2. Beratung des KE wurden zu § 424 die Anträge gestellt: I 1. a, Abs. 1 letzte Zeile statt „empfangenen Leistungen" zu setzen „empfangene I P r o t i 11788 Johow Leistung". (Nr 587, 21)
b, Abs. 2 die am Schluß stehenden Worte „Ersatz zu leisten" nach Z. 4 hinter „Verschlechterungen" zu versetzen.
v. Mandry (Nr 590, 26)
2. im Abs. 2 das Wort „Zubehörungen" zu streichen. (Allerdings gegen den Beschluß auf S. 1917 ff, vgl. auch S. 6191. Allein die 592
5. Titel: Rücktritt
Vor §§ 346-360
Herausgabe derjenigen Zubehörungen, welche der Zurückgabepflichtige nicht mit der Hauptsache empfangen, sondern erst nach dem Empfange der letzteren zu Zubehörungen gemacht hat, kann nur statuirt werden unter Aner- | kennung einer | Prot 111789 Ersatzpflicht des Rücknahmeberechtigten (vergi, auch S. 19 1 7, 197238). Diese Ersatzpflicht statuirt der Entwurf in Abs. 3 durch Verweisung auf die dem Besitzer gegen den Eigenthümer wegen Verwendungen zustehenden Rechte (Prot. S. 1917). Unter die Verwendungen aber, welche der Besitzer dem Eigenthümer zu ersetzen hat, fällt der auf die Beschaffung von Zubehörden gemachte Aufwand nicht, da der Eigentumsanspruch die nicht im Eigenthume des Vindikanten stehenden Zubehörden nicht umfaßt (vergi, auch § 914 Abs. 1 und 3; dann auch Prot. S. 4 1 86) 39 . Giebt dies Veranlassung zu einer Änderung, so ist es wohl richtiger, durch Ausscheiden der Bestimmung über die Zubehörden die Detail-Vorschriften in Einklang mit den Prinzipien zu bringen (vergi, einerseits § 424 Abs. 1, andererseits §780 K.E. 40 ; dazu Prot. S. 755), als durch eine besondere Vorschrift über den Ersatz des Werthes der herauszugebenden Zubehörden den §en zu überlasten. Daß auch ohne Erwähnung der Zubehörden im Gesetze die vom Restitutionspflichtigen empfangenen Zubehörden zurückgewährt werden müßten, ist selbstverständlich.) eventuell (für den Fall der Ablehnung des Antrages auf Streichung von „Zube- v. Mandry hörungen") den Abs. 3 des § 424 dahin zu fassen: (Nr 597,1 2) „Wegen Verwendungen finden die Vorschriften der §§ 914 bis 916 entsprechende Anwendung." 41 Der Antrag zu 1 a wurde abgelehnt, der Antrag | zu 1 b dagegen genehmigt. | Prot I 11790 Ferner wurde dem prinzipalen Antrag zu 2 gemäß in dem Abs. 2 gestrichen das Wort „Zubehörungen". Die Kommission hate erwogen: Durch den Rücktritt eines Vertragschließenden vom Vertrage würden nach dem Prinzipe des § 424 Abs. 1 beide Vertragschließende unter einander so berechtigt und verpflichtet, wie wenn der Vertrag nicht geschlossen worden wäre. Es solle gegenseitige Wiederherstellung des früheren Zustandes unter den Parteien herbeigeführt werden. Auf die Wiederaufhebung des Vertrages in diesem Sinne ausschließlich sei auch der Rücktritt, als Rechtsgeschäft betrachtet, gerichtet. Hieraus folge zwar, daß jeder Theil die zufolge des Vertrages empfangenen Gegenstände einschließlich der mitempfangenen Zubehörungen herauszugeben habe. Dies brauche jedoch im Gesetze nicht besonders hervorgehoben zu werden. Aus dem angegebenen Prinzipe folge aber nicht minder, daß derjenige Theil, welcher zu einem zufolge des Vertrages empfangenen Gegenstande erst Zubehörungen angeschafft habe, diese von ihm hinzugefügten Zubehörungen nicht mit herauszugeben verpflichtet sei. Andererseits könne man auch die Herausgabepflicht in Ansehung solcher Zubehörungen dem Restitutionspflichtigen nicht auferlegen, ohne ihm einen entsprechenden Ersatzanspruch wegen der auf die Anschaffung jener Zubehörungen gemachten Verwendungen zu geben. Hierdurch würde aber der andere Theil in allen Fällen, in welchen die Vorschrift des § 424 Anwendung finde, genöthigt, die fraglichen Zubehörungen mitzukaufen, was 42 zumal im Hinblick auf den weiten Begriff der Zubehörungen (§§ 779, 781) 43 , in zahlreichen Fällen zu einer nicht gerechtfertigten Belastung des anderen Theiles führen müsse. 38 39 40 41 42 43
S. die Materialien zu § 498 BGB. S 914 KE und Prot I 4186 s. bei SS 9 9 4 - 9 9 7 BGB. § 780 KE s. bei SS 97, 314 BGB. Der Antrag betraf zugleich S 476 KE. S. dazu die Materialien zu S 500 BGB. In den Protokollen heißt es statt: „ . . . mitzukaufen, was . . . " „ . . . mitzukaufen war,. SS 779, 781 KE s. bei SS 97, 98 BGB. 593
Vor §§ 346-360
2. Abschnitt: Schuldverhältnisse aus Verträgen
Zu § 425 wurde bei der Redaktion einzelner Vorschriften des Obligationenrechts beantragt, Kurlbaum Abs. 2 zuzusetzen: „Die Vorschriften des SS 361, 362 finden entsprechende An(Nr576, 19) Wendung." Der Antrag, welcher durch wiederholte, im Laufe der früheren Beratungen gegebene Anregungen (Prot. S. 1251, 3267, 3275) hervorgerufen ist, wurde angenommen 44 (Prot 16191). Zu §427 wurde beschlossen, in Nr. 1 zu setzen statt: „zurückgewähren" „zurückgeben" (Prot. I 6137). Zu
§429
Gebhard wurde aufgrund des Antrags betr. die Zeitbestimmungen beschlossen, in § 429 (Nr 149 II 4, 5)45 Satz 2 die Worte: „mit dem Tage des Abschlusses des Vertrages" durch die Worte „mit dem Abschlüsse des Vertrages" und die Worte „mit dem Tage, an welchem" durch die Worte „mit dem Zeitpunkte, in welchem" zu ersetzen (Prot I 6150, 6162).
v. Schmitt Bei der 2. Beratung des KE lag ein Antrag vor, der neben § 429 eine Reihe (Nr 611) weiterer §§ betrifft und wie folgt lautet: 46 ι Proti 11791
| 1. den in den §100, 125, 126; 292 Abs. 2, 317 Abs. 1; 343, 345, 429, 461, 472, 475; 476 Abs. 1; 485 Abs. 2, 488,489, 491, 492, 493, 494, 494 a, 496; 503, 544; 661 Abs. 2; 666; 669 Nr. 2; 671 Nr. 2; 673 Abs. 2 gebrauchten Ausdruck „Abschluß" mit „Schließung" zu vertauschen (jeweils unter Berücksichtigung des casus); 2. in den §§ 474, 479 statt „gelangt. . . zum Abschlüsse" zu setzen „ist. . geschlossen". (Bemerkungen. Man kann mit dem Ausdrucke „Schließung" die gesammten auf einen Vertrag bezüglichen Erklärungen, den vollen Thatbestand oder Hergang des Zustandekommens eines Vertrags bezeichnen, das Wort „Abschluß" aber für diejenige Erklärung, deren Hinzutritt zu den übrigen die Perfektion des Geschäfts bewirkt, gebrauchen, auch mit Abschluß den Zeitpunkt des Eintritts dieser Perfektion bezeichnen. Eine solche Unterscheidung ist im K.E. nicht gemacht. Dieser spricht, wo er unzweifelhaft den Zeitpunkt des Eintritts der Perfektion des Vertrags bezeichnen will („vor", „nach", „mit", „zur Zeit"), bald von Schließung (§§ 1370 Nr. 2, 1371, 1409 Abs. 1, 1431, 1435, 1533, 1586 Abs. 1, 1593 Abs. 1), bald von Abschluß (§§ 292 Abs. 2, 317 Abs. 1, 429, 461, 472, 474, 475, 479, 485, 488, 491, 44
45 46
SS 361, 362 KE und Prot. I 1251 s. bei §§ 320, 322 BGB; Prot. I 3267, 3275 s. bei % 818 BGB. Der Anträge zum Allgemeinen Teil. Der Antrag war gestellt „zum Ersätze des Antrags Nr. 583, 2. Dieser ebenfalls von v. Schmitt gestellte Antrag lautet: Laut des Wortverzeichnisses zum K.E. wechselt der Gebrauch der Ausdrücke „Abschluß" und „Schließung" des Vertrages Rechtsgeschäfts. Im Erb- und Familienrechte kommt nur der Ausdruck „Schließung" vor; im Sachenrechte nur der Ausdruck „Abschluß" (vgl. § 780); im Obligationenrecht und im Allg. Theil (vgl. einerseits §§ 125, 126 — Abschluß — andererseits § § 7 9 , . . . — Schließung — ) ist abgewechselt, im Obligationenrecht so zu sagen periodisch. Ich gebe anheim, den einen oder anderen Ausdruck zu gebrauchen und würde „Schließung" vorziehen.
594
5. Titel: Rücktritt
Vor §§ 346-360
494, 494 a, 496 Abs. 2, 666 Abs. 2, 669 Nr. 2); es wäre auch schwierig, diese Unterscheidung durchzuführen, da, wo es ζ. B. auf die Zeit der Kenntniß eines Thatumstandes ankommt, das erlangen der Kenntniß erst | im Momente der Perfektion der | Prot 111792 schon vorher erlangten Kenntniß gleichsteht, es ist endlich ein besonderer Ausdruck für eine derartige Unterscheidung deshalb entbehrlich, weil der Gesammtinhalt einer jeden Vorschrift immer erkennen lassen muß, in welchem Sinne der eine oder andere Ausdruck gebraucht ist. Wird auf einen term, techn. für die natürlich nicht zu beseitigende Verschiedenheit in der Sache verzichtet, so erübrigt: entweder nur den Ausdruck „Schließung" oder nur den Ausdruck „Abschluß" zu gebrauchen, gleichviel ob gegebenen Falles der ganze Geschäftsthatbestand oder die die Perfektion unmittelbar herbeiführende Erklärung zu bezeichnen ist, oder, gleichviel, welcher Sinn ausgedrückt werden will, mit den Ausdrücken „Schließung" und „Abschluß" zu wechseln. Will man das Letztere, so muß man so durch den ganzen Entwurf verfahren, nicht aber in einzelnen Theilen wechseln (Allg. Theil, Obligat. Recht), in anderen Theilen nur den einen oder anderen Ausdruck gebrauchen, ζ. B. im ganzen Familien- und Erbrecht „Schließung" im Sachenrecht „Abschluß". Man erweckt sonst Zweifel über die Absicht des Gesetzgebers. In der That ist aber die Lizenz des abwechselnden Gebrauchs bei Berathung des Familienrechts und Erbrechts aufgegeben worden, indem | man überall den Ausdruck „Schließung" vorzog und dies | Prot 111793 mit Vorbedacht, anknüpfend an den Kommissionsbeschluß bezüglich des Gebrauchs der Worte „schließen" und „abschließen" Prot. S. 6136. Auch der Umstand spricht gegen den abwechselnden Gebrauch des einen oder anderen Wortes, daß der Kommissionsentwurf sonst den Gebrauch synonymer Ausdrücke sorgfältig vermeidet. Ist hiernach entweder nur das Wort „Abschluß" oder nur das Wort „Schließung" zu gebrauchen, so entscheidet der angezogene Kommissionsbeschluß für das letztere.) Der Antrag zu 1 fand die Genehmigung der Kommission. Der Antrag zu 2 wurde zurückgezogen. Dem Beschlüsse zu 1 zufolge ist demgemäß „Abschluß" durch „Schließung" je unter entsprechender Aenderung des Artikels zu ersetzen in: § 100 Z. 1, § 125 Z. 1, § 126 Z. 1, § 292 Abs. 2, Z. 1; § 317 Abs. 1 Z. 3; § 343 Z. 1; § 345 Z. 1; § 429 Z. 5; § 461 Z. 3; § 472, Z. 5; § 475 Z. 1, 4, 5; §476 Abs. 1 Z. 1; § 485 Abs. 2; §488 Abs. 1 Z. 1, 2, Abs. 2 Z. 1; §489 Z. 2; §491 Z. 1; §492 Z. 6; § 493 Z. 1, §494 Z. 3, 6; § 494a Abs. 1 Z. 2, Abs. 3 Z. 1; § 496 Abs. 2 Z. 3; § 503 Z. 6, 7; § 544 Abs. 1 Z. 3; Abs. 2 Z. 2; § 661 Abs. 2 Ζ. 1 und Z. 5; § 666 Abs. 2 Z. 5; § 669 Nr. 2 Z. 2; § 671 Nr. 2 Z. 2; § 673 Abs. 2 Z. 2. Zu § 430 wurde bei der 2. Beratung des KE beantragt, die Vorschrift zu fassen: „Sind als Vertragschließende" (letztere Worte also voranzustellen). Der Antrag wurde genehmigt (Prot I 11793).
Kurlbaum (Nr 591, 12)
Zu § 433 wurde bei der Beratung der Anträge, welche die Redaktion einzelner Vorschriften des Obligationenrechts betreffen, der Antrag, statt „welcher" zu setzen „wenn er" (zu beachten „eintretenden Falles" Prot. S. 1147), angenommen (Prot I 6191, 6192). IV. Im E I sind die Vorschriften über den Rücktritt als folgenden Fassung enthalten :
4 2 6 - 4 3 6 in der
595
Kurlbaum (Nr 576, 20)
Vor § § 346—360
2. Abschnitt: Schuldverhältnisse aus Verträgen
E I § 426
Hat ein Vertragschließender sich den Rücktritt vom Vertrage vorbehalten, so ist der Rücktritt vollzogen, wenn der Berechtigte gegenüber dem anderen Theile den Rücktritt erklärt hat. Die Erklärung ist unwiderruflich. E I § 427 Der Rücktritt bewirkt, daß die Vertragschließenden unter einander so berechtigt und verpflichtet sind, wie wenn der Vertrag nicht geschlossen worden wäre, insbesondere, daß kein Theil eine nach dem Vertrage ihm gebührende Leistung in Anspruch nehmen kann, und daß jeder Theil verpflichtet ist, dem anderen Theile die empfangenen Leistungen zurückzugewähren. Eine empfangene Geldsumme ist mit Zinsen von der Zeit des Empfanges an, andere Gegenstände sind mit Zuwachs und allen Nutzungen zurückzugewähren, auch ist wegen der nicht gezogenen Nutzungen und wegen Verschlechterungen Ersatz zu leisten, soweit bei Anwendung der Sorgfalt eines ordentlichen Hausvaters die Nutzungen gezogen und die Verschlechterungen abgewendet worden sein würden. Wegen Verwendungen hat der zur Zurückgabe Verpflichtete die Rechte, welche dem Besitzer gegen den Eigenthümer zustehen. Kann der Empfänger einen Gegenstand nicht zurückgewähren, so ist er zur Ersatzleistung nur dann nicht verpflichtet, wenn ihm weder Vorsatz noch Fahrlässigkeit zur Last fällt. E I $ 428 Die den Vertragschließenden nach dem § 427 obliegenden Verpflichtungen sind Zug um Zug zu erfüllen. Die Vorschriften der §§ 364, 365 finden entsprechende Anwendung. E I § 429 Das Rücktrittsrecht findet auch dann statt, wenn ein Gegenstand, welchen der Rücktrittsberechtigte empfangen hat, durch Zufall untergegangen ist. E I § 430
Das Rücktrittsrecht findet nicht statt: 1. wenn der Rücktrittsberechtigte einen empfangenen Gegenstand deshalb nicht zurückgeben kann, weil er den Untergang desselben vorsätzlich oder fahrlässig herbeigeführt, oder weil er über ihn verfügt hat; 2. wenn der Rücktrittsberechtigte einen empfangenen Gegenstand mit einem von ihm nicht zu beseitigenden Rechte eines Dritten belastet hat; 3. wenn der Rücktrittsberechtigte eine empfangene Sache durch Verarbeitung oder Umbildung in eine Sache anderer Art umgestaltet hat.
E I § 431
Das Rücktrittsrecht erlischt, wenn der Berechtigte den Vertrag auch nur theilweise erfüllt oder dessen Erfüllung auch nur theilweise verlangt oder annimmt. Die Vorschrift des ersten Absatzes findet keine Anwendung, wenn der Rücktrittsberechtigte von seinem Rechte oder dem Eintritte der Voraussetzungen desselben nicht unterrichtet war. E I § 432 Das Rücktrittsrecht erlischt, wenn es nicht innerhalb der vereinbarten Frist und in Ermangelung einer vereinbarten Frist nicht innerhalb einer Frist von vier Wochen ausgeübt wird. Die Frist beginnt, wenn das Rücktrittsrecht von einer Bedingung nicht abhängig ist, mit der Schließung des Vertrages, wenn es von einer Bedingung abhängig ist, mit dem Zeitpunkte, in welchem nach Erfüllung der Bedingung der Berechtigte von dem anderen Theile zur Erklärung aufgefordert ist. E I § 433 Sind als Vertragschließende auf der einen oder anderen Seite mehrere Personen betheiligt, oder ist der eine oder andere Theil von Mehreren beerbt, so kann das Rücktrittsrecht nur von Allen und gegen Alle geltend gemacht werden. Ist für einen 596
5. Titel: Rücktritt
§§ 346, 347, 349
von den mehreren Rücktrittsberechtigten das Rücktrittsrecht erloschen, so ist es auch für die übrigen ausgeschlossen. Der Vertragschließende, welcher auf Grund des Vorbehalts des Rücktrittsrech- EI ξ 434 tes vom Vertrage zurücktritt, hat diesen Vorbehalt zu beweisen. Wird das Rücktrittsrecht wegen Nichterfüllung der in einem Thun bestehenden Verpflichtung des anderen Theiles geltend gemacht, so hat dieser die vertragsmäßige Bewirkung der Leistung zu beweisen. Ist das Rücktrittsrecht gegen Reugeld vorbehalten, so ist die Erklärung des EI § 435 Rücktrittes gegenüber dem anderen Theile nur dann wirksam, wenn das Reugeld bei der Erklärung entrichtet wird oder schon vorher entrichtet war. Der Berechtigte ist jedoch, auch wenn er den Rücktritt ohne Leistung des Reugeldes erklärt, seinerseits an diese Erklärung gebunden. Ist einem Vertrage der Vorbehalt beigefügt, daß der Schuldner, wenn er seine EI § 436 Verbindlichkeit nicht erfülle, seiner Rechte aus dem Vertrage verlustig sein solle (Vorbehalt der Rechtsverwirkung), so ist der Gläubiger eintretenden Falles zum Rücktritte vom Vertrage berechtigt. Die weiteren Beratungen des Rücktrittsrechts werden im folgenden zu den einzelnen §§ des E I zusammengestellt.
§346
Hat sich in einem Vertrag ein Theil den Rücktritt vorbehalten, so sind die Parteien, wenn der Rücktritt erfolgt, verpflichtet, einander die empfangenen Leistungen zurückzugewähren. Für geleistete Dienste sowie für die Ueberlassung der Benutzung einer Sache ist der Werth zu vergüten oder, falls in dem Vertrag eine Gegenleistung in Geld bestimmt ist, diese zu entrichten.
§347
Der Anspruch auf Schadensersatz wegen Verschlechterung, Unterganges oder einer aus einem anderen Grunde eintretenden Unmöglichkeit der Herausgabe bestimmt sich im Falle des Rücktritts von dem Empfange der Leistung an nach den Vorschriften, welche für das Verhältniß zwischen dem Eigenthümer und dem Besitzer von dem Eintritte der Rechtshängigkeit des Eigenthumsanspruchs an gelten. Das Gleiche gilt von dem Anspruch auf Herausgabe oder Vergütung von Nutzungen und von dem Anspruch auf Ersatz von Verwendungen. Eine Geldsumme ist von der Zeit des Empfanges an zu verzinsen.
§348 Die Materialien zu § 348 sind im Anschluß an die Materialien zu § 349 mitgeteilt.
597
§ § 346, 347, 3 4 9
2. Abschnitt: Schuldverhältnisse aus Verträgen
§349 Der Rücktritt erfolgt durch Erklärung gegenüber dem anderen Theile.
SS 426, 427 E I Β. Vorkominission des Reichsjustizamtes I. Beantragt war: Struckmann (Nr 1, 114)
1. die S S 426, 427 durch die folgenden Vorschriften zu ersetzen : S 426. H a t bei einem Vertrage ein Theil den Rücktritt sich vorbehalten, so bewirkt der vollzogene Rücktritt, daß beide Theile einander so verpflichtet sind, wie wenn der Vertrag nicht geschlossen wäre, insbesondere daß kein Theil die ihm gebührende Leistung von dem anderen fordern kann und jeder Theil verpflichtet ist, dem anderen die empfangenen Leistungen zurückzugewähren. S 427. Im Falle des Rücktritts ist eine empfangene Geldsumme mit Zinsen von der Zeit des Empfanges an zu erstatten; andere Gegenstände sind mit Zuwachs und allen Nutzungen zurückzugewähren. Für empfangene Dienstleistungen ist der Werth zu vergüten, welchen sie zur Zeit der Leistung gehabt haben. Wegen nicht gezogener Nutzungen, wegen Haftung für Erhaltung und Verwahrung des zurückzugewährenden Gegenstandes sowie wegen Verwendungen auf denselben finden die Vorschriften entsprechende Anwendung, welche für das Rechtsverhältniß zwischen dem Eigenthümer und dem Besitzer vom Eintritt der Rechtshängigkeit des Eigenthumsanspruches an gelten. S 428 a. Der Rücktritt ist vollzogen, wenn der Berechtigte dem anderen Theile gegenüber den Rücktritt erklärt hat. Die Erklärung ist unwiderruflich.
Jacubezky (Nr 5, 50)
2. den S 426 in folgender Fassung hinter den S 433 zu versetzen: Der Rücktritt ist vollzogen, wenn der Berechtigte gegenüber dem anderen Theile den Rücktritt erklärt hat. Die Erklärung ist unwiderruflich.
Jacubezky (Nr 5, 51)
3. den S 427 zu fassen: H a t ein Vertragschließender sich den Rücktritt vom Vertrage vorbehalten, so hat der Rücktritt die Wirkung, daß das durch den Vertrag begründete Schuldverhältniß erlischt und die Vertragstheile gegen einander verpflichtet werden, den rechtlichen Zustand herzustellen, welcher bestände, wenn der Vertrag nicht geschlossen worden wäre. Jeder Theil ist verpflichtet, dem anderen Theile die empfangene Leistung zurückzugewähren. Ist die Herausgabe durch die Beschaffenheit des Geleisteten ausgeschlossen, so hat der Empfänger den Werth zu vergüten. Wegen Herausgabe und Vergütung der Nutzungen wegen Ersatzes der Verwendungen und wegen Haftung f ü r Erhaltung und Verwahrung finden die im § 244 bezeichneten Vorschriften entsprechende Anwendung. Für eine empfangene Geldsumme sind Zinsen von der Zeit des Empfanges an zu erstatten.
Planck (Nr 6, 32)
4. den S 427 zu fassen: Der Rücktritt bewirkt, daß . . . nicht geschlossen worden wäre. Jeder Theil ist verpflichtet, dem anderen Theile die empfangenen Leistungen zurückzugewähren. 598
5. Titel: Rücktritt
§§ 346, 347, 349
Abs. 3 — 5 wie Absatz 2 — 4 des Entwurfs. Abs. 6. Sind Dienste geleistet, so ist der Werth derselben zu vergüten. II. 64. Sitzung vom 30. 12. 1891 I Abweichend vom Entwurf wurde angenommen, daß mit Vollziehung des |ProtRJA384 Rücktritts das durch den Vertrag vollendete Schuldverhältniß unter den Vertragsschließenden von selbst erlöschen soll, während der Entwurf nur eine Einrede auf Grund des Rücktritts gewährt. Man war der Ansicht, daß die aus der Konstruktion des Entw. sich ergebende Annahme, es bestehe der Vertrag fort, wiewohl die Parteien sich so zu behandeln hätten, als ob der Vertrag nicht existire, der natürlichen Auffassung zuwider laufe. Der zu Gunsten des Entw. vorgebrachte praktische Gesichtspunkt, daß der Entw. es den Parteien erspare, wenn sie bei dem Vertrage nachträglich stehen bleiben wollten, einen neuen | Vertrag zu schließen, wurde |ProtRJA385 nicht für durchschlagend erachtet. Ergänzend wurde noch ausgesprochen, daß für geleistete Dienste im Falle des Rücktritts der Werth zu vergüten sei. Die §§ 426, 427 erhielten, vorbehaltlich der Versetzung des § 426 hinter den § 429, nachstehende Fassung: „Der Rücktritt ist vollzogen, wenn der Berechtigte dem anderen Theile gegen- EI-RJA über den Rücktritt erklärt hat. Die Erklärung ist unwiderruflich." § 426 „Hat bei einem Vertrage ein Theil sich den Rücktritt vorbehalten, so hat der E I-RJA Rücktritt die Wirkung, daß das durch den Vertrag begründete Schuldverhältniß §427 erlischt. Beide Theile sind einander so verpflichtet, wie wenn der Vertrag nicht geschlossen wäre. Jeder Theil ist verpflichtet, dem anderen Theile die empfangenen Leistungen zurückzugewähren. Eine empfangene Geldsumme ist mit Zinsen von der Zeit des Empfangs an zu erstatten; andere Gegenstände sind mit Zuwachs und allen Nutzungen zurückzugewähren. Für empfangene Dienstleistungen ist der Werth zu vergüten, welchen sie zur Zeit der Leistung gehabt haben. Wegen nicht gezogener Nutzungen, wegen Haftung für Erhaltung und Verwahrung des zurückzugewährenden Gegenstandes sowie wegen Verwendungen auf denselben finden die Vorschriften entsprechende Anwendung, welche für das Rechtsverhält-1 niß zwischen dem Eigenthümer und dem Besitzer vom Eintritt der | ProtRJA 386 Rechtshängigkeit des Eigenthumsanspruches an gelten." 47
C. 2. Kommission I. Beantragt war (Prot. II, Bd. 1, S. 787 ff; Mugdan, Bd. 2, S. 725 f) zu § 426 diese Vorschrift in der von der Vorkom des RJA beschlossenen Fassung hinter den § 429 zu versetzen. Die Kom. überwies die Frage der Stellung an die RedKom zur Erwägung; im übrigen wurde der vom Entwurf sachlich nicht abweichende Antrag angenommen. 47
Im metallographierten Exemplar der Protokolle lautet der Schluß: . . , vor Eintritt der Rechtshängigkeit des Eigenthumsanspruches gelten.
599
Struckmann (Nr 67, 15)
§§ 346, 347, 3 4 9
2. Abschnitt: Schuldverhältnisse aus Verträgen
zu § 427 Struckmann 1. die Vorschrift durch die von der Vorkom des RJA beschlossene Fassung zu (Nr 67, 16) ersetzen. Jacubezky 2. in diesem Antrag den 2. Satz des 2. Absatzes zu streichen, den Eingang des 3. (Nr 91, 6) Absatzes zu fassen : Wegen Herausgabe und Vergütung der Nutzungen, wegen u.s.w. und dem 3. Absatz den Satz anzufügen: Für eine empfangene Geldsumme sind Zinsen von der Zeit des Empfanges an zu entrichten. Die Kom. billigte Abs. 1 des Entw. und lehnte den darauf bezüglichen Teil des Antrags 1 ab. In Abs. 2 strich die Kom. gemäß dem Antrag 2 die Worte „mit Zuwachs". Die im Antrag 1 Abs. 2 Satz 2 vorgeschlagene Ergänzung des Entw. hinsichtlich der Art, in welcher empfangene Diesntleistungen zurückzugewähren seien, wurde gebilligt. Der Abs. 3 war sachlich unbeanstandet geblieben. Der Abs. 4 wurde, entsprechend dem Antrag 1, gestrichen. II. In der VorlZust der Beschlüsse der 2. Kom. steht § 426 in der von der 2. Kom. beschlossenen Fassung hinter § 428. § 427 hat die Fassung: E I-VorlZust Hat bei einem Vertrage ein Theil sich den Rücktritt vorbehalten, so sind die S 427 Parteien, wenn der Rücktritt erfolgt, unter einander so verpflichtet, wie wenn der Vertrag nicht geschlossen wäre. Jeder Theil kann die ihm nach dem Vertrage obliegende Leistung verweigern und ist verpflichtet, dem anderen Theile die empfangenen Leistungen zurückzugewähren. Für empfangene Dienstleistungen ist der Werth zu vergüten, welchen sie zur Zeit der Leistung gehabt haben. Wegen Herausgabe und Vergütung der Nutzungen, wegen nicht gezogener Nutzungen, wegen Haftung für Erhaltung und Verwahrung des zurückzugewährenden Gegenstandes sowie wegen Verwendungen auf denselben finden die Vorschriften entsprechende Anwendung, welche für das Rechtsverhältniß zwischen dem Eigenthümer und dem Besitzer von dem Eintritt der Rechtshängigkeit des Eigenthumsanspruchs an gelten. Für eine empfangene Geldsumme sind Zinsen von der Zeit des Empfanges an zu entrichten. III. In der ZustRedKom ist die Fassung des § 428 a unverändert. In § 427 ist Abs. 1 unverändert. Abs. 2 und 3 lauten: Jeder Theil ist berechtigt, die ihm nach dem Vertrage obliegende Leistung zu verweigern, und verpflichtet, dem anderen Theil die empfangene Leistung zurückzugewähren. Für geleistete Dienste ist der Werth zu vergüten. Die Ansprüche auf Herausgabe oder Vergütung von Nutzungen und auf Schadensersatz wegen Unterganges oder Verschlechterung sowie der Anspruch auf Ersatz von Verwendungen bestimmen sich nach den Vorschriften, welche für das Rechtsverhältniß . . . usw. wie in der VorlZust. 600
5. Titel: Rücktritt
§348
IV. Im E l l lauten die Vorschriften als §§ 298 und 300: Hat sich bei einem Vertrag ein Theil den Rücktritt vorbehalten, so sind die Ε II § 298 Parteien, wenn der Rücktritt erfolgt, unter einander so verpflichtet, wie wenn der Vertrag nicht geschlossen wäre. Jeder Theil ist berechtigt, die ihm nach dem Vertrag obliegende Leistung zu verweigern, und verpflichtet, eine empfangene Leistung zurückzugewähren. Für geleistete Dienste sowie für die Ueberlassung des Gebrauchs oder die Benutzung einer Sache ist der Werth zu vergüten. Die Ansprüche auf Herausgabe oder Vergütung von Nutzungen sowie auf Schadensersatz wegen Untergang oder Verschlechterung und der Anspruch auf Ersatz von Verwendungen bestimmen sich nach den Vorschriften, welche für das Verhältniß zwischen dem Eigenthümer und dem Besitzer vom Eintritt der Rechtshängigkeit des Eigenthumsanspruchs an gelten. Eine Geldsumme ist vom Zeitpunkt des Empfanges an zu verzinsen. § 300 wie von der 2. Kom. beschlossen. Bei der Revision des E l l wurde zu § 298 beantragt (Prot. II, Bd. 6, S. 158; Mugdan Bd. 2, S. 727): die Sätze 1, 2 des Abs. 1 durch folgende Vorschrift zu ersetzen: Jacubezky Hat sich bei einem Vertrag ein Theil den Rücktritt vorbehalten, so sind die (Nr 28, 3) Parteien, wenn der Rücktritt erfolgt, verpflichtet, einander die empfangenen Leistungen zurückzugewähren. Die Kom. erklärte sich mit dem Abänderungsantrag aus den beigefügten Gründen 48 einverstanden. Ferner wurde beantragt, im § 298 Abs. 2 (ebenso wie im § 248) die Worte: Börner sowie auf Schadensersatz wegen Untergangs oder Verschlechterung (Nr 30,1) durch die Worte zu ersetzen : sowie auf Schadensersatz wegen Verschlechterung, Untergangs oder wegen einer aus einem sonstigen Grunde eintretenden Unmöglichkeit der Herausgabe 49 . Der Antrag wurde unter Billigung seines sachlichen Inhalts der RedKom überwiesen. Zu § 300 wurde die beantragte Streichung des Satzes 2 beschlossen. V. Im E II rev ist § 298 Abs. 1 in § 341, § 298 Abs. 2 in § 342 und § 300 in § 344 enthalten. Die Fassung dieser Vorschriften des E II rev entspricht der in §§ 346, 347, 349 Gesetz gewordenen. §348 Die sich aus dem Rücktritt ergebenden Verpflichtungen der Parteien sind Zug um Zug zu erfüllen. Die Vorschriften der §§ 320, 322 finden entsprechende Anwendung. E I § 428 Β. Vorkommission des Reichsjustizamtes 48 49
S. diese bei Mugdan II, 727. Dem Antrag ist hinzugefügt: so im § 2085 der RedVorl. Die Änderung ist durch den § 903 geboten.
601
§ 350
2. Abschnitt: Schuldverhältnisse aus Verträgen
I. Beantragt war: Struckmann (Nr 1,114)
Beide Theile haben die in Folge des Rücktritts ihnen obliegenden Verpflichtungen Zug um Zug zu erfüllen. Die Vorschriften des § 364 (in der oben unter Nr. 99 vorgeschlagenen Fassung) 50 finden entsprechende Anwendung. II. 64. Sitzung vom 30. 12. 1891
Der § 428 wurde inhaltlich gebilligt. Die Vorschrift erhielt die Fassung: I ProtRJA 386 I Beide Theile haben die in Folge des Rücktritts ihnen obliegenden VerpflichtunE I-RJA gen Zug um Zug zu erfüllen. Die Vorschriften der §§ 364, 365 finden entsprechen§428 de Anwendung.
C. 2. Kommission Struckmann I. Der § 428, zu welchem der Antrag gestellt war, der Vorschrift die von der (Nr 67, 17) Vorkommission beschlossene Fassung zu geben, wurde sachlich gebilligt (Prot. II, Bd. 1, S. 790; Mugdan, Bd. 2, S. 727). II. In der VorlZust der Beschlüsse der 2. Kom. hat § 428 die von der Kom. beschlossene Fassung 51 . III. In der ZmtRedKom lautet § 428: E I-ZustRedKom Die aus dem Rücktritt sich ergebenden beiderseitigen Verpflichtungen sind Zug S 428 um Zug zu erfüllen. Die Vorschriften der §§ 362, 365 finden entsprechende Anwendung. IV. Im E l l ist die Vorschrift in unveränderter Fassung in § 299 enthalten. V. Im E II rev hat die Vorschrift als § 343 die in § 348 Gesetz gewordene Fassung.
§350 Der Rücktritt wird nicht dadurch ausgeschlossen, daß der Gegenstand, welchen der Berechtigte empfangen hat, durch Zufall untergegangen ist.
E I § 429 Β. Vorkommission des Reichsjustizamtes I. Beantragt war
so
S. bei den Materialien zu § 320 BGB.
51
Statt §§ 364,365 heißt es in Satz 2 jedoch: „§§ 362,365 (der vorl. Zusammenst.)"
602
5. Titel: Rücktritt
§350
1. den § 429 zu fassen: Das Rücktrittsrecht wird dadurch nicht ausgeschlossen, daß ein Gegenstand, welchen der Berechtigte empfangen hat, durch Zufall untergegangen ist.
Struckmann (Nr 1, 115)
Jacubezky 2. den § 429 zu fassen : Ist der dem Berechtigten geleistete Gegenstand untergegangen oder wesentlich (Nr 5, 52) verschlechtert, so findet das Rücktrittsrecht nur statt, wenn der U n t e r g a n g oder die Verschlechterung den Gegenstand auch bei dem anderen Theile b e t r o f f e n hätte. W e g e n einer nicht wesentlichen Verschlechterung hat der Berechtigte, auch wenn ihm weder Vorsatz noch Fahrlässigkeit z u r Last fällt, Ersatz zu leisten, sofern die Verschlechterung nicht auch bei dem anderen Theile eingetreten wäre. Theilweiser Untergang steht, wenn ein erheblicher Theil des geleisteten Gegenstandes untergegangen ist, einer wesentlichen, anderen Falles einer nicht wesentlichen Verschlechterung gleich. II. 64. Sitzung vom 30. 12. 1891 D e m § 429 des Entw. w u r d e inhaltlich zugestimmt; er erhielt die folgende Fassung: I Das Rücktrittsrecht wird dadurch nicht ausgeschlossen, daß ein Gegenstand, I ProtRJA 386 E I-RJA welchen der Berechtigte empfangen hat, durch Zufall untergegangen ist. §429 Anlangend den § 429, so gab man dieser Art der Regelung gegenüber dem abweichenden Standpunkte des preuß. Rechts im Wesentlichen aus G r ü n d e n den V o r z u g , aus welchen die große Mehrzahl der Handelskammern sich f ü r den Standpunkt des Entw. ausgesprochen hat (vgl. Zust. VI S. 360).
C. 2. Kommission I. Beantragt w a r (Prot. II, Bd. 1, S. 790 f; Mugdan, Bd. 2, S. 727 f): 1. die Bestimmung zu fassen, wie von der V o r k o m des RJA beschlossen. 5 2 2. den § 429 durch eine Vorschrift des Inhalts zu ersetzen: Das Rücktrittsrecht ist ausgeschlossen, wenn der von dem Berechtigten zurückz u g e w ä h r e n d e Gegenstand untergegangen oder wesentlich verschlechtert worden ist: es sei denn, daß der U n t e r g a n g oder die Verschlechterung auf einem von dem anderen Vertragschließenden zu vertretenden U m s t ä n d e beruht. (Anheimgegeben wird, die E i n f ü g u n g der Vorschrift in den § 430.)
Struckmann (Nr 67, 18) v. Mandry (Nr 115, 1)
Jacubezky 3. den § 429 wie folgt zu fassen: Im Falle des Unterganges oder einer wesentlichen Verschlechterung des dem (Nr 91, 7) Berechtigten geleisteten Gegenstandes ist das Rücktrittsrecht ausgeschlossen, wenn der Gegenstand bei dem anderen Theile von dem U n t e r g a n g e oder der Verschlechterung nicht betroffen worden wäre. W e g e n einer nicht wesentlichen Verschlechter u n g hat der Berechtigte auch außer dem Falle des Verschuldens Ersatz des W e r thes zu leisten, wenn die Verschlechterung bei dem anderen Theile nicht eingetreten wäre.
52
Statt „ein Gegenstand" heißt es im Antrag jedoch: „der Gegenstand". 603
§§351-354
2. Abschnitt: Schuldverhältnisse aus Verträgen
Theilweiser Untergang steht, wenn ein erheblicher Theil des zurückzugewährenden Gegenstandes untergegangen ist, einer wesentlichen, anderenfalls einer nicht wesentlichen Verschlechterung gleich. Die Kom. nahm den § 429 in der Fassung des Antrages 1 an. Die Anträge 2 und 3 wurden abgelehnt. II. In der VorlZust der Beschlüsse der 2. Kom. hat § 429 die von der Kom. gemäß § 429 E I-RJA beschlossene Fassung. III. In der ZustRedKom ist der Anfang des § 429 gefaßt: Der Rücktritt wird nicht dadurch ausgeschlossen, daß . . . IV. Im E II ist die Vorschrift in § 301 enthalten; die Fassung entspricht derjenigen des § 429 E I-ZustRedKom. Bei der Revision des E l l wurde beantragt (Prot. II, Bd. 6, S. 158f.; Mugdan Bd. 2, S. 729): Sohm 1. den § 301 zu streichen 53 (Nr 23, 5) v. Cuny 2. statt der §§301, 302 folgenden § 301 anzunehmen: (Nr 32, 3) £) e r Rücktritt ist (im Zweifel) ausgeschlossen, wenn der Gegenstand, welchen der Berechtigte empfangen hat, untergegangen, wesentlich verschlechtert oder durch Verarbeitung oder Umbildung in eine Sache anderer Art umgestaltet ist, es sei denn, daß der Untergang oder die Verschlechterung Folge der mangelhaften Beschaffenheit des Gegenstandes oder eines von dem anderen Theile zu vertretenden Umstandes ist 54 . v. Mandry 3. für den Fall der Wiederaufnahme der Beratung den Eingang des §301 zu (Nr 31, 4) fassen: Der Rücktritt wird im Zweifel n i c h t . . . Die Mehrheit lehnte die Wiederaufnahme der Beratung ab. V. Im E II rev hat die Vorschrift als § 345 die gleiche Fassung wie in § 301 E II und wie sie in § 350 Gesetz geworden ist.
§351 Der Rücktritt ist ausgeschlossen, wenn der Berechtigte eine wesentliche Verschlechterung, den Untergang oder die anderweitige Unmöglichkeit der Herausgabe des empfangenen Gegenstandes verschuldet hat. Der Untergang eines erheblichen Theiles steht einer wesentlichen Verschlechterung des Gegenstandes, das von dem Berechtigten nach § 278 zu vertretende Verschulden eines Anderen steht dem eigenen Verschulden des Berechtigten gleich. 53
54
In der von Sohn gezeichneten Fassung ist dem Antrag hinzugefügt: vgl. Strohal in Iherings Jahrb. Bd. 33, S. 371,372. Dem Antrag ist in der von v. Cuny gezeichneten Fassung hinzugesetzt: vgl. Code civil Art. 1647; Bahr, Gegenentwurf S. 404 Abs. 2; Niederrhein. Bezirksverein deutscher Ingenieure und Strohal zum § 301.
604
5. Titel: Rücktritt
§§351-354
§ 352 Der Rücktritt ist ausgeschlossen, wenn der Berechtigte die empfangene Sache durch Verarbeitung oder Umbildung in eine Sache anderer Art umgestaltet hat.
§353 Hat der Berechtigte den empfangenen Gegenstand oder einen erheblichen Theil des Gegenstandes veräußert oder mit dem Rechte eines Dritten belastet, so ist der Rücktritt ausgeschlossen, wenn bei demjenigen, welcher den Gegenstand in Folge der Verfügung erlangt hat, die Voraussetzungen des § 351 oder des § 352 eingetreten sind. Einer Verfügung des Berechtigten steht eine Verfügung gleich, die im Wege der Zwangsvollstreckung oder der Arrestvollziehung oder durch den Konkursverwalter erfolgt.
§354 Kommt der Berechtigte mit der Rückgewähr des empfangenen Gegenstandes oder eines erheblichen Theiles des Gegenstandes in Verzug, so kann ihm der andere Theil eine angemessene Frist mit der Erklärung bestimmen, daß er die Annahme nach dem Ablaufe der Frist ablehne. Der Rücktritt wird unwirksam, wenn nicht die Rückgewähr vor dem Ablaufe der Frist erfolgt.
E I § 430 Β. Vorkommission des Reichsjustizamtes I. Beantragt war 1. den § 430 zu fassen:
Struckmann (Nr 1, 116)
Das Rücktrittsrecht ist ausgeschlossen : 1. wenn der Berechtigte u.s.w. (wie im Entwürfe); 2. wenn der Berechtigte u.s.w. (wie im Entwürfe); 3. wenn der Berechtigte u.s.w. (wie im Entwürfe). 2. Den § 430 zu fassen:
Jacubezky
Das Rücktrittsrecht findet nicht stau, wenn der Berechtigte den empfangenen Gegenstand deswegen nicht zurückgeben kann, weil er über ihn verfügt hat, oder wenn er das Recht eines Dritten, mit welchem er ihn belastet hat, nicht beseitigen kann. Den Verfügungen des Berechtigten stehen die im Wege einer gegen ihn betriebenen Zwangsvollstreckung oder Arrestvollziehung erfolgten Verfügungen gleich. 605
5
'
^
§ § 3 5 1 —354
2. Abschnitt: Schuldverhältnisse aus Verträgen
Das Rücktrittsrecht findet ferner nicht statt, wenn der Berechtigte die empfangene Sache durch Verarbeitung oder Umbildung in eine Sache anderer Art umgestaltet hat. Die Vorschrift des § 429 Absatz 2 findet entsprechende Anwendung. II. 65. Sitzung vom 4. 1. 1892 I Zu § 430 Nr. 1 wurde beschlossen, dem vorsätzlich oder fahrlässig herbeigeführten Untergang die vorsätzlich oder fahrlässig herbeigeführte wesentliche Verschlechterung des vom Rücktrittsberechtigten empfangenen Gegenstandes gleichzustellen. Man ging davon aus, daß eine wesentliche Verschlechterung dem Untergange in der Wirkung für den Gegner dès Rücktrittsberechtigten so nahe komme, daß sich eine verschiedene Behandlung beider Fälle nicht rechtfertige. Bleibe es beim Entwurf, so werde der Richter im Interesse der materiellen Gerechtigkeit nicht selten gezwungen sein, Untergang des empfangenen Gegenstandes da festzustellen, wo in Wahrheit nur eine wesentliche Verschlechterung vorliege. Widersprechend sei es auch, wenn nach Nr. 2 selbst eine geringfügige rechtliche Verschlechterung das Rücktrittsrecht ausschließen, dagegen nach Nr. 1 eine wesentliche thatsächliche Verschlechterung dasselbe unberührt lassen solle. Zur Verdeutlichung wurde ferner beschlossen auszusprechen, daß theilweiser Untergang, wenn ein erheblicher Theil des geleisteten Gegenstandes untergegangen sei, einer wesentlichen Verschlechterung gleichstehe. Mit Bezug auf den zweiten in Nr. 1 behandelten Fall, daß der Rücktrittsberechtigte über den Gegenstand verfügt habe, entschied man für die Annahme des ZuI ProtRJA 388 satzes, daß der rechtsgeschäftlichen Verfügung | die Verfügung gleichstehe, welche durch Urtheil oder im Wege der Zwangsvollstreckung oder der Arrestvollziehung erfolge.
I ProtRJA 387
C. 2. Kommission I. Für § 430 waren folgende Fassungen vorgeschlagen (Prot II, Bd. 1, S. 794; Mugdan, Bd. 2, S. 730): Struckmann (Nr 67, 19)
1. Das Rücktrittsrecht ist ausgeschlossen: 1. wenn der Berechtigte den empfangenen Gegenstand deswegen nicht zurückgeben kann, weil er den Untergang oder eine wesentliche Verschlechterung desselben durch sein Verschulden herbeigeführt oder weil er über ihn verfügt hat; 2. wenn der Berechtigte den empfangenen Gegenstand mit dem Rechte eines Dritten belastet hat und dieses von ihm nicht beseitigt werden kann; 3. wenn der Berechtigte die empfangene Sache durch Vearbeitung oder Umbildung in eine Sache anderer Art umgestaltet hat. Theilweiser Untergang steht, wenn ein erheblicher Theil des zurückzugewährenden Gegenstandes untergegangen ist, einer wesentlichen, anderenfalls einer nicht wesentlichen Verschlechterung gleich. Der rechtsgeschäftlichen Verfügung steht gleich die Verfügung, welche durch Urtheil oder im Wege der Zwangsvollstreckung oder der Arrestvollziehung erfolgt.
Jacubezky (Nr 91, 7)
2. Das Rücktrittsrecht ist ausgeschlossen, wenn der Berechtigte den empfangenen Gegenstand deswegen nicht zurückgeben kann, weil er über denselben verfügt 606
5. Titel: Rücktritt
§§351-354
hat, oder wenn er das Recht eines Dritten, mit welchem er den Gegenstand belastet hat, nicht beseitigen kann. Der rechtsgeschäftlichen Verfügung steht die Verfügung gleich, welche durch Urtheil oder im Wege der Zwangsvollstreckung oder der Arrestvollziehung erfolgt. Das Rücktrittsrecht ist ferner ausgeschlossen, wenn der Berechtigte die empfangene Sache durch Verarbeitung oder Umbildung in eine Sache anderer Art umgestaltet hat. Ist nur ein Theil des zurückzugewährenden Gegenstandes von einer der in den Abs. 1, 2 bezeichneten Verfügungen betroffen, so findet die Vorschrift des § 429 Abs. 2 entsprechende Anwendung. In die Beratung hineingezogen wurden ferner die zu § 429 mitgeteilten Anträge 2 und 3, soweit sie zurückgestellt waren. Die Kom. entschied sich für den Antrag 1. Der Abs. 3 des Antrags 2 wurde abgelehnt. Die übrigen Anträge waren hierdurch erledigt. II. In der VorlZustdet Beschlüsse der 2. Kom. hat § 430 die Fassung: D a s Rücktrittsrecht ist ausgeschlossen:
E I-VorlZust
1. wenn der Berechtigte den Untergang oder eine wesentliche Verschlechterung § des von ihm empfangenen Gegenstandes verschuldet hat oder wenn er denselben deshalb nicht zurückgeben kann, weil er darüber verfügt hat; 2. wenn der Berechtigte den empfangenen Gegenstand mit dem Rechte eines Dritten belastet hat und dieses nicht beseitigen kann; 3. wenn der Berechtigte . . . usw. wie im Antrag oben I. 1. Der Untergang eines erheblichen Theiles des zurückzugewährenden 55 Gegenstandes steht einer wesentlichen Verschlechterung gleich. Der rechtsgeschäftlichen Verfügung steht gleich die Verfügung, welche durch Urtheil oder im Wege der Zwangsvollstreckung oder der Arrestvollziehung erfolgt. III. In der ZustRedKom ist die Vorschrift in die §§ 430, 430 a zerlegt, die lauten: Der Rücktritt ist ausgeschlossen : 1. wenn der Berechtigte den Untergang oder eine wesentliche Verschlechterung des empfangenen Gegenstandes verschuldet hat; der Untergang eines erheblichen Theiles des Gegenstandes steht einer wesentlichen Verschlechterung gleich.
E I-ZustRedKom §430
2. wenn der Berechtigte die empfangene Sache durch Verarbeitung oder Umbildung in eine Sache anderer Art umgestaltet hat. Der Rücktritt ist ausgeschlossen, wenn der Berechtigte den empfangenen Ge- E I-ZustRedKom genstand nicht zurückgeben kann, weil er ihn veräußert hat, oder wenn er den § 430 a Gegenstand mit dem Rechte eines Dritten belastet hat und das Recht nicht beseitigen kann. Der rechtsgeschäftlichen Verfügung steht eine Verfügung gleich, die durch Urtheil oder im Wege der Zwangsvollstreckung oder der Arrestvollziehung erfolgt. IV. Im E Iisind diese Vorschriften in §§ 302 und 303 enthalten. Die Fassung ist unverändert. Jedoch sind in §302 Nr.l, 2. Halbsatz nach: „Theiles" die Worte: „des Gegenstandes" gestrichen.
55
In dem metallographierten Exemplar der VorIZust steht: des zu gewährenden. 607
§ § 3 5 1 —354
2. Abschnitt: Schuldverhältnisse aus Verträgen
Bei der Revision des E II wurde beantragt 56 (Prot. II, Bd. 6, S. 160f.; Mugdan, Bd. 2, S. 730f.): Jacubezky (Nr 28, 4) Planck (Nr 34, 2)
1. im § 303 den Schluß des Satzes 2 zu fassen: . der Arrestvollziehung oder durch den Konkursverwalter erfolgt". 2. den § 303 Satz 1 dahin zu fassen: Der Rücktritt ist ausgeschlossen, wenn der Berechtigte den empfangenen Gegenstand veräußert hat, es sei denn, daß er ihn später wieder erworben hat (oder: daß er ihn trotzdem herauszugeben im Stande ist). Das Gleiche gilt, wenn er den empfangenen Gegenstand mit dem Rechte eines Dritten belastet hat, es sei denn, daß er das Recht wieder beseitigt hat (oder: daß er das Recht zu beseitigen im Stande ist).
Wilke 3. den § 302, [der Strohal'schen Anregung (Kurze Bemerkungen zum Recht der (Nr 24, 3) Schuldverhältnisse, S. 2, 3, 5) folgend] 57 , so zu fassen: Der Rücktritt ist ausgeschlossen, wenn der Berechtigte oder ein Dritter, welchem der Berechtigte die Möglichkeit dazu gegeben hatte, 1. die empfangene Sache durch Verarbeitung oder Umbildung in eine Sache anderer Art umgestaltet hat, 2. den Untergang oder eine wesentliche Verschlechterung des empfangenen Gegenstandes verschuldet hat; der Untergang eines erheblichen Theiles steht einer wesentlichen Verschlechterung gleich. 4. In § 302 den Zusatz aufzunehmen : „Dem Verschulden des Berechtigten steht ein von dem Berechtigten nach § 324 (E II) zu vertretendes Verschulden eines Dritten gleich." 5. a) Dem § 302 beizufügen: „Dem Verschulden des Berechtigten steht das Verschulden einer Person gleich, deren Verschulden er nach § 298 Abs. 2 zu vertreten hat;" b) dem § 298 Abs. 2 anzuschließen: „Hat der Rücktrittsberechtigte den Besitz der empfangenen Sache einem Dritten überlassen, so hat er das Verschulden des Dritten zu vertreten." 6. Dem § 303 den Zusatz zu geben: „Die Vorschriften des § 302 finden auf den Dritten entsprechende Anwendung." Der Antrag 1 wurde gebilligt. Der Antrag 2 wurde zurückgenommen, und es wurde beschlossen, die RedKom solle prüfen, ob und wie eine Verdeutlichung des Entw. in dem Sinne angezeigt erscheine, daß es bei Veräußerung und Belastung des empfangenen Gegenstandes für die Zulässigkeit des Rücktritts auf bei zur Zeit der Rücktrittserklärung vorhandenes Können ankomme, daß aber ein Können, von dem kein Gebrauch gemacht werde, keine Beachtung verdiene (Prot. II, Bd. 6 S. 161). Bei der Abstimmung über die übrigen Anträge wurde die Aufnahme des im Antrag 5 b) vorgeschlagenen Zusatzes zu § 298 Abs. 2 abgelehnt, womit die Anträge 5 und 3 erledigt waren. Die Anträge 4 und 6 wurden angenommen.
56
S. auch den Antrag 2 zu § 301, o. bei § 350 BGB. Dieser Hinweis fehlt in dem Prot, der 2. Kom.
608
5. Titel: Rücktritt
§§ 351-354
V. Im E II rev haben die beschlossenen Vorschriften als §§ 346, 347, 348 die in §§351, 352, 353 BGB Gesetz gewordene Fassung. Im Anschluß an § 348 enthält der E II rev die Vorschrift, die in unveränderter Fassung in § 354 BGB Gesetz geworden ist. Zu dem § 349 E l l rev heißt es in den Protokollen (Prot. II, Bd. 6, S. 384): „Durch den § 349 hat die Red.Kom. dem Auftrag entsprechen wollen, der ihr bei der Revision des Entw. II hinsichtlich der Verdeutlichung des Entw. II § 303 Satz 1 ertheilt worden ist; (vergi. S. 161 unter A). Während es nach der bisherigen Fassung zweifelhaft blieb, wann die für den Ausschluß des Rücktritts zur Voraussetzung gemachte Unmöglichkeit der Rückgewähr als vorliegend anzusehen sei, bestimmt der jetzige § 349, daß dem Rücktrittsberechtigten, sofern er mit der Rückgewähr in Verzug kommt, von dem anderen Theile eine angemessene Frist gesetzt werden kann, nach deren ergebnißlosem Ablaufe der Rücktritt unwirksam wird. Diese Regelung beruht auf dem Gedanken, daß der Rücktritt ein Verhältniß schafft, bei welchem Zug um Zug zu leisten ist, gleich dem Rechtsverhältniß aus einem gegenseitigen Vertrage. Es sind daher die Normen des § 320 (RedVorl) 58 auf den § 349 übertragen worden." Nachtrag E I §431 B. Vorkommission des Reichsjustizamtes I. Beantragt war: 1. Den § 431 zu fassen: Struckmann Ist bei einem noch nicht oder nicht vollständig erfüllten Vertrage der Rücktritt (Nr 1, 117) vorbehalten, so erlischt das Rücktrittsrecht, wenn der Berechtigte, sei es auch nur theilweise, die ihm obliegende Leistung bewirkt oder die dem anderen Theile obliegende Leistung verlangt oder annimmt. Diese Vorschrift findet keine Anwendung, wenn der Berechtigte von seinem Rechte oder dem Eintritte der Voraussetzungen desselben nicht unterrichtet war. 2. den § 431 zu fassen: Jacubezky Das Rücktrittsrecht erlischt, wenn der Berechtigte nach dem Eintritte der Vor- (Nr 5, 54) aussetzungen desselben den Vertrag auch nur theilweise erfüllt oder die Erfüllung auch nur theilweise verlangt oder annimmt. Ist der Rücktritt in das Belieben des Berechtigten gestellt, so findet diese Vorschrift nur Anwendung, wenn nicht aus dem Inhalte des Vertrages eine andere Absicht der Vertragschließenden erhellt. 3. Dem zweiten Absatz des § 431 folgenden Zusatz zu geben: Planck oder wenn aus den Umständen erhellt, daß die Vertragschließenden das Rück- (Nr 6, 33) trittsrecht auch nach der Erfüllung des Vertrags haben fortbestehen lassen wollen. II. 65. Sitzung vom 4. 1. 1892 I Den § 431 beschloß man, wie folgt, zu fassen: 58
| ProtRJA 388
S. bei §§325-327 BGB. 609
§355
2. Abschnitt: Schuldverhältnisse aus Verträgen
EI-RJA „Das Rücktrittsrecht erlischt, wenn der Berechtigte nach Eintritt der Vorausset§ 431 zungen desselben den Vertrag auch nur theilweise erfüllt oder die Erfüllung auch nur theilweise verlangt oder annimmt." Abs. 2 wie im Entwurf. Mit der Hinzufügung der Worte „nach Eintritt der Voraussetzungen desselben" wurde nur eine in der Kritik mehrfach gewünschte Verdeutlichung der Vorschrift bezweckt. Ein Vorschlag, den Abs. 1 zu streichen, um lediglich der Entscheidung des einzelnen Falles zu überlassen, ob ein Verzicht des Rücktrittsberechtigten in der Erfüllung u.s.w. zu finden sei, wurde abgelehnt, weil man bei der praktischen Wichtigkeit der Frage eine gesetzliche Vorschrift für erforderlich und die im Entwurf getroffene für eine wünschenswerte Einschränkung des Rücktritts nach erfolgter Erfüllung hielt. Den Abs. 2 behielt man als eine notwendige Aenderung der Bestimmung des Abs. 1 bei.
C. 2. Kommission I. Beantragt war (Prot II, Bd. 1, S. 795 f; Mugdan, Bd. 2, S. 733): Struckmann (Nr 67, 20) Jacubezky (Nr 91, 8) Planck (Nr 98)
1. die Bestimmungen zu fassen wie § 431 E I-RJA 2. die Bestimmungen zu streichen 3. den Abs. 2 zu streichen 4. Den § 431 zu fassen: Das Rücktrittsrecht erlischt, wenn der Berechtigte, nachdem die Voraussetzungen desselben eingetreten sind und er hiervon Kenntniß erhalten hat, den Vertrag auch nur theilweise erfüllt oder die Erfüllung auch nur theilweise verlangt oder annimmt. Eventuell hinzuzusetzen : Diese Vorschrift findet keine Anwendung, wenn der Berechtigte von seinem Rechte nicht unterrichtet war. Im Laufe der Beratung erklärte Planck, seinen eventuellen Antrag als Hauptantrag stellen zu wollen. Die Kom. entschied sich für den Streichungsantrag.
§355 Ist für die Ausübung des Rücktrittsrechts eine Frist nicht vereinbart, so kann dem Berechtigten von dem anderen Theile für die Ausübung eine angemessene Frist bestimmt werden. Das Rücktrittsrecht erlischt, wenn nicht der Rücktritt vor dem Ablaufe der Frist erklärt wird. E I § 432 Β. Vorkommission des Reichsjustizamtes I. Beantragt war 610
5. Titel: Rücktritt
§355
1. Den § 432 zu fassen : Struckmann Das Rücktrittsrecht erlischt, wenn es nicht innerhalb der vereinbarten Frist und (Nr 1, 118) in Ermangelung einer solchen nicht innerhalb einer dem Berechtigten von dem anderen Theile zur Erklärung bestimmten Frist ausgeübt wird. 2. Im § 432 den Schluß des zweiten Satzes zu fassen: . . . abhängig ist, mit Erfüllung der Bedingung.
Jacubezky (Nr 5, 55)
3. Den Schluß des § 432 zu fassen: Planck . . . mit dem Zeitpunkte, in welchem der Berechtigte von der Erfüllung der (Nr 6, 34) Bedingung Kenntniß erhalten hat. II. 65. Sitzung vom 4. 1. 1892 I Den § 432 beschloß man sachlich durch folgende Bestimmung zu ersetzen: „Das Rücktrittsrecht erlischt, wenn es nicht innerhalb der vereinbarten Frist und in Ermangelung einer solchen nicht innerhalb einer dem Berechtigten von dem anderen Theile zur Erklärung bestimmten angemessenen Frist ausgeübt wird." Die Ersetzung der festen vierwöchigen durch eine vom Gegner dem Berechtigten zu bestimmenden angemessenen Frist erachtete man durch die von der Kommission zu § 242 Abs. 2 und § 247 Abs. 2 gefaßten Beschlüsse bereits gebilligt. Mit Rücksicht auf diese Aenderung des 1. Satzes erschien die Bestimmung des 2. Satzes über den Beginn der Frist ent- | behrlich, da sich diese immer durch Auslegung der Vereinbarung über die Frist bezw. der die angemessene Frist setzenden Erklärung des Gegners des Rücktrittsberechtigten ergebe.
| ProtRJA 388 EI-RJA S 432
| ProtRJA 389
C. 2. Kommission I. Beantragt war Prot. II, Bd. 1, 796, Mugdan, Bd. 2, 733): § 432 durch die Bestimmung zu ersetzen, wie sie von der Vorkom des RJA Struckmann beschlossen worden ist. (Nr 67, 21) Der Antrag fand Annahme. II. In der VorlZust der Beschlüsse der 2. Kom hat § 432 die von der Kom beschlossene Fassung. III. In der ZustRedKom lautet § 432 : Ist für die Ausübung des Rücktrittsrechts eine Frist nicht vereinbart, so kann E I-ZustRedKom dem Berechtigten von dem anderen Theile eine angemessene Frist zur Erklärung S 432 des Rücktritts bestimmt werden. Erfolgt die Erklärung nicht innerhalb der Frist, so erlischt das Rücktrittsrecht 59 . IV. Im E II ist die Vorschrift in § 304 in nachstehender Fassung enthalten: Ist für die Ausübung des Rücktrittsrechts eine Frist nicht vereinbart, so kann E II S 304 dem Berechtigten von dem anderen Theile für die Ausübung eine angemessene Frist bestimmt werden. Wird der Rücktritt nicht innerhalb der Frist erklärt, so erlischt das Rücktrittsrecht. 59
Dazu ist angemerkt: durch die beschlossene Fassung des § 432 erledigen sich die Anmerkungen zu den §§ 224e, 247 ( = §§ 280,286 BGB).
611
§§ 356, 357
2. Abschnitt: Schuldverhältnisse aus Verträgen
V. Im Ε II rev ist die Vorschrift, die in § 350 enthalten ist, im 1. Satz unverändert; Satz 2 lautet: E II rev Das Rücktrittsrecht erlischt, wenn nicht der Rücktritt vor dem Ablaufe der Frist § 350 Satz 2 erklärt wird. Damit liegt die in § 355 BGB Gesetz gewordene Fassung vor.
§356 Sind bei einem Vertrag auf der einen oder der anderen Seite Mehrere betheiligt, so kann das Rücktrittsrecht nur von allen und gegen alle ausgeübt werden. Erlischt das Rücktrittsrecht für einen der Berechtigten, so erlischt es auch für die übrigen.
§357 Hat sich der eine Theil den Rücktritt für den Fall vorbehalten, daß der andere Theil seine Verbindlichkeit nicht erfüllt, so ist der Rücktritt unwirksam, wenn der andere Theil sich von der Verbindlichkeit durch Aufrechnung befreien konnte und unverzüglich nach dem Rücktritte die Aufrechnung erklärt. E I § 433 B. Vorkommission des Reichsjustizamtes I. Beantragt war: Struckmann (Nr 1, 119)
1. An Stelle des § 433 zu bestimmen: Sind bei dem Vertrage auf der einen oder anderen Seite mehrere Personen betheiligt, so kann das Rücktrittsrecht nur von allen und gegen alle geltend gemacht werden. 2. Im § 433 Satz 2 statt „Rücktrittsberechtigten" zu setzen „Berechtigten".
Jacubezky (Nr 5, 56)
II. 65. Sitzung vom 4. 1. 1892 I Der § 433 wurde redaktionell dahin geändert: „Sind bei dem Vertrage auf der einen oder anderen Seite mehrere Personen 5 433 betheiligt, so kann das Rücktrittsrecht nur von allen und gegen alle ausgeübt werden. Ist für einen von den mehreren Rücktrittsberechtigten das Rücktrittsrecht erloschen, so ist es auch für die übrigen ausgeschlossen."
I ProtRJA 389 E I-RJA
C. 2. Kommission I. Beantragt war (Prot. II, Bd. 1, S. 796 f.; Mugdan, Bd. 2, S. 733 f ) : die Vorschrift wie § 433 E I-RJA zu fassen 60 . 60
In der met. Fassung lautet der Satz 1 des Antrags wie E II § 305 S. 1, Satz 2 wie E IZustRedKom § 433 S. 2.
612
5. Titel: Rücktritt
§§356,357
Der Antrag wurde sachlich angenommen; die Frage, ob in Ubereinstimmung Struckmann mit dem Entw. der Fall einer Beerbung durch mehrere Personen ausdrücklich her- (Nr 67, 22) vorzuheben sei, wurde derRedKom überwiesen. II. In der VorlZust der Beschlüsse der 2. Koni, hat § 433 die Fassung: Satz 1 lautet wie § 433 E I-RJA; nur heißt es zu Beginn: „ . . . bei einem Vertrage" statt: „bei dem Vertrage". Satz 2 lautet: Ist für einen der Berechtigten das Rücktrittsrecht erloschen, so ist es auch für E I-VorlZust die übrigen erloschen. § 433 S 2
III. In der ZustRedKom hat Satz 1 die Fassung des § 433 E I-RJA mit der Ausnahme, daß es am Anfang statt „mehrere Personen" „Mehrere" heißt. Satz 2 lautet: Ist für einen der mehreren Berechtigten das Rücktrittsrecht erloschen, so ist es E I-ZustRedKom auch für die übrigen erloschen. § 433 S 2
IV. Im E II lautet die Vorschrift als § 305: Sind bei einem Vertrag auf der einen oder anderen Seite Mehrere betheiligt, so E II § 305 kann das Rücktrittsrecht nur von Allen und gegen Alle ausgeübt werden. Ist das Rücktrittsrecht für einen der Berechtigten erloschen, so ist es auch für die übrigen erloschen. V. Im E II rev ist die Vorschrift in §351 enthalten, Satz 1 in unveränderter, Satz 2 in folgender Fassung: Erlischt das Rücktrittsrecht für einen der Berechtigten, so erlischt es auch für die übrigen. Damit liegt die in § 356 BGB Gesetz gewordene Fassung vor. Nachtrag I. Im Anschluß an E I § 433 enthält die ZustRedKom eine in den bisherigen Entwürfen nicht enthaltene Vorschrift in § 433 a, die lautet: Ist der Rücktritt für den Fall vorbehalten, daß der andere Theil seine Verbindlichkeit nicht erfülle, so ist die Erklärung des Rücktritts unwirksam, wenn der andere Theil sich von der Verbindlichkeit durch Aufrechnung mit einer Gegenforderung befreien konnte und unverzüglich nach dem Rücktritt die Aufrechnung erklärt. Dazu ist angemerkt: Durch die Aufnahme des § 433 a erledigt sich die Anmerkung zu § 283 (d. i. BGB § 389). Diese Anmerkung s. bei den Materialien zu § 389 BGB. II. Im E II ist § 433 a E I-ZustRedKom in § 306 im E II rev in § 352 in einer dem § 357 BGB entsprechenden Fassung enthalten.
613
§358
2. Abschnitt: Schuldverhältnisse aus Verträgen §358
Hat der eine Theil den Rücktritt für den Fall vorbehalten, daß der andere Theil seine Verbindlichkeit nicht erfüllt, und bestreitet dieser die Zulässigkeit des erklärten Rücktritts, weil er erfüllt habe, so hat er die Erfüllung zu beweisen, sofern nicht die geschuldete Leistung in einem Unterlassen besteht.
E I § 434 Β. Vorkommission des Reichsjustizamtes 1. Beantragt war: Struckmann 1. Den § 434 zu fassen: (Nr 1, 120) 'Wer auf Grund eines vorbehaltenen Rücktrittsrechtes von dem Vertrage zurücktritt, hat den Vorbehalt zu beweisen. Ist das Rücktrittsrecht für den Fall der Nichterfüllung der in einem Thun bestehenden Verpflichtung des anderen Theiles vorbehalten, so hat dieser im Falle des Rücktrittes die vertragsmäßige Bewirkung der Leistung zu beweisen. Jacubezky (Nr 5, 57) I ProtRJA 389
2. Im § 434 den Absatz 1 zu streichen. II. 65. Sitzung vom 4. 1. 1892 I In § 434 wurde der Abs. 1 gestrichen, der Abs. 2 dahin gefaßt:
E I-RJA „Ist das Rücktrittsrecht für den Fall der Nichterfüllung der in einem Thun be§ stehenden Verpflichtung des anderen Theils vorbehalten, so hat dieser im Falle des Rücktritts die vertragsmäßige Bewirkung der Leistung zu beweisen." Für die Streichung des Abs. 1 war die Erwägung maßgebend, daß, nachdem die Kommmission den § 196 gestrichen habe, nun die Frage der Beweislast in den dort behandelten Fällen, insbesondere denen der Resolutivbedingung, der Wissenschaft zu überlassen, man auch die Vorschrift des Abs. 1 nicht beibehalten könne, weil aus dieser, wenn sie nicht als Ausnahmebestimmung, sondern irrthümlich als eine besondere Anwendung des für die Beweislast in allen Fällen des § 196 maßgebenden Grundsatzes aufgefaßt werde, unrichtige und der Absicht der Kommission bei Streichung des § 196 widersprechende Ergebnisse abgeleitet werden könnten. Der Abs. 2 erschien praktisch nicht entbehrlich.
C. 2. Kommission (Prot. II, Bd. 1, S. 797; Mugdan, Bd. 2, S. 734). Struckmann (Nr 67, 23)
I. Zu § 434 lag der dem Beschluß der Vorkom des RJA entsprechende Antrag vor.
Der Antrag wurde angenommen.
E I-VorlZust S 434
II. In der VorlZust der Beschlüsse der 2. Kom. lautet § 434: Ist das Rücktrittsrecht für den Fall der Nichterfüllung einer Verpflichtung des anderen Theiles vorbehalten, so hat dieser im Falle des Rücktritts die Erfüllung der Verpflichtung zu beweisen, es sei denn, daß die Verpflichtung auf ein Unterlassen gerichtet war. 614
5. Titel: Rücktritt
§359
III. In der ZustRedKom hat § 434 die Fassung: E I-ZustRedKom Ist der Rücktritt für den Fall der Nichterfüllung einer Verbindlichkeit des ande- S 434 ren Teils vorbehalten, und bestreitet dieser die Zulässigkeit des erklärten Rücktritts, weil er erfüllt habe, so hat er die Erfüllung zu beweisen, es sei denn, daß die Verbindlichkeit auf ein Unterlassen gerichtet ist. IV. Im E l l lautet die Vorschrift als § 307: Ist der Rücktritt für den Fall vorbehalten, daß der andere Theil seine Verbind- E II § 307 lichkeit nicht erfüllt, und bestreitet dieser die Zulässigkeit des erklärten Rücktritts, weil er erfüllt habe, so hat er die Erfüllung zu beweisen, es sei denn, daß die geschuldete Leistung in einem Unterlassen besteht. V. Im E II rev hat die Vorschrift als § 353 die in § 358 BGB Gesetz gewordene Fassung.
§359 Ist der Rücktritt gegen Zahlung eines Reugeldes vorbehalten, so ist der Rücktritt unwirksam, wenn das Reugeld nicht vor oder bei der Erklärung entrichtet wird und der andere Theil aus diesem Grunde die Erklärung unverzüglich zurückweist. Die Erklärung ist jedoch wirksam, wenn das Reugeld unverzüglich nach der Zurückweisung entrichtet wird.
E I S 435 Β. Vorkommission des Reichsjustizamtes I. Beantragt war: 1. Dem § 435 folgende Fassung zu geben: Struckmann Ist das Rücktrittsrecht gegen die Verpflichtung zur Zahlung eines Reugeldes ^ 121 · ) vorbehalten, so ist die Erklärung des Rücktrittes unwirksam, wenn das Reugeld nicht bei der Erklärung entrichtet wird oder schon vorher entrichtet war und der andere Theil aus diesem Grunde die Erklärung unverzüglich zurückweist. 2. Den § 435 zu fassen: Jacubezky Ist das Rücktrittsrecht gegen Reugeld vorbehalten, so ist der andere Theil, wenn (^r 5> 5 8 ) das Reugeld nicht bei der Erklärung des Rücktritts entrichtet wird oder schon vorher entrichtet war, die Erklärung zurückzuweisen berechtigt. Die Zurückweisung ist unwirksam, wenn das Reugeld unverzüglich entrichtet wird. 3. Den § 435 zu fassen: Ist das Rücktrittsrecht gegen Reugeld vorbehalten, so muß der Berechtigte das Reugeld, sofern es nicht bereits vorher entrichtet war, bei der Erklärung des Rücktritts entrichten. Ist dies nicht geschehen, so ist die Erklärung des Rücktritts unwirksam, wenn der andere Theil dieselbe bei oder unverzüglich nach der Vornahme wegen jenes Mangels zurückweist. Hat er dies nicht gethan, so ist die Rücktrittserklärung wirksam, der Zurücktretende aber das Reugeld dem anderen Theile nachträglich zu entrichten verpflichtet. 615
Planck (Nr 6, 35)
§359
2. Abschnitt: Schuldverhältnisse aus Verträgen
II. 65. Sitzung vom 4. 1. 1892 I ProtRJA 389 | An Stelle des § 435 beschloß man, folgende Bestimmung aufzunehmen: I ProtRJA 390 „Ist das Rücktrittsrecht gegen die Verpflichtung | zur Zahlung eines Reugeldes E I-RJA vorbehalten, so ist die Erklärung des Rücktritts unwirksam, wenn das Reugeld S 435 nicht bei der Erklärung entrichtet wird oder schon vorher entrichtet war und der andere Theil aus diesem Grunde die Erklärung unverzüglich zurückweist. Die Zurückweisung ist unwirksam, wenn das Reugeld unverzüglich entrichtet wird. Zu Satz 1 des Entwurfes hielt man es für den Anforderungen von Treu und Glauben entsprechend, die Unwirksamkeit der Rücktrittserklärung von der unverzüglichen Zurückweisung seitens des Gegners abhängig zu machen, ähnlich wie in den Fällen der §§ 65 e, 122 u. a. Die Bestimmung des 2. Satzes wurde gestrichen, weil man in ihm eine unbillige Begünstigung des Gegners des Rücktrittsberechtigten erblickte. Die Vorschrift des 2. Satzes des beschlossenen Paragraphen erachtete man mit Rücksicht auf die Fälle, in welchen dem Rücktrittsberechtigten zur Wiederholung der Rücktrittserklärung unter Entrichtung des Reugeldes innerhalb der Erklärungsfrist nicht mehr Zeit übrig bleibe, für billig, weil die positive gesetzliche Anforderung gleichzeitiger Entrichtung des Reugeldes nicht leicht in das Bewußtsein des Volkes eindringen werde, der Rücktrittsberechtigte aber nicht wegen Unkenntniß dieser Anforderung sein Recht verlieren dürfe. Es müsse genügen, wenn der Berechtigte ohne schuldhaftes Zögern dem Gegner zugehen lasse. Es seien hier dieselben Billigkeitsgründe maßgebend wie für die von der Kommission beschlossene Bestimmung bezüglich der Zulässigkeit der Aufrechnung nach Abgabe der Rücktrittserklärung 61 . Für entbehrlich hielt man es auszusprechen, daß der Rücktrittsberechtigte trotz der Wirksamkeit der ohne Entrichtung des Reugeldes erfolgten RücktrittserkläI ProtRJA 391 rung in Ermangelung einer Zurückweisung der Erklärung zur nachträglichen | Entrichtung des Reugeldes verpflichtet sei.
C. 2. Kommission 1. Beantragt war (Prot II, Bd. 1, S. 797f.; Mugdan, Bd. 2, S. 734): Struckmann 1. den § 435 durch die Bestimmungen des § 435 E I-RJA zu ersetzen. Die im (Nr 67, 24) Antrag vorgeschlagene Vorschrift unterscheidet sich von § 435 E I-RJA dadurch, daß Satz 2 lautet: „Die Erklärung ist jedoch wirksam, wenn das Reuegeld unverzüglich nach der Zurückweisung derselben entrichtet wird." 2. den Schlußsatz der im Antrag 1 vorgeschlagenen Vorschrift zu streichen. Die Kom. entschied sich für den § 435 in der Fassung des Antrags 1. II. In der VorlZust der Beschlüsse der 2. Kom. hat § 435 die beschlossene Fassung. III. In der ZustRedKom hat § 435 die Fassung: E I-ZustRedKom Ist der Rücktritt gegen Zahlung eines Reugeldes vorbehalten, so ist die ErkläS 435 rung des Rücktritts unwirksam, wenn das Reugeld nicht vor oder bei der Erklärung 61
Dazu ist in einer Anmerkung hingewiesen auf die in der Anmerkung zu § 283 vorgesehene Bestimmung, s. diese bei § 389 BGB.
616
5. Titel: Rücktritt
§ 360
entrichtet ist und der andere Theil aus diesem Grunde die Erklärung unverzüglich zurückweist. Die Erklärung ist jedoch wirksam, wenn das Reugeld unverzüglich nach der Zurückweisung entrichtet wird. IV. Im E II ist die Vorschrift in unveränderter Fassung in § 308 enthalten. V. Im E II rev hat die Vorschrift als § 354 die in § 359 BGB Gesetz gewordene Fassung. §360 Ist ein Vertrag mit dem Vorbehalte geschlossen, daß der Schuldner seiner Rechte aus dem Vertrage verlustig sein soll, wenn er seine Verbindlichkeit nicht erfüllt, so ist der Gläubiger bei dem Eintritte dieses Falles zum Rücktritte von dem Vertrage berechtigt. E I § 436 Β. Vorkommission des Reichsjustizamtes I. Beantragt war Jacubezky (Nr 5, 59)
1. Den Eingang des § 436 zu fassen: Ist ein Vertrag mit dem Vorbehalte geschlossen, daß u. s. w 2. Folgenden § 436a einzuschalten:
Jacubezky
Ist dem Gläubiger das Rücktrittsrecht für den Fall vorbehalten, daß der Schuldner seine Verbindlichkeit nicht erfüllt, so ist ein vor dem Eintritte dieses Falles geschlossener Vertrag, durch welchen vereinbart wird, daß der Schuldner im Falle des Rücktrittes des Gläubigers des Rechtes auf Zurückgewährung der an den Gläubiger gemachten Leistung verlustig sein solle, nichtig. II. 65, Sitzung vom 4. 1. 1892 I Der § 436 blieb sachlich unbeanstandet.
5
'
| ProtRJA391
C. 2. Kommission I. Beantragt war (Prot II, Bd. 1, S. 798 f; Mugdan, Bd. 2, S. 734 f): 1. den Eingang der Vorschrift zu fassen : Ist ein Vertrag mit dem Vorbehalte geschlossen, daß . . . u. s. w. wie im Entwurf).
Struckmann (Nr 67, 25)
2. am Schlüsse vor „zum Rücktritt" die Worte einzuschalten „im Zweifel"; 3. Den § 436 zu streichen, eventuell den Eingang zu fassen: v. Rüger Ist ein Vertrag mit dem Vorbehalte geschlossen, daß der Schuldner, wenn er (Nr 116) seine Verbindlichkeit nicht erfülle, seiner Rechte aus dem Vertrage, und zwar nicht blos für die Zukunft, verlustig sein solle, so ist der Gläubiger . . . u. s. w. Die Kom. nahm den Antrag, unter Ablehnung der Anträge 2 und 3, in der Fassung des Antrags 1 an. 617
§ 360
2. Abschnitt: Schuldverhältnisse aus Verträgen
II. In der VorlZust der Beschlüsse der 2. Kom. hat die Vorschrift die Fassung wie in § 436 E I; es sind lediglich die nach „verlustig sein solle" in Klammern stehenden Worte „Vorbehalt der Rechtsverwirkung" gestrichen. III. In der ZustRedKom hat § 436 die von der 2. Kom. beschlossene Fassung. IV. im E II ist die Vorschrift in § 309 enthalten; die Fassung ist unverändert, es steht lediglich statt: „erfülle" und „solle" jeweils der Indikativ. V. Im Ell rev hat die Vorschrift als § 355 die in § 360 BGB Gesetz gewordene Fassung.
E. XII. Kommission des Reichstags Zu § 355 (E II rev = § 360 BGB) Gröber (Nr 16)
Es lag der Antrag vor, die Kommission wolle beschließen : 1. in § 340 als Absatz 2 hinzuzufügen: „Diese Verpflichtung zur Rückgewährung der empfangenen Leistung kann durch Vertrag im Voraus weder ausgeschlossen, noch beschränkt werden." 2. in § 355 die Schlußworte folgendermaßen zu fassen: „. . . so ist der Gläubiger zum Rücktritt vom Vertrage nur dann berechtigt, wenn der Schuldner seine Verbindlichkeit schuldhafterweise nicht erfüllt hat. Entgegenstehende Vereinbarungen sind unwirksam." Der Antrag, den die Kommissarien Struckmann und Planck als^ nicht wohl annehmbar bekämpften, wurde gegen eine kleinere Minderheit abgelehnt.
Frohme, Zur 2. Lesung lag der Antrag vor, dem § 355 zuzusetzen: Stadthagen „Tritt der Gläubiger zurück, so ist der zur Vergütung der bereits auf Grund des (Nr 130, 4) Vertrages erhaltenen Leistungen verpflichtet." Bericht v. Heller über die 45. Sitzung, 3. 6. 1896 Der Antrag wurde zurückgezogen, nachdem Struckmann bemerkt hatte, daß sich sein Inhalt schon aus § 340 ergebe.
§ 361
Die Materialien zu § 361 sind vor §§ 320, 322 BGB mitgeteilt.
618
DRITTER ABSCHNITT Erlöschen der Schuldverhältnisse ERSTER TITEL Erfüllung
§362 Das Schuldverhältniß erlischt, wenn die geschuldete Leistung an den Gläubiger bewirkt wird. Wird an einen Dritten zum Zwecke der Erfüllung geleistet, so finden die Vorschriften des § 185 Anwendung. §363 Die Materialien zu $ 363 sind im Anschluß an die Materialien zu den §§ 320 — 322 mitgeteilt.
§364 Das Schuldverhältniß erlischt, wenn der Gläubiger eine andere als die geschuldete Leistung an Erfüllungsstatt annimmt. Uebernimmt der Schuldner zum Zwecke der Befriedigung des Gläubigers diesem gegenüber eine neue Verbindlichkeit, so ist im Zweifel nicht anzunehmen, daß er die Verbindlichkeit an Erfüllungsstatt übernimmt.
§365 Wird eine Sache, eine Forderung gegen einen Dritten oder ein anderes Recht an Erfüllungsstatt gegeben, so hat der Schuldner wegen eines Mangels im Rechte oder wegen eines Mangels der Sache in gleicher Weise wie ein Verkäufer Gewähr zu leisten. A. 1. Kommission I. 144 Sitzung v. 22. 11. 1882, Schriftführer v. Liebe 619
§ § 362, 364, 365
I Prot 1 1373
T E - O R (Nr 27) §1
3. Abschnitt: Erläutern der Schuldverhältnisse
N a c h einer Erörterung über die Frage, ob die Aufnahme von Bestimmungen über die Schulderneuerung geboten sei 1 , | ging man zur Berathung des Abschnitts über die Erfüllung (Theilentwurf N 2 27) über. D e r § 1 des Entwurfs lautet: „Das Schuldverhältniß erlischt, wenn die geschuldete Leistung mit dem erklärten Willen der Schuldtilgung bewirkt wird."
I Proti 1374
I Folgende Anträge lagen vor:
Windscheid (Nr 200)
1. den § 1 dahin zu fassen: „Das Schuldverhältniß erlischt, wenn die geschuldete Leistung in der Absicht der Schuldtilgung bewirkt, und, falls zur Bewirkung der Leistung Annahme des Gläubigers erforderlich ist, von dem Gläubiger in der Absicht der Schuldtilgung angenommen wird." eventuell : „Das Schuldverhältniß erlischt, wenn die geschuldete Leistung bewirkt wird."
Planck (Nr 199)
2. a) die in den Motiven Seite 7 enthaltene Ausführung, nach welcher in allen Fällen, in welchen zur Bewirkung der Leistung eine Mitwirkung des Gläubigers erforderlich ist, die Erfüllung einen auf Leistung und Annahme derselben in der Absicht der Schuldtilgung abgeschlossenen Vertrag erfordert, nicht zu billigen. b) eventuell, falls jene Ausführung gebilligt wird, dem § 1 folgenden Zusatz zu geben: „und sofern zur Bewirkung der Leistung eine Mitwirkung des Gläubigers erforderlich ist, von diesem in derselben Absicht angenommen wird (Erfüllung)". 3. den § 1 zu fassen: „Das Schuldverhältniß erlischt durch Erfüllung." D e r eventuelle Antrag 2 wurde zugunsten des prinzipalen Antrags 1 zurückgezogen. Einverständniß bestand, daß die Terminologie des Entwurfs, wonach das W o r t : „Erfüllung" gebraucht werden und der Ausdruck: „Zahlung" nicht als gleichbedeutend mit „Erfüllung" Verwendung finden soll, Billigung verdiene. Im Uebrigen wurden folgende Beschlüsse gefaßt: 1. D e r prinzipale Antrag 1 wurde abgelehnt. 2. D e r § 1 des Entwurfs in seiner Wortfassung wurde gleichfalls abgelehnt. 3. Abgelehnt wurde ferner der Antrag 3.
I Prot I 1375
| 4. Dagegen fand der eventuelle Antrag 1 die Zustimmung der Mehrheit. D e r Redaktion blieb die Prüfung vorbehalten, ob statt „geschuldete Leistung" zu setzen sei „die dem Schuldner obliegende Leistung". Die Gründe waren : N a c h den Motiven beruhe der § 1 des Entwurfs auf der Annahme, die Erfüllung sei auf Seiten des Schuldners wegen des erforderlichen animus solvendi stets ein Rechtsgeschäft und, wenn zur Bewirkung der Leistung die Annahme des Gläubi1
S. dazu auch noch den Antrag und die Erörterung Prot. I 1378 am Ende des Protokolls dieser Sitzung.
620
1. Titel: Erfüllung
§§ 362, 364, 365
gers nöthig sei, so erscheine die Erfüllung auch auf Seiten des Gläubigers als ein Rechtsgeschäft, so daß der Erfüllungsakt als ein Vertrag sich darstelle. Dieser Standpunkt habe in dem § 1, weil er nur von dem animus solvendi rede, keinen vollkommenen Ausdruck gefunden, wohl aber in dem prinzipalen Antrag 1. Der § 1 des Entwurfs deute nach seinem Wortverstande eher auf die Ansicht, die Erfüllung sei, auch wenn Annahme des Gläubigers nöthig, nur auf Seiten des Schuldners ein Rechtsgeschäft. In der Rechtswissenschaft werde darüber gestritten, ob und inwiefern die Erfüllung ein Rechtsgeschäft beziehungsweise ein Vertrag sei. Diesen wissenschaftlichen Streit zu entscheiden, sei aber nicht Aufgabe des Gesetzbuchs. Es könne der Beweis nicht geführt werden, däß die Rechtssicherheit dringend erheische, die streitige Frage durch eine positive Entscheidung zu lösen. Jede Lösung schaffe nur Schwierigkeiten, deren Beseitigung der Gesetzgebung doch nicht gelingen werde und der Wissenschaft überlassen bleiben müsse. Solche Schwierigkeiten zeigten sich namentlich auch bei der im § 1 des Entwurfs nach seinem Wortverstande enthaltenen Lösung. Habe z. B. der Schuldner bei einer in einem non facere oder in einem facere bestehenden Obligation ohne animus solvendi, weil er etwa von seiner Verpflichtung keine Kenntniß gehabt habe, obligationsgemäß unterlassen oder I gehandelt, so würde nach dem § 1 des Entwurfs die Erfüllung zu verneinen und, um die Aufhebung der Obligation klarzustellen, eine anderweite Bestimmung, vielleicht die Bestimmung nöthig sein, die Obligation sei aufgehoben, wenn der Gläubiger erhalten habe, was ihm gebühre, eine Bestimmung, deren Tragweite kaum zu übersehen sei. Nicht ohne Belang erscheine es auch, daß nicht allein das Sächs. G.B. sondern auch das neue Schweizer Obligationenrecht sich schweigend verhalten. Der eventuelle Antrag 1 empfehle sich endlich vor dem Antrag 3, weil der letztere bei seiner Kürze kaum einen für das Gesetzbuch geeigneten Inhalt habe und mehr für ein Lehrbuch als für ein Gesetzbuch passend erscheine.
| Prot I 1376
Der § 2 des Entwurfs lautet: „Das Schuldverhältniß erlischt, wenn der Gläubiger statt der geschuldeten Leistung eine andere an Erfüllungsstatt annimmt. Wird eine Sache oder ein Recht an einer Sache oder eine Forderung an Erfüllungsstatt angenommen, so haftet der Schuldner dem Gläubiger wie im Falle einer entgeltlichen Veräußerung nach Maßgabe der wegen Gewährleistung des veräußerten Rechtes und wegen Haftung für eine abgetretene Forderung geltenden Vorschriften."
TE-OR (Nr 27) S2
Folgende Anträge lagen vor: 1. die Worte: „wie im Falle einer entgeltlichen Veräußerung" zu streichen, ferner dem § 2 folgenden Zusatz zu geben:
Planck (Nr 201, 1)
„Hatte der Gläubiger eine Sache, ein Recht oder eine Forderung von einem Dritten an Erfüllungsstatt angenommen, so haftet dieser (nicht der Schuldner) nach Maßgabe des Abs. 2." 2. den § 2 Abs. 2 zu fassen: „Wird . . . angenommen, so hat der Gläubiger | wegen Entziehung der Sache oder des Rechts und wegen Mängel der Sache nur einen Anspruch nach Maßgabe der §§69—116 der Zusammenstellung der beschlossenen Bestimmungen des Obligationenrechts und der Beschlüsse über Gewährleistung für den rechtlichen Bestand einer abgetretenen Forderung." 621
| Prot 11377
§ § 362, 364, 3 6 5
3. Abschnitt: Erläutern der Schuldverhältnisse
Der erste Absatz war unbeanstandet geblieben. Anlangend den zweiten Absatz, so fand der Antrag 2 die Zustimmung der Mehrheit, womit zugleich der Antrag 1 für erledigt galt. Erwogen war: Der Absatz 2 sei insofern zu eng, als er die Gewährleistung wegen Fehler und Mängel nicht beachtet habe. Der Antrag 2 bringe in dieser Beziehung eine angemessene, dem Prinzipe des Entwurfs und den Ausführungen der Motive entsprechende, Ergänzung. Der Antrag 2 habe außerdem den Vorzug, daß er zugleich den Fall decke, wenn ein Dritter an Zahlungsstatt hingegeben habe, ohne die Frage zu entscheiden, ob der Dritte oder der Schuldner zur Gewährleistung verpflichtet sei. Die letztere Frage lasse eine allgemeine Entscheidung nicht zu, demzufolge in dieser Rücksicht der Antrag 2 sachgemäßer erscheine, als der die Frage entscheidende Antrag 1. Von „entgeltlicher" Veräußerung brauche nicht geredet zu werden. Auch wenn zur Erfüllung eines Schenkungsversprechens in solutum hingegeben worden, lasse sich einleuchtend die datio in solutum als Schenkung nicht betrachten. Von „entgeltlicher" Veräußerung zu schweigen, entspreche den Beschlüssen vom 2., 5. und 15. Mai 1882 Prot. S. 6 7 2 - 6 7 6 , 685, 734, 735 (Zusammenstellung der beschlossenen Bestimmungen des Obligationenrechts §§ 69, 81) 2 . Zur Sprache kam : die für anwendbar erklärten Vorschriften könnten dahin führen, daß der Gläubiger das Rücktrittsrecht ausübe und die Aufhebung der datio in solutum erreiche. Hierin fand man aber ein Bedenken um so weniger, als die AusI Prot 1 1378 übung des Rücktritts nur obligatorische Wirkungen zwischen | dem Gläubiger und dem bei der Hingabe an Zahlungsstatt ihm als gewährleistungspflichtig gegenüberstehende Theile zu begründen vermögen. Im Anschluß an die im Eingang des Protokolls (S. 1373) erwähnte Erörterung wurde der Antrag gestellt, den § 2 durch folgende Vorschrift zu ergänzen: „Das Schuldverhältniß erlischt, wenn der Schuldner durch Vertrag mit dem Gläubiger an Erfüllungsstatt eine neue Verbindlichkeit gegen den Gläubiger übernimmt. Im Zweifel ist nicht anzunehmen, daß die neue Verbindlichkeit an Erfüllungsstatt übernommen sei." Der Antrag wurde durch Mehrheitsbeschluß gebilligt. Man war der Ansicht: Der ausschließlich den dinglichen, nicht auch den obligatorischen Vertrag betreffende § 2 des Entwurfs lasse sich nicht füglich so verstehen, daß in dem ersten Absatz enthalten sei, was der Antrag in Vorschlag bringe. Aus der obigen Erörterung erhelle aber zur Genüge, wie wichtig es sei, mit größester Deutlichkeit zu reden. Der Antrag sei auch vollkommen geeignet, die oben angeregten Bedenken zu erledigen. Der erste Absatz schaffe Klarheit, daß im Falle der Vereinbarung, an Stelle der geschuldeten Leistung solle als Ersatz derselben eine andere Verbindlichkeit treten, die bisherige Schuldverpflichtung gerade so, wie durch Erfüllung, erlösche und eine ganz neue Verbindlichkeit an ihre Stelle trete, die in der alten nur ihre causa habe. Der zweite Absatz stelle dagegen, indem er einem praktischen Bedürfnis Rechnung trage und zur Befestigung der Rechtssicherheit diene, die dem geltenden Rechte entsprechende interpretative Rechtsnorm auf, ein Vertrag der fraglichen Art werde nicht vermutet. 145. Sitzung vom 24. 11. 1882, Schriftführer v. Liebe 2
S. bei § 433 und § 459 BGB.
622
1. Titel: Erfüllung
§§ 362, 364, 365
I Die Berathung des Theilentwurfs (Nr. 27) des Obligationenrechts, welcher die |Proti 1379 Erfüllung betrifft, wurde fortgesetzt. Man billigte zunächst, entsprechend den Ausführungen in den Motiven, daß an dieser Stelle Vorschriften über die Wirkung der abstrakten Quittung nicht aufzunehmen seien und behielt sich vor, auf den Gegenstand bei Berathung des Abschnitts über den Schulderlaß oder über den Anerkennungsvertrag zurückzukommen. Zu § 3 des Entwurfs, welcher lautet: „Hat ein in der Geschäftsfähigkeit beschränkter Schuldner die geschuldete Leistung behufs Erfüllung seiner Verbindlichkeit bewirkt, so kann das Geleistete nicht zurückgefordert werden, wenn die Verbindlichkeit gültig und fällig war."
T E - O R (Nr 27)
S3
waren folgende Anträge gestellt: 1. den § 3 durch folgende Bestimmung zu ersetzen: Kurlbaum „Die von einem geschäftsunfähigen Schuldner (zum Zwecke der Erfüllung) be(Nr 197) wirkte Leistung wirkt als Erfüllung, wenn die Erfüllung dem Gläubiger nicht verweigert werden konnte." (NB: Voraussetzung ist nicht bloß Gültigkeit | der Verbindlichkeit, sondern auch Abwesenheit der Einreden. Gültigkeit der Leistung, statt Ausschluß der Rückforderung, weil bei den hauptsächlich in Frage stehenden Veräußerungen das Recht übergehen soll. Ausdehnung auf Geschäftsunfähige wegen der Gleichheit des Grundes und des bestehenden Rechts.)
I P r o t ! 1380
2. den § 3 zu streichen, eventuell denselben wie folgt zu fassen: „Hat ein Geschäftsunfähiger oder in der Geschäftsfähigkeit beschränkter Schuldner dem Gläubiger zum Zwecke der Erfüllung eine Leistung gemacht, so wirkt dieselbe insoweit als Erfüllung, als der Gläubiger dadurch erhalten hat, was ihm nicht verweigert werden durfte." (NB: Durch die vorgeschlagene Fassung soll im Gegensatz zu dem Antrage zu 1 zum Ausdruck gebracht werden, daß eine Veräußerung, welche nach §§41 und 42 des Allg. Theils nichtig oder unwirksam ist, auf Grund dieses Paragraphen nicht wirksam wird.)
Planck (Nr 201, 2)
3. den § 3 wie folgt zu fassen: „Hat ein Geschäftsunfähiger oder in der Geschäftsfähigkeit beschränkter Schuldner in der Absicht der Schuldtilgung eine Leistung bewirkt, so kann das Geleistete nicht zurückgefordert werden, wenn die bewirkte Leistung dem Gläubiger nicht verweigert werden konnte."
Gebhard (Nr 203)
Die Mehrheit beschloß die Streichung des § 3. Erwogen war: I Habe ein geschäftsunfähiger oder in der Geschäftsfähigkeit beschränkter I P r o t i 1381 Schuldner die ihm obliegende Leistung bewirkt, so müßten die allgemeinen Grundsätze ergeben, welche rechtliche Wirkungen sich an die Leistung knüpfen. Sofern nicht besondere Gründe ein Anderes rechtfertigen, habe der Gesetzgeber der Wissenschaft zu überlassen, diese Wirkungen zu bestimmen. Sollte es bei den aus den allgemeinen Grundsätzen sich ergebenden Konsequenzen bleiben, so würde der Gesetzgeber auch wegen Verschiedenheit der in Betracht kommenden Fälle kaum im Stande sein, ohne eine umfassende Kasuistik den Gegenstand zu erschöpfen. Es 623
§ § 362, 364, 3 6 5
3. Abschnitt: Erlöschen der Schuldverhältnisse
frage sich, ob nicht zu unterscheiden sein werde, einmal nach der Persönlichkeit des Schuldners, ob dieser geschäftsunfähig oder nur in der Geschäftsfähigkeit beschränkt sei, sodann nach der Beschaffenheit des Schuldverhältnisses, ob eine Sache oder Handlung geschuldet werde, ob eine einfache oder eine alternative Obligation vorliege, ob der Gegenstand der Leistung individuell oder der Gattung nach bestimmt und in letzterem Falle, ob es sich um vertretbare Quantitäten handle, und endlich nach der Beschaffenheit der Erfüllungshandlung, ob nur eine thatsächliche Leistung erfolgt oder ein Rechtsgeschäft geschlossen sei. Die erschöpfende Regelung würde zudem nöthigen, die Fragen über das rechtliche Wesen der Erfüllung zu lösen, deren Erledigung nach den ζμπι § 1 gefaßten Beschlüssen nicht für angemessen erachtet sei. Wie schon bemerkt sei, dürfe der vorstehende Gesichtspunkt nicht allein den Ausschlag geben. IProti 1382 | Besondere Vorschriften würden nicht zu umgehen sein, wenn dieselben als nöthig sich erweisen, entweder im Interesse der Rechtssicherheit, um vorauszusehenden, für den Rechtsverkehr schädlichen Streitfragen vorzubeugen, oder behufs Erreichung eines wichtigen praktischen Zwecks, welche von der Anwendung der allgemeinen Grundsätze sich nicht erwarten lasse. In der letzteren Beziehung sei anzuerkennen, daß der § 3 und in noch größerem Maße die auf Erweiterung desselben gerichteten Anträge, indem sie klares und einfaches Recht schaffen, nicht unerhebliche Vortheile in Aussicht stellten. Andererseits seien jedoch die Fälle, worüber bestimmt werden solle, von nur geringer praktischer Bedeutung, und könnten nur selten zu Streitigkeiten führen. Wenn der geschäftsunfähige oder in der Geschäftsfähigkeit beschränkte Schuldner in der von ihm bewirkten Weise erfüllen mußte, werde die Angelegenheit regelmäßig als erledigt gelten. Demzufolge sei ein Bedürfniß zu besonderen Vorschriften zu verneinen. Der § 4 des Entwurfs lautet: TE-OR (Nr 27) „Ist an einen in der Geschäftsfähigkeit beschränkten Gläubiger behufs Erfüllung S 4 geleistet worden, so kann der Schuldner das Geleistete gegen die Forderung des Gläubigers insoweit zur Aufrechnung bringen, als dieser bereichert ist." Es lagen folgende Anträge vor: Planck (Nr 201,3) IProti 1383
1. den § 4 durch folgende Bestimmung zu ersetzen: „Die an einen in der Geschäftsfähigkeit | beschränkten Gläubiger behufs der Erfüllung gemachte Leistung wirkt als Erfüllung, wenn der gesetzliche Vertreter des in der Geschäftsfähigkeit beschränkten Gläubigers sie als solche genehmigt. Die Vorschriften des § 42 der Zusammenstellung des allgemeinen Theils finden hierbei entsprechende Anwendung."
Windscheid (Nr 202)
2. die Schlußworte des § 4 in folgender Weise zu fassen: . . so steht dem Schuldner gegen die Forderung des Gläubigers eine Einrede zu, so weit der Gläubiger das Geleistete hat oder aus demselben bereichert ist." Der Antrag 1 wurde dahin ergänzt, daß die vorgeschlagene Vorschrift entsprechende Anwendung finden solle, wenn von einem in der Geschäftsfähigkeit beschränkten Schuldner die Leistung bewirkt sei.
Gebhard (Nr 203, 2)
Daneben war der Streichungsantrag gestellt. 624
1. Titel: Erfüllung
§§ 362, 364, 365
Darüber bestand kein Zweifel, daß der Antrag 1 eine selbständige und von dem Kurlbaum § 4 unabhängige Vorschrift enthalte, die ihre volle Bedeutung bewahre, möge der (Nr 197)3 § 4 angenommen oder abgelehnt werden. Die Mehrheit erklärte sich gegen die Aufnahme der im Antrage 1 vorgeschlagenen Bestimmung. Sie erachtete eine solche Vorschrift wegen der Beschlüsse vom 28. und 31. Oktober 1881, Protokolle Seite 69 und 76 (Zusammenstellung der beschlossenen Bestimmungen des allgemeinen Theils §§ 42, 43) für selbstverständlich, folglich für überflüssig, und höchstens für nöthig, die Fassung der Paragraphen zu berichtigen, worüber gegenwär- | tig jedoch nicht entschieden werden könne, weil | Prot 11384 die Entscheidung nöthigen würde, auf einen wichtigen bereits erledigten Gegenstand in großem Umfange zurückzukommen. Die Mehrheit entschied sodann gegen die Aufnahme des § 4, beziehungsweise der in dem Antrage 2 vorgeschlagenen, nur eine Ergänzung und Berichtigung des § 4 bezweckenden Bestimmung. Sie glaubte, zur Aufnahme des § 4 bestehe noch weniger ein Bedürfniß, als zu der des § 3, da dasjenige, was der § 4 enthalte, als richtig sich nicht bezweifeln lasse, während fraglich werden könnte, ob er nicht in der Beschränkung auf die Kompensationseinrede zu irrigen Folgerungen zu verleiten geeignet sei, die auch im Falle der durch den Antrag 2 vorgeschlagenen Erweiterung nicht völlig ausgeschlossen erschienen. Zu § 5 des Entwurfs, welcher lautet: „Die zum Zwecke der Erfüllung an einen Anderen als den Gläubiger oder dessen befugten Stellvertreter geschehene Leistung wirkt als Erfüllung nur dann, wenn die Genehmigung von Seiten des Gläubigers erfolgt." war beantragt eine andere Fassung dahin: „Die an einen Anderen als den Gläubiger zum Zwecke der Erfüllung ohne befreiende Wirkung gemachte Leistung wirkt als Erfüllung, wenn der Gläubiger die Leistung genehmigt. Die Genehmigung hat rückwirkende Kraft, vorbehaltlich der in der Zwischenzeit erworbenen Rechte Dritter." Der Antrag wurde angenommen. Man fand darin nur eine angemessene Berichtigung und I Ergänzung des im Prinzip unbeanstandet gebliebenen § 5. Wenn der Antrag das Wort „nur"übergeht, so erachtete man dies Uebergehen f ü r richtig, weil auch noch in anderen Fällen die fragliche Wirkung eintreten könne. Wenn ferner der Antrag auf die rückwirkende Kraft der Genehmigung verweiset, so sah man auch hierin eine aus dem Prinzip des Beschlusses vom 16. Dezember 1881, Protokolle Seite 248 (Zusammenstellung der beschlossenen Bestimmungen des allgemeinen Theils § 96) sich rechtfertigende Verbesserung. Hinzuzufügen, daß die Genehmigung ausdrücklich oder stillschweigend dem einen oder anderen Theile gegenüber erteilt werden könne und formfrei sei, hielt man auch vorliegend für entbehrlich, vergleiche Protokolle Seite 1352 — 1355. Von Neuem kam aber zur Sprache, wie nothwendig es sein werde, später dem Allgemeinen Theile eine Bestimmung einzuverleiben, aus welcher erhelle, wie die zur Wirksamkeit eines Rechtsgeschäfts oder einer Rechtshandlung erforderliche Ratihabition eines Drit-
3
Der Antrag Kurlbaums ist wie folgt begründet: Mit der Ausführung der Motive, daß über die Voraussetzungen der Bereicherungsklage nichts bestimmt werden solle, stimmt der Entwurf m. E. nicht überein. Er hätte demnach nur die Aufrechnung mit dem Ansprüche aus der Bereicherung erwähnen dürfen. Diese Erwähnung ist, wenn besonderes nicht bestimmt wird, entbehrlich.
625
TE-OR (Nr 27) §5 Windscheid (Nr 202)
|Proti 1385
§ § 3 6 2 , 364, 365
3. Abschnitt: Erlöschen der Schuldverhältnisse
ten, sofern nicht ein Anderes für einen speziellen Fall bestimmt werde, zu ertheilen sei, und daß sie zurückwirke.
ZustOR ξ 232 ZustOR ξ 233
ZustOR § 234
ZustOR § 235
II. In der ZustOR haben die beschlossenen Bestimmungen als §§ 232, 233, 234 und 235 die Fassung: Das Schuldverhältniß erlischt, wenn die dem Schuldner obliegende Leistung bewirkt wird. Das Schuldverhältniß erlischt, wenn der Gläubiger statt der dem Schuldner obliegenden Leistung eine andere Leistung an Erfüllungsstatt annimmt. Es erlischt insbesondere auch dann, wenn der Schuldner durch Vertrag mit dem Gläubiger eine neue Verbindlichkeit gegen diesen an Erfüllungsstatt übernimmt. Im Zweifel ist nicht anzunehmen, daß die neue Verbindlichkeit an Erfüllungsstatt übernommen sei. Wird eine Sache oder ein Recht an einer Sache oder wird eine Forderung gegen einen Dritten an Erfüllungsstatt angenommen, so finden im ersten Falle die Vorschriften über die Gewährleistung des veräußerten Rechts und über die Gewährleistung wegen Mängel und im letzten Falle die Vorschriften über die Haftung für eine abgetretene Forderung Anwendung. Die an einen Anderen als den Gläubiger zum Zwecke der Erfüllung erfolgte Leistung wirkt als Erfüllung, wenn der Gläubiger die Leistung genehmigt. Die Genehmigung wirkt auf die Zeit zurück, in welcher die Leistung erfolgt ist. Die in der Zwischenzeit von Dritten erworbenen Rechte bleiben unberührt 4 . Zu § 235 ZustOR wurde beantragt, den zweiten und dritten Satz zu streichen und an Stelle dieser Sätze zu bestimmen: „Die Genehmigung kann dem Leistenden oder dem Empfänger der Leistung gegenüber erklärt werden. Die Bestimmung des § 67 a des Allgemeinen Theils (Abs. 2 und) Abs. 4 findet entsprechende Anwendung." Vergi. Protokoll Seite 1385. — § 283 des Obligationenrechts wird einer Ergänzung nicht bedürfen. Der Antrag wurde in der Beschränkung auf die Streichung des zweiten und dritten Satzes des § 235 genehmigt, während die vorgeschlagene Ersatzbestimmung durch Mehrheitsbeschluß als entbehrlich abgelehnt wurde. (Prot I 3219, 3220, 3221.) III. Im KEsind die Bestimmungen in §§261, 262, 263, 264 enthalten. Die Fassung der §§ 261, 262 entspricht derjenigen der §§ 232, 233 ZustOR.
KE § 263
§ 263 lautet: Wird eine Sache, eine Forderung gegen einen Dritten oder ein anderes Recht an Erfüllungsstatt angenommen, so finden die Vorschriften über die Gewährleistung des veräußerten Rechts, im Falle der Annahme einer Forderung die Vorschriften über die Haftung für eine abgetretene Forderung, im Falle der Annahme einer Sache außerdem die Vorschriften über die Gewährleistung wegen Mängel der veräußerten Sache Anwendung. 4
Dazu ist angemerkt: „Auf S. 1385 ist vorbehalten, später in den Allgemeinen Theil eine Bestimmung aufzunehmen, aus welcher erhellt, wie die zur Wirksamkeit eines Rechtsgeschäfts oder einer Rechtshandlung erforderliche Ratihabition eines Dritten, sofern nicht ein Anderes für einen speziellen Fall bestimmt wird, zu erteilen ist und daß sie zurückwirkt." §291 KE s. bei § 398 BGB.
626
1. Titel: Erfüllung
§§ 362, 364, 365
Die Protokolle (S. 3552) enthalten dazu den Antrag und Beschluß, in § 263 die Kurlbaum vorläufig erfolgte Fassungsänderung mit der Maßgabe zu genehmigen, daß noch (Nr 570 IV 2) eingeschaltet wird hinter „Sache" (Z. 1), „eine Forderung gegen einen Dritten", sowie vor „Recht": „anderes" und hinter „Mängel" (letzte Z.) „der veräußerten Sache" (NB: die Worte sind versehentlich ausgefallen). § 264 KE hat die Fassung: Die an einen Anderen als den Gläubiger zum Zwecke der Erfüllung erfolgte KE § 264 Leistung wirkt als Erfüllung, wenn der Gläubiger die Leistung genehmigt. Auf Antrag wurde beschlossen, die Fassung als § 264 KE aus redaktionellen Gebhard Gründen wie folgt zu ändern: (Nr 577, 4) „Wird an einen Anderen als den Gläubiger zum Zwecke der Erfüllung geleistet, so wirkt die Leistung als Erfüllung, wenn sie mit Einwilligung des Gläubigers erfolgt; sie wird als Erfüllung wirksam, wenn der Gläubiger die Leistung genehmigt". (Prot 16179, 6182) Dem Beschluß ist hinzugefügt: Zu vergleichen § 235 ZustOR und Prot 3219, 3220, 3231 und der Antrag zu 5 § 291 Satz 1*. Bei der 2. Beratung des KE wurde beantragt, § 264 Satz 2 zu fassen:
Kurlbaum (Nr 586, 4)
I „sie wird als Erfüllung wirksam, wenn sie von dem Gläubiger genehmigt wird, | Prot I 11734 oder wenn der Empfänger die Forderung erwirbt, oder wenn der Empfänger von dem Gläubiger beerbt wird und das Erlöschen des Inventarrechtes eintritt." Der Antrag wurde abgelehnt. Man erwog : Der Antrag bezwecke, im Anschlüsse an die Vorschriften der §§ 308, 818, 8596 den Eintritt der | Konvaleszenz der an |ProtI 11735 einen Anderen als den Gläubiger zum Zwecke der Erfüllung erfolgten Leistung für die Fälle außer Zweifel zu stellen, wenn der Empfänger der Leistung die Forderung erwirbt oder wenn der Empfänger von dem Gläubiger beerbt wird. Es lasse sich aber bezweifeln, ob die in jenen Vorschriften und die hier in Rede stehenden Fälle immer der gleichen Beurtheilung unterliegen. Für einfache Fälle werde das Resultat, welches der Antrag in Aussicht nehme, sich unschwer ergeben und die Anwendung des Konvaleszenzprinzipes um so weniger einem Anstand unterliegen, als dieses Prinzip nach der im Fortgange der Berathung festgestellten Auffassung der Kommission ein allgemeines sei, welches in geeigneten Fällen die analoge Anwendung zulasse (vgl. Protokolle S. 6381 —6383). Es seien aber Komplikationen denkbar, in welchen durch das Eingreifen anderer allgemeiner Grundsätze die Anwendung des Konvaleszenzprinzipes ausgeschlossen werden könnte, insbesondere, wenn die Rückforderung des Geleisteten durch den Wegfall der Bereicherung beschränkt sei. Ein Grund, durch eine positive Bestimmung zu Gunsten des genannten Prinzipes zu entscheiden, liege um so weniger vor, als es sich überhaupt nur um seltene Fälle handele. Zu bemerken sei nur, daß aus der Vorschrift des § 308 allein der Eintritt der Konvaleszenz in den Fällen, welche der Antrag im Auge habe, nicht abgeleitet werden dürfe, weil § 308 nur bestimme, die Abtretung werde (ex nunc) wirksam, ohne sich über die Wirksamkeit der in die Zwischenzeit fallenden Solutionsgeschäfte auszusprechen.
5
6
Dem Antrag ist hinzugefügt: (vgl. §§ 307, 308), s. den Wortlaut dieser Vorschriften bei § 185 BGB. S. diese Vorschriften bei §§ 185, 873, 929 BGB. 627
§ § 362, 364, 3 6 5
3. Abschnitt: Erlöschen der Schuldverhältnisse
IV. Im E I sind die §§261, 262, 263 KE in unveränderter Fassung in §§263, 264, 265 enthalten. § 264 KE hat als § 266 die auf Antrag von Gebhard (s. o.) beschlossene Fassung.
B. Vorkommission des Reichsjustizamtes I. Beantragt war: 1. Die §§ 263, 264, wie folgt, zusammenzufassen: Ein Schuldverhältniß erlischt, wenn die geschuldete Leistung bewirkt wird oder statt derselben der Gläubiger eine andere Leistung annimmt. Dies gilt insbesondere auch dann, wenn der Schuldner an Stelle der geschuldeten Leistung mit Zustimmung des Gläubigers eine neue Verbindlichkeit gegen diesen übernimmt. Jacubezky 2. Im § 264 Satz 2 und 3 zu streichen.
Struckmann (Nr 1, 36)
(Nr 4, 40) Struckmann (Nr 1, 37)
Jacubezky (Nr 4, 41) Struckmann (Nr 1, 38)
Jacubezky (Nr 4, 42) I ProtRJA 234
I ProtRJA 235
E I-RJA § 266
3. Den § 265 zu fassen: Wird eine Sache, eine Forderung gegen einen Dritten oder ein anderes Recht an Erfüllungsstatt gegeben, so finden die Vorschriften über Gewährleistung des veräußerten Rechtes und im Falle der Annahme einer Sache auch die Vorschriften über Gewährleistung wegen Mängel Anwendung. 4. Den § 265 als Absatz 2 in den § 264 aufzunehmen. 5. Dem § 266 folgende Fassung zu geben: Die mit Zustimmung des Gläubigers an einen Anderen zum Zwecke der Erfüllung erfolgte Leistung wirkt als Erfüllung. 6. Den § 266 zu streichen. II. 43. Sitzung vom 8. 9. 1891 I Der § 263 wurde nicht beanstandet. Im § 264 Satz 1 wurde statt „der dem Schuldner obliegenden Leistung" gesetzt „statt der geschuldeten Leistung". Der Satz 2 wurde gestrichen, weil er nur eine Exemplifikation enthalte und zu dem Mißverständnisse verleite, als ob in anderer Art die Umwandelung einer Verbindlichkeit in eine andere überhaupt ausgeschlossen sei. Der Satz 3 sei, auch wenn man den Satz 1 aufrechterhalten wolle, überflüssig, da sich aus allgemeinen Grundsätzen ergebe, daß der, welcher behaupte, daß durch die neue Verbindlichkeit die alte habe getilgt werden sollen, dies beweisen müsse. I Der § 265 wurde nicht beanstandet. Der § 266 erhielt folgende Fassung: Die mit Zustimmung des Gläubigers an einen Anderen zum Zwecke der Erfüllung erfolgte Leistung wirkt als Erfüllung.
C. 2. Kommission (Prot. II Bd. 1, S. 333 f; Mugdan, Bd. 2, S. 541 f) I. Beantragt war 1. § 263 zu fassen: Das Schuldverhältniß erlischt, wenn die geschuldete Leistung bewirkt wird.
Struckmann (Nr 1, 46)
628
1. Titel: Erfüllung
§ § 3 6 2 , 364, 3 6 5
Der sachlich mit dem Entw. übereinstimmende Antrag fand Annahme. 2. die §§ 264, 265 dahin zusammenzufassen: Das Schuldverhältniß erlischt, wenn der Gläubiger statt der geschuldeten Leistung eine andere Leistung annimmt 7 . Wird eine Sache, eine Forderung gegen einen Dritten oder ein anderes Recht an Erfüllungsstatt gegeben, so finden die Vorschriften über Gewährleistung des veräußerten Rechts und im Falle der Annahme einer Sache auch die Vorschriften über Gewährleistung wegen Mängel Anwendung.
Struckmann (Nr 1, 47)
Die Kom. beschloß, die Vorschriften des § 264 Satz 2, 3 aufrechtzuerhalten, im übrigen aber den Antrag anzunehmen. 3. Zu § 266 lagen die Anträge vor a) die Vorschrift zu streichen, b) sie in nachstehender Fassung aufrechtzuerhalten: Wird an einen Anderen als den Gläubiger zum Zwecke der Erfüllung geleistet, so finden die Grundsätze des § 127 c (BGB § 185) Anwendung.
Struckmann (Nr 1,48)
Die Kom. nahm den Antrag 2 an. II. Die beschlossenen Bestimmungen lauten in der VorlZust der Beschlüsse der 2. Kom.: E I-VorlZust
Das Schuldverhältniß erlischt, wenn die geschuldete Leistung bewirkt wird.
S 263
Das Schuldverhältniß erlischt, wenn der Gläubiger eine andere als die geschuldete Leistung an Erfüllungsstatt annimmt. Uebernimmt der Schuldner behufs Erfüllung seiner Verbindlichkeit durch Vertrag mit dem Gläubiger eine neue Verbindlichkeit gegen denselben, so ist im Zweifel nicht anzunehmen, daß die neue Verbindlichkeit an Erfüllungsstatt angenommen sei. Wird eine Sache, eine Forderung gegen einen Dritten oder ein anderes Recht an Erfüllungsstatt gegeben, so finden die Vorschriften über Gewährleistung des veräußerten Rechts und im Falle der Annahme einer Sache auch die Vorschriften über Gewährleistung wegen Mängel Anwendung.
E I-VorlZust S 264
E I-VorlZust S 265
Die Fassung des § 266 entspricht dem von der Kom. beschlossenen Antrag. III. —V. In der ZustRedKom hat § 263 die Fassung: Das Schuldverhältniß erlischt, wenn die geschuldete Leistung an den Gläubiger E I-ZustRedKom bewirkt wird. § 263 Wird an einen Anderen zum Zwecke der Erfüllung geleistet, so finden die V o r schriften des § 127 c Anwendung. Damit liegt die im E II in § 311, im E II rev in § 356 enthaltene und in § 362 BGB Gesetz gewordene Fassung vor.
7
Die Prot, enthalten dazu den Zusatz: (oder: eine andere als die geschuldete Leistung an Erfüllungsstatt annimmt).
629
§§ 366,367
3. Abschnitt: Erlöschen der Schuldverhältnisse
§ 264 lautet in der ZustRedKom: E I-ZustRedKom Das Schuldverhältnis erlischt, wenn der Gläubiger eine andere als die geschul$ 264 dete Leistung an Erfüllungsstatt annimmt. Hat der Schuldner dem Gläubiger gegenüber zum Zwecke der Befriedigung desselben eine neue Verbindlichkeit übernommen, so ist im Zweifel nicht anzunehmen, daß die neue Verbindlichkeit an Erfüllungsstatt übernommen sei. Im E l l ist die Vorschrift in § 313 enthalten; der Anfang des 2. Absatzes lautet hier: „Hat der Schuldner zum Zwecke der Befriedigung des Gläubigers diesem gegenüber eine neue . . Im Ell rev ist die Bestimmung des § 3 1 3 E I I i n § 3 5 8 enthalten. Sie hat hier die in § 364 BGB Gesetz gewordene Fassung erhalten. § 265 E I ZustRedKom ist im Ell in § 314, im E II rev in § 359 enthalten. Die Fassung ist in allen §§ gleich derjenigen des § 365 BGB.
§366 Ist der Schuldner dem Gläubiger aus mehreren Schuldverhältnissen zu gleichartigen Leistungen verpflichtet und reicht das von ihm Geleistete nicht zur Tilgung sämmtlicher Schulden aus, so wird diejenige Schuld getilgt, welche er bei der Leistung bestimmt. Trifft der Schuldner keine Bestimmung, so wird zunächst die fällige Schuld, unter mehreren fälligen Schulden diejenige, welche dem Gläubiger geringere Sicherheit bietet, unter mehreren gleich sicheren die dem Schuldner lästigere, unter mehreren gleich lästigen die ältere Schuld und bei gleichem Alter jede Schuld verhältnismäßig getilgt.
§367 Hat der Schuldner außer der Hauptleistung Zinsen und Kosten zu entrichten, so wird eine zur Tilgung der ganzen Schuld nicht ausreichende Leistung zunächst auf die Kosten, dann auf die Zinsen und zuletzt auf die Hauptleistung angerechnet. Bestimmt der Schuldner eine andere Anrechnung, so kann der Gläubiger die Annahme der Leistung ablehnen.
A. 1. Kommission I. 145. Sitzung vom 24. 11. 1882, Schriftführer v. Liebe I Der § 6 des Entwurfs lautet:
I P r o t i 1385
„Bestehen zwischen einem Schuldner und demselben Gläubiger mehrere §6 Schuldverhältnisse mit gleichartigem Leistungsinhalt und reicht die von ersterem zum Zwecke der Schuldtilgung bewirkte Leistung nicht aus, um sämmtliche SchulI P r o t i 1386 den zu tilgen, so ist diejenige Schuld getilgt, welche der | Schuldner tilgen zu wollen bei der Leistung erklärt hat."
T E - O R (Nr 27)
630
1. Titel: Erfüllung
§§ 366,367
Folgende Anträge lagen vor: 1. dem § 6 folgende Vorschrift vorauszuschicken : „Eine Leistung, welche zur Tilgung der Hauptschuld nebst Zinsen und Kosten nicht ausreicht, muß sich der Schuldner zunächst auf die rückständigen Zinsen und Kosten anrechnen lassen. Die Bestimmung des § 173 (Zusammenstellung der Bestimmungen des Obligationenrechts 1 ) bleibt unberührt."
Derscheid (Nr 204)
2. den § 6 durch folgende Bestimmung zu ersetzen: „Reicht die von einem Schuldner, welcher demselben Gläubiger aus mehreren Schuldverhältnissen zu gleichartigen Leistungen verpflichtet ist, zum Zwecke der Schuldtilgung gemachte Leistung nicht aus, um sämmtliche Schulden zu tilgen, so entscheidet darüber, welche Schuld durch die Leistung getilgt sei, das Uebereinkommen der Betheiligten, und in Ermangelung eines solchen die von dem Schuldner bei der Leistung getroffene Bestimmung. H a t auch der Schuldner keine Bestimmung getroffen, so wird durch die Leistung in erster Linie die fällige Schuld, unter mehreren fälligen Schulden die dem Schuldner lästigere, unter mehreren gleichlästigen die ältere, und bei gleichalterigen jede der mehreren Schulden verhältnißmäßig getilgt."
Schmitt (Nr 205)
Beschlossen wurde, zunächst den § 6 des Entwurfs zu erledigen : I Derselbe war unbeanstandet geblieben. N u r lag in Gemäßheit des Antrags 2 der Vorschlag vor, hervorzuheben, daß in erster Reihe das Uebereinkommen der Betheiligten entscheide. Die Mehrheit erklärte sich gegen einen solchen Zusatz, weil er nur Selbstverständliches enthalte aber auch irreführen könne, insofern er das Mißverständniß hervorzurufen geeignet sei, ein nachträgliches Uebereinkommen habe rückwirkende Kraft. Die Berathung wandte sich zur Erledigung des Antrags 1. Derselbe wurde durch Mehrheitsbeschluß abgelehnt. Die Mehrheit war der Ansicht: Es fehle an hinreichenden Gründen, das einseitige Bestimmungsrecht des Schuldners in dem unterstellten Falle auszuschließen. Werde einmal jenes Recht anerkannt, so sei es eine Anomalie, die Bestimmung des Schuldners in jenem Falle für unwirksam zu erklären; daß das Interesse des Gläubigers, wenn es bei der Regel verbleibe, leiden könne, dürfe nicht den Ausschlag geben; das Interesse des Gläubigers könne noch in anderen Fällen durch das Bestimmungsrecht des Schuldners und sogar noch weit empfindlicher geschädigt werden; sei der Gläubiger mit der Bestimmung des Schuldners als seine Rechte verletzend und weil er zur Annahme einer Theilzahlung sich nicht verbunden erachte, nicht einverstanden, so möge er ablehnen. Eine andere Entscheidung würde sich vielleicht rechtfertigen lassen, wenn der Gläubiger wegen der Zinsen- und Kostenforderung keine Klagerechte habe. Allein eine solche Voraussetzung erscheine nach den gefaßten Beschlüssen ausgeschlossen. I Der § 7 des Entwurfs lautet:
| Prot 11388
„ H a t der Schuldner im Falle des § 6 eine Bestimmung nicht getroffen, so ist, wenn der Gläubiger bei Annahme der Leistung oder in der Quittung die Schuld bestimmt und der Schuldner dieser Bestimmung nicht sofort widersprochen und die Quittung widerspruchslos angenommen hat, die von dem Gläubiger bestimmte Schuld durch die Leistung getilgt. 1
|Proti 1387
S. bei S 266 BGB. 631
TE-OR (Nr 27) §7
§§ 366, 367
3. Abschnitt: Erlöschen der Schuldverhältnisse
Hat weder der Schuldner noch der Gläubiger eine Bestimmung getroffen, oder der Schuldner der von dem Gläubiger getroffenen Bestimmung sofort widersprochen, so wird durch die Leistung in erster Linie die fällige Schuld, unter mehreren fälligen Schulden die dem Schuldner lästigere, unter mehreren gleichlästigen die ältere, und bei gleichaltrigen jede der mehreren Schulden verhältnismäßig getilgt." Schmitt (Nr 205)
I Prot I 1389
Es lag der Antrag vor, den § 7 dahin zu fassen : „Reicht die von dem Schuldner zum Zwecke der Schuldtilgung gemachte Zahlung nicht aus, um Hauptschuld, Zinsen und Kosten zu decken, so finden die Bestimmungen des § 6 Absatz 1 entsprechende Anwendung. Die Annahme einer Zahlung, bei welcher der Schuldner bestimmt hat, daß dieselbe zunächst auf die Hauptschuld anzurechnen sei, kann im Falle der Unzureichendheit für Hauptschuld, Zinsen und Kosten verweigert werden. Hat auch der Schuldner keine Bestimmung getroffen, so werden durch die Zahlung in erster Linie die Kosten, dann die Zinsen getilgt." Zunächst wurde der erste Absatz des § 7 zur Be-1 rathung gestellt. Die Mehrheit entschied in Uebereinstimmung mit dem Antrage für die Streichung. Sie war der Ansicht: Wenn der Gläubiger sofort nach dem Empfange bestimme, auf welche Forderung anzurechnen sei, und wenn der Schuldner dazu schweige, so habe sich dieser mit der Bestimmung des Gläubigers einverstanden erklärt. Dieser Fall bedürfe daher keiner Erledigung. In Betracht komme nur der Fall, in welchem der Gläubiger in der Quittung die Anrechnung bestimme. Einer solchen Bestimmung könne doch nur eine Bedeutung beigelegt werden, wenn der Schuldner ihr nicht widerspreche. Dadurch verliere die Vorschrift den größesten Theil ihres praktischen Werths, weil in vielen Fällen Streit entstehen werde, ob rechtzeitig widersprochen sei oder nicht. Sodann lasse sich das, wenn auch nur abgeschwächte, Bestimmungsrecht des Gläubigers aus inneren Gründen nicht rechtfertigen. Es wolle nicht einleuchten, wie der Gläubiger die Befugniß haben könne, über den animus solvendi des Schuldners nachträglich und vielleicht erst geraume Zeit nach der Leistung eine Entscheidung zu treffen, der sich der Schuldner nur durch rechtzeitigen Widerspruch zu entziehen im Stande sei. 146. Sitzung vom 27. 11. 1882, Schriftführer von Liebe
I Prot! 1391
I Die Berathung des Theilentwurfs des Obligationenrechts (Nr. 27) „Erfüllung" wurde in Ansehung des noch nicht erledigten § 7 des Entwurfs fortgesetzt. Man beschloß, den § 7 Absatz 2 unter Ausscheidung des Falls zu erledigen, wenn der Schuldner neben dem Kapital noch Zinsen und Kosten verschuldet. Darüber bestand kein Zweifel, daß nach Ablehnung des ersten Absatzes die Vorschriften des zweiten Absatzes des § 7 stets und immer anwendbar würden, sobald von Seiten des Schuldners bei der Leistung eine Bestimmung, welche Schuld getilgt werden solle, nicht getroffen sei. Gegen die Vorschriften selbst wurde im Allgemeinen keine Erinnerung erhoben. Man fand dieselben angemessen, weil sie in Uebereinstimmung mit dem Bestimmungsrechte des Schuldners nicht das Interesse des Gläubigers, sondern das Interesse beziehungsweise den mutmaßlichen Willen des Schuldners vorzugsweise berücksichtigten und daneben die aus praktischen Gründen sich wenig empfehlende verhältnißmäßige Abrechnung möglichst zu verI Proti 1392 meiden suchten. Fraglich wur- | de nur, ob es nicht richtiger sei, an Stelle der früheren Entstehung die frühere Fälligkeit der einzelnen Forderungen für entschei632
1. Utel: Erfüllung
§§ 366,367
dend zu erklären. Ein Antrag, der früheren Fälligkeit den Vorzug zu geben, fand jedoch nicht die Zustimmung der Mehrheit. Diese glaubte, die Bestimmung des Entwurfs werde zu geringeren praktischen Schwierigkeiten führen, denn die Zeit der Entstehung der einzelnen Forderungen werde meist leichter zu ermitteln sein, als die der Fälligkeit derselben. Es wurde zur Erörterung des Falls übergegangen, wenn neben dem Kapital Zinsen und Kosten verschuldet werden. In Gemäßheit des im vorigen Protokoll mitgetheilten Antrags zu § 7 (S. 1388) war über zwei Fragen zu entscheiden, nämlich 1. über die Frage, wie abzurechnen sei, wenn der Schuldner eine Bestimmung nicht getroffen hat; 2. über die Frage, ob der Gläubiger die Leistung verweigern dürfe, wenn der Schuldner bei der Leistung die Anrechnung auf das Kapital bestimmt. Zur ersten Frage überzeugte man sich, daß kein Grund obwalte, nur Zahlungen im engeren Sinne zu berücksichtigen, daß ferner nicht blos der Fall in Betracht zu ziehen sei, wenn der Schuldner selbst die Leistung bewirkt, sondern daß auch diejenigen Fälle gewürdigt werden müßten, in welchen ohne Mitwirkung des Schuldners ζ. B. im Zwangsvollstreckungsverfahren, im Distributionsverfahren, im Konkurse pp. geleistet wird. Sodann zeigte sich Einverständniß, daß es sachgemäß sei, für alle erwähnten Fälle im Anschluß an das geltende Recht (zu vergi, insbes. Reichs-Konkursordnung § 40), die Abrechnung zunächst auf die Kosten, dann auf die Zinsen und | zuletzt auf das Kapital vorzuschreiben, daß ferner nach den in der | Prot I 1393 vorigen Sitzung gefaßten Beschlüssen das Bestimmungsrecht des Schuldners unberührt bleiben müsse. Demzufolge wurde die Aufnahme der Bestimmung beschlossen: „Hat der Schuldner, außer der Hauptforderung, Kosten und Zinsen zu entrichten, so wird eine zur Tilgung der ganzen Forderung nicht ausreichende Leistung zunächst auf die Kosten, dann auf die Zinsen und erst zuletzt auf die Hauptforderung abgerechnet. Der Schuldner kann jedoch bei der von ihm erfolgenden Leistung eine andere Abrechnung bestimmen." Zur zweiten Frage erachtete man es für zweifellos, daß sie, ungeachtet des Bestimmungsrechts des Schuldners, von Bedeutung sei. Man ging davon aus: Habe der Schuldner die Abrechnung bestimmt, und nehme der Gläubiger die Leistung an, so verbleibe es bei der Bestimmung des Schuldners, möge der Gläubiger der Bestimmung widersprochen haben oder nicht. Eine andere Frage aber sei, ob der Gläubiger die Leistung ablehnen dürfe. Die Beantwortung dieser Frage hänge davon ab, ob eine Theilleistung im Sinne des Beschlusses vom 22. September 1882, Protokolle Seite 1075 (Zusammenstellung der beschlossenen Bestimmungen des Obligationenrechts § 173) vorliege. Werde letzteres bejaht, so erscheine das Ablehnungsrecht des Gläubigers zweifellos, während andernfalls dieses Recht verneint werden müsse. O b nun die Bejahung oder Verneinung gerechtfertigt sei, werde von den Umständen abhängen; die Bejahung werde z. B. keinem Bedenken unterliegen, wenn nur Verzugszinsen in Frage ständen. Handle es sich dagegen um Zinsen oder auch um Kosten, die auf einem anderen Rechtsgrunde beruhen, z. B. auf ei-1 nem | Prot 11394 besonderen Vertrage oder auf richterlichem Urtheile, so möge anders zu entscheiden sein. Durch eine positive Vorschrift der Rechtswissenschaft vorzugreifen und das Ablehnungsrecht schlechthin dem Gläubiger für alle Fälle beizulegen, könne weder für nothwendig noch für angemessen erachtet werden und dies um so weniger, als die zu lösende Frage nur dann von Belang sei, wenn das ganze Kapital 633
§§ 366, 367
3. Abschnitt: Erlöschen der Schuldverhältnisse
angeboten werde, da entgegengesetztenfalls das Ablehnungsrecht ohnehin sich nicht in Zweifel stellen lasse. Die Mehrheit lehnte aus den vorstehenden Gründen die Aufnahme einer dem Gläubiger das Ablehnungsrecht beilegenden Bestimmung ab. II. In der ZustOR haben die beschlossenen Vorschriften als §§ 236, 237 die Fassung: ZustOR § 236 H a t ein Schuldner, welcher dem Gläubiger aus mehreren Schuldverhältnissen zu gleichartigen Leistungen verpflichtet ist, zum Zwecke der Schuldtilgung eine zur Tilgung sämmtlicher Schulden nicht ausreichende Leistung bewirkt, so ist diejenige Schuld getilgt, welche der Schuldner tilgen zu wollen bei der Leistung erklärt hat. In Ermangelung einer solchen Bestimmung des Schuldners wird durch die Leistung zunächst die fällige Schuld, sodann unter mehreren fälligen Schulden die dem Schuldner lästigere und unter mehreren gleich lästigen die ältere Schuld und bei gleichem Alter jede der mehreren Schulden verhältnißmäßig getilgt. ZustOR § 237 H a t der Schuldner außer der Hauptforderung Kosten und Zinsen zu entrichten, so wird eine zur Tilgung der ganzen Schuld nicht ausreichende Leistung zunächst auf die Kosten, dann auf die Zinsen und zuletzt auf die Hauptforderung abgerechnet. Ist von dem die Leistung bewirkenden Schuldner bei derselben eine andere Abrechnung bestimmt, so ist diese Bestimmung für die Abrechnung maßgebend. III., IV. Die Bestimmungen sind in unveränderter Fassung im KE in §§ 265, 266 und im E / in §§ 267, 268 enthalten 2 .
B. Vorkommission des Reichsjustizamtes I. Beantragt war Struckmann (Nr 1, 39)
1. Den § 267 zu fassen: Wenn ein Schuldner aus mehreren Schuldverhältnissen gleichartige Leistungen schuldet und das von ihm Geleistete zur Tilgung sämmtlicher Schulden nicht ausreicht, so wird diejenige Schuld getilgt, deren Tilgung er bei der Leistung bestimmt hat. In Ermangelung einer solchen Bestimmung wird zunächst die fällige Schuld, unter mehreren fälligen Schulden die dem Schuldner lästigere, unter mehreren gleich lästigen die ältere Schuld und bei gleichem Alter jede der Schulden verhältnißmäßig getilgt.
Jacubezky (Nr 4, 43)
2. Im § 267 den Absatz 2 zu fassen : In Ermangelung einer solchen Bestimmung wird zunächst die fällige Schuld, unter mehreren fälligen Schulden die weniger gesicherte, unter mehreren gleich gesicherten die dem Schuldner lästigere, unter mehreren gleich lästigen die ältere Schuld und bei gleichem Alter jede der mehreren Schulden verhältnißmäßig getilgt. 2
Eine vor der Drucklegung des KE vorläufig erfolgte Verbindung der beiden Absätze des § 265 KE (§ 236 ZustOR) wurde auf Antrag Kurlbaums (Nr. 570 IV 3) wieder aufgehoben (Prot I 3552, 3559).
634
1. Titel: Erfüllung
§§ 366,367
3. Den § 268 Satz 2 zu fassen: Bestimmt der Schuldner bei einer durch ihn erfolgenden Leistung eine andere Abrechnung, so ist der Gläubiger die Leistung abzulehnen berechtigt.
Struckmann (Nr 1> 40)
II. 44. Sitzung vom 10. 10. 1891 11. Der § 267 erhielt die nachstehende Fassung:
| ProtRJA 237
Hat ein Schuldner an den Gläubiger aus mehreren Schuldverhältnissen gleichartige Leistungen zu bewirken und reicht das von ihm Geleistete zur Tilgung sämmtlicher Schulden nicht aus, so wird diejenige Schuld getilgt, deren Tilgung er bei der Leistung bestimmt hat. In Ermangelung einer solchen Bestimmung wird zunächst die fällige Schuld, unter mehreren fälligen Schulden die dem Schuldner lästigere, unter mehreren gleich lästigen die ältere Schuld und bei gleichem Alter jede der Schulden verhältnißmäßig getilgt.
E I-RJA § 267
In sachlicher Hinsicht wurde das dem § 267 des Entw. zu Grunde liegende Prinzip, wonach in erster Linie die Bestimmung des Schuldners und in Ermangelung einer solchen der mutmaßliche Wille und das Interesse des Schuldners hinsichtlich der Frage entscheiden solle, auf welche von mehreren gleichartigen Schuldposten eine bewirkte Leistung zu verrechnen sei, gebilligt. 2. Zu § 268 erschien es als eine Forderung der Billigkeit, für den Fall, daß der Schuldner bei der Bewirkung der Leistung eine der Regel des Satz 1 widersprechende Bestimmung treffe, eine Modifikation des im § 267 aufgestellten Prinzips eintreten zu lassen und dem Gläubiger das Recht zu gewähren, die unter dieser Bestimmung a n - | gebotene Leistung zurückzuweisen, ohne in Annahmeverzug zu gerathen. Demgemäß wurde der Satz 2 des § 268 wie folgt gefaßt: Bestimmt der Schuldner eine andere Abrechnung, so ist der Gläubiger die Leistung abzulehnen berechtigt.
| ProtRJA 238
C. 2. Kommission I. Beantragt war (Prot II, Bd. 1, S. 335 f; Mugdan, Bd. 2, S. 542 f): zu § 267 1. die Bestimmung zu fassen wie von der Vorkom. des RJA beschlossen. 2. dem Abs. 2 folgende Fassung zu geben : In Ermangelung einer solchen Bestimmung wird zunächst die fällige Schuld, unter mehreren fälligen Schulden diejenige, welche dem Gläubiger geringere Sicherheit bietet, unter mehreren gleich sicheren die dem Schuldner lästigere, unter mehreren gleich lästigen die ältere Schuld und bei gleichem Alter jede der mehreren Schulden verhältnißmäßig getilgt.
Struckmann (Nr 1, 49) Jacubezky (Nr 21, 1)
Die Kom. beschloß, den 1. Abs. nach dem Antrag 1, den zweiten nach dem Antrag 2 anzunehmen. Zu § 268 wurde der erste Satz nicht beanstandet. Bezüglich des 2. Satzes war Struckmann vorgeschlagen, die Bestimmung durch folgende Vorschrift zu ersetzen: (Nr 1, 50) 635
§ § 368—370
3. Abschnitt: Erlöschen der Schuldverhältnisse
Verlangt der Schuldner eine andere Abrechnung, so ist der Gläubiger die Leistung abzulehnen berechtigt. Die Kom. nahm den Antrag an.
E I-VorlZust § 267
E I-VorlZust § 268
II. In der VorlZust der Beschlüsse der 2. Kom. haben die Bestimmungen die Fassung: Hat ein Schuldner an den Gläubiger aus mehreren Schuldverhältnissen gleichartige Leistungen zu bewirken und reicht das von ihm Geleistete zur Tilgung sämmtlicher Schulden nicht aus, so wird diejenige Schuld getilgt, deren Tilgung er bei der Leistung bestimmt hat. In Ermangelung einer solchen Bestimmung wird zunächst die fällige Schuld, unter mehreren fälligen Schulden diejenige, welche dem Gläubiger geringere Sicherheit bietet, unter mehreren gleich sicheren die dem Schuldner lästigere, unter mehreren gleich lästigen die ältere Schuld und bei gleichem Alter jede der mehreren Schulden verhältnißmäßig getilgt. Hat der Schuldner außer der Hauptforderung Kosten und Zinsen zu entrichten, so wird eine zur Tilgung der ganzen Schuld nicht ausreichende Leistung zunächst auf die Kosten, dann auf die Zinsen und zuletzt auf die Hauptforderung angerechnet. Bestimmt der Schuldner eine andere Anrechnung, so ist der Gläubiger die Leistung abzulehnen berechtigt. III. In der ZustRedKom ist der Anfang des § 267 gefaßt: Ist der Schuldner dem Gläubiger . . . verpflichtet und . . . Im übrigen ist die Fassung des § 267 sowie diejenige des § 268 unverändert. IV. Im £ 7 7 sind die Vorschriften in §§315, 316 enthalten. Die Fassung ist unverändert, jedoch steht in § 315 Abs. 1 (§267 Abs. 1) das Wort „nicht" vor „zur Tilgung" (statt vor: „aus"). V. Den §§ 315, 316 E II entsprechen im E II rev die Vorschriften der §§ 360, 361. § 315 Abs. 1 hat als § 360 Abs. 1 die Fassung: Trifft der Schuldner keine Bestimmung, so wird . . . In § 361 (E II § 316) sind die beiden Sätze in zwei Absätze aufgelöst. Damit liegt die in §§ 366, 367 Gesetz gewordene Fassung vor.
§ 368
Der Gläubiger hat gegen Empfang der Leistung auf Verlangen ein schriftliches Empfangsbekenntniß (Quittung) zu ertheilen. Hat der Schuldner ein rechtliches Interesse, daß die Quittung in anderer Form ertheilt wird, so kann er die Ertheilung in dieser Form verlangen. 636
1. Utel: Erfüllung
§§ 368-370
§369 Die Kosten der Quittung hat der Schuldner zu tragen und vorzuschießen, sofern nicht aus dem zwischen ihm und dem Gläubiger bestehenden Rechtsverhältnisse sich ein Anderes ergiebt. Treten in Folge einer Uebertragung der Forderung oder im Wege der Erbfolge an die Stelle des ursprünglichen Gläubigers mehrere Gläubiger, so fallen die Mehrkosten den Gläubigern zur Last.
§370 Der Ueberbringer einer Quittung gilt als ermächtigt, die Leistung zu empfangen, sofern nicht die dem Leistenden bekannten Umstände der Annahme einer solchen Ermächtigung entgegenstehen.
A. 1. Kommission I. 146. Sitzung vom 27. 11. 1882, Schriftführer v. Liebe I Der § 8 des Entwurfs lautet:
| Prot I 1394
„Wer zur Erfüllung einer Verbindlichkeit eine Leistung bewirkt, kann von dem Empfänger ein schriftliches Empfangsbekenntniß mit Bezeichnung der getilgten Schuld (Quittung) verlangen. Sind die Kosten der Quittung durch Gründe in der Person des Gläubigers veranlaßt worden, so hat sie dieser zu tragen."
TE-OR (Nr 27) S8
Es lagen folgende Anträge vor: v. Weber 1. unter Streichung des zweiten Satzes : (Nr 207, 1) „Sind die Kosten pp." die Bestimmung aufzunehmen: „Ist der Gläubiger zum Schreiben unfähig, so kann öffentliche Beglaubigung der Quittung auf Kosten des Gläubigers verlangt werden. Der Schuldner kann eine öffentliche Beglaubigung der Quittung auf seine Kosten fordern, wenn er einer solchen zur Erlangung der Verfügung einer Behörde bedarf oder ein gerichtliches Schuldbekenntniß ausgestellt ist oder es sich um eine Forderung handelt, für welche I eine rechtskräftige Verurtheilung des Schuldners vorliegt." I P r o t i 1395
2. die nachstehende Bestimmung als § 8 Absatz 2 oder in das Einführungsgesetz zum deutschen bürgerlichen Gesetzbuche aufzunehmen : „Unberührt bleiben die landesgesetzlichen Bestimmungen, wonach die staatlichen Gebühren für Quittungen über Diensteinkünfte, Wartegelder oder Ruhegehalte der Militärpersonen, öffentlichen Beamten, Geistlichen und Lehrer an öffentlichen Unterrichtsanstalten, welche aus Hof-, Staats-, Gemeinde-, Stiftungs- oder anderen öffentlichen Kassen geleistet werden, von dem Gläubiger zu tragen sind." eventuell zum Protokolle der Kommission zu konstatiren, daß die vorstehend beantragte Bestimmung als selbstverständlich zu betrachten sei. (Vgl. bayr. Gesetz vom 18. August 1879, betreffend das Gebührenwesen, Artikel 229 Absatz 2; Gesetz- u. V O Blatt für das Königreich Bayern von 1879 Bd. II Seite 966). 637
Schmitt (Nr 206, 1)
§§ 368—370
Derscheid (Nr 204)
3. Abschnitt: Erlöschen der Schuldverhältnisse
3. als § 8 a die Vorschrift aufzunehmen: „Besteht die Schuld aus Zinsen oder anderen regelmäßig wiederkehrenden Leistungen, so begründet die über eine spätere Leistung ohne Vorbehalt ausgestellte Quittung die Vermuthung, daß auch die früher erfallenen Leistungen bewirkt seien. Die über die Hauptschuld ohne Vorbehalt ausgestellte Quittung begründet die Vermuthung, daß auch die Zinsen bezahlt seien."
Beschlossen wurde, zunächst darüber Beschluß zu fassen, in wiefern der Gläubiger zur Quittungsertheilung verpflichtet sei, sodann zu entscheiden, ob und welche Bestimmungen über die Verpflichtung zur Kostentragung aufzunehmen seien. I Prot 1 1396 | In Ansehung der Verpflichtung des Gläubigers zur Quittungsertheilung war man einverstanden, daß der Gläubiger, wie der § 8 des Entwurfs bestimmt, stets zur Ertheilung einer schriftlichen Quittung verpflichtet und diese Verpflichtung auszusprechen sei. Durch eine solche Bestimmung erachtete man zugleich in Gemäßheit des Beschlusses vom 18. November 1881, Protokolle Seite 146—150 (Zusammenstellung der beschlossenen Bestimmungen des Allgemeinen Theils § 69) für entschieden, daß der Gläubiger, welcher zu schreiben außer Stande sei, eine dem § 69 a. a. O. beziehungsweise dem § 381 der Civilprozeßordnung 1 entsprechende Quittung ertheilen müsse. Der Antrag 1, soweit er die desfallsige Verpflichtung noch besonders zu bestimmen bezweckt, galt hiermit als erledigt. Soweit der Antrag 1 noch für andere Fälle die Quittung mittels öffentlicher Urkunde bestimmt, wurde gegen ihn erinnert: Die in dem Antrage aufgeführten Fälle seien nicht erschöpfend; es gebe noch andere Fälle, in welchen der Schuldner ein rechtliches Interesse habe, in den Besitz einer in öffentlicher Form ausgestellten Quittung zu gelangen. Ueberall, wo ein solches Interesse vorliege, folge aus dem Grunde, auf welchem die Verpflichtung zur Ertheilung der Quittung beruhe, zugleich die Verpflichtung zur Ertheilung einer Quittung in der erwähnten Form. Zugleich müsse aber vorgesehen werden, daß die Quittung in der Form zu ertheilen sei, wie es im gegebenen Falle im Interesse des Schuldners erforderlich und genügend sei. Demzufolge wurde der Antrag gestellt, zu bestimmen: „Hat der Schuldner ein rechtliches Interesse daran, daß die Quittung in einer anderen besonderen Form, als der einfach schriftlichen, ertheilt werde, so hat der I Prot I 1397 Gläubiger auf Verlangen des Schuld- |ners in dieser Form zu quittiren." Der vorstehende Antrag wurde aus den dafür geltend gemachten Gründen gebilligt. In Ansehung der Verpflichtung zur Tragung der Kosten wurden im Laufe der Berathung folgende Anträge gestellt: 1. „Die Kosten der Quittung hat der Schuldner zu tragen, sofern nicht das unter den Betheiligten bestehende Rechtsverhältniß ein Anderes ergiebt." 2. „Die Kosten der Quittung sind von dem Schuldner zu tragen, sofern nicht der Gläubiger nach dem unter den Betheiligten bestehenden Rechtsverhältnisse verpflichtet ist, den Schuldner in Ansehung aller aus demselben entstehenden Obliegenheiten schadlos zu halten." Die Mehrheit entschied sich für die Annahme des Antrags 1, womit die Kostenfrage und der zweite Satz des § 8 f ü r erledigt gelten. Die Gründe waren: 1 2 P O §416
638
1. Titel: Erfüllung
§§ 368-370
Das Gesetz müsse die praktisch wichtige Frage lösen, ob der Schuldner oder der Gläubiger die Kosten der Quittung zu tragen habe. Die Frage könne nur dahin entschieden werden, daß regelmäßig der Schuldner für die Kosten aufkommen müsse. Denn der Gläubiger als solcher sei dem Schuldner zu einer besonderen Leistung nicht verpflichtet, und, wenn das Gesetz ihm die Pflicht zur Quittungsertheilung auferlege, so liege darin eine positive das Interesse des Schuldners im Auge habende Bestimmung. Den Gläubiger für die Kosten haftbar zu machen, lasse sich deshalb nicht rechtfertigen. Eine solche Bestimmung würde um so ungerechter sein, als sie zu einer unvollständigen Befriedigung des Gläubigers führe. Allein die Regel erleide Ausnahmen; sie werde unanwendbar, wenn das SchuldverhältnißIausschließlich im Interesse des Gläubigers eingegangen sei oder bestehe, |Proti 1398 wie z. B. im Falle des Mandats, des Depositums, der Vormundschaft. Die Anträge 1 und 2 nähmen auf diese Ausnahmen die erforderliche Rücksicht. Der Antrag 1 verdiene aber vor dem Antrage 2 den Vorzug, weil er durch die weitere Fassung der Entscheidung der einzelnen Fälle weniger präjudiziere. Sei der Schuldner in der Regel die Kosten zu tragen verpflichtet, so bedürfe es auch nicht der Bestimmung, daß er für die Kosten einer auf sein Verlangen in öffentlicher Form ertheilten Quittung aufzukommen habe. Andererseits sei es gerechtfertigt, den Gläubiger für diese Kosten haften zu lassen, wenn einer der gedachten Ausnahmefälle vorliege, in welchen der Gläubiger auf seine Kosten zu quittiren habe. Betreffend den Fall, wenn eine öffentliche Urkunde deshalb verlangt und ertheilt worden, weil der Gläubiger zu schreiben außer Stande sei, so fehle es an einem Grunde, zum Nachtheil des im Schreiben unerfahrenen oder zu schreiben außer Stand gesetzten Gläubigers von den allgemeinen Regeln abzuweichen. Nachträglich wurden noch folgende Fragen gelöst: 1. Hat der Gläubiger erst nach Empfang der Leistung oder Zug um Zug gegen dieselbe die Quittung zu ertheilen? Die Mehrheit entschied für die Erteilung Zug um Zug gegen die Leistung, indem sie erwog: Der Zweck der Vorschrift, welche die Pflicht zur Quittungsertheilung bestimme, würde sonst nur unvollkommen erreicht werden. Der Redaktion blieb vorbehalten, die Bestimmung des Entwurfs in der fraglichen Beziehung zu verdeutlichen. I 2. Soll über den Inhalt der Quittung ein Näheres bestimmt werden? Die Frage wurde aus den Gründen der Motive verneint. Die Mehrheit entschied zugleich aus gleichen Gründen für die Streichung der Worte des Entwurfs: „mit Bezeichnung der getilgten Schuld". 3. Sollen Bestimmungen aufgenommen werden über die Tragung derjenigen Kosten, welche aus dem Nachweis der Legitimation des Gläubigers entstehen? Die Frage wurde verneint. Man war der Meinung, diese Kosten seien allerdings nicht zu den Kosten der Quittung zu rechnen, die Frage, wer sie zu tragen habe, lasse jedoch eine allgemeine Beantwortung nicht zu; es könne namentlich von Wichtigkeit werden, ob bereits geleistet sei oder nicht; vorbehalten müsse bleiben, nach Vorbild des § 61 des preußischen Gesetzes über den Eigenthumserwerb vom 5. Mai 1872 eine dieser Vorschrift entsprechende Vorschrift in das Sachenrecht aufzunehmen. Zur Berathung gelangte sodann der zum § 8 gestellte Antrag 2 (S. 1395). Die Mehrheit lehnte die Aufnahme einer Bestimmung des vorgeschlagenen Inhalts so639
| Prot I 1399
§§ 368—370
3. Abschnitt: Erlöschen der Schuldverhältnisse
wohl für das Gesetzbuch als für das Einführungsgesetz ab. Sie glaubte, die in dem Antrage gedachten gesetzlichen Bestimmungen gehörten als Abgaben-, Steuer-, Stempel-, Gebührengesetze dem öffentlichen Rechte an, würden also durch das bürgerliche Gesetzbuch nicht berührt und wenn de lege lata die fragliche Eigenschaft bei dem einen oder anderen Gesetze bestreitbar sein möge, so behielten doch die Landesgesetzgebungen freie Hand, die entscheidende Eigenschaft festzustellen. Der beantragte Vorbehalt sei daher kein Bedürfniß, aber auch bedenklich, da er nicht weit genug reiche und in seiner Beschränkung zu unrichtigen Folgerungen I Prot I 1400 Anlaß geben | könnte. Von einer Seite war hinzugefügt: Die Vorschriften, auf welche der Antrag Bezug habe, schienen überwiegend den Inhalt des Dienstvertrags zu normiren und durch das bürgerliche Gesetzbuch schon deshalb nicht betroffen zu werden, weil ihre Anwendbarkeit als vereinbart zu gelten hätte. 147. Sitzung vom 29. 11. 1882, Schriftführer von Liebe |Die Berathung des Theilentwurfs des Obligationenrechts (Nr. 27) „Erfüllung" wurde fortgesetzt. Zu erledigen war noch der im vorigen Protokoll zu § 8 des Entwurfs mitgetheilte Antrag 3 (S. 1395), welcher die Aufnahme von Bestimmungen bezweckt, die für den Fall der Ausstellung einer Quittung über spätere Zinsleistungen oder sonstige wiederkehrende Leistungen eine Vermuthung für die Berichtigung der früher verfallenen Leistungen und für den Fall der Ausstellung einer Quittung über die Hauptschuld eine Vermuthung für die stattgehabte Berichtigung der Zinsen aufstellt. Von anderer Seite wurde beantragt, in Ansehung der zuerst gedachten Vermuthung den Antrag dahin zu ändern, daß dieselbe nur dann eintrete, wenn über zwei aufeinander folgende Leistungen quittirt sei. Beide Anträge wurden abgelehnt. Die Mehrheit teilte die in den Motiven S. 39 —41 begründete Auffassung. Es sei bedenklich, Beweisregeln der vorgeschlagenen Art in das Gesetzbuch aufzunehmen; solche Regeln, so passend sie in vielen I Prot I 1402 Fällen erscheinen | möchten, würden doch in manchen Fällen zur Anwendung sich nicht eignen; die Gefahr einer ungeeigneten Anwendung sei mit denselben unlösbar verbunden; sie könnten ferner bei dem Prinzip der freien Beweiswürdigung als ein Bedürfniß nicht anerkannt werden, indem vertraut werden dürfe, daß in den Fällen, in denen die Regeln zutreffend seien, ein verständiger Richter ohnehin schon nach ihnen sich richten werde. IProti 1401
II. In der ZustOR lauten die beschlossenen Vorschriften als §§ 238, 239: Der Gläubiger hat gegen den Empfang der Leistung demjenigen, welcher dieselbe bewirkt, auf dessen Verlangen ein schriftliches Empfangsbekenntniß zu ertheilen (Quittung). Hat der Schuldner ein rechtliches Interesse, daß die Quittung in einer anderen als in einfacher Schriftform ertheilt wird, so hat der Gläubiger die Quittung in der dem Interesse des Schuldners entsprechenden Form zu ertheilen. ZustOR § 239 Die Kosten der Quittung hat der Schuldner zu tragen, sofern nicht das zwischen dem Gläubiger und dem Schuldner bestehende Rechtsverhältniß ein Anderes ergiebt.
ZustOR § 238
III. Im KE sind die Bestimmungen in unveränderter Fassung in §§ 267, 268 enthalten. Kurlbaum Bei der Redaktion einzelner Vorschriften des KE wurde der Antrag in § 268 (Nr 576, 2) hinter „zu tragen" einzuschalten „und vorzuschießen" (zu vergi. § 299) als eine sachliche Änderung in sich schließend zurückgezogen (Prot. I 6187, 6188). 640
1. Titel: Erfüllung
§§ 3 6 8 - 3 7 0
Bei der 2. Beratung des KE wurde beantragt, Johow ( N r 587, 7) Kurlbaum ( N r 586, 5)
1. in § 267 Abs. 1 „(Quittung)" hinter „Empfangsbekenntniß" zu stellen;
2. im Abs. 2 Satz 2 des § 267 zu setzen: „in einer anderen Form als in einfacher Schriftform". Beide Anträge wurden angenommen (Prot. I 11736). Der Antrag zu § 268, in Ζ 1 hinter „tragen" einzuschalten „und vorzuschießen" Kurlbaum ( N r 586, 6) (zu vgl. § 299 und Prot. I 6187, 6188), wurde abgelehnt in der Erwägung, daß in der Auferlegung der Vorschußpflicht, zumal im Hinblick auf die in § 267 Abs. 2 bezeichneten Fälle, eine nicht gerechtfertigte Belastung des Schuldners liegen würde und die Auferlegung jener Verpflichtung eine Quelle vieler Streitigkeiten werden könnte. (Prot. I 11736) Nachdem in der Vorschrift des § 298 KE der Nachsatz die Fassung erhalten hatte: „sofern nicht aus dem bestehenden Schuldverhältniß ein Anderes sich ergiebt" 2 wurde beschlossen, auch die Fassung des § 268 (sowie diejenige des § 827 Abs. 2) entsprechend zu ändern (Prot. I 11746, 11747). IV. Im E I ist § 267 KE in § 269 enthalten; die Fassung ist unverändert, jedoch steht das Wort „(Quittung)" hinter „Empfangsbekenntniß". § 268 KE hat als § 270 die Fassung: Die Kosten der Quittung hat der Schuldner zu tragen, sofern nicht aus dem E I § 270 zwischen dem Gläubiger und dem Schuldner bestehenden Schuldverhältniß ein Anderes sich ergiebt.
B. Vorkommission des Reichsjustizamtes I. Beantragt war: 1. Im § 269 den Absatz 1 zu fassen : Jacubezky Der Gläubiger hat gegen den Empfang der Leistung demjenigen, welcher die- (Nr 4> 44) selbe bewirkt, auf dessen Verlangen ein schriftliches Anerkenntniß der Tilgung der Schuld (Quittung) zu ertheilen. 2. Den § 269 Abs. 2 zu fassen: Hat der Schuldner ein rechtliches Interesse, daß die Quittung in anderer Form ertheilt werde, so hat der Gläubiger dieser Form zu genügen. 3. Im § 270 hinter den Worten „zu tragen" einzuschalten „und vorzuschießen". 4. In dem § 270 hinter dem Worte „tragen" einzuschalten: „und dem Gläubiger auf dessen Verlangen vorzuschießen". 5. In den § 270 folgenden Absatz 2 aufzunehmen: Treten an die Stelle des ursprünglichen Gläubigers in Folge einer Uebertragung der Forderung oder im Wege des Erbganges mehrere Gläubiger, so fällt die dadurch verursachte Erhöhung der Quittungskosten den Gläubigern zur Last. 2
S. bei den Materialien zu §§ 437, 438 BGB. 641
Struckmann (Nr 1, 41) Struckmann (Nr 1, 42) Planck (Nr 2, 27) Jacubezky (Nr 4, 45)
§ § 368—370
3. Abschnitt: Erlöschen der Schuldverhältnisse
Jacubezky (Nr 4, 46)
6. Folgenden § 270 a einzuschalten: Ist die Quittung in Erwartung der Leistung im voraus ertheilt worden, so ist zur Entkräftung derselben der Nachweis erforderlich, daß die Leistung innerhalb der Zeit, innerhalb welcher sie erwartet wurde, nicht erfolgt sei.
Jacubezky (Nr 4, 47)
7. Folgenden § 270b einzuschalten: Der Ueberbringer einer Quittung gilt für ermächtigt, die Leistung zu empfangen, sofern nicht die dem Schuldner bekannten Umstände der Annahme einer solchen Ermächtigung entgegenstehen. II. 44. Sitzung vom 10. 9. 1891
I ProtRJA 238
| Der § 269 wurde seinem sachlichen Inhalte nach gebilligt. Abgelehnt wurde insbesondere der Gedanke, der Quittung die Bedeutung einer Schulderledigungserklärung als Regel beizulegen, weil das geltende Recht und die Anschauungen des Lebens dieser Auffassung widersprächen, in der Quittung vielmehr, soweit nicht ein anderer Wille erhelle, lediglich ein Beweismittel für den Empfang der Leistung erblickten. In redaktioneller Beziehung wurde der Abs. 2 wie folgt umgestaltet: EI-RJA Hat der Schuldner ein rechtliches Interesse, daß die Quittung in anderer Form § 269, Abs. 2 ertheilt werde, so hat der Gläubiger dieser Form zu genügen. Zu § 270 wurde es für erforderlich erachtet, durch einen Zusatz zu bestimmen, daß der Schuldner die Kosten der Quittung auf Verlangen des Gläubigers auch vorzuschießen habe, zumal da der Entw. für die Fälle der §§ 301, 695, 699 die gleiche Bestimmung getroffen habe. Hiernach erhielt die Vorschrift folgende Fassung: E I-RJA Die Kosten der Quittung sind von dem Schuldner zu tragen und auf Verlangen S 270 des Gläubigers vorzuschießen, sofern nicht u.s.w. (wie im Entw.).
I ProtRJA 239
Als Abs. 2 wurde die Aufnahme der nachstehenden Bestimmung beschlossen: Treten an die Stelle des ursprünglichen Gläubi-1 gers in Folge einer Uebertragung der Forderung oder im Wege des Erbgangs mehrere Gläubiger, so fällt die dadurch verursachte Erhöhung der Quittungskosten den Gläubigern zur Last. Maßgebend für die Aufnahme dieser Bestimmung war die Erwägung, daß dem Schuldner aus dem Umstände, daß die von ihm geschuldete Leistung ohne seine Einwilligung auf mehrere Gläubiger durch rechtsgeschäftliche Verfügungen oder durch Erbgang auf mehrere Gläubiger antheilsweise übergehe, Mehrkosten nicht erwachsen dürften. Einig war man jedoch darüber, daß durch die vorstehende Bestimmung der Frage, in welcher Weise der Uebergang der Aktiva und Passiva auf die Erben ausgestaltet werden solle, in keiner Weise präjudiziert werde. Im Anschluß an den § 270 wurde die Uebertragung des dem Art. 296 des Handelsgesetzbuchs zu Grunde liegenden Gedankens auf den bürgerlichen Verkehr für zweckmäßig und den Bedürfnissen des Verkehrs entsprechend erachtet und demgemäß als § 270 a folgende Vorschrift aufgenommen :
E I-RJA Der Ueberbringer einer Quittung gilt für ermächtigt, die Leistung zu empfan§ 270 a gen, sofern nicht die dem Schuldner bekannten Umstände der Annahme einer solchen Ermächtigung entgegenstehen.
642
1. Titel: Erfüllung
§§ 368-370
C. 2. Kommission I. Anträge (Prot. II, Bd. 2, S. 337 ff; Mugdan, Bd. 2, S. 543 ff) 1. 1. Zu § 269 lag der Antrag vor, den Abs. 1 zu fassen: Jacubezky Der Gläubiger hat gegen den Empfang der Leistung demjenigen, welcher die- (Nr 21, 2) selbe bewirkt, auf dessen Verlangen ein schriftliches Anerkenntniß des Empfangs der geschuldeten Leistung (Quittung) zu ertheilen (oder: auf dessen Verlangen schriftliche Quittung zu ertheilen). Die Korn, lehnte den Antrag ab und billigte sachlich den Abs. 1 des Entw. Zu § 269 lag ferner der Antrag vor, dem Abs. 1 beizufügen: An der Stelle der eigenhändigen Unterschrift genügt, soweit dies der Verkehrs- v. Mandry (Nr 23, 2) sitte entspricht, eine im Wege der mechanischen Vervielfältigung hergestellte Unterschrift (vergi, für die Fassung § 685 Abs. 2 des Entw.) Der Antrag wurde abgelehnt. Abgelehnt wurde ferner der Antrag, dem Abs. 1 hinzuzufügen: außer bei Barzahlungen, bei denen nach der Verkehrssitte die Ertheilung von Quittungen ausgeschlossen ist. Zu § 269 wurde schließlich vorgeschlagen, den Abs. 2, wie von der Vorkom des Struckmann RJA beschlossen, zu fassen. (Nr 1,51)
Der Vorschlag wurde angenommen.
2. Zu § 270 lag der Antrag vor, die Bestimmung des Entwurfs durch die von der Struckmann (Nr 1, 52) Vorkom. des RJA beschlossenen Vorschriften zu ersetzen. Die Kom. nahm den Antrag an. 3. Es war beantragt, als § 270 a die von der Vorkom. des RJA beschlossene Struckmann (Nr 1, 53) Bestimmung aufzunehmen. Der Antrag gelangte ebenfalls zur Annahme. II. In der VorlZust der Beschlüsse der 2. Kom. haben die beschlossenen Bestimmungen die Fassung: Der Gläubiger hat gegen den Empfang der Leistung demjenigen, welcher dieselbe bewirkt, auf dessen Verlangen ein schriftliches Empfangsbekenntniß (Quittung) zu ertheilen. Hat der Schuldner ein rechtliches Interesse, daß die Quittung in anderer Form ertheilt werde, so hat der Gläubiger dieser Form zu genügen. Die Kosten der Quittung sind vom Schuldner zu tragen und vorzuschießen, sofern nicht aus dem zwischen ihm und dem Gläubiger bestehenden Rechtsverhältnisse ein Anderes sich ergiebt. Treten an die Stelle des ursprünglichen Gläubigers im Wege einer Übertragung der Forderung oder im Wege des Erbgangs mehrere Gläubiger, so fällt die dadurch verursachte Erhöhung der Quittungskosten den Gläubigern zur Last. Der Ueberbringer einer Quittung gilt für ermächtigt, die Leistung zu empfangen, sofern nicht die dem Schuldner bekannten Umstände der Annahme einer solchen Ermächtigung entgegenstehen. III. In der ZustRedKom ist bei im übrigen unveränderter Fassung in § 269 Abs. 1 vor „Verlangen" das Wort „dessen" weggelassen. Der Schluß des Abs. 2 lautet: „ . . . so ist der Gläubiger dieser Form zu genügen verpflichtet." 643
E I-VorlZust §269
E I-VorlZust §270
EI-VorlZust §270 a
§371
3. Abschnitt: Erlöschen der Schuldverhältnisse
In § 270 sind die beiden Absätze in einem Absatz zusammengefaßt. Statt „Erbgang" heißt es „Erbfolge". Die Fassung des § 270 a ist unverändert. IV. Im Ε II ist § 269 E I in § 317 enthalten. Die beiden Absätze sind zu einem Absatz zusammengefaßt; vor „Empfang" ist der Artikel weggelassen; der Schluß ist gefaßt: „so ist der Gläubiger verpflichtet, dieser Form zu genügen." Die Vorschrift des § 270 E I-ZustRedKom ist in § 318, diejenige des § 270 a in § 3 1 9 E II enthalten; in § 318 heißt es „Verhältniß" (statt „Rechtsverhältnisse"), in § 319 E II „als (statt: für) ermächtigt". V. Im E II rev ist § 317 E II in § 362 enthalten. Die Fassung entspricht derjenigen des § 368 BGB. § 318 E II ist mit der in § 369 BGB Gesetz gewordenen Fassung in § 363 E II rev und § 319 E II, dessen Fassung schon im E II der in § 370 BGB Gesetz gewordenen Fassung entspricht, in § 364 E II rev enthalten.
§371
Ist über die Forderung ein Schuldschein ausgestellt worden, so kann der Schuldner neben der Quittung Rückgabe des Schuldscheins verlangen. Behauptet der Gläubiger, zur Rückgabe außer Stande zu sein, so kann der Schuldner das öffentlich beglaubigte Anerkenntniß verlangen, daß die Schuld erloschen sei.
A. 1. Kommission I. 147. Sitzung vom 29. 11. 1882, Schriftführer v. Liebe I Prot I 1402
| Der § 9 des Entwurfs lautet:
TE-OR (Nr 27) „Ist dem Gläubiger ein Schuldschein über die Forderung ausgestellt worden, so § 9 kann der Schuldner nach Tilgung der Schuld neben der Quittung Rückgabe des Schuldscheins und, wenn dem Gläubiger diese nicht möglich ist, auf Kosten des Gläubigers eine schriftliche, öffentlich beglaubigte Erklärung desselben, daß die Schuld erloschen sei, verlangen." Es war beantragt: v. Weber (Nr 207, 2 u 3)
1. statt „nach Tilgung" zu setzen „bei Tilgung"; e ¡ n e Vorschrift dem § 9 folgen zu lassen: „Die Rückgabe des Schuldscheins an den Schuldner begründet die Vermuthung, daß die Schuld getilgt sei." Der wesentliche Inhalt des § 9 fand keine Beanstandung. Der Antrag 1, statt „nach der Tilgung" zu setzen „bei der Tilgung" wurde zwar bekämpft, aber von der Mehrheit gebilligt, die der Ansicht war, es lasse sich die Verpflichtung zur
644
1. Titel: Erfüllung
§371
Herausgabe der Schuldurkunde in der fraglichen Beziehung nicht füglich anders beurtheilen, als die durch den Beschluß zum § 8 geregelte Verpflichtung zur Quittungsertheilung. Wenn der Entwurf in Abweichung des § 355 des Dresdener Entwurfs die Ertheilung des Mortifikationsscheins von der Unmöglichkeit der Rückgabe der Schuldurkunde abhängig macht, und die bloße Behauptung des GläubiI gers, zu der Rückgabe außer Stande zu sein, für ungenügend erachtet, so wurde | Prot 11403 auch dieses gebilligt, indem man befürchtete, die entgegengesetzte Vorschrift würde das ungerechtfertigte Ergebniß zur Folge haben, daß der Gläubiger nach seiner Wahl entweder die Schuldurkunde zurückgeben oder einen Mortifikationsschein ertheilen könne. Den Antrag 2 lehnte die Mehrheit aus den im Eingange des Protokolls erwähnten Gründen und zugleich deshalb ab, weil die vorgeschlagene Vermuthung nicht auf eine bestimmte Tilgungsart gestellt sei und sich gesetzlich nicht füglich stellen lasse. Zu erledigen blieb noch der gestellte Antrag, am Schlüsse dieses Abschnitts oder Planck sonst an geeigneter Stelle folgende Bestimmung aufzunehmen : (Nr 209) „Wenn die Veräußerung einer Forderung durch gesetzliches oder richterliches Verbot dem Gläubiger untersagt ist, so ist die an ihn von dem Schuldner nach erlangter Kenntniß von dem Verbote bewirkte Erfüllung unwirksam. Dient das Veräußerungsverbot nur zum Schutze der Interessen bestimmter Personen, so tritt die Unwirksamkeit nur diesen Personen gegenüber ein." (Vgl. § 86 der Zusammenstellung der Beschlüsse des Allgem. Theils, Protokolle S. 219 und 290; Bürgerliche Prozeß-Ordnung §§ 814 ff ; Strafprozeßordnung SS 334, 336, 480). Der Antrag wurde durch Mehrheitsbeschluß abgelehnt. Die Mehrheit beharrte bei der Seite 290 der Protokolle erwähnten Ansicht, daß das auf eine Schuldforderung sich beziehende Veräußerungsverbot auch den Fall der Einziehung der Forderung treffe oder, mit anderen Worten, daß auch die Einziehung als Veräußerung anzusehen sei. Sie glaubte, daß die bei der Berathung des vorliegenden Abschnitts über das juristische Wesen | der Erfüllung gefaßten Beschlüsse in dieser Beziehung keinen ernsten Zweifel hervorzurufen vermöchten und zu einer dem Antrage entsprechenden Vorschrift nicht nöthigten. Soweit der Antrag sich auf den Schutz des von dem Verbote nicht unterrichteten Schuldners bezieht, war die Mehrheit der Meinung: Ob und inwiefern bei absoluten und namentlich zugleich generellen Veräußerungsverboten der in gutem Glauben befindliche Drittschuldner zu schützen sei, lasse sich durch eine allgemeine Rechtsnorm nicht entscheiden. Die Frage könne nur für jeden einzelnen Fall bei Aufstellung der Vorschriften gelöst werden, welche solche Veräußerungsverbote bestimmten oder zuließen, wie sie ζ. B. auch in dem S 7 der Konkurs-Ordnung durch eine besondere Bestimmung erledigt sei. In Ansehung der relativen, auf richterlicher Anordnung beruhenden Veräußerungsverbote genüge dagegen der aus der Civil-Prozeßordnung nach dem Zusammenhange der Vorschriften in S S 815, 810, 808 und 730 sich ergebende Grundsatz, wonach die Wirksamkeit des Verbots gegenüber dem Drittschuldner von der Zustellung an denselben abhänge. Ungerechtfertigt würde es sein, hierüber hinauszugehen und den Schuldner auch dann zu schützen, wenn zwar ordnungsmäßig zugestellt, gleichwohl aber in Unkenntniß von dem Verbote, ζ. B. weil eine Ersatzzustellung erfolgte oder ein Erbfall eingetreten, dem Gläubiger geleistet sei.
645
| Prot 11404
§371 ZustOR § 240
3. Abschnitt: Erlöschen der Schuldverhältnisse
II. In der ZustOR hat die beschlossene Vorschrift als § 240 die Fassung: Ist dem Gläubiger ein Schuldschein über die Forderung ausgestellt worden, so kann der Schuldner bei der Tilgung neben der Quittung die Zurückgabe des Schuldscheins und, wenn der Gläubiger dazu außer Stande ist, eine schriftliche und öffentlich beglaubigte Erklärung desselben verlangen, daß die Schuld erloschen sei. Die Kosten dieser Urkunde hat der Gläubiger zu tragen. III., IV. Im K E i s t die Vorschrift in § 269, im E I in § 271 — jeweils in unveränderter Fassung — enthalten.
B. Vorkommission des Reichsjustizamtes I. Beantragt war: den § 271 zu fassen: Struckmann (Nr 1, 43)
1. Ist dem Gläubiger über die Forderung ein Schuldschein ausgestellt worden, so kann der Schuldner bei Tilgung der Schuld neben der Quittung die Rückgabe des Schuldscheines fordern. Ist der Gläubiger dazu außer Stande, so kann der Schuldner von ihm das öffentlich beglaubigte Anerkenntniß verlangen, daß die Schuld erloschen sei.
Jacubezky (Nr 4, 48)
2. Ist dem Gläubiger ein Schuldschein über die Forderung ausgestellt worden, so kann der Schuldner bei der Tilgung neben der Quittung die Zurückgabe des Schuldscheines verlangen. Behauptet der Gläubiger, dazu außer Stande zu sein, so hat er dem Schuldner auf Verlangen eine öffentlich beglaubigte Quittung zu ertheilen. II. 44. Sitzung vom 10. 10. 1891
I Zu § 271 wurde eine sächliche Aenderung in dem Sinne beschlossen, daß der Schuldner sich schon auf die bloße Behauptung des Gläubigers hin, zur Rückgabe des Schuldscheins außer Stande zu sein, mit einem Mortifikationsscheine begnügen müsse. Die Regelung des Entwurfs, welcher die Ertheilung des Mortifikationsscheins an Stelle der Rückgabe des Schuldscheins von dem Beweise der Unmöglichkeit der I Prot RJA 240 Rückgabe des Schuldscheins abhängig mache, könne | unter Umständen den Gläubiger in eine üble Lage bringen, wenn er außer Stande sei, den Beweis zu führen. Allerdings könne der Schuldner unter Umständen ein nicht unerhebliches Interesse an dem Besitze des Schuldscheins haben. Insbesondere sichere dieser Besitz ihn gegen die Gefahr einer doppelten Zahlung, wenn er etwa die Quittung und den Mortifikationsschein verloren habe und die Verjährung des Anspruchs noch nicht abgelaufen sei. Auch für solche Fälle könne der Besitz des Schuldscheins für ihn von Wert sein, in welchen ihm die Legitimation desjenigen, welcher die Quittung bezw. den Mortifikationsschein ausgestellt habe, bestritten werde und ihm die Vollmacht nicht ebenfalls ausgehändigt sei. Dieses möglicherweise vorhandene Interesse des Schuldners müsse indessen, da regelmäßig dem Interesse desselben durch den Mortifikationsschein genügt werde, gegenüber den Weitläufigkeiten zurücktreten, welche das von dem Entwürfe vorgeschriebene Verfahren für den Gläubiger im Gefolge habe. Der Satz 2 wurde als entbehrlich gestrichen; desgleichen im Satz 1 die Worte „bei der Tilgung". I ProtRJA 239
646
2. Titel: Hinterlegung
§§ 372, 373, 380
Im Uebrigen erhielt der § 271 folgende Fassung: Ist dem Gläubiger über die Forderung ein Schuldschein ausgestellt worden, so EI-RJA kann der Schuldner neben der Quittung die Rückgabe des Schuldscheins fordern. S Behauptet der Gläubiger, zur Rückgabe außer Stande zu sein, so kann der Schuldner von ihm das öffentlich beglaubigte Anerkenntniß verlangen, daß die Schuld erloschen sei.
C. 2. Kommission I. Beantragt war (Prot. II, Bd. 1, S. 341; Mugdan, Bd. 2, S. 546): § 271 durch die von der Vorkom. des RJA beschlossene Vorschrift zu ersetzen. Die Kom. nahm den Antrag an. II. In der VorlZust der Beschlüsse der 2. Kom. ist die Fassung der Vorschrift gleich derjenigen des § 271 E I-RJA. III. In der ZustRedKom sind bei im übrigen unveränderter Fassung im Eingang die Worte „dem Gläubiger" weggelassen. IV. Im E II entspricht § 320 der Fassung des § 271 E I-ZustRedKom. V. Im E II rev ist die Vorschrift in § 365 enthalten. Am Ende des ersten Satzes heißt es statt: „fordern" „verlangen", womit die in § 371 Gesetz gewordene Fassung vorliegt.
Zweiter Titel Hinterlegung §372 Geld, Werthpapiere und sonstige Urkunden sowie Kostbarkeiten kann der Schuldner bei einer dazu bestimmten öffentlichen Stelle für den Gläubiger hinterlegen, wenn der Gläubiger im Verzuge der Annahme ist. Das Gleiche gilt, wenn der Schuldner aus einem anderen in der Person des Gläubigers liegenden Grunde oder in Folge einer nicht auf Fahrlässigkeit beruhenden Ungewißheit Uber die Person des Gläubigers seine Verbindlichkeit nicht oder nicht mit Sicherheit erfüllen kann.
§373 Ist der Schuldner nur gegen eine Leistung des Gläubigers zu leisten verpflichtet, so kann er das Recht des Gläubigers zum Empfange der hinterlegten Sache von der Bewirkung der Gegenleistung abhängig machen. 647
Struckmann (Nr 1, 54)
§ § 372, 373, 3 8 0
3. Abschnitt: Erlöschen der Schuldverhältnisse § 380
Soweit nach den für die Hinterlegungsstelle geltenden Bestimmungen zum Nachweise der Empfangsberechtigung des Gläubigers eine diese Berechtigung anerkennende Erklärung des Schuldners erforderlich oder genügend ist, kann der Gläubiger von dem Schuldner die Abgabe der Erklärung unter denselben Voraussetzungen verlangen, unter denen er die Leistung zu fordern berechtigt sein würde, wenn die Hinterlegung nicht erfolgt wäre.
A. 1. Kommission I. 150. Sitzung vom 6. 12. 1882, Schriftführer v. Liebe I P r o t i 1431
I Die Berathung des Theilentwurfs des Obligationenrechts (N2 27) „Erfüllung", welche durch die Berathung des Theilentwurfs über die Aufrechnung 1 unterbrochen war, w u r d e wieder aufgenommen, da die Vorschriften, welche auf die Hinterlegung sich beziehen, noch zu erledigen waren.
D e r § 10 des Entwurfs lautet: „Ist dem Schuldner die Bewirkung der ihm obliegenden Leistung wegen AnnahTE-OR (Nr 27) § 10 meverzugs des Gläubigers, oder wegen einer anderen in dessen Person liegenden Hindernisses unmöglich, oder wegen Ungewißheit der Person des Gläubigers nicht mit Sicherheit möglich, und ist der Gegenstand der Leistung zur Hinterlegung geeignet, so kann sich der Schuldner durch dessen Hinterlegung von seiner V e r bindlichkeit befreien. Auch wenn der Leistungsgegenstand eine unbewegliche Sache ist, kann sie mit derselben W i r k u n g in Aufsicht und V e r w a h r u n g gegeben werden." Folgende Anträge waren gestellt: Derscheid (Nr 220) I Prot I 1432
Planck (Nr 221)
1. den ersten Absatz dahin zu fassen: „Ist die Leistung einer beweglichen Sache wegen Annahmeverzugs des Gläubigers o d e r wegen eines | anderen in dessen Person liegenden Hindernisses unmöglich, oder wegen Ungewißheit der Person des Gläubigers nicht mit Sicherheit möglich, so kann sich der Schuldner durch Hinterlegung der Sache von seiner Verbindlichkeit befreien." und den zweiten Absatz zu streichen. 2. den § 10 dahin zu fassen: „Wenn der Gläubiger im Verzuge ist, oder der Schuldner aus einem anderen in der Person des Gläubigers liegenden G r u n d e , o d e r weil er sich entschuldbarer Weise über die Person des Gläubigers in Ungewißheit befindet, seine Verbindlichkeit zu erfüllen nicht oder nicht mit Sicherheit im Stande ist, so ist der Schuldner berechtigt, den Gegenstand der Leistung, sofern derselbe zur Hinterlegung geeignet ist, zu hinterlegen. Ist der Gegenstand der Leistung eine unbewegliche Sache, so tritt an die Stelle der Hinterlegung die Hingabe zur Aufsicht und V e r w a h r u n g . " 1
Prot I 1404- 1430.
648
2. Titel: Hinterlegung
§§ 372, 373, 380
3. im § 10 Absatz 1
v.Weber
a) nach den Worten „nicht mit Sicherheit möglich"einzuschalten „oder die Forderung mit Beschlag belegt";
222
' ^
b) nach den Worten „durch dessen Hinterlegung" einzuschalten „mit der Wirkung der Erfüllung". 4. den § 10 dahin zu fassen: Kurlbaum „Hat der Schuldner eine Sache zu leisten und ist entweder die Leistung wegen (Nr 225) Annahmeverzugs des Gläubigers oder wegen eines anderen in dessen Person liegenden Hindernisses unmöglich, oder der Schuldner in gerechtem Zweifel darüber, wer der Gläubiger sei, so wird der Schuldner dadurch, daß er die Sache für den Gläubiger bei | einem Dritten hinterlegt, in gleicher Weise wie durch Leistung der | Prot I 1433 Sache befreit." und folgende Vorschriften als §§ 14 a, 14b aufzunehmen: § 14 a. „Bei unbeweglichen Sachen tritt an Stelle der Hinterlegung die Uebergabe derselben an einen Dritten zur Verwahrung." § 14 b. „Der Landesgesetzgebung bleibt vorbehalten, Einrichtungen für die Hinterlegung gewisser Sachen herzustellen und von deren Benutzung die Wirksamkeit der Hinterlegung abhängig zu machen, auch Bestimmungen darüber zu treffen, unter welchen Voraussetzungen der Verkauf der so hinterlegten Sachen von Amtswegen angeordnet werden kann und der Anspruch auf Herausgabe derselben erlischt." Beschlossen wurde, zunächst die Frage zu erledigen, wie das Hinderniß beschaffen sein müsse, welches den Schuldner berechtige, statt an den Gläubiger leisten, die Leistung in anderer Art, insbesondere durch Hinterlegung oder Verkauf des Leistungsgegenstandes zu bewirken. Der Entwurf stellt auf: dem Schuldner müsse die Bewirkung der ihm obliegenden Leistung wegen Annahmeverzugs des Gläubigers oder wegen eines anderen in dessen Person liegenden Hindernisses unmöglich oder wegen Ungewißheit der Person des Gläubigers nicht mit Sicherheit möglich sein. Obschon die einzelnen Anträge hiermit im wesentlichen harmoniren, so finden sich doch in bezug auf Einzelheiten verschiedene Abweichun-1 gen, deren Erörte- | Prot I 1434 rung zu folgenden Beschlüssen führte: 1. In Uebereinstimmung mit dem Antrage 2 soll der Annahmeverzug als ein besonderer, von der Unmöglichkeit der Leistung unabhängiger Fall ausgezeichnet werden. Erwogen war: Liege mora accipiendi vor, so müsse dem Schuldner das betreffende Recht zustehen, auch wenn die Leistung möglich bleibe, wie ζ. B. in den Fällen, in welchen Zug um Zug zu leisten sei. 2. Mit dem Antrage 2 soll nicht von einem in der Person des Gläubigers liegenden Hindemisse, sondern von einem in der Person des Gläubigers liegenden Grunde geredet werden. Erwogen war: Der Ausdruck „Grund" sei bezeichnender als das Wort „Hinderniß", welches 649
§ § 372, 373, 380
3. Abschnitt: Erlöschen der Schuldverhältnisse
bei wörtlicher Auslegung nicht für alle Fälle, ζ. B. nicht für den Fall der Beschlagnahme, passe. 3. Die Worte: „nicht mit Sicherheit" sollen nicht allein Aufnahme finden, sondern auch, entsprechend dem Antrage 2, eine Stellung erhalten, wodurch ihre Beschränkung auf den Fall der Ungewißheit des Gläubigers beseitigt wird. Erwogen war: Zu unterscheiden sei zwischen den Fällen der objektiven oder der nur subjektiven Ungewißheit der Person des Gläubigers. In den ersteren Fällen ζ. B. wenn eine Forderung mit Arrest belegt, durch eine anfechtbare Zession übertragen sei pp., stehe dem Schuldner das fragliche Recht unbeschränkt zu, obschon die Leistung an den Gläubiger möglich und nur eine volle Sicherheit gewährendes Leisten ausgeI Prot I 1435 | schlossen sei. In den Fällen der zweiten Art, ζ. B. wenn mehrere Zessionare Uber das Gläubigerrecht stritten, hänge das in Rede stehende Recht des Schuldners noch von einem besonderen Erforderniß, nämlich davon ab, daß ihn in Beziehung auf die subjektive Ungewißheit kein Vorwurf treffe. Der Entwurf bedürfe in der letzteren Beziehung eines Zusatzes, der aber die erwähnte Erweiterung um so nöthiger mache, da er zu den Worten: „Ungewißheit der Person des Gläubigers" gehöre und, diesen beigefügt, dieselben nur auf den Fall der subjektiven Ungewißheit zu beziehen nöthige. 4. Der Fall der Ungewißheit des Gläubigers soll in Uebereinstimmung mit dem Antrage 2 dahin bestimmt werden: wenn der Schuldner sich entschuldbarerweise über die Person des Gläubigers in Ungewißheit befindet. Erwogen war: Es handle sich um den wichtigen Fall der nur subjektiven Ungewißheit des Gläubigers. Es sei ebenso ungerechtfertigt, jede subjektive Ungewißheit für genügend zu erachten, als diese allgemein f ü r unerheblich zu erklären. Die richtige Entscheidung liege in der Mitte. Die nur subjektive Ungewißheit müsse einerseits, dürfe aber andererseits auch nur dann Beachtung finden, wenn sie weder verschuldet sei, noch auf Zweifeln beruhe, die ein verständiger Mann mit Grund nicht hegen könne. Zu den Berücksichtigung verdienenden Zweifeln seien aber je nach den Umständen auch solche zu zählen, die in einer rechtlichen Beurtheilung sich gründen. In dem Antrage finde die richtige Entscheidung den zutreffenden Ausdruck, indem insbesondere das W o r t „entschuldbar" mit Rücksicht auf den BeI Proti 1436 schluß vom | 5. Dezember 1881 (Prot S. 210, 211) darauf hinweise, daß eine irrthümliche rechtliche Beurtheilung die Entschuldbarkeit nicht ausschließe. 5. Der Fall der Beschlagnahme soll keine besondere Erwähnung finden. Erwogen war: Der gedachte Fall bedürfe keiner besonderen Hervorhebung, da er zweifellos zu den nach den vorhergehenden Beschlüssen genügend gedeckten Fällen der objektiven Ungewißheit gehöre. 6. Es soll mit dem Antrage 2 nicht von „Bewirkung der Leistung" sondern von „Erfüllung der Verbindlichkeit" geredet werden. Erwogen war: „Erfüllen der Verbindlichkeit" stehe mit dem Wesen des in Frage kommenden Rechts insofern mehr im Einklänge, als es die befreiende Wirkung erkennbarer mache. 650
2. Titel: Hinterlegung
§§ 372, 373, 380
E s w u r d e z u r E r ö r t e r u n g der F r a g e ü b e r g e g a n g e n , welches Recht dem Schuldner beizulegen und von welcher Beschaffenheit des Schuldverhältnisses das Recht a b h ä n g i g zu machen sei. D a s System des Entwurfs ist: D a s besondere Recht wird dem Schuldner nur gewährt, wenn er eine S a c h e zu leisten hat. Ist die S a c h e hinterlegungsfähig, d. h. ist sie von der Beschaffenheit, daß die z u r öffentlichen H i n t e r l e g u n g oder z u r H i n t e r l e g u n g bei den durch die L a n d e s g e s e t z e d a z u bestimmten Behörden o d e r Anstalten sich eignet, so hat der Schuldner das R e c h t , aber auch nur das Recht, z u r öffentlichen Hinterlegung. Ist die S a c h e nach Landesrecht nicht hinterlegungsfähig, so hat der Schuldner anstelle des Rechts z u r H i n t e r l e g u n g das R e c h t z u m V e r k a u f | und zur H i n t e r l e g u n g des | Prot I 1437 Erlöses. D a s R e c h t z u m V e r k a u f besteht j e d o c h nicht, wenn der Leistungsgegenstand eine unbewegliche S a c h e ist, welche letztere vielmehr in Aufsicht und V e r w a h r u n g zu geben ist. V o r a u s g e s e t z t wird, daß die L a n d e s g e s e t z e allgemein mindestens Geld und Werthpapiere f ü r hinterlegungsfähig erklären. Auf einem anderen System beruht der A n t r a g 4. N a c h diesem Antrage besteht das R e c h t der H i n t e r l e g u n g in allen Fällen, in welchen eine S a c h e zu leisten ist; die H i n t e r l e g u n g e r f o l g t bei einem von dem Schuldner auszuwählenden Dritten. D e r Schuldner haftet f ü r ein bei der Wahl des Dritten b e g a n g e n e s Versehen. D i e L a n d e s g e s e t z e können j e d o c h das Institut der öffentlichen H i n t e r l e g u n g einführen mit der W i r k u n g , daß der Schuldner, welcher eine der öffentlichen Hinterlegung zugängliche S a c h e zu leisten hat, nur das Recht z u r öffentlichen Hinterlegung hat. Vorbehalten bleiben besondere Bestimmungen über ein dem Schuldner beizulegendes V e r k a u f s r e c h t . U n b e w e g l i c h e Sachen werden, ähnlich wie bewegliche S a c h e n , einem Dritten z u r V e r w a h r u n g übergeben. D a r ü b e r bestand kein Zweifel, daß das besondere R e c h t des Schuldners nur dann in F r a g e k o m m e , wenn der Leistungsgegenstand eine S a c h e ist. Einverständniß bestand ferner, daß der Fall, wenn der Leistungsgegenstand eine unbewegliche S a c h e ist, von der Berathung v o r l ä u f i g auszuschließen und erst am Schluß des Abschnitts zu erledigen sei. S o d a n n w u r d e beschlossen: Besteht der G e g e n s t a n d der Leistung in Geld o d e r Werthpapieren, so hat der Schuldner das R e c h t , | aber auch nur das Recht, z u r öffentlichen Hinterlegung. D i e | Prot I 1438 L a n d e s g e s e t z e können bestimmen, daß auch noch andere Sachen als G e l d und Werthpapiere der öffentlichen H i n t e r l e g u n g unterliegen. D a s Recht der öffentlichen H i n t e r l e g u n g wird zunächst geregelt. Welches R e c h t dem Schuldner zustehen soll, wenn der G e g e n s t a n d der Leistung eine S a c h e ist, welche nicht z u r öffentlichen H i n t e r l e g u n g sich eignet, wird bei E r l e d i g u n g des § 13 entschieden. Die Gründe waren: M a n d ü r f e d a v o n ausgehen, daß das Institut der öffentlichen H i n t e r l e g u n g für Geld allgemein bestehe und für Werthpapiere, soweit ein Gleiches hin und wieder noch nicht gelte, ohne Schwierigkeit sich einführen lasse und einzuführen sei. O b das Institut noch auf andere Sachen, insbesondere auf Kostbarkeiten, auszudehnen sei, k ö n n e füglich den L a n d e s g e s e t z e n überlassen bleiben. D u r c h das Institut der öffentlichen H i n t e r l e g u n g w ü r d e f ü r die wichtigsten und zahlreichsten Fälle V o r s o r g e g e t r o f f e n . N u n sei es doch gewiß richtig, z u n ä c h s t ausschließlich die Fälle zu behandeln, in welchen G e g e n s t a n d der Leistung eine z u r öffentlichen H i n t e r l e g u n g sich eignende S a c h e sei, und f ü r solche Fälle d e m Schuldner dem Z w e c k e des 651
§ § 372, 373, 3 8 0
3. Abschnitt: Erlöschen der Schuldverhältnisse
Instituts gemäß mit dem Entwürfe das Recht und nur das Recht zur öffentlichen Hinterlegung zuzugestehen. Wie es zu halten sei, wenn andere Sachen der Gegenstand der Leistung seien, werde am zweckmäßigsten erst bei Erledigung des § 13 zum Austrag gebracht. Z u m Schlüsse w u r d e entschieden: Im § 10 Abs. 1 ist zugleich der W i r k u n g der Hinterlegung zu erwähnen, und zwar in der Art, daß in einem besonderen Satze bestimmt wird: der Schuldner I Prot I 1439 werde durch die H i n t e r l e g u n g in glei-1 eher Weise, wie durch die Leistung an den Gläubiger befreit. Eine solche Bestimmung hielt man f ü r notwendig, weil die V o r schrift, der Schuldner k ö n n e sich durch Hinterlegung von seiner Verbindlichkeit befreien, an einer störenden Unvollständigkeit leide. Vorbehalten blieb, nach Erledigung des § 12 auf die Frage zurückzukommen, ob die Fassung der beschlossenen Vorschrift einer Berichtigung bedürfe.
ZustOR§241
II. In der ZustOR hat die beschlossene Vorschrift als § 241 die Fassung: Ist bei einem Schuldverhältniß, welches die Leistung von Geld o d e r W e r t h p a pieren zum Gegenstand hat, 1. der Gläubiger im V e r z u g e der Annahme oder
Kurlbaum (Nr 570 IV, 4)
2. der Schuldner aus einem anderen in der Person des Gläubigers liegenden G r u n d e oder weil er sich entschuldbarer Weise über die Person des Gläubigers in Ungewißheit befindet, seine Verbindlichkeit überhaupt nicht oder nicht mit Sicherheit zu erfüllen im Stande, so kann der Schuldner den Leistungsgegenstand an eine öffentliche Hinterlegungsstelle abliefern (öffentliche Hinterlegung). D u r c h die Hinterlegung wird der Schuldner von seiner Verbindlichkeit in gleicher Weise befreit wie durch die Leistung an den Gläubiger 2 . Der Antrag, in Nr. 2 die W o r t e am Schluß „zu erfüllen" hinter „Verbindlichkeit" zu versetzen, w u r d e abgelehnt (Prot I 3552, 3559). III. Im K E ist die V o r s c h r i f t in unveränderter Fassung in § 270 enthalten.
Kurlbaum (Nr 576, 3)
Bei der Redaktion einzelner Vorschriften des O R wurden zufolge eines Antrages, die Schlußworte von N r . 2 des § 270 zu fassen: . . . seine Verbindlichkeit zu erfüllen nicht oder nicht mit Sicherheit im Stande . . . oder nicht oder nicht mit Sicherheit im Stande, seine Verbindlichkeit zu erfüllen die Fassung beschlossen: „. . . seine Verbindlichkeit zu erfüllen oder mit Sicherheit zu erfüllen nicht im Stande", . . . (Prot I 6177, 6178). D e r Antrag, in § 270 Zeile 1 und 2 statt „die Leistung von Geld oder W e r t h p a pieren" zu setzen: „Geld o d e r Werthpapiere" und vorletzte Zeile des Abs. 1 statt „Leistungsgegentand" zu setzen: „Gegenstand", wurde abgelehnt ( P r o t I 6187, 6188). IV. Im E I ist die V o r s c h r i f t in § 272 enthalten; die Fassung der Vorschrift ist unverändert, jedoch lautet der Schluß von N r . 2 wie P r o t I 6177, 6178 beschlossen. 2
D a z u ist angemerkt: In den §§ 19 und 110 dieser Zusammenstellung ist vor „Hinterlegung" einzuschalten: „öffentliche" (Protokoll vom 13. D e z e m b e r 1882, S. 1470).
652
2. Titel: Hinterlegung
§§ 372, 373, 380
Β. Vorkommission des Reichsjustizamtes I. Beantragt war: 1. An Stelle des § 272 zu bestimmen: § 272. Ist bei einem Schuldverhältnisse, welches die Leistung von Geld, Werthpapieren oder Kostbarkeiten zum Gegenstand hat, 1 ... 2...
Struckmann (Nr 1, 44)
(wie im Entw.),
so kann der Schuldner den Gegenstand der Leistung bei einer dazu bestimmten öffentlichen Stelle hinterlegen. § 272 a. Durch die für den Gläubiger erfolgte Hinterlegung wird der Schuldner von seiner Verbindlichkeit in gleicher Art befreit wie durch die Leistung an den Gläubiger. Liegt diesem gegen Empfang der Leistung eine Gegenleistung ob, so ist der Schuldner berechtigt, bei der Hinterlegung die Auslieferung des hinterlegten Gegenstandes an den Gläubiger von der Gegenleistung abhängig zu machen. 2. In dem § 272 zwischen dem ersten und zweiten Absatz folgenden Absatz Planck (Nr 2, 28) einzuschalten: Die Hinterlegungsstelle hat den hinterlegten Gegenstand dem von dem Schuldner bezeichneten Gläubiger auf dessen Antrag auszuliefern. Jacubezky 3. Im § 272 den Eingang zu fassen: Ist bei einem Schuldverhältnisse, welches die Leistung von Geld, Werthpapieren (Nr 4, 49) oder Kostbarkeiten zum Gegenstande hat, u.s.w.
4. Folgenden § 272 a einzuschalten: Jacubezky Bei der Hinterlegung muß der Gläubiger bezeichnet werden. Ist die Hinterle- (Nr 4, 50) gung erfolgt, weil der Schuldner sich über die Person des Gläubigers in Ungewißheit befunden hat, so muß die Bezeichnung des Gläubigers nachgeholt werden, sobald die Ungewißheit beseitigt ist. Die Hinterlegung wird unwirksam, wenn der Schuldner mit der Bezeichnung des Gläubigers in Verzug kommt. Erfolgt die Hinterlegung, weil über das Gläubigerrecht zwischen mehreren Personen, welche dasselbe in Anspruch nehmen, Streit besteht, so kann dieselbe für die streitenden Gläubiger mit der Bestimmung bewirkt werden, daß sie f ü r denjenigen gelten soll, welcher durch Erklärung der übrigen Betheiligten oder durch das zwischen den streitenden Gläubigern ergehende rechtskräftige Urtheil als der Gläubiger anerkannt wird. II. 44. Sitzung vom 10. 9. 1891 I Zu §272 wurde beschlossen, unter den daselbst normirten Voraussetzungen | ProtRJA 241 die Zulässigkeit der Hinterlegung mit befreiender Wirkung für den Schuldner auch hinsichtlich der Kostbarkeiten im Bürgerlichen Gesetzbuch anzuerkennen, weil die gleichen Gründe, welche den Gesetzgeber veranlaßten, bei einem auf Geld oder Wertpapiere gerichteten Schuldverhältnisse die Hinterlegung in gewissen Fällen als Erfüllungssurrogat zu gestatten, auch dann sich als zutreffend erwiesen, wenn der Schuldner Kostbarkeiten zu leisten habe. Am Schlüsse des Abs. 1 wurden die in Klammern beigefügten W o r t e „öffentliche Hinterlegung" gestrichen, um dem Mißverständnisse vorzubeugen, als ob die Vorschrift der §§ 272 ff auch auf solche Fälle 653
§ § 372, 373, 3 8 0
3. Abschnitt: Erlöschen der Schuldverhältnisse
sich erstrecken solle, in welchen die öffentliche Hinterlegung zu anderen Zwecken, ζ. B. zum Z w e c k e der Sicherheitsleistung bewirkt werde. Endlich hielt man es f ü r erforderlich, im Abs. 1 zum Ausdrucke zu bringen, daß die Hinterlegung für den Gläubiger zu erfolgen habe. D e m g e m ä ß erhielt der Abs. 1 folgende Fassung: Ist bei einem Schuldverhältnisse, welches auf die Leistung von Geld, Wertpapieren oder Kostbarkeiten gerichtet ist, 2
I wie im Entw.
so kann der Schuldner den Gegenstand der Leistung bei einer dazu bestimmten öffentlichen Stelle f ü r den Gläubiger hinterlegen. Im Anschluß an den § 272 wurde mit Rücksicht auf die Vorschrift des § 272 Abs. 2 eine Sonderbestimmung f ü r diejenigen Fälle f ü r erforderlich erachtet, in welchen dem Gläubiger gegen Empfang der Leistung eine Gegenleistung obliege. Für solche Fälle müsse dem Schuldner das Recht gewährt werden, die Auslieferung I ProtRJA 242 des hinterlegten G e g e n - | standes an den Gläubiger bei der Hinterlegung von der Gegenleistung abhängig zu machen, weil anderen Falls f ü r den Gläubiger die Möglichkeit bestände, d u r c h seine Annahmeerklärung das Zurücknahmerecht des Schuldners z u m Erlöschen zu bringen und auf diese Weise eine mit den Zwecken der Hinterlegung nicht vereinbarte Aenderung des Schuldverhältnisses herbeizuführen. Im Anschluß an diese Vorschrift überzeugte man sich von der Nothwendigkeit, auch über die Rechtsstellung des Gläubigers gegenüber der Hinterlegungsstelle eine Bestimmung a u f z u n e h m e n , insbesondere dem Schuldner, wenn das Zurücknahmerecht desselben erloschen sei und der Gläubiger in Folge dessen einen definitiven Anspruch auf Auslieferung des hinterlegten Gegenstandes gegen die Hinterlegungsstelle nach Maßgabe der von dem Schuldner bei der Hinterlegung getroffenen Bestimmung erworben habe, trotz seiner Befreiung von der Schuld die Verbindlichkeit aufzuerlegen, dem Gläubiger zum Zwecke der Legitimation gegenüber der Hinterlegungsstelle die erforderliche Mitwirkung zu gewähren, und demgemäß zu bestimmen, daß, w e n n nach den Landesgesetzen, welchen nach § 280 überlassen bleibe, über den Nachweis der Empfangsberechtigung nähere Vorschriften zu geben, die Einwilligung des Schuldners zur Legitimation des Gläubigers erforderlich oder genügend sei, der Schuldner dem Gläubiger gegenüber verpflichtet sei, diese Einwilligung zu ertheilen. Auf diese Weise regelten sich in zweckmäßiger Weise auch diejenigen Fälle, in denen f ü r einen unbestimmten Gläubiger, z. B. f ü r die unbekannten Erben, f ü r den Sieger in einem W e t t r e n n e n , hinterlegt sei. Demgemäß w u r d e beschlossen, E I-RJA § 272 a I Prot RJA 243
E I-RJA §277 a
a) als § 272 a eine Vorschrift folgenden Inhalts einzuschalten: Liegt dem Gläubiger gegen Empfang der Leistung eine Gegenleistung ob, so ist der Schuldner berechtigt, | bei der Hinterlegung die Ablieferung des hinterlegten Gegenstandes an den Gläubiger von der Gegenleistung abhängig zu machen. b) als § 2 7 7 a hinter § 277 folgende Bestimmung einzuschalten: Für das Recht des Gläubigers auf Ablieferung des hinterlegten Gegenstandes gegenüber der Hinterlegungsstelle ist die von dem Schuldner bei der Hinterlegung getroffene Bestimmung maßgebend. Ist das Z u r ü c k n a h m e r e c h t des Schuldners erloschen oder die Ausübung desselben nach § 277 ausgeschlossen, so kann der Gläubiger unter denselben Vorausset654
2. Titel: Hinterlegung
§§ 372, 373, 380
Zungen, unter welchen er die Leistung zu fordern berechtigt war, von dem Schuldner dessen Einwilligung in die Ablieferung des hinterlegten Gegenstandes verlangen, soweit nach den Vorschriften über die öffentliche Hinterlegung die Beibringung dieser Einwilligung zum Nachweise der Empfangsberechtigung erforderlich oder genügend ist.
C. 2. Kommission I. Anträge (Prot II, Bd. 1, S. 342 ff; Mugdan, Bd. 2, S. 447 ff) Zu § 272 lagen die folgenden Anträge vor: 1. die Vorschrift, wie von der V o r k o m . des RJA beschlossen, zu fassen.
Struckmann
2. Ist bei einem Schuldverhältnisse, welches auf die Leistung von Geld, Kostbarkeiten, Werthpapieren oder sonstigen U r k u n d e n . . .
'^^
3. Ist bei einem Schuldverhältnisse, welches eine bewegliche Sache z u m GegenStande hat, . . . (wie im Entw.), so kann sich der Schuldner durch Hinterlegung nach Maßgabe der §§ 273 bis 280 von einer Verbindlichkeit befreien. Im Zusammenhange mit dem Antrage 3 hatte der Antragsteller vorgeschlagen:
Dittmar (Nr 28, 1)
a) den § 273 zu fassen: H a t das Schuldverhältniß die Leistung von Geld, Werthpapieren oder Kostbarkeiten zum Gegenstande, so ist die Hinterlegung bei der öffentlichen Hinterlegungsstelle des Leistungsorts zu bewirken; eine vorgängige gerichtliche A n o r d n u n g der Hinterlegung ist nicht erforderlich. D e r Schuldner hat den Gläubiger von der Hinterlegung, soweit thunlich, unverzüglich zu benachrichtigen.
Dittmar (Nr 28, 1)
b) den § 278 zu fassen: Bei Leistungsgegenständen anderer als der im § 273 bezeichneten Art ist die Hinterlegung an der Stelle zu bewirken, welche das Amtsgericht des Leistungsorts auf Antrag des Schuldners bestimmt. Fehlt es an einer geeigneten Hinterlegungsstelle oder 3 ist der Leistungsgegenstand dem Verderb ausgesetzt o d e r erfordert dessen A u f b e w a h r u n g unverhältnißmäßige Kosten, so kann das Amtsgericht (des Leistungsorts) dem Schuldner die Ermächtigung zur öffentlichen Versteigerung des Gegenstandes ertheilen. Mit der (öffentlichen) Versteigerung hat der Schuldner einen f ü r den Leistungsort bestellten Gerichtsvollzieher oder einen sonstigen zu Versteigerungen befugten Beamten oder öffentlich angestellten Versteigerer zu beauftragen. Den Erlös hat der Schuldner bei der öffentlichen Hinterlegungsstelle des Leistungsorts zu hinterlegen. Die Versteigerung ist erst nach vorgängiger A n d r o h u n g zulässig, sofern diese thunlich ist. Die A n d r o h u n g kann unterbleiben, wenn die Sache dem Verderben ausgesetzt und G e f a h r im V e r z u g e ist. V o r der Vollziehung der Versteigerung und der Hinterlegung des Erlöses hat der Schuldner . . . (wie § 278 Abs. 2 des Entw.)
Dittmar (Nr 28, 2)
c) den § 280 zu streichen und im Einführungsgesetz (Art. 57a) vorzuschreiben: Die Bestimmung der Stellen, bei welchen die öffentliche Hinterlegung erfolgt und die Abgrenzung der örtlichen Zuständigkeit derselben bleibt den Landesgesetzen vorbehalten.
Dittmar (Nr 28, 3)
3
In der met. Fassung des Antrags beginnt der Satz an dieser Stelle, es fehlen also die Worte „Fehlt — oder". 655
§§ 372, 373, 3 8 0
3. Abschnitt: Erlöschen der Schuldverhältnisse
Die Landesgesetze können über die öffentliche Hinterlegung nähere Bestimmungen treffen . . . (wie Abs. 3 des § 280). v. Cuny (Nr 20, 5)
4. im Abs. 1 N r . 2 hinter „befindet" einzuschalten: oder weil ihm die Leistung an den Gläubiger in rechtlich bindender Weise untersagt ist 4 .
v. Mandry (Nr 23, 3)
5. den Abs. 2 zu streichen. Im Zusammenhange mit dem Antrage 5 hatte der Antragsteller vorgeschlagen, statt der §§ 275, 276 folgende Bestimmungen a u f z u nehmen: W i r d unter Verzicht auf das Rücknahmerecht hinterlegt oder erlischt dieses Recht nach der Hinterlegung, so wird der Schuldner von seiner Verbindlichkeit in gleicher Art befreit, wie wenn zur Zeit der Hinterlegung an den Gläubiger geleistet w o r d e n wäre 5 . Solange der Schuldner 6 das Recht der Z u r ü c k n a h m e hat, ist die Geltendmachung des Anspruchs des Gläubigers ausgeschlossen, hat auch der Schuldner die G e f a h r des hinterlegten Gegenstandes nicht zu tragen (für nicht gezogene N u t z u n gen keinen Ersatz zu leisten) und sind Zinsen von demselben nicht zu zahlen. Mit der Z u r ü c k n a h m e wird der Anspruch wieder wirksam, wie wenn die H i n terlegung nicht erfolgt wäre. Die K o m . nahm den Abs. 1 des § 272 mit den unter 1 vorgeschlagenen Änderungen an, w ä h r e n d sie den Antrag 4 der R e d K o m . überwies; den Antrag 2 lehnte sie ab. D e r A n t r a g 3 blieb der Beratung des § 278 vorbehalten; der Abs. 2 des § 272 und der A n t r a g 5 wurden bis zur Beratung der §§ 275, 276 ausgesetzt. Ferner w a r beantragt:
Struckmann (Nr 1, 56)
1. die A u f n a h m e der von der V o r k o m . des RJA als § 272 a beschlossenen BeStimmung sowie die A u f n a h m e der von der V o r k o m . des RJA als ξ 277 a beschlossenen Vorschrift.
Jacubezky (Nr 21, 3 u 4)
2. den § 272 a (Antrag 1) in folgender Fassung als § 273 a a u f z u n e h m e n : l S t der Schuldner nur Z u g um Z u g gegen eine von dem Gläubiger zu bewirkende Leistung zu leisten verpflichtet, so kann er bei der Hinterlegung das Recht des Gläubigers z u m Empfange des hinterlegten Gegenstandes von der Bewirkung der Gegenleistung abhängig machen. Ist die Hinterlegung mit diesem Vorbehalte erfolgt, so ist der Schuldner verpflichtet, Z u g um Z u g gegen Bewirkung der Gegenleistung den Vorbehalt aufzuheben. K o m m t er in Ansehung dieser Verpflichtung in V e r z u g , so kann der Gläubiger die Hinterlegung zurückweisen. Im Zusammenhange mit diesem Antrage hatte der Antragsteller vorgeschlagen, hinter § 273 a folgenden § 2 7 3 b einzustellen:
4
5
6
In der met. Fassung ist dazu angemerkt: „Motive: Durch die beantragte Einschaltung soll ausgedrückt werden, daß auch ein Arrest, mit welchem die Forderung bestrickt ist, einen Hinterlegungsgrund für den Schuldner der Forderung bildet." In der met. Fassung endet der erste Absatz mit „befreit, wie durch die Leistung an den Gläubiger". Der zweite Absatz lautet: „Auch wenn die Voraussetzungen des ersten Absatzes nicht vorhanden sind, hat während der Dauer der Hinterlegung der Schuldner die Gefahr des hinterlegten Gegenstandes nicht zu tragen (für nicht gezogene Nutzungen keinen Ersatz zu leisten) und Zinsen nicht zu zahlen. In den Prot, steht: Gläubiger.
656
2. Titel: Hinterlegung
§§ 372, 373, 380
Befindet der Schuldner sich in Ungewißheit über die Person des Gläubigers, so kann er bei der Hinterlegung sich die Bezeichnung des Gläubigers vorbehalten. Der Gläubiger ist nach Hebung der Ungewißheit zu verlangen berechtigt, daß der Schuldner ihn der Hinterlegungsstelle als den Gläubiger bezeichne. Kommt der Schuldner in Ansehung dieser Verpflichtung in Verzug, so kann der Gläubiger die Hinterlegung zurückweisen. Besteht über das Gläubigerrecht zwischen mehreren Personen, welche dasselbe in Anspruch nehmen, Streit, so kann die Hinterlegung mit der Bestimmung erfolgen, daß sie für diejenige der streitenden Personen gelten solle, welche durch Erklärung der übrigen oder durch das zwischen den streitenden Personen ergehende rechtskräftige Unheil als der Gläubiger anerkannt wird. Die Kom. entschied sich für den Antrag 1. Was den Antrag 2 anbelangt, so wurde der erste Satz der RedKom. überwiesen, die Beschlußfassung über den zweiten bis zur Beratung über den § 277 a ausgesetzt und der dritte Satz abgelehnt. Demnächst erklärte der Antragsteller zu 2, daß nach Ablehnung des dritten Satzes der zweite eine selbständige Bedeutung nicht mehr habe. Zu dem von Struckmann vorgeschlagenen § 277 a lag ferner der Antrag vor, den Abs. 1 dieser Vorschrift zu streichen, den Abs. 2 derselben in folgender Fassung dem § 280 anzufügen 7 : Soweit für den Nachweis der Empfangsberechtigte des Gläubigers eine Erklä- Jacubezky rung des Schuldners erforderlich oder genügend 8 ist, ist der Schuldner zur Abgabe (Nr 21,6) der Erklärung in gleicher Weise verpflichtet, wie er, wenn die Hinterlegung nicht erfolgt wäre, zur Leistung des hinterlegten Gegenstandes verpflichtet wäre. Die Kom. lehnte die Vorschrift in der von Struckmann vorgeschlagenen Fassung ab und nahm den Antrag Jacubezkys sachlich an, vorbehaltlich der Berücksichtigung des Nachsatzes in Abs. 2 der von Struckmann vorgeschlagenen Vorschrift („so kann der Gläubiger") für die Fassung der Bestimmung. II. In der VorlZust der Beschlüsse der 2. Kom. hat § 272 die Fassung: Ist der Gläubiger im Verzuge der Annahme, so kann der Schuldner, wenn das E I-VorlZust Schuldverhältniß auf die Leistung von Geld, Kostbarkeiten, Werthpapieren oder § -272 sonstigen Urkunden gerichtet ist, den Gegenstand der Leistung bei einer dazu bestimmten öffentlichen Stelle für den Gläubiger hinterlegen. Das gleiche gilt, wenn der Schuldner aus einem anderen in der Person des Gläubigers liegenden Grunde oder deshalb, weil er sich in entschuldbarer Weise über die Person des Gläubigers in Ungewißheit befindet, seine Verbindlichkeit zu erfüllen oder mit Sicherheit zu erfüllen nicht im Stande ist. § 272 a lautet: E I-VorlZust Ist der Schuldner nur (Zug um Zug) gegen eine von dem Gläubiger zu bewir- § 272 a kende Leistung zu leisten verpflichtet, so kann er bei der Hinterlegung das Recht des Gläubigers zum Empfange des hinterlegten Gegenstandes von der Bewirkung der Gegenleistung abhängig machen.
7
8
In der met. Fassung lautet der Antrag: „Der § 277 a soll gestrichen, evtl. soll der Absatz 2 desselben in folgender Fassung dem § 280 angefügt werden." Die Worte „oder genügend" fehlen in der met. Fassung des Antrages.
657
§ § 372, 373, 3 8 0 E I-VorIZust $ 277 a
E I-ZustRedKom § 272
E I-ZustRedKom §272 a E I-ZustRedKom « 277 a
3. Abschnitt: Erlöschen der Schuldverhältnisse
Die als § 277 a beschlossene Vorschrift lautet: D e r Gläubiger kann unter denselben Voraussetzungen, unter welchen er die Leistung zu fordern berechtigt war, von dem Schuldner dessen Einwilligung in die Auslieferung der hinterlegten Sache verlangen, wenn nach den (landesgesetzlichen) Vorschriften über die öffentliche Hinterlegung die Beibringung dieser Einwilligung zum Nachweise der Empfangsberechtigung erforderlich o d e r genügend ist. III. In der ZustRedKom haben die Vorschriften die Fassung: Ist bei einem Schuldverhältnisse, welches auf die Leistung von Geld, Kostbarkeiten, Werthpapiere o d e r sonstigen U r k u n d e n gerichtet ist, der Gläubiger im Verzuge, so kann der Schuldner die geschuldete Sache bei einer dazu bestimmten öffentlichen Stelle f ü r den Gläubiger hinterlegen. Das gleiche Recht steht bei einem solchen Schuldverhältnisse dem Schuldner zu, w e n n er aus einem anderen in der Person des Gläubigers liegenden G r u n d e oder deshalb, weil er sich in entschuldbarer Weise über die Person des Gläubigers im Ungewissen befindet, seine Verbindlichkeit zu erfüllen o d e r mit Sicherheit zu erfüllen nicht im Stande ist. Ist der Schuldner nur gegen eine Leistung des Gläubigers zu leisten verpflichtet, so kann er das Recht des Gläubigers z u m Empfange der hinterlegten Sache von der Bewirkung der Gegenleistung abhängig machen. Soweit nach den Vorschriften über die öffentliche Hinterlegung zum Nachweise der Empfangsberechtigung des Gläubigers eine Erklärung des Schuldners erforderlich oder genügend ist, kann der Gläubiger von dem Schuldner die Abgabe der E r k l ä r u n g unter denselben Voraussetzungen verlangen, unter welchen er, wenn die Hinterlegung nicht stattgefunden hätte, die Leistung zu fordern berechtigt wäre. IV. Im £ / / h a t § 272 E I als § 321 die Fassung:
E II § 321
Geld, Kostbarkeiten, Werthpapiere und sonstige U r k u n d e n kann der Schuldner bei einer dazu bestimmten öffentlichen Stelle f ü r den Gläubiger hinterlegen, wenn der Gläubiger im V e r z u g e der Annahme ist. Das Gleiche gilt, wenn der Schuldner aus einem anderen in der Person des Gläubigers liegenden G r u n d e oder in Folge entschuldbarer Ungewißheit über die Person des Gläubigers seine Verbindlichkeit nicht oder nicht mit Sicherheit erfüllen kann. V. Die Vorschrift ist im Ell
rev als § 366 enthalten; der Anfang ist hier gefaßt:
„Geld, Werthpapiere und sonstige U r k u n d e n sowie Kostbarkeiten . . In Satz 2 heißt es statt: „infolge entschuldbarer" „infolge einer nicht auf Fahrlässigkeit beruhenden . . . " . Damit liegt die in § 372 BGB Gesetz gewordene Fassung vor. § 272 a E I ist im E II in § 322, im E II rev in § 367 enthalten; die Fassung ist unverändert; sie entspricht der in § 373 BGB Gesetz gewordenen Fassung. § 277 a E I ist im E II in § 328, im E II rev in § 374 enthalten; die Fassung der Vorschrift im E II entspricht der in § 380 Gesetz gewordenen Fassung.
E. X I I . Kommission des Reichstags Frohme-Stadthagen (Nr 130,5)
Es lag der Antrag vor zu § 366 folgender Resolution die Zustimmung zu geben: 658
2. Titel: Hinterlegung
§§ 374,375
„ E s wird die Erwartung ausgesprochen, daß durch gesetzliche Maßnahmen dafür Sorge getroffen wird, daß Geld, Werthpapiere, sonstige Urkunden, sowie Kostbarkeiten werktäglich während der üblichen Geschäftsstunden bei der öffentlichen Hinterlegungsstelle hinterlegt werden können. Bericht v. Heller über die 45. Sitzung, 3. 6. 1896 Zum § 366 lag der Antrag Frohme-Stadthagen auf Annahme einer das Hinterlegungswesen betreffenden Resolution (Nr. 130 der Drucksachen Ziff. 5) vor. Außerdem beantragte der Abgeordnete von Dziembowski, in der Form einer Resolution die Erwartung auszusprechen, daß gleichzeitig mit dem Bürgerlichen Gesetzbuche eine Reichs-Hinterlegungsordnung in Kraft tritt, unter Anerkennung des Grundsatzes, daß dem Hinterleger ein Klagerecht gegen den Staat zusteht. Dieser Antrag lag noch nicht gedruckt vor. Die Begründung beider Anträge ging von den besonderen Verhältnissen der Preußischen Einrichtung des Hinterlegungswesens aus, der Antrag von Dziembowski insbesondere auch von der Entwicklung der Preußischen Rechtsprechung auf diesem Gebiete, die den Rechtsweg für unzulässig erklärt. Stadthagen nahm darauf Bezug, daß bei der Berliner Hinterlegungsstelle nur an wenigen Tagen der Woche und nur während weniger Stunden Hinterlegungen vollzogen werden können. Struckmann sprach sich gegen beide Resolutionen aus. Die Ordnung des Hinterlegungswesens gehöre nicht zur Zuständigkeit der Reichsgesetzgebung; zu einem Appell an die Landesgesetzgebungen sei hier kaum der richtige Ort. Im übrigen verwies er auf die Artikel 144 bis 146 des Entwurfs des Einführungsgesetzes. Von Cuny bezeichnete die reichsrechtliche Eröffnung des Rechtswegs für Ansprüche des Hinterlegers gegen den Staat als beherzigenswert, das Verlangen reichsrechtlicher Ordnung des gesamten Hinterlegungswesens aber als zu weit gehend. Von Dziembowski z o g hierauf seinen Antrag zurück, sich vorbehaltend, ihn zum Einführungsgesetze wieder einzubringen. Stadthagen änderte seinen Antrag dahin ab, daß „der Reichskanzler ersucht werde, bei den Regierungen der Einzelstaaten dahin zu wirken, daß durch gesetzliche Maßnahmen dafür Sorge getroffen werde, daß . . . können." Der Antrag wurde gegen wenige Stimmen abgelehnt.
§374 Die Hinterlegung hat bei der Hinterlegungsstelle des Leistungsorts zu erfolgen; hinterlegt der Schuldner bei einer anderen Stelle, so hat er dem Gläubiger den daraus entstehenden Schaden zu ersetzen. Der Schuldner hat dem Gläubiger die Hinterlegung unverzüglich anzuzeigen; im Falle der Unterlassung ist er zum Schadensersatze verpflichtet. Die Anzeige darf unterbleiben, wenn sie unthunlich ist.
§375 Ist die hinterlegte Sache der Hinterlegungsstelle durch die Post übersendet worden, so wirkt die Hinterlegung auf die Zeit der Aufgabe der Sache zur Post zurück. 659
§§ 374,375
3. Abschnitt: Erlöschen der Schuldverhältnisse
A. 1. Kommission I. 150. Sitzung vom 6. 12. 1882, Schriftführer v. Liebe I Prot I 1439
| D e r § 11 des Entwurfs lautet:
TE-OR (Nr 27) »Die Hinterlegung h a t bei dem Amtsgerichte des Erfüllungsortes zu erfolgen, S 11 sofern nicht die Landesgesetze eine andere Hinterlegungsstelle bestimmen. Einer vorgängigen richterlichen A n o r d n u n g der Hinterlegung bedarf es nicht. V o n der geschehenen Hinterlegung hat der Schuldner, soweit thunlich, den Gläubiger sofort zu benachrichtigen." Es w a r beantragt: v. Weber (Nr 222, 3) Kurlbaum (Nr 225)
1. dem Absatz 3 des § 11 am Schlüsse h i n z u z u f ü g e n : „Bei Unterlassung ist er z u m Schadensersatz verpflichtet." 2. den § 11 zu fassen: „Die Hinterlegung m u ß , um gegen den Gläubiger wirksam zu werden, am Erfüllungsorte geschehen. D e r Schuldner hat bei derselben die Sorgfalt eines ordentlichen Hausvaters anzuwenden." Absatz 2 unverändert. Absatz 3 mit Streichung der W o r t e : „soweit thunlich". Ferner wurde beantragt: 3. statt des Absatzes 1 des § 11 zu bestimmen:
I Prot I 1440
| „Die Hinterlegung hat bei der durch die Landesgesetze bestimmten Hinterlegungsstelle des Erfüllungsortes zu geschehen." 4. in dem Antrag 3 statt „Erfüllungsortes" zu setzen: „Wohnsitzes des Schuldet ners . 5. den Absatz 1 des § 11 dahin zu fassen: „Die Hinterlegung h a t bei der durch die Landesgesetze bestimmten Hinterlegungsstelle des Erfüllungsortes, u n d , wenn die Ungewißheit des Gläubigers die Ungewißheit des Erfüllungsortes mit sich bringt, bei der Hinterlegungsstelle des Wohnsitzes des Schuldners zu geschehen." Beschlossen wurde, an Stelle des § 11 zu bestimmen: „Die Hinterlegungsstellen werden durch die Landesgesetze in der Art bestimmt, daß auch deren örtliche Zuständigkeit festzustellen ist. D e r Schuldner hat bei der Hinterlegungsstelle des Leistungsortes zu hinterlegen, widrigenfalls er d e m Gläubiger zum Schadensersatz verpflichtet ist, er hat bei gleicher Verantwortlichkeit von der geschehenen Hinterlegung, soweit thunlich, den Gläubiger sofort zu benachrichtigen. Eine vorgängige richterliche A n o r d n u n g der Hinterlegung ist nicht erforderlich." Die G r ü n d e waren : 1. In dem größeren Theile des Reiches seien gegenwärtig die Gerichte nicht mehr die Hinterlegungsstellen. Diesem Z u s t a n d e entspreche es, einfach die Bestimm u n g der Hinterlegungsstelle den Landesgesetzen zu überlassen. 2. So richtig es sei, den Schuldner f ü r verpflichtet zu erklären, bei der Hinterlegungsstelle des Leistungsortes zu hinterlegen, so bedenklich erscheine es, die H i n 660
2. Titel: Hinterlegung
§ § 374, 375
terlegung bei einer anderen Stelle für wirkungslos zu erachten. In vielen Fällen sei der Leistungs- | ort zweifelhaft und nicht leicht zu ermitteln. Die gedachte Bestim- | Prot 11441 mung könne daher nur zu oft den Schuldner in große Verluste bringen, obschon es für den Gläubiger regelmäßig völlig gleichgültig sei, wo hinterlegt worden ist. Dem Uebelstande werde vorgebeugt, wenn der Hinterlegung bei einer anderen Stelle nur die Folge beigelegt werde, daß der Schuldner zum Schadensersatze verpflichtet sei. 3. Die Worte „soweit thunlich" zu streichen, sei nicht rathsam; es gebe Fälle, wo eine Benachrichtigung des Gläubigers zwar möglich, aber mit großen Weiterungen und Kosten verbunden sei, ohne für den Gläubiger muthmaßlich ein Interesse zu haben. Auch im Handelsgesetzbuche finde sich in ähnlichen Fällen ζ. B. Art. 310, 311, 343 der fragliche Zusatz. O b Thunlichkeit vorgelegen habe, müsse der Richter nach den Umständen des Falls ermessen. 4. Daß die versäumte Benachrichtigung nur die Pflicht zum Schadensersatze nach sich ziehe, müsse ausdrücklich bestimmt werden, da sonst die Annahme des Gegentheils nahe liege. II. In der ZustOR lautet die beschlossene Vorschrift als § 242 : Der Schuldner hat bei der Hinterlegungsstelle des Leistungsortes zu hinterlegen, widrigenfalls er dem Gläubiger zum Schadensersatz verpflichtet ist; er hat bei gleicher Verantwortlichkeit von der Hinterlegung, soweit thunlich, den Gläubiger sofort zu benachrichtigen. Eine vorgängige richterliche Anordnung der Hinterlegung ist nicht erforderlich'.
ZustOR S 242
III. Im K E ist die Vorschrift in § 271, im E I in § 273 enthalten. In beiden §§ heißt es bei im übrigen unveränderter Fassung in Abs. 1 „unverzüglich" (statt: „sofort") und in Abs. 2 „gerichtliche" (statt: „richterliche").
B. Vorkommission des Reichsjustizamtes I. Beantragt war:
Planck
in dem § 273 den zweiten Absatz zu streichen.
( N r 2, 29) Jacubezky ( N r 4, 51)
II. 44. Sitzung vom 10. 9. 1891 I Der § 273 Abs. 2 wurde hier gestrichen, soll aber dem § 280 Abs. 3 2 in folgender Fassung hinzugefügt werden: Von einer gerichtlichen Anordnung kann die Hinterlegung nicht abhängig gemacht werden.
1
2
Abs. 1 der in Prot I 1440 als beschlossen bezeichneten Vorschrift findet sich in der Z u s t O R als Abs. 1 des $ 249, s. unten bei §§ 3 7 7 - 3 8 6 B G B . S. unten bei §§ 3 7 7 - 3 8 6 B G B .
661
| ProtRJA 243
§ § 374, 375
3. Abschnitt: Erlöschen der Schuldverhältnisse
C . 2. Kommission I. Bei der Beratung des S 273 (Prot II, Bd. 1, S. 3 4 8 f f ; Mugdan, Bd. 2, S. 5 5 0 f ) fand der Abs. 1 allseitige Zustimmung. Gegen den Absatz 2 richteten sich folgende Anträge Struckmann ( N r 1, 57)
Jacubezky (Nr 21, 4)
a) den Abs. 2 hier zu streichen und dem § 280 zuzusetzen b) an Stelle des Abs. 2 hier zu bestimmen: Ist die zu hinterlegende Sache der Hinterlegungsstelle durch die Post übersendet worden, so wirkt die erfolgte Hinterlegung auf den Zeitpunkt der Absendung der Sache zurück. Für den A n t r a g b) w u r d e von einer Seite folgende, nach Ansicht des Antragstellers eine sachliche Abweichung nicht enthaltende Fassung vorgeschlagen: Ist die zu hinterlegende Sache der Hinterlegungsstelle durch die Post übersendet worden, so treten die Wirkungen der Hinterlegung gegen den Gläubiger mit der Aufgabe z u r Post ein. Die Kom. nahm den Antrag a) an, lehnte dagegen den Antrag b) mit 10 gegen 9 Stimmen ab. N u n m e h r gelangte der oben 3 mitgeteilte Antrag auf Einschaltung eines S 273 b zur Beratung. Mit Rücksicht auf den zum § 272 a gefaßten Beschluß ließ der Antragsteller den Satz 3 und in Erwartung der Annahme des § 277 a auch den Satz 2 des Abs. 1 fallen, so d a ß nur folgende Bestimmungen, und zwar jetzt als § 273 a, vorgeschlagen wurden : Befindet der Schuldner sich in Ungewißheit über die Person des Gläubigers, so kann er bei der Hinterlegung sich die Bezeichnung des Gläubigers vorbehalten. Besteht über das Gläubigerrecht zwischen mehreren Personen, welche dasselbe in Anspruch nehmen, Streit, so kann die Hinterlegung mit der Bestimmung erfolgen, daß sie f ü r diejenige der streitenden Personen gelten soll, welche durch Erklärung der übrigen oder durch das zwischen den streitenden Personen ergehende rechtskräftige U n h e i l als Gläubiger anerkannt wird. D e r Antrag w u r d e abgelehnt. II. In der VorlZust Abs. des % 273 E I.
der Beschlüsse der 2. Kom. enthält
273 nur noch den 1.
Als § 273 a enthält die VorlZust die von Struckmann unter b) beantragte, von der Kom. bei der Beratung des § 280 angenommene Vorschrift. III. In der ZustRedKom ist § 273 gefaßt: E I-ZustRedKom Die Hinterlegung hat bei der Hinterlegungsstelle des Leistungsortes zu erfol§ 273 gen; wird bei einer anderen Stelle hinterlegt, so hat der Schuldner dem Gläubiger den dadurch verursachten Schaden zu ersetzen. V o n der H i n t e r l e g u n g hat der Schuldner, sofern es thunlich ist, den Gläubiger unverzüglich zu benachrichten; im Falle der Unterlassung ist er zum Schadensersatze verpflichtet. Als § 273 a ist auch in der ZustRedKom die von der K o m . bei der Beratung des § 280 a n g e n o m m e n e Vorschrift f ü r den Fall der Ubersendung der zu hinterlegenden Sache durch die Post enthalten. 3
S. bei « 372, 373 BGB.
662
2. Titel: Hinterlegung
§§ 376, 378, 379
IV. Im E II ist S 273 als § 323 gefaßt: Die Hinterlegung hat bei der Hinterlegungsstelle des Leistungsortes zu erfolgen; hinterlegt der Schuldner bei einer anderen Stelle, so ist er verpflichtet, dem Gläubiger den dadurch verursachten Schaden zu ersetzen. Der Schuldner hat den Gläubiger von der Hinterlegung unverzüglich zu benachrichtigen; im Falle der Unterlassung ist er zum Schadensersatz verpflichtet. Die Benachrichtigung ist nicht erforderlich, wenn sie unthunlich ist.
E II § 323
§ 273a E I-ZustRedKom ist im E II in § 324 in folgender Fassung enthalten: Ist die hinterlegte Sache der Hinterlegungsstelle durch die Post übersendet wor- E II § 324 den, so wirkt die Hinterlegung auf die Zeit der Aufgabe der Sache zur Post zurück. Die Vorschrift des § 324 E II, die im E II rev in § 369 enthalten ist, hat damit die in § 375 BGB Gesetz gewordene Fassung. § 323 E II hat im E II rev als § 368 die in § 374 BGB Gesetz gewordene Fassung.
§376 Der Schuldner hat das Recht, die hinterlegte Sache zurückzunehmen. Die Rücknahme ist ausgeschlossen: 1. wenn der Schuldner der Hinterlegungsstelle erklärt, daß er auf das Recht zur Rücknahme verzichte; 2. wenn der Gläubiger der Hinterlegungsstelle die Annahme erklärt; 3. wenn der Hinterlegungsstelle ein zwischen dem Gläubiger und dem Schuldner ergangenes rechtskräftiges Urtheil vorgelegt wird, das die Hinterlegung für rechtmäßig erklärt. §377 Die Materialien zu § 377 werden im Anschluß an die Materialien zu den §§ 376, 378, 379 mitgeteilt. §378 Ist die Rücknahme der hinterlegten Sache ausgeschlossen, so wird der Schuldner durch die Hinterlegung von seiner Verbindlichkeit in gleicher Weise befreit, wie wenn er zur Zeit der Hinterlegung an den Gläubiger geleistet hätte. § 379 Ist die Rücknahme der hinterlegten Sache nicht ausgeschlossen, so kann der Schuldner den Gläubiger auf die hinterlegte Sache verweisen. Solange die Sache hinterlegt ist, trägt der Gläubiger die Gefahr und ist der Schuldner nicht verpflichtet, Zinsen zu zahlen oder Ersatz für nicht gezogene Nutzungen zu leisten. Nimmt der Schuldner die hinterlegte Sache zurück, so gilt die Hinterlegung als nicht erfolgt. 663
§ § 376, 378, 379
3. Abschnitt: Erlöschen der Schuldverhältnisse
A. 1. Kommission I. 151. Sitzung vom 8. 12. 1882, S c h r i f t f ü h r e r v. Liebe I P r o t ! 1443
I Die Berathung des Theilentwurfs des Obligationenrechts (Nr. 27) „Erfüllung" w u r d e fortgesetzt.
TE-OR (Nr 27)
Zu § 12 des Entwurfs, welcher lautet: „ N i m m t der Schuldner die hinterlegte Sache wieder zurück, so tritt von diesem Zeitpunkte an die Verbindlichkeit desselben mit allen Nebenverbindlichkeiten, insbesondere auch Pfandrechten und Bürgschaften wieder in Kraft. Die Z u r ü c k n a h m e ist nur dann zulässig, w e n n der Schuldner sich dieselbe bei der H i n t e r l e g u n g vorbehalten hat; sie ist ausgeschlossen, wenn der Hinterlegungsstelle eine A n n a h m e e r k l ä r u n g des Gläubigers vorgelegt worden, oder wenn eine die H i n t e r l e g u n g f ü r rechtmäßig erklärende rechtskräftige richterliche Entscheidung ergangen ist."
S 12
lagen folgende Anträge vor: Johow (Nr 223)
1. den § 12 zu fassen: „ D u r c h die Hinterlegung wird der Gläubiger zur Erhebung der hinterlegten Sache befugt. D e r Schuldner kann die hinterlegte Sache n u r mit Genehmigung des Gläubigers zurücknehmen. D e r Gläubiger ist verpflichtet, diese Genehmigung in der nach dem Gesetze erforderlichen Form auf Kosten des Schuldners zu erklären, wenn er die Hinterlegung als eine rechtmäßige nicht anerkennt. I D e r G e n e h m i g u n g des Gläubigers bedarf es nicht, wenn die Hinterlegung I P r o t i 1444 durch rechtskräftiges Urtheil f ü r unrechtmäßig erklärt ist." Planck 2. den § 12 durch folgende Bestimmungen zu ersetzen: (Nr 224, 1) S 12. „ D u r c h die Hinterlegung wird der Gläubiger zur Erhebung der hinterlegten Sache befugt." § 12 a. „ D e r Schuldner kann die hinterlegte Sache einseitig nur z u r ü c k n e h m e n , wenn er sich dies bei der Hinterlegung vorbehalten und der Gläubiger der H i n t e r legungsstelle gegenüber die Annahme noch nicht erklärt hat. In E r m a n g e l u n g dieser Voraussetzungen bedarf es zur Z u r ü c k n a h m e der Einwilligung des Gläubigers. D e r Gläubiger ist verpflichtet, diese Einwilligung in der nach dem Gesetze erforderlichen Form auf Kosten des Schuldners zu erklären, wenn er die Rechtmäßigkeit der Hinterlegung bestreitet. D e r Einwilligung des Gläubigers bedarf es n i c h t . . . " u.s.w. wie im 4. Absätze des Antrages 1. § 12 b. „Ist die Hinterlegung rechtmäßig erfolgt, so treten, sofern der Gläubiger nicht bereits vorher im V e r z u g e war, mit dem Zeitpunkt der Hinterlegung, die in den §§ 204 bis 208 der Zusammenstellung des Obligationenrechts bestimmten Folgen des Annahmeverzuges ein. Sie hören wieder auf, wenn die hinterlegte Sache von dem Schuldner einseitig zurückgenommen wird. W a r die Hinterlegung ohne den Vorbehalt der einseitigen Z u r ü c k n a h m e erfolgt, o d e r hatte der Gläubiger vor der Z u r ü c k n a h m e die Annahme erklärt, so hat die Hinterlegung dieselbe Wirkung auf das Schuldverhältniß, als wenn der Schuldner die hinterlegte Sache dem Gläubiger z u m Zwecke der Erfüllung übergeben hätte. 664
2. Titel: Hinterlegung
§§ 376, 378, 379
I Eine nach diesem Zeitpunkte mit Genehmigung des Gläubigers von dem Schuldner erfolgte Zurücknahme der hinterlegten Sache gilt im Zweifel als ein auf Wiederherstellung des früheren Schuldverhältnisses gerichteter Vertrag. Pfandrechte und Bürgschaften, welche in Folge der Bestimmung des 2. Absatzes erloschen sind, treten nicht wieder in Kraft." 3. den § 12 wie folgt zu fassen: „Nimmt der Schuldner die hinterlegte Sache wieder zurück, so tritt von dieser Zeit an, die Verbindlichkeit desselben mit allen Nebenverbindlichkeiten, insbesondere auch Bürgschaften wieder in Kraft. Auch Pfandrechte treten insoweit wieder in Kraft. Auch Pfandrechte treten insoweit wieder in Kraft, als die Voraussetzungen für das Bestehen derselben noch vorhanden sind. Die Zurücknahme wird durch eine dem Verwahrer abgegebene Erklärung des Schuldners ausgeschlossen. Diese Ausschließung tritt außer Kraft, wenn die Hinterlegung durch rechtskräftiges Urtheil für nicht rechtmäßig erklärt wird. Erkennt der Gläubiger die Hinterlegung nicht als rechtmäßig an, so hat er auf Verlangen des Schuldners die Zurücknahme in einer öffentlich beglaubigten Erklärung zu bewilligen, nachdem der Schuldner die erforderlichen Kosten vorgeschossen hat. Die Zurücknahme wird auch dadurch ausgeschlossen, daß die Hinterlegung von dem Gläubiger angenommen oder durch rechtskräftiges Urtheil für rechtmäßig erklärt wird. Der Schuldner kann die Verurtheilung des Gläubigers zu einer von der Leistung der hinterlegten Sache abhängigen Leistung nur dann fordern, wenn die Zurücknahme ausgeschlossen ist."
| Prot 11445
Kurlbaum (Nr 225)
4. im § 12 den ersten Absatz zu fassen: „Nimmt der Schuldner die hinterlegte Sache wieder zurück, so gilt die Hinter- v. Weber legung als nicht geschehen und lebt die Verbindlichkeit desselben mit allen Neben- (Nr 226) Verbindlichkeiten, insbesondere auch Pfandrechten und Bürgschaften so, wie wenn sie nicht erloschen gewesen wäre, wieder auf." und im zweiten Absatz des § 12 vor dem Worte „Annahmeerklärung" | einzuschal- | Prot I 1446 ten : „den Grund der Hinterlegung erledigende" und zwischen „vorgelegt worden" und „oder wenn" hinzuzufügen „oder wenn eine f ü r die Schuld bestellte Hypothek gelöscht oder ein sonstiges für dieselbe bestelltes Pfand zurückgegeben worden." 5. den Absatz 2 des § 12 zu streichen und eventuell dem Abs. 1 hinzuzufügen: „.. . es müßte denn die Hinterlegung vom Gläubiger durch eine dem Schuldner gegenüber abgegebene Erklärung angenommen oder durch rechtskräftiges Urtheil für rechtmäßig erklärt worden sein." sodann in Ersatz des gestrichenen Absatz 2 als § 12 a hinzuzufügen: „Der Schuldner kann die hinterlegte Sache von dem Empfänger nur zurückfordern, a) wenn er sich das Zurückforderungsrecht bei der Hinterlegung vorbehalten hat, b) wenn dem Empfänger eine Genehmigung des Gläubigers vorgelegt worden ist, c) wenn die Hinterlegung rechtskräftig für unrechtmäßig erklärt worden ist." 6. Endlich wurde von dem Antragsteller zu 2 eventuell beantragt, den § 12 zu fassen: 665
§ § 376, 378, 379
3. Abschnitt: Erlöschen der Schuldverhältnisse
„Durch die Hinterlegung wird der Gläubiger zur Erhebung der hinterlegten Sache nach Maßgabe der bei der Hinterlegung getroffenen Bestimmung, sowohl dem Schuldner als der Hinterlegungsstelle gegenüber berechtigt. Der Schuldner kann die hinterlegte Sache nur mit Einwilligung des Gläubigers zurücknehmen, sofern er sich nicht die einseitige Zurücknahme bei der Hinterlegung vorbehalten hat. H a t der Schuldner sich die einseitige Zurücknahme vorbehalten, so wird er durch die Hinterlegung nicht befreit. Dieselbe hat indessen, sofern im Uebrigen die Voraussetzungen des § 10 vorliegen, die Wirkung, daß der Gläubiger in Verzug kommt. Der Verzug hört für die Zukunft auf, wenn die hinterlegte Sache zurückgenommen wird."
I Prot I 1447
Die Mehrheit gelangte zu folgenden sachlichen Beschlüssen: | 1. Der Schuldner hat auch im Falle der rechtmäßigen Hinterlegung das Recht der Zurücknahme. 2. Das Recht der Zurücknahme steht dem Schuldner nicht zu, wenn er bei der Hinterlegung der Hinterlegungsstelle angezeigt hat, daß ihm das Recht nicht zustehen solle. 3. Das Recht erlischt, a) wenn der Gläubiger der Hinterlegungsstelle gegenüber die Annahme erklärt; b) wenn der Hinterlegungsstelle ein rechtskräftiges Erkenntniß vorgelegt wird, durch welches im Rechtsstreite zwischen Gläubiger und Schuldner die Hinterlegung für rechtmäßig erklärt ist; c) wenn der Schuldner der Hinterlegungsstelle nachträglich anzeigt, daß er sich des Rechts begebe. 4. Im Falle der Zurücknahme lebt die durch die Hinterlegung aufgehobene Verbindlichkeit mit allen Nebenverbindlichkeiten, insbesondere auch den Bürgschaftsverpflichtungen, mit Rückwirkung wieder auf. Auch die Pfandrechte treten mit Rückwirkung wieder in Kraft, soweit die übrigen Voraussetzungen fortgedauert haben, welche zu ihrer Gültigkeit erforderlich sind. 5. Auf Grund der durch die Hinterlegung bewirkten Aufhebung der Schuldverpflichtung kann, solange das Zurücknahmerecht des Schuldners besteht, ein von der Befriedigung des Gläubigers abhängiges Recht nicht geltend gemacht werden. 6. Es soll nicht bestimmt werden: a) das Zurücknahmerecht erlösche, wenn infolge der Hinterlegung eine Hypothek gelöscht oder ein Pfandrecht oder eine sonstige Sicherheit aufgegeben sei; b) im Falle des Verzichts auf das Recht der Zurücknahme sei die Zurücknahme gleichwohl zulässig, wenn die Hinterlegung durch Urtheil f ü r unrechtmäßig erklärt sei, oder wenn der Gläubiger seine Zustimmung ertheile, welche er zu ertheilen verpflichtet sei, sofern er die Rechtmäßigkeit der Hinterlegung bestreite.
I Proti 1448
| c) der Schuldner könne bei der Hinterlegung wirksam erklären, zur Ausfolgung an den Gläubiger sei seine Zustimmung erforderlich; d) der Gläubiger erwerbe durch die Hinterlegung Ansprüche gegen die Hinterlegungsstelle. Durch die vorstehenden Beschlüsse galten der § 12 des Entwurfs und die dazu gestellten Anträge für erledigt. 666
2. Titel: Hinterlegung
§ § 376, 378, 3 7 9
Die leitenden Erwägungen waren : Zu 1. Der Aufstellung des Rechtssatzes, die rechtmäßige Hinterlegung wirke als Erfüllung, entspreche es ohne Zweifel, dem Schuldner das Recht der Zurücknahme nicht beizulegen. D a f ü r lasse sich auch noch geltend machen, daß die Beilegung eines solchen Rechts zu besonderen, namentlich auch vom juristischen Standpunkte nicht zu empfehlenden Vorschriften nöthige, überdies die Rechtslage des Schuldners insofern zu einer unbefriedigenden gestalte, als ihm, so lange das Zurückbehaltungsrecht bestehe, unmöglich alle von der Leistung an den Gläubiger abhängigen Rechte beigelegt werden könnten. Demungeachtet müsse das Zurücknahmerecht aus praktischen Gründen im Prinzip und als Regel anerkannt werden. Sei ohne zureichenden Grund hinterlegt, die Hinterlegung also eine unrechtmäßige, so könne das Zurücknahmerecht des Schuldners keinem Bedenken unterliegen. Ob aber eine vom Schuldner bewirkte Hinterlegung eine rechtmäßige oder eine unrechtmäßige sei, bleibe bei der Hinterlegung vorläufig eine offene Frage, die der Schuldner in einer großen Zahl von Fällen nicht einmal in naher oder absehbarer Zeit zur Erledigung bringen könne. Nach der Hinterlegung ergebe sich ein, längere oder kürzere Zeit dauernder, Zustand der Ungewißheit. Während dieser Zeit dem Schuldner das Recht der Zurücknahme zu versagen, sei um so unangemessener und härter, als die thatsächlichen Verhältnisse eine die Handlungsweise des Schuldners beeinflussende Aenderung erleiden könnten. Die Versagung des Zurücknahmerechts drohe sogar, den praktischen Zweck des Rechtsinstituts der Hinterlegung schwer zu beeinträchtigen. Sie vertrage sich auch nicht mit dem geltenden Rechte, welches mindestens überwiegend die Zurücknahmebefugnis anerkenne. Ob die Beilegung der letzteren zu Vorschriften zwinge, die in der einen oder anderen Beziehung Schwierigkeiten schaffen, dürfe einleuchtend nicht entscheidend ins Gewicht fallen. Die Nachteile, welche aus der Beilegung der B e f u g - | n i ß | Proti 1449 für den Schuldner selbst entspringen könnten, ließen sich endlich durch eine angemessene Regelung der Befugniß und insbesondere durch die Vorschrift beseitigen, daß der Schuldner sich des Rechts der Zurücknahme wirksam zu begeben vermögeZu 2. und 3. Die Gründe, aufweichen die Beilegung des Rechts der Zurücknahme beruhte, brächten es mit sich, daß dasselbe in Wegfall kommen müsse, sobald dem Gläubiger gegenüber die Hinterlegung als rechtmäßig festgestellt sei. Das Letztere sei der Fall, wenn der Gläubiger die Annahme erkläre oder wenn gegen ihn auf Antrag des Schuldners ein Urtheil ergehe, welches die Rechtmäßigkeit der Hinterlegung ausspreche. An und für sich erscheine es genügend, wenn die Annahme nur dem Schuldner gegenüber ergangen sei. Gleichwohl verdiene es den Vorzug, nur diejenige Annahme zu berücksichtigen, die der Hinterlegungsstelle gegenüber erklärt sei und, das Urtheil betreffend, dessen Vorlegung bei der Hinterlegungsstelle zu fordern. Werde anders bestimmt, so liege die Möglichkeit vor, daß der Schuldner, weil die Hinterlegungsstelle von dem Sachverhalt nicht unterrichtet sei, zurücknehme, obschon er das Zurücknahmerecht nicht mehr habe. Den hieraus entstehenden Verwickelungen werde auf dem erwähnten Wege in passender und weder die Rechte des Schuldners noch des Gläubigers irgend benachtheiligender oder gefährdender Weise vorgebeugt. Die Vorlegung des Unheils müsse überdies auch dem Schuldner gestattet sein, der ein Interesse haben könne, in dieser einfachen Art die Erledigung des Zurücknahmerechts bei der Hinterlegungsstelle in Gewißheit zu setzen. Den Schuldner außerdem für befugt zu erklären, sich des Zurücknahmerechts 667
§ § 376, 378, 3 7 9
3. Abschnitt: Erlöschen der Schuldverhältnisse
bei oder nach der Hinterlegung wirksam zu begeben, rechtfertige sich aus dem bereits hervorgehobenen Grunde, daß es viele Fälle gebe, in welchen der Schuldner, solange sein Z u r ü c k n a h m e r e c h t bestehe, den Zweck des Hinterlegungsrechts sonst nur unvollkommen erreiche. Zu 4. Eine rechtmäßige Hinterlegung vorausgesetzt, k ö n n e deren liberirende W i r k u n g bei Ausübung des Zurücknahmerechts o f f e n b a r nicht fortdauern. Hieraus ergebe sich allerdings eine Schwierigkeit. Es bleibe nichts übrig, als die positive Bestimmung, jene W i r k u n g zerfalle oder, mit anderen W o r t e n , die durch die H i n terlegung aufgehobene Schuldverpflichtung trete wieder ins Leben und zwar mit allen Akzessorien, insbesondere auch den pfandrechtlichen, sofern nicht eine T h a t sache eingetreten sei, die nach den allgemeinen Grundsätzen mit der Fortdauer des I Prot 1 1450 Pfandrechts, ζ. B. dem Faustpfande die Aufgabe des Pfandbesitzes, sich nicht | vertrage. W i e das hieraus entspringende Verhältnis juristisch zu konstruiren sei, habe nicht der Gesetzgeber zu bestimmen, sondern die Rechtswissenschaft zu ergründen. D e m Verhalten des Schuldners, welcher zurücknehme, sei es ferner entsprechend, dem Wiederaufleben der Schuldverpflichtung dergestalt rückwirkende K r a f t beizumessen, daß die Hinterlegung als nicht geschehen gelte. Zu 5. Es sei bereits die Unmöglichkeit hervorgehoben, an die rechtmäßige H i n terlegung, solange das Zurücknahmerecht des Schuldners bestehe, die volle W i r kung der Befriedigung des Gläubigers zu knüpfen. H a b e ζ. B. der Schuldner bei einem gegenseitigen, die Erfüllung Z u g um Z u g e r f o r d e r n d e n , Schuldverhältniß hinterlegt, so k ö n n e er die Gegenleistung während der D a u e r des Z u r ü c k n a h m e rechts nicht f o r d e r n , weil er sonst im Stande sei, nach E m p f a n g der Gegenleistung z u r ü c k z u n e h m e n und sich dadurch einen ihm nicht gebührenden Vortheil zu verschaffen. Aehnlich gestalte sich die Beurtheilung in allen Fällen, in welchen überhaupt ein Recht o d e r ein Anspruch von der Befriedigung des Gläubigers abhänge, sollte der Berechtigte o d e r Verpflichtete auch ein Dritter sein. Die Anerkennung des Zurücknahmerechts mache also eine Vorschrift nöthig, welche der auch rechtmäßigen Hinterlegung w ä h r e n d der D a u e r jenes Rechts die volle W i r k u n g der Leistung an den Gläubiger entziehe. Zu 6 a. Die betreffende Bestimmung sei entbehrlich. N a c h dem Beschlüsse unter 5 sei der Gläubiger w ä h r e n d der D a u e r des Zurücknahmerechts, eine Sicherheit aufzugeben nicht verbunden, und w e n n er sich dazu gleichwohl verstanden habe, so müsse er die Folgen tragen. Zu 6 b. Sei unrechtmäßig hinterlegt, so habe der Schuldner nach allgemeinen Grundsätzen stets und immer, auch wenn von ihm auf das Z u r ü c k n a h m e r e c h t verzichtet w o r d e n , die Befugniß, die durch eine unrichtige Voraussetzung veranlaßte Hinterlegung rückgängig zu machen. Hieraus ergebe sich die Entbehrlichkeit einer Bestimmung, welche vorschreibe, der Schuldner, welcher auf das Z u r ü c k n a h m e recht verzichtet habe, k ö n n e gleichwohl z u r ü c k n e h m e n , wenn rechtskräftig die Unrechtmäßigkeit der Hinterlegung in einem zwischen ihm und dem Gläubiger geführten Rechtsstreite festgestellt sei. N o c h entbehrlicher sei die Bestimmung, der Schuldner k ö n n e im unterstellten Falle mit Genehmigung des Gläubigers zurückI Prot I 1451 nehmen. Zu der positiven Bestimmung, der die Rechtmäßigkeit | der Hinterlegung bestreitende Gläubiger müsse die Z u r ü c k n a h m e genehmigen, fehle es dagegen an zureichenden G r ü n d e n . Zu 6 c. Aus dem Rechtssatze: Die rechtmäßige Hinterlegung bringe das Schuldverhältnis ebenso, wie die Leistung an den Gläubiger zum Erlöschen, folge auch in 668
2. Titel: Hinterlegung
§§ 376, 378, 379
den Fällen, in welchen das Zurücknahmerecht nicht bestehe oder erledigt sei, keineswegs das Recht des Gläubigers, sobald nur die Rechtmäßigkeit der Hinterlegung festgestellt sei, die Ausfolgung des Gegenstandes der Hinterlegung zu fordern. Ob und inwiefern dieses Recht des Gläubigers bestehe, sei nach dem Inhalte des konkreten Schuldverhältnisses zu beurtheilen. Habe der Schuldner ζ. B. bei einem gegenseitigen, die Erfüllung Zug um Zug erfordernden Schuldverhältniß wegen Annahmeverzugs des Gläubigers hinterlegt, so ende das Zurücknahmerecht des Schuldners mit der Annahmeerklärung des Gläubigers. Diese Annahmeerklärung des Gläubigers genüge aber nicht, um den Gläubiger zu berechtigen, die Auslieferung des Gegenstandes der Hinterlegung zu verlangen. Durch eine solche Auslieferung, bevor der Gläubiger seinerseits erfüllt habe, würden sichtbar die Rechte des Schuldners verkürzt werden. Der Schuldner, welcher zur Hinterlegung schreite, habe der Hinterlegungsstelle den Grund der Hinterlegung dergestalt zu bezeichnen, daß deutlich erhelle, inwiefern die Auslieferung an den Gläubiger von einem besonderen Erfordernisse abhängig sei. Unzulässig erscheine es, allgemein vorzuschreiben, der Schuldner könne bei der Hinterlegung wirksam erklären, zur Ausfolgung an den Gläubiger sei seine Zustimmung erforderlich. Eine solche Erklärung würde unter Umständen die Wirksamkeit der Hinterlegung beseitigen, ζ. B. wenn der Schuldner bei einem einseitigen Schuldverhältniß nur wegen Annahmeverzugs hinterlegt habe. Zu 6d. Daß auch der Gläubiger gegen die Hinterlegungsstelle Ansprüche erlange, sei aus den beschlossenen Vorschriften, wonach für den Gläubiger hinterlegt werde, zur Genüge ersichtlich. II. In der ZustOR sind die gefaßten Beschlüsse in den §§ 243, 244, 245 in folgender Fassung enthalten: Der Schuldner hat das Recht, den hinterlegten Gegenstand zurückzunehmen, sofern er nicht der Hinterlegungsstelle bei der Hinterlegung erklärt hat, daß er sich dieses Rechts begebe. Das Recht der Zurücknahme erlischt:
ZustOR § 243
1. wenn der Schuldner der Hinterlegungsstelle nachträglich anzeigt, daß er sich des Rechts begebe; 2. wenn der Gläubiger der Hinterlegungsstelle die Annahme erklärt; 3. wenn der Hinterlegungsstelle ein rechtskräftiges Urtheil vorgelegt wird, welches ergibt, daß in einem zwischen dem Gläubiger und dem Schuldner geführten Rechtsstreite die Hinterlegung für rechtmäßig erklärt worden ist. Im Falle der Zurücknahme lebt die durch die Hinterlegung aufgehobene ZustOR § 244 Schuldverpflichtung nebst allen Nebenverbindlichkeiten, insbesondere auch den Verpflichtungen aus Bürgschaften mit Rückwirkung wieder auf. Auch die Pfandrechte treten mit Rückwirkung wieder in Kraft, soweit die übrigen Voraussetzungen fortgedauert haben, die zu ihrer Gültigkeit erforderlich sind. Wenn und solange das Recht zur Zurücknahme besteht, kann ungeachtet der ZustOR § 245 durch die Hinterlegung bewirkten Aufhebung der Schuldverpflichtung ein Recht nicht geltend gemacht werden, welches von der Befriedigung des Gläubigers abhängig ist. III., IV. Auf entsprechenden Antrag wurde in § 244 ZustOR — wie in einer Kurlbaum Reihe weiterer Vorschriften — das Relativpronomen „die" ersetzt durch „welche" (Nr 570) (Prot I 3550, 3559). Mit dieser Maßgabe entsprechen die §§ 243, 244, 245 ZustOR den SS 272, 273, 274 K E und den §§ 274, 275, 276 E I. 669
§§ 376, 378, 3 7 9
3. Abschnitt: Erlöschen der Schuldverhältnisse
B. Vorkommission des Reichsjustizamtes I. Beantragt war: Jacubezky (Nr 4, 54)
I ProtRJA 243
in den §§ 275, 276 statt „Schuldverpflichtung" „Verpflichtung des Schuldner" zu setzen. II. 44. Sitzung vom 10. 9. 1891 | In den §§ 275, 276 wurde statt „Schuldverpflichtung" gesetzt „Verpflichtung des Schuldners" und der Eingang des § 276 unter Streichung der Worte „wenn und" gefaßt „solange das Recht" u.s.w.
C. 2. Kommission I. Der § 274 wurde sachlich nicht beanstandet. In redaktioneller Hinsicht wurden die zur Vereinfachung der Fassung gemachten Vorschläge (s. Prot II, Bd. 1, 350) der RedKom. überwiesen. Zu §§ 275, 276, die zusammen mit § 272 Abs. 2 beraten wurden 1 , lagen die folgenden Anträge vor (Prot II, Bd. 1, S. 350 f; Mugdan, Bd. 2, S. 552 f): Struckmann
1. die Änderung der Fassung gemäß dem Beschluß der Vorkom. des RJA. 2 d e r o b e n 1 unter N r . 5 mitgeteilte Antrag
(Nr 1,58)
3. dem § 272 Abs. 2 und den §§ 275, 276 des Entw. sachlich zuzustimmen, der RedKom. aber zu empfehlen: a) im Abs. 2 des § 272, auf die Einschränkungen, welche sich aus den §§ 275, 276 ergeben, in entsprechender Art hinzuweisen; b) im § 276 statt der Worte „kann . . . ein Recht nicht geltend gemacht werden" eine Fassung zu wählen, welche zum Ausdrucke bringt, daß dem Ansprüche des Gläubigers eine Einrede entgegensteht, kraft welcher der Schuldner den Gläubiger auf das Hinterlegte verweisen kann; c) zu erwägen, ob die Vorschrift des § 276 durch Herübernahme der Spezialbestimmungen aus dem Antrage 2 verdeutlicht werden kann. Die Kom. entschied sich dahin, daß bei der Fassung des § 272 Abs. 2 und der SS 275, 276 vorbehaltlich der Einzelheiten, der Antrag 2 und nicht der Entw. zugrundegelegt werden soll2. II. In der VorlZust der Beschlüsse der 2. Kommission haben die beschlossenen Vorschriften die Fassung:
1 2
S. o. bei SS 372, 373 BGB. In der met. Fassung liegt vor noch ein Antrag von Jacubezky (Nr. 21, 5), dem S 275 folgenden Abs. 2 anzufügen: „Das Gleiche gilt, wenn die Hinterlegung von dem Gläubiger nach Maßgabe der §§ 273 a, 273 b zurückgewiesen wird." Der Antrag erledigte sich durch die Beschlüsse der Kom. zu den §§ 273 a, 273 b s. o. bei SS 372, 373 BGB.
670
2. Titel: Hinterlegung
§ § 376, 378, 3 7 9
Der Schuldner hat das Recht, die hinterlegten Sachen zurückzunehmen. Die Zurücknahme ist ausgeschlossen:
E I-VorlZust S 274
1. wenn der Schuldner der Hinterlegungsstelle erklärt, daß er sich des Rechts der Zurücknahme begebe; 2. wenn der Gläubiger der Hinterlegungsstelle die Annahme erklärt; 3. wenn der Hinterlegungsstelle ein rechtskräftiges Urtheil vorgelegt wird, welches ergiebt, daß in einem zwischen dem Gläubiger und dem Schuldner geführten Rechtsstreite die Hinterlegung f ü r rechtmäßig erklärt worden ist. Der Schuldner wird, wenn die Zurücknahme der hinterlegten Sache ausge- E I-VorlZust schlossen ist, durch die Hinterlegung von seiner Verbindlichkeit in gleicher Weise § 275 (272 Abs. 2, befreit, wie durch die Leistung an den Gläubiger. Die Befreiung gilt, auch wenn 275, 276) das Recht der Zurücknahme erst später wegfällt, als in dem Zeitpunkte der Hinterlegung eingetreten. Nimmt der Schuldner die hinterlegte Sache zurück, so gilt die Hinterlegung als nicht erfolgt (oder: so wird das Verhältniß so angesehen, wie wenn die Hinterlegung nicht erfolgt wäre). Solange die Zurücknahme weder erfolgt noch ausgeschlossen ist, kann der Schuldner den Gläubiger behufs dessen Befriedigung auf die hinterlegte Sache verweisen; insbesondere ist während dieser Zeit der Schuldner Zinsen zu zahlen nicht verpflichtet. § 276 erledigt durch § 275. III. In der ZustRedKom
sind die Vorschriften wie folgt gefaßt:
Der Schuldner hat das Recht, die hinterlegte Sache zurückzunehmen.
E I-ZustRedKom S 274
Die Zurücknahme ist ausgeschlossen: 1. wenn der Schuldner der Hinterlegungsstelle erklärt, daß er auf das Recht der Zurücknahme verzichte; 2. wenn der Gläubiger der Hinterlegungsstelle die Annahme erklärt,
3. wenn der Hinterlegungsstelle ein rechtskräftiges Urtheil vorgelegt wird, welches ergiebt, daß in einem zwischen dem Gläubiger und dem Schuldner geführten Rechtsstreite die Hinterlegung f ü r rechtmäßig erklärt ist. Durch die Hinterlegung wird, wenn die Zurücknahme der hinterlegten Sache E I-ZustRedKom ausgeschlossen ist, der Schuldner von seiner Verbindlichkeit in gleicher Weise be- § 275 freit, wie wenn in dem Zeitpunkte der Hinterlegung die Leistung an den Gläubiger erfolgt wäre. Solange das Recht der Zurücknahme besteht, kann der Schuldner den Gläubiger auf die hinterlegte Sache verweisen. Während dieser Zeit trägt der Gläubiger die Gefahr und ist der Schuldner weder Zinsen zu zahlen noch Ersatz für nicht gezogene Nutzungen zu leisten verpflichtet. Nimmt der Schuldner die hinterlegte Sache zurück, so gilt die Hinterlegung als nicht erfolgt. IV. Im E II ist § 274 E I in § 325 enthalten. Die Fassung ist in Nr. 3 dahin geändert, daß es heißt: wenn der Hinterlegungsstelle ein zwischen dem Gläubiger und dem Schuldner ergangenes rechtskräftiges Urtheil vorgelegt wird, durch welches die Hinterlegung f ü r rechtmäßig erklärt wird. 671
E II $ 325 Nr 3
§ § 377, 381 - 3 8 6
E II § 327
Wolfsson (Nr 25, 4)
v. Cuny (Nr 32, 4)
3. Abschnitt: Erlöschen der Schuldverhältnisse
Die schon in der VorlZust in § 275 zusammengefaßten §§ 272 Abs. 2, 275, 276 E I sind im E II in § 327 in folgender Fassung enthalten: Ist die Zurücknahme der hinterlegten Sache ausgeschlossen, so wird der Schuldner durch die Hinterlegung von seiner Verbindlichkeit in gleicher Weise befreit, wie wenn er zur Zeit der Hinterlegung an den Gläubiger geleistet hätte. Ist die Zurücknahme nicht ausgeschlossen, so kann der Schuldner den Gläubiger auf die hinterlegte Sache verweisen. Solange die Sache hinterlegt ist, trägt der Gläubiger die Gefahr und ist der Schuldner nicht verpflichtet, Zinsen zu zahlen oder Ersatz für nicht gezogene Nutzungen zu leisten. Nimmt der Schuldner die hinterlegte Sache zurück, so gilt die Hinterlegung als nicht erfolgt. Bei der Revision des E II wurde zu § 325 beantragt, dem Abs. 2 als Nr. 4 hinzuzufügen: Wenn im Falle des § 72 C.P.O. der Hinterlegungsstelle die Entlassung der Schuldners aus dem Rechtsstreite nachgewiesen wird, Der Antrag wurde sachlich gebilligt und die Aufnahme des Zusatzes an dem einen oder anderen Orte der RedKom. überlassen. Dies geschah auch bzgl. der Anregung: In den §§ 325 — 327, desgleichen im § 352 und sonst, statt der Form „Zurücknahme" zu setzen : „Rücknahme", nach Analogie von „Rückgabe" (§ 320), „Rücktritt" (§ 298), „Rückfahrt", „Rückzug", „Rückgang", „Rückschritt", „Rückgriff", „Rückblick" und zahlreicher anderer mit „rück-" zusammengesetzter Substantiva. Die Form „Zurücknahme" ist undeutsch. Das „zu" gehört nur zum Verbum; die Substantive werden mit „Rück-" zusammengesetzt. V. Im E II rev sind die S S 325, 327 E II in S S 370, 372, 373 in der Fassung enthalten, wie sie in SS 376, 378, 379 BGB Gesetz geworden ist.
§ 377 Das Recht zur Rücknahme ist der Pfändung nicht unterworfen. Wird über das Vermögen des Schuldners der Konkurs eröffnet, so kann während des Konkurses das Recht zur Rücknahme auch nicht von dem Schuldner ausgeübt werden.
§§ 3 7 8 - 3 8 0 Die Materialien zu §§ 378, 379 s. bei § 376 BGB, zu § 380 bei §§ 372, 373 BGB.
§381
Die Kosten der Hinterlegung fallen dem Gläubiger zur Last, sofern nicht der Schuldner die hinterlegte Sache zurücknimmt. 672
2. Titel: Hinterlegung
§§ 377, 381-386
§382 Das Recht des Gläubigers auf den hinterlegten Betrag erlischt mit dem Ablaufe von dreißig Jahren nach dem Empfange der Anzeige von der Hinterlegung, wenn nicht der Gläubiger sich vorher bei der Hinterlegungsstelle meldet; der Schuldner ist zur Rücknahme berechtigt, auch wenn er auf das Recht zur Rücknahme verzichtet hat. §383 Ist die geschuldete bewegliche Sache zur Hinterlegung nicht geeignet, so kann der Schuldner sie im Falle des Verzugs des Gläubigers am Leistungsorte versteigern lassen und den Erlös hinterlegen. Das Gleiche gilt in den Fällen des § 372 Satz 2, wenn der Verderb der Sache zu besorgen oder die Aufbewahrung mit unverhältnismäßigen Kosten verbunden ist. Ist von der Versteigerung am Leistungsort ein angemessener Erfolg nicht zu erwarten, so ist die Sache an einem geeigneten anderen Orte zu versteigern. Die Versteigerung hat durch einen für den Versteigerungsort bestellten Gerichtsvollzieher oder öffentlich angestellten Versteigerer öffentlich zu erfolgen (öffentliche Versteigerung). Zeit und Ort der Versteigerung sind unter allgemeiner Bezeichnung der Sache öffentlich bekannt zu machen.
§384 Die Versteigerung ist erst zulässig, nachdem sie dem Gläubiger angedroht worden ist; die Androhung darf unterbleiben, wenn die Sache dem Verderb ausgesetzt und mit dem Aufschübe der Versteigerung Gefahr verbunden ist. Der Schuldner hat den Gläubiger von der Versteigerung unverzüglich zu benachrichtigen; im Falle der Unterlassung ist er zum Schadensersatze verpflichtet. Die Androhung und die Benachrichtigung dürfen unterbleiben, wenn sie unthunlich sind.
§385 Hat die Sache einen Börsen- oder Marktpreis, so kann der Schuldner den Verkauf aus freier Hand durch einen zu solchen Verkäufen öffentlich ermächtigten Handelsmäkler oder durch eine zur öffentlichen Versteigerung befugte Person zum laufenden Preise bewirken.
§386 Die Kosten der Versteigerung oder des nach § 385 erfolgten Verkaufs fallen dem Gläubiger zur Last, sofern nicht der Schuldner den hinterlegten Erlös zurücknimmt. 673
§ § 377, 3 8 1 - 3 8 6
3. Abschnitt: Erlöschen der Schuldverhältnisse
A. 1. Kommission I. 152. Sitzung vom 11. 12. 1882, Schriftführer von Liebe P r o t i 1453
Die Berathung des Theilentwurfs des Obligationenrechts (Nr. 27) „Erfüllung" w u r d e fortgesetzt:
TE-OR (Nr 27)
D e r § 13 des E n t w u r f s lautet: „Ist eine bewegliche Sache geschuldet, welche Unterhaltungskosten erheischt, o d e r dem V e r d e r b e n ausgesetzt o d e r sonst zur Hinterlegung nicht geeignet ist, so kann der Schuldner dieselbe, wenn möglich nach vorgängiger A n d r o h u n g , durch einen f ü r den Erfüllungsort bestellten Gerichtsvollzieher öffentlich versteigern lassen und den Erlös hinterlegen. Ist die Sache dem Verderben ausgesetzt und G e f a h r im Verzuge, so kann die vorgängige A n d r o h u n g unterbleiben. V o n der Vollziehung des Verkaufs hat der Schuldner den Gläubiger, soweit es tunlich, sofort zu benachrichtigen; bei Unterlassung ist er z u m Schadensersatz verpflichtet."
513
Folgende Anträge lagen vor: Derscheid (Nr 220)
1. im ersten Absatz statt der W o r t e : „durch einen f ü r den Erfüllungsort bestellten Gerichtsvollzieher" zu setzen:
I P r o t i 1454
„durch einen zu Versteigerungen befugten | Beamten".
2. den 5 13 so zu fassen: „Ist eine bewegliche Sache geschuldet, welche sich zur Hinterlegung bei der f ü r den Erfüllungsort (Leistungsort vgl. §§ 174, 175 der Zusammenstellung der Beschlüsse z u m Obligationenrecht 1 ) bestimmten Hinterlegungsstelle nicht eignet, so kann der Schuldner die Sache am Erfüllungsorte (Leistungsorte) bei einer anderen Person, welche die A u f b e w a h r u n g von Sachen dieser Art gewerbmäßig betreibt, mit den in den § § 1 0 und 12 bezeichneten W i r k u n g e n niederlegen. D e r Schuldner hat bei der Auswahl dieser Person die nach dem zu G r u n d e liegenden Schuldverhältnisse ihm obliegende Sorgfalt a n z u w e n d e n ; wenn der Gläubiger im V e r z u g e der Annahme ist, so haftet der Schuldner auch in Betreff dieser Auswahl n u r f ü r V o r s a t z und grobe Fahrlässigkeit. Ist auch die Niederlegung bei einem solchen Dritten unthunlich, o d e r erheischt die Sache Unterhaltungskosten, oder ist dieselbe dem Verderben ausgesetzt, so kann der Schuldner die Sache, wenn möglich nach vorgängiger A n d r o h u n g , unter Beobachtung der f ü r den Verkauf von Faustpfändern bestehenden gesetzlichen Vorschriften verkaufen lassen und den Erlös hinterlegen. Ist die Sache dem Verderben ausgesetzt pp. (wie im Entwürfe bis) unterbleiben." Absatz 2 (als Absatz 3) wie im Entwürfe. v. Weber Sodann als letzten Absatz aufzunehmen : (Nr 222, 4) „ W e n n die Versteigerung erfolglos geblie-1 ben ist, kann der Schuldner die I Prot I 1455 Sache preisgeben." v. Weber (Nr 227, 1)
Kurlbaum (Nr 228)
3. anstelle des § 13 zu bestimmen: „ D e r Schuldner kann eine bewegliche Sache, zu deren Hinterlegung f ü r den Gläubiger er berechtigt ist, (mit Ausnahme von Geld und Werthpapieren) nach vorgängiger A n d r o h u n g durch einen Gerichtsvollzieher oder eine zu Versteigerun-
1
S. bei § 269 BGB.
674
2. Titel: Hinterlegung
§§ 377, 381-386
gen nach § 36 der Gewerbeordnung angestellte Person auf Kosten des Gläubigers öffentlich versteigern lassen. Ist die Sache dem Verderben ausgesetzt und Gefahr im Verzuge, oder ist die vorgängige Androhung sonst nicht thunlich, so bedarf es der letzteren nicht. Die Versteigerung soll am Erfüllungsorte geschehen; hat sie an einem anderen Orte stattgefunden, so ist der Schuldner zum Schadensersatz verpflichtet. Der Gläubiger kann den Verkauf dadurch abwenden, daß er die Pflichten des Hinterlegers unter Befreiung des Schuldners von denselben übernimmt. Von der Vollziehung pp. (wie Abs. 2). Durch den Verkauf tritt der erzielte Erlös an Stelle der verkauften Sache. Ist die Versteigerung ohne Erfolg versucht, so kann der Schuldner die Sache aufgeben; er wird in diesem Falle durch die Aufgebung der Sache wie durch Leistung derselben befreit." 4. den § 13 zu fassen: „Bewegliche Sachen, welche an einer öffentlichen Hinterlegungsstelle nicht hin|terlegt werden können, sind bei der auf einseitigen Antrag des Schuldners von dem Amtsgericht des Erfüllungsortes zu bezeichnenden Person zu hinterlegen. Erfordert die Sache Unterhaltungskosten oder ist dieselbe dem Verderben ausgesetzt oder sonst zur Hinterlegung nicht geeignet, so kann der Schuldner dieselbe auf Anordnung des Amtsgerichts" (u.s.w. wie im Entwurf).
| Prot I 1456
5. dem § 13 hinzuzufügen: „Beruht das Hinterlegungsrecht des Schuldners nicht auf Annahmeverzug des Gläubigers, so kann der Schuldner die Versteigerung nicht vor Ablauf von drei Monaten, gerechnet von der Ertheilung des Versteigerungsauftrags, vornehmen lassen, es wäre denn die zu versteigernde Sache dem Verderben ausgesetzt oder sonst Gefahr im Verzuge." 6. der Antrag, das Verkaufsrecht von der Voraussetzung abhängig zu machen, daß der Gläubiger im Verzuge der Annahme sich befinde, oder daß die Sache dem Verderben ausgesetzt sei, oder ihre Aufbewahrung unverhältnißmäßige Kosten verursachen würde. 7. der Antrag, zum § 13 zusätzlich zu bestimmen, die Befugniß zum Verkauf finde nicht statt, wenn dem Schuldner Sicherheit geleistet worden. Die Mehrheit beschloß, zunächst darüber zu entscheiden, ob dem Schuldner das Recht zustehe, die Sache bei einem Dritten zu hinterlegen. Die Mehrheit erklärte sich gegen die Beilegung dieses Rechts. Erwogen war: Nach den bisherigen Beschlüssen sei darüber zu | entscheiden, welches Recht bei Voraussetzung der Erfordernisse des § 10 dem Schuldner in dem Falle zustehe, wenn der Leistungsgegenstand eine bewegliche Sache sei, die sich nicht zur öffentlichen Hinterlegung eigne. Dem Schuldner die Befugnis zu gewähren, die Sache bei einem Dritten zu hinterlegen, unterliege den erheblichsten Bedenken. Eine solche Befugnis sei mit den größten Gefahren f ü r den Gläubiger verbunden. Wenn der von dem Schuldner gewählte Dritte seine Pflichten verletze und zum Schadensersatz außerstande sei, so bleibe der Schaden dem Gläubiger zur Last. Die Verantwortlichkeit des Schuldners im Falle eines Versehens bei der Wahl des Dritten werde wegen der Schwierigkeit des Nachweises eines solchen Versehens nur selten den Gläubiger vor Verlust schützen. Die Hinterlegungsbefugnis des Schuldners habe daher zur Folge, daß dieser gleichsam f ü r berechtigt erklärt werde, sich 675
| Prot I 1457
§ § 3 7 7 , 3 8 1 —386
3. Abschnitt: Erlöschen der Schuldverhältnisse
eine andere Privatperson als Schuldner zu substituieren. Darin liege eine Abweichung von den allgemeinen Rechtsgrundsätzen von so bedenklicher Art, daß sie um so mehr abgelehnt werden müßte, je häufiger die Fälle sein werden, in welchen hinsichtlich der causa depositionis der Gläubiger völlig schuldfrei erscheine. Das Bedenken w e r d e durch eine Vorschrift, welche den Richter zur Wahl des Dritten berufe, vielleicht zwar etwas gemindert, aber keineswegs aufgehoben. Auch der anstelle des Schuldners wählende Richter k ö n n e bei der Auswahl fehlgreifen; ihm gegenüber w e r d e der V o r w u r f eines Versehens aber noch schwerer zu begründen sein, so d a ß sich sogar frage, ob der Gläubiger bei der Wahl des Schuldners sich nicht im Allgemeinen noch besser stehe. Die W a h l des Richters w ü r d e nur dann I Prot I 1458 sich empfehlen, w e n n der Richter z u - | gleich z u r Beaufsichtigung des Dritten berufen, damit aber eine der öffentlichen Hinterlegung vollständig gleichstehende gerichtliche Sequestration angeordnet werde. Soweit zu gehen, vertrage sich jedoch nicht mit der Stellung und dem Berufe der Gerichte. Das Recht zur öffentlichen Hinterlegung d ü r f e sichtbar nicht als Grund f ü r die Zulässigkeit der Hinterlegung bei einem Dritten benutzt werden. Die öffentliche Hinterlegung gewähre dem Gläubiger d a d u r c h einen genügenden Schutz, daß der Leistungsgegenstand in die H ä n d e des Staats o d e r der öffentlichen Behörden und öffentlichen Anstalten gelange, die volles V e r t r a u e n verdienen und deren Responsabilität die G e f a h r eines Verlustes k a u m besorgen lasse. V o n einer Seite w a r hinzugefügt: Das Recht der Hinterlegung bei einem Dritten werde besondere, die Einfachheit des Gesetzes erheblich beeinträchtigende Vorschriften über das zwischen dem Gläubiger und dem Dritten eintretende Rechtsverhältnis nötig machen, aber auch den ängstlichen und vorsichtigen Schuldner, w e n n nicht der Richter z u r Wahl berufen werde, wegen Verantwortlichkeit f ü r eine angemessene W a h l in eine schwierige Lage bringen. Die Beratung w a n d t e sich zur der dem Schuldner beizulegenden Veräußerungsbefugnis. Die Mehrheit beschloß, d a ß diese Befugnis dem Schuldner nicht unbegrenzt, sondern nur unter den im Antrage 6 bezeichneten Voraussetzungen einzuräumen sei. Die G r ü n d e w a r e n : Z u entscheiden sei über das Veräußerungsrecht f ü r alle Fälle, in welchen der Leistungsgegenstand nicht zur öffentlichen Hinterlegung sich eigne, möglicherI Prot 1 1459 | weise also, sofern das partikuläre Recht die Hinterlegung nur bei Geld und Werthpapieren zulasse, f ü r alle Fälle, in welchen der Schuldner nicht Geld oder Werthpapiere zu leisten habe. Von nicht minderer Wichtigkeit sei, daß alle Fälle in Betracht k ä m e n , in welchen die Voraussetzungen des § 10 gegeben seien. Erwäge man nun, wie o f t diese Voraussetzungen bei völliger Schuldlosigkeit des Gläubigers vorliegen könnten und wieweit der Kreis der Schuldverhältnisse gezogen erscheine, in welchen das Veräußerungsrecht wirksam zu werden vermöge, ziehe man ferner in Betracht, welchen ungünstigen Erfolg die Versteigerung an vielen O r t e n erfahrungsmäßig zu liefern pflege, so erscheine die Beilegung eines unbegrenzten Veräußerungsrechts ungerechtfertigt. Es müsse auch bezweifelt werden, daß diese Befugniß in der gedachten Ausdehnung dem Schuldner nach dem geltenden Rechte o d e r nach einer der modernen Kodifikationen zustehe. Die V e r ä u ß e rungsbefugniß bedürfe nothwendig der Beschränkung. Die angemessene Beschränk u n g ergebe sich aus den in dem Antrage 6 bezeichneten Voraussetzungen, über welche hinauszugehen, ein Bedürfniß nicht vorliege. 676
2. Titel: Hinterlegung
§§ 377, 381-386
Demnächst wurde über die auf die Veräußerungsbefugniß sich beziehenden Einzelheiten nach Anleitung des Entwurfs und der Anträge Beschluß gefaßt. Einverständniß bestand, daß der Verkauf im Wege der öffentlichen Versteigerung stattzufinden habe und zwar, wenn möglich, nach vorgängiger Androhung. Im Uebrigen wurde beschlossen: 1. Es soll nicht bestimmt werden, daß der Verkauf unter Beobachtung der für den Verkauf von Faust- | pfändern bestehenden Vorschriften zu erfolgen habe.
| Prot I 1460
2. Die Versteigerung soll erfolgen durch einen für den Ort der Erfüllung bestellten Gerichtsvollzieher, zu Versteigerungen befugten sonstigen Beamten oder nach § 36 der Gewerbeordnung öffentlich angestellten Auktionator. 3. Es soll nicht bestimmt werden, daß die Versteigerung am Erfüllungsorte zu geschehen habe. 4. Es soll nicht bestimmt werden, daß die Versteigerung zu unterbleiben habe, wenn dem Schuldner Sicherheit geleistet werde. 5. Es soll in Uebereinstimmung mit dem Entwurf bestimmt werden, der Erlös sei zu hinterlegen, nicht aber der Erlös trete an die Stelle der verkauften Sache. Die leitenden Erwägungen waren: Zu 1. Da die Vorschriften über den Pfandverkauf noch nicht beraten seien, so erscheine es nicht angemessen, auf dieselben zu verweisen. Von vornherein lasse sich auch nicht erkennen, ob sie passen würden. Die Vermuthung streite eher für das Gegentheil. Der Pfandgläubiger, welcher verkaufen lasse, habe meist ein erhebliches Interesse, daß ein hoher Erlös erzielt werde. Ein solches Interesse werde bei dem Schuldner, der in den zur Berathung stehenden Fällen die Versteigerung veranlasse, regelmäßig fehlen. Es verdiene bei dieser Lage der Dinge den Vorzug, die Art der Versteigerung selbständig zu regeln. Zu 2. Es fehle an einem Grunde, den anderen Beamten, ζ. B. den Notaren, ferner den konzessionirten Auktionatoren die Kompetenzen zu versagen, die den Gerichtsvollziehern zugestanden würden. Zu 3. Der Erfüllungsort werde in nicht wenigen | Fällen ein solcher sein, der zu | Prot I 1461 Versteigerungen in keiner Weise sich eigne. Es genüge, daß der nach dem Beschlüsse zu 2 zur Versteigerung Befugte, welcher für den Erfüllungsort angestellt sei, außerhalb des Bezirks, für welchen er angestellt sei, nicht versteigern dürfe. Zu 4. Die Vorschrift, durch Sicherheitsleistung könne der Verkauf abgewendet werden, erscheine, nachdem die Veräußerungsbefugniß erheblichen Beschränkungen unterworfen sei, entbehrlich; sie führe nur zu Verwicklungen, zumal dunkel bleibe, w o f ü r die Sicherheit zu leisten sei. Wenn der Gläubiger gewiß sei, so könne ihm überlassen bleiben, seine Rechte in anderer Art, ζ. B. indem er eine einstweilige Verfügung erwirke, zu wahren; sei er ungewiß, so sei einerseits unter Umständen derselbe Weg nicht ausgeschlossen, und andererseits würde jedem Dritten das Recht zugestanden werden müssen, die Versteigerung durch Sicherheitsleistung abzuwenden, was, zumal bei der Schwierigkeit der Feststellung, w o f ü r Sicherheit zu leisten sei, zu Schikanen benutzt werden könnte und mindestens mancherlei Weiterungen zu verursachen drohe. Zu 5. Durch die Versteigerung werde der Schuldner von der bisherigen Schuldverpflichtung noch nicht dergestalt befreit, daß an Stelle der letzteren die Ver677
§ § 3 7 7 , 3 8 1 —386
3. Abschnitt: Erlöschen der Schuldverhältnisse
pflichtung zur Deponirung des Erlöses trete, vielmehr gehöre zur Tilgung der bisherigen Schuldverpflichtung auch die öffentliche Hinterlegung der Kaufgelder. Ausgeschlossen bleibe nicht, für gewisse Fälle, ζ. B. im Falle des Kaufvertrags, wenn der Käufer mit Abnahme der W a r e und Zahlung des Preises im Verzuge sei, ein Anderes zu bestimmen. I Prot 1 1462 | Der Antrag, zu bestimmen, der Verkauf finde nicht statt, wenn der Gläubiger die Pflichten des Hinterlegers übernehme, war zurückgezogen. Der Antrag, zu bestimmen: Der Schuldner könne die Sache preis- und aufgeben, wenn der Verkauf fruchtlos bleibe, wurde abgelehnt. Man glaubte, die Bestimmung passe nicht zu den Beschränkungen des Verkaufsrechts und sei außerdem aus verschiedenen Gründen und insbesondere aus den in den Motiven hervorgehobenen, dann aber auch deshalb mißlich, weil unklar bleibe, was unter preis- oder aufgeben zu verstehen, wodurch dasselbe von dem Derelinquiren sich juristisch unterscheide und welche Rechtsänderungen in Beziehung auf das Eigentum pp. sich daran knüpfen. Zur Prüfung gelangte, ob und welche Bestimmungen für den Fall aufzunehmen seien, wenn bei den Voraussetzungen des § 10 eine unbewegliche Sache den Gegenstand der Leistung bilde. Beantragt war: v. Weber (Nr 222, 2)
I Prot I 1463
1. den Absatz 2 des § 10 durch die Vorschrift zu ersetzen 2 : „Ist der Leistungsgegenstand eine unbewegliche Sache, so kann diese in den in § 10 gedachten Fällen an Stelle der Hinterlegung in gerichtliche Aufsicht und Verwahrung gegeben werden. Zuständig ist das Amtsgericht der belegenen Sache. Das Amtsgericht kann die Uebernahme von Leistung eines Kostenvorschusses des Antragstellers abhängig machen. Mit der Uebernahme tritt die Wirkung der Hinterlegung ein. Die Vorschriften in § 11 Absatz 2 und 3 und § 12 finden entsprechende Anwendung." | 2. den Absatz 2 des § 10 dahin zu fassen: „Bei unbeweglichen Sachen tritt an Stelle der Hinterlegung die Uebergabe derselben an einen Dritten zur Verwahrung." 3. den Absatz 2 des § 10 zu streichen. Der Antrag 2 wurde zurückgezogen. Die Mehrheit beschloß in Gemäßheit des Antrags 3 über den Fall, wenn eine unbewegliche Sache der Leistungsgegenstand ist, im Gesetzbuche nichts zu bestimmen. Die Gründe waren: In vielen Fällen, in welchen eine unbewegliche Sache der Leistungsgegenstand sei, fehle es an jedem Bedürfniß, dem Schuldner durch Beilegung eines besonderen Rechts zu Hilfe zu kommen. Alle Schwierigkeiten würden sich oft dadurch erledigen, daß der Schuldner sich bei einzelnen keiner Aufsicht bedürfenden Grundstükken zurückhalte oder zurückziehe. In anderen Fällen werde der Schuldner sich 2
In der met. Fassung lautet der Antrag, die an Stelle des 2. Abs. des § 10 vorgeschlagene Vorschrift als § 12 b aufzunehmen.
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2. Titel: Hinterlegung
§ § 377, 3 8 1 - 3 8 6
dadurch helfen können, daß er die Einleitung einer V o r m u n d s c h a f t , Pflegschaft, Nachlaßkuratel pp. erwirke, oder, bei streitigen Rechtsverhältnissen, die Bestellung eines Sequesters durch einstweilige V e r f ü g u n g (C.P.O. § 8 1 7 ) 3 beantrage. Es würden nur wenige Fälle übrigbleiben, in welchen der Schuldner in einige Verlegenheit gerathen könne. Ihm f ü r solche seltenen Fälle das Recht zu gewähren, die Sache einem Dritten zur Aufsicht und Verwaltung zu übergeben, erscheine aus den Gründen unzulässig, weshalb ein solches Recht nach dem Obigen in Ansehung der beweglichen Sachen nicht zugestanden sei. Es bleibe nur der Ausweg, den Schuldner f ü r b e f u g t zu erklären, die Einleitung einer gerichtlichen Sequestration zu fordern, d. h. einer Sequestration, | die unter gerichtlicher Leitung und Aufsicht sich vollziehe. Ein solches Verfahren vertrage sich aber wenig mit der Stellung, welche in der neueren Zeit als die den Gerichten z u k o m m e n d e gelte. Außerdem werde dasselbe dem Schuldner im Allgemeinen wenig nützen, da regelmäßig seine Einleitung von der Leistung eines erheblichen Kostenvorschusses abhängig sei. Die Erf a h r u n g lehre ferner zur Genüge, wie selten die Fälle seien, in welchen es in den Gebieten, deren Gesetzgebung das fragliche Recht dem Schuldner zugestehe, beantragt werde, und daß umgekehrt in den Rechtsgebieten, in denen dem Schuldner kein besonderes Recht eingeräumt, das Bedürfniß zur E i n f ü h r u n g eines solchen nicht mehr empfunden sei. Z u $ 14 des Entwurfs, welcher lautet: „Die Kosten einer rechtmäßig geschehenen nicht widerrufenen Hinterlegung, sowie eines rechtmäßig erfolgten V e r k a u f s hat der Gläubiger zu tragen."
|Proti 1464
TE-OR (Nr 27) § 14
w a r beantragt: 1. dem § 14 hinzuzufügen: „Ist zu befürchten, daß aus dem Werthe der niedergelegten (beweglichen) Sache die Kosten der A u f b e w a h r u n g nicht mehr gedeckt werden können, so tritt das Verkaufsrecht mit Beobachtung der Vorschriften in § 13 Absatz 2 und 3 ein." 2. dem § 14 h i n z u z u f ü g e n : „Liegen die Voraussetzungen des § 10 vor, ist aber die Hinterlegung wegen Beschaffenheit des Leistungsgegenstandes nicht zulässig, so steht dem Schuldner gegen den Gläubiger ein Anspruch auf Ersatz der durch die | fernere Aufbewahr u n g und Unterhaltung der Sache verursachten A u f w e n d u n g e n zu." 3. den § 14 zu streichen, dagegen in § 10 einzuschalten: „auf Kosten des Gläubigers".
| P r o t i 1465 Kurlbaum (Nr 228)
D e r Antrag 1 w u r d e z u r ü c k g e z o g e n , der Antrag 3 der P r ü f u n g bei der Redaktion vorbehalten, der Antrag 2 abgelehnt. Die Ablehnung des Antrags 2 beruhte auf der E r w ä g u n g : Eigne sich der Leistungsgegenstand z u r öffentlichen Hinterlegung, so sei der Schuldner in der Lage, sich von den in Rede stehenden Kosten zu befreien. Darin k ö n n e ein G r u n d gefunden w e r d e n , f ü r die Fälle, in welchen ein anderer Leistungsgegenstand verschuldet werde, den Schuldner von jenen Kosten durch eine positive Rechtsnorm zu entbinden. Allein dieser G r u n d könne f ü r durchgreifend nicht erachtet werden. Das Institut der öffentlichen Hinterlegung schaffe f ü r die Schuldverhältnisse, bei welchen von dem Institut Gebrauch gemacht werden könne, eine 3
v. Weber (Nr 227, 2)
Z P O § 938.
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§ § 3 7 7 , 3 8 1 —386
3. Abschnitt: Erlöschen der Schuldverhältnisse
Eigenthümlichkeit oder Besonderheit. Weshalb nun diese auf andere Schuldverhältnisse ausgedehnt w e r d e n müsse, wolle nicht einleuchten. Wie es mit der H a f tung f ü r die fraglichen Kosten sich verhalte, bestimme sich nach den allgemeinen oder den f ü r das konkrete Schuldverhältniß maßgebenden speziellen Rechtsgrundsätzen und den Umständen des Falls. Die A n w e n d u n g dieser G r u n d s ä t z e durch eine positive Vorschrift deshalb auszuschließen, um den Schuldner in eine ähnliche günstige Lage zu versetzen, in der er sich befinde, wenn die öffentliche Hinterlegung nicht allein zulässig, sondern auch wirklich eingetreten sei, erscheine schon I Prot I 1466 aus dem G r u n d e nicht gerechtfertigt, weil ungewiß | bleibe, ob bei Zulässigkeit der öffentlichen Hinterlegung diese auch erfolgt sein würde. Einverständniß bestand, d a ß in dem Beschlüsse, nach welchem die öffentliche Hinterlegung f ü r Geld und Werthpapiere allgemein zulässig sein soll, das W o r t „Werthpapiere" im weiteren Sinne zu verstehen ist, daß ferner die Landesgesetze in Ansehung der Einsetzung der Hinterlegungsstellen nicht beschränkt sind, daß endlich in das Gesetzbuch oder in das Einführungsgesetz eine Vorschrift a u f z u n e h m e n sei, welche den Landesgesetzen vorbehalte, über die öffentliche Hinterlegung nähere Bestimmungen zu treffen, insbesondere den Nachweis der Empfangsberechtigung zu regeln, sowie vorzuschreiben, daß der Staat Eigenthümer der deponirten Gelder gegen die Verpflichtung werde, einen dem hinterlegten Betrage gleichkommenden Betrag zu zahlen, daß der Verkauf der hinterlegten Sachen von Amts wegen in gewissen Fällen angeordnet werden könne, daß die Ansprüche auf Rückzahlung oder Z u r ü c k n a h m e nach Ablauf einer gewissen Zeit und unter den sonstigen Voraussetzungen zugunsten des Staats oder der Hinterlegungsinstitute erlöschen, daß die W i r k u n g e n der Hinterlegung schon mit dem Zeitpunkte der Absendung an die Hinterlegungsstelle eintreten. Die von einer Seite angeregte Frage, ob im Falle der öffentlichen Hinterlegung das alte Schuldverhältniß wieder auflebe, wenn der hinterlegte Gegenstand dem z u r Z u r ü c k n a h m e nicht befugten Schuldner zur U n g e b ü h r wieder ausgefolgt sei, wurde verneint, eine besondere Bestimmung jedoch wegen der voraussichtlichen Seltenheit des gedachten Falls nicht f ü r nöthig gehalten. I Prot I 1467 Schließlich kam zur Sprache, ob, wenn im Falle | der öffentlichen Hinterlegung der Schuldner in K o n k u r s gerathe, das Recht der Z u r ü c k n a h m e bestehe oder nicht bestehe, der Gegenstand der Hinterlegung zur Konkursmasse gehöre oder durch Ausübung des Zurücknahmerechts gezogen werden könne, oder dem Gläubiger gesichert bleibe. Die Berathung gelangte nicht zum Abschluß.
I Prot I 1469
153. Sitzung vom 13. 12. 1882, Schriftführer von Liebe | Nachdem in der vorigen Sitzung der Theilentwurf des Obligationenrechts ( N s 27) „Erfüllung" im Wesentlichen erledigt war, wurden noch einige, den Gegenstand betreffende, nachträglich angeregte Fragen erörtert. 1. Man war einverstanden, daß das in § 13, wie solcher beschlossen, aufgestellte Erforderniß der vorgängigen Androhung, dahin zu verstehen sei, daß die Unterlassung der A n d r o h u n g , w o solche geschehen konnte, die befreiende W i r k u n g der Versteigerung ausschließe. Statt „wenn möglich" beschloß die Mehrheit zu setzen „soweit thunlich". Erwogen w a r : Der Ausdruck „möglich" sei das Mißverständniß hervorzurufen geeignet, nur die absolute Unmöglichkeit befreie von der Pflicht der A n d r o h u n g . Die Besorgniß 680
2. Titel: Hinterlegung
§§ 377, 381-386
werde durch den Umstand verstärkt, daß derselbe § von Thunlichkeit rede. Bei der Verschiedenheit der Depositionsgründe werde in manchen Fällen die Androhung bald nicht ausführbar, bald nur sehr schwer und unter unverhältnißmä- | ßigen Ko- | Prot I 1470 sten und Weiterungen zu bewirken sein. Es müsse genügen, die Androhung von Thunlichkeit abhängig zu machen, so daß der Richter nach den Umständen des Falls zu prüfen habe, ob dem Schuldner eine Verletzung der Verpflichtung mit Grund vorgeworfen werden könne. 2. Man erachtete für zweckmäßig, f ü r die bei den öffentlichen Hinterlegungsstellen stattfindende Hinterlegung den Ausdruck „öffentliche Hinterlegung" zu verwenden, da es sich nicht werde umgehen lassen, an anderen Stellen des Gesetzbuchs die einfache Bezeichnung „Hinterlegung" in einem weiteren Sinne zu gebrauchen. Der gedachten Terminologie gemäß soll in den § 19 Abs. 2 und 110 der Zusammenstellung der beschlossenen Bestimmungen des Obligationenrechts 4 vor „Hinterlegung" eingeschaltet werden „öffentliche". 3. Endlich wurde die schon am Schlüsse der vorigen Sitzung angeregte Frage über die Folgen des Konkurses über das Vermögen des Schuldners zur Entscheidung gebracht. Es war beantragt, zu bestimmen: 1. W a r der Schuldner bei Eröffnung des Konkurses zur Zurücknahme nicht berechtigt, so gehört der hinterlegte Gegenstand nicht zur Konkursmasse, sondern bleibt dem Gläubiger gesichert. 2. Dasselbe gilt, wenn das Zurückziehungsrecht des Schuldners bei Eröffnung des Konkurses besteht, so zwar, daß auch der Konkursverwalter das Recht nicht ausüben kann. 3. Ist über das Vermögen des Schuldners nach der Hinterlegung der Konkurs eröffnet worden | und kann der Schuldner die Hinterlegung noch widerrufen, so kann der Gläubiger dieselbe ohne Zustimmung des Konkursverwalters nicht mehr annehmen. Der Verwalter muß auf Erfordern des Gläubigers demselben ohne Verzug erklären, ob er die Annahme der Hinterlegung gestatten will. Unterläßt er dies, so gilt die Hinterlegung als widerrufen. Die Mehrheit nahm den Antrag 1 an, sodann auch den Antrag 2, mit dessen Annahme der Antrag 3 als erledigt galt. Die Fassung der in das Gesetzbuch aufzunehmenden Bestimmung blieb der Redaktion vorbehalten. Erwogen war: O b die bisher gefaßten Beschlüsse es rechtfertigen, den Gegenstand der Hinterlegung als nicht zur Konkursmasse gehörend anzusehen und dem Konkursverwalter sowohl wie dem Schuldner das Recht der Zurückziehung zu versagen, könne dahingestellt bleiben. Gründe der Zweckmäßigkeit und Billigkeit machten es nöthig, den Gegenstand der Hinterlegung dem Gläubiger zu sichern. Dies sei zunächst für den Fall einleuchtend, wenn dem Schuldner zur Zeit der Konkurseröffnung das Recht der Zurückziehung nicht zugestanden habe. Wenn z. B. der Schuldner im Zwangsvollstreckungsverfahren auf Grund des § 652 der C.P.O. 5 durch Hinterlegung die Zwangsvollstreckung abgewendet habe, so werde es sichtbar dem die 4
§ 110 s. bei § 489 BGB, § 19 bei ξ 422 BGB. 5 Z P O § 713. 681
| Prot I 1471
§ § 377, 381 - 3 8 6
3. Abschnitt: Erlöschen der Schuldverhältnisse
Hinterlegung zulassenden Gesetze widersprechen, den Gegenstand der Hinterlegung zur Konkursmasse einzuziehen. Aber auch f ü r den Fall, wenn dem Schuldner das Recht der Z u r ü c k z i e h u n g zugestanden habe, empfehle sich die gleiche Bestimm u n g und die Ausschließung auch des Konkursverwalters von der Ausübung des Rücknahmerechts. D e n n im Falle einer Unterscheidung werde die praktische Bedeutung und W i r k u n g der Hinterlegung, bei welcher nicht auf das Recht der Z u I Prot I 1472 rück- | nähme verzichtet sei, obschon diese Hinterlegung als der Regelfall sich darstelle, dergestalt abgeschwächt, daß sie als eine den Schuldner befreiende Rechtshandlung kaum noch aufrechterhalten werden könne. Windscheid V o n einer Seite w u r d e die Frage zur Berathung gestellt, ob es nicht nöthig oder (Nr 231)6 angemessen sein werde, in das Gesetzbuch eine Bestimmung folgenden Inhalts aufzunehmen: „Das Schuldverhältniß erlischt auch dadurch, daß der Gläubiger auf anderem W e g e als durch E r f ü l l u n g (in unwiderruflicher Weise) dasjenige erhält, was ihm K r a f t des Schuldverhältnisses gebührt." Man w a r einverstanden, daß die A u f n a h m e einer solchen Bestimmung sich nicht empfehle, weil sie, richtig verstanden, sich schon aus den Vorschriften über den Einfluß des Eintritts der objektiven Unmöglichkeit der Leistung ergebe, oder im W e g e der Auslegung des Gesetzes oder des Parteiwillens das richtige Ergebnis zu gewinnen sei. In letzterer Beziehung müsse im konkreten Falle geprüft werden, ob nach dem das Schuldverhältniß begründenden Gesetze o d e r Rechtsgeschäfte eine Begrenzung der H a f t u n g des Schuldners dahin als gewollt erscheine, daß der Schuldner frei werde, w e n n der Gläubiger auf irgendeinem anderen W e g e als durch Erfüllung von Seiten des Schuldners dasjenige voll und ganz erhalten habe, was ihm kraft des Schuldverhältnisses gebühre. Ueber die Beabsichtigung einer solchen inneren Begrenzung der H a f t u n g des Schuldners könnten bei N o r m i r u n g der einzelnen Schuldverhältnisse vielleicht interpretative Regeln sich empfehlen, die A u f n a h m e einer V o r s c h r i f t der angeregten Art sei aber vorzugsweise deshalb bedenklich, weil sie mancherlei Mißverständnissen ausgesetzt sei und voraussichtlich I Prot I 1473 in der Praxis zu einer großen | Zahl von Streitigkeiten f ü h r e n würde. Hierin liege auch wohl der G r u n d , daß in keiner der anderen Kodifikationen eine ähnliche Rechtsnorm sich finde. II. In der ZustOR lauten die beschlossenen Vorschriften als §§ 246, 247, 248, 249: ZustOR Wird über das Vermögen des Schuldners der Konkurs eröffnet, so kann der S 246 Gegenstand der Hinterlegung nicht zur Konkursmasse gezogen werden, auch wenn zur Zeit der Eröffnung des Konkurses dem Schuldner das Recht zur Zurücknahme zustand. Dieses Recht kann während des Konkurses weder vom Schuldner noch vom Konkursverwalter ausgeübt werden. ZustOR Ist bei einem Schuldverhältniß, welches eine zur öffentlichen Hinterlegung S 247 nicht geeignete bewegliche Sache zum Gegenstande hat, der Gläubiger im Verzuge der Annahme, oder ist bei dem Vorhandensein der in § 241 unter Nâ 2 bezeichneten Voraussetzungen der Verderb der Sache zu besorgen oder ist deren Aufbewah6
Der Antrag lautet eingangs: „Um die Beschlußfassung darüber zu erleichtern, ob eine Bestimmung in das Gesetzbuch aufzunehmen sein möchte, welche den dem Erlöschen des Schuldverhältnisses durch s. g. Concursus Duarum causarum lucrativarum zu Grunde liegenden Gedanken zum Ausdrucke bringt, wird hier vorgeschlagen, wie etwa eine solche Bestimmung zu lauten haben würde.
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2. Titel: Hinterlegung
§§ 377, 381 - 3 8 6
rung mit unverhältnismäßigen Kosten verbunden, so kann der Schuldner die Sache durch einen f ü r den Leistungsort bestellten Gerichtsvollzieher, zu Veräußerungen befugten sonstigen Beamten oder öffentlich bestellten Auktionator (§ 36 der Gewerbeordnung) öffentlich versteigern lassen und den Erlös öffentlich hinterlegen. Der Verkauf ist erst nach vorgängiger Androhung zulässig, sofern diese thunlich ist. Die Androhung kann unterbleiben, wenn die Sache dem Verderben ausgesetzt und Gefahr im Verzuge ist. V o n der Vollziehung des Verkaufs hat der Schuldner den Gläubiger, soweit thunlich, sofort zu benachrichtigen; im Falle der Unterlassung ist er zum Schadensersatze verpflichtet. Die Kosten der öffentlichen Hinterlegung, sofern der Schuldner das Recht zur ZustOR § 248 Zurücknahme nicht ausübt, sowie die Kosten des Verkaufs im Falle des § 247 fallen dem Gläubiger zur Last. Die Bestimmung der öffentlichen Hinterlegungsstellen und die Abgrenzung der ZustOR § 249 örtlichen Zuständigkeit derselben bleibt den Landesgesetzen vorbehalten. Die Landesgesetze können bestimmen, daß die öffentlichen Hinterlegungsstellen auch noch andere Sachen als Geld und Werthpapiere anzunehmen haben und daß auf die Schuldverhältnisse, bei welchen der Leistungsgegenstand in solchen anderen Sachen besteht, der § 241 Anwendung findet. Sie können über die öffentliche Hinterlegung nähere Bestimmungen treffen und insbesondere nicht allein den Nachweis der Empfangsberechtigung regeln, sondern auch vorschreiben, daß der Staat Eigenthümer der hinterlegten Gelder gegen die Verpflichtung wird, einen dem hinterlegten Betrag gleichkommenden Betrag zu zahlen, daß der Verkauf der hinterlegten Sachen von Amts wegen angeordnet werden kann, daß die Ansprüche auf Zurückzahlung oder Zurückgabe nach Ablauf einer gewissen Zeit und unter sonstigen Voraussetzungen zu Gunsten des Staates oder der Hinterlegungsinstitute erlöschen und daß die Wirkungen der Hinterlegung schon mit dem Zeitpunkte der Absendung an die Hinterlegungsstelle eintreten 7 . Zu S 247 wurde der Antrag in Abs. 1 letzter Satz hinter „kann" einzuschalten: „insbeson- Kurlbaum dere", abgelehnt (Prot I 3552, 3559). Der Antrag, im Absatz 1 statt: „§ 241 unter (Nr 570 IV 5) Nr. 2" zu setzen: „§ 241 N r . 2" 8 , wurde als Berichtigung eines Druckfehlers angenommen (Prot I 3559, 3562). Zu § 248 wurde der Antrag, die Vorschrift zu fassen : „Die Kosten der öffentlichen Hinterlegung fallen, sofern nicht der Schuldner das Recht der Zurücknahme ausübt, dem Gläubiger zur Last. Das Gleiche gilt von den Kosten des Verkaufes im Falle des § 247." angenommen (Prot I 3552, 3559).
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Dazu ist angemerkt: Der letzte Absatz wird demnächst in das Einführungsgesetz zu verweisen sein. Dem Antrag ist hinzugefügt: Zu vergi, wegen Weglassung des Wortes „unter" Civilprozeßordnung S S 632, 835 (ZPO S S 692 Abs. 1 Nr. 1, 3, 958) und Gerichtsverfassungsgesetz SS 75, 138.
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Kurlbaum (Nr 570 IV 6)
§ § 377, 3 8 1 —386
3. Abschnitt: Erlöschen der Schuldverhältnisse
Zu § 249 wurde in redaktioneller Hinsicht bemerkt: Ob in dem dritten Absätze statt „Staat" „Staatskasse" oder nicht vielmehr „Fiskus" zu setzen, hängt von der Fassung des letzten § in dem Abschnitte von juristischen Personen ab, über welche noch Beschluß zu fassen ist. Die Kom. beschloß, in § 249 Absatz 3 das Wort „Staat" beziehungsweise „Staatskasse" durch „Fiskus" zu ersetzen (Prot. I 3272, 3277). Kurlbaum Der Antrag in Abs. 3 Satz 1 hinter „Fiskus" einzuschalten: „oder eine als Hin(Nr 570 III) terlegungsstelle bestimmte Anstalt", wurde angenommen (Prot. I 3550, 3559).
Kurlbaum (Nr 566, 23)
III. Im KE ist § 246 ZustOR in unveränderter Fassung in § 275 enthalten 9 . § 247 ZustOR ist in § 276 enthalten. Die Fassung ist unverändert; es ist jedoch das Wort „unter" bei der am Anfang in Bezug genommenen Vorschrift (§ 270 KE) weggelassen. KE § 277
$ 248 ZustOR ist als § 277 gefaßt: Die Kosten der öffentlichen Hinterlegung fallen, sofern nicht der Schuldner das Recht der Zurücknahme ausübt, dem Gläubiger zur Last. Das Gleiche gilt von den Kosten des Verkaufs im Falle des ξ 276. In § 278 KE, der dem § 249 ZustOR entspricht, sind im Abs. 3 die Worte „Staat" und „Staatskasse" durch „Fiskus" ersetzt; ferner ist hinter dem Wort „Fiskus" in Satz 1 eingeschaltet: „oder eine als Hinterlegungsstelle bestimmte Anstalt". Im übrigen ist die Fassung unverändert.
Zu § 276 KE Kurlbaum wurde auf entsprechenden Antrag beschlossen, in Abs. 1 Satz 1 das Komma vor (Nr 576, 4) „oder ist deren Aufbewahrung" und das Wort „ist", ferner das Komma nach „Gerichtsvollzieher" zu streichen.
Kurlbaum ( N r 576, 5)
Zu §278 KE wurde der Antrag in Abs. 3 statt „regeln" zu setzen „ordnen", abgelehnt (Prot. I 6188).
Bei der 2. Beratung des KE wurde auf Grund eines Antrags, im Abs. 3 hinter „hinterlegten Gelder" einzuschieben: „mit Einschluß (des Papiergeldes und) der Banknoten", beschlossen, hinter dem Worte „Gelder" einzufügen: „und Banknoten" (Proti 11700,11701). Ferner wurde zur 2. Beratung des KE beantragt: 1. den §en auszuscheiden und die Note dahin zu bestimmen: „Für das Einführungsgesetz ist die Vorschrift beschlossen: Die Bestimmung
v. M a n d r y ( N r 585, 10)
2. a) in Abs. 2 das Komma hinter „Sachen" zu streichen;
Johow ( N r 587, 9)
b) in Abs. 3 statt „Bestimmungen treffen" zu setzen „Vorschriften geben"; c) in Abs. 3 hinter „vorschreiben" einen Doppelpunkt zu setzen und die darauf folgenden vier mit „daß" anfangenden Sätze einzurücken und zu numerieren. 9
Ein A n t r a g Kurlbaums (Nr. 566, 22), am A n f a n g das W o r t „der K o n k u r s " zu ersetzen durch „das K o n k u r s v e r f a h r e n " ist ausweislich der Prot, von der K o m . nicht behandelt worden.
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2. Titel: Hinterlegung
§ § 377, 3 8 1 - 3 8 6
D e r A n t r a g zu 1 w u r d e abgelehnt und zugleich beschlossen, die N o t e zu § 278 zu streichen. Die Kommission überzeugte sich, daß die Beibehaltung des § 278 im Kommissionsentwurfe z u m sicheren Verständnisse der Vorschriften über die H i n terlegung erforderlich sei. D e r Antrag zu 2. a) fand A n n a h m e ; die Anträge zu 2. b) und c) wurden zurückgezogen (Prot I 11737). IV. Im £ / s i n d die beschlossenen Vorschriften in §§ 277, 278, 279, 280 enthalten. Die Fassung des § 277 (KE § 275) ist unverändert. In § 278 (KE § 276) ist das K o m m a und das W o r t „ist" vor: „oder ist deren A u f b e w a h r u n g " , ferner das K o m m a nach „Gerichtsvollzieher" gestrichen. Statt „zu Veräußerungen befugten sonstigen Beamten" heißt es: „zu Versteigerungen befugten . . ."'0 § 279 entspricht in der Fassung § 277 KE. In § 280 (KE § 278) ist in Abs. 2 das K o m m a hinter „Sachen" gestrichen und in Abs. 3 hinter „Gelder" eingefügt: „und Banknoten". Die noch im K E zu § 278 enthaltene N o t e (s. zu § 249 Z u s t O R ) fehlt im E I.
Β. Vorkommission des Reichsjustizamtes I. Beantragt w a r : 1. den § 277 zu fassen: Das Recht der Z u r ü c k n a h m e kann nicht f ü r einen anderen Gläubiger gepfändet werden. Wird über das V e r m ö g e n des Schuldners der Konkurs eröffnet, so kann das Recht der Z u r ü c k n a h m e w e d e r von dem Schuldner noch von dem Konkursverwalter ausgeübt werden.
Jacubezky (Nr 4, 55)
2. Hinter § 277 als § 277 a folgende Bestimmungen einzustellen: Für das Recht des Gläubigers auf Auslieferung des hinterlegten Gegenstandes gegenüber der Hinterlegungsstelle ist die von dem Schuldner bei der Hinterlegung getroffene Bestimmung maßgebend. Ist das Zurücknahmerecht des Schuldners erloschen oder die Ausübung desselben nach § 277 ausgeschlossen, so kann der Gläubiger unter denselben Voraussetzungen, unter welchen er die Leistung zu fordern berechtigt war, von dem Schuldner dessen Einwilligung in die Auslieferung des hinterlegten Gegenstandes verlangen, soweit nach den Vorschriften über die öffentliche Hinterlegung die Beibringung dieser Einwilligung z u m Nachweise der Empfangsberechtigung erforderlich oder genügend ist.
Struckmann (Nr 1, 45)
3. D e n ersten Satz des § 2 7 9 als § 2 7 7 b vor dem § 2 7 8 einzustellen und den zweiten Satz dem § 278 als Abs. 3 in folgender Fassung h i n z u z u f ü g e n : Die Kosten des V e r k a u f s fallen, sofern nicht der Schuldner das Recht der Zur ü c k n a h m e des hinterlegten Erlöses ausübt, dem Gläubiger zur Last.
Struckmann (Nr 1, 46)
10
Ein darauf bezüglicher Beschluß der Kom. ist in den Prot, nicht enthalten.
685
§ § 3 7 7 , 3 8 1 —386
3. Abschnitt: Erlöschen der Schuldverhältnisse
Struckmann (Nr 1, 47)
4. Den § 280 hier zu streichen und als Art. 57 a in das Einführungsgesetz einzustellen, den Abs. 2 aber dahin zu fassen: Die Landesgesetze können bestimmen, daß als Geld, Werthpapiere oder Kostbarkeiten anzunehmen haben, und daß die Vorschriften des § 272 des Bürgerlichen Gesetzbuches Anwendung finden.
Jacubezky (Nr 4, 56)
5. Im § 280 den Absatz 2 zu fassen: Die Landesgesetze können bestimmen, daß die öffentlichen Hinterlegungsstellen auch andere Sachen, als Geld, Werthpapiere und Kostbarkeiten anzunehmen haben. Auf die Schuldverhältnisse, bei welchen der Leistungsgegenstand in solchen anderen Sachen besteht, finden die Vorschriften des § 272 Anwendung. Im Absatz 3 des § 280 die W o r t e „und Banknoten" zu streichen und den Schluß zu fassen: und daß die Ansprüche . . . der Hinterlegungsanstalt erlöschen. II. 44. Sitzung vom 10. 9. 1891
I ProtRJA 243
| D e m § 277 w u r d e als Abs. 1 eine Bestimmung vorangeschickt, w o n a c h das Zurücknahmerecht des Schuldners der P f ä n d u n g nicht unterworfen sein solle, weil es aus Gründen der Zweckmäßigkeit und Billigkeit erforderlich erscheine, den Gegenstand der Hinterlegung zu Gunsten des empfangsberechtigten Gläubigers vor dem Zugriff anderer Gläubiger zu schützen. Aus dieser Vorschrift in Verbindung I ProtRJA 244 mit § 1 der K o n k u r s o r d n u n g ergebe sich | alsdann von selbst, daß das Z u r ü c k n a h merecht, weil nicht zur Konkursmasse gehörend, von dem Konkursverwalter nicht geltend gemacht werden könne.
E I-RJA $ 277
D e r § 277 erhielt hiernach folgende Fassung: Das Recht der Z u r ü c k n a h m e ist der P f ä n d u n g nicht unterworfen. Wird über das V e r m ö g e n des Schuldners der Konkurs e r ö f f n e t , so kann während des Konkursverfahrens das Recht der Z u r ü c k n a h m e auch von dem Schuldner nicht ausgeübt werden. Im § 278 w u r d e die in Klammern beigefügte Bezugnahme auf § 36 der Gewerb e o r d n u n g gestrichen und das W o r t „Auktionator" durch „Versteigerer" ersetzt. Zu § 279 w u r d e beschlossen, den ersten Satz als § 277 b vor den § 278 einzustellen und den zweiten Satz dem § 278 als Abs. 3 in folgender Fassung h i n z u z u f ü g e n : Die Kosten des Verkaufs fallen, sofern nicht der Schuldner das Recht der Zur ü c k n a h m e des hinterlegten Erlöses ausübt, dem Gläubiger z u r Last. D e r § 280 Abs. 2 erhielt folgende Fassung: Die Landesgesetze können bestimmen, daß die öffentlichen Hinterlegungsstellen auch andere Sachen, als Geld, Werthpapiere und Kostbarkeiten anzunehmen haben. Auf die Schuldverhältnisse, bei welchen der Leistungsgegenstand in solchen anderen Sachen besteht, finden die Vorschriften des § 272 Anwendung. Im Abs. 3 wurden die W o r t e „und Banknoten" gestrichen und am Schlüsse der zu § 273 Abs. 2 beschlossene Satz hinzugefügt.
C . 2. Kommission EI§ 686
277 (Prot. II, Bd. 1, S. 352; Mugdan, Bd. 2, S. 353 f)
2. Titel: Hinterlegung
§ § 377, 381 - 3 8 6
I. Beantragt war: 1. den § 277 durch die von der Vorkom. des RJA beschlossene Vorschrift zu ersetzen.
Struckmann (Nr 1,59)
2. den § 277 durch folgende Bestimmungen zu ersetzen: Wird über das Vermögen des Schuldners der Konkurs eröffnet, so kann der Gläubiger, für welchen hinterlegt ist, der Rücknahme des hinterlegten Gegenstandes widersprechen, wenn er der Hinterlegungsstelle die Annahme erklärt. Das Recht der Zurücknahme ist der Pfändung nicht unterworfen. 3. den $ 277 zu streichen. Der Antrag 2 wurde abgelehnt; der Antrag 1 fand Annahme. Der Antrag 3 war hierdurch erledigt. II., III., IV. In der VorlZust der Beschlüsse der 2. Korn., in der ZustRedKom und im E II (hier als § 326) entspricht die Fassung des § 277 derjenigen des § 277 E IRJA. V. Im E II rev ist die Vorschrift in § 371 enthalten. Statt „der Zurücknahme" heißt es hier „zur Rücknahme" 1 1 ), statt „Konkursverfahrens" „Konkurses". Damit liegt die in § 377 BGB Gesetz gewordene Fassung vor. EI §§278, 279 (Prot II, Bd 1, S. 356 ff; Mugdan, Bd. 2, S. 357 ff) I. Beantragt war zu §278 1. im Abs. 1 die Worte „Auktionator (§39 der Gewerbeordnung)" durch das Wort „Versteigerer" zu ersetzen. 2. der oben bei §§ 373, 374 BGB mitgeteilte Antrag
Struckmann (Nr 1 , 6 1 ) Dittmar (Nr 28, 2)
3. der Unterantrag zu dem Antrag 2: a) im § 278 den Eingang des 2. Abs. so zu fassen: Das Amtsgericht kann, wenn der Gläubiger im Verzuge der Annahme ist oder wenn in den Fällen des § 272 Nr.2 der Leistungsgegenstand dem Verderben ausgesetzt oder seine Aufbewahrung unverhältnißmäßige Kosten erfordert, dem Schuldner die Ermächtigung zur öffentlichen Versteigerung ertheilen. Mit der . . . . usw. (wie im Antrag 2) b) im § 280 den Abs. 2 beizubehalten. Die Kom. lehnte die Anträge 2 und 3 ab und nahm sachlich den § 278 des Entw. an. Zu § 279 war beantragt 1. den ersten Satz vor dem § 278 als § 277 b einzustellen und den zweiten Satz dem § 278 als Abs. 3 in der von der VorKom. des RJA beschlossenen Fassung hinzuzufügen. 2. dem § 279 als zweiten Absatz hinzuzufügen:
11
S. zu dieser Änderung den Antrag v. Cuny, o. bei §§ 376, 378, 379 BGB.
687
Struckmann (Nr 1,62)
§§ 377, 381-386
3. Abschnitt: Erlöschen der Schuldverhältnisse
Die Vorschriften des Abs. 1 finden keine Anwendung, w e n n der Schuldner hinterlegt, weil er sich über die Person des Gläubigers in Ungewißheit befindet. Der Antrag 1 w u r d e , unter Ablehnung des Antrages 2, sachlich angenommen. II. In der VorlZust der Beschlüsse der 2. Kom. lauten die beschlossenen V o r schriften : E I-VorlZust Die Kosten der (öffentlichen) Hinterlegung fallen, sofern nicht der Schuldner § 277 b die hinterlegte Sache zurücknimmt, dem Gläubiger zur Last. (S 279 Satz 1) E I-VorlZust § 278 (278, 279 Satz 2)
Ist bei einem Schuldverhältnisse, welches eine z u r öffentlichen Hinterlegung nicht geeignete bewegliche Sache z u m Gegenstande hat, der Gläubiger im V e r z u g e Jg,· Annahme, o d e r ist bei dem Vorhandensein der im § 272 Abs. 2 bezeichneten Voraussetzung der V e r d e r b der Sache zu besorgen o d e r deren A u f b e w a h r u n g mit unverhältnißmäßigen Kosten verbunden, so kann der Schuldner die Sache durch einen f ü r den Leistungsort bestellten Gerichtsvollzieher o d e r zur Versteigerung befugten sonstigen Beamten oder öffentlich angestellten Versteigerer öffentlich versteigern lassen und den Erlös öffentlich hinterlegen. D e r Verkauf ist erst nach vorgängiger A n d r o h u n g zulässig, sofern diese thunlich ist. Die A n d r o h u n g kann unterbleiben, wenn die Sache dem Verderben ausgesetzt und G e f a h r in V e r z u g e ist. Von der Vollziehung des Verkaufes hat der Schuldner den Gläubiger, soweit thunlich, unverzüglich zu benachrichtigen; im Falle der Unterlassung ist er zum Schadensersatze verpflichtet. Die Kosten des V e r k a u f s fallen, sofern nicht der Schuldner den hinterlegten Erlös zurücknimmt, dem Gläubiger zur Last. III. In der ZustRedKom ist die Fassung des § 277 b unverändert; es fehlt jedoch das W o r t „(öffentlichen)".
E I-ZustRedKom S 278
E II § 329
§ 278 lautet: Ist bei einem Schuldverhältnisse, welches auf die Leistung einer zur öffentlichen Hinterlegung nicht geeigneten beweglichen Sache gerichtet ist, der Gläubiger im V e r z u g e der A n n a h m e o d e r ist im Falle des § 272 Abs. 2 der Verderb der Sache zu besorgen oder deren A u f b e w a h r u n g mit unverhältnißmäßigen Kosten verbunden, so kann der Schuldner die Sache öffentlich versteigern lassen und den Erlös öffentlich hinterlegen. Die Versteigerung hat durch einen f ü r den Leistungsort bestellten Gerichtsvollzieher o d e r zu Versteigerungen befugten sonstigen Beamten oder ö f fentlich angestellten Versteigerer zu erfolgen. Die Versteigerung ist erst nach vorgängiger A n d r o h u n g zulässig, sofern diese thunlich ist; die A n d r o h u n g kann unterbleiben, wenn die Sache dem Verderb ausgesetzt und G e f a h r im V e r z u g e ist. Von der vollzogenen Versteigerung hat der Schuldner, sofern es thunlich ist, den Gläubiger unverzüglich zu benachrichtigen; im Falle der Unterlassung ist er zum Schadensersatze verpflichtet. Die Kosten der Versteigerung fallen, sofern nicht der Schuldner den hinterlegten Erlös zurücknimmt, d e m Gläubiger zur Last. IV. Im E II ist § 277 b (279 Satz 1) in § 329 in folgender Fassung enthalten: Die Kosten der Hinterlegung fallen dem Gläubiger zur Last, sofern nicht der Schuldner die hinterlegte Sache zurücknimmt. 688
2. Titel: Hinterlegung
§§ 377, 381-386
Die V o r s c h r i f t , die im E II rev in § 375 enthalten ist, hat damit die in § 381 BGB Gesetz g e w o r d e n e Fassung. § 278 E I hat im E II als § 330 die Fassung: H a t der Schuldner eine z u r H i n t e r l e g u n g nicht geeignete bewegliche Sache zu leisten, so kann er, w e n n der Gläubiger im V e r z u g e der A n n a h m e ist o d e r w e n n im Falle des § 321 Satz 2 der V e r d e r b einer solchen Sache zu besorgen o d e r deren A u f b e w a h r u n g mit unverhältnißmäßigen Kosten verbunden ist, die Sache am Leistungsorte versteigern lassen und den Erlös f ü r den Gläubiger 1 2 hinterlegen. Die Versteigerung h a t durch einen f ü r den Versteigerungsort bestellten Gerichtsvollzieher o d e r zu Versteigerungen b e f u g t e n sonstigen Beamten o d e r öffentlichen angestellten Versteigerer öffentlich zu erfolgen (öffentliche Versteigerung). Die Versteigerung ist erst zulässig, n a c h d e m sie dem Gläubiger a n g e d r o h t w o r den ist; die A n d r o h u n g k a n n unterbleiben, wenn die Sache dem V e r d e r b e ausgesetzt und mit dem A u f s c h ü b e d e r Versteigerung G e f a h r v e r b u n d e n ist. V o n der Versteigerung hat d e r S c h u l d n e r den Gläubiger unverzüglich zu benachrichtigen; im Falle d e r Unterlassung ist er z u m Schadensersatze verpflichtet. Die A n d r o h u n g und die Benachrichtigung sind nicht erforderlich, wenn sie unthunlich sind. Die Kosten d e r V e r s t e i g e r u n g fallen dem Gläubiger z u r Last, sofern nicht der Schuldner den hinterlegten Erlös z u r ü c k n i m m t . Bei der Revision
E II § 330
des E II w a r zu § 330 beantragt:
1. im Abs. 1 Satz 1 statt „im Falle" zu sagen „in den Fällen des § 3 2 1 " . D e m Antrag ist h i n z u g e f ü g t : „Strohal, K u r z e Bemerkungen zum Recht der Schuldverhältnisse, S. 6".
Wilke (Nr 24, 5)
2. dem Abs. 1 z u z u s e t z e n : „Ist von der V e r s t e i g e r u n g am Leistungsorte ein angemessener Erfolg nicht zu e r w a r t e n , so ist die Sache an einem geeigneten anderen O r t e zu versteigern. Zeit und O r t der Versteigerung sind unter allgemeiner Bezeichnung d e r Sache öffentlich b e k a n n t zu m a c h e n . " D e m A n t r a g ist h i n z u g e f ü g t : „vgl. § 1143 Satz 2, § 1144 Satz 1".
Jacubezky (Nr 28, 7)
3. dem § 330 Abs. 4 h i n z u z u f ü g e n : H a t die Sache einen Börsen- o d e r M a r k t preis, so k a n n der S c h u l d n e r den Verkauf auch aus freier H a n d d u r c h einen zu solchen V e r k ä u f e n öffentlich ermächtigten H a n d e l s m ä k l e r o d e r durch eine zur öffentlichen Versteigerung b e f u g t e Person z u m laufenden Preise b e w i r k e n 1 3 . Sämtliche Anträge wurd.en gebilligt. Bei der Revision des E II w a r f e r n e r beantragt, als § 329 a zusätzlich folgende Vorschrift aufzunehmen: Meldet sich der Gläubiger nicht innerhalb dreißig J a h r e n , n a c h d e m er von der H i n t e r l e g u n g benachrichtigt w o r d e n ist, bei der Hinterlegungsstelle, so erlischt sein Recht auf den hinterlegten Betrag und ist d e r Schuldner z u r Z u r ü c k n a h m e berechtigt, auch w e n n er auf das R e c h t z u r Z u r ü c k n a h m e verzichtet hat. (Vgl. § 1078 Abs. 3: Die U n t e r l a s s u n g rechtzeitiger M e l d u n g des Gläubigers soll dem Schuldner, nicht dem Fiskus z u g u t e k o m m e n . H ä t t e der Schuldner nicht hinterlegt, so w ä r e er durch V e r j ä h r u n g frei g e w o r d e n , die H i n t e r l e g u n g soll ihn dieses Vortheils nicht berauben.)
12
13
D i e Worte „für den Gläubiger" sind von der Kom. eingeschaltet worden, weil die gleichen Worte im E II in § 47 eingeschaltet seien. Buchstabe b) und c) dieses Antrages betreffen §§ 1128, 1142 E II.
689
Jacubezky (Nr 28, 6)
§ § 3 7 7 , 3 8 1 —386
3. Abschnitt: Erlöschen der Schuldverhältnisse
Der Antrag wurde angenommen und es wurde beschlossen, die notwendig werdende Änderung der in der Anmerkung zu § 330 vorgesehenen Bestimmung der Beratung des EG vorzubehalten. V. Der E II rev enthält als § 376 die Bestimmung: E II rev Das Recht des Gläubigers auf den hinterlegten Betrag erlischt mit dem Ablauf § 376 von 30 Jahren nach dem Empfange der Anzeige von der Hinterlegung, wenn nicht der Gläubiger sich vorher bei der Hinterlegungsstelle meldet. Der Schuldner ist zur Zurücknahme berechtigt, auch wenn er auf das Recht zur Zurücknahme verzichtet hat. Damit liegt die in § 382 BGB Gesetz gewordene Fassung vor. Die Vorschriften des § 330 Abs. 1 E II sind im E II rev in § 377 enthalten. Die Fassung dieses § entspricht derjenigen, die in § 383 BGB Gesetz geworden ist. Die Vorschriften des § 330 Abs. 2 E II sind im E II rev in § 378 enthalten. Auch hier ist die Fassung die in § 384 BGB Gesetz gewordene. Der E II rev enthält ferner als § 379 eine Vorschrift, wie sie in § 385 BGB Gesetz geworden ist. Schließlich ist § 330 Abs. 3 E II im E II rev als § 380 in einer dem § 386 BGB entsprechenden Fassung enthalten. EI §280 (Prot. II, Bd. 1, S. 359 ff; Mugdan, Bd. 2, S. 558 f) I. Beantragt war: Struckmann (Nr 1,63)
1. die Vorschrift hier zu streichen und in folgender Fassung als Art. 57 a in das EG einzustellen: Die Bestimmung der Stellen, bei welchen die öffentliche Hinterlegung erfolgt, und die Abgrenzung der örtlichen Zuständigkeit derselben bleibt den Landesgesetzen vorbehalten. Die Landesgesetze können bestimmen, daß die öffentlichen Hinterlegungsstellen auch noch andere Sachen als Geld, Werthpapiere oder Kostbarkeiten anzunehmen haben. Auf die Schuldverhältnisse, bei welchen der Leistungsgegenstand in solchen anderen Sachen besteht, finden die Vorschriften des § 272 Anwendung. Sie können über die öffentliche Hinterlegung nähere Bestimmungen treffen und insbesondere nicht allein den Nachweis der Empfangsberechtigung regeln, sondern auch vorschreiben, daß der Fiskus oder eine als Hinterlegungsstelle bestimmte Anstalt Eigenthümer der hinterlegten Gelder gegen die Verpflichtung wird, einen dem hinterlegten Betrage gleichkommenden Betrag zu zahlen, daß der Verkauf der hinterlegten Sachen vom Amtswegen angeordnet werden kann, daß die Ansprüche auf Zurückzahlung oder Zurückgabe nach Ablauf einer gewissen Zeit und unter sonstigen Voraussetzungen zu Gunsten des Fiskus oder der Hinterlegungsanstalt erlöschen. Von einer gerichtlichen Anordnung kann die Hinterlegung nicht abhängig gemacht werden.
Dittmar (Nr 28, 3)
2. den § 280 zu streichen und im EG (Art. 57a) zu bestimmen: Die Bestimmung der Stellen, bei welchen die öffentliche Hinterlegung erfolgt, und die Abgrenzung der örtlichen Zuständigkeit derselben bleibt den Landesgesetzen vorbehalten. Die Landesgesetze können über die öffentliche Hinterlegung nähere Bestimmungen treffen und insbesondere nicht allein den Nachweis der Empfangsberechti690
2. Titel: Hinterlegung
§ § 377, 3 8 1 - 3 8 6
gung regeln, sondern auch vorschreiben, daß der Fiskus oder eine als Hinterlegungsstelle bestimmte Anstalt Eigenthümer der hinterlegten Gelder gegen die Verpflichtung wird, einen dem hinterlegten Betrage gleichkommenden Betrag zu zahlen, daß der Verkauf der hinterlegten Sachen von Amtswegen angeordnet werden kann, daß die Ansprüche auf Zurückzahlung oder Zurückgabe nach Ablauf einer gewissen Zeit und unter sonstigen Voraussetzungen zu Gunsten des Fiskus oder der Hinterlegungsanstalt erlöschen. Von einer gerichtlichen Anordnung kann die Hinterlegung nicht abhängig gemacht werden. Der Antragsteller zu 1. änderte seinen Vorschlag dahin, daß er die Beibehaltung der Schlußworte des Abs. 3 „und daß die Wirkungen . . . eintreten" beantragte. Die Kom. beschloß: zu § 280 Abs. 1 die Annahme des Entwurfes, zu Abs. 2 des § 280 die Beibehaltung, jedoch mit der im Antrag 1 vorgeschlagenen Änderung, zu Abs. 3 des § 280 die Streichung der Worte „und Banknoten" und die Ersetzung dieser Worte durch die Worte „oder Werthpapiere". Beschlossen wurde ferner gemäß dem Antrag 1, den in §273 Abs. 2 des Ent- Struckmann wurfs ausgesprochenen Satz in der ihm in dem Antrag gegebenen Fassung in den (Nr 1, 57 b) § 280 zu versetzen. Schließlich wurde die Annahme des zu § 273 gestellten und bei der Beratung dieser Vorschrift abgelehnten 1 4 Antrags beschlossen, womit sich der in den Schlußworten des § 280 Abs. 3 „und daß die Wirkungen eintreten" gemachte Vorbehalt erledigte. Die Kom. entschied sich endlich dafür, die in § 280 angenommenen Vorschriften in das Einführungsgesetz zu verweisen. II. In der VorlZust der Beschlüsse der 2. Kom. und in der ZustRedKom gestrichen. Die VorlZust enthält eine Note, die wie folgt lautet:
ist § 280
In das Einführungsgesetz wird als Art. 57 a folgende Vorschrift eingestellt: Die Bestimmung der Stellen . . . . usw. In der ZustRedKom lautet die Note: In das Einführungsgesetz werden an geeigneter Stelle folgende Vorschriften eingestellt: Die Bestimmung der Stellen . . . . usw. III. Im E / / u n d im E II rev ist die Note zu § 330 bzw. § 377 gestellt; sie lautet: Der § 273 Abs. 2 und der § 280 des Entw. I sind gestrichen. An Stelle derselben (E II rev: Zum Ersätze) sollen in den Entwurf des Einführungsgesetzes geeigneten Ortes folgende Vorschriften aufgenommen werden: es folgt die Vorschrift des § 280 E I-ZustRedKom; jedoch ist vor „Hinterlegung" und „Hinterlegungsstellen" durchweg das W o r t „öffentliche" weggelassen.
14
S. oben bei
373, 374 BGB.
691
§387
3. Abschnitt: Erlöschen der Schuldverhältnisse
DRITTER TITEL Aufrechnung S 387
Schulden zwei Personen einander Leistungen, die ihrem Gegenstande nach gleichartig sind, so kann jeder Theil seine Forderung gegen die Forderung des anderen Theiles aufrechnen, sobald er die ihm gebührende Leistung fordern und die ihm obliegende Leistung bewirken kann.
A. 1. Kommission 1.147. Sitzung vom 29. 11.1882, Schriftführer v. Liebe I Prot I 1404
I D e r § 1 des E n t w u r f s lautet:
TE-OR (Nr 28) „Wenn zwei Personen einander dem Gegenstande nach gleichartige Leistungen § 1 schulden, so kann jede derselben, falls beide Forderungen fäl-1 lig sind, ihre Schuld I Prot I 1405 gegen die Forderung der anderen aufrechnen." Es war beantragt: v. Schmitt (Nr 212)
Die Worte „dem Gegenstande nach" zu streichen und einen zweiten Satz dahin beizufügen: „Die Verschiedenheit des Rechtsgrundes beider Forderungen hindert die Aufrechnung nicht." Das Prinzip des § 1 wurde im wesentlichen aus den in den Motiven dargelegten Gründen gebilligt 1 . Billigung fand insbesondere die Bestimmung, wonach die Kompensation Gleichartigkeit und Fälligkeit der Forderungen, voraussetzt. Gegen das Wort „Aufrechnung" wurde gleichfalls nichts erinnert. Zur Fassung des Paragraphen wurde bemerkt, daß es statt „ihre Schuld" heißen müsse „ihre Forderung", und daß bei der Redaktion zu prüfen sein werde, ob nicht die Worte „gegen die Forderung der anderen" den Worten „ihre Forderung" vorzusetzen seien. ' Vgl. Mot.-TE Nr. 28 S. 1 : „Die Anerkennung der Aufrechnung (Kompensation) als eines Befriedigungsmittels und Aufhebungsgrundes von Forderungen beruht auf der Erwägung, daß, wenn zwei Personen einander wesentlich gleichartige Leistungen schulden, der ökonomische Endzweck der beiden Forderungsrechte und das Interesse der sich zugleich als Schuldner und Gläubiger gegenüberstehenden Personen mit demselben Effekt, wie durch beiderseitige reale Erfüllung, aber in einfacherer und rascherer Weise dadurch erreicht und befriedigt wird, daß jeder Theil dasjenige, was er leisten und was ihm hinwiederum von dem anderen Theile geleistet werden müßte, in seinem Vermögen behält. Das Bestehen auf gegenseitiger Erfüllung hätte lediglich das Hin- und Herbewegen der gleichartigen Schuldobjekte zur Folge; wo dies zutrifft, also jeder der beiden Schuldner und Gläubiger durch das Behalten dasselbe erreicht, wie durch Leistung und Empfang der gleichen Leistung, gewährt das Recht jedem der beiden gegenseitig Verpflichteten die Befugniß, unter gleichzeitiger Erklärung des eignen gleichen Befriedigtseins den Anderen auf die eigentlich schon in seinem Vermögen befindliche Leistung zu verweisen".
692
3. Titel: Aufrechnung
§387
D i e d e n sachlichen Inhalt des § 1 nicht b e r ü h r e n d e n Anträge w u r d e n abgelehnt. V o n der S t r e i c h u n g der W o r t e : „ d e m G e g e n s t a n d e nach" besorgte m a n eine V e r d u n k e l u n g des § 1, da derselbe, w e n n die g e d a c h t e n W o r t e fehlten, nicht mehr g e n ü g e n d e r k e n n e n lasse, daß die K o m p e n s a t i o n Vertretbarkeit (im w e i t e r e n Sinne) der Leistungen voraussetze; die in V o r s c h l a g gebrachte zusätzliche Bestimm u n g hielt m a n f ü r entbehrlich, weil sie nur Selbstverständliches ausspreche. 149. S i t z u n g v o m 4. 12. 1882 I D e r Entwurf enthält keine B e s t i m m u n g e n darüber:
| Prot I 1428
1. o b die R ü c k w i r k u n g der K o m p e n s a t i o n s e r k l ä r u n g auch auf die Verzinslichkeit sich erstrecke o d e r | einen V e r z u g o d e r d e n V e r f a l l einer Konventionalstrafe ausschließe 2 ; 2. ob die E r f ü l l u n g einer Schuld, in A n s e h u n g deren das Recht der A u f r e c h n u n g bestand, die c o n d i c t i o indebiti b e g r ü n d e 3 ; 3. o b die W i r k u n g der K o m p e n s a t i o n s e r k l ä r u n g d a v o n unabhängig sei, daß die G e g e n f o r d e r u n g des andern Theils in d e m Z e i t p u n k t der Erklärung bestanden hat 4 ; 2
Vgl. S. 8 M o t . - T E : Lasse man die aufhebende Wirkung schon mit der einseitigen Willenserklärung des Aufrechnenden eintreten, so stehe fest, „daß, weil die beiden Forderungen gegenseitig in dem Zeitpunkt, wo sie sich als zur Aufrechnung geeignet gegenübertreten, erloschen sind, von da ab der Schuldner der verzinslichen Forderung, soweit dieselbe als erloschen gilt, keine Zinsen, bezw. nur noch von dem nicht durch Aufrechnung gedeckten Theile seiner Schuld Zinsen schuldete (1. 11, 12 D.h.t. 16, 2; 1, 4, 5 Cod.h.t., 4, 31), desgleichen kein Verzug des Schuldners eintreten konnte, bezw. ein Verzug aufhörte, ferner eine Konventionalstrafe nicht verfallen, die an die Nichtleistung geknüpfte Rechtsverwirkung nicht eintreten konnte".
3
Vgl. Mot.-TE S. 9: „Man wird nicht darüber hinauskommen, daß der Schuldner, indem er kondizirt, nachträglich kompensirt. Der Kompensation ist jedoch durch die Zahlung, welche definitiv erfolgte, das Objekt entzogen, indem zufolge derselben die Schuld, welche zur Aufrechnung gebracht werden will, nicht mehr besteht; sie müßte wieder in das Leben gerufen werden. Hierzu kommt, daß man kaum von Zahlung einer NichtSchuld sprechen kann; denn die Schuld bestand vollkommen zu Recht und nach der Auffassung des Entwurfs ist dieselbe zufolge der Koexistenz der kompensablen Gegenforderung auch nicht sofort in ihrer Wirksamkeit gehemmt oder mit einem Rechtsmangel behaftet, welcher sie einer nicht bestehenden oder mit einer peremtorischen Einrede behafteten Schuld durchaus gleichstellte. Es hängt lediglich von der Willkür des Schuldners ab, ob er die Aufrechnung geltend machen will; und wenn er es nicht thut, so behält er ja sein Forderungsrecht. Mit der Versäumung der Aufrechnung verliert der Schuldner also rechtlich und in den meisten Fällen auch faktisch Nichts. Ließe man diese Kondiktion zu, so müßte endlich immer unterstellt werden, daß der Schuldner, wenn er sich seiner Kompensationslage bewußt gewesen wäre, an Statt zu zahlen, damals auch aufgerechnet hätte. Wie hiernach die Begründung dieser Kondiktion schwierig ist, so erscheint sie aber auch nicht als Bedürfniß".
4
Vgl. Mot.-TE S. 13: „Fällt die Gegenforderung weg, nachdem sie als zur Aufrechnung geeignet der Forderung gegenübergetreten ist, aber vor der Anrufung der Aufrechnung, so ist kein Objekt mehr f ü r die Aufrechnung vorhanden. . . . Nach der Auffassung des Entwurfs von der Wirkung der Aufrechnung kann die Lösung dieser Frage keinem Zweifel unterliegen. W e n n der Aufrechnung überhaupt nur im Falle ihrer Geltendmachung Wirkung rückwärts beigelegt wird, so folgt hieraus ohne Weiteres, daß beim Wegfall des Objekts auch keine Wirkungen der Zwischenzeit in Anspruch genommen werden kön« nen . 693
| Prot I 1429
§387
3. Abschnitt: Erlöschen der Schuldverhältnisse
4. o b ein Dritter, der f ü r d e n Schuldner w i r k s a m erfüllen k o n n t e , b e f u g t sei, die f r e m d e Schuld im W e g e der A u f r e c h n u n g z u tilgen 5 . D e r Entwurf s c h w e i g t f e r n e r 1. über das Erforderniß der Liquidität 6 , 2. über die A u f r e c h n u n g im K o n k u r s e 7 , 3. über den K o m p e n s a t i o n s v e r t r a g 8 , 4. über die aus der N a t u r des Schuldverhältnisses m ö g l i c h e r w e i s e sich e r g e b e n d e U n z u l ä s s i g k e i t der K o m p e n s a t i o n 9 . In den M o t i v e n ist näher dargelegt, w e s h a l b in den o b i g e n B e z i e h u n g e n b e s o n dere V o r s c h r i f t e n entbehrlich seien. G e g e n die Entbehrlichkeit w u r d e auf g e g e b e n e A n r e g u n g keine Erinnerung erhoben. O b die in den M o t i v e n e n t h a l t e n e Entscheid u n g der E i n z e l f r a g e n überall Billigung verdiene, glaubte m a n dahingestellt lassen z u dürfen. In A n s e h u n g d e s Kompensationsvertrags w u r d e n o c h die Frage a n g e regt, o b die U n z u l ä s s i g k e i t der e r z w u n g e n e n K o m p e n s a t i o n a u c h die der c o m p e n satio voluntaria begründe. D i e Mehrheit w a r der Ansicht, auch diese Frage bedürfe nicht der Entscheidung d u r c h das G e s e t z . Schließlich w u r d e die N i c h t a u f n a h m e
5 Vgl. Mot.-TE S. 10: „Aus dem Grundsatz der Gegenseitigkeit ergibt sich vor Allem, daß Niemand mit einer nicht ihm selbst, sondern einem Dritten zustehenden Forderung aufrechnen darf. Die Analogie der Zahlung durch einen Dritten trifft nicht zu". 6 Vgl. Mot.-TE S. 18: „In dem bekannten Streit, ob durch die 1. 14 § 1 Cod. de comp. 4, 31 die Liquidität oder die verhältnißmäßig rasche Liquidirbarkeit des zur Aufrechnung verwendeten Anspruches als ein prozessuales Requisit (für Zulassung in diesem Prozeß) oder als materielles Erforderniß (also der Zulässigkeit der Aufrechnung) aufgestellt wurde (. ..), steht der Entwurf auf Seiten derjenigen, welche diesem Requisit lediglich prozessuale Bedeutung in dem Sinne beilegen, daß im Falle der Verweisung des Begehrens der Aufrechnung mittels Einrede aus dem Prozesse wegen Illiquidität die materielle Kompensationsbefugniß mittels der hierzu verwendeten Gegenforderung gegen die Klagforderung bestehen bleibt, und es somit nur darauf ankommt, ob der Schuldner in separato den Kompensationsanspruch weiter verfolgt und ein ihm günstiges Urtheil erlangt". 7
8
9
Vgl. Mot.-TE S. 15: „Die materiellen Voraussetzungen der Aufrechnung des bürgerlichen Rechts werden durch die Reichskonkursordnung nicht berührt. Dies gilt insbesondere von dem Requisit der Fälligkeit". Vgl. Mot.-TE S. 5: „Der Entwurf hat sich nur mit der Regelung des gesetzlichen Kompensationsrechtes zu befassen. Die vertragsmäßige Kompensation (compensatio voluntaria) bildet keinen besonderen Aufhebungsgrund f ü r Forderungsrechte, sofern er einen gegenseitigen Erlaßvertrag enthält, in welchem Erlaß gegen Erlaß ausgetauscht wird ( . . . ) . Die Motive werden sich auch nicht über einzelne Anwendungen des Kompensationsvertrages, namentlich im kaufmännischen Verkehr, z. B. in dem Kontokurrentverhältniß, auszusprechen haben". Mot.-TE S. 20: „Demburg a. a. O. (Geschichte und Theorie der Kompensation, 2. Aufl. 1868, S. 511) will in der T h a t die gemeinrechtliche Bestimmung in der weitesten Ausdehnung angewendet wissen auf alle Fälle, in welchen es sich um rechtswidrige Zurückhaltung oder Verwendung einer zu einem bestimmten Zwecke gegebenen Sache handelt. . . . Allein eine solch' allgemeine Bestimmung möchte doch gefährlich sein; es wird vielmehr bei den einzelnen Vertrags- und Schuldverhältnissen zu prüfen sein, ob in Bezug auf die hieraus entspringenden Ansprüche Kompensation zulässig oder auszuschließen ist."
694
3. Titel: Aufrechnung
§387
einer Bestimmung, wie sie der Dresdener Entwurf Art. 364 1 0 enthält, gebilligt, weil die Vorschrift, soweit sie als richtig anzuerkennen, selbstverständlich sei. II., III. 1. Die beschlossene Regelung lautet in der ZustOR (im KE) als §250 (§ 279): Wenn zwei Personen einander Leistungen schulden, welche dem Gegenstande ZustOR § 250 nach gleichartig sind, so kann jeder Theil, sofern beide Forderungen fällig sind, KE § 279 seine Forderung gegen die Forderung des anderen Theiles aufrechnen. 2. Revision des Kommissionsentwurfs Zu § 279 lagen die Anträge vor: 11. als zweiten Satz zuzufügen: | Prot I 11737 „Die Vorschrift des § 229 Abs. 2 11 findet entsprechende Anwendung". v. Mandry (Nach Prot. S. 1405 ist § 279 „im Wesentlichen aus den in den Motiven darge- (Nr 590, 10 a) legten Gründen" beschlossen worden. Die Motive S. 14 und 15 oben leiten aus allgemeinen Grundsätzen ab, daß der Schuldner eine befristete | Forderung, wenn | Prot I 11738 die Frist zu seinem Vortheil gesetzt ist, vor Eintritt des dies mit einer fälligen Gegenforderung aufrechnen könne. Es ist also anzunehmen, daß der § 279 in diesem Sinne beschlossen ist. O b der diese Beschränkung des Requisites der Fälligkeit beider Forderungen neben den Vorschriften des § 158 Abs. I 1 2 und des § 279 als aus dem Entwürfe sich ergebend angenommen werden kann, ist m. E. in hohem Grade zweifelhaft). 2. statt „sofern beide Forderungen fällig sind", zu setzen „sobald er die ihm gebührende Leistung fordern und die ihm obliegende Leistung bewirken darf."
Kurlbaum (Nr 593, 1)
Der Antrag zu 2 fand die Genehmigung der Kommission, jedoch unter Ersetzung des Wortes „darf" durch „kann". Man erwog, daß die beiden Anträgen gleichmäßig zu Grunde liegende Auffassung zweifellos richtig und von der Kommission auch schon früher getheilt worden sei, daß aber allerdings die von den Anträgen bezweckte Aenderung in der Fassung des § 279 sich um deswillen empfehle, weil nach der bisherigen Fassung in Verbindung mit der Vorschrift des § 158 Abs. 1 das Mißverständniß nicht ausgeschlossen sei, als ob im Sinne des Entwurfes die Aufrechnung mit einer Forderung, welcher eine gemäß der Vorschrift im § 229 Abs. 2 zu beurtheilende Zeitbestimmung beigefügt sei, dem Schuldner versagt sein sollte. I Prot I i 1739
I 3. hinter § 283 als § 283 a einzuschalten: Gebhard „Steht einer Forderung eine Einrede entgegen, durch welche die Geltendma- ( N r 600) chung des Anspruches dauernd ausgeschlossen wird, so kann die Forderung von dem Gläubiger nicht zur Aufrechnung gebracht werden". eventuell : 10
11 12
§ 364 Dresd.E. lautet: Gegen eine Forderung, welche auf Leistung eines von mehreren wahlweise geschuldeten Gegenständen, oder auf Leistung eines aus einer Gattung auszuwählenden Gegenstandes gerichtet ist, findet die Aufrechnung nur statt, wenn der Schuldner, welcher aufrechnen will, wahlberechtigt ist und einen Gegenstand derselben Art und Beschaffenheit, wie der von ihm gewählte, von seinem Gläubiger zu fordern hat. Vgl. § 271 Abs. 2 BGB. § 158 Abs. 1 KE lautet: „Die Verjährung beginnt mit dem Zeitpunkte, in welchem die Befriedigung des Anspruches rechtlich verlangt werden kann (Fälligkeit)." (Vgl. § 198 BGB).
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§387
3. Abschnitt: Erlöschen der Schuldverhältnisse
„Ist eine Forderung verjährt, so kann der Gläubiger die Forderung nicht zur Aufrechnung bringen". (Prot. S. 1428 in Verbindung mit der jetzt beschlossenen Fassung des § 180; — §731 Abs. 213.) Beschlossen wurde, dem § 279 als zweiten Absatz die Bestimmung beizufügen: Eine Forderung, welcher eine Einrede entgegensteht, kann nicht zur Aufrechnung gebracht werden. Es wurde erwogen: Es handele sich im Wesentlichen nur um eine Verdeutlichung des § 279. Im Vordergrund stehe zunächst die Einrede der Verjährung. Jetzt, wie früher, müsse daran festgehalten werden, daß die Aufrechnung mit einer verjährten Forderung unzulässig sei. Habe man früher einen entsprechenden Ausspruch im Entwürfe selbst im Hinblick auf die Vorschrift des § 180 K.E. (alter Fassung) 1 4 für unnöthig erachtet, so habe sich die Sachlage jetzt durch die beschlossene Aenderung der Fassung des § 180, insbesondere durch die Streichung IProti 11740 des früheren dritten Absatzes dieses § (Prot. S. 11686, 11687) | geändert. Nun gebiete die Vorschrift, im Entwürfe selbst auszusprechen, daß die Aufrechnung mit einer verjährten Forderung unzulässig sei. Dies müsse aber prinzipiell für alle Einreden geschehen; zunächst für alle peremtorischen Einreden. In Ansehung aller Einreden sei der gleiche Gesichtspunkt ausschlaggebend, daß eine Forderung, welcher eine derartige Einrede entgegensteht, keinen Werth repräsentire, mit welchem der Gläubiger befriedigt werden könne, so daß mit einer solchen Forderung nicht aufgerechnet werden könne (vgl. auch § 731 Abs. 2). Außerdem kämen aber noch die dilatorischen Einreden in Frage, durch welche nicht die Fälligkeit hinausgeschoben sei, aber eine Einrede der sofortigen Geltendmachung der Forderung entgegenstehe. In Ansehung dieser Einreden sei mindestens nicht zweifellos, ob sie durch das im § 279 aufgestellte Requisit der Fälligkeit derjenigen Forderung, welche zur Aufrechnung benützt werden soll, schon getroffen werden. Auch diese Einreden müßten in die Bestimmung einbezogen werden. Um ihretwillen empfehle sich der Anschluß der Vorschrift an den § 279.
E I §281
IV. Im E / lautet die Regelung als § 281 : Wenn zwei Personen einander Leistungen schulden, welche dem Gegenstande nach gleichartig sind, so kann jeder Theil, sobald er die ihm gebührende Leistung fordern und die ihm obliegende Leistung bewirken kann, seine Forderung gegen die Forderung des anderen Theiles aufrechnen. Eine Forderung, welcher eine Einrede entgegensteht, kann nicht zur Aufrechnung gebracht werden.
13
Auf Antrag hatte die 1. Kommission am 10. 10. 1887 beschlossen: „Nach Vollendung der Verjährung steht dem Ansprüche eine Einrede entgegen, durch welche die Geltendmachung des Anspruches dauernd ausgeschlossen wird" (Prot. I, S. 11686 — 87; Einzelheiten bei § 222 BGB). Zu § 731 Abs. 2 K E vgl. § 812 Abs. 2 BGB. Die alte Fassung des S 180 K E (156 Zust-AT) lautet: „Auf die Verjährung kann nach deren Vollendung verzichtet werden. — Das zur Befriedigung eines verjährten Anspruchs Geleistete kann auch dann nicht zurückgefordert werden, wenn in Unkenntniß der Verjährung des Anspruches geleistet ist. — Im Uebrigen wird der Anspruch, soweit nicht das Gesetz ein Anderes bestimmt, durch die Verjährung aufgehoben".
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3. Titel: Aufrechnung
§387
Β. Vorkommission des Reichsjustizamtes I. Beantragt war: 1. den § 281 durch folgende Bestimmungen zu ersetzen: § 281. Wenn zwei Personen einander Leistungen schulden, welche dem Gegen- Struckmann stande nach gleichartig sind, so kann jeder Theil, sobald der andere Theil die ihm (Nr 1, 48) obliegende Leistung bewirken muß und er selbst die ihm obliegende Leistung bewirken kann, seine Forderung gegen die Forderung des anderen Theiles aufrech§ 281 a. Eine Forderung, welcher eine Einrede entgegensteht, kann nicht zur Struckmann Aufrechnung gebracht werden. Diese Vorschrift findet keine Anwendung auf eine (Nr 1, 48) verjährte Forderung, sofern sie zu der Zeit, in welcher sie gegen die andere Forderung aufgerechnet werden konnte, noch nicht verjährt war. § 281 b. Eine Forderung, welcher eine zur Aufrechnung geeignete Forderung gegenüber steht, kann gegen eine später entstandene Forderung nicht zur Aufrechnung gebracht werden.
Struckmann (Nr 1, 48)
2. Im § 281 den Absatz 2 zu fassen: Jacubezky Eine verjährte Forderung kann zur Aufrechnung gebracht werden, wenn die (Nr Verjährung zu der Zeit, zu welcher die beiderseitigen Forderungen als zur Aufrechnung geeignet einander gegenübertraten, noch nicht vollendet war. II. 45. Sitzung vom 11. 9. 1891 I 1. D e r E i n g a n g des § 2 8 1 w u r d e w i e f o l g t g e f a ß t :
| ProtRJA 245
Wenn zwei Personen einander gleichartige Leistungen schulden, so kann jeder Theil u.s.w. Der im Abs. 2 aufgestellte Grundsatz wurde prinzipiell gebilligt, jedoch unter Verweisung in einen besonderen §281 a durch nachstehenden als Abs. 2 anzuschließenden Zusatz modifiziert: Die Einrede der Verjährung schließt die Aufrechnung nicht aus, wenn die verjährte Forderung zu der Zeit, in welcher sie gegen die 15 andere Forderung aufgerechnet werden konnte, noch nicht verjährt war. Für die Aufnahme dieser dem überwiegenden Theile des geltenden Rechts entsprechenden Vorschrift war die im Wesentlichen auf Gründen der Zweckmäßigkeit und Billigkeit beruhende Erwägung maßgebend, daß dem Schuldner, welchem eine zur Kompensation geeignete Gegenforderung zur Seite stehe, kein Nachtheil daraus erwachsen dürfe, wenn er sich passiv verhalte und seinerseits die Klage des Gegners oder den Zeitpunkt beiderseitiger Abrechnung abwarte. Nach den Anschauungen des Verkehrs betrachte vielmehr jeder Theil die dem anderen Theile geschuldeten Leistungen als Deckungsmittel für diejenigen Leistungen, welche er seinerseits von dem anderen Theile zu fordern habe.
15
In dem von Struckmann in der 2. Kommission gestellten Antrag heißt es „eine", was aufgrund des Vorschlags von Jacubezky (Antrag Nr. 26, Ziff. 1) wieder durch „die" ersetzt wurde.
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EI-RJA S 281
E I-RJA S 281 a
§387
3. Abschnitt: Erlöschen der Schuldverhältnisse
C. 2. Kommission I. Zu S 281 E I war beantragt (Prot. II, Bd. 1, S. 361 f; Mugdan, Bd. 2, S. 559ff): Struckmann (Nr 1, 64)
1. die Fassung der §§ 281, 281 a E I-RJA'* 2. Hierzu zwei Unteranträge, in welchen für den Satz 2 des § 281 a nachstehende Fassung vorgeschlagen waren:
v. Mandry (Nr 25)
1. Die Einrede der Verjährung schließt die Aufrechnung nicht aus, wenn die Forderung, welche zur Aufrechnung gebracht wird, einer kürzeren als der regelmäßigen Verjährung unterliegt und zu der Zeit, in welcher sie gegen die andere Forderung aufgerechnet werden konnte, nicht verjährt war.
Dittmar (Nr 22)
2. Die Einrede der Verjährung schließt die Aufrechnung nicht aus, wenn Forderung und Gegenforderung zu den der abgekürzten Verjährung (oder: nicht der ordentlichen Verjährungsfrist des § 155) unterliegenden Forderungen gehören und die verjährte Forderung zu der Zeit, in welche sie gegen die andere Forderung aufgerechnet werden konnte, noch nicht verjährt war 17 . Die Kom. nahm den § 281 sachlich an, den Abs. 2 jedoch mit dem Zusätze des Hauptantrags b; der Würdigung der RedKom wurde die in dem Hauptantrag a vorgeschlagene redaktionelle Aenderung sowie die Frage überlassen, ob der Abs. 2 mit dem beschlossenen Zusatz in einen besonderen Paragraphen zu verweisen sei.
E I-VorlZust §281
E I-VorlZust S 281 a
II. Wortlaut der Regelung in der VorlZust § 281 (281 Abs. 1) : Wenn zwei Personen gleichartige Leistungen einander schulden, so kann jeder Theil, sobald er die ihm gebührende Leistung fordern und die ihm obliegende Leistung bewirken kann, seine Forderung gegen die Forderung des anderen Theiles aufrechnen. § 281 a (281 Abs. 2): Eine Forderung, welcher eine Einrede entgegensteht, kann nicht zur Aufrechnung gebracht werden. Die Einrede der Verjährung schließt die Aufrechnung nicht aus, wenn die verjährte Forderung zu der Zeit, in welcher sie gegen die andere Forderung aufgerechnet werden konnte, noch nicht verjährt war. III. In der ZmtRedKom lautet die Regelung:
E I-ZustRedKom §281
§ 281. Schulden zwei Personen sich gegenseitig gleichartige Leistungen, so kann jeder Theil, sobald er die ihm gebührende Leistung fordern und die ihm obliegende Leistung bewirken kann, seine Forderung gegen die Forderung des anderen Theiles aufrechnen.
E I-ZustRedKom § 281 a
§ 281 a. Eine Forderung, welcher eine Einrede entgegensteht, kann nicht zur Aufrechnung gebracht werden. Die Verjährung schließt die Aufrechnung nicht aus, wenn die verjährte Forderung zu der Zeit, in welcher sie gegen die andere Forderung aufgerechnet werden konnte, noch nicht verjährt war. IV. Der § 331 E / / ( § 381 E II rev u. E III) lautet wie § 387 BGB. 16 17
Vgl. Fn. 15, $ 281 Abs. 2 E 1 war als Abs. 1 des § 281 a beantragt. Der schriftliche Antrag Mandrys zu § 281 Abs. 2 (281 a E I-RJA) lautet: „. . . wenn die Forderung, welche zur Aufrechnung gebracht wird, einer kürzeren als der regelmäßigen Frist unterliegt und zu der Zeit, in welcher sie gegen die andere Forderung aufgerechnet werden konnte, nicht verjährt war".
698
3. Titel: Aufrechnung
§§
388,389
§388 Die Aufrechnung erfolgt durch Erklärung gegenüber dem anderen Theile. Die Erklärung ist unwirksam, wenn sie unter einer Bedingung oder einer Zeitbestimmung abgegeben wird.
§ 389 Die Aufrechnung bewirkt, daß die Forderungen, soweit sie sich decken, als in dem Zeitpunkt erloschen gelten, in welchem sie zur Aufrechnung geeignet einander gegenübergetreten sind.
A. 1. Kommission I. 147. Sitzung vom 29. 11. 1882, Schriftführer v. Liebe I Der § 2 des Entwurfs lautet:
| Pro: I 1405
„Die Aufrechnung wird durch die hierauf gerichtete Erklärung an den Gläubi- TE-OR (Nr 28) ger vollzogen. Die Erklärung kann gerichtlich oder außergerichtlich abgegeben S 2 werden. Die Aufrechnung bewirkt, daß die beiderseiti-| gen Forderungen als mit dem | Proti 1406 Zeitpunkt, von welchem an sie als zur Aufrechnung geeignet sich gegenüberstanden, in dem sich deckenden Betrage erloschen gelten." Es war beantragt: 1. in § 2 Absatz 2 die Worte „mit dem Zeitpunkt, von welchem an sie als zur Windscheid (Nr 208) Aufrechnung geeignet sich gegenüberstanden" zu streichen; v. Schmitt 2. den zweiten Satz des § 2 Absatz 1 zu streichen; (Nr 212) v. Schmitt 3. den ersten Satz des § 2 Absatz 1 dahin zu fassen: „Die Aufrechnung erfolgt durch eine von dem Schuldner dem Gläubiger abzu- (Nr 212) gebende Willenserklärung." Der § 2 wurde absatzweise zur Berathung gestellt. Zum ersten Absatz. Das Prinzip des ersten Absatzes fand aus den Gründen der Motive 1 Zustimmung. 1
Unter Ablehnung der strengen Theorie der ipso iure Wirkung heißt es in Motiven a. a. O., S. 7, u. a.: „Mit seiner (des Schuldners) Erklärung tritt die Wirkung, das Vorhandensein der gesetzlichen Voraussetzungen unterstellt, ein, d. h. es sind die gegenseitigen Forderungsrechte in dem sich deckenden Betrage aufgehoben. Nicht der Richter vollzieht die Aufrechnung, sondern er stellt die eingetretene Aufrechnung fest; das Urtheil ist nicht konstitutiv, sondern deklaratorisch. Hiermit verträgt es sich aber keineswegs, wenn die Geltendmachung der gesetzlichen Aufrechnung nur im Wege der Einrede gegen die Klage des Gläubigers oder mittels der Klage des kompensationsberechtigten Schuldners zugelassen wird. Wie schon angeführt, geht auch der Zug der modernen Gesetzgebung dahin, die tilgende Wirkung schon an die solche anrufende, einseitige Willenserklärung zu knüpfen; auch in der Praxis tritt diese Auffassung oder Tendenz vielfach hervor ( . . . ) . Wenn der andere Theil hierbei sich beruhigt, trifft die Annahme eines (freiwilligen) Kompensationsvertrages gewiß nicht immer zu. Derselbe unterwirft sich vielmehr der vom Gesetz an eine bestimmte Thatsache und die Erklärung des Schuldners geknüpften Wirkung".
699
§§ 388, 389
3. Abschnitt: Erlöschen der Schuldverhältnisse
Betreffend die Fassung, so gab die Mehrheit der in den Anträgen 2 und 3 vorgeschlagenen den Vorzug und zwar deshalb, weil sie der Fassung des einen analogen Fall erledigenden § 105 der Zusammenstellung der beschlossenen Bestimmungen des allgemeinen Theils (Beschluß vom 23. Dezember 1881, Prot. S. 2 7 0 - 2 7 2 ) 2 sich anschließe und auch klar und deutlich genug sei, um jeden Zweifel auszuschließen, daß eine einseitige und — was allerdings von besonderer Wichtigkeit sei — auch eine außerprozessualische Erklärung genüge. Bei der Berathung war zur Sprache gelangt, ob die Kompensation auch dann zulässig sei, wenn die Gegenforderung von geringerem Betrage sei, als die andere Forderung und der Gläubiger der letzteren eine wirkliche Theilleistung würde ablehnen können. Man verständigte sich, daß auf die, auch in den Motiven nicht berührte Frage später bei Berathung des § 3 zurückzukommen sei 3 . 148. Sitzung vom 1. 12. 1882, Schriftführer v. Liebe I Proti 1407
| D e r zu dem Protokoll über die vorige Sitzung zu § 2 Absatz 2 mitgetheilte Antrag 1 (S. 1406) wurde von der Mehrheit abgelehnt und der Entwurf angenommen. Die Gründe waren:
Unleugbar ließen sich f ü r den Antrag gewichtvolle Gründe geltend machen. Die Verneinung der rückwirkenden Kraft der Aufrechnungserklärung schaffe zunächst klares und einfaches Recht. Sie stehe aber auch mit dem Systeme des Entwurfs, wie es durch den § 1 und § 2 Absatz 1 nahegelegt und in den Motiven 4 mit noch größerer Deutlichkeit dargelegt sei, in besserem Einklänge als die Bejahung. Nach diesem Systeme ständen sich beide Forderungen bis zur Aufrechnungserklärung des einen oder anderen Theils dergestalt gegenüber, daß die eine Forderung von der anderen unabhängig und keine von der anderen beeinflußt erscheine. Solle aber die demnächstige Aufrechnungserklärung rückwirken, so werde im Grunde hiermit anerkannt, daß schon von dem Zeitpunkt an, w o die Forderungen sich kompensaIProti 1408 tionsfähig gegenübertreten, die eine von der | andern berührt und jede von ihnen mit einer Art von Einrede behaftet worden sei. Ein Widerspruch würde hierin nur insofern nicht liegen, als das Gesetz die Verlegung der Tilgung in die Vergangenheit durch eine positive Satzung im Wege einer, der Wirklichkeit nicht entsprechenden juristischen Fiktion vorzuschreiben vermöge, wie denn auch der Entwurf selbst durch die Schlußworte „erloschen gelten" nicht „erloschen sind" auf eine solche Fiktion deutlich hinweist. Der Gesetzgeber habe aber derartige Fiktionen als Grundlage der Normirung eines wichtigen Rechtsinstituts wegen der Schwierigkeit, die volle Tragweite zu übersehen, nach Möglichkeit zu vermeiden. Indessen die vorstehenden Gründe würden durch Gegengründe mehr als aufgewogen. Der 2 3 4
Vgl. § 143 BGB. Vgl. Materialien bei S 396 BGB. Unter Ablehnung insbesondere der Meinung Windscheids (Pandekten, Bd. 2, § 349) heißt es in den Motiven, a. a. O., S. 7: „Nach der gemeinen Meinung dagegen kann man sagen, daß die gesammte Wirksamkeit der Forderungen durch die Erklärung des Kompensationswillens resolutiv bedingt ist. Mit dieser Erklärung entscheidet sich, daß die Forderung in einem bestimmten Zeitpunkt erloschen ist, und daß deshalb auch alles, was von ihrem Bestand abhängt, von dort ab in Wegfall kommt. Der Entwurf glaubt, daß die der gemeinen Meinung entsprechende Auffassung der V o r z u g der Einfachheit für sich habe, und geht deshalb von ihr aus in Uebereinstimmung, wie bemerkt, nicht nur mit der Mehrzahl der modernen Gesetze, sondern auch mit der gemeinrechtlichen Praxis (. . .)".
700
3. Titel: Aufrechnung
§§ 388,389
Antrag schaffe allerdings eine einfache und klare Rechtslage, allein zugleich eine solche, bei welcher der praktische W e r t des Rechtsinstituts der Kompensation verkümmere. Die vorgeschlagene N o r m i r u n g w ü r d e namentlich zur Folge haben, d a ß sowohl die Verzinslichkeit als die m o r a sowie das Verfallen einer Strafe pp. sich ausschließlich nach der Zeit der Aufrechnungserklärung beurtheilen. N o c h wichtiger aber sei, daß zu derselben die Vorschriften der Konk. O . über die Kompensation im Konkurse nicht passen. Es sei das dringendste praktische Bedürfniß, solche Konsequenzen des dem Antrage z u g r u n d e liegenden Prinzips abzulehnen. Die Annahme des Prinzips würde, um den A n f o r d e r u n g e n des praktischen Lebens und des Verkehrs zu genügen und um mit dem geltenden Recht im Einklang zu bleiben, unausweichlich nöthigen, durch eine größere o d e r geringere Zahl von positiven Bestimmungen jenen Konsequenzen zu begegnen. Damit gingen aber die H a u p t vorzüge des durch seine Einfachheit und Klarheit bestehenden Prinzips verloren. Das Gesetz w ü r d e eine Gestalt gewinnen, die das Prinzip verdunkele und nicht zu berechnende Zweifel und Streitfragen hervorzurufen drohe. W e n n allen f ü r die Praxis bedenklichen Konsequenzen des Prinzips vorgebeugt werden solle, so gebe es keinen anderen | W e g , als den der Fiktion, wie der Entwurf sie in Vorschlag bringe. Es liege gerade einer der Fälle vor, in welchen der Gesetzgeber kaum in anderer Art sein Ziel zu erreichen vermöge. Wie richtig dies sei, lehrten auch die neuesten Kodifikationen, die sonst ohne Ausnahme für denselben W e g entschieden hätten. II. / I I I . 1. Die beschlossene Regelung ist in der ZustOR als SS 251, 252 enthalten:
(gleichlautend im
| P r o t i 1409
KE)
S 251. Die A u f r e c h n u n g erfolgt durch eine von dem einen Gläubiger dem anderen Gläubiger gegenüber abzugebende Willenserklärung Die unter einer Bedingung oder Zeitbestimmung abgegebene Aufrechnungserklärung ist unwirksam.
ZustOR $ 251 KE § 281
S 252. Die A u f r e c h n u n g bewirkt, daß die beiderseitigen Forderungen in dem sich deckenden Betrage mit dem Zeitpunkte als erloschen gelten, in welchem sie als zur A u f r e c h n u n g geeignet sich gegenübergetreten sind.
ZustOR § 252 KE § 282
2. A u f g r u n d eines Antrags (von Gebhard, N r . 463 SachR) sollte es in S 280 Abs. 1 K E heißen : „Die unter Beifügung einer Bedingung oder eines Termins . . ." (Prot. I, S. 11953). Die 1. Kommission beschloß, in § 280 Abs. 1 zwischen die W o r te „unter" und „einer" das W o r t „Beifügung" einzuschalten. Im übrigen w u r d e der A n t r a g abgelehnt (Prot. I, S. 11954)5. IV. Fassung der Regelung im E I : S 282. Die A u f r e c h n u n g erfolgt durch eine von dem einen Gläubiger gegenüber dem anderen Gläubiger abzugebende Willenserklärung. Die unter Beifügung einer Bedingung oder Zeitbestimmung abgegebene A u f rechnungserklärung ist unwirksam. S 283 E H a u t e t wie S 281 KE.
5
Der gesamte Antrag ist abgedruckt bei den Materialien zu den §§ 158 — 163 BGB. 701
E I § 282
§§ 388, 389
3. Abschnitt: Erlöschen der Schuldverhältnisse
B. Vorkommission des Reichsjustizamtes I. Beantragt war: Struckmann (Nr 1, 49)
Planck (Nr 2, 31) Planck (Nr 2, 32)
Jacubezky (Nr 4, 58) Jacubezky (Nr 4, 59)
Jacubezky (Nr 4, 60)
1. Den § 282 zu fassen: Die Aufrechnung erfolgt durch die Erklärung des einen Gläubigers gegenüber dem anderen, daß er seine Forderung gegen die des anderen aufrechne. Die Aufrechnung kann nicht an eine Bedingung oder Zeitbestimmung geknüpft werden. 2. a) In dem § 282 das Wort „Beifügung" zu streichen. b) Den § 283 dahin zu ändern: Durch die Aufrechnung erlöschen beide Forderungen in dem sich deckenden Betrage. Eventuell hinzuzufügen : Sind beide Forderungen zinstragend, so erlöschen auch die beiderseitigen Zinsansprüche in dem sich deckenden Betrage. 3. a) In § 282 Absatz 2 das Wort „Beifügung" zu streichen. b) Im § 283 die Worte „sich gegenübergetreten" durch die Worte „einander gegenübergetreten" zu ersetzen und folgenden Absatz 2 anzufügen: Die Rückwirkung findet nicht statt, soweit das der Aufrechnung vorausgegangene Verhalten der Betheiligten ihr widerspricht. c) Folgenden § 283 c einzuschalten: „Macht der eine Gläubiger von einem ihm wegen Nichterfüllung oder nicht rechtzeitiger Erfüllung der Verbindlichkeit des anderen Gläubigers zustehenden Rücktrittsrechte Gebrauch, so ist die Rücktrittserklärung desselben unwirksam, wenn der andere Gläubiger unverzüglich die Aufrechnung erklärt".
II. 45. Sitzung vom 11. 9. 1891 I ProtRJA 245
| Der § 282 erhielt folgende Fassung:
I ProtRJA 246 | Die Aufrechnung erfolgt durch die Erklärung des einen Gläubigers gegenüber E I-RJA dem anderen. Die Aufrechnung kann nicht an eine Bedingung oder Zeitbestim§ 282 mung geknüpft werden. Im Anschluß an den Gedanken des § 283 und des neueingeschalteten §281 a Abs. 2 erachtete man es für angemessen, durch eine weitere Bestimmung den Schuldner, welchem eine Gegenforderung an den anderen Theil zur Seite stehe, wie gegen den Ablauf der Verjährung, so auch gegen die Gefahren einer ihm von dem anderen Theile drohenden Ausübung des Rücktrittsrechts zu schützen. Dementsprechend wurde beschlossen, als § 283 a folgende Bestimmung einzuschalten: E I-RJA „Macht der eine Gläubiger von einem ihm wegen Nichterfüllung oder nicht §283 a rechtzeitiger Erfüllung der Verbindlichkeit des anderen Gläubigers zustehende Rücktrittsrechte Gebrauch, so ist die Rücktrittserklärung (desselben) 6 unwirksam, wenn der andere Gläubiger unverzüglich die Aufrechnung erklärt."
6
Im späteren Antrag von Struckmann ist „desselben" weggelassen.
702
§§ 388,389
3. Titel: Aufrechnung
C. 2. Kommission I. Anträge
( P r o t . II, Bd. 1, S. 3 6 5 - 3 6 6 ; Mugdan,
Bd. 2, S. 561)
a) Zu § 282 lagen die Anträge vor: 1. den Abs. 2 zu streichen,
v. Cuny (Nr 31, 1)
2. dem Abs. 2 die Fassung zu geben: v. Mandry Wird die Aufrechnungserklärung unter einer Bedingung oder Zeitbestimmung (Nr 30, 1) abgegeben, so ist sie unwirksam, wenn sie vom Gläubiger unverzüglich zurückgewiesen wird 7 . 3. die Fassung des § 282 E I-RJA Die Kom. nahm, unter Ablehnung der Anträge 1 und 2, den Entw. sachlich an, während sie die Würdigung des in dem Antrage 3 enthaltenen Fassungsvorschlags der RedKom überließ.
Struckmann (Nr 1, 65)
b) Zu § 283 lagen die Anträge vor: 1. die Bestimmung dahin zu ändern: Durch die Aufrechnung erlöschen beide Forderungen in dem sich deckenden Betrage. eventuell hinzuzufügen: Sind beide Forderungen zinstragend, so erlöschen auch die beiderseitigen Zinsansprüche in dem sich deckenden Betrage. 2. das Wort „sich" in dem Entw. durch „einander" zu ersetzen. Die Kom. beschloß, unter Ablehnung des Antrags 1, den Entwurf sachlich beizubehalten; die Würdigung des Antrags 2 wurde der RedKom überlassen.
Planck (Nr 24, 1)
Struckmann (Nr 1, 66)
c) Ferner nahm die Kom. den § 283 a E I-RJA (Antrag von Struckmann Nr. 1, Struckmann (Nr 1,67) 67) an. II. In der VorlZust lautet die Regelung: § 282. Die Aufrechnung erfolgt durch die Erklärung des einen Gläubigers ge- E I-VorlZust genüber dem anderen Gläubiger. Die Aufrechnung kann nicht an eine Bedingung § 2 8 2 oder Zeitbestimmung geknüpft werden. § 283. Die Aufrechnung bewirkt, daß die beiderseitigen Forderungen in dem E I-VorlZust sich deckenden Betrage mit dem Zeitpunkte als erloschen gelten, in welchem sie als S 283 zur Aufrechnung geeignet einander gegenübergetreten sind. § 283 a. Macht ein Gläubiger von einem Rücktrittsrechte Gebrauch, welches E I-VorlZust ihm für den Fall zusteht, daß der Schuldner seine Verbindlichkeit nicht oder nicht §283 a rechtzeitig erfüllt, so ist die Rücktrittserklärung unwirksam, wenn der Schuldner unverzüglich die Aufrechnung mit einer ihm gegen den Gläubiger zustehenden Gegenforderung erklärt. Dies gilt auch dann, wenn die Verbindlichkeit des Schuldners durch den Rücktritt erloschen war. Die Verbindlichkeit gilt in solchem Falle als durch die Aufrechnung erloschen. Oder statt der letzten beiden Sätze: Ist die Verbindlichkeit des Schuldners durch den Rücktritt erloschen, so wird das Verhältniß so angesehen, wie wenn 7
Dem Antrag war noch beigefügt: „Vgl. § 122, auch § 65 c der Redaktionsvorlage" (d. h. der VorlZust; vgl. Materialien zu den §§ 174, 111 BGB).
703
§390
3. Abschnitt: Erlöschen der Schuldverhältnisse
Forderung und Gegenforderung schon in demjenigen Zeitpunkte erloschen wären, in welchem sie als zur Aufrechnung geeignet einander gegenübergetreten sind. III. Fassung der Regelung in der ZustRedKom: E I-ZustRedKom § 282. Die Aufrechnung erfolgt durch Erklärung gegenüber dem anderen Thei§ 282 le. Die Erklärung ist unwirksam, wenn sie unter einer Bedingung oder Zeitbestimmung abgegeben wird. E I-ZustRedKom §283. Die Aufrechnung bewirkt, daß die beiderseitigen Forderungen in dem § 383 sich deckenden Betrage mit dem Zeitpunkt als erloschen gelten, in welchem sie als zur Aufrechnung geeignet einander gegenübergetreten sind8. IV. $ 332 E l l lautet wie § 283 E I-ZustRedKom. § 333 E //lautet: E II § 333
Die Aufrechnung bewirkt, daß die beiderseitigen Forderungen in den sich dekkenden Beträgen als in dem Zeitpunkt erloschen gelten, in welchem sie zur Aufrechnung geeignet einander gegenübergetreten sind. V. § 382 E II rev (§ 382 E III, § 388 BGB) lautet wie § 282 E I-ZustRedKom. § 383 E II rev (§ 383 E III) lautet wie § 389 BGB.
§390 Eine Forderung, der eine Einrede entgegensteht, kann nicht aufgerechnet werden. Die Verjährung schließt die Aufrechnung nicht aus, wenn die verjährte Forderung zu der Zeit, zu welcher sie gegen die andere Forderung aufgerechnet werden konnte, noch nicht verjährt war.
Α. I. § 390 BGB entspricht § 281 Abs. 2 E I (vgl. die Materialien bei § 387 BGB). II. Als selbständige Regelung taucht § 281 Abs. 2 E I erstmals in E I-VorlZust § 281 auf (vgl. die Materialien zu $ 387 BGB). III. § 334 E II (S 384 E II rev und E III) lautet wie § 390 BGB.
8
Als Anm. 4 ist dem § 283 beigefügt: In den Abschnitt über den Rücktritt vom Vertrage (§§ 426ff.) soll folgende Bestimmung eingestellt werden: Hat der Schuldner eine Forderung gegen den Rücktrittsberechtigten, durch deren Aufrechnung er das Rücktrittsrecht ausschließen kann, so ist die vor Vollziehung der Aufrechnung erfolgte Rücktrittserklärung unwirksam, wenn der Schuldner unverzüglich nach derselben die Aufrechnung erklärt (wegen der weiteren Entstehungsgeschichte des späteren § 357 BGB siehe Materialien zu § 357 BGB).
704
3. Titel: Aufrechnung
§§391,392
§391 Die Aufrechnung wird nicht dadurch ausgeschlossen, daß für die Forderungen verschiedene Leistungs- oder Ablieferungsorte bestehen. Der aufrechnende Theil hat jedoch den Schaden zu ersetzen, den der andere Theil dadurch erleidet, daß er in Folge der Aufrechnung die Leistung nicht an dem bestimmten Orte erhält oder bewirken kann. Ist vereinbart, daß die Leistung zu einer bestimmten Zeit an einem bestimmten Orte erfolgen soll, so ist im Zweifel anzunehmen, daß die Aufrechnung einer Forderung, für die ein anderer Leistungsort besteht, ausgeschlossen sein soll.
§392 Durch die Beschlagnahme einer Forderung wird die Aufrechnung einer dem Schuldner gegen den Gläubiger zustehenden Forderung nur dann ausgeschlossen, wenn der Schuldner seine Forderung nach der Beschlagnahme erworben hat oder wenn seine Forderung erst nach der Beschlagnahme und später als die in Beschlag genommene Forderung fällig geworden ist.
A. 1. Kommission I. 148. Sitzung vom 1. 12. 1882, Schriftführer v. Liebe I Zu § 4 des Entwurfs, welcher lautet:
| Prot 11413
„Die Aufrechnung wird nicht dadurch ausgeschlossen, daß für die beiderseitigen Forderungen verschiedene Erfüllungsorte bestehen. Jedoch hat derjenige, weleher aufrechnet, dem Andern den Schaden zu ersetzen, welcher diesem dadurch erwachsen ist, daß derselbe zufolge der Aufrechnung an dem bestimmten Orte nicht erfüllen kann oder nicht Erfüllung empfängt."
TE-OR (Nr 28) §4
war beantragt: hinter § 4 folgenden neuen Paragraphen aufzunehmen: § 4 a . „Gegen Forderungen, zu deren Erfüllung der | Schuldner rechtskräftig | Prot 11414 verurtheilt worden, ist die Aufrechnung nur zulässig mit solchen Forderungen, Planck welche erst nach dem Schlüsse derjenigen mündlichen Verhandlung fällig gewor- (Nr 210) den, in welcher Einwendungen in Gemäßheit der Bestimmungen der bürgerlichen Prozeß-Ordnung spätestens hätten geltend gemacht werden müssen." § 4 b. „Wenn die Veräußerung einer Forderung, durch gesetzliches oder richterliches Verbot dem Gläubiger untersagt ist, so kann der Schuldner Gegenforderungen gegen dieselbe nicht in Aufrechnung bringen, welche er erst nach verlangter Kenntniß von dem Verbote erworben hat. Dient das Veräußerungsverbot nur zum Schutze der Interessen bestimmter Personen, so ist die Aufrechnung nur diesen Personen gegenüber unwirksam." Der § 4 war unbeanstandet geblieben, so daß über die in dem Antrage vorgeschlagenen zusätzlichen §§ Beschluß zu fassen war. 705
§§391,392
I Prot 11415
I Prot 11416
3. Abschnitt: Erlöschen der Schuldverhältnisse
Z u m § 4 a. D e r A n t r a g b e z w e c k t , d e m § 6 8 6 d e r C . P . O . 1 seine A n w e n d b a r k e i t f ü r d e n Fall z u s i c h e r n , w e n n d e r S c h u l d n e r erst n a c h d e r V e r u r t h e i l u n g e i n e A u f r e c h n u n g s e r k l ä r u n g a b g i e b t , die er s c h o n w ä h r e n d des Rechtsstreits z u r Beg r ü n d u n g d e r E i n r e d e d e r K o m p e n s a t i o n a b z u g e b e n im S t a n d e w a r . Es liegt i h m d i e A u f f a s s u n g z u m G r u n d e , nach d e n b i s h e r i g e n Beschlüssen w e r d e erst d u r c h die A u f r e c h n u n g s e r k l ä r u n g d i e E i n r e d e d e r K o m p e n s a t i o n b e g r ü n d e t , w e n n also d e r v e r u r t h e i l t e S c h u l d n e r eine im P r o z e s s e v e r s ä u m t e A u f r e c h n u n g s e r k l ä r u n g n a c h h o l e , s o liege stets eine E i n r e d e vor, w e l c h e auf G r ü n d e n b e r u h e , die erst n a c h d e r V e r u r t h e i l u n g e n t s t a n d e n seien. D i e s e A u f f a s s u n g w u r d e bestritten u n d g e g e n sie g e l t e n d g e m a c h t : In d e r N a c h h o l u n g d e r A u f r e c h n u n g s e r k l ä r u n g sei, bei d e r V o r a u s s e t z u n g , d e r S c h u l d n e r h a b e dieselbe bereits im P r o z e s s e a b z u g e b e n v e r m o c h t , e i n e n a c h d e m § 6 8 6 u n z u l ä s s i g e N a c h h o l u n g einer im P r o z e s s e | v e r s ä u m t e n E i n r e d e z u f i n d e n ; so sei d e r § 686 a u c h bisher in d e n R e c h t s g e b i e t e n v e r s t a n d e n , in w e l c h e n die b e s c h l o s s e n e n G r u n d s ä t z e ü b e r die A u f r e c h n u n g bereits g e l t e n d e s R e c h t seien. Sollten g l e i c h w o h l Zweifel b e s t e h e n , so l e u c h t e d o c h ein, d a ß es sich u m die D e k l a r a t i o n des § 6 8 6 a. a. O . h a n d l e ; diese D e k l a r a t i o n sei a b e r d e r R e v i s i o n d e r C . P . O . v o r z u b e h a l t e n und e i g n e sich n i c h t z u r A u f n a h m e in d a s b ü r g e r l i che Gesetzbuch. Aus den vorstehenden G r ü n d e n w u r d e der § 4 a abgelehnt. V o n v e r s c h i e d e n e n Seiten w a r b e m e r k t , d a ß bei Revision d e r C . P . O . b e z i e h u n g s w e i s e bei D e k l a r a t i o n des § 6 8 6 z u g l e i c h auf das in d e r b e t r e f f e n d e n B e z i e h u n g d e m K o m p e n s a t i o n s r e c h t v e r w a n d t e A u f r e c h n u n g s r e c h t , vgl. P r o t . S. 3 4 7 2 , R ü c k s i c h t z u n e h m e n sein w e r d e . Z u m § 4 b. D e r A n t r a g s t e l l e r stellte d e n eventuellen A n t r a g , z u b e s t i m m e n : „Ist e i n e F o r d e r u n g m i t Beschlag belegt, so k a n n d e r S c h u l d n e r g e g e n dieselbe z u m N a c h t h e i l d e s j e n i g e n , f ü r w e l c h e n d i e B e s c h l a g n a h m e e r f o l g t ist, eine e r s t nach der Beschlagnahme erworbene G e g e n f o r d e r u n g nicht aufrechnen." D e r vorstehende Antrag wurde a n g e n o m m e n , der prinzipale Antrag abgelehnt. Die Gründe waren: I m V o r d e r g r u n d e stehe d e r Fall, w e n n ein richterliches V e r ä u ß e r u n g s v e r b o t sich auf ein A k t i v u m b e z i e h e . N a c h d e n in d e r v o r i g e n S i t z u n g g e f a ß t e n Beschlüssen (S. 1403, 1404) 3 sei es f ü r zweifellos e r a c h t e t , d a ß das g e g e n d e n G l ä u b i g e r g e r i c h t e t e V e r b o t a u c h die E i n z i e h u n g t r e f f e . D a s V e r b o t w i r k e a b e r z u g l e i c h a u c h g e g e n d e n D r i t t s c h u l d n e r , weil, w e n n d e r G l ä u b i g e r n i c h t w i r k s a m a n n e h m e n d ü r f e , d e r S c h u l d n e r a u c h n i c h t w i r k s a m zu leisten v e r m ö g e , s o f e r n z u r L e i s t u n g d i e A n n a h m e des G l ä u b i g e r s g e h ö r e . D i e s e r G r u n d t r e f f e a b e r nicht z u , w e n n d e r D r i t t s c h u l d n e r eine A u f r e c h n u n g s e r k l ä r u n g a b g e b e , d a die l e t z t e r e o h n e A n n a h m e d e s G l ä u b i g e r s z u r W i r k s a m k e i t gelange. H i e r a u s scheine sich z u e r g e b e n , d a ß t r o t z | des V e r ä u ß e r u n g s v e r b o t s die K o m p e n s a t i o n s b e f u g n i ß des D r i t t s c h u l d n e r s völlig u n b e s c h r ä n k t bleibe. O b nicht dieser S t a n d p u n k t in d e n M o t i v e n v e r t r e t e n w e r d e , sei m i n d e s t e n s z w e i f e l h a f t . E r sei a b e r ein u n r i c h t i g e r . Bei e i n e m auf ein A k t i v u m sich b e z i e h e n d e n V e r ä u ß e r u n g s v e r b o t e sei stets mit d e m an d e n G l ä u b i g e r sich w e n d e n d e n V e r ä u ß e r u n g s - u n d E i n z i e h u n g s v e r b o t e ( d e m Inhibitorium) z u gleich d a s an d e n D r i t t s c h u l d n e r sich w e n d e n d e E r f ü l l u n g s v e r b o t (das a r r e s t a t o r i u m ) v e r b u n d e n . D i e C . P . O . lege s o g a r auf das E r f ü l l u n g s v e r b o t d e n H a u p t n a c h d r u c k §§ 730, 810, 815 4 . E i n e Folge des E r f ü l l u n g s v e r b o t s sei es, d a ß d e r D r i t t 1
§ 686 C P O entspricht § 767 ZPO. Vgl. Materialien bei § 202 BGB (§ 162 E I). Materialien bei § 371 BGB. * Vgl. §§ 829, 930, 936 Z P O .
2
3
706
3. Titel: Aufrechnung
§§ 391, 392
Schuldner die Befugniß zur Aufrechnungserklärung und somit das Kompensationsrecht verliere. So weit zu gehen, verbiete aber die auf das Interesse des Drittschuldners zu nehmende Rücksicht. Der Drittschuldner müsse das Kompensationsrecht in demselben Umfange, wie in dem Falle der Zession behalten, d. h. alle Gegenforderungen zur Aufrechnung bringen dürfen, die ihm bereits zu der Zeit zustanden, wo das Erfüllungsverbot ihm zugestellt und das Veräußerungsverbot ihm gegenüber nach der C.P.O. wirksam wurde, während die erst später entstandenen Gegenforderungen sich zur Kompensation nicht eignen. Davon ausgegangen, daß bei einem auf ein Aktivum sich beziehenden Veräußerungsverbote hinsichtlich der Rechtslage des Drittschuldners ausschließlich das Erfüllungsverbot den Ausschlag gebe, so zeige sich, daß in dem richterlichen Veräußerungsverbote dieselbe Beschlagnahme liege, wie bei einem auf ein Aktivum sich beziehenden Arreste, einschließlich der einstweiligen Verfügung. Hiernach erscheine der obige eventuelle Antrag begründet, aber auch genügend, indem insbesondere von der Wissenschaft des Drittschuldners nicht gerechnet zu werden brauche. In letzterer Hinsicht sei die Zustellung des Erfüllungsverbots von entscheidender Bedeutung, so daß, wenn ordnungsmäßig zugestellt worden, die Nichtkenntniß des Drittschuldners nicht weiter in Betracht komme. Daß das Erfüllungs- | verbot zugestellt sein müsse, werde dadurch | Prot 11417 klar, daß nach dem Prozeßrecht die Beschlagnahme dem Drittschuldner gegenüber erst durch jene Zustellung zur Existenz gelange. Der obige prinzipale Antrag könne nicht gebilligt werden. Er treffe zugleich die gesetzlichen generellen und speziellen Veräußerungsverbote, worüber allgemeine Bestimmungen zu erlassen aus denselben Gründen bedenklich erscheine, weshalb ein ähnlicher Antrag in der vorigen Sitzung (Prot. S. 1403) abgelehnt ist. Durch den obigen Beschluß galt der Antrag, welcher die Aufnahme der nachstehenden Vorschrift bezweckte: „Ist eine Forderung gepfändet, so kann der Drittschuldner Gegenforderungen Derscheid an den Schuldner, welche er erworben hat, nachdem dem Drittschuldner der Pfän- (Nr 217) dungsbeschluß oder die Benachrichtigung über die bevorstehende Pfändung zugestellt war (C.P.O. §§ 730 und 744) 5 , nicht zum Nachtheil des Gläubigers aufrechu
nen. für erledigt. Der Antrag, zu beschließen : „Die Entscheidung der Frage unter welchen Voraussetzungen gegen eine For- Johow derung, welche Gegenstand eines Pfandrechts geworden ist, dem Schuldner die (Nr 214) Aufrechnung mit einer solchen Forderung zustehe, welche derselbe erst nach der Entstehung des Pfandrechts gegen seinen Gläubiger (den Pfandschuldner) erworben hat, bleibt bis zur Berathung des Sachenrechts ausgesetzt 6 ." blieb unbeanstandet.
5 SS 829, 845 ZPO (§ 845 I S. 2. ZPO ist neu). 6
Vgl. §§ 1224, 1249 BGB. Im Antrag heißt es weiter: Eventuell möge die Frage dahin beantwortet werden, daß die Aufrechnung in dem gesetzten Falle nur unter denselben Voraussetzungen stattfinde, unter denen bei der Uebertragung einer Forderung der neue Gläubiger die Aufrechnung einer erst nach der Uebertragung von dem Schuldner gegen den bisherigen Gläubiger erworbenen Forderung gegen sich gelten lassen muß. — Vgl. Sachenrechtsentwurf S 481. Die Ausdehnung der dortigen Sätze auf das gesetzliche Pfandrecht und auf das Pfändungspfandrecht ist meinerseits in Aussicht genommen. In den Motiven der jetzt berathenen Vorlage ist auf Seite 23 Zeile 4—13 in Ansehung des Pfändungspfandrechtes ein anderer Standpunkt eingenommen."
707
§ § 391, 392
3. Abschnitt: Erlöschen der Schuldverhältnisse
II., III. 1. Fassung der Bestimmung in der ZustOR (im KE) : ZustOR § 254 § 254 (§ 283): Die Aufrechnung wird dadurch nicht ausgeschlossen, daß für die KE § 283 beiderseitigen Forderungen verschiedene Leistungsorte bestehen. Es hat jedoch der aufrechnende Gläubiger dem anderen Gläubiger den Schaden zu ersetzen, welcher diesem dadurch entsteht, daß derselbe zufolge der Aufrechnung an dem bestimmten Orte nicht leisten kann oder nicht die Leistung empfängt. ZustOR § 255 § 255 (§ 284) : Ist eine Forderung mit Beschlag belegt, so kann der Schuldner KE § 284 derselben zum Nachtheil(e) desjenigen, für welchen die Beschlagnahme erfolgt ist, nicht mit Forderungen aufrechnen, die (welche)7 er erst nach der Beschlagnahme erworben hat. 2. Der Antrag von Kurlbaum (Nr 576, 6), in § 284 statt: „nicht mit Forderungen aufrechnen, die erst nach" zu setzen: „mit Forderungen aufrechnen, welche er vor", wurde abgelehnt (Prot. I, S. 6188). 3. Ferner lag der Antrag von Kurlbaum vor (Nr. 579, 1) vor, in § 284 statt „Forderungen" zu setzen: „einer Forderung" (Prot. I, S. 6203). — Der Antrag wurde mit der Maßgabe angenommen, daß in § 284 statt „Forderungen, aufrechnen, die" gesetzt wurde: „einer Gegenforderung aufrechnen, welche . . ( P r o t . I, S. 6204). 4. Nach einem Antrag von Weber (Nr. 595 Ziff. 2) wurde beschlossen, in § 283 Satz 2 KE statt „zufolge" zu setzen „in Folge" (Prot. I, S. 11727 - 11728)8. 5. Ferner lag der Antrag von Jobow vor, in § 283 Satz 2 statt „Es hat jedoch der aufrechnende Gläubiger" zu setzen „Der aufrechnende Gläubiger hat jedoch" (Nr. 587, Ziff. 10; Prot. I, S. 11738). Der Antrag wurde angenommen (Prot. I, S. 11740). IV. Fassung der Regelung im E I : EI § 285
§ 285. Die Aufrechnung wird dadurch nicht ausgeschlossen, daß für die beiderseitigen Forderungen verschiedene Leistungsorte bestehen. Der ausrechnende Gläubiger hat jedoch dem anderen Gläubiger den Schaden zu ersetzen, welcher diesem dadurch entsteht, daß derselbe in Folge der Aufrechnung an dem bestimmten Orte nicht leisten kann oder nicht die Leistung empfängt. § 286 E I lautet, von der oben mitgeteilten Änderung abgesehen, wie § 255 ZustOR.
B. Vorkommission des Reichsjustizamtes I. Beantragt war: Struckmann
1. den Schluß des § 285 Satz 1 zu fassen:
(Nr 1 , 5 )
verschiedene Leistungsorte oder Bestimmungsorte (Ablieferungsorte) bestehen.
7 8
Im KE heißt es „welche". Wegen abweichender Bedeutung des Wortes „zufolge" vgl. §§7 Abs. 2, 9 Abs. 2, 1878 Abs. 3 KE = §§ 6, 8 Abs. 2, 1926 E I = §§ 14, 16, 2252 BGB.
708
3. Titel: Aufrechnung
§ § 391, 392
2. d e n § 286 z u fassen:
Struckmann
Durch die Beschlagnahme einer Forderung wird demjenigen gegenüber, für weiche sie erfolgt ist, die Befugniß des Schuldners der beschlagnahmten Forderung gegen diese aufzurechnen, nicht ausgeschlossen, es sei denn, daß der Schuldner die Gegenforderung erst nach der Beschlagnahme erworben hat.
(Nr 1,52)
II. 45. Sitzung vom 11.9. 1891 I Der Schluß des § 285 Satz 1 erhielt die Fassung „verschiedene Leistungsorte | ProtRJA 247 oder Ablieferungsorte bestehen", um | der Regel des § 285 Satz 1 auch diejenigen | ProtRJA 248 Fälle zu unterstellen, wo f ü r die beiden gegen einander aufzurechnenden Forderungen derselbe Leistungsort bestehe, der eine Theil sich aber verpflichtet habe, die ihm obliegende Leistung dem anderen Teil auf dessen Kosten und Gefahr an einen anderen O r t zu übermachen. Der § 286 wurde wie folgt gefaßt: „Die Beschlagnahme einer Forderung schließt die Befugniß des Schuldners zur E I-RJA Aufrechnung gegenüber demjenigen, für welchen die Beschlagnahme erfolgt ist, § 286 nicht aus, es sei denn, daß der Schuldner die Gegenforderung erst nach der Beschlagnahme erworben hat. (Die Aufrechnung findet nicht statt, wenn die Gegenforderung erst nach dieser Zeit und später als die beschlagnahmte Forderung fällig geworden ist)" 9 . Die Entscheidung der Frage, ob es f ü r die Zulässigkeit der Aufrechnung mit einer dem Schuldner gegenüber dem von der Beschlagnahme betroffenen Gläubiger zustehenden Forderung genüge, wenn diese Forderung zu der Zeit der Geltendmachung der Aufrechnung fällig sei oder ob die Aufrechnungsbefugniß dadurch bedingt sei, daß die betreffende Gegenforderung des Schuldners wenigstens früher fällig werde, als die beschlagnahmte Forderung, wurde der Berathung des § 303 (S 406 BGB) vorbehalten.
C. 2. Kommission I. Anträge (Prot. II, Bd. 1, S. 371 - 3 7 3 ; Mugdan, Bd. 2, S. 566) a) Zu § 285 war beantragt 1 0 : 1. im Satz 1 statt „Leistungsorte" zu setzen „Leistungs- oder Ablieferungsorte"; 2. den Satz 1 zu fassen: Die Aufrechnung wird dadurch nicht ausgeschlossen, daß für die beiderseitigen Forderungen verschiedene Leistungsorte bestehen, es wäre dann, daß f ü r die eine oder andere Forderung die Leistung an einem fest bestimmten Orte ausdrücklich verabredet wäre. 3. den § 285 zu streichen; 4. den Satz 1 durch folgende Bestimmungen zu ersetzen: Die Aufrechnung wird dadurch nicht ausgeschlossen, daß f ü r die beiderseitigen Forderungen verschiedene Leistungs- oder Ablieferungsorte bestehen. Die Auf9
§§ 28 S. 2 E I-RJA ist bei § 303 E I ($ 406 BGB) beschlossen worden. Ό V o n Jacubezky lag der ausdrückliche Antrag vor, es bei der Fassung des Entwurfs zu belassen (Nr. 26, Ziff. 4).
709
Struckmann (Nr 1, 69) Wolffson (Nr 35)
§§391,392
3. Abschnitt: Erlöschen der Schuldverhältnisse
rechnung gilt im Zweifel als ausgeschlossen, wenn f ü r die eine oder die andere Forderung die Leistung an einem fest bestimmten Orte und zu einer fest bestimmten Zeit ausdrücklich verabredet ist. Vor der Abstimmung wurde der Antrag 2 zu Gunsten des Antrags 4 zurückgezogen Zu Satz 1 wurden die Anträge 1, 4 angenommen; der Satz 2 des Entw. wurde aufrechterhalten. Struckmann (Nr 1, 70) v. Mandry (Nr 30, 3)
b) Zu § 286 liegen die Anträge vor: 1. § 286 E I-RJA; hierzu der Unterantrag : i m Satze 1 den Schluß zu fassen: „es sei denn, daß zur Zeit der Beschlagnahme dem Schuldner die Aufrechnung nicht möglich war"; den Satz 2 zu streichen;
Küntzel 2. a) in dem unter 1 vorgeschlagenen Satze 1 am Schlüsse zu sagen: „erst nach (Nr 34, 1) erlangter Kenntniß von der Beschlagnahme erworben hat"; Küntzel (Nr 34, 2)
b) Im EG unter Art. 13 zu bestimmen: Die Vorschrift des § 48 Nr.2 wird durch § 286 des BGB nicht berührt. Der Unterantrag zu 1 wurde zurückgezogen. Die Kom. nahm sachlich den § 286 und die unter 1 im Satze 2 vorgeschlagene Zusatzbestimmung an. Der Antrag wurde abgelehnt. II. Fassung der Regelung in der VorlZust:
E I-VorlZust § 285. Die Aufrechnung wird dadurch nicht ausgeschlossen, daß für die beider§ 285 seitigen Forderungen verschiedene Leistungs- oder Ablieferungsorte bestehen. Der aufrechnende Gläubiger hat jedoch dem anderen Gläubiger den Schaden zu ersetzen, welcher diesem dadurch entsteht, daß er in Folge der Aufrechnung die Leistung nicht an dem bestimmten Ort erhält oder bewirken kann. Ist für eine Forderung (ausdrücklich) vereinbart, daß die Leistung zu einer bestimmten Zeit an einem bestimmten Ort erfolgen soll, so ist im Zweifel anzunehmen, daß die Aufrechnung gegen eine solche Forderung mit einer Forderung, für welche ein anderer Leistungsort besteht, ausgeschlossen sein soll. E I-VorlZust § 286
§ 286. Die Beschlagnahme einer Forderung schließt die Befugniß des Schuldners, mit einer ihm gegen den Gläubiger zustehenden Gegenforderung aufzurechnen, nicht aus, es sei denn, daß er dieselbe erst nach der Beschlagnahme erworben hat. Die Aufrechnung findet nicht statt, wenn die Gegenforderung erst nach dieser Zeit und später als die beschlagnahmte Forderung fällig geworden ist. III. Fassung der Regelung in der
E I-ZustRedKom § 285
ZustRedKom:
§ 285. Die Aufrechnung wird dadurch nicht ausgeschlossen, daß für die beiderseitigen Forderungen verschiedene Leistungs- oder Ablieferungsorte bestehen. Der aufrechnende Theil hat jedoch den Schaden zu ersetzen, welchen der andere Theil dadurch erleidet, daß er in Folge der Aufrechnung die Leistung nicht an dem bestimmten Ort erhält oder bewirken kann. Kann der Gläubiger nach Vereinbarung die Leistung zu einer bestimmten Zeit an einem bestimmten Ort verlangen, so ist im Zweifel anzunehmen, daß die Aufrechnung gegen die Forderung mit einer Forderung, für welche ein anderer Leistungsort besteht, ausgeschlossen sein soll. 710
3. Titel: Aufrechnung
§§ 393,394
§ 286. Durch die Beschlagnahme einer Forderung wird die Aufrechnung mit E I-ZustRedKom einer dem Schuldner gegen den Gläubiger zustehenden Gegenforderung nicht aus- § 2 8 6 geschlossen, es sei denn, daß der Schuldner die Gegenforderung nach der Beschlagnahme erworben hat, oder daß die Gegenforderung erst nach der Beschlagnahme und später als die mit Beschlag belegte Forderung fällig geworden ist. IV. Fassung der Regelung im E II: § 335. Die Aufrechnung wird nicht dadurch ausgeschlossen, daß für die beiderseitigen Forderungen verschiedene Leistungs- oder Ablieferungsorte bestehen. Der aufrechnende Theil hat jedoch den Schaden zu ersetzen, welchen der andere Theil dadurch erleidet, daß er in Folge der Aufrechnung die Leistung nicht an dem bestimmten Orte erhält oder bewirken kann. Kann die Leistung nach Vereinbarung zu einer bestimmten Zeit an einem bestimmten Orte verlangt werden, so ist im Zweifel anzunehmen, daß die Aufrechnung mit einer Forderung, für die ein anderer Leistungsort besteht, ausgeschlossen sein soll.
E II § 335
§ 336. Durch die Beschlagnahme einer Forderung wird die Aufrechnung mit E II § 336 einer dem Schuldner gegen den Gläubiger zustehenden Forderung nicht ausgeschlossen, es sei denn, daß der Schuldner seine Forderung nach der Beschlagnahme erworben hat oder daß seine Forderung erst nach der Beschlagnahme und später als die mit Beschlag belegte Forderung fällig geworden ist. V. Die §§ 385, 386 E II rev (§§ 3 8 5 - 3 8 6 E III) lauten wie die §§ 391, 392 BGB.
§393 Gegen eine Forderung aus einer vorsätzlich begangenen unerlaubten Handlung ist die Aufrechnung nicht zulässig.
§394 Soweit eine Forderung der Pfändung nicht unterworfen ist, findet die Aufrechnung gegen die Forderung nicht statt. Gegen die aus Kranken-, Hülfs- oder Sterbekassen, insbesondere aus Knappschaftskassen und Kassen der Knappschaftsvereine, zu beziehenden Hebungen können jedoch geschuldete Beiträge aufgerechnet werden.
A. 1. Kommission I. 149. Sitzung vom 4. 12. 1882, Schriftführer v. Liebe I Zu § 5 des Entwurfs, welcher lautet:
| Prot 11419
„Die Aufrechnung findet nicht statt, gegen Forderungen aus widerrechtlicher TE-OR (Nr 28) Aneignung des Besitzes einer fremden Sache, sowie gegen die im § 7491 der § 5 1 § 850 ZPO (geändert). 711
§§ 393,394
3. Abschnitt: Erlöschen der Schuldverhältnisse
R e i c h s - C i v i l p r o z e ß o r d n u n g genannten A n s p r ü c h e , insoweit als dieselben der P f ä n d u n g nicht u n t e r w o r f e n sind." w a r beantragt Planck (Nr 219)
1. d e n § 5 z u fassen: „ D i e A u f r e c h n u n g findet nicht statt g e g e n F o r d e r u n g e n aus einer v o n d e m S c h u l d n e r vorsätzlich b e g a n g e n e n unerlaubten H a n d l u n g , durch w e l c h e sich derselbe e i n e n z u d e m V e r m ö g e n des Gläubigers g e h ö r i g e n G e g e n s t a n d v e r s c h a f f t hat, s o w i e g e g e n " . . . usw. w i e im Entwürfe b e z w . in d e m f o l g e n d e n Antrage.
I Prot I 1420 v. Weber (Nr 216)
2. in § 5 hinter „§ 7 4 9 der R e i c h s - C i v i l p r o z e ß o r d n u n g " | einzuschalten: „unter 1 u n d 2" u n d n a c h „unterworfen sind" h i n z u z u f ü g e n : „und w a s die unter 1 g e n a n n t e n A n s p r ü c h e anlangt, s o w e i t die G e g e n f o r d e r u n g nicht aus d e m Arbeitso d e r Dienstverhältnisse selbst entstanden ist. D i e V o r s c h r i f t e n des R e i c h s g e s e t z e s v o m 17. Juli 1878 § § 1 1 5 bis 119 bleiben unberührt 2 ." B e s c h l o s s e n w u r d e , den § 5 zunächst i n s o w e i t z u erledigen, als er die A u f r e c h n u n g g e g e n F o r d e r u n g e n aus widerrechtlicher A n e i g n u n g des Besitzes einer f r e m -
2
Die genannten Bestimmungen des Gesetzes, betreffend die Abänderung der Gewerbeordnung lauten (RGBl. I 1 9 9 - 2 1 2 ) : § 115. Die Gewerbetreibenden sind verpflichtet, die Löhne ihrer Arbeiter baar in Reichsw ä h r u n g auszuzahlen. — Sie dürfen denselben keine Waaren kreditiren. Die Verabfolgung von Lebensmitteln an die Arbeiter fällt, sofern sie zu einem die Anschaffungskosten nicht übersteigenden Preise erfolgt, unter die vorstehende Bestimmung nicht; auch können den Arbeitern W o h n u n g , Feuerung, Landnutzung, regelmäßige Beköstigung, Arzneien und ärztliche Hülfe, sowie Werkzeuge und Stoffe zu den ihnen übertragenen Arbeiten unter Anrechnung bei der Lohnzahlung verabfolgt werden. § 116. Arbeiter, deren Forderungen in einer dem § 115 zuwiderlaufenden Weise berichtigt worden sind, können zu jeder Zeit Zahlung nach Maßgabe des S 115 verlangen, ohne daß ihnen eine Einrede aus dem an Zahlungsstatt Gegebenen entgegengesetzt werden kann. Letzteres fällt, soweit es noch bei dem Empfänger vorhanden oder dieser daraus bereichert ist, derjenigen Hülfskasse zu, welcher der Arbeiter angehört, in Ermangelung einer solchen einer anderen zum Besten der Arbeiter an dem O r t e bestehenden, von der Gemeindebehörde zu bestimmenden Kasse und in deren Ermangelung der Ortsarmenkasse. § 117. Verträge, welche dem § 115 zuwiderlaufen, sind nichtig. Dasselbe gilt von Verabredungen zwischen den Gewerbetreibenden und den von ihnen beschäftigten Arbeitern über die Entnahme der Bedürfnisse der letzteren aus gewissen Verkaufsstellen, sowie überhaupt über die Verwendung des Verdienstes derselben zu einem anderen Zweck als zur Betheiligung an Einrichtungen zur Verbesserung der Lage der Arbeiter oder ihrer Familien. § 118. Forderungen f ü r Waaren, welche dem § 115 zuwider kreditirt worden sind, können von dem Gläubiger weder eingeklagt, noch durch Anrechnung oder sonst geltend gemacht werden, ohne Unterschied, ob sie zwischen den Betheiligten unmittelbar entstanden oder mittelbar erworben sind. Dagegen fallen dergleichen Forderungen der in § 116 bezeichneten Kasse zu. § 119. Den Gewerbetreibenden im Sinne der §§115 bis 118 sind gleich zu achten deren Familienglieder, Gehülfen, Beauftragte, Geschäftsführer, Aufseher und Faktoren, sowie andere Gewerbetreibende, bei deren Geschäft eine der hier erwähnten Personen unmittelbar oder mittelbar betheiligt ist. Unter den in §§ 115 bis 118 bezeichneten Arbeitern werden auch diejenigen Personen verstanden, welche f ü r bestimmte Gewerbetreibende außerhalb der Arbeitsstätten der letzteren mit der Anfertigung gewerblicher Erzeugnisse beschäftigt sind.
712
3. Titel: Aufrechnung
§§393,394
den Sache für unstatthaft erklärt. Auf diese Bestimmung bezieht sich der Antrag 1. Bei der Diskussion wurden zu demselben noch folgende Anträge gestellt 3 : a) die Bestimmung durch die Vorschrift zu ersetzen: „Die Aufrechnung findet nicht statt gegen Forderungen aus vorsätzlich begangenen unerlaubten Handluna gen.
v.Schmitt
b) in der Bestimmung des Entwurfs die Worte „des Besitzes" zu streichen; c) den Antrag 1 mit der Aenderung anzunehmen, daß am Schlüsse vor „verschafft" die Worte einzuschalten sind: „zum Zwecke der Deckung". Die Mehrheit entschied für die Annahme des unter a) mitgeteilten Antrags, womit die Bestimmung des Entwurfs und die übrigen Anträge für erledigt galten. Die Gründe der Entscheidung waren : Der Entwurf enthalte eine, schon im römischen Rechte sich findende und aus diesem in | die Mehrzahl der modernen Kodifikationen übergegangene, Vorschrift. |Prot I 1421 Die Berechtigung der letzteren sei anfechtbar. Liege derselben die Erwägung zugrunde, daß ein Gläubiger sich nicht durch widerrechtliche Aneignung einer fremden Sache ein Deckungsobjekt verschaffen dürfe, so erscheine sie zu eng; einmal würde bei dieser Voraussetzung ein, die Absicht der Verschaffung eines Deckungsobjekts ergebender Zusatz nöthig sein, sodann aber die Vorschrift über die Aneignung fremder Sachen hinaus auf alle Fälle ausgedehnt werden müssen, in welchen durch eine widerrechtliche Handlung die Erlangung eines Deckungsobjekts bezweckt worden. Auf einen hierher gehörigen, von der Vorschrift des Entwurfs nicht betroffenen Fall beziehe sich das Erkenntniß des Reichsgerichts, Entsch. Bd. 3 S. 116 4 . Allein jene ratio liege der Bestimmung des römischen Rechts ohne Zweifel nicht zum Grunde. Eine, desfallsige Vorschrift würde auch kaum nöthig sein, da sie für selbstverständlich sich erachten lasse. Der Grund der Vorschrift des römischen Rechts sei unverkennbar der, daß dem Diebe und dem einem Diebe gleichzustellenden Übelthäter ausnahmsweise das Recht der Aufrechnung allgemein und schlechthin habe entzogen werden sollen. Auch die Vorschrift des Entwurfs könne in der vorliegenden Fassung nur in dieser Weise aufgefaßt werden. Eine solche Vorschrift erscheine aber auch bei der positiven Natur des Rechts der Aufrechnung um so gerechtfertigter, je weiter das Aufrechnungsrecht in dem Entwürfe ausgedehnt sei. Die Vor- | Schrift des Entwurfs gehe sogar nicht weit genug. | Prot I 1422 Der Grund, auf welchem sie beruhe, rechtfertige sie auf alle Fälle auszudehnen, in denen ein Anspruch aus einer vorsätzlich begangenen unerlaubten Handlung erhoben worden, da nicht abzusehen sei, weshalb nur die Ansprüche aus widerrechtlicher Aneignung fremden Guts die fragliche Begünstigung verdienen. Für die Ausdehnung lasse sich auch der Beschluß vom 27. September 1882 Prot. S. 1097— 1099 (Zusammenstellung der beschlossenen Bestimmungen des Obligationenrechts § 180) 5 anführen. Daß die Versagung des Kompensationsrechts in Rücksicht auf 3 4
5
Der Antrag a) stammt von Schmitt (Nachlaß Schmitt). Das R G hatte entschieden, daß derjenige sich nicht der Kompensation bedienen kann, welcher eine rechtswidrige Handlung zu dem Zwecke vorgenommen hat, sich ein Kompensationsobjekt zu verschaffen. Der Aufrechnende, der Gläubiger der hochverschuldeten Auftraggeberin, hatte sich durch Verletzung des Auftrags ein Kompensationsobjekt verschafft und wollte den dadurch zu erlangenden Geldwert gegen die Forderung an die Auftraggeberin aufrechnen. $ 180 ZustOR lautet: „Das Zurückbehaltungsrecht findet nicht statt, wenn der Schuldner durch eine vorsätzlich begangene unerlaubte Handlung zu der Sache gelangt ist." 713
§§393,394
3. Abschnitt: Erlöschen der Schuldverhältnisse
den Konkursfall von sehr eingreifender Wirkung werden könne, erscheine unerheblich. Zur Berathung gelangte der § 5 des Entwurfs, soweit er die im § 749 der Civilprozeßordnung bezeichneten Ansprüche betrifft. Auf die in dieser Hinsicht im § 5 enthaltene Bestimmung bezieht sich der oben unter 2 mitgetheilte Antrag, der eventuell durch den Vorschlag ersetzt wurde, der Vorschrift des Entwurfs die Bestimmung anzuschließen: die Aufrechnung finde statt, wenn Gegenforderungen geltend gemacht würden, welche in demselben Rechtsverhältnisse sich gründeten, worauf der erhobene Anspruch beruhe. Die Mehrheit entschied unter Ablehnung beider Anträge für die Bestimmung des Entwurfs. Erwogen war: Wenn das Gesetz eine Forderung der Exekution entziehe, so könne es ohne I Prot 1 1423 Inkonsequenz dem Schuldner nicht gestatten, gegen eine solche | Forderung eine Gegenforderung zur Aufrechnung zu bringen und auf diese Weise, ähnlich wie im Wege der Exekution, den Gläubiger zu zwingen, sich in die Nichtbefriedigung zu fügen. Die Gründe, weshalb das Gesetz die Exekution für unzulässig erachte, erforderten auch die Ausschließung der erzwungenen Kompensation. Dies trete namentlich in Betreff der bei weitem die Mehrzahl bildenden Fälle hervor, in welchen die Exekution in eine Forderung für unzulässig erklärt sei, um dem Forderungsberechtigten den nöthigen Lebensunterhalt zu sichern. Eine andere Entscheidung möge allenfalls gerechtfertigt sein, wenn nur im Interesse des Schuldners der mit Beschlag zu belegenden Forderung die Exekution ausgeschlossen sei. Allein diese Voraussetzung treffe bei keinem der in § 749 der Civilprozeßordnung aufgeführten Fälle zu. Es gelte dies insbesondere auch von den Ansprüchen der noch im Dienste befindlichen Militärpersonen, Beamten, Geistlichen und Lehrer. Die Exekutionsfreiheit beruhe auch bei ihnen keineswegs auf der Berücksichtigung der Rechte des Fiskus pp. als Schuldners. Sie gründe sich, soweit der nöthige Lebensunterhalt nicht in Betracht komme, in der auf das allgemeine Wohl und das Staatsinteresse zu nehmenden Rücksicht, wobei die Rechte des Fiskus pp. nicht schwerer wögen, als die eines Privaten. Der § 5 des Entwurfs, indem er den ganzen Inhalt des § 749 heranziehe, stelle eine Rechtsnorm auf, von der sich behaupten lasse, daß sie als I Prot I 1424 nothwendige Konsequenz des §749 bereits in diesem zu finden sei, während | sie zugleich der in der Sitzung vom 3. November 1882 Prot. S. 1281 beschlossenen Unzulässigkeit der Zession der in Rede stehenden Ansprüche sich passend anschließe 6 . Auch gegen die Zulässigkeit, im bürgerlichen Gesetzbuche gegenüber den Ansprüchen der Beamten das Recht der Aufrechnung auszuschließen, lasse sich ein Bedenken nicht erheben. Die Vorschrift, welche das Aufrechnungsrecht versage, betreffe nur die privatrechtliche Seite des Dienstverhältnisses, sie bleibe innerhalb des Gebiets des Privatrechts und enthalte ebensowenig einen Uebergriff in das der Reichsgesetzgebung verschlossene Gebiet des öffentlichen Rechts, wie der § 749 der Civilprozeßordnung. Betreffend ferner den Antrag, mindestens die Aufrechnung mit solchen Gegenforderungen zuzulassen, die in demselben Rechtsverhältnisse, wie der erhobene Anspruch, sich gründen, so sei zunächst klar, daß der § 5 Einreden nicht ausschließe, welche sich gegen die Rechtmäßigkeit des Anspruchs selbst richteten, gleichviel ob die ihnen zu Grunde liegenden Thatsachen auch die Aufstellung einer Gegen6
Vgl. Materialien zu § 400 BGB.
714
3. Titel: Aufrechnung
§ § 393, 394
f o r d e r u n g zu begründen vermöchten oder nicht. Soweit aber solche Einreden nicht in Frage kämen, fehle es an einem G r u n d e , von der Regel der Unzulässigkeit der Kompensation abzuweichen. In Ansehung der Ansprüche der Beamten pp. müsse übrigens dahingestellt bleiben, inwiefern die Landesgesetzgebungen freie H a n d behielten, im W e g e der Dienstpragmatik zu bestimmen, daß das Recht auf Gehalt pp. von der Bedingung abhänge, d a ß der Beamte pp. aus seiner Dienst- und Amtsführung nicht vertretungspflichtig sei. V o n einer Seite w u r d e zur P r ü f u n g bei der Redaktion die Erinnerung erhoben, ob es nicht nöthig sein werde, aus den zwei in dem § 5 enthaltenen Vorschriften verschiedene Sätze oder §§ zu bilden. I Es w u r d e übergegangen zur Berathung der nachstehenden Bestimmung:
| Prot I 1425
„Das Versprechen baarer Zahlung o d e r der Zahlung zu einem bestimmten Zwecke gilt als Verzicht auf das Recht, Forderungen, welche zur Zeit des Versprechens vorhanden und dem Versprechenden bekannt waren, aufzurechnen." deren Einschiebung als § 5 a beantragt war. Zunächst gelangte die Bestimmung insoweit zur Diskussion, als sie den Fall betrifft, wenn baare Zahlung versprochen ist. Ein Mitglied hatte den Verbesserungsantrag gestellt, zu bestimmen 7 : „Das Versprechen baarer Zahlung gilt im Zweifel als Verzicht auf das Recht der Aufrechnung." Weiter war die Vorschrift beantragt: „Auf das Recht der A u f r e c h n u n g kann verzichtet werden."
v. Weber (Nr 216)
Gebhard
Die Anträge fanden nicht die Zustimmung der Mehrheit. Die G r ü n d e w a r e n : D a ß auf das Recht der A u f r e c h n u n g Verzicht geleistet w e r d e n könne, sei zweifellos. Es brauche daher eine Bestimmung nicht a u f g e n o m m e n zu werden, welche die Zulässigkeit des Verzichts besonders ausspreche. Eine solche Bestimmung sei aber auch bedenklich, weil sie f ü r andere Fälle zu einem argumentum e contrario Anlaß geben könnte. D e s t o zweifelhafter erscheine, ob in dem Versprechen der Baarzahlung ein solcher Verzicht zu finden sei. Mit Recht werde in den Motiven ausgeführt 8 , daß die Aufstellung einer hierauf sich beziehenden Interpretationsregel deshalb nicht rathsam sei, weil die richtige Entscheidung einzig und allein durch die | Umstände des Falls bedingt werde. D a z u k o m m e die Schwierigkeit, eine | Prot I 1426 angemessene Auslegungsregel zu finden. D e r Ausdruck „Baarzahlung" habe im V e r k e h r o f t nur den Sinn, daß er sofortige Zahlung bedeute. Indessen auch zugegeben, es sei die Auslegungsregel am Platze, daß in dem Versprechen der Baarzahlung im Zweifel der Verzicht auf das Recht der A u f r e c h n u n g liege, so frage sich noch, ob ein unbeschränkter o d e r beschränkter Verzicht anzunehmen sei. In dieser Beziehung wichen die Anträge voneinander ab. Hierin liege schon der Beweis, wie bedenklich es sein würde, die eine oder andere Bestimmung a u f z u n e h m e n und wie g r o ß die G e f a h r sei, daß sowohl die eine wie die andere V e r m u t h u n g in vielen Fällen nicht passen und zu unzutreffenden Entscheidungen f ü h r e n werde. Soweit die als § 5 a vorgeschlagene Bestimmung den Fall betrifft, wenn eine Zahlung zu einem bestimmten Zwecke versprochen ist, w u r d e sie gleichfalls abgelehnt. M a n w a r der Ansicht:
7 8
Der folgende Antrag stammt von Gebhard (Nachlaß Schmitt). Mot. S. 22.
715
§§ 393,394
3. Abschnitt: Erlöschen der Schuldverhältnisse
Handle es sich um einen einseitig von dem Gläubiger verfolgten Zweck, so würde sich fragen, ob ein Verzicht auf das Recht der Aufrechnung sich annehmen lasse, so daß der Fall ähnlich zu beurtheilen sei, wie der des Versprechens der Baarzahlung; seien beide Theile bei dem Zweck betheiligt, so könne nur aus dem konkreten Rechtsverhältnis entnommen werde, inwiefern der Schuldner zur Aufrechnung befugt sei. Der Antrag beziehe sich übrigens nicht auf gesetzliche Obligationen. Wie bei letzteren die Beurtheilung sich gestalte, müsse im Wege der Auslegung der betreffenden Vorschriften ermittelt werden. II., III., IV. Fassung der Regelung in der ZustOR (gleichlautend im KE und im Ε Γ): ZustOR \ 256 KE \ 285 E I j 287 ZustOR < 257 KE § 2 8 6 E I §288
§ 256. Die Aufrechnung findet nicht statt gegen Forderungen aus vorsätzlich begangenen unerlaubten Handlungen. § 257. Die Aufrechnung findet gegen die im § 749 der Civilprozeßordnung bezeichneten Forderungen insoweit nicht statt, als diese Forderungen der Pfändung nicht unterworfen sind.
B. Vorkommission des Reichsjustizamtes I. Beantragt war: Struckmann 1. a) Im § 287 statt „unerlaubten" zu setzen „widerrechtlichen". (Nr 1, 53) Struckmann b) Den § 288 zu fassen: Soweit eine Forderung der Pfändung nicht unterworfen (Nr 1, 54 a) ist, findet eine Aufrechnung gegen sie nicht statt. Struckmann e r 1,54b)
c) Den § 724 Abs. 39 zu fassen: „Der Anspruch auf die Rente ist nicht Übertragbar."
Struckmann (Nr 1,54 c)
d) Im § 1339 Abs. 3 und im § 1458 Abs. 2 1 0 die Schlußworte „und haft" zu streichen.
Planck (Nr 2, 34) Jacubezky (Nr 4, 62) Jacubezky (Nr 4, 63)
statt-
2. Den § 288 zu fassen: Die Aufrechnung findet gegen eine Forderung insoweit nicht statt, als dieselbe der Pfändung nicht unterworfen ist. 3. In den § 2 8 7 folgenden Absatz 2 aufzunehmen: „Die Aufrechnung findet ferner nicht statt gegen die Forderungen aus Banknoten und aus Zinsscheinen, Rentenscheinen und Gewinnantheilscheinen, welche auf den Inhaber lauten." Den § 288 zu fassen: Die Aufrechnung findet gegen die im § 749 N r . l , 2, 3, 7 1 1 der Civilprozeßordnung bezeichneten Forderungen insoweit nicht statt, als diese Forderungen der Pfändung nicht unterworfen sind. Gegen die in der Nr. 4 des § 749 bezeichneten Forderungen können nur geschuldete Beiträge aufgerechnet werden. II. 45. Sitzung vom 11.9. 1891:
I ProtRJA 248
I 7. Zu § 288 wurde beschlossen, den Grundsatz, daß gegen eine Forderung, soweit dieselbe der Pfändung nicht unterworfen sei, auch eine Aufrechnung nicht 9
Zu § 724 E I vgl. 843 BGB. 10 Zu §§ 1339; 1458 E I vgl. §< 1427 f, 1485 BGB. 11 Vgl. § 850 Z P O .
716
3. Titel: Aufrechnung
§§ 393,394
stattfinde, nicht auf die durch § 749 der Civilprozeßordnung der Pfändung entzogenen Forderungen zu beschränken, sondern ganz allgemein auszusprechen. Mit Rücksicht auf die Vorschrift des § 56 des Reichsgesetzes, betreffend die Krankenversicherung der Arbeiter, vom 15. Juni 1883 12 und andere Reichsgesetze sei indessen dieser Grundsatz dahin zu modifiziren, daß die in § 749 der Civilprozeßordnung bezeichneten An-1 Sprüche auf geschuldete Beiträge aufgerechnet werden I ProtRJA 249 dürften. Der Berathung des Artikels 54 1 3 des Entwurfs eines Einführungsgesetzes wurde ferner die Entscheidung der Frage überwiesen, ob in Erweiterung des daselbst ausgesprochenen Vorbehalts eine Bestimmung zu treffen sei, daß die Zulässigkeit der Aufrechnung der im öffentlichen Dienst eines Bundesstaates Angestellten auf Besoldungen, Wartegelder und Ruhegehalte sich nach den Landesgesetzen regele. Der § 288 erhielt hiernach folgende Fassung: „Soweit eine Forderung der Pfändung nicht unterworfen ist, findet eine Auf- E I-RJA rechnung gegen sie nicht statt. Gegen die aus Kranken- (Hülfs- oder Sterbe)kas- S 288 sen 14 , insbesondere aus Knappschaftskassen und Kassen der Knappschaftsvereine zu beziehenden Hebungen können jedoch geschuldete Beiträge aufgerechnet werden."
C. 2. Kommission I. Anträge (Prot. II, Bd. 1, S. 3 7 4 - 3 7 5 ; Mugdan, Bd. 2, S. 567) a) Gegen die Vorschrift des § 28 7 wurde nichts erinnert. b) Zu § 288 lagen vor: 1. a) die Fassung des § 288 E I-RJA;
Struckmann (Nr 1,71) Struckmann (Nr 1,71)
b) den § 724 Abs. 3 zu fassen: Der Anspruch auf die Rente ist nicht übertragbar.
c) im § 1339 Abs. 3 und im § 1458 Abs. 2 die Schlußworte „und statthaft" Struckmann (Nr 1,71) zu streichen. (Die Entscheidung der Frage, ob zum § 288 oder im Art. 54 des Entw. des EG eine Bestimmung des Inhalts aufzunehmen, daß die Zulässigkeit der Aufrechnung gegen die Ansprüche der im öffentlichen Dienste eines Bundesstaats Angestellten auf Besoldungen, Wartegelder und Ruhegehalte sich nach den Landesgesetzen regele, bleibt vorbehalten.) 2. der Antrag, dem § 288 nachstehende Anmerkung beizufügen: In das EG soll als Abs. 2 des Art. 54 folgende Bestimmung aufgenommen werden: 12
§ 5 6 des Gesetzes (RGBl. I 73—104) lautet: „Die dem Unterstützungsberechtigten auf Grund dieses Gesetzes zustehenden Forderungen können mit rechtlicher Wirkung weder verpfändet, noch übertragen, noch gepfändet und nur auf geschuldete Beiträge aufgerechnet werden". '3 Vgl. § 80 EG - BGB. Die eingeklammerten Worte sind erst im Antrag von Struckmann in der 2. Kommission enthalten. 717
Jacubezky (Nr 26, 5)
§§ 393, 394
3. Abschnitt: Erlöschen der Schuldverhältnisse
Die Vorschrift des § 288 des B.G.B, findet auf die Ansprüche der Beamten und dei Hinterbliebenen keine Anwendung. Die Uebertragbarkeit dieser Ansprüche kann durch die Landesgesetzgebung ausgeschlossen werden. Die Kom. erklärte sich mit den in dem Antrag 1 unter a, b, c gemachten Vorschlägen einverstanden. Zu dem Antrage 2 wurde beschlossen, in das EG Art. 54 eine Vorschrift aufzunehmen, nach der die Landesgesetze unberührt bleiben, durch welche die Anwendbarkeit des § 288 auf die Ansprüche der im öffentlichen Dienste eines Bundesstaats angestellten Beamten und ihrer Hinterbliebenen auf Besoldung, Wartegeld und Pension ausgeschlossen wird. Die Fassung dieser Vorschrift wurde der Berathung des EG vorbehalten. II. Fassung der Regelung in der VorlZust: E I-VorlZust § 287. Die Aufrechnung findet nicht statt gegen Forderungen auf vorsätzlich S 287 begangenen unerlaubten Handlungen. EI-VorlZust § 288. Soweit eine Forderung der Pfändung nicht unterworfen ist, findet eine S 288 Aufrechnung gegen sie nicht statt. Gegen die aus Kranken-, Hülfs- oder Sterbekassen, insbesondere aus Knappschaftskassen und Kassen der Knappschaftsvereine zu beziehenden Hebungen können jedoch geschuldete Beträge aufgerechnet werden 15 .
E I-ZustRedKom §287
III. Fassung der Regelung in der ZustRedKom: $ 287. Gegen eine Forderung aus einer vorsätzlich begangenen unerlaubten Handlung findet eine Aufrechnung nicht statt. § 288 lautet wie § 288 VorlZust.
E I-ZustRedKom S 288
IV. Im E l l lautet die Regelung: E II % 337
§ 337. Gegen eine Forderung aus einer vorsätzlich begangenen unerlaubten Handlung ist eine Aufrechnung nicht zulässig. — § 387 E II rev (§ 387 E III) lautet wie S 293 BGB. § 338 E II1* (S 388 E II rev und E III) lautet wie § 294 BGB.
E II § 338
15
16
§ 288 VorlZust ist folgende Anmerkung beigefügt: 1. Die Vorschriften des § 724 Abs. 3, des S 1339 Abs. 3 und des § 1458 Abs. 2 erhalten eine entsprechend geänderte Fassung (vgl. §§ 843, 1427f, 1485 BGB). 2. In das Einführungsgesetz soll eine Vorschrift aufgenommen werden, nach welcher die Landesgesetze unberührt bleiben, durch welche die Anwendbarkeit des § 288 auf die Ansprüche ausgeschlossen wird, welche den im öffentlichen Dienst eines Bundesstaates Angestellten (und deren Hinterbliebenen) auf Besoldung, Wartegeld oder Ruhegehalt zustehen. Die Anmerkung zu § 338 E II lautet: 1. Die Vorschriften des § 1339 Abs. 3 und des § 1458 Abs. 2 (Entw. 1) werden eine entsprechend geänderte Fassung erhalten. 2. In den Entwurf des Einführungsgesetzes soll eine Vorschrift aufgenommen werden, nach welcher die Landesgesetze unberührt bleiben, durch welche die Aufrechnung gegen Ansprüche der Beamten des Bundesstaats und ihrer Hinterbliebenen auf Besoldung, Wartegeld, Ruhegehalt, Wittwen- und Waisengeld abweichend vom $ 338 zugelassen wird.
718
3. Titel: Aufrechnung
§395
§395
Gegen eine Forderung des Reichs oder eines Bundesstaats sowie gegen eine Forderung einer Gemeinde oder eines anderen Kommunalverbandes ist die Aufrechnung nur zulässig, wenn die Leistung an dieselbe Kasse zu erfolgen hat, aus der die Forderung des Aufrechnenden zu berichtigen ist.
A. 1. Kommission I. 149. Sitzung vom 4. 12. 1882, Schriftführer v. Liebe I Zu § 6 des Entwurfs, welcher lautet:
I P r o t i 1426
„Gegen Forderungen des Staates findet Aufrechnung | nur dann statt, wenn sie TE-OR (Nr 28) an die nämliche Kasse abzutragen sind, gegen welche die Gegenforderung geltend $6 zu machen ist." I war beantragt:
I P r o t i 1427
1. statt „Staates" zu setzen „Reichs oder eines Bundesstaates" (vgl. Civilprozeß- v. Schmitt (Nr 213) ordnung § 92; Strafprozeßordnung § 505; Konkursordnung § 41) 1 ; 2. hiernächst einzuschalten die Worte „oder einer Gemeinde"; 3. das Wort „dann" nach „nur" zu streichen; 4. statt „Gegenforderung" zu setzen „Forderung des Aufrechnenden". Der § 6 wurde mit der in dem Antrage zu Gunsten der Gemeinden vorgeschlagenen Erweiterung angenommen. Die übrigen in dem Antrage enthaltenen Verbesserungen wurden, als nur die Fassung betreffend, der Prüfung bei der Redaktion vorbehalten. Die Ausdehnung der Vorschrift auf die Gemeinden hielt man deshalb für nöthig, weil bei vielen Gemeinden die ratio legis in gleichem Maße zutreffe. Einverständniß bestand, daß unter den Gemeinden auch die anderen Kommunalverbände mitbegriffen seien. Ob dies im Gesetze zum Ausdruck zu bringen sei, blieb der Prüfung bei der Redaktion überlassen. In Ansehung des gestellten Antrags, eine Bestimmung folgenden Inhalts : „Die Aufrechnung einer Erbschaftsforderung oder Erbschaftsschuld gegen eine v. Schmitt Schuld oder Forderung des Erben findet nur vorbehaltlich des Inventarrechts statt." (Nr 218) aufzunehmen, wurde von der Mehrheit beschlossen, die durch den Antrag angeregte Frage nicht an dieser Stelle sondern bei Berathung des Erbrechtsentwurfs 2 in dem | Abschnitte über das Inventarrecht zu prüfen. I P r o t i 1428 II., III., IV. Fassung der Regelung in der ZustOR (KE, EI) als: § 289. Gegen Forderungen des Reichs oder eines Bundesstaats 3 sowie gegen ZustOR S 258 Forderungen einer Gemeinde findet die Aufrechnung nur statt, wenn die Leistung KE § 287 an dieselbe Kasse zu erfolgen hat, gegen welche die Forderung des Aufrechnenden E I S 289 geltend zu machen ist. 1
2 3
Vgl. § 97 Z P O ; § 505 StPO entspricht § 473 StPO η. F. (im Wortlaut leicht verändert); § 41 K O entspricht § 49 K O η. F. Vgl. § 2139 E I (im BGB nicht enthalten). In E I heißt es „Reiches" und „Bundesstaates". 719
§395
3. Abschnitt: Erlöschen der Schuldverhältnisse
B. In der Vorkommission des Reichsjustizamtes ist § 289 E I nicht beraten worden. Struckmann C. I. In der 2. Kommission war zu § 289 beantragt (Prot. II, Bd. 1, S. 375; Mugdan, (Nr 1, 72) Bd. 2, S. 568), hinter „Gemeinde" die Worte „oder eines anderen Kommunalverbandes" einzuschalten. Der Antrag wurde als lediglich zur Verdeutlichung dienend (vgl. Mot. II, S. 114) gebilligt. Sachlich war der § 289 nicht beanstandet worden. II. In der VorlZust lautet die Regelung als § 289: E I-VorlZust Gegen Forderungen des Reiches oder eine Bundesstaates sowie gegen Forde§ 289 rungen einer Gemeinde oder eines anderen Kommunalverbandes findet die Aufrechnung nur statt, wenn die Leistung an dieselbe Kasse zu erfolgen hat, gegen welche die Forderung des Aufrechnenden geltend zu machen ist. III. In der ZustRedKom lautet die Regelung als § 289: E I-ZustRedKom Gegen Forderungen des Reichs oder eines Bundesstaats sowie gegen Forderun$ 289 gen einer Gemeinde oder eines anderen Kommunalverbandes findet die Aufrechnung nur statt, wenn die Leistung an dieselbe Kasse zu erfolgen hat, aus welcher die Forderung des Aufrechnenden zu berichtigen ist.
E II § 339
IV. Fassung der Regelung im E Hals § 339: Gegen Forderungen des Reichs oder eines Bundesstaats sowie gegen Forderungen einer Gemeinde oder eines anderen Kommunalverbandes ist eine Aufrechnung nur zulässig, wenn die Leistung an dieselbe Kasse zu erfolgen hat, aus welcher die Forderung des Aufrechnenden zu berichtigen ist. V. § 389 E II rev (§ 389 E III) lautet wie § 395 BGB.
D. Bundesrat (Justizausschuß) Zu § 339: Waldeck wünscht, daß von der Bestimmung des § 339 die Steuerforderungen des Staates und der Gemeinden mit Rücksicht auf den Charakter und den Zweck der betreffenden Steuern ausgenommen werden. (Zust. II, Heft 1, S. 28). — Der Antrag fand keine Unterstützung (Bericht von Heller vom 11. 10. 1895)
E. Reichstag (XII. Kommission) Es lag der Antrag von Frohme und Stadthagen vor, den § 389 zu streichen (Nr. 130, Ziff. 6). Der Antrag wurde zurückgezogen (Bericht von Heller vom 3. 6. 1896).
720
3. Titel: Aufrechnung
§396
§ 396 Hat der eine oder der andere Theil mehrere zur Aufrechnung geeignete Forderungen, so kann der aufrechnende Theil die Forderungen bestimmen, die gegen einander aufgerechnet werden sollen. Wird die Aufrechnung ohne eine solche Bestimmung erklärt oder widerspricht der andere Theil unverzüglich, so findet die Vorschrift des § 366 Abs. 2 entsprechende Anwendung. Schuldet der aufrechnende Theil dem anderen Theile außer der Hauptleistung Zinsen und Kosten, so finden die Vorschriften des § 367 entsprechende Anwendung.
A. 1. Kommission I. 148. Sitzung vom 1. 12. 1882, Schriftführer v. Liebe I Zu § 3 des Entwurfs welcher lautet:
| Prot I 1409
„Bestehen auf der Seite desjenigen, welcher aufrechnen will, oder auf der ande- TE-OR (Nr 28) ren Seite mehrere zur Aufrechnung geeignete Forderungen, so steht dem Aufrech- S 3 nenden die Wahl derjenigen Forderungen zu, welche zur Aufrechnung gebracht werden sollen. Die Aufrechnung ist mit der Erklärung der Wahl vollzogen." war beantragt: an Stelle des zweiten Satzes : „Die Aufrechnung ist mit der Erklärung der Wahl v. Weber vollzogen", hinzuzufügen : (Nr 211) „Ist die Aufrechnung ohne Ausübung der Wahl vollzogen, so finden die Vorschriften über die Zahlung bei dem gleichzeitigen Vorhandensein mehrerer Forderungen (§ 7 Abs. 2 des Entw. Nr. 27) 1 entsprechende Anwendung." den ferneren Satz anzuschließen: „Werden neben einer Hauptforderung Zinsen und Kosten geschuldet und wird dagegen eine den Gesammtbetrag nicht deckende Gegenforderung aufgerechnet, so ist die letztere zunächst auf die Kosten, dann auf die Zinsen, zuletzt auf die Hauptforderung aufzurechnen. Der Schuldner kann das Gegentheil nicht bestimmen." Der Antrag wurde dahin abgeändert, daß die Schlußworte lauten: „Eine das Gegentheil bestimmende Erklärung des Schuldners gilt als nicht erfolgt." Der erste Satz des § 3 blieb ohne Beanstandung. Betreffend den zweiten Satz, so fand der auf densel-1 ben sich beziehende erste | Prot 11410 Theil des obigen Antrags die Zustimmung der Mehrheit, wogegen der zweite Theil dieses Antrags nur insoweit gebilligt wurde, als er über die Abrechnung bestimmt, während die Mehrheit sich gegen den Schlußsatz erklärte. Zugleich fanden folgende zwei im Laufe der Diskussion gestellten Anträge die Zustimmung der Mehrheit, zu bestimmen: 1. „Der Umstand, daß der Gläubiger eine Theilleistung nicht anzunehmen braucht, steht der Theilaufrechnung nicht entgegen." 2 2. „Die Aufrechnung kann nicht unter Hinzufügung einer Bedingung oder Zeitbestimmung erklärt werden." 1 2
Vgl. $ 366 BGB. Dieser Antrag wurde insbesondere von Weber bekämpft (Nachlaß Schmitt).
721
§396
3. Abschnitt: Erlöschen der Schuldverhältnisse
Bei der Redaktion soll geprüft werden, ob die vorstehend unter 1 gedachte Bestimmung sich nicht schon zur Genüge aus den Worten am Schlüsse des § 2 des Entwurfs: „in dem sich deckenden Betrage" ergebe, ob ferner die Aufnahme des zweiten Theils des oben mitgetheilten Antrags, soweit er gebilligt ist, wegen Selbstverständlichkeit entbehrlich sei. Erwogen war: Nach dem Entwürfe und nach dessen Erläuterung in den Motiven 3 werde, wenn der Aufrechnende mehrere dem Rechtsgrunde nach verschiedene Leistungen verschulde, bei Unzulänglichkeit der ihm zustehenden Forderung zur Deckung der Gegenforderungen zur Wirksamkeit der Aufrechnungserklärung die Bezeichnung der Gegenforderung verlangt, deren Tilgung eintreten solle, so zwar, daß in Ermangelung dieser Bezeichnung die Aufrechnungserklärung als nicht erfolgt anzusehen sei. Darin liege eine wesentliche Abweichung von den Vorschriften, die unter ähnlichen Voraussetzungen für die Zahlung beschlossen seien. Für die Abweichung könne nur geltend gemacht werden, in der Aufrechnungsbefugniß liege schon eine besondere, auf einer positiven Vorschrift beruhende Begünstigung, weshalb es geI Prot 11411 rechtfertigt sei, die Aufrechnungserklärung | in dem unterstellten Falle der Zahlung nicht völlig gleichzustellen und zu ihrer Wirksamkeit im Interesse des Gegners die in Rede stehende Bezeichnung für nöthig zu erklären. Dieser Grund aber greife keineswegs durch. Es wolle schon nicht einleuchten, weshalb, wenn bei der Zahlung, im Falle der unterbliebenen Bezeichnung, die Willenserklärung des Schuldners im Wege der Auslegung ergänzt werde, die Aufrechnungserklärung eine solche Auslegung nicht erfahren dürfe. Sodann knüpften sich an den Standpunkt des Entwurfs sichtbar praktische Unzuträglichkeiten und Schwierigkeiten in den Fällen, in welchen verschiedene Forderungen eingeklagt seien und die Aufrechnungserklärung im Wege der Kompensationseinrede erst im Prozesse erfolge, während die eine oder andere Forderung noch aus anderen Gründen vielleicht bekämpft werde. Zwischen der Aufrechnungserklärung, welche im Prozesse abgegeben werde und derjenigen, welche außerhalb des Prozesses stattfinde, werde sich, ohne das System des Entwurfs zu erschüttern, nicht unterscheiden lassen. Es sei aber auch nicht richtig, daß die Aufrechnung eine ungünstigere Beurtheilung, wie die Zahlung verdiene. In einer überaus wichtigen, mit der vorliegenden verwandten Beziehung müsse sogar das Gegentheil gelten. Der Gläubiger sei, eine Abschlagszahlung anzunehmen, nicht verpflichtet, wohl aber sei er gehalten, die Theilaufrechnung, wenn die Gegenforderung des aufrechnenden Schuldners von geringerem Betrage sei, sich gefallen zu lassen. Dies sei geltendes Recht, welches davon ausgehe, der Gläubiger sei durch die Gegenforderung als befriedigt anzusehen und so zu beurtheilen, als habe er die Theilleistung bereits empfangen und angenommen. Hieran sei aber auch festzuhalten, weil sonst das Recht der Kompensation einen großen Theil seines praktischen Werths verlieren würde. Der Entwurf selbst erkenne diese Begünstigung der Kompensation an. Hierauf wiesen die Schlußworte des § 2 „in I Prot 1412 dem sich deckenden Betrage" hin. Allerdings werde bei der Redaktion zu | prüfen sein, ob nicht eine Verdeutlichung und die Aufnahme einer besonderen, die Frage ausdrücklich entscheidenden, Vorschrift nöthig sei. Gegen den Entwurf lasse sich aber noch eine andere Erinnerung erheben. Er gebe keine Auskunft darüber, inwiefern die Aufrechnungserklärung eine Bedingung oder Zeitbestimmung vertrüge.
3
Mot.TE Nr. 28, S. 19-20.
722
3. Titel: Aufrechnung
§396
Wenn das Gesetz in dieser Beziehung sich schweigend verhalte, so werde die Auslegung sich vertreten lassen, nach den allgemeinen für die Rechtsgeschäfte geltenden Grundsätzen sei die Zulässigkeit einer conditio oder eines dies nicht ausgeschlossen. Und doch müsse unverkennbar das Gegentheil gelten. Der praktische Zweck des Kompensationsrechts erheische auch nicht entfernt, bedingte oder betagte Aufrechnungserklärungen zuzulassen. In der Zulassung würde eine völlig ungerechtfertigte neue Begünstigung der Kompensation vor der Zahlung liegen. Der Gläubiger dürfe eine bedingte oder betagte Zahlung ablehnen; dem entspreche es, daß er auch eine bedingte oder betagte Kompensationserklärung sich nicht brauche gefallen zu lassen. Das Gegentheil könne nur bestimmt werden, wenn dafür sich erhebliche Gründe geltend machen ließen, und solche Gründe seien, wie erwähnt, nicht vorhanden. Die Unzulässigkeit schaffe auch keine Schwierigkeiten im Prozesse für die Fälle, wenn der Schuldner, welcher den Anspruch aus anderen Gründen bekämpfe, nur eventuell die Kompensationseinrede erhebe. In solchen Fällen sei davon auszugehen, es liege eine unbedingte und unbetagte Kompensationserklärung vor, die wegen Mangels einer wesentlichen Voraussetzung zerfalle, wenn der Richter den eingeklagten Anspruch aus anderen Gründen für ungerechtfertigt erkläre. In Betracht komme noch der Fall, wenn der die Aufrechnung erklärende Schuldner Kapital, Zinsen und Kosten verschulde, ohne sich darüber zu erklären, wie abzurechnen sei. Es erscheine zweifellos, daß, wie bei der Zah- | lung, die Ab- | Prot 11413 rechnung zunächst auf die Kosten, dann auf die Zinsen und in letzter Reihe auf das Kapital zu erfolgen habe. Ob es nöthig sei, dies besonders zu bestimmen und ob es nicht zur Genüge aus dem Grundsatze sich ergebe, welcher f ü r den Fall der Zahlung aufgestellt sei, werde bei der Redaktion näher geprüft werden müssen. Wenn aber beantragt sei, die Erklärung des Schuldners, die Abrechnung solle auf das Kapital erfolgen, f ü r wirkungslos zu erachten, so erscheine dieser Antrag nicht gerechtfertigt. Für den Fall der Zahlung sei ein ähnlicher Antrag abgelehnt, allerdings nicht ohne Rücksicht auf das Ablehnungsrecht des Gläubigers, welches Recht gegenüber der Aufrechnungserklärung versage. Anscheinend sei es daher gerechtfertigt, die Vorschrift aufzunehmen: Die Bestimmung des Schuldners über die Abrechnung oder richtiger vielleicht die Aufrechnungserklärung selbst sei wirkungslos und nichtig, wenn der Gläubiger, im Falle der reellen Leistung diese würde ablehnen dürfen. Eine solche Vorschrift würde auch der, nach den früheren Beschlüssen offen zu haltenden Frage nicht präjudiziren, inwiefern das Ablehnungsrecht bestehe. Allein, nachdem einmal beschlossen worden, der Gläubiger müsse sich Theilaufrechnungen gefallen lassen, sei es folgerichtiger, die in Rede stehenden Bestimmungen des Schuldners für wirksam zu erachten. II. —IV. Die beschlossene Regelung lautet in der ZustOR (im KE, EI) als $ 253. H a t der eine oder der andere Gläubiger mehrere Forderungen, so steht dem aufrechnenden Gläubiger rungen zu, welche durch die Aufrechnung erlöschen ohne die Wahl erklärt, so finden die Vorschriften des Anwendung.
4
zur Aufrechnung geeignete die Wahl unter den Fordesollen. Ist die Aufrechnung § 267 Abs. 2 4 entsprechende
Vgl. § 366 BGB. In § 253 ZustOR hatte es geheißen: „die Bestimmung des zweiten Absatzes des § 236".
723
ZustOR § 253 KE 282 E I §284
§396
3. Abschnitt: Erlöschen der Schuldverhältnisse
B. Vorkommission der Reichsjustizamtes I. Beantragt w a r : Struckmann (Nr 1, 50a)
1. a) Satz 2 des § 284 als Abs. 2 zu fassen: Ist die A u f r e c h n u n g o h n e die W a h l erklärt, so wird zunächst die fällige Schuld des aufrechnenden Gläubigers unter mehreren fälligen Schulden die ihm lästigere und unter mehreren gleich lästigen Schulden jede derselben verhältnißmäßig getilgt.
Struckmann (Nr 1, 50b)
b) Als § 284 b einzuschalten: „ H a t der aufrechnende Gläubiger d e m anderen Theile außer der H a u p t f o r d e r u n g Kosten und Zinsen zu entrichten, so finden die Vorschriften des § 268 entsprechende Anwendung."
Planck (Nr 2, 33) Jacubezky (Nr 4,61)
2. In dem § 284 hinter „§ 267 Absatz 2" noch einzuschalten: „und § 268". 3. Im § 284 den Satz 2 zu fassen: „Ist die A u f r e c h n u n g ohne die W a h l erklärt, so finden die V o r s c h r i f t e n des § 267 Absatz 2 und des § 268 entsprechende A n w e n dung." und folgenden Absatz 2 anzufügen: „Wählt der aufrechnende Gläubiger die jüngere F o r d e r u n g des anderen Gläubigers, so ist die V e r j ä h r u n g der älteren Ford e r u n g des letzteren als während der Zeit gehemmt anzusehen, w ä h r e n d welcher sie der F o r d e r u n g des aufrechnenden Gläubigers als zur A u f r e c h n u n g geeignet gegenüberstand. W ä r e z u r Vollendung der V e r j ä h r u n g der jüngeren F o r d e r u n g der Ablauf einer k ü r z e r e n Frist erforderlich, so wird die V e r j ä h r u n g der älteren Forderung durch den Ablauf der kürzeren Frist vollendet." II. 45. Sitzung vom 11. 9. 1891
I ProtRJA 246
D e r § 284 w u r d e , vorbehaltlich der Fassung, durch folgende Vorschriften ersetzt:
E I-RJA 5 284
„ H a t der eine oder der andere Gläubiger mehrere zur A u f r e c h n u n g geeignete Forderungen, so steht d e m aufrechnenden Gläubiger die W a h l unter den Forderungen zu, welche durch die Aufrechnung erlöschen sollen. Wählt jedoch der aufrechnende Gläubiger die jüngere Forderung, so ist der andere Theil zu widersprechen berechtigt.
I ProtRJA 247
Ist die A u f r e c h n u n g ohne die W a h l erklärt, oder hat im Falle der Wahl der jüngeren Forderungen der andere Theil nicht unverzüglich widersprochen, | so wird zunächst die ältere Schuld des einen oder anderen Theils, bei gleichem Alter die fällige Schuld des aufrechnenden Gläubigers, unter mehreren gleich lästigen Schulden jede derselben verhältnißmäßig getilgt". Man w a r der Ansicht, daß, wenn auf der einen oder der anderen Seite mehrere Forderungen von verschiedenem Alter vorhanden seien und der a u f r e c h n e n d e Gläubiger die jüngere Forderung, sei es die eigene oder die des anderen Theils, wähle, der a n d e r e Theil dieser Aufrechnung zu widersprechen berechtigt sein und im Falle eines solchen Widerspruchs zunächst die ältere Schuld des einen oder anderen Theils als getilgt angesehen werden müsse. Es entspreche dies dem G e d a n ken, welcher zu der Vorschrift des § 2 8 l a Satz 2 und des § 2 8 3 a g e f ü h r t habe. O h n e eine solche V o r s c h r i f t würde insbesondere der Zweck des § 2 8 1 a Satz 2 vollständig vereitelt w e r d e n können, wenn der Theil, welchem eine verjährte Geg e n f o r d e r u n g gegenüberstehe, seine nicht verjährte Forderung zur A u f r e c h n u n g gegen eine später entstandene Forderung des anderen Theils bringen könne. 724
3. Titel: Aufrechnung
§396
Ferner wurde beschlossen, den nur in den Mot. enthaltenen Gedanken, daß im Falle des § 284 auch die Regel des § 268 entsprechende Anwendung finde, der Deutlichkeit halber im Gesetzestexte zum Ausdruck zu bringen und demgemäß als § 284a folgende Vorschrift anzufügen: Hat der aufrechnende Gläubiger dem anderen Theile außer der Hauptforde- E I-RJA rung Kosten und Zinsen zu entrichten, so finden die Vorschriften des § 268 ent- § 284a sprechende Anwendung.
C. 2. Kommission I. Zu § 284 E I war beantragt (Prot. II, Bd. 1, S. 3 6 8 - 3 6 9 , 364; Mugdan, Bd. 2, S. 563) 1. die Fassung der §§ 384, 384 a E I-RJA, § 384 E I-RJA, Abs. 3 in folgender Fassung:
Struckmann (Nr 1,68)
Ist die Aufrechnung ohne die Wahl erklärt oder hat im Falle der Wahl der jüngeren Forderung der andere Theil unverzüglich widersprochen, so wird zunächst die ältere Schuld des einen oder anderen Theiles, bei gleichem Alter diejenige, welche dem anderen Theile geringere Sicherheit bietet, unter mehreren gleich sicheren die dem Aufrechnenden lästigere und unter mehreren gleich lästigen jede verhältnißmäßig getilgt. 2. unter Ablehnung des Antrags 1 im $ 284 den Schluß zu fassen: so finden die Vorschriften des § 267 Abs. 2 und des § 268 entsprechende Anwendung.
Planck (Nr 24, 2)
3. für den Fall der Ablehnung des Antrags 2 als § 281 b aufzunehmen 5 : Die Verjährung einer Forderung, welche zu der Zeit, in welcher sie gegen eine andere Forderung aufgerechnet werden konnte, noch nicht verjährt war, ist, wenn die Aufrechnung vor Vollendung der Verjährung der anderen Forderung unmöglich geworden ist, als während des Zeitraums, während dessen die Aufrechnung erfolgen konnte, gehemmt anzusehen. Die Hemmung findet nur soweit statt, als die Verjährung vor Ablauf von sechs Monaten nach dem Zeitpunkte vollendet wäre, in welchem die Aufrechnung unmöglich geworden ist. Ist die Verjährungsfrist kürzer als sechs Monate, so tritt sie an die Stelle der sechsmonatigen Frist. Stehen dem Gläubiger mehrere aufrechenbare Forderungen zu, so gilt die Hemmung für diejenige, welche zuerst aufgerechnet werden konnte. Sind die einander gegenüberstehenden Forderungen von verschiedenem Betrage, so gilt der überschießende Theil der Forderung von höherem Betrage als besondere Forderung 6 .
Jacubezky (Nr 26, 2)
4. den § 284 zu fassen: Hat der eine oder der andere Gläubiger mehrere zur Aufrechnung geeignete Forderungen, so kann der aufrechnende Gläubiger bestimmen, mit welcher und gegen welche Forderung aufgerechnet wird. Ist die Aufrechnung ohne solche Bestimmung erklärt, so etc. (wie im Entw.) 7 .
v. Mandry (Nr 30, 2)
5
6
7
Nicht erwähnt ist der Antrag von Jacubezky, den § 284 E I nicht abzuändern (Nr. 26, Ziff. 3). Dem Antrag war hinzugefügt: „Vergi, den ξ 284 in der Fassung des Antrages 1 Nr. 68" (vergi, bei § 366 BGB). Dem Antrag war hinzugefügt: „Fassungsvorschlag".
725
§396
3. Abschnitt: Erlöschen der Schuldverhältnisse
Die Kom. beschloß die Annahme des § 284 Satz 1 sowie des Antrags 2, wodurch der Antrag 3 seine Erledigung fand. Der Antrag 1 Abs. 2, 3 wurde abgelehnt; der Antrag 4 wurde der RedKom überwiesen. II. Fassung der Regelung in der VorlZust als § 284: E I-VorlZust Hat der eine oder der andere Gläubiger mehrere zur Aufrechnung geeignete § 284 Forderungen, so kann der aufrechnende Gläubiger bestimmen, welche Forderungen gegen einander aufgerechnet werden sollen. Ist die Aufrechnung ohne eine solche Bestimmung erklärt, so finden die Vorschriften des § 267 Abs. 2 entsprechende Anwendung. Hat der aufnehmende Gläubiger dem anderen Theile außer der Hauptforderung Kosten und Zinsen zu entrichten, so finden die Vorschriften des § 268 entsprechende Anwendung. III. Fassung der Regelung in der ZustRedKom als § 284: E I-ZustRedKom Hat der eine oder der andere Theil mehrere zur Aufrechnung geeignete Forde§ 284 rungen, so kann der aufrechnende Gläubiger die Forderungen bestimmen, welche gegen einander aufgerechnet werden sollen. Ist die Aufrechnung ohne eine solche Bestimmung erklärt, so findet die Vorschrift des § 267 Abs. 2 entsprechende Anwendung. Hat der aufrechnende Theil dem anderen Theile außer der Hauptforderung Zinsen und Kosten zu entrichten, so finden die Vorschriften des § 268 entsprechende Anwendung.
E II $ 340
Wilke (Nr 24, 6)
IV. 1. Fassung der Regelung im E II als § 340: Hat der eine oder der andere Theil mehrere zur Aufrechnung geeignete Forderungen, so kann der aufrechnende Theil die Forderungen bestimmen, welche gegen einander aufgerechnet werden sollen. Ist die Aufrechnung ohne eine solche Bestimmung erklärt, so findet die Vorschrift des S 315 Abs. 2 entsprechende Anwendung. Schuldet der aufrechnende Theil dem anderen Theile außer der Hauptforderung Zinsen und Kosten, so finden die Vorschriften des S 316 entsprechende Anwendung. 2. Revision des £ / / ( P r o t . II, Bd. 6, S. 1 6 6 - 1 6 7 ; Mugdan, Bd. 2, S. 565) Zu § 340 Abs. 1 war beantragt, den zweiten Satz zu fassen: Ist die Aufrechnung ohne eine solche Bestimmung erklärt oder widerspricht der andere Theil unverzüglich, so findet die Vorschrift des § 315 Abs. 2 entsprechende Anwendung 8 . Die Mehrheit billigte den Antrag. V. § 390 E II rev (§ 390 E III) lautet wie § 396 BGB. D. Reichstag (XII. Kommission) Es lag der Antrag von Frohme und Stadthagen vor, in § 390 statt „Hat der eine oder der andere Theil" zu setzen: „Hat ein Theil" (redaktionell; Nr. 130; Ziff. 7). — Der Antrag wurde der Redaktionskommission überwiesen. (Bericht von Hellervom 3. 6. 1896). 8
Dem Antrag war hinzugefügt: „Strohal, Kurze Bemerkungen zum Recht der Schuldverhältnisse", S. 6, 7.
726
VIERTER TITEL Erlaß §397 Das Schuldverhältniß erlischt, wenn der Gläubiger dem Schuldner durch Vertrag die Schuld erläßt. Das Gleiche gilt, wenn der Gläubiger durch Vertrag mit dem Schuldner anerkennt, daß das Schuldverhältniß nicht bestehe.
A. 1. Kommission I. 153. Sitzung vom 13. 12. 1882, Schriftführer v. Liebe I Zu § 1 des Entwurfs, welcher lautet:
| Prot I 1473
„ D e r Gläubiger kann durch Vertrag mit dem Schuldner diesem die Schuld ganz oder theilweise nachlassen. Insoweit dies der Fall ist, wird das Schuldverhältniß durch den V e r t r a g aufgehoben. Ein Verzicht des Gläubigers auf die F o r d e r u n g hat ohne die Annahme des Schuldners keine verbindende Kraft."
TE-OR (Nr 29) § 1
war beantragt: den § 1 dahin zu fassen:
Planck (Nr 229)
„Der Gläubiger kann sowohl durch V e r t r a g mit dem Schuldner als durch einen demselben gegenüber einseitig erklärten V e r z i c h t die Schuld ganz oder theilweise nachlassen. Insoweit dies geschehen, ist das Schuldverhältniß aufgehoben." Im übrigen hatte der § 1 keine Beanstandung gefunden. Man beschloß zunächst, daß die Bezeichnung „Nachlaß" im Anschluß an die aus f r ü h e r e n Beschlüssen sich ergebende Ausdrucksweise durch die Bezeichnung „Erlaß" zu ersetzen sei. Man w a r einverstanden, daß in dem Erlasse eine Art des Verzichts liege und daß es nothwendig sei, den Verzicht auf Forderungsrechte an dieser Stelle zu regeln, da f ü r die Bestimmungen des allgemeinen Theils allgemeine Regeln über den Verzicht auf Rechte und insbesondere darüber, inwiefern dieselben dem Verzicht unterliegen, nicht beschlossen seien, indem die A u f - | nähme der nöthigen V o r - | Prot 11474 Schriften den besonderen Theilen vorbehalten w o r d e n . Einverständniß bestand ferner darüber, daß in der Vorschrift des Entwurfs die positive Zulassung eines abstrakten, von seiner causa in Ansehung seiner W i r k s a m keit unabhängigen Rechtsgeschäfts zu finden, der Erlaß also ein sogenanntes dingliches Rechtsgeschäft sei. D e r gestellte Antrag, dem einseitig erklärten Verzicht die gleiche W i r k u n g , wie dem Verzichtsvertrage beizumessen, fand nicht die Zustimmung der Mehrheit. Erwogen w a r : Für den A n t r a g sei vorzugsweise geltend gemacht: Es erscheine unpassend, den Gläubiger bei dem Widerstreben des Schuldners gegen die A u f h e b u n g der Obliga727
§397
3. Abschnitt: Erlöschen der Schuldverhältnisse
tion an derselben gegen seinen eigenen Willen festzuhalten und ihm d a d u r c h nicht n u r ein Recht a u f z u d r ä n g e n , sondern ihn auch unter Umständen materiellen N a c h theilen auszusetzen, wie solche ζ. B. im Falle des Annahmeverzuges hinsichtlich des Ersatzes von V e r w e n d u n g e n dem Gläubiger drohen. Dieser G r u n d erscheine jedoch nicht durchgreifend. D u r c h den Erlaß gehe dem Gläubiger ein Recht verloren; der Verlust sei nicht geringer anzuschlagen, als die an die Eingehung einer Verbindlichkeit sich knüpfenden Nachtheile. Sei einmal der G r u n d s a t z angenommen, das einseitige Versprechen erzeuge regelmäßig keine Verbindlichkeit (vergi. Beschluß vom 2. Juni 1882 Prot. S. 821; Zusammenstellung der beschlossenen Bestimmungen des Obligationenrechts § a vor § 117', so k ö n n e o h n e Inkonsequenz auch dem einseitigen Erlaß in der Regel eine Wirksamkeit nicht beigelegt werden. Alle Gründe, welche f ü r den erwähnten G r u n d s a t z spräI P r o t i 1475 chen, ließen|sich auch f ü r die als Regel einen Erlaßvertrag f o r d e r n d e Vorschrift des Entwurfs verwerthen. D a z u komme, d a ß die Vorschrift mit dem geltenden Rechte übereinstimme, von welchem abzuweichen kein genügender G r u n d vorliege. W e n n geltend gemacht sei, das Interesse des Gläubigers selbst gebiete, den einseitigen Erlaß f ü r wirksam zu erklären, so könne dies nur in seltenen Fällen f ü r z u t r e f f e n d erachtet werden, da meist der Gläubiger durch Annahme der Leistung sich von allen Verlegenheiten zu befreien vermöge. Solche seltene Fälle seien aber nicht geeignet, eine Rechtsnorm zu rechtfertigen, die f ü r alle anderen Fälle und also regelmäßig, zum Nachtheil des Gläubigers gereiche. O b die in dem Antrage vorgeschlagene Aenderung auch deshalb nicht haltbar sei, weil dem Schuldner eine Schenkung nicht aufgedrungen werden dürfe, und ob das Bedenken sich dadurch erledige, daß der Schuldner die Befriedigung des Gläubigers durch einen Dritten gestatten müsse, könne als nicht entscheidend auf sich beruhen. V o n einer Seite w a r bemerkt: die vorgeschlagene Bestimmung sei auch deshalb nicht angemessen, weil sie zu der Folgerung f ü h r e n könnte, der Gläubiger sei an jeden Erlaß gebunden, auch wenn seine causa auf einer nichtigen Schenkung beruhe. Die Ausführungen der Motive über die Entbehrlichkeit von Vorschriften über das pactum de non petendo 2 und über in gewissen Fällen eintretende V e r m u t h u n gen des Erlasses 3 hatten keinen Widerspruch erfahren.
ZustOR § 259
II. 1. Die beschlossene Regelung lautet in der ZustOR als § 259: W i r d von dem Gläubiger dem Schuldner in einem mit diesem abgeschlossenen V e r t r a g e die Schuld ganz oder theilweise erlassen, so erlischt das Schuldverhältniß, soweit der Erlaß reicht. Ein von dem Schuldner nicht angenommener Verzicht des Gläubigers auf die F o r d e r u n g ist unverbindlich.
2. A u f g r u n d der Beschlüsse über das „Schuldversprechen" 4 w u r d e § 259 Z u s t O R wie folgt abgeändert: ZustOR rev S 259 Wird von dem Gläubiger dem Schuldner in einem mit diesem abgeschlossenen V e r t r a g e die Schuld ganz oder theilweise erlassen, so erlischt das Schuldverhältniß, soweit der Erlaß reicht. 1 2 3 4
Vgl. Vgl. Vgl. Vgl.
728
Materialien bei § 305 BGB. Mot. T E - O R Nr. 2, 9, S. 4 - 6. S. 6. Materialien zu den §§ 7 8 0 - 7 8 2 BGB (Prot. I, S. 1 7 2 7 - 1 7 6 1 , bes. § 1 7 5 8 f f ) .
§397
4. Titel: Erlaß
Ist in einem Vertrage der Rechtsgrund des Erlasses nicht angegeben oder nur im Allgemeinen bezeichnet, so finden die Bestimmungen des § 303 Abs. 1 und 2 (des § 678 Abs. 1, 2) 5 entsprechende Anwendung. Die (vorstehenden) 6 Bestimmungen des ersten und zweiten Absatzes gelten auch für den Fall des vertragsmäßigen Anerkenntnisses, daß ein Schuldverhältniß ganz oder zum Theil nicht bestehe. Ein von dem Schuldner nicht angenommener Verzicht des Gläubigers auf die Forderung ist unwirksam (unverbindlich; KE). III. 1. Die unter II 2. mitgeteilte Fassung ist in § 288 KE enthalten. 2. „Auf gegebene Anregung" wurde beschlossen, in S 288 Abs. 1 statt -abgeschlossenen" zu setzen: „geschlossenen" (Prot. I, S. 6136). Ferner wurde aufgrund eines Antrags von Kurlbaum beschlossen (Antrag Nr. 679, 2), in § 288 Abs. 2 KE statt: „Ist in einem Vertrage" zu setzen „Ist in dem Vertrage" zu setzen (Prot. I, S. 6203, 6204). 3. Zu § 288 lagen die Anträge vor: 1. den Abs. 2 dahin zu beschließen:
I Prot! 11740 7
„Auf den Vertrag finden die Vorschriften des § 292 a entsprechende Anwen- v. Mandry dung". (Nr 585, 11) (Nach Prot. S. 1760 ist der Erlaßvertrag ein abstrakter Vertrag nicht nach Art des Schuldversprechens, sondern von der Kategorie der Veräußerungs- oder sogen, dinglichen Verträge. Dem scheint es nicht zu entsprechen, daß die abstrakte Natur des Vertrags zum Ausdruck gekommen ist im Anschlüsse an | die bei dem Schuld- | Proti 11741 versprechen gegebene Bestimmung (§ 677) 8 statt im Anschlüsse an die allerdings erst später beschlossenen Bestimmungen über die Veräußerungsverträge — § 817 u. a. m., namentlich § 292 a, welcher für den Abtretungsvertrag durch Wiederholung, und § 822, welcher für die Aufhebung eines dinglichen Rechts durch einseitige Verzichterklärung durch Verweisung die Bestimmung des § 817 wiederholen.) 2. a) Abs. 2 zu fassen: „Zur Wirksamkeit des Vertrages pp. (wie § 292 a Abs. 1, 2 in einem Absätze, Abs. 2 mit der Aenderung ,die Vorschriften über' mit Weglassung des Allegates)". 5 6
7
8
Die eingeklammerten Worte entsprechen der Fassung des KE. Das Wort „vorstehenden" ist im KE nicht mehr enthalten; die folgenden Worte „des ersten und des zweiten Absatzes" sind erst im KE enthalten. § 292 a KE lautet: „Zu der Wirksamkeit des die Abtretung enthaltenden Vertrages ist die Angabe des Rechtsgrundes nicht erforderlich. Die Wirksamkeit des Vertrages wird nicht dadurch ausgeschlossen, daß die Vertragsschließenden verschiedene Rechtsgründe vorausgesetzt haben, oder daß der von ihnen vorausgesetzte Rechtsgrund nicht vorhanden oder ungültig war. — Die Bestimmungen der §§ 731 bis 742 über Rückforderung einer Leistung wegen ungerechtfertigter Bereicherung bleiben unberührt. (Vgl. Materialien zu § 398 BGB und Prot. I, S. 1760 bei § 780 ff BGB.) § 677 KE entspricht § 780 BGB (§ 683 E I). Zu § 817 KE vgl. § 829 E I (von der 2. Kommission gestrichen; vgl. Materialien bei § 873 BGB); zu § 822 vgl. 834 E I (§§ 875f BGB). § 677 KE lautet: „Ist in einem von dem Gläubiger angenommenen Versprechen einer Leistung oder Anerkenntnisse, zu einer Leistung verpflichtet zu sein, ein besonderer Verpflichtungsgrund nicht angegeben oder nur im Allgemeinen bezeichnet, so ist das Versprechen oder Anerkenntniß nur dann gültig, wenn es von dem Schuldner in schriftlicher Form ertheilt ist."
729
Kurlbaum (Nr 599, 2)
§397
3. Abschnitt: Erlöschen der Schuldverhältnisse
b) § 292 Abs. 2 9 zuzusetzen: „Auf den Vertrag finden die Vorschriften des § 288 Abs. 2 entsprechende Anwendung". c) § 292 a zu streichen. Der Antrag Nr. 2 a, b und c wurde angenommen; damit war der Antrag Nr. 1 erledigt. Die Kommission hatte erwogen: Der Vorschrift des § 288 Abs. 1 liege die Auffassung zum Grunde, daß der Erlaßvertrag ein Veräußerungsvertrag, sogen, dinglicher Vertrag und deshalb ein abstraktes, von seiner causa in Ansehung seiner Wirksamkeit unabhängiges Rechtsgeschäft sei, ähnlich wie die Abtretung (vgl. § 290 Abs. 2, § 292 a). Diese Auffassung sei von der Kommission auch bei der Berathung der Vorschriften über das abstrakte Schuldversprechen hinsichtlich des sogen. negativen Anerkennungsvertrages (§ 288 Abs. 3) festgehalten worden. Insbesondere habe man erkannt, daß der letztere Vertrag sich nur in der äußeren Form I Prot I 11742 der Erklärung von dem | Erlaßvertrage unterscheide, in der That ein in eine besondere Form eingekleideter Erlaßvertrag und wie dieser ein dinglicher Veräußerungsvertrag sei (Prot. S. 1759, 1760 10 vgl. mit S. 1474). Die Annahme, daß ein wirklicher Erlaßvertrag oder negativer Anerkennungsvertrag um deswillen, weil in ihm die materielle causa enthalten sei, die Eigenschaft eines dinglichen Veräußerungsvertrages und der einem solchen Vertrag beiwohnenden Abstraktheit abstreife, habe ferne gelegen. Konsequent erscheine es hiernach allerdings, daß man auch die abstrakte N a t u r des Erlaßvertrages und des negativen Anerkennungsvertrages im Anschlüsse an die entsprechenden Vorschriften für die Veräußerungsverträge (§ 292a, SS 817, 857 Abs. 1, vgl. § 822)'l zum Ausdrucke bringe. Im Wesentlichen ergebe sich kein anderes Resultat. Der Schwerpunkt liege darin, daß die Anfechtung des Rechtsgeschäftes nur nach Kondiktionsgrundsätzen zulässig sei. Allerdings sei im § 678 12 dem Schuldner, welcher sich gegenüber dem von ihm abgegebenen Schuldversprechen in der Kondiktionslage befinde, auf Grund dieser Rechtslage eine selbständige unverjährbare Einrede beigelegt. Dieser Vorzug gehe durch den Anschluß an die Bestimmungen über die Zession dem Gläubiger, welcher einen Erlaßvertrag oder negativen Anerkennungsvertrag abgeschlossen habe, für seine auf die Kondiktionslage gestützte Replik gegenüber der Berufung des Schuldners auf diesen Vertrag verloren. Hierauf dürfe aber kein Gewicht gelegt werden. W e r kondiziren könne, könne den Kondiktionsgrund immer auch im Wege der Einrede bzw. der Replik geltend machen (Protokolle S. 1769, 1361) 13 . Es genüge für die I Prot I 11743 fraglichen Fälle vollkommen, | daß sich der Gläubiger während der ordentlichen Verjährungsfrist in dieser Lage befinde. In Ansehung der Fassung verdiene der Antrag Nr. 2 den Vorzug; die Vorschrift selbst müsse da, wo zuerst in dem Entwürfe ein dinglicher Veräußerungsvertrag geregelt werde (§ 288), ausgesprochen werden. Im § 292 genüge sodann die Ver-
' § 292 Abs. 2 KE lautet: „Die Abtretung erfolgt mit dem Abschlüsse des Vertrages, welcher die Willenserklärung der Vertragsschließenden enthält, daß durch den Vertrag die Forderung auf den neuen Gläubiger übergehen soll". (Vgl. §294 Abs. 2 E I ; Materialien bei § 398 BGB.) 10 Materialien bei §§ 780 ff BGB. 11 Vgl. § 398 BGB; § 829 E I (vgl. § 873 BGB); S 929 BGB; zu § 822 vgl. § 834 E I (875 - 876 BGB). 12 Zu § 678 KE vgl. 684 E I (780 BGB). '3 Materialien bei § 417 BGB und bei §§ 780f. BGB. 730
4. Titel: Erlaß
§ 397
Weisung auf den § 288. Hiermit komme § 292 a in Wegfall. Entbehrlich sei auch das in dem bisherigen § 292 a enthaltene Zitat der §§ 731 - 7 4 2 1 4 . I 4. Zu SS 288, 678 lag der Antrag vor
| Prot I 11839
hinter den dritten Absatz des § 288 in dessen jetzt beschlossener Fassung folgen- Planck den, dem zweiten Absätze des § 678 1 5 entsprechenden Absatz hinzuzufügen: (Nr 626) „Die Vorschriften der §§ 731 bis 735 1 6 finden Anwendung, wenn der Erlaß oder das Anerkenntniß, daß ein Schuldverhältniß nicht bestehe, in der ausdrücklich oder stillschweigend erklärten Voraussetzung erfolgt ist, daß die erlassene oder als nicht bestehend anerkannte Schuld nicht bestanden habe." I Beschlossen wurde :
| Prot I 11840
1. Annahme des Antrags zu $ 288 mit der Maßgabe, daß zu setzen ist statt „finden Anwendung" „finden entsprechende Anwendung" und am Schlüsse statt „nicht bestanden habe" „nicht bestehe"; 2. auch im § 678 Abs. 2 statt „finden Anwendung" zu setzen „finden entsprechende Anwendung" und statt „bestanden habe" „bestehe". Die Kommission hatte erwogen : durch die Vorschrift des § 678 Abs. 2 werde demjenigen, welcher ein Schuldversprechen ertheilt habe (§ 677), die condictio indebiti ausdrücklich auch für die häufigen Fälle zugesprochen, in welchen er zwar gewußt habe, daß er zur Ausstellung des Schuldversprechens oder Schuldanerkenntnisses nicht verpflichtet sei, aber doch die Urkunde in der ausdrücklich oder stillschweigend erklärten unrichtigen Voraussetzung ertheilt habe, daß eine Verbindlichkeit zu der versprochenen Leistung oder die anerkannte Verbindlichkeit bestehe. In gleicher Weise habe man auch demjenigen, welcher einen Erlaßvertrag oder einen negativen Anerkennungsvertrag mit dem Bewußtsein, daß er speziell zum Erlasse oder zur Abgabe des negativen Anerkenntnisses nicht verpflichtet sei, aber doch in der unrichtigen Voraussetzung geschlossen habe, daß die Forderung, auf welche der Erlaß oder der negative Anerkennungsvertrag sich beziehe, nicht oder nicht mehr bestehe, die condictio indebiti zugesprochen. Dies sei in der früheren Fassung des § 288 durch die Verweisung auf § 678 Abs. 2 zum Ausdruck gekommen, diese Verweisung aber durch die Prot. S. 11741 beschlossene Aenderung der Fassung des $ 288 weggefallen. In der fraglichen Richtung stehe aber der Erlaßvertrag oder negative Anerkennungsvertrag mit dem Schuldversprechen nach wie vor auf gleicher Linie. Es han- | dele sich um Ausdehnung der condictio indebiti | Prot I 11841 in der Richtung, daß die das Rückforderungsrecht begründende unrichtige Voraussetzung des Leistenden sich nicht auf die unmittelbare Leistung (Abgabe des Schuldversprechens, des negativen Anerkenntnisses, des Erlasses), sondern nur auf das dahinterliegende Schuldverhältniß beziehen sollte. Hiernach könne in allen Fällen eine entsprechende Anwendung der §§731 bis 735 vorgeschrieben werden. Auch müsse das vorausgesetzte Bestehen oder Nichtbestehen der Verbindlichkeit auf die Zeit des Rechtsgeschäftes bezogen werden.
14 §§ 731 - 742 KE entsprechen den §§ 737 - 742 Ε I (vgl. § 812ff BGB). 15
§ 678 Abs. 2 KE lautet: D i e Vorschriften der S S 731 bis 735 finden A n w e n d u n g , wenn die Urkunde in der ausdrücklichen oder stillschweigenden Voraussetzung ertheilt ist, daß eine Verbindlichkeit zu der versprochenen Leistung oder die anerkannte Verbindlichkeit bestanden habe".
16
Vgl.
7 4 2 - 7 4 4 E I (vgl. SS 812 I 2, 2. Fall, BGB). 731
§397 EI § 290
3. Abschnitt: Erlöschen der Schuldverhältnisse
IV. Fassung der Regelung im E I als § 290: Wird von dem Gläubiger dem Schuldner in einem mit diesem geschlossenen Vertrage die Schuld ganz oder theilweise erlassen, so erlischt das Schuldverhältniß, soweit der Erlaß reicht. Zur Wirksamkeit des Vertrages ist die Angabe des Rechtsgrundes nicht erforderlich. Die Wirksamkeit des Vertrages wird dadurch nicht ausgeschlossen, daß die Vertragschließenden verschiedene Rechtsgründe vorausgesetzt haben oder daß der von ihnen vorausgesetzte Rechtsgrund nicht vorhanden oder ungültig war. Die Vorschriften über Rückforderung einer Leistung wegen ungerechtfertigter Bereicherung bleiben unberührt. Die Vorschriften des ersten und zweiten Absatzes gelten auch für den Fall des vertragsmäßigen Anerkenntnisses, daß ein Schuldverhältniß ganz oder zum Theil nicht bestehe. Die Vorschriften der §§ 737 bis 741 finden entsprechende Anwendung, wenn der Erlaß oder das Anerkenntniß, daß ein Schuldverhältniß nicht bestehe, in der ausdrücklich oder stillschweigend erklärten Voraussetzung erfolgt ist, daß die erlassene oder als nicht bestehend anerkannte Schuld nicht bestehe. Ein von dem Schuldner nicht angenommener Verzicht des Gläubigers auf die Forderung ist unverbindlich.
B. Vorkommission des Reichsjustizamtes I. Beantragt war: Struckmann (Nr 1,55)
1. den § 290 dahin zu fassen: Wird durch Vertrag zwischen dem Gläubiger und dem Schuldner diesem die Schuld erlassen, so erlischt das Schuldverhältniß, soweit der Erlaß reicht. Die Wirksamkeit des Erlasses ist von dessen Rechtsgrunde unabhängig. Ein von dem Schuldner nicht angenommener Verzicht des Gläubigers auf die Forderung ist unverbindlich.
Planck (Nr 2, 35)
2. den § 290 zu fassen: WirJ von dem Gläubiger durch Vertrag mit dem Schuldner die Schuld erlassen oder das Schuldverhältniß als nichtbestehend anerkannt, so erlischt das Schuldverhältniß. Absatz 2 wie Absatz 2 Satz 1 und 2 des § 290 des Entwurfes. Die Vorschriften über Rückforderung einer Leistung wegen ungerechtfertigter Bereicherung bleiben unberührt. (Vgl. Anträge zu §§ 737 bis 748.) 17 eventuell statt des dritten Absatzes zu setzen: „Der Gläubiger kann den Erlaß oder das Anerkenntniß anfechten, wenn die Voraussetzungen vorliegen, unter welchen eine Leistung wegen ungerechtfertigter Bereicherung zurückgefordert werden kann." Planck b) Hinter § 290 folgende Vorschrift einzuschalten: (Nr 2, 36) § 290 a. Als vertragsmäßiges Anerkenntniß des Nichtbestehens einer Schuld ist es im Zweifel anzusehen, wenn dem Schuldner von dem Gläubiger eine Quittung über die Schuld gegeben und von dem Schuldner angenommen wird. 17
Diese Anträge von Planck sind nicht auffindbar.
732
4. Titel: Erlaß
§397
3. a) den § 290 zu fassen: Jacubezky Wird von dem Gläubiger dem Schuldner in einem mit diesem geschlossenen (Nr 4, 64) Vertrage die Schuld ganz oder theilweise erlassen, so erlischt das Schuldverhältniß, soweit der Erlaß reicht. b) folgenden § 290 a einzuschalten : Das Schuldverhältniß erlischt, wenn das Nichtbestehen desselben von dem Gläubiger durch einen mit dem Schuldner geschlossenen Vertrag anerkannt wird, (Die Wirksamkeit des Anerkenntnisses wird dadurch nicht ausgeschlossen, daß dasselbe in der irrigen Meinung abgegeben worden ist, daß das Schuldverhältniß nicht bestehe. Ist das Anerkenntniß von dem Gläubiger in der irrigen Voraussetzung abgegeben, daß das Schuldverhältniß nicht bestehe und war die Voraussetzung dem Schuldner erkennbar oder hat dieser den Irrthum des Gläubigers getheilt, so finden die Vorschriften der §§ 737 bis 741 1 8 entsprechende Anwendung.)
Jacubezky (Nr 4,65)
II. 46. Sitzung vom 14. 9. 1891 I 1. Der $ 290 Abs. 1 wurde sachlich beibehalten. Anlangend die Fassung, so er- | ProtRJA 251 schien eine besondere Hervorhebung der Wirkung eines theilweisen Erlasses nicht erforderlich, da man auch beim Erlöschen der Schuldverhältnisse durch Erfüllung (§ 263) es f ü r selbstverständlich gehalten habe, daß eine theilweise Erfüllung nur ein theilweises Erlöschen zur Folge haben könne. Hiernach erhielt der Abs. 1 folgende Fassung: Wird von dem Gläubiger dem Schuldner durch Vertrag die Schuld erlassen, so EI-RJA erlischt das Schuldverhältniß. § 290 Abs. 1 Der Abs. 2 des § 290 wurde gestrichen. Man hielt es nicht für zweckmäßig und gegenüber dem Abs. 1 auch nicht f ü r erforderlich, im Gesetze die abstrakte N a t u r des Erlaßvertrages ausdrücklich auszusprechen. Man erachtete daher nicht nur die in Abs. 2 Satz 2 enthaltene nähere Exemplifikation f ü r überflüssig, sondern glaubte auch des Abs. 2 Satz 1 entbehren zu können. Der Abs. 2 Satz 3 erschien, insbesondere nach Wegfall des Abs. 2 Satz 1, gleichfalls entbehrlich. Einverständniß bestand darüber, daß es sich nicht empfehle, dem Gläubiger statt des Rechts der Kondiktion ein Anfechtungsrecht zu gewähren, weil dies zu großen H ä r t e n . gegenüber dem Schuldner und Dritten, insbesondere solchen, welche für die Schuld Bürgschaft oder Pfand bestellt hätten, führen könne. Eine allgemeinere Frage, welche der Gestaltung des Kondiktionenrechtes vorzubehalten sei, sei die, ob man dem Gläubiger im Konkurse nicht einen größeren Schutz für seine Kondiktionsansprüche gewähren könne, soweit es sich um die in der Masse noch | vorhandene Bereicherung handele. Der Abs. 3 des § 290 wurde an dieser Stelle einstweilen gestrichen, da man es f ü r zweckmäßig hielt, den negativen Anerkennungsvertrag im Zusammenhange mit der Regelung des positiven Schuldanerkennungsvertrages zu erledigen (§§ 683, 684; vgl. auch Prot, der Kom. S. 541)19. Der Abs. 4 wurde gleichfalls gestrichen. Man erwog, daß es sich hier um die allgemeinere — auch bei § 684 und bei Erlaß dinglicher Rechte in Betracht kommende — Frage eine Ausdehnung der condictio indebiti handele, welche der Regelung des Kondiktionenrechtes vorbehalten bleiben müsse. 18 Vgl. Materialien zu den §§ 780-781 BGB. 19 Prot. II, Bd. 1, S. 270 f. 733
| ProtRJA 252
§397
3. Abschnitt: Erlöschen der Schuldverhältnisse
Auch zu Abs. 5 w u r d e die Streichung beschlossen. M a n hielt die Vorschrift f ü r selbstverständlich, da das Schuldverhältniß n u r aus den vom Gesetze vorgesehenen G r ü n d e n erlöschen könne, im Abs. 1 aber ausdrücklich zum Erlöschen ein Erlaßvertrag, d. h. ein angenommener Verzicht des Gläubigers gefordert werde.
C. 2. Kommission Struckmann (Nr l, 73)
I. Die von Struckmann beantragte Fassung des § 290 E I-RJA w u r d e von der Kommission a n g e n o m m e n (Prot. II, Bd. 1, S. 376, Mugdan, Bd. 2, S. 568). Beigef ü g t w a r folgende A n m e r k u n g : Die Frage, ob eine dem Abs. 3 des Entwurfs entsprechende V o r s c h r i f t aufzunehmen, bleibt vorbehalten, bis bei Berathung des § 683 d a r ü b e r Beschluß gefaßt ist, ob allgemeine, nicht bloß das Gebiet des Obligationenrechts betreffende Vorschriften über den positiven und negativen Anerkennungsvertrag a u f g e n o m m e n werden sollen.
E I-VorIZust § 290
II. Fassung der beschlossenen Regelung in der VorlZust als § 290 : Wird von dem Gläubiger dem Schuldner durch V e r t r a g die Schuld erlassen, so erlischt das Schuldverhältniß.
E I-ZustRedKom § 290
III 1. In der ZustRedKom lautet die Regelung als § 290 : Das Schuldverhältniß erlischt, wenn d e m Schuldner von dem Gläubiger d u r c h V e r t r a g die Schuld erlassen wird. 2. Prot. II, Bd. 2, S. 511 (Mugdan, Bd. 2, S. 569): Im Anschluß an den § 683 w a r zu der 290 beschlossenen Bestimmung beantragt, dieser als Absatz 2 h i n z u z u f ü g e n : „Das Gleiche gilt, w e n n der Gläubiger dem Schuldner vertragsmäßig anerkennt, daß das Schuldverhältniß nicht bestehe". — D e r Antrag w u r d e angenommen.
E I-ZustRedKom § 340
IV. Fassung der Regelung im E II als § 340: Das Schuldverhältniß erlischt, wenn die Schuld von dem Gläubiger dem Schuldner durch V e r t r a g erlassen wird. Das Gleiche gilt, wenn der Gläubiger durch V e r t r a g mit dem Schuldner anerkennt, d a ß das Schuldverhältniß nicht besteht. V. § 391 E II rev (§ 391 E III) lautet wie § 397 BGB.
ANHANG zu § 397 BGB I. Vertragsaufhebung II. Vereinigung (§ 291 E I) III. Tod des Gläubigers oder Schuldners (§ 292 E I) 734
4. Titel: Erlaß
§397
I. Vertragsaufhebung A. 1. Kommission I. 154. Sitzung vom 15. 12. 1882, Schriftführer Börner I Es wurde übergegangen zur Berathung des Theilentwurfs, betreffend die Ver- I P r o t i 14 77 tragsaufhebung (Nr. 30). Die vorgeschlagene Vorschrift lautet: § 1 (315). „Ein Vertrag kann durch entgegengesetzte Uebereinkunft so aufge- ZustOR (Nr 30)